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Full text of "Geschichte der Heilkunde"

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Borrede. 


Die Naturtoiffenfchaften And das Bild der Schöpfung 
im Spiegel des menfchlichen Geiſtes. Den Spiegel fo 
zu fielen, daß dies Bild rein und ungetrübt erfcheine, iſt 
die Aufgabe, die man von jeher fo vielfach gu loͤſen vers 
fucht hat, und in ber That giebt es für den Naturfors 
(her feine höhere Angelegenheit, als von Anbeginn feines 
Wirkens darauf bedacht zu fein, daß er feine Kraft 
nicht auf Trugbilder verwende. Zwei Wege geleiten ihn 
jur Erfenneniß feined wahren Standpunfted, der Weg 
der Philoſophie und ber bisherigen Erfahrung: Daß beide 
ſich vereinigen, ift der endliche Zweck alles wiſſenſchaft⸗ 
lichen Bemuͤhens. Iſt die Ppikofophie nicht von der 
Natur ausgegangen, fo droht ihm ber Irrthum, fein 
Bermögen zu boch anzufchlagen, ja felbft zu vergeffen, 
daß fein Wirkungsfreis nur auf Lernen und Gehorchen 
befchränte if. Die Erfahrungsmwahrheiten ergeben fich 
ihm aus der Befchichte feiner Wiffenfchaft: Hier zeige 
fh an vorübergegangenen Geſtalten das menfchliche 
Erfenntnißvermögen in feinem mahren Verhaͤltniß zur 
Natur, ihre Lehren find daher für Gegenwart und Zus 
kunft feſtbegruͤndet und unmibderlegbar. 
Diefe Anſicht, und die Uebergeugung, daß der 
Wiſſenſchaft fih auf dem Felde der gefchichtlicyen 





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Fir. 





Selchichte der Beilkunde. 


Mach den Quelen bearbeitet 


Juſtus Friedrich Rarl Zecker 


Doctor der Medicin und Chirurgie, Drivatdecenten an der Königl. 
Univerfität und auslibendem Arzte zu Berlin. 


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Berlin, 1822. 


Bei Theebor Chrikian Friebrich Enslim.' 
Beeite Straße Nr. 33, 





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- Seiner. Hochwohlgeboren 


dem Herrn 


Dr. Chriſtoph Wilhelm Hufeland, 


Königl. Preußiſchem Staatsrathe und erftem Leibarzte Geiner Majeſtät 
des Königs, Mitgliede des hohen Minifterii der geiftlihen Unterrichts⸗ 
und Medicinal s Angelegenheiten, ordeatl. Nrofefor der Deilfunde an 
der Univerfität Berlin, Direktor der mediciniſch⸗chirurgiſchen Afademie 
für dad Militeir,, der poliflinifhen Inıtituts und der Prüfungs: 
Kommifien fir furfirende Mebicinal « Perfonen, bdirigirendem Arzte 
des Charite -Srantenhaufes zu Berlin, Nitter des rothen Adlerordbens 
noeiter Klaſſe, DMirgliede der Konigi. Akademie der Biſffenſchaften, 
fo wie mehrerer gelehrten Geſellſchaften, sc. ıc." 


mit 


Dankbarer Verehrung Seiner glänzenden Berbienfte uns 
- die Heilftunde 


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- Seiner Hochwohlgeboren 


dem Herrn 


Dr. Chriſtoph Wilhelm Hufeland, 


Königl. Preußiſchem Staatsrathe und erſtem Lelbarzte Seiner Majeſtäüt 
des Konigs, Mitgliede des hohen Miniſterii der geiſtlichen Unterrichts⸗ 
und Medicinal⸗Angelegenheiten, ordeatl. Profefor der Heilkunde au - 
der Univerfität Berlin, Direftor der medicinifh s hirurgifhen Afademie 
für dead Militeir, dead poliflinifgen Instituts und der Prüfungs: 
Kommition für furfirende Mebirinal : Perfonen, dirigirendem Arzte 
des CharitösSirantenhaufes zu Berlin, Nitter des rothen Adlerorbens 
zweiter Klaffe, Mitgliede der Königl. Akademie der Wiſſenſchaften, 
fo wie mehrerer gelehrten Geſellſchaften, sc. sc.‘ 


mit 


dankbarer Verehrung Seiner glänzenden Verdienſte um 
- die Heiltunde | 


yugeeignet. 


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Vorrede. 


Die Naturwiſſenſchaften ſind das Bild der Schoͤpfung 
im Spiegel des menſchlichen Geiſtes. Den Spiegel ſo 
sa ſtelen, daß dies Bild rein und ungetruͤbt erſcheine, iſt 
die Aufgabe, die man von jeher ſo vielfach zu loͤſen ver⸗ 
ſucht hat, und in der That giebt es fuͤr den Naturfor⸗ 
ſcher keine hoͤhere Angelegenheit, als von Anbeginn ſeines 
Wirkens darauf bedacht zu ſein, daß er ſeine Kraft 
wicht auf Trugbilder verwende. Zwei Wege geleiten ihn 
jur Erfenntniß feined wahren Standpunftes, der Weg 
der Philoſophie und der bisherigen Erfaßrung: Daß beide 


‚Wh vereinigen, iſt ber endliche Zweck alles wiffenfchafts 


lichen Bemuͤhens. Iſt die Philoſophie nicht von der 
Natur ausgegangen, fo droht ihm der Irrthum, fein 
Vermögen zu hoch anzufchlagen, ja felbft zu vergeffen, 
daß fein Wirfungsfreis nur auf Lernen und Gehorchen 
befchränft if. Die Erfahrungswahrheiten ergeben fich 
ihm aus ber Gefchichte feiner Wiffenfchaft: Hier zeige 
fh an vorübergegangenen Geftalten das menfchliche 
Erfenntnißvermögen in feinem wahren Verhaͤltniß zur 


Natur, ihre Lehren find daher für Gegenwart und Zu⸗ 


kunft feſtbegruͤndet und unmwiderlegbar. | 
Diefe Anficht, und die Ueberzeugung, daß der 
Viſſenſchaft ſich auf. dem Felde ber gefchichtlichen 








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Geſchichle Der Heilkunde. 


Nach den Quellen bearbeitet 


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- von 


Juftus Sriedrich Karl Seder, 
Dector der Medicin und Chirurgie, Veivatdoeenten an der Königl. 
Univerfität und ansübendem Arzte zu Berlin. 
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Bei Theebor Chriſtian Eriebrih Enslim. 
Breite Straße Nr. 23. - 


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Seiner Hochwohlgeboren 


dem Herrn 


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Dr. Shriftoph Wilhelm Hufeland, 


Königl. Preußiſchem Staatsrathe und eritem Leibarzte Seiner Majeität 
des Könige, Mitgliede des hohen Minifterti der geiftlihen Unterrichts⸗ 
und Medicinal: Angelegenheiten, ordeatl. Profeffor der Heilfunde au 
der Univerfität Berlin, Direktor der mediciniſch⸗chirurgiſchen Afademie 
für das Misitair, des poliflinifhen Inftitut6 und der Prüfungs s 
Kommifien für furfirende Medicinal » Perfonen, bdirigirendem Arzte 
des Charito⸗Krankenhauſes zu Berlin, Ritter des rothen Adlerordens 
weiter Klafle, Mitgliede der Königl. Akademie der iffenfhaften, 
fo wie mehrerer gelehrten Sefellfhaften, sc. 2c. 


mit 


danfbarer Verehrung Seiner glänzenden Verdienſte um 
- die Heiltunde \ 


ungeeignet. 





Vorrede. 


Die Naturwiſſenſchaften ſind das Bild der Schoͤpfung 
im Spiegel des menſchlichen Geiſtes. Den Spiegel ſo 
za ſtellen, daß dies Bild rein und ungetruͤbt erſcheine, iſt 
die Aufgabe, die man von jeher fo vielifach zu loͤſen vers 
ſucht hat, und in ber That giebt es für den Natınfors 
fcher keine höhere Angelegenheit, als von Anbeginn feines 
Wirkens darauf bedacht zu fein, daB er feine Kraft 
nicht auf Trugbilder verwende. Zwei Wege geleiten ihn 
jur Erfenntniß feines wahren Standpunftes, der Weg 
der Philoſophie und ber bisherigen Erfaßrung: Daß beide 
Wh vereinigen, ift ber endliche Zweck alles wiſſenſchaft⸗ 
lihen Bemuͤhens. Iſt die Philoſophie nicht von ber 
Natur ausgegangen, fo droht ihm der Irrthum, fein 
Bermögen zu hoch anzufchlagen, ja felbft zu vergeffen, 
daß fein Wirkungskreis nur auf Lernen und Gehorchen 
beſchraͤnkt il. Die Erfahrungswahrheiten ergeben fich 


ihm aus ber Gefchichte feiner Wiffenfchaft: Hier zeige . . 


fh an vorübergegangenen Geftalten das menfchliche 
Erfenntnißvermögen in feinem mahren Berhältnig zur 
Natur, ibre Lehren find daher für Gegenwart und Zus 
kunft feſtbegruͤndet und unmibderlegbar. 


Diefe Anficht, und die. Uebergeugung, daß der 


Biffenfchaft fih auf. dem Felde ber gefchichtlichen 


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Forſchung weſentliche Vortheile darbieten, haben mich zu 
einer neuen Bearbeitung der Geſchichte der Heilkunde 
aufgefordert, worin die allmaͤhlige Geſtaltung derſelben 
bis zu ihrem jetzigen Umfange, ihre lebendige Entwicke⸗ 
lung in Geſammtfortſchreiten der menſchlichen Er⸗ 
kenntniß Nar vor Augen traͤte. Die Wahrheit fo dar⸗ 
suftellen, voie Die Würde der Wergangenheit und bag 
‚ Recht der Gefchichfe, bei ber künftigen Erweiterung Der 
Heilfunde gehört zu werben, es gebieten, war mein 
beftändiger Vorſatz, und wird es bleiben, wenn der 
Himmel mir Kraft verleiht, das begonnene Werk zu 
vollenden. 

Borliegender Band enthält die Heilfunde des Als 
tertbums bis zu ihrer Blüthe entwickelt, mit den Er: 
gebniſſen der einzelnen Sorfchungsweifen, worauf der 
Geift der erste in diefem großartigen Abfchnitt der 
MWeltgefchichte geleitet wurde. Es war anfänglich mein 
Wille, eine Ueberfiht der Zeitfolge beizufügen, doch 
überhob mich das treffliche Werk meines geehrten Freun⸗ 
bed, des Herrn Dr, Choulant diefer Arbeit, fo daß ich 
das meinige, mit dem Wunfche dadurd einigen Nugen . 
geftiftee gu fehen, meinen Kunftgenoffen um fo guver: 
fihrlicher übergeben kann. 





Berlin, im Monat Mai 1822. 


Der Verfaſſer. 


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eitteratur. $. 2. 
Perioden. $. 3. 


Erfie Feriode. Vom Urfprunge ber Medicin 


bis zu ihrer wiffenfchaftlihen Seflaltung, oder '. 
von den Urzeiten bie auf Hippokrates. 


Srfter Abſchnitt. Zuſtand der Heilkunde vor 
ihrer Ausübung im den Tempeln des Aeskulap. 


Entſtehung der Arzneilunf. 4: : — 


Indifhe Mediein. 5.2.22. — 
Chineſiſche Mediein. 6...» ... — 
Mediein der Aegyptier. S.7... — 
Medicin ber Juden. 6.8... -... — 
Schluſifolgen. F. 9.. .. . — 


Urfpgung der Heilkunde bei den Grie hen. * 10, — 


Zweiter Abſchnitt. 


Ausübung det Heilkunſt in 


den Tempeln des Aeskulap. 


Asklepiaden. . I1. 000. — 
Knidiſche und Koiſche Schule. $. ı2.: . — 


Deitter Abſchnitt. 
durch die aͤlteſten Ph 
Thales. S. 13.. 

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Ausbildung der Heilkunde 
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Nach den Quellen bearbeitet - 


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Juſtus Friedrich Karl Hecker/ 
Doster der Mediein nnd Chirurgie, Srivatdocenten an der Königl. 
Univerfität und anslbendem Arzte zu Berlin. 
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* Erkes Band. 
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Bei Theebor Ehrikian Friedrich Enslim. 
Breite Straße Nr. 23. 





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Seiner Hochwohlgeboren 


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dem Herrn 


Dr. Chriſtoph Wilhelm Hufeland, 


Königl, Preußiſchem Staatsrathe und erſtem Leibarzte Seiner Majeſtüut 
des Königs, Mitgliede des hohen Minifterii der geiftlihen Unterrihtsr 
und Medicinal: Angelegenheiten, ordeati. Profeſſor der Heilkunde am 
der Univerfität Berlin, Direktor der medicinifch » hirurgifhen Afabemie 
für das Militair, des polikliniſchen Inſtituts und der Prüfungs: 
Kenmifien Für Furfirende Diedicinal - Perfonen, dirtgirendem Arzte 
des Charits⸗Krankenhauſes zu Berlin, Ritter des rotben Adlerordens 
zweiter Kiaffe, Mitgliede der Königl. Afademie der Wiſſenſchaften, 
fo wie mehrerer gelehrten Sefellihaften, sc. sc. ° , 


mit 
dankbarer Berehrung Seiner glänzenden Berbienfte um 


- die Heilkunde 


ungeeignet. 





Vorrede 


Die Naturmwiffenfchaften find das Bild der Schöpfung 
im Spiegel des menfchlichen Geifted. Den Spiegel fo 
zu fielen, daß dies Bild rein und ungetrübe erfcheine, ift 
die’ Aufgabe, die man von jeher fo vielfach zu Löfen vers 
ſucht Hat, und in der That giebt es für den Ngturfor⸗ 
fcher keine höhere Angelegenheit, als von Anbeginn feines 
Wirfend darauf bedacht zu fein, daß er feine Kraft 
nicht auf Trugbilder verwende. Zwei Wege geleiten ihn 


jur Erfenntniß feines wahren Standpunfted, der Weg 


der Philoſophie und der bisherigen Erfaßrung: Daß beide 
fich vereinigen, ift der endliche Zweck alles wiffenfchafts 


lichen Bemuͤhens. Iſt die Philoſophie nicht von der 


Natur ausgegangen, fo. droht ihm der Irrthum, fein 
Bermögen zu hoch anzufchlagen, ja felbft gu vergeffen, 
daß fein Wirkungsfreid nur auf Lernen und Gehorchen 
befchränfe if. Die Erfahrungswahrheiten ergeben fich 
ihm aus ber Gefchichte feiner Wiffenfchaft: Hier zeige. 
ſich an vorübergegangenen Geſtalten das menfchliche 
Erfenntnißvermögen in feinem wahren DBerhältniß zur 


- Ratur, ibre Lehren find daher für Gegenmoart und Zus 


Sunft feftbegründet und unmwiderlegbar. 
Diefe Anfiht, und bie Uebergeugung, daß der 
Wiſſenſchaft fih auf dem Zelde der gefchichtlichen 


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Forſchung mwefentliche Vortheile barbieten, haben mich zu 
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aufgefordert; worin die allmählige Geftaltung berfelben 
bis gu ihrem jegigen Umfange, ihre lebendige Entwicke⸗ 
lung in Gefamnitfortfchreiten der menfchlichen Ers 
fenntniß Far vor Augen träte. Die Wahrheit fo dar 
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‚ Recht der Gefchichke, bei der Fünftigen Erweiterung ber 
Heilkunde gehöre zu werben, es gebieten, war mein 
beftändiger Vorfag, und wird es bleiben, wenn bes 
Himmel mir Kraft verdeiht, dag begonnene Werk zu 
vollenden. 

Vorliegender Band enthält die Heilfunde des Als 
terthums bis gu ihrer Blüche entwickelt, mit den Er: 
gebniſſen der einzelnen Sorfchungsweifen, morauf der 
Geift der Aerzte in diefem großartigen Abſchnitt der 
MWeltgefchichte geleitet wurde. Es war anfänglich mein 
Wille, eine Ueberfihe der Zeitfolge beizufügen, hoch 
überhob mich das treffliche Werf meines geehrte Sreun- 
ded, des Herrn Dr, Choulant diefer Arbeit, fo daß ich 
das meinige, mit dem Wunfche dadurch einigen Nugen . 
geftiftee zu fehen, meinen Kunftgenoffen um fo guver: 
fichtlicher übergeben kann. 


Berlin, im Monat Mai 1822. 


Der Verfaſſer. 





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bis zu ihrer mwiffenfchaftlichen Seftaltung, oder _ 
von den -Urzeiten bis auf Hippokrates. 


Erfter Abſchnitt. Zuftand der Heilkunde vor 
ihrer Ausübung in den Tempeln bes Aesfulap. 


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Nrfpgung der Heilkunde bei ben Grie hen. 5. 10. — 


Zweiter Abſchnitt. 


Ausůͤbung der Heilkunft in 


den Tempeln des Aeskulap. 


Asklepiaden. S. 11.. Ra Er | 
Snidifhe und Koifhe Schule. $. ı2.. . 


Dritter Abſchnitt. 
durch die Alteften Ph 
Thales. 6. 13. . 
Ppthagoras. $. 14 


Ausbildung ber Heilkunde 
ildſophen. 


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79 


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VIII 


Allmdon. 5. 153. 0 2 een Seite 78, 
Empedokles. $. 16... 2 > 2 2 oe 8 
Andere Pen 17. 2 2 020% — 89 
Anaxagoras. 1... 1 2 0 ee. = gr 
Demokritus. 5.19... . . ....... — 94 
Herallitud- 9.20 2 2 0 . — 103. 
Schlußfolgen. 9.21. » 2.0.0. — 105 


Vierter Abſchnitt. Gymnaſtiſche Meriem ver 
Griechen. | 
Entfiehung berfelben. $.22. “2. 2.2.0 17 


Gens und Prodilus. 5. 3.. — 199 
Fünfter Abſchnitt. Wiffenfchaftliche Begruͤn⸗ 
dung der Heilkunde durch Hippokrates. 
Hippokrates Lebensgeſchichte. F. 4..— 111 
Hippokrates Schriften. 98. 253.— 119 
Hippokrates Anatomie. F. aß. — 120 
Hippokrates Phyſiologie. F.23.. — 13 
Hippokrates Philoſophie. & 28. - » nn — 132° 
KHippofrates Pathologie. 92% - - » » .« — 137 
Hippofrates Therapie. $. 30... . - . — 144 
Hippokrates Chirurgie. F. Itt... — 161 
Hippokrates Zeichenlehre. S. 32. em 166 


Schlußfolgen. 533. ven. 174 _ 


Zweite Periode. Bon ber erften wiflenfchaft: 
lichen Bearbeitung der Mebdicin, bie zu ihrer 
‚böchften theoretifchen Vollendung im Alter: 

thum, oder von Hippofrates bis auf Galen. 

Erfter Abſchnitt. Schule der Dogmatiker. 
Theffalus, Drako, Bolybus. 6.34. : .. — 17 
Prodikus, Diorippus, Apollonius. 5. 35. . 186 
Plato's Naturphiloſophie. & 36,2. 202% 188 
Weitere Ausbildung der dogmatiſchen Heil 

kunde. S. 37.: 2 2 200000 — 202 


| 


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_ N IX 

Philiſtion, Eudoxus, Chrofippus und feine 
Schuͤler. 33.222020. Seite 207 
Diokles von Karyſtus. 8.39. . « . . — 211 
Praxagoras von Kos und feine Schuler. $. 9.” — 0218 

Zweiter Abſchnitt. Schule der Peripatetifer. 

Arifisteles Naturphilofophie. 6. 4t. » -» — 228 
Arifioteles Anatomie und Phpfiologie, 42. — 237 


Theophraft von Erefus, 8.4... - - — a6ı 
Dritter Abſchnitt. Schule der Erafiftratäer. 
Erafifratus. 8. 44..... ee 026g 


Eraſiſtratus Pathologie und Therapie. F. 45. — 273 
Erafiftratus Anatomie und Phyfiologie. $, 46. — 283 


Erofiftratus Nachfolger. 9. 47. - - - — 298 
Bierter Abſchnitt. Schule der Herophileer. 
Herophilus. 6 48.... — 0205 ' 


Herophilus Nachfolger. 5. 49. 0. .— 34 

Theilung der Heilfunk in drei Sacher. 8.50. — 314 
Fünfter Abfhnirt. Schule der Empiriker. 

Srundfäse der Empirie. $. 51. - 2.2.0 335 

Serapion’s Nachfolger. 9. 52... ... — 337 
Sechſter Abfhnire. Schule der- Merhodiker. 

Zuftand der Heilkunde in Rom vor Asklepia⸗ 


des. 6. fe Ve a — 358 
Asklepiades von Prufa. S. 54... . .» . .» — 365 


Astlepiades Lehrgebäude. 8.55. - -» — 369 
Asklepiades Nachfolger. Gründung der methos 
difhen Schule durch Themifoen. 6. 56... — 394 
Weitere Ausbildung der methodiſchen Heil- 
kunde. 8. 57...» DE 411 
Siebenter Abſchnitt. Bearbeitung der Keil 
kunde außer den Schulen. 


Allgemeine Schriftſteller. 5. 3838... — 4429 


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&elchichte der Beilkunde. | 


Nach den Quellen bearbeitet - 


- 


- von 


Juſtus Sriedricy Karl Hecker/ 
Doctor der Medicin mund Chirurgie, Drivatdoernten an der Känigl. 
Univerfitat und ausübendem Arzte zu Derlin. 
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* Er'ſt e Dandı 
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Berlin, 1822. " 


Bei Theebor Chriſtian Briebrih Enslim. 
Breite Gtraße Nr. 23. - 


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NOV 7 1888 


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Seiner Hochwohlgeboren 


dem Herrn 


Chriſtoph Wilhelm Hufeland, 


König. Preußiſchem Staattrathe und erſtem Leibarzte Seiner Majentät 
Des Konigs, Mitgliede des hohen Miniſterii der geiſtlichen Unterricht 
und Medicinal⸗Angelegenheiten, ordeatl. Profeſſor der Heilkunde an 
der Univerfität Berlin, Direktor der mediciniſch⸗chirurgiſchen Afademie 
für dad Militair, det poliflinifhen Inititutd und der Prüfungs s 
Kommifion fir Eurfirende Medicinal « Perfonen, dirigirendem Arzte 
des Charite sSKrantenhaufes zu Berlin, Nitter des rothen Adlerordens 
zweiter Klaffe, Mitaliede der Königi. Afabemie der Wiſſenſchaften, 
fo wie mehrerer gelehrten Geſellſchaften, sc. ıc.' 


mit 


dankbarer Berehrung Seiner glänzenden Verdienſte um 
. die Heiltunde | 


ungeeignet. 


ke 


—— 


— — 





Vorrede. 


Di Naturwiffenſchaften find das Bild der Schöpfung 
im Gpiegel de menfchlichen Geifted. Den Spiegel fo 
zu Rellen, daß dies Bild rein und ungetrübe erfcheine, iſt 
die Aufgabe, Die man von jeher fo vielfach. zu Löfen vers 
fücht hat, und in ber That giebt es für den Natımfors 
fher keine höhere Angelegenheit, als von Anbeginn feines 
Wirkens darauf bedacht zu fein, daß er feine Kraft 
nicht anf Trugbilder verwende. Zwei Wege geleiten ihn 
jur Erfenntniß feines twahren Standpunftes, der Weg 
der Philoſophie und der bisherigen Erfaßrung: Daß beide 


ſich vereinigen, ift der endliche Zweck alles wiffenfchafte 


lichen Bemuͤhens. Iſt die Philoſophie nicht von der 
Natur ausgegangen, fo droht ihm der Irrthum, fein 
Vermögen zu hoch anzufchlagen, ja felbft zu vergeffen, 
daß fein Wirkungsfreis nur auf Lernen und Gehorchen 
beſchraͤnkt if. Die Erfahrungstwahrheiten ergeben fich 
ihm aus ber Gefchichte feiner Wiffenfchaft: Hier zeige 
ſich am vorübergegangenen Geftalten das menfchliche 
Erkenntnißvermögen in feinem wahren Berhältnig zur 


Natur, ihre Lehren find daher für Gegenwart und Zu⸗ 


kunft feftbegründee und unmiderlegbar. 
Diefe Anfiht, und die Uebergeugung, daß ber 
Biffenfchaft fi) auf- dem Felde ber gefchichtlichen 


- . oo. ! 
VI . N 


Forſchung mwefentliche Vortheile darbieten, Haben mich zu 
einer neuen Bearbeitung der Gefchichte der NHeilfunde 
aufgefordert; worin die allmählige Geftaltung derfelben 
bis zu ihrem jeßigen Umfange, ihre febendige Entwicke⸗ 
fung in Sefammtfortfchreiten der menfchlichen Ers 
fenntnig Far vor Augen träte. Die Wahrheit fo dar⸗ 
zuftellen, wie die Würde der Vergangenheit und das 
‚ Recht der Gefchichke, bei der Fünftigen Erweiterung ber 
Heilfunde gehört zu werden, es gebieten, war mein 
beftändiger Vorfag, und wird es bleiben, wenn der 
Himmel mir Kraft verleiht, das begonnene Werk zu 
vollenden, Ä 

Vorliegender Band enthält die Heilkunde des Als 
terthums bie zu ihrer Blüthe entwickelt, mit den Er: 
gebniſſen der einzelnen Sorfchungsmweifen, worauf ber 
Geift der erste in diefem großartigen Abſchnitt der 
MWeltgefchichte geleitet wurde. Es mar anfänglich mein 
Wille, eine Ueberſicht der Zeitfolge beizufügen, doch 
überhob nich das treffliche Werf meines geehrten Freun⸗ 
bed, des Herrn Dr, Choulant diefer Arbeit, fo daß ich 
das meinige, mit dem Wunfche dadurd) einigen Nugen . 
geflifter gu fehen, meinen Kunftgenoffen um fo zuver: 
fichrticher übergeben Fann. - 


Berlin, im Monat Mai 1822. 


Der Verfaffer. 





\ 

E inteitung. . $. 1. .—n I. 2.2. TC Geite 
Litteratur. 2 -- nem 

Berioden. 6. 3.- - - 2200 ne. — 


Erfie Periode. Vom Urſprunge ber Medicin 
bis zu ihrer wiſſenſchaftlichen Geſtaltung, oder 
von den Urzeiten bis auf Hippokrates. 


Erſter Abſchnitt. Zuſtand der Heilkunde vor 
ihrer Ausübung ir den Tempeln des Aeskulap. 


Entftehung der Arzneikunſt. 4. : :: — 
Indiſche Mediein. 65... 20. — 
Chineſiſche Mediein. F. 6...... — 
Medicin der Aegyptier. 9.7. - - >» « — 
Medicin der Juden. F. 8... — 
Schluſßifolgen. 8.0. - -» +. em 


Urfpgung der Heilkunde bei den Griechen. 5. 10. — 
Zweiter Abſchnitt. Ausübung der Heilkunſt in 
den Tempeln des Aeskulap. 
Adklepiaden.. $. In. — 
Knidiſche und Koiſche Schule. $. ı2.: — 
Dritter Abſchnitt. Ausbildung der Heilkunde 
durch die aͤlteſten Phildſophen. 
Thales. 6.13... 22020. — 
Pyt hagoras. 6. 1. . » > 2 00 e.. — 


2u20 


25 


29 


SR.» 


70 


22 





vau 

Allmdon. 6.15...» 2 Beil 78. 

Empedokles. ©. 16... 2... ... — 8 

Andere Philoſophen. 9. 17.2 2 2 2. . — 89 

Anaragorad, SIE. 20er. = ga 

Demokritus. 6. 19... . - rm 94 

\ Heraklitus. 9.20 2 2 0 0 0 0 20. — 103. 

Schlußfolgen. $ ar. - 0. . — 105, 
- Vierter Abſchnitt. Gymnaſtiſche Merlem der 

Griechen. 
Entſtehung derſelben. 9.22. "2.2.0 107 
Iccus und Prodikus. 9.23... 2... — 109 


Flnfter Abſchnitt. Wiſſenſchaftliche Begruͤn⸗ 
dung der Heilkunde durch Hippokrates. 


Hippokrates Lebensgefchichte. 9. 24...» — 111 
Hippokrates Schriften. 6.25. - se... ın9 
Hippokrates Anatomie. 9.06. u >»... = 120 
Hippokrates Phyſiologie. 6.27. » x... — 123 
Hippofrates Philoſophie. 2 - on. — 132° 
SHippofrates Pathologie. 929» - » o .« — 137 
Hippokrates Therapie. $. 30. » ... . » — 144 
Hippofrates Chirurgie. 8.31.» oc 161 
Sippofrates Zeichenlehre. 5. 3. em 166 


Schlußfolgen. 533. - ven em 17h, 


Zweite Periode. Don der erfien wiffenfchaft: 
lichen Bearbeitung der Mebicin, bie zu ihrer 
‚böchften theoretifchen Vollendung im Alter; 
thum, oder von Hippofrates bis auf Galen. 

Erfter Abſchnitt. Schule der Dogmatiter. 

Theſſalus, Dtako, Polybus. 6. 34. 177 
Prodikus, Dioxippus, Apollonius. I =. 186 
Plato's Naturphilofopbie. $. 36.... — 188 
Weitere Ausbildung der dogmatiſchen Heil⸗ 

kunde. S. 37... 2 2000000 — 1202 





v⸗ 


Philiſtion, Eudoxnus, Chryſippus und feine 
Schuͤler. 9:33: : 2 2 2 2 2 20. 

Diofles von Karyſtus. 8. 39. . «. . 

Praxagoras von Kos und feine Schuler. $. 4.“ 


Zweiter Abſchnitt. Schule der Peripatetiker. 


Arifisteles Naturphilofophie. 6. du... 
Arifkoteles Anatomie und Phyſiologie, $. 42. 
Theophraf von Erefus. 8.43... - - . 


Dritter Abfhnitt. Schule der Erafiftratder. 


Eraſiſtratus. 6. 4... - 2. 
Erafifiratus Pathologie und Therapie. $. 45. 
Erafilratus Anatomie und Phyſiologie. $, 46. 
Erafifiretus Nachfolger. 9. 47. -' rer 
Bierter Abſchnitt. Schule der Herophileer. 
Herepbilus. 8. 48. 2 2 20 e. 
Herophilus Nachfolger. 6. 49... - .. 
Theilung der Heilfunfk in drei Sacher. $. 5o. 
Fünfter Abfhnirt. Schule der Empirifer. 
Srundfdge der Empirie, $. 51. . 
Serapion’s Nachfolger. $. 52... ... 


Sechſter Abſchnitt. Schule der Methodiker. 


Zuſtand der Heilfunde in Rom vor Asklepia⸗ 
ren . 
Asklepiades von Brufa. ' $. 54...... 
Asklepiades Lehrgebaͤude. ©. 55. 
Asklepiades Nachfolger. Gründung der metho⸗ 
difhen Schule durch Themiſon. $. 56. . 
Weitere Ausbildung der merhodifchen Heils 
tunde. 9.57... .. DE re 


Siebenter Abſchnitt. Bearbeitung der Heil⸗ 


kunde außer den Schulen. 
Allgemeine Schriftſteller. 6.58... 


IX 


207 
211 
218 


228 
037 


269 


273 
283 
291 


304 
314 


325 
337 


25 


394 


ur 


429 


Anatomie. 9.5. > - 202. Seite 435 
Urzneimietellebre. ©. 60. . - - - a0 439 
Achter Abſchnitt. Schule der Pneumatiker und. 
Epiſynthetiker. 
Grundſaͤtze der Pneumatiker. Athendus. 9.61. — 449 
Athendus Nachfolger. $. 62... - .-. .t — 452 
Aretaͤus. Caſſius der Satrofophift. $. 63. . — 465 
Meunter Abſchnitt. Wollendung der thepretis 
. fhen Heilkunde im Altercham dur Galen. 


Galen's Lebensgefhichte. 9. 64. - » -» — Aa 


Salen's Anatomie. $. 65. - - - - — 48 
Galen's Pathologie und Semiotik. $. 66.. — Sor 
Galen’s Therapie und Arineimittellebre, 8.67. — 507 
Namentegifter rein. — 515 
Scchregifter Trennen“ — 519 


Einleitung. 





5. 1. 


| Sirhen nach Wahrheit iſt dem Menſchen von Natur ein⸗ 


gepflanzt. Es erhaͤlt die Wiſſenſchaften, wie die Schwer⸗ 
kraft den Lauf der Sterne, und kann in feinem Fortſchrei⸗ 
ten nie gehemmt werden. Es iſt aber nur die allgemeine 
Kihtung der Geifter, die Wege, denen fie einzeln folgen, 


‚ind von einander gefihieden. Jeder hat feine eigene Denk⸗ 


weife, und geftaltee das Wahrgenommene nad) feiner Art. 
Die Temperamente find nur die Gränzlinien unendlicee 
Berfchiedenheit und Abmechfelung im verbundenen Geiftigen 
und Körperlihen, und wie das Schaffende verfchieden ift, 
ſo find es auch feine Schöpfungen. So mechfelt daher die 
Geſtalt der Biffenfhaften nad) ber Eigenthuͤmlichkeit ihrer - 
Drarbeiter, aber fie mechfelt auch nach der Befonderheit der 


Bolker, die fie umfaßt haben, und nad) dem, was das Zeit. 


alter mit ſich bringe. Diefe Veränderungen haben nur 

einen Hauptzweck, bie Wahrheit zu finden, und das Gebiet 

bes Viſſens zu vergrößern, und menn fie auch im Einzel 

nen oft rüefgängig find, fo erfennt der Beobachter im Gans 

zen dech nur eine Entwickelung zur Vollkommenheit: Das 
1J | 


2 W | \ 


Reich des Geiſtigen erweitert unaufhaltſam feine Granzen, 


und vollendet ſich in ſeinem Innern. 


Dieſe Entwickelung in der Arzneikunde darzuſtellen, iſt 


der Gegenſtand der Geſchichte derſelben. Sie begleitet fie 


von ihrem erften Urfprunge von einem Bearbeiter zum andersz, 
von Volk zu Volk, von Jahrhundert zu Jahrhundert, und” 
erzählt. ihre Schickſale im Zuſammenhange. Deshalb ift fte 
auch untrennbar, und einzelne Arbeiten dienen nur, fie zu 
vervollftändigen, find aber an ſich unentbehrlich, und der 
allgemeinen Geſchichte, bie ihren Hauptzweck nicht verlieren 


darf, zue Erläuterung. Hierher gehört alles, was man 
unter befonderer Gefchihte der Arzneifunde (historia me- 


dieinae specialis) ‚zu verftehen pflege, und bie mediciniſche 


Biodraphik. Jene erzaͤhlt das Entſtehen und den Fortgang 


einzelner Schulen, die Ausbildung der Arzneikunde bei ein⸗ 
zelnen Voͤlkern, oder entwickelt einzelne Theile der Medicin 
bis zu einem beſtimmten Zeitraume, berichtet von einzelnen 
Erfindungen, Mitteln, Heilmethoden, Verfahrungsarten, 
Krankheiten, und kann ſich, weil ſie nur mit dem Ganzen 


der ,geſchichtlichen Arbeiten im Zuſammenhange ſteht, aus⸗ 
fuͤhrlicher verbreiten. Die mediciniſche Biographik ſtellt die 


einzelnen Bearbeiter der Arzneikunde in ihrem Leben und 
Wirken, in ihrer perſoͤnlichen Eigenthuͤmlichkeit dar, und 
wird dadurch aͤußerſt wichtig, daß ſie die aͤußeren Bedingun⸗ 
gen verſchiebener Denkweiſe zeigt, die oft mächtigen Einfluß “ 
erlangen. Biel fommt daranf an, welcher Zeit der Menfch 
angehört, und unter welchen Verhäftniffen er lebt. Sie ers 
heben oft den Geift zu herrlicher Thaͤtigkeit, oft drüden fie 
ihn nieder, und immer theilen fie ihm "eine eigenthuͤmliche 
Richtung mit, nad) ber ſich alle feine Leiſtungen hinneigen, 
Die menfchliche Natur iſt für nichts ſo empfaͤnglich, als für 
Beifpiel und Umftände, von beiden theile fich das Gute 


3 


ſwohl, wie das Schlechte mit, und ein Mann, ber unter 
gewiſſen Berhältniffen Heilbringend für Kunft und Wiffen 
fhaft war, hätte ihr unter andern vielleicht. Nachtheil und 
Verwitrung gebracht. — Aus beiden Huͤlfsquellen ſchoͤpft 
die algemeine Geſchichte der Arzneikunde, aber nur das 
Wichtige und Zweckdienliche, d. h. wodurch die Entwicke⸗ 
lung derſelben zu ihrem jetzigen Zuſtande klar wird, und 
ſie ihrem wahren Nutzen entſprechen moͤge, der kein anderer 
in kann, als du rch Das Beiſpiel der Vergangen— 
heit das Gute zu befördern und den Irrthum 
zu verbäten. Dadurch wird fie ein helleuchtendes Licht 
der Wahrheit und eine herrliche Lehrerin der Wiffenfchaft, 
deren Fortbildung fie verbürgt und durch Gemährleiftung 
ihrer felbft befördert. Sie ift von der Lirterärgefchichte weit 
verfihieden, die ſich bloß mit den Werken ber Aerzte befchäfs 
tigt, und ſich zunächft auf die Bücherfunde, die Vibliogras 
vie fie. Kann man biefe eine, fortlaufende lebendig dars 
seiellte Eitteratur aller Zeiten nennen, die auf die Entwik— 
klang der Wiffenfchaft allerdings Ruͤckſicht nimme, aber fie 
nit zu ihrem Hauptgegenſtande macht, fo. dringt die allge 
meine pragmatifche Geſchichte mehr in das Innere der Wiſ⸗ 
ſenſchaft ein, und benußt die ihr untergeordnete Litterar⸗ 
xſchichte nur als ihr unentbehrliches Huͤlfsmittel. Beide 
ſind eng mit einander verbunden, und reichen ſich wechſel⸗ 
kitig die Hand. Litteratur ohne die pragmatifche Gefchichte 
der Wiſſenſchaft ift ein todter geiftlofer Grundriß, Gefchichte 
dagegen ohne Litteratur ein Gebäude ohne Grundſtuͤtzen, 
| verfehlt daher Ihren wahren Nußen, und kann auf Treu 
und Glauben feinen Anfpruch machen. u 
| Huͤlfswiſſenſchaften bedarf die Gefchichte der Arzneis 
| kunde außerdem noch vieler und mancherlei. Sie geht mit 
ie allgemeinen Weltgefchichte gleichen Schritt, und fann 
“2 


m 





4 u 


Sn 


ihre Belehrung nicht entbehren. - Denn bie Heilkunde ift 
an das’ Schickſal der Völker und Staaten gebunden, und 
hieraus entfiehen die Bedingungen ihres Gedeihens. Noch 
unentbehrlicher iſt die Kulturgeſchichte, denn von der Kultur 
der Voͤlker iſt der Zuſtand ihrer Heilkunſt abhaͤngig: Die 
Geſchichte der Arzneikunde iſt ein Theil der allgemeinen 
Geſchichte des Menſchen, ſie zeigt uns ſeine Entwickelung 
nach einer Seite, die man fuͤr die wigtigſte halten kann, 
der Kenntniß ſeiner ſelbſt. Nicht weniger beduͤrfen wir der 
Geſchichte der Philoſophie. Dieſer Anbegriff des Hoͤchſten 
im menſchlichen Wiſſen diente der Medicin faſt immer zum 
Leitſtern, und von ihr entlehnten die Aerzte die Grund⸗ 
fügen ihrer Lehrgebaͤude. Gutes und Schlechtes hat fie 
daher ihrer folgfamen Schuͤlerin mitgetheilt, hat fie oft er 
hoben, aber auch oft zum Verderben der Willführ und Ein- 
feitigfeit geführe. Endlich ift die Beihuͤlfe det Religions 
und Rechtsgefchichte erforderlich. Die Religionen der Böle. 
fer haben auf die Ausuͤbung der KHeilfunft und. felbft ihren 
innern Zuſtand beftändig. eingewirft, die Quelle darf daher 


nicht unbekannt fein, woraus biefer Einfluß entfprang. Aber 


auch mit der Gefeßgebung der Stadten fand jene in Ber 
Bindung, wenigftens wurde ihre wohlthätige Wirkung auf 


‚ das Ganze dur” Geſetze mehr befoͤrdert oder gehemmt, und 


es kam nicht wenig darauf an, welcher Rang den Aerzten 
in ber Geſellſchaft angewieſen war. Denn Achtung und 
Ehre naͤhrt und befördert bie Kunft, Geringfhäßung ber 
Bölker gereicht ihr zum größten Nachtheil, und halt fie in 


Niedrigkeit. 


§. 2. 
‚ Die Ltteratur der Geſchichte „der Arzneifunde if an 
Werken nicht zahlreich, und diefe felbft find von ungleihen 
Werthe. Zu den urtensbehrlichen gehören: 


Kart Sprengel, Verſuch einer pragmatiſchen Ge 
fhihte die Arzneikunde. 5 Thle. 8. Kalle 1800 — 1803. 
Ins Franzoͤſiſche uͤberſetzt: 

Histoire de la médecine depuis son origins jusqu'au 
dis-neuvieme siöcle, pawSprengel. Tome I—-VII Trad. 
de Yallemand par 4.J. L. Jourdar. 8. Paris 1000. 

Histoire de la Mèdecine ou Fon veit. l’Origine et 
les Progres de cet Ast, de Siöcle en Siäcle; les Soctes, 
qui sy sont formees; les noms des Mederins, leurs de- 
oourertes, leurs opinions et les circomstances les wius 
.' zemarquables de leur vie. Avce des Figures en tailles 
donuces, tirces des Medailles anciennes. Par Daniel M 
Ciere. A Gendve 1606. ı2. In ben folgenden Ausga⸗ 
ben: Amsterdam 3702. 3 Tom. 4. 1723. 4. Haag. 1724. 
4 vollfländiger. In den beiden letztern ein Plan pour ser- 
wir a la Continnstion de cette histoire depuis la in da 
Siöcle IL, jasqm’anı: milieu du XVIL Diefe Fortfegung if 
aber nicht erfchienen, und das ganze Werk ſchließt mit Galen. 

The History ef Physick; from the Time of Galen 
ie the Beginning of the sixteenih Century, chiefly with 
regard ta Practice. By John Preind. = Parıs. 5. Lon- 
da 1725— 26. Lateinifh in: J. Freindii Opera om- 
nie cura Vigani. Londin. 1733. Fol Paris 1735. 4 
Venet. 1733. 4. ' Nespoli :1733. 4. und einzeln: in meh⸗ 
reren Ausgaben. Franzoͤſiſch von Coulet. Leid. 1727- 
MM. Vol. ı2. 

Zaur Berichtigung dieſes Welse: 

Observations on D. Friends kistory of Physick; 
ıhewing some false Rapresentation of ancient and mo- 
dern Physicians, by C. ‘W. London 1726. 8. 

Joenn. Henric. Schulzii, Historia Medicinse a 1% 
nm initio ad annum- usbis Romae DXXXV. deducta, 


6 \ 
Accedunt Tabalao aoneae > ehronolagicn ‚et indieos cop- 
. Lips 1728. 4. 

Eiusd, Compendiam Historine- Medicinae ‚ a rerums 
änitio ad exoossum Hadkiani . Augusti. - Subiuncta est 
‚ Rangti Morcan Dialexis. ‚de Nosione — in pien- 
ritide., Halae 1742. & : 

‚Sehr. brauchbar und zum zpei acherine ind 
fernen: u 

kdermasn. Conringü, In | uniwersam Artem medi- 
cam singulsaguwe eins partes Introdactia . Ex publicis 
“its praecipne .isctionibug. olim coneinnate, ‚nunc vero 
additamentis !negessaslis ‚.aucta,' cöntinuata ad. nostra 
2amıpora ‚presgeipwerum scriptorum serie, eis. Cura ac 
‚ Mudio Guntli. Chrissopf Schelkammer. Helmstadii 

1687. 4. 

u.2..J. Canr. Barchusen ,. Historia Medicinae, in qua, 
‘#1 non omnia, ‚pleraque saltem medicorum ratiocinia, 
dagniata;, ılıypotbeses, sectae,. etc. quae- ab.exordio me- 
dicinke. usque ad 'nostra tempora inclaruerunt, pertre- ' 
tiantur. .Amstelasdam. 1710. 8. — Vermehrt unter dem 
Zitöl: :De Medicinae ‚origine et Progressu dissertalio- 
nee. Traject. ad.Rhen: 1723. 4. - 

: ıJoann. Christian. Gott. Ackermann, Institurio- 
sies. Historiae Medicinae. Norimberg. 1792. 8. 

=.2Ja. ‚Frid. Blumenbach, Iatroduciio in Historiam 
medicinae litterariam. Goetting. 1786. & 5. 

Joh. Dan. Metzger, Skizze einer pragmatifhen . 
Zitterärgefchichte der, Medicin. Königsberg 1792. 8. — Zus 
füge und Verbefferungen dazu: Ebend. 1796. 8. 

Aug. Frieder: Meder, Allgemeine Gefchichte der 

ı Maturs und Arzneikunde. Erſter Theil. Leipzig 1793. 8. 
(Iſt nicht weiter fortgeſetzt.) Enthält im zweiten Buche“ 


/ 


7 


de vollſtaͤndigſte Angabe der Lutteratur mit ber Beurthei⸗ 


lung der einzelnen Werke. . ” 
Deilelb. Die Heilfunft auf ihren Wegen zur Gewiß⸗ 
heit, oder die Theorien, Spfteme und Heilmethoden der 


Aerzte ſeit Hippokrates dis auf unſere Seiten. . Erfurt | 
1808. 8. | 


Andere Compenbien : 
Ardr. Ottomari Goelioke, Historia Medicinse 
miversalis, qua celebrierum :quorumcangque medicorun 


vitse, nomina, dogmata etc. ‚pertractantur. Francof. 


& V. 1717 — 1720. B. 

Joh. Neander, antiquissimae et nobilissimae | Medi- 
dinee natalitia, Sectae earumque placita; tum eins Ca- 
taclypses ac. instauratores, et ad haec nostra usque 
wmpora propagatores, cum historiie eorum., vitis ac 
scripts. Bremae 1623. 4. ' Zu 

Chrst. Joh. Langii, Historia medick, in "deffen 


_ Oper. omnibus cur. Aug. Quirin. Rivini. Lips Fok 


} 
| 


| 


Ki, a. 

Jo. Gottl. Sstius, Diatribe historico« litteraria, ex. 
bibens succiactam medicorum, medicinaeque historiae 
delineationem. Lips. 1715. 8. ee. —8 


Gottlieb Stolle, Anleitung zur Hiſtorie der me⸗ 


diciniſchen Gelahrtheit. Jena 1731. 4. 
France. Cliſton, ihe state of Physick anciest' and 
modern briefly considered, with a Plan for improving 


ü, London 1732. 8. Franzoſtſch: Etat ‘de la Medecins 
ancienne et moderne, avec un Plan pour 'perfectionner‘ 


celle-d, par Pr. Clifton, traduit::'de ®Anglais par 


Abbe de Fontaines. A: Paris 1740. I Vol & 


| 


Chriſt. With. Keftner, Kurzer Begriff ber Hiſtore - 


der mediciniſchen Selahetheit uͤberhamt⸗ Halle 1743. 8. 1* 


5. Ä 

Godofr. Bened. Schmiodlein primae Hnene Histo- 

sie Medicinae universalis, praelectionibns academicis 
accommodatne. Lips. 1777. B- 

Henr. Frideric. D.lius, Synopsis Introdastionis im - 
Medicinam universam eiusque Historiam. litterariam. In 
. sum praelectionum academicarum. Erlang. 1779- 8- 

Will. Black, An historical Sketch of Medicine 
and Surgery from their origin to the present time; and 
of the principal authors, ‚discoveries and errors. Lon- 
don 1782. 6-' Deutſch mit Bufägen von 3% cbriſt 
Friedr. Scherf. Lemgo 1789. 8. 

Sal. Moopk. de Mera, Tentamen Hisoriao me= 
dicae. 2 Part. Hafniae 1795. 8 

‚, Piftorifhe Mörterbücher: 

p. Bayle, Dictionnaire historigne ‘et eitige, ed; 
vn. Basil. 1748. IV. Voll. Fol. 

. Jaozues George de Chaufepie, Nouveau Diction- 
naire histörigue et critigue, pour servir de supplemeht 
ou de continuation au Dict. hist. et crit. de Mr. P. Bayle. 
Amsterd. 1750-56. IV. Voll. Fol 

Großes Univerſallexikon aller Wiſſenſchaften und Kuͤnſte. 
Leipzig 1732 — 1750. 64 Binde, und 4 Bände Supple⸗ 
mente: Sol. 

Encyclopedie, ou Dictionnaire raisonn& des scien- 
eecs. & Paris, von 1751 an. 17 Bände, 4 Supplements 

Bände, 2 Bände Regiſter und 12 Bände Kupfertafeln. 
Zur Merdoner Ausgabe (von de Felice, von 1770 an, 
48 Bände. 4.) bar Häller noch fehr anfehnliche Beitraͤge 
geliefert, die im Ende H.D. G. bezeichnet find. 

Eloy, Dictionnajre historique de la Medecine, con- . 
tenant son origine,- ses progrös, ses r&övolutions, ses 
sectes et son état ches diflärens peuples; ce que l’on a 

, ’ 


P) ‘ 


— — — — — — — — — 


9 
da des Dienx ou Höros anciens de cette science: Phi- 
soire des plus cöldbres medecins, philosopbes on per- 
somnes savantbs de toutes Nations, qui ont concouru à 
won wencement; des fameux anstomistes, chirurgiens, 
botanistes et chymistes ».avec P’exposition de leurs sen- 
timens et de leurs- deconvertes, et le catalogue de leur 
priacipaüx vuvraßes; le tout d’aprös ce que les meil- 
leurs Autzurs ont &crit sur cette matiöre. A Lidge, et 
a Frenchort 1755 EI. Tom. 8. Gebr vermehrt und un: 
geſtaltet: Dictionnaire historigue de la mödecine an- 


dienne et moderne, ou mömoires disposes en ordre al- 


phebötigae, pour servir à P’histoire de cette science, et 
ä celle des medecins, anatomistes, chirurgiens et chy- 
mises de toutes nation. A Mons 1776. 4 Voll, 4 

M. Jos. Frang. Currere, Biblioihögqne liueraire 
historique et critigae de la Meödecine ancienne et mo- 
derne. Contenant l’histoire des Medecins de tous les 
&öcles et de celui oü nous visons; celle des personnes 
savantes de toutes les nations qui se sont appliquees .ä 
quelque ‚partie de la Medecins, ou qui ont concouru 


don avancement; celle des Anatomistes, des Chirur-., 


geus, des Batanistes, des Chymistes; les honneurs 
qui ont recus; les dignités auxquelles ils sont parve- 
mus; les monumens, qui ont &i6 £rigds à leur gloire. 
Le Catalogue et les diflörentes editions de leurs onvra- 
ges; le jugemens, qu’on doit en porter; Pexposition de 
leurs sentiment, l’histoire de leurs döcouvertes. L’ori- 
gins de la Mödecine; ses progrös; ‚ses zdvolutions; ses 
weite; son @tat chez les difierens pemples, I. Tom. 
A—Coi: à Paris 1776. 4 

Viographiſche Werke: 

Peri Cassellani Vitae ilustrium meilsorum, qui 


1 


‘ 


10 
toto orbe ad haec usque tempora floruerunt: Aust 
618.8  . " 
2. W. Lawaͤtz, Verzeichniß einzelner eanebeſchrei 
hungen berühmter Gelehrten und Schriftfteller aͤlterer und 
neuerer Seiten. Kalle 1790. 8. 
Symphoriani Champier, ( Campegii) Opera. Lag- 
dun. 1508. & Il. Tom. ' 
Otho Brunfels, Catalogns lusiriom Modicoram EN 
de primis Medicinae scriptoribus. Argentorat, 1530. 4. 
Remaschi Fuchs illustriam Medicornm, qui supe- 
riori saecule floruerunt ac scripserunt, vitae. Annexus 
in calce quorundam neotericorum Medicorum#Catalo- 


‚gus, qui nostro saeculo vixerunt, auct. Sgmph: Campo- 


gio. Paris. 1541: 8. 

Weifgangi Justi, Chronologia lostrimn Medico- 
rum. Francof. 1556. 8. 

Joh. Sambusei veterum 'aliquot :ac recentium Medi- 
corum Philosophoramque Jcones, cum eiusd. ad singu- 
las Elogiis, etc. Lugdun. Bat. 1605. Fol. 

Andr. Shatonis de initiis et incrementis studii me- 
diei in Academ. Witteheig, etc. Witteberg. 1609, 4 

Meichioris Adami vitae Germanorum Medicorum, 
gei superiori saeculo claruerunt. Heidelb, 1620. 8. 
Francof. 1705. Fol. 

M. Henr. Witten, Memoriae Medicoruin f nostri 
'saeculi clarissimorum, renovata®, ‘ Decas J. Francof. 
1676. 8. Dec. II. ibid. eod. 8 

P. Freher, Theatrum virorum emditione clarorum, 
in quo vitae et scripta — Medicorum etc. repraesen- | 
tantur. Norimb. 1688. U Vell. Fol. 

Joh. Heintzii, Oratio de singularum Professionum 
medicarum in Acad. Lipsiens. initiis ac incrementis, ut 


\ 


11 
et gemina Decanorum qui nlıra 200 annos in eadem 
. oraerunt Enneade. Lips. 1630. 4. J 

Tom. Bartholim, Vilae Medicorum Hafriensiom, ' 
Hafısae 1662. 8. - 

J. Bernier, Essais de Meödecine oü il.est traite de 
la Mödecine et des Medocins. a Paris 1689. 4. Supple- 
ment au livro des Essais — avec des corrections. a Pa- 
sis 1691. 4 Gpätere Husgabe: Histoire chronologique ' 
de la Medecine. et des Medecins. a Paris 1695. 4 
714 4 | 
Joh. Lanzoni, de Jatro- „Physieis Ferrariensibus, qui 
Medicinem scriptis suis exornarunt. Bonon: 1691. 4. 

Prosp. Mondosii, Theatrum, in. quo maximorum 
christiani orbis Portificum Archiatros > epoctandos exhibet, 
Romae 1696. 4. 

Car. Bened. Cärpzovins, de Medicis ab Ecalesia, 
pro Santtis habitis. Lips; 1709. 4. 0: 

Just. Christoph. Boehmheri, Memoriae —— 
Helmstadiensium in Medicornm ordine. Guelpherb. 
1719. 4. \ 

‚Aug. Quir. Rivini, Progr. de Facultatis medicae 
Lipsiensis Decanis et Prof. Therap. Lips. 1719. 4 | 

: Joh. Jac. Baier, Biographia Pröfessorum 'medici- 
nae, gui in Academia .Altorfina unguam vixerunt. No- 
ımb, et Alt; 1928. 4 

Franc. Jos. Crienwaldt, Album Bavarise tatricae, 
sen catalogus celebriorum aliquot Medicorum, qui suis 
in Bavaria scriptis Medicinam exornarunt, ab ann. 1450, 
quo Boica schola fundata, in hodiernam usque lucem 
continuatus, Monach. 1733. 8. ' 

Pol. Frid. Schacher,; de. Foeminis ex arte , medica 


dari. Lips. 1738. 4 


12 B8 | 

. Jac. Brucker, ‚Pinotlieca scriptorum nostra aetate 
litteris illustrium, exbibens auctorum ‘eruditionis laude 
scriptisque celeberrimorum, qui hodie vivant, imagi- | 
nes et elogia, vitas, scripta, litterarum merita. C. imag. 
Decas l— X. Augustae Vind. 1741 — 1955. Fol. 

. " Deffelb.  Ehrentempel der deutfchen Gelehrfamkeit, in 
welchem. die Bildniffe gelehrter, und um bie fehönen und 
ꝓhilologiſchen Wiſſenſchaften verbienter Männer unter den 
Deutfchen ausıdem 15. 16. und 17ten Jahrhunderte, aufs 
geftellt, und ihre Gefchichte, Verdienſte und Merkwuͤrdig⸗ 
feiten entworfen find. Mit Bilde, Augsburg 1747. 4. 

Biographie britannica: or the. Lives of the most 
eminent persons, who have flourished in Great Britain 
‘and Ireland, from the earliest Ages, down to the pre- 
‚sent times: collected from the best Authorities both 
printed and mannscript, and digested in the manner 
of Mr. Bayles historical and czitical Dictionary. "Vol. L 
London 1747. Fol Deutfh von Baumgarten und 
Semler. 10 Bände Kalle 1754. 8. 

EHrift. Sort. Jocher's Allgemeines Gelehrtenlerl 
fon. 4 Theile. Leipzig 1750. 4. nn 

C. W. Keftner’s: Medieduiſches Selhetealnibon 
Jena 1740. 4 

J. K. H. Boͤrner“s Mechrichten von jetztlebenden Aerz⸗ 
ten und Naturforſchern, ergänzt von E. G. Baldinger. 
3 Bände. Braunſchweig 1748 — 73. 8. 

- €. G. Baldingers Biographien jegtlebender erste. 
- 4 ©t. Jena 1768. 8. 

Georg. Matthiae, Conspectus historiae Medicofum, 
en in. usum. praelectionun acad, Goetting. 
161.8 

Stepl. Wengen, succincta Medicoram Hungariae_ 


— ——- 0.0 - - 


| 13 
et Transylvaniae Biographia. Tom. L Lips. 1774. 8. , 


Tom.IV. Vienn. 1787. 8. 7 - 


Angel. Fabronii, Vitae Italorum doctrina excel- 
lentium, qui saeculis XVII. et XVIIL Aoruerunt. Pi- 
sae 17 — 1789. XIV. Voll. & 

John Aikin, Biographical Memoirs of Medicine 
in Great Britain, from the Revival of Litterature, to 
the time of Harvey. London 1780. 8- \ 

Anscdotes historiques, littreires et critiques sur la 
nedecine, la chirurgie et la pharmacie. P. J. I. ä 
Bruxelles 1789. 83. 

Henr. Palm. de Leveling , Historia chirurgico -ana- 


‚ .tomica Facultatis medicae Ingolstadiensis, ab anno 1472 
‚ad enn. 1788. Ingolstad. 1791. 4 


F. Schlichtegrohl, Nekrolog, enthaltend Nachrich⸗ 
ten von dem Leben merkwuͤrdiger ſeit 1790 verſtorbener 
Perſonen. Gotha 1791. 8. Weiter fortgeſetzt. 

CHrift. Gottfr. Gruner, Almanach für Aerzte und 
Nichtaͤrzte. Jena 1782 — 97. 8. 

$.2 W. Moehſen, VBeſchreibung einer Berliniſchen 
Medaillen⸗Sammlung, die vorzuͤglich aus Gedaͤchtniß⸗Muͤn⸗ 
zen beruͤhmter Aerzte beſtehet, in welcher verſchiedene Ab⸗ 
handlungen, zur Erklaͤrung der alten und neuen Muͤnzwiſ⸗ 
fenfchaft, imgleichen zur Gefchichte der Arzneigelahrtheit und 
der Litteratur eingerhder find. Erſter Theil: Mit Kupfen. 
Berlin ımb Leipzig 1773. 4. Zweiter Theil: Geſchichte der 
BWiffenfchaften in der Mark Brandenburg, Befonders der 
Arzneimwiffenfchaft, von den Alteften Zeiten bis zu Ende bes 
ſechszehnten Jahrhunderts. Berlin und Leipzig 1781. 4.— — 
Hierzu: Beiträge zur Gefchichte der Wiffenfhaften in ber 
Mark Brandenburg ıc. Berlin u. Leipz. 1783. 4. 

Defielb. Berzeichniß einer. Sammlung von Bildniffen 


! 


16 | ‘ 
J. B. F. Sohnlee, Diss. sites Tozicologiam vete- 

rüm, plantas venenatas describentem, veteribus cogni- 

tas. Halae 1788. 4. 

Kurt Sprengel, Geſchichte ber Botanik. 2 Theile. 
Mit Knpfern. Leipzig 1817. 8. 

Deſſelb. Geſchichte der Chirurgie. 2 Thle. Halle 18065— 
1819. 8. Der zweite Theil von Wilhelm Sprengel. 

Deffelb. Beiträge zur Geſchichte der Medicin. Halle 
174 — 96. 8. 

Torbern Bergmann, de primordiis Chemiae. Upa. 
1779. j 

Eiusd. Historiee Chemiae medium sen obscurum 
aevum a medio saeculo VIL ad medium saeculum xVvI. 
Ibid. 1782. 

Johann Chriſtian Wiegleb, Gefhichte des Wachs⸗ 
thums und der Erfindungen in der Chemie, in der neuern 
Zeit. Berlin und Stettin 1790. 8. 

€. &. ©. Kaftner, Einleitung in die neuere Chemie. 
Hale 1814. 8. 

Unentbehrliche litterariſche Huͤlfsmittel: 

Paschul. Galli, Bibliotheca medica, sive Catalogus 
illorum, qui ex professo artem medicam is hunc usque 
annum scriptis illustrasınt, etc. Basil. 1590. 8. 
Israel, Spachii, Nomenclator scriptorum Graeco- 

‘zum, Arabum, Latinorum, veterum et recentium medi- 
corum. Argentorat. 1597. Fol. | | 

Joh. Georg. Schenk a Grafenberg, "Biblia iatrica, 
seu bibliotheca medica. Francof. 1609. 8. j 

Joh. Antonides van der Linden, de scriptis me- 
dicis Lib. II. Amstel. 1637. 6. 1651, 62. & Sehr ver 
mehrt: Ge. Abr. Merklin, Lindenius renovatus, sive 
etc. Norimberg. 1686. 4 


⸗ 


Herm. 





| 7 
MHerm. Boerkaave, Methodus Audi medici; ema- 
cnlata et accessionibus locupletata, ab Alb. ab Haller. 


2 Tom. Amstelaedam. 1751. 4. Hierzur Cornal. Para, - | 


Boom Index auctorum et refum mazime ‚memorebilium 
methodi studii medici etc: Lugd. Batav. 1799. 4. . 
Alb. ab Haller Bibliotheca botanica, 2 Tom, Lon- 


din. 1771— 72. 4. EEE Br vu Be 
‚Eiusd. . Bibljotheea anstomice. æ Tom. Ber, 1774 
1735 4 . u Fe ' 


- Kinsd. Bibliotheca eirrge, 2 Tom. ‘Bern. I 
1775: 4 ' 
Eiusd. Bibliotheca medieihee. peanioe, ‚4Tom. Bern, 


1776 — 5b. 4 - Ar en —X fa 
. PVigilüs @. Gramsenfold ; Bibliorhena ‚chiturgica. 
3 Tom. Vindobsi78t: . . - rin wid ana 


Petri a Castro ‚ Bibliotheca medici ernditi. -Patav,. - 
1654. 12. — ab Andr. Pasta veronsitn atgne. aucig'etc. 
Bergami 1742. 8. ' 

Martin. —* Biblioibeca —8* medion, Eren- 
cofust. 1679. Fol. EEE ee un 

David de Grachner, Trectatus, philologico > Phyake 
co-medici septem. Vratislav. 1707. 4. . 

Mich. Alberti, Tentamen. Lexici realis Observatio- 
mm medicarım:ex variis autoribps. Jeleetaruin, in sum . 
literaturae medicae ad sufiragia- ‚peritomng, et docturmes! 
virorum conferenda et | Vol. Hole Kac — 
1731. 4. a 

C. M. Weber, Watwurf ne umleiten ‚mebkein 
niſch „praktiſchen Pibliothek fuͤr angebrüde, Aerzte. eeipiig 
1788. 8 > 
“. J.J. Manges, Bihiochoon scriptorum medicorwmı. 
veterum et. receniiorum. a Voll. Genev. 1731. Eol . 
IL. — B 


18: | e 
"Christ, Guil. Kostner, Bibliotheca medica, vpu- 
morum per singulas medicinae pärtes anctorum delectn 
circumacripta. Jenae 1746. 8. | 
1. Jo. Androae Murray , Enumeratio librorum prae- 
cipuorum medici argumenti. Lipsiee 1773.:8. Rec. cur, 
er:-permulte additaments adiecit Frid. Gui. von Ha- 
dem. Aurici 1792. 8. 

SB. ufe fi, "Repeerorium- der —arinmiſthen einestu 
für 1785 —90. 3 Bände. Siena 1791. 8. 
— Dell. Reperibrium %er- miedieintfihen' Lieteratue fe 
1789 — 94. Züri 1795. 8. i 

J. €. Hofter ‚„Mogeam Dispttationum piyne- we 
dicarum triparũtum. Voll, 3. Zittav. 1756 — 66. 4.. 

J. D. Reufs, 'Repertorium .Cosnnentationum a‘ So- 
eietatibus Anterariis editarum.- Ton. XI. Goetting,- = 
813 — 16.2. J 4 
Toabellariſche Ueberfichtene — er ze 
Aug. Frid. Hecker, Medicinae omnis aevi Fate, 
- tabalib enpos.: -Beferd..1790.4.° =: 1 

5. 2. Auguftin, Vollftändige Ueberficht der Geſchichte 
der Mediem in iaruatiſcher For. Deriin 1801. .. 


VE. $ 3 ia ‘ 
I gufemntee weſchigee der Zernetunde zerfaut in 
Pi fünf: Hucytperioden: 


— 4. Bomilicfprange der Medtein bis zu ihrer wiſſen· 
ſchaftlichen Geſtaltung, oder von den Urzeiten bis auf Hip⸗ 
potrates, geb 460. v. Chr./ geſt. 37. F 
2. Bon-berrcftin wiſſenſchaftlichen Bearbeitung der 
Medicin, bis zu ihrer hoͤchſten theoretiſchen Vollendung im 
Atcerthum, "oder von‘ Appokrater bis auf Salen. 379 vor 
Chr., 200 n. The. 


, 
’ N 
* 


. .. . .. en 19 

3. Bon der Begrändung der Galenifchen Theorie Bis 
zur erften Einfeßung der chemifchen Schulen, oder von Gas 
Ien bis Paracelfus, 200 — 1517. | 

4. Bon der Entftebung der chemifchen Schulen Bis 
zur Cntdedung bes. Blutumlauſe ‚ oder von Parackifus 
bis Harvey, 1517 — 1628. 

5. Bon ber Entdeckung des Blutumlaufe bie zut 
neueften Vearbeitung der Arzneikunde, 1628 — 18 — 

Diefe Perioden fi ind jwar an Jahren fehr ungleich, Doch 
fließt jede von ihnen eine Hauptveraͤnderung der Mebicht 
in fih. Die übrigen Abſchnitte werben beſſer unter fie 
zufammengefaßt, und eignen fi) daher mehr zu Unterperios 
den, die fi an ihrem Orte ergeben werben, 


[2 





Erſte Periode u 


Dom lrfprunge der Mepirin Sie gu ihrer 

wiſſenſchaftlichen Geſtaltung, oder von den 
Urjeiten bis auf Hippokrates, geb. 460, 

TE En 35 geſt. 377. > er 





‚dir. 2. Pi u . ' ir. 


Erfier Abſchnitt. 


Zuſtand der Heilkunde vor ihrer Ausůbung in den 
Tempeln des Aesculap, 1134 v. Chr. *). 


.4. 
u Entſtehung der Arıneitun. 
HD. Heilkunde ift fo alt, wie ber Trieb der Selbſterhal⸗ 
tung. Jeder Kranfe ift auf feine Wiedergenefung bedacht, 
und Kranke hat es von Anfang der Welt an gegeben. Der 


eigene Trieb fordert ihn auf, etivas zu thun oder zu laſſen, 
and wenn er genefen iſt, fo fühle er, was ihm feine Ge, _ 


fundheit wiedergegeben hat. Er vermeider die Urſach feines 
Webels, und ftehe den &einigen mit demfelben Mittel bei, 
dem er fein Heil verdankt: So entſteht bei allen Voͤlkern 





ı) Dem Jabre der Erbauung bed erfien Metenlapttompelt zu 
Titane, durch Niganor. 


⸗ 
= . 
‚ 


⸗ 
- 
“ - 
. 21 


eine nathrfiche Heilkunde, bie nicht im Beſitze Einzelner iſt, 
fondern im Thun und Treiben Aller febt, die fih an nichts 
Häheres bindet, und aus dem Altäglichen nicht herausgeht. 
Sie macht auf den Namen einer Kunft noch Beinen Ans 
ſeruch, deun es erfordert Leine Kunft, dem Triebe der Narur 
zu folgen, und Mittel anzuwenden, bie das einfachſte Nach- 
finnen,.oder der Zufall, ober ber Aberglaube an bie Hand giebt. 
Nimmt aber die Bildung der Bälfer zu, und werden bie 
Krankheiten häufiger, fo entfteht das Beduͤrfniß, das Wohl 
der Kranken forgfamer poahrzunehmen. Man verfällt auf 
Einrichtungen, die ihre Heilung gewiſſer bezwecken, oder 
man vertraut fie Einzelnen an, deren Befhäftigung es iſt, 
Kranfen mit geringer Kenntniß und wenigen Mitteln beis 
zufteben. Bei den meiften Bölfern find ‘dies die Priefter, 
denn ber fromme Glaube ſieht in Liebeln des Körpers den 
Zorn der Gottheit und flebt von ihr Hülfe. Dieſe Arzneh 
kunde ift aber von Kunft noch fo weit entfernt, als ihre 
Beſitzer von Geiftesbildung, und kann niche eher zu die 
fen Range erhoben werden, als bis diefe ihnen zu Theil 
geroorden ift. Der Kulturgrab der einzelnen Voͤlker iſt ber 
ſicherſte Maßſtab ihrer Arzneitunde. Denn diefe haͤlt mir 
den Abrigen Künften und Wiſſenſchaften „gleichen Schritt, 
wo dieſe aufbluͤhen, da iſt auch die Moͤglichkeit ihres Ge⸗ 
deihens, wo dieſe in Feſſeln gehalten werden, da kann 
fie ſich niemals entfalten, und welches Gepräge dieſe an⸗ 
nehmen, fie nimmt daran Theil, und zeigt die Vorzüge fo 
wie die Mängel des GSeiftes, in dem fie bearbeitet wurde. 
Die erften Spuren von Heilkunde finden ſich im Drient, 
wober ſich alle Kultur über den Erdkrteis verbreitet bat. 
Die Babylonier feßten ihre Kranken auf Öffentlicher Straße 
aus, um von Borübergehenden Mittel zu erfahren, die in 
ähnlichen Krankheiten beilfam geweſen wären, und es war 


4. 


ulemandem erlaubt, vorbeizugehen, ohne fich eigene nach 
dem Leidenden zu erkundigen 1). 


5.5, 
Indiſche Mediein. 

Noch früher iſt die Arzneikunde bei ben Indiern *) 
und Chinefen zu einiger Ausbildung gelangt. Es liege in 
der Eigenthuͤmlichkeit diefer Völker, und noch mehr in der 
ber Chinefen, daß fie nicht weiter fortfchreiten, und bag Her⸗ 
gebrachte unyeraͤndert beibehalten. Deshalb koͤnnen wir aus 
ihrer gegenwärtigen Mebicin auf den Zuftand ihrer Alteften 
ſchließen. Bei den Indiern befindet fie ſich allein in dem 
Bänden der Brachmanen, die fie, aller Vervollkommnung 
abhold, vom Water auf den Sohn forterhen, und nur eins 
‚feitig bemäht find, das. Vorhandene zu erlernen. Sie ſchoͤ⸗ 
gen ihre Kenntniffe aus einem uralten Buche, Wagabafaftir 
smannt, das Im fechs heilen bie ganze Medicin umfaßt, 
und wenn .es auch In der Anatomie und Phyfiologie nur 
AIrrthuͤmer enthält, unferer Aufmerkſamkeit doch nicht ganz 
unmerth iſt. Die Krankheiten werden in acht Klaſſen ger 
theilt, und nach ihnen ſondern ſich die Aerzte in eben ſo 
viele Faͤcher ihrer Kunſt, indem ſie den fuͤr den vollkommen⸗ 
ſten halten, der’ in allen gleich bewandert if. Aber auch 
nur einige zu umfaflen, gilt fuͤr eine große Ehre, denn die 
meiſten beſchaͤftigen ſich nur mit einer Kaffe, wenn gleich 
fie von den übrigen oberflaͤchliche Kenntniß haben. Zur eu 
fien Klaſſe gehören die Ainderfrankheiten, zur zweiten bie 
vergifteten. Wunden, zur dritten die Geiſteskrankheiten, ber 





ı) Hered. Hist. Lib. I eap. 197. 


3) M. Joann. Ern. Gründler, Medicus Malaabrieus. Acta 
pbyside-med. Acad. N. C. Vol. I. Append. p. 106 sagg. 


23 


zen Aerzte zugleich verſtehen, die boſen Beifer zu bannen, 
bie wierte begreift alle Uebel, die das, mannliche Unvermögen 
verurſachen, die fünfte alle Übrigen ınnern Krankheiten, und 
giebt den Aerzten, bie fid auf ihre Behandlung verfieben, 
das meifte Aufehn. Zur fechfien Klaſſe werben alle chirur⸗ 


giſchen Uebel’gerechnet, die Aerzte ber ſiebenten befigen die 


Sunft das Leben zu verlängern, die ber achten endlich bes 
handeln alle Krankheiten des Kopfes und der Augen. Siebe 
diefer Klaſſen bar ihren Schutzgott, ben bie Aerzte verehren, 
und in deffeh Namen fie ihre Mittel reihen. Ueberhaupt 
iſt ihre ganze Mediein durch Aberglauben verunftaltet, wes⸗ 


Balb fie audy den Bogelflug und ähnlichen Borbedeutungen 


in der Vorherſagung viel Glauben beimeſſen. Alle Krank 
beiten des Körpers, deren fie faft dreitaufend annehmen, 


führen fie auf Blähungen . (Wadum, Aatus), Benommen⸗ 


beit (Biuum, stoliditas, ‚ vertigo) und Verderbniß Der 
Säfte (Tschestum) «ls ‚Die drei‘ angeboruen Grunduͤbel 
suhd. Beſondere Sorgfalt wenden fie auf die Beobach⸗ 


tung bes Pulfes, und berfdfichtigen zugleih den Urin und 


©tußlgang. Die Arzneimittel; die fie nach ber Verſchieden⸗ 
beit des Geſchmacks in ſechs Klaſſen theilen, werden mit 
vielen bergebrachten Gebraͤuchen von ihnen felbft bereitet, 
auch befißen fie eine Chemie, indem unter ihren zufamınen 
gefebten Arzueien Quedfilber, Schweſel und Gpießglang 
Bereitungen vorfommen. Das Aberlaß und ben Gebraud) 
der Klyſtiere haben fie aber erft. von den Europdern kennen 
gelernt. oo 

Die Chirurgie ber Brachmanen iſt nicht in ihrer Kind⸗ 
heit ſtehen geblieben. Von Natur ſind die Hindus mit 
aͤußerſt feinen Sinnen ausgeruͤſtet, und erlangen durch Uebung 
unglaubliche Fertigkeiten. Deshalb leiſten fie auch viel in 
chirurgiſchen Operationen, mo es anf dieſe Exforberniffe 


⸗ 


Lv 


* 


veſonders ankonimt. Vornehmlich ſind es aber zwei Opera⸗ 
tionen, die unſere Aufmerkſamkeit auf ſich ziehen, das Statr⸗ 
ſtechen und das kuͤnſtliche Anſetzen dee Naſe. Wann fie ers 
funden find, ift unmöglich auszumachen, ihre Gefchichte ver⸗ 
liert ſich im entfernteften Alterthum, und deshalb verdlenen 
“fie hier einiger Erwaͤhnung. Es iſt Bei den Hindus nur 
das Niederdruͤcken des Staars eingeführt, wozu ihre Vor⸗ 
richtung aͤußerſt einfah, und die Nachbehandlung Eunfflos . 
iſt. Mit einem Anftrumente in Lanzeitenform, wovon bie. 
Klinge einen Zoll, und die befonbers gefchliffene zweiſchnet⸗ 
dige Spitze derſelben etwa drei Linien lang und drei Vier⸗ 
tellinien Breit iſt, machen fie dicht am aͤuußern Rande der 
Hornhaut in der Hoͤhe ber Are des Auges, oder etwas dar⸗ 
unter einen Einſtich nad) innen und hinten, Die eine Flaͤche 
nach oßen, bie andere nach unten’ gekehrt, und ohne das 
Auge durch ein Fünftliches Mittel zu Befeftigen. Dies Ins 
ſſtrument ift von Stahl, mie zwei Lanzettenfchalen verfehen, 
"und um vor bem tiefern Eindringen der Spitze gefihert zu. 
“fein, umwickeln fie den hinteren Theil der Klinge mit einem 
Baden. Iſt der Einſtich gemacht, fo beingen fie eine Staars 
nabel, ganz vor Meſſing verfertige, und von etwa vier 
Zoll Laͤnge, ein, die an ihrer Spike in eine dreifeitige an⸗ 
bderthalb Linien lange, und von dem Äbrigen Inftrumente 
durch "einen engen Hals getrennte Pyramide mit fumpfer 
Spitze ausläuft. Dies Inftrument wird alsdann fo gehands 
habt, daß es bie Linfe langfam, aber mit Nahdrud unter 
die Pupille druͤckt. Darauf zieht es der. Operateur Bis zu 
dem Halſe ber Pyramide zuruͤck, fo daß es in ber Sclero- 
tica hängen bleibt, bedeckt ‚beide Augen mit naſſer Baum⸗ 
wolle, und, läßt den Kranken, immer noch mit dem Inſtru⸗ 
mente {m Auge, eine Viertelſtunde lang auf dem Rüden lie 
gen. Steigt nach dieſer Bet die Linfe, oder ein Theil der 


⸗ 


c a 25 
ſelben wieder in die Hoͤhe, fo wird baffelbe Werfabren zum 
weiten Mal, und wenn es nöthig ift, nach abermaliger 
Ruhe zum dritten Mal wiederbelt, und dann erft die Mas 
del ausgezogen. Nach vollbrachter Operation werben wieder 
beide Augen mit naffer Baumwolle verbunden, und -der 
Kranke Liegt acht Tage lang in einem dunkeln Zimmer, 
ohne etwas anderes, als Reis zu feiner Nahrung zu erhal 
ven. Auf diefe Weiſe follen die meiften ihr Geſicht wieder 
erhalten, und es leidet einen Zweifel, baß bie Geſchicklich 
keit der Augenaͤrzte mehr, als die ie Berfahrungsart dazu Beis 
träge ?). 

Diefe Dperationsiveife iſt wahrfcheinlich von den Hin⸗ 
dus über den ganzen Drient verbreitet worden, wenigftens 
giebt es unter mehreren Voͤlkern deſſelben, Befonders ben 
Perfern und Tartarn, umberziehende Augenärzte, die ſich 


ähnlicher Inftrumente und auf eine ähnliche Weiſe bebie 


nen *). Ob fie auch die Griechen während der Bluͤthe ih⸗ 
rer Arzneifunde aus biefee Quelle erhalten haben, laͤßt ſich 
nicht mit Beſtimmtheit ausmachen, wohl aber vermuthen ?). 
Die ziveite Dperation ift die befanntere der Tünftlidyen 
Dildung der Nafe aus der Stirnhaut. Ein Hautlappen 
von der Größe der zu bildenden Naſe, die der Operateur 
mit einem Modell aus einer Wachsplatte abmißt, wird aus 
ber Stirn ausgefchnitten, nad) halber Drehung an ber Mu 


x) Dr. M. Scou im Jouraal of ıhe Royal Instituüon. II. Art. 
8. 1816. \ 

3) Milpaufen, Einige Worte über ben Zufland ber Oku⸗ 
TREE tim Orient, in den VBermifchten Abhandlungen aus dem Ge⸗ 
biete der Heilkunde, von einer Geſellſchaft praftifcher Aerzte zu St. 
Beterburg. Gt. Petersburg 1821. &. 19. — Hufeland und - 
Dfann, Bibliothek d. prottiſchen Heilkunde, 1801. &t.8. ©. ı 14. 


3) Vergl. Cels. de med. L. VI. c. 7. p. 1% 


* ⸗ 


ſenwurzel, fg daß bie glatte Seite der Hart nach außen 
kommt, mit feinen Rändern in die Einfchnitte und wund⸗ 
gemachten Stellen an den Rändern der fehlenden Nafe ein⸗ 
gefügt, und mit. blutigen Heften und Plaftern feftgehalten. 
Sie esfprbert noch Bei weitem mehr Geſchicklichkeit, als das 
Staarſtechen, und gereicht den Anbifihen Wundaͤrzten zur 
| heſondern Ehre °). Ä - 


86 
ESdhdineſiſche Medicin. 

Die cChineſen 2) haben ſchon Aerzte gehabt, ſo weit 
ihre fabelhafte Zeitrechnung geht, und halten ihre aͤlteſten 
Konige fuͤr die Erfinder ihrer Arzneikunde. Der ausgejeich⸗ 
netſte Theil derſelben iſt eine wunderbar ausgearbeitete Puls⸗ 

lehre, deren Erfindung einem gemiffen Tipe und bem Kös 
nig Hoamti zugefchrieben wird. Beide haben aber um 


85%, 2688 v. Chr. gelebt. Nach andern ift Duangs- 


€ Yous Ho der Verfaſſer eines Lehrbuchs, worin fie ent⸗ 
halten ift ). &ie verwenden auf biefe Pulslehre, die mit der 
erganifchen des achtzehnten Jahrhunderts einige Aehnlichkeit 
hat, ſo viel Fleiß, und fegen fo unbegrängtes Vertrauen bar - 





1) SC. Carpue, An account of two successful Operations for 
restoring a lost Nose from the integuments of he Forehead, London 
1816.4 — C. F. Graefe, de Rhinoplastice, eto. lat. ed. J. & 
C. Hecker, Berolin. 1818. 4. p. 27- 9 

. 2) Specimen Medieinse Sinicas, sive Opuseula meadica a2 Men- 
tem Sinensium. Ed. Andr. Cleyer. Francofurt. 1682. 4. — LeCierc, 
" Histoire de la Medecine, Part. I. Lib. I. Chap. 8. p..23. 

3) Les Secreis de la Medecine des Chinois, consistaut en Is’ 
| parfaite connoissance da poule, envoids de la Chine par ug Frangois, 
(Harvieu) & Grenoble 1671. — Mich. Boyımil Clavig Medica ad. 
BSiuarum doctrinam de Pulsibus, e. r. Andr. ‚Cieyeri. Francof. 1666. 
Chr. Godyfr. ‚Gruner, Semiotice. Halse 1775. &. p. 43. 


— 


= - 


| | 27 
anf, daß fie das Pefühlen des Nulſes für die Hauptſache, 
und ein eigentliches Rranfeneramen für Aberfiäffig balten. 
Daben fie nad) einer langen Unterfuhung die Art des Pul⸗ 
ſfes aufgefunden, fo beſtimmen fie mit Huͤlfe eines uralten 
Buches den Namen ber Sranfheit, ftellen die Borberfagung, 
und menden bie entfprechenden Mittel an, Die nach bey 


einzelnen Pulsarten unmwandelbar feſtgeſetzt ſind. Sie nee . 


wer noch außerdem .auf die Veränderungen der Zunge ?), 
des Geſichts und der Augen Ruͤckſicht, vernachläfligen aber 
alle übrigen Zeichen, felbft die aus dem Urin. Ihre ganz 
rohe und abentheuerliche Anatomie. *) beweiſt, daß fie nie 
mals Zergliederungen angeftellt baden, und wunderliche 
Borfiellungen an die Stelle wirklicher Naturgegenftände fez 
jen. Deshalb ift auch ihre Phyſiologie durchaus phantes 
ſtiſch, und wenn fie auch eine Lehre von einer Art Umlauf 
des Blutes und der Lebensgeifter befigen, (deren Alter auf 
4000 jahre angegeben wird) fo iſt biefe doch von aller 
Aehnlichkeit mie der unfrigen fo weit entfernt, fo mit Aftcos 
logie verwebt, und fo gang erbichtet, daß man ihnen mit 
dem größten Unrecht bie Ehre von Harveys Entdeckung 
zuſchreibt *). Hierauf gruͤndet ſich ihre pneumatiſche Pas 
thelogie, wonach ſie die. Natur ſchmerzhafter Uebel und bie 

Birfung der Mora erflären. Ihre Mittel find größten: 
theils einfach und leicht zu bereiten, befonders Abkochungen, 
doch befigen fie auch eine Chemie und Pharmazie, denn fie 
Bedieuen fih zuſammengeſetzter Mittel aus Spießglanz, 


1) Delndiciis morborum ex Linguae Coloribus et Afectionibus. 
Bel Cleyer. 


2) BBergl. bie Abbild. zu Cleyer Med. Sin. | 


3) . Eine Aghrliche durchaus unnerfiindlice Darpelung | davon 


kb. Cleyer . O. S. 94 





4 
28. on Ä 
Queckſilber, Arfenik und ſelbſt Gofb "). Beſondere Avotheker 
giebt es bei ihnen nit, fondern die Aerzte bereiten ihre 
Arzneien ſelbſt. Das Aderlaß halten fie.für unwirkfam 
und verwerflih, „, weil die Hitze des Biuts eben ſo wenig 
wie das Kochen des Waſſers durch bloße Verminderung Ber 
Menge gehoben werden koͤnne“ *). Auf außere Mittel 
feßen fie wenig Vertrauen, und veriverfen daher bie Kly⸗ 
ftiere, das Schröpfen, die Umſchlaͤge und Salben, ‚ übers 
baupt halten fie fich Bei der Behandlung der Krankheiten 
. grdßtentheils an bie ausfeerende und fiärfende Methode 
Ahre Chirurgie ſcheint ſehr unvollfommen zu fein, menigs 
ftens befchäftigen fidy Leute, die bei ihnen unter dem Na⸗ 
men Chirurgen vorfommen (Vaykö), nur mit ber dußern 
Behandlung ver Wunden durch Pflafter und Pulver und 
der Stillung der Schmerzen, durch Waſchungen und 
Salben. 
Die Medicin der Japaneſen ſcheint mit der Chineſt⸗ 





2) Dies beweiſt bie Unterſuchung einer Art Paſtiſlen, Tanzue ges 
nannt, und anderer Mittel, befonders Pillen, die Durch den Handel zu 
uns gelommm find. Mich. Schend, Epist. II. de Indias Rariori- 
Bus ad Ill. Acad. N. C. Dom. Praesid. in Appendic. ad Atıa physico- 
medica Acad. N. C. p. 1924. Das Quedfilber, Kia fen, Das fie 
zur Heilung der verrerifchen Kronfbeiten anwenden, die bei ihnen 
Kouang tong Tchouang, das Geſchwür von Canton «heißen, und 
dadurdy ihren Urfprung von den Europäern hinreichend deurkun⸗ 
” Den, wiemohl auch in ihren alten Buͤchern davon die Rede fein fol, 
oxydiren fie in einem feilverfchloffenen Gefäße, das fie dem Feuer - 
ausfegen. Das weiße Pulver, das fih an die Wände anfegt, brin⸗ 
gen fie dann in Pılfen, die den Kranken gereicht werden. J. Asıruc, 
Diss, de origine, appellatione, - natura et curatione Morborum Ve 
nereorum inter Sinas, in lib. de Morbis Venereis, ed. alters. Pa- 

| sis 1740. Tom. I. p.837. 4 


2) Cleyer L. c. p. 72 


— 


| 
| 


— — — — — — ——— — — — 


— u —— 


29 
ſchen aroͤßtentheile abereinzukommen, doch fehlen uns die 


zöthigen Machrichten. „ 


6 7. 
Mebicin der Aegypptier. 


Die Arzneitunde der alten Aegyptier vor Alerander 
dem Sroßen (332) bat auf die fpätere der Griechen, bie vom 
dieſer Zeit an in Aegypten eingeführt wurde, einigen Einfluß 
gehabt, und verdient daher unſere ganze Aufmerkſamkeit 
Sie mar im ausſchließlichen Beſitze des Priefterftandes, der 
des größte Anſehen genoß und die unumſchraͤnkteſte Herr⸗ 
fhaft über die Meinungen des Volks und feine Bildung 
aushbte. Er Bildere mie die übrigen Kaſten .diefes merk⸗ 
würdigen Volkes einen’ Staat im Gtaate, dem der dritte 
Heil des ganzen Landes -zu feinem Unterhalte und zur 
DBeftreitung des Tempeldienftes angewieſen war, trennte ſich 
in mehrere Grade *), indem auch diejenigen, bie das Ein⸗ 
balfamiren der 2eichuame übernahmen (Pollinctores, Libi- 
tinarii, muerreh TapızWra,) dazu gerechnet wurben, und erbte 
überdies nur vom- Bater auf den Sohn fort *); niemand - 
aus einem andern Stande war zur Aufnahıne berechtigt. 
Ausländer. aber, die des Lernens wegen famen, mußten erft 
eingeweiht werden, bevor man ihnen bie Geheimniſſe eroͤff⸗ 


nete. Nun war bie ganze Weisheit der Priefter in 42 0 





1) 1. Moſ. XLL 8. 0. Wof. VII. 11. Hier werden bie Wer 
fen von den Wahrfagern und Zauberern uuterfhieden. Bei Por- 
phyr. de Absümens, p. 155. werden folgende Geade ‚aufgegäblt: 
weefurus, grossen), igerganparii » wgerys » warden 
(die Aerzte) —XR 


2) Died, Sic. Bibl I. p. 82. ed. Stephan. = Berodoi u. 39. 


30 , 
chern enthalten *), bie dei Mamen Embrö « scientla cau- 
salitatis führten, und dem Thot, bein Agyptifchen Herr 
mes als Verfaſſer zugeſchrieben wurden, wahrfcheinlih aber 
von feinen nächften Nacfolgern herrührten. Die fehs letz⸗ 
ten diefer Bücher follen medicinifchen Inhalts gemefen fein, 
nämlich vom Bau des menfchlihen Körpers, von den Krank: 
heiten, den chirurgifchen Inſtrumenten, den Augen, den 
BWeiberkrankheiten u. ſ. w. Hierauf befchränkte fih ihr 
ganzes Wiſſen, fee waren an den Vuchſtaben gebunden, 
und wagten weder Zufäge noch Verbeſſerungen. Was fie 
auch unternahmen, mußte nach der gegebenen Vorſchrift *) 
geſchehen, deren genaue Befolgung bei Todesfällen von ak 
em Vorwurf und aller Berantivortung befreite, deren Ue⸗ 
bertretung aber fehr ſchwer, und ſelbſt mic Ausſtoßung aus 
dem Priefterftande und dem Tode gerügt wurde °), Telbft 
wenn der Erfolg niche ungänftig ausgefallen war. Einzel⸗ 
nen Xerjten waren immer nur befitmmte Krankheiten arges 
wiefen, worüber fie nicht, hinausgehen durften. So gab eu 
Augenärzte, Zahnaͤrzte „Aerzte für bie Krankheiten des 
Kopfes, andere fuͤr die des Unterleibes Yu ſ. w. Sie 
Abten ihre Kunſt ohne alle Belohnung aus, indem ihnen 





a) Clemens dlezandrin. Stromat. Vi. p. 4 ed. Syldurg. 
Die hier erwähnten 4a Buͤcher find nach den Alten undcht gewe⸗ 
fen; daß aber andere exiſtirt haben, leidet nach den Äbrigen Nach⸗ 
richten keinen Zweifel. Ueber Die untergefchobmen bermetiſchen 
Schriften ſ. Conring: Herm. medicin. L. 4. 
2) Aristet. Politicor. III; 2. p. 487. T. III. ed. da Val. are 
Yednnarn. — Diod, Sic. Bibl. IL p. 74. T. I. ed: Rhod. xare 8y- 
vanper sduor. nn . 
3) Diod. Cap. Ba. ' 
4) Herod. Histot. I. 4, 84. 


h 
\ 


/ ' | 21 
the reichlicher Unterhalt dus Affentlichen Grundſtacken zu 
Theil ward, doch machten hiervon diejenigen, denen das 
Etnbelfamiren der Leichen oblag, Eine Ausnahme, man 
ſcheint fie auch nicht eigentlich zu den Aerzten gerechnet 
au haben. — 

Eine Anatomie haben die Aegpptier nicht gehabt, auch 
Beraubten fie ihre Bitten und Gebrauche aller Gelegenheit 
au nur robe Kemuirniffe darin zu erwerben *) Der Ri 
zig Athotis oder Athoſt has, der zweite nach dem Mer 
nes fol nah Manetho *) anatomiſche Buͤcher gefchrieben 
haben; er gehört uber Felbft der: fabelbaften Zeit an, und 
wird von einigen für den ägyptifchen Hermes gehalten, auch 
in fein Alter fo Hoch, daß er rbentaftens 1300 Jahr vor 
Erſchaffung der Welt nad der gewöhnlichen Zeitrechnung 
gelebt Haben müßte. Dann war uber au das Einbalſamt⸗ 
ven, wie fich ergeben wird, nicht.geeignet, Kennmilfe vone 
Dan des menfchlichen Körpers zu verbreiten °), und nody 
weniger Fann-der Gebrauch, bei Gaflmählern ein Skelett 
anezaftelen, für einen Beweis einer felbft oberflächlichen 
Dearbeitung der Anatomie gelten, da es nicht allein näher 
fegt, unter bem Worte ensärrds einen bloß ausgetrockneten 
Leichnam zum verſtehen *), fondern auch Herodor berichtet, 
daß es hölzerne Bilder Werftorbeier geweſon find, die in dem 


> i ⁊ 


2) Gruner, Auslocta ad Antiquitates medicas, etc. Vrauslar. 
77 “ 
2) Euseb. in Chiroa. Grasc. p. 14t. 
3) Gruner, Anal. p. 24. 
4) Nach Sil. Iul. de Bell. Pun. Sec. L. XIII. 467. 
Aegyptia tellus 


Claudit odorato post funus stantia saxo 
Corpora, ot a mensis exsanguem haud separat umhre. 








32 1. 
Haͤuſern ber Reichen wie die Imagines bei ben Römerzs, 
aufbemahre und in Ehren gehalten wurden ). — 
‚+ Bon der ganzen Anatomie der Aegyptier find nur noch 
zwei Augaben auf uns gekommen, daß ein Nerd vom Ringe, 
finger der linken Hand nach dem Kerzen gebe *), dies 
aber bis zum dreißigften Jahre im Wachsthum hegriffen ſei, 
und nad diefer Zeit gleichmäßig. abnehme >); deutliche: Der: 
weife, daß jene Lehre eben fo erdichtet und ad wie, _ 
Bei den Chineſen geweſen tft. . ? 
.. &ie ließen bie Iebenden Körper aus vier Element ber- 
ſtehen, von denen jedes in das männliche und weibliche Yes 
teilt wurde, und glaubten nicht allein. an einen mächtigen: - 
Einfluß der Geſtirne aaf den menſchlichen Körper, fendern . 
unterwarfen auch die Theile deffelben, beren fie 36 annabr 
men, ber Herrſchaft beftimmter Dämonen, von denen Ge⸗ 
fundheit .oder Krankheit des untergebenen Theils abhängig 
ſei. Dan mußte fie forgfältig in Ehren halten, und wenn. 
fie erzürne waren, durch Beftunmte Formeln und Spruͤche 
Sefänftigen *). Außerdem fuchte man fich ihre Gunft durch 
- Teagen. won Steinen mit ihren Bildniffen und Ahnlicher 
Dinge zu erwerben. Die myſtiſche Lehre von den Stufen 
. jahren, (anni climacterici, 'scensilis annosum lex) fell 
ebenfalls von den. Aegpptiern ausgegangen fein °). 
| Die ' 





r) Hier. II. 88. . 

2) Gell. N.A.X. 10. Diefe Nachricht IR aus Appion (ir 
Aegypüac.) Macrob. Saturn. VIL 13, H. Conr. Hermet. Medic, ° 
C. 10. Ol. Borrich. Vindic. Hermer. Med. ür Praef. 

3) Plin. Hist, nat. XI. 37. Censorin. de die natal, C. 17- 

4) Conr. de Herm. med. p. 60, 70. j 
- 5) Pän. VII 59. der fie. dem Aegyptiſchen Aeſculap zuſchrelbt. 
Von Aecgypfen If fie wahrſcheinlich durch Solon nach Griechen⸗ 
land 


b 


. 33 
Die Urſachen der Krankheiten führten fie auf die DE 
zaonen zuräd, nicht. weniger nahmen fie auf die Verderdnig 
der Nahrungsmittel im_Darmfanal Ruͤckſicht, überzeugt, 
daß der größere Theil derſelben überfläßig fei und Krankhei⸗ 
ten bervorbringe *); woraus ihre unglaubliche Sorgfalt 
in ber Lebensordnung hervorging, moburd fich die Geſun⸗ 
ben vor Tänftigen Krankheiten ficher zu ftellen fuchten. Ki 
ftiere, Nusleerungsmittel, Faſten und Erbrechen waren ſehr 
in Gebraud), und wurden von ihnen jeden Monat entweder 
drei Tage hintereinander, ober nach Zwiſchenraͤumen von drei 
bis vier Tagen angewandt. Wahrſcheinlich ift ein großer Theil 
dieſer Diätetik, fo wie der vielfache Gebrauch bes Salbens, 
der Bäder und der Frictionen von den Aegpptiern auf die 
-Abrigen Völker des Alterthums übergegangen. Won den 
Juden werfaftens ift es gewiß. Ihre Gefege geboten eine 
paflende Lebensordnung, und ſchienen eher von einem gemife 


ſenhaften Arzte als von einem Gefeßgeber herzurühren.: Die 


Erziehung mar Auferft einfach und abhärtend, doch "waren 
gymnaftifche Uebungen Bei ihnen nicht Aiblich *). Defto 
größere. Sorafalt verwandten bie Negpptier auf die Reinlich⸗. 
feit des Körpers, und wurden bierin durch das Gedeihen 
des Flachſes beguͤnſtigt. Nicht weniger waren fie durch bie 





land gekommen. Clement. Alezandrin, Sıromat. Lib. v1. Nicht we⸗ 
niger if die Lehre von ber Uebereinſliimmung des Macrocosmus und 
Microcosmus von Aegygten ausgegangen. Jul. Firmic. Mathes. Lib. 
HI. Praefet, Ibid. Cap. 3. wenn fie nit von Gpätern den Aegyptli⸗ 
fen Briefiern untergelegt worden iR. Ä 

x) Diodor Sic. Lib. 1. Cap. 28. Herodar.Lib. I. 

2) Deshalb kann man den ägyptifchen Hermes nicht für den 
Erfinder der Palaesıra halten, fondern muß den Phoͤniziſchen dar⸗ 
unter verſtehen, denn bei dieſem Volke wurden die gyutnafitichen 
Känfte mit vielem Eifer betrieben. 

L € 





34 . 
groͤßte Mäßigfelt. ausgezeichnet. Deshalb. erreiähten fie auch 
ein fehr hohes Alter, und wurden von anſteckonden Kraus 
heiten fehr Telten heimgeſucht. Wenigſtens war die Peſt zu 
Herodots Zeiten noch faſt unbekannt, wezu die Beſtaͤndig⸗ 
keit der Witterung Das Ihrige. beitrug *)... Die Beſchnei⸗ 
‚dung war bei ihnen, fo wie in Kolchis und Syrien der 
Reinlichkeit und der Verhütung ‚von Kraykheiten wegen alls 
„gemein eingeführe ). Auch „machte die Natur des Landes 
‚ein Verbot gemiffer Speifen nothwendig, die nicht ohne 
nachtheilige Wirfung auf den Gefyudheitszuftend bleiben 
fonnten. Doch waren wohlthätige Gebraͤuche dieſer Art 
mit ſymboliſchen verbunden, die mit dem Geſundheitswohl 
des Volkes in keinem Zufammenhange fanden. Bor allen 
mußten fi die Priefter an dergleichen Vorſchriften halten, 
indem ſie nur opferfaͤhige Thiere genießen durften, die vors 
ber von eigenen Dlamten ("Pgayısut) duch ein aufgedruͤck⸗ 
tes Siegel dazu beftimmt wurden >). Schweinefleiſch aßen 
fie nur einmal.im Monat zur Zeit des Dollmonds *). Kühe 
‚wurden nicht gebpfert, weil fie der Iſis Heilig waren. Ale 
Fifhe und vor allen Sechifche waren ihnen gänzlich verbo⸗ 
sen, fo mie auch Seethiere 5). Huͤlſenfruͤchte und Zwiebeln 
wurden ebenfalls verworfen, auch bedienten ſie ſich von allen 
ſonſt im Lande gebraͤuchlichen Oehlen nur des Baumoͤhls, 
und ſalzten ihre Speiſen ſehr ſparſam. — Der Genuß des 
Weins war nur auf die hoͤheren Staͤnde eingeſchraͤnkt, weil 
das Land feinen hervorbrachte, und er nur durch den Hans 





ı) Herod.Il, 77. 
2) Ebend. I. 104. 
3) Ebend. 11.38, ' 
4) Ebend. m. 47. 
5) Ebend. U. 37. . 


'33 


bel aus Griechenland eingeführt wurde '). Das Volk pranf 
eine Art Bier *), dem man durch Lupinen einen Bittern 


Geſchmack mittheilte, und war in feiner Sebensordnung durch, | 


Geſetze viel weniger eingeſchraͤnkt, auch ‚hatten nicht alle 
Gegenden des Landes dieſelben Einrichtungen. 

Die Borherfagung in Kranfheiten gründeten bie Prie⸗ 
fer auf Aſtrologie. Wahrſcheinlich enthielt aber ihr Embre ” 
auch progmoftifche Säge, wonach fie den Ausgang der Krank⸗ 
beit beſonders aus der Lage des Kranken beurtheilten ?), 
Nicht weniger nahmen fie auf ben Mondlauf Ruͤckſtcht ); 


ob ſie ſich auch der Zeichen aus dem Urin bedient haben, iſt 


ungewiß ). 

Die Behandkung der Krankheiten war fehe einfach; 
man beſchraͤnkte ſich auf eine ſorgfaͤltige Lebensotdnung und 
die gelindeſten Mittel; die ſtark wirkenden waren ben Prie 
ſtern zuwider 5). Doc behandelten fie Wafferfuchten mit 
der Meerzwiebel (xgompver) und brauchten das Opium, das 
fon im graueften Alterthum in Iheben gewonnen wurbe. 
Wahrfcheinlih wurde baraus das Nepenthes ”) bereitet, 
aber war felbft nichts anderes alg Opium, wenigftens 
kommt die gerühmte Wirkung gegen Traurigkeit, Truͤbſi nn, 
mit ber des letztern überein, und noch in fpätern Zeiten war 
es in Theben bei den Weibern gebrauchlich. Von chemiſcher 





1) Herod. U. 77. 
2) Ebend. | 
3) Harapoll, Hieroglyph. Lib. L <, 38. 
4) Galen. de dieb. decretor. II. 6. 

5) Joann. Lange Epist. medic, 1.9. 

6) Locr. Encom. Busirid, FU 

7) Odyss. IV. 220. | 


— 


36. 

Dereitung der Xejneimictef findet fi bei den Agyptiern nar 
fo viel, als etwa die Anwenduig pdarmaceutiſcher Fertig⸗ 
keiten hewet Von dieſer Art war das Cyphi, das ge⸗ 
woͤhnliche — in den Tempeln i), das auch inner⸗ 
(ih gegen Astlıma gebraucht und (ſpäterhin) den Gegen⸗ 
giften deigemiſcht wurde, and mehrere Salben und Oehle; 
das Unguentum Metöpium *) aus Galbanum, Unguen- 
tum Merdesinm —9 und mehrere Pflaſter ‘). Metalliſche 
Mittel Haben ſte wenig oder gar nicht gebraucht ). Dem 
Sammeln und Bereiten ihrer Mittel aber beobachteten fie 


mancherlei abergiaubiſche Gebraͤuche, und legten ihnen aber 


haupt uͤbernatuͤrliche Kraͤfte ‚bei ). 

Auserdem glaubte‘ man noch an einen unmittelbaren 
Einfluß’ der Iſis und des Serapis auf die Kranken, und ließ 
ſie deshalb in den Tempeln dieſer Gottheiten die Incuba⸗ 
rion halten⸗ damit ihnen waͤhrend des Schlafes durch Ora⸗ 
kelſpruͤche die Mittel hezeichnet würden, wodurch fie gene⸗ 
fen fönnten ?), 

\ ' Endlich verdient däs Einbalfamiren der Aegyptier ermähnt 
zu werden, ‚eine eigenthuͤmliche Sitte dieſes Volks, die mie 
der Arzrieitunde in einiger Beziehüng ſteht, indem man das 
aus Auf Kenneniffe in der Zergliederungetunſt ſchließen zu 





N 
:) Dioscorkd. Mat. med. 1,24. Galen. de Antidor. IT. it. 
nn 
2): Diöscorid, L. c. 72. nt 
‚, 3) Diosorid.L. ce. 73. | 


4) Goalen. de Medicamentor. composit. secund. genern. Cap. Le 


5): Conring de Hermetic. meä, 1. g p. 100. 


6) Plin. Hist. nat. XXX. 8 a. u ’ 
7) Diod. Sic, I. 25. — 


| 27 
tr Leute aus dem, Prieſterſtande, die: dm Verwandton, 


wend ihnen der Leichnam ‚übergeben war, hoͤlzenne, wie Mu⸗ 
“wien bemalte Mufter zur beliehigen Auswahl :vorzeigtem. 
Hiewon war das erſte, baflen- Namen maw bei dieſer Gefe⸗ 
genbeit. nicht, nennen. durfte, von varzuͤglich ſchoͤner Arbeit 
sud.fehr koſtbar; Dig. zipeite, wenigen ‚wellfouumen und wohl⸗ 
feiles; das dritte das wohlfeilſte. War man Aber den Preis 
übereingefommen,. Dex "bei, .der- erſan Art ein Talant Dilber, 
and bei der zweiten zwpanzig Minetz. betryig, und, hatten fick 


die Berwandten entfernt, ſo zog man gueft mit einem fang 


men Eifen das Gehirn dur die Naſe heraus, und füllte 


den lesen Raum mit Specereien (Pdezexu); Darauf machte \ 


mar zit. einem ſcharfen. aͤthigpiſchen ‚Grein auf der. linken " 
Eeite bes Unterleibes ) einen (zwei. und, einen: halben Zoſl 
laugcn).Einſchnitt, an der. Stelle, Die, der heilig Schreiban 


(keraauparızc) Bezeichueten entfernte bie. Eingempeihe, reinigen 


den. Unterleib mit, Palmınein,. behandelze ihn mir (m Wein 


bgerichenen Gergürzen. und fuͤllte ihm mit Wyrrheu, Faflioy 


un) andern gewarzhafſten Dingen, ausgenommen Wera 
Der Einfäppite wurde, nicht wieder zugenaͤht *%. Der: Pıgs 
tafhiftes, ber hen Einſchnitt verzichtete, mußte ſogleich Ay 
vnkufen, weil. Pie Umfiehendek „mit. Steinen nach ihm 
narjen-”)., So zußspeitet „wupäg der. Beichnam ie eine Sauge 
wm (kehlenſaurer) Sodq Cala}, galegtemach ſiebzia 
Ka — hergyegar men⸗ und, in lejnene *),. Ma 


HOFER, a ni tan 


1) ne Fumtm mit dem Einfhpitt o aufhe 
Ale Eile, fe ——— von ben uͤbrigen — 


2) Hero dot berichtet das Gegentheil, doch hat man bei el: 


rohen Anzahl Marntän Feine Spur man: Matpıriktöecden Töne 


m Ronysz a. 0.10. p- 1 Yin, 


3) Diodor. a. alu 71 ui: tn. ann 6a 
4) Ran bat bie ewrder Busch: bel Gerste}. geudhnlich für 


⸗ 


38 U 

Gummt getrankte Binden kunſtlich eingewickelt. Das Aus⸗ 
trocknem · geſchah wahrfcheinlich durch die Hitze, wenigſterrs 
ſindet man bei einbalſfamirten Vögeln die Enden der Federn 
oft verſengt. Erdlich: übergab man den Körper den Ver⸗ 
ddandten, die ihn in einem hoͤlzernen, genau anfchließenbers 
Kaften beifeßten. : Diefe Käften: waren Doppelt: ber. nmere 
aus einer Art Pappe von mehreren aufeimandergeleimten 
Stuͤcken Yenivand, der Außere aus Cebern⸗! oder Mautbeer⸗ 
igenhofg gearbeitet, mit einer einfachen Lage Eſtrich oder 
Firniß Aberzogen, und mit ietogtppben und Bildern ver 
> DE ie 

9 Wurde der Leichnam no& der zreeiteh Art karte, fs 
frrüßte- man nur die Darme mit ˖fluͤffigem Cedernhärz ty; 
dver wahrfcheinkicher mit "einen Aufldſung von atzender Sode 
aus, um nach ſiebzig Tagen bie Eingeweibe auf demfelben 
Wege, hr elner anderft Oeffnung zu bedurfen, auszuziehen, 
ãumin ober Ben Aibemit Eedernhatz, oder einem andern fü 
Fegdit: ars; Bas- mie Sem Körpei" hart wurde, anzufilfer; 
Ber Behendling mit Lauge war "während dieſer Belt Die 
Defelbe;-und der Körper wurde dadurch ſo verändert, daß 
le noch Kant und Knochen Adrig blieben. de 
u Die dritte gewoͤhnlichſte und wohlfeilſte Art beſtand in 
Ber einfachten Vereitung int Soda, ohne weitere Anwen⸗ 
hung von harzigen Stöffeit!-) Diefe- Srek Arten waren ins 
deſſen nicht! die Ähzigen, tbeniäftens:" Kantr man aub · der 
Menge nod an Drt und Stelle ‚vorhandener Mumien no 
anf mehrere und mannichfaltigere foot ed wie | fe ie ber Haug 
TITTEN. atom [u 
din, baummellengk. euggebaiten, dies: findet ſich aber nur tel bene: 


ſchlechteſten Mumlen, die foRbareren und bie — 
find in noch wohlerhaltene Leinw and getduu. 


28): Mac Geroboz daD. ιι 


. . 


z0 

und- die Umſtaͤnde und, der letzte Wille Beh Verſtorbenen ber 
fimmt haben mögen. Yadı finder man viele. bloß ansgetrocknete 
Aryer in den Sand verſcharrt, und mit Kohle: bedeckt, der 
ren faulnißwidrige Ligenſchaſt den Hegpptiern mithin ve 
tenet geweſen ift *): | 

Es iſt alfo Mer, bdaß das Eindalſamtrem der Anatomie 
uges gefruchtet haben kann,“ und nur ce merfmärdige‘ 
Iunffertigkeit ber Aegyptier war, woru außer den · nothigen 
Handriffen viele Geſchicklichkeit in der Bereitung und An⸗ 
wendung mehrerer Stoͤffe erforbekt de Man bebiente 
fh dazu der Aloe, bes Zimmts, (Lauros Cinndmomihn) 
der Beljcaffie (Laurus' Cassia) ber Cedrie *) des Faber 
peche (Bitamen’ ind-der Soda ®). ° BE 

Das Alter der Aegyptifhen Mebiein iſt ſehr hoch, au? Ä 
ihr Jeußeres fehe glänzend. Schon za Joſephs Fetten gab es 
in Aegypten Aerzte, und die Aegyptier eiätirten ſich die Erfim⸗ 
deng ber Heilkunde an ), die ſich bei ihnen / in der grauen de) 
bebrelt verliert. Sie war dem geehrröften Stande anvertraut, 
wi wurde von Koenigen nicht allein‘ ausgeuͤbt, fondern auch 
iq Sinne diefes Volls bearbeitet *). Die ganze Welt war 


>» .-. .. . 


3) Ausfuͤhrlicher wird diefer —* abgebandelt. san. 
Ronyer, Descripsion de l’Egypte. „Ansiquites. IL. Livrais. p. 207 221. 
Du obigen Nachrichten find geößtentheils unverändert und mit we , \ 
nigen Zwiſchenſaͤtzen aus dem Herodot und Diodor. 

2) Dioscorid, Mai. med. I. 106. 

3) Rowyer 9.0. D. 

4 Plin. Hist, nat. VII. 56. 

5) Außer dem erwähnten Arkoris wird Nechepeus als Bm“ ' 
faffer magifch- medleiniſcher Bücher und Erfinder eines Sieber ver⸗ 


heibenden Arzneimittels aus Chamillen genannt. Conrring. L. & 
BBAE-- 110 — 113. — Aöı. Tetrabl. I. Serm. 1. "Ardupıs. Er if 


wehriheintich derſelbe mit echo, Sein Zeltgenoffe foll Petosiris 


, 





+’ 


\ 


- 





40 


. vom Ruhme ber Aegyptifchen Aerzte erfullt. Cambyſes 
ließ ih vom König Amafis einen Augenarzt ſchicken, 
dann. waren. fortwährend Aegyptiſche Aerzte am Perſiſchen 
Hofe. Griechiſche Philoſophen reiften- nad) Aegypten, um 
von ihnen zu lernen, und Fremde vertrauten ſich gern ihrer 
Behandlung. an.. Man glaubte, daß bie Heilkunſt in Aegyp⸗ 
ten ihren Wohnfitz aufgefchlagen. habe *). Noch waͤhrend 
‚der geiechifchen. Herrſchaft erhielt fih die alte Aegyptiſche 
Mebdicin, und kam erſt feit Auguftus Zeiten in Verfall, 
aber auch da noch nicht ganz, denn.. die fpätern Kaifer was 
ren der Aegyptiſchen Myſtik geneigt; Wefpafian verrichtete 
feine Wunder im Tempel des Serapis *), und feine Nach⸗ 

folger befoͤrderten das Uebel, das den. Wiffenfchaften baldigen " 

Untergang bradite, 

u Aegypten wurde in der Sprache der Prieſter Chemia 
oder Chamia genannt *). Dies deutet auf den erſten Ur⸗ 
ſptung ber Chemie in Aegypten,, der ſich auch aus andern 
Gruͤnden vermuthen läßt *). Zwar erfreute fie ſich Feiner 
wiſſenſchaftlichen Ausbildung, und war am wenigſten mit 
der Heilkunde verbunden, doch iſt ſchon die bloße chemiſche 


—— 
m 


geweſen feln,-der ſich anf gleläpe Weiſe berähmt gemacht hat. Tu 
veral. Sarir. V. Sesorthus aus ber dritten Dynaſtie der Mempbiten 
wurde wegen feiner Kenntniß der Arznelkunde Aeteulap genannt. 


r) Diog. Laört. Libr. II. vii. ‚Platon. 





3) Gueton. Vespasian: Cap. 7. BE 

3) Piutarch. de lside er Osiride. Damit fimmt der Name 
Ham in den Palmen (in der Sepruaginta Xu) übereln. Mit 
Unrecht leitet man den Namen Ehemit von einem Aegyptlſchen 
Propheten Chemes oder Chimes, ober von zauz. ©. Zosimus 
bel Conring. Hermetic. ‚medicin. L 3. pP 17. 


4) Conring. Hermetic. medicin, I. 3. 


4 


— — — — — — — — — — — — — 


— — —— — — — ——— —— — — 


VNuftfertigkeit bei einem ſo alten Volke merkwuͤrdig. Die 
Aegyptier verſtanden ſich auf den Bergbau und vielfache 
Dereitung ber Metalle *), fie verfertigten fünftlihe Smar⸗ 
agde *) und Laſurſtein, den ein König erfunden Haben. 
fe ’), und waren im Beſitz mehrerer. nicht unbebeutenbder 
SKenusniffe, wovon bie Weberbleibfel ihrer Kunft redende Bes. 
weiſe find. Wann jene aber in die Goldmacherkunſt uͤber⸗ 
gegangen ſi f nd, die fich im erften Jahrhunderten. Chr. von 
Argypten” aus‘ verbreitete, läßt fich nicht genau angeben. 
Der Name Alchymie wird zuerft im. vierten Jahrhundert *) 
erwähnt. Sie gab - zur. Entflehung der Chemie Beranlafe 
fung, die zuerſt won den Nrabern zur Bereitung der Arzueis 
mittel benugt wurde, 
$ 8. 
Mediein der Juden. 

Die Heilkunde der Juden *) mar ein Zweig der Ae⸗ 
gyptiſchen. Moſes wurde von den Prieſtern erzogen‘ und 
in ihre Kenntniffe. eingeweiht. Deshalb war ev, auch in der 
Mebicin wehlunterrishret, und verband fie mie der priefterlichen - 
Gtaatsverfaffung. feines Valks, erhob- bie Lebengordnung ‚der, 
Aegyptier mit nothwendigen Abaͤnderungen zum Geſetz ), 





3) Aus beiden Gründen war Theben wor Bern Diodor. - 
Sich]. Bibliorhec. historic. L. 15. 
2) Theophraut. de Lapid. 
3) Bergmann Opuscul. Tom. IV. p. 30. (ed. Lips. 1787.). 
4) Jul. Firmic. Matern, Mathes. Lib. III. Gap. 15. 0 
5) c. Sprengel Analecta historica ad Medicmam ‚Ebrasorum, 
Resp. Meyer Lerin. Halse. 1798. 8. 


6) 3 Mor. u 


i 





. I dr. | 
und; machte-vielerlet Anordnürngen, ‚die ee nicht gewoͤhnliche 
Kenntniß der Krankheiten beurkunden. Pie Vorboten des wei⸗ 
gen Ausſatzes beſchrieb er naturgemäß, und lehrte. ſie auf“ 
das Beſtimmteſte von ähnlichen Zufällen unterſcheiden *),. 
. beobachtete einen“ heilſamen flöchtenartigerr Ausſchlag, der 
die Sefahr des Ausſatzes abwendet 2), und urtheilt über die 
ganze Natur desitfebels fo richrig, daß feine Angaben durch 
ffätere Beobachtungen groͤßtentheils beſtaͤtigt worden ſind. 
Außerdem mar er im Befitz vieler Geheimniſſe aus der Nas 
turkunde, verbefferte: dert: Geſchmack 'eiher” Bitten Quelle 
durch hineingelegtes HOolz , verbrannte Bas goldene Kalb 
zu Pulvet ), feiner uͤbrigen Wünderthaten nicht zu vr 


. + * 


dentken. . 
Nun war die Ausübung der. Arzneikunde allein in ben 
Sänben der Leviten. Jehovah mar der Arze des Volks *): 
Sein Zorn erregte Krankheiten, nur-dRtd feine Verfdhnung 
konnten ſie geheil werden. Den «Prieftens bag es ob, des⸗ 
halb Gebete anziiordiien und bie’ Suͤhznopfer zu beſtimmen. 
Sie führten die Auffüht über die Ausfägigen, fonderten fig‘ 
von den Gefunden, und fuchten fie Durch Reinigen und Opfer: 
wieder zu heiten :*). Auch ſcheinen fie den Gauben verbreie 
tet gut haben, der. etzliente Jehovah koͤnnte durch koſtbare Ger 
ſchenke wieder verſdhnt werden, wenigſtens wurden die Phis_ 


w 
. 





) 3 Mos X, 3 20. f. Berl. Senfler vom abendlandiſchen, 
Ausfage im Witelalter. Bamburg. 1790- ©. 105. 107. 195. 287. 
u. f. m. 

ad Ebend. 6. 

3) Strach XXXVII. 5. 

4) 2 Mos. XXXIL 20. . 

5) 2 Mos. XV. 26. 

6) 3 Mos. XIV. 


43 
fler von einer unreinen Krankheit geheilt; nachdem fie die 
kidenden Theile in Gold nachgebildet und dem Jehovah vers 
ehrt hatten *). Ohne Weränderung blieb es fo bis nad) 
&elomo’s Regierung. Diefer König foll viele Kenntniffe 
im der Naturkunde Befeffen haben *), und man hält ihn 
fir den Berfaffer eines Buches über die Heilung der Krank⸗ 
heiten durch Beſchwoͤrungsformeln, worin auch über bie 
Wirkung einfacher Arzneimittel vieles enthalten geweſen ſei s), 
Aus dem ange der jüdifchen Kuttur läßt ſich indeffen vers 
muthen, daß der Exoreismus Saßei ‚die Hauptſache ausge⸗ 

macht habe, wenngleich die Anwendung‘ natürlicher Ary 
neimittel ohne Zubeifel durch Salomon veranlaßt wurde, 
da auch der Anbau der Balſamſtaude (Amyris Gileaden-" 
sis) in ber Gegend von Jericho won ihm herruͤhrt *). Des 
bafb fol jenes Werk von dem Könige E;efias verbrannt 
werden fein *) ‚ denn das Anſehn der Leiten mußte fehr 
darunter leiden, wenn ſich dadurch jeder andere in ben Ber 
fi6 diefer Kenniniſſe fegen Eonnte. Sonſt wurde aber Sa 
ſomons Mame und Beſchwörungsfotmeln, die von "ihm 
berühren ſollten, von ſpaͤtern Gauktern und Wunderärzten 
benutzt, um ben geleifteten Kuren mehr Glaubwürdigkeit 
und Wirkſamkeit zu geben *). Mac Salomons Regie 
rang ging Die Austibung ber Medlein von den ausgearteten 
Leiten auf die Propheten über, behielt aber Diefelbe Se 


J 





1) 1. Sam. V. VI. 
2) 1· Kon. IV. 33. | 
3) Josepis. Amquiit, Igjaic- Lab, VIll.p 257°— 255: 
4) Ibid Lib. XIV. Cap. 7.p.473. 
5) Said. voc. 'Blınias 2 
&) Joseph. Antiquitt. Jadaic; Lib. VIEL. capı 2. 


Ma. Ä | 
ftalt. Man glaubte, fie Eönnten durch Jehovah's ‚Sarn, 
Krankheiten erregen, und fie allein wieber beilen.. Ahia "),. 
Eliah.*), Elifah »), Jefajah *) find die berühmte‘ 
fien geworden. Der letztere heilte den Kögig Erettas 
durch ein aufgelegtes Mittel aus Feigen (Diblaim , zudiree 
genannt) *) fonft finder fi ich. von Arzneimitteln ‚nur, daß Tops, | 
bias, 6) die Blindheit feines Vaters durch Fiſchgaue geheilt 
"bat. Nach der: Babyloniſchen Gefangenſchaft, wodurch Sie 
ten und DVegriffe andrer. Völker auf die. Ifraeliten übergins 
gen, fand. auch das einſame beſchauliche Leben giel Eingang 
und es bildeten; fi ich Orden von Anachoreten N, die ohne 
Kenntniß ber Natur duch. Glauben, un Srigndeungen, 
Wunderkuren verrichteten. — 
0 tn F Zu g . 8, rn | “ | 
a . Shlusfoigen., . 0. nn 
| Dieſer Zuſtand der Arzneikunde. hei ‚ben tsefen — 
taliſchen Voͤlkern war in der That weit. ‚hauen entfernen 
die. Begründung einer „eigentlichen Heilwiſſenſchaft möglich, 
zu. machen. Freie Entfalijns und, ungehindette Thaͤtigkeit 
des Geiſtes find ihre unerlaͤßlichen Bedingungen, Beide, 
aber bei -diefen Volkern ſo wenig entwickelt⸗ daß ſie auf 
freie, große Erfindung in ben Biffenfchafeen, feinen Ans. 


' 


. 
Po «dd ® ‘ 





. B ... » .q 
PP . EEE 


I 1 Kon. XIV. PR 


3) a Kon. IV. | N 

4) 2 Koͤn X. RER 

5) Hleronym. Comiseat. in Osnie Cu % Jobols ZEXVII. ar. 
a Kön. XX. 7. En Er 

6) Ca. ır. 


7) Jorem.XXXV. 


45 


feruch machen konnten. Taufend Linderniſe hielten ihre 
Kultur auf und verdammten fie zu einer geiftigen Sklave⸗ 
rei, das größte Hinderniß der Arzneikunde war aber die 
Verbindung mit dem Prieſterthum. Eine Kunſt die unge 
wöhnlihen Scharfſinn und unermuͤdlichen Fleiß zu ihrer 
Ausbildung erfordert, wurde von Prieftern, den geiftigen 
Defpoten ihrer Völfer als Nebenfache erlernt, und zu dem 
Hauptzwecke benußt, feine wahre Erfenntniß zu befördern, 
fondern die Menſchen noch ſicherer in den Banden des 
Aberglanbens- und der Myſtik zu erhalten. Auf dieſem 
dürren Boden kann feine Mebdicin gedeihen, fie wird nur 
ein mucherndes. und vgrderbliches Unkraut. Die Verſchie⸗ 
denheit der Völker ergiebt bier mande Abweichungen in _ 
ihrer Mebicin, ihr Hauptcharakter bleibt aber uͤberall der 
ſelbe: Es fehlt ihr das erſte Erforderniß, das ſie zu einer 
freien Wiſſenſchaft erhebt: ſie hat kein hoͤheres Princip, ſie 
iſt kein Werk des ſchaffenden Geiſtes, nur einſeitige Fertig⸗ 
keir und wenig mehr,“ als alltaͤgliche Wahrnehmung ſind 
mit finſtern Religionsbegriffen und geifttädtendem Aber⸗ 
glauben verweht. Die Brachmanen mögen in Rackſicht anf 
die Natur ihres fanften Bolfes, deſſen mwohlthätige eehrer 
fie find, vor den Priefterftänden andrer Voͤlker den Vorzug 
verdienen, und auch jetzt noch ihren Zweck erreichen 2), doch 
kann ſich die Arzneikunde nur wenig von ihnen verſprechen, 
denn ihre intellectuelle Ausbildung iſt von Wiſſenſchaftlich⸗ 
keit ſehr entfernt. Ueberdies haben fle feine Kenntniß vom 
Körper, und bie Beſchraͤnktheit ihres fonftigen Wiffens in 
ber Maturfunde verhindert fie, gruͤndliche Beurtheiler ber 
Krankheiten zu fein, wenn ihnen auch lange Hebung eine 





1) Herders Ideen zur Pbiloſophie der S Ahichie der Raft 
beit. 11 tes Buch. Gteh Kap. ater Band. ©. 2 








46 / 

einfeitige Erfahrung. geben Eahn. Die mehrfache Trennung 
der Heilkunde bemeift, daß fie f ich zu Peiner allgemeinese 
Anficht erheben koͤnnen, wiewohl fi te die Einſi chtevellern nicht 
verhindert, mehr als eiven Theil zu umfaſſen. Bei den Chi⸗ 
neſen iſt die Medicin zu einem feinen Pulsfuͤhlen herabge⸗ 
wuͤrdigt, worin fi ich ihr ganzer Charakter, in feiner. fi ing⸗ 
lichen Feinheit und erfindungsloſen Unwiſſenheit darſtellt 4% 
Aber eben diefe fi innliche Feinheit erregt wenigſtens in einer 
Lehre -unfere Aufmerffamfeit, wo fie ganz an ihrer Stelle 
iſt. Ihre Eörpefliche Bildung, ihre Sprache, ihre Geſetze, 
ihre bürgerliche Eiurichtung geben ihnen ben Rang unter 
den Völkern, den fie niemals mit einem höhern vertaufchen 
tönnen, und man würde mit Unrecht non einem Wolfe, 
dem fo unbefiegbare Hinderniffe entgegenftehen, dag es zum 
Gebrauch der menfhlichen Vernunft unfähig iſt, eine Heil⸗ 
kunde fordern, die über bie Unmöglichkeit einer böhern Geis 
“ , ftesbildung erhaben wäre. Noch weniger kann bie büftere 
Myſtik und das finftere Hinbrüten der Aegyptier eine Heil⸗ 
kunde hervorgebracht haben, die auch nur theilmeife gerechten 
Anforberungen entfpräce. Durch beides wird bie finnliche 
Wahrnehmung gehindert, und aller Scharffinn im Urtheil j 
unterdrädt. Noch mehr fchadeten ihnen aber bie Hierogly⸗ 
phen und die fombolifche Schreibart *), die in ben Wiſ—⸗ 
fenfhaften allein zuläffig war. Beide ftellen bem Geiſte nur 





ı) Ebend. S. 8. f. 
2) Es gab bei den Aegyptiern eine 8* Sarelbart: De 
einfache, durch wenige Schriftzeichen (epistolaris , iwisoAoygapıza) 
die fi von der der Abrigen Völker nicht uriterfchted, und zum 
gewöhnlichen Verkehr angewandt wurbe, die ſymboliſche ganz alles 
‚ gorifche (semrizz) deren fich die heiligen Schreiber bedienten, und 
die hieroglyphiſche gang räthfelhnfte (ssgendmpunn). ‚Clemens, Ale- 
randrin. Sıromau Lib. V. Gonring. Harm. medic. 1. 45.' ,, ., 


N 


. 47 


Kchfel und dunkele Ueberfegungen der Begriffe: dar, hie 
ale Denkkraft abftumpfen, und fiehen mithin noch weit 
anter der chineftfchen Schrift, wo von unzähligen Zeichen 
jedes doch eine beftimmte Sache ausdruͤckt. Dadurd ging 
bie Freiheit der Mittheilung ganz verloren, und man trieb 
die Dedicin in einer finftern Beſchauung, die ihr niemals 
jufagen kann. Gluͤcklich waren aber die -Aegyptier, daß 
man die Kranfpeiren nur mit einfachen Mitteln behandelte, 
and ihre Heilung der Natur überließ, die durch Maͤßigkeit 
und gute Tebenserdnung in voller. Kraft erhalten wurde. 
Die Juden endlich leiſteten in der Medicin nur ſo viel, als 


Ahnen, bei ihrem religioſen und politiſchen Zuſtande möglich 


war. Das ganze Verhaͤltniß derſelben war ſo verfehlt, daß 
fe niemals zu einiger Ausbildung kommen konnten, um fo 
weniger, da fie durch kein höheres Beduͤrfniß des Wolfe 
bervergerufen. wurde, und die Anslegung der Schrift bie 
einige einfeitige Wiſſenſchaft blieb *). Noch mehr wurde 
fe durch ihre ſpaͤtern Defiger uerborben, deren Grundſaͤtze 
auf ihre Ausbildung einen druͤckenden Einfluß ausgehbt ha⸗ 
ben. Bir werden auf diefe Medicin noch zuruͤckkommen. 
5. 130.. 

Urfprung der Heilkunde bei den Sriechen. 

Den Griechen verdanken: wir bie erfte wiſſenſchaftliche 
Begründung der Arzneifunde, durch denfelben Geift, der 
dm Grand zus allen übrigen Künften und Wiffenfchaften legte, 
und viele zu idealiſcher Vollkommenheit erhob. Kein Bolt 
der Erde kann fich ruͤhmen, ein fo reines Schoͤnheiesgefuͤhl, 
tin fo reges Streben nach höherer Erkenntniß gehabt zu has 
den, vielleicht war aber auch kein Volk fo gluͤcklich, fich in 


Gnestunp 


V Bugl. Schil ler dk Sendung Mofet. B.XV. S. 60. 


... . [} 
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% 


einem fo feltenen Zufammentreffen günftiger Umftänbe ent⸗ 


wickeln zu koͤnnen, als die Griechen. Schon ihre fruͤheſte 


Zeit enthaͤlt die Spuren von dem, wozu ſie ſpaterhin be⸗ 
ſtimmt waren. Deshalb iſt auch ihre ganze Goͤtter⸗ und 
Heldengeſchichte ehrwuͤrdig/ und ſelbſt mediciniſche Sagen 
find von Bedeutſamkeit. Die hoͤchſten Schutzgoͤtter der Hetl⸗ 
kunde waren Apollo und Athene, beide Vorſteher aller 
uͤbrigen Kuͤnſte und Wiſſenſchaften. Den meiſten uͤbrigen 
Goͤttern wurden Verdienſte um die Geſundheit der Menſchen 


zugeſchrieben, jenahdem die Begriffe, die man von ihnen 


hatte, Vorftellungen davon veranfaften *). Unter den Hels 
den find Melampus, Chiron, Hercules, Ariſtaeus, 


Jaſon, Orpheus, Muſaeus, Linus u. a. die beruͤhm⸗ 


teften. Die dankbare Nachwelt erhielt das Anbdenfen an 
ihre wohrhätigen Erfindungen, und geftand vielen göttliche 
Verehrung zu. Melampus foll zuerft die Heilkraft der 


Nieſewurʒ *) (Helleborus orientalis und Veratrum album) 


entdeckt haben, womit er die mwahnfinnigen Töchter des 
Königs. Proetus, und nachher noch viele andere her⸗ 
ſteilte 2). Das Unvermögen des Iphielus heilte er durch 
Eifenroft *), Beides merfwärdige Kuren, und bie leßtere 

| das 





x) Eine ausgefuͤhrte mediciniſche Mythologle iſt In einer 
Geſchichte der Arznelkunde, die die Fortſchritte der Kunſt unver⸗ 
wandt im Auge behalten muß, nicht an ihrem Orte, und wird 
paſſender in einem eigenen Werke abgehandelt. Deshalb if auch 
bei den übrigen Wölkern alles Mythologifche Abergangın und aus 
ber Heroengeſchichte nur fo vlel angeführt, als der. Zweck nothwen⸗ 
big erfordert. 

2) Joann. Heinric. Schulse de Elleborismis Veterum. ua 
1717. 

3) HMerodot. IV. 33. 

4) Apollodor. Lib. I:p. 51. Ze Clerc, Histoire de la med: p.26 


J 


des ditefte Beifpiel vun bee Anwendung eines metalliſchen 


Mietels. Sie wurden von ihm, weringleich durch natuͤr⸗ 
fie Dinge bewirkt, doch als Folgen höherer Einfihffe dar⸗ 
geſtell, überhaupt bediente er fih, gleich den übrigen 
Deren, aller Mittel des Aberglaubens, mie fie: die Rohheit 
fans Bolfes erforderte, ‚and: fie ihm fein friberer Auft 
rihalt in Aegypten. an die Hand gab. Noch verdienen 
Hecate, Gemahlin des Aeetas und ihre Töchter Ciroe 
und Medea angefühee zu werden. Unter den trofanifchen 
Helden und Heldinnen find Achilles, Patroclus, Teu⸗ 
cer, Agameda, Proteſtlaus, Helena, Denone 
u a theils wegen. einzelner Eutdeckungen oder ihrer Kenne 
niffe, theils wegen bes ‚Deiflandes, ben fie Ihren Genofien 
leiſteten, ausgezeichnet. 

Bor allen ragt aber Aesculap hewee, der nach ſei⸗ 
sem Tode unter Die Götter and unter dem Namen Dpbius 
chhor unter bie Geſtirne verfegt, dann gber zum eigente 


lichen Schußgott der Arzneitunft erhoben wurde. Die Bes 


Kimabr ihn zum Sohne des Apollo and der Nymphe 
Korsnis, einer Tochter des Phleghas, Königs der 
Sapithen, oder der Arfinoe, Tochter des Wefleniers Leus 
cippus, und laͤßt ihn vom Centauren Chiron in. allem 
Einſten, befonders .aber in ‘der Arzueikunſt naterrichten, 
worin er. es durch die Gaben feines Vaters zur größten 
Vellkommenheit brachte. Nachdem er hiertn unterrichtet war, 
9 er nach der Sitte ber Heroen durch ale Länder, um 
den Menſchen feine Wohlthaten angedeihen zu laffen, und 
wird auch unter ben Xbeilnehmern des Argunautenzuges ger 
sanıt. Seinen Tod fand er durch einen Blitzſtrahl des 
Jupiter, was von ben Dichtern verfchiedentlich ausgelegt, 
und bald auf feinen Cigennuß, als wäre et dafür von us 
viter beſtraft worden, bald auf den Lungenbrand, woran 

L . D. 


58 | - 
ar deſtarben; Fein fahle, - DRIN auf bie: Viedererweckung bes 
Ayndarus (dra Vaters ber; Delena.und Kiytemunaes 
ſtea) begogen wird. Seine Gemahlin mer Epione, feine 
Soͤhne Mahaon und Podaktriue, feine Züchter If 
Aegle, »Vcesfasr Dygea, Panacen und Rome, die 
ketzteren · aben wahrſchein lich mirn ideeliſche Weſen der ſnaͤtern 
Dichter. Nah Homer.* J ſchänt Arscalap :dn. König 
in -Theffalien:;geivefen: zu fein, im’ der: Gegend, wo Eriffn, 
Schome unk Decalia -Ingeny,; mehigftens werden feine 
beiden Soͤhne als. Anführer der Krieger aus dieſer ESlegend 
genannt. — Entfernt man alles Fabelhafte, fo ergiebe ſich 
leicht, daß Aes culap Fein" Want war, .ber,: üben. bie 
Rohheit feines Zeitalters. erhaben, die Ides einer Arznei⸗ 
kunſt faſſen konnte, ohne ſelbſt tiefere Kenntniſſe zu beſitzen, 
die ihm eben fein Zeitalter verſagte. Seine Heilmethode 
war doher aͤußerſt einfach, und mag vielleicht nicht Aber die 
gewoͤhnlichſten Mittel aus dem: Pflanzenreiche hinausgegan⸗ 
gen ſein, die ihm hellere Einſichten zur rechten Zeit ges ges 
brauchen lehrten. Deshalb -fihien er auch feinen Wolke 
WMunder zu thun, ‚weil ‚vielleicht feine Vorgänger die Um⸗ 
‚fände nicht fa-fharf zu beurgheilen gewußt, und ſich der 
‚Meilung.. der. Kranken nicht fo ausfihließlih geweiht ;hatten. 
Nun: ift.es, wohl ausgemacht; daß ein Mann von höheren 
Geiſtesgaben, auch obne tiefere Cinfichten in die Natur der 
Krankheiten. füch : richtige allgemeine Begriffe erwerben unb 
‘duch eine lange Erfahrung nad) feiner Art auf gewiſſe ein⸗ 
‚fache Meilmethaben fommen koͤnne, wodurch er vielen Krau⸗ 
Een als Erretter erfcheint, wo es bloß auf Scharffen‘ mb 
. richtige Beurtheilung einfacher Verhältniffe aunfommt, um 
ſo eher, wenn einfache Lebensart und unverminderte Kraft 
) Miad.D.7a. 


} 


51 


des Volkes bie Kranfheiten noch, ohne. böfe Verwickelung ge⸗ 
bffen haben *). Die Behandlung, äußerer Berleßungen, ber 
fonders der Wunden ift ohne Zweifel ſein Hauptgeſchaͤft ge⸗ 
weſen. Dazu bediente er ſich nicht allein ſchmerz und blut⸗ 
ſtilender Mittel, fondern auch des Meſſers und innerer Ar 

neien ?). Außerdem hatte er auch ‚noch Gebete und De 
fhwörungsformeln (carmina, irasdat) deren A nwendung 
e neben jenen natürlichen Mitteln auf die meiften Krank: 
heiten ansdehnte 3), Sie fi ind dem rohen Zeitalter der Boͤl⸗ 
fer ein Beduͤrfniß, und ſelbſt dem gebildeten unter andern 
Formen nicht ganz entbehrlich, da der Menſch von ‚einem 
‚unbekannten, überirdifcen. Einfluß auf feine Krankheiten 
immer überzeugt ift, den er in ‚Ermangelung einer tiefern 
Erkennmiß zu ſeinem Heile zu kehren unternimmt, ſo wie 
es ihm eine dunkele Ahnung eingiebt ®). Daß Aesculap der 
Erfinder der Elinifchen Mediein fei, wozu ihn ein fpäterer 
Öcrifefteller erhebt °), muß infofern eingefchränft werden, 
als man dabei Feine wiffenfchaftliche Ausbildung vorausfeßen 
konn, die das Zeitalter unmöglich machte. Auf dieſelbe 
Reife muͤſſen die uͤbrigen Angaben beurtheils werden, daß 
Aeeculap der Erfinder der gumnaftifhen Medicin gewefen 
fi, und zur Heilung feiner Kranken durch Muſik und Dicht⸗ 
fanft, beſonders durch mimiſche Darſtellungen verſchiedene Ge⸗ 
ndihebewegungen erregt babe *). Dies alles beruht auf 





1) Plaio Politic. II. 
2) Pindar. Pyth. II. Sır. 3. 
3) Ebd. OB 
4) Vergl. Le Clerc Hist. de la med. Liv. I \ Chap. 12. p. 36. 


v 
I... 


5) Hygin. Fab. Cap. 274. p. 201. (ed. Muncker. Hamb. 1674.) . 


6) Galen. de Sapit, tuend. Lib. I, Cap. 8. 
D2 


* 


— uk 


52 
gewagten, um Theil "ungegrändeten Vermutungen, und 


wir glauben ung um ſo mehr zu dem Urtheil berechtigt, Daß 
die Heilfunde bes Aesculap, wenig von der natuͤrlichen un⸗ 


- . gerfchieden, und mit Aberglauben vermifcht, nur in fo meit 


ſich über die ganz rohe und einfache erhob, als ein geiftvoller 
und ausgezeihneter Mann bie wenigen und rohen Kennts 
niſſe eines fähigen Volkes vereinigte, und ihnen, noch fern 
von wiſſenſchaftiicher Bearbeitung, durch eigene Kenntniß 
und eigenes Wirken eine hoͤhere Bedeutung gab. 

Daſſelbe wird durch den Zuſtand der Arzneikunde waͤh⸗ 
rend des trojanifchen Krieges beſtaͤtgt. Machaon und 
Podalirius, Söhne des Aesculap und beide von CECh i⸗ 
con ) unterrichtet, Podalarius aber in der Mebicin 
von dem Altern Machaon ?), waren im griechifchen Heere 
als Helden und Aerzte gleich Ausgezeichnet. Doch behandel: 
ten fie feine inneren Krankheiten, am wenigften die Peft, die 
man allein dem Zorn der Gotter zuſchrieb, ohne eine andere 
Hulfe zu ſuchen, als durch Opfer und Gebet °). Wunden 


= heilten ſie durch Entfernung des Geſchoſſes, das ſie entwe⸗ 


der auszogen *), oder ausſchnitten s), oder durchſtießen, 
dann aber 'auch mit Salben °), Kräutern und Tränfen, 
von deren Zwedmäßigfeit ein aufbehaftenes Beiſpiel im ‚Po 
mer fein vortheilhaftes Zeugniß ablegt N. Machaon ſtellte 


— . 

ı) Xenoph. Cynegetic. Cap. I. 
2) Quint. Calab. Parslipomen, Homer. Lib. VIL. v. 60. 
3) Cels. Praef. p.t. u | 
4) Ilad.IV. 213. 

5) Hiad. XI. 809. " 

6) Iiiad. V. I112. 
7) Dem verwundetin Machaon wird der xuxser, cin Ge 


, 


X 


.o,. 


den Dhilsctet wieder ber *), übertraf alfo in der Der 
handlung vergifteter Wunden feinen Lehrer Chiron, de 


bei feiner Verlegung mit einem andern. Giftpfeil des He 


eules feine Rettung fand *). uebrigens gab es zu dieſer 
Zeit einzelne Wundermittel, wovon das Nepenthes aus 
Aegypten fchon oben angeführt ift °). Die Heilkraͤfte vie⸗ 
(er Kräuter. waren bekannt, und die Bolkemedicin mit dem 
Sieteatauben der Zeit vermiſcht ) 





Zweiter Abſchnitt. 


Aucubung der Heilkunft in dein Tempeln bes 
Aesculap. 


J | $ 1. 
Asllepiaden- 
Nach Beendigung des trojanifhen Krieges hielt fich 
Machaon in Meſſenien beim Neſtor auf, mo er ſeinen 


Id duch Eur ypylus gefunden haben fol. In der Folge 


erbaute ihm der König Glaucus 'einen Tempel mit einer. 





trinf aus Berfienmehl, Weln, Käfe uud Zwiebeln gereicht. Biad. 
n.618. £ 


1) Rach Sckol. Pindar. vyu I. V. 109. durch Zauberfor⸗ 


0) Bexgl. Le Clerc Hist, dela med. Liv. I. Chap. 10. p. 34. 
Davon ſchaint bad Ulcns Chiromjum, ein hartnädiges und bisartiges 
Gcfäwär (Leis. V. 28. 5.) feinen Namen erhalten zu haben. 

3) Helena hatte es von der Yolydamna, bee Gemahl 


des Thon erhalten: Odyss. IV. 2020. Herodot. Lib. IL Cep. 112 
-116. . 


4) Orid. Heroid, Epist. 5 


® 
‘ 
- — — — — — 


— ah. eu 


⸗ 


x 


54 j - 


chernen Bildſaule⸗ zu Gerenia, der von Huͤlfe flehenden 
Kranken häufig beſucht wurde *). Von feiner erften Gemahlter 
AntiElea, einer Tochtet des Könige Diok les von Meffeniern 
hatte er zwei Söhne, Nikomachus und Gorgafus,, 
von einer zweiten drei, Sphyrus, Aleran or und P otes Ä 
moékrates. Sie alle übten die Arzneikunſt aus, und den bei⸗ 
den erften wurde ebenfalls ein Tempel zu Bhrerae errichtet 2). 
Podaltrius gilt allgemein für den 'erften Erfinder 


j des Aderlaffes. Man erzählt *),_er fei auf der Ruͤckkehr 


nach feinem Baterlande an die Karifche Kuͤſte verſchlagen, 
und von einem Hirten Byb afſüs gaſtfreundlich aufgenoms 
men worden. Diefer habe ihn. auf;die Sunde, daß er ein 
Arzt fei, fogleih zum König Damoeth us geführt, deſſen 
Tochter Syrna nad einem Fall vom Sache ſchwer danies 
der lag. Podalirius babe ihr alsbald an beiden Armen 
die Ader geöffnet, und ‚fie gluͤcklich wieder hergeſtellt, zum 
Danke aber fie felbft zur Ehe. und die Karifche Halbinfel zur 
Mitgift erhalten. Hier erbaute er zwei Städte, Syrnum 


‚und Bybaſſus, um das Andenken feiner Gemahlin und 


feines erften Wohlehäters zu veremwigen. Sein Sohn Hip: 
polochus wird als Stammvater des Hippofrates an⸗ 
gegeben, auch foll fih von Karien aus der Dienft des Hess 
culap auf die benachbarten Gegenden, befonders Kos und 
Knidos verbreitet haben. Gewiß ift es wenigftens, daß vor 
dem trojanifchen Kriege die göttliche Verehrung deſſelben 
noch nicht eingefühee war *), und ſich zuerft von ben Soh⸗ 





1) Hier bewahrte man auch feine Gebeine auf Pausan. La- 


eonieör. extr. 
8) Pausan. Messen. Cap. II. 


3) Stephan. Byzantin. de Urbibus, voc. Syrna. \ 


4) Vergl. Sprengel Gesch. d. Arzneik. Th. 1. p. 167- 


Y 


— 


un des Machaon und Podalirius berfhreißt: Der Tem⸗ 
ni zu Titane, einem Drte bei Sikyon, den Aleranor 
erbaute, ift wahrſcheinlich der-erfte, der ihm geweiht wurde "). 
Ben jest an verbreitete ſich aher der Dienf bes Kesculap 
und feiner naͤchſften Nachkommen über ganz Griechenland unb 
feine Kolonien, und es gab in allen Staͤdten, die geringen 
ziht ausgenommen, Tempel bdiefer Gottheit *). Die bes 
rihmteſten waren zu Epidauros im Peloponnes, und zu 
Argos, wichtigere zu: Kos und Knidos _ - 

Neu war das Beſtehen biefes Tewpeldienſtes für bie 
Ausbilbung dev noch rohen Heilkunde von großer Wichtig⸗ 
keit. Denn bie Deilung der Sranfen war damit vereinigt, 
und es Kildete fi) aus den Machkommen bes Aesculap eine 
eigene Priefterinnung, Die durch innere Einrichtung und 
Velkeglauben eng verbunden und im größten Anfehn, dje⸗ 
fen doppelten Berufe oblag. Zwar drohte der Geift des 
Prieſterthums der auffeimenden Heilkunde wie bei andern 
Vilkern eine nachtheilige Richtung zu geben, doch verfpradg 
uf der andern Seite der feflellofe Geift der Griechen 
befiere Früchte, als ſonſt diefem Boden zu entwachſen pfles 
gm, und die Nachwelt ehrt in den Asklepiaden die Ber 
wahrer und Vermehrer eines Gutes, das unentſtellt und 
wehlerhalten dem erftandenen Geiſte wiſenſchaftuicher For⸗ 
Kung übergeben wurde. 

a — . j —X 

2) Pausan. Lib.II. Cap. 11. Fr 

3) Schulze zählt allein 63 Afflepleen, von denen fidy noch 
Wimmte Nachrichten im Yaufantas erhalten haben. Histor. 
medice. p. 115. und außerdem fünfzehn Tempel des Aegyptiſchen 
Iskulap, deſſen Verehrung fpäterhin in Griechenland einge 
führt wurde. Vergl. Jo. Alb. Sebiz de Assculapio Diss. Argemt 
ter, 1669. 


⁊ 


⁊ 


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56 


Die Tempel bes Aesculap waren groͤßtentheils von 
heiligen Hainen oder von angelegten Gärten umgeben, und 
immer bafte man: dazu Die gefundefte Ortslage außerhalb 
der Städte, auf Bergen, an Flüffen, in ber Nähe von gus - 
ten Waffern, befonders von Gefundbrunnen ausgewählt, um 
fhon dadurch die Genefung ber Kranken möglihft zu befdr⸗ 
dern '). Gtrenge-Gebräuche erhielten den Glauben an bie 
Heiligkeit diefer Derter. Im Umkreis‘ des Epidaurifchen 
Zemvels durfte fein Kranker fterben und ‘fein Weib gebaͤ⸗ 
ren 2), bei allen murben Worbereitungen und Reinigungen 
“ erfordert, ehe man Zutritt erhielt. \ 

Die Abbildungen des -Aesculap felbft waren mit ſym⸗ 
boliſchen Andeutungen "umgeben, bie größtentheils fpäter 
hinzugeſetzt, durch ihre dunfele myſtiſche Bedeutung ben 
Glauben an die Heiligkeit des Gottes erhöheren. Die Sta⸗ 


tue zu Epidaurus war figend mit einem goldenen Barte 


und von bemundernsmürdiger Arbeit. Zu den- Füßen bes 
Gottes lag ein Hund‘, mit der einen Hand hielt er den 
Schlangenſtab, mit ber andern drüdte er den’ Kopf der 
Schlange *). Sonſt mer feine beftimmte Vorſchrift, und 
bem Schönheitsfinn der Känftler viel Spielraum übrig ger 
laffen. In der Regel ftellte man den Aesculap als einen 


ruͤſtigen Greis mit einem Barte dar und mit einem Pallium 


einfach in beitimmtem Faltenmwurf befleider, fo daß die rechte 
Schulter und der größte Theil des Oberleibs unbedeckt blieb *). 
Dann fehle der Schlangenftab faft niemals, beffen Stelle 





1) Plutarch. Quaest. roman. p. 286. 
2) Paman.Lib. U. Cap. 27. 


3 ) Ebend. 
4) Schaize Hist. med. p. 131. 135. 


Fu 57 
aur zumeilen ein Skeptron einnimme *). Selten iſt er als 
ein Kind abgebilder *), die Schlange um den Arm gewun⸗ 
den, und mit einer Pinie in der Hand ’). Dft trug er 
auch einen Lorbeerkranz. Unter feinen Abrigen Attributen 
benerkt man am- bäuflgften einen Hahn, dann aber einen 
Vidderkopf, eine Eule, einen Adler ober Habicht *). 

Selten fiehe man die‘ Statuen, des Aesculap alleim, 
ſondern gemöhnlich ift ihm eine oder mehrere von feinen 
Tchtern zugeſellt , deren allegoriſche Namen ſchon ohnehin 
auf eine fpätere Dichtung hindeuten. Hygea iſt unter ih—⸗ 
nen die befanntefte. Man bilder fie mit einem langen fals 
tigen Gewande ab, in der Linken eine Schlange, in der 
Kehren eine Schale mit Maza haltend °). Zumeilen ſchwebt 
fiber ihrem Haupte ein Fuͤnfeck, deffen muftifhe Bedeutung 
wihe wohl erklärt werden fann. Auch Pan akea hatte 
ihre Altaͤr, und ihr Name wurde ſogar neben dem der 
Hygea in bie Eidesformeln der Aerzte aufgenommen *). 
Häufiger ſieht man aber zwifchen Aesculap und Hygen eb 
nen kleinen freundlichen Knaben abgebildet, von Kopf bis 
auf die Kniee in einen faltenlofen Mantel verbüällt, über 


beſſen Abkunft und Bedeutung Feine ficheren Angaben find. _ 


Erin Name if Telesphorws, in Epidaurus' hieß er 
Acefios, in Titane Euamerion 7). Man glaubte er. 





1) "Le Clerc Hist. de la med®Lin. 1. Chap, ır. p- 35. Hier iR 
bie Schlange um den ganzen Körper gewunden. - 
2) Schulze. a a. D. ©. 130. | 
.;3) Pausan. I. Cap. 10. 
4) Le Ckrca.aD. 

5) Montfaucon Antigaitt. explicatar. Part. I. Tab. 189. 

6) Hippacrat. Jusjurand. 

7) Lochner, in Epbemerid, Acad. Nat. Carios. Cent· X. Append. 
Pr ag j .- 


x 


388 — | 


fei der Cohn des Aesculay 2); wahrſcheinlich iſt er. aber ber 
veränderte Aegyptiſche Harpokrates. 

Mun Jag der Dienſt in den Tempeln bes Aesculap den 
Prieſtern ob, die ſich vom Gotte ſelbſt abzuſtammen ruͤhm⸗ 
ten, und Asklepiaden genannt wurden. Sie nahmen indef⸗ 
ſen bald andre in ihre Innung auf, und ſchon kurze Zeig 
nach Hippokrates war Diokles von Karyſtus der 
legte aus dem eigentlichen Stamme ber Asklepiaden. Sie 


wohnten in der Naͤhe der Tempel, und lebten, wie die 


übrigen Priefter, von den Einfünften derſelben und den oft 
Beträchtlichen Schenfungen der Genefenen, wenigſtens fiel 
ihnen. in den weniger ausgeftatteten ein Antheil von- berg 
DHpfern zu. Der Behandlung der Kranfen in den engelnt 
lag der. Gedanke zum Grunde, daf man bie Krankheiten 
als unmittelbare Schickungen der, Gottheit. betrachten mäfle, 


. 


und. fie daher nur durch Dazmifchentunft : derfelben ges 


heilt werden, Finnten. Daher war der. größte Theil dieſer 
Sempelarzneifunft gottesdienftlich und ‚die. Anwendung na⸗ 
tuͤrlicher Mittel erhielt ein ähnliches Gewand. Reinigungen 
und mehrtägiges Faften unter mancherlei heiligen Gebraͤu⸗ 
hen bereiseten den Kranben zur Heilung vor, und die ge 
beimnißvolle Verfchliegung des Innern erregte feine gefpanns 
tefte Erwartung, voch mehr die Erinnerung ‚an ‚die gefcher 
benen Wunder. Dann wurde bei Gebet und Hymnen von 
Muſik begleitet, geopfert, gewöhnlich ein Widder, oder ein 
Kahn, aber aud Ziegen und alle andre Arten von Thies 
ven ?),, wie es der Gebrauch eines jeden Tempels erfor 
derte, denn diefer Gottesdienſt hatte nicht uͤberall beſtimmte 
Vorſchriften. Baͤder gehdeten zu den heilſamſten Gebraͤu⸗ 
— — 

1) Pautan. Il. I1. wi 

2) Ibid. IX. 32. | 


v9 


% 


den, und lag der Tempel an einer Heilquelle,; ſo war · da⸗ 
darch um fo mehr ein baldiger Erfolg geſichert, und die Soff 


nungen der Hülfeflehenden gingen um fo eher in Sefüllung, 
da man auch alle Mittel, als Salben, Reibungen, und 
ſelbſt den Gebrauch der Xyſtra ober Striegeln ') dabei ans 
mandte, die Überhaupt im Alterthum die Bader eindring⸗ 
licher und wirkſamer machten. So vorbereitet kam der 
Kranke in das Innere des Tempels, wo ihm während des 


Shhlafes auf dem Felle des geöpferten Widders ?), oder auf ' 


einem Bert in der Nähe der Bildſaͤule °) der Sort die 
Mittel zu feiner Senefung Im Traume fund thun follte *). 
Während er ſchlief, oder fich ſchlafend ſtellte, denn er durfte 
jet nicht wachen, verrichtete ein Prieſter den Dienſt in der 
KHeidung und mit den Symbolen des Aesculap, unterftäßt 
von feinen Tochtern, oder andern Jungfrauen aus feiner 


Berwandtfchaft, die wie die Töchter des Aesculap angerhan | 


waren. Nach diefer Incubation wurde fogleih ins Wert 
geſetzt, was dem Kranken im Traume offenbaret war, und 


fine ganze Behandlung danach geleitet. Nun gab er aber : 


auch das als Eingehbungen des Gottes an, was er im Zus 
Rande des halben Wachens vom Priefter und feinen Gehuͤb 
fen gehört Hatte, fo daß bie natürliche Heilkunde faft das 
Mebergewicht gewann, und durch unwandelbaren Glauben 
um fo wirffamer wurde. Diefe Art die Kunſt auszuüben, 
dauerte in ihrer uralten Form unverändert bis zu Kippe 





1) Mercurial. Ars gymnastic. Ste wurden fpäterbin, wahr . 


ſcheinlich ln Pergamus erfunden. Martial. Lib. XVI. Epigr. ST. 


2) Vergl. Henr. Meibom Diss. de Incubatione in fanis deo- 
tun. Helmsıad. 16 — Aristophan. Platus. 


3) Pausan. 1.34. 
4) Ebend. X. 3a, 


60 | 
Erates fort, nachdem aber bie eigentlichen Asklepiaden 
ausgeftarben waren, verlor fie ihre urſpruͤngliche Reinheit," 
und kam in die Hände beträgerifcher Priefter, in deren Ber 
fiß fie als ein Beduͤrfniß des fortmährenden Aberglaubens 
bis zur Einführung der chriftlichen Religion blieb, wo bie | 
legten Spuren der Verehrung des Arsculap verſchwanden. 
Während der Bläthe Griechenlands war aber der Glaube 
an die heilfame und unfeblbare Wirkſamkeit des Gottes un⸗ 
erſchuͤtterlich, und wurde durch gottesdienſtliche Feſte noch 
mehr zur Volksſache erhoben, die man in den beruͤhmteren 
Tempeln mit vielem Aufwand und allgemeiner Theilnahme 
der benachbarten Staͤdte feierte. Das beruͤhmteſte dieſer Art 
find die ’Aruataına, die zu Epidaurus neun Tage nach dem 
Anfange der Iſthmiſchen Spiele durch Wettfämpfer.. und 
Dichter verberrliht wurden, wie es bie Sitte Griechenlands 
mit füch brachte. Mit einem naͤchtlichen Umgange, wobet 
die Bildfäule des Gottes von Fadelträgern begleitet bei 
Hymnen und mit feftliher Muſik umbergeführe wurde, 
ſcheint man dabei den Anfang gemacht zu haben. Ein ans 
deres Feft zu Kos’ war bie Aufrichtung des Stabes, gupder - 
drarnyıs "); bie Athener feierten die Epidauria, doch fehle 
es über beide an Nachrichten. " | 

Noch verdient die Schlange des Kesculap (wagunı, Co 
luber: Aesculapii L,) einiger Erwähnung, Sie war dem 
Gotte befonders heilig, und hatte im Glauben des Volkes 
und der Priefter eind hohe myſtiſche Bedeutung, Die fich 
entweder auf ihr Aeußeres und ihre Lebensart, oder auf bie 
"Schärfe ihres Geſichts 2), oder ihr anfcheinendes Verjuͤngen 

ı) Hipp. Epiet. p. 409. Ed. Linden. Vergl. Schulze Hist. med. 
p- 137. Not. 2. 

2) Man leitet den Namen Ieazur von Iexw ab. 





N 


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— — 


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— — — 





— — — — 


EN - 


61 


! durch jährlichen Hauten grundete. Am Sibauriſchen und 


ia andern Tempeln biele man eine Menge diefer Thiere, 
die man leicht zähmen und abrichten Fonnte, da ber Biß 
Bier Art unſchaͤdlich iſt. Beſonders waren fie den Pries 
ſfern bei der Incubation von Nutzen, um durch ihre fons 


derharen Kuͤnſte das Crftaunen und bie Erwartung der 
| Rrmen zu erhalten, wodurch ber ganze Gottesdienft um 
fo meht ein geheimnißvolles myſtiſches Anfehn gewann, ba 


man Aberzeuge war, ber Gore felbft koͤnne die Geſtalt einer 


| flhen Schlange annehmen. Wenigftens gründete ſich bie 


Mebertragung des‘ Dienſtes des Epidauriſchen Aesculap nach 
Kom (1. I. d. St. 460.) auf diefe Vorausſetzung, die: bie 


' Srieke, um fich thre Gottheit nicht entführen zu Iaffen, 


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bei den Abgeordneten zu erregen mußten *). Auch fpätere 
Detröger benutzten diefen, Glauben, und bie Schlangen war 
ren ihnen immer bei der Ausführung ihrer Gaufelelen das 
Weliebtefte Huͤlfemittel ). Eine andere Aeseulapfhlange, 
Goluber Cerastes, die bt Micander ?) beſchrieben if, 
war nicht fo berühmt, wie die Epidaurifhe *). 

Dergleihen Dinge waren der Ausbildung der Arznei 
funft eher hinderfich als von Musen, auch würden bie As 
Eipiaden ſchwerlich die Begründer derfelben geworben fein, 
hätte fie nicht ein: uralter Gebrauch zum. Beobachten der 
Natur und zum Aufbewahren ihrer Beobachtungen angehal⸗ 





1) Lu. X. ex. Püler Maxim. I. 8. Ovid. Meismorph. XV. 
2) Vergl. Luctan. Alexander. «. Pleudomanti. 
.9) Meriac. v. 438. Ed, Schneider. 
4) Vergl. Boͤttiger Aber bie mebleinifche Schlangen: Gau⸗ 
In Sprengels Beiträgen zur Geſchichte der Medicin. Gt. a. 
163. 


I 


u: 


ten. Denn außerdem, daß es bei ben. Genefenen eingeführt. 


war, dem Gotte unb ‚feinen Prieftgen, ihre Dankbarkeit, 


Busch Geſchenke und koſtbare Anaıbemata, Nachbildungen 
der krank geweſenen Theil⸗ aus Gold uud andern Stoffen, 
ober auch ihre. Bildniſſe zu bezeugen, die man mit Infeife, 
ten im. Tempel aufbing,. war es auch Sitte, eine kurze. Nach, 
sicht von dem Hergange der Krankheit, ihren beilſamen und 
dlichen Veraͤnderungen, und den huͤlfreich geweſenen 
Mitteln. ‚in die Säulen und Pfoften.des ‚Tempels oder fons, 
ige paffende Stellen ‚einzugraßen, ober.eine Borivtafel zu 
hinterlaſſen 1). Pauſantas fand - im Epldauriſchen Tem⸗ 
pel noch ſechs ganz beſchriebene Säulen 2) auch waxen in 
andern Tempeln Inſchriften dieſer Art, ſehr haͤufig. Die 
im Koiſchen haben ‚zur. Ausbildung der Kunſt am. wmeiſten 
beigetragen, und ſind, von Hippokrates, geſammelt, am 
beruͤhmteſten geworden. Wir beſitzen fie noch unter. dem 
Namen ber Koiſchen Vorherſagungen als, das sehe und 






Grande medteiniſche Denkmal. en 
Be . g 12. ° | | 
Suipifge und Koifche Säule. et 


So erwachte "bei ‚den Prieftesn mehrerer Tempel ein 
reger. Eifer für die Beobachtung der Natur und es entflans 





2) Dergleichen Votlvtafeln Haben fich mehrere erhalten, Feine 
indeffen aus der alten Zeit:. Die in Momnauf: der Kiberinfel, wo 
der Tempel des Epidaurifchen Aesculap fand, aufgefundenen (Hun- 
derim rk, dei incrementis artis medicae par expositionem aegrotorum 
in vias publicas et templa. 4. Lips. 1749. Ackermann 'Opuscula ad 
medicinae historiam pertinentia: Norimb. 1797. p. 157.) find ohne. - 
erheblichen Werib. Eine andere findet fich bei /ac. Ka Ku 
.erad. antiq. p. 132. (4. Lugd. 1688... 2. . 

1) Lib.I.c.27. 

N 


0 8 
ben ſelbſt mehrete durch die Verſchiebenheit ihrer Grandſaͤtz⸗ 
gerennte Schulen, deren Thaͤtigkeit noch mehr durch aͤn⸗ 
fere Verhaͤltniſſe belebt wurde, vor allen durch die gleichzeie 
sig aufgefommene-pbilofophifche Baarbeitung der Arzneikunde, 
bie ihnen den ruhigen Beſitz des. lange beivahrten Gures zu 


reißen drohte. Salen *) nennt die Koifche, die -Rasidie 


fhe, die Rhobdifche "und ‚Die Italiſche. Bon der Italiſchen 
ik es nicht einmal ausgemacht; ob fie zu Agsigens oder zu 
Kroten ihren Sitz gehabt habe, die: Rhodiſche ging fruͤh⸗ 
zeitig unter, die beiden erſten aber wurden weit und breis 
heruͤhmt. 

Die Knidiſche Saul⸗e ſtand der Kotfchen an innerm 
wiſſcutſchaftlichen Werthe bei weitem nad. Sie beſchraͤnkte 
ſich auf die einfachſte und. kunſtloſeſta Venbachtung einzelner 
Lrankheiten, die fie weder unter: höhere Geſichtspunkte ju 
ordnen, noch kunſtgerecht nach allgemeinen Grundſaͤtzen zu 
heurtheilen verftand *). Jeder fleißige Beobachter, der nicht 


At jſt, ſagt Hippokrates, könnte fo bie Krankheitser⸗ 


ſtheinnngen wahrnehmen. Bon dieſer Art waren die Kni⸗ 


iſchen Sentenzen, einfache Krankheitsbeſchreibungen aus 


ben Welhtafeln geſammelt, die: von verſchiedenen Asklepigs 
den des Knidiſchen Teıppeis berrühsten.: Ce mar. darin auf 
die Bedeutung der Zeichen zu menig Rüdficht genommen; 
ud es fehlte mithin die ‚allgemeinere: WBeustheilung. der 
Krankheiten, die die Zeichenlehre an die Hand giebt. Des 
halb zählten auch die Knidifhen Aerzte eine unglaubliche 
Menge einzelner Krankheitsarten auf ‚ deren unnuͤtze ‚Ber 
vielfältigung den Lernenden pefchwerlich fallt ‘und der Sun 
cher laͤſtig als förderlih if... In der Diaͤtetik leiſteten ſie 





1) Meıh, med. Lib. L ie, | . 
3) Hippocrat. de diaet, acut. init. 


DE 
gar nichts, auch war. ihre Behandlung der Krankheiten größe 
tentheils gewaltſam, indem fie ſtark wirkenden Arzneien, 
beſonbers den draſtiſchen Purgirmitteln (dderagıe) den Vor⸗ 
zug gaben, von denen fie mehrere in Gebrauch hatten, 3. D.. 
. Elaterium, den eingedickten Saft von: Cucumis Elate- 
‚ zim *), die Knidifchen Körner (Coccum Cnidium )-Saas 
men von Daphne Mesereum, den Saft verfchiedener Eue 
phorbien, Scammoneum, Helleborus u. ſ. w. Auch den 
Gebkauch der Milh und’ der Molken verordneten fie häufig, 
‚66 aber nach richtigen Grundſaͤtzen, kann man allerdings 
bezweifeln. Wahrſcheinlich Haben, ſie indeſſen in Betreff der 
Wirkung jener Mtittel gute Erfatungen gemacht, denn die 
Hippokratiker ſcheuten ſich nicht, mehreres von ihnen anzu 
nehmen unter andern den Gebrauch des Coceus, der von 
ber Knidiſchen Schule feinen Namen erhalten bat *). 
Der berähmtefte Knidifche Arzt war Euryphon,- ein 


Zeitgenoſſe des jängern Pippofrates, mit dem er an den. 


Hof des macedonifhen Könige Perdikkas gerufen wurde. 
Er foll. der Verfaffer der Kuidifchen Sentenzen fein, doch 
haben. wahrfcheintih *) mehrere Ancheil an diefer Ehre. 
Vielleicht hat er fie verbeffert, denn es gab zwei Ausgaben 
davon, wovon man bie zmeite der@geften vorzog *). Auch 
bediente er ſich des glühenden Eiſens, wenigſtens wiſſen 
wir, daf er im Empyem davon Gebrauch gemacht bat 5). 
Aus 


1) EAuragın, von ruvve, impello, heißen afle drafiifchen Pur⸗ 
girmittel, dann erbielt das Wort die anaefübrte befondere Bedeu⸗ 
tung! Die Bereltung des Mittels f. Dioscorid, IV. 155. nn. 

2) De intern. Affection. $. 1. . .. oo: 

3) Hipp.a. 0. O. | 

4) Galon. Commentar. in L. de vict. acut, 

5) Galen. Commentar. ad Apb. VI, 44. Hier werden Berfe 
aus dem Komiker Plow mitgetpellt, Die Das legtere deweiſen. 





Außer Curyphon haben nur nor wenig Xerzte aus 
der Knidiſchen Schule Ruhm erlangt. Ktefias, ebenfalls 
Zeitgenoſſe des Hippofrates, übte bie Arzneitunft am Hofe 
des Artaxerres Mnemon, wo er 17 Jahre lang in gros 
fen Anſehn lebte. Er war als Theilnehmer an ber uns 
gluͤcklicen Unternehmung des Eyrus gefangen worden, 
feine Kunft aber gab ihm ein neues Vaterland 1). Doch 
ſcheint er die Medicin weniger bearbeitet zu haben, als die 
Gefhihte, wozu ihm die Perſiſchen Urkunden Gelegenheit 
darboten. Phorims benugte feine Arbeiten, und wir bes 
fiten noch Bruchſtuͤcke davon, woraus wir erfahren, daf 
fh zu gleicher Zeit ein gewiſſer Apollonides von ber 
Koifgen Asklepiaden am Perfifhen Hofe aufbielt, der nach 
pveimonatlichen‘ Martern lebendig begraben wurde, weil er 
einer Prinzeffin Amyeis, Tochter des Kerzes und Schwer 
fer des Artagerges Mafrochir, Wittwe des Megabyr 
jus, in einer unbebeutenden Krankheit ein für beide Theile ents 
chtendes Mittel vorgefchlagen hatte, das ihren Zuftand vers 
ſchlinmerte, und nachdem er beim König verklagt war, ihm 
die Barbarifche Strafe zuzog °). Bon Kteſias Medicin wife 
Ka wir nur, daß er es für unmoͤglich hielt, die Verrenkung 
Ws Oberſchenkels dauerhaft zu heilen, und deshalb den ihm 
rerwandten Nippofrates und andere getabdelt hat, bie die 
Binrenfung deffelben mit Erfolg zu unternehmen glaubten ). 

Beide Schulen, die Knidifhe ſowohl als die Koifche, 
haben das glängende Verdienſt, des priefterlichen Kaftengeiftes 


fh entäugere, und die. Arzneifunft in das Leben eingeführt 


in haben. Vorzugsweiſe gingen aber von der Koiſchen die 
a EEE . re . ” 

1) Diodor. Siena}. Biblioth. hist. Lib, II, c, 32. 

2) Ciesias de Rebus Persicis, 


3) Gajen. Kommentar. IV. in ı Libr, r. Hipp» de Artic. 
L E 


66 | 
heilſamen Veraͤnderungen aus, bie ihre baldige Bläche vor 
bereiteten. Hier wurde vor allen die Zeichenlehre bearbeitet, 
und die Erfenmtniß der Krankheiten nach ihren aͤußern Ev 
fcheinungen war die Hauptſache. Man ſah nicht auf feinere: 
Unterfchiede und entbehrte noch eih nach. feftftebenden Eins 
theilungsgränden durchgeführtes Spftem, deſſen Beduͤrfniß 
noch nicht errbacht war, fondern benannte und unterſchied 
bie Krankheiten, wie es die einfachſte Wahrnehmung lehrte. 
Auf ihre größere oder geringere Gefahr und bie Zeichen bes 
zu erwartenden Ausgangs richteten die Koiſchen Asklepiaden 
die‘ meifte Anfmerffameeit.. Deshalb war auch ihre Zeichen 
iehre groͤßtentheils nur Prognoſtik, die aber dem Beduͤrfniß 
ber aufkeimenden Arzneikunſt vollkommen entſprach, und fle 
bearbeiteten gerade den Theil, der vor allen andern dazu 
geeignet war, dem fünftigen Gebäude als fihere und um 
mwandelbare Grundftüge zu dienen. Nah der Sitte ihrer 
Vorfahren ſchrieben fie ihre Beobachtungen auf Weihfafeln, 
beshalb hat auch alles, was noch von ihnen Abrig ift, und 
bielleicht nicht durchgängig im Tempel niedergelegt war, bie 
Form und Kürze von Inſchriften, eine Wethode, die der 
Kunſt in ihrem unvollfommenen Zuftände ungemeinen Vor⸗ 
theil gewährt, und an die Stelle eines verwegenen und 
ielchtfertigen Redens Über Dinge, die man noch nicht wiſ⸗ 
fen ann, die ruhige vorurtheilsfreie Unterfuchung 'fegt. 
Hippofrates war von ihrer Vortrefflichkeit uͤberzeugt, 
und beſchenkte die Welt mit Werken, die der Arzneikunde 
zur größten Bierde gereichen, und den Aerzten aller Zeitalter 
noch unerreichte Mufter find. Dankbar erfennt daher die 
Nachwelt das Verdienſt der Koifchen AsElepiaden, die vom 
regen Geifte der Forfchung ducchdrungen, und im Gefühl _ 
der Würde ihrer Kunft fh kuͤhn über ihr Zeitalter erhoben, 
und durch ihr Veifpiel große Männer zur Nachahmung aufe 


—— — — 
« » 


| forderten. Der größte Theil ihrer Beobachtungen ift natur 
getreu, und wird fo lange gelten, als die menſchliche Natur ' 


67 


.. / 
t 


Kronffeiten unterworfen if. Vieles iſt aus einer großen 
Zahl von Fällen entnommen, und ift daher allgemein ans 


wendbar, vieles dagegen betrifft nur einzelne oder zu wenige 


 Stanfe, und macht daher feinen Anſpruch auf allgemeine 
Gältigkeit. Doch iſt nad, billigen Forderungen mehr geleis 
fit, als man von Beobashrern unter gleichen Umftänden 


— — — 


— —— — — — — — — — — — — — — — 


erwarten kann. 

Zum Veweiſe dieſer Behauptungen mbgen folgende 
Satze dieſer Zeichenlehre dienen: Cs ift böfe und zeige eine 
nahe Berwirrung an, etwas wider Gewohnheit zu thun, 
wie mas vorher ungewöhnliches emfig zu.treiben, oder auch 
hiervon das Gegentheil *% Erleichternde Bufälle bei böfen 
Zeichen, und nichts vermindernde Bei- guten, find nachtheis 
lig ). Das ungeftüme Antworten eines Sanften und eine 
helle Stimme find böfe *). Ein fehr geringes- tröpfelndes 
Naſenbluten ift böfe *). Zür die, welche ſchon ſchwach das 
sieder liegen, ift es tödelich, wenn fie nicht fehen oder hoͤ⸗ 
un; oder bie Lippe oder das Auge oder bie Naſe verdreht 
wird 9), Die Werwirrungen fhon ganz Entkräfteter: find 





t) Coac. Praen. p. 525. 47. Die Kolfhen Vorberfagungn 


mb ven Hippofrates aus den Weibtafeln und Inſchriften des 
Sollen Tempels gefommelt, und mithin das ſchaͤtzbarſte Denkmal, 


dat uns ein Urtbeil über diefe Schule erlaubt. (Die Eitate find 


wir alle folgenden aus Hippofrates Werken nach van der 
Endens Yusggbe.) 


2) p. 526. 48. 
3) Ebend. 31. 
4) Ebend. 57. 
5) p-.307.72. 


N 


&2 


— 


68 
ſehr böfe *). Fieberkranke, die ein rothes Geſicht, heftiges 
Kopfmeh und Schlagen in den Adern fühlen, Befommen 
insgemein Nafenbluten; andre dagegen, die Efel it De 
ängftigungen, Magenweh und vielen Speichel haben, ein 
Brechen; noch andere, die Aufftoßen ;, Blähungen, Lärmen 
in den Därmen und einen aufgetriebenen Bauch Flagen, den 
Durchfall *). Unter den Fiebern machen diejenigen einen 
Rückfall, die weder an den.Entfcheidungstagen, noch auch 
nach einem Befreiungszeichen aufhören ?). Mean verfehe 
fih, daß die werden vom Schlage getroffen, oder fallfüchtig, 
"oder ums Gedaͤchtniß fommen* werden, die Fieber, Kopf 
web und Ohrenſauſen, ein dunkles Geſicht, eine langſame 
Stimme und eine Taubheit in den Händen haben *). Ex 
5 Mb denen toͤdtlich, weichen im Anfange der Tungenentzlins 
dung ber die Urin nachher vor dem vierten Tage bünner 

wie 9. W 

Niemand kann laͤugnen, daß dieſe und hundert anbre 
Ausſpruͤche in den Koiſchen Vorherſagungen ‚der Natur am 
” gemeffen find, und ihren Werth immer behalten werden. 
Sie find um ſo ſchaͤtzbarer, da hier nur Die reine Beobachtang 
' ſpricht, und alle Erflärung megfälle, worauf nur eine bb 
her ausgebildete Arzneikunſt Anſpruch machen kann. Doch 


° 





1) p 529. 99. on 
- 2) p- 532. 142. Dos Schlagen In ben bern, Puxzas 
PrsBör, erinnert an den Puls; es If indeſſen hier nur das befüige 
Klopfen gemeint. Die ältere griechifche Semiotik hatte noch. Feine 
NPulslebre, die erſt bearbeitet wurde, nachdem der Unt erſchied zwi⸗ 
ſchen den Schlagadern und Blutadern bekannt geworden 1 war: 
3) p. 533. 146. “ 
4) p. 535. 161. 9— 


5) p 563. 415. 


Ä ' 69 


fragt es fich, ob die Semiotik im Lichte der Übrigen Wiſſen⸗ 
ſchaften nicht verblaße ift, und es nicht vortdeilbafter waͤre, 
im Sinne der Koifchen Aerzte weiter zu arbeiten, denn es ift 
noch viel Stoff vorhanden, und die Natur. noch nicht Aber 
all befragt, Erklärungen finden fich Aberdies, wenn bie Kunft 
‚ höher ſteht, von felbft. ‘ 
Anatomie und Phyftologie und alles, mas ; bavon ab⸗ 
haͤngt, kann man von der Koiſchen Schule nicht erwarten, 
denn es fehlte zu beiden ay Gelegenheit. Beides verlangt 
überdies ein tieferes und mehr wiffentfchaftliches Studium 
der Arzneifunde in ihrem ganzen Umfange, wie es bei ben 
Asflepiaden weder bewiefen noch voransgefegt werben kann. 
In der Zeihenlehre glänzt das Berdienft der Koifchen Aerzte, 
die Anatomie wurde erft der fpätern Medicin zum Beduͤrf⸗ 
niß. Beſaßen fie aber anatomifche Kenntniffe, ible Hippo⸗ 
krates Schriften außer Zweifel feßen, fo waren fie nur _ 
aus gelegentlicher Beobachtung Verwundeter, dem Anſchauen 
trackener Rnochen und dem Zerlegen ber Thiere gefchöpft, ‘ 
gerade fo, wie felbft bei rohen Voͤlkern. Der Ruhm ge⸗ 
nauer anatomiſcher Unterſüchungen kann ihnen daher nicht 
zu Theil werden, und daß ſie auch nicht einmal Thiere zer⸗ 
gliedert haben, beweiſt die ſpaͤtere Geſchichte der anatomi⸗ 
ſchen Entdeckungen ſo hinreichend, daß es gar keiner Gruͤnde 
weiter Bedarf. Ueberdies war es: nach dem Bolfsglauben der 
Sieben ein Verbredhen, Leichname anders, als mit einer / 
heiligen Scheu zu behandeln, daher die fehweren und uns . 
abwendbaren Strafen aller, die ſich aus Leichefinn, ober 
von Umftänden gezwungen darüber hinmeggefeßt hatten, *), 
Zerfleifhung des Körpers aber galt für das größte "Uebel, , 
mund es hat gewiß niemand gewagt, fih darauf eimzulaffen, 





1) Berl. Sprengel Gef d. Aryneik. Th. 1. p. aas. 








0 


Bis unter der Regierung Tpäterer Könige bie wiffehfchaftliche 
Korfhung auch diefes Worurtheil Aberwand. Danach fälle 


die Verfiherung bes Galenifhen Schriftſtellers, die ſonſt 


feiner Widerlegung werth iſt, bie Asklepiaden waͤren von 


Jugend auf in der Zergliederung unterrichtet worden"), von 
. felbft zufammen. Man laffe den Koifchen Aerzfen ihren 


Ruhm, er ift ohnehin ſchon wohlbegruͤndet, jede Uebertreis _ 


- bung {ft ihnen nachtheilig und verdunkelt x wahres Ders 
bienft. \ . - 


N 


| Dritter Abſchnitt. 


Ausbildung der Heilfunde durch Die len Phi⸗ 
loſophen. 


$. 13. | - 
Tdales. 


Dieſe Richtung nahm alſo die Arzneikunſt durch die 
Bearbeitung der Asklepiaden. Doch waren fie es nicht al 
lein, die fie endlid) zum Range einer Wiffenfchaft erhoben, 


‚fondern die älteften Philoſophen haben Theil an dieſer Ehre. 
Iſt ein Volk uͤber ſein dichteriſches Zeitalter hinaus, und 


ſind ihm bei gluͤcklichen Anlagen ſeine aͤußeren Verhaͤltniſſe 
guͤnſtig, ſo findet ſich das Beduͤrfniß einer hoͤhern Erkennt⸗ 
niß, man erhebt ſich uͤber das Alltaͤgliche und forſcht dem 
Grunde der Dinge nach. Dies iſt der erſte Urſprung aller 


| Phitofophie, und war es auc) bei den Griechen, die vor allen 
Bölkern der Welt. dur taufend glüdliche Umftände in das 





. X) Introduct. Cap, I. pag.361. Tom. II, ed. Chart, Vergl. Gru- 
er Analecta ad Antiquitt: med. Alippocrases corpora humana insecue- 
rit,necne? pag. 65. s. 





| 71 


Vorrecht eingeſetzt waren, im Reeiche des Geiſtigen zu herr⸗ 
ſchen, und ſeine Graͤnzen zur Bewunderung der Nachwelt 
aussubehnen. Hier war die Phitpfophie eine Zorhter ber 
Dichtkanſt, man fing nur an, der Einbildungstraft der 
Dichter den Ealten Berftand zuzuordnen, und weit davon 
entferut, die Mythen, die. der Dichterglaube an die Hand 
gab, für unwahr zu halten, nur Über ihren Sinn und ihre 
höhere Bedeutung nachzudenken, wobei der Hang zum Wun⸗ 
derbaren faft durchgängig vorberrfchend blieb *). Den erften . 
Verſuch diefer Are machte fa 200 J. v. Hippokrates Thu 
les von Mile, geb. 639. geft. 544., einer der fieben Weis 
fen Griechenlands, der‘, ohne irgend etwas anderes, als 
den dichteriſchen Volksglauben vorzufinden, zuerft auf die 
Idee eines Urftoffes Fam, aus dem die ganze Welt erfchafr 
fen ſei. Diefer Urftoff war ihm das Waſſer, und Gott der 
Sei, der daraus alles gebildet habe *). Nach diefem 
Srundbegriff feiner Naturlehre fcheint er allerdings bie 
Sortheit an ſich für rein koͤrperslos und ben Stoff für uns 
thatig gehalten zu haben. Ohne fie war ihm bas Leben ' 
dr Materie undenkbar, die Gottheit felbft aber allmaltend 
und allgegenmwärtig, und die unſichtbare Urſache alles Lebens 
und aller Bewegung der Körper. Deshalb fei alles mit 
Goͤttern erfüllt 2), wobei er ſich im Ganzen diefelbe Vers 
bindung, wie zwifchen dem Körper und ber Seele vorgeftellt 





1) Aristotel. Metaphysic. Lib, I. Cap. 2. 
2) Cicero de Nat. deor. Lib. 1. Cap. 10, 


3) Cicero de Leg. Lib. U. Cap. 11. Aristotel, de Anima Lib. I. 
ar 5. Diog. Laört. Lib. L Segm. 24. Ed, Meibom, p. 16. Oacır 
are ze) Tag eluzes merabilirn Jovzxası TiRunıganter ix 
Th Alen Tas kayıızıdar zu Ted urlurgev. Die Vereinigung 
des Begriffes von einer allwaltenden Gottheit und untergeordneten 
Damonen erglebt fich bei diefer Urt zu philoſophiren von ſelbſt. 





m. 
zu haben fcheint, bie er aus Gründen feiner Philofophie 
für unfterblich hielt *). Er war übrigens auch in Aegyp⸗ 
ten gewefen, und foll mit den dortigen Prieftern lange ums 
gegangen fein *). &eine Anfichten griffen nun. zwar werig 
In. das eigentliche Gebiet der Arzneitunde ein, auch war 
. die. Aſtronomie feine Hauptbefhäftigung, doch war die Ne 
turlehre nun Beduͤrfniß geworden, und bald fing man an, 
über die Lebensäußerungen der thieriſchen Körper nachzuden⸗ 
Een, fo daß aus der reinen Maturphilofophie nach und nah 

eine Art theoretifcher Arzrieitunde entſtand ?). - 


$. 14 
Pothagoras. | 

Pythagoras ging noch einen Schritt weiter, und 
machte die Arzneikunſt zu einem nothmendigen Theile nicht 
allein der Pbilofophie, fordern auch der Staatsfunft. Bon 
der Natur mit bewundernswuͤrdigen Anlagen ausgerüftet, - 
empfand er ſchon früh eine außerorbentlihe Wißbegierde, 
genof den Unterricht des Phere cybes, eines Zeitgenoffen. 
“des Thales, der wie biefer die Naturlehre bearbeitet haben 
fol *), nachher eines Hermodamas zu Samos, und 
wurde nad und nad im alle Myfterien der Griechen und 
fremden Volker eingeweiht. Endlich unternahm er aus glei 
cher Abficht große Reifen nach Aegypten, und foll auch Bei. 
ben Chaldaͤern und Magiern gemwefen fein, um Eeine Ge 





1) Diog. Laök. Lib. I. Segm. 24. Ed. Meibom. p. 16. 
2) Ebend. on Ä 


3) Cels. Praef. p. 2. 25. Primoque medendi scientia Sapientiae 
pars habebatur, ut et morborurm curatio et rerum nalarae contempls- 
tio sub iisdem auctoribus nata sit. 


4). Diog. Laört. VII. 2. p. 488. 


| 73 
legenheit der Belehrung unbenugt zu laſſen "); Auch den 
Spimenides in 'Kreta befuchte er, einen propbetifchen 
Gaufler, der feine Landsleute uͤberredete, durch 57 jähriges 
Schlafen in einer Hohle "in ben Beſitz göttlicher Weisheit 
| gefommen zu fein, und als ein Bertrauter der Götter nad 
Athen gerufen wurde, um duch Sühnopfer die Stadt von 
der Peſt zu befreien *). Bei feiner Ruͤckkehr fand Pytha⸗ 
goras fein Baterland Samos unter der Merrfchaft des Ty⸗ 
ranuen Poly£rates, und ging daher nah Kroton in 
Großgriechenland, wo er die Italiſche Schule gründete, des 
ren Ruhm die Joniſche bald überftrahlte. Sein Zweck war, 
eine Gefelfhafe fähiger und erprobter Männer duch Ge 
feße ihrer Berbrüberung verbunden, der hoͤchſten geiftigen 
Ausbildung theilhaftig zu machen, um durd) fie das gemeins 
ſame bürgerliche Leben zur größten Reinheit und Voll⸗ 
kemmenheit zu erheben. Fünf Jahre dauerte ihre Prüfungss 
zit, wo fie nur hören durften, .und ihres erhabenen Meis 
fer nicht einmal anſichtig wurden. Reinlichkeit, firenge 
Lchencordnung und jede Uebung, die Körper und Geift zu 
alen guten Verrichtungen eigneten, war ihnen durch die 
semeinfhaftliche Drdensregel vorgefchrieben. Didtetif war 
«fe ein nochmendiges Erforderniß, und wurde mit dem 
Yanjen Leben der Pythagoraͤer unzertrennlich verbunden. 
Pothagoras hatte fie von den Aegyptiſchen Prieſtern entlehnt, 
wenigſtens nimmt alles, was wir davon wiſſen, mit dent 
Aegyptiſchen Vorſchriften faft ganz überein. Fleiſchſpeiſen 

waten den Pythagoraͤern nicht ganz unterfagt *),- wohl aber 





ı) Diog. Laört. a. a. D. p. 489. 


3) Diog. Laört. VI. 20. p. 505. Ebend 23. p. 507. Owyır 
Fapıaı wiserarger. 


74 — | 

Fiſche, das befannte Werböt der Bohnen laͤugnet ein ſpaͤte⸗ 
rer Porhagorder, Ariftorenus *). :Deh Gefchlechtstrieh 
wußte Pythagoras bei feinen Schuͤlern durch bie aͤußerſte 
Maͤßigkeit und Enthaltfamkeit einzufchränfen °), alle Aus 
Brüche von Leidenfchaften ıvaren unterfage, fü wie alles, 
was die gleichmäßige und immerwaͤhrende Ruhe und Froͤm⸗ 
migkeit der Seele ftören Eonnte, den Zuftand naͤmlich, ber 
dem Pythagoras zur Erreihung höherer Bolllommenheit am 
meiften geeignet ſchien. Seine Philofophie, die er in ein 
fefteres Lehrgebaͤude vereinigte, als: feine Vorgaͤnger, war 
zum Theil auf Mathematik gegründet, oder mwenigftens eng 
damit verbunden‘, doch laſſen ſich nicht mehr alle Grund 
füße berfelber genau angeben, da felne drei Bücher, Über bie 
Wiſſenſchaft (watorıner) über Staatsverfaſſung (werrtixer) 
und die Ratur (Qveızer) >), nicht mehr. in den Händen der 
Spätern waren, woraus viel Widerfprud Bei den Schrifts 
ftellern entftand, die nichg immer das Achte vom linterge 


ſchobenen unterfcheiden-Fonnten. Am wenigften war in ber 


fpätern Pythagoriſchen Philofophie feine Lehre rein erhalten. 


‚| len Dingen in der Welt liegt eine beftimmte Einheit (pe 


vas) zum Örunde, wie es fiheint, das thätige und ordnende 
Prineip der ganzen Matur. Die Zweiheit (dvas) entfpricht 
der unbeftimmten rohen Materie. Wird fie aber mit ber 
Einheit verbunden, fo entfteht wieder die Reftimmte Zahl 
drei *) Ob er ſich aber die Monas als ga. unförperlich 


1) Goll. Noct, Attie. IV: ır. Die verfchledenen Deutungen bier 
ſes Berbots ſ. Diog. Laört. p. 515. f. wo auch die politifche, von 
Sprengel angeführte vorfommt. | 

2) Diog. Laört. a. a. D. p. 495. 

3) Diog. Laört, a. a. D. Segm. 2. p. dgn. 

4) Ebend. Segm. 25. p. 507. Aristotel, Metaphysic. Lib. I. 
5. Baglı Sprengel a. a D. ©. 295. 


- fein. Gott fei ein durch die ganze Welt verbreiteter allwal⸗ 


75 
vorgeftellt habe, kann man nach andern Seugniffen bezwel⸗ 


tender Geiſt, und die menſchlichen Seelen davon entnommene 
Theile). Damit hing feine Lehre von der Seelenwande⸗ 


' rn. (neruebozgarıs) zuſammen, die ihm wahrſcheinlich in 


— 


Indien mitgetheilt war. Bon dem vergänglichen Leben (Gut) 


fei die Seele verſchleden, und eben deshalb unfterblich, meil 
fie einen Theil Gottes ausmahe ). Der Saame der - 
Thiere eutſtehe vom Gehirn, und enthalte einen warmen 


Hauch, dazu trete bei der Zeugung Feuchtigkeit und Blut 


aus dem Gehirn des Weibes (ixäe: uyger, ish) und dam 
aus entfiehe der Keim des Körpers, Seele, und Empfindung 
fämen aber nur von dem geiftigen warmen Hauch (wraes) 
des männlichen Saamens. Die weitere Ausbildung des 


Kindes gefhehel nach den Gefegen der Harmonie in fieben 


bis neun, höchftens zehn Monaten *). Daß aber der Stoff, 


 vermittelft deffen wir empfinden, und der vom Geiſt, durch 


die Sinne ausſtroͤmt, aͤußerſt fein if, ann man daraus ab- \ 
nehmen, daß er Luft und Wafler durchdringt, So waren 
alfo auch hierin feine Anfichten materiell. Der Sitz der Seele 


(er) erfiredde fih vom Herzen big in das Gehirn. Im 


Serien wohne befonders der Muth (Houss) im Gehlen aber 
die denkende Seele (pelrıs) und die Bernunft, (vos) wodurch 

ſich der Menſch von den Thieren unterfcheide *). Nur die 
denkende Seele fei unfterblich, das Uebrige theile das Loos 


ber Sterblichkeit. Die ganze Luft fei mit Geiftern (dYuxar) 


erfüllt, von denen die Träume berrührten, fo tie Geſund⸗ 





ı) Cicero de Nat. deor. I. II. , 

2) Dig. Laört. u. a. p. 50. nt 
3) Ebend. 

4) Ebend. p. 513. 


76 


beit und Krankheit, die, fo wie alles Gute und Schlechte 
in ber Harmonie und in der Störung berfelben befteben *), 
Danach wird ee einleuchtend ‚ welche Geſtalt feine Heil 
Eunde annehmen mußte, und warum er Abnungen und 
Suͤhnungen dur: Opfer und Gebete faſt ausſchließliche 
Wirkſamkeit zugeftand, denn, er hatte es bei der Heilung ber 
Krankheiten nur mit Geiſtern zu thun. Dadurch gewann 
aber die Kunſt wenig oder gar nichts, and es iſt nicht zu 
verwundern, daß die Pythagoriſche Philofophie unter den 
Händen feiner Anhaͤnger und Nachbeter der Medicin viel 
Schaden zugefügt bat, denn fie artete bald in eine unver 
ftändlicye Zahlenlehre aus, und ſetzte an die Stelle klarer 
Begriffe einen blendenden Myſtieismus ohne Kenntniß der 
menſchlichen Natur. Nur Ppthagoras ſelbſt konnte fie 
durchführen, ein Mann von wahrhaft göttlichen Anlagen, 
ber einer. höhern Welt anzugehören fchien, deffen Anfehn und 
Deredtfamkfeit allen Zweifel verbot, der fich felbft für einem 
Gottgeſandten hielt, und. gern dafür gehalten wurde *). 
Die eigenen Schöpfungen fo großer Geifter entfpredhen aber 
niemals der Natur, wenn die Natur nicht zu Rathe gezo⸗ 
gen iſt, und die Vernagchlaͤſſigung deſſen, was man für nie 
dere und gemeine Kenntniß hält, raͤcht füch durch deſto grös 
Bere Irrthuͤmer. Davon find die Spuren leicht in der nach⸗ 
herigen Kriſenlehre aufzuſinden, die durch die Pythagoriſche 
Zahlenlehre verunſtaltet, dem Verlauf der Krankheiten we⸗ 









1) Ebend. p. 514. Un einem andern Orte wird Geſundbelt 
und Krankheit durch das Beſtehen und die Verletzung der Conſti⸗ 
tution, (sides) erflärt. p. 518. 


2) Ariſtipp glaubte davon feinen Namen berleiten zu koͤn⸗ 


nm, denn alles was er gefagt, habe man Dratstipräen aid ges 
achtet. Diog. Laört, s 


— 


77 
nig entſprach. Auch manches andere, 4. B. bie Lehre von 
den Stufenjahren und manche nÄßliche Kenntnif ging in die 
ſpaͤtern Naturphilofophien Über, woraus nur bdunfele Vers - 
muthung den großen Urheber erkennt. Die Zonkunft foll 
Pothagoras in langen Krankheiten, die aus Leidenfchäften - 
entflanden waren, angerandt haben, wovon man auch bag 
Deifpiel feines Lehrers Pherecydes erzähle). Der Pflan⸗ 
zenmittel bediente er fich nicht wegen ihrer natfirlichen Kräfte, 


fondern weil er ihnen eine höhere magifhe Wirkung bei⸗ 


ou. - 


fegte *). Ein berühmtes und allgemein beliebtes diefer Art 
war die Meerzmiebel, deren Gebrauch ihm Epimenides 
gelebre haben foll, man fihrieb ihm felbft ein Bbefonderes 
Buch darüber zu ’). Auch der Kohl, deffen Nugen fpäterz 
bin in unzähligen Schriften gelehrt wurde, erregte Py⸗ 
thagoras Aufmerffamfeit *). Der Anis wurde gegen Score 
pionbiß und in der Hand gehalten gegen Fallſucht empfohs 
en °), die Übrigen dieſer Are nicht anzuführen °). Nach dem. 
Vorigen ift es auch begreiffich, warum die Pythagoriſche Arz 
neikunſt fech viel mit Außeren Mitteln befchäftigte, von der 

kühnern Chirurgie aber ganz entfernt blieb. 





e) Porphyr. Vit, Pythagor. p. 19 — 95. ed. Holsten, 

2) Plin. Hiat. nat. L XXX. Cap. 1. p. 523. 17. ed. Harduin. 
Natam primum e medicine (magicam autem) nemo dubitat, ac specie _ 
talatarı irrepsisse velut altiorem sanctioremque medicinam: ita-blan- 
dissimis desideratissimisque promissis addidisse vires Religionis, ad , 
gas maxime etiamnaum (!) caligat genas kumanum. Ibid. 

3) Plin. Hist. nat. L. XIX, Cap. 5. J 

4) Ebend. X. 9. — 

5) Ebend. nn 

6) Bergl. Kühn de Philbsophis anıd Hippocratem medicinae 
eulierbus, ad Cels, de med. Praef. Spec. 1. Lips. 1781. In Ackermann 
Opascal, ad medicia, histor. pertinent. Norimb. 1797. p 243. - 





[4 


/ 


68 


ſehr boͤſe "). Fieberkranke ‚ die ein rothes Geſicht, heftiges 
Kopfweh und Schlagen in den Adern fühlen, bekommen 


insgemein Nafenbluten; andre dagegen, die Ekel nıit Bes . 


ängftigungen,; Magenweh und vielen Speichel haben, ein 


Brechen; noch andere, die Aufſtoßen, Blaͤhungen, Larmen 


in den Daͤrmen und einen aufgetriebenen Bauch klagen, den 


Durchfall °). Unter den Fiebern machen diejenigen einer 
Ruͤckfall, die weder an den. Entfcheidungstagen, noch auch 


fih, daß die werden vom Schlage getroffen, oder fallfüchtig, 


"oder ums Gedaͤchtniß fommen“ werden, die Fieber, Kopfr 


web und Ohrenſauſen, ein -dunffes Gefiht, eine langfame 
Stimme und eine Taubheit in den Händen haben *). Es 
ift denen tödtlih, weichen im Anfange der Lungenentzuͤn⸗ 
dung der dide Urin nachher vor ‚dem vierten Tage dünner 
wird . — . 

Niemand kann laͤugnen, daß dieſe und hundert andre 
Ausſpruͤche in den Koiſchen Vorherſagungen ‚der Natur ans 


” gemeffen find, und ihren Werth immer behalten werben. 
Sie find um fo Thäßbarer, da bier nur die reine Beobachtung 


fpricht, und alle Erklärung wegfaͤllt, worauf nur eine bir 


ber ausgebildete Arzneitunft Anfpruch machen kann. Doc 





“N 


2) 2.580. 99- 
- 2) p. 532. 142. Dos Schlagen In ben Adern, ePvysas 
PrsBär erinnert an den Puls; es iſt Indeflen hier nur das beftige 
Kiopfen gemeint. Die ältere griechifche Semlotik hatte noch Feine 


"+ Yulsiehre, die erſt bearbeitet wurde, nachdem der Unterfchied zwli⸗ 


ſchen den Schlagadern und Blutadern bekannt geroorden n war: 
3) p. 533. 146. 5 
4) p. 535. 161. . 
5) p- 863. 415. 


nach einem Befreiungszeichen aufhören )). Mean verſehe 


Ä 69 


fragt es ſich, ob die Semiotik im Lichte der übrigen Wiſſen⸗ 
ſchaften nicht verblaßt ift, und es nicht vortheilhafter märe, 
Sinne der Koifchen Aerzte weiter zu arbeiten, denn es ift 
no viel Stoff vorhanden, und die Natur. noch nicht übers 
all befragt, Erflärungen finden fich Aberdies, wenn die Kunft 
höher ſteht, von felbft. ’ 
Anatomie und Phyſiologie und alles, mas pavon ab⸗ 
hangt, kann man von der Koiſchen Schule nicht erwarten, 
denn es fehlte zu beiden ap Gelegenheit. Beides verlangt 
überdies ein tieferes und mehr wiſſentſchaftliches Studium 
der Arzueifunde in ihrem ganzen. Umfange, wie es bei den 
Asflepiaden weder bewieſen noch vorausgeſetzt werden kann. 
In der Zeichenlehre glaͤnzt das Verdienſt der Hoiſchen Aerzte, 
die Anatomie wurde erſt der ſpaͤtern Medicin zum Beduͤrſ⸗ 
"nie. Beſaßen fie aber anatomiſche Kenntniſſe, wie Hippo—⸗ 
krates Schriften außer Zweifel ſetzen, ſo waren ſie nur 
aus gelegentlicher Beobachtung Verwundeter, dem Anſchauen 
tradener Knochen nnd dem Zerlegen der Thiere geſchoͤpft, 
gerade fo, wie ſelbſt Bei rohen Voͤlkern. Der Ruhm „ger 
sauer anatomifcher Unterfuchungen Tann ihnen daher nicht 
zu Theil werden, und daß fie auch niche einmal Thiere zer⸗ 
gliedert haben, beweiſt die fpätere Geſchichte der anatomis 
ſchen Entdeckungen fo hinreichend, daß es gar feiner Gründe 
weiter Bedarf. Ueberdies war es nach dem Volfsglauben der 
Sriehen ein Verbrechen, Leichname anders, ‘als mit einer 
heiligen Scheu zu behandeln, daher die ſchweren und uns - 
edwendbaren Strafen aller, die ſich aus Leichtſinn, oder 
von Umftänden gezwungen darüber hinweggeſetzt hatten, ”), 
Serfeifhung des Körpers aber galt für das größte ‘Uebel, , 
und es hat gewiß niemand gewagt, ſich darauf eiınulaffen, _ 


1) Berl. Sprengel Geſch. d. Arzneik. Th. 1. p. 222. 


N 


70 


Bis unter der Regierung Ypäterer Könige die wiffehfchaftliche 
Forfhung auch diefes Vorurtheil Aberwand. Danach Fällt 
die Verſicherung des Galenifhen Schriftſtellers, die font 
feiner Widerlegung werth ift, die Asklepiaden wären von 
jugend auf in der Zergliederung unterrichtet worden‘), von 
‚felbft zufammen. Man laffe den Koifhen Aerzfen ihren 
Ruhm, er ift ohnehin ſchon mohlbegrändet, jede Uebertreis ' 
bung ift ihnen nachtbeilig und verdunfele ihr wahres Wers 
bienft. \ . 


\ 


| Dritter Abfchnite. 


Ausbildung der Heilfunde durch die tie Phi⸗ 
loſophen. 
G. 13. 
Tdales. 
Dieſe Richtung nahm alſo die Arzneikunſt durch bie 
Baarbeitung der Asklepiaden. Doch waren fie es nicht als 
fein, die fie endlich zum Range einer Wiffenfchaft erhoben, 
‚fondern die dlteften Philofophen haben Theil an diefer Ehre. 
Iſt ein Wolf über fein dichterifches Zeitalter hinaus, und 
find ihm bei glädlihen Anlagen feine Außeren Berhältniffe 
günftig, fo finder fh das Beduͤrfniß einer höhern Erfennts 
niß, man erhebt ſich über das Alltägliche und forfcht dem 
Grunde der Dinge nad. Dies ift der erſte Urfprung aller 
Philofophie, und war es auch bei den Griechen, die vor allen 
Voͤlkern der Welt durch taufend gluctuche Umſtaͤnde in das 





1) Introduct. Cap. I. pag. 361. Tom. I. ei. Chart, Bergl. Gru- 
ner Anslecta ad Antiquitt. med. Hlppocrates corpora humana insecue- 
rit,necne? pag. 65. ©. 


j | 7 
| Borrecht eingefegt waren, im Reiche des Geiftigen zu herr⸗ 
füen, und feine Graͤnzen zur Bewunderung der Nachwelt 
auszudehnen. Hier mar die Philofophie eine Tochter der 
Dichttunſt, man fing nur an, der Einbildungskraft der 
Dichter den Falten Verſtand zuzuordnen, und weit davon 
nferut, die Mythen, die der Dichterglaube an bie Hand 
| gab, für unwahr zu halten, nur über ihren Sinn und ihre 
höhere Bedeutung nachzudenken, wobei der Hang zum Wun⸗ 
derbaren faft durchgängig vorherrſchend blieb *). Den erften 
Verſuch diefer Arc machte faſt 200%. v. Hippokrates T has 
les von Dilet, geb. 639. geft. 544., einer der fieben Wels 
fen Griedenlands , der, ohne irgend etwas anderes, als 
den dihterifchen Bolfeglauben vorzufinden, zuerft auf die 
Idee eines Urftoffes fam, aus dem die ganze Welt erfchafs 
fen fei., Diefer Urftoff war ihm das Waffer, und Gott der 
Seit, der daraus alles gebildee babe 2). Mad biefem 
Grundbegriff feiner Naturlehre ſcheint er allerdings bie 
Sortheit an ſich für rein Edrperslos und den Stoff für, uns 
tätig gehalten zu haben. Ohne fie war ihm bas Leben 
za Materie undenkbar, die Gottheit felbft aber allmaltend 
und allgegenmwärtig, und die unftchtbare Urfache alles Lebens 
und aller Bewegung ber Körper. Deshalb fei alles mit 
Gottern erfuͤllt »), wobei er ſich im Ganzen diefelbe Vers 
Yindung, wie zwifchen dem Körper und der Seele vorgeſtellt 





1) Aristotel. Metaphysic. Lib, I. Cap. 2, 
2) Cicero de Nat. deor. Lib. I. Cap. 10. 


3) Cicero de Leg. Lib. U. Cap. 11. Aristotel. de Anima Lib. I. 
2.5. Diog. Laört, Lib. L Segm. 24. Ed, Meibom, p. 16. Parts 
wre za) Tas alizes peradidevas Juxası rizumigömirer ix 
erden ris ayırilar, zu ve sAlurgen, Die Vereinigung . 
db Begriffe von einer allmaltenden Gottheit und untergeordneten 
Dimonen ergiebt ſich bei diefer Urt zu phllofophiren von ſelbſt. 


\ 


pP} 





72 


zu haben fcheint, bie er aus Gründen feiner Philoſo phie 
für unfterblich hielt *). Er war Übrigens auch in Aegyp⸗ 
ten gervefen, und foll mit den dortigen Prieftern lange um⸗ 
gegangen fein *). Seine Anfihten griffen nun zwar wenig 
In. das eigentlihe Gebiet der Arzneifunde ein, auch war 
. die Afteonontie feine Hauptbefchäftigung, doch war die Was 
turlehre nun Beduͤrfniß geworben, und bald fing man an, 
über die Lebensäußerungen ber tbierifchen Körper nachzuden⸗ 
Een, fo daß aus der reinen Maturpbilofophie nach und nad) 
eine Art theoretifcher Arzneikunde entſtand 2). | 


$ 14. 


Pythagoras. | 

Pythagoras ging noch einen Schritt weiter, und 
machte die Arzneikunſt zu einem nothwendiden Theile nicht 
allein der Philofophie, fordern auch der Staatsfunft. Bon 
der Natur mit bemundernswürdigen Anlagen ausgerüftet, - 
empfand er fhon früh eine außerordentliche Wißbegierde, 
genoß den, Unterricht des Pherecydes, eines Zeitgenoſſen 
des Thales, der wie diefer die Naturlehre bearbeitet haben 
fol *), nachher eines Hermodamas zu Samos, und 
wurde nah und nah in alle Miyfterien der Griechen und 
fremden Völker eingeweiht. Endlich unternahm er aus gleis 
her Abſicht große Reifen nach Aegypten, und foll auch bei. 
den Shaldäern und Magiern gemwefen fein, um feine Ge 





ı) Diog. Laök. Lib. 1. som 24. Ed. Meibom. p. 16. 
2) Ebend. , 


3) Cels. Praef. p. 2. 25. Primoque medendi scientia sapientiae 
pars habebatur, ut et morborum curatio et rerum natarae contempla- 
tio sub iisdem auctoribus nata sit. 


4): Diog. Laört. VII. 2. p. 488. 


73 


fegenbeit ber Belehrung unbenutzt zu laffn *). Auch den 
Epimenides in Kreta befuchte er, einen propbetifchen 
Saufier, der feine Landsleute Überredete, durch 57 jähriges 
Schlafen in einer Höhle in den Beſitz goͤttlicher Weisheit 
gefommen zu fein, und als ein Bertrauter der Götter nach 
Athen gerufen wurde, um durch Suͤhnopfer die Stadt von 
der Peft zu befreien *). Bei feiner Ruͤckkehr fand Pytha⸗ 
goras fein Baterland Samos unter der Merrfchaft des Ty⸗ 
rannen Polyfrates, und ging daher nah Kroton in 
Großgriehenland, wo er die Italiſche Schule gründete, de 
ren Ruhm bie Joniſche bald überftrahlte. Sein Zweck war, 
eine Geſellſchaft fähiger und erprobter Männer duch Ge 
feße ihrer Berbrüderung verbunden, der hoͤchſten geiftigen 
Ausbildung theilhaftig zu machen, um durch ſie das gemein 
fame bürgerlihe Lehen zur größten Reinheit und Voll⸗ 
kommenheit zu erheben. Fünf Fahre dauerte ihre Prüfungss 
zeit, wo fie nur hören durften, und ihres erhabenen Meis 
fiers nicht einmal anfihtig wurden. Reinlichfeit, ſtrenge 
Lebensordnung und jede Uebung, die Körper und Geift zu 
allen guten Verrichtungen eigneten, war ihnen durch die 
gemeinfchaftlihe Ordensregel vorgefchrieben. Diatetik war 
alſo ein norhmendiges Erforderniß, und wurde mit dem 
ganzen Leben der Pythagoraͤer unzertrennlich verbunden. 
Pothagoras hatte fie von den Aegyptiſchen Prieſtern entlehnt, 
wenigſtens nimmt alles, was wir davon wiſſen, mit den 
Aegyptiſchen Vorſchriften faſt ganz uͤberein. Fleiſchſpeiſen 
waren den Pythagoraͤern nicht ganz unterſagt), wohl aber 





1) Diog. Laört. a. a. D. p. 489. 
2) Eben). J. 100.,p. 60. 


3) Diog. Laört. VII. 20: p. 505. Ebend 23. p. 507. Ywyın 
rad wAserarper. 


| | u 
Fiſche, das befannte Verbot der Bohnen laͤugnet ein fpdter 
rer Pythagoraͤer, Ariftorenus *). : Der Gefhlehtstrieb 
wußte Pythagoras bei feinen Schuͤlern durch. die äußerfte 
Mäßigfeit und Enthaltſamkeit einzufhränken *), alle Aus⸗ 
Brüche von Leldenſchaften ıwaren unterfagt, ſo wie alles, 
was die gleichmäßige und immerwaͤhrende Ruhe und Fröms 
migfeit der Seele ftören konnte, den Zuſtand nämlih, Der 
dem Pythagoras zur Erreichung höherer Vollkommenheit am 
meiſten geeignet ſchien. Seine Philoſophie, die er in ein 
feſteres Lehrgebaͤude vereinigte, als ſeine Vorgaͤnger, war 
zum Theil auf Mathematik gegründet, oder wenigſtens eng 
bamit verbunden, doch laffen ſich nicht mehr alle Grunde 
fäße derfelben genau angeben, ba feine brei Bücher, über die 
Wiſſenſchaft (wasdturındr) über Staatsverfaffung (werner) 
und die Natur (Gvesxer) >), nicht mehr in den Händen der 
Spätern waren, woraus viel Widerfpruch bei den Schrifts 
ftelern entftand, die nich immer das Aachte vom linterger 
ſchobenen unterfcheiden-Fonnten. Am wenigften war in der 
fpätern Pythagoriſchen Philoſophie ſeine Lehre rein erhalten. 
Allen Dingen in der Welt liegt eine beſtimmte Einheit (se- 
vs) zum Grunde, wie es fcheint, das thätige und ordnende 
Princip der ganzen Matur. Die Zmeiheit (dus) entfpriche 
der unbeftimmten rohen. Materie. Wird fie aber mit der 
Einheit verbunden, fo entfteht wieder bie Reftimmte Zahl 
drei *) Ob er ſich aber bie Monas als 9a..; unförperlich 





ı) Gell. Noct, Artic. IV; 11. Die verſchledenen Deutungen bier 
fe6 Verbots |. Diog. Laört. p. 515. f. wo auch bie politifche, ‚don 
Sprengel angeführte vorfommt. ' 

2) Diog. Laört. a. a. D. p. 495. 

3) Diog. Laërt. a. a. D. Segm. 2. p. dg2. 

4) Cbend. Segm, 25. p. 507. Aristotel, Metaphysic. Lib. I. 
«5. Versl. Sprengel a. a. O. S. 295. 


75 


worgeftellt habe, kann man nach andern Seugniffen bezwei⸗ 
. feln. Gott fei ein durch die ganze Welt verbreiteter allwal⸗ 
tender Geift, und die menfchlichen Seelen davon entnommene 
Theile '). Damit hing feine 2ehre von der Seelenwande⸗ 
rung —— —— — — zueis) zuſammen, die ihm wahrſcheinlich in 
Irdien mitgetheilt war. Bon dem vergänglichen Leben (Zei) 
fei die Seele verfchieden, und eben deshalb unfterblich, weil 
fie einen Zheil Gottes ausmahe *°). Der Saame der 
Thiere entfiche vom Gehirn, und enthalte einen warmen 
Hauch, dazu trete Bei der Zeugung Feuchtigkeit und Blut 
aus dem Gehirn des Weibes (ixöe: uyger, aisa) und dam 
aus entfiche der Keim des Körpers, Seele und Empfindung 
kaͤmen aber nur von dem geiftigen warmen Hauch (arues) 
des männlihen Saamens. Die weitere Ausbildung des 
Kindes gefhehel nach den Gefegen der Harmonie in fieben 
bis neun, hoͤchſtens zehn Monaten ?), Daß aber der Stoff, 
vermittelft deffen wir. empfinden, und der vom Geiſt durch 
die Sinne ausſtroͤmt, aͤußerſt fein iſt, kann man daraus ab⸗ 
nehmen, daß er Luft und Waſſer durchdringt. So waren 
alſo auch hierin feine Anſichten materiell. Der Sitz der Seele 
(Ver) erfirede fih vom Kerzen big in das Gehirn. Im 
Herzen wohne befonders der Muth (Ioses) im Gehirn aber 
die denkende Seele (Qelrıs) und die Vernunft, (vos) wodurch 
fi) der Menſch von den Thieren unterfcheide *). Nur die 
denfende Seele fei unſterblich, das Uebrige theile das Loos 
der Sterblichkeit. Die ganze Luft fei mit Geiftern (Yuxar) 
erfüllt, von denen die Träume herrührten, fo wie Geſund⸗ 





1) €icero de Nat. deor. I. II. 

2) Diog. Laört. q. a. D. p. Jia. | 
3) Ebend. = 

4) Ebend. p. 513. 


j 


76 - | 
beit und Krankheit, die, fo wie alles Gute und Schlechte 
in der Harmonie und in der Störung derfelben beftehen *). 
Danach wird ee einleuchtend, melche Geftalt feine Heil⸗ 
Eunde annehmen mußte, und warum er. Ahnungen und 
Suͤhnungen durhı Opfer und Gebete faſt ausſchließliche 
Wirkſamkeit zugeftand, denn, er hatte es, bei der Heilung ber 
Krankheiten nur mit Geiſtern zu thun. Dadurch gewann 
aber die Kunſt wenig oder gar nichts, and es iſt nicht zu 
verwunderh, daß die Pythagoriſche Philoſophie unter den 
Haͤnden ſeiner Anhaͤnger und Nachbeter der Medicin viel 
Schaden’ zugefügt bat, denn fie artete bakd in eine unvers 


ſtaͤndliche Zahleniehre aus, und ſetzte an die Stelle Elarer 


Begriffe einen blendenden Myſtieismus ohne Kenntniß der 
menfhlihen Natur. Nur Ppythagoras felbft Eonnte fie 


"Durchführen, ein Mann von wahrhaft göttlichen Anlagen, 


ber einer. hoͤhern Welt anzugehören ſchien, deſſen Anſehn und 
Deredtfamfeit allen Zweifel verbot, der fich felbft für einem 
Gottgefandten bielt, und gern dafür gehalten wurde *). 
Die eigenen Schäpfungen fo großer Geifter entfprechen aber . 


‚niemals der Natur, wenn die Natur nicht zu Rathe gezos 


gen ift, und die Bernachläffigung deffen, was man. für nies 
dere und gemeine Keuntniß hält, räche fich durch defto groͤ⸗ 
Gere Irrthuͤmer. Davon find die Spuren leicht in der nach⸗ 
herigen Kriſenlehre aufzuſinden, die durch die Pythagoriſche 
Zahlenlehre verunſtaltet ‚ dem Verlauf ‚der Krankheiten mes 





1) Ebenb. p. 514. An einem andern Orte wird Befundbelt 
und Kranfpeit durch das Beſtehen und die Verlegung der Conſti⸗ 
tution, (sides) erflärt. p. 518. 


2) Ariſtipp glaubte davon feinen Namen derleiten zu koͤn⸗ 
nen, denn alles was er geſagt, habe man Dratelipräden sin ge» 


achtet. Diog. Laörs, un 


77 
nig entfprah. Auch manches andere, + ©. bie Lehre von 
den Stufenjahren und mandye nÄßliche Kenntniß ging in die 
fpätern Naturpbilofopbien Über, woraus nur dunfele Ber - 
muthung den großen Urheber erkennt. Die Tonkunſt fol 
Pyothagoras in langen Krankheiten, bie aus Leidenfchaften 
entfianden waren, angewandt haben, wovon man auch dag 
Beiſpiel feines Lehrers Pherecydes erzähle). Der Pflan⸗ 
zenmittel bediente er fich nicht wegen ihrer natürlichen Kräfte, 
fondern weil er ihnen eine höhere magifhe Wirkung bei⸗ 
feste *). Ein berühmtes und allgemein beliebtes diefer Art 
war die Meerzwiebel, deren Gebrauh ihm Epimenides 
gelehrt baben fol, man fchrieb ihm ſelbſt ein befonderes 
Buch darüber zu ’). Auch der Kohl, deffen Nugen fpdterg 
Hin in unzähligen Schriften gelehrt wurde, erregte Py⸗ 
tbagoras Aufmerkſamkeit *). Der Anis wurde gegen Score 
pionbiß und in der Hand gehalten gegen Fallfucht empfohs 
fen °), die übrigen diefer Art nicht anzuführen %). Nach dem. 
Morigen ift es auch begreiflich, warum die Pythagoriſche Ary 
neikunſt ſich viel mit dußeren Mitteln befchäftigte, von der 
fühnern Chirurgie aber ganz entfernt blieb. 


1) Porphyr. Vit. Pythagor. p- 193 — 93. ed. Holsten, 

2) -Plin. Hist. nat. L,. XXX. Cap. 1. p. 523. 17. ed. Harduin. 
Natam prımum e medicina (magicam autem) nemo dubitat, ac speci® _ 
salararı irrepsisse velut altiorem sanctioremgae medicinam: ita. blan- 
dissimis desideratissimisque promissis addidisse vires Religionis, ad 
quas maxime etiamnum (!) caligat genus krumanum. Ibid. 

3) Plin. His. nat. L. XIX, Cap. 5, 

4) Eben. XX. 9. - , . 

5) Ebend. nn 

6) Vergl. Kühn de Philosophis ante Hippocratem medicinas 


AR 


- ealtorıbus, ad Cels, de med. Praef. Spec. 1. Lips. 1781. In Ackermann 


Opascul. ad medicin, histor. pertinent. Norimsb. 1797. p. 245. - 


78. 
$. 15. 


2 Altındon. 
Pothagoras Schuͤler, die beit Ruhm der Stalifchen 
Schule weit verbreiteten, übten faſt alle die Arzueikunſt 
aus; ja es ſcheinen felbft einige der philofophifhen und fpir 
ritualiſtiſchen Bearbeitung entſagt, und ſich ausſchließlicher 
der Beobachtung der Natur gewidmet zu haben. Den ers 
fen Rang unter den Krotoniaten behauptet Alkmaͤon ), 
Sohn des Pirithus, und Zuhoͤrer des Pythagoras 
ſelbſt, in deſſen bald verloren gegangenen Schriften viel 
Aber Natur und Heilkunde enthalten war. Er fol zuerſt 
Aber bie Naturlehre ausführlich gefchrieben haben 2), doch 
«ft fo wenig von ihm aufbehalten, daß man nicht wohl über 
feine Kenntniffe und Anfichten urcheilen kann. In der 
Arzneltunde ift er als der aͤlteſte Anatom aufzuführen, und 
. wenn er auch nur Thiere zergliedert hat, was bei der Be⸗ 
urtheilung der Zeitumſtaͤnde außer Zweifel iſt, ſo erdffnete 
er doch ſchon dadurch feinen Nacahmern ein weites Feld, 
und gab zuerft Veranlaffung, die Medicin der gebieterifchen 
Philoſophie zu entreißen >). Geruͤhmt wird ſeine Entdeckung 
der Euſtachiſchen Roͤhre, die man ihm nicht mit aller hiſto⸗ 
riſchen Gewißheit zurechnen kann, denn, die von Ari feote: 
les widerlegte Meinung, die Ziegen athmeten durch die 
Ohren, kann auf einer andern Annahme beruhen, und bie 
Sache erhält nur daraus einige Wahrſcheinlichkeit, daß 
Ariftoteles mit Verſchweigung von Alkmaͤons Namen: 





1) Diog. La£rt. Lib. VIN.Segm. 83. 
2) Clement. Alexzandrin. Stromat. I. P 308. welres Bvri- | 
x “Adyer evrirafer. 


3) ‚Chalcidius Comment, i in Platon. Timseum. ‚P- 34 ed. Meurs. 


J 

| - 79 

bie Entdeckung als feine eigene vorträgt "). Ueber ben Bau - 
Ber Augen fol Altmäon fehr unterrichtet geweſen fein °), 
und die Nachwelt läßt ihm gern die Ehre. ihrer erften Zers 
gliederung, wenn fie auch für die nächften Nachfolger ohne 
erheblichen Nutzen blieb. Wie dem aber fei, fo ift es doch 
ausgemacht, dag Alk maͤon mandherlei neue, von Pyt ha⸗ 
goras Lehren abweichende Behauptungen aufftellte, die als 
wnvollfommene DBerfuche des früheften Alterthums der Auf - 
merffamfeit nicht ganz unmerch find. Das Hoͤren erflärte 
er. nicht wie Pprhagoras durch einen warmen, von den Oh⸗ 
ren ausfirömenden Hauch, fondern aus der Erſchuͤtterung 
des leeren Raumes in denfelben durch den Schall und defs 
fen Verſchiedenheit aus der Stärfe und Erſchuͤtterung ?). 
Der Geruch entftehe durch Anziehung der riechbaren Aus 
Küfle der Koerper, und werde burch die denfende Seele, 
dem Theile des Geiftes, der (nach Ppthagoras) im Ge 
birn feinen Sitz babe, vermittelt *} Urfach des Geſchmacks 
fei die Feuchtigfeit, Wärme und Weichheit der Zunge *). 
Geine Lehre von der Zeugung Fam mit der Pythogori⸗ 
fihen in der Hauptſache überein, er ging aber noch darin 


1) Histor. animal. Libr. I. cap. 11. p. 770..0d. du Vall. Plinins 
legt Diefelbe Meinung vom Athwen der Ziegen dem Archelaus bet, 
wabrſcheinlich mit Verwechſelung de6 Namens, denn Arhelaus 
bat nach Ariſtoteles in Alexandria gelebt. Hiet. mas. L. VII. . 
e. 50. Tom. I. p.478. 21. ed. Hard. Eine andere. Gtelle, die nach 
Schul ze beweiſen foll, jene Röhre fet dem Plintus befannt ges 
wefen (Hist. nat. L. XXIU, C. 2. Tom, I. p. 305. 15.) verdient kaum 
%r Erwähnung. N 

. 9) Chalid. a. a. O. 

3) Plutarck. hist, philos. IV. 16. 

4) Ebd. ce. 17. 

5) Ebend. c. 18. 


0. IJ 
weiter, daß er die Geſchlechtsverſchiedenheit der Frucht von 
bem groͤßern oder geringern Antheil des väterlichen oder miit⸗ 
terlichen Saamens herleitete 2), und den Kopf als Dem 
Hauptſitz ber Seele zuerſt entſtehen ließ 2). Die Ernaͤhrung 
des Kindes geſchehe durch die Einſaugung der ganzen Ober⸗ 
fläche des Körpers, wie bei einem Schwamme, wie er es 
. auch von den Vögeln im Ei behauptete, die aus dem ums 
gebenden Eiweiß von allen Seiten Nabrungsftoff einfaugen 
follten *). Vom Beifhlaf werde das Fett verringert *). 
Die Unfruchtbarkeit dee Mauleſel, worüber bie meiſten Ma⸗ 
turpbilofophen feiner Zeit fih in Vermuthungen erfchöpften, 
erklärte er aus der Kälte und duͤnnen Beſchaffenheit bes 
männlichen Saamens und der Berfchloffenheit der Gebärmuts 
ter biefer Thiere *). Den Schlaf aus dem Ruͤckfluß und dem 
Stiliftand des Blutes in den großen Gefäßen, das Erwachen 
aus der neuen Vertheilung, den Tod aus der fortiwähren: 
den Stockund deffelden *). In ber Erklärung von Gefunds 
heit und Krankheit ift ber erfte Anfang einer Elementartheo⸗ 
rie unverfennbar, bie. Sefundheit war ibm nämlih das 
gleichmäßige Verhaͤltniß und die gleiche Wertheilung bes 
Warmen und Kalten, Trocknen und Feuchten, Bittern und 
Suͤßen und ähnlicher entgegengefegter Beſchaffenheiten, 
Krankheit bie Störung diefes Verbältniffes 7). Diefer Anz 
| | ſicht 





1) Censorin. de die nat. Cap. 16. ed. Lindenbr. 
9) ‚Platarch. a. a. O.c. 17. Ariet. hist, anim, I. 7. W 
3) Pintarch. a. a. O. Arist. de gener. anim. L. II. e. * 
p. 1099. 00 
4) Censorin. a. 0. D. c. 5, . J 
5) PlIlutarch. a. a. D. c. 14. 
6) Ebend. c. 23. 
7) Ebend. c 30. ® J 


[4 


ı " \ , 6 
fügt liege offenbar bie Idee der Pothagoriſchen Harmonie 
zum Grunde, nur ging Alkmaeon etwas weiter, und 
fischte den aflgemeinern Ausfpruc feines Lehrers. mit ber 
Beſonderheit des thierifchen Lebens in VSerdiadars zu beim 

gen *). 


$. 16. 


Empedstler. 

_ Wichtiger für die fpätere Ausbildung der Arzneikunde 
iſt der berühmteefte Naturphiloſoph des früheren Alterthums, 
Empebofles von Akragant, (geb. 504) den man nice 
mit vollem Rechte zur Pythagoriſchen Schule zähle, denn 
er wid) von ben Lehren des Pythagoras fehr bedeutend 
ab, und neigt offenbar mehr zu einer andern Schule. Spaͤ⸗ 
ter als Pothagoras bat er gewiß gelebt, über feine Leh⸗ 
ser ift wenig Liebereinftimmung. Man nennt den Telauges, 
den Sohn des Pythagoras *) andre den Parments 
des 2) den Schäler bes Eenophanes, des Gränders der 
Eleatiſchen Schule, und dies mit mehr Wahrſcheinlichkeit, 


denn Empedokles Philoſophie war von der Pythagori⸗ 


ſchen zum Theil weit entfernt, mit der Eleatiſchen aber ſehr 
nahe verwandt. Denn Xenophanes hatte dieſelbe Grund; 
auficht von der Körpermelt, und foll: nach einigen die Erbe, 
mach andern Erde und Mafler, oder felbft die vier Empe 
dokleiſchen Elemente angenommen baden. &o auch feine 
Nachfolger in der Eleatifhen Schule, Parmenides, Zeno, 
Meliffos, die fämmelih von der Elementaranficht aus 
gingen, nur in der Ausführung bderfelben von einander abwi⸗ 





1) Berl. Kühn a. a. D. p- 270 

0) Diog. La£rt, L. VII Seg. 43. 

3) Ebend. VIIL 56. 
L . 8 


82 - 


hen, und in der Vorftelliing der bewegenden. Krafte der Mia 
tur ganz mit Empedofles üuͤbereinſtimmten 5). Empes 


dokles neigte alſo entſchleden zur Eleatiſchen Schule, ent⸗ 


fernte ſich von Pythagoras Lehrgebaͤude, und folgte 
gräßtentheils feiner eigenen Denkweiſe. *. 

»Empedokles Naturphiloſophie war nun in ihren 
Grundzuͤgen folgende. In Ruͤckſicht des Stoffes hielt er 
die vier Elemente, Feuer, Luft, Waffer und Erde für die 
Urſachen aller Dinge. Sie waren ihm ewig, ungeworden, uns 
vergaͤnglich und unveraͤnderlich. Diefe vier ſoll er elgentlich 
als zwei angefehen haben, indem er das Feuer allen Abri 
gen‘ Siementen- als einer einzigen Natur entgegenfeßte -*). 
Vielleicht fah er es als einen edlern Beftandtheil an, und 
ordnete Ahm deshalb bie übrigen unter, wofür allerdings feine 
Lehre vom Schlafe und vom Tode fpriht >). Der Tod 


- mämlich foll in der gänzlichen Trennung des Feuers von den 


Erdtheilen beftehen, und. der Schlaf foll feinen Urſprung 
in einer theilweiſen Trennung des Feurigen vom Irdiſchen 


. haben. So find auch nah ihm die wärwern Geburten die 
männlichen, die fältern bie weiblichen * Von den Ele⸗ 





1) Parmenldes erkannte das Lichte und Finſtre als den 
Grund alles Seins, ſo wie mehrere ſolcher Gegenſaͤtze, die ihm 
bie beiden Elemente, das Feuer und die Erde bedeuteten. Brandis 
Commentationum Eleaticarum pars prima, Altona 1813. Y. v. 114.5. 


— Diog. Laört. L. VID, Segm. 56. — Nothwendigkelt, die fi in 


Haß und Liebe Außerte, war Ihm die bewegende Naturfraft. Cie. 


pat. deor. L.Lc.ı1. Zeno und Meliffos hatten diefelbe Anficht. 


Wolf Anslecıen. IV. p. 420 — ar. 
2) Jrist. de gen. et corr. II. 3. Metaph. I. 4. 
3) PlIutarch. de plac, phil. V. 23. 2$, 


4) drist. de gen. anim; L.L,c. 18. L. IV. e. 1. Piutarch, de 
plac. phil. L. V. c. 7. 


N 


Sn 


- 83 
unten nahm er ganz Fleine Xheile der Elemente an .), 
nemit er offenbar Die Atome andeutet, wie es denn au 
aus feiner Lehre von ben Poren, die mit dem leeren Raume 
der Atemiſten verglichen werben fönnen, Elar wird, daf e 
ſolche untheilbare Körper habe annehmen mäflen *). Doch 
anterdruͤckt er dieſe Annahme in feinen Lehrgebaͤude, als 
unpaffend zu feinen übrigen Ausſpruchen, und hält bie 
Elemente zwar für unendlich theilbar, jedoch fo, daß. diefe 
Ieitung niemafs eintreten würde °). 

. Ms Urfach aller Bewegung, Mifhung und Ennmifhung 
der Elemente erfannte er zwei entgegengefebte Kräfte 
die er nach der Eleatiſchen Philofophie unter dem Begriff 
des Daffes und der Liebe bildlich barftellte Sin ihrer Ein: 
heit waren fie ihm die Nothwendigkeit, die als Herrſcherin 
‚Der ganzen Welt in der Mitte des Als ihren Sitz hat, und 
son da aus ihre Wirkſamkeit als die Urfach alles Werbens 
verbreitet *). Die Liebe verbindet das Ungleichartige und 
trennt das Gleichartige, ber Haß umgekehrt. Ob er fi 
Diefe entgegenfeßten Kräfte als rein unkoͤrperlich vorgeftelle 
Dat; wie es beim erſten Anblide fcheinen kann, dder nicht, 
muß -Dahingeftelle bleiben. . Doch ift die erſte Annahme uns 
wahrſcheinlich, weil fi die Naturlehre in ihrer Kindheit 
zu folchen Begriffen noch nicht erheben kann, und er ihnen 
eis räumliche Berhälchiffe beilegt. . 
Nach diefer Trennung des Stoffes und der bewegen: 

den Kräfte werden nun von Empedokles alle Nacurer 





1) Ebend. L Le. 13. 
2) Arist. de gener. et corr. L. J. e. 8. 
3) 4rist. de coelo. L. IH. ce. 6. 


4) Plutarch. de plac. phil. L.I.c.26. Cic. de fato, «17. 
52. 


84 





ſcheinungen auf eine rein mechaniſche Weiſe erklärt ı), Die 
ganze Welt iſt mit Stoff erfüllt, ein Entſtehen und Ber⸗ 
‚gehen im. ‚ügenrlich Wortverftande iſt nicht denkbar, Tonderie _ 
Geburt, Tod, Wachschum und Abnahme, mit einem Worte 
aller Wechſel in der Natur beftehe nur in der Zrermung 
und Berbindung der un ſich ewigen und 'unveränderfigerz 
lemente, “Alles Dafeyn liegt zwiſchen zwei aͤußerſten Eride 
yunften, der völligen Vereinigung aller Elemente zu einer 
Einheit, wenn die Liebe, und ber völligen Trennung derfefs 
ben, wenn der Haß den Sieg bavon getragen hat. In ber 
Matur der Dinge ift aber bald der eine, bald der andere 
heil fiegreich, und die Wele, wie fie beſteht, kann weder 
aus der Wirkung des einen noch des andern allrin erklärt 
‚werden. Die elementarifchen Körper find indeffen allein 
durch den Haß verbunden, follen fie zu Drganifationen vers 
einigt werden, fo muß die Liebe hinzutreten. Diefe Bereks 
nigung zeſchieht nach beſtimmten Berhältniffen (Asyer) Ir 
Deren Verſchiedenheit die unendliche Mannichfaltigeeit der 
organifchen Körper beruht *). Wäre es dem Empebofles 
möglich gewefen, darüber im Einzelnen ins Klare zu Toms 
men, fo könnte mian allerdings annehmen, daß es In der 
Naturwiſſenſchaft Fein geringer Theil feiner Befhäftigung 
geweſen fei, das verfchiebene Verhältmiß jener Miſchung zu 
beftimmen, daran mußte er aber wie jeber andre Maturfors 
fher verzweifeln, um wie viel mehr, Beim erften Anfange 
der Naturlehre. Eine eigentliche Seelenwanderung wie 
 BDyehagoras nahm Empedofles niche an, denn ex 





1) Darin’ unterſchled er ſich aber gang von ben Jonlfchen 
Philoſophen, Die den Urſprung alles Werdens in ben lebendigen 
Kräften ſuchten. 


0) Platarch. de plae. phil, L. V. e. aꝝ. 


— 


| 8 
alkante auch Feinen unbebingten Vnterfchieb. zwiſchen Seele 
und Sirper, fondern. nur, daß die belebten Wefen der Melt, 
Beenfcen, Thiere und Pflanzen von den Gottern vertrie⸗ 
bene Dämonen. wären, die zur Strafe für ihre Vergehun⸗ 
gen ber Wirkung des Haſſes, d.h. ber. Trennungen des ver⸗ 
einigten Ungleichartigen qusgefegt ıpürden, und durch biefe 
Strafe gereinige, zur urfprünglichen allgemeinen Cinheit, 


am Gige der unfterlihen Götter (gum :Sphaeros). zu 


rädteheren. Diefe Annahme war alſo mis ethiſchen Wegrifs 


ſen werbunden. 


Die Einwirkung der einzelnen Dinge auf einander 
werde von den Zwifchenrdäumen (vs sem), Die zwiſchen den 
feßen Körpern, woraus fie beftehen liegen, hergeleitet. Aus 
diefen Zutfhenräumen oder Poren. firämen gewiſſe Ausfläffe 
ber Binge aus, und.in fie auch wieber die Ausflüffe ande⸗ 
u. Dinge ein. Diefe Wechſelwirkung findet aber nur Star 
wesn. die Auefläffe und. Maren übereinftimmen, tft irgend 
ein Unterſchied in der Größe, fa haben bie Dinge feine 
Rirfung. aufeinander *), wie ſich z. B. das Waſſer mit dem 
Kehl nicht vermifchs, der Magnet aber das Eiſen anzieht, 
Desauf berupe auch Empedofles ganze Lehre von ber 
fianlichen Wahrnehmung, wobei die Ausfläffe der Dinge ig 
die Dorn der Sinneswerkzeuge Aufgenommen werden *). 
Des Gehen gefchiehe aber zum „Theil durch bie Aufnahme 
fremder Aueflüffe, zum Theil durch das Ausfiudömen bes 
dichte ans dem Auge °), durch eine Miſchung der Bilder 
und der Strahlen des Auges. ©): 





1) Arde. de gen. et eorr. L. L. e. B. 
2) Plutarch.de phe. püil.L. IV. o. . 
3) Arlstos. de snnsu.c, 2. 

4) Pintarch. de plac. phil. L.IV. e. 83. 


86 \ 

Dies iſt die Naturphiloſophie des Ein pedokles, "fe 
weite fie die Arzneitunde in ihrer fpätern Entmwidelung ame 
geht *). eine Werke verfaßte er in Verſen, bediente ſtch 
durchweg dichteriſcher Bilder, und ahmte gern dem Homer 
nach *). Was er that, verrichtete er mit priefterlicher Weihe, 
und verbreitete darüber einen mpftifchen geheimnißvollen 
Schein. (Ueber bie Natur und gottesdienftliche Suͤhnung 
(zutage) hat er ein Lehrgedicht von fuͤnſtauſend, über Meiks 
Funde von fehshundert Berfen gefchrieden ”), wovon. nur 
“ einzelne Bruchftäde aufbebalten find), So war er bei der 
Behandlung von Krankheiten ein Freund von heiligen got 
tesdienftlihen Gebräuchen, mußte fie aber gewiß mit natur⸗ 
lichen Mitteln zu verbinden, die ihm eine zu feiner Zect 
außerordentliche Naturkunde an die Hand gab. Dadurch er⸗ 
marb er ſich unglaubfihen Ruhm, und wurde ſelbſt fiir vie 
nen Vertrauten ber Götter gehalten, wofür er ſich auch 
ſelbſt gern anſah *). Den peſtbringenden Sirdeco hielt 
er durch Verſtopfung einer Bergſpalte ab 5), beſchraͤnkte eine 
Peſt, die bei einer Sonnenfinſterniß entſtanden war, durch 
große Feuer und Raͤucherungen ©). Bei Selinus leitete 
te zu demſelben Zweck friſches Waſſer in einen faulen Fluß 
Kypf as) und entfertite fo die Urfache der Krankheit ”), 


- 





© 2) Bergl. Ritter, Aber bie phlloſophiſche Lehre des Emper 
detlet, in Wolfe kit. Analecten. Bd. =. St. 4 S. 411 — 460%. 


2) Diog. Laört, L. VIIL.8eg, 57, 2 
3) Diog. Laärt. L. VIII. Segm. 77. ı In 


5) Ebend. ©. "bon Bat, Sprengel Geſch. d. A. ©.310. 
6) Plin. hist. nat. L. XXX VI. 'c. 27. p. 7509. =. 1; 
y) Diog. Laärt. "ebenid. ©. 70: a 


I 83. 
weshalb ihm goͤttliche Verrhrung zu Theil wurde. Ber ab -- 


len ift aber die Wiederbelebung eines. [hen dreißig (?) Tage 
ſcheintedeen (deren) Weibes beruͤhmt, doch erwähnt niemand 
auf weiche Weiſe fie ihm gelungen fei *). „Bon Empedor 
kles Phyfiologie iſt noch, einiges cufbehalten, umd er behauptet 
felbft feinen Rang unter ben Anatomen, denn, er iſt ohne 


Zweifel, ver erfte Enthecker ber Schnecke ihm Ohr (werd 


zone) bie er für das - eigentliche :Gehörwerkjeug hHielt, jn⸗ 
dem fie durch die Luft erſchuͤttert, einen Ton von fi gäbe, 
der von der Seele wahrgenommen wüͤrde *), worin er ſchon 
einen bedentenden Schritt weiter ging, „als Allmacon, 
Die Unfruchtbackeit der Mauleſel fuchte er nur in. dem zarı 
ten Bgu, der ſchiefen Lage und der Verfchloffenheit der Ger 
baͤrmutter der Stuten, woburd; ber .Äbrigens. fruchebare 
Eaame her Hengſte verhindert würde einzutreten, ıwie dies 
æauch von Diokles von Karyſtus vertheidigt worden iſt °), 
Uebrigens⸗ließ er wie Pothagoras bie thieriſchen Körper 
aus dem Saamen beider Geſchlechter entſtehen, der gegen⸗ 
feitig vermiſcht die Keine der Frucht enthalte, ‚und erklaͤrte 
nach feiner Lehre von den Ausflüffen, daß namlich die Zwi⸗ 
fchenräume und Ausſtroͤmungen bes beiberfeitigen Saamens 
fi eimander eutfpräcen und ſich mithin anzögen, ben Ge⸗ 


fehlechtsteieh *). . Dewmuach war die Theorie der Mibgebum _ 


sen leicht gefunden. Sie entfeben durch ühergroße Menge 
des Saamens, woraus mehr Theile gebildet werben, als 


erforderlich find, ober durch zu große &chnelligkeit oder Aber " 


1) Ebend. . . 
2) Plutarcnh. de plac. phil. L. IV, e. 16. 
3) Ebend. L. V. c. 14. 


A4) Arist. de gener. anim. L. I. c. 18. Galen. de Sapia.d.1L 
e.3. Tom. IL. p. 318. . 





88 = 
haupt unorbentliche Bewegung Bei der erſten Bildung Bus 
Keims, ober "durch Lostrennung und Abweichung einzelner 
Gaamentheile, Zwillingsgeburten durch Ueherfluß ser ha 
Theilung des Saamens, u. f.w. ’). -' 

"Die: Gefchlehteverfchiebenheit der Frucht erflärte Em 
Pedokses aus der Überiwiegenden Watme oder, Kälte ber 
eltern, die Aehnlichkeit der Kinder mit denſelben, aus bee 
gkoͤßern Menge des Saamens, die vom Water oder der 
Butter aufgewandt worden fei, dach kannte er fehr wohl 
bie Wirkung der Elnbildungekraft ). Die Bildung ber 
Frucht in ihren einzelnen Theilen fange mit dem fecheumde 
dreißigſten Tage an, und fei mie dem vierundoierzigſten - ber 
enbigt, ‚gleiche Theile der vier Elemente bilbeten das Fleiſch, 
bie Merven (d. h. Sehnen und Bänder) aithielten "den dogs 
pelten Auchell an Feuer und Erde, durch Verminderung 
bes Feuers an der Luft wuͤrden Daraus bie Nägel und bei deu 
Thieren die Klauen geformt, die Knochen -befiänden Aus Waſſer 
and Erde, Schweiß: und Thränen endlich aus einem Theile 
Baffer-und- Luft und vier Theilen Feuer und Erde *). Sei 
das: Verhaltniß der Elemente geſtoͤrt, fo erwache ein Krieb, 
Ben Verluſt wieberherzuftellen,, und daraus mäffe man. die 
Eßluſt erklären ) Durch Verminderung der Wärme ent⸗ 
ſtehe der Schlaf, duch gänzliches Verloͤſchen "derfelben ber. 
. ob *). Der Geruch buch Geruchstheilchen der riechbaren 





1) Plutarck. e. a. 2. &. 8. 10. Oleſelbe Meinung Aber bie 
Biillingsgeburten hat at on, Allgem. Mißor. d. Natur. De. L 
9) &bend. e. 7. ır. 12. J 

3) Ebend. e. 24. 23. 

) :&bend. e. a8. 
5) Ebend. e. 23. 25. 


— ger TUT — — en nn — 


Seper 5). Endlich iſt uns nod feine Erklärung bes. Ath⸗ 
mens aufbehalten. Wenn bei der Geburt das Wafler aus 
dem Munde und der. Luftroͤhre ablaufe, fo entfiehe ein lee⸗ 
ser Raum, den bie äußere Luft fogleich anfälle. Sie werde 
Beranf durch ben Antrieb der Wärme von innen wieder zu⸗ 
shälgebrängt, und fo enzftehe die Nothwendigkeit des erften 
Ein und Auserhmens. Darauf gehe aber die Wärme misber 
wach innen, und gebe der anftrebenden Luft wieder Raum 
ia bie Lungen einzuftrömen, und fo gehe Dies bis an den 
Tob fort in immermäbrender Abwechſelung *). Anderswo °) 
wird diefelbe Anficht mitgetheilt, nur daß an bie Stelle. ber 
WBörme das Blut geſetzt iſt. Es wären nämlich Adern in 
den Sungen, die zwar Blut, aber niche in fo großer Menge 
enthielten, daß fie ganz davon angefällt würden... Sie hat⸗ 
ten feine Diündungen, die fein Blut durchliegen, wohl aber 
Luft einnehmen koͤnnten. Senke ih nun das Blue, fo 
ſtrne Die Luft ein, feige es wieder auf, fo werde fie aus⸗ 
getrieben, u. f. w. Diefe Berwechfelung ift aber bei Em— 
pedokles materieller Anfiht von ber Wärme leicht zu en 
tlaren, und die Verſchiedenheit beider Meinungen nicht fo 
groß, als man glauben Fünnte. 


6 17. 
Undere Philoſophen. 
Bon ben Pythagoraͤern haben noch mehrere bie Natur⸗ 
lehre und Arzneitunde in Schriften bearbeitet, auf ſpaͤtere 


medicinifhe Lehrgebäube aber. Eeinen Einfluß gehabt. Zu 
Ihnen gehört Epiharmus von Kos, ber mit feinem Bru⸗ 


4) ‚Ebend. © 17. . 
5) Ebend. c. 22. 
6) „drist. de respirat. c. 7. 


! — 


der Metrodorus in feiner Yugendb nach Italien X 
Zuhoͤrer des Pythagoras, wurde, und in ‚mehreren: Ss 
chetn Ruhm erwarb. Beide Brüder waren- Aerzte. Epb 


charmus mediciniſche Schriften find noch in ſpalern Beiten 


L 


geleſen werben '). 


Nun veranlaßte aber eine Begebegpeit, daß die Border 
thagoriſche Arzneikunde nicht laͤnger im geheimnißvollen 
Beſitz einer abgeſchiedenen Schule blieb, ſondern durch mer 
were Verbreitung gemeinnuͤtziger wurde. Es war der: Auf 
ſtand der Krotoniaten gegen Pythagoras und feinen Orden, 


“ um: 500) ber die Mitglieder deſſelben nöthigte, ſich in. alle 


Welt zu zerſtreuen und ihre engere Berbindung aufzulöfen. 
So Hab es jeße. auf einmal philofophifche Aerzte, bie ihre 
Kenmeniffe ohne weiteres andern mittheilten, und zum gro⸗ 
fen Nutzen der Wiſſenſchaft mehr in. das Lehen einführten, 
Cie wanderten größtentbeils umber, und man nannte fie 
derhalb wie auch andere Philoſephen dieſer Art Perloden⸗ 
ten. Der vornehmſte unter ihnen iſt Demaocedes vom 
Kroston,. Sohn des Kalliphon, der ſich nach der Ver⸗ 
Geihung der Pyothagoraͤer, wie Herodot *) aber erzählt, 
‚weil er den Born feines Waters nicht ertragen konnte, nach 
Aegina begab, mo er in kurzem bie erften Aerzte übertraf, 
und von den dankbaren Aegineten ſchon im zweiten Jahre 


ein Talent zur Belohnung erhielt. Im dritten Jahre biele 


ee fih in Achen auf, wo ihm bie Stadt hundere Minen 
wierfannte, dann rief ihn Polykrates für ein Jahrgehalt 
yon zwei Talenten an feinen Hof nah Samos. Das dl 


teſte Beiſpiel von. äffentlicher Veſoldung eines Arztes. Nach 


— 


1) Puin. hist nat. LXX. e. IT. p. 205. 12. Dig. Laört. 
£. VII, Segm. 78. 
8) Herodot. 1. HI. &. 131. 





aM 


dem daranf Potpfrates vom Pferſiſchen Satrapen Dere 
tes in Magnefia umgebracht war, machte ihn diefer zum 
Sklaven, erlitt aber bald ein gleiches Schickſal, da er ih 
dem König Darius verdächtig gemacht harte, und fo fam 

es, Daß Domacedes unerkannt und im Elend nad Gar 
des geführt wurde, wo er dem Könige sine von Aegypti⸗ 
ſchen Aerzten ſchlecht behandelte Berrenkung des Fußgelenkz 
ſieben Tage nach der Verlegung heilte, und mit Reichthum 
und Ehre :überhäuft nach eine Zeit lang feine Kunft aus 
kbee. Auch die Gemahlin des Darius, Atoffa, befreite. 


er von einem böfen Bruſtgeſchwuͤr, und erfüllte ganz Aften 


mit dem Rubme feiner Geſchicklichkeit. Ihm hatte deun 
ach vor allen die Sualifhe Schule das große Anfehn zu 
verbanfen, das fie in ganz Griechenland und. hei den Frem⸗ 
den genoß. Denn feitdem er in Aegina und bei Pplys 
rates gewefen war, bielt man die Krotoniaten „allgemein 
für Mio Geften Aerzte, und zog fe felbft nod den Astlepies 
den vor. Nach ihnen die Eyrender, von denen viele “in den 
Pythagoriſchen Orben eingerveiht waren *). Bei Demos 
tedes- war endlich die Vaterlandeliebe mächtiger, als aller 
Auhın und- Glanz in: fremden Landen. . Er fpiegelte dem 
Könige, dem er unentbehrlich geworden war, vor, er fünne 
ihm als Kundfchafter in Griechenland große Dienſte Leiften, 
wurde auch mit Perſiſchen Schiffen nach Italien gefchidt, 


blieb aber-in Kroton, wo er ſich verheirathete und ſeine 


Inge beſchloß *). F 

Etwas ſpaͤter lebte Mbron von Agrigent, ein Zeitge 
noffe des Empodokles. Es ift uns wenig mehr von ihm 
kefannt, als feine Aninaßung, wodurch er Tih Ruf zu ver 


⸗ 





1) Ebend. ce. 13r. 
2) Ebend. e. 125. 129 — 137. 


“mn 


= 


93 


ſchaffen wußte, aber fonft fein ehrenvolles Deukmal 
bar 5). Auf feinen Wanderungen kam er auch nach At 


wö er einer Peſt durch daſſelbe Mittel, wie Empedokles ie 
Agrigent Einhalt cher 9. Wielleidt hat er ſich weniger 
auf‘ theoretifihe Unterſuchungen, als auf Beobachtungen und 


Erfahrungen eingelaffen, weshalb ihn bie Empiriker gem 
ats den Stifter ihrer Schule gelten ließen, um ſich durch 
das höhere Akterthum ihrer Lehre mehr Anſehn zu geben =). 


Doch entftanb dieſe Sekte umter ganz andern Umſtanden, 
wie ſich in der Folge entwickein wird, und wenn Afzom 
auch empisifche Grundfäge befolgt haben mag, fo iſt er des⸗ 
halb noch nicht der Gründer einer Schule, die bis lange nach 


Hippokrates gar nice vorhanden war. : Beine mebick 

‚ntfchen und biätetifchen Schriften Pub bald. verloren 9” 
gangen. 

& 18. 

Anaxagoras. 

Anaragotas nen Klazomene, ber in ber Joniſchen 

‚Schule von feinem Lehrer Anasimenes *) erjogen ıwar, 

und von einigen als Lehrer bes Empebofles genannt 

wird *), neigte zwar ensfihieden zur Joniſchen Philoſophie 

hin, Befolgte aber doch, eine Lehre, bie ſich von ber Eles⸗ 

sifhen und Pythagorifhen und Empeballeifhen und allen 


Abrigen feiner Zeit in wichtigen Eigenthuͤmlichkeiten unters 





1) Diog. Laört. L. VII. p. 65. 
.. .@) Paul deginer.L.U. c. 34 u 
3) Gelen. Intoduer. Plin. Lib.. XL. e. 2. 
4) Eudocis iu Villoison Anecdot. graec. Vol. J. p. 49. 
5) Diog. Laärt. LI. p.6. 
6) @bend. L. VII. p. 56. 






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gebet. Er nahen eimn auendlichen, durch das Weltat 


verbreiteten Stoff an, dee noch ohne finnliche Cigenſchaften 
a Anfang aus unendlich kleinen Theilchen zuſammengeſetzt 
geweſen ſei, die ohne Orbnung untereinandergemifht um 
reinigt. geblichen wären, bis der. göttliche Geiſt oder Die 
Beitſeele, die er, wie es fcheine, wie Thales für Bryer⸗ 
is hielt, die gleichartigen von ben ungleichartigen geſon⸗ 
bet, und aus jenen die verfchichenen Körper gebildet 
habe ). Dies Find mun die Anazagorifhen Homdomerien, 
die wit den feinern Theilen der Elemente des Empebokles 
fo viel Aehnlichkeit haben, daß man denfelben Gedanken 
wiedererkennt. Jeder Körper von gleichem Baur beftebt alſo 
nad) Anaragoras aus unendlich kleinen, fi untereinan⸗ 
ber gleichen Grundkorperchen, bie aber deshalb. einzeln ges 
nommen nicht die Eigenfchaften des Körpers haben, ben fie 
sfummenfesen,, fonders ganz etwas anderes find. In Him 
ft der Elemente felbft fand Anaragoras mic Emper 
bofles febe in Widerſpruch. Diefer hatte alles koͤrperliche 
Sein auf die Elemente: zurädgeführt; Anaragoras lief 
fe ſelbſt nur aus Homaͤomerien entftanden fein *), wiewohl 
e fie, d. 5. nur als die Refultate der Miſchung gleichars 
tier Grundebeilhen, Bei der Bildung zuſammengeſetzter 
Kirper auch ihre Rolle fpielen ließ. Aud nahm er bei der ° 
Bildung der Weltkörper auf die Schwere Rüdfiht. Die 
Erde habe fich, als der ſchwerſte Theil am meiften nad) 
unten geſenkt, das leichtefte Element, das Feuer nehme die 
oberften Gegenden ein, die Luft ſchwebe in- der Mitte, und 
bs Waſſer fei aus gleichem Grunde zwiſchen ihr und ber 


N 


1) End. L. . p.6.8. Cicero Academic, L.IL. c. 37, 
2) Ariatotel. do Cael. L. IH. c. 3; pı 477. ed. da Yall, 


ne. 
Erde :). Die lebenden Körper waͤren "zuerft aus Waſſer, 
Fener und Erde entftanden, dann hätten fie ſich felbft wei! 
ter erzeugt, nnd zwar die männlichen immer auf der rech⸗ 
mn und die weiblichen auf ber. linken Seite?), und zwar 
tm: beiden Geſchlechtern, denn wiemohl eigentlich der Mann 
ben Saamen und das Weib nur den Aufenthaltsort für bie 
Frucht hergebe, fo nehmen doch bie Knaben immer die rechte 
Seite der Gebärmutter und die Mädchen bie linke ein =). 
Diefe Meinung. war ‚ohne Zweifel dem Bolksglauben ent⸗ 
kommen , hat aber noch lange eine wichtige Role gefpielt. 
Seine: übrigen Behauptungen haben weniger Einfluß ge 
hubt, Doch verdient noch eine angeführt zu werden, Die 
der praftifhen Heilkunde näher fleyt. Anaragoras 
glaubte nämlich, alle hitzigen Krankheiten. entftänden von 
der Galle, bie bei größerm Weberfluß in die Lungen, Bie 
Adern nnd das Rippenfell übergehen *). So alt. ik ſchon 
die Meinung von der gallichten Schärfe, die Anaragos 
ras gaviß nur vom gallichten Drennfleber (zaöre) auf die 
| Röntgen hibigen Krankheiten uͤbertrug. 


§. 19. 


Demokritus. 
Höher als feine meiſten philoſophiſchen Zeitgenoffen ftebe 
Demofritus von Abdera, ein Mann von großem weit, 
umfaffendem Geift, der niche einer Wiffenfchaft angehörte, 





n [2 


1) Diog. Laärt. a. 0.D. ©. 8. 

2) Ebend. p.9. \ 
3) Aristot. de generat. anim. L. IV. c. I. p. m. 1114 
4) Ariatot. de part. anim. L. w. c. 2. p. m. 1020, 


8 


0. 
federn das ganze Reid, ber menſchlichen Erkenntniß ermeb 
tert hat Die Denkmäler feines Geiftes find längft unten 

gegangen, und vielleiche ift kein Berluft aus diefer großen 
Seit fo beflagenswerch und unerfeglih. Demokrit wur 
füon fräh von Magiern und Chaldadern in der Iheofighte 
ud Aftrologie unferrichter, denn man "glaubte allgemein, 
fie wären im Beſitz einer befondern Weisheit *); dann wen 
weilte er fange bei Zeucippus, dem Stifter der neuen 
Eleatiſchen Schule, nad einigen auch bei Anaragorag, 
was war allerdings bezweifeln kann, denn. er lebte. mit 
ihm in Uneinigkeit *). Darauf tried ihn feine Wißbé 
gierde in fremde Länder, niche Bloß um ber gepriefenen 
. Weisheit der Prieſter theilbaftig zu werben, fonbern auch, 
un die Natur an den Außerſten Enden der Welt zu beobs 
sten. Lange biele er ſich in Aegypten auf, und drang tief 
' ia Iethlopien ein, dann ging er zu den Perfern und fol 
u mit den Gymnoſophiſten verkehrt haben, ganz nad 
Mthagoras Beifpiel, dert er fo fehr verehrte, daß er ihn in 
der Reinheit feines Wandels ganz zum Muſter nahm, and 
 Maauch in der Art und Weiſe zu denfen und zu ſchreiben 
| fo nachahmte, daß er für einen wahren Pythagoräer "hätte 
| gelten kͤnnen ?). Nach Abdera zuruͤckgekehrt, lebte er ſtill 
and eingezogen bloß feinen Unterſuchungen, die er mit uns 
chlaſigem Fleiße bis an fein fpätes Ende fortfegte, wovon 
die große Zahl feiner im Alterchum fehr berühmten Schrifs 





| ı) XRerxes foll auf feinem Zuge nad Griechenland bel ſel⸗ 
mm Bater gewohnt, und ihm dieſe Lehrer zuruͤckgelaſſen haben. 


Ä \ 2). Diög. Laört. L, IX, 8, 34. Er war viergig Jahr jünger 
| WM Unaragoras. - 


3) Ebends 8, 38. 


— 


eo | — 

| en. den befien Beweis abgiebt *). Unter ihnen ſind 
zwanzig Aber Naturlehre und fieben Aber Arzneikunde, 
sen aufbehaltene Titel *) ihren Werluft nur noch mehr 


dauern laffen. : Auch war er ‚nicht bloß Zheoretifer, wie Die 
meiften Philoſophen feiner Zeit, fondern wußte gewiß ſei⸗ 


nen Anſichten durch anhaltende Beobachtung der Natur, 


und beſonders duch fleißige Zergliederung der Thiere 
dauerhaftern Werth zu geben *). Bekannt iſt die Erzah⸗ 


kung, daß ihn Hippokrates auf Veranlaſſung der Abde⸗ 


riten, bie ihn. fe wahnſinnig hielten, in feiner Einſamkeit 
Befucht und mit Unterfuchungen dieſer Arc befchäftige gefun⸗ 






den babe. Sie bat an fich nichts Unglaubliches, da Zeit 


und Ort ganz übereinftimmen. Denn Hippokrates war 


' Bei der Nähe feines Wohnortes Thahus gewiß fehr oft 


in Abdera. Bei diefer Zufammenkunft erfannıte Demos 
krit bei.einem Mädchen eine ihr unguͤnſtige Veraͤnderung 
aus ber leichten Anſchwellung des Halſes, einem Zeichen, 
das man Überhaupt im Alterthum mehr beachtet zu haben 
ſcheint ). Sonft werden nun noch mehrere Wunderge⸗ 
fihichten von ibm erzäble, die des Anführens kaum 
wereh find, aber die herabſetzenden Urtheile fo vieler über 

. dies 





1) Man erzählt ſelbſi, er Habe ſich Im ber letzten Seit feines 
Lebens durch Blendung vermittelt eines glänzenden Schlldes, dem 
er gegen die. Sonne geflelit, de Gehvermögens beraubt, um feinem. 
Betrachtungen deßo ungeſtoͤrter noqbangen zu konnen. Gell. Noct. 
Atue. L.X. c. 17. 


2) Ebend. ©. 46 . 


3) Ueber bie Anatomie bes Chamäleon on er nach Ylinius 
din elgenes Buch gefchrieben haben. Hier. mar. L, XXVUI. e.-8. 
' Tom. U. p. 462. 2. 


4) Casull. Epithalam. Pelei et Thetidos. v. 357. 


. 


9% 


diefen großen Maturforfcher hinreichend erklaͤrn. Gewiß 
Beben fich aber Schriftſteller durch Leichtgläubigkeit und 
keichtfinniges Nacherzaͤhlen derfelben feinen guten Lande 
leuten gleichgeftelle, deuen er fie aufgebärbdet Daben mag '). 
So viel ift indeflen ans dem Zeugnig mehr -glauktwärdiger 
Männer flar, daß feine Naturfunde nicht ganz vom Bun 
derbaren frei gewefen fei. Ein großer Manır fann fi nie 
mals von den Borurtheilen feiner Zeit ganz losfagen, und 
fo ifi es au dem Demofrit leichs zu verzeihen, wenn er 
die Folgen feines früheften Unterrichts nicht_ganz verwinden, 
und das Veifpiel feiner Vorfahren und Zeitgenoffen nich 
ganz verlafften konnte. Spätere Schriftfteller, beſonders 
Theoſophen und Alchymiſten haben feinen Namen oft be 
must, um ihren Büchern eine beſſere Empfehlung mitzuge, 
ben. Das Alterthbum, bas fich überhaupt leicht‘ täufchen 
ließ, konnte das Aechte vom Untergeſchobenen nicht unters 
ſcheiden, und daher kam die unglaublide Verwirrung, die 
ben GSefchichtforfcher in ein wahres Labyrinth führe. So 
viel geht indeffen aus einzelnen Bruchſtuͤcken hervor, daß 
ee auch in der Pflangenkunde bedeutende Kenntniffe gehabt 
haben mag, auch fol er fih mit Berfuchen über die Wirs 
fung von Pflanzenftoffen auf mineralifche Kärper befchäftigt, 
und fünftlihe Smaragde verfertigt haben *). In der Wafs 
ſerſcheu rieth er nad) einem fpäteren Schriftſteller >), bie 

12) Gellius vertheidigt ihn (Noct. Attic. L.X. c. 10.) mit 
befferem Grund, als ihn viele andere verurtheilen. 

3) Senec. Epist. XC. 33. p. m. 155. ed. Ruhkopf. Iſt biefe 
Nachricht nicht aus einem fpätern alchymiſtiſchen Buche, fo würde 
fie beweifen,, daß Demokrit darin den Aegyptlern nacdhgeabmt bat, 
bie im derfelben Kunft erfahren waren. 

3) Cael. Aurellan, Acat. L. Il. c. 232. ed Ammann. Vergl. 
Hecker über das fruͤheſte Vorkommen der Waſſerſchen, in Gräfe's 

L | & u 





98 Ä 
Kranken eine Abfochung von Origanum aus einem kugel⸗ 
förmigen Gefaͤß mit einer Pleinen Mündung trinken zu laſ⸗ 
fen, damit ihnen der Anblick der Fluͤſſigkeit entzogen wuͤrde, 
und bielt diefe Krankheit ſelbſt für eine Entzündung. Ein: 
zelheiten biefer Art Eönnten leicht noch mehrere angeführte 
werden, doch kommt es bier weniger darauf, als auf die 
naturpbifofophifche Lehre des Democritus an, bie auf 
die fpätere Arzneikunde einen "mächtigen Einflug ausgeäbs, 
und ſich in meit verbreiteten Schulen mehrmals wiederholt 
Bat: Es war die berühmte atomiftifhe. Vor Erfhaffung 
der Welt war ein unendlicher Teerer Raum, und in ihm 

ſchwebten von Ewigkeit her die Uranfänge alles Körpers 

hen, unendlich Heine untheilbare Grundkörper, (Atome) 
bie ſich nad einer Richtung bewegten 5). Sie find im 
ihrer Geftalt unendlich verfchieden, einige glatt, „andere 
rauh, noch andere rund, winklicht, zugefpist, gekruͤmmt 
u. ſ. w. ®), haben aber an ſich nicht die Eigenſchaften wirk⸗ 
licher fefter Körper, ſondern erhalten ſie nur durch ihr Zur 
fammentreten °). Die Atome und ber leere Raum machen 
jufammen den Gegenfaß des Seimben und nicht Geier 

ben *), von der unenblich verfchiedenen Geftalt der Atome 
aber ift die Verſchiedenheit der wirklichen Körper abhängig, 





Soumal für Chirurgie %. 2». 2 ‚et 2. — Ob ſich indeſſen Au⸗ 
relian's Zeugniß nicht auf eine untergeſchobene Schrift dezicht, 
muß dahin geſtellt bleiben. Bel Diogenes findet ſich Peine von die⸗ 


ſem Inhalt. 

1) Diog. Laërt. L. X. 8. 31. Arist. de coel. L.L e. 7. p. 441. 
E. — Nat. auscult. LLe2p.316 

3) Cic. Nat. door. L,L.c. 24. 
\ 3) drist. do coel. L. II. c. 4. p. 478. D. 

4) rist. Metaph.2.L c. 4. 


mn — — — — — — — 


2 


denn biefe werden nur daraus durch ein gewiſſes - zufälliges 
Zufammentreten gebildet *). Die Kraft, bie alles dies ber 
wirft, ift die alte Eleatifhe Nothwendigkeit, deren Wirk: 
famfeit indeſſen Seucippus und Democritus nit fo 
gewann dargeftellt zu haben fcheinen, wie ihre Borgänger in 
der älteren Eleatiſchen Schule. Der Begriff der Gottheit 
trat dabei überhaupt ganz in den Hintergrund; und ift die 
Befhuldigung einer großen Unbeftändigkeit, die dem Des 
mofrit von einem Spätern gemacht wird, gegründet, fo 
nahm er bald die menſchliche Vernunft dafür, (wahrſchein⸗ 
lich nach Pythagoriſchen Grundfägen, die fie für einen Aus 
fluß der göttlichen erklärten) bald die Bilder (wre) der 
Dinge, bald die Natur, die die Bilder ausgieft und zu⸗ 
ſchickt 2). Jeder Körper nämlich ſendet feine feinften Atome 
aus, bie das Urbtld feiner Geftalt zufammenfeßen, und 
Aberall umherſchweben. Sie gelangen auf dieſe Weiſe auch 
za unfern Sinnen, und find allein Sie Vermittler der ſinn⸗ 
lichen Wahrnehmung; denn wir ſehen z. B. nicht den dan 
gebotenen Körper felbft, fondern nur das von ihm abge 
laſte und vermittelft ber Augen von unferm Geiſt aufge 
faßte Bild deſſelben %). Nun wurden aud) die @lemente 
mit zu Huͤlfe genommen, aber wie es feheint, ihnen nur 
eine untergeordnete Rolle zuertheilt; denn waren die Atome 
die Uranfänge aller Dinge, fo war der Begriff von eigent: 
lichen Elementen verfhwunden, und man erfannte dieſe 
wer als nähere Beſtandtheile ber Körper, bie: nur der 
Veränderung meniger unterworfen wären *). Aber Bei 





x) Cic. deFin.LLe. 6. \ 
8, Cie. ‚de Nat, deor. L IL e. ta. 

&)_ Sext. Empiric. advors. Logie. L I. $. 116. 117. 
4) Dig. Löärt. 1. IX. 8. 44. | 


_— 


&2 





⸗ — 


100 


der ſinnlichen Wahrnehmung kommen ſie vorzuͤglich mit in 
Betracht, und aus der Elementarverwandtſchaft wurde das 
eigentliche Empfinden des durch die Sinne Aufgenommenen 
erklaͤrt. Die Idole der Körper, die zum Sehen geeignet find, 
haben eine wäfferichte Natur, und vereinigen fi) deshalb 


mit dem Waffer des Auges *), woburd die Seele die Bil 


— 


der auffaßt, die hoͤrbaren Theile find luſtiger Art, und 
verbinden ſich mit der im Ohr enthaltenen Luft *). Dieſe 
Anficht war nun ganz mechanifch, und wollten ihre Urber 


. ber folgerecht bleiben, fo durften fie auch da, wo es. bereits 


von anderen‘ Naturphilofophen gefcheben war,/keine Kräfte 
anerfennen, fondern es mußten ihnen biefe nur als Wir 


kungen mathematifher und mechanifcher Cigenfchaften der 


Grundförperhen gelten. So Eonnte alfo auch die Seele 
als etwas rein Kürperlofes nah Demokrit nicht befte- 
ben, ſondern mußte, ıvie alles Seiende, aus Atomen zus - 
ſammengeſetzt fein, ſo Daß Denffraft und alle übrigen Aeu⸗ 
Ferungen ihrer Thaͤtigkeit nur als Folgen der Örundeigens 
fhaften und der nothwendigen Bewegung der Atome aus 
gefehen wurden *). Danach fiel auch der Unterfchied zwi⸗ 
ſchen den niederen und höheren Seelenkraͤften (Yoxa, ses) 
ganz weg, und alles Geiftige im Menfchen war nur Eins. , 


. Daraus ergad. fich ferner die Demokritiſche Worftellung von 
den Träumen, dem Schlaf und dem Zobe. Träume find 


die fortgefeßten Bewegungen der Seele, die durch die Ein: 
flöffe ber Idole erregt find, Schlaf und Ohnmacht, das 
einftweilige Ausfegen, und der Tod das gänzlihe Aufhören 





‚ı) Plutarch. de plac. phil, L. IV. e..13. — Artist. de sens. et 
sensil. c, 2:p. 664. C. | 


2) Pluarch. & a. D. c. 19.. 
3) Diog. Ladrt. L. IX. 8. 44. 


— 


101 
berfelben ')‘ Bor allem war aber Demokrits Anfiht 
vom Geſchmack mechanifh. Die Verſchiedenheit deffelben 
hängt nur von der Geftale der Grundförperhen ab, fie 
find Bei füßen Dingen und, ‘bei fauern haben fte fpiße 
Binfel u. ſ. w. *) Sin feiner Lehre vom Athmen Elagt 
man ihn der Mangelbaftigfeit an, und es ift nicht anders 
möglich, als daß die mechanifche Anſicht Einfeitigfeiten - bes 
wirfe. Für nothwendig hielt er es deshalb, weil es das 
Austreten der Seele aus dem Körper verhindere, denn in 
der Luft fei eine große Menge der Stoffe enthalten, woraus 


bie Seele beſtehe, und durch Anziehen derfelben- erhalte diefe | 


von Zeit zu Zeit ihre Kraft wieder, die eben fo oft durch 


die Bemühungen des. Körpers fie. hinauszudrängen verrüw 
gert werbe. So war ihm alfo das Achmen nichts, als eine - 


fortgeſetzte Nahrung der aus Atomen beftehenden Seele 
durch gleiche Atome. Gelaͤnge es dem Koͤrper endlich, fie 


ganz hinauszudraͤngen, fo muͤſſe der Tod erfolgen. Dies 


ſcheint denn auch die eigentliche Demokritiſche Erklaͤrung 
des Todes geweſen zu fein >). Verſuche, Die Erzeugung zu 
erklaͤren, finden fi) mehrere. Der Saame kommt aus dem 
ganzen Körper *),. und nicht vom Manne allein, fondern 
von beiden Geſchlechtern, je nachdem aber der männliche 
oder weibliche übernflegt, fo entftehen entiweder Knaben oder 
Mädchen °). Die dußern Theile der Frucht werden zuerft 
gebildet, und erft wenn fie fertig find, kommt es an bie 


1)- Theophrast, Caus. plant. L. IV. c. .— — Aristot. de divinar. 
per somn. c.2.9.699.B. ' 


2) Ebend.. L. V.c. a. 

3) Artist, de respirat. c. 4. p. 720. 

4) Piuarch. pbil. plac. L. V.e3. 

5 ) 4ristot. de generat. anim, L. IV. c. I. p. 1114. D. 


% 


1 

102 | 
innern *). Mißgeburten entſtehen bei zu oft wiederholten 
Beiſchlaf durch Vermiſchung des ſpaͤtern Saamens mit dem 
frähern *). Die Frucht bleibt deswegen fo lange in Der 
Mutter, bamit ihre Theile nach ihrem Ebenbilde ſich fors 
men können *). Das Kind erhalte in der Gebärmutter 
feine Nahrung durch Saugen an marzenförmigen Hervor⸗ 
ftehungen, und fauge auch deshalb gleih nah ber Ger 
burt *). Die Anfiht von der Unftuchtbarfeice der Maul⸗ 
' ' efel hat Ariftoreles vielleicht: nicht richtig dargeſtellt. Wie 
| es fcheint, fo wird der Mangel an Uebereinſtimmung der 
Atome des beiderfeitigen Saamens und ihrer leeren Zwi⸗ 
fepenräume als. Urſach angegeben °). Die Meinung über 
"das Entſtehen neuer und peftartiger Krankheiten war ſinn⸗ 
reich, aber fehr gewagt. Demokrit glaubte nämlich, bei 
ber Auflöfung entfernter Weltkörper in ihre Grundtheilchen, 
fentten fi) Atome auf die Erde herab, und bemwirkten ber 
gleichen Uebel vermöge ihrer Feindfchaft gegen die menfchliche 
Matür *%) Demokrit hatte nur einen Schüler, Diagos 
_ Fas von Melos ”), der fih mehr durch feinen Unglauben 
an die Götter einen Namen gemacht hat *)., Doc übte er 
auch die Arzneikunſt aus, menigftens finden wir bemerft, 
daß er den Gebrauch des Dpiums In Ohrenkrankheiten und 





1) Ebend. L. I. e. 4. p. röße. B. 
2) Ebend. L.IV.c.4. init 
3) &bend. L. IL c. 4. p. 1082. D. 
4) Plutarch. plac. phil. L. V. c. 16. 
5)  Aristot. de generat. anim L. IL c. 8. p. 102. B. 
6) Plutarch. Symposisc. L VIII, Q. 9. | 
7) Nah Suidas. 
— 8) Cicero de Nat. deor. LLe13. 


— 


103 
Angenentzändbungen für nachtheilig gehalten hat, weil es Ab⸗ 
fumpfung und Berminderung der‘ Sinneskraft bewirke "). 
Wahrſcheinlich ift er auch derfelbe, der von Aetius als Er⸗ 
finder einesiE ollyriums angefuͤhrt wird *). 


IT 
§. 20. 


Heraklitus. 

Heraklits Naturphiloſophie war von ber Demokri⸗ 
tiſchen ganz verſchieden, und verdient wenigſtens in ihren \ 
einfachften Grundzuͤgen angeführt zu werden, weil auch fie 
einigen Einfluß auf die fpätere Enrmwidelung der Naturmif: 
fenfihaften gehabt bat. Heraflitus von Ephefus war ein 
Mann ohne alle Erfahrung in der Natur, und das aͤlteſte 
Deifpiel einer zahlreichen Menge von Nachfolgeen, die ſich 
zu allen Zeiten mit dem Schöpfer felbft in einen Wettſtreit 
einzulaffen wagten. Der befte Beweis feiner Anmaßung ift 
fein Wahlſpruch: Vielwiſſen belehrt den Geift nicht °). Er 
ſel feinen Lehrer gehört, und ſich gerühmt haben, er ber 
fäße alle feine Kenntniß nur dub ſich ſelbſt. Sonſt fagt 
man, er fei der Schhler des Kenophanes geweſen, was 
nicht ganz unwahrſcheinlich it, denn die Aehulichkeit feiner 
Lehre mit der Altern Eleatiſchen läge ſich ‚nicht ganz vers 
fomen. Nun ift es bei jener Denfungsart nicht zu ver⸗ 
wundern, wenn er fein beruͤhmtes und zu feiner Zeit viel 
gelefenes Buch von der Natur in ben bunfelften und ver: 
worrenſten Ausdräden abfafte, die felbft den größten Philoſo⸗ 
phen unverftändlich geblieben find. Ein Geift, der es für Aber: 
fläffig hält, die Natur zu befragen, - wetedt ſich am Ende 


ı) Dioscorid. L. IV. e. 66. 
2) Tetrabl. VII. c. 108, . 
3) Derouadig voor os ;  Diog. Laört.L.1X. 8. ı. 


‚104, 


ſelbſt nicht, und muß nothwendig auf die gefährlichfterr Ab⸗ 
wege gerathen. Das einzige Element, woraus alles Be 
ftebt, war nach Heraklit das Feuer, nur feine verſchie⸗ 
„bene Dichtigkeit begründe Ben Unterfchied der Nasueförper. 
Alles Beſtehende löfe ſich bei feinem Untergange wieber in 
Feuer auf *). Ohne die Abrigen Elemente Eonnte ſich Mer 
raklit nicht behelfen, fie entftanden ihm aber alle aus dem 
‚Beuer, und waren nur aus den verfchiedenen Graden feis 
ner Verdichtung hervorgegangen. Aus dem Feuer unmittel 
Bar die Luft, daraus das Waffer, und endlih aus dem 
Maffer. die Erde 2). Alles werde durch. Bas Schickſal rer 
giert, das ſich durch zwei entgegengefegte Kräfte Außere, 
den Krieg, (woraus, To) ber das Verſchiedenartige vereis 
nige und aller Erzeugung ‚vorftehe, und die Eintracht, _ 
“(ouereyin, slenın) die die Körper zerſtoͤre und alles wieder 
in Feuer auflöfe ). Ganz die Elentifchen Grunbfäge, 
nur mit Vertaufchung der Namen. Bon der Erde finde 
wieder eine rädgängige VBeränderung Statt, aus ihr ent 
ftänden fiäffige, und aus biefen wieder luftige Körper u. 
f. w. In der ganzen Welt fei eine immerwährende Bewer 
gung, wodurch ſich alles verändert. Überall ſchweben Geis 
‚fteer und Dämonen *), die aus der feinften Berdunftung 
des Feuers entſtehen, und von allen Dingen in der Welt 
am wenigften Förperlich find 5), aber ganz förperlos fonns 
ten fte nach dem Grundbegriff diefer Lehre nicht vorgeftellt 





r) Ebend. 7. 3. 9. 
a) Ebend. g. Pluarch, ‚plac. phil. L.1.c.3. - 
3) Ebend. 8. 
4) Ebd. 7. . 
u 5) Aristotel. de anime. L. I. c. 2. p. 620. E. 


— — — — — — 





105 
werden. Die Weltſeele bat ihren Sitz in ber Luft, die 
menfchliche ift -nur ein Ausfluß derfelben, und empfängt 
ihre Nahrung durch das Athmen. Ob fie vernünftiger oder 
unvermänftiger ift, hänge nur davon ab, ob fie ſich der 
feurigen Natur der Weltſeele mehr nähert , oder durch die 
wäflerigen Ausdünftungen des Körpers mehr verunreinigt 
wird. Im Schlaf ift fie außer Verbindung mit der Welt 
rede u. ſ. w.). Heraklit hatte eine Anzahl Anhänger, 
die ſich nach ihm benannten, ihre Schule aber nicht lange 
behauptet base. 


G. 21. 

Schlußfolgen. 
Dies waren nun die erſten Verſuche in der Naturphi⸗ 
loſophie, in ihrer Verbindung mit der Arzneikunde. Wir⸗ 
finden derin einige Grundideen, die dem menſchlichen Geifte 
natuͤrlich und angeboren zu fein fcheinen, und ſpaͤterhin 
im Glanze der übrigen Wiflenfchaften gepfiegt und ausge 
bilder, berühmtere Lehren veranlaft haben. Das mechani⸗ 
fhe und chemifche Prinzip waltete faft durchgaͤngig durch 
diefe alten ehrwärdigen Lehrgebäude, das dynamifche war 
bier und da angegeben, nirgends aber folgerecht durchge⸗ 
führt, und faft durchgaͤngig mit andern mehr materiellen 
Rüdfihten vereinigt. infeitig find dieſe Lehren alle zu 
nennen, es wäre indeffen ungerecht, bei mangelnder Beob⸗ 
achtung mehr Vollkommenheit von ihnen verlangen zu wollen, 
Wie wenig oder wie viel aber auch geleiftet war, fo zeigte 
doch die Philsfophie ſchon in ihrer Kindheit das Beſtreben, 
fih zur Herrſcherin der Naturwiſſenſchaft aufzuwerfen, und 





1) -J. M. Gefsner, de animabus-Heraeliti. Comment. soc. Got- j 
ung. T. 1 p. 75- 


= 


—i 


a 


106 
man konnte fih nicht überzeugen, baß die Philpfopbie 


yon der Natur, und nicht die Natur von der Phi 


lofopbie zu lernen bat. Wäre bie Arzneifunde fort: 


‚ während nad .diefen Philofophieen bearbeitet worden, fe 


rbäre fie eben fo einfeitig geworden, als dieſe ihre Beſchuͤtzer⸗ 
innen; aber der Gang ber menfhlihen Bildung harte num 
fhön ein anderes Gebeihen biefer Pflegerim des höchften ir⸗ 
difhen Gutes vorbereitet, und in ben Aesculapstempeln 
hatte fih die Erfahrung den philoſophiſchen Schulen ents 
gegengeſtellt. So hatte nun ſchon ber große Kampf begons 
nen, ber durch alle Jahrhunderte fortdauern follte, des 
willkuͤhrlichen frei beftimmenden Geiſtes, und ber Erfah⸗ 
rung, der treuen Dienerin der Natur. Beide ſollen Hand 
in Hand gehen: Die Vermuthung muß ber vorhandenen 
Kenntniß oft vorgreifen, die Wahrheit wird dadurch fruͤher 
und ſicherer aufgefunden, aber ſie muß immer untergeord⸗ 
net ſein, und die Erfahrungskenntniß der mächtigere Theil 
bleiben; befommt fie das Uebergewicht, fo erbrädt fie die 
mahre Grundlage des Wiſſens, und verdirbt Die Maturmwif 
fenfchaften,, wie es auch bier fchon  theilmeife der Fall war. 
Die Uebertreibung bringe aber nur der Gegenwart Nach⸗ 
theil, für die Zukunft zeige fie den richtigen Weg, und 
lehrt bie begangenen Fehler vermeiden. Wie dies aber auch 


. fei, fo bat es docdh* bie Nachwelt der alten griechifchen Phi⸗ 


loſophie zu danken, daß ſie die Arzneikunſt der Macht des 
Aberglaubens entriß, und ſie zu der würdigen Stelle er: 
Bob, die fie bald nachher einnahm. 


| 107 
Vierter Abſchnitt. 
Gymnaſtiſche Medicin der Griechen. 


&. 22. 

Entkebung derſelben. 

Nun wirkte aber noch eine Urſach in Griechenland fuͤr 

bie Erweiterung der Medicin wohlthätig, und veranlaßte 
mandye nügliche Erfindung, die Uebung des Köupers in dem 
Sampffhulen, die vom früheften Alterthum an mit bem 
Volksleben unzertrennlich verbunden war. Die Häufigkeit 
der Berlegungen mußte bald auf Mittel dagegen denken 
Iffen, und fo fam es denn, baf bie Borfteher diefer Aw - 
ſtalten fih in den Beſitz chirurgifcher Kenntniſſe festen, und 
auch die Diaͤtetik einen nicht ummichtigen Theil ihres Wiſ⸗ 
ſens ausmachte. Die oberſte Aufſicht in den Gymnaſien 


führte der Gymnaſiarch, ihm untergeordnet war der Xy⸗ 


harhus °), der mehreren Kampfübungen vorftand; dann 
folgten die Gymnaſten, (yunrasaı, syısnas, deruaras) Denen 
de Anordnung der Uebungen nach den Kräften und ber 
Gefandheit der Einzelnen oblag, und deren Beruf es vor 
wugsweife war, vorkommende Krankheiten und Verletzun⸗ 
gen zu heilen, weshalb man fie auch Aerzte nannte. 
Gr ordneten zugleich das Einfalben ſowohl vor den Kampf 
äbungen, als beim Baden an, (denn Bäder maren mit ben 
Öpmnafien verbunden) ein Gefchäft, das menigftens in ben 
fpätern Zeiten viel Kenntniß und Geſchicklichkeit erforberte, 
indem diefer Zweig der Diatetik ſehr verfeinert‘ war, und 
man in allen ©tänden fehr viel darauf biele. Man nannte 
_ . 


1) Bei Züppoerates VI. enidem. VIE. 89. ——— — — — 
genannt. | 


108 . 

fie deshalb auch Alipten (“Aura urgwuirra, aliptae) 
wiervohl diefer Mame auch von den Sklaven vorfommt, Die 
das Einſalben felbft beſorgten. Ohne Zweifel ift diefer 
ganze Theil der Pflege des gefunden Körpers’ von den Ae⸗ 
gyptiern zu den Griechen ‚hinhbergefommen, bei denen ein 
Pythagoras mit dem Zunamen Aliptes, ein jüngerer 


Zeitgenoſſe des Philofophen *), ſich das Verdienſt feiner alle 


gemeineren Einführung erworben zu haben feine. Offenbar 
geht es auch auf diefen Pythagoras, wenn man den 
Philoſophen für den Erfinder “einer beffern Diät der Achles 
sen ausgiebt *). Die Päbdotriben (wasdergiau;) waren Die 
Lehrer einzelner Kampfübungen,. (hießen z. B. beim Ballfchla- 
gen Sphaeristici) verrichteten übrigens nur die gewoͤhnlichen 
Dienfte, und Blieben als bloße Diener und KHandlanger 
von der Ausübung medicinifcher Fertigkeiten entfernt; eben 
To die Sklaven, die ihre Namen auch nach den verfchiedes 
nen Gefchäften erhielten, wozu man fie brauchte °). 

Wie nun aber die Leibesübungen Volksſache waren, 
und ſich den Gymnaſten viele Gelegenheit darbot, ſich Aber 
das Altäglihe ihrer Beftimmung zu erheben, und durch 
Bereblung ihrer Kunft ihr Anfehn zu befördern, fo warfen 
. fi mehrere Gymnaſten zu wirflihen Aerzten auf. Sie 
behandelten nicht mehr ausfchließlih Werrenfungen und 
Beinbruͤche, -fondern machten auch andere Kranke ihrer 
Wohlthaten theilhaftig. Was fie für ein Heilverfahren be 





1) Fabric, Bibliothec, Graec, Lib. U. c. 3. p. 516. 

2) Diog. Laört. L. VII. 

3) Wergl. Hieronym. Mercurial. de Arte Gymnastica L. VI. 
Vener. 1601. 4. (Hierüber Inöbef. LI. c. 12.) Schulze "Diss. de 
"Athletis veterum, eorum diaeta et habitu. Halaa Magd, 1717. 4. — 
Histor. med. p. 186. u. a. m. , 


u 


- 10 
hl haben, laͤßt ſtch leicht erachten. Zeder halt fein eigen 
Sen und feine GertigEfeit für des Wichtigſte in der Kunf 
J hurbeitet , und fo ging es auch diefen Fecht⸗ un 
Kgmeifen: Sie erfanden eine gymnaſtiſche Heilkunde. 


§. 23. 


Icons und Prodiens. 

Jecus von &Zare,nt bearbeitete befonders die Di 
wie, vnd empfahl durch fein eigenes Deifpiel die äuferf 
Miiaket urid Enthaltſamkeit, da die Achleten: vor ur 
nad) ihm durch Weberlabung des Körpers mit nabrhaft 
Speifen ihre Kräfte zu vermehren ſuchten. Er blieb fell 
Bis an fein Ende ebelos, um feine Kräfte auf keinerl 
Befe zu verfhrwenpen , ſcheint aber Übrigens keine befkims 
ten Krankheiten mit feiner Gymnaſtik behandelt zu babe 

Sonft war er auch noch Sophift "), wie i 
Hervdicus oder Prodicus von Selymbria, b 
woh einen Schritt weiter ging, indem er felbft hitzi 
Sxcontbeiten durd) Leibesübungen behandelte. Diefer Gyr 
naf oder Gymnaſiarch ift etwas jünger als Iccus, leb 
| zu Athen, und mar Zeitgenoffe des Plato. Ihn Bi 
| man für den eigentliden Crfinder der gumnaftifchen M 
| dicin , der er nur eine unerhörte Ausdehnung gab. Fiebe 
| kranke mußten die Ringuͤbungen mitmachen, laufen, Fußreif 
unternehmen, ja fie wurden felbr im das trockne Schw: 
bad geſchickt 2), wenn das gewöhnliche Mittel, eine Fr 
reife von Athen nah Megara, und ohne auszuruhen w 
der zuruͤck ?), nicht auſchlug. So viel vermag das Bi 





ı) Plat. Protsgor. p. 100. ed. Bip. 
2) Hipp. Epid. VI. p. 805. 54. 
3) Plat. Phaedr. init. p. m. agi. 


110 


urtheil, und fo wenig Fonnte ſich diefer Gymnaſt einen 
Begriff von einer Kunft machen, bie über feinen Alltagsbes 
ruf weit hinausging. Zunaͤchſt forderte ihn fein eigenes 
Beifptel zu diefer Webertreibung auf, denn er felbft Harte 
feine frühe Kraͤnklichkeit durch Leibeshibung Äberwunden *). 

Befondere gumnaftifche Aerzte gab es nun jwar nach 
Herodicus nicht mehr, aber man fehäßte von nun an Die 
Gymnaſtik als ein vortreffliches Huͤlfsmittel der Heilkunſt, 
und Leibesäbungen wurden von ben Aerzten im ganzen Als 
terchum empfohlen. Zunaͤchſt wurde aber auch ein Theil 
ber Rranten, die bisher zu den Tempeln geftrömt waren, 
in die Gymnaſien «abgeleitet *),. und die Asflepiaden ſahen 
ih auch von biefer Seite genöthigt, bie bisherige Art, 
ihre Kunſt auszuüben, mehr dem Bebürfniß der Reit anzu⸗ 
eignen. In der Folge würden die Gymnaſien die Schulen, 
einfeitiger Chirurgen und mebicinifcher Handlanger ohne 
wiffenfchaftliche Bildung, die bei dem ehrenvollen Namen 
von Aerzten, ben man ihnen zugeftand, einen höhern Rang 
in der Geſellſchaft einzunehmen fuchten, als ihnen zufam. 
Es waren die Bader des Alterchums, eine Schaar von 
Sklaven und Freigelaffenen, die bei ihrer Bereitwilligkeit 
zu dienen ber Heilkunſt nicht felten Unehre und Verachtung 
gebracht haben ?). 





. x) Plat. Politic, L. UL‘ 
2) Pln. Hietor. nat. L. XXIX, c. I. p. 493. 20. 


3) Bier. Bernegan Excursio in Antiquitates ad Serri. mediei 
apud Graecos et Romanos conditionem ersendam, Praes, Schuise. 
Halao 1733. 4. 


_ 


== — — r — — — — — — —— — — —— — — — — — — — —— 
— N — — — — * 


111 


Bünfter Abſqhnitt. 
Wiſſenſchaftliche Begruͤndung der Heilkunde durch 
Hippokrates. 


SM. 
Hippokrates Lebensgeſchichte. 

Nun gab es alſo in Griechenland drei verſchledene Ar; 
ten von Aerzten: Priefter in den Tempeln, Philoſophen 
und Ggnmeften, Die alle auf verſchiedene Weiſe zu iheer 
Kenornif gelangt waren, aber: fchon anfingen, ihr Wiſſen 
und ihre Geſchicklichkeit gegenſeitig auszutanfhen. Die 
Prieſter bewahrten Die beſte und ſecherſte Grundlage ber 
Armeiwiſſenſchaft, die PHilofophen bauten Theorien, bie 
Gymnaften bearbeiteten die Chirurgie und Diäsetif, und 
eine große Menge Quackſalber gaben wenigftens gebildeten 
Aernten Gelegenheit, die Wirkſamkeit vieler Heilmittel rich⸗ 
tig zu würdigen. Die Bedingungen zur weitern Ausbil 
dung der Arzneifunft waren daber alle gegeben, um fo mehr, 
da der hohe Stand ber Übrigen Künfte und Wiffenfchaften 
fe zu erfordern ſchien, und es bedurfte jeht nur eines gras 
hen Geiftes, der der Würde feines Derufes fich bewußt, dem 
Lordandenen Geftalt gab, und das Geinige hinzufägte ‚fo 
efbien bie Erhalterin des Menfchenmwohls in ihrem wahr 
ren unvergänglichen Glanze. Die Borfehung, die über das 
Vehl der Menfhen wacht, verfagte ihnen biefe Wehlchat 
niät, und ließ, gerade wie es darauf ankam, der Arzneb 
fande ihre fefteren Grundpfeiler zu geben, einen Mann ger 
Weg werden, der feines- Gleichen niche wieder gehabt bat. 
% war Hippofrates von Ras, aus einer alten 
Prieſterfamilie, die ihre Herkunft vaterlicher Seite von 
Jesculap, und möütterliher von Herakles able ' 


— 


m 


- tete")... Geboren 460 u. Chr. wurde er ſchon frä von 
feinem Water Meraflides in den erblihen Kenntniffen 
der Asklepiaden unterrichtet *), und verließ dann: fein Ba: 
terland nah dem Tode feiner Xeltern, um feine Bilbung 
vielfeitiger zu machen. So gend er, wahrfheinlid zu 
Athen, ben Unterricht des Herodicus von GSelymbria 
in der (gymnaſtiſchen) Medien, und des Berähmtn Gor- 
gias von Leontium, in ber PHilöfophie und RHetorif. 
Auch Demokritus wird als ſein Lehrer genannt, doch 
verliert dieſe Angabe alle Wahrſcheinlichkeit, ba ſich nach 
glaubwuͤrdigern Nachrichten beide Männer erſt im ſpaͤtern 
Alter kennen gelernt haben, und ſich in den aͤcht Hippo⸗ 
kratiſchen Schriften auch nicht eine Spur Demokritiſcher 
Naturphilofophie vorfindee. Eben fo wenig fann Hera⸗ 


tlitus von Epheſus für einen t Sehrer des Hippokrates 
gel—⸗ 





1) Die Nachrichten, die uns das Alterfhum vom Leben des 
Hippofrates giebt, find Außerfi ſchwankend und unficher- Wir 
befigen Peine einzige gute Lebensgefchichte diefes großen Arztes, der 
von feinen Zeitgenoffen zwar immer mit vielem Lobe, aber nur 
Im Borbeigeben erwähnt wird. Die Angaben der fpätern Zelt 
find fo mit offenbaren Unwahrheiten verwedt, daß auch das Wahr: 
ſcheinliche an Blaubwärdigkelt verlieren muß, und man das Ber 
fireben nur an deutlich erfennt, das Fehlende mit willführlicgen 
Erdichtungen zu erfeßen. Die einzige fehr mittelmäßige Lebensbe- 
ſchrelbung des Hippofrates I von einem Unbefannten aus ben 
Wen des Methodikers Goranus entiehnt, und trägt ſehr 
deutliche Spuren der Verſtuͤmmelung: Hippoeratis Genus er Vire, 
secundum Sotanum. Ed. Lind. Tom. H. p. 951. — Fo&s. Sect. VIII 
32. 1297. Über auch Soranus konnte fo viele Jahrhunderte 
—* nur Bruchläde liefern, oder Erdichtungen nacherzaͤhlen. 

da ſchon Lange keine ſicheren Quellen mehr vorhanden waren- 


, 2) Man fann dies aus Vict. acat. xxy. p. 289. fallen, 
wenn «6 auch bier nicht artoracii- angegeben iſt. 


. 


— 
— — — — 


1233 


geltem. Nach vollendeter Ausbildung begab er ſich nach dem 
nördlichen Griechenland, und hielt ſich am liebften in Theſ—⸗ 


ſalien, länger aber noch auf der Inſel Thaſus auf, von 
wo fih die größte Zahl feiner Kranfengefchichten berfchreibt. 
&r bereifte indeffen häufig die benachbarten Provinzen, und 
felbR den nördlichen Theil Kleinafiens am ſchwarzen Meere 
und die Länder im Morden beffelben, wenigftens koͤnnen 
fine Befchreibungen davon, und was er von ben Sitten der 
fie bewohnenden Voͤlker erwähnt, nur aus eigener Anfiche 
hervorgegangen fein *). Sin Peftzeiten war er feinem gans 
zen Baterlande huͤlfreich, und man zaͤhlt mehrere Beweiſe 
der allgemeinen Verehrung und Dankbarkeit auf, deren er 
fh deshalb erfreut haben fol. Doc laͤßt fih wenig Bew 
fiimmeheit und Zufammenbang in die mangelhaften Nach 
richten des unkritiſchen Alterthums bringen, die größten 
theils von Spätern untergefchoben und fehr unglaubwürdig 
fiad. Die Achener follen ihm das’ Bürgerrecht‘ und den 
uch im Prytaneum für ihn felbft und feine Nachkommen 
etbeilt, und ihn fogar in Die Eleufinifchen Geheimniffe 
eingeweiht haben, eine Ehre, die feit Merafles noch nie 
mandem widerfahren war. Mit ihnen läßt man die Koer, 
die Theffalier, die Argiver metteifern, fo daß es faft Scheint, 
als habe man feine Ehre für zu groß gehalten, um fie dem 
Errerter und Wohlthaͤter des Volks zu ermeifen. Hieraus, 
wie aus dem allgemeinen Zeugniß des Alterthums kann man 
licht entnehmen, daß Nippofrates ein Mann von wuͤr⸗ 
digem Charakter geweſen ſei, menſchenfreundlich, von Bas 
terlandsliehe befeelt, nnd wmeigennäßig in feinem Wirken 
wd in dee Mittheilung feiner Kunfl. Doch bat man das 
Iehtere nicht fo, wie von der Lehrmerhode des Sokrates 
1) De Aöre Aquis et Locis. XXXIV, aeg, Tom, I. p. 347. 


L 9 


77 | 

zu verftehen, man kann es vielmehr für ausgemaht anneh⸗ 
men, daß er fich feinen Linterriche wie alle Gelehrten feier 
ner Zeit allerdings bezahlen ließ "). Noch mehr berveift 
aber der Geift der Schriften des Hippofrates die Würde 
und Größe des Mannes, die keiner erdichteten Lobeserhe⸗ 
* Bungen bedurfte. Um: feine Baterlandsliebe zu beweiſen, 
laͤßt man ihn glänzende Einladungen zu fremden Bölfern 
und Königen ablehnen, um feine Dienfte nicht ben eigenen 
Landsleuten zu entziehen. Man erzähle, die Könige von 
Illyrien und der Paͤonen haben ihn durch Geſandte einge⸗ 
laden, ihren Volkern in einer verheerenden Peſt zu Huͤlfe 
zu kommen, er habe aber den Ausbruch der Krankheit in 
Sriechenland aus der Richtung der Winde vermuthet, und 
wie diefer wirklich erfolgt fei, der‘ Sorge für ganze Staͤdte 
und der Behandlung feiner Schuͤler obgelegen, wiewohl er 
‚als damals breißigjähriger Mann noch feine zahlreichen 
Echaͤler haben konnte. Wahrend des Peloponneſiſchen 
Krieges (431 bis 404) ſcheint er allerdings den Gipfel ſei⸗ 
nes Ruhms erreicht zu haben, da er bei der haͤufig ausr 
"brechenden Peſt oftmals Gelegenheit hatte, fich feinen ber. 
drängten Landsleuten bülfreich zu: beweiſen. Sehr zweifel⸗ 
haft iſt es aber, ob er zu Anfang deſſelben während der 
großen. Peft (430) in Achen gemwefen fei, worauf ſich bie 
erwähnten Belohnungen beziehen follen 2). Nach einer ans 





1) Plato, "Brotagor. p· 88. Ed. Bip. Tom. 3. 


0) ‚Bentgfens würde ihn der ſorgfaͤltige Thucydides ge⸗ 

2. wiß erwähnt haben, deſſen fehlendes Zengniß hier mehr beweiſt, 
als alle uͤbertriebenen Verſicherungen ſpaͤterer Schriftſieller, die 
unter erborgten Namen ihre fabelhaften Erzählungen auf die Nach⸗ 
welt gebracht haben. Offent ar haben Galen, de Tberisc. ad Pi- 
son. Cap. 16., Yetius, 7 ırabl. U. Serm. I. Cap. 94. und Actu a- 
sin 6, Meihod, med, Lit.. V. Gap. 6., bie «6 für ausgemacht halten, 


' 


! 


| 
| 


den Nachricht ſchickte er feinen-älteften Sohn Theffalns 


115 


nah Athen, den jüngern Drako nach dem Mellefpont, und 
kinen Schwiegerſohn Polybus mie noch andern Shöfken 





vi Hippolrates während ber großen Peſt In ben geweſen 
fd, nur diefen nachgefchrieben, und verdienen daber eben fo wenig 
Blenden. Bon jener Peſt hat Thucybides eine der ſchonſten 
Veſchretbungen binterlaffen, die uns von äbnlichen Gegenſiduden 
uns dein Alterthum übrig geblieben find. (De Bell. Peloponnesiag, 
Lb. IL Cap. 48-53.) Er felbfi batte fie äberflanden, und viele 
Kranfe geſchen, konnte daber eu fo treues und lebhaftes Bild 
devon geben, wie es einem Nichtarzte felten gelingt. Das Uebel 
war ohne Zweifel ein fauligter anſteckender Typhus, und wie jede 
Bollskranfpeit. diefer Urt auch durch eigenthämliche Erſcheinungen 
antgezeichnet. Wan glaubte, es fel In Astblopten entkanden, von 

da über Aegypten verbreitet, und durch Schiffe nach Athen ger 
bradt worden. Sier Fonnten alsdann fafi Feine anderen Krankhel⸗ 
tm auflommen, ſondern die Peſt verbreitefe fich durch Die ganze 
Gtadt, obne irgend einen Stand, ein Ulter oder Geſchlecht zu 
len, und Die an anderer Kraͤnkllchkeit litten, erkrankten jet 
deren. Reine ärztliche Huͤlfe fruchtete etwas, well bie Kerzte mit 
dem Uebel unbekannt waren, und auch mit unter den erflen wege 
gerafft wurden. (Hier wird aber Hippofrates Nicht erwähnt, 
dm Thueydides gewiß nicht Äbergangen hätte, wenn er anwe⸗ 
fd, und wirklich fo berühmt geweſen wäre, al6 man geneigt iſt 
anzunehmen.) Hitze im Topf, Möthe und Entzändung der Au⸗ 


- gm wechten den Anfang. (Der Froſt wird nicht erwähnt, leider 


urmift man aber noch wichtigere Ungaben, die ein Arzt nicht 
wegglaffen Hätte.) Es trat Entzändung des Gchlundes mit Möihe 
de Zunge hinzu, während der Athem fehr Abelrfechend wurde. 
Damf wurden bei fortdauernder Helferfilt die Lungen ergelffen, 
(wahrfheintich entzündet) und die Kranken verfidlen in heftigen 
Selen, Schmerzhafte gallihte Ausleerungen. Schluchzen und 
em ſteigerten die Gefahr. Die ganze Haut röthete ſich. 
wi war wit einem gefchwärigen Ausfälage überfäet ‚ aber obne 
Möernetärliche Sie (Zöpe Qivarairais pusenis aut diuseı 
Undaue. Der Ansfälag war alfe pußulös; ſchade, daß wir 


22 


116 i | \ 
nach- andern Gegenden, um gegen bie Peſt Anfalten zu 
treffen, und bie ‚Kranfen zu heilen *). Wir wien aber; 


dag Hippofrates erſt einunbbreißig Jahr alt war, und 


- mithin weder erwachfene Söhne noch Schwiegerſoͤhne haben 


/ 


fonnte. Auf ähnlichen Mitcheilungen beruht nun bie ganze 
Angabe, die felbft von glaubwärdigen Schriftſtellern nach⸗ 
gefchrieben worden iſt. So ‚muß es auch dahingeftellt blei⸗ 
ben, ob KHippofrates wirklich eine ehrenvolle Einladung 


“zum König Artarerpes erhalten, und fie.mit Beratung 


von fi gewieſen, ober nicht *); ob er fein Vaterland Kos 





wir keinen weltern Aufſchluß dardiber Haben.) Deſto ımeir glu⸗ 


heten die Innern Thelle, fo dag die Kranken alle Kleider und alle . 


Bedeckung von fih warfen, und mit der größten Begierde ſich Ins 


| Waſſer zu flürgen verlangten. Biele, die Ihren Wörtern entlaufen 


waren, kamen in den Brunnen-um. An den Quellen lagen nadte 


Sterbende und Kranke, um ihren brennenden Durſt zu loͤſchen. 
der ihnen Immermährende Gchlaflofigkeit verurfachte- Die meiften 
florben vor dem fiebenten oder neunten . Tage, dder wenn fic bie 
größte Gefahr überflanden hatten, ſpaͤterhin an erfchöpfenden 
Bauchfläffen. Andere verloren (dur Brand) die Füße, oder bie 


- Bände, oder die Schaamthelfe, und wurden gerettet; einigen wur 


den die Augen zerſtoͤrt. Viele Geneſene Titten an gänzlicyer Vers 
geſſenheit. Unzaͤhlige Leichen, bie unbegraben umberlagen, verpe⸗ 
fieten die Luft, und wurden von ben Thieren nicht angeruͤhrt, oder 


diefe farben felbR bald, wenn fie es dennoch gethan hatien. Alle . 


Kranken verzweifelten an ihrer Rettung, fobald fie von der Anftefe 
Fung ergriffen waren, doch ſcheute man fich, Wörficht dagegen an⸗ 
zumenden, um nicht die Pflichten gegen Angehörige zu vernachläfe 
figen. In der ganzen Zeit fand man Fein einziges huülfreiches Mit⸗ 
* denn was dem einen heilſam geweſen war, toͤdtete den an⸗ 

. Batte jemand ein Mal die Krankhelt kberfianden, fo konnte 


er — fein, dern ſte kam ſelten um zweiten Mal, und dann 


Immer ohne Lebensgefahr. 
1) Orat. Thessal. Bd. Lind. Tom. I. p. 937. 
2) Epistol. Tom. IL 2». 896. 


"4117 
von einem Kriege. mit ben Achenern Befteit Habe ">, m. m. 


ber: Die Erzählung, bag er wit dem Kuibdifchen Argte 


Euryphon *) an ben Macedoniſchen Hof gerufen. worden 
fei, um bie für Schwindſucht gehaltene Krankheit bes Rs 
nigs Perdiktkas des zweiten zu heilen *), diefe aber für 
eine verheimlichee Liebe: zu: einer gewiffen Phila, ber Ge⸗ 
liebten feines verſtorbenen Vaters Alexander Am ymea 
exkannt, und den Kranken dadurch. von. feiner verzehrenden 
Schwermuth befreit habe, enthält an ſich keinen. Wider⸗ 
ſproch, und kann immer wahr fein. Denn Perdikkas 
lebte zur Zeit des Peloponneſtſchen Krieges, wo ſich Bi 
pokrates Ruhm leicht in dem nahen Macebonien varbreis 
tet haben Eonnte *). Man Tann: indeflen niche mehr aus⸗ 
maden, ob nicht die ganze Begebenheit von einem: Später 
erfonnen. fei, um durch ihre Aehnlichkeit mit dem Aben⸗ 
thener eines ſpaͤtern Arztes *) den Ruhm des Hippakr a 
tes u vergrößern, „Auch die Erzaͤhlung, daß. ihn die Ab⸗ 
deriten zu ihres: Mitbuͤrger Demokritus gerufen, den 
fie für wahnſennig hielten, und ſich davon. bie perfänliche 
Vekanntfchaft beider Männer herſchreibt, hat nicht das Ges 
mise, wie. fo viele andere, und ſtimmt mit allen Umftäne 


x 





») Hippacr. Genus et Yite sec. Sor. Tom. L.p. 951. 

2) &. oben. ©. 64. 

3). Soran..a. a. ©. 

4% Grimm bat burch- einen Srettum dleſen Vewirtas 2. 
für einen andern Perdikkas, dem mittlern Bruder von Alexan⸗ 
der und, Phillpp, und Ohelm Alexanders des. Broßen genommen, ' 
ber fl zwdif Jahre nach Hippokrates Tode, 365, zur Regle⸗ 
rung kam. Leben des Arztes Hippokrates S. DL In der Ueberſ. 
de WM BbLL. - 

DO erafihratus m * de —R 


118 
den Aberein *). Wahrſcheinlich kehrte Hippofcates im 
fpätern Alter nad feinem Baterlande Kos zurüd, um Tech 
ungeftörtee dem Unterrjige: feinfe Schüler zu widmen, und 
die Schriften feiner Vorgaͤuger Beim Berfaflen_ feiner eige⸗ 
nen Werke zu benutzen, die groͤßtentheils eine reifere Er⸗ 
fahrung vorausſetzen laſſen, als daß man annehmen koͤnnte, 
er habe ſich ſchon in ſeiner fruͤhern Zeit damit beſchaͤftigt. 
Daß ihm dabei auch die Werke der Knidiſchen Schule zu 
Statten gekommen find, bie kinfache Beobachtungen in Ue⸗ 
berfluß enthielten, befonders bie Knidifchen Lehrſpruͤche, kann 
man leicht vorausfeßen.:. Ein gewiſſer Andreas aus ber 
Schule des Herophilus befhulbigte ihn, er habe ſchon vor 
feiner Neife nady bem nördlichen Griechenland das Tempel⸗ 
archiv zu Knibdos in Brand geſteckt *), was ihm andere 
glaͤubig nachſchreiben *), indem ſie daſſelbe von ben Werfen 
feiner Vorfahren ober von den Votivtafeln in Kos erzaͤhlen, 
bie er verbrangt. haben follte, um den Glauben zu vernich⸗ 
. ven, ats habe er feine Werke aus diefen alten Urkunden ges 
fhöpft: unbefümmert, ob eine fo unerhörte Frevelthat in 
Griechenland: hätte ungeahndet bleiben koͤnnen, oder ob der 
. damit befledte Hippokrat es zu fo inniger Berehrung fels 
mer Landsleute gelange wäre. Dergleichen Angaben ents 
„ frrangen aus dem Geftengeift, der feinen Anftand nahm, 
felbft das Ehrwuͤrdige in den Staub zi jiehen, wie fi in 
der Folge entwideln wird. Iſt Hippofrates wirklich 
wieder in Kos gemwefen, fo muß er in feinem hohen Alter 
nah Theſſalien zuruckgekehrt ſein, denn er ſtarb 377 zu 


1) S. eben S. 06. 
2) Soran. q. a. D. 
3) Teetæses Histor. VI, Chiliad. 155. v. 20. soq. Ed Lind, 
Tom. U. p. 958. Plin. Hier, nat. Lib. XXIX. Cap. 2. 


| | 119 
Bariffe, wo er ſich bie letzte Brit feines: Lebens aufgehalten 


haite, dreiundachtzig Jahr alt. Andere: lafien. ihn ein. Alter 
son fuͤnfundachtzig, noch andere von. neunzig, oder hundert 
und vier, felbft Hundert und. acht Jahren erreishen, die ans 
geführte Angabe iſt indeſſen die wahrſcheinlichſte. Zwiſchen 


Beriffa und Gyrto zeigte man fein Grabmal noch im zwel⸗ 
tea Jahrhundert unſerer Zeitrechnung ). 
6 25. 
Hippokrates Schriften. 
.. Das unvergänglidie Denkmal bes Hippofrates find 


feine eigenen Werke, bie aber fon: im. Alterthum nicht 
mehr in ihrer reinen urſpruͤnglichen Form erhalten, und 


wife waren. Schon feine Soͤhne Theffalus und. Drafo 
und fein Schwiegerſohn Polybus *), feßten, vieles hinzu, 
und noch weit mehr wuchs die Zahl der Hippokratiſchen 
Schriften an, als die Freigebigkeit und ber wiſſenſchaftliche 
Eifer der Aegyptiſchen Konige gewinnfüditigen. Gelehrten 
Aufforderung war, den. ehrwurdigen Namen. des Hippo⸗ 


dafern Form mit ihren Wuftern übereinftimmten ,. - fon 
aer Feine Spur aͤcht Hippokratiſchen Geiſtes aufzuweiſen 
hatten. Zu dieſen gelehrten Maͤklern gehoͤrt ein gewiſſer 
Mnemon, der viele Hippokratifche Schriften nach Alexan⸗ 
dria brachte, wo man ſich ſchon fruͤhreitig veranlaßt fand, 





1) Soran. a. a. D. 


2) Der Name der Kochter des Hippofrates IR nicht bes 
fonnt, eben fo wenig, wie der feiner Gemahlin. Die vollkändige 
Oeneslogie der Hippokratiſchen Familie, worauf es hier weniger 
enlommt, f. bei Ze Clero, Hist. do la med, Tom. L.. 

N \ 


mit einer gießen Menge untergefchobener Schriften unters 


trates ihren Nachbildungen vorzufegen, die nur in der 


n 


420 ne | — 


% . . 
eine Sichtung berfelben vorzunehmen. Aus biefer Zeit ſtam⸗ 
men auch ohne Zweifel bie vielen falfchen Urkunden, wo⸗ 
buch Hippokrates Lebensgefihichte in bichten Nebel ges 
Hülle wird. Weniger nachtheilig war es aber, maͤchte 
Schriften unterzufchigben, denen von ber neuen Kritik ihr 
gebührenden Rang angewiefen wird, als die eigenen Deu 
mäler des Hippofratos mit_vermegener Hand zu entſtel⸗ 
len, wie es unter Hadrians Regierung von Artemidos 
zus Eapito und Diosfurides gefchehen tft, deren. uns 
gelehrte Geſchaͤftigkeit der Nachwelt ſchwere und noch Bei 


weeitem nicht gelöfte Aufgaben gemacht hat. Für acht kann 


man aus der großen Zahl dee Hippokratiſchen Schriften nur 
folgende haltens 1) die Aphorismen, 2) das Bud .non. ber 
Luft, dem Wafler und der Lage, 3) das Buch der Vor⸗ 
herſehungen, 4) das zweite: Buch von ben Vorherſagungen, 
(das erſte ift unacht) 5) das erfle und dritte Buch von den 
Volkskrankheiten, 6) von der Lehensordnung in bigigen 
Kranfheiten, 7) die Bücher von ben Kopfwunden und den 
Beinbruͤchen. (2) Das Buch von der Dffiein des Arztes 
und der Eid, die man fonft wohl für Acht hält, find wahres 
ſcheinlich untergeſchoben, wiewohl ſelbſt von hohem Al⸗ 
ger 2). Wir wollen es jetzt verſuchen, die Hippokratiſche 
Heilkunde nach dieſen erhaltenen Denkmaͤlern darzuſtellen. 
GSG. 26. 
Hippokrates Anatomie. 
Grundliche Kenntniſſe in der Anatomie konnte Dips 
potrates aus den oben angeführten Urſachen nicht bes 
ſitzen. Volksglaube "und Religionsbegriffe geftstteten fie 





- 


1) Bel. Gruner Censura Librorum Hippocrateorum. p- 40. 


121 


| side, und ſomtt waren fie auch kein Webärfatf jener Zeit, 


- finden man bebalf fich mit einer Heilkunde, ohne Anatomie; 


‚ fe wie wir mit der unfrigen, der noch manches Erforderniß 
Hein Bollfommenheit abgeht, bem erft unfere fpäten Nach⸗ 


fommen genägen,, und es für eben fo anınngängfich haften 
werden. Es ift außer allem Zweifel, daß Hippokrates 
niemals einen menſchlichen Koͤrper zergliedere, und auch 
Zhiere vielleicht nur obenbin. underſucht hat. Fehlten then 
aber genaue Begriffe vom Bau des Körpers, fo war ee doch 
in manchen Theilen. nicht ganz unmwiflend. Cr befchreibe bie 
Kopfnäthe zwar undentlich, aber doch fo, daß man. eine 
Kenntniß derfelben vorausfegen kann "), die Diplos ber Kopf 
fuochen fehr gut 2), -und eben ſo den Unterſchied zwiſchen ben 
Kopftnochen der Kinder und der Erwachſenen, ruͤckſichtlich 
der verſchiedenen Behandtung der Wunden 2). Dagegen 
& die Beſchreibung der Schlaͤfengegend wieder fo-roh, wie 
fe nur eine  oberflählihe aͤußere Beobachtung lehren. 
fonnte *).. Schon bieraus gebt zur Oenüge hervor, dab 
nur die äußere Linterfuchung bes Körpers, die Chirurgie, 
and gelegentlichen Anfchanen trockener Knochen, fo wie bie 
alltägliche Kenntniß ber Thiereingeweide fiir die Quellen der 
Kippokratifchen Anatomie zu halten find 5). Werrachtet 
man aber die Unwiſſenheit der unmittelbaren Nachfolger 





1) Cap. veln, I. p. 687. 

2) Ebend. I.p.688. 
3) Ebend. XXV. p- 704. 

4) Ebend. III. 6. p. 690% 


5) Sie war alfo eine Anatamia surd wugirrue, wie fie 
Galen nennt, Definit. med. c. 34. p. 230. Tom. I. — Admin. 


‘at. L 2. p. 28, Tom. IV., von wiſſenſchaftlicher Unterfuchung 


(uns izrraleen) tonnte dabei nicht Die Nede ſeyn. 


‘ 


ww. 


122 | 

des Hippofrates, bie nit fo hervortreten wuͤrbe wenn 
dieſe beffern Upterridt genoffen hätten, fo bedarf es kei ner 
weiteen Unterſuchung, fondern. der allgemeine Zuftand Der 
anatomifchen Kenntnſſſe ift uns Buͤrge dafür, daß eine 
Wiſſenſchaft, die noch gar nicht vorhanden war, nicht im 
Beſitze eines Einzebnen fein fonnte "), 

‚Ein einziges Beifpiel möge über den Zuftand ber Ana- 
tomie im Hippokratiſchen Zeitalter zur Belehrung dienen. 
Palybus *) Tehrte, es gäbe im Körper vier Paare von ‚ 
Adern, das erſte entftände- im Kopf, ginge zu beiden Sei 


ven des Ruͤckgrats in die Hüften, von da in die Schenkel, 


und. endigte fih, nach außen von den Knoͤcheln gelegen, im 


Fuß. Das zweite, die Depffeiadern, (rPayircdıs) hinter den 
Ohren, ginge durch den Hals, und dann zu beiden Selten 


bes Ruͤckgrats, mehr nad innen-gelegen, zu ben Lenden, 
den Hoden und Oberſchenkeln, und endigte fih, aͤn der in⸗ 
nern Seite ber Kniekehle und der Knoͤchel Berabfteigend, 
ebenfalls im Fuß. Das dritte Paar kaͤme von den Schlaͤ⸗ 
fen, und liefe durch den Hals zu den Schultern und der 
Lunge fo fort, daß die rechte Ader nad ber finfen, und 
die linfe nach der. rechten Seite ginge” Beide endigten ſich 
im Maftdarm und After, nachdem von ber rechten bie linke 
Bruft, die Mil; und bie linke Niere, yon ber Linken aber 





1) Bide find gegen biefe Behauptung geweſen. vor allen, 
ohne die früheren zu nennen, Boerhaave, (Praelect. academ. Vol. 
I. p. 24.) Haller (Opusc. apart. p. 135.) und Triller. (Opusc. 
med. phil, Tom. I, Diss. IV.) Ihre Ueberzeugung entfprang indeſſen 
‚aus einer einfeltigen und übergroßen Verehrung .de6 Hippokra⸗ 
tes, bie durch Feine Kritik gerechtfertigt werben kann. Vergl. 
Gruner Anslecte et. Diss. N. ZHiippocrates corpora humane inse- 
cuerit, necne ? 


a) De Natar. human. XX. p. 076 





. 123 
die rechte Bruſt, die rechte Niere und die Leber ihre Adern 
erhalten hätten. Das vierte Paar. endlich entflände aus 
der Stirn und von ben Augen, ginge von. da nad) den 
Ghläffelbeinen und in ben ganzen Arm, bis in die Fin 
ger, fehrte aber von da wieber nach, der Achfel zuruͤck, bie 
linfe ginge dann in die Milz, die vechte in die Leber, und 
beide ndigten fich in. den Schaamthrilen. Aus diefer ganz 
rohen Gefäßlehre entlehnte man auch die verfdiedenen Ans 
zeigen zum Aderlaß: Dei Ruͤcken⸗ und Huͤftſchmerzen muͤffe 
man die Ader an der dufern Seite, der Kniekehle und ber 
Kudchel öffnen, bei Lendens und Hodenentzuͤndungen dage⸗ 
gegen, an ber innern Seite, auch ift der Urfprung der 
Meinung, daß das Aderlaß bei Leberentzuͤndungen aus der 
Vena ‚basilica des rechten Arme, bie man deshalb Vena 
hepatca, und bei der Milzentzündung , aus derfelben Ader - 
des linfen Arms, die man Vena spienica nannte, am 
wirkſamſten fei, ohne Zweifel: hier zu ſuchen. 


27. 


Hippokrates Phnfiolosie. 

Es bedarf hiernach Eeiner ausführlichen Darfellung 

dee Kippofratifchen Anatomie in ihren einzelnen Theilen, 
die nur dazu Dienen würde, auf bie mitgetbeilten allgemeis 
nen Bemerkungen zurücdzuführen. Man könnte mit leichter 
Mühe beweifen, daß Hippofrates vom Urfprunge ber 
Gefaße keinen Begriff harte, daß er die Nerven nicht Fannte, 
daß er feinen Unterfchied zwiſchen Blutadern und Schlag 
adern zu machen wußte *) ‚ und ihm die Hauptverſchieden⸗ 
keiten des Baues ber einzelnen Theile unbefanne waren. 





1) Salaie heißen Venen und Arterien ohne Unterſchied. Der 
Namt werigm -für Schlageder (bei H. IR es die Eufirähre) iß 


— — 


ri 


Dadurch wird indeffen die Größe ſeiner wahren Verbien fte 


nicht im mindeſten verringert, denn eben die Theile der 
Heilkunde, worin er bie Aerzte aller Zeiten übertroffen Hat, 
find nicht auf die Anatomie gegründet. Nur die ihren, 
Bie von dieſer abhängen, find Bei: ihm unvollfommen:, und 


noch ganz n- ihrer Kindheit. Vor allen aber die Phyfkos 


kogie. Denn dieſe Eonnte ; ohne die Grundfläge der Ara 


tomie, nur ein leeres Gebäude gehaltloſer Bermuthungen 


fein, und ohne genaue Kenntniß des Körpers im Lichte der 
praftif pen Heilkunde noch nicht gedeihen. Daher find- alle 
phyſiologiſchen Begriffe des Hippefrares ſchwankend, un⸗ 


‘ ausgeführt und ohne Beſtimmtheit. Dank fer es aber dem 


großen Manne, daß er ihnen noch feine Beſtimmtheit gab. _ 


EG iſt leicht, einen gefaßten Gedanken auszuſpinnen, follte 


er: auch der Natur zuwider ſeyn, es iſt leicht: und verfuͤh⸗ 


| rerifh, auf Bermuthungen ganze Lehrgebdude zu gränden, 


= 
> . 


Meinungen ihre wahre Stelle anzumelfen, und fie jur Ers 
gruͤndung der Wahrheit nur zu. benutzen, nicht die Natur 
dach ihnen umzufehren, das ift die wahre Größe des Nas 
turforſchers. Es wuͤrde ſchwer fallen, aus. Hippokrates 
Schriften, mit Weglaſſung des: Unaͤchten, und ohne ge⸗ 
wagte Vorausfetzungen eine zuſammenhaͤngende Phyfiolo⸗ 


gie darzuſtellen, denn es fehle hier an den noͤthigen Anga⸗ 


ben und die Kürze der Schreibart ſchließt ausführliche Er⸗ 


.. j j; 


iſt erſt fpäter aufgefommen. Doc, machte felb® der fpätere Sprach⸗ 
gebrauch Feinen ‚genauen Unterſchled, fo da Ertl bei den Gries 
Ken, und vone bei ben Latelnern noch für beides vorfommt, we 
die Medkin aus Ariſtoteles und Praragoras Entdeckung 
ſchon laͤngſt Vortbell gezogen hatte. Eben fo ging es mit ssugern 
'rorgs womit man alle weißen Theile des Körpers beriennt, Gehe 
nen, Bänder, Aponeurofen, u. f. w. bis Arioteles, job 
ohne Kenntalg von den eigentlichen Nerven zu haben. " 





141 


Urſachen ift von ben einfichteveliften Aerzten in der eigenb 


lich praftifchen Heilkunde mit Recht immer in den Hinter⸗ 
grund geſetzt worden. Hier verdient aber vor allen die rich⸗ 
tige Würdigung aller äußeren Einfluͤſſe, denen der menſch⸗ 


. fihe Körper bloßgeftellt ift, Die dankbare Anerfennung ber 


Nachwelt. Wie Dresbefchaffenheit, Witterung, Klima, Jah⸗ 
reszeit, Mahrung, Lebensart, Alter, Gewohnheit a. f. w. 
auf das Leben einwirken, bat Hippokrates fo dargeftellt, 
dag er ſich nicht auf einzelne Beobachtungen befchränfte, 
fondern bie Kranfheiten in ihrer Geſammtheit und allge 
meinen Berbreitung auffaßte, wohl eingedenk, daß der Zus 
ftand des Körpers.von den allgemeinen Veraͤnderungen der 
Erde und ihrer Armofohäre abhängig if. Sind bie, Anſich⸗ 
sen Über Witterungs: und Luftveränderungen im Buche von 
der Luft, den Waſſern und der -Drtslage noch fehr in ihrer 
Kindheit, fo kann man bies dem unvollfommenen Zuftande 
der damaligen Naturlehre zu Gute halten, befonders bei 
einem Gegenftande, der- felbft ‘im Liqhte der neuen Phyſik 
noch wenig gewonnen hat: das Verdienſt iſt deshalb nicht 
geringer, eine wichtige Lehre zuerſt in ihren Grundzuͤgen 
richtig aufgefaßt zu haben. Kein Arzt hat aber wohl die 
Beziehung der Naturerſcheinungen auf den Koͤrper beſſer 
beurtheilt, als Hippokrates. Die Sydenham und 
Swieten haben auf biefer Bahn weiter gearbeitet, und 
nach ihrem Vorgaͤnger der Krankheitslehre einen hoͤheren 
Standpunkt gegeben. So wurde alfo Hippofrates 
Stifter der Lehre von ber Konſtitution, deren Verhaͤltniß 
zur Behandlungsweiſe der Krankheiten ihm zuerſt einge⸗ 
leuchtet hat. Was von ihm ſelbſt hieruͤber mitgetheilt wird, 
bezieht ſich indeſſen nur auf die Einwirkung der Luftbeſchaf⸗ 
fenheit, der Ortslage, der Haͤufigkeit gewiſſer Winde, und 
alles Übrigen, was dabei In Vetracht kommen kaun, ‚denn 


i 


126 | Ä 
find Hippokrates eigene Worte Aber dieſe Lehre, woraus 
ſich ſchon von ſelbſt ergiebt, daß er ſie fuͤr angeboren, fuͤr 
unzertrennlich vom Leben hielt, ohne damit die naͤchſte Ur⸗ 
fach deſſelben andeuten zu wollen. Waͤrme und Beduͤrfniß 
an Nahrung ſtehen hier offenbar in geradem Verhaͤltniß *), 
und man Tann fich des Gedanfens an eine feinere, aber 
doch immer materielle, Unterhaltung jenes Lebensfeuers nicht 
erwehren, woraus eine Befräftigung der obigen Annahme 
dhervorgehen würde. Diefer ganzen Idee gab män ſpaͤter⸗ 
pin eine viel ausgebehntere Anwendung, und fiheint auch 
nach den angeführten Beweisquellen behauptet zu haben, 
Hippokrates babe geglaubt, die Verdauung geſchähe 
durch die Wärme °), vieler abweichenden Änfichten nicht zu 
gedenfen ). 

2. Die Lehre vom Lebensfloff, rıöas, spiritus. Dan 
kann bie fpätere Ausbildung biefer hypothetiſchen Lehre niche 
auf Hippofrates Meinungen übertragen. Daß man eis 
nen dunfeln Begriff von einem Lebenshauch vielleicht ſchon 
lange vor ihm gehabt hat, ift fehr glanblih, denn man 
Eonnte nicht wohl mit den vier todten Elementen auskom⸗ 
men. Bei ihm felbft find alle Anftchten biefer Art wenig 


- 





2) vergl. Aph. L. 15. — xl yap zei (zupäres 7% 
Heos) ro iuporer Men, X Izeven TesDäs eur wAsiereg 
Horrasi aonunlern ai yAsnimı za) 05 mJAyrai. 


. 2) ıCels. Praef, p: 6. 15. 


3) Wraragoras, Erafifratus, Philotlmus, Kelle 
plades u. a. bielten die Wärme nicht für angeboren, fondern für 
erworben. Vergl. Fods. Oeconom. Hipp. voc. Jıguor. Balen 
glaubt, Natur, Leben und Wärme fel dem Hippofrates gleich⸗ 
bedeutend gewelen, (De Tremor. 'palp. ete. Ed. Basil. p. 369.7.) 


man bat ſich aber vor dergleichen Annahmen zu huͤten. 


⸗⸗ . x 
- x 
\ 


J m 


| bearbeitet; ficher kann man indeffen annehmen‘, baf er ſich 
Barunter einen feinen luftigen Stoff vorgeſtellt hat, ohne 
dabei an eine koͤrperloſe Urſach des Lebens zu denten, denn 
die alte Heilkunde Eonnte fi, wie erwähnt, noch nicht 
Aber den Materialismus erheben. Diefer Stoff iſt mit der 
eingepflanzten Wärme nahe verwandt, und durchfträme mie 
ie in immerwährender Bewegung alle Adern des Körpers, 
fo ba davon die Geſundheit abhängt, das Zuviel und Zus 
wenig aber, fo wie eine regelmidrige Bewegung und Still⸗ 
and Kranfheit hervorrufen. Spätere, die den Körper aus 
feften Zheilen, Säften und den feinen, nicht elementarifchen 
Stoffen befteben ließen; die fie mit bem gemeinfchaftlicyen 
Namen der Geifter, Spiritus, belegten, nahmen eine im⸗ 
mervährende Bermifhung ber Waͤrme und des Lebensftoffes 
en, indem fie glaubten, daß eben diefer durch fein Hinzu⸗ 
treten ber Wärme Flächtigfeit und Beweglichkeit verliche "), 
wovon weiter unten die Rede fein wird. Im Schlagfluffe 
ft nah Hippofrates die Bewegung bes Lebensftoffes in 
den Adern gebemme *), woraus fich eben das Vorſtehende 
zu ergeben ſcheint. Uebrigens aber Fonnte diefe ganze phy⸗ 
ſiologiſche Grundanſicht, die faft in allen Lehrgebaͤuden bes 
Alterthums wiederkehrt, erft einer größern Verfeinerung 
fähig werden, nachdem ber Uinterfchied zwifchen den Blut⸗ 
und Schlagadern entdedt war, bis dahin mußten die Ber 
griffe darüber noch ſehr ſchwankend bleiben, denn man war 
ja ſeibſt über die Theile, wo der Lebenshauch aufgenommen 
und bereitet werden follte, noch ganz im Dunkeln. : Den ' 
ned fanden fh bald nad Hippokrates Aerzte, die hin⸗ 





1) Vergl. Gorraet Deſiain. med, Voe run. — Foœs. 0 
wnem, Zippocratis. Ebenb. 


93) Vier. acutor. XXXVIl. 11. p. 299. 


\ 


128 | 
geworfene Gedanken ihres Meiſters, wie etwa den ange 


fuͤhrten, weiter verarbeiteten) und ſelbſt durch die ganze 


Krankheitslehre durchzuführen ſuchten, wie es denn keine 


| wirflihe oder hypothetiſche Naturkraft gegeben hat, die 


nicht, wenn auch .nur auf-Furze Zeit, die Alleinherrfcherin 
in der Parhologie geweſen wäre. Man hörte fon: „, Alle 
Krankheiten find ihrem Weſen nach einerlei, und nur in 
ihrer Dertlichkeit verſchieden. Eine gemeinſchaftliche Urfache 
bringe fie alle hervor, und fie ift Eeine andere, als der Le 
bensgeift” 1). Ausfpräche, die von Hippokrates Arfüce 
ten weit entfernt geblieben find. Denn darin offenbart ſich 
eben die Größe des Arztes, niemals Meinungen diefer Art 
die ganze Natur unterzuorbnen,, nicht zu glauben, daß eine 
Entdeckung alles offenbart hat, und wohl zu fühlen, daß 
wir felbft bei glänzenden Fortfchricten von vollflommener 


Erkenntniß noch weit entfernt find, wie es denn bei Hip⸗ 
pofrates immer der Fall gewefen ift. Ä 


&s 
— —— 

1) De Hauib. IV. p. dor. XXIV. p. 413. Wabrſcheinlich hat 
man dies Buch im Alterthum für Acht gehalten, indem man fich 
durch den Bei, der daraus hervorblickt, bfenden ließ, woher men 
denn auch von Hippofrates glaubte, er babe die Urſach aller 
Krankpeiten In den Lebensgeiftern gefucht. Tels. Praef. p: 5. L. 1. 
Gewiß iſt es aber fehr bald nah Bippofrates geſchrieben wors 
den, denn «6 filmmt alles ‚genau mit der Seit Aberein, und der 
Verfaſſer müßte ſich viel Gewalt angethan baden, nichts einfließen 


‘zu laflen, woraus felbft die ſchaͤrfſte Kritif einen fpätern Urfprung 


vermufben fönnte. Daher iſt auch Hallers (Boerh. Meth. stud. med. 
P. IX. T. N. p. 7. conf. Princ. art. med. p. 433. T. U.) Meinung 


verwerflich, der es einem Gchäler des Anaragoras oder gar el⸗ 


nem Pneumatiker zuſchrelbt, deren Sekte ſpaͤter entſtand, als. 


Celſus lebte, der feine Aeußerung offenbar nur daraus alchopfu 


hat. 


. 


| 129 
Es finden ſich außerdem noch mehrere andere Ausdräde, 


womit bie leitenden Urfachen des Lebens wad feiner Bew 


änderungen angedeutet werben, 3. B. Naar, Ger. das 
Göttliche, Iris, und das Erregende, Angreifende, ivogmer. 


Die damit verbundenen, Begriffe find Feiner eigentlichen Zer⸗ 
legung fähig, da Hier nur von geahneten und dunkel vor 


ansgefeßten, nicht aber von genau nach ihren Wirkungen 
erforfhhten Kräften die Rede fein kann. Das Wort Natur 
wird von Hippofrates im Gangen in demſelben Sinne 
genommen, wie es bei Aerzten und Philoſophen aller Zei⸗ 
ten vorfommt, nur bat man dabei wohl zu beachten, baß 
bei den fruͤhern Philoſophen dem ganzen Begriffe etwas 
Materialiftifches zum Grunde lag, und man biefe Anſicht 


auch bei Hippokrates hier und da feſtzuhalten bat *). 


Das Goͤttliche Irier, druͤckt einen hoͤhern, wunderbaren und 
anerklaͤrlichen Einflaß aus, beſonders in Krankheiten, wor 
bei die Kenntniß der gewöhnlichen Urſachen wicht ausreicht. 
Hippokrates lehrt, man ſolle in Krankheiten zu erfor 
(dem fuchen, ob etwas Uebernatuͤrliches, Goͤttliches zum 
Graude liege, und danach die Vorberverfündigung ergrüns 
den *), in welchem Sinne auch ber DBerfafler des Vuchs 
von der heiligen Krankheit dies Wort genommen hat, ins 
dem er Dies Uebel für Äbernatürlicher, als alle übrigen er 
Elärte °). Vom Enormon endlich, das die immaterielle Year . 
beustraft mehr, als irgend ein anderes Wort bezeichnet, finder 
fh bei Hippokrates felbft nichte, man bat ihm daher 





3) : Bergl. Fods. Oecon, Hipp. voc. Qurıs. 


2) Proguost. I. 14. p. 448. — * um de vu Iaior Iveco 
u Fer wear, zei srw Tu wein inpartarır. 


' 3) De morb. sacr. L 2. p. 324. — all 51 peos denlu Tür 


PVP —RC ia vovrar ne sagarign. 
L | 3 





J 


130 “ ” 
die damit verbundene Anficht, bie indeffen feiner ganz wre 
dig ift, ‚nur antergelegt *). Eigentbich find damit nur Die 
Bebensgeifter gemeint, die im Körper mit einer gewiſſen 
Kraft, oder einem gewiffen Andrang (sewa, imperus) bewege 
werden, und mithin laͤßt fi) darauf Das vom Lebenshauch 
Mitgetheilte beziehen, infofern aber hier von der mehr ab⸗ 
ſtrakten Kraft die Rede ift, fo iſt die Meinung allerdings 
einiger Aufmertfamfeit werth. 
Ueber einzelne Erfheinungen des lebenden Körpers, bie 

fi) unmittelbar aus der Beobachtung der Krankheiten erges 
ben, mußte Kippetrates richtige Anfichten haben, denn 
biefer Theil feiner Keilfunde war unſtreitig der vollkom⸗ 
menfte, und es fonnte fih bier feinem Blicke nichts Auf⸗ 
fallendes und Wichtiges entziehen. Er begnügte ſich indeſ⸗ 
fen, nur die Thatſachen aufzuftellen, ohne mit Elaren Wor⸗ 
ten die Gefege anzugeben, von benen fie abhängig find. 
Dies kann man vor allen von der Mitleidenfchaft der Theile 
(Consensus) behaupten, moraus er felbft Heilanzeigen ent⸗ 
nahm. „Um den Wonatsfluß anzubalten, folle man einen 


ı großen Schröpffopf auf die Bruͤſte feßen *). Fehlgeburt 


fieht bevor, wenn bie Brüfte plößlic zufammenfallen” 2), 
u. ſ. w. Hiermit ftimmen noch andere Beobachtungen uͤber⸗ 





1) Die ganze Annahme beruht nur auf einer kleinen Stelle, 
Epid. VI. Sect. VI. 19. p. 819., und hat ai dur dor. Kaas 
Böerhaave's Werk Impetum faciens dictum Hippocrati, Lugd. Bat. 
1745. Berühmtheit erlangt. Der Berf. hat indeffen einen ganz ans 
dern Zwei, und giebt dem Begriffe eine Ansdehnung, woran der 
Stppofratifche Schriftſteller nicht denken rountt. 


2) Aph, V. 50. 
3) Aph. V. 37. 


b 


131 
en "), woraus es Flar wird, wie leicht ſich bie theoretis 
hen Schlußfolgen ergeben hätten, wenn fie Hippokra⸗ 
tes ohne genaue Kenntniß des. Körpers hätte machen wols 
jen. Nichte weniger war es ihm Befannt, daf Zudungen 
nad) Kopfwunden auf der enrgegengefehten Seite ents 
ſtehen *). 

Bo es nun aber auf feinere Anatomie, und weniger 
auf Beobachtungen ber ‚Franken Natur, als rein phyſiolo⸗ 
sifche ankam, "da mußten feine Anfichten unſicher und 
ſchwankend werden, und wir fehen hier den größten Arzt aller 
Zeiten felbft in Vorurtheile verfallen, die feiner ganz unwuͤr⸗ 
dig find, und ihren Urfprung aus dem alltäglichen Volks⸗ 
glauben nur zu deutlich verrathen. Won dieſer Art find 
feine Anfichten von ber Zeugung. Er harte. nur dunfele 
and ganz falfhe Begriffe. vom Bau der Gebärmutter, bie 
er fih wahrfcheinlih wie bei den Thieren in zwei Körner 


getheilt vorſtellte. Dazu nahm er auch bie fogenannten 


Kotyledonen auf der inneren Fläche derfelben an, die man 


ſich als Bündel von Gefäßmündungen (fpäterhin von Beis. 
derlei Art,) etwa von der Größe und Geſtalt der Brufis 


warzen, oder der Goldenenaderfäde, und in der Mitte 


nad dem Grunde eingedrädt vachte. Durch eben diefe Ges _ 


fägmändungen ließ man den Monatsfluß erfolgen, und 
glaubte auch, die Frucht erdielte daraus ihre Nahrung, und 
die Nachgeburt fei dur WBerlängerung der Gefäße an fie 
befeftige °). Wären nun biefe Kotyledonen mit - Schleim 
angefüllt, fo glaubte Hippofrates, es müßte eine Fehl⸗ 
geburt erfolgen, denn fie könnten algsdann: bie Frucht wegen 





1) Aph, V. 50.53. 

2) Cap. rula. XXVI. p. 704 

3) Vergl. Gorr. Deſniu. med. voc. — 
J 2 


132 


ihrer Schwere nichs mehr fefthalten, fondern müßten abe 
reißen *). Dann finder füh auch bei ihm der alte Glaube, 
daß aus dem Saamen des rechten Hodens, und in der rechs 
ten Hälfte der Gebärinutter die männliche, aus dem Saas: 
men des linken aber, und in der linken Sälfte der Gebaͤr⸗ 
mutter ‚ die weiblihe Frucht erzeugt werde *). Schon 
Anaragoras hatte dies angenommen °), und mit ihm 
wahrſcheinlich die meiften Alteften Naturphilofophen, bie ſich 
beim Mangel an Erfahrungen gern an den Bolfsglauben 
hielten. Diefe UWeberzeugung artete fogar in Kuͤnſteleien 
. aus, fo daß Hippokrates lehrte, wenn bei einer Frau, 
die mit Zwillingen fywanger wäre, die rechte Bruſt zuſam⸗ 
menflele, fo ginge die männliche, wenn aber die linke, 
Bruſt, die weibliche Frucht durch eine Fehlgeburt ab *). 
Auch die angegebenen Urfachen der Unfruchtbarkeit and des 
Unvermögens *) betätigen biefelbe Unvollfommenheit ber. 


= Hippokratiſchen Phyfiologie, und enthalten uͤberdies Spuren 


der Elementartheorie, wovon weiter unten. 
F. 28. 
Hippokrates Philoſophie. 
Viele haben Hippofrates Ruhm nicht hinreichend 
anzuerkennen geglaubt, wenn fie ihn nicht für einen großen 
Philofophen hielten %. Es entſteht aber die Frage, in 





2) ApV.45 > .. 
2) Aph. V. 4. 
U 
3) $ 18. ©: 9% 
4) Aph. V.38. 
6) Aph. V. 62. 63. 


6) Galen. de natural. Facult. Lib. I, I. De Placitia Hippo- 
crat. er Platon. Lib. V.=»Metliod. med. Lib, I. — De element. Lib, I. 
1 


133 


weihen Simme man zu biefer Annahme berechtigt iſt. Haͤlt 
man es für das Weſen der Philoſophie, die Natur der 
Dinge aus gewiffen böchften Bernunftibeen herzuleiten, und 
dieſe in das Einzelne uͤberzutragen, ohne vorher von dem 
Enjelnen belehrt zu fein, mit einem. Worte, rein analytiſch 
zn Berfe zu geben, fo war Hippofrates vielleicht der 
ſchlechteſte Phitofoph, der jemals die Heilkunde bearbeitet 
bet. Die Philofophieen: des Alterchums waren durchgängig. 
von diefer Art, und benusten bie Erſcheinungen der wir 
lihen Welt nur als Beweiſe ihrer vorgefaßten Saͤtze, uicht 
aber, un Wahrheiten erft daraus herzuleiten. Zu Feiner 
von ihnen befannte fih Hippofrates, denn er folgte 
überall nut dem entgegengefeßten Wege, indem gr von ber - -- 
Verbachtung des Einzelnen zu allgemeinen. Wahrheiten kam, 
md fo ift es auch wahr, daß. er bie Heilkunde von ber 
Bhitsfophie getrennt bat *).: Darin. war er aber vielleicht 
einer der größten Philoſophen, denn es- Keht dem -Miens 
fhen Sein anderer Weg. offen, zur Kenntniß ber natürlichem: 
Dinge zu gelangen, als der fonthetifhe, und bierin eben 
macht er allen Beobachtern der Natur den Rang flreitig. 
Ge war indeffen weit davon entferne, der Maturp hilofophie 
ſeiner Zeit gar keinen Eingang. in die Heilkunde zu geſtat⸗ 
ten, und mehr aus ſeinen eigenen Aeußerungen, als aus 
tem Ausſpruche eines falſchen Hippokratiſchen Schriftſtel⸗ 
ins ) ſehen wir, daß er eine gegenfeitige Verbindung und 
Ghlfsleiftung der Medicin und Philoſophie für nothwen⸗ 
dig, und den wahrhaft philofophifchen Arzt für einen goͤtt⸗ 
hen Mann gehalten bat. - Wirklich finden fich in feinen 
ichten Schriften einige Behauptungen, die eine Anwendung 


! 





1) Cels. Praefat. p. 3.1.5. 
2) De decent. omat. IV. V. p. 54. 554 


\ 


134 
naturphiloſophiſcher Saze auf Erftheinungen: bes leben den 
Koͤrpers beweiſen, z. B. daß Weiber mit kalter und dichter, 
und wiederum ſehr feuchter, oder trockener und zu warmer 
Gebaͤrmutter unfruchtbar ſind, die eigentliche Fruchtbarkeit 
dagegen in der gleichmäßigen Mifhung (zgüers) dieſer Ei⸗ 
genfchaften befteht. Eben fo werden die zu große Kälte und 
Wärme als Urfachen der Unwirkſamkeit bes männlicyen 
Saamens angeführt *). Hier fdjeinen ganz offenbar die 
Elementarqualitäten durch, von deren Herrſchaft und Wirk 
famfeit in den Erſcheinungen der lebenden Körper- man eben . 
. fo feft, wie von einer unumftößlichen Wahrheit überzeuge 
war. Nur darin hatte man bereits die Empedofleifhe Vor⸗ 
" ftellungsart, zu-nerfeinern gefucht, daß man weniger. auf die 
wirklichen konkreten Elemente, als auf die Eigenfchaften der⸗ 
ſelben Ruͤckſicht nahm, und eben hierin höhere Kräfte abs 
nete, die dem Leben Geſetze verliehen. Denn mit dem blo⸗ 
‚ Ken Vorhandenſein der vier Grundftoffe an fi, die im 
Körper nicht einmal nachzumeifen waren, konnte man jeßt. 
‚nicht mehr ausreichen. So entſtand denn auch der Begriff 
ber gleihmäßigen- Vermiſchung jener vier Eigenfchaften, 
(zedeis) der halb der dimamifchen und halb der materialis . 
ſtiſchen Anſicht angehoͤrt. Ob wir aber dieſen weſentlichen 
Fortſchritt Hippokrates Scharfſinn, oder vielleicht ſchon 
einem früheren Naturpbilofsphen zu verbanfen haben, muß : 
‚bahingeftellt bleiben. Die ganze Meinung gab ber Humo⸗ 
ralpachologie ihre Grundſtuͤtzen, und befeftigte fie durch 
Hippokrates Anfehn, den man wohl für ihren eigent: 
"lichen Urbeber gehalten bat, wiewohl er es nicht in dem 
Sinne ift, wie man bisher geneigt war, anzunehmen. Eine 
befondere Darftellung feiner Stementarlehre hat er uns ſelbſt 





1) Aph. V. 62. 63. 


| 
| 
| 
= 
| 
| 


| 


135 


nicht hinterlaſſen, einen Ueberblick ihres damaligen Zuſtan⸗ 
des, und wie weit man in ihrer Anwendung auf die Heil 
tunde gefommen, giebt. uns aber ein Werk, das kurz nah . 
kinem Tode von einem feiner @xbüler gefchrieben fein muß, 
wenn auch einige nicht unmefentfiche Abweichungen von feinen 
Orundanfichten Borficht anempfehlen *): Der Berfafler ver⸗ 
theidigt die Empedokleifhe Lehre von den vier Grundſtoffen 
gen Die wiberſtrettenden Anfichten der Joniſthen Natur⸗ 


| shilofopbie, die nur ein Element, wie etwa: das Feuer nad 


| 
| 


Seraklit, der das Waſſer nah Thales im thierifihen 
Körper gelten ließ, und danadı die Geſetze feines Lebens: bes 
fimmte Er ging von der unumſtoͤßlichen Wahrheit aus, 
def im Körper mehrere, won einander verfchiedene Stoffe 


uthalten, und eben fo- viele Grundeigenfchaften wirffem 


fad, durch beren immerwährende Vermiſchung und- gegen, 
ſeitiges Einwirfen das Leben befteht. Sie find feine ans 
deren, ale die. vier Empedokleifchen, nnd ihre Eigenfchaftenr 
Birme, Kälte, Trodenheit- und Feuchtigkeit. Die Ele 
mente ſelbſt laſſen ſtch tm Körper nicht auffinden „ fondern 
es ntfprechen ihnien die vier KRardinalfäfte, Blur, Schleim, 
gelbe und ſchwarze Galle, die aber nicht weniger durch die 
ver Elementarqualitaͤten in wechfelfeitige Wirkfamkeit tre⸗ 
wo. Dieſe Beziehung der Elementarlehre auf das chieriſche 
teen war durchaus nicht neu, ſchon die Anhänger der Jo⸗ 
sfhen Philofophen hatten fie gewagt, und einer den Mens 
[den allein aus Diut, ein anderer allein aus Shleim, ein 
dritter aus Galle befieben laffen *), zum offenbaren De 





t) De Nater. hawan. Tom. F. p. 263. wovon der erſte Thell 
einem unbefannten Hippofratifer,, der zweite aber, der. die Zufäße 
begreift, p. 273, dem Polybus angehört. - Bergl. Gruner Censura 
lähror. Hippocrateor. p- 90. 

2) De Natur. ‚human. I. p. 264 


x 


r 


izsss 
weiſe, daß man es wohl ſchon früher wußte, den Elemen- 
. ten entfpreddende: und in die Sinne fallende Stoffe unters 


zulegen. Auch war es Fein ganz glänzendes Verdienſt, ber. 
Lehre des Empedokles den Borzug zu geben, der ihr ohne 


Bin fhen wegen ihrer Vielſeitigkeit zukam, denn fie war ja 


eigentlich nur eine Vereinigung der Abrigen Elementarthes⸗ 
rien. Nur ber Gedanke des fteten Ineinanderwirkens, der 


lebendigen Vermiſchung, war fiharffinnig und für de Heil⸗ 
‚ Bunde fruchtbeingend, ber jegt ein unabfehbares Feld neuer 
Anſichten eröffnet wurde. Geſundheit erklärte man für den 


Zuftänd der innigften gleihmäßigen Vermiſchung der Grunde 
ſtoffe und ihrer Eigenſchaften, fo daß weder eine Kraft 
@vrunis) oder Qualität, noch ein Element vorherrſchend fer. 
Krankheit dagegen für den Zuftand einer geſtoͤrten Vermi⸗ 
fung, wenn ein Zuviel oder Zumenig irgend einer Qua; 
Eität oder eines Elements entſtaͤnde, und ſich eins oder mehr 
sere von ben Abrigen trennten 5). Ste&t glaubte man nun 
bie Grundurfach aller Krankheiten entdeckt zu haben, ben 
vier Sardinalfäften war ihre Kerrfchaft geſichert, und eg 
"bedurfte nur einer weitern Einführung der allgemein aus⸗ 
geſprochenen Behauptungen in die Krankheitslehre ſelbſt. 
Diefe Anſicht war indeffen einfeitig aufgeftelt, nicht rein 
Hippokratiſch. Hippokrates blieb in feiner Pachogenie 
nicht bei den vier Kardinalfäften fteben, und legte er noir 
lih den Grund zur Humoralpathologie, fo vergeffe man 
nicht, daß darin ber. Begriff des Lebens der bvorberrfchende 
war, bag er zuerſt die vorhandene Naturphilofophie dem 
thierifchen Leben aneignete, und fie ben Geſetzen deſſelben 
unterzuordnen wußte. Das Heraklitiſche Feuer ward durch 


1 
7 
a ae, 
! ‚ 


2) Ebenb. VI. p. 266. 


ö— — — — —— — — — —  — — - 


| 137 
iin die ehierifche Lebenswaͤrme, und bie Empedokleiſchen 
Elemente vereinigten ſich zu einer lebendigen Vermiſchung. 


$ 2. 

Hippokrates Pathologie. 

Aus dieſem Grundriſſe der Phyſiologie ergiebt es ſich 
„un von ſelbſt, wo Hippokrates bie nächften Urſachen 
der Krankheiten geſucht Haben möge. Doch muß gleich vor⸗ 
aus bemerkt werden, baß dies niemals fein Hauptgefchäft 
war, fonbdern bie Beobachtung der reinen Maturerfcheinung 
immer vorberrfchend blieb, woher es denn kam, daß er ber 
Angabe der entfernten Urſachen mehr Fleiß wibmete, unb 
die dogmatifchen Schulen felten durch feine Werke befriedigt 
worden find. ‘Die meiften rein theoretifhen Anfichten has 
ben bei ibm das Anfehn, als wären fie aus einer langen 
Reihe von Erfahrungen entftanden, und es laffen fich viel; 
fiht nur wenige Deifpiele auffinden, wo er die Erfahrung 
der rorgefaßten “Meinung untergeordnet, und etwa ganz 
nah analytiſcher Berfahrungsmeife behauptet hätte, daß 
weil dieſe oder jene Veränderung im Körper vorgegangen 
fi, dieſe ober jene Zufälle durchaus erfolgen müßten *). . 
Die Hauptrolle fpielen bier offenbar die Feuchtigkeiten, es 
find aber nicht allein die vier Karbinalfäfte, | 
fondern es ift auch ausdrũclich von Scharfen die Rede, und 





1) Ein auffallendes findet ſich indeſſen: De Viet. acutor. XL. 
301. Wenn im Sommer oder Herbſt eine warme folgichte 
Feuchtigkeit (geöum vergwdss) aus dem Kopfe In biefe Theile (dem 
Hals) teßt, fo zerfrißt ſie dieſelben vermoͤge ihrer Schaͤrfe und 
Hitze, fie bringt fie zum Schwaͤren und füllt fie mit Luft an, «6 
Findet ſich die ſchlimmſte Engbrüftigkelt nebfl einer großen Hithe 
in, und was man im Halfe ſeben kann, ſcheint doch nicht an» 
laufen u. f. w. 


A, W | 

DIE Blutmenge hät’ kein beſtimmtes Maaß, fondern ride 
tet My nur nach den begleitenden Umpänden, beſonders 
nach ber Heftigkeit des’ Liebels, nad; dem Alter des Krane 
ten; und der -Befchaffenheit bes Körpers.) Plechowes 


allein begruͤndet fchon hinreichende Anzeige zum Aderlaß, en 


bewirkt: Stilfftand in: den Adern, und erregt. Schlagfluf⸗ 
wo: benn ſogleich ein Aderlaß am rechten Arm anzuwenden 


iſt ©), und ſelbſt aberſtarke Geſunde werben duch bite 


Mattel von bevorftehender. Sefahr befreit °). Ueberhaupt 
werden alle Krankheiten von Blutuͤberfluß durch das Aber 


laß am ſicherſten gehoben,’ felbft ſolche, die es an ſich niche 


erfordern, 5 B. Fallſucht). Der Dre des Aberlaffes muß 
dem befallenen Theile fo nah als möglich fein, um durch 
unmittelbare Ableitung des Blutes Entzänbung und Schmerz 
ſogleich zu hzechen. (Venaesectio derivatorie.) Daher fins« 
den wir auch Bei der Bräune das Deffnen der Zungenvenen 
"nach vorausgegangenem Aderlaß am Arm vorgefchrießen *). 
Dfe folgte indeffen Hippokrates den damaligen Begriffen 
don der Gefähvertheilung, bie freilih ganz aus der Luft 
gegriffen waren °), 3. B. in der Behandlung der Harnbe⸗ 
ſchwerde, wo die innere Ader (am Knoͤchel, vom zwäten 
Paare, das zu den Gefchlechtstheilen geht) geöffnet werben 
fol ”). In den: unenbliden Streitigkeiten über das Ader⸗ 


& ) 
R 





1) Ebend. — _p- 299. 

2) Eben. 

3) Apu. J. 3. If. oa. 

4) Vict’acut. XXVUI. p. 300. 
5) Ebend. XXXIX. p. 3or. 

6) ©. oben $. 26. 

7) Aph. VI. 36. 


155 

(ef wußte man nicht immer. dfefe Fingergeige einer falfchen 

Anstiımie von- dem zu unterfcheiden, was in biefer Hippo⸗ 
trarifchen Lehre ewig wahr beiben wird. 

Andere Blutentziehungen. waren in biefee Zelt ſehr ge 


- whlih, beſonders das Schroͤpfen, wozu man ſich eines 


Beffers mit gebogener Schneide und nice zu fehmaler 
Sythe Sebieme, um eine recht weite Wunde zu erhalten °). 
Nur Olutigel kommen nicht vor, deren Anwendung wie 


af ber methodiſchen: Schule verdanken. un. 


Um Brechen zu erregen, bediente man ſich ganz einfa⸗ 
cher, diatetiſchet Mittel, und ſchien die Vortheile nicht ger 
horig zu würdigen, die eine kraͤftigere Erſchuͤtterung durch 
ſtarke metalliſche Brechmittel gewaͤhrt. Man benutzte die 
lehtern, z. B. Gruͤnſpan (les zuress) faſt nur zur Abtrei⸗ 
bang der Frucht *), fonft waren einſenabkochung mit Ho⸗ 
aig und Eſſig, nach reichlichem Genuß von friſchem Gar⸗ 


. tmgendfe =), warmes Waſſer, Kitzeln des Schlundes mit 


der Feder, Honig mit Eſſig *), Yſop in Maſſer gerieben 


‚mit Effig und Salz; *) die gewoͤhnlichſten, auch wird Se- 


moides ) erwähnt, zu einer halben Drachme in Sauer - 
honig gereiht. Geſunde, die nach Aegyptiſcher Weiſe ein 
der zwei Mal des Monats. brachen, fuchten Dies ſelbſt 
durch den Genuß verfchiedenartiger Speifen und eine Ekel 
erregende Mifhung von Wein zu bewirken *). 





1) De Medico VI. VIL p. 48. 

2) DeMorb. mol. L 108. p. 5or. 

3) De Morb. UI. 15. p- 47- \ 

4) Intern. Affect. XIU. p. 2II. . - 

5) De saleb. diaer. VII. p. 629. 
6) S. unten. 

7) Eend. 


156 


Gelinde Abfüheungen in Krankheiten erregte Hipp oa 
frates mit ähnlichen ‚Mitteln. - Abgekochte Efelemilch üpk - 
reichliher Menge genoflen, (über fieben Pfund auf einmal) 
war ·˖ eins-pon den Hblichfien °). Außerdem finden wir den 
‚ auggepreßten Kohlfaft, fo wie den Kohl ſelbſt) (es iſt auıye 
beſtimmt, welche Art mar darunter zu verſtehen hat,) ie 
Abkochung ber Mercurialis annua :?), (Amslurs) der Bote 
alba (rörries) mit Honig, des Kohle mie. Balz *), sub 
alle übrigen Arten von Milch als brauchbare Abfahrunge⸗ 
mittel angefuͤhrt. 
Ueher die Anwendung der braſttſchen Purgirmittel flaxs 

den ſich bei Hippokrates mehrere beachtenswerthe Vor⸗ 
ſcchriften. So wenig. er. in hitzigen Krankheiten ohne hin⸗ 
reichende Anzeigen eingreifend verfuhr, fo wenig ſcheute er 
den. Gebrauch dieſer wirkſamen Arzneien, wo. es auf eine 
kraͤftige Erfchhtterung des Körpers anfem, Befonders im 
langwierigen Uebeln, verfäumte aber nicht bie nächigen 
Vorbereitungen dazu, um.ben Kranken nicht Gefahren aus⸗ 
zufegen, die durch Unvorſichtigkeit leicht becbeigefüher wer⸗ 
den. Sim: Allgemeinen bediente er fi) dazu einer anfeuch 
senden Diät, und fuchte die Kranken durch vorausgeſchickte 
gelinde Brechmittel zum Erbrechen geneigter zu machen *). 
Die einzelnen Mittel wußte er nad ihrer Wirkung genau 
zu unterfcheiden, und beſtimmte banadı ihre Anzeigen. Die 
Nieſewurz ift nach ihm geeigneter, Eririfche Ausleernuͤgen 





x) Vict. atat. XXXVI. p. 300. 
2) DeMorb. II. 12. p. 42 
3) Eben. p. 43. 
4). Intern, Affect. XIII. p. 212. 
5) Berql. Schulze de Elleboriemis voterum. Halas 171 


. 157 


herrorzubringen, Als das Peplium,; (der Saft‘ von Euphor- 


bie Peplus, Dioscorid. IV. 162.) das mehr Blähungen 
vernrfacht °). So finden wir alſo auch bier den trefflichen 
Grundſatz angedeutet, Bei ähnlichen Mitteln nicht bloß bie 
nähfte Birfung zu ſehen, fondern das Eigenchämliche eines 
iden nach der Matur des Uebels zu benugen. Bon .der 
Niefwurz (Wrlßegss) harte man bekanntlich zwei Arte), 
Veratrum album und Helleborus orientalis, der in-fei 
ner Wirkung mit dem Helleborus niger übereinzufommen 


ſcheint. Zur weißen Miefewurz wurde oft noch‘ ber: ass 


men Son Sesamoides gefeht *), man weiß aber nicht, welche 
Pflanze man darunter zu verftehen bat; zur ſchwarzen mehr 
des Pepliam, fo wie einige’Carminativa, 5. D. deines 
(Athamanta cretensis) Anis, Cuminum u,‘ a, Bahr: 
ſcheinlich hat fih Hippofrates auf diefe wenigen Mittel 
beſchrankt, obne dem Beifpiele ber Knidier zu folgen, bie 
nie genug Elateria anwenden konnten. In den ungaͤchten 
Schriften >) finden fih nun noch weit mehr, 3. B. bie 
Anidifden Körner (zexxss) die Früchte der Tihymelaea, 
(wörger, zuiuger) wahrfcheinlich einer Art Daphne, viel 
leicht Laureola oder Mezereum *), die Koloquinten, ‚aber 
nur zum aͤußeren Gebrauh, Scammonia, (Convolvulus. 
Scammonia) merkwuͤrdig ift es aber, daß nirgends der 
Une Erwähnung geſchieht, da’ ſich doch die Berfaffer jener 
Bacher nicht ſcheuten, ganze Kefhen von Abortivmitteln 
aufjufkhren ‚ und ihre Anwendung recht genau darzuftellen, 





ı) Vier. acut. XII. p- 277. 

2) Dioscorid. Mat. med. IV. 147. 148. 

3) De Morbis mulierum, De Natura muliebri, Tom, II, » 
415. 358. | J 
4) Maithiol. Commentar. in Diosc. Mat. med, L. IV. c. 167. 


458 . 


woraus erhellt, warum bie Aerzte im, Hippokratiſchen -Eibe 





perpflichtet: find, von biefem unwuͤrdigen Mißbrauch abak 
ſtehen. 

Von den harntreibenden Nitteln ſtehen bie Kant hari⸗ 
den oben an, wovon nach der Vorſchrift drei. Stuck o hne 
Beine und Fluͤgel in drei Bechern Waſſer zerrieben, und in 
der Kur der Waſſerſucht auf einmal genommen werben. *3 


Die, Bereitung dieſes Mittels giebt zugleich den beften. De 
weis von dem Zuftande der Pharmacie im Kippofratifchen 
Zeitalter. Sie wurde noch durch Feine chemiſchen Kenne 
giſſe unterſtuͤtzt, und felbft die Bloßen Fertigkeiten bei Der 


Mifhung und Zubereitung der Arzneien waren noch aͤußerſt 


| gering. Außerdem fuchte man bie Harnabſonderung noch 


durch reichliches Getraͤnk. zu befördern, dem man gern et⸗ 


was Honig zufegte *), und bediente ſich auch der Zwieheln 
 (Allium Cepa und Porrum) und des Selleri ) ‚ (eDuson 


Apium graveolens). 
Eine gelinde Beförderung bes Schweißer war nach der 


Hippokratiſchen Kriſenlehre in allen hitzigen Krankheiten 
nothwendig, denn dieſe Entſcheidung war ihnen nah Hi p⸗ 
pokrates eigenem Ausſpruche allen gemeinſchaftlich ). Es 
ſind indeſſen keine beſtimmten Mittel dazu angegeben, ſon⸗ 
dern die ganze Fieberdiat war darauf berechnet. Eine ei⸗ 
gentliche ſchweißtreibende Methode gab es daher noch nicht. 

unbedeutend ſind. ferner die Mittel, die dem Degrün 


der der Heilkunde zur Linderung der, Schmerzen. und zur 





1)" Vier, acat. LXVT. p. 3ar. | - 

2) De Morb. IE. 12. p. 43. _ 

3) De Affectiop. XLVI. p- 199. = Matiliol. Commensar. in 
Dioscorid. L. 11. c. 64. 

4) Vier acut, 1x0 p- 214. _ 


159 


Berubigung des Kranken zu Gebote fanden. Es ift aufı 


Ä 


fallad, den Mohnſaft nirgende erwähnt zu finden, der 
doch zu dem Altefien Arzneien gehört *), und offenbar von . 
Dippofrates Zeitgenoſſen angewandt wurde 2), Als 
ſtatkes markotifhes Mittel verdient, aber Mandragoras 
(Atropa Mandragoras) angeführt zu werden. Gin Hippo⸗ 
kratiſcher Schrififteller verordnet es im Wahnſinn, der mir 
% rdruß verbunden ift »), und zur Hebung der 

fe. 
Die Aufern Mittel waren fchon ziemlich zahlreich. Er⸗ 
weilhende Umfchläge hielt Hippofrartes im Geitenfich 
für ſehr wirkſam, und verordnete als den einfachften einen 
großen Schwamm in warmes Wafler getaucht. Auch Ger⸗ 
fienmehl mit verdünnten warmen Eſſig angerüßrt zwiſchen 
keinwaud wird empfohlen, und zum trockenen Umſchlag 
Hirſe mit Salz in wollenen Saͤckchen *) Das Einreiben ı 
wit Debf war fihon lange vorber eingeführt. Man bediente 
fh dazu kuͤnſtlich bereiteter mohlriechender Deble, die zum 
Theil aus Aegypten famen, wo man fie am beften verfer 
tigte *). Die übrigen Formen von Arzueimitteln find Kols 
rien °), Säfte ”), (Linctus, iciiymura) eine Art Pas 





ı) Vagl. 8. 19. ©. roa. 

. 9) Nur In einer dnzigen Stelle der uätlen Gheifke, 
wird das Oplum (os muxures) In Frampfbaften Beſchwerden 
der Gebärmutter empfohlen, (de Morb. mul. II. 79. p. 604.) wenn 
er ſonſt noch dad Meconium als Abfhhrungsmittel ermaͤhnt 
wird, fo IR dies auf das Peplium zu beziehen. ' 

3) De Loc. ia hom. XLVIIL. p. 391. 

4) Viet. acer XI. p. 276. 

5) Hieron. Mercurial. Variar. Letuon. L. II. c. 10. 
6) De Morb. nzl. I. 80. p. 463 = 

7) Viet. acut. LI. p. 30g. 





a 
160 " 
fiillen *), (@Fofexes, 3dtdes) Pessaria u. a. Pflaſter tver⸗ 
den noch nirgends erwähnt. Metällifche Mittel kommen 
nur Außerft wenige vor, und bei Hippofrates ſelbſt nur 
zum ‚äußern Gebrauh, 3 DB. rother Atramentflein =), 
‘ (Chalcitis, zersirıs vorrygia) ein Rupfervitriolerz, zur Blut⸗ 
ſtiluyg *), und Gränfpan als heftiges Brechmittel zur Ab⸗ 
treibung der Frucht *). Es find fämmelih nun Kupfer⸗ 
oder Bleimittel, und obne alle Fünftliche Bereitung, ai 
fo , wie fie die Natur gab. 

Aus diefer Ueberfiche wird es klar, daß ber allgemeine 
Theil der Hippokratiſchen Therapie vortrefflih, und Aber 
alles Lob des Geſchichtſchreibers erhaben das einzelne dage⸗ 
gen theilweiſe nach ſehr unvollkommen und mangelhaft war. 
Die Kenntniß der Heilmittel war noch in ihrer Kindheit, 
and wir vermiſſen unter ihnen ſelbſt mehrere große, denen 
- bie neuere Keilkunft ihren Vorzug von der alten verdankt. 
Hier ‘ft es aber, wie in der ganzen Hippokratiſchen Dies 
' biein: die Grundzüge find für alle Zeiten angegeben, bie 
Bollendung blieb den kommenden Jahrhunderten aufbehals 
ten. Wan bat aber wohl im Auge zu behalten, bag Dip: 
pokrates nicht Aber die ganze Heilkunde gefchrieben, und 
vieles unberührt gelaffen hat, was entweder der Zweck nicht 
erforderte, oder vorausgefegt werben konnte. Sehr ers 
wünfht würden uns die Behandlungen einzelner Kranken 
fein, fie find aber von ihm ganz Übergangen °). 

6. 31. 





1) De Morb. mul. I. 80. p. 463. 

2) Dioscorid. Mat. med. L. V,c.15. 
3) Viet. acut, LXVI. p. 321, 

4) De Morb. mul. I. 108. p. 501. 

5) Epid.I. WI. ur 


4 


161 
S. 3. 
Hippokrates Ehirurstie. 

Die Chirurgie war in diefem Zeitalter noch fo mit der 
innern Heilkunde verbunden, daß fie noch kaum einen eis 
geuen Namen erhalten hatte °). Auch von Hippofrates 
wurde fie ausgeübt und bearbeitet, und mir fehen denfelben 
Arzt, der bisige Krankheiten gelind behandelte, mit dem 
Meſſer und dem gluͤhenden Eifen feinen Kranken fühn zu 
Halfe eifen. Ueber den. Zuftand und die Ausbehnung der 
damaligen Chirurgie giebt uns das Buch über die Dfficin 
Des Arztes einige brauchbare Andeutungen, von dem, mas 
acht Hiypokratiſch ift, heben wir vor allem übrigen Folgen⸗ 
Des aus. ’ 

Die Lehre von der Trepanation war am meiften aus: 
gebilber, und mir fchließen daraus, daß dieſe Operation zu 
den älteften Erfindungen ber Vorzeit gehört. Beſtimmte 
Anzeige dazu war für Hippokrates jede durchdringende 
Knochenverletzung, gerade dieſelbe, bie von einſichtsvollen 
Chirurgen fuͤr die unbeſtreitbarſte gehalten wird. Man ſoll 
bier nicht ſaͤumen, fie innerhalb der erſten drei Tage vorzu⸗ 
nehmen, weil nach diefer Zeit auf Feinen guten Erfolg mehr 
zu rechnen ſei. Hierher gehören Befonders durchgehende 
Spalten und Bräde, und iſt man über die VBefchaffenheie 
. ber Berlesung zweifelbaft, fo fol man nach vorbhergegans 
gener Reinigung der Wunde ſchwarze Farbe .übergießen, 
darüber einen Umſchlag aus Maza (Gerſtenbrot) mit Eflig 
gelacht legen, und am andern Tage da, wo fich eine Spalte 
ige, den Knochen abfchaben, wobei es offenbar werde, ob . 
dieſe durchdringt, oder niche. Im veften Fall muß tre⸗ 





1) De Oficin. med. 1. .p. 614. 
L 5 


— 


. 162 

| paniet werden, im letztern bleibt die Dehandlung eins 
fach "). Eind aber fo viele Spalten vorhanden, dag Die 
Kuocenftäde herausgenommen werben Finnen, fo fol man 
diefe' nicht mit Gewalt berausnehiten, nachdem man Das 
erſte entfernt bat, und bie Trepanation ift hier Aberfläffig *). 
Sobald Fieber entftanden ift, fol man fogleich das Abſcha⸗ 
. ben vornehmen, und wenn es nöchig if, zur Durchboh⸗ 
rung fihreiten, ift dies aber nicht ber Fall, fo hat man ver 
allen Dingen durch Abfährungsmittel die Galle auszulee . 
ren,“ die hier gewöhnlich ergoffen wird °). Nun ift_es auch 


nicht immer nöthig, mit der dußern Knochenplatte auch Die 


innere mwegzunehmen, auch vermeidet man dadurch Die Ges 
fahr, die harte Hirnhaut zu’ verleßen, bie man nach ber 
gänzligen Durchbohring forgfältig zu reinigen und in Acht 
zu nehmen bat, damit fie nachher nicht in Verderbniß übers 
geht, ober Auswuͤchſe entftehen *), Dann bat man aber 


zur Verhuͤtung flarker Entzündung und bes Brandes die 


ſchadhaften Theile fo bald als möglich zur Eiterung zu brins 
gen °), und Überhaupt jede hohle Wunde und verbächtige 
Stelle jur Vorbereitung aller Abrigen Behandlung unge 
faumt einzufchneiden. Die Einſchnitte werden alsdann, bis 
fih das Weitere ergiebt, mit Charple und dem erwähnten 
Umſchlag ans Gerftenbrot mit Eſſig gekocht behandelt *), 
im Algemeinen muͤſſen aber ale äußeren Mittel, feibft bie 


- #”_ 





2) De Capit. vuln. XXI. p. 701. 

. 2) Ebend. XXIV. p. 703. | 

9 Ebend. XXVI. p. 705. 
4) Ebend. I. p. 706. xXU.p. 702 . 
5) Ebend. xx. p. 702. 

6) Cbend. XVIU, XIX. p. 699. 700% . 


- 


" y — 147 
nicht zu Anfange, es muͤßte denn ſehr aufwallend ſein, was 
doch meiſtens nicht iſt.“1) Sn dieſem Ausſpruch iſt ent 

-- halten, was die Hippokratiſche Lehre von der Lochung und 
Kriſe vorſchreibt, die man verſchiedentlich in Zweifel gezo⸗ 
gen, und ſelbſt als widernatuͤrlich verworfen hat. Man 
verwechfelte aber die Kriſenlehre einiger ſpaͤteren Schulen mit 
der aͤcht Hippokratiſchen, die keine andere, als die natuͤr⸗ 
liche ſelbſt iſ. Hippokrates war weit davon entfernt, 

den Krankheiten eine Zahlenregel vorzuſchreiben, und, ihre 

kritiſchen Beränderungen durchgängig an beftimmten Tagen 
erwarten ju wollen, er folgte nur dem, was bie Beobady 
tung felbft noch in unferen Tagen lehrt, eine Eünftliche Rech⸗ 
ınung bat erft die fpdtere dogmatifche, am meiften aber bie 
Neuplatonifhe und Pythagoriſche Sekte ber Natur aufge 
hbardet. Diefe ift es eben, gegen bie fich einfichtsnolle Maͤn⸗ 
mer von jeber erflärt haben *). Die wahre Hippokratiſche 
Kriſenlehre iſt allen Aerzten ehrwuͤrdig geblieben, die es der 
Mühe werth achteten, fie ſelbſt kennen zu lernen. Hitzige 
Krankheiten (vevoruura eila) find nah Hippokrates 
ſelche, die einen Eürzeren Verlauf machen, (fie entfcheiden 
ſich gewoͤhnlich in vierzehn Tagen) ?) und mit Gefahr 
verbunden find, wie Geitenftih, Lungenentzündung, Phre- 
nitis und das hißige Brennfieber *). In ihnen find die 
Berherfagungen, fowohl des Todes als der Genefung, durchs 
aus nicht zuverläffig *), ihre Veränderungen gefchehen ins - 
deffien mehr an den ungleichen, als an ben gleichen Tagen, 


ı) Apb. I. 20 21.20. 
‚ 2) Cela. Lib. IH, c 4 p. 131. 
3) Aph. I. 23. 
4) Viet. acat. II. p. 270. 
5) “pb. il. 19. - 
82. 


‚f 


3 


: 

Edles: Waſſer zu Landen, ‘damit ber Knochen nicht in Ver⸗ 
Gen Uberginge, und ein größeres Stuͤck vom Rande abs 
"geftoßen iverden "müßte ”). Die Abdrigen Vorſtchtsregeln, 
daß malr fleibtd nachſehen ſolle, wie tief die Krone einge⸗ 


drangen ſei, und zületzt langfamer and mit weniger Ger 


walt bohren infffe, um ben Durchbruch des Inſtruments 
zu verhuten/ find, wie bie Natur der Operation ſie er⸗ 
fordert. 

Die Zufane nach Ropfrounden mit Srhden, wenn Re 


vernachlaſſigt ſind, hatte man genau beobachtet. Hippo⸗ 


kruͤtes beſchreibt die oͤrtlichen ſowohl, wie die allgemeinen, 
and fügt hinzu, dag Convulſionen, woran ber Verwundete 
ſtirbt, immer die andere Seite befallen ®). 

"Aus biefem Beiſpiel erhellt der Zuftand der Chirurgie 
tm Hipprkratiſchen Zeitalter. Und doch war die Trepanga⸗ 
tion nicht die bedeutendfte hirurgifhe Unternehmung, denn 
auch ber Steinſchnitt wurde haͤufig ausgehbt, wiewohl Das 


ad 


Vorurtheil ber Zeit keinem Arzte geftattete, feine Hände 
sr damit zu befleden, und nur Befondere Steinſchneider ſich 


ausſchließlich damit beſchaͤftigten v), bis endlich der Eifer 
“ der Alextandriniſchen "Aerzte dirſe herrliche Operation zum 


Gegenftande mtffenfchaftliher Forfhimg erhob. Die Bier 
thode, die von  biefen chirurgiſchen Handwerkern befolgt 
wurde, war die mit der kleinen Geraͤthſchaft, wie ſie von 
Celſus *) beſchrieben wird, denn eine andere kannte das Als 
terthum noch nicht. 

Faſt alles Uebrige haben m wit aus ben R untesgefäohenen 





ı) De Cp. voln. XXVIII, p. 706. 

2) 8. 27. S. 13. -° — 7 
2) Hipp. Jusiuraad. U. p. 43. 

4)' De med. ‘2. Yi. 5 - 


.’ 
a A 


165 
Berken zu ergängen., Die Behaupfang her Banden ‚ per 


im Ganzen einfach: man. beſchwerte fie wicht unudehig mit 
eingreifenden. Mitteln ‚ und beachtete mohl den Zafland ;hep 
ganzen Körpers.. Dex, Verhand war- ice. ohne Küufeleien, 
bob gaben auch hierin bie beffecen , Aecatę der Einfachheit 
den Berzug ?). ‚ Mehtgefihmürs des Afters heilte man durch 
Unterbindung *). Ausgezeichnet mar . die, Lehre von ben 
Deinbrüähen und Verrenkungen, aber dier hatte ſchon eine 


fange Erfahrung in den Kampffchuien vorgeleuchtet F und 


eben dieſer Theil der Chirurgie wer ‚einer ſolchen Ausbil⸗ 


dung am weiſten emepfänglih. Die Berbaudfitide ne Ge 
Iupg der Beinbruͤche waren, felbf bie Fchienen nicht aur⸗ 
geuommen, faſt ganz dieſelben/ wie ſ noch. jebt angewandt 
werden 2); Die Behandlung der Verrenkungen ſebt am 
Kenatnig der Gelenke voraus, „die in diefer Zeit außerors 
Deutlich zwar +). Man bediente ſich ab einiger. Moaſcho⸗ 
nen, fie. waren aber ‚nicht fo gsfünftele, wie fie bie fpätege 
Chirurgie erfaud, 5 B. ber Aube, bei nach von unſern 
Chirurgen Lobſpruͤche ertheilt werben, zur Ciurentung des 
Schultergelenka Auffallend iſt es aber, , die Brüche (ber- 
niae,, — von Hippokrates kaum erwahnt zu fin⸗ 
den >). Vielleicht gehörten fie zu den feltenften Erſcheinun⸗ 


gen, fo daß man feine gename Kenntniß von ihnen hatte. 


Bar dies ber. an: ſo lag die Muhr davon seo in der 


U  [® 22 
1) De Amqnl. XXX. p. 366. De Medion. KV. 246. Dp Oi 
med. IV. seq. p. 617, ven, 27 


‚2) De Fistal. p. 680. ı 
3) De Fractur. p. 708. . 
4) DoAricl.p.736 "1. R 
5) DeAör. Aq. et Lae. Ih . 335. Much, pm 2. gn mie 

J 


I) 


- Oefchwälße des Hodenfads gemeint, fein. ., 


166 nn / 
Altyemeinhelt ber Shrkatftifthen Uebungen. Denn dadurch 
wurde der GSchlaſheir bes Körpers vᷣorgeheugt, bie bei bes 
ncueren Völkern bies Uebel fe häufig veranlaft: 

Das’ sthBinbe Eiſen war ällgemeln in Gebrauch, und 
Ynan war in den "Anzeigen feiner Anwendung ſchon fi weit 
| vorgefihritten, , daß man ſelbſt feine Mirkfamteit in Selen 
Abeln anerkannte. Namentlich wurde % beim’ wiederholten 
Ausfallen des Oberarmẽ ans dem erſchlafften Schulterge⸗ 
lenk empfohlen .* 
| ‚Eine Enebindungsfunft gab es noch richt, oder fie war 
vielmehr fo roh⸗ daß fie dieſen Namen noch nicht ver⸗ 
| Biönte, wie fe “& benn im ganzen Alterthum geblieben 
iſt. Sie „befchränttd ſich nur af eine kanſtloſe Zerſtuͤkeluns 
der gende. © 

"Die Augenheiteönde tvar mentgftens in einzelnen Chei⸗ 
len ausgebildet, "uiid man kannte ſchon eine Menge von 
Augenäbeln, von denen man einige einer chirurgiſchen Be 
handlung unterwarf, * B. die Trichiatis; hier iſt aber das 
empfohlene Dirräipiehen eines’ Fadens durch ben Rand des - 
Augenliedes ohne Nutzen und ſchmerzhaft ). uebet haupt 
waren dieſe Kennentffe noch micht wiſſenſcheftiich vereintgt· 


BE . Br 

De potoatos Feichenlehre k 

. Bas Hippokrates in der Übrigen Heilkunde geleitet 

bat, mag groß and des eivigen Machtuhrit wüͤrdig fein. 

Konnte er aber in vielen Theilen nicht weiter vorſchreiten, 
‚ ale ihm fein Zeitalter erlaubte, fo har er die Zeichtenlehre 


% 





2) Do Arueul. XI. X. XII, —R 
25 De Exseiönetorus. Mia. > 6 
: 4 ei BR OR 
3) Vet. æcut. IX. 3a, 9 ed 


167 -, 


ine hoͤchſten Bolfommenheit gebracht, und wird hierin als 
Scheer der Aerzte immer anerlannt bleiben. Man kann fa 
sem, daß die Griechen in des Anſchauung ber ſchoͤnen for 
wohl, wie der Eranfen Matur fi zu gleiher Höhe em; 
porgefhwungen baden. Wos Phidias in den bildenden 
Känften, wac Hippokrates in der Kunft, Gemälde der 
Krankheiten zu eritwerfen. Seine Meifterhand bat vor allen 
ihre Erſcheinungen außer, dem Zuſammenhange dargeftelt, ' 
und die Aerzte auf Diefe ewigen 2eitfterne ber Natur dinge 
wiefen, die niemals irre führen, von denen die Beurthei⸗ 
fung der Krankheiten und bie ganze ıwiffenfchaftliche Kran 
beitsiehre am meiften abhängen. Gr folgte bierin dem 
Geiſte feiner Vorfahren, und fo war denn auch feine Se 

miorif durchgängig mehr auf bie Vorherſagung gerichtet, 
die aber ſo, wie ſie von ihm angegeben iſt, eine viel reifere 
Ueberlegung, mehr Scharfſinn und. ein weiterwogeneres 
Urtheil erfordert, als felbft das Durchſchauen des gegenwaͤr⸗ 
tigem Zuſtandes. Faſt jeder einzelne Geb beurkundet bie 
Keife einer ausgedehnten und reichhaltigen Erfahrung, und 
ſelbſt die felsenften Krankheitszuſtaͤnde find mit einer Wahr⸗ 
heit dargeſtellt, die nicht felten die Zweifel ganzer Schulen 
und Zeitalter zus Rechtfertigung bes Hippokrates nieder 
geflogen bat ) Was fich dem Auge bis Arztes darſtellt, 
ift von ihm vorzugsiweife bearbeitet worden, vor allen bie 
Zeichen ans dem Aufßers Bechaiten des Kranken, ſeinem 


1) Die Maschi. Apb. IV. 34. 35.: „6 if azdela wenn 
eisen Fieberkranken plöglich eine Erſtickung befänt, wiewohl er tm 
Hefe Feine Geſchwnlſt Hat.” mb: „Es if söbtlich, wenn einem 
Theberfranfen der Halt piöhlich feltwärts gezogen wird, und er 
fouıı etwas trinken fann, ohne daß cine Geſchwulſt In demſelben 
1,” Hat man lange für ungegründet gehalten, weil vlelleicht lange 
Erin Arzt Gelegendeit Dhtte, dieſen Zufend zu ſehen. Noch vor 


Bud, der Lage feines Krpers, der Hautfarbe, ber Weränts 


derung feines Umfanges u. f. iv. Aber aud auf bie Aus— 
fonderungen, den. Schweiß, ben Urin und Stuhlgang, 
Blurflüffe , bie Defchaffenheit der Zunge, ift forgfältig Ruͤck⸗ 


- fiht genommen, ja wir finden felbft eine Art Eiterproße, 


um die baldige Toͤdtlichkeit der Schwindſucht anzugeben. 


Man foll nämlich ben ausgeworfenen : Citer auf Kohlen 


thun, und wenn er bann.einen übeln Geruch verbreitet, fo 


| beweift Dies nah Hippofrates um fo mehr den bevorftes 
benden Tod, wenn zugleich die Haare anfangen auszufal⸗ 


Ien 3). Nur eine große Reihe von Zeichen, die in ber 
neueren Heilkunde die vornehmſten ſind, iſt von ihm ganz 


unbeachtet geblieben. Es find die Verunderungen des Puls 
ſes, deren Wichtigkeit ihm noch nicht einleuchtere. Dem 
wo man bie Adern des Körpers noch nicht unterfchieb, wo 


man über ihre Verbindung mit dem Kerzen nach gar Feine, 
ober noch ganz dunkele Begriffe hatte, da konnte man noch | 
nicht su ber Dieberzeugung gelangen, daß von hieraus Die 
inneren Leiden bes Körpers aufgehellt werden. in geiniffer 
Yegimins, ber allem Anſcheine nach vor Hippokrates, 
oder wenigſtens gleichzeltig mit ihm gelebt bat =), wird 

zwar als Verfaſſer eines‘ Werkes über die Pulfation anges 
führt I, und nach Galen iſt damit auch das Schlagen 





kurzem find fie aber In tinem von dem Gern G. u. Berends 
beobachteten Falle, mo eine todtliche Lähmung ber Halsnerven zu 
einem erſt einfachen Fleber tat, faſt buchRäblich eingetrofſfen. 
1) Aph.V. 11. 
o) Es iR nichts weiter von ihm befannt geworben „ denn ob 


es derſelbe aus Elis fein mag: vom dem Plinius ergählt, 


-(Hist. nat. L. VII. <. 4B. p. 400 ‚5: er. babt guelfundert Jabe ge 
Int, IR unbeſtiamt. 1: 


N DI wurndr. Glen, —* L. IV. €. 87. A. Bd. Chat. 


153 


heilig fei. WBorzugsweife wird der Notzen ber laumarmen 
Bäder in der Lungenentzündung geruͤhmt, deren gänftige 
Entſcheidung fie durch Linderung, ſaͤmmtlicher Zufähe he 
beiführen follen. Weniger im bisigen Brennfieber;. Aber 
haupt hielt Hippokrates gallichten Zuſtand, Ekel und 
Neigung zum Erbrechen, Durchfall, Verſtopfung, große 
Schwaͤche und hinreichendes Naſenbluten für Gegenanzei⸗ 
gen der Baͤber *), Auch die Uebergießungen werben: er⸗ 
wähnt, es laͤßt ſich aber keine genuͤgende Rechenschaft mehr 
von ihrer Anwendung geben ). 

Das Aderlaß nimmt in ber Hippokratiſchen Therapie 
eine bee erften Stellen ein, und wir finden bier diefelben 
Anzeigen dazu angedeutet, die in unferer Heilkunde nad) : 
jweitaufenbjäbeiger ‚Erfahrung fortbeftehen, Man fol in 
jeder hisigen Krankheit zur Ader Laffen, wenn fie heftig, 
und der Kranke ſtark und im blühenden Alter iſt ). Im 
entzundlichen Geitenftih, wenn ſich der Schmerz bis zum 
Schläffelbein erfiredt, oder eine Schwere im Arm entı 
ſteht. Hier Toll man bie Ader im Ellenbogen öffnen, und 
viel Blut fließen laſſen, bis es röther geworden üft, ober 
dunfel, (wirser) wenn es vorher rein und roth war *). Er⸗ 
ſteedt ſich indeffen ber Schmerz nice fo hoch, fo iſt nach 
Hippokrates das Aberlaß unwirkfam, und man fol dann 
uur die Krankheit mit Ausleerungen zu heben fuchen 5). 





1) Vier. acm. XXXI, XXX, XXXHI. p. 0206. 
2a) Ebend. XXXIL p. 265. 
3) Ebend. XXXV. 16. p.098. - 


4) Diefe an ſich falfhe Regel, die ſich auf die Annahme 
von amreinen Gioffen im Blute ſtatzt, iſt. nachher auf das ganze 
Viertham bergegangen. ( Cels. II. 10.) 

5) Vier. aeut. I. p. 277. 


x 1. 


10. | * | 
füage man, ob der Kranke etwa ſgewacht babe, oder ob ee 

am Durchfall leide, ober ob er ausgehuugen fd. Veiahes 
er etwas davon, fo kann man es für weniger gefährlich 


u . halten. Es giebt..und entfcheiber ſich aber biunen Tag und 


Nacht, ob das Geſicht aus: dergleichen: Urſachen fo ausfiebe- 
Berſichert er dagegen, daß von alledem nichts Statt finde, 
und andert es ſith in der. angegebenen. Friſt niche, fo wife 
man, daß der Tob bevorficht. Hat das Geſicht ein ſolches 
Anfehn,, nachdem: die Krankheit bereits länger als drei ober 
Wer Tage gedauert bat, fo muß man fich auch danach er⸗ 
kundigen, wus ich‘ vorher angegeben babe, und bie Abrigers 
Werkmale, ſowohl im sangen Geſicht, als auch am uͤbri⸗ 
gen Kdeper und au den Augen mit beobachten. Denn mens 
‚fie das Licht fpenen, wider Willen thraͤnen, ader verdreht 
ſind, oder das eine Eleiner wird, als das andere, ober das 
Weiße in ihnen roth ift, oder es werben bleifarbne ober 
ſchwarze Aederchen auf ihnen ſichtbar, oder es fege ſich Uns 
teinigkeit am fie an, ober fir zittern, oder fie werben hew 
porgetrieben, ‚ober fie fallen ſehr tief hinein, ober die Au⸗ 
genlieber find umgebogen, ober fehr zufammengessgen, ober 
Vie Augapfel find von ber Hitze mit Schmus belegt, und ha⸗ 
ben ihren Glan; verloren, ober die Farbe des gamen Ger 
ſichts idied -veränbere, fo hat man bies alles für böfe und 
dhchſt gefäßelih zu halten. Man beobachte-aud wohl die 
Erſcheinnagen der Augen im:Guhlafe. Denn es iſt ein bb⸗ 
fes und ſehr toͤdtliches Zeichen, wenn bei einem Kranken, 
der nicht am Durchfalle leidet, oder ein Abführungsmitsel 
genommen Bat, oder ſonſt fo zu ſchlafen pflegt, die Augen 
lieder nicht ganz geſchloſſen find, und etwas von dem Weis 
fen gefehen wird. Man wiſſe auch, daß ded Kranfe dem 
Zode nahe iſt, menn das: Augenlied, ober Die Lippe, ober 
die Mafe unter, irgend einem von den Abrigen Zeichen ney 


000488 
haß mußte man nicht immer dleſe Fingergeige einer falfhen 
Anstimie von. dem zu unterfcheiden,; was in biefer Hippo⸗ 
kratiſchen Lehre ewig wahr beiben wird. 

Andere Blutentztehungen waren in dieſer Zelt ſehr ge 
- which , befonders bas Schroͤpfen, wozu man 'fich- einen 
Weffers- mit gebogener : Schneide und nicht zu ſchmaler 
Spike ebiemte,, un eine wecht weite Wunde zu erhalten °). 
Nur Olutigel kommen nicht vor, deren Anwendung wie 
erſt dee methodiſchen: Ochule verdanken. u 

Um Drehen zu erregen, bediente man ſich ganz einfä⸗ 
‚der, diatetiſcher Mittel, und ſchien die Vortheile nicht ger 
hoͤrig zu würdigen, bie eine kraͤftigere Exfefitterung durch 
ſtarke metallifche Brechmittel gewährt. Man benutzte die 
lchtern, 3. B. Gruͤnſpan (2ds zureeh). faſt nur zur Abtrei⸗ 
bang der Frucht *), ſonſt waren einſenabkochung mit Ho⸗ 
aig und Eſſig, nach reichlichem Genuß von friſchem Gar⸗ 
tengemiſe 2), warmes Waſſer, Kitzeln des Schlundes mit 
der Feder, Honig mit Eſſig *), Yſop in Waſſer gerieben 
mit Eſſig und Salz °) die gewoͤhnlichſten, auch wird Se- 
samoides *) erwähnt, zu einer halben Drachme in Sauer⸗ 
hanig gereicht. Geſunde, bie nach Aegyptifcher Weife ein 
sber zwei Mal des Monats. brachen, fuchten dies ſelbſt 
dach den Genuß verfchiebenartiger Speifen und eine Ekel 
erregende Mifhung von Bein zu bewirken *). 

1) De Medico VI. VIL p. 48. 

2) DeMorb. mol.L 108. p. 501. 

3) De Morb. U. 15. p. 47- \ 

4) Intera. Affect. XII. p. Zt. . 

5) De salub. diaet. VII. p. 629. 

6) S. unten. 

7) Eend. 


172 | - 
" Wsigen Biebein. :obets bei Rungenedgbäbingen,. ‚ober. . dig 
beri Sirene; Ygpemirre); ‚ober. heim. Kopfweh mir übe: 
won Bar Geſicht fahren‘, vder um fich greifen, ale DB ſNa 
Sitszin. finden, oder Kleinigkeiten. auffuchen,, oder Flocken 
vern der Decke rupfen, oder ah kleine Splitter son Deu 
Bub sblifen Y%: 2 
0 In allen: büigen Reonkiehen And diejenigen Eiche 
de beiten ..:bie fi an. dem Entſcheidungstagen einſiunden, 
und bas Fieber vollkemmen vertreiben. : Auch diejenigen ſreub 
gut, bie: Aber den ganze Leib ausbrechen, dem fie Berner 
| fin, Snß der Koanke fein. Lehel, leichter Aberfiehen wende. 
Img: Kind bie ESchweiße, die nichts von dem Vorerwaͤhn⸗ 
den berEtrken/ am. allerfhlunmften aber bie kalten, und. Die 
nur u demiKopf, im Geſicht und am Nadaı bervorbres 
den. Dream. in sinem hitzigen Fieber verfüniigen fir-bes 
Zod, in einem gelindern aber eine laugwierige Kenukheic, 
. fo wile die, welche anf eben die Art, wie am, Rapfe Sch 











über :ben ganzen Koͤrper einfinden. Doͤſe find. die Gchweiße, 


die wie Hiſenkoͤrner und aus, um⸗den .Bale, gut dagegen, 
bie trapfenweiſe und: dunſtartig ausbrechen. Men muß 
überhaupt die Schweiße wohl beobachten, denn einige sehr 
ren von der Schwaͤche des Kiryers.ı und auders pan Dar 
vn* dee Eutzanbung bee ?). © 1 = > lan; 

Es iſt ˖ ſchlimm, wenn Der Kopf, die Hände uns Bäße 
ie, ber Unterlaib und die Mruſt aber heiß find. - Degw 
 gen.if.es fehr gut, wenn ſich der garze Erper warm, 
und ball weich anfuͤhlt. Der Kranke muß ſich bequem 
‚umbeheu Tonnen, und beim Aufrichten leicht ſein. Gefaͤhr⸗ 


uch iſt es _ wenn er nu am, air Abper und 


(len - . ’ 


Fi Frognan. I. AU. ‚P BT er 3. 29 F 4 


a) . Eund. V. B,461. t —W8 — a FL i 


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-. 


— — 


178 


an den Händen und Füßen ſchwer zu fein ſcheint. Werden 
überdies die Finger und Magel Bieifarbig, fo kann man 
den Tod im kurzem erwarten. Werden aber die Finger und 
die Fuͤße ganz ſchwarz, fo iſt dies weniger ‚gefährlich, als 
wenn fie Bleifarbig find. Dec bat mar dabei ˖ auch auf 
de Kbrigen Zeichen zu ſehen. Denn wenn ber Ruanfe «b 
nen fehlimmen Zufall leicht zu ertragen- ſcheint, und zu Die 
fen Zeihen noch ein anderes gutes fommt, fo kann mag 
hoffen, daß die Krankheit füch in einen Abſceß umfegen, dee 
Kranke genefen, und das, mas cam Körper ſchwarz gewor⸗ 
den iſt, abfallen werde ). Ä } 
In der Lungenentzündung und im Seitenſtich muß ber 
Ausmurf zeitig und leicht erfolgen, und das Gelbe mie ihm 
innigft vermifche zu fein fcheinen. Denn wenn er erft lange 
nad) dem Anfang der Schmerzen gelb oder rothgelb, oder 
unter einem oͤftern Huſten und nicht innig 'gemifcht er⸗ 
folgt, fo ik es übel. Der gelbe lautere Auswurf bringe 
Gefahr, und der weiße, Flebrichte, zaͤhe und 'geballte mer 
nig Nutzen. Aud ein graugelber und ſchaͤumiger tft boͤſe. 
Und ift er fo unvermiſcht, daß er ſelbſt ſchwarz zu ſein 
ſcheint, ſo iſt er noch gefährlicher, als jene. Es ift fchlimm, 
wenn der Kranke nichts auswirft, und die Lunge fich nicht 
ausleert, Tondern weil fie vol ift, im Halſe ein Geraͤuſch, 
wie vom Kochen entſteht. Es ift in aller Lungenkrankhei⸗ 


ten böfe, wenn Schnupfen und Nieſen vorhergegangen I, 


oder fih dazu einftelle, aber in anderen hoͤchſttoͤdtlichen 
Sranfhelten ift das -Miefen zuträglich. Der gelbe, mit mes 
‚nigem Blute vermifchte Auswurf ift in den Ingenentzäns 
dungen, wenn er ſich zu Anfange einfinder, heilfam und . 
erleichtert ungemein. Am ſiebenten Tage aber, und nech 


ı) Ebend. VEH. p, 454. 


174 | oo Ä 
"fpäter iſt er weniger ſicher. Aller Aucwurf, der die Schumes 
gem nicht lindert, iſt boͤſe, und am gefaͤhrlichſten if, zug 
erwaͤhnt, ber ſchwarze. Der Auswurf dagegen, der Die 
Schmerzen ſtillt, ift beffer, als aller andere *). 

Cs fommen in diefer Zeicheülehre Behauptungen -vor, 
die einer theilweiſen Berichtigung ‚allerdings fähig ſend, 
wovon es nicht ſchwer fallen wuͤrde, Beiſpiele anzuführen. - 
Einzelne Irrthuͤmer thun aber br Schönheit und Groͤßr 
des Genen, feinen nm. — - 


$. 33. 


Schlußfolsen. 

Hippokrates hatte nun den Aerzten gezeigt, wel⸗ 
chen Gang ſie in der Fortbildung ihrer Kunſt nehmen ſoll⸗ 
ten. Die wahre wiſſenſchaftliche Heilkunde war jetzt be 
gruͤndet, und die Nachkommen brauchten nur auf dieſem 
Felſengrunde fortzubauen. Der Wille hat ihnen nicht ge⸗ 
fehlt, aber es gab zu allen Zeiten nur wenige, deren Geiſt 
fo mit der Natur in Uebereinſtimmung war, wie es Hip: 
pofrates von bem feinigen der Machwelt berviefen hat. 
Deshalb haben auch im Alterthum menige die Matur fo 
ganz in ſich aufnehmen Finnen: die meiften haben ihre Ci: 
genthämlichkeit auf fie Übergetragen, und ihre Arbeiten 
waren mehr von dem Wiederfihein ihrer Denkweiſe, als 
‚von bem Lichte der ewigen Natargeſetze erleuchtet. Faſt alls 
gemein galt indeffen Hippofrates Aufehn, und wurde - 
nur von wenigen verworfen, bie fi ganz außer feinem 
Kreife fühlen, und das gründliche und muͤhevolle Beobach⸗ 
ten gern für zwecklos erklarten. Diefe entfihiedenen Geg⸗ 





2) Ebend. ZITE p. 458. 


— — — 
Te 


— — — — — 


m — — — — —— — — — — 


. A 


W 175 
ner bes Hippokrates haben der Heilkunſt weniger geſcha⸗ 
der, als viele feiner blinden Verehrer, die jedes Wert bes 
angeflaunten Meiſters für untruͤglich, und die game Me 
Kcin für abgeſchloſſen hielten, fo daß nichts weiter hinzuge⸗ 
fügt werden koͤnnte. Nun wurde aber bald das heilige Be⸗ 
ſizthum durdy Zufätze und Erweiterungen entftellt, und 
man hielt auch das für Hippokratiſch, worin nur der Schul: 
wong und bie Spſtemſucht ihr Spiel getrieben hatten. 
Darauf durfte nichts meiter gebaut werden, denn der Ira 
tum in der Grundlage mußte ſich nothwendig durch die 
Ausführung vervielfältigen. Dazu kam das große Heer 
geſchaftiger Ausleger, die ſo oft eine Bedeutung in die 
Hippokratiſchen Ausſpruͤche hineinlegten, die dem großen 
Urheber ganz fremd geblieben war, und ſo gab es von jeher 
une wenige Schulen, die nicht im Hippokrates die Be 
Rätigung ihrer Lehren gefunden hätten. Denn zur Erfah 
rung haben fie alle ihre Zufluht genommen, und alle 
mähnten dies hoͤchſte Gut in der Heilkunde zu befigen, das 
fiber ihr Treiben doch weit erhaben war, und beffen hoben 
Werth fie doch niche fo wie Hipposrates begreifen konn 

ten. Es vergingen daher oft lange Zeiträume, wo für 
die Heilkunde nichts Erfpriefliches geſchah, weil man bie 
Erfahrung, und Hippofrates Werke, die Richtſchnur, 
nach der fie allein zu erwerben ift, niche in ihrem eigenen 
Sinne auszulegen mußte, und felbft für den Irrthum 
darin Deweife fand. Baldnerhoben neue Philofophien 
ihr Haupt, und ftrebten in der Hellkunde nach der Allein: 


o 


herrſchaft, die der wahren Naturphiloſophie, nicht aber der 


Wilthhe des menſchlichen Geiftes gebührt. So wirft ſich 
alfo die Heilkunde von jet an in das Drängen und Trei⸗ 
ben der Meinungen. Es erftanden viele große Aerzte, wid 
tige Entdeckungen wurden gemacht, und die Graͤnzen des 


. 





BB 
m. u | 
noch engen Sebietes ungemein⸗ erweitert. Es fehlte aber 
ber Hippokratiſche Geiſt, durch den die Heilkunde zu noch 
viel größerer Höhe erwachſen wäre, hätte er nur oͤfter aud 
länger bie Herrſchaft behalten.“ 


J 


Zweite Periode, 
Bon der erſten wiſſenſchaftlichen Bearbeitung 
der Medicin, bis zu ihrer hoͤchſten theoretis 


| fhen Vollendung im Altertjum, oder von 


| 


— — — — — — — — — — 


— —* 
* 


u 


Hippofrates bis auf Galen.. 377 v. Chr. 
bis 200 n. Ehr. 





Erſter Abſchnitt. 
Schule der Dogmatiker. 


G: 34. 
Theſſalus, Draeo, Polybus. 


Der naͤchſte Abweg, auf den man nah Hippokra—⸗ 
tes Tode geriech, war der Weg der theoretifhen rüber 
kin. Man glaubte jest binreichenden Stoff zu beſitzen, 
um ein feftes Lehrgebaͤude darauf zu gründen, wodurd man 
die Heilkunde von dem Vorwurfe der. Unficherheit befreien. 
könnte, den ihr Philofophen und Mathematiker von jeher 
gemacht haben. "Der Grund davon mar die Macht ber 
Philsfophien in diefem ganzen 'Zeitalter, die ſich eben fo 
wohl über die Heilkunde, als bie übrigen Wiffenfchaften 
ausdehnte. Man folgte nicht einer einzigen philofophifchen 
Schule, fondern benupte die Lehrfäge von mehreren, je 
nahdem fie gerade im Anfehn der Untrüglichkeit fanden, 
und fo war es im Ganzen mehr die philofophifche Methode, 
die Maturerfcheinungen höheren. Anfihten unferzuordnen, 

L ' - M 


% 


178 5 | . 


und die Beobachtung nur zur DBeftätigung biefer Anftchten 
zu benugen, die ſich von jetzt an der Heilkunde mitcheilte, 
und bis zu ihren größeren Ummwandiniigen die herrſchende 


blieb. Man nennt. die Aerzte, die fie befolge haben, Dog: 


matifer, (Aeyızad, medici rationales) ") und koͤnnte fie 
eben fo gut Theoretifer nennen, weil ihnen die Erfahrung 
mehr Nebenfache war. Sie find nicht in eine beſtimmte 
Schule ju vereinigen, denn es war große Verſchieden heit 
in ihren Lehren, und mie denn bas, worauf fie ihre Mei⸗ 
nungen gründeten, böchft unficher und fchwanfend war, fo 
blieb der Willkuͤhr eines jeden viel überlaffen, .und es war 
feine Uebereinftimmung mehr zu hoffen, da die einmal bes 
tretenen Irrgaͤnge die Aerzte von einander fchieben. 

Der Tadel, die Theorie zu weit getrieben zu habe, 
trifft ſchon die unmittelbaren Nachfolger des Hippokra⸗ 
tes, Iheffalus und Drato, feine Söhne, und Po: 


lybus, feinen Schwiegerfohn. Sie und ihre Nachlommen, 


fo wie alle, die fi zu diefer Schule rechneten, führten den 
Namen Hippokratiker, aber nicht mit vollem Rechte, denn 
fie vermochten nicht die wichtigfte Grundlehre ihres Mei: 
ſters feflzubalten, die Erfahrung ‚höher zu achten, als die 
Xheorie, und hatte, diefer eine Trennung der Heillunde von 
der Philofophie bewirkt, fo war es ihr eifriges Bemühen, 
beide wiederum zu vereinigen. 

Theffalus nimme unter ihnen- bie oberſte Stelle ein, 
Er Iebte am Hofe des Königs Archelaus von Macedos 


nien, nme nach allen Angaben 2) zu urtheilen ein fehe 


8 





1) In dem Sinne, den Celtue (Praef.) mit dieſem Aus: 
bruce verbindet. 


2) Galen. Comm. L in lih. Hipp. de natur, human. init. 


t 


I 


179 
geiſwoller Mann, und von allen Hippokratikern der eifrigſte 
Theoretiker, ſo daß man ihn fuͤr das Haupt der dogmati⸗ 
ſchen Sekte halten kann. Das Alterthum nennt ihn faſt 
einſtimmig als den Verfaſſer der vier Bücher von den Krank 
heiten *) (weft vd) des zweiten, vierten, ‚fänften, ſech⸗ 
Ken und fiebenten Buches von ben. Volkskrankheiten *) und 
des erſten Buches der Vorherſagungen ?) (wgedgerzcr.) Er 
hinterließ drei Soͤhne, Sorgias, Draco:und Hippos , 
frates, die alle Aerzte waren, berfelben Schule angeböes 
ten, und auch als Schriftfteller aufgeführt werden +) 

Draco ift minder berühmt, ‚und. wird nur als Ben 
faffer des erſten Buches der Borberfagungen genannt *), 
was man ihm mit Grund ſtreitig machen kann. ein 
Sohn Hippofrates wurde Arzt ber Königin Rorane, 
der Gemahlin Alexanders des Großen, und d Rarb unter 
Kaffanders Reglerung '°). 

Polybus endlich verdiene dem Theffalus gleidhge 
ſtelt zu werden, wird megen feiner Gelehrſamkeit und En 
fahrung fehr geruͤhmt ?), und gilt als Verfaffer des Bu⸗ 
ches von der Natur des Kindes *), von der beilfamen Les 





1) Galen. de Humor.p. 153. Tom. III. Ed. Chart, — Comm. 
Lia VI. Epid. 29. p. 387. Tom. IX. 

2) Galen. de Dificult. reöpir. IL, 8. p. 255. Tom. VL — 
Ebend. II. 1. p. 268. | 

3) Galen. Comm. Il. in lib, I. Praed. 52, p. 736. Tom. VIIL 

4) Suldas, voc. Bleeader. 

5) Galen. a. * 2. 

6) Suldas, voc, Agdzar. 

7) Galen; Coptm, in ib. Hipp. de nat. , bu: e. a. O. 

B) : Gaben. 3 Rormat. fbotus. c. I. p. 236. — — Comm. II. in 
L Epid. 31. p. 176. Tom. IX. Wabhyſcheinlich bat er denn and 

M 2 \ 


180 . | . 

Bensorbräng 2>,-von ben Affectionen *), und bes leBten 

Theils von dem Buche über die menfchlihe Natur’). Dierzm 

| ift noch das vierte Buch von ‚den Rranfheiten zu rechnen, 

- das dem. Berfaffer der exften drei wegen auffallender Wiber⸗ 
fpräche unmoͤglich angehören Taun, und eher feine Den 

weife gu verrathen ſcheint *). 

Man würde nun ˖dieſen Altefien Hippekratikern Unrecht 
thun, wenn man fie für ganz einſeitige Dogmatifer halten 
wollte, denen die Erfahrungsheilfunde gar nicht am Herzen 
gelegen hätte... Ste. befaßen allerdings einen Schab von gu⸗ 
sen Beobachtungen, Tuchten die Zeichenichre zn vervoliftäns 
digen, und verftanden fich fo wohl auf Funftgerechte Krank⸗ 
heitsbefchreibungen, daß fe aus vielen Beiſpielen als Dig 
pofrates Schuͤler aicht zu verfennen ‚find. Nur wurbe 
in ihnen das richtige Gefühl vom Standpunkte des Arztes 
durch den Glauben an die Untrüglichkeie naturpbilofepber 
ſcher Lehrſaͤtze Abertäubt, und fo verfielen fie denn in eine 
theoretiſirende Erflärungsfucht, ‚die freilich von ihres Leh⸗ 
vers Geiſte einen grellen Abfland machte. Am meiften ließ 
Ah Iheffalus zu biefem Fehler verleiten, wovon feine 
Bücher von ben Krankheiten die offenbarften Beweiſe ent 











das Buch über den, Saamın vn wovon dies nur eine 
Sortfegung IR. 
1) Galen, Comm. ILi in lib. de Natur. human. Praefat. p. 128. 
- * Tom. IIL 
2) Galen. Comm. U. ia lib. de Vict.acut. 38. p. 63. Tom, xL 
3) Vergl. $. 26. ©. 120. | 
4) Die Erflärung ber Erzeugung zu Anfange diefes Buches 
p- 120. flmme mit ber in dem Buche Aber Die Natur des Kindes 
‚gegebenen (I. p. 133.) fo völlig Abereln, daß beide var 
nur von einem. Verfaffer berräßen num Eur! 


n 


181 
heiten. Die näcften Urſachen jebes Uebels und jedes ein 
nem Zufalls mußten jest mic aller wiſſenſchaftlichen Ge⸗ 
nauigkelt dargeſtellt werben, und niemand fühlte, welche 
Lacke in der Lehre vom Leben noch auszufhllen ‚war, bevor 
man fih zus diefer Höhe hinaufwagen Fohmte, 

Daß bie Humoralpathokogie hier. ihre Herrſchaft ber 
hauptete, Laßt fih ats dem Vorhergegangenen Teicht ers 
achten. Es konnte noch keine beffere ‚geben, bie ihre Stille 
hätte einnehmen koͤnnen, und fe iſt ohnehin fuͤr die aus⸗ 
übende Heilkunde fo fruchtbar, daß eine gemaͤßigte Ausbil⸗ 
dung derfelßen unter biefen Umfänden von großem Nutzen 
Hätte fein möffen. Nur darin fehlten diefe Hippokratiker, 
daß fie die Bielfeltigkeit ihres Lehrers verliefen. Hippo⸗ 
®rates hatte die Lehre von ben Urſachen ber. Krankheiten 
auf eine unbefiimmte Zahl von ‚Schärfen ausgedehnt ”), 
Theffalus hielt es für angemeffen, alle inmeren Uebel 
des Körpers nur aus Galle und Schleim. entfichen zu laſſen, 
wiewohl er ben vier Grun deigenſchaften ihre Herrſchaft 
nicht abſtrkiten mochte ). Polybus fſetzte dazu noch das 
Blut und das Waſſer, "und bildete diefe parhologifche Ans 
fiht fo aus, daß ſich noch ‚weit mehr, und felsft dar 
:herapie darauf gränden ließ. Es it namlich nach ihm der’ 
Magen die Quelle aller diefer Feuchtigkeiten, bie durch ihr 
ven Ueberfluß Ktanfheiten hervorbringen, denn in allem, 
was wir genießen, waltet eine oder walten: mehrere. vor 
diefen vor, ımd färmen, mit den übrigen nicht gehörig 
vermifche, dem Körper Schaden zufügen. Außerdem giebt. 
“es mun aber ‚befondere Theile, die diefe Stoffe jeden für ſich 
aus dem Magen anziehen, und fo wird das Herz die Quelle 


1 Vergl. $. 29. &. 137. m 
2) De Morb.I. 2. p. 2. 2 v 


: 182 
des. Blutes, die Milz des Waſſers, der Kopf des Schleimum, 
und Die Leber der Galle. Dies alles-gefchiebe fo, wie Die- 
Pflanzen ihre. Nahrung durch die. Wurzeln aus ber Erde 
auffangen, d. h. diefe Zheile ziehen nur das an, wozu fie 
vermöge ihrer Mayr Beftimme find. Die Behandlung ber. 
Krankheiten beruht nun auf der Herſtellung der gleihmäßd« 
gen Miſchung jener Grundfioffe, man hat daher immer 
folche Mittel. zu geben, die dem entftaudenen Ueberfluß auf 
irgend eine Weiſe entgegenwirken, mit beftändiger Ruͤckſicht 
auf die Thaͤtigkeit des Magens und die Anziehungskraft 
jener Theile*).: Dies find aber feine anderen, als die Rabe 
rungsmittel, und daher beruht die Hauptkunſt des Arztes 
in: der Anorduung einer paflenden Lebensorbnung - Die 
Dogmatiker. des ganzen’ Alterthums haben diefen Grundſatz 
feſtgehalten, jo man. Sam felbft dahin, die Diaͤtetik von 
ber. Kunft, Krankheiten durch Arzneimittel zu ‚heilen, ſarm⸗ 
„lich zu trennen, wie fi) aus dem Folgenden ergeben wird. 
Jene Anfichten werden mit vieler Spitzfindigkeit noch weiter 
ausgeführt, denn man war nun ſchon dahin. gefommen, auf 
die: truͤgeriſche Wahrfcheinlichfeit eines Gedankens mehr zu 
geben," als auf. die Geſetze der Natur, die fih doch auf 
diefe Weife nicht ausfprechen laſſen. Diefe Hippokratiker 
blieben aber in der Wefolgung ihrer Lehren ſelbſt nicht ſchul⸗ 
gerecht. Derfelbe Polybus läßt an einem andern Orte 
alle : Krankheiten. nur von Galle und: Schleim entftehen, 
mern -fie eine von den vier Elementargualitäten im, Ueber⸗ 
maaß annehmen, und diefes Uebermaaß läßt er von den _ 
gewoͤhnlichen Gelegenheitsurfachen herrühren :*), und erwei⸗ 





x) DeMorb. IV. 1. p. 120. 2. 3. p- rar. Mergl. de Natur.” 
pueri XXIII. p. 149. Auch bier IR die Ueberelnſtimmung in bewen 
Buͤchern wieder ſehr auffallend. 

8) De Affection. I. p. 161. W vn 


| 183 
' gert feine frühere Pathogenie, wonach alle Krankheiten aus 
dem Magen entfpringen, fo, daß er guch der Luft ihre 
Birkfamfeit einräumt, und dies durch das Erſcheinen der 
epidemiſchen Krankheiten beweiſt, weran der Magen oft 
gar feinen Antheil hat *). Hieraus geht es hervor, weiche 
Seftale die Heilanzeigen jedt annehmen mußten. Wan foll 
in ber Lungenentzündung den Kopf leicht machen, damit 
fein Schleim mehr herabfließe, und deshalb füßes Getraͤnk 
geben *). Ein tiefet Fall von ber Hippokratiſchen Heil⸗ 
fun! Man wagte jetzt dogmatiſche Definitionen der Krank⸗ 
heiten, benn man glaubte die Heilkunde allen Übrigen Wiſ⸗ 
fenfchaften gleichftellen zu. koͤnnen. Fieber ift die Erbigung 
der Galle oder des Schleims, wenn der übrige Körper 
daran Theil nimmt »). Michts gebe uͤberhaupt über die 
Spisfindigfeit dieſer humoralpathologiſchen Erklaͤrungen 
Bor allen erweiterte man bie Lehre vom Herabſließen des 
Schleims aus dem Kopfe, der, wie es ſcheint, unter dieſen 
Lrankheitsurſachen den erften Rang behauptet *). Theſ⸗ 
falus hielt ihn für die Fältefte Grundfeuchtigkeit des Koͤr⸗ 
pers, das Blut für die wärmfte; die Galle ftand ihm zwi⸗ 
den beiden mitten inne *). In kleinlichen Uncerſcheidun⸗ 
gen Eonnten es gewiß die Knidifchen Asklepiaden dieſen 
Degmatikern nicht zuvor thun, und wurden von ihnen im 
decr ehen fo Heinlichen Ausführung der. Pumoralpathologie - 


| noch bei weitem übertroffen. Doch darf man. nicht verken⸗ 


[ 





1) De Natur. human. XVM. p. 273. 
2) DeMorb. II. 17. p. 108. 

3) Ebend. I. 22. P- 26. . 

4) Ebend. L. 10. 21. p. Ir. —_ı. P- 3.—1U 1.9: Be 4. 
| 5) Ebend. I. 20. p. 27. 


— — — — — — 


‘ 










184 | 
nen, daß biefe Schuͤler des Hippokrates bie Unterſch 
einzelner Krantheften auch naturgemäß feftzufegen 1m 
. gen *), und es finden ſich einzelne gute Beſchreibun 
3 D. der Rädendarre, Midis surıas, bie ihrem Beoba 
stungsgeifte Ehre machen *. Sie achteten überhaupt 
Ausſpruͤche ihres Lehrers, und benugten fie Bei ihren ei 
nen Arbeiten, wenn fie auch bie Kunft niemals mit 4b 
chen bereichern Tonnten. Daher die vielen Wiederholen 
Hippokratiſcher Aphorismen, die inbeffen ſehr paffend in 
ausgefährteren Beſchreibungen verflochten find °). n 
Bon der Anatomie der erften Dogmatifer ift fhon oben 
die Rede gewefen *),. Man kann nicht erwarten, daß bie 
Phyſtologie in dem Nebel der Unmiffenheit, der über Die 
Kenntniß des menſchlichen Körpers verbreitet war, hätte 
Fortfchriete machen follen. Sie blieb daher faft in demſel⸗ 
Een Zuftande, in dem fie Hippokrates verlaffen hatte, 
wenngleich bier und ba der Trieb zu neuen Forfhungen 
erwachte. So unternahm es Polybus zuerfi, die Theorie 
der Zeugung durch die Unterſuchung bebrüteter Hühnereier 
aufjubellen °), und wenn er auch, felbft darin nicht viel 
weiter kam, fo wäre doch für die Folge dieſer Weg ficherer 
gewefen, als alle theoretifhe Speculation, hätte er nur 
unter den Späteren mehr Nachahmer gefunden. Bei ber 
Erzeugung geben nach ihm beide Gefchlechter den Stoff zur 





.. N - 
1) Ebend. I. 40. p. 66. - 
0) @bend. I. 4g. p. 75. 
3) Als Belſpiele mögen gelten: Aph. V. 5. De Morb. II. an. 


p- 52. — Epid. I. S. I. 20. p. 685. — De Natur. human. XVII. p. 
273. II. . . \ 


4) 9.26. ©. 122. 
5) De Nat. puer. XXXVI. p. 158. 


mo — — 


| on 185 
Intwidelung des Keims. Dei dem Manne kommen durch 
kn Reiz ale Säfte des Körpers in eine aufmallende Des 
Kung mit Hitze, woburd ſich das Kräftigfte und Fetteſte 
trerarer) aus ihnen abfcheidet, und nad) dem Ruͤckenmarke 
ht wird, das dur Gänge mit dem ganzen Körper 
infchaft unterhält. Bon dem Rüdenmarfe geht es 
b in die Nieren, von da durch die Hoden, und wird 
einen befonderen Gang neben ber Harnroͤhre ausge 
kıdert 2), Der männliche Saamen vermiſcht ſich alsdann 
dem weiblichen im Uterus, erbärtet durch die Wärme, 
sd der entfiandene Keim umffeidet fih, mit Lebensluft 
(zreöes) durch das Achmen der Mutter verfehen, mit einer 
Saut, ganz auf diefelbe Weife, wie das Brot beim Baden 
Rinde anſetzt *). Vergleiche diefer Art waren dem rohen 
Suftande ber Naturlehre angemeffen, und finden fich fonft 
noch in großer Menge. Gelegenheit zur Enededung jener 
Eihaut gab bie Abtreibung der Frucht bei einer Sängerin, 
wie Polybus verfihert, am fechften Tage nach der Em; 
pſaͤngniß, wo er aber die vollftändige Huͤlle beobachtet haben 
wollte 2). Iſt nun der Grund zu dem neuen Körper ge: 
legt. fo wird feine Fortbildung durch daffelbe Geſetz der 
Anziehung bewirkt, worauf auch die Kranfheitsicehre und 
die Therapie diefer Dogmatifer gebaut war: Das Dichte 
geht zum Dichten, das Lodere zum Loderen, das Feuchte 
zum Feuchten, und fo jeder Beſtandtheil des Blutes der 





1) De Genitur. I. II. p. 124. 

2) De Natur. puer. I. IL. If. 
3) Ebend. W. p. 135. Er hatte ihr felbf ben Rath geger 
ben, durch heftiges Springen den Körper zu erſchuͤttern. Auffal⸗ 
Umd, bleibt «6 immer, wie ſelbſt fo berühmte Aerzte durch Huͤlfs⸗ 
leiſtungen diefer Art die Würde ihres Berufes entheiligen konnten. 





186 | 
Mutter zu dem Theile der Frucht, deſſen Natur ee —2 
meiſten entſpricht. Aus dem, was nicht zum Bahschuumg 
des Kindes verwandt wird, bildet fich die Nachgeburt "I | 
und fe ließ man aud in der Erklärung alles übrige Der 
Einbildungsfraft freies Spiel, ohne fih an beſtimmte re 
fahrungen binden zu wollen. Die Gefchlechtsverfhieden Hezt- 
der Frucht wird indeſſen nicht mehr aus dem Vorwalten 
der rechten ober linken Seite, wie es no von Hippofras 
tes gefchehen war, fondern aus ber Stärke bes Saamens 
erflärt. Aus dem ftärfern entfiehen nah Polybus Kna⸗ 
ben, und aus dem ſchwaͤchern Mädchen, wie dies auch Bei 
Zwillingen von verfhiedenem Geſchlechte Statt findet. Zwil⸗ 
[ lingsgeburten kommen überhaupt zu Stande, wenn ber 
Saame getheilt wird, und in zwei verfchiebene Höhlen 
der Gebärmutter geht, die man ſich noch immer fo wie bei 
den Thieren geftaltet dachte. *). 
So ift alfo diefe Altefte togmatifhe Mebicin nichts als 
ein Gemifh Hippokratiſcher Naturbeobachtung und ſchulge⸗ 


rechter Erfahrungeloſi gkeit. 
$. 35. 


Prodieus, Diorippus, Apollonius, 

Sin demfelben Geifte arbeiteten die Schüler des Dips 
pofrates, die nicht zu den Asflepiaden gehörten, Pros 
dicus, Diorippus und Apollonius. | 

Prodicus mird häufig mit dem gymnaſtiſchen Arzte 
gleiches Namens verwechfelt »), ba aber mehrere Angaben 
auf biefen feinen Bezug haben koͤnnen, fo ift man nicht 


1) Ebend. VII. p. 139. 
2) Ebend. XLV. XLV. p. 164. 
3) S. 23. ©. 109. — Plin. Hisı. not. XXIX. 1. p. 493. 20. 


” 4 
uooö. > 
. ⸗ 


187 


berechtigt, beide für eine Perfon zu halten. Der Geburts 
et des jüngern Prodicus ift wahrſcheinlich Chios oder 
"Leontium. Als Gchriftftellee hat er feinen. Ruhm durch 
ſeinen Hang zu dogmatiſchen Spitzſindigkelten wenig be⸗ 
— und erfuhr deshalb den ſcharfen Tadel der Spaͤ⸗ 
teren 2). Sein Werk ler die Natur des Menſchen war 
bumoralpatbologifhen Inhalts, und mie denn bie Eigen; 
fdyaften des Schleims alle diefe Dogmatifer vorzugsmeife ' 
befäftigten, fo mollte er die alte Benennung beffelben, 
@lyps (von PAlyar, brennen) nicht laͤnger dulden, weil 
fie mit feiner Kälte und Feuchtigkeit im Widerſpruch ftände, 
und führte an deren &telle den Mamen Aria eig °). 
Diopippus oder -Derippus von Kos ſuchte bie 
Phyſtologie durch Annahme Platoniſcher Meinungen zu er 
mweitern, und entfernte ſich alfo noch einen Schritt weiter, 
von der Hippokratiſchen Erfahrungsbeilftunde. Cr verchei 
digte nämlich das Einfließen des Getränfs in die Lungen, 
wovon zweiter unten die Nebe fein wird, weil dieſe Feuch— 
tigkeit zus ihrer Erhaltung beduͤrften, und erklärte, um den 
Einwärfen zu begegnen, ben Nutzen des Kehldedels fo, baf 
moor die Speiſe dadurch abgehalten, das Getränk aber 
zwiſchen Lunge und Magen. getheilt würde. So wuͤrde es 
verhindert, in zu großer Menge binabzufliegen, und fenfe 
ſich ganz aflmählig in die Luftroͤhre Dinumter ?). Bon feis 
ner Therayie wiſſen wir, daß er es nicht mit dem -Aushuns 
sen ber Kranken hielt, und ihnen auch die-Speifen ohne 





ı) Galon. Comm, IV. in kb. Hipp. de Artic. p. 436. D. 
Tom, XI. 


2) Goalen. de natural. Facultat. L. II. c. 9. p. 50. A. Tom. V. 


3) Gell Nact. Attie. XVII. 11. — Plutarch. Symposiac. L. 
VII, Quaest. 1. Ed. Huıten. Tom, It. p. 288. 


188 

große Auswahl erlaubte, von den Hippokratiſchen VBorſchrif⸗ 
ten alfo in etwas abwih *). Doch behielt er die Negels 
über die Darreihumg des Getränfs in bisigen Krankheiten 
fo wie Apollonius Bei, und gab es in Fiebern eben” fo 
reichlich, wie Hippokrates, wiewohl ber ſpaͤtere Sekterr⸗ 
geift hieruͤber Streit erhob *). Diozippus war Beafaffer 
eines Werks Aber Medicin, und eines andern in zwei Buͤ—⸗ 
chern über Vorherſagung, beide find aber bald aus der Fi 
teratur verfhwunden °). 

Bon Apollonius, ber bie Reihe einer Menge gleich 
namiger Aerzte eröffnet, wiſſen wir wenig mehr als feinen 
Namen, und' daß er eben fo dogmatiſch wie feine ärztlichen 
Zeitgenoffen zu Werke gegangen iſt. Wahrſcheinlich hat er 
mie Diorippus fehr Abereingeftimmt, denn er wirb "Bei 
einzelnen Meinungen oft mit ihm zugleich erwähnt... 


6. 36. 
2002 Hato’s Naturphikofophie. 

Zu dieſer Zeit erhob ſich die afademifche Philoſophie, 
und wirkte mächtig auf die meiften Wiffenfchaften. Auch 
die Heilkunde fühlte ihren Einfluß, und wuͤrde ſich gewiß 
ganz in eine überfinnliche rein naturphiloſophiſche umgeſtal⸗ 
tet haben, waͤren die dogmatiſchen Aerzte eben ſo eifrige 
Akademiker geweſen, als ſie wohl fonft das Beſtreben zeig⸗ 
ten, die Willkuͤhr der Meinungen als oberſte Schiedsrich⸗ 
terin einzufeßen. Cine Umwandlung dieſer Art war indeh 





1) Galen. de Venaesect. advers. Erasistrat. Cap. 9. p. 404. D. 


Tom. X. 
2) Galen. Comm. II, ia lib. Hipp. de Vict. acur. p. 105. 38. 


Tom. XI. 
3) Ebend. 


J v 


mt — — 


169 


few nicht mehr möglich: die Erfahrungsheilfunde ivar fon - 


fo-weit ausgebildet, ‚daB man nach jeber- Veritrung den ge 
raden Weg wiederfinden. Eonnte,: fie mußte ſorbeſtehen, 
mochte fie au durch noch. fd beftige Otuͤrme erſchuttert 
werden. 

Piato, der -Sufter jener Phu ſephie, mag ſich in 
den hoͤchſten Regionen,. wozu bie menſchliche Vernunft fich 
erheben kann, umvergänglichen Ruhm erwerben: haben, zur 
Erforfchung der Natur mar fein Geift nicht geeignet. Denn 
es Yerrfät in feiner Werken durchgängig die ſchaffende Eins 
Bildungsfraft, die ſich an nichts Wahrgenommenes bindet, 
und feine Anſicht von deu Natur ik rein dichteriſch. Die 
dichterifche Anſicht entfpridye aber ber Naturwiſſenſchaft am 
mwenigften, denn bie Einbildungskraft giebt Feine Sicherheit 
der Erkenntniß. Seine, Phllefophie mar in den wenigſten 
heilen neu, er vereinigte.in ihr die. Heraklitiſche, Pytha⸗ 
gorifche *) und Sofzatifche Lehre, und befonders iſt in dem, 
was die Heilkunde betrifft, der Widerfcheit der beiden erſtern 
auffallend. In der. Lehre: von den ſinnlich mahrnchwbaren 
Eegenfpänben war Heraklit, in der Weiſe, zu. höheren Ders 


- nunftbegriffen- zu ‚gelangen, Pythagoras fein. Vorbild °); 


Es iſt nad) ihm von. allem, was in die Sinne "fälle, Feine 
beftunmte Erkenntniß moͤglich, weil es guantitatiy und 
qualitativ unbeftändig, und immerwährenden Veränderungen 
ausgeſetzt iſt. Deshalb kann es eine wahre Wiffenfchaft 
zur mit Dingen der höheren Erfenneniß zu thun haben, 
die niche zumehmen- “und nicht abnehmen, (vird) und von 
Ewigkeit ber fih immer ahnlich und dleſelben geweſen 





1) gm. 6.72.—$.20.6.10. 


2) Diog. Labrı: L. IM. 8.6: p. 169. 2 Meibom. — Aristo- 
tel. Meispbysic. L. I. c. 6. p. 848. Ed. du Val. , , . 


190 
find °). Dies: find die rein korperloſen Ideen, die Bebamt 
Sen und vollfommenen Urbilder (wueuiiiyuuen), uonad 
alles Wirkliche erſchaffen if, und zu deren Kenumif wir 
burch das freie abfolnte.- Denken gelangen fönnen ,. Zr 
die Phitofophie eine herrliche Erweiterung, aber für - bie 
Maturwiffenfhaften‘ ohne - erheblichen Nutzen, ta Telbft 
Plato die-Gränslinte zwiſchen den wuhren Berumftideen 
und den: Werfen der bloßen: Einbilbungsfraft nicht zielen 
fonnte, uud: das Denken über das. finnlih Bahrgenomssene 
bei’ ihn ganz in den Hintergrund trat ”). Diefe Lehre. dom 
rein Abſtrakten war zum Ihell auf bie Pythagoriſche Phe⸗ 
loſophie gegruͤndet, zum Theil entlehnte Plato feine Ber 
danfen darfiber von feinem Beitgenoffe und Freande hi is 
charmus ®). 

Mun erkennt bie Atademi⸗ zwei Uranfaͤnge alle Eeiens 
den, Bote ober. ben Weltgelft, (ads) .und die Materie Dir 
ganze Welt if 'uon. dem Weltäeifte Befeele, und die einzeb — 
nen Welckdeper find wirklich belebte Wefen, oder unter⸗ 
geordnete: Mottheiten *). Sie alle find, wie die Damonen, 
die unter tönen ſtehen, und. bie menſchlichen Geiſter, Auss 
fiäffe der Weltſeele, ihr aͤhnlich, aber nicht: fo vollkom⸗ 
men ©): Das Wefen der Seele laßt fich auf Zah, Gigs 
Zap Anne | bas der Darriie dagegen auf Seid 





ı uan“ 


r 4 N, 


1) Diog. ‚Tas 1.1. 8.9.70: 2. 1R- u 
42) CEbend. 5. 1% 13.9.3173 194. — æiæ. 


Tim. P- 303. Fa. ‚Bip. Q ! Lt" er None ⸗ I.’ 
3) Diog. Laert. L. I. S. ı2. p. 173. nn 
4) Ebend. er KL EEE ER Ss a ” Ä 


5) Versſa quc, de Nat. deon L. fire. BLumga 1 5 
6) Plat. Tim. a3? 1.2, do Tl. ou. 


— — — —— 


191 


Verhaltniſſe zuruͤckfuͤhren 1). Hierin, fo wie in der Lehre 
von der Seelenwanderung, ftimmte Plate ganz mit Pp⸗ 
tbagoras überein, und ließ Überdies noch ethiſche Be⸗ 
griffe einfließen. Ueber die Materie philoſophirte er fcharf: 
finger, als die Fruͤheren, vermifchte aber bier mehrere 
Philoſophien. Sie befteht nach ihm aus den vier Elemens 
ten, die indeffen fo, wie fie von Empedofles angegeben. 
find, nicht für die eigentlichen Lirftoffe gehalten werden koͤn⸗ 
nen, fondern felbft wieder aus geometrifhen Grundfiguren 
befiehen, und zwar das Feuer aus Pyramiden, die Luft 
aus Dftaedern, das Waſſer aus Ikoſaedern, und die Erde 
ans Würfeln 2). Es ging aber hier fo, wie oft mit der 
Anwendung der Mathematik auf die Naturwiſſenſchaften, die 
Deweife waren hoͤchſt ſcharfſinnig, aber die Borausfegung 
falſch, und fomit mußte die ganze Theorie zufammenfallen. 
Doch fuchte er die ſchwere Aufgabe, warum bie Elemente 
ſich nicht überall genau nachmweifen laffen, möglichft zu ld⸗ 
fm, befonders durch die Annahme höherer und nieberer 
Grade der Keinheit derfelben, die zum Theil benannt wers 
den, zum heil obne Namen bleiben. So ift der Aether 
die feinfte Art Luft, und nimmt deshalb die hoͤchſten Re 
genen ein °), wird aber auch für ein eigenes Element er 
flärt, wie man bei einer Lehre diefer Art nicht Aberall De 
findigkeit erwarten Tann. Die Theorie von den vier 
Srundfeuchtigfeiten bes Körpers, die den Elementeh ent 
frrehen, hat Plato nicht mit der Genauigkeit bargeftellt, 
wie die Hippokratiſchen Dogmatifer, auch vernachlaͤſſigee 
er das Geſetz von der Anziehung des Gleichartigen, das 





1) Dieg. Laört. L. iII. s. 67. p. 20%, 
2) Ebend. 8.70. p. 2eB. —.Plar.' Tim, p. 352. 
3) FPlas. Tim. p. 360: 





192 
von biefen einem großen Theil ber. Phnfislogie und Krank 
‚beitstchre zum Grunde gelegt wurde '). 

Was nun die Platoniſche Phnfiologie betrifft, To m | 
befonders ‚die Anficht von der Matur und dem Sitz ber 
Seele von Einfluß gewefen. Die jüngeren Götter, oder Die 
Dämonen, die ‚mit der Bildung des Menſchen nah Dem 
Willen des Weltgeiftes beauftragt waren, erfhufen den Koͤr⸗ 
yer aus den Elementen 2), und gaben der. vernünftigen, 
unfterblichen ‚Seele, (sigesAryırızer) den Kopf als den voll⸗ 
fommenften - Theil zum Wohnſitz *). Sie bildeten zugleich 
eine niedere, fterbliche Seele, bie. mit der höheren Natur 
ber unfterblichen nichts gemein bat, und festen fie in Die 
Druft und den Unterleib, damit nicht ihre zu nahe Nach⸗ 
barfchaft der unfterblihen fehaden könnte Der Sitz bes 
Muches, des Zorns und aller aufivallenden Leidenfchaften 
 Somendis) ift zwiſchen dem Zwerchfell und dem Kalfe, im 
Herzen, und dieſer Theil ift der vernünftigen Seele infor 
fern dienftbar, als dadurch die niedern Begierden, der we⸗ 
niger edle Theil der fterblichen Seele, die zwifchen dem 
Nabel und dem Zwerchfell ihren Sitz haben, gezügelt mer: 
den koͤnnen. Das Herz ift derUrfprung Det Adern *) 
"und die Quelle des Blutes, das durch den ganzen Koͤr⸗ 
per mit einem gewiſſen Andrange ſtroͤmt, und erhält durch 
Er ‘eben 
— — | 

x) “Galen. de Plac. Hipp. et Plat. L. VIIL. c. 5.8. p. ‚036. 244 


2) Plat. Tim. p.329.  ‘ 


3) Bergl. Diog. La£rt. L. III. S. 67. p. * 

4) Diefe Annahme war vielleicht nur hypothetiſch, denn on 
in em andern Orte, (Tim. p. 404.) wird die Gefaͤßlehre foh ganz 
fo, wie in ben Hippofratifchen Schriften vorgetragm, or bie 
Kreuzung der Gefaͤße nicht ausgenommen. 


“ 
® 
- 


193 


dien diefe Adern Die Befehle ber vernünftigen Gerle, fo 
wie es auch jede Aufere Verletzung und jede im Innern 
entfiehende Begierde empfindet. Zur Abkühlung des Her⸗ 
uns, das ſich durch die Aufwallung bes Muthes zu ſtark 
erhihen würde, find die Lungen beftimmt, die durchgängig 
teden und ſchwammig, in ihren zahlreichen Luftroͤhren den 
Athem und einen Theil des Getraͤnkes aufnehmen, bas ' 


nachher durch die Nieren wieder ausgefondert wird *). Das 
Athmen Telbft aber gefchiehe durch die Nothwendigkeit einer 
neuen Anfällung ber Lungen nad. dem Aushauchen der 


darin enthaltenen Luft, da bier niemals ein leerer Raum 
entſtehen kann *). Wenn auch hierbei die Urſache des Auss 
hauchens unerklärt oder ganz dunkel blieb, fo ift. diefe Luͤcke 
in einee fo phantaftifhen Phyſiologie nicht auffallend, die 
es ja nur mit pſychiſchen Beziehungen zu thun hatte. Die 
niederen Beglerden, von denen die Ernährung bes Körpers 
abhängt, der dritte und -am wenigſten, edele Theil ber 
Seele, erhalten durch die Leber mit dem unfterblichen Theile 
Gemeinſchaft, die gleihfam wie ein Spiegel die Gedanken 
berfeiben aufnimmt, und eben wegen bes Kampfes ber ros 
hen Degierden mie der Vernunft der Sitz mannichfaltiger 
Srankheiten wird. Sie ift zugleich mit dem Ahnungsver 
mögen begabt, indem ihr Vernunft und Klugheit ganz abs 
hen >). Dies iſt aber nur im Schlafe, oder in Kran 
heiten, oder in ber hoͤchſten Begeiſterung wirkſam, wo Ders 
muſt und Beſinnung ihre Herrſchaft nicht behaupten koͤn⸗ 
nen, Zur Reinigung der Leber iſt die Milz beſtimmt, ein 
hebles und blutloſes Eingereide, und eben deshalb zur Aufs \ 





1) Plat. Tim. p. 388. 
2) Ebend. pP. 407. 
3) Ebend. p. gr. 
L N 





Pa .1 


184 


nen, daß dieſe Schuͤler des Hippokrates die Unterfch 
einzelner Krankheften auch naturgemäß feſtzuſezen wu 
ten *), und es finden ſich einzelne gute Beſchreibung 
z. B. der Rackendarre , Wiris vurıds, die ihem Beob 
sungsgeifte Ehre: machen *2). Sie achteten überhaupt 
Ausfpräche ihres Lehrers, und benutzten fie bei ihren ei 
nen Arbeiten, wenn fie auch die Kunft niemals mit aͤhnl— 
chen bereichern Eonnten. Daher die vielen Wiederholen 
Hippokratiſcher Aphorismen, die indeffen fehr paffend im die 
ausgeführteren Beſchreibungen verflochten find °). 
Bon der Anatomie der erfien Dogmatifer ift fchon oben | 
die Rede gewefen *). Man Tann nicht erwarten, daß bie 
Phyſiologie in dem Nebel der Unwiſſenheit, der über die 
Kenntniß des menfchlihen Körpers: verbreitet war, haͤtte 
Fortſchritte machen follen. Sie blieb daher far in demfel 
Zen Zuftande, in dem fie Hippokrates verlaffen hatte, 
wenngleich bier und da der Zrieb zu neuen Forfchungen 
erwachte. So unternahm es Polybus zuerft, die Theorie 
der Zeugung durch die Unterfuhung bebräteter Huͤhnereier 
aufjuhellen *), und wenn er aud) felbft barin niche viel 
zweiter Fam, fo wäre doch für bie Folge diefer Weg ficherer 
gemwefen, als alle theoretifche Speculation, hätte er nur 
unter den Späteren mehr Nachahmer gefunden. Bei ber 
Erzeugung geben nach ihm beide Gefchlechter den Stoff zur 













v 5 
1) Ebend. I. 40. p. 66. : 
2) Ebend. I. 49. p. 75. 
3) Als Beiſpiele mögen gelten: Aph. V. 5. De Morb. II. ao. 


p. 52. — Epid. II. S. I. 20. p. 685. — De Natur. human. XVII. p. 
273. II. . . A 


4) 9. 26. ©. 12%. 
5) De Nat. puer. XXXVI. p. 158. 


Wntwidelung des Reims. Dei Sem Manne kommen durch 
hen Reiz alle Saͤfte des Körpers in eine aufwallende Ber 
pegung mit Hitze, wodurch ſich das Kräftigfte und Fettefte 
Wıerarer) aus ihnen abfcheidet, und nach dem Ruͤckenmarke 
Kbracht wird, das durch Gänge mit dem ganzen Körper 
Bemeinſchaft unterhält. Bon dem Ruͤckenmarke geht es 
—* in die Nieren, von da durch die Hoden, und wird 
einen beſonderen Gang neben der Harnroͤhre ausge⸗ 
bndert ?). Der männliche Saamen vermiſcht ſich alsdann 
Wit dem weiblichen im Uterus, erhaͤrtet durch die Wärme, 
‚ab ber entftandene Keim umkleidet fih, mit Lebensiuft 
(wreäns) durch das Athmen der Mutter verfehen, mit einer 


185 


Haut, ganz auf diefelbe Weife, wie das Brot beim Baden’ 


Rinde anfeht *). Bergleiche diefer Art waren bem rohen 
Zuftarrde der Naturlehre arngemeffen, und finden fich fonft 
nos) in großer Menge. Gelegenheit zur Entdeckung jener 
Eihaut gab bie Abtreibung der Frucht bei einer Sängerin, 


‚wie Polybus verſichert, am fehften Tage nach der Ems 


pfängniß, wo er aber die vollftändige Huͤlle beobachtet haben 
wollte ?). ft nun dee Grund zu dem neuen Körper ge 


lest,. fo wird feine Fortbildung durch daſſelbe Geſetz der “ 


Anziehung bewirkt, worauf auch die Kranfheitslehre und 
die Therapie diefer Dogmatifer gebaut war: Das Dichte 
geht zum Dichten, das Lodere zum Loderen, bas Feuchte 
zum Feuchten, und fo jeder Beſtandtheil des Blutes der 





1) De Genitur. I. If. p. 124. 
2) De Natur. puer. I. IL. Il. 
3) Ebend. W.p. 135. Er hatte ihr ſelbſt den Rath gege- 


ben, durch heftiges Spring den Körper. zu erfchüttern. Auffal⸗ 


Umd, bleibt es Immer, wie felbR fo berühmte Aerzte durch Hälfe 
leiſtungen diefer Art die Würde Ihres. Berufes entheiligen Tonnten. 


EN 





16. | 
Mutter zu dem Theile ber Frucht, deffen Natur er am 
meiften entfpriht. Aus dem, was nicht zum Wahschuum 
des Kindes verwandt wird, bildet ſich die Nachgeburt 2), 
und fo ließ man aud in ber Erflärung alles übrigen Der 
Einbildungskraft freies Spiel, obne fih an beſtimmte Er⸗ 
fahrungen Binden zu wollen. Die Geſchlechtsverſchieden heit 
der Frucht wird indeffen nicht mehr aus dem Vorwalten 
der rechten oder linken Seite, wie es no von Hippofras 
tes gefchehen war, fondern aus der Stärke des Saamens 
erklärt. Aus dem ftärfern entftehben nah Polybus Kna⸗ 
ben, und aus dem ſchwaͤchern Mädchen, wie dies auch Bei 
Zwillingen von verfchiedenem Gefchlechte Start finder. Zwil⸗ 
Iingsgeburten fommen überhaupt zu Stande, wenn ber 
Saame getheilt wird, und in zwei verfehiedene . Höhlen 
der Gebärmutter geht, die man fich noch immer fo. wie bei 
den Thieren geftaltet dachte. *). 

So ift alfo diefe aͤlteſte dogmatiſche Medicin nichts als 
ein Gemiſch Hippokratiſcher Naturbeobachtung und ſchulge⸗ 
rechter Erfabrungstofi gEeit. | 


6. 35. 


Probieus, Diorippus, Apollonius, 

Sin demfelben Geifte arbeiteten die Schüler des Hips 
pofrates, die nicht zu den Asklepiaden gehörten, Pro: 
dicus, Diorippus und Apollonius, 

Prodicus mird häufig mit dem gymnaftifchen. Arzte 
gleiches Namens verwecfelt »), da aber mehrere Angaben 
auf dieſen einen Bezug haben Eönnen, fo ift man nicht 
1) Ebend. VII. p. 139. 

2) Ebend. XLIV. XLV. p. 164. 
3) 23. ©. 109. — Pliu. His. net. XXIX 1. p. 2. daB. 20. 


27 


2 
4 


— — — 


187 


berxechtigt, beide fuͤr eine Perſon zu halten. Der Geburts⸗ 


set des jüngern Prodicus iſt wahrſcheinlich Chios oder 
Leontium. Als Schriftſteller hat. er feinen. Ruhm durch 
feinen Hang zu dogmatiſchen GSpisfindigfeiten wenig, be 
gründet, und erfuhr deshalb den -fcharfen Tadel; der Spaͤ⸗ 
teren *). Sein Werk über die Natur des Menſchen war 
humoralpathologiſchen Inhalts, und mie denn die. Eigen; 
ſchaften des Schleims ale diefe Dogmatiker vorzugsmweife 
befhyäftigten, fo wollte er bie alte Benennung beffelben, 
PAbypa (von YAlyar, brennen) nicht länger dulden, weil 
fie mit feiner Kälte und Feuchtigkeit im Widerſpruch ftände, 
und führte an deren &telle den Mamen Artrıa eig *). 
Diorippus oder Derippus von Kos ſuchte die 
Phoſtolsgie duch Annahme Platonifcher Meinungen zu ers 
weitern, nnd entfernte fich alfo noch einen Schritt weiter, 
von der Hippokratiſchen Erfahrungsheilkunde. Er verchei - 
digte nämlich das Einfließen des Gerränfs in bie Lungen, - 
wovon weiter unten die Nede fein wird, weil diefe Feuch⸗ 
tigkeit zu ihrer Erhaltung beduͤrften, und erflärte, um den 
Einwürfen zu begegnen, den Mugen des Kehldeckels fo, daß 
mar die Speiſe dadur abgehalten, das Getränk aber 
weifhen Lunge und Magen gerheilt würde. So wuͤrde es 
verhindert, in zu großer Menge binabzufließgen, und fenfe 
ſich ganz allmaͤhlig in die-Suftröhre hinunter °). Bon feis 
ner Therayie wiffen wir, daß er es nicht mit dem Aushun⸗ 
gern der Kranken hielt, und ihnen auch die Speiſen ohne 





1) Galen. Comm, IV. in kb. Hipp. de Artic. p. 436. D.. 
Tom. XII, 


2) Galen. de natural. Facaltat. L. II. c.g. p. 50. A. Tom. V. 


3) Gel Noet. Attic, XVII. 11. — Plutarch. Symposiac. L. 
VIl, Quaest. 1. Ed. Hatten. Tom. It. p. 288. 





188 
große Auswahl erlaubte, von den Hippokratiſchen Vorſchrif⸗ 
ten alfo in etwas abwich *). Doc behielt er die Regeln 
über die Darreihumg des Getränke in bisigen Krankheiten 
fo wie Apollonius Bei, und gab es in Fiebern eben fo 
reihlih, wie Hippokrates, wiewohl der fpätere Sekcen⸗ 
geift hieruͤber Streit erhob *). Diorippus war Berfaffer 
eines Werks Aber Medicin, und eines andern in zwei Buͤ⸗ 
chern über Vorherſagung, beide fd aber bald ans ber Lie 
teratur verſchwunden °). 

Bon Apoflonius, ber bie Käipe einer Menge -gleich- 
namiger Aerzte eröffnet, wiffen wir wenig mehr als feinen 
Mamen, und' daß er eben fo dogmatiſch wie feine ärztlicher 
Zeitgenoſſen zu Werfe gegangen if. Wahrfcheintih hat er 
mit Diarippus fehr Abereingeftimint, denn er wird bei 
einzelnen ‚Meinungen oft mit ‚hm zugleich erwaͤhnt. 


| $ 36. 
R a Plato's Natuepbitofophie, 
Zu dieſer Zeit erhob ſich die akademiſche Philoſophie, 
| und wirkte mächtig auf die meiften Wiſſenſchaften. Auch 
bie Heilkunde fühlte ihren Einfluß, umd würde ſich gewiß 
ganz in eine uͤberſinnliche rein naturphiloſophiſche umgeſtal⸗ 
tet haben, waͤren die dogmatiſchen Aerzte eben ſo eifrige 
Akademiker geweſen, als ſie wohl fonft das Beſtreben zeig⸗ 
ten, die Willkuͤhr der Meinungen als oberſte Schiedsrich⸗ 
terin einzufeßen. Cine Ummaridlung biefer Art war indefs 





1) Galen. do Venaesecı. advers. Erasistrat. Cap. Q. p. 404 D. 
Tom. Xx. 

2) Galen. Comm. II, in lib. Hipp. de Vier. acur. p. 105. 38 
Tom. XI, 


3) Ebend. 


| | 169 
fen nicht mehr möglich: die Erfahrungsheilkunde war (hen ° 
fo-weit ausgebildet, ‚daß man nach jeder. Verirrung den ge⸗ 
raden Weg wiederfinden konnte, ſte mußte ſorbeſtehen, 
mochte fie auch durch nach fd heftige Stärme e efühteent 
werden. x 
Pinto, der Sufeer jener Phileſepdie, mg ſich ri 
ben hoͤchſten Regionen, ..mozu die menſchliche Vernunft füch 
erheben kaun, unvergänglichen Ruhm erwerben‘ haben, zur 
Erferſchung der Natur: mar fein Geift nicht ‚geeignet. Denn 
es herrſcht in feiner Werken durchgängig bie ſchaffende Eins 
Bildungsfraft,; die fi au nichts Wahrgenommenes: bindet, 
und feine Anſicht von deu Natur if rein dichteriſch. Die 
dichterifche Anſicht entſpricht aber der Naturwiſſenſchaft am 
wenigſten, denn die Einbildungskraft giebt keine Sicherheit 
der Erkenntniß. Seine Phtleſophie mar in den wenigſten 
Theilen nen, er vereinigte in ihr die. Heraklitiſche, Pytha⸗ 
goriſche *) und Sokratiſche Lahve, und heſonders iſt in dem, 
was bie Heilkunde betrifft, der Widerſchein der-Beiden erſtern 
auffallend. in der. Lehre: non: den ſinnlich wahrnehmbaren 
Segenfpänden war Heraklit, in der Were, gu: höheren Vers 
- maftbegriffen..zu ‚gelangen, Pythagoras ſein Vorbild *), 
Es iR nach ihm von allem, was in die. inne fällt, feine 
befummee Erkenntniß moͤnlich, weil: ex quantitatiy und 
qualitativ unbeftändig, und immermwährenden Veränderungen. 
ausgefeßt if. Deshalb kann es eine wahre Wiſſenſchaft 
me mit Dinger der höheren Erkenntnitz zu thun haben, 
die nicht zunchmenund nicht abnehmen, (⸗nr) und von 
Ewigkeit Her ſich immer aͤhnlich und dieſelben geweſen 





‚ı) S. MM. S. 7s. —- 8. a40. S. 103. 


2) Diog. Ir L: 1.8.8. p.169. 2d. Meiboni,  Arino- 


iel. Metspbysic. L,L c. 6. p. 848. Ed. 1. du Yall.. DE 


. 190 " N | 
find *):" Dies: find /die rein Borpetlofen Ideen, die Gedans : 
fen und vollfemmenen Urbilder (wigudizunen), woncach 
alles Wirkliche erſchaffen ift, und zu deren Kenutniß wir 
durch das freie abſolute “Denken gelangen innen *). - Für 
die Philoſophie eine herrliche Erweiterung, aber für Die 
Naturwiſfenſchaften ohne erheblichen Nutzen, da ſelbſt 
Plhato die Graͤnzlinie zwiſthen ben. wuhren Vernunftideren 
und den⸗ Werken ber bloßen: Einbilbungskraft nicht. ziehen 
konnte, und. dag Denten über das finnlih Wahrgensinmene 
bei’ ihm: ganz in den Hintergrund trat 2), Diefe Lehre vom 
rein Abſtrakten war zum Theil auf Sie Pythagoriſche Phi⸗ 
loſophie gegruͤndet, zum Thril entlehnte Plato feine Be 
danken darüber von ſeinem Beitgenoffen und Freande Ep is 
charmus ). Er 

Neun erkenne die Akademie zwei Uranfänge alles Seien 
den, Gott ober. ben Weltgeift,: (ads). und die Materie. Die 
ganze. Welt iſt "won. dem Weltgeiſte beſeelt, und die einzeb — 
nen Weldöböper: find wirklich belebte Wefen, oder unter⸗ 
geordnete: Gotthelten *). Sie alle find, wie die Damonen, 
die unterthnnen ſtehen, und, bie menfchlichen Geiſter, Aus 
fläffe der Weltſeele, ihr aͤhnlich, aber nicht: fo vollkom⸗ 
men’ 9): : Das Weſen dee Seele laͤßt fih auf Zaht, (iexev 
Ian — das der Materla degen auf geoamtsihe 


’ ... 3 yon” 
et ur | . * —X ) 

1) Ding. Ad RE 

a) CEhend. 5. 10. 13.9.1736 174. J— ni Plas, 


Tim. p. 303. Bd. ‚Bip. Q , lee ft v.? . 
.3) Diog. Laört. L. 1. S. ı2. p. 173. ln 
4) Ebend. ger a Pr 


5) Berl: Quc. de Nat. deon. L. Hic. Blumg. u ı. 


6) Plat. Tim. 3: 4 2, vo DE 


— ⸗ 


m 


| 


I 
. 


Berbättniffe zurädführen 1). Sierin, fo wie in ber Lehre 


19 


von der Seelenwanderung, fimmte Plate ganz mit Pp⸗ 
tbagoras überein, und ließ Überdies noch ethifhe Ber 
griffe einfließen. Ueber die Materie philefophirte er ſcharf⸗ 
fimmiger, als die Früheren, vermifchte aber bier mehrere 
Philoſophien. Sie beftehe nach ihm aus den vier Elemens 
ten, bie indeffen fo, wie fle von Empedokles angegeben 
find; nicht für die eigentlichen Urftoffe gehalten werden koͤn⸗ 
nen , fondern felbft wieder aus geometrifchen Grundfiguren 
befteben, und zwar das Feuer aus Pyramiden, die Luft 
aus Dftaedern, das Waſſer aus Ikoſaedern, und die Erbe 
aus Wuͤrfeln 2). Es ging aber bier fo, wie oft mit der 
Anwendung. der Mathematik: auf die Naturroiffenfchaften, die 
Deweife waren böhft Tcharffinnig, aber bie Borausfeßung 
falſch, und fomit mußte die gamze Theorie zufammenfallen. 
Doch ſuchte er die ſchwere Aufgabe, warum bie Elemente 
ſich nicht Überall genau nachmeifen laffen, möglichft zu [ds 
fen, befonders durch die Annahme höherer und nieberer 
Grade der Feinheit derfelben, die zum Theil benannt wer 
den, zum Theil ohne Namen bleiben. So ift der Aether 
die feinfte Art Luft, und nimmt deshalb die hochſten Re 
gionen ein ?), wird aber auch für ein eigenes Element er 
flärt, wie man bei einer Lehre diefer Art nicht Aberall Der 
fkändigfeit erwarten Tann. Die Theorie von den vier 
Srundfeucdtigfeiten des Körpers, bie den Etementeh ent 
fprehen, hat Plato-nicht mit der Genauigkeit, bargeftellt, 
wie die KHippofratifchen Dogmatifer ‚ auch vernachlaͤſſigte 
er das Geſetz von der Anziehung des Gleichartigen, das 





1) Diag. Laört. L. 1. s. 67. p- 204, 
2) Ebend. S.7a. p. 208, —.Plat. Tin ‚352. 
" 3) Plas. Tim. p. 36a. ' 


192 
von biefen einem großen Theil ber, Phyfisiogie und Kramf⸗ 
heitslohre zum Grunde gelegt wurde ). 

Was nun die Platoniſche Phyſiologie Betrifft, To ie 
befonders ‚die Anfiche von der Matur und dem Gig ber 
Seele von Einfluß gemefen. Die jüngeren Götter, oder Die 
Dämonen, die ‚mit der Bildung des Menfchen nah Dem 
Willen des Weltgeiftes beauftragt: waren, erfchufen den Köͤr⸗ 
yer aus den Elementen °), und gaben der. vernünftigen, 
unfterblichen ‚Seele, (igesAsyırıner) den Kopf als den voll- " 
kommenſten Theil zum Wohnſitz *). Sie bildeten zugleich 
eine niedere, fterbliche Seele, die mit der höheren Nacur 
der unfterblichen nichts gemein bat, und festen fie in Die 
Druft und den Unterleib, damit nicht ihre zu nahe Nach⸗ 
barfchaft der unfterblichen fehaden koͤnnte. Der Sitz des 
Muthes, des Zorns und aller aufwallenden Leidenſchaften 
(Somendis) ift zwifhen dem Zwerchfell und dem Halſe, im 
Herzen, und diefer Theil ift der vernünftigen Seele infor 
fern dienfibar, als dadurch die niedern DBegierden, ber we⸗ 
niger edle heil der fterblichen Seele, die zwiſchen dem 
Nabel und dem Zwerchfell ihren Sitz haben, gezügelt wer⸗ 
den koͤnnen. Das Herz iſt der Urſprung bet Adern *) 
‘und die Quelle des Blutes, das durch den ganzen Koͤr⸗ 
per mit einem gewiffen Andrange ſtroͤmt, und erhält durch 
. ‚eben 
— — 

1) Galen. de Plac. Hipp. et Plat. I. VIIL c. 5,8. p- «35. 24 


9) Plat. Tim. p. 329. x 


3) ®ergl. Diog. Ladrt. L. II. S. 67. p. 20% 

4) Diefe Annahme war vielleicht nur hypothetiſch, denn an 
inem andern Orte, (Tim. p. 404.) wird die Gefaͤßlehre fal ganz 
fo, wie in den Hippokratiſchen Schriften vorgetragen, ſelbſt die 
Kreuzung ber Gefaͤße nicht ausgenommen. 





“ 
- 


: den biefe Adern bie Befehle ber vernünftigen Gerle, fo 
wie es aud jede dufere Verletzung und jede im Innern 
entſtehende Begierde empfinde. Zur Abkühlung des Her⸗ 
ı gens, Das ſich dur die Aufmallung bes Muthes zu ſtark 
erhisen wuͤrde, find die Zungen beſtimmt, die durchgängig 
troeden und ſchwammig, in ihren zahlreichen Luftröhren den 
Athen und einen Theil des Getränkes aufnehmen, bas ' 
naher durch die Nieren wieder ausgefondert wird *). Das 
Atmen Telbft aber gefchieht durch bie Nothwendigkeit einer 
neuen Anfällung dev Lungen nah ben Aushauchen ber 
Darin enthaltenen Luft, da bier niemals ein leerer Raum 
entſtehen kann *). Wenn auch hierbei bie Urfache des Auss 
hauchens unerklaͤrt oder ganz dunkel blieb, fo ift. dieſe Luͤcke 
in einer fo pbantaftifchen Phyftologie nicht auffallend, die 
es ja nur mir-pfüchifchen Beziehungen zu thun hatte. Die 
niederen Begierden, von denen bie Ernährung bes Körpers 
abhängt, der dritte und -am wenigfteng edele Theil ber 
Seele, erhalten durch die Leber mit dem unfterblichen Theile 
Gemeinſchaft, die gleihfam wie ein Spiegel die Gedanken 
berfeiben aufnimmt, und eben wegen bes Kampfes ber ros 
ben Begierden mit der Vernunft ber Sitz mannichfaltiger 
Lrankheiten wird. Sie iſt zugleich mit dem Ahnungsvers 
mögen begabt, indem ihre Vernunft and Klugheit ganz abs 
gehen ?). Dies if aber nur im Schlafe, oder in Krank— 
beiten, oder in ber hoͤchſten Begeifterung wirkfam, wo Vers 
nunft und Beſinnung ihre Herrſchaft nicht behaupten koͤn⸗ 
nen. Zur Reinigung ber Leber ift die Milz beſtimmt, ein 
bohles und blutloſes Eingerveide, und eben deshalb zur Aufs \ 


1) Plat. Tim. p. 388. 
0) Ebend. p. 407. 
3) Ebend. P. 39 I. 





r 
194 — 
nahme unreiner Stoffe geeignet. Bon dieſen erfüllt Fehpamälle . 
fie auf, und wieder gereinigt fälle fie zu ihrem vorigen 
Umfange zufammen '). Die meiften Säge dieſer Phyſto⸗ 
logie find ganz seleologifh, und die Berrihtungerz_ ber. 
Theile werden faft immer mit, der- vernünftigen Seele ds’ 
Berbindung gebracht, deren freies Wirken. fie entweder him⸗ 
dern oder befördern follen, und dies alles auf eine Weiſe, 
die einer auf Thatfachen gegründeten Wiffenfchaft am mer 
nigften entſpricht. So bie Verrihtung des Darmtanals, 
der deshalb Jang und gewunden fein fol, damit er Die 
Speife. lange aufbewahren Eönne, und die Seele nicht zu 
‚oft durch bie Begierde nah Nahrung geftört werde. 

Alle Theile des, Körpers find aus dem Marke entfproß 
fen, das von den Dämonen zuerſt gebildet, aus ganz feis 
nen Dreieden befteht, die zur Erzeugung ber vier Elemente 
am meiften geeignet find, denn er hatte bewiefen, daß bie 
genannten Gruydfiguren derfelben auch erft aus Dreiecken 
hervorgegangen feien. Die Knochen. befteben aus Erde und 
Mark, (er verwecfelte bier offenbar das Knochenmark mit 
dem Gehirnmark) und find durch Feuer und. Waſſer fo 
verhärtet, daß ſie von beiden ihrer Feftigkeit nicht wieder ' 
beraubt werden koͤnnen '). Durch Die Sehnen, die aus 
Knochen und Fleifch gebildet find, und zwiſchen beiden mie 
een inne ftehen, erhalten fie ihre Bewegung, und burdy das 
aufliegende Fleifh, (cack) worunter die Muskeln verftan 
ben werden, Schuß gegen. Hitze, Kälte und jede aͤußere 
Verlegung. . Hier ift nun wieder bie : Betrachtung ihres 
höheren oder minderen Lebens, wovon bie geringere 





I‘ 


1) Ebend, p43g2. — Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L v 
. ©. 7. P. 171. — L VIL. c. 2. p. 182. Tom. V. 


2) Pia. Tim. p. 395. 


15 


oder ſtaͤrkere Biafseetung abhängen fol, das Wich⸗ 
tigſte *). 

Auch den Berrihtungen der Sinne ſchenkte Plato 
feine Aufmerkſamkeit. Das Sehen gefchieht durch das Zus 
fusmentreffen der feinften Theile des innert angebornen und 
» des äußeren Feners, gerade fo, mie die Empfindung bei der 
Berkhrung. Tritt das angeborne Feuer in die Nacht (in 
das Sfnnerfte des Körpers) zuruͤck, fo fehen wir nicht mehr, 
und es erfolgt Schlaf *. Die Farbe ift gleihfam bie 
Flamme und der Glanz, ber aus ben eimelnen Körpern 
ausftrömt, und aus Theilen Befteht, die dem Beuer des Se 
führes entfprehen ?). 

Der Geſchmack entfteht durch Scheidung und Vereini⸗ 
sung der DBeftandtheile, "wobei die Glätte und Rauhheit 
der Grundkörper mehr als bei den Abrigen Sinnen in Be 
trat fomme. Es geben nämlich von der Zunge Adern zum 
Herzen, die den Geſchmack verfändigen, und dringen bier 
die Geſchmackstheilchen Binein, fo erregen die erdigen Stoffe, 
die fie enthalten, eine -Zufammenziehung, woraus ein 
fharfer Geſchmack entfteht, wenn diefe ſehr rauh, und ein 
herber, wenn ſie es weniger ſind. Iſt dagegen die Qua⸗ 
litaͤt der Geſchmacksthellchen feucht und der Zunge entſpre⸗ 
chend, wird diefe daduech erweicht, und die Rauhigkeit ge⸗ 
findert, fo entſteht der ſuͤße Geſchmack *). 

Der Gerwbsfinn iſt nur für leftige und feurige Bes 
Randtheife der Körper empfänglih, Erde und Waſſer koͤn⸗ 





1) Ebend. p. 397. 
2) Ebend. p. 334. 
3) Ebend. p. 382. — Galen. de Plac. Hipp. or Platon L. vi. 
«6. p. 218. Tom. V. 
4) Ebend. p. 378 — 379. 
. N 2 





196 - \ 


nen die Adern der Nafe, die weit feiner- find, als 
Adern der Zunge, nicht durchdringen, und find daher 
ruchlos. MWäfferige. Beftandcheile aber werden nur du 
‚ihre Verwandlung in Inftige viechbar '). Wegen diefer 
ſchraͤnktheit des Geruchsſinns giebt es auch nur zwei 
räche, den angenehmen nnd den unangenehmen °). 

Der Zauber der Veredtfamfeit, worüber Plat o mehr 
als jemals ein Naturpbilofoph gebot , theilte diefen Ge 
Een eine ergreifende Schönheit mit, bie jeden zur Beiſtim⸗ 
mung einlud, den eine höhere Kraft bes Geiftes Aberhaupe 
zu feſſeln vermochte. Man vergaß darüber, daß die ganze 
Art Über Naturgegenftände zu denken nicht die richtige war, 
denn man glaubte ſich leicht uͤberzeugt, daß in fo erhabe⸗ 
gen Ausfpräcen die hoͤchſte Wahrheit und Würde der Na⸗ 
eur ſich ausdruͤckte. So einnehmend ift auch alles Uebrige, 
was Plato üher Heilkunde gefagt hat. 

Der Schall ift ein Anfchlagen der Luft, der durd) bie 
Ohren, das Gehirn und bas Dlut bis zur ‘Seele dringt. 
Die davon entftehende Bewegung, . die im Kopfe anfängt, j 
und in ber Leber aufhört, iſt das Gehör °). 

„ Die Ernährung des Körpers gefchieht nach demfelben 
Sefege, wovon auch das Achmen abhängt, ber gegenfeitis 
gen Bewegung nämlich, die feinen leeren Raum zu Stande 
tommen läßt. Die Speifen werden durch die Waͤrme vers 
daut, es tritt Lebensluft (wröge) hinzu, der Nahrungs: 
ftoff gebt in bie Adern des Unterleibes uͤber, und wird von 
da, in Blut umgewandelt, in den ganzen Körper vertheilt. 
Das Blut ift alfo die Nahrungsquelle aller Theile, und 











1) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L. VI. c. 6. p. 213. 
2) Plat. Tim. p. 380. 
3) Ebend. p. 381. 


| 197 
wird deshalb roth, weil die rothe Farbe in den voben Nah⸗ 


euugsftoffen die vorherrſchende 'iſt, oder wenigſtens die Be⸗ 


Randeheite derfelben, Feuer und Waſſer, in ihnen vorhan⸗ 


den find *). Die Ernährung durch das Blut ift aber dee 


heib nothwendig, weil die Außern Umgebungen bem Körper 


beſtandig Theile entziehen, bie wieder erfest merden müfs 


fen. Die Urfach des Bachsehums und ber Abnahme ergiche 
ſich aus dem Berhältniffe des Erſatzes. Dabei ift aber noch 
das Verhalten der. ſchon vorhandenen Dreiecke zu: den bins 
zutommenden zu beachten. Sie find im jlingern Körpen 
Eräfsiger, und alſo mehr. gefchidt, den neuen Nahrungs 
off umjubilden und ſich anzueignen, im. Altern Dagegen 
haben fie ihre Kraft durch fange Erſchoͤpfang verloren, die 
nen binzufommenden gewinnen daher das Uebergewicht, es 
entfieht Wergleichartigkeit, und hierauf eben. beruhen. die rs 
ſcheinungen des Altes. Der Tod endlich erfolge durch 
Auflifung des Zufammenhanges des Geele mit den Dreieden 
des Marks, und tft mit dem’ Gefühle von Wohlbehagen 
werbenden,. wenn das Alter ihn. bringe, ſchmerzhaft das 
gegen, wenn er durch Gewalt und Krautpais verurfacht 
wirb 2). 


Dlato’s Vathogenie war von der Hippokratiſchen wos. 


fentlich nicht verſchieden. Beide ſtuͤtzten fi) auf die Lies 
mentartebre, in beiden war die Borftelung herrfchend, dag 
die Krankheiten aus dem Mißverhältniß. dee Elemente her⸗ 
versehen, nu ‘'g. ber Ausführung wichen fie bedeutend von 
einander ab, denn wo nah Hippokrates Grundfägen 
de Lehre von ben vier Brundfeuchtigkeiten | durchgefuͤhrt 
wird, da ſucht Plato durchgaͤngig feine Phyſiologie gel⸗ 


1) Ebend. p.%ıo. Aut, 
2) Ebend. p. 42. 


- 


198 
tend zu machen. Auch fcheint feine Krankheitslehre vr Den 
Gedanken reicher zu fein, daß auch die Uebertragung 7 
Grunbftoffe an einen unſchicklichen Ort zu beachten ſet, 
in der Hippokratiſchen nur immer von dem Zuviel ober 
Zumenig die Rede ift *). Durch Mifverhäleniffe diefee Are 
- entftebt alfo Aufruhr und Krankheit, zundchft werden aber 
die Elementarqualitäten umgewandelt, das Kalte wirb warme, 
das Trockene feucht, das Schwere leicht, und fo Immer Das 
Gegentheil von dem vorigen Zuſtande. Daraus ergiebt ſich 
der Begriff der Gefundheit: Sie iſt das Fortbeftehen dee 
naturgemäßen Zuſammenſetzung der Grundftoffe, und zwar 
- fo, daß dieſe von dem Blute an das Fleifh und die Sehe 
nen, von biefen an die Knochen, und von den Knochen am 
das Mark Abergehen. Geſchieht dies nicht in feiner Ord⸗ 
nung, fo muß Kranfheit erfolgen. Schmilzt bag Fleifch, 
‘fo fendet es den Keim der Verderbniß in die Adern, mo 
nun das Blut, mit den 2ebensgeiftern vermifcht, eine wis 
. dernatuͤrliche Farbe, Bitterkeit, und eine ſalzige und ſauere 
Schärfe annimmt, wodurch Galle, Schleim und ſcharfes 
Blutwaſſer (Ixoc) in Menge erzeugte werben. Dadurch lei⸗ 
det vor allen die Ernährung, es entfteht eine unordentliche 
Bewegung in ben Säften, und bie feften Theile werben 
. aufgelöft 2). Schmelzen bie. älteften Fleifchtheile, die zur 
"Ernährung am menigften geeignet find, fo verwandelt fich 
die Farbe in eine ſchwarze, es entſteht Witterfeit und 
Schöxfe, und von neuer Beimiſchung des Blutes Röche, 
und endlich gelbe Farbe, wenn durch die Hitze neue Fleiſch⸗ 
theile ſchmelzen. Alles dies nennt man mit einem gemein⸗ 
ſchaftlichen Namen Galle, es ſind aber dabei mehrere Ver⸗ 





1) Ebend. p. ‚413. 
2) Ebend. p- 415. 


AA 
| fhiebenbeiten zu beachten. Scharfer Schleim Bilder ſich 
| ass ſchwarzer ſcharfer Galle, wenn noch ſalzige Schärfe, 
— 
Menge unſichtbarer Bläschen, die von weißer Farbe find, 


und ih wie Schaum anfammeln. Dies ift der weiße 


Schleim, und Thraͤnen und Schweiß find nichts, als Aus 
forderungen diefer Urt. Zu dieſen Krankheitsurſachen 
Immer noch, daß die Sehnen, duch das Schmelzen des 
Vileiſches entbloͤßt und mit einer falzigen' Schärfe Aberzogen 
| werden, wodurch ſich die Uebel nur noch mehr vervielfältts 
gen. Daß au auf das Leiden der Knochen viel gegeben 
| wied, iſt dieſer Pathologie ganz eigenthümlich, und ſpaͤter⸗ 
> Yin niemals wiederholt worben. Gehen tiefer liegende Kno⸗ 


| der durch faulige Kite in Verderbniß über, fo feben fie. 


 füdblihe Stoffe in has Fleiſch ab, die von da in. das Blut 

übergeben. Krankheiten, ‚die bieraus Ihren Urſprung neh⸗ 
‚ ma, find weit gefährlicher als die worigen, weil das Le⸗ 
ben der Knochen viel höher ſteht "). Die fehlimmften aber 

von allen find, die von einer Verderbniß des Markes her⸗ 
unthren, denn dadurch merben die Dande bes ganzen Körs 
' as elle Das liebrige iſt der gewöhnlichen Humoralpa⸗ 
gelbogie mehr ahnlich. Dann werden noch Luft, Galle 
Ä ww Schleim als Krankheitsarſachen angeführt. Iſt bie 
| funge durch berabgefloffenen Schleim (uwe genarem) ver⸗ 
fepft, fo kann keine Lebensluft in den. Körper vertheilt 
ı  meben, ober es entſteht eine ungleiche Vertheilung. Das 
| Zuviel loͤt die Theile auf, und wird befonders nad dem 
\  werhfell hingeleitet, moraus Krankheiten mit vielem 
| Schweiß entſtehen. Oft geht auch zu viel Luft in das 





1) Ebend. p. 418. - 


‚durh Wärme erzeugt, hinzukemmt. Oft ſchmilzt auch fris 
ſcqhes Fleiſch mic Luft, dann entſteht Geſchwulſt von einer- 


200 


zen, die noch weit ftärfer werden, wenn fi die Dändbse 
und Sehnen damit anfüllen, VBefällt dies Liebel die Sechs 
nen des Ruͤckens, fo erfolgt Starrkrampf und Opisthoto- 
nus, bie weniger burch Arzneimittel, als durch entſtan denes 
Fieber geheilt werden. 

Vom Schleim allein entſtehen minder gefaͤhrliche, aber 


unreine Krankheiten, am weiften Hautuͤbel. Geht er aber 


mit ſchwarzer Galle verbunden nah dem Kopfe, fo wird 
dies die Urfach der Fallſucht. Die Uebel vom Herabflieges 


des Schleims *) (zurdgeima) find die gewöhnlichſten. Kier 


it der Schleim fharf und ſalzig. Geſchwuͤlſte entfieben 
von Entzuͤndung und Verbrennung der Galle, die auf bie 
inneren Theile geworfen mehr Tigentliche Entzündungen her⸗ 
vorbeingt *), Sie ift am fehäblichften, wenn fie bie Faſern 
im Blute verdrängt, wodurch dies im gefunden Zuftanbe 
feinen entfprechenden Grad von Dickheit erhaͤlt. Dringt 


Fleiſch uͤber, und erregt hier eingeſchloſſen heftige Schmem 


fie alsdann mit dem inte in das Mark, fo werben ſelbſt 


die Bande der Seele und des Körpers aufgelöfl. Wird fie 
- aber von ber Kraft des Blutes überwunden, fo gebt fie 
nach dem linterfeibe, und wirb durch Bauchfläffe und Ruh⸗ 
ven ausgefondere. Weberfluß des Feuers erregt das anhal⸗ 
tende, Luft das tägige, Wafler das breitägige, und. Erbe 
das viertägige Bieber, weil ihre Dewegungen bie langſam⸗ 
ften find. 
Die Krankheiten der Seele werben in Manie und 

Amathie getheilt. Uebermaaf von Schmerz und Freude 


⸗ 





1) Plato lleß dies durch die beiden großen Adern zur Seite 
des Rückgrats geſchehen, bie man, wie es ſcheint, nach der ver⸗ 
worrenen Gefaͤßlehre dieſer Zeit allgemein anerkannt hat. 


3) Ebend. p. 4ao. 


— — — — 


— — —j nn — 
7 


— — 


mn. nen 
— ı 


201- 


find ‚die heftigften,, und Berauben ben Menſchen ganz feiner. 
Benunft. Die Urſachen dazu find. oft förgerlih, wenn 
5 ®. das Rüdenmarf, von Hberflüfigem Saamen be 


ſchwert, den Menſchen - zu Ausſchweifungen verleitet, die ims 


ma eine Seiftesfchwäche vorausfeßen . Die Menfchen 
werden überhaupt durch Förperlichen Einfluß zur Tugend 
und zum Lafter Hingeführt. Geiſtesſchwaͤche, Vergeſſenheit, 
Kähnheit und Furchtſamkeit entſtehen, jenachdem die ſchaͤb⸗ 


lichen Säfte ſich auf dieſen oder jenen Theil der Seele ger 


werfen haben. Gefundheit und Krankheit, Tugend und. 
Laſter berußen größtentheils auf ber richtigen Verbindung 
des Kirpers mie der Seele, und hier bat Plato Herrliche 
Srundjäge der pſychiſchen Heilkunde angegeben, bie aber 
ser zu wenig ausgeführt find, und freilich zum Theil feis 
un eigenthämlichen Vorausſetzungen entfprechen. Der Arzt 
bat in der Behandlung der Krankheiten am meiften den 
Vewegungen ber Natur nachzuahmen, und muß . deshalb 
denjenigen Cinwitkungen den Borzug geben, bie mehr yon 
fit, und aus dem Innern des Körpers entftehen. Daher 
it die Leibeshbung das vorzäglichfte Mittel, dann folgt die 
yfise Bewegung. Die dritte Stelle nehmen die auslee⸗ 
tenden Mittel ein, find aber nur im hoͤchſten Mothfall ans 
pimenden, denn. die Natur ber Krankheiten ift dem Leben 
vr Thiere zu vergleihen: Sie mäflen ihren Verlauf mas 
den, fo wie die Thiere die ihnen beftimmte Zeit ausleben, 
md werden durch zu taste Reizung: nue noch mehr aufge 
regt und vervielfältigt. 

Plato theilte bie Holtunde in bie Pharmacentif, 





1) Die Abfonderung des Saamens geſchleht nach Plato 
nm wie es Pythagoras gelehrt hatte, Im Gehirn und Rüden, 
marl. Tim. p- 64 


. 
- 


Chirurgie, Diätetil, Nofognomonit nd WB odr 
thetik, d. h. die Kunft, bei plöglichen Gefahren Hulfe 
zu leiften, diefe Eintheilung iſt aber für das wiſſenſchaft⸗ 
liche Treiben dei Aerzte ohne Folgen geblieben. 


$. 37. 


Weitere Ausbildung der dogmatiſchen Heillunbe: 
= Zeitgensffen und Spatere entfernten ſich ſo weit von 
dein. geraden Wege der Unterſuchung, daß fie, von Plas 
toꝰs Anſehn geblendet, willkuͤhrliche Behauptungen für 
kautere Wahrheit, und ben Scharffinn, womit er fie dar⸗ 
geſtellt, für den Probirſtein der Wahrheit hielten. So 
wurden ſelbſt bloße Erbichtungen ohne den geringſten Be⸗ 
weis der Wirklichkeit Gegenftände gelehrter Streitigkeiten; 
wobei die Streitenden fich dem Hange zu Spitzſindigkeiten 


und ber Diſputirſucht bingaßen, die die Kunft in ihrem 


Kortfchreiten nicht weirtg hemmten, und ihnen felbft bie 
Belehrung durch: den Augenfchein ehträdten. Ganz akade⸗ 
mifche Aerzte hat es niemals gegeben, aber ber‘ Einfluß der 
Akademie ift doch im Allgemeinen fehr merkbar. Bon eins 
zefnen Anſi chten ſcheint Plato's Lehre vom Eindringen 
bes Getraͤnks in die Lungen die Aerzte am meiften beſchaͤf⸗ 
tige zu haben, und iſt in der That das merkwuͤrdigſte Weis 


- fptel, wie die geiftige Kraft eines großen Mannes einen 


ganz offenbaren Irrthum aufrecht erhalte konnte. Sie 
wird in ber folgenden Zeit oft vertheidigt *), ja ein unbe 
kannter Schriftfteller ließ felbft einen Theil des Getränfs 
zur Abkühlung des Herzens verwandt werden, und glaubte 
die Wahrheit diefer Lehre durch einen unwahren Verſuch, 
wobei eine gefaͤrbte hlaſſcgtei bei Thieren nach dem Trin⸗ 





1) Bagl. $. 35. e 187. 
® 


ä 


| 


ken ſich in der Luftroͤhre vorfinden. ſollte, zum Augenſchein 
z erheben "). Ein anderer ſpricht von dern göttlichen Bazsı 
' meifter, (duueseyes) und fuche im Kerzen den &ig bes 
Zerus 2). Nun famen auch bei der Uebereinfimmung von 


Plato und Pythagoras dche Pythagoriſche Lehren in- 


Anſehn. Dean erkannte wieder bie Macht der Zahlen, und 


ſtelte die Krifenlebre danach dar, bie freilich dafür am mei 
fien empfänglich ſchien °), man fuchte Erfcheinungen dee 
lebenden Körpers durch den dunfelen Begriff der Harmonie 
aufzuhellen *), ja ein Dogmatiler erklärte die Erzeugung 
aus der Harmonie, die aus drei Symphonien beftänbe. *). 
Die Elementarlehre war faft fo vielen Veränderungen ans 
terworfen, als ſich Bearbeiter der Heilkunde fanden, doch 
ſcheint die mehr Hippokratiſche ſich am meiſten behauptet 
m haben, die in die Lehre von den vier Kardinalſaͤften 
hergegangen war *). Vieles davon abweichende beſchraͤnkte 
kh gewiß nur auf ben engen. Wirkungskreis der einzelnen 
kehrer, und Bietet ein Gemiſch von Meinungen bar, das 





1) De Corde LU. p.281. Dies Buch gebärt einer fpätıren 
Ze an, weil darin von fpäteren Entdeckungen, und felbft der 
Uegandrinifchen Schule die Diede If, 3. B. von ben Arterien, 


dem Bau des Herzens, mobel ſelbſt die Klappen befchrieben wer⸗ 


den, der Berrichtung der Lungen, wie man fie nad) dieſen Entber 
dungen Iehrie u. f. w. Beſtaͤtigungen für den Zuſtand der Hell 
tande in dieſer Zelt darf. man daher nicht weiter daraus. ent: 


lehnen. 


2) Democrit. ad Hipp. de Natur. homin. p. 281. 

3) De septimestr. parta. VI. p. 173. 

4) Ebend. . 

5) De Dieeı. I. p. 197. ——— 
6) De Natur. human. VIIL p: 264. 


— 7 


206 


der Entwickelung nicht werth iſt. Ein Unbekannter Lie" 
nur Feuer und Waſſer als die DBeftandeheile der Körper 
gelten, legte dem Feuer Wärme und Trodenheit, dem Bafr: 

fer Kälte und Feuchtigkeit bei *), und gefiel fih in Berr 
drehungen der Begriffe und unverſtaͤndlichen Ausbrüden, Tb. 
duß bei ihm auch von den feuchten Theilen des Feuers und 
den trodenen des Waſſers die Rebe -ift ) Ein anderer 
feste ben Khrper allein aus Galle, ein dritter allein aus 
Blur, An vierter aus Schleim zufammen °). Glädtädy 


. war ber Gebanfe, vor der Hand gar. feinen beſtimmten 





Grundſtoff anzuerkennen, von bem alles Uebrige ausgegaser 
gen: fei, fondern mehr auf jedes Ginzelne an fih, als 
Grundftoff bes Körpers Rüädfihe zu nehmen *), Aeuße⸗ 
rungen diefer Art blieben indeffen unbeachtet, dagegen ers 
hält immer jeder Irrthum durch ben Ausſpruch eines gro⸗ 
fen. Mannes das Gepräge ber Wahrheit. 

NMeben ben Elementaranſichten erhielt ſich fortwährend 
die Lehre vom Herabfließen des Schleims *) und vom Le: 
bensgeiſt. Dan unterfchied jetzt fieben Fläffe (g.«) vom 


Kopfe: Nach der Naſe, den Ohren, ben Augen, der Bruft, 


dem Rüdenmarf, woraus Abzehrung, nach der Wirbel 
fäule und dem benachbarten Fleifh, woraus Wafferfucht 
entftehen fol u. ſ. w. )J. ‚Es fcheint, als. hätte dies. den 
Gebrauch des glähenden Eifens besänfige ‚ba ber Ausflug 





1) BeDiee. 1.4. p. 182. — 4. p. 183. 

a) Ebend. 29: p. 204. | 0 L 
3) De Natur. human. IC, p. 264. 

4) Delc«. in hom, 1. p- 363. 


5) Sie I befonders in den Bühen von den Drüfen, und 
Aber Die Theile des Menſchen (de Locis in homine) ausgeſprochen. 
6) Do Loe. in hom. Xxviu. p. 9 


ass. den DBrandfiellen die. fiherfte Hulfe gegen Krankheiten 
dieſer Art verfprach "), und weil man glaubte, baß Die 
Ffluͤſſe durch die. Adern erfolgten, fo war ſchon in dieſer 
Zeit das Durchbrennen der oberflächlichen Venen üblich, das 
zian noch fpäterhin, Befonders in Augenkrankheiten, für 
wirtfam bielt *). 

Die Lehre von Lebenggeift war im Grunde nur eine 
einfeitige Elementarlehre, denn Luft (ade) und Lebenzhauch 
(möne, Qua) ift ziemlich einerlei, die Borftellungen von 
ben Autheil der eingeachmeten -Luft an den Lehenserfcheis 
nungen waren nur mehr verfeinert, fo wie man ſich von 


Anfang an bemüht hatte, den Begriffen ber rohen Elemente - 


eine größere Ausdehnung zu geben °). 


Faſt alles Uebrige in den dogmatiſchen Schriften iſt 


mar Wiederholung des fhon Dargeftellten mit eingeſtreuten 
Hippokratiſchen Lehrſpruͤchen. Die Anatomie blieb noch 
fortwährend in berfelben Rohheit und Verworrenheit, ans 
wenigen Eonnte man Aber die Gefäße ins Klare kommen, 
ja man vernachläffigte die eigene Unterſuchung fo ſehr, daß 


man neben Polybus phantaſtiſcher Gefaͤßlehre *) noch 


ähnliche aufftellee, bie man, wie es fiheint, bloß von ber 
äußeren Deobachtung des menfchlichen Körpers hernahm. 
Ein gewiffer Syennefis von Cypern lehrte, daß 
ale Adern in der Gegend ber Augenbraunen ihren Urs 
fprung nähmen, und von da, fich Ereuzend, nach dem 
Ahden und ben Lungen verliefen. Die von der linken 





1) Ebend. XXXHL p.383. 

2) Cels, de Medicia, L. VIL c. 7. 8. 15. 
3) Vergl. $. 27. ©. 126, 
2 ia2. - 


% 
ette‘ giengen nad) ‚der Leber, der rechten Niere und Dem 
rechten: Hoden, ‚die von der rechten nad dee Dil, Der 
Unten Niere, dem linken Soden und den äußern Geſchlechts⸗ 
beiten. " | 
Ein anderer, Diogenes von Apollonia hielt fih rider 
der an bie großen Adern zu beiden, @eiten bes Rüderars, 
die durch den Unterleib eine jede nach ihrem Schenkel, und 
bei dem Schläffelbeine vorbei nach dem Kopfe gehen ſollten. 
Auch hier wird wieder die. Kreuzung der Aeſte angenoms« 
men. Am meiften ftehen jene Stämme’ mit dem Herzen in 
Berbindung, und ein zweites Paar, (ob es Aeſte des vos 
rigen fein follen,. wirb nicht genau angegeben) geht durch 
die Bruft und die Achfeln in die Arme, die eine ift die Les 
deraber, (swszir). die andere die Milzader (ewiwirss). 
‚Bon dem erſten Paare verlaufen kleinere Aefte auf der rech⸗ 
sen Seite zur Leber, und auf der linfen zur Mil; unb 
den. Mieren. . Das 'Urbrige ift minder wichtig, und mit 
derſelben Unbeſtimmtheit vorgetragen, ivie die Ad’ın eine 
gelner Theile auch in den dogmatiſchen Sqriften beſchrie⸗ 
den! find 1). 
| Es iſt fchon oben angedeutet, daß man Sefäßtehren 
dieſe Art die Anzeigen zum Aderlaß unterwarf, und wich 
tige Folgerungen daraus. zu ziehen pflegte. Seht entfpann 
ſich noch bie folgenreiche Lehre von der Derivation (wugexk- 
vauess) und der Revulſion (drriewari‘) daraus: *), Die 
Hippokratiſche Regel, das Blut dem leidenden Theile fo 
nabe als möglich zu entziehen, mußte freilich Bei fortfchreis 
tender Erfahrung Einfhränkungen erleiden. Man lehrte 


— 





I) Aristotel. Histor. animal, L. M e. 2. p- 796. Ed. du Vall. 
Tom, T. 
l 


- 8) De Humor. I. p. 315. ü \ 


27 


iegt, daß bei Krankheiten der oberen Theile das Aderlag 
an den unteren wirkſamer fei, und umgekehrt *), weil 
dadurch zu gleicher Zeit eine Ableitung nach einer entfern⸗ 
ten ‚Stelle bewirkt werde, wie meit aber bie Dogmatiter 
fonft hierin gefommen fein mögen, läße ſich nicht vouſtas 
dig angeben. 

Um ben Zaßand der Phyſiologie Bei Diefer ‚Art der 
Bearbeitung der Keilfunde- anſchaulich au machen, findet 
fih kein beſſeres Beiſpiel, als daß ein ungenannter Dogs 
matiter die Schlafarterien, die er fchlagenbe Adern, (Prspee 
eprLowea) nennt, ‚von allen Gefäßen des Körpers allein 
für blutleer halt, ohne den Grund davon anzugeben. Day 
Blut werde von ihnen zurüdgehalten, und eben das Zus 
fammenftoßen des zurüdfliegend:n und einfträmenden Blu⸗ 
tes bewirke den Puls *). Wichtige Lehren find niemals 
ohne Borbereitung geimefen, und wir werden. finden, daß 
diefe, vielleicht nur bingeworfene Meinung von ‚der Leerbeit 
der Adern Beranlaffung zu einer Anfiht gab, die bald 
nachher große Ummandlungen in der ganzen Heilkunde von 
urſachte. 

6. 38. 
Shilikion, Eudoxus, Chryſippus uud feine Schüler. 

Philiſtion von Locri, Hippofrates und Plato's 
Zeitgenoffe, hat unter den älteren Dogmatifern einen Nas 
men, und ſchließt fih an die Elementarpathologen an, bie 
das Leben von den vier Qualitäten abhängen ‚ließen, indem 
fie der Wärme die erfie Rolle zuertheilten °), wie ex denn 





1) Ebend. 
a) DeLo«. is hom, VI. p. 363. 
3) Galen. de nat. Fac. D. II. c.8. p. 44. A. Tom. V. 


208 . 
auch, den Nutzen des Achmens in bie AbEählung ber ein 
Mlanzten Wärme feste *). Er gehört wie Diorippm 
unter die Vertheidiger der Platoniſchen Meinung von 
Einfließen des Getränfs in die Lungen *), und wird als 
' Berfaffer des zweiten Buches von der Lebensorbnung ers 
waͤhnt, worin über die Eigenehämlichkeit der Nahrungs 
mittel gute Bemerkungen mitgetbeilt find °. Er umb 
Theomedon, ein fonft unbekannter Arzt zu Athen, was 
een bie -Lehrer ‚des 

Euborus von Knidus, der aud von Plato unters 
richtet worden if, zur Pythagoriſchen Philoſophie hin⸗ 
neigte, und weniger durch eigene Werke, als weil er der 
Lehrer bes Ehruf ipp von Knidus wurde, auffallende Spus 
ren feiner Meinung binterlaffen hat. Sein Bang zur 
Myſtik trieb ihn nach Aeghypten, wo ihm eine Empfehlung 
des Agefilaus an den König Mectanabis leichte Auf⸗ 
nahme in die Priefterinnung verfchaffte. Nach einem Aufs 
enthalt von mehr als einem Jahre Eehrte er mie Chryfipp, 
der fortwährend fein Begleiter gewefen war, nad Grie⸗ 
chenland zuruͤck, und erlangte durch zahlreiche Schuͤler viel 
Anſehn. Philoſophie, Aftrologie, Machematit und Politik 
waren feine Hauptfaͤcher, die Heilkunde betrieb er, wie viele , 
Philofophen nur als Nebenfache, weshalb auch davon nichts 
näheres befannt ift *). E 
. Waren nun fon duch Plato Pythagoriſche Anfiche 
"ten 





2) Gealen. de usa Bespir. X, p. 413. B. Tom. IV. 
2) $. 35. ©. 187. — Pinterch. Symposiac. L, vn. Q. T. 
Ed. Hutten, Tom If. p. 288. 
3) Galen. de Alimeat. Fac. L. 1. p. 306. Tom. v. 
4) Diog. Laört. L. VUIL S. 86. p. 544." 





—— 


209 


ten geltend geworden, fo fanden fie buch Ehryfipp noch 
weit mehr Eingang, fo daß felbft Die ausübende Heilkunde 
wihtige MWeränderungen erlitt, die von einer langen Reihe 
' Berähmter. Aerzte anerfannt worden finds. Chryfippus 


son Knidus, Sohn .des Erineus :), ift von Chryfipp 


} 


‚ von Tarfus oder Soli wohl zu unterſcheiden, dem bekann⸗ 


tem Stoifer und Schüler des Kleanthes, der die Welt 
mit 705 Dächern beſchenkt bat *), und unter Plolemäus 
Philopator (206 v. Chr., 73 Fahr alt) geftorben ift °). 
Er Ginterließ einen Sohn gleiches Namens, ber fih am 
Hofe des Prolemäus Soter aufbielt, und wegen aube 
kannter Urfad hingerichtet wurde. Dann giebt es noch 
einen Crafiftrartäer Chryfipp, und mehrere andere, Die 
bier weniger in Betracht fommen *). Die Aegyptifche und 
Porhagorifche Heilkunde geboten Belindigkeit in der Be 
Bandlung der Krankheiten. Chryfipp, ber in den Lehren . 
beider ausgebildet war, fuchte mithin, fo viel er Eonnte, 
den Gebraud der Pflanzenmittel einzuführen *), und ben 
Glauben an ihre unträgliche Wirkſamkeit zu befördern, der 
etwas fpäter in einer anfehnlichen Schule wiederfehre. Das _ 
Aderlag aber wollte er ganz verbannt willen, wahrfcheinlich 


1) Ebend. 8. 89. p. 546. 

2) Ebend. L. VII. S. ı8r. p. 478. — Plinlus Hat ihn of 
fenbar mit dieſem vermechfelt. Hist. nat. L. XXIX. c. 1. p. 493. 23- 
Denn die ingens garralitas, von der bier die Rede ii; kann nur 
anf die 705 Werke gehen, auch bat der Stoiker nicht mehr auf 
Me Heilkunde eingewirft, als die übrigen Anhänger diefer Philo⸗ 
foppie. 

3) Diog. Laer. a... D. S. 184. p. 479. 

4) Ebend. S. 186. p. 480. 

5) Pl. Bist. nat. L. XXVI. c. 92. p. 391. 982. 

L _ O 


210 
nad) der Pothagoriſchen Vorausſebung, daß das Suse be 
ſeelt ſei, die Seele alſo durch Entziehung deſſelben Schaben 


lelde *). Durch dieſe Blutſcheu getrieben. kam er auf bad. 


Binden der Glieder im Bluthuſten, um den Andrang- bes 
Blutes nach der Bruſt zu verhindern >), eine Behanblungks 
art, die noch von den fpäteren Erafiftrardern vertheidigt 
worden ift >). Durch Entziehung der Speiſe glaubte er 


- feinen Zweck viel ſicherer erreichen zu fönnen, indem er audy 


die Ausleerungsmittel als nachtheilig verwarf, und fih Abr& 


gens ganz an die Aegyptiſche Lebensordnung hielt, die mit 


gelinden Brechmitteln und Kipftieren bas meifte zu bewirken 
ſuchte. Unter feinen Schriften, die durch die Werke Des: 
Erafiftratus und feiner Anhänger frühzeitig verdunkelt 


- wurden, erwähnt man ein eigenes Buch über den Nutzen 


bes Kohle, worin ſchon bie älteren Pythagoraͤer beſondere 
Kräfte geſucht haben ). 

Medius, Ariſtogenes ’) und Metrodorus find 
die Schäler des Chryfipp, die zur Verbreitung feiner 
unmännlichen Heilkunde das Ihrige beirtugen. Medius 


: oder Midias war Ariftoteles Eidam e), und Bruder 





ı) Galenèe de Venaesect. adv. Eras. C. 2. p. 393. F. - De Ve 
nmaesect. adv. Erasistrataeos Rom. deg. C. 2. pag. 409: F. Tom. X. 

2) Ebend. C. 7. p. 420. F 

3) Ebend. C. 1. p. 406. 

4) Plin. His. nat. L.XX. c.9. p.199.28. — — Bergl. 6.14. S. 77. 

5) Galen. de Venen. adv. Eras, Rom. deg. C. 2. p. 409 F. 

6) Die Tochter des Ariſtoteles war Pythias, Ihe und 
des Medius Sobn hieß wieder Ariſtoteles. Sextus Empi⸗ 
rifu6 (Contra Maihematic. L. I. p. 271. Ed. Fabric.) macht fie zur 
Eiemahlin des Metrodorus, Diogenes Angabe {fl ‚aber rich⸗ 
tiger. V. 8. 53. p. 797. 


a1 
der Kretorena ?), dr Mutter des Erafiftrasus, eine 
Verwandtſchaft, die nicht ohne Einfiaß auf feinen beraͤhm⸗ 

„in Meffen blieb. Von -Teinen Leiftungen in der Wiſſenſchaft 
willen wir ander weniger bedeutenden Angaben nichts 
mebe *). 

Ariftogenes won. Snidus war erſt der Diense des 
Ehrifipp und wurde nachher Ar des Antigonus Bo 
natas 2). 

Beirodoras fol Seat ifzatus ehrer geweſan 
ſein > 

& 39, 
Dickles von Karykatı 
Phadn, Ariſton, Phileras, Pherreydes, Py⸗ 
thokles, Akumenus, Eryrimachns, Meton, Pit 
talus, Aceſias find Aerzte aus der Hippoktatiſchen Zeit, 
deren Andenken ſich nme an ihre Mamen tnäpft. Die vier 
often hielt ınan für die Verfaſſer des Buchs Aber die heil 
ſame Lehenserdnung *), Pythoktles wird von Theffalus 
erwaͤhnt *), Atumenus war Beitgeneffe und Freund bes 


Gsfrates *), Eryrimachus, Tein Sohn, der Platonn 


x) Suidas vor. "Egnrirgurer. 

2) Pln. Hisı. mu LER Id Cels. de Med, 
L V.c. 18. 8. 11. 

3) Sadas vor. daroyisen Bersl. Cels. de Medic. L. Im. 
e. 27. p. 161. 31.2 

4) Sext. Empiric. a. 0 D, 

5) Galen. Comm. L-ia Lib. de Vier. acut, p. 14- F. Tom, XL, - 
Bagl. Gruner Censora Libr. Hipp. p. 135. — Ueber Ariston Gele, 
LV,c 18, 8. 33. 

6) Zpid. V.23. p. 788. 

7) Plas. Phaedt. p. se. Tom. X, Ed, Rip, ' 

22 


212 ' 
ſchen Naturphiloſophie zugefhan *), Metön, ein Atheniens 
ſiſcher Arzt “aus derfelben Zeit, ſuchte die Aftronomie mit 
ber Heilkunde zu verbinden"), Pitrdlus *) und Ace 
ftas waren ebenfalls Aerzte zu Athen, der letztere aber im 
fo uͤbſem Rufe, daß feine Kuren ſpruͤchwoͤrtlich wurden *). 
Bor allen Zeitgenoffen iſt Diokles von Karyfins 
ausgezeichnet, dem die Nachwelt den zweiten Rang nach 
Hippokrates zuerkannt has *). Er lebte kurze Zeit nach 
dieſem *), und went er auch in sieler: Ruckſecht zu Den 
Dogmatitern gehört, fo haben body feine Arbeiten mehr Licht 
über die Heilkunde verbreitet, als die meiften dogmatifchen 
Werke. Die Anatomie beftand vor ihm faft nur aus wii 
kuͤhrlichen Annahmen .und halben Beobachtungen, er unters 
nahm es zuerft, fie wiſſenſchaftlich zu bearbeiten, und führte 
die Kunftfertigkeit bei ber Zerlegung der Thiere ein, die mass 
Bis dahin noch ganz vernachläffige harte *). eine anatos 
miſchen Kenneniffe entfernen-füch zwar noch ‚wenig von den 
gangbaren Vorurtheilen, noch ſpricht er von den Korplebor 
nen der Gebärmutter ), noch kann man in feinem Werke 
über Zerglieberung die Genauigkeit nicht vorausfeßen, bie 





1) Plat. Sympes. p. 164. Tom. X. 

3) Plutarch. Alcibiad. 

3) Aristophan. kchammens. V. 1031. Diso. \ 
4) Anieins Ideuse, Erasm. Adag. fol. 162. 


5) Plin. Hist. nat. L.XXVI. c.2. p. 391. 21. — Galen. de Dieb. 
decret. L. 1. c. 2. p. 451. Tom. VI. 

6) - Galen. de Dissect. 'nteri c. 19. p. 282. Tom. IV. — Cels. 
Praefat. p. 3.6. 

7) Galen. de anstomic. Administr. L. V. c. 1. p- 47. Tom, IV. 


8) Galen. de Disstet. ureri, e. 9. p. abi. Kom. IY. 


| 2143 
ſchon früher zu wichtigen Entbedtungen hatte fahren muſſen: 
Sein Anſehn bewirkte indeſſen Nachahmung, und ſo iſt ihm 
ein Theil an den gluͤcklichen Erfolgen allerdinge: beizumeffen, 
wodurch die Kenntniß des menſchlichen Korpers bald nach 
than ungemein erweitert wurde. Die Bruchſtuͤcke feiner Phy⸗ 
fhologie enthalten wenig: neue Anfühten. Gr, folgte offenbar 
den früberen Elementarphilefophen, und Benußte nicht we 
niger Phthagoriſche Dreinungen, fo baf man ihn für einen 
wichtigen Gemährsmann der Zablenlehre zu halten hat, die 
ſich von ſeiner Zeit an mebr und mehr in bie Kranfheits 
Sehre verwebte. Wie Dhitiftion hielt er das Athmen ‚für 
eine Abkühlung, der eingepflangten Wärme *), wie denn dieſe 
Meinung wahrfdeinlid die herrſchende geweſen tft, erklärte 
aber die Unfruchtbarfeit der Mauleſel ganz Empedokleiſch 
aus dem zarten Bau und der Verſchloſſenheit der Gebaͤr⸗ 
mutter °). Das Unvermoͤgen der Männer, aus der Laͤh 
mung der Geſchlechtstheile, ihrem Mißverhaͤltniß zu den 
weiblichen, der Krümmung des Gliedes, der. mangelhaften 
Geamenabfonderung, bie Unfruchtbarkeit der Weiber aus 
deufelben Gründen, denn es glaubte, dag auch im weiblk 
hen Körper Saamen bereitet würde, mehr aber noch aus 
dem Vorwalten einer der vier Elementargualitäten >). Pr 
lybus Entdeckung des menfchlichen Eies ſuchte Diokles 
dadurch zu vervollſtaͤndigen, daß er eine Theorie der Aus⸗ 
bildung des Kindes darauf baute, worin die Zabt-fieben die 
Sauptrolle fpielte. Am fiebenten Tage zeigen ſich Bluts⸗ 
tropfen auf der inneren Oberfläche des Eies, am achtund- 





1) Galen. de usu Resp. I. p. 413. B. Tom. WV. 

2) Plutarch. de Plae. phil. L. V. e. 14 p. 46. EA. Hatten. — ı 
Bregl. $- 16. ©. 87. 

3) Ebend. c. 9. p- 472 e. 13. p- 475. 


212 ' \ 


fen Mutarphiloſophie gugefhan *), Metbn, ein Athenien⸗ 
ſiſcher Arge aus derfelben Seit, ſuchte Die Afteonomie neie 
der Heilkunde zu verbinden 2). Pittalus °) und 4 ce 
fias waren ebenfalls Aerzte zu Athen, der letztere aber in 
fo üblem Rufe, daß feine Kuren ſpruͤchwoͤrtlich wurben *). 
Bor allen Zeitgenoffen iſt Diofles von Karyfins 
ausgezeichnet, dem die Nachwelt den zweiten Rang nach 
Hippokrates zuerkannt has *). Er lebte Eurze Zeit nach 


dieſem *), und went er auch in vieler Rückſicht zu dem 


Dogmatikern gehoͤrt, ſo haben doch ſeine Arbeiten meht Licht 
über die Heilkunde ‚verbreitet, als die meiſten dogmatiſchen 
Werke. Die Anatomie beftand vor ihm faft nur aus wilk 


küuhrlichen Annahmen ‚und halben Beobachtungen, er unters 


nahın es zuerft, fie wiſſenſchaftlich zu bearbeiten, und führte 
die Kunftfertigkeit bei ber Zerlegung dee Thiere ein, bie man 
bis dahin noch ganz vernachläffige hatte *), eine anatos 
miſchen Kenntniſſe entfernen-fih zwar noch wenig von den 
gangbaren Vorurtheilen, noch ſpricht er von den Kotyledo⸗ 
nen der Gebärmutter *),-noch kann man in feinem Werke 
Aber Zerglieberung die Genanigkeit nicht vorausfegen, bie 





1) Plat. Sympos. p. 164. Tom. X. 

2) Plutarch. Alcibiad. 

3) Aristophan. Achamaens. V. 1031.00. 
4) Anseins idenze. Erasm. Adag. fol. 162. 


5) Pän. Hist. nat. L.XXVI. c.2. p.391. 21. — Galen. de Dieb. 
decret. L. I. e. 2. p. 451. Tom. VII. 


6) - Galen. de Dissect. uteri c. 19. p. 282. Tom. IV. — Cals. 
Praefat. p. 3.6 


7). Galen. de anstomic. Administr. L.II. c. 1,p. 97. en. IV. 
8) Galen. de Disstat. uteri, e. 9. p. 281. Kom. IY. 


 fislogie enthalten wenig neue Anfüchten. Er folgte offenbar . 


” 243 
füen früher zu wichtigen Entbeckungen hätte führen müuͤſſen: 
Gein Anfehn bewirkte indeffen Nachahmung, und fo iſt ihm 
ein Theil an hen gluͤcklichen Erfolgen allerdings: beizumeflen, 
wedurch bie Kenntniß des menfhlihen Körpers bald nach 
ih ımgemein erweitert wurde. Die Bruchſtuͤcke feiner Ph 


. den früheren Elementarphiloſophen, und Benußte nicht we 


niger Pythagoriſche Meinungen, fo daß man ihn für einem 
wichtigen Gewaͤhrsmann der Zahlenlehre zu halten bat, die 


fig won feiner Zeit an mehr und mehr in die Krankheits - 


lehre vermebte. Wie Philiſtion hielt er das Achmen für 


eine Abkühlung: der eingepflangten Wärme *), wie denn dieſe 


| Meinung wahrſcheinlich die hesrfchende geweſen it, erflärte 


> 


— 


aber die Unfruchtbarkeit der Mauleſel ganz Empedokleiſch 
aus dem zarten Bau und der Verſchloſſenheit des Gebaͤr⸗ 
wetter ). Das Unvermögen der Männer, aus ber Lah 


mung der Geſchlechtstheile ‚ ihrem Mißverhaͤltniß zw deu 


weiblichen, der. Krümmung des Gliedes, der mangelbaften 
Guammasfonderung, die Unfruchtbarfeit der Weiber aus 
deuſelben Gründen, denn es glaubte, daß auch im weibl 
den Körper Saamen bereitet würde, mehr aber noch aus 
den Vorwalten einer der vier Elementarqualitäten >). Pe 
lybus Entdeckung des menfchlichen Eies ſuchte Diokles 
dadurch zu vervollſtaͤndigen, daß er eine Theorie der Aus⸗ 
Bildung des Kindes darauf baute, worin die Zahl ſi teben die 
Hauptrolle fpielte. Am fiebenten Tage zeigen ſich Bluts⸗ 


ttepfen anf der inneren Oberfläche des Eies, am achtund 





1) Galen. de usu Resp. I. p. 413. B. Tom. IV. 


2) Plusarch. de Plae. Pi L.V. e. 14. P- 476. Ed. Hatten, — - 


Bnsl 5.16. 6. 87- 
3) Eon. e. 9. p: 472 e. 13. p. 475. ' 


[4 


214 


wanzigſten gerinne bie Fiäffegkeie ‘iu einen fehlen Körpewt, 


der zwiſchen Blut und Fleiſch mitten inne ſteht, am fürsf® 
undzwanzigſten iſt die menſchliche Geſtakt angebeuter, "Exie 
ſiebenten Monat iſt die Frucht lebensfaͤhig, ſieben Tage nach 
ber Geburt wird die Mabelſchner abgewerfen, und das 
ganze Leben ſchreitet dann nad der ſiebenzahligen Periede 
fort *). Diok les Eementarpathologie war ganz die Hi p⸗ 
pokratiſche e), doch ſcheint ſeine Anſicht von den Qualis 
gäten fich mehr ber dynamiſchen genähert zu haben, benm 
er faßte fie in dem genteinfchaftlihen Namen des Schalten 
den (ee Pilger) zuſammen, und nannte den thierifchen Stoff 


das Erhaltene (de Scune) uk in der Behandlung 


der Krankheiten, fo wie in der ganzen ausäbenden Heil⸗ 
funde war Hippafrates fein Verbiſd, von bem er ſich 
jedoch in einiger Nädfihe entfernte: So hielt er das ie 
‚ber niche für eine urſpruͤngliche, ſondern für eine bloß 


‚fmptomatifihe Krankheit (imızerium), indem er, wie es 
ſcheint glaubte, aus der Beobachtung wirklich ſymptomati⸗ 


ſcher Fieber Schluͤſſe auf alle Abrigen ziehen zu koͤnnen *). 


Leider ſteht nur diefe Behauptung fa ganz für ſich da, daß 


man keine Folgerungen wagen darf. Iſt aber Diofles 
durchgaͤngig anf höhere Krankheitszuftände zurfdgegangen, 


. 41 ’ 
. 2} Mäcrob. Comm. in Same, Scipion. L.I. ce. 6. Diefe Abe 
erregte ſogleich viel Aufſehn, und wurde zu derfelben Zeit vom 
Ariſtides von Somos verbreitet (Gel. Noct. Attic. LI. c. 10). 
der fie wohrfchelnlih von Diefkes entlehnt hatte. Auch der Pe⸗ 
sipatetifer Strato lieh fih ihre Verideldigung angelegen ſein. 
Maerob. a. a. ©. 

a) Galer. Method. mod. I. VII. ce 3.p. 166. Tom. X. - 

3} Galen. Comm.Il. in Hipp. Prognost. Texı,6. p.623. Tom. VIH. 


4). Galen. Hist. philos. e. 39. p. 58. Tom. U. 





215 


fo ift feine Anficht in einer Zeit; wo man faum anflng, die 


Uterſchiede der Fieber nach dem Typus feſtzuſtelen, gewiß 
fehr ſcharfſinnig zu nennen. Nicht weniger erregt eine 
zweite Debauptung unfere Aufmerffamfeit, daß nämlich 
ale Schweiße für widernatürlih zu halten find. Diokles 
meint damit nur die flarfen, die entweder von beftigen Ur 
fadyen , oder von Krankheiten entftehen, und nimmt offens 
bar auf die unmerkliche Musdünflung (wdnres Iuzres) Rüds 
Sicht, die den Altern Dogmatitern nach Dippofrareg 
Ziugerzeigen nicht unbefannt war ',. Daß diefe Boraus 
feßung, die der Natur fo ganz entſpricht, nicht ohne Fols 
gen für feine Iherapie blieb, iſt leicht abzunehmen. Er 
mußte wohl der Erregung einer gelinden Ausbänftung den 
Borzug geben, wenn er die ftarfen Schweiße für gemaltfanr 
ertlaͤrte. Doch verwarf er deshalb nicht die fhweißtreibens 
den Mittel, fondern ‘empfahl fie gegen bartnädige Uebel, | 
vor allen in der Wafferfucht °), die er in. Ascites und 
kyposarca unterfeied, indem er dem erfteen nad) feiner 
Entftehung die Namen Hepatias und Splenites jzuers 
theilte >). Nicht weniger in der Schwindfucht, wo freilich 
die angeführte Behandlung der Natur der Krankheit wenig 
entfpricht *). Die Lehre von den Jangiwierigen Uebeln war 
indeffen erft zu geringer Bollfommenheit gebiehen, auh . 
fonnte die Neuheit der wiflenfchaftlihen Heilkunde noch 
wicht die Tiefe der praftifhen Einfiht gewähren, bie man 
mit Recht von ber gereiften Erfahrung der fpätern Schulen 


1) Galen. Comm.I. Aph. 15. p. 30. Tom. IX. — De Symptom. 
uf. c.5. 2.43. Tom. VII. — Comm.Ill. ia L. de Alim. p.269. Tom. VI. 


2) Cael. Aurelian. Chronic. L II. c. & p. 486. Ed. Amman. 
3) Ebend. p. 468. 471. 
4) Ebend. L U. c. 14 p. 406. 


= 


216 / | 

erwartet. Daß kein eigentlicher Unterfchied zwiſchen ber 
einmaligen (Crisis) und ber mehrmaligen Entſcheidung Der 
Krankheiten (Lysis) ſtatt findet *), hängt mit der obigen 
Behauptung zufammer, und die Nichtigkeit dieſer einzelnen, 
aus aller Verbindung geriffenen Säge, läßt uns den Berluft 
feiner Werke nur noch mehr bebauern. Das berkhmtefte , 
moraus die Späteren vieles entlehnt ‚haben, war fiber Die 
Krankheiten; ihre Urfachen und ihre Behandlung (wdFes, 


 elrin, ISıgarsin), wovon wir ein fleines Brucftäd beſtz⸗ 


‚zen *). Es ift: bier von den Zufällen einer Art Hypochon⸗ 
drie bie Rebe (vrnua mrwuyzeruer, Queölis), deren Urfas 
hen Diofles in der Bereiturg eines dickeren Blutes und 
der Berftopfung ber Abern fucht, die im Magen die Nabe 
"rung aufnehmen. Dies alles wirb aber wieder auf die vor 
waltende Wärme zuruͤckgefuͤhrt, und mie benn eine erfah⸗ 
rungslofe Krankheitslehre in ihren Erklärungen immer nur 
das’ Mächfte ergreift, wenn fie nicht auf leere Vorausfeguns 
gen verfällt, fo gab es auch Aerzte, bie das Erbrechen in 
jenem Uebel von .einer Entzündung der untern Magenmuͤn⸗ 
bung berleiteten. Wahrfcheinlih war in diefem Buche bie 
ganze Therapie enthalten, wie man aus einzelnen Angaben 
über ganz verfchiedenartige Krankheiten fchließen kann. So 
nannte er die Darmentzändung. und das nichtentzändliche 
Korhbrechen, bie von den Späteren unter dem gemeinfchafts 
fihen Namen Deus begriffen wurden, Chordapsus °), Ileus 

Dagegen bie Kolik. Die Gelbſucht hielt er fuͤr toͤdtlich, 





19) Galen. de Dieb. deereter. Lib. I. e. 4. p. 284: Lib. II. e. 5. 
p- 464. Tom. VII. ’ 
2) Galen. de Loc. affect. L. III. e. 10. p- 441. B. Tom. VII. 

3) Cels. L.IV. c. 13. p.221. Xeedal iſt ein alt+griechifcher 
Dame für die Därme. | a 


217 


wenn Fieber dazugetreten fei, aber bas Gelbwerden im Gal- 
fenfieber für heilfam *). Auch die ganze übrige Heilkunde 
kat Diofles in Schriften bearbeite, wie es ihr noch klei⸗ 
ner Umfang geftattete, und wir bemerken ſchon jebt, daß 
die einzelnen Lehren fich mehr und mehr abfchließen. Geine 
SGedanfen Aber Lebensordnung und Arzneimittellehre, die’ 
in einem berühmten Werke von ber Erhaltung der Gefunbs - 
beit vortrug, find durchaus nicht dogmatiſch, er eifert viel⸗ 
mehr gegen die Erklaͤrungsſucht feiner Zeitgenoflen, und mil, 
Daß man in diefen Lehren allein bem Wege der Erfahrung 
folgen fele z). Man bemerkt Aberhaupt, daß wahrhaft 
große Aerzte wohl Schulen eifrig anhängen koͤnnen, nie 
mals aber durch ihre Lehrfäße ganz erdruͤckt werden. Wahr⸗ 
ſcheinlich ift Diokles der Altefte Ausleger Hippokratiſcher 
Shriften, auch hatte ja ſchon die Spftemfucht fo mächtig 
ihr Haupt erhoben, daß es nothivendig wurde, dieſe Ur 
tunden durch Hineinlegen neuer Meinungen felbft in eine 
neue Korm zu bringen. Er foll mit dogmatifchen Gründen .. 
häufig gegen Hippot rates geſtritten baben *), auch ſchrieb 
er über die Bücher von den Gelenken und ber Dffiein des _ 
Arztes, die alfo kurz nach Hippokrates verfaßt fein muͤſ⸗ 
fen, eigene Bemerkungen *), Ob aber auch -feine Werke 





2) Ebend. LI. c. 24. p. 175. 


2) Galen. de Alim. fac. L. I. e. 1. p. 3or. Tom. VI. Einzelne 
Bruchflüde ans diefem Werke bet Balen a. a. D. e. 13. p. 319. 
unb Oribasius, Coll. med. L. VIII. c. 22. bewelfen hinreichend, dof 

er feinem Grundſatze treu geblieben if. 


3) Galen. Comm. Ill. in Lib. Epid. p. 87. Tom. IH. 

4). Died vör nur’ Turgion war der Titel deb fehlen. ° Ga- 
len: Comm. de Officin. med. init. p. 1. Tom. XU, — Comm. IT. de 
Artie. Text. 93. p- 376. Tom. Xu. . 


- 


216 | 
 \über Weiberkrankheiten und Worberfagung Ausleguugem 
enthalten haben, oder eigenthuͤmlich gewefen find, läßt Fach 
wicht ganz entfiheiden. Das erſtere iſt beshalb glaublich, 
weil von Spaͤteren, namentlich von Erotian und Auxe⸗ 
fian Diofleifche Auslegungen Hippofratifher Ausfpräche 
aus jenen Dächern ausdrüdlich angeführt werden ‘). Ausch 
‚uber Chirurgie war Diokles ausgezeichnet 2), und ers 
fand mehrere Infteumente, wovon ein ganz zweckmaͤßiges 
zur Aucziehung der Wurffpieße in der Befihreibung aufbes 
halten it Es hieß Graphiscus oder Belulcus ’) — Im 
Hufe der Uneigennuͤtzigkeit und firenger Rechtlichkeit ſtaud 
dieſer Arzt weder dem Hippokrates, noch andern nad, Die 
die Würde ihrer Kunft im. Auge behalten haben *). 


W §. 40. 


Praxatoras von Kos und feine Schuler. 
Nah Diokles wurden Zergliederungen der Thiere ſchon 
. Häufiger, und.man kam bald dahin, daß der feineren Auss 
Bildung der Anatomie Fein Hinderniß mehr im Wege ftand. 
Praragoras von Kos, Sohn des Nicarchus )» ber 
legte aus dem Stamme der Asklepiaden, wenigftens derie 
gen, die fi mit Ruhm der Heilkunde geweiht haben, glänzt 
unter den.eifrigften Bearbeitern diefer Lehre, und feine Wer: 





2 Cael, Aurellan, Chronic. L: IV. c. 8. p. 537. — Erodan. 
voc. aut» werurgdorng etc. 

2) Galen. Comm. IY. in I. de Artic. Nr. 40. p. 454. aeq. 
Tom. XU. — Cels. L. VII, c. 20. p. 554. 

3) Cols. L. VIL 0. 5.8.3. p- 418. 

4). Galen. de Pla. Hipp. er, Platon, LIX. «5. p. 238. A. 
Tom. V. 

5) Galen. de wieri dessect. e, 10. p- a8. Tom--IV. 


2198 
; Dimfte find auds in den Übrigen hellen ber Medicin fe 
gruß, daß er bem Diokles im nichts nachftehe, ja wenn 
mar auf die Folgen feiner Entdeckungen fieht, ihn noch 
bei weitem übertrifft. Die Zeit feiner Bluͤthe fälle unter 
Aleranders Regierung, er war alfo jünger als Dipkles, 
und ift mit ihm ber Stolz der dogmatifchen Schule. Geine - 
Selehrfamkeit in der ganzen Heilkunde und - feine dogmati⸗ 
ſche Servandtheit werden allgemein anerkannt "), und durch 
die Bildung ausgezeichneter Schuͤler haben wenig Aerzee des 
Alterthums fo herrliche Spuren ihrer Thatigkeit hinterlaſ⸗ 
fen, als Praragoras. Durch die Entdeckung des Unter⸗ 
ſchiedes zwifchen den Blut⸗ und Schlagadern, bie von ihm 
zuerft Arterien oder -Iuftfährende Gefäße genannt murden, 
dat er fich unläugbar das größte Denkmal geftiftet *). Sie 
war ſchon feit einiger Zeit vorbereitet, den man - Fannte 
des Schlagen der Abern, und- harte ſelbſt verſucht, diefe 
Erſcheinung, wenn auch gariz unglädlich, zu erklären: >). 
Noch war. indeffen- niemand fo weit gegangen, die Met - 
male jenes Linterfchiedes mit der Lehre vom Urfprung der - 
Gefäße aus dem Herzen zu verbinden, die- (don Plato 
ensedeutet hatte *), wovon Praragoras durch die Er 
wähnung der Aorte, die er eine Dide (wuzıer) Ader 
nennt, den Beweis giebt *); Wie aber jeder Entdeckung zu 
Anfang mehr Gewicht beigelegt wird, ale ihr gebührt, fo . 
glaubte auch Praragoras die Schlagekraft der Arterien 
von der des Herzens trennen, und fie für eigenthumuich 


1) Galen. de Trem. —9 Conv. C. 1. 

2) Galen. de Diff. puls. L. IV. e. 2. p. 82. F. Tom. VII. 

3) $ 39.,©. 207. 

4) $. 36. ©. ige. 

5) Riff Ephes. de Part. corp. human. p. 42. Ed. Paris. 1554. 


[2 








* 


220 


halten zu muͤſſen, was von feinen Nachfolgern fogteih des 
der umgeftoßen wurde *), und beging noch darin einen vdef 
größeren Irrthum, daß er diefe Gefäße für die Lebensiasfe 


beſtimmt glaubte, woher denn auch ihr Name entlehnt ift * I. 


Wir heben gefehen, daß -ein unbefannter Dogmatifer bier 
felbe Meinung fon vor ihm. von der Schlafarterie gedazfe 
feet, und er fie wahrfcheinlich nur weiter ausgebildet hat "I. 
Die Luft: der Arterien war nah Praragoras bunftareig 
und verdidt *), er machte ſich alſo die Bertheidigung-gegee 
den Einwurf, daß bei der Werwundung einer Arterie ficher 
Bar feine Luft ausfteöme, felbft unmöglid. Die Späterese 
fuchten ihm dadurch zu entäegnen, daß. fie die Luft für zus 
fein erffärten, als daß fie beim Ausſtroͤmen wahrgenommerz 
merden fönnte °). Ohne Zweifel mar bie ganze Annahme 
aus der Lehre von der. Tebensluft entfianden, indem man 
jegs in den Arterien die Gänge zu finden glaubte, die fie 
von den Langen in den ganzen Körper leiteten, und darin 
durch die Beebachtung ihrer Leerheit nach dem ode bo 


ſtaͤrkt wurde. Prasagoras bildete indeffen biefe Lehre 


bei weitem miche fo weit aus, wie fie fpäterbim erfcheinen 
wird, und man kann mit gutem Grunde annehmen, dag 
we fih nicht fa fpigfindig vertheibigt bat, wie Erafiftra 
tus und noch mehr Die fpätern Eraſiſtrataͤer, die den Ein⸗ 
wurf, daß die verletzten Arterien bluteten, mit der Aus 
nahme eine) wibernatärlichen Zuftandes zu befeitigen ſuch⸗ 


. — — 


2 Galen. a. a. O. 
3 Galen. de dign. Puls. E.V. 3. p. 163. A. 
3) 8. 37. ©. 207. on 


4) Galen. An sanguis natara in arteriis contineatur. C. 2. Ed. 


Junt. 1609. CI. I. fol. 60. D. Basıl. gteec. p. 222. 10. 


6) Ebmd.-c.1.C. 


| 221 
ten, wodurch das Blut aus ben benachbarten Theilen in fie 
. Jineingetrieben würde 7). -Ueberdies leitete er die Lebens: 
geifter gar nicht allein vom Herzen ab, fondern ließ fie auch 
ans der ganzen Nähe fich in den Arterien anfammeln, fe 
daß fie nicht hineingetrieben (wInwırdu), fondern nur ans 
geyogen’ (EAnse9as), würden *), und es ſcheint aus der ans 
gefuͤhrten Stelle bervorzugehen ‚daß er fie nicht für gang 
blutleer gehalten bat, ſondern Blut und Lebensgeiſt zugleich 
in ihnen vorhanden glaubte. Darin waren ihm ſchon die 
Früheren, namentlich Diokles vorausgegangen, wenn 
ſie auch von der Verſchiedenheit der Adern keinen Begriff 
hatten. ie dem aber auch fei, fo hatten doch dieſe Unter, 
fachungen eine wichtige Bereicherung der Semiotik zur 
Folge, denn gleich nach Praxagoras wurde der bis das 
bin ganz überfehene Puls, Gegenftand der eifrigften Bears 
beitungen. 

Nun finden fich ferner deutliche Spuren, daß daß Prarar 
goras.die Merven gefehen, und von Abnlichen Theilen ums 
terſchieden hat, wenn er auch Aber ihre Berrichtung noch- - 
ſehr im Dunkeln war. Er lehrt ausdruͤcklich, daß die Arc 
terien in Nerven auslaufen °), und es ergiebt ſich, daß 
keine anderen als die Gefühlsneruen damit gemeint fein koͤn⸗ 
nen, da es ihm ſchwerlich in den &inn kam, die dicken 
Bänder und Sehnen aus den feinen Schlagadern herjuleis 
ten. Weberdies läßt fich diefe Behauptung mit andern Ans 
ſichten bes Praxragoras fo ganz in Uebereinſtimmung brin⸗ 
gen, daß daraus der Zufammenbang feiner Lehre erhellt, 
und die Zmeifel die fi) dagegen erheben koanten, nur noch 





1) Ebend. C. 6. fol. Gr.H. Der pe de 
3) Ebend. .8.fol.6u-F. . - . | 
3) Galen. de Plac, Hipp. et Platon L.L c. 6. 2.80. 2 Tom Y. 


« 


292 


mehe zerſtreut werden. Cr glaubte wie Ariſtotelec, datß Der 


Urfprung der Nerven im Herzen ſei '), wo ſich zwar aus 
genſcheinlich eine Verwirrung ber Begriffe und mangelhafte 
Anatsınie zu erfenmen giebt, denn Praragsras ven 
mwechfele bier die weißen Häute im und am Herzen mit Den 
wirklichen Merven: Bebenkt mean aber, daß das "ers 38 
bieſer Zeit allgemein, und aud von Praragoras, der in 
Plato's Meinungen wohl eingemeibt war *), für ven 
@is der Empfindung gehalten wurde, und weder Aerzee 


| noch Philoſophen die Schnentheile zu Werkzeugen der Eat 


pfindung geniaht Haben, fo wird die Bermuchung, d 

hier noch etwas mehr, «ls eine ganz rohe. Borausegung 
zam Grunde liegt, zu einem heben Grabe von Wewißheit 
erhoben. ‘Die herrfchende von Brarageras ausgefprocdhene 
Meinung, daß das Gehirn nur ein. umuützer Anhang des 


Ruͤckenmarks fei ?), verfperrte überdies den Weg zu richte 


gen Begriffen, die man fi von den Nerven härte erwer 


"ben koͤnnen, und bie faum auffeimende Mervenlehre wurde 


‚noch ver der Hand von der Gerfäßiehre und den Vorurthet⸗ 
Ien von der Verrichtung des Herzens ganz unterbrädt. Es 
it wahrfcheinlih, daB wach die Platdniſche Meinung von 
den Gefaͤßen als Leitern der Empfindung in jene dunkelen 
Begriffe mit verflochten war *). 

Die Übrigen Bruchſtuͤcke der Praxagoriſchen Anatomie 
zeigen deutlih, daß man bemüht war, bisherige Dunkel⸗ 
heiten in der Beſchreibung einzelnee Theile aufsahellen, 





1) Ebend. c. 7. p. Br. ung. ’ 
2) Er hatte felbii Platonifche Werke ausgeltgt. Galen. de 
natural, Facultat. L. IL. c. 8. p. 48. D. Tom. V. 


3) CGalen. de Usu part. L VIE c. ı9. p. 508. € Tem, IV, 
’ 4) % 36. &..105. 


, 223 
wiewohl fich noch Fein Beweis vorfindet, Daß im diefer Zeit 
menſchliche Leichen zergliedert worden find. Noch immer 
lehrte Praxagoras, daß die Gebärmutter aus einer do 
pelten Hoͤhle beftände, bei den XIhieren dagegen mehrere 
vorhanden wären *), fuchte indeffen die Vorſtellung, die 
man ſich von den Kotyledenen machte, etwas genauer anzu⸗ 
geben, indem er fie für die Mündungen der Gefäße der Ge 
bärmutter erflärte, die ſich buͤndelweiſe auf der Innern 
Dberfläche derſelben zeigten 2), Damit war inbeffen der 
allgemein gültige Irrthum noch nicht widerlegt, er wurde 
vielmehr durch Hinzufuͤgung einer neuen Anfiht nur noch 
mebr befeftigt, und leider hielt man die Ausfprüche dieſer 
alten Aerzte in der fpätern Zeit. für fo unmiderlegbar, daß 
man lieber neue Entdeckungen ihnen unterordnete, als die 
hergebrachten Irrthuͤmer verbannte. ⸗ 

Die Humoralpathologie wurde von Praxagoras viel 
weiter getrieben, als es den fruͤhern Dogmatikern gelungen 
war, und eben dieſe Uebertteibung gehöre zu den wichtig⸗ 
fien Urſachen, die nicht lange Zeit nachher Gegner der dog 
matifchen Heilkunde hervorriefen. Die Grundlage blieb noch 
immer die Hippokratiſche Krankheitslehre, und wie Hippo⸗ 
frates die Zahl der Krankheitsſchaͤrfen unbeſtimmt gelaſ⸗ 
fen hatte, fo glaubte ſich Praxagoras ein beſonderes Ber 
dienſt zu erwerben, wenn er diefe Lehre recht dogmatifch 
Bearbeitete, und durch Anhahme mehrerer Unterarten der 
vier Karbinalfäfte anf alle Krankheitserſcheinungen moͤglichſt 
anszudehnen fuchte *). Gr unterſchied im Ganzen elf Arten 
von Säften, die durch. Uebermaaß Krankheiten erregen 





1) Galen. de Dissect, uteri. C. 3. p. 277. Tom. IV. 
2) Ebend. C. 10. p. 282. | 
3) Galen. de natural. Fac. L. IL c. 9. p. 53. C. Tom. V. 


' 


— 


N 


—8 


y 
I. 


D >! 


tinnten: 1) ben füßen, ads, 2) ben gleihmäßig ger 
mifchten, Zedegares; 3) den glasähnlichen, suaddıs, 4) dem | 
fauern, fur: 5) den laugenfalzartigen, —R 6) deu 


ſalzigen, «Aones, 7.) den bittern, wınges. 8) ben lauchgräis 
nen, wenreudis, 9) ben eigelben, Aıdwdrs, 10) den reizs 


enden, Eurizes, und 11) den ftodenden, vueıues :). Hier⸗ 


. bei befolgte er nicht einmah einen‘ feftitebenden Eintheilunges 


grund, fondern warf die innere Beſchaffenheit der Säfte 
mit dem Gefhmad, der Wirkung auf den Körper und Der 
"Farbe bunt durcheinander. Den Sig der Fieber fuhte er 
in dem Theile der Hohlader zwifchen der Leber und Ben 
Mieren, und nannte dies Gefäß zuerſt ausſchließlich fo 
(PAY zeira), da man bis zu feiner Zeit alle größeren Adern 
unter dem Namen Hohladern verftanden hatte °). Bill 
kuͤhrliche Annahmen dieſer Art Eonnten jet nicht” ausbfeis 
beri, weil die Aerzte bei mangelhaften Borfenntniffet die 


- Natur der Fieber mit allem Fleiße zu ergründen fuchten. 
Schon hatte Diofles bösartige Wechfelfieber mit Stimm, 
loſigkeit und Krämpfen bei Kindern gefehen, Praragoras 


wollte eine noch geößere Boͤsartigkeit vom zwölften. bie‘ zum 

fiebzehnten Jahre beobachtet haben, und befchrieb das Wech⸗ 

‚ felfieber mit Berdubung und Schlaffucht (F. i. lethargica, 
:comatodes), wie es ſcheint fehr naturgemäß °). - 

In der Behandlung ber Krankheiten entfernte er fich 

aber fehr von Hippofrates Brundfägen, und 'es wird 


bier augenfcheinlich, zu welchen Vorurtheilen das dogmatifche 
. Trei⸗ 





1) Auf. Ephes. de Parub. homin. L. I. p. 44. Ed. Clinch. 


Laoad. 17926. 


2) Ebend. pP» 41. ⸗ 
J 3) Cael. Aurellan. Acut. L. V. c. 10, p- 97. 98. 


— 
⸗⸗ 


e > 
' 


— 


225 - 


Treiben verleiten kann, und wie fehr die Heilmethoden 
der Natur widerfprechen, die daraus hervorgehen. In der 
Darmentzändung, die unter bem Ileus mitverftanden wird, 
ſcheute fih Praragoras nicht, falzige Abführungsmittel, 
und felbft Brechmittel zu geben, um das Kothbrechen, das 
er ſich wahrfcheinli als heilfam vorftellte, nur noch mehr 
zu Befördern, und wenn auch das Einblafen von Luft in 
ber? After, nach ber bisherigen Weife nichts geholfen hatte, 
fo fuchte er durch gemwaltfames Drängen und Kneten bes 
Unterleibes mit ben Händen Deffnung zu verfchaffen, denn 
er glaubte, die Entzändungsgefchmulft des Darms fei die 
Urſache der Berftopfung. Endlich rieth er felbft den Unter⸗ 
leib und die Därme aufjufchneiden, den Koch herauszuneh⸗ 
men, und die Wunden wieder zu vernähen, wie er bies 
bei Darmbruͤchen mahrfcheinlich ausgeführt hat. Diofles 
ließ in demfelben Uebel den Kranken eine Bleikugel ver . 
fhluden, um die Verfiopfung zu heben ') Zur Vermei—⸗ 
bung des Aderlaffes nad) ‚dem fünften Tage in ber Brufts 
entzöndung, befonders bei Greifen und Schwachen trieb ihn 
weahrfdyeinlich die Furcht vor übeln Zufällen, die bei richti⸗ 
ger Anzeige den guten Arzt von der Anwendung diefes Mits 
tels nicht abhalten darf *). Er verließ fich in folchen Faͤl⸗ 
len mehr ‚auf das Entziehen der Nahrung, und verfprach 
fih überhaupt von dem Aushungern der Kranken große 
Vortheile, die er in einer eigenen Schrift abhandelte >). 
Auch Über Arzneimittellehre *) und Therapie *) gab es Werke 





ı) Ebend. L. II. c. 17. p. 243. 244. 

2) Ebend. L. IE c. 21. p. 130. 

3) Galen. de Venassect. adr. Erasisir. C. 8. 9.403. A. Tom.X. 
4) „Galen. de simpl. Med. fac. L. VI.Prooem. p. 144. C. Tom. XDI. 
5) Cael. Aurelian. Acut. L. UI. c. 17. p. 243. 


L P 





226 


von ihm, die mit anderen Aber- Zergliederung ’) und Ze , 
chenlebhre *) noch im zweiten Jahrhunderte n. Chr. vorhan⸗ 
den baren. 

Unter den zahlreihen Schhlern des Praragoras iſt 
feiner fo berühmte geworden, als Herophilus, der große 
Anatom des Alterehbums; wir werden feine Verdienſte wıze 
die Heilkunde in der Folge Eennen Iernen. R 

Auch Philorimus if nicht unwichtig. Er bearbeitete 
mehrere Fächer der Heilkunde, befonders die Anatomie *) 
und Chirurgie *), entfernte fich aber. fo wenig von Den 
Ausſpruͤchen feines Lehrers, daß er ihm felbft in den mei⸗ 
fien Irrthuͤmern Beitrat. Daffelbe gile auch von 

Dliftonicus, der die Verdauung durch Faͤulniß ers 
klaͤrte *), nnd von 

Dieuches, der vielleicht Chryſippeiſche Grundſaͤtze an⸗ 
genommen hat, wie man aus ſeiner angefuͤhrten Schrift 
Aber den Nutzen/ des Kohls vermuthen kann ). Sein 
Schuͤler war ein gewiffer Numenius, von dem einige 
Arzneivorfchriften aufbewahrt, find )), woraus man fehen 
Tann, wie die Aerzte fchon jegt die Hippokratiſche Einfach 
beit verließen. 

Unbeftimme ift es, ob auch der Dogmatifer Eyfimas 
dus °) und Pineficheus, ein Arzt zu Athen und 


— 





1) Galen. Comm. V. in Hipp. Aph. xLV. p- 222. Tom. IK. 


2) (bend. Comm. VL, p- 247. F. 

3) Galen. de Dissect. uteri C. 3. p. 277. Tom. IV. 0 
4) Cels. L. VIO, c. 20. p. 554. 5. Er wollte wie Hippo 
rates bie Verrenkung des Oberſchenkels geheilt haben. 

5) Cels. Praef. p. 6. 14. 

6) Plin.Hist, na L.XX. e.9.p.199.28. \ 

7) Cels.L.V.c. ı8. 8.35. p. 259. c. 22. S. 4. p. 270 

8) Schol. ia Nicandr. Alesiph. V. 376, p. 56. Ed. Schneider. 


227 
Schriftfteller über. Nahrungsmittellunde "), die beide in 
biefer Zeit gelebt haben müflen, zu Praragoras Schuͤlern 
ja rechnen find. Bemerkenswerth ift es, daß der letztere 
An vollftändiges nofologifhes Spftem ausgearbeitet hat *). 
Unvollfommen mag es allerdings gemefen fein, wäre uns 
aber doch als aͤlteſter Verſuch in diefem Fache ein wichtiges 
Deufmal. 

Ein anderer Mneficheus aus Cyzicum tft weni⸗ 
ger berichmt geweſen. Bann er gelebt bat, kann man 
nicht mehr genau angeben. Wir werden uͤberdies nur durch 
ein unbedeutendes Bruchſtuͤck aus feinem Buche über den 
Kohl an ihn erinnert ?). _ 

Ein Zeitgenoffe des Praragoras, der auch etmas 
früher gelebt haben kann, ift Petron oder Perronas, 
befannt durch feine widerfinnige Heilmethode, wonach er 
Fieberkranke behandelte. Er hatte wahrſcheinlich gar keine 
ärztliche Bildung genoſſen, und fuchte ſich durch breiftes 
Verwerfen der allgemein angenommenen Grundfäße in Grie 
chenland Anſehn zu verſchaffen. Um Hitze und Durſt zu 
erregen, begrub er die Fieberkranken ohne allen Unterſchied 
in Betten, gab ihnen dann während des Nachlaſſes kaltes 
Waſſer in reichlicher Menge, und ließ fie brechen, wenn fie 
noch nicht genug geſchwitzt batten. Legte fi) danach das 
Fieber, fo verordnete er Schweinebraten und Wein, dauerte 
es aber fort, - fo verfuchte er Sal; und Waſſer als 
Abfuͤhrungsmittel *). Hierin beſtand feine ganze Kunſt, 





1) Galen, de Alim. Facult. LU. c. 61. p. 366. Tom. VI. 


3) Galen. de med. Method. ad Glaucon. L. I. e. I. p. 345. B. 
Tom. X. 


3) Oxkibas. Collect. med. L. IV. c. 4. 
4) Cels. L. U. c. 9. p. 137. 
P 2 


228 


und dennoch gehörte er zu: feiner Zeit zu den genaunten 
Aerzten. . 

Endlih it nod Antigenes anzuführen, Er gehört 
zu den älteren Anatomen vor Herophilus »), im uͤbrigen 
iſt aber fein Andenken ganz verlofchen. 


Zweiter Abſchnitt. 
Säule der Peripatetiker. 


$. 4. 


Arifioteles Naturphiloſophie. 
Ariſtoteles, Sohn des Arztes Nikomachus, eines 
Asflepiaden, ber feine Herkunft von Machaon ableitete, 
und am Hofe Amyntas des zweiten von Macedonien 
(383 — 370) die Heilkunſt ausübte, wurde im Jahr 384 
zu Stagira geboren, und nad einer forgfältigen Erzie⸗ 
hung ſchon im ſiebzehnten jahre Plato’s Zuhörer. Eine 
lange Zeit gehörte er der Akademie an, verließ aber nad) 
zwanzig Jahren Achen, und murbe zum Unterrichte des 
funfjehnjährigen Alerander berufen, nachdem er fidh noch 
einige Zeit an verfchiedenen Drten, namentlih in Mitylene 
und Atarnis aufgehalten hatte. Zehn Jahre darauf (335) 
fehrte er nach Achen’ zurück, ftiftete Die peripatetifche Schule, 
lehrte dreißig Jahr im Lyceum, mußte dann wegen einer 
Anklage die Stadt verlaffen, und ftarb im dreiundſechzigſten 
Sabre (322) zu Chaleis, nad) der wahrſcheinlichſten An⸗ 








1) Galen. Comm. Il. in L. de Natur. human, Text. VI. fol. 183. 
A. Ed. Junt. 1609. 


g 229 
abe an einer Krankheit, nach andern an felbftgenommenem 
Gift "). 

Es if feitdem kein Dann wieder erftanden, der einen 
glänzendern Beweis gegeben Hätte, wieviel ein umfaſſen⸗ 
der Geift bei günftiger Gelegenheit mit brennender Liebe für 
die Wiffenfchaft und dem unermäbdlichften Fleiße zu leiften 
vermag. Cs find wenige Fächer, bie Ariftoteles nicht bear- 
beitete, den meiften gab er eine nee Geftalt, und die Ge’ 
ſetze für ihre fünftige Bearbeitung. Die Naturwiffenfchaften 
rief er'nach früheren unvelllommenen Berfuchen zuerft in 

das Dafein, und gab ihnen ihre ficherfte Grundlage, einen 

reichhaltigen Stoff und die größte Fülle der Erfahrung, die 
ihnen zu Theil werden fonnte. Seine Bielfeitigfeit Bleibt 
für alle Zeiten beivundernswärdig. Viele Philoſophen find 
ihm an Einſicht und Scharffinn gleichgefommen, auch find 
viele Naturforfcher von ähnlichen Umftänden beguͤnſtigt zu 
demfelben Umfänge ihres Wiſſens gediehen, in beiden $&s 
chern zugleich giebt es aber nur einen Ariftoreles. Auf 
der einen Seite der vorgefchriebene philoſophiſche Gang und 
die firenge Dialektik, die nicht aus ihren Gränzen heraus 
geht, auf der andern, die ſchlichte und Mare Naturbeobach⸗ 
tung ohne die geringfte Vermiſchung mit philofophifchen 

Berurtbeilen. Das frifche Leben der Natur ſcheint ihn zu 

einem ſtarken Philoſophen, und die richtige Anmendung ber 

Philofopbie zu einem gluͤcklichen Beobachter gemacht zu haben. \ 

Wahrſcheinlich ift in ihm die Liebe zu den Naturwiſſen⸗ 

[haften fchon während feines früheren Aufenthaltes in Athen 

-erwacht, vom König Philipp Begänftige Eonnte er aber 

feiner Neigung ungeftörter nachbängen. Er ſchenkte ihm 
ein Landgut, Nymphaeum bei Mieza, wo er entfernt 





1) Diog. Laërt. L. V. 8. 9. p. 273. seq. 





230 | 
vom Hofe fih mit ber Erziehung des Prinzen allein Bes 
fhäftigte, und diefem die Vorliebe für Heilkunſt mittheilte, 
wovon er Als König oftmals Beweife gegeben hat .. Ger 
wiß bat Alerander auch an den Arbeiter für Naturges 
(dichte Theil genommen, worunter die Zergliederungen von 
Thieren oben an ftehen, und feßte durch Freigebigfeit feinen 
Lehrer in den Stand, einige Theile der Naturwiflenfchaften 
mehr zu erweitern, als es die Kräfte eines Privammannes 
felbft unter den glädlihften Verhaͤltniſſen geftatten, went 
man auch die gewöhnliche Sage, Ariftoteles babe von 
ihm achthundere Talente zur Bearbeitung feiner naturhiſto⸗ 
sifhen Werke befommen 2), für eine Uebertreibung halten 
fann. Mac dem Vorhandenen zu urcheilen, ift es indeflen 
wahrfcheinlih, daß eine große Anzahl Menſchen in Grie 
henland und Aften befchäftige geweſen find, für Ariftote 
les Thiere und andere Seltenbeiten berbeizufchaffen ). Nur 
muß dies noch unter Philipps Regierung gemwefen fein, 
denn gleith nah Alexanders Thronbefteigung ſchied Aris 
ftoteles aus feinen Verhaͤltniſſen in Macedonien, und 
batte in Achen gewiß weder Zeit noch Gelegenheit, feine 
» Matprgefchichte der Thiere zu vollenden *). Ueberdies fiel 
er. bei der befannten Sinnesänderung des Königs bald in 





1) Piutarch. Alexander. 


2) Athenael Deipnosoph. L. DX. p. 398. e. Ed. Schweighaeu- 
ser, Tom. II. p. 474. | 


3) Plin. Hist. nat. L. VIH. c. 16. p. 443. 15. 


4) Plinius (a. a. O.) benugte von diefem Rieſenwerke noch 
gegen funfzig Buͤcher, worunter wahrſchelnlich die anatomiſchen 
‚außer der Thiergefchichte mit zu verſlehen find. Andere ſprechen 
von ſiebʒig (Antigon. Carysı. Histor. mirab. c. 67.), wir belißen 
aber nur noch zehn, und wenn man die Äbrigen von abrlichew 
Inbalte dezu Zechnet. zwelundzwanzlg. 


231 


Ungnade *), wurde Anfangs gleichgültig behandelt, und 
nachher felbft durch die unverdiente Auszeichnung \anderer 
Philoſophen, namentlich feines Feindes Kenofrates, tief 
gekraͤnkt *), fo daß ihm wohl ſchwerlich noch von Afien aus 
Unterſtuͤtzung zu Theil geworden iſt, woven er ohnehin kei⸗ 
nen Gebrauch mehr machen konnte. 

Ariſto teles Naturphiloſophie verraͤth im Allgemeinen 
eine ſorgfaltige Benutzung des ſchon Vorhandenen, iſt aber 
doch groͤßtentheils neu, und um viele Lehrſaͤtze reicher, deren 
DBenubung fpäterhin ſehr erfprießlich gemwefen if. Gleich. 
ſtark auf dem analptifchen wie auf dem ſynthetiſchen Wege, 
war er doch Überzeugt, daß nur die Erfahrung Sicherheit 
der Erkenntniß geben könne ?), daß es dem Menfchen nie 
mals gelingen werde, die nächften Urfachen der Dinge ganz 
zu ergründen *) fondern im Streben danad) all unfer Be 
mühen ſich ende, glaubte nicht an marhematifche Sicherheit 
in materiellen Gegenftänden *), und bielt die Kunft zu zwei- 
fein, und Bas Unbefannte von dem Bekannten richtig zu 
friden für das ficherfte Mittel, die Wahrheit aufzufin 
den *). Micht weniger benußte er Plato’s Lehre von ber 





1) Die Empfehlung des Geſchlchtſchreibers Kallikhenes, 
felned Berwandten, die man gewöhnlich als den Grund anfährt, 
(Diog. Laört. L. V. 5.9: p. 273.), mag vielleicht nur den Vorwand 
gegeben haben. . 

2) Eben. S. 10. p. 274. 

3) Metsphysic. L.I. e. 1. p. 839. A. "Areas N imeaun 
zul riyın dia Tis iumugias reis ardggrers. — Tireras M Hix- 
sn, ormr ix FEeAAAn Ta derugins Inronuazer, ehren wie Yi- 
ra wie) rar onen awermyıs. 

4, Ebend. c. 2. p. 840. . - 

5) Ebend. L. I. c. 3. p. 858. | 

6) Ebd. L. III. e. 1. p. 858. 


232 \ 


Unficherheit der Erkeuntniß durch die Sinne, lief fie aber 
weniger von, bem objektiven Wechſel der Dinge, als vom. 
der Unvolllommenbeit unferer eigenen Wahrnehmung abhäre 
gen 1). Hätte er nur’ diefe herrlichen Grundfäge überal 
befolgt, und hätten fie ihn nur von der Anwendung einer 
trockenen Schuldialeftif abgehalten, die feinen fpätern Nach⸗ 

beten wmefentlih ſchien, und die Wiffenfhaften auf lange 
Zeit in die geifttöbtenden Formen ber peripatetiſchen Philo⸗ 

ſophie hineinzwaͤngte! Die Wahrheit laͤßt ſich mit Netzen 

von dieſem Gewebe nicht nachſtellen, und man erhaͤlt nur 

ſchulgerechte Trugbilder, die von den Wiſſenſchaften fern 

bleiben ſollten. 

Unſterblich iſt das Verdienſt des Ariſtoteles, daß er 
die dee der koͤrperloſen Kräfte zuerft mit Sicherbeit und 
folgerecht durchführte 2). Man hatte zwar lange fhon vor 
ihm die Nothwendigkeit erkannt, die Grundftoffe leitenden 
Kräften unterordnen zu muͤſſen, Heraflit hatte dem Feuer 
die Herrfchaft Aber die andern Elemente gegeben, die Hip⸗ 
pofratifchen Dogmatiker waren ihm hierin gefolgt, und Hat 
ten den Begriff der Elementarqualicäten mit Erfolg auf die 
Lebenserſcheinungen angewandt, ſchon war eine dunkele 
Lehre vom Lebensgeiſt vorangegangen, noch konnte man ſich 
aber von der materialiſtiſchen Anſicht nicht ganz befreien, 
die Begriffe von den Elementen waren nur verfeinert, dag 
ein Gegenfaß ziwifchen Kraft und Materie State fände, hatte 
noch niemand ausgeſprochen. Ariftoteles ging fo meit, 
daß er felbft das Dafein der Kraft behauptete, wenn fie 
auch nicht in Ihätigkeit übergegangen fei °), und dies war 





1) Ebend. L.IV. c. 5. p. 877. 
2) Ebmb.LI.c. 7. p: 849. 
3) Ebend. L. X. c. 3: p. 934. . 


. - 


ET — — — — — 
* 


J 233 
ein Rieſenſchritt zur weitern Ausbildung. der Maturlehre. 
Leider werden wir aber die Vortheile, die ſich aus dieſer 
Ldehre für die Heilkunde ergeben: hätten, in der Folge wenig 
beadhtet finden, denn anftatt auf den Begriff don Lebens 


' traft zu Formen, der jeßt niche fern gewefen wäre, hielt 


man fi) Lieber an das Hergebrachte unter verfchiedenen For 
men, und abıfete nicht, welche Entwidlungsfähigkeit in je 
nem Gedanken lag. 


An Ruͤckſicht der Materie behielt Ariſtoteles die alte 
Lehre von den Elementen bei, nur ſetzte er nach Plato, 
wenn auch nicht durchgaͤngig, ein fuͤnftes, den Aether 
hinzu *). Es gab noch Feine wiſſenſchaftliche Chemie, und 
die Kenntniſſe in der Naturlehre waren noch nicht ſo weit 
gediehen, daß er hierin weiter haͤtte vordringen koͤnnen. 
Auch die Elementarqualitaͤten nahm er in fein Lehrgebäude 
auf, und lehrte von den Eigenfchaften der Körper, die aus 
den Hervorſtechen berfelben hervorgehen follten, im Ganzen 
daffelbe, wie feine Vorgänger, nur trennte er davon, wie 
es Teint, das rein Dynamifche, was man bisher hineinge; 
fegt hatte, und feßte dafür den Begriff der abfoluten Kraft 
ein. Die Eigenfhaft eines jeben Elementes nannte er die 
Verbindung (vleäıs) deſſelben, nämlih im Feuer bie 


Warme und Trodenheit, In ber Luft die Kälte und Feudy 


tigfeie (denn er biele fie für eine Art Dunft), im Wafler 
die Feuchtigkeit und Kälte, und in der Erde bie Kälte und 
Treckenheit 2). Aus dem Gegenfaß der Elementarqualitäs 
ten wurde nun auch die Veränderung der Elemente und ihr 
Uebergang aus dem einen im das andere erflär. So wird 





1) Diog. Laört. L V. 8.30. p. 286. 
2) De Generar. et Corrapt. L II, c. 3. p. 516 
1 ’ 


- 


NT Ä 


3. B. bei dem Zufammentreffen von Feuer und Luft, da 


erfte vernichtet, und es entſteht Luft, wenn die Feuschrigfel 
berfelben die Dberhand Aber die Trockenheit des Feuters be 
halt, indem die Wärme, die beiden gemeinfchaftlich iſt, füd 


nur zu vereinigen braucht; und fo bei den Übrigen‘). ‘Den 
Begriff der chemifchen Verwandtſchaften ift bier im Weſent⸗ 





lichen angegeben. Nun liege aber fämmtlichen Elementen 


noch eine meit feinere Materie zum Grunde, als fie felbk 
find.*). Materie ift überhaupt das Leidende, enchäle nur 


die Möglichkeit der Epiftenz, und wird erft durch die Form, 


die Kraft, zu Dingen der Wirklichkeit erhoben °). Jede 
Veränderung eines Dinges feßt die Materie (vn) als Sub 


ſtrat, und die Form (üdes) voraus, die nun entweder ets 


was Beſtimmtes, oder die Negation deſſelben ift (rlewess) *). 
Die Natur, der Inbegriff: aller wirflihen Dinge und des 
insern Principe der Weränderungen derfelben, wodurch eben 
die Naturmwefen von dem bloßen Kunftprodufte unterfchieben 
find °), thut nichts ohne Zweck, und diefer Zweck ift Die 
Form °). Beränderung (wies, meraßern) ift die Wirk: 
lichkeit des Möglihen, infofern es ift (#7 res dvranı error 
Imaixun 5 vussren) 7). Die Bewegung ift etwas Unend⸗ 
liches, und das erſte Bewegende, das nicht wieder bewegt 
wird, beffen Leben in ewiger reiner Thaͤtigkeit befteht, iſt 





2) Ebend. ©.4 p- 517. 

2) Ebend. c.5.p.518. ) 

3) Metaphysic. L. VII. c. 1. p. 926. 

4) Natur. auscultat. L. II. c. 8. D- 324. 

'6) Metsphysic.L. Ill. c. 2. 4 L.V. c. 5. 

BG) Natar. anscaltat. L. TE c. 8,9. p. 324 325. 
7) Ebend. Lil. e. 1. L. V. e. 1. p. 339. 373. 


| 0.935 
ı), Alles Uebrige erhält feine Bewegung von andern 
ften *). | 
Seine Vorgänger widerlegte Ariftoteles gruͤndlich und 
it ausgezeihnetem Scharffinn, zeigte durchgaͤngig, daß 
fie auf die Eörperlofen Kräfte nicht Ruͤckſicht genommen 
haͤrten *), unterwarf Plato's Lehre von den Ideen neuen 
‚ Unterfuchungen,, und hielt fie für unzulaͤſſig in feiner Vers 
kandesphilofopbie, die mit dem Idealen nichts zu thun bat 
te, weil fie von dem Defondern zu dem Allgemeinen über 
F ging. Die Idee könne zur Hervorbringung eines Körpers 
| aus feinem Innern nichts beitragen, weil fie immer außer 
ihm ſei, wie die Idee zu einem Kunſtwerk im Geiſte des 
Eüunſtlers, und nicht im Kunſtwerk +). So konnte ah 
| nach feinen Grundfägen bie Pythagoriſche Lehre von ben 
- Zahlen nicht. weiter beftehen °),- und eben fo wenig jede 
andere, die nur ein einfeitiges Princip anerkannte 
Die Seelenlehre wurde von Ariftoteles viel glädlis 
ter bearbeitet, als von allen Fruͤheren. Wo Plato von 
eine Trennung der Seele in brei Theile gefprochen hatte, 
die dech fehr ſcharf von einander geſchieden maren, ba lehese 
er ſchen die Einheit derfelben, mo die Begriffe über Denk 
fraft noch wenig entwidelt und fehr ſchwankend waren, da 
fielte er bie herrliche Behauptung auf, daß fie eine vom 
Kirperlichen getrennte Kraft fei, von außen in den Mens 
fhen gefommen, und bem Elemente der Sterne aͤhn⸗ 









1) &bend. L. VII. c. 5, p. 415. seq. _ Vergl. Metaphysic, 
LXV. e. 6. 


2) Natur. auscultat. L. VII. c. 4, p. 413. 
3) Metaphysic. LI. c. 7. p. 849. 

4) Ebend. L. VIE. c. 8. p. 914 

5) Ebend. LIE «3. p- 974 





2340 Bu 
3 B. bei dem Zufammentreffen von Feuer und Luft, Das 
erfte vernichtet, und. es entſteht Luft, wenn die Feuhrigfeit 
derſelben die Oberhand -Äber die Trockenheit des Feuers bo 
bält, indem die Wärme, die beiden gemeinfchaftlich iſt, ſech 
nur zu vereinigen braucht; und fo Bei den übrigen‘. Der 
Begriff der chemifchen Verwandtfchaften ift hie im Weſent⸗ 
"lichen angegeben. Nun liege aber fämmtlichen Elementen 
noch eine weit feinere Materie zum Grunde, als fie ſelbſt 
find"). Materie ift überhaupt das Leidende, enthält nur 
die Möglichkeit der Epiftenz, und wird erft durch die Form, 
bie Kraft, zu Dingen ber Wirklichkeit erhoben °)., Jede 
‚ ‚Beränderung eines Dinges feßt die Materie (v2) als Sub 
ſtrat, und die Form (id⸗c) voraus, die nun entiveder et: 
was Beſtimmtes, oder die Negation deffelben ift (eleneis) *). 
Die Natur, der Inbegriff: aller wirflihen Dinge und bes 
intern Principe der Veränderungen derfelben, wodurch eben 
die Naturweſen von dem: bloßen Kunftprodufte unterfchieden 
find °), thut nichts ohne Zweck, und dleſer Zweck ift die 
Form *). Veraͤnderung (wies, mırußern) ift die Wirk⸗ 
fichkeit des Möglichen, infofern es ift ( vreẽ —XR) er 
rrasgum 5 rasdrev) 7). Die Bewegung ift etwas Unend⸗ 
‚ liches, und das erſte Bewegende, das nicht wieder bewegt 
wird, deſſen Leben in ewiger reiner Thaͤtigkeit beſteht, iſt 





1) Ebend. e.4. p. 517. 

2) Ebend. e. 5. p. 5sis. 

3) Metsphysic. L. VIII. c. 1. p. 926. 

4) Natur. auscaltat. L. II. c. 8. p. 324. 

'6) Metaphysic. L U. c. 2. 4 L.V.c. 5. 

BG) Natur. auscaltat. L. TE c. 8, 9. p. 324 3235. 
7) Ebend. LIE. c.ı. L.V. ce, 1, p. 339. 373. 





— — — — — — ·— —— — — — — — 


— — 


235 


Fraften *). 

Seine Vorgaͤnger widerlege Ariſtoteles gruͤndlich und 
mit ausgezeichnetem Scharfſinn, zeigte durchgaͤngig, daß 
fie auf die koͤrperloſen Kräfte nicht Ruͤckſicht genommen 
hätten ’), unterwarf Plato's Lehre von den Ideen neuen 
Usterfahungen, und bielt fie für unzuläffig in feiner Ver⸗ 
fandespbilofopbie, die mit .dem idealen nichts zu thun bat 
te, weil fie von dem Beſondern zu dem Allgemeinen über 
ging. Die Idee koͤnne zur Mervorbringung eines Körpers 
aus feinem Innern nichts beitragen, weil. fie immer außer 
ihm fei, wie die Idee zu einem Kunftwerk im Geifte des 


Kuͤnſtlers, und niche im Kunftwerf +). So fonnte ah 


nad) feinen Grundfägen bie Pythagoriſche Lehre von ben 
Zahlen nicht weiter beſtehen °),. und eben fo wenig jebe 
andere, die nur ein einfeitiges Princip anerkannte. 

Die Seelenlehre wurde von Ariftoteles viel gluͤckli⸗ 
Wer bearbeitet, als von allen Fruͤheren. Wo Plato von 


eine Trennung der Seele in drei Theile gefprochen hatte, 


die dech ſehr fcharf von einanber gefchieden waren, ba lehete 
er ſchon die Einheit derfelben, wo die Begriffe über Denk: 
traft noch wenig entwidelt und fehr ſchwankend waren, da 
ſtelte er die herrliche Behauptung auf, daß fie eine” vom 
Keperlihen getrennte Kraft fei, von außen in den Mens 
fhen gekommen ‚ und bem Elemente ber Sterne ahn⸗ 


isn 


1) Ebend. I. VM. c. 5: p. 415. u. — Vergl. Metaphysic, 
LUV. c.6, 


2) Nater. auscultat. L. VII. c. 4 p. 413. 
3) Metaphysic. LI. c. 7. p. 849. 

4) Ebend. L. VII. c. 8. p. 914. 

5) Ebend. L XIL c. 3. p. 974 


L 


Bert '). Alles Uebrige erhält feine Bewegung von andern 


236 | 
lich 1x). Die Himmelskorper dachte en ſich aber nah Wim. 
to's Lehre als beſeelt und goͤttlich. &o verfhiedern DE 
. Seele vom Körper ift, fo ift fie doch als Form (immfxum). 
von demfelben unzertrennlih. Erkannte er aber die Seels 
als das Princip des £örperlichen Lebens, deffen Begriff er. 
bierin zu weit ausdehnte, fo ſchuͤtzten ibn doch die vorgetras 
genen Grundfäge vor dem Irrthum, daß die Seelenthaͤtig⸗ 
keit die Bluͤthe des Eörperlichen Lebens fei, in den die Mas 
‚terialiften felbft in unferer Zeit noch verfallen, und danach 
geziwungen find, die Unfterblichfeit zu laͤugnen. Die Lehre 
vom Bewußtſein ift von ihm deutlich ‚angegeben, und eins ' 
zelne Geifteßverrichtungen werden mit vieler Klarheit darge⸗ 
-. ftelle. Das Anfchauen tft ein Aufnehmen der Formen der 
Objekte, das Denken ein Aufnehmen ber Formen von ben 
‚Formen, das Empfindung und Einbildung vorausfeßt *). 
Sin eine nahe Beziehung mit ber Heilkunde ift Ariftote 
les Naturphilofophie durch die Lehre von ben Urfachen ge 
treten. Es liegt bier hauptfächlich der vorgetragene Begriff 
von Materie und Form zum Grunde Die Materie wird 
duch ihre bloßes Vorhandenſein die Beranlaffung, warum 
ein Ding entfteht, wie das Erz den Grund enthält, warum - 
eine -Statue aus Erz gemacht werben Tann, und die Ele 
mente den Grund der Körpermelt enthalten. Dies ift die 
materielle Urſach (casa materialis), worauf ſich die früheren 
Naturphiloſophien groͤßtentheils allein beſchraͤnkt hatten, und 
deshalb fo vortrefflich von Arifoteles widerlegt werben. 
. Nun kann aber nichts aus der bloßen Materie werden ohne 
die Form (iides zei wagdduynas bier ſcheint auch etwas 





| 1) De Anme. LLe.r—4. p- 616. — Vergl. De Generat, 
animal. L. II. c.3. p. 1076. — Cie. Acad. Quaest. L.L c. 7. 


2) De Anima. L. I. e. t — 6. p. 616. seq. 





| | . 237 
Platoniſches mie einzufließen), und dies ift die formelle 
Urfach (causa formalis). So wird der Künftler die Urſach 
feines Kunſtwerks, und der Arzt die Urfach der Wiederhers 
fielung, mie denn Überhaupt alles, was eine Thaͤtigkeit 
änfert, als formelle Urſach wirken kann. Eine dritte Urs 
| ſach if, die man bie wirkende (camsa efficiens) nannte. 
Ariftoteles erklärt ſich darüber nicht deutlich genug, und 
ſcheint dafür das ‘Princip aller Beränderung anzuerkennen *), 
Späterhin fiel diefer Begriff mit dem der Gelegenheitsur⸗ 
ſache faft zuſammen. Die vierte Urfache endlich bezieht ſich 
auf den Zweck. Bei jeder Wirkung, bei jeber Weränderung 
it ein Grund vorhanden, warum fie erfolge. So iſt die 
Gefundheit die Urfach der. Anwendung der Arzneimittel, 
und überhaupt alles, weshalb etwas gefchieht, der Grund 


deflen was . geſchieht. Dies iſt die Endurſach (causa 
fmalis) °). 


N 42. 
Ariſtoteles Anatomie und Phofiolorie. 
Durch zahlloſe Zergliederungen von Thieren widerlegte 
Ariſtote les viele Irrthͤmer der Hippokratiſchen Dogma⸗ 
tiker, bereicherte die Anatomie mit neuen wichtigen Entdek⸗ 
tungen und Bearheitete dies ganze Feld mit dem alles ums 
faffenden Geifte der Forſchung, der in dem weiteren Kreife 
des geſammten thierifchen Lebens Belehrung über das eins. 
zelne findet. Leider war es ihm niemals vergönnt, ben 





1) ' Metaphysic. L. I. e. 3. P.842, 


2) Natur. auscaltat. L. II. c. 3. p, 330, Diefe und die vorige 
find die beiden Hauptſtellen Aber Die peripatetifche Aetlologie. 
Die letztere enthaͤlt außerdem noch eine‘ fcharffinnige Darfiellung. 
ber zahlreichen Modtficationen der vier Urſachen. 


‘ 
. 





neren Theile des Menfhen nody fehr unbekannt wären, echt 


238 

menſchlichen Körper zu uuterfuchen ;° er felbft ſcheint di 
Mangel gefühlt zu haben ® dem er bemüht war, bus 
gine ausgeführte Vergleichung der Ihiere fo weit als med 
ich abzuhelfen. Seine eigene Aeußerung, daß die zu 








men mit Thierzergliederung ausfommen müffe ’), giebe⸗ 
(dom ein vollgältiges Zeugniß dieſer Behauptung ; fie wir®- 
aber noch durch andere Gründe beftätige, die allen Zweifel: 
darhber aufbeben. ‚Wo auch nur Theile des menſchlichen⸗ 


. Körpers erwähnt werden, da ift auch eine große Unſicher⸗ 


‚ heit unverfennbar, und man follte faft glauben, daß er vier. 


les nicht genau unterfucht oder gar: nicht gefeben hätte, 
wozu ſich die Gelegenheit auch ohne’ Verlegung des oͤffent⸗ 


lichen Vornrtheils darbieten mußte. So fpricht er vom. 


einem. Unterfchied der Kopfnäthe im männlichen und weib⸗ 


lihen Körper, der auf gar feiner Beobachtung beruht 2), 
glaubt, daß die Männer mehr Zähne haben, als die Weir 
ber ?), und überall, wo von genauen Unterfudjungen die 


‚Rede iſt, wird entweder ausdrädlich angeführt, daß fie Bei 


Thieren angeftelle find *), oder die Darftellung der heile 
fordere ohnehin. fehon zu biefer Annahme auf. Man ven 
miße in der Ariftotelifchen Anatomie noch immer die nöthige 
Kunftfertigkeit, die allein zu einer fihern Kenntniß ber 


Theile leitet: deshalb find die Schilderungen derfelben groͤß⸗ 


- 


tentheils- ungenau, ‚und eine Menge Unrichtigkeiten, Die 
fih Bei fo regem Forfchungseifer und fo ausgezeichnetem 
Fleiß leicht hätten. vermeiden laffen, ftehen mit Ariftoteles 





— 


1) Hier. animal. L. L. c. 16. p. 773. 
2) Ebend. c.2. p. 768. — L. II. c.7. p. 802. D. 
3) Ebend. L. I. c. 3. p. 782. 
4) Ebmd.L.UL.c.3.p.798. B. 


⸗ 


239 


ringendem Gcharffinn in einem auffellenden Wider: . 
. Dies alles binderte ihn aber nicht, für die Bear 
g der Anatomie höhere Gefichtspunfte anzugeben, die 
‚bei fortgeſetzter Thaͤtigkeit der Aerzte und Naturforfcher 
fehdgeitig zu glänzenden Erfolgen, geführt haben würden. 
Daß der thierifche Kärper aus gleichartigen (ameronueh) und 
moleihartigen (mrousonuset) Theilen befteht, lehrt zwar 
der Augenſchein jedem kunſtloſen Beobachter, es kommt hs 
beffen darauf an, diefen Grundfag bei ber Unterſuchung 
| der einzelnen Teile beftändig feftzuhalten; er hat der neuer 
‚ Anatomie durch feine ſtrenge Anwendung ben Borzug vor 
der Altern gegeben. Ariftoteles aber ſtellte ihn zuerft fo 
richtig dar, daß er wirklichen Nutzen bringen konnte "), 
mad ſcheint ihm die vielen gluͤcklichen Erfolge zu danken, 
weit feine Bemühungen gekrönt murden. 
Das größte Verdienſt erwarb er ſich unftreitig durch 
eur beffere Darftellung der Gefäßlehre und durch die gruͤnd⸗ 
liche Widerlegung der falfchen Begriffe, die von Polybus, 
Diogenes und Spyennefis °) ‚allein aus der dußern 
| Betrachtung des Körpers etitnommen, das Durddringen 
| dee Wahrheit fo lange aufgehalten hatten ?). Er ſelbſt 
| war von der Schwierigkeit, die Adern. im todten Körper 
ohne weiteres Huͤlfsmittel gu unterfuchen, wohl uͤberzeugt, 
‚md ſachte fih daher die Zergliederung derſelben durch Das 
| Auchungern von Thieren, die er nachher erwürgen ließ, 
| um die Adern recht: ftroßend zu halten, möglichft zu er⸗ 
leichtern *). 
1) Ebend.L.Lc.1.p.761. Bergl. De Part. animal. L.IT.e.0.9.978. 
2) 637. @.005.f. + / 
3) Histor. animal, L. III, e. 2. 3. p. 796. “a. 
4) Ebend. e. 3. p. 706. 3. 





230 


vom Hofe fh mit der Erziehung bes Prinzen allein be 
ſchaͤftigte, und dieſem die Vorliebe fuͤr Heilkunſt mittheilte, 
wovon er Als König oftmals Beweiſe gegeben hat '). Ge 
wiß hat Alerander auch an den Arbeiter für Naturger 
ſchichte Theil genommen, mworunter die Zerglieberungen von 
Thieren oben an ftehen, und feßte durch Freigebigkeit feinen 
Lehrer in den Stand, einige Theile der Narurwiffenfchaften 
mehr zu erweitern, als es die Kräfte eines Privatmannes 
felbft unter den glädlichften Verhältniffen geftatten, wenn 
man auch die gewöhnliche Sage, Ariftoteles habe von 
ihm achehundere Talente zur Bearbeitung feiner naturhiftes 
eifhen Werke befommen 2), für eine Uebertreibung halten 
kann. Dach dem Borbandenen zu urtheilen, ift es indeffen 
wahrſcheinlich, daß eine große Anzahl Menfchen in Grie 
henland und Aften befhäftige geweſen find, für Ariftote 
les Thiere und andere Seltenheiten berbeizufchaffen ). Mur 
muß dies noch unter Philipps Regierung gemefen fein, 
denn gleith nach Aleranders Thronbefteigung ſchied Arts 
ftoteles aus feinen Berbältniffen in Macedonien, und 
batte. in Athen gewiß weder Zeit noch Gelegenheit, feine 
« Matprgefchichte der Thiere zu vollenden *). Ueberdies fiel 
. ex, bei der befannten Sinnesänderung bes Königs bald in 





1) Plutarch. Alexander. 


2) Athenaei Deipnosoph. 3 L IX. p. 398. 0. Ed. Schweighaeu- 
ser, Tom. III. p. 474. 


$) Plin. Hier. nat. L. VIN. c. 16. p. 443. 15. 


4) Ylinins (a. a. D.) benußte von diefem Rleſenwerke noch 
gegen funfzig Bücher, worunter wahrſcheinlich die anatomifchen 
‚außer der Thiergeſchichte mis gu verfieben' find. Andere fprechen 
von fiebzig (Antigor. Caryst-Histor. mirab. c. 67.), volr befißen 
aber nur noch zehn, und wenn ‚man die Abrigen von abalichew 
Inbalte dazu xechnet. beeluntgmangig 





231 

Ungnabe-*), wurde Anfangs gleichgültig behandelt, und 
nachher felbft durch die unverdiente Auszeichnung \anbderer 
Philoſophen, namentlich feines Feindes Kenofrates, tief 
gekraͤnkt =), fo daß ihm wohl ſchwerlich noch von Aſien aus 
Unterſtuͤtzung zu heil geworden iſt, wovon er ohnehin kei⸗ 
nen Gebrauch mehr machen konnte. 

Ariſtoteles Naturphiloſophie verraͤth im Algemeinen 


eine forgfältige Benutzung des fhon Vorhandenen, ift aber 5 


doch größtentheils neu, und um viele Lehrfäße reicher, deren 
Benutzung fpäterhin fehr erfprießlich geweſen if. Gleich 
far auf dem analptifchen wie auf dem fontbetifchen Wege, 
war er doch Aberzeugt, daß nur die Erfahrung Sicherheit 
der Erkenntniß geben koͤnne °), daß es dem Menfchen nie 
mals gelingen werde, die nächften Urfachen der Dinge ganz 
zu ergeinden *) fondern im Streben danad) all unfer Ber 
mühen ficy ende, glaubte nicht an marbematifche Sicherheit 
in materiellen Gegenftänden °), und bielt die Kunft zu zwei⸗ 
fen, und das Unbekannte von dem Bekannten richtig zu 
ſcheiden für das ſicherſte Mittel, die Wahrheit aufzufn⸗ 
den 6). Micht weniger benußte er Plato's Lehre von der 





1) Die Empfehlung des Geſchichtſchreibers Kalliſt henes, 
ſeines Verwandten, die man gewoͤhnlich als den Grund anfuͤhrt, 
(Diog. Laört. L. V. 5.9: p. 273.), mag vielleicht nur den Vorwand 
gegeben haben. | . 

2a) Ebend. S. 10. p. 274. 

3) Metaphysic. LLerp 839. A. AAal F imıcaun 
xa) rixi⸗ da Tis sumueids rei ardegren. — Torras dt vix- 
sa, 0rar ix Werd Tis dperuging brenuarun where Min Yi- 
ra wie) Tar aneim —88 

4, Ebend. c. 2. p. Bq0o. 

5) Ebend. L. If. c. 3. p. 858. > g 

6) Ebend. I. II. e. 1. p. 858. 


- 


24 

Bon thm gehen Adern je zu einer Rippe und zu einem 
Wirbelbein, und er theilt fich vor dem Wirbelbein Aber den 
Nieren in zwei Aeſte, die ſich dann weiter verzweigen. 
‚ Nah oben, wo die große Aber aus dem Herzen kommt, ift 
ihre Zeräftelung vielfather. Sie verläuft nach zwei Rich 
. tungen: Es gehen Adern nad) der Seite und nad ben 
Schultern, De beim Menfchen fich durch die Achfel Bis in 
die Hand, bei den vierfüßigen Thieren bis in die Vorder⸗ 
füße, bei den Vögeln Bis in die Flügel, und bei den Fiſchen 
in die Vorderfloffen erftreden. Wo dieſe Adern fich zuerft 
theilen, und neben der Luftröhre in den Hals hinaufſteigen, 
ba ‚nennt man fie die Droffeladern (Bæarirauc). Sie gehen 
zu dem Zwifchenraum des Unterfiefers und der Obren, und 
theilen fich bier wieder in vier Adern, wovon die eine durch 


den Hals und die Schulter berabfteigt, und fih im Arms. 


| gelenf mie ber befchrießenen vereinigt. Die zweite endige 
fih in der Hand und in den Fingern. Die dritte geht von 
ben Ohren zu beiden Seiten zu dem Gehirn, und endige 
Ah in eine Menge Außerft feiner Verzweigungen, die füch 


‚in der Hirnhaut verbreiten (das Rete mirabile), Die 


Abrigen Aeſte bleiben in den äußeren Theilen des Kopfes, 
oder gehen zu den Sinneswerkzeugen und Zähnen. — Die 


Aorta *) oder bie Eleine Ader verläuft auf diefelbe Weiſe, 


sie die große, und folgt im ihren Verzweigungen den Ae 
ſten derfelben, nur find die ihrigen viel enger. — Sie fen 
det in die Nieren auf jeder Seite eine Ader, die vor ben 
Nierenäften der großen Ader Iiegen. In ber Gegend -des 
Herzens ift fie mit dem Rüdgrat durch feine fehnichte Adern 
verbunden (die A. intercostales) und ift bei ihrem Austres 


‘ 


1) Ebend. c. 4. p. 800. « — Durcoingis vergl. de Partib. ani- 
mal, L. III. c. 5. p. 1007. ' 





- 


ö A — 


245 


ten aus bem Kerzen fehr weit, wird aber weiterhin enger 
und fehnicht. Auch zum Gekroͤſe gehen von ihr Aefte, wie 
son der großen Ader, fie find aber auch wieder viel Kleiner. 
Leber und Mulr erhalten von ber Aorta Feine Adern, fon 
dern fie ſpaltet fich in die Beiden Stämme, die zu den Huͤf⸗ 


ten verlaufen. [Oier werden nun auch bie Harngaͤnge um 


den Nierenvenen und Arterien unterfchieden: &ie fallen van 


fehnihtem Bau fein, aus der Hohle der Nieren (dem Nie , 


renbecken) entftehen, und zu beiden Seiten der Wirbelfaͤule 
berabfteigen; ihre Einmändung in die Blaſe befchreibt 
Ariftoteles in andern Stellen ganz deutlich )) an 
Mannern und Weibern giebt dann die Aorta ben Ger 
ſchlechtstheilen Aeſte, in ben Weibern aber beſonders ber 
Gebärmutter, die von ber großen Aber nur einige erhält. 
Beide große Gefäße gehen dann nach den Weichen, ſteigen 
you da hinab, und enbdigen ſich im Fuß. Auch kreuzen 
ſich bier noch zwei Adern, indem bie eine von der rechten 
nad der linfen Seite gebt, und umgekehrt, und vereinigen 
fi mit den Abrigen in der Kniekehle.“ (Es iſt nicht zw 
erfennen, welche damit gemeint find, aber bie Lehre von 


der Kreuzung der Gefäße mußte „uch wenigftens Heine | 


Beibehaften werben.) 

"Die Pfortader fannte Ariſtoteles ſehr wohl, beſchrieb 
fie indeffen etwas undentlich, und hielt fie fir einen Aſt 
der Hohlader *). Unbegreiflich ift es aber, wie ce bei fe 
vielen wefentlichen Verbeſſerungen in der Gefaͤßlehre noch 


an eine Lebers und Milzader glauben, und daraus bie 





1) Hist. asimal. LLe 17. p. 776. B — De Parab. animal. 
LIT. c.9. p. 1012. 


2) Ebend. L. J. c. 16. p. 776. D. L. MI. c. 4. p. 800. B. 


\ 


r 


246 


— 


wirkſamkeit bes Dlutlaffens aus henſelden in den Krant⸗ 
heiten dieſer Eingeweide erklaͤren Fonnte 3). 


Ein duͤrftiger Anfang der Nervenlehre in der Half 
teliſchen Anatomie erregt alle Aufmerkſamkeit. Daß von 
ihm wirkliche Nerven gefehn worden ſindNleidet feinen 


"Qweifel, noch abnete er -aber nichts von ‚ihren Verrichtuns 


gen, und fomit mußte 'die ganze Entdedung ohne Folgen 
Bleiben, die fonft die Phyſiologie um einen. bedeutenden 


‚Schritt weiter gebracht Hätte, „Es gehen von den Augen 
"drei Gänge (Feen) zum Gehirn, der gtößte und mittlere 


zum fleinen, und der Pleinfte zum großen Gehirn *). ln: 
ter dem größten bat man augenfcheinlich. ben Sehnerven zu 
verfteben; er fihreibt aber nichts von ‚ihrer Wereinigung, 


-und konnte davon nichts Tchreiben, weil er diefe Theile nach 


feiner eigenen Verſicherung faft ‚immer in Fifchen unters 
ſuchte. Auch im Maulwurf, deffen Arge er ſehr richtig - 
‚Befchreibt, hat er die Augennerven gefehen, und giebt ihnen 


‚ 'hiee wieder denfelben Namen von Gängen oder Kandlen 


(die wege suugafäuis x) Iexveei) ‚ fügt aber binzu, fie en⸗ 
digten in den’ obern Schneidezgähnen diefes Thiers »)). Die 
Abrigen Nerven find von ibm offenbar nicht beachtet wow 
ben, denn daß er Mervenftämme gefehen haben mäffe, wird 
bei der Genauigkeit fo zahlreicher Unterſuchungen mehr als 
wahrſcheinlich. Vielleicht verbirgt ſich ihre Erwaͤhnung un⸗ 


‚ser der. Benennung irss» Faſern, worunter gewoͤhnlich die 


Blutfaſer verſtanden wird.*), nicht aber das. Muskelſleiſch, 
denn er lehrt ausdrädlich, daß dies bei ber Abmagerung in 





1) Ebent. B. C. = 

a) Ebend. L.J. c. 16. p. 74. B. 

3) Ebend. L.IV. c.8. p. 805. 'E, 

4) De Partib. animal. L II. e. 4. p. 983. 


' 
297 
in Adern and Dergleihen Faſern Hbergefe ',. Diefe, 
Safern nun follen bie Adern mit den Sehnen, ‚und dieſe 
wieder mit ben Adern verbinden, ihrer Natur. nach zwiſchen 
beiden ‚mitten inne fteben, einige, Feuchtigkeit (ixse) ent 
haften, u. ſ. w. *°). Es kiegt nichts nüber, als eine Ans 
deutung der Merven "Darunter zu vermuthen, da er Aber: 
Dies die Blutfaſern ausdruͤcklich davon unzerfepeidet °), Doch 
mäffen Annahmen dieſer Art, bie weiter krinen geſchichtli— 
lichen Ruben .darbieten, dahingeſtellt bleiben. 

Die Kenntniffe vom Gehirn entfprechen der Duͤrftigkeit 
biefer Nervenlehre, und es fcheint einen Widerfpruch zu 
enthalten, daß man ben Big der vernünftigen Seele im 
Kopf annehmen *) und..diefen Theil doch Feiner. genaueren. 
Unterfahung wuͤrdigen konnte. Wie Ariftoteles darauf 
getommen, den bintern Theil bes Kopfes für hohl zu hal 
ten *), läßt fich bei feiner Kenntniß des Eleinen Gehirns. 
nicht klar entfcheiden. Leichter-ift aber ein anderer Irrehum 
erklärlich, daß das Gehirn blutles fei-‘), denn bei den 
Thieren werben die größern Aderſtaͤmme im Rote mirabile 
gebrochen, unb bie feinere Gefäßvertheilung konnte der 
Aufmerkfamkeit biefer erften Beobachter wohl entgehen. Die 
Hirnhaͤute beſchrieb Ariſtoteles ganz richtig, mit Aus 
nahme der Spinnewebehaut, die er nicht kaunte, von ben 
Hirnhoͤhlen aber wußte er nur fo viel, daß eine einzige von 
geringem Umfange im Innern der Hirnmaſſe vorhanden ſei ). 


1) Histor. animal. L. IV. c..16. p. 808. 

2) Ebend. L.IIL c. 6. p. Sos. 

3) Ebend. B. Be F 

4) $. 36. S. 192. 

5) Hietor. animal. L.I. c. 16. p- BIN 

6) Ebend. B.— Bargl. LIU. e.3.p.799.D.. 7). Ebend. 


1 

\ . | . - 
Die Vergleichung lehrte ihm, daß ber Menfih nach Bew. 
haltniß mie dem größten Gehirn verfehen fei, und er 


glaubte auch, daß hierin den Männern ein Vorzug: vor. den 


Weibern zuftehe *), gab aber die Verrichtungen beffelben fo 
fehlerhaft an; daß die Phyſiologie Hierin‘ nicht um einen 
| Schritt weiter. kam. Das Gehirn ift feiner Natur nach 
kalt, dient zur Maͤßigung der Wärme des Herzens, und 
erhält deshalb !die wenigen Gefäße aus beiden Stämmen 
( der Ahrta und Hohlader), die ih in feine Haͤute ˖ver⸗ 
breiten. Die Lehre von den Fluͤſſen befam hierdurch noch 
eine weitere Ausdehnung: Sie entftehen, wenn das Ge⸗ 
bien noch älter iſt, als es die Beſchaffenheit des uͤbrigen 
Körpers verträgt ). Dies alles und die Veobachtung der 


Unempfindlichfeit des Gehirns: bet „Berlegungen : nerleitete" _ 


ihn’ fo weit, daß er. ihm alle Empfindung abſprach. - Füge 


man bierzu noch. die mangelhafte Kenntniß des Rädenmarks, 


Das er für warm und fettig erklärte, fo wie die offenbare 
Berwechfelung des Gehirnmarke mit: dem Knochenmark s), 
fo wird es begreiflich, daß die Wahrheit bei einer ſolchen 
Berfertung von Qrerhämern für jebt hoch nicht klar wer⸗ 
den konnte. a 16 

Die Are. von den Spmnesmwerkeugen mußte dabei fehr 
dunfel bleiben. Zwar hätte die Entdeckung der Gemein⸗ 
ſchaft des Auges mit dem Gehirn weiter führen Können, 
vom Ohr kannte indeſſen Artftoteles feine ‚andere Ver⸗ 
Bindung, als mit dem Gaumen, und fcheint bier die Eus 
ftachifche Röhre anzudeuten ). Die ganze Befchreibung 





5) De Partib. animal. L. I. c.7. p. 987. A. 
” 2) Ebmd. p. 986.C. 

3) Eben: 2 9685. D. 

4) NHietor. Animal. LLe1t: $. 770: -- 


= 


— — ——— — — — — — — — 


J 

240 
des Auges. war darin enthalten, daß wir" mit ber innern 
Feuchtigkeit deffelben, der Pupille (wien) fähen, und dieſe 
mit dem Schwarze (mbar, der Regenbogenhaut) und dem 
Weißen umgeben fe ). Die zerftreuten Bemerkungen von 
den übrigen Sinnen fommen hierbei gar niche in Metracht, 
beachtenswerth ift aber ber Verſuch, nach den aͤußern Kenn 
zeichen der Augen und des Geſichts bie‘ Genhepeart der 
Menſchen zu beftimmen *). 

Zu der Lehre von den Eingeweiben fügte Krtoteles 
wenig hinzu. Er kannte das Pankreas, das auch gewiß 
fon Frühere gefehen hatten, denn feinen Namen bat .es 
ſchon vor ihm erhalten >), Befchrieb die meiften Theile. des 
Unterleibs richtig, und fo genau, daß er ſelbſt auf ihre 
Verſchiedenheit bei einzelnen Thieren einging *), beurkun⸗ 
dete aber durch ‚mehrere Behauptungen feine Unkande in 
der Dienfchenanatomie, die er freilich nur aus Borausfep 
jungen entnehmen Fonnte. Die Harnblaſe follte nach Wer: 
haͤltniß im Menfchen am größten °), und die Theilung der 
Lungen undentlicher fein, -als bei den Zhieren *) Die 
Bortrefflichkeit dee Ariftotelifchen Forſchungsweiſe ift indeflen 
mehr in der umfichtigen Wergleihung der Thiere begruͤn⸗ 
bet, und die fäft durchgängige Anwendung der Anatomie 
gab feiner Ihiergefchichte einen Gehalt, den‘ diefe Wiſſen⸗ 
ſchaft bis auf ihre neueften Bearbeitungen nicht wieder ar⸗ 
langen konnte. Die Verfchiedenheit der Thiere nach an 


3) Ebend. c. 9. p- 769. _ | 
2) Ebend. c. 8. 9. 10. 0 - 
3) Ebend. L. HI. c. 4 p. ‚800. C. 
4) Ebend. L. 1. c. 17. p- 775 
5) Ebend, p. 777. A. 

6) Em. e. 16. p. 774 D. 


260 


sonmfchen Merkmalen darzuftellen; war ein großer Gedanke, 
Ber dio Anerfennung.der Nachwelt verdient, wenn auch der 
Erfolg ſelbſt Hinter fo beifpiellofen Bemühungen zuruͤckblieb. 
Die hoͤchſte Vollendung der organifhen Naturlehre wird 
wsch von ber allfeitigen Anwendung biefes Grundfaßes; 
sicht aber von Fünftlichen Lehrgebäuden abhängen. Im 
Einzelnen mag es genhgen, bie Darftellung der. Unterfchiede 


"des Menfhen vom Affen °) und die Beſchreibung ber Dia 


gen der Wiederkauer angeführt zu haben *). Beide find 
ſehr naturgemäß, ımb die erftere wegen ber ſcharfſinnig und 
kenntnißreich durchgeführten Wergleihung .mit den niederen 
Thieren fehr beachtenswerth. — Den allgemeinen Charakter 
ber Thierheit fuchte Ariftoteles im Speiſekanal), und 
mian ıft ihm Hierin bis auf unfere Tage nachgefolgt. Bin 
ben‘ feh aber neben ben zahllofen Früchten naturgetreuet 
Beobachtung auch einzelne entftellende Irrthuͤmer *), fo 


‚ verdient der große Naturforſcher Entſchuldigung. Er kannte 


ihre alles mit eigenen Augen fehen,. und wahrlich nicht 
die ganze Naturkunde von dem Ballaſt der Maͤhrchen und 
beg Kinderglaubens befreien, ber. fie Bis bahn niederge⸗ 
Dead Hatte. ’ 

Ariftoreles Phyſtologie war bie erſte, bie auf ver 
gleichender Anatomie berubte, und eben deshalb vor ben bis 
berigen Worzüge hatte. . Denn entbehrte fie auch Ihrer reich 
haltigſten Quelle, ber ausübenden Heilkunde, weil ihr Ur⸗ 





2) &bend. LM, ce. 8, p. 703. | 

2) Ebend. c. 17. p. 9t. . 

3) Ebend. L.L c 2. p.764. — De Parib. animal. LI. 
©. 10. p. 090. u 

4) Hierber gehört, B. daß ber Löwe einen unbeweglichen 
Halt aus einem Knochen haben fol. Histor. animal, LV. e. 1. p.777: 


— 


Den en — — 


21 
beber kein Arzt war, fo gab ihr doch die Richtung nach 
der allgemeinen Seite der Natur deſto mehr Vollkommen⸗ 
beit. Die ausuͤbende Heilkunde war gerade zu der Zeit, 
als fie bei ihrer vorgerädten Ausbildung die Grundlehren 
hätte erleuchten können, -dogmatifh geworden, und eine 
dogmatifche Keilfunde gefattet auf die Lehre vom Leben 
keine Anwendung. 

Empfindung iſt eine Bewegung, der Seele, bie. Ind 
Dazwifchenkunft des Körpers vermittelt wird *), Ihr Mio 
telpunft ift das Kerz *), ‘in dem füh alle Kandle (egsı) 
der eanpfindenden Theile vereinigen °). Bom- Serien entı 
ſteht alle Bewegung, von hieraus wird ber Leßensgeift in. 
alle Theile des Körpers verbreitet, und bie tbierifhe Wärme 
abgefählt *). Die Folge diefer Behauptungen war, daß 


er den Eis der Seele im mittlern Theile des Körpers anı 


nahm *), doch drüdt er ſich darüber niche deutlicher aus, 
und man kann nur vermuchen, daß das Herz damit ges 
meint fei, wie dies durch die Eintheilung ber Seele in die 
nährende (mies Ierwruucr), die empfindende (mleIwrszar), 
die begehrende (seszrıngr),. die bewegende (nunrızer), und 
die vernünftige (Næaronraxà-) noch deutlicher wird ©). Diefe 
Eintheilung war von den Endurfachen hergenommen, auch 
bat man unter biefen Theilen mehr die Seelenkraͤfte (N- 





3) De Somn. et Vigil, C. r. p. 685. B. 
2) De Generat. animal. L. V. c. 6. p. 1087. C. 
3) Ebend. L V. e. 2. p. 1138. E. 


4) De Somn. et Vigil. C. 2. p. 687. Dieſe Angaben find mit 
dem Dbigen zu vergleichen, und beflätigen, was von Praragoras 
(©. 222.) angeführt wörden if. 

5) De animal. Motion. C. ꝗ. p. 707. 

6) De Anima L. IL e. 3. p. 633. C, 








252 \ 


Bus) zu verſtehen, auffallend iſt aber bei einem Philoſophen 
die Einmiſchuug von Kraͤften, die nur in der Kategorie der 


: Lebenskraft ftehen, aber im Begriff der Seele (Voxn) vers 


einigt er beides.”). Das Gehirn trat aus den angeführten 
Urfachen ſehr in den: Nintergrund. Den Pflanzen ließ 
Arifioteles von jenen Kräften allein die ernährende zu 
Theil werden, und ſuchte auch bierin einen wefentlichen 
Unterſchied derfelben von den Thieren, deren Begehrungs⸗ 
vermögen ihm für eine unmittelbare Folge der Empfindung 
galt 2) Die Versichtungen ber einzelnen. Sinne fuchte er 


- wieder aus ber Elementarlehre zu erklären: Luft ift das 
. Element des Gehörs *), Wafler das Element des Auges, 


denn es kann die Durchſichtigkeit am Iängften bewahren, 


und dies ift auch der Grund, warum das Auge feinen Sitz 


in der Mäbe des Falten und feuchten Gehirns erhalten 

bar *). Der Geſchmack ift eine Art Taſten *), und wird 
durch die Feuchtigkeit vermittelt, fo wie ber Geruch durch 
die Zrodenbeit 5). Der letztere iſt beim Menfchen viel Uns 
vollfommener, als bei den Thieren, und es iſt deshalb eben 
fo ſchwer, Daräber beſtimmt zu urtbeilen, als man in dem 
unvolfönnnenen Auge der Thiere einen ausgebildeten Farı 
Benfinn vorausfegen fann 7”). Hunger ift eine Begierde 
nach dem Barmen. und Trockenen, Durft nach dem Kalten 


1) Ebend. c. 4. > 634 D. X. 

2) Ebend. c. 3. p. 633. 

3) De Partib. animal. L.U. c. 10. p. 991. E 

4) Ebend. C. 

5) Ebend. p. 992. B. — De Anima L.IL c.3. p. 633. 
6) Ebend. c. 9. p- 643. B. 

7) &bend. p. 64a. B. j 


. 00 253 
und Feuchten *), und ſe die —2 anderer Em 
pfinbungen. 

Die Berdanung geſchieht durch die Eenshrungstraft 
der Seele in Berbindung mit der thierifhen Wärme*), ' 
weshalb das Bormwalten der Kälte Unverdaulichkeit verum - 
ſacht >). &ie ift dem Kochen ähnlich, weil’ fie wie dies \ . 
nur durch Wärme und Feuchtigkeit zu Stande kommt +), 
Im Uebrigen erlaubte aber der Zuftand des Wiffens feine 
beffere Erklärung, als daß die Speife im Magen vermit⸗ 
teift der thierifchen Wärme verbunfte, in die Adern uͤber⸗ 
gebe, und hier in Blut vermandele werde °.. 

Die Theorie des Schlafes wird von A riftoteles auf 
eine bisher noch unverfachte Weife angegeben. Er geht von 
der Annahme einer entfiandenen Unthätigfeie der Sinne 
aus, ſucht diefe ‚aber von der geftdrten Sinnesverrichtung 
in andern Zuftänden, z. B. der Ohnmacht, dadurch zu uns 
terfiheiden, daß er fie.von der Werdunftung der Speiſe in, ‘ 
die Adern berleitet. Dadurch entſteht eine wallende Bewe⸗ 
gung der Feuchtigkeit nach oben und wieder zuruͤck, die den 
Kopf beſchwert, und feine Verrichtungen aufhebt *). Nach 
dem Genuß von Speife erfolgt daher diefe Wirkung am 
leichteſten, weil dann mehr Feuchtigkeit nach dem Kopfe 
geht. Hierauf wird dann auch die Wirfungsart aller uͤbrl⸗ 





1) Ebend. c.3. p. 633. D. 

2) De.Respirat. C. 8. p. 723. D. 

3) Meteorolag. L. IV. c. 2. p. 585. B. 

4) Ebend. e. 3. p. 588: A. 

5) Tiyrraı dradvninrıs ıls Tas Prlßus. ec. De Somn, 
er Vigil. c. 3. p- 688. om 

6) Ebend. p. 689. A. eeq. — Bırgl. De Partib: animal. L, IL, . 
e.7. p-086.E \ 2 


in 


254 , 


gen Urfachen des Sallafe inrädgeführt: denn Ermuͤdung 
wirft ihm nur dadurch, daß fie die Säfte auflöft, und 
jene Verbunftung nach oben befördert, die in der Schlaf: 
ſucht (Lethargus) und. im Fieber durch eine warme und 
feuchte Schärfe erregte wird. Kinder Tchlafen deshalb mehr, 
als Erwachſene, weil die Nahrung in ihnen lebhafter ver 
dunſtet, wovon bie unverhältnißmäßige Größe ber oberen 
Theile in ihnen ein pffenbaree Beweis if. Dies tft die 
Urfache, warum das Kind im Mutterleibe fchläft, und warum 
das jugendliche Alter der Fallfuche mehr ausgeſetzt .ift, bie 
ganz auf Ähnliche Weiſe entfieht, und eben deshalb fo häufig. 
zum Schlafe binzufomme. Weil nun bie lebhaftere Ders 
dunftung der Speife mehr Wärme erfordert, fo wird biefe 
dadurch den obern Theilen entzogen, fammelt ſich im In⸗ 
nern an, und wo fie entweiht, da mäflen bie Kräfte 
ſchwinden, und die Verrihtungen der Theile verloren geben, 
Man fiehe, mie welchem Scharffinn Arifteteles bie Er⸗ 
ſcheinungen zu benutzen wußte, um feine cheeretiſchen Aus 
figten zu Beftätigen. 

Die Lehre vom Achmen unb dem Puls Ifeke diefer 
größtenthells empirifchen Phyftologie wenig ausgearbeitet. 
Ariftoteles fühlte wohl die Unzulänglichfeit der fruͤhern 
Anfichten, die er ſaͤmmtlich widerlegte *), Eonnte aber nur 
die Meinung an ihre Stelle feben, daß bas Achmen von 
der Ernaͤhrungskraft der Seele ausgehe, und zur Abkuͤh⸗ 
fung der thierifchen Wärme, zundchft des Herzens, beſtimmt 
fe. Die Bewegung des Herzens und der Lungen ſchien 
ihm hierbei mit der Wirkung eines Blafebalgs vergleichbar *). 
Das fortwaͤhrende Einſtroͤmen des Blutes bewirkt den 





1) Ds Respirat. C. 2. seq. p. 719. 
2) Eben. C. a1. p- 732. 


| 288 
Herrſchlag, der ſich den Gefäßen Yon ihrem Urfprunge aus 
gleichzeitig mittheile. In der Jugend ift daher das Pulſo 
ren viel ſchneller und lebhafter, weil der Uebergang ber 
Nahrung in das Blut (wradvpiaen): viel rafcher von Stat 
en gehe *). Die Praragorifche Lehre vom Lebenegeift blich 
hiervon ausgefchloffen, und die Arterien mußten mohl nach 
ben bisherigen Unterfüchungen für angefällt gelten. Au 
finder ſich feine weitere Anwendung auf die Krankheits⸗ 
Nlehre, als daß der beſchleunigte Herzſchlag in Krankheiten 
(weder) für eine übermäßige Abkühlung des Herzens bei 
beftigem Widerſtanbe der Wärme erkläre wird. Ariſtoteles 
dehnte die Sränzen feiner Naturkunde nur Bis zum Ans 
fang der eigentlichen Heilkunde aus, verlangte aber vom 
Arzt, daß er in die Marurmiffenfchaften eingeweiht fei *). 

- Die Theorie der Erzeugung’ fehen wir faft ganz auf 
Beobachtung und Verſuche gegründet. Das Feld der Ana⸗ 
logien war in der That fruchebarer, als die zahlloſen Bor 
urtheile der früherer Naturphiloſophen, deren fuftematifche 
Guͤltigkeit vor der Nichtigkeit einer einzigen Wahrnehmung 
ſchwinden mußte. Vor allen erregen die Unterfuhungen 
bebruͤteter Huͤhnereier Aufmerkfamkeit, und fie find wahr⸗ 
fiyeinlih von allen im Alterthum angeftellten bie beften. 
Ariftoteles beobachtete das Punctum saliens' ( eiymn 
auegnhre) am dritten Tage, fah die beiden Gefäßftämme, 
Die von ihm ausgeben, fah, wie danach der Kopf mit den 
sroßen Augen ſich zuerft bildete, während im untern Koͤr⸗ 
per noch nichts zu unterfcheiden "war, und am zehnten 
Tage die Bildung ſaͤmmtlicher Theile angedeutet fei ?), wie 





1) Ebend. C.oo. p- Ir. 2) Ebend. C. ar. p. 732. D. 
3) Histor. animal, L. VI. c. 3. p. 861. — De Pariib. animal. 
L,DI. c. 4. p. 1004. 





250. | ‚ 
dies alles mit. den neueſten Beobachtungen im Weſentlichen 
Abereinftimme 1). Hieraus ergab fich der wichtige Schluß, 
daß von allen Theilen das Herz zuerft gebildet merde *), 
und dies ſtimmte mit der angeführten Verrichtung des Herr 
ges und der Gefäße, fe wie mit der Lehre von der. Ers 
adhrung vollfommen überein. Nach dem Herzen bilden fich 
vermittelt der Vertheilung des Stoffes durch die Gefäße 
die gleichatigen Xheile, jeder für fih und feiner: durch den ° 
- andern, und zuerft fo, daß faft nur die Umriſſe angedeutet 
find, wie wenn der Maler nur zuerſt die Hauptzüge am 
. giebt, und ſpaͤter erſt Die Farben aufträge. Hier kommen 
aun wieber die Elementarqualitaͤten hinzu: der Wärme bee 
Herzens feßt fich nach oben die Kälte entgegen,. und bildet 
das. Gehirn, das in allen Xhieren, zugleich mit den Augen 
vach dem Kerzen zuerft und am größten erfiheine. “Die 
Augen werden indeffen zuleßt volltommen ausgebildet, und 
verlieren dann ihre anfängliche Größe. Die übrigen Theile 
feßen ſich, jenachdem fie wichtig find, der Neihe nad) am, 
und unter den erften die Knochen. Bei der Erzeugung felbft 
giebt dag Weib mehr den Eörperlichen, der Mann dagegen 
ben. belebenden geiftigen Ancheil *). Der männliche Saame 
dringe nicht gleich in bie Gebärmutter, weil die Muͤn⸗ 
dung derfelben ſehr eng ift, fondern wird erft nach und 
nad) durch die Wärme angezogen *), wiewohl bie Ergießung 
deffels 

— en 

1) Berge. Pander Beiträge zur Entwickelungegeſchichte des 
Hoͤhnchens Im Eye. Würzburg 1817. (Tab. L Fig. 7. Tab. U, 
Fig. 6. u. f. w) ˖ _ 

2) De Generat. animal, L. it «6. p 1086. B. wg. 

3) Ebenb. c. 4. p. 1090. B. 

4) Ebend. p. 1001. B. 


— — 
dd 


257 
beffelßen, wegen bes beigemifchten Lebensgeiſtes mit Heſtig⸗ 
keit erfolgt 3). 

Ueber den Monatsfluß der Weiber und feinen Zwea 
herrſchen faſt durchgängig richtige Anſichten, und es finden 
fi) eine Menge einzelner Angaben Aber feine krankhaften 
Abweichungen, die mehr. eigene Beobachtung, als Benutzung 


der ärztlichen Schriften vorausfegen. Als Kegel fiellte 
Ariftoteles feft, daß alle Weiber für unfruchtbar zu hal⸗ 


ten wären, denen er fehlte, doch waren ihm auch hierin 


einige Ausnahmen befannt. Auch hatte er die Fortdauer 


‚der monatlichen Reinigung während der Schwangerfchaft 


beobachtet *). Seine Bemerkungen über den weißen Fluß, 


der mit der Menftruation zufammenhängt, find’ der Natur, 


gemäß und fehr leſenswerth, fo wie überhaupt‘ feine Anſich⸗ 
ten über die Unregelmäßigfeit derſelben und ihre Folgen 


ale Beachtung verdienen. Er hielt fte nicht allein für ein 


nothwendiges Bedingniß der Erzeugung, fondern auch für 


eine wahre Reinigung des weiblichen Körpers. Gorgfältig 
find ferner die Zeichen der Entwickelung in beiden Gefchlechs 
ten, fo mie die natuͤrlichen und £ranghaften Zufälle der 
Schwangerſchaft dargeftellt. Befenders fällt aber eine Ex 
Märung der Fehlgeburt auf, ber aus den Schriften ber 
gleihzeitigen Aerzte nichts Ahnliches zur Seite gefeßt wer⸗ 
den kann. Ariftoteles glaubte nämlich an die Möglich 
keit « einer Weberfhwängerung, die ihm indeffen nur für 
eine feltene Ausnahme galt. Zum Beweife berfelben führte 


er eine zu feiner Zeit befannte Geſchichte an, daß 


eine Ehebrecherin mit Zwillingen niedergekommen ſei, von 
denen der eine die Geſi cheezage de Mannes, der anbere 





3) Hier. animal. L. VIE: c. 6. p. 893. E 
2) Ebend. c.2: 2.889 | 
L R 


⸗ 


— — — 








258 


S 


Die bes Fremden’ gehabt habe. Eben fo -eine andere Erzaͤh⸗ 


lung, daß eine Frau mit Zwillingen ſchwanger . gegangen, 
und im vierten Monat noch einmal geſchwaͤngert worden 
fl. Bei der zur rechten Zeit eingetzetenen Geburt wären 
die erftern ausgetragen und lebensfähig. geweſen, der dritte 
- aber fei mit allen Zeichen eines fünfmonatlichen Kindes for 
gleich geftorben. Käme nun lange nach der erften Empfäng: 
niß eine Ueberſchwaͤngerung zu Stande, fo önnte die zweite 
. Frucht gewöhnlich nicht ausgebildet werden, und verurfachte 


eine Fehlgeburt, tie man dies bei einer Frau -zmölfmal - 


bintereinander beobachtet habe *), — Menſchliche Früchte 
nach Fehlgebürten wollte Ariftoteles oft gefehen haben, 
doch vermiſchte er hier feine Beobadhtungen mit dem Ber 
urtheil, daß die Knaben rafcher. als die Mädchen ausgebils 
det würden. Am vierzigften Tage wäre bei den Knaben der 
Gliederbau angedeutet, und man Eönnte auch bie Geſchlechts⸗ 
theile und die vorragenden Augen deutlich wahrnehmen, für 


bald man die Eihaut aufgefchnitten habe. Die Frucht fei 
* dann nur fo groß, wie eine große Ameife. Bei ben Mäds ' 


.. hen könnte man die Theile aber erft nach dem vierten Mio 
nat unterfcheiden *). Dit der Förperlichen Erzeugung babe 
die Seele nichts gemein, fondern komme als görtlichee Ans 
theil von außen *). — Merkwuͤrdig ift das Beifpiel einer 
unerbörten Fruchtbarkeit, wo eine Frau in vier Geburten 
zwanzig Kinder, jedesmal fünf zur Welt brachte, von denen 
die meiften heranwuchſen *). Daß die männliche Frucht 


auf der rechten, und die weibliche auf der linken Seite 





1) Ebend. e. 4 p. 890. C.D, 

2) Ebend. e. 3. p. 890. c. | 
3) De Generat. animal. L. IL c. 3. p. 1078. A. 
4)’ Histor. animal. L. VII. c. 3. p. 890. B. 


- 


. 2.7259 
empfangen werde, ‚glaubte Ariftpteles mit den Früberen, 
weil im DBerlaufe der Schwangerſchaft die. Bewegungen -fo 
gefühlt würden, zweifelte aber doch an der Beſtaͤndigkeit 
diefer Wahrnehmung, weil man oft bag Gegentheil beobach⸗ 
tet Habe *). Die Kotyledonen läugnete er nicht ganz, fie 
galten ihm aber nicht für beftändig, und er hielt die innere 
Dberfläche der Gebärmutter für glatt, mo fie fehlten. Auch 
glaubte er, daß fie bis zur Zeit der Geburt nah und nach 
verſchwaͤnden. Richtig ift die Vefchreibung der Nabelgefaße 
bei den Thieren, wo er fie unterfuche bat. „Beim Kalbe 
gehen zwei Adern aus dem Nabelfttang nad) ber Leber, und 
verbinden fich bier mit der. Hohlader; zwei andere entftehen 
da, mo. die Aorta ſich fpaltet. Bei Heineren Thieren ber 
ſteht der Nabelftrang nur aus zwei Adern, bei allen werden 
fe aber durch Haͤute vereinigt 2,7 — Die griechifchen 
Debammen druͤckten bei fcheintodten Kindern das Blue aus 
dem Nabel zurück, um fie zu beieben, und’ wir erfahren 
bei diefer Gelegenheit, daß die meiften Kinder in ben. erften 
Tagen nah der Geburt an Krämpfen. (werds) ftarben, 
und man ihnen deshalb erft am fiebenten Tage ihren Mas 
men beizulegen pflegte, weil fie dann erft ganz ficher mis 
vn >). Von dem Forterben der Maͤhler vom Großvater 
auf den Enkel kannte Ariftoteles mehrere Beiſpiele, und 


hielt danach ſelbſt eine Erzählung für wahr, daß in Sich 
lien ein Weib, von einem Neger gefchrwängert eine weiße 
"Tochter geboren, und dieſe erft mit einem Weißen ein 


ſchwarzes Kind erzeugte habe *). 
Die eigentliche Kranfheitslehre blieb von allen dieſen 





ı) Ebend. 2) Em i 

3) Ebend. c.12.p.86. | 

4) Ebend. c.6. p. 893. D. | 
RI / 


260 0 | | 
Unterfadungen ausgeſchloſſen, einzelne Bemerkungen aus 


% 


. genommen, die mit andern Gegenftänden mehr verbunden 


x” 


n 


waren. Es lag für Ariftoteles näher, die Krankheiten 
der Thiere zu beobachten 5), von denen er viele Formen 
mit treffenden Zuͤgen beſchrieb. Selbſt den Fiſchen und 


Inſekten ſchenkte er hier ſeine Aufmerkſamkeit. Die Be 


hauptung, daß der Menſch nach dem Biß eines tollen Hun⸗ 
des nicht in Waſſerſcheu verfalle *), hat zu manchen Strei⸗ 


tigkeiten Anlaß gegeben. Sie widerfpricht aber der Natur 


bes Webels fo ganz, daß es gerathener ift, ihre die Klaſſe 
ähnticher Ausſpruͤche anzuwelſen, als daraus irgend Schluſſe 


zu ziehen 2). 


Die vielſeitige Lernbegierde und der Trieb zur Natur⸗ 


forſchung' erhielt ſich noch einige Zeit unter den würdigen. 
Schuͤlern des Ariſtoteles. Bevor aber dieſe Peripatetiker 


folgen, ſind noch einige Aerzte des Philipp und‘ Alerans 
Ber aufzuführen, wenn fte auch für die Wiffenfchaft nichts 
geleiftet haben. \ 

Ihre Reibe eröffnet ber geiſteskranke Menekrakes, 


bekannt durch die vielen Anskdoten an Philipp's Hofe. 


Die Kranken, die er von der Fallſucht geheilt hatte, nahm 
er in der Kleidurig von Göttern zur Verherrlihung feines 
Ruhms in fein Gefolge auf, mit dem er als medicinifcher 
Supiter ‚die Städte durchzog *), / 





1) Ebend. L. VII. e. 21 — 27. p. 915. 
2) Ebend. c. an. p- 916. 


3). Vergh €. Hecker über das fruͤheſte Borkommen der Hy⸗ 
drophoble beim Menſchen, In Bräfe's und v. Walthers Journal 
der Chirurgie und Augenheilk. B. IL. St. =, ©. 331. 337. 


4). Atkenaot Deipnesoph. L. YIL «, 33. 34 Ed. Schweigheeu- 


'ser Tom. III, p. 54. ° 


— — 


— — — —— — — — 





201 

Kritobulus iſt der Arze, ‚ber. dem König nach bee 
Belagerung von- Methone den Pfeil ms dem Auge 3, , 
und die Wunde heilte °). , 

Dpilippus vor Alarnanien, | der alteſte von den 
ersten Aleranders, die ihn auf feinen Feldzuͤgen begleiteten, 
befannt durch das ehrende Vertrauen -feines Köhigs ?).. Er 
iſt berfelbe, der nachher Arzt des Antigonus Gonatas 
wurde, an deffen Hofe mit. ihm Ariſtogenes von Kni⸗ 
dus verweilte Ye ner 

Ein anberer, Glaucias, ber son Tode bes Hephae⸗ 
ftion ſchuld feyn follte, wurde deshalb hingerichtet *). 

Kritodemus, ein Koiſcher Askleplade, wie es ſcheint 
mehr eigentlicher Feldarzt, uͤbte die Chirurgie, und behan⸗ 
delte den König ſelbſt an einer Verwundung *). 

Auch An drocydes gehoͤrt hierher, deu. es wagte, dem 
Könige wegen feiner Unmäßigtei Vorwuͤrfe zu machen °), 
fo wie 

Alertippus- und Paufanias, hekannt buch I die 
Kuren des Peuceftas und Kraterus ?). 

6. 48. 
Theophraf von Erefus. 
Arifkoteles Nachfolger waren fAmmtlich ausgexeich⸗ 





1) Plin. miat. nat. L VII. c. 37. p. 395. 16 


2) Arrian. de Expedit. Alex. M. L. U. c.89.99. Ed. Blancard.— 
Plutarch. Alezander. — Q. C. Rufus de Reb. gest. Al. M. L. ut. 
e. 11 — 16. — Diodor. Sicul. Bibliothec. historic. L. XVII, 


3) Cels.L. IL c. 21. p. 161. 2.38. 6.211, \ 

4) Pluzarch. Alexander. , 

5) Arrlan, Exped. Al. m L. VI, p. 397. EA Blancard, 

6) Plin. Hiet. nat. L.xm. e. 5. p- 715..7. 
‘ 7) Plutarck. Alexander. 


262 
nete Diänner, und nad) dem Muſter thres großen Lehrers fern 
von einſeitiger Ausbildung. Naturkunde machte einen we⸗ 
fentlihen Theil der peripatetifchen Philoſophie aus, und es 
“war eine Naturkunde, die ſich auf eigenes Sehen und fleis 
ßige Beobachtung gruͤndete. Kalliſthenes aus Olynth, 
der ein Opfer von Aleranders Grauſamkeit wurde, ein Ver⸗ 
wandter des Artftoteles, und mehr als Geſchichtſchreiber 
beruͤhmtet), fchrieb über den’ Bau des: Auges, und über 
Pflanzenfunde, die zuerft durch die Peripatetiter den Rang 
einer Wifſenſchaft erhtelt ). Man känn ihn nach allen ” 
Angaben für einen vielmiffenden Naturforfeher halten, und 
vielleicht machte er in der Anatomie des Auges, worin Ark 
ftoteles fat noch nichts geleiftet hatte, wichtige Entdek⸗ 
kungen. | Ä 
Theophraſtus flieht unter allen Peripatetitern am 
hoͤchſten. Er die früher Tyrtamus, erhielt aber von 
Ariſtoteles wegen feiner binreißenden Beredtfamfeit den 
\ jmeiten Namen. Noch in ’Erefus, feinem Geburtsort, 
hörte er einen Philofophen Leucippus, wurde dann Pla 
to's und endlih Ariftoteles Später. Nach deffen Ente 
fernung aus Athen Abernahm er, als der wuͤrdigſte Nach 
folger bas Lyceum, und lehrte darin eine lange Zeit mit 
anerfanntem Ruhm, allgemein beliebt, nnd ſelbſt von ben 
Athenern Bis an feinen ſpaͤten Tod wahrhaft verehrt. Man 
giebt die Zahl feiner Schüler bie auf zweitaufend an; un 
ter ihnen war Demetrius Prhalereus, und nach einer 
unverbürgten, aber nicht unmahrfcheinlichen Angabe ‚der 
Arzt Eraſiſtratus. Eine Zeit: lang verweilte Theo 
phraſt am Hofe Kaffander’s, und aud Ptolemäus 





2) Cic. de Orstar. L. IT. e. 14. 
va) Zpiphan. de Haerssib. L. T. init. 


Te m 9 BT nn 
. 


20 





u 263." 
Soter wuͤnſchte feine Gegenwart In Alerandreien '). Gein | 
Scharffinn, feine wahrhaft Ariftotelifche, fruchtbringende 
Thaͤtigkeit, und der unglaubliche Umfang feiner Keuntnffe 
fihern ihm feinen Rang unter den groͤßten Gelehrten bes Br 
Mrerchums, und er war es eigentlich, durch den das Anfehn 
der pertpatetihen Schule am meiften befeftige wurde. Un⸗ 
ter ber ‚großen Menge feiner Schriften waren die meiften 
über Naturlehre, viele Über Phyſiologie und einige über 
Srantheiten. Die Übrigen umfaßten, wie bie des Ariftote 
(es das ganze Gebiet ‘des menfchlichen Wiſſens. Wir befigen 


\ 


‚von dieſem Schatze nur noch wenige, naturwiſſenſchaftlichen 


und phyſtologiſchen Inhalts, und leider auch dieſe in einem 
ſchlechten Zuftande *). Umfichtige Beobachtung und fcharfs 


ſinnige, vielfeitige Beurtheilung bes Wahrgenommenen ger 


den die Grundzüge diefer ſchaͤtzharen Bruchftäde, und wenn 
auch frühere theoretiſche Anfichten noch nicht Bei. Seite ges | 
fegt werben fonnten, fo war body das Ganze der Bearbei⸗ | 
taug neu, und: der Erfolg davon belohnend. 

An der Abhandlung. Aber den Schweiß ’) finder ſich 
ber Grundſatz, daß die Befchaffenbeit der Ausfonderungen 
durchgängig von dem Mifchungsverbältnig des Körpers abs 
hangig iſt, befonders verdiene aber hierin: die Whrdigung \ 
der unmerflihen Augsbdünftung (srüpn), bie von dem 
Schweiße ausdrädlich unterfchieden wird, alle Aufmerkfans 
keit. Sie IE nah Theophraſt ununterbrochen, der 





1) Diog. Laeört. L. V. 8. 30. 37. 8. P. 288. — 8. 57. p- 306. 
2) "Theophrasti Eresil, Peripateticorum post Aristotelem prin- 
cipis, Pleraque. etc. Cum Comment. Dan. Furlani. Hanov. 1605. 
fol: — Opera, quao supersant omeiz, ed, Schneider. 4 voll, 8. 
Lips. 1818. E 
3) Ed. Hanor. p. 231. 233. seq. 0,» 








“ 


/ 


204 u 


Schweiß dagegen folgt nun-auf gewaltſame Urſachen. Der 


letztere ift wie der Harn ein wahres Erfremeht, und wird 
aus dem Fleifche'und ben Adern abgefonbert, wo die Ber, 


" änderung der Nahrung vor ſich gebe, und die untauglichen 


falzigen Theile abgeſondert werden, die in- ihn übergehen. 
Auch aus dem Gehirn finden dergleichen. Aöfonderungen 
Statt, noch. mehr werden aber. von bier die fchadhaften 
Stoffe durch die Zhränen und den Speicdyels abgefchieden .: . 
bie im krankhaften Zuftande mehr Sal; enthalten koͤnnen. 


Magenverderbniß, Kacherie und verdorbene Miſchung find‘ 


die Urſachen der uͤbeln Veranderungen des Schweißes, auch | 
hatte Theophraft Beobachter, daß ihm der Genuß gemiffer: 


Speifen und Arzneimittel, 5. B. der Raute einen befondern 
Geruch mittheil. Er wird an den Stellen "Abelrieddmd., 
mo die unmerflihe Ausduͤnſtung nicht von Statten geht, 
und ift es deshalb am Kopfe.niemals. Auf diefelbe Ark, 
wie der widernatuͤrliche Schweiß entfichen auch "bie ‚Haut 
ausfchläge, namentlich durch Abfeßung des unreinen Stop 
fes auf die Haut. Man ift deshalb im- Stande, fie durch 
ableitende Mittel zu entfernen. Ein Gymnaſt Diotimus. 
unterfohled die Befchaffenbeit bes Schweißes zu Anfang, zu 
Ende-und waͤhrend ber Anftrengung. Olutigen Schweiß 
hatte Theophraſt nicht geſehen, war aber von einem 
Arzte Monas daruͤber belehrt worden. 

Das Buch über. die Gerüche *) Bietet eine gie von 


| Beobachtungen bar, wobei die Theorie faſt nur ale Neben⸗ 


= 


fache behandelt void, Theophraſt vertheidigt die inate⸗ 
rielle Beimiſchung der riechbaren Koͤrper, und ſucht daher 
in der Unfaͤhigkeit der uͤbrigen, dem Geruchsorgan beige 


miſcht zu werden, den Grund ihrer Geruchloſigkeit. Trok⸗ 
\ 





r) De Odoribas. p. ı8r. 


— or —-- 


Val 


265 
kenheit und Feuchtigkeit in verſchiebenen Verhaltniſſen find 
die Urſachen des Geruches, die Unvollkommenheit des Sin⸗ 
nes aber iſt ſchuld, daß wir nur den angenehmen und un⸗ 
angenehmen Geruch. unterfch@ßden, unter denen wir alle eins - 
zelnen Arten zufammenfaflen. Die Empfänglichkeit des Ger 
ruchſinnes wird aufgehoben, wenn ein ſtaͤrkerer oder beſſe⸗ 
zer Geruch vorangegangen iſt. Beſpnders michtig find aber 
die Beobachtungen, daß ‚der ganze Körper von riechenden 
Subſtanzen durchdrungen wird, woerauf Theo phraſt den 
wichtigen Lehrſatz gruͤndete, daß fie alle als wirkſame Ary 
neimittel zu - benugen find. Wohlriechende Umſchlaͤge auf 
die Magengegend gelegt, verrathen ſogleich ihre Wirkfamkeit 


durch den Geruch, der beim Aufſtoßen aus dem Wagen 


hervorkommt. Biele Mittel verändern den Geruch des 
Harns, z. B. Wachholder, und eben fo eine Menge mohl⸗ 
riechenber Salben‘; befonders wenn fie auf den Kopf einge - 
tieben find. Hier gab.es nun · viele und faft. tägliche Gele 


genheit, Beobachtungen anguftellen, und gerade über die 


Wirkung der Salben und ihre Bereitung, fo wie ‚die Eis 
genthämlichkeiten einzelner Mifhungen find Theophraft’s 
Berfuche am belehrendſten. Der Rofenfalbe (give) und 
anderer Vereitungen der Rofen bediente man ſich faſt im⸗ 


mer, um bie Schwere des Kopfes zu heben, auch wenn fle 


von dem Gerud) anderer Salben entftanden war. Gewürze 

und alle ftarfriechenden Mittel wirken nicht eigentlich durch 
ihren Geruch, fondern durch ihre zufammenziehende und ers 
hitzende Kräft, wovon diefer nur der Beweis iſt. Geruch 
und Gefhmad ftimmen nicht immer überein, wiewohl einer | 


‚immer ben andern vorausfeßt '). Oft wird auch ein um 


angenehmer Geruch durch innere Verarbeitung und Mite 





ı) Ebend. p. 197. 








250 . . | ‘ 
bies ‚alles mit. ben neueſten Brobachtungen tim Weſentlichen 
Abereinftimmt 13: Hieraus ergab fich der wichtige Schluß, 
dag von allen heilen das Herz zuerft gebildet werde *), 
und dies ftimmte mit: der angeführten Verrichtung des Her⸗ 
ges und der Gefäße, fo wie mit der Lehre von der. Em 
nahrang vollkommen Überein. Nach dem Herzen bilden fich 
vermittelt der Vertheilung: ‚des: Stoffes durch die Gefäße 
die gleichatigen Theile, jeder für fid) und Feiner. Durch dem ' 
andern, und zuerſt ſo, daß faſt nur die Umriſſe angedeutet 
find, wie wenn der Maler nur zuerſt die Hauptzuͤge an⸗ 
. giebt, und fpdter erft die Karben aufträge. Hier kommen 
. an wieder die Elementarqualitäten hinzu: ber Wärme dee 
Herzens feßt fich nach oben die Kälte entgegen,. und bildet 
das. Gehirn, das. in allen Xhieren, zugleich mit den Augen 
wach dem Kerzen zuerft und am größten erfcheint, Die 
Augen werben indeffen zuletzt vollkommen ausgebildet, und 
verlieren dann ihre anfängliche Größe. Die uͤbrigen Theile 
fegen ſich, jenachdem fie wichtig find, der Reihe nah au, 
und unter den erften die Kırochen. Bei der Erzeugung felbft 
giebt das Weib mehr den körperlichen, der Mann dagegen 
den belebenden geiftigen Antheil *). Der männliche Saame 
dringt niche gleich in bie Gebärmutter, weil die Müns 
dung berfelben fehr eng ift, fondern wird erft nach und 
nach durch die Wärme angezogen *), wiewohl die Ergießung 
| deffels 
1) Bergl. Wander Beiträge zur Entwickelungegeſchichte des 
Huͤhnchens Im Eye. Bürburg 1817. (Tab, I. Fig. 7. Tab. U, 
Fig.6.u.f.w.) « j 
2) De Generat, animal, L. u «6. p 1086. B. ueq. 
3) Ebend. c. 4. p. 1080. B.. 
4) Ebend. p. 1001. B. 


257 
deſſelben, wegen bes beigemiſchten Sebensgeiftes mit Heftige 
£eit erfolge *). 

Ueber den Monatsfluß der Weiber und feinen Zweck 
berrfchen faſt Durdgängig richtige Anſichten, und es finden 
ſich eine Menge einzelner Angaben Über feine Franfhaften 
Abmeihhungen, die mehr eigene Beobachtung, als Benußung 
der ärztlichen &chriften vorausfegen. Als Regel ſtellte 


Ariftoteles feft, daß alle Weiber für unfruchtbar zu hal⸗ 


ten wären, denen er fehlte, doch waren ihm auch hierin 


einige Ausnahmen bekannt. Auch hatte er die Fortdauer 


‚der monatlichen Reinigung während der Schmangerfchaft 
beobachtet *). Seine Bemerkungen über den weißen: Fluß, 


der mit der Menftruation zufammenhängt, find der Narur 


gemäß und fehr leſenswerth, fo mie überhaupt feine Anſich⸗ 
ten über die Lnregelmäßigfeit derfelben und ihre Folgen 
alle Beachtung verdienen. Er hielt fte nicht allein für ein 


nothwendiges Bedingniß der Erzeugung, fondern auch für 


eine wahre Reinigung des weiblichen Koͤrpers. Gorgfältig 
find ferner die Zeichen der Entwidelung in beiden Geſchlech⸗ 
tern, fo mie die namrlichen und krankhaften Zufaͤlle der 
Schwangerſchaft dargeſtellt. Befenders fällt aber wine Ex 
Härung der Fehlgeburt auf, ber aus den Schriften ber 
gleichzeitigen Aerzte nichts ähnliches zur Seite geſetzt wers 
den kann. Ariftoteles glaubte namlich an die Möglich 
keit einer Ueberſchwaͤngerung, die ihm indeſſen nur fuͤr 
eine ſeltene Ausnahme galt. Zum Beweiſe derſelben fuͤhrte 


er eine zu ſeiner Zeit bekannte Geſchichte an, daß 


eine Ehebrecherin mit Zwillingen niedergekommen ſei, von 
denen der eine die Geſichtszuͤge des Mannes, der andere 





| 1) Mit anna. VI 6.6.9. 009- 


9) Ebend. c. 2: p, 889. 
En RK 


⸗ 


208 
ber *) konnen bie zahlloſen Zweifel nicht entfechen, deren 


⸗ 


L2dfung an: fi unmoͤglich if. Ueberdies entbehren wir noch 


den nothwendigſten Leitfaden durch die alten botaniſchen 


Werke, d. h. eine genuͤgende Bearbeitung dee griechifchen 


.‚, 


Flora. 

Wichtiger iſt Theophraſtes yeripatetifce Pflanzen, 
Shyfiologie. Der große Naturforfcher ſah ohne A$uftrumente 
angfaublich viel, war in der Vergleichung des thierifchen 


mit dem Pflanzen Organismus ausnehmend glädlich, und. 


gab dieſem Theile der Naturkunde uͤberhaupt das Gepraͤge 


einer hohen Vollkommenheit. Das ſpaͤtere Alterthum konnte 


feinen Arbeiten nichts erhebliches hinzufügen, und dies _ 
fruchtbare Gebiet des Willens. blieb unbeachtet, bis der - 
Fleiß der neueren Botaniker ſich auch hierüber verbreitete, 
und die meiſten Beobachtungen 2beepdraſt s ihre Der 


ſtaͤtigung erhiehten. . 


Unter ben Abrigen Peripatetikern verdiene. ⁊ heophra ſt's 


Schuͤler und Nachfolger, Strato von Lampfſacus, eine 


ehrenvolle Erwaͤhnung. Er ſtand dem Lyceum achtzehn 
Jahre lang vor, und hielt ſich als Lehrer des Ptole⸗ 
maeus Philopator eine Zeit fang in Alerandrien auf. 
Wegen feiner Berdienfte um die Naturlehre gab man ihn 
ben Beinamen „ber Phyſiker,“ auch finden ſich unter ſei⸗ 
nen Werfen, deren Titel uns aufbehalten find, einige über 
Heilkunde, namentlich Aber die Kranfheiten, die Empfins 
dung, Bas Sehen, den Schwindel, den Lebensgeiſt, den 

Schlaf und die Träume, die Natur des Menfchen, die Er⸗ 
zeugung der Thiere, ben Beifchlaf, den Hunger. und dag 
Wachsthum. Er ift von dem Eraſiſtrataͤer Strato von 





., 


1) In feiner Ausgabe von. Theophraſt's Werfen. 


209 
Berytus, der mit tum zugleich “ Alerandrien lebte⸗ wohl 
zu unterſcheiden *). 

Ihm folgte Lycon aus. Troas im Lehramte, ‚gerähene “= 
wegen feiner Vielſeitigkeit, und auch als Phyſiker bekannt ) 
Doch bereitete er den Verfall der trefflichen Schule durch 
anwürbiges Wohlleben °). | 

Dicaearchus, Ariſtoxenus und Eudemus vor 
Rhodus, faͤmmtlich Schäler bes Ariftoteles, werden 2 
als Materialiften in der Pſychologie aufgeführt, der le&tere 
aber auch als. Phnfiolog, fo wie Primigenes aus Mi 
tplene *). J | * J 


Dritter Abſchnitt. 
Schule der Eraſiſtrataͤer. 


§. 44. 
Eraſiſtratus. 
Alerander’s Umwaͤlzuüng der Welt erhob die Wiſſen⸗ 
ſchaften Auf den Gipfel ihrer Ausbildung. Die Verbindung 
der Voͤlker ward new belebt, der Handel oͤffnete die Schäße 
des Orients, die Gelegenheit zu lernen ward vervielfältigt, 
das enge Gebiet‘ der Kenneniffe erweitert, und ein reger 
vielfeitiger Eifer ergriff die Gemärber aller Gebudeten. 





1) Diog. La£rt. 1. V. 8.58. p- 998. — Verst. $. 39. ©. a4 
Yam. 1. Cic. Acad. post. E 9. — kcad, pr. IL 38. 


9) Diog. Laert. L. V. 8. 65. p. 301. ’ . 
3) Athen, Deipnosoph. L. ZIE. e. 69. EA, Schmeigh Top. IV. 
p- 533. . 


4) Cic. Tuscul. Q L.L c. 10,92. — Di. LI. c. 25 


270 | | ' 

. @cden bie VFelbherrn, die ſich in das Weltreich thetl⸗ | 
ten, folgten dem edlen Beifriele ihres Gebieters, und bieb 
ten es. für einen Ruhm Befdrderer der Wiſſenſchaften ge 





[4 


annt zu werden. So ward eine Lieblmgsneigung, die bem 


BGemuͤth des Welteroberers in frither Jugend eingepflanzt 
wurde, die Urſach eines allgemein verbreiteten wiſſenſchaftli⸗ 
chen Beſtrebens. Die Nachwelt muß nicht vergeſſen, wel⸗ 
hen Theil Ariſtoteles an diefem Verdienſte hat. Es iſt 
das herslichfte Denkmal dieſes wahrhaft großen Mannes. 
Zunaͤchſt werteiferten die Bebetifcher von Syrien, Pers 
gamus und Aegypten in ber Degänftigung der Gelehrſam⸗ 
keit. Sie achteten es für einen mahren Glanz ihrer 
Herrſchaft, berühmte Männer von allen Fächern an ihre 
Hoͤfe zu ziehen und Huͤlfsmittel der Wiſſenſchaften aufzu⸗ 
häufen. Bor allen bluͤhete Aegypten anter einer Reihe 
wiffenfchaftlicher und wohlmwollender Könige, bie den uners 
fhöpflichen Reichthum des Welchandels zur Anlegung ge 
lehrter Anftalten, befonders zur Gründung und Erweitse / 
rung einer Bibliothek verwandten, deren Reichhaltigfeie 
ſpaͤterhin nicht übertroffen worden if. Man giebt die Zahl 
der Werke, die fie enthalten auf 700,000 an *). Ariftos 
teles war von den griechifchen Gelehrten der erfte gewe⸗ 
fen, ber eine Buͤcherſammlung aulegte, und man fagt, 
Prolemaeus Soter babe von ihm hierin Anleitung 
befommen *). Alesandrien. ward in Turzem ber Sitz der, 
Wiſſenſchaften und der Mittelpunkt der gelehrten Welt. 
Die zahlreichen Mitglieder des Mufeums, Aerzte, Phi⸗ 
loſophen, Dichter, Grammasiter, eur, Gelehrte von jedem 





2) Christ. Dan. Beck Bpocimen histosiae —— Ale- 
“  zandrinarum. Lips, 1770. 4. 5* 


2) Scrabo Rear. googr. L. XII p. ge. 


271 
Sache, erpiekten außer hoher Veſoldung freie: Wohnung tm 
Bruchium, einem Theile der ‚königlichen Burg, und be 
außten die reihen Sammlungen ‚mit der größten Freiheit. 
Es war eine glängende. Univerfität,, as der. Entmidelung 
und der Eigenthuͤmlichkeit der geiechifchen Bildung hervor⸗ 


‚gegangen. Bald führte indeſſen die Zeit eine Entartung 


des anfänglich reinen Beftzebens herbei. Die Gruͤndlichkeit 
ging verloren, und wich einem gelehrten Luxus, ber nur 


wit dem Gchein zu prangen fuchte, Schuldialektik und 


Difputirfucht umftrichten den Geiſt in feinem Fortfchreiten, 
der Ueberfluß an Huͤlfsmitteln bemmte das felbfftändige 
Forſchen, dee Geſchmack wurde verdorben, mit dem Reiche 
thum wuchs die Sistenverderbniß, und entftellte die herr⸗ 
liche Bluͤthe, die rein von diefem Gifte in Aleranbrien bie 
fünften Früchte hätte Bringen muͤſſen. Wohlleben und 
Vergnuͤgungsſucht raubten den viel zu reichen Gelehrten 
die Zeit, fi) ihrem wahren Berufe zu wibmen, der ihnen 
im Rauſche der Zerftreuungen zu muͤhſam vorfommen mußte. 
Die wüfte Leerheit des Geiſtes, die aus dieſer Urfach herr _' 


vorgeht, zerftört am Ende allen Sinn für wahre. Ausbil⸗ 


dung, und ift von jeher den Wiffenfchaften eben fo verberbs 
li geweſen, als ihre größten Feinde, Rohheit, Aberglaube 
und Prieſterherrſchaft 2, 

In die frühere glänzende Zeit, wo bie Könige Wiſſen⸗ 
fchaft und Kunft wetteifernd ehren, fällt das Leben des 
Erafiftratus ans Julis, einer Stadt der Inſel Ceos *), 
defien Wirken in der Heilkunde noch ieöt an n auffallenben | 


1) Vergl. Chr. Corel. Heyne de genio succali Prolamasorım, 
Opusc. aeademic. Vol. L.p. 76. ı 


2) Grabo, Rer. geogr. Luna mm 150 — 
Stephan. Tran. voo. Teva. | — 


4 


„272 ,. 


Spuren erkannt wirb. Die Klarheit ſeiner Einſichten, die 


hochſtrebende Richtung feines Geiſtes und die. Vortrefflichkeit 


ſeiner Leiſtungen in der Kunft, erwarben ihm die Bewun⸗ 


berung des Alterchums. Er galt allgemein für einen gro 


ßen Arzt ), je, ſeine eifrigen Verehrer prieſen ihn ſelbſt 


mie unziemlicher Uebertreibung ihres, Lobes als einen zwei⸗ 
ten Hippokrates 2). Er hätte wohl dem Hippokrates aͤhn⸗ 


lich werden koͤnnen, aber der Einfluß ſeiner fruͤheren Auge: 


bildung ließ ihm dieſen Ruhm bei weitem nicht zu Theil 


l 


werben. Bei Eeinem Arzte wird es vielleicht deutlicher, wie 
ſehr die Einfeitigfeit des erften Unterrichts die Reinheit der 
Shöpfungsfraft eines großen Geiftes trüben kann. Erzo⸗ 
gen in den Borurtbeilen der Chryfippifchen Lehre, bie ihm 


.. buch bie Bande der Verwandſchaft aufgebrungen war 


[feine Mutter Kretorena war bie Schweſter des Me 
dius ») und Metrodorus fein Lehrer *)], und durch 


Zheophraft *) in die peripatetifche Naturphilofophie_, eins. 


geweiht, warf fih Erafiftratus fogleih in den Wir 


Zungsfreis eines ausuͤbenden Arztes, mit geringen Kennt 


-niffen vom Bau des Körpers ausgeräftet, und gewiß mehr 


- im Vertrauen auf die Gewandthelt und Ueberlegenheit feines 


Seiftes. Davon gelang es ihm, am Hofe des Seleufus 


Nikanor einen glänzenden Beweis zu geben, geroiß in“ 
ber fchwierigften Lage, in die nur ein Arzt Eommen Eann. 


Antiochus, Sohn des Koͤnigs, war in Stratonice, 
ſeine 





1) lin. Hist. nat. L. XIV. c. 7. p. 717. 06. 
> 2). ‚Galen. de Venaes. adr, Eras. C. 4. p. * A. T. X. 
3) 5.38 ©. 210. Anm. 6. 
- 4) ‚Sext. Empiric. Contra Mathematic, L. I, p. ayr. Ed. none. 
5 Dieg. Lair.L.V.s. 87.7. 298. - 


273 
feine Stiefmutter ſterblich verliebt, und verfiel hoffnungslos 
in eine abzehrende Krankheit. Er entdeckte die Urſach bes 
Uebels, die feiner von den übrigen Aerzten geahnet hatte, 
und veranlafte den König, duch Entſagung der Retter 
feines Sohnes zu werden "). Fürftlih belohnt *), und 
überdies ſchon im Genuß der Früchte feiner Kunft, fam er 
dann in eine unabhängige Lage, und wählte Alerandrien zu 
feinem Wohnſitz, deffen Anftalten feinen wiſſenſchaftlichen 
Eifer ein weiteres Feld darboten, als die bloße Ausübung 
der Heilkunſt. Geehrt von zahlreihen Schälern erreichte 


er hier ein hohes Alter, und ftarb in Sonien, wo er viek 


leicht die legte Zeit feines’ Lebens zugebracht Hat 2). 


6. 45. 
Erafitrarus Pathologie und Therapie. 
Am Gebiete der ausäbenden Heilkunde ift das Wirken 


dieſes Mannes zwar ſehr folgenreich, aber nichts weniger 
-als wohlthuend geweſen. Hier war nun einmal fein Uts 
theil befangen, und Eonnte "durch. die ſpaͤt begonnene Bes 


ſchaͤftigung mit den Grundfehren nicht mehr geläutert werden. 
Die Grundlage zu feinem Lehrgebäude gaben Draragoras 
und Ehryfipp’s Lehrfäge, die von ihm mit fo vielen andern 
Anſichten und Beobachtungen m Verbindung gebracht wurs 





ı) Plutarch. Demetrius. — Yaler. Maxim. Dict. Factorumg. 
mem. L. V. c.7. — Suid. voc. "Erarireure;. — Die Geſchichte war 
Im Altertbum ehr befannt, und wird von vielen erzählt und ans 
gedeutet. Vergl. $. 24. ©. 117. 

2) Noch Plinius mit hundert Talenten. Hist. nat, L.XXIX. 
c. EI. P. 494. 1. 


3) Wenigſtens fol er bei Mykale begraben worden ? fin. 


Suld. a. a. D. \ 
L & 





274 


den, baf der Irrthum in einem Gewebe dogmatiſcher Leh⸗ 
ven, bie ſich gegenſeitig zu beweiſen ſchienen, durchaus 
nicht mehr klar werden konnte. Bor allen nahm Erafi 
ſtratus die von Praragoras geglaubte Leerheit der 
Arterien an, und ohne fi) um ihre Beweiſe zu kuͤmmern, 
gründete er darauf eine Kranfheitslehre, die, je weiter und 
. je fharffinniger fie ausgeführt ıwar, um fo mehr ber Na 
tur entgegen fein.mußte. Wäre er nur dabei ftehen geblie 


J ben, ſo koͤnnte man ſeinem Syſtem neben ſo vielen andern 


einen Platz anweiſen, die nur den Scharfſinn und die Will⸗ 
kuͤhr ihrer Begruͤnder beurkunden, ohne im Allgemeinen die 
Grundfäpe der Behandlung geändert zu haben. GEraft 
ftratus war aber im eigentlihen Sinn ein Dogmatifer, 
der. eine angenommene Ueberzeugung durch alle Theile der 
Heilkunde durchzufuͤheen wußte, der im Stande war, im⸗ 
mer vom Nachahmen der Natur zu ſprechen, und doch ihre 
Vorſchriften uͤberſah, oder darin die Beweiſe ſeiner Vorur⸗ 
theile wiederfand *). Die Koiſche Humoralpathologie mußte 
er wohl ganz bei Seite ſetzen °); fie war ihm auf ber 
Dahn, ‘die er betrat, ein läftiges Hinderniß, unb konnte 
wohl jeßt einer andern weichen, wenn auc die Zeit zu 
größerer Klarheit der Einfichten noch bei mweitem nicht ger 
.fommen war. (Er feßte an ihre Stelle eine pneumatlſche 
Pathologie, worin zwei Gegenfäße im Körper erfannt wur⸗ 
den, ber Lebensgeift und das Blut, deren Berbältniffe er 
jedoh nur nach dem Zuviel oder Zumenig feſtſetzte, aber 


auch dies, wie es ſcheint nur von einer Seite. Denn es 


ift weniger oder wohl gar nicht von den. Krankheiten die 
"Rede, die aus einem Vorwalten oder einer Berminderung 





1) Galen. de Venaes. adr. Eras. C. 4 p. 396.B. T.X. 
2) Galen.de Plac. Hipp. ot Platon. L. VIIL c.5.p. 237. A. Tom. V. 


\ 


F 


275 
dem Lebensgeiſtes eneftehen: Nur auf bie Menge des Bas 


es wurde Rädfict genommen, und fo erſchien Sie Pie 
thera, beren Benennung von ihm zuerft eingefkhrt. worden 


iR, als bie erfte nnd wichtigfte Krankheitsurſache ). Gr - 
bezeichnete damit den Ueberfluß an Mahrungsftoff pder 
. Blut in den Denen, und befeftigte feine Ueberzeugung von 


der Allgemeinheit ihrer Wirfungen mit dem, freilid natur 
gemäßen Grundfag, daß fie fich immer auf biejenigen Theile 
wirft, wohin fte fhon im gefunden Zuftande geht, und 
bier nach ber Eigenthämtichkeit der Körper verfchiebenartige 


Sranfheiten erregt *), To daB fe Bei einem Fallfucht, bei 


einem andern Gicht, bei einem dritten Schlagflug n. f. m. 
hervorbringt. Hierin Liegt Die Lehre von der nelativen Schwäche 
der Theile und der Kranfheitsaniage, die ihrem Urheber 
gerade in biefer Zeit um fo mehr Ebre macht, als er auch 
prophylaktifhe Behandlungsweiſen danach anordncte Der 


⸗ 


ganze Körper iſt nach ihm mit Gefaͤßenden beiderlei Art 


angefluͤllt, die faͤmmtlich durch Synanaſtomoſen miteinan⸗ 
ber in Verbindung ſtehen, an den Stellen ihrer Vereini⸗ 
sung aber fe zufammenfchließen, fo Daß. das Blut der 


Wenen in die mit Lebensgeiſt erfüllten Arterien nick eins 
dringen fan. Geſchieht dies aber dennoch, wegen Ple - 


thora oder anderer Urfachen, die fonft neh das Blut im 
eine widernatärliche Bewegung feßen, fo entſteht Entzuͤn 
dung. Diefe hat alfo ihren Grund in einer gewaltfamen 


Aufregung des Lebensgeiftes in den Enden der Arterien. 


Bilder fih die Krankheit noch meiter aus, To entfteht 
durch das flärfere Eindringen bes Blutes in Die Arterien 





-ı) Goalen. de Venaes. adv. Eras. C. 9. p. 403. 
2) Gulen..de Venzes. adr. Eresistrgjaeos Rom. deg. C.8. p. 424. 
A. Tom. X . 
Sr 


7 


vi . 4 


’ ‘ \ 


‚276 a 2 - 


Fieber. Hier wirb alfo nur mieber ein quamtitativer Un⸗ 
terfchied anerfannt *). Entweicht der Luftgeift aus verletz⸗ 
ten Arterien, fo dringt das Blut um ſo leichter ein, indem 
es hier, ohne Widerfland zu finden, den leergewordenen 
Raum ausfuͤllt. Daher die Entzündung, bie zu allen Wun⸗ 
den hinzukommt *). Da nun Erafifteatus auch das 
Weſen fämmtlicher Fieber auf Entzündung: zurädführte °), 
fo wird es klar, welche Ausdehnung diefe Entzändungs: 
pathologie gewinnen, und wie fehlerhaft die Grundfäße der 
Behandlung fein mußten, die daraus folgerecht hergelentet 
wurden. 
Vor allen ſtand die Anzeige feſt, gegen die Plethora 
bie gemeinſchaftliche Grundurſache jener Uebel zu wirken. 
Eraſiſtratus beging alfo. den Fehler. der meiſten Syſte⸗ 
matifen, eine halbwahre unerwiefene Meinung als allge 
nein und erwieſen der Therapie unterzulegen. Und durch 
welche Mittel fuchte er diefer Anzeige zu entfprechen? Durch 
das Binden der Stieder, durch magere Diaͤt und Faſten. 
Das Aderlaß, in deſſen Anwendung alle Schulen des Al 
terthums uͤbereinſtimmen *), verwarf feine unbeugfame 


Soyſtemſucht. Hier gab es fuͤr ihn keine Winke der Natur, 


er konnte ſeine Kranken im Blut erſticken ſehen, und lieber 
ihre einzige Rettung verabſaͤumen, als Chryſipp's gebte 
terifcher Lehre *) untren werden. Wie groß auch im Uebris 
gen feine Verdienfte fein mögen, fo wird doch ihr Glanz 


ı) Galen. de Venaes. adr. Eras. C. 3. p. 394. D. seq. — Cels. 
Praef, pı 5. 5. 


9) Galen.a. a, D. F. 

B) Cels. L.IILc. 10. p. 139. 14. 

9 Galen. a⸗ Venaes. adr. Eras. C. 5. PB 397. 
2) $. 38. ©. 209. 


277. 


durch bie zahlreichen Dpfer mächtig verdunfelt, bie ein fo 
bartnädiges Beſtehen auf einen verderblichen Irrthum der 
Menſchheit gekoſtet hat *)! Welche Weberzeugung darüber 
er eigentlich gehegt haben möge, Eounte man felbft nicht 
angeben, als feine Werke nech vollftändig vorhanden we 
ren *). Er ſcheint indeffen die Lehre vom Aderlaß mehr 
durch feine Borurtheile: unterdruͤckt, als Gründe dagegen 
angeführt zu haben , und fann man feinem fpätern Gegner 
Glauben beimteffen, fo murde das Aderlaß im ganzen Um 
fange feiner Schriften nur ein einziges Mal als fchädlich 
im Bluthuſten erwähnt, weil es bei dem ohnehin ſchon 
nothwendigen Faften durch Entleerung nur nachtheilig wer 
den fönnte °). Menue GrÄnde wurden indeffen von feinen 
Schuͤlern Hinzugefügt, und namentlich hielten es Apoemans 
tes und Strato deshalb für gefährlich, weil es oft nicht 
zu vermeiden fei, eine Arterie zu, verlegen. Ueberdies fei 
das Blut oft nicht zu ftilen, man bätte nicht felten Kranke 
allein dadurch aufgeopfert, und mehrere mären fogar aus 
Zurcht davor geftorben. Andere glaubten, es fei zu ſchwer, 





1) Ein Maͤbchen In Eplos befam nah unterbädtem Mo: 
natsfluß einen periodiſchen Bluthuſten. Das Aderloß, das bei den. 
entzuͤndlichen Zufällen dringend angezelgt gewefen wäre, wurde 
verworfen. Auch ein Kranker mit Halsentzändung wurde mit den 
gewoͤhnlichen Mitteln ohne Aderlag behandelt. Belde Karben, und 
Erafifratus erzählte in feinem Werke wid rar dimıerelas dieſe 
beiden Fälle fo, daß man an feiner Unempfaͤnglichkelt für derglei⸗ 
den Belchrung nicht zweifiln Tann (Galen. de Venaes. .ady. Er. 
R.d.C. 1. p. 406. C. 3. p. 410.). Leider folgten ihm ‚feine fpätern 
Anhänger in diefer ingelehrigfeit ( Ebend. C. 1.). 

2) Galen. de Venaes. adv. Eras. €. 2. p. 293. 


3) Ebene. C. 1. p- 392.C. — c. 7. p«4o2. B. — De Venaes. 
„©. 2. p. 429. T. X. 





. 268 
| ber *) Finnen bie zahlloſen Zweifel nicht entfernen, deren 


ud 


. 2öfang an’ fih unmöglich ift. Ueberdies entbehren wir nad 


⸗ 


den nothwendigſten Leitſaden durch die alten botaniſchen 
Werke, d. 6. eine genugende Vearelnuns dee griechiſchen 
Flora. 

Wichtiger iſt Theophraſt's yeripatetifce Pflanzen, 
Hhufiologie. Der große Naturforfher fah ohne Juſtrumente 
unglaublich viel, war in der Vergleichung des tbierifchen 
mit dem Pflanzen Organismus ausnehmend glädlih, und 
gab dieſem heile der Naturkunde überhaupt das Gepräge 
einer hoben Vollkommenheit. Das fpätere Alterthum konnte 
feinen Arbeiten nichts erbebliches hinzufügen, und dies 
fruchtbare Gebiet des Wiffens. blieb unbeachter, Bis der - 
Fleiß der neueren Botaniker fi auch hierüber verdreitete, 
und bie meiften Beobachtungen 2beepbraſt s ihre. Be 
fätigung erhielten. “ 

Unter ben uͤbrigen Peripatetikern verdiene Theophra ſt's 


Schuͤler und Nachfolger, Strato von Lampſacus, eine 


ehrenvolle Erwähnung. Er ſtand dem Lyceum achtzehn 
Jahre lang vor, und hielt ſich als Lehrer des Ptole⸗ 
maeus Philopator:ene Zeit lang im Mlerandrien auf. 
Wegen feiner Verdienſte um -die Naturlehre gab man ihm 


den Beinamen „der Phyſiker,“ auch finden ſich unter fei 


nen Werfen, deren Titel uns aufbehalten find, einige über 
Heilkunde, namentlid Aber bie Krankheiten, die Empfim 


bung, Yas Gehen, den Schwindel, den Lebensgeift, ben 


Schlaf und die Träume, die Natstr des Menfchen, die Er⸗ 


zeugung der Thiere, ben-Deifchlaf, den Hunger. und bas 


Wachsthum. Er ift von dem Eraſiſtrataͤr Strato von 





‚ 2) In feiner Ausgabe von Theophraſt's Werken. 









279 


zufammenjwiehen, damit nicht noch mehr Blut: eim 

fönnte '). Daß aber die Entziehung der Speiſe 

langſam wirft, um nicht der Krankheit Zeit zum 

reiten zu Heben, daß dadurd die Kräfte untergraben, - 
eine Verderbniß und die Abelften Berwidelungen ber: 

bre werden, dies alles hderfah Erafiftrarus, ohne 
nur eines dieſer Nachtheile Erwaͤhnung zu thun. Bel 

her Gefahr von Blutandrang nad) den Zungen, be- 
im Bluchuften, fand ihm überhaupt nur ein Mit 
# Gebote, das von Chryſtpp angegebene Binden ber. 
‚ morauf er fi unbedingt verließ *), und feine 
euen Anhänger fo viel Bauten, daß fie es für fein 
Verdienſt hielten, die Heilung der entzündlichen: 
fheiten und Blutfluͤſſe dadurch und durch das Faften 
glich gemacht zu haben )., 

Doch war feine Therapie in der Erfüllung jener Am 
he, eine Entleerung der Adern zu bewirken, durchaus 
ganz einfeitigz er bediente fih mit Ausnahme bes 
laſſes aller übrigen Methoden, dem Körper Stoff zu ent 
ben, wie der vorfüchtige Chryfipp fie feſtgeſetzt hatte, 
and fein eigener Scharffien fie ihm anwenden lehrte *). 















— 





5) Adr. Eras. p. 306. C. 
2) Ebend. €. 1.p.392. — Cels. EL IV. c. 4. p. 204. 16. 
3) Adr. Eras. Rom. deg. C. 2. p. 409. R F. 


4) Ebend. C. 8. pı 423. — Es If hier durchgängig angenome 
mn, daß Eraſiſtratus das Aderlaß gänzlich verworfen Hat, wie 
6 nach einer forgfältigen Vergleichung der einzelnen Beweisſtelln 
nice anders fefigefegt werden, kann. Die fpätern roͤmiſchen Trafo - 
Aratäer behaupten zwar, er babe wirklich zur Ader gelaffen (Adv. 
Eras. Rom. deg. C. 4. p. 415. C. seq.), auch findet fih bei Aure 
Itan eine ausdrückliche Angabe daräber (Ebron. L. II. c. 13. p.415.). 

Dieſe einzelne Stelle hat indefien gegen die übrigen Feine Beweis⸗ 


[4 


J 


® 
280 

Weil aber die Heillunde, mit deren Grundfägen er ausge 
flattet ıwar, die heftigen Purgirmittel verwarf, fo mußten 
fie auch von ihm verbannt werden, er glaubte nicht an ihre 
anziebende Kraft, die den frühern Aerzten in der Behand⸗ 
fung der chronifchen Krankheiten nüßliche Anzeigen gegeben 
hatte, und mar mithin außer Stande, bie trefflihen Er⸗ 
fahrungen der Hippokratiker zu vervollſtaͤndigen *). Nice 
ſo verwarf er indeſſen die gelinden diaͤtetiſchen Abfuͤhrungs⸗ 
mittel, die er int vielen Krankheiten für zweckmaͤßig hielt *). 
Beiſpiellos und nachahmungswuͤrdig war ſeine Sorgfalt in 
den Verordnungen und der Feſtſetzung des diaͤtetiſchen Ver⸗ 
haltens, und iſt es anerkannt, daß die meiſten Uebel mehr 
dadurch, als durch ein kraͤftiges Eingreifen geheilt werden, 
fo wog die Trefflichkeit feiner Therapie auf dieſer Seite 
gewiß die ſyſtematiſchen Vorurtheile auf, die überhaupt bei 
großen Aerzten weniger nachtheilig find, als wenn fie von 
Ihren Schällern einfeitig ergriffen werden. Erafiftratus 
nahm feinen Anſtand, die Dereitung der Speifen, der Uns 
ſchlaͤge und mancher andern Dinge felbft anzugeben, die von 
vielen für zu unwichtig gehalten werden, und ohne Sorg⸗ 
falt verordnet, die Erfolge der uͤbrigen Behandlung uur 
wenig unterſtuͤtzen Eönnen »). Daß er bie Wirkungen der 
Arzneimittel, Befonders der vegetabilifchen, die von ihm 
nad) dem DBeifpiel feiner Vorgänger. vorzugsweiſe angerwandt 
wurden, -viel zu hoch anfchlug, iſt hieraus und aus dem 





kraft, und den Erafiftratdern kann man nach dem, was wir von 
Ihnen wiffen, noch weniger Glauben beimeffen. 


1) Galen. de pargent. medicam. facultat. p. 484 4o. Ed. Ba- 
sl, Tom. II. 


2) Adv.Eras. C. 7. p. 400. F. 
. 3) Ebend. C. 1. p. 39. B. 


Bu 


281 


| 
ganzen Charakter feiner Heilkunde einleuchtend r), Er theilte ° 
dieſe Ueberzeugung mit feinem berühmten Zeitgenoffen, und 
fie ſcheint der ruͤhmlichen Einfachheit ſeiner eigenen Be⸗ 
handlungsweiſen durchaus nicht im Wege geſtanden zu bes 
ben. Nur in der Folge ging man hierin noch weiter, als 
er es ſelbſt rathfaın gefunden hatte, wozu der Ueberfluß am 
neuen Mitteln, die der Welthandel einführte, noch .eine 
Beranlaffung mehr gab. Dan verlor fi im Berechnen 
der Wirfungsart einzelnen Arzneien, und überhäufte die 
Arzneimittellehre mit zufammengefeßten Borfchriften, deren 
eben fo vielfache Anzeigen es hinreichend beurfunden, wie 
ſehr zum Theil die Aerzte von ber wahren Beobachtungs; 
Tunft zuruͤckgekommen waren, die ja doch immer nur. auf 
einfache Ergebniffe und einen ungefünftelten Heilplan bins 
führt. Das auffallendſte Beiſpiel von Eraf iftratus 
Glauben an die Wirkfamkeit der Arzneimittel, ift die Vers 
ordnung, in der Gallenruhr drei bis fünf Tropfen Wein, 
und dann ganz allmaͤhlich mehr, dem Getraͤnk beizumi⸗ 
ſchen 2). Und aͤhnliche Vorſchriften haben ſich unter feinen 
Bruchſtuͤcken noch mehr erhalten, die von feinen guten. 
‚praftifchen Regeln nicht wenig abftechen. Zu. diefem Beffern 
Theil feiner Heilkunde gehört es denn auch, daß er es ge 
gen bie Meinung vieler Zeitgenoffen für unzuläffig Biele, 
die Kranken zu fehr mit Durſt zu quälen, denn oft ver- 
langten Hals und Mund Fluͤſſigkeit, während die untern 
Theile fie nicht bedürften >). Das Abführen und Klyſtiren 
fei vor de Podagra unnuͤtz, weil die Füße durch ben 





.2) Cels.L. V..Praef. p. aqt. 15. 
2) Ebend. L.W. e. 11. p. 219. 4 — Adr. Eras. C. 7. 


p. 400. F. 


3) Celi. IL c. 4. p. 119. 6. 


283 
Andrang von Saften nur noch mehr angefiilft wärben "). 
Die Purheentefe in der Bauchwaſſerſucht verwarf er ganz, 
weil dies Uebel von einer Leberfranfheit ausgebe, die das 
durch nicht geheift werde *). So einfeitig diefe Anftcht auch 
ift, fo war er doch durch Deffnungen an der Wafferfucht 
Berftoebener daruͤber belehrt worden, und fie beweift wenige 
feng, dag er biefe. Belehrung nicht verſchmaͤhte, au der fich 
In Alerandrien die erite Gklegenheit darbot ?). Daß im 
Seitenſtich die Bruſthant allein angegriffen ſei, glaubte er 
mit Diokles gegen Curvphon, Praragoras, Phi⸗ 
lotimus und Hero philus, die hier ein Leiden der Lun⸗ 
gen anerkannten; wahrſcheinlich durch die Zergliederung bes 
lehrt *). Die Starrſucht, die bei den Alten, und auch 
der früheren, oft genug vorfommt, wird von ihm unter 
Sem Namen Paralysis pdradoxa erwähnt °). 
Endlich verdiene es noch angeführt zu werben, daß ſich 
Erafiftratus von ber Witkfamfeit ber entfernten Urfar 
- chen nicht Aberzeugen konnte. Micht daraus entfländen bie 
Krankheiten, denn man fähe ja oft, daß viele fi; denfelben. 
Einflüffen unbeſchadet ausfenten, wovon andern Fieber ers 
regt zu werben ſchiene, und auch dieſe nicht einmal unter 
andern Umfländen und zu einer andern Zeit danach erfranke 
tun ©. Diefer Eimvurf erlaubt ur der That feinen guͤn⸗ 
ſtigen Schluß auf feine übrige Aetiologle, worin gewiß bie 


! 





2) Ebend. L.IV.c.24 p.24p. 14. 
2) Ebend.L. IL c. ar. p. 164. 31. ’ 


3) Cael. Aurel. Chron. L. I. c. 8. p-437. Diefe Stellke IR 
mit der unten nachfolgenden von Plinins. zu vergleichen. 


4). Cael. Jurel. Aut. Lu H.e 16. p ır9. 
5) Cael. durel. Chron. L.UI. c. 1. p. 348. 
6) Cels. Praef. p.: 14. 33. 


— — & 


283 
theoretifchen Anſichten von Luftgeift und van ber. Plethora 
verberrfihten, und ihn den Augenſchein wieder nicht als 
oberfien Schiedsrichter anerkennen dießen. Aber fonderbar 
genug, derſelbe Irrthum ift unter ähnlichen limftänden oft 
mals wiedergefebrt, und immer haben die Aeszte deſto we 
niger auf die entfernten Urfachen Ruͤckſicht genommen ‚ie 
, mehr fte eifrige Syſtematiker waren. 
| Von den Werken des Erafiftratuss befißen wir nur 
dazelne Bruchſtuͤcke, die den Borwurf feiner Gegner, er 
fei gefliffentlich dunkel geweſen, um gewiffe Gegenftände 
ſeinem Eehrgebäude bequemer anpaflen zu fönnen *), bin 

reihend widerlegen. Die Darftellung ift in ihnen lichtvoll 
und verftändlich, und es war niche die Schuld Diefes Man⸗ 
nes, deſſen Geiſt fo mächtig eingewirkt bar, daß ſich 
eine Hauptlehre feines Syftems, ven der Berirrung ber 
Safte, (vaeluzrwes, error loci) in neueren Pathologien 
wiederfindet, ungelehrten Schuͤlern nur in dem weniger 
vorziglichen Theile feiner Heilkunde zum Beiſpiel der Nady 
ahmung zu dienen. Berühmt waren feine Bücher über bie 
Unterſchiede (mug rar Kasseler) pathologifch « therapeutifchen 
Inhalts, über die Unterleibsfrankheiten (wel rar xura zu- 
Ay wu), bie Lähmungen (we) var zageimr), das. Poda— 
gra, die Erbaltung der Geſundheit (wel Tor syunär) *), 
über die Waſſerſucht, . über die Sieber und Aber Au 
tsmie ?). 
& 4. 
Ersfißrarus Anatsmie und Phyſiologie. 
Durch den Eifer der Aegyptiſchen Könige wurde nun 


\ 


1) Galen. de Loc. . 1. V. c. 3. P. B3. E. T. Vor. 

2) De Venaes. adr. Erss. Rom. C. 1. p. 408. 

3) Cael. 4urelian. Chron. L. II. c.8. p. 487. — Amt. L. I. 
e. 13. p. 41. — Aeut. L. UI. c. 4. p. 192. i 


— 


14 


’ 


\ 


» 


. endlich das lebte Hinderniß Befeitigt, das der Lehre vom 
Bau des Körpers bis dahin im Wege geftanden hatte, und 
was noch Ariftoteles niche wagen durfte, Fonnten die 
Alexandriniſchen Aerzte frei und vor den Augen der ganzen 
Belt unternehmen. "Man fing jebt zuerft an, menſchliche 
Leichen zu zergliedern, und der Gewinn, der ſich bei diefen ' 

serften Berfuchen für die Wiffenfchaft ergab, war fkon fo - 


‚ bedeutend, daß man fogteic die richtigen Wege betreten 


lernte, und eine Menge durch das Herkommen geheiligte 
Irrthuͤmer widerlegt wurden. Dean fuchte fogar den Sitz 
ber Krankheiten durch Leichenöffnungen zu ergründen, befons 
ders auf Antrieb der Ptolemder, die durch ihre eigene Ge - 
genwart bei diefen Uebungen und bie thätigfte Aufmunte⸗ 
rung der Xerzte allgemeine Theilnahme für dies neue, noch 
völlig unbearbeitete Fach zu erweden fuchten ). Man ers 
zaͤhlt fogar, fie hätten den Zergltederern zum Tode verur 
„theilte Berbredyer fibergeben, um fie lebendig aufzufchneiden, 


und die Berrihtungen der innern Theile zu beobachten. 


Erafiſtratus und Heropbilus follen wirklich diefe 


Grauſamkeit begangen haben, und die Art, wie das Als 
terthum davon‘ fpricht, kann ſie von ihrer Schuld nicht 


befreien. Denn man fieht nur zu deutlich, daß es nicht 
eine bloße Erdichtung war, ıwomit der Volkshaufe füch trug, 
um Abfcheu gegen die Zergliederer zu errege, fondern ge ' 
lehrte medicinifhe Schulen fich darüber ftritten, ob dies ber 
Wiſſenſchaft haͤtte nuͤtzen koͤnnen, nicht ob die Sache wirk 
lich vorgefallen fei, denn’ darüber war man einverſtanden ). 
Leider find im manden Jahrhunderten die Begriffe über 


| 1)’ Plin. Hist. nat. LXI. ce 5. p. 168. 16. 


2) Cels. Praef.p.7.7. — Burgl. Tertullian. de Anima C. 10. 
p- 342. Ed. Virceburg. 1784. T. 2, , 


Gegenſtaͤnde biefer rt fo wenig‘ Elar geweſen, daß ſelbſt 

das menfchliche Gefühl von dergleichen empörenden Hand⸗ 
lungen nicht zuruͤckhalten konnte" Man achtete im Ab 
terthum das Wienfchenleben bei Sklaven, Fechtern amd. 
Verbrechern gar nicht, und fo mögen denn immerhin jene 
Zergliederer bierin ihre einzige, wenn auch fehr dürftige 
Enfhuldigung finden. Im Grunde war ihre Graufamfeie / 
nicht viel größer, als mit Gift au unglädlichen Verurtheil⸗ 

tm Berfuche anzuftelln, wie es oft genug. gefehehen tft, 
oder ein auffeimendes Menfchenleben mit abtreibenden Mits 

teln Eunfimäßig zu vernichten,‘ mas Den Hippokratiſchen 
Dogmatifern bewiefen werden kann. 

Abgefehen davon -waren Erafifiratus Arbeiten in 

der Anatomie ſehr erſprießlich, und beſonders hat er ſich 
um die Hirn⸗ und Nervenlehre unſterbliche Verdienſte er 
werben. Hier konnten ihm auch die Chryſippiſchen Vorur⸗ 
theile nicht mehr ſchaden, er hatte eine Wiſſenſchaft faſt 
neu aus ſich ſelbſt zu erſchaffen, und weil in Faͤchern, wo 
es auf Unterſuchung und Augenſchein ankommt, der Ab⸗ 
wege ſich nur wenige darbieten, ſo mußte er wohl etwas 
Vollkommneres zu Tage fördern. Er machte zuerſt die Ent 
dedung, daß die Nerven vom Kopfe ausgeben 2), und ver. 
gleihe man, welde Irrthuͤmer ber Fruͤheren dadurch auf 
einmal beſeitigt wurden, ſo laͤßt ſich der Dank ermeſſen, 
den ihm die Nachwelt dafuͤr ſchuldig iſt. Seine Darſtel⸗ 
lung des Gehirns entſpricht der Wahrheit fo vollkommen, 
daß man fie von dem erfien Unterfucher nicht vortrefflic 

- der erwarten fann. Er befchrieb fogar die vier Hirnhoͤhlen 
und ihre Berbindungen, und verfolgte die Merven bie zu 


— — * 


1) Galen. de Plac, Hipp. et Platon. L. VI. c. 6. p. 194. 
RT. v. 


" 286 
. Ahrem Urſprunge fo genau, daB mir ſelbſt den Gehdteners 
ven. richtig angegeben finden. Auch Die Zungen die Seh⸗ 
und Biechnerven find von ihn befchrieben worden. : Mit 
dieſen Unterſuchungen feßte er wahrſcheinlich feinen anato- 
mifchen Arbeisen die Krone auf, und zur Ehre gereicht ihm 
das Geſtaͤndniß feines fruͤheren Irrthums, daß er die harte 
Hirnhaͤut für den Urfprung aller Nerven gehalten Hatte, . 
per une mwentgftens ‚beweift, daß man nad) Braragoras 
und Ariftoteles in die gemachten rohen Entdeckungen 
- Ordnung zu-bringen Tuchte. Zugleich Sehen wir, daß er 
dag Zerüliebern von Thieren durchaus nicht vernachläffigt 
Hatte *.. Auf jenen Irrthum bezieht fi offenbar die von 
einem Spätern mitgetheilte Nachricht, Erafiftratus habe 
Empfindungs » und Bewegungsnerven unterfhieden, und. 
die erftern, die er für hohl gehalten, aus den Hirnhaͤuten, 
die Teßteren dagegen aus dem großen und fleinen Gehirn 
entftehen laffen ?). - - 
Die Klappen des Herzens r ind von Erafifiratns 
viel forgfältiger, als von Her op hilus befchrieben worden, 
and aller Wahrſcheinlichkeit nach haben die Valvulae triglo- __ 
chines von ihm ihren Namen erhalten ?). Sonſt ˖ war ber 
_ Dan des Herzens ſchon zu befanmt, als dag man noch neue 
Entdeckungen von Wichtigkeit Härte machen Finnen. - Era 
ſiſtra tus gründete daher ohne weitetes ſeine Theorie von 





1) Ebend. L. VII. c. 3. p. 210. C. ↄeq. Ein Außerſt ſchatzbares 
BSruchſtuͤck, wie es ſcheint aus ſeinem anatomiſchen Werke. 
2) Auf. Epkes. de corp. hum. part. Appellat. L, IL. p. 65. Ed. 
-Cliach. . | W 
3) Galen. de Plac. Hipp. et Platen. L. VI. c. 6. p. 103. C. — 
L.L «€ 10. p. 86. D. — Galın’s Anatomie war bierin vollfom _ 
men, fein Lob läßt daher viel vorausſetzen 


mw — — 


ge TUT 


| 


=. x 


on 287 
der Bewegang des Bluter und des Luftgeiſtes darauf, me 
wir nun wieder bie richtige Anficht finden, daB die Herp 


klappen dazu beftimmt find, beiden die gehörige Richtung 


zu geben, damitk fein naturwidriger Ruͤcktritt Start ſinden 
fönne ').. Das Blut wird nach. ihm allein in Ger Leber. 
bereitet, das Herz dagegen dient alletn zur Bewegung Def 
felben und des Luftgeiftes, und ift der Urfprung ber Arte 
sin und Benen, die er mithin nicht, wie die Späteren, 
aus der Leber entftehen ließ 2). Wie er fich aber den Lauf 
des Blutes vorgeftellt haben möge, läßt ſich bei der Man 
gelhaftigkeit der aufbehaltenen Bruchſtuͤcke nicht mehr voll⸗ 
fländig angeben. So weit war feine Meinung ganz richtig 
daß er lehrte, das Blur Fäme durch die Mohlader in bas! 

Herz, und wuͤrde von da durch die Lungenfihlagadern ta 
die Lungen getrieben. Weiterhin mußte er ſich aber noth⸗ 
wendig in Widerfprüce verwickeln, denn es blieb ibm für 


den Austritt des Blutes aus dem Kerzen Fein anderer eg 


offen , als eben bie Lungenfchlagader, weil er das ganze 
linfe Herz für die Mufnahme des Luftgeiftes aus ben Lun- 
gen und feine Vertheilung in ben ganzen Körper vemmittelft - 
ber Aorta beſtimmte. So wie bie Hohlader Blur, fo führ 
ren die Lungenvenen Luftgeift, aus den Lungen, ein, und . 
beides geht aus den Deffnungen, die mit den Cförmigen 
Klappen verfehen find, wieder hinaus, das Blut is bie 
ungen, und der Luftgeift in ben ganzen, übrigen Körper. 
So nahe fam Eraſiſtratus der Entdedung des Kreislau⸗ 
fes, und fo verderblich zeigte ſich Bier der Prazagarifche 
Krehum! Weil es nun. aber durch Deffnung lebender 
Thiere leicht widerlegt werden konnte, daß das linke Herz 


1) Ebend. L. VI. c. 6. etc. 


alkein für den Zuftgeift beſtimmt fei, fo nahmen die Trafi- 
firatder (unbeftimmt, ob es Erafiftratus felbft gethan) 
wieder ‚zu der Spisfindigfeie ihre Zuflucht, durch die Ent: 
biößung werde ein widernatürlicher Zuſtand erregt, und es 
ſtroͤme ſogleich Dlut in den Raum der linken Herzkammer 
ein, ber im unverlesten Thiere nur von Luftgeift einges 
nommen fei *). | 
Die Lehre vom Luftgeift felbft, Tod nun Erafiftras 
. tus durch die Annahme eines Lebensgeiftes (wrrönm Lerınar 
spiritus vitelis) und ‚eines Seelengeiſtes (reine Juzızer. 
spiritus enimalis), erweitert haben, es liegt aber am Tage, 
Daß derfelbe Unterfchied ſchon von Ehryfipp gemacht wor: 
den ift, der behauptet hatte, das Iinfe Merz werbe vom 
Seelengeift angefüllt *). Erafiftratus dagegen glaubte, 
durch feine Nervenlehre reines Beſſern überzeugt, vom Her⸗ 
gen ginge die Zebensluft aus, und im Gehirn fei die See 
lenluft wirkſam °). J 
Hieraus ergiebt es ſich ſchon von ſelbſt, wie das Ach 
- men von ihm erflärt werden mußte. Es hat den Zweck, 
den Körper mit Luftgeift aus der umgebenden Luft zu vor 
feben, und die Arterien vom Blute leer zu erhalten *). 
Ju den Lungen wird alfo die Luft aufgenommen und be 
reitet, und bon hieraus nad) dem linken Herzen gebracht, 
in den ganzen Körper vertheilt *). Dem zufolge fpielte 
, der 
1) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L. I, e. 6.2. 79.D. ER. 
2) Ebend. 
3) Ebend. L. U. c.8. p. 110. B. 
4) Galen. de Usu resp. C. 1. p- 413. T. V. 
5) Galen. An. sanguis natura in arteriis contineatur L. C. 2. 
p. 155. T.IU. Dies Buch enthält außerdem noch mehrere Beweis⸗ 
ſtellen für dieſe Gegenflände. 





N 289 


ber Luftgeiſt auch in ber Erflärung ber Übrigen Verrich⸗ 
tungen eine wichtige Rolle, ganz vernathläffige wurde aber 
die Hippokratiſche Lehre von ber natärlihen Wärme, fo 
wie bie peripatetifche von den Kräften *), wie benn üben 
Haupt Eraſiſt ratus Phyflologie in ihren Hauptlehren in 
hohem Grade eigenthuͤmlich if. Der Puls entftehe durch 
die Anfülung der Arterien mit Luftgeiſt, “und verhält fich 
zum Herzſchlage fo, daß die Ausdehnung der Arterien mit 
der Zufammenziehung des Merzens gleichzeitig ift, und um: 


gekehrt. Uebrigens ließ Erafiftratus die femiotifhe . 


Pulslehre ganz unbeacdhtet, und ſcheint mit dem Namen 
pers. nur das krankhafte, befonders das entzündliche Put 
firen der Theile Bezeichnee zu haben *®). 

Die Berdbauung geſchieht durch Zerreibung ber Speifen 
im Magen *), wo nun wahrfcheinlich die Beobachtung der 
periftaltifchen Bewegung zum Grunde liegt *). Hunger 
enrfteht, menn bie Magenhäute nichts haben, woran fie 
ihre Kräfte üben können, und verſchwindet nad einiger 
Zeit, wenn fie mehr zuſammengezogen und aneinanbergelegt 
find. Dies fei denn au der Grund, weshalb fi die 
Scythen den Hunger durch Zufammenfchnüren des Unter—⸗ 
leibes vertreiben fönnten. Die Urfah, warum der Neiße 
hunger (Asvisnss, der Mame kommt erft feit dieſer Zeit bei 
den Aerzten vor) mehr in der Ealten Jahreszeit entftände, 
ſchien ihm nach feinen Anſichten unerklaͤrbar 6). 





1) Galen, de natural. Facalt. L. Ih c. 8. p.44. ET. V. 

2) -Galen. de Diff. ppls. LIV. c.2. p.83. 4. p. 87. A T. vo. 
3) Cels. Praef. p. 6. ı2. | 

4) Goalen. de natoral, Facolt, L. II. c. 9. p. 49. 


5) Gell. Noct. Attic. L, XVI. c. 3. Hier find einige Bruch 
ſtacke aus dem erfien Buche von den Unterfyleden mitgetheilt. 
L | T. 


' 


280 | | 
Weil aber die Heilfunde, mit beren Grundfägen er ausge 
ftattet war, die heftigen Purgirmistel verwarf, fo mußten 
fie auch von ihm verbannt werden, er glaubte nit an ihre 
anziehende Sraft, die den fruͤhern Aerzten in der Behand⸗ 
fung ber chronifhen Krankheiten nuͤtzliche Anzeigen gegeben 
hatte, unb mar mithin außer Stande, bie: trefflichen Ers 
- fahrungen der Hippokratiker zu vervollftändigen *). Nicht 
fo verwarf er indeffen die gelinden didtetifchen Abführungss 
mittel, die er itt,vielen Krankheiten für zweckmaͤßig bielt *). 
Beiſpiellos und nahahmungsmärdig war feine Sorgfalt in 
den Berorbnungen und ber Feſtſetzung des diaͤtetiſchen Ver⸗ 
haltens, und iſt es anerkannt, daß die meiſten Uebel mehr 
dadurch, als durch ein kraͤftiges Eingreifen geheilt werden, 
ſo wog die Trefflichkeit ſeiner Therapie auf dieſer Seite 
gewiß die ſyſtematiſchen Vorurtheile auf, die überhaupt bei 
großen Aerzten weniger nachtheilig find, als wenn fie von 
ihren Schülern einfeitig ergriffen werden. Erafiftratus 
nahm feinen Anſtand, die Bereitung der Speifen, der Um⸗ 
ſchlage und mancher andern Dinge ſelbſt anzugeben, die von 
vielen fuͤr zu unwichtig gehalten werden, und ohne Sorgs 
falt verordnet, die. Erfolge der übrigen Behandlung uur 
mehig .unterftügen Eönnen *). Daß er die Wirkungen. der 
Arzneimittel, befonders der vegetabtlifihen, die von ihm 
nad) dem Beifpiel feiner Vorgänger. vorzugsweiſe angewandt 
wurden, -viel zu hoch anſchlug, iſt hieraus und aus dem 


kraft, und den Eraſiſtrataͤern kann mansıah- dem, was wir von 
ihnen wiffen, noch weniger Glauben beimefien. 


1) Galen. de pargant. medicem. facultet. p. 484. 40. Ed. Ba- 
al. Tom. I. 


2) Adv. Brass. C. 7. p. 400. F. 
3) Ebend. C. 1. p. 392. B. 


u, 


281 


| 
ganzen Charakter feiner Heilkunde einleuchtend "). Er theilte 
dieſe Ueberzeugung mit feinem berühmten Zeitgenoffen, und 
fie fiheine der ruͤhmlichen Einfachheit feiner eigenen Ber 
Bandlungsweifen durchaus nicht im Lege geftanden zu ba; 
ben. Nur in der Folge ging man hierin noch weiter, als 
ex es ſelbſt rathfam gefunden hatte, wozu der Lieberfluß an 
neuen Mitteln, bie ber Welthandel einführte, noch eine 
Beranlaffung mehr gab. Dean verlor fih im Berechnen 
der Wirfungsart einzelner Arzneien, und überhäufte die 
Arzneimittellehre mit zufammengefegten Vorſchriften, deren 
eben fo vielfache Anzeigen es hinreichend beurfunden, wie 
febr zum Theil die Aerzte von ber wahren Beobachtungss 
Tunft zurädigefommen waren, die ja ded immer nur. auf 
einfache Ergebniffe und einen ungekünftelten Heilplan bins 
führt. _ Das auffallendfte Beiſpiel von Erafiftratus 
Glauben an die Wirkfamfeit der Arzneimittel / iſt die Ver⸗ 
ordnung, in der Gallenruhr drei bis fuͤnf Tropfen Wein, 
und dann ganz allmaͤhlich mehr, dem Getraͤnk beizumi⸗ 


ſchen 2). Und aͤhnliche Vorſchriften haben ſich unter ſeinen 
Bruchſtuͤcken noch mehr erhalten, die von feinen guten. 
‚praftifchen Regeln nicht wenig abftehen. Zu diefem beffern 


Theil feiner Heilkunde gehört’ es deyn auch, daß er es ge; 
gen die Meinung vieler Zeitgenoffen für unzuläfft 9 hielt, 
die Kranken zu fehr mit Durft zu qudien, denn oft ver 


langten Hals und Mund Fluͤſſigkeit, während die unten 
Theile fie nicht bebürften >). Das Abführen und Kiyftiren 


fei vor deh Podagra unnuͤtz, weil die Füße durch den 





3) Cels.L. V. Praef. p. 241. 15. 
2) Ebend. L IV. e 11. p. 2194 — Adr. Exras. C. 7. 


p. 4oo. F. 


3) Ce. L IL e. 4. p. 119. 6. 





28% j | 
Andrang von Säfter nur noch mehr angefülft wärben "). 
- Die Purheenttefe in der Bauchwaſſerſucht verwarf er gang, 
weil dies Uebel von einer Leberfranfheit ausgebe, die das 
durdy micht geheilt werde *). &o einfeitig diefe Anficht auch 
ift, fo war er bock durch Deffnungen an der Waſſerſucht 
Berſtoebener daruͤber belehrt worden, und fie beweiſt wenige 
ſtens, daß er dieſe Belehrung nicht verſchmaͤhte, zu der ſech 
m Alexandrien die erſte Gklegenheit darbot >). Daß Im 
Seitenſtich die Bruſthant allein angegriffen ſei, glaubte er 
mit Diefles gegen Curvyphon, Praxagoras, Phi⸗ 
lotimus und Serophilus, die hier ein Leiden der Lun⸗ 
gen anerkannten; wahrſcheinlich durch die Zergliederung be⸗ 
lehrt ). Die Starrſucht, die bei den Alten, und auch 
den früheren, oft genug vorkommt, wird von ihm unter 
dem Nanten Paralysis pdradoxa erwähnt >). 
Endlich verdient es noch angeführt zu werden, daß ſich 
Erafiftratus von ber Witffamfeit der entfernten Urſa— 
- hen nicht Äberzeugen konnte. Nicht daraus entfländen bie 
Krankheiten, denn man fühe ja oft, daß siele fd; denfelben 
Einfläffen unbeſchadet ausfeßten, wovon andern Fieber ers 
regt zu werben fhiene, und auch diefe nicht einmal unter 
andern Umſtaͤnden und zw einer andern Zeit danach erfrante 
ten 9. Diefer Einwurf erlaubte ür der That feinen guͤn⸗ 
ſtigen Schluß auf feine übrige Aetiologie, worin gaviß die 





1) Ebend. L.IV.c. 24 p. 240. 14. 
2) Ebend.L. IL. c. 21. p. 168. 31. . 


3) Cael. Aurel. Chron. L. U. c. 8. p-437. Diefe Stelle I 
mit der unten nachfolgenden von Plinins zu verglelichen. 


4) Cael. Aurel. Arcor. L.H.e, ı6.p. ır9. 
5) Cael. Aurel. Chron. L.II. c. I. p. 348, 
6) Cels. Praef. p 14. 33. 


x 


| 283 
theoretiſchen Anſichten von Luftgeiſt und von ber. Plethora 
vorherrſchten, und ihn den Augenſchein wieder nicht als 
oberſten Schiedsrichter anerkennen ließen. Aber ſonderbar 
genug, derſelbe Irrthum iſt unter ähnlichen Umſtaͤnden oft⸗ 
mals wiedergekehrt, und immer haben die Aerzte deſto we⸗ 
niger auf die entfernten Urſachen Ruͤckſicht genommen, ie 
mehr fie eifrige Syſtematiker waren. 

Bon den Werken des Erafiftratus beftgen wir nur 
einzelne Bruchſtuͤcke, die den Vorwurf feiner Gegner, er 
fei gefliffentlich dunfel gewefen, um gerwiffe Gegenftände 
feinem Lehrgebäude bequemer anpaflen zu koͤnnen *), bins 


zeihend widerlegen. Die Darftellung ift in ihnen lichtvoll 


und verftändlich, und es war niche die Schuld biefes Mais 
nes, beiten Geiſt fo mächtig eingewirkt hat, daß fü ch 
eine Hauptlehre ſeines Syſtems ‚ von der Verirrung ber 
Safte, (wueluzrweu, error loci) in neueren Pathologien 
miederfindet, ungelehrten Schülern nur in dem meniger 
vorzüglichen Xheile feiner Heilkunde zum Beiſpiel der Nach⸗ 
ahmung zu dienen. Berühmt waren feine Bücher über die 


. Unterfchiede (ze sär Iassıolur) pathologifch » therapeutifchen 
Inhalts, über die linterleibsfranfheiten (vgl rar zara nur- 


Ans was), bie Lähmungen (ae) rar vagıckar), das Podas 
gra, die Erbaltung der Geſundheit [wiel rar oyıwrär) *), 
über die Wafferfucht, . über bie Fieber und über Ana 
tomie 2). 
& 46. 
Erafikratus Anatomie und Phyſiologie. 
Durch den Eifer der Aegyptiſchen Könige wurde nun 


1) Galen. de Loc. . 1. V. e. 3. p. 483. E. T. vo. 

2) De Venaes. adr, Eras. Rom. C. 1. p. 409. 

3) Cael. Aurelian. Chron, L. IH. c. 8. p- 487. — Act. L I. 
e. 13. p. Ar. — Acot. L. UI. c. 4. p. 192- - 


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284 


»endlich das letzte Hinderniß befeitigt, das der Lehre vom 
Dau des Körpers bis dahin im Wege geftanden hatte, und 
was nod) Ariftoteles. nicht wagen durfte, konnten die 
Aleranbrinifchen Aerzte frei und vor den Augen der ganzen - 
Welt unternehmen. Man ‚fing jest zuerft an, menſchliche 
Zeichen zu zergliedern, und der Gewinn, der ſich Bei dieſen 
:erften Verſuchen für die Wiffenfchaft ergab, war fhon fo. 


bedeutend, daß man fogleich die richtigen Wege betreten 


lernte, und eine Menge durch das Herkommen gebeiligte 
Irrthuͤmer widerlegt wurden. Man ſuchte fogar den Sitz 
ber Krankheiten durch Leichenöffnungen zu ergründen, befons 
ders auf Antrieb der Ptolemder, :die durch ihre eigene Ges 
genmwart bei diefen Uebungen und bie thätigfte Aufmunte⸗ 


rung der Aerzte allgemeine Theilnahme für dies neue, noch 


völlig unbearbeitete Fach zu erweden fuchten ).. Man err 
zaͤhlt fogar, fie hätten den Zerglieberern zum Tode verurs 
‚theilte Verbrecher übergeben, um fie Iebendig aufzuſchneiden, 


. umd die Berrichtungen der innern Theile zu beobachten. 


Erafiſtratus und Herophilus ſollen wirklich dieſe 


J Grauſamkeit begangen haben, und bie Art, wie das Als 


terthum davon fpricht, kann fie von ihrer Schuld nicht 
befreien. Denn man fieht nur zu deutlich, daß es nicht 
eine bloße Erdichtung mar, womit der Volkshaufe ſich trug, 
um Abſcheu gegen die Zergliederer zu erregeif, fondern ge ' 
lehrte mebicinifhe Schulen ſich darüber ftritten, ob dies der 
Wiſſenſchaft härte nuͤtzen Fönnen, nicht ob die Suche wirk 
lid vorgefalfen fei, denn’ darüber war man einverftanden *). | 
Leider find im manchen Jahrhunderten die Begriffe über 


| 1)‘ Pln. Bist. nat. L. XIX. e. 5. p. 168. 16 
2) Cels. Praef. p.7.7. — Virgl. Tertellian. de Anima C. 10. 
p- 342. Ed. Virceburg. 1751. T. 2, , ” 


‚Sgenftände diefer Art fo wenig klar geweſen, daß ſelbſt 


das menſchliche Gefühl von dergleichen empoͤrenden Hand⸗ 
lungen nicht zuruͤckhalten konnte. Man achtete im Ab 


tertuum das Dienfchenieben bei Sklaven, Fechtern amd. 


Berbrehern gar nicht, und fo mögen denn immerhin jene 
Zergliederer bierin ihre einzige, wenn auch fehr dürftige 
Eatfhuldigung finden. Im Grunde war ihre Grauſamkeit 
nicht diel größer, als mit Gift au ungluͤcklichen Verurtheil—⸗ 
ten Berfuche anzuftellen, wie es oft genug gefchehen iſt, 
oder ein auffeimendes Menfchenleben mit abtreibenden Bits 
ten Eunftmäßig zu vernichten,’ mas den Dippofratifchen 
Dogmatifern bewieſen werden Eann. 


Abgefehen davon ‚waren Erafiftratus Arbeiten iij 
der Anatomie ſehr erfprieglih, und befonders hat er ſich 


um die Hirn⸗ und Mervenlehre unfterbliche Verdienſte erw 
werben. Hier Fonnten ihm auch die Ehrnfippifchen Vorur⸗ 
teile niche mehr ſchaden, er hatte eine Wiffenfchaft faft 
neu aus fich ſelbſt zu erfohaffen., und weil in Fächern, mo 
es auf Unterfuchung und Augenfchein anfommt, der Ab⸗ 
wege ich nur wenige bdarbieten, fo mußte er mohl etwas 
Vollkommneres zu Zuge fördern. Er machte zuerft die Ent 
dedung, daf die Merven vom Kopfe ausgehen °), und ver 
gleich man, welche Irrthuͤmer der Früberen dadurch auf 
einmal befeitige wurden, fo läßt fih der Dan ermeffen, 


der ihm die Nachwelt dafür fhuldig iſt. Seine Darſtel⸗ 
lung des Gehirns entſpricht der Wahrheit ſo vollkommen, 


daß man ſie von dem erſten Unterſucher nicht vortreffli⸗ 
cher erwarten kann. Er beſchrieb ſogar die vier Hirnhoͤhlen 
und ihre Verbindungen, und verfolgte die Nerven bis zu 


— —— — 


1) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L, VI. © 6. p. 194. 


F. T. V. 








. Ährem Urfpränge fo genau, daß wir felbft ben Behörenen 


von. richtig angegeben finden. Auch die Zungen Die Seh⸗ 


und Riechnerven find von ihn befchrieben worden. Mit 


dieſen Unterſuchungen ſetzte er wahrſcheinlich feinen anato⸗ 
miſchen Arbeiten die Krone auf, und zur Ehre gereicht ihm 
das Geſtaͤndniß ſeines fruͤheren Irrthums, daß er die harte 


Hirnhaͤut für den Urſprung afler Merven gehalten Hatte, . 


Per uns wenigſtens ‚beweift, daß man nah Praragoras 
und Ariftoteles in bie gemachten rohen Entdeckungen 


- Drbnung zu-bringen Tuchte. Zugleich fehen wir, daß er 


dag Zergliedern von Ihieren durchaus nicht vernachläfligt 
hatte *). Auf jenen Irrthum beziehe fich offenbar die vom 


einem Spaͤtern mitgetheilte Nachricht, Erafiftratus habe 


Empfindungs + und Bewegungsnerven unterfchieden, and. 


die erftern, die er für hohl gehalten, aus den Hirnhäuten, 
Die Testeren dagegen aus dem großen und fleinen Gehirn 
entſtehen laſſen 2). | 

. Die Klappen bes Herens find von Erafiftratus 
viel forgfäftiger, als von Derophilus befchrieben worden, 


and aller Wahrſcheinlichkeit nnd haben die Valvulae triglo- 


chines von ihm ihren Namen erbalten °). Sonſt ˖ war der 
Dan des Herzens ſchon zu befammt, als daß man noch neue 
Entdeckungen von Wichtigkeit hätte machen Einnen. - Era 
fiftratus gründete baber ohne weitetes feine Theorie von 


x 





1) Ebmd.L. VN. c 3. p. 210. C.seg. Ein Auferſt ſchatzbares 
Bruchſtuͤck, wie es ſcheint aus ſelnem anatomiſchen Werke. 


2) Ruf. Epkes. de corp. hum. part, Appellat. 'L u p. 6 Ed. 


-Cliach. - . 
3) Gealen. de Plac. Hipp. et Platen. L. VI. c. 6. p. 103. C. — 


—X 


L. I. e. 10. p. 86. D. — Galen“s Anatomie war Hierin volllom⸗ 


men, ſein Lob läßt daher viel vorausfeßen., 


287 
der Bewegung des Biptes und des Luftgeiſtes baranf, we 
wir nun wieder die richtige Anficht finden, daß die Herp 
flappen dazu beftimmt find, beiden die gehörige Richtung 
m geben, bamit Fein naturwibriger Ruͤcktritt Statt ſinden 
kinne *).. Das Blut wird nad. ihm allein in ber Leber. 
kereitet, das Herz dagegen dient allen zur Bewegung Def 
ſelben und des Luftgeiftes, und ift der Urfprung der Arte⸗ 
sim und Denen, die er mithin -niche, wie die Späteren,. 
aus der Leber entftehen ließ 2). Wie er fich aber den Kauf 
des Blutes vorgeftellt haben möge, laͤßt fich bei der Mans 
gelhaftigkeit der aufbehaftenen Bruchftäde nicht mehr voll⸗ 
fändig angeben. So meit war feine Meinung ganz richtig, 
daß er lehrte, das Blut kaͤme durch die Moblader In bag! 
Gay, und wuͤrde von da durch die Lunaenfchlagadern in 
die Zungen getrieben. Weiterhin mußte er ſich aber noth⸗ 
wendig in Widerfprüce verwifeln, denn es blieb ihm für . 
dm Austritt des Blutes aus dem Herzen Fein anderer Weg 
ofen, als eben bie Lungenſchlagader, weil er bas ganze 
linke Herz für die Aufnahme des Luftgeiftes aus ben Lun⸗ 
gen und feine Vertheilung in den ganzen Körper vemmittelft 
der Aorta beſtimmte. So wie bie Hohlader Blur, fo führ 
ven die Lungenvenen Luftgeiſt, aus den Lungen, ein, und ; 
beides gebe aus den Deffnungen, die mit den Cförmigen 
Kappen verfehen find, wieder binaus, das Blut ie die 
kangen, und der Luftgeift in ben ganzen übrigen Körper. 
So nahe Fam Erafiftratus der Entdedlung des Kreislau⸗ 
fes, und fo werderblich zeigte fih bier der Praragorifche 
Reıhum! Weil es nun aber durch Deffnung lebender 
Ihiere leicht widerlegt werden konnte, daß das linke Herz 





1) Ebend. L. yı. c 6. etc, 


288 
allein für ben Luftgeiſt beftimmt fe, fo nahmen die Erafi- 





⸗ 


ſtrataͤer (unbeſtimmt, ob cs Eraſiſtratus ſelbſt gethan) 
wieder zu der Spitzfindigkeit ihre Zuflucht, durch die Ent⸗ 
bloͤßung werde ein widernarürlicher Zuftand erregt, und es 
ſtroͤme fogleih Dlut in den Raum der linken Herzkammer 
ein, der im unverlegten Thiere nur von Luftgeift einge⸗ 
Kommen fei *). 

Die Lehre vom Luftgeift ſelbſt, ſoll nun Erafiftras 


. tus durch die Annahme eines Lebensgeiftes (zıröne Corner, 


spiritus vitalis) und ‚eines @&eelengeiftes (wrebne Yuzızer, 
spiritus animalis), erweitert haben, es liegt aber am age, 
Daß bderfelbe Unterfihied ſchon von Ehryfipp gemacht wor: 
den ift, der behauptet hatte, das linke Merz werde vom 
Seelengeift angefüllt *). Erafiftratus dagegen glaubte, 
durch feine Mervenlehre reines Beſſern uͤberzeugt, vom Her⸗ 


. zen ginge die Lebensluft aus, und im Gehirn fei die See⸗ 


lenluft wirkſam °). 
Hieraus ergiebt es ſich ſchon von ſelbſt, wie das Ath⸗ 


men von ihm erflärt werden mußte. Es hat den Zweck, 
den Körper mit Luftgeift aus der umgebenden Luft zu ver 


fehen, und bie Arterien vom Blute leer zu erhalten *). 
In den Lungen wird alfo die Luft aufgenommen und be 
reitet, und bon hieraus nad) dem linken Herzen gebracht, 
in den ganzen Körper vertheilt 5). Dem aufolge fpielte 
‚ \ der 
1) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L. I, c. 6. P- 79. D. x. 
2) Ebenb. 

3) Ebend. L. I. c.8. p. 110. B. 

4) Galen. de Usu resp. C. 1. p- 413. T. V. 


5) Galen. An. sanguis natura im arteriis contineatur L. C. 2. 
p-.155. T.IU. Dies Buch enthaͤlt außerdem noch mehrere Beweise 





fellen für dieſe Gegenſtaͤnde. 


L | zT. 


- , 


2 | ” 289 


der Luftgeiſt auch in der Erklaͤrung der Übrigen Verrich⸗ 
tungen eine wichtige Rolle, ganz vernathläffige wurde aber 
die Hippokratiſche Lehre von. ber nathrlihen Wärme, fo 
wie bie peripatetifche von den Kräften *), wie benn über 
haupt Eraſiſt ratus Phyfiologie in ihren Hauptlehren -in 
hohem Grade eigenthuͤmlich if. Der Puls entftehe durch 
die Anfüllung der Arterien mit Luftgeift, “und verhaͤlt ſich 
zum Herzſchlage fo, daß die Ausdehnung der Arterien mit 
dee Zufammenziehung des Herzens gleichzeitig ift, und ums 


gekehrt. MWebrigens ließ Erafiftratus die femiotifhe . 


Pälstehre ganz unbeachter, und ſcheint mit dem Namen 
eeryues, nur das krankhafte, beſonders das entzuͤndliche Pul⸗ 
ſiren ber Theile bezeichnet zu haben *). 

Die Verdauung geſchieht durch Zerreibung ber Speiſen 
im Magen *), mo nun wahrſcheinlich die Beobachtung der 
rerifialeifchen Bewegung zum Grunde liege *). Hunger 
entſteht, menn bie Magenhäute nichts haben, woran fie 
ihre Kräfte üben koͤnnen, und verfchwindet nach einiger 
%it, wenn fie mehr zufammengejogen und aneinandergelege 
find. Dies fei denn auch der Grund, weshalb fih die 
Scythen den Hunger durch Zufammenfchnären des Unter⸗ 
leibes vertreiben fönnten. Die Urfah, warum der Heiß 
hunger (Aewäsmes, der Mame kommt erft feit dieſer Zeit bei 
den Aerzten vor) mebr in der falten Jahreszeit entftände, 
fhien ihm nach feinen Anficheen unerklarbar °). - 





1) Galen. de natural. Facalt. L. Ih e. 8. p. 44. ET. V. 

a) -Galen. de Diff. pple. LIV. c.2.p. 83. A. p. 87. A. T. VI. 
3) Cels. Praef. p. 6. ı2. | 

4) Galen. de natural. Facult, L. II. c. 9. p. 49 


5) Gell. Noct. Anic. L. XVI. e. 3. Hler find einige Bruch: 
Rüde aus dem erſten Buche von den Unterſchleden mitgetheilt. 


» 





290 Ä 0 
Außerdem hat Eraſiſtratus noch Aber den Bau und 
die Vertichtung der Leber befondere Unterſuchungen ange 
fell. Die eigenthuͤmliche Subſtanz derfelben nannte er 
dag Parenchyma, oder die Ausfüllung zwifchen den Gefäßen 
und den Übrigen heilen, deren Bildung er wahrſcheinlich 
aug ergoffenem Plute annahm. Deshalb hielt er fie aud) 
in der eigentlichen Werrichtuug der Leber für unweſentlich 
- (ww muginsere) x). Uebrigens exkluͤrte er die Leber gerades 
weg fuͤr ein Reinigungsorgan, denn die Galle ſei durchaus 
ohne Nutzen, und muͤſſe aus dem Körper geſchafft werden. 
Abgefondert wuͤrde fie aber dadurch, daß die Gallengefäße, 
Deren Euden viel feiner wären, als Lie der Benen, aus 
dem durchftrömenden Blute nur das Feinfte deffelben, die 
Sallentheile aufnahmen ). Dadurch wuͤrde zugleich der 
Nahrungeſtoff, der aus dem Magen zur Leber kaͤme, gereis 
nigt, indem der eine Theil deffelben in die Lebernenen als 
Blut, und der andere in die Gallengärige als Galle über 
„ginge, und zwar Bloß nad dem mechaniſchen Berhältniffe 
ihrer Grundſtoffe 2). Alles Übrige, was bisrher gehört, 
bar Erafiftratus gewiß nur fehr oberflächtich abgehandelt, 
indem er felbft die wichtige Frage, ob Stoffe wie die Galle 
erft durch die Verdauung bereitet würden, oder fhon in den 
Speifen enthalten wären, für durchaus unnuͤtz in ber Wiſ⸗ u 

‚ fenfchaft erklärte *). 

Sind feine Anfichten von den uͤbrigen Abſonderungen 





1) Galen. de Compos. medicam. sec. loc. L. van. c. 6. p- 584. 


A. T. XIIL — Bergl. Da Administr.. auatomic. L. VI. c. II. p. 143. 
T.W. 


9) Galen. de natural. Facult, I. II. c. 2. 3. p. 33. 
3) Ebend. e. 8. p. 38. E 
4) end. 48. p. 44. F. 


x 


. S 





291 
eben fo mechaniſch geweſen, mie fih aus dem Bisherigen 
feiht vermurhen läßt, fo ftand feine Phyſiologie gewiß tief 
unter der peripätetifchen, worin das Leben in den Verrich 
tungen ſchon weit beſſer und gluͤcklicher aufgefaßt war *). 
Die Urinabſonderung hat nach den früheren Eraſiſtrataͤern 
den Zweck, den untern Theilen reines Blut zu verfchaffen. 
Bei den obern Theilen ſei dieg nicht erforderlich, weil fie 
ohnehin ſchon ein reines Blut empfängen, Je tiefer dies. 
aber nach unten fäme, defto mehr würde es vom Waſſer 
verunzeinigt, das fich wegen feiner groͤßern Schwere mehr 
fenfe, und deshalb Habe die Natur die Nieren angebracht, 
damit das Blut, wie vermittelft des Durchſethens davon 
befreit wuͤrde ). 

Endlich gehoͤrt die Entdeckung der Milchgefehz⸗ im. Be 
fehfe zu den ausgezeichnerften des Erafiftratus, die guet 
benugt große Weränderungen. in der Phyſiologie hätte her 
beiführen mäffen. Er Hielt fie indeffen felbft für eine Art 


Arterien, worin 2uftgeift, und nur zumeilen Milchſaft ent⸗ 


halten waͤre 2) ‚ und weil‘ es nach) feınem Tode an linters 
ſuchern fehlte, fo war es um fo weniger möglich, zu richtis 
gen Schläffen zu gelangen. Man ließ fid alfo die errun⸗ 
genen Vorthetle wieder aus den Handen gehen. 


m 
+ 


$. 47. 


Erafißratus Nachfolger. 

Lehrgebäude, wie das Erafiftraräifche, das neben vielem 
Bortrefflichen-eine große Menge gemagter Borausfeßungen, 
Borustheile und Irrthuͤmer in fiharffinniger Darftelung 


- 4 
1) Ebind. <..4. p. 37. | 1 


2) Ebend. L.L c. 17. p. 29. 30. 
3) Galen, As sunguis etc. C. 5. p. 159. A. 
32 


x 





22 

enthäft, bᷣleiben nur Bei ihren Urhebern in vollem Werthe, 
und es gereicht der Wiſſenſchaft zum Seegen, wenn die 
Nachfolger ſie, recht bald zerſtoͤren, und aus ihren Trümr 
mern das wahrhaft. Gute und Brauchbare zu benutzen wiſ⸗ 
ſen. Bleiben ſie aber in derſelben Form ſtehen, ſo ſind ſie 
dem Gedeihen der Wiſſenſchaften hinderlich, und gewoͤhnlich 
beobachten wir, daß in ihnen ſpaͤterhin nichts erſprießliches 
weiter geleiſtet wird.. ‘Der große Geiſt ihrer Begruͤnder 
zieht an, aber erleuchtet nicht, ſondern verblendet alle, die 
ſich zu gleicher Hoͤhe nicht emporſchwingen koͤnnen, wiewohl 
jeder wahre Syſtematiker die Ueberzeugung hat, ſeinem 
Vorbilde wenigſtens ähnlich zu fein. So wird denn oft 
manche herrliche Anlage erftidt, die fi in einem andern 
Lichte vortrefflich entwickelt haͤtte. — Dies beſtaͤtigt ſich in 
der zaͤhlreichen Schule der Eraſiſtrataͤer auf eine auffallende 
Weiſe. Sie waren von einer unbegraͤnzten Verehrung ge⸗ 
gen dieſen wahrhaft ausgezeichneten Mann befeele *), doch 
opferten fie ihm dadurch ihre eigene Freiheit auf, und fo 
wiffen wir denn zwar von vielen ihre Namen, aber von 
wenigen, was fie zur Ausbildung der Neilfunde nüßliches 
gethan haben. 

Strato von Berytus war in die Lehre des Era 
fiftratus völlig eingeweiht, und ein fo eifriger Verkuͤndi⸗ 
ger derſelben, daß die Spaͤteren die von jenem gelaſſenen 
Luͤcken ans feinen Schriften zu ergänzen pflegten 2). Eben 
fo Apgemantes °) Ferner gehören zu den Schülern 
bes Erafiftratus felbft: 

» Galen. de natural, Facalt. LN. c. 4. p. 37.D. 

2) Diog. Laërt. 1. V. 8. 61. P. 298. — Galenr. de Venass, 

adv. Er. Rom. C. 2. p. 409. F. 


3) : De Venaes. adr. Er. C.2. p. 293. A, — Vergl. 8.45. &.077. 


’ 293 

Nikias aus wa ein Fremd bes Dichters Theo 
frit ”). 

Apollophanes, der Aber hitzige Krankheiten ſchrieb, 
und eine Art Steeitfchrife ( Libri contFadictorii) an feinen 
lehrer herausgab, worin er laͤugnete, daß ber Morbus car- 
dscus von Fieber begleitet ‘ei ). Mehrere von ihm er 
fundene Arzneimittel waren im Alterthum fehr beliebt >). 

Kenophon aus Kos, Vertheidiger der Chryſtppiſchen 
Mehode, ins Diuchuften die Glieder zu Binden *). 

Artemidorus von Sida, ber den Sitz des Mor: 
bus cardiactis im Soerzen. s), und ber Wafferſchen in Mas 
gen ſuchte ©). — | 

Cheridemus aus Zeitta⸗ der 2 Aber dieſelbe Brent 
sefhrieben Haben muß ”), und | ’ 

Deotewäus,:der: bem- Erafiftrarus in feiner Mei 
nung fißer die: Bauchwaflerfucht beitrat *). ' 

Apollontüs ‚von Memphis. ME der , Schiiler bes 
Strato ?) Er. unterfihied zwei Arten von Waſſerſucht, 
die eine nlit Rerantion, die andere mit desmehrter Harnab⸗ 
fenderung , und verſtand unter der leßtern die Haruruhe 
(Hydrops ad metolan) 0, Auch made: er fich durch eine 


RER 


1) Idyll. XL v. 2., zul. v.2., XX VI. v. 7. seq. 

9) Cael. Aurel, Acat. Lu. c. 23. p. 150, 151. 

.3) &bend. c. 24. p. 134. c. 29. p. 142. 

4) Ebend. Chron. L.U. c. 13. p. 416. N 

5) Ebend. Acut. LE. c. 31. p. 146. 

6) Ebend. L. I. c. 14..p- 22% 

7) &bend. 2. 15. p. 227. 

8) Ebend. Chron. L. II. c. 8. p. 479- 

9) Galen. de Dif. puls. L. IV. c. 17. p. 101. B.T. vm. 
10) Caol. Aurel. Chron. L. DI: ec. 8. p. 460. 


N 


294 


Menge von Mitteln befanttt, und mehrere. Meinungen über 
den Puls, denn die Pulslehre hatte nun ſchon angefangen, 
die Aerzte fo zu ˖beſchaͤftigen, daß ſich faſt vor einem jeden 
irgend eine Schrift ader einzelne Behauptung darüber nach⸗ 
weiſen läßt. Seine Ueberzeugung, die Gagenwart von 
Wauͤrmern ſei in allen Kraukheiten gefaͤhrlich, und mehr 
noch, wenn fie tode-Abgingen *), giebt ung. deinen vorsfeif 
haften Begeiff van feiner‘ Zeichenlehre. 
Hermogenes wird faſt nur dem Namen nach ange⸗ 
füͤhrt 
| Bicefi (us dagegen iſt von den ſpaͤtaen Eraſiſcat lern 
nunſtreitig der beruͤhmteſte °). Er lebte zu Ende deu erſten 
Jahrhunderts v. Chr. in Smprna, mo er eine zahlreiche 
Menge Schuͤler um ſich verſammelte, and mehr noch als 
feine Vorgaͤnger dig Arzueimittellehre und: Mehrungsmittel⸗ 
kunde bearbeitete, die ſeine Hauptfaͤcher waren. @ein gror 
ses Werk daruͤber (wael-sres) wird vom den Alten häufig 
mit Lob angeführt *), und er feine darin fo in das Eins 
zelne gegangen zu ſeyn, daß man ihn fehaft zu. Ben Erfins 
dern der Weinbereitefunft zähle. .),' Eengeine Arzneivorſchrif⸗ 
ten. giebt. es von ihm ſehr viele Allem Anſcheine nach 
wurde & von feinem, Freunde Menodorus, ebenfallg 
einem Crafiffsatder, in feinem Lehramte untesftägt ‘), von 





1) Ebend.L.IV.c.8.p. 537. 
3) Galen. de simpl. med. Facult. L. I/c. 29 p- 21. B. T. XHI. 


3) Jihen. Deipnosoph. L. IIT. c. 33. p. 341. b. T. I. Ed. 
Schweigh. — Plin. Hist. narı L. XVII. e. 4. p. 493. 15. 


4) Athen. 0.0. D.:c. -87- p- 456. «., und an vielen andern 
Stellen. 


5) Pän. Hist, nat, L. XIV. e. 19. p. 725. 10. 
"9, Aihen.L. 1. c. 53. p. 228. f.' 


| | 295 _ 
kiner Ecjülerr find inbeſſer keine ſetz Kefahne geworden. 

Sie erhielten alfo die Schule mehr durch ihre Zahl, und 
wen diefe auch nicht wieder bluͤhete, fo hatte fie doch noch 
m Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. ihre eifrigen 
Anhänger. Wir wiſſen aus ihrer haͤufigen Streitigkeiten 
mit Galen, daß fie noch in diefer Zeit die Hauptlehren 
des Eraſiſtratdiſchen Syftems heftig vertheifstem,: und bes 
ſonders in Ruͤckſicht des Blurlaſſens dieſelber Grundfäge 
befolgten,, wie Eraſiſtratus. Die Anatomie aber war 
bei ihnem laͤngſt zu Grabe gegangen, und wurde nur vor 
einzelnen noch Bearbeitet, mie von einen gewiſſen Daw 
tialis, einem‘ Zeitgemogffer des Galen, beſſen Werke 





darüber die Eraſiſtrataͤer fehr in Ehren hielten ). + 
Vierter Abfchnitt. 1 
Schule der Herophileer. . ,, 
Be 
Herophilus, N 


Erafifitatus etwas älterer Zeitgenoffe, Herophi 
Ins aus Thajcedon, hat die Menſchenanatomie im Alten 
tum auf die hoͤchſte Stufe ‚ihrer Ausbildung gebracht. 
Geine Werke darüber wurden für unmiberlegbare Lehrbücher 
gehalten, und fönnen. überhaupt als die Grundlage der 
anatomifchen ‚Kenntniffe bei den folgenden Schulen betradtet 
werden. Er war der Schuͤler des Praragoras ”), und‘ 





1) Galen. de Libr. propr. c. 1. Pp 37: A. T. J. 


2) Galen. de Diff. puls. L.1V. c. 3. p. 89. RT. VII. — Meth. 
med. L.1.c.3. 9.10. B: TrX. 


‘ 


2% ; 

gewiß ſchon fruͤh in der Zergliederungskunſt unterrichtet 
worden, feine Arbeiten mußten aber wohl alles Bisherige 
überftrahlen, indem er die Gelegenheit, menfchliche Körper 
zergliedern zu "dhrfen eifrig benußte, und feine anatomifche 
Sunftfertigkeit, fo wie feine Art zu unterfüchen gewiß aus 
gezeichnet waren. - Davon find feine, Entdedungen die volk 
guͤltigſten Beweiſe, wenn wie auch feine andern weiter 
"aufführen innen... Nur kam feine Darftellungsgabe dieſen 
shhmlichen Eigenfhaften nicht glei. Oft wird er wegen | 
feiner dunkeln und hoͤchſt verworrenen Schreibart getabelt *), 
die denn auch wahrfcheinlich die Beranlaffung geweſen ift, 
weshalb man feine Schriften weniger vervielfältigt bat, als 
daß fie auf die neueren Zeiten bätten kommen koͤnnen. 
Schoͤnheit der Darftellung bebe den Reiz der Wiffenfchaften, 
and macht ihre VBearbeitung anziehender, die Dunkelheit 
eines einzigen Schriftftellers kann dagegen ihr Fortfchreiten 
für eine lange Zeit hemmen. Daß Herophilus mit Eras 
fiftratus zugleih in Alerandrien gelebte hat, leibet durch⸗ 
aus feinen Zweifel, und gäbe es auch Feine andern Beweis, 
gründe dafür, fo würde fhon bie Aehnlichkeit ihrer Eines 
decfungen dafür fprechen, die nur, unter gleichen Umftänden 
gemacht fein Eönnen, und felbft eine gegenfeitige Mit⸗ 
theilung, oder irgend einigen wiffenfchaftlichen Verkehr vers 

. muthen laſſen. | | 
Auch von ihm wurde die Nervenlehre mit glänzenden 
Erfolge bearbeitet, und wahrſcheinlich ſind ſeine Unterſu⸗ 
chungen des menſchlichen Gehirns die beſten geweſen. Die 
Beſchreibung des Adergeflechts das von ihm adreyE xegeudis 
genannt wurde *), und die Vergleichung des verengerten 





t 


1) De Dif. puls.L. IV. e. 3. p. 89. C. i 
8) Auf. Ephes. de corp. hum. part. Andi . 


| 


} 
} 
’ 
D 


297 


Endes ber vierten Hirnhoͤhle mit einem gefihnittenen Schreib: 
rohr (wrayaupe nmwäumen) ?), feßen eine genaue Kenneniß 
dee vier Pirnhöhlen voraus. Diefe Entdeckungen inaren in 
der hat zu wichtig, als daß. man nicht.. fogleih neue An 
fihten in Betreff des Sitzes der Seele darauf hätte grüns 
den follen. KHerophilug fcheine die vierte KHirnbähle das 


für gehalten zu haben, fpäterhin biele man wieder die - 


driete für wichtiger 2). Erafiftratus glaubte in den 
Bindungen des großen, mehr aber nod in denen des klei⸗ 
ven Gehirns den organifchen Grund des Denkvermoͤgens zu 
finden. >). Die Merven find nah Heropbilug allein bie 
Werkjeuge der Empfindung, und ftehen größteneheils unter 
dee Derrfchaft des Willens, Biejenigen naͤmlich, die aus 
dem Gehirn und dem Raͤckenmark entſpringen. Andere 
dienen zur Verbindung der Knochen und Muskeln, und 
helfen die Selenfe Bilden... So maͤchtig war: alfo das 
eingewurzelte Vorurtheil, daß ſelbſt diefer große Zergliederer 
ſich nicht ganz davon trennen konnte! Dieſe Verwechſelung 
der ſehnichten Theile mit den Nerven beruht indeſſen mehr 


auf dem einmal hergebrachten Namen, der Sache nach war 


der Unterſchied genugſam feſtgeſetzt, und jedes Hinderniß 
der weiteren Unterſuchung entfernt. 
—— ren 
1) Galen. de Administr. anatamic. L. IX. c. 5, p 194. T.IV. 
2) Galen, de Usu part. 1. voL c. 11. p. 499. 4. T. ı. — xui 
eis * —— ris aura —* vrömsası zveierdrar rm dacıs 
ur araraı rar zud sro Tor iynigarer. Es gebt aus bem 
Zufammenhange hervor, daß damit unfere dritte Hirnhoͤhle gemeint 
WM. Heöpiros ur ev mar, ad sr. 21 wugrynıparid 
sgwrigar loınır wroiaußarır. 


3). Ebend, c. 18. g.5ot. a. Das Feine Gehitn nannte er 


—XXX 
4) Ruf. Epkes a. a. O. L. up. 66. 


/ 


298 

Die Befchteibung dee Deikhgefäße im Gekröfe und im 
Mes ift bei Herophilus viel beffer und lichtvoller, als bei 
Srafiffratus. Denn er- hatte auch ihre: vielfache Vers 


‚bindung: mit den lymphatiſchen Drüfen beobachtet "), und. 


fheiht dieſe erefflihe Entdedung nicht mit foftematifchen 


Vorärtheifein'entflelft zu haben. Leider iſt es nur unmöglich 


anzugeben, wie weit er ſte zur Erklaͤrung der Verrichtungen 


‚benußt, und ob er vielleicht auch ir andern heilen Saug⸗ 


adern gefeben haben möge. Die bisherigen Begriffe von 
der Einſaugekraft der Venen waͤren ihm hierbei gewiß ſehr 
zu Statten gekommen. 

Die Anatomie des Auges wurde durch Herophiſus 


um einen bedeutenden Schritt weiter gebracht. Noch nie⸗ 


mand hatte bis jetzt die Netzhaut geſehen; er ſah und ber 
ſchrieb ſie zuerſt unter dem Namen der Spinnewebenhaut 


(dguzgreudäs), weil er fie aber mit einem zufammengejoge 


nen Netz verglichen batte, fo gab man ihr fpäterhin bie 
jetzt gebräuchliche Benennung (wnPr@iurzendss, retine), Ans 
dere von den folgenden: Zergliederern nannten fie die Glas 
haut (oresudie), meil ſte den Glaskoͤrper beruͤhrt *). Hier⸗ 
aus kann man leicht ſchließen, daß ihm die uͤbrigen Theile 
des Auges nicht weniger bekannt geweſen find. Die meiſten 


‚ hatten alte Namen, d. 5. die ihnen von Herophilus geger 


ben waren; benn fein Anfehn hatte die anatomifche Kunſt—⸗ 
ſprache feftgefeßt. Dies gile 3. B. von der Gefaͤßhaut und 
Regenbogenhaut (zeeeudis und gayaudis, uvea), die von 
ihm wahrſcheinlich nur für eine gebalten worden find, und 
aus demſelben Grunde möchte man’ glauben, daß er bie 


1) Galen: de Usu part. L, IV. e. rg: p. 392. D. 


2) Ruf. Ephes, a. a. D. L.l. p. 36, 37- — Bergl. Cels. L. VII. 
e. 7. 8. 31. p. 432. ar. 


Lv 


N -» 209 
Lieſenkapſel uͤberſehen hat, denn fie erhielt ihre Venennumg 
—XRXC — erſt von den Spaͤteren *), 

: Bon vielen anderg Theilen führen die Schriftfteller 
ausbrücklich an, dag fig: vom, Herophilus unterſucht und be 
nannt mwarden ſind.⸗Dahin gehört bie Kelter (‚den wierte 
Blutbehalter der harten Hirnhaut, Anscı, tpreplar) *), er 
woͤlffingerdarm) (Iwienudprrure), bie Nebehoden I. (wir 
æcæraæc), das Zungenbein, Das: vor ihm mit bemfelben 
Mamen, wie die letztern belegh wurde *), Die Lungenſchlag⸗ 
aber °) (er — veng. arteriosa; auch dieſe Be 
nennung behielten, die. Spaͤteren bei, und nannten: die Jun 
genvenen ‚arterige venqase j, und mehrexe andere, - -, 

Folgenreih war. fan erſter Verſuch, die ſemptiſche 


Pelslehre zu bearbeiten, Mau hatte darin noch wenig oder 


gar nichts geleifigg, denn felöft was Praragoras gelehrt 
hatte 7), man müffe zwiſchen dem natuͤrlcehen und krant⸗ 
haften Pulsſchlage unterſcheiden, movon- er drei: Arten, _dag 
Zittern (rgamssı tremor), das heftige (Fwinas,. palpiwmio) 
and das krampfhafte Schlagen "), (erurnesr conyulsio) feſt- 
felte, war mehr. eine hingeworfene; Meinıng, und für 
die Erkenntniß der Krankheiten. vor der Hand ohne Nugen. 
Herophilus dagegen muß für. den eigenuichen vegrunder 





1) Ruf. Ephes. 008 J 


2) Galen. de Adminietr. anatomie. L.IX. e. 1. p. 188 ATI. | 


3) Cbend· L.Vl.eg.p iger 

4) Auf. Ephos. a. ai £%’7:%- I 

5) Ebend. p 37- 

) Ebend. p. 4. 
7) Galen. de DIE. pula, L. IV. e.3. p. 89. B. T. VII. 


8) Vergl. Ebend. L. 1. c. 97. p-34, — De Cams pub. L. II. 
ee 


N 


300 — | 
dieſer Lehre gehalten werben, wiewohl dag, was er dafkr 
gethban, "gewiß: eine mehr einfeitige Richtung gehabt‘ hat. 
Denn‘ er nahm offenbar mehr asf die Häufigkeit der 
Schläge Ruͤckſicht, die er auf: eine fehr kunſtliche Weiſe 
nach muflfalifhen Grundſaͤtzen zu beſtimmen ſuchte, um 
danach das Geſetz für jedes Alter und alle Übrigen Zuſtaͤnde 
des Körpers amfzufinden *). Daß er. dabei: auch der Un⸗ 
gleichheit in der Frequenz feine Aufmerkſamkeit geſchenkt 
hat, geht aus dem Titel feiner verloren gegangenen Schrift 
darüber "hervor *), von allen Abrigen Geſichtspunkten aber, 
wonach der Vals beurtheilt werden muß, finden ſich Zeine 
weiter erwähnt, als die Groͤße, die Schnelligkeit und die 
Stärke ). Sein Anfehn bewirkte bald einen regen Mach 
ahmungseifer bei den Aerzten aller Schulen, und die Dans 
kelheit und Härte ſeiner Schreibart veranlaßte noch zur 
rechten Fett, daß man den von ihm betretenen Weg verließ, 
um der neubegrundeten Lehre, die ihr gebuͤhrende Ausbeh⸗ 
nung zu geben. Doch behielt man einen ſtarken Irrthum 
Bet, den bie Schulen feit Herophilus *), Bis in das 
neunzehnte Jahrhundert unausgeſetzt nachgebetet haben, 
ohne ſich jemals von dem Augenſchein belehren zu laſſen: 
Daß nämlich‘ bei jedem Pulsfihlag eine wirkliche Ausdeh⸗ 
nung und Zufammenziehung der Arterien in ihrer ganzen 
Laͤnge Statt finder. Erſt jetzt iſt man daruͤber ganz auf's 





1) Plin. Hin. net. Lu ıg. L XXIE. ce. 1. 
p- 494 6. | 


3) Ilse rahes, arafins, omararurds 7 zu drumarias. 
Galm. de Diff. puls, L. N. c. 6. p. 48. 


3) Ebend. 
4) Ebend. N. 2. . 8% on. 


| 301 


Reine gefommen '). Darin machte jeboh. Heropbilus 
eine wefentlihe Verbeſſerung, daß er gegen Praragoras 
behauptete, die Schlagekraft ber Arterien fei Feine eigen 
thuͤmliche „ fondern allein vom Kerzen abhängig *). Ueber: 
haupt war er gar nicht fo von dem Anfehn feines Lehrers 
verblendet, daß er ihm nicht hätte in vielen und ſehr war 
fentlihen Punkten widerfprechen follen. So hielt ee na 
mentlich die Arterien nicht für leer, und das Herz nicht als 
fein für die Quelle des Luftgeiftes ‚ fondern lehrte, daß die 
fer von dem Blute der Arterien von allen Seiten her an 
gezogen würde *), ſuchte dann auch die Grundzuͤge ber 
Praragorifchen Grundlehre in feinem eigenen Werke darüber 
(mel rpryawr wenyparıia) zu widerlegen ). eine Acheis 
ten pflegte ex aber, von dem fophiftifchen Treiben des Zeit 
alters mit fortgeriffen, fo reichlich mit Spitzſindigkeiten 
auszuftatten, daß ihn Spätere mit Recht einen Dialektiker 
genannt. haben ?). 

Auch in allen übrigen Fächern der Heilkunde, die Chir 
rurgie nicht ausgefchloffen, wirb feine Gelehrſamkeit ger 
rähme °). Und hier war denn vor alle feine Ueberzeus 
gung von mächtigem Einfluß, daß man mit bloßen Arzneis 
mitteln, befonders den vegetabilifchen, alles zu leiften vers 
möge, und koͤnnte man dennoch nicht alle Krankheiten heis 


1) 3.3. €. Heder, Verſuch einer neuen Anſicht der fee 
miotiſchen Yulsichre. In Horn’s, Wagner's u. ſ. w. Archiv 
für mediciniſche Erfahrung. ıBar. &t. 3. ©. 401. 


2) Galen. a 0. D. — Vergl. $. 40. ©. 200. 

3) Galen. An sanguis nat. in art. cont. C. 8. p. 163. C. T. IH, 

4) DeDif. pul. L.IV.c.3.289.0 . | 
5) Galen, Meih, med. L. I. c. 3. p. 10. B.T: X, 

6) Galen. de Dissect. uteri. C. 5. p:279- T. IV. 


302 J on - 
tet, To: läge es bloß daran, Daß die rechten Kräuter noch 
nicht bekannt wären 2). Dies läßt allerdings auf Den 
Grundſatz Schließen, daß die Natur für jedes Uebel auch 
das .entfprechende Heilmittel ‚hervorbringe. Daflelbe war 
nun zwar Thon von andern gelehrt, worden, von diefer Zeit 
aber fing. man an, fo viel auf dit Erfindung neuer Mittel 
amd Xrzneivorfähriften zu geben, daß die Arzneimittellehre 
Dadurch weſentliche Vortheile errang, wenn auch der Ueber: 


- Plug an Mitteln, und der Eifer, fie noch mehr zu verviel . 


fältigen nicht immer die Richtigkeit ihrer Anzeigen vers 
buͤrgte. Herophilus felbft Hiele fehr viel auf die eigene 
Erfahrung, und man fann bei den übrigen Beweiſen feines 
Zleißes und feiner Ausdauer leicht vermuthen, wie ausge 
breitet und vortrefflich fie gemefen fein möge *)., Diefe Ei⸗ 
genchämlichkeit feiner Heilkunde, und faft noch mehr die 
Greiheit, womit er ſich über angenommene foftematifche Ans 
fihten hinwegzuſetzen wußte, gab denn auch einer neuen 


- Schule ihre Entfiehung, die in der eigentlichen Heilkunſt 


treffliche Grundſfaͤtze entwickelt hat. 

Weniger ruͤhmlich fuͤr ihn iſt es aber, daß er als Geg⸗ 
ner des Hippokrates auftrat, und gerade den Theil ſei⸗ 
ner Heilkunde angriff, der viel zu feſt ſteht, um von ſyſte⸗ 
matifchen Einwuͤrfen jemals erfchättert zu werden. Er 
ſchrieb Erläuterungen diefer Art zum Prognosticon ’), worin 
feine Schuldinleftt neben den reinen Ausfprächen der Natur 





5) Scribon. Larg. ad. Iul. Callist. Epist. p. 1. Ed. Basil. 1529. — 
Cels. L.V. Praef. p. 241. 17. — Plin. His. mat, L.XXV. c. 3. 
p- 360. 45. , 

2) Plin. Hier. nat, L. XXVLe.o 2. p. 391. 23. 

3) Galen. Comm. I. in Proguest. p. 589- T. VIU. — Cael. de- 
rel. Chron. L. IV. c. & p. 5%. 


— — — - — —— 


308 
£einen vortheilhaften Abftand gemacht Haben muß. Andere 
zu den Aphorismen, die von allen feinen Werfen noch .als 
lein vorhanden find »), fo wie er denn auch dunfel gemors 
dene Hippokratiſche Ausdruͤcke in einer eigenen Abhandlung 
erklaͤrte 2). 

- Die Krankheitslehre des Herophilus mar der Haupt 
ſache nach die Praragorifche. Daher laffen ſich bei ihm die⸗ 


‚felben Grundfäge der Humoralpathologie vermuthen, bie. 


fih überhaupt mehr. als irgend eine andere für feine aus⸗ 
geſponnene Arzneimittellehre eignete )). Mit dem Aderlaß 
iſt er wahrſcheinlich ſehr ſparſam geweſen, aber nur aus 
einem andern Grunde wie Eraſiſtratus, weil er es 
nämlich glaubte, durch feine Pflanzenmittel erfeßen zu koͤn⸗ 
nen. Deebalb befolgte er auch die Chryfippifche Verfah _ 
rungsiveife, im Bluthuſten die Glieder zu binden, wählte 
aber dazu mehr die Dberfchenfel und die Arme, während 
Erafiftratus die Zufammenfhnärung in den Weichen 
und Achfeln vorzog *). Am Starrframpf hielt er. das Fie 
Ber für kritiſch *), und glaubte, daß jeder plöliche Tod 
ohne anfcheinende Urfache durch Lähmung des Herzens vers 
urſacht wuͤrde *). Endlich ſtimmte er in feinem Unglauben 
an die Wirkſamkeit der entfernten Urfachen mit Exaf iſt ra⸗ 


-tus überein -?). 





2) Montfaucon. Biblioth, Tom. L p. 498. (a der Bibllothet 
zu Mailand.) 


2) Gala. Explanat. vor. Hippoer. p. 80. T. II. 
3) Cels. Praef. p. 4. 34. . 
4) Cael. Aurel. Chron. L. n. © 13. p. 416. 
5) AcauL.IIL c.8. p 218. u 
6) Chroa. Lil. c. 1. p. 348. | 
7) Galen. de Caus, procatarctic. C. 4. p. 256. T. VIL 


J 


x 


304 
EEE "ur: Br 
Herophilus Nachfolger. 

Zu ben Alerandrinifhen Anatomen früherer Zeit, ger 
Bört noch Eudemus, der zugleih mit Herophilus 
und Erafiftratus *) fih um die Nervenlehre verdient 
gemacht hat ?). Man Emm vermuchen, daß fein Wirken 
fhr die Wiffenfchaft ausgezeichnet geweſen fei, doch erlauben 
die Dunkeln und mangelhaften Nachrichten nicht, über den 
Umfang feiner Leiftungen weiter zu urtheilen. Daß von 
Ihm bie weiblichen Gefchlechtstheile genau unterfacht worden 

find, beweift feine Befchreibung der Trompeten, deren Frans 
zen er wrnTaraı (Fangfüße der Tintenfiſche) nannte’), Er 
and Herophilus bearbeiteren die bis dahin noch fehr dun⸗ 
kele Druͤſenlehre, und es ergiebt ſich, daß beide über die 5 
 Berrihtungen der Bauchipeicheldräfe Betrachtungen ange 
ftelle haben *) ; doch kann man ihn nicht für den Entdecker 
berfelben balten, denn fie war ſchon vor Ariftoteles bes, 
kannt *). Einzelne Angaben aus Teiner Knochenlehre finden 
fi ‚mehrere, ;. B. feine Beſchreibung des Griffelfortfages 
am Schlaͤfenbein *); daß er aber das Gratende des Schuß 
terblatts (Acromium) für einen eigenen Tleinen Knochen 
gehalten habe ?), iſt fehr ünwahrſcheinlich. Vielleicht liege 
hier irgendwo eine VBerwechfelung mit dem Schnabelfortſatz 
(Pro- 





1) Galen. Comm. VI. is Apbor. I. p. 247. E.T. IX. 
2)  Galen. de Lec. «ff. LIU. c. 14. p. 450. C. T. VI. 
3) Galen. de Utdri disseet. C. 3. p. 277. B. 

4) Goalen. de Semin. L IL c. 6. p. 229. ©. T. UI. 

5) .G 42 ©. 249. | 

6) Auf. Ephes. de Corp. hum. part. Appel. L. LP 35. 

7) Ebend. p. 29. 


305 


(Processns coracoides.) zum Grunde, der bekanntlich Ans 
fangs nur ein Anſatz iſt '). 

Die eigentliche Schule der Herophileer bluͤhete erft nach 
dem Tode ihres Gruͤnders2), und bat viele gelehrte Aerzte 
aufzuweifen, denen es nur zum Vorwurfe gemacht werden 
kann, daß ſie die dialektiſche Form des Vortrages fuͤr ein 
weſentliches Erforbderniß anſahen. Sie verfielen daher in 
den Fehler, alles erklaͤren zu wollen, und ſuchten die Er— 
kenntniß der Dinge durch ſchulgerechte Definitionen zu ber 


_ fordern, dur bie fie nur noch mehr von der wahren Un: 


terfuchungsmeife abgeleitet wurden. Nach den Hauptlehren, 
die Herophilus eigenthuͤmlich bearbeitet hatte, trennte 
fib auch feine Schule in verfihiedene Zweige. Ein Theil 
der Kerophileer ging zur ausübenden Heilkunde über, und 
gab dem Grundfaß, daß auf die Erfahrung das meifte zu 
halten fei, eine weitere Ausdehnung, woraus dann in Eur . 
zem die Schule der Empiriker hervorging. Die übrigen das 
gegen blieben dogmatiſche Aerzte, und bearbeiteren fortwaͤh⸗ 
rend mehrere Theile der Heilkunde, die durh Herophilus 
Anfehn eine befondere Wichtigkeit erlangt hatten. Mur die 
Anatomie ward von ihnen faft ganz verlaffen, meil fie ents 
weder glaubten, daß genug darin geſchehen fei, oder meil‘ 
ihre fopbiftifhe Art, in der Heilkunde zu Werke zu geben, 
damit in Widerfpruch ftand. Weberdies fehlte es Ihnen auch 
wohl an Gelegenheit, die Menfchenanatomie weiter zu be 
treiben, da die fpäteren Könige von Aegypten. die Natur⸗ 
wiffenfchaften bei weitem nicht mehr fo begänftigeen, tie 
es von. den früeren geſchehen war. Deſto mehr thaten fie 


\ 





1) Blumenbach Gecſchichte und B Beten. ber Knochen 
448.34 
2) Goalen. de DIE. puls. L. IV. c. 2. p. 86. E. 
L Mu 


« 





[4 


aber für die Arzneimittellehre, worin bas Alterthum ihnen 
die meiften grändlichen Erfahrungen verdanfte. - 
Mantias, der Lehren des Heraklides von Tarent, 
hat auf diefen Ruhm. nächft Hero philus mwohlerworbene 
Anfprüäde '). Sein großes Merk über Arzneimittel *) (Pue- 
panezsras) wird .oft mit Auszeichnung erwähnt, und felbft 
mit dem berühmteften von Diostwrides zufammenges 
ſtellt 2). Seine Arzneivorſchriften dienten daher den Aerz⸗ 
ten haͤufig zur Richtſchnur. 
in der Krankheitslehre fcheint Demetrius von 


"Apamea die meifte Auszeichnung zu verdienen, indem feine 
Aetiologie der Blurflüffe, das einzige mohlerhaltene Denk: 


mal. feiner Lehre einen hohen Grad von Scharffinn beur- 
fundet, wenn man noch überdies auf die Geringfügigfeit 
des fruͤherhin dartiber Mitgetheilten Ruͤckſicht nimmt. Era 
fiftratus hatte geglaubt, die Blurflüffe erfolgten durch ein 
KHervorftrömen des Blutes aus den Inden der Venen, das 
durch entftandene Plethora verurſacht wuͤrde *), und weil 
er im Uebrigen der Ueberzeugung war, daß die Gefaͤßenden 
beiderlei Art im ganzen Korper mit einander verbunden 
waͤren, ſo kann man vermuthen, daß er einen wirklichen 
Durchbruch des Blutes durch die feinen Wandungen vor 
ausgeſetzt hat. Er nannte dies. Anastomosis, osculatio, 





- 1) Galen. ie Compos. medic. per em. L.DL. c.5. p. 685. 
B. T. UI. - 


2) Ebend. L. IV. c. 14. p.766.D. 


3) Galen. de simpl, ‚medic. Facult. L. v1. Prooem. p. 144 
B. T. XI. 


' 


4) Cael. Aurel. Chron. L.II. c. 13. p. 17. Ließ aber noch 


. den Durchbruch (eruptio) und dig Faͤulniß (putredo) ale Urfachen 
. gelien. Ebend. c. 10. p. 390. 


. , | 307 
Die Späteren dachten dabei an freie Gefäßmändungen, und 
pflanzten diefen Irrthum, der durch, die Anatomie oftmals 
widerlegt worden ift, felbft Bis auf die neuere Pathologie . 
fort. Demetrius nahm zwei Hauptarten von Blutfluͤſſen 
ari, die eine mit Berlebung (cum Äncisura), die andere 
ohne Berlegung (sine incisura) der Gefäße. Die erfte 
ten erfolgen entweder durch Faͤulniß (puiredo), ober ver - 
möge eines Durchbruches der Wandungen (eruptio), durd) 
die Gewalt der anbrängenden Blutmaſſe veranfaft; bie 
leßteren Durch Lockerheit der Gefäßhäute (raritas), das Durch⸗ 
ſchwitzen (sudatio 3. expressio), Schwache (debilitas, 
stonia), und Anaftomofe (osculatio ), die er aus den En: 
den der Benen und zum Theil aud aus ihren Wandungen 
geſchehen ließ *). Unter dem Durchſchwitzen verſtand er 
aber wahrſcheinlich die Blutſekretion, fo weit naͤmlich die 
damaligen Begriffe von der Verrichtung der Gefäße dieſe 
Annahme verftatten. Ueber die Unterfchiede der Nerven⸗ 
übel, die man feit Herophilus Entdeckungen einer allgemei: 
nen Aufmerkfamfeit würdigte, finden fih von ihm mehrere 
Angaben *), auch befchrieb er einige Kranfheiten, die von 
den Früberen mehr übergangen waren, wohin 3. D. der 
Priepismus nnd bie Satyriasis gehören )). Die Trommel: 
fat (Tympanites) rechnete er fehr ungenau zu den Wafı 
ferfuchten *), worin ihm fpätere Sichriftfteller irriger Weiſe 
gefolgt find s), trennte aber davon, gegen Apollonius 


1) Ebend. | - 
2) Ebend. L. I.c. 5. p. 328. — Acut. IIL c.7. p. 208. 


3) Ebend. c. 18. p. 245. — Chron. L V. «. 9 P- 581. Hier if 
fein Werk! über Zeichenlehre ermäpnt. 


4) Ebend. Chron. L. DL <.8. p- 468. 
5) Cels. LULc. 21. p. 160. 
“ ' u 2 


308 


von Memphis, die Harnruhr, die er zuerfi mit bem Mas 
men Diabetes belegte '). In der Lungenentzündung glaubte 
er, fei die ganze Lunge, im Geitenftich ‚dagegen nur ‚ein 
Theil derfelben entzuͤndet *), eine Annahme, die bei den 
Srüheren nur hypothetiſch bei ihm aber gewiß durch Lei⸗ 
chenoffnungen gelaͤutert war. Im Uebrigen giebt die Art 
feiner Definitionen leicht zu erkennen, daß er der. Br 
fhen Methode feines Lehrers ‚treu geblieben fei °). 

Zahl feiner Schüler war nicht ‚unbedeutend *), es —* in⸗ 
deſſen beiner von ihnen bekannt geworben. 

Baecchius von Tanagra, Schuͤler des Heron bilus 
‚felbft, ‚gehört zu den Altern Auslegern des Hippofrates. 
Es muß indeffen gleich hier bemerft werden, daß diefe „Der 
rophileer größtentheils die Verehrung aus den Augen festen, 
die fie dem Vater der Heilkunſt fchuldig. gewefen wären, 
und oft recht abfichtlich fich bemuͤheten, fein erhabencs Ber 
dienft zu verkleinern. Ob auch Bachius uuf dieſe Weiſe 
verfahren fei, läßt fi) nicht ‚geradezu behaupten. Er gab 
das dritte Buch der Volkskrankheiten mit Verbeſſerungen 
heraus °), ſchrieb Erläuterungen zu. dem. fechften Buche 
derfelben und zu den Aphorismen °), und fuchte überhaupt 
den fchon fehr verdorbenen Zert der Hippokratiſchen Schrifr 
ten wiederherzuſtellen ?). Mehrere Lehren des Heroph i⸗ 





£) Cael. Aurel. Chron. L. II. c. 8. p. 469. 
2) Ebend. Acur. L. I. c. 25. p. 136. 
3) Ebend. Praef. p. 2. 
4). Ebend. Chron. L. V. c. 1. p. 555. 
5) Galen. Comm, IT. in II, Epid. p. 244. T. IX. 
6) Galen. Comm. L in VL Epid. p. 354. T. IX. 
7) Galen. Comm. I. in L. do Off. med, p-3. T. XI. 


309 


tus, und befonbers die Pulsiehre, ſtellte er tn einem be 
fondern Werke (wguynaruias zig) rüs Hacpiien aiewlan). 
deutlicher und ausführlicher dar, als jener felbft, und es 
fiyeint, als hätten ihn die Spaͤteren deshalb auch fleißiger 
Benußt '. in der Lehre von den Blutfluͤſſen fol Bao 
chius zuerft auf die Idee des Daurchſchwitzens (sudatio) 
sefommen ſeyn, durch die Beobachtung des blutenden Zahn⸗ 
fleifches geleitet, wobei offenbar Feine Verlegung Statt ı 
finde 2). Die Streitigkeiten über den Puls gehen ſchon 
jest ins Unendliche. Bacchius blieb bei der aͤcht Herophi⸗ 
leiſchen Behauptung, die denn auch die Mutter des oben 
angedeuteten Irrthums geweſen iſt, daß die Arterien mit 
der vom Herzen in ſie uͤbergehenden Schlagekraft verſehen 
würden, wodurch fie ſich gleichzeitig im ganzen Körper zw 
fammenzöger und wieder erweiterten, waͤhrend Erafiſt ra 
tus und feine Anhänger die bloß mechanifche Anfücht ver 
theidigten, daß Erweiterung und Zufammenziehung nur im 
' Derzen fei, und die Arterien fich ganz leidend-verbielten °). 
Kallimachus und Kallianar ) find weniger Be . 
deutend. Der erftere fehrieb, wie fihon vor ihm Mneft 
theus 5) gethan hatte, Über Die Blumen, bie in Kränzen 
durch ihren Geruch dem Kopfe fihadeten 9. 


1) Galen. da Dif. pals. L. IV. e.3.p. 89. C. T. VHL . 
2) Cael. Aurel. Chron. L. II, c. 10. p. 390. 
3) Galen. de Diff. puls. L. IV. c. 6. p. 92. 

4) Galen. Comm. IV. inL. VI. Epid. Text. 9. p. 482. F. T. IX 
Es gebt hieraus hervor, daf er ein Zeitgenoffe des Bachtus ge 
wefen if, der ihn in feinen Memorahilien des Herophilus 
(vxonurzuorimara Heep.) wegen feines rohen Betragens bei den 
Kranken tadelte. 

5) $. do. ©. 207. 
6) Plin. Hist. nat. L. XXI. c. 3. p. 235. 6. 


- 


‘ 


310 - Ä 5 
Andreas von Karpflus, Apollonius Mys "und 
Beno haben ſich in der Arzneimittellehre einen Namen ger 
macht °). Undreas gehört noch zu den früheren, Alerans 
deinifihen SKerophilern, Zeno und Apollonius haben 
fpäter gefebr, wie ſich ergeben wird. Wie fehr man fihon 
jest Bunte Zufammenfegungen liebte, beweiſt ein beliebtes 
alagma des Andreas, wozu nicht weniger als 23 Mittel 
tomen 2). Darunter ift auch; Opium, das überhaupt aͤuſ⸗ 
ferlich fehr in Gebrauch war; nur fuͤrchtete man davon im 
Augenfrankheiten Schwächung des Geſichts und völliges 
Erblinden, worauf fhon Diagoras ») aufmerffam ge 
macht, und Erafifiratus die Aerzte wieder hingewieſen 
Hatte. In Alerandrien wurde es in biefer Zeit häufig vers 
faͤlſcht, und Andreas ſcheint dies Alexandriniſche Opium 
‚wegen. feiner mildern Wirkung im Augenfranfheiten vorges 
zogen zu haben ?). Die Anzeigen bes Laser (owes vu pier), 
eines fehr gebräuchlichen Mittels, das wahrſcheinlich mie 
unſerer Asa foetida einerlei iſt *), beſtimmte er genauer, als 
ſeine Vorgaͤnger *), und machte ſich noch um die Anwen⸗ 
dung vieler andern Mittel verdient. Das Hauptwerk des 
‚Andreas Aber Arzneimittellehre führte den Titel NeeH£”) 


\ 


2) Cels. L. V. Praef. p. 242. 21. 
2> Ebend. c. 18.5.5. p. 252.7. 
3) &. 19. ©. 10% 
4) Dioscorid. Mat. med. L. IV. e. 65. — Plin. Hist. nat. L. XX. 
e. 18. p. 218. 5. 
5) Die. Beichrelbung ber Pflanze (erPrer, Laserpitium), 
ihr Standort, und die Art das Mittel zu gewinnen beflätigen 
diefe Unnahme Dioscorid. Mat. med. L.IM. c.94. — Mauthiot, 
Comment. etc. L. 1II. c. 78. p. 799- _ 
6) Pln.Hist. nat. L. XXIT. c. 23. p. 282.4. 
7) "Schol.in Nieandr. Theriac. v. 684. p. 101. Bd. Schn. 


- 


a 


311 


(Handapotheke), eine Benennung, die fpäterbin: nachge 
ahmt worden ift '). Mangel an Zuverläffigfeit und eitele 
Ruhmredigkeit werdeir diefem Shriftfteller. fehr bitter vorge 
worfen. ), wie es denn auch ein: übles: Licht auf ihn wirft, 
daß er von Hippofrates bie gehäffige Erzählung. ven dem 
Zempelbrande in Knidus °) zu verbreiten fuchte, womit er 


‚der. Herophileifhen Werkleinerungsfuche des ehrwürdigen 


Arztes die Krone auffeste. Die Waſſerſcheu nannte er zus 
erſt Hundswuth (xörerveuss) *), und lieferte auch zu. der 
übrigen Lehre von den Nervenkrantheiten dur die Ber 
fhreibung der Pantophobie, einer eigenen Art von Me 
Iancholie, einen neuen Beitrag. Seine Schüler menigfteng 
muͤſſen davon’ gefchrieben haben >). Endlich gehört An⸗ 
dreas zu den Chirurgen, die die Einrichtung des verrenk⸗ 
ten Oberſchenkels fuͤr möglich und dauernd hielten, indem 
er felbft eine eigene Ausdehnungsmaſchine dazu erfand 6). 
Ein Arzt Andron von dem man ſonſt nichts weiß, 
als daß er mehrere Arzneivorſchriften angegeben hat DL ift 





1) Nomentlich von Heras. Galen. de corap. med. per gen. 
L.V. c. 1. p. 770. B. T. XUI. Zwei andere Werke des Undreas, 
über den Big giftiger Thiere (vie! Aaxtrur) und Aber Irrtboͤmer 
(ziel rar Judas zırıcrivufrer) werden DON Athenaͤus (VIL 
312.d. e.\angefübrt. Vergl. Fabric. Bibl. Graec. T. XII. p- 57— 59. 


2) Galen. de Subfig. emp..c. 50. p.344. D. T. II. — De simpl. 
med. ac. L. VI. Prooem. p. 144. C. T.XIU. 


3) 5.24 8. 118. 4) Cael. Aurel. Asat. I. III, c. 9. 

5) &bend. e. 12. p. 222. Andere hatten (ao die Aerophobie 
als eine eigene Form beſchrieden. Ya. 

6) Cels.L. VII. c. 21.10. En PEN 


7) Ebend. L. V. c. 20. 8. 4. p. 269.» i Ve. is.p. 3095. 12., 
e. 14. p. 389. 24. — Galen. de Comp. med. sec. loc. L. II. c. 3. 
p- 415. T. XIU: 





312 | | | 
wahrfcheinfich ein Herophileer, und mit Andreas nicht für 


eine Perfon zu halten, avie es zum heil gefchehen ift. 
Chryſermus, felbft nur aus unerheblichen Angaben 


bekannt *), die befonders den Puls betreffen 2), .war der 


Lehrer des 

Heraklides von Erythraea, ber wegen feiner 
Pulslehre mit vieler Auszeihnung erwähnt wird ”), Auch 
er bearbeitete Hippokrates Werke, jedoch nicht mit der ge 
hoͤrigen Sorgfalt *). | 
5 ApoflontusMys von Kittinm war mic ihm CH ryferr 
mus Zuhörer"). Man ruͤhmt ihn wegen ſeiner Bearbeitung der 
Arzneimittellehre *), die er mit einem Werke über die leicht 
zu bereitenden Mittel (wid vr wreeisns Bendnparus) be: 


reicherte 7). In einen weitläuftigen Buche über Herophi⸗ 


lus Sekte ſpychte er Demetrius Meinung über den Sei⸗ 
sontihh Mit den Übrigen fo zu vereinigen, daß er die aus⸗ 
ſchließliche Entzündung ber Bruſthaut und der Kippenmus: 


Fein für möglich erklärte, aber auch eine theilmeife Entzuͤn⸗ 


dung der Lungen annahm, die zuweilen hinzukame *) Zu 
unterſcheiden iſt von dieſem Apollonius ein gleichnami⸗ 
ger Herophileer mit dem Zunamen Ther, ber azu den Aus⸗ 
legern des Hippokrabes gehoͤrt 9), 





...„ x) Plin. Bist nat. L. XXI. c. 22. p. 276 35. 
2) Galen. de Dif. puls. L. IV. c. 9. p. 9.7 T. vor. 
3) Ebend.c. 10.05. -» - - 
4) Galen. Comm.1. in VI. Epid. p.335., IL. in taz. Epid. p.240. T.IX. 
5) Serabo Rer. geogr, L. XIV. p. 954. 1001. 
6). Cels. L. V. Praef. p. 24r. 22. 
7) Galen. de simpl. med. Far. L. VI. Praef. p. 144. B. T. XII. 


8) Cael. Aurel. Acut. L. U. c. 13. p. I70. 
9) Erowar. p. 8. 86. 





i | - 313 


Dioskoridbes Phakas, mit dem Berühnsteften 
Schriftſteller der Arzneimittellehre nicht zu verwechfeln "), 
lebte in Alexandrien unter Kleopatra °?). (Er erflärte 
in ſieben Büchern Hippokratiſche Ausdrüde, größtentheils 
um die Werfe des Bachius a. a. zu widerlegen ) 

Die Schule der Herophileer blieb nicht auf Alerandrien 
befehränft, fondern verbreitete fi ih nad und nach über den 
ganzen Orient. Doch ift ihre Geſchichte fehr dunkel, und 
wir wiſſen von ihren fpätern Mitgliedern weder Zeit noch 
Wohnort genau atızugeben. Ausgemacht ifi es daß der Haupt⸗ 
fiß der Schule unter Auguftus Regierung in Laodicea 
mar, wo fie zu biefer Zeit unter ber Leitung bes Zeuris 
bluͤhete *), eines Zeitgenoffen bes Neraflides von Ery⸗ 
thraͤa *). Durch die Auslegung der Hippokratiſchen Schrif⸗ 
ten iſt auch dieſer Herophileer beruͤhmt geworden 5). Man 
nennt ihn (a. a. O.) einen Empirifer, und fo iſt es aller 
dinge wahrfcheinlih, daß Herophilus Lehre jetzt nicht 
mehr in ihrer urſpruͤnglichen Eigenthuͤmlichkeit erhalten 
war, wiewohl die Meinungen von Zeuris Nachfolgern 
noch immer ſehr dogmarifh find. Aus biefer fpäteren 
Säule find: | u 

Zeno, einer ber gelehrteften Herophileer ”), Aleran 
der Phibaterhee °), und feine Schäler Demoftbenes 





1) Fabric. Bibl. Graec. T. IV. p. 676. Ed. Harles. | 

2) Suid. voc. Aiorxeveidas. 

3) Erotian. a. a. O., 

4) Serabo. Rer. geogr. L. XII. p. 869. 

5) Erodan.p.216. | 

6) Galen. Comm. VII. in Aph.7 70.p:.333.T.R, 
7) Goalen. de Di. puls. L. IV. c. 8. p. 93. — Eroslan. p. 216. 
8) Galen.a.0.D. 44 p-90. 


3z331 I 
Philbalethes *) und Ariſtorenus *) hervorgegangen. 
Ihre Namen haben ſich beſonders in. der Pulslehre erbals 


J ten, Demoſthenes aber gehört zu: den beffern: ophthalmo⸗ 


logiſchen Schriftftellern, weshalb mehrere vom den. fpätererz: 
Griechen: vielen Werth: auf fein Anfehn legen: ?). - 

Gaius iff ein Herophileiſcher Schriftſteller uͤber die 
Waſſerſcheu, die er fuͤr eine Krankheit des Gehirns 
und ſeiner Haͤute, alſo für ein eigentliches Mervenübel ers- 
klaͤrte *). 

So ſchließt diefe berühmte Schule von Aerzten, die ſich 
‚mehrere Jahrhunderte erhielt, wiewohl fie von ihren Mits 
gliedern gelehrte Bildung forderte %) Zwei KHinderniffe 
waren es, bie fie niemals zu hoher felbftftändiger Entwicke⸗ 
lung. emporfommerr ließen: Die Schlingen der Dialektik, 
bie nur den. Schein und die gehaltlofe Form von Gewiß—⸗ 
“heit geben, und die Sucht, alte Meifterwerfe auszulegen , 
der die Wortbedeutung und der Buchſtabe genügt, der Geift 
aber Nebenfache ift. 
j ‚eg so 

Tpeilung ber Heilkunde im drei Faͤcher. 

Das Zeitalter des Herophilus und Erafiftratus 
brachte nun auch eine Veränderung, die wir— jedesmal ein: 
treten fehen, wenn irgend eine Wiſſenſchaft vietfeitig und 
mit allgemeinem Fleiße bearbeitet wird. ine ſchaͤrfere 





1) Ebend. c. 5. 

2) Ebend. c. 7. p. 92- Ä i 
3) Acı. Teirabi. vu. 12. — Oribas. Synops. VII 4o. 
4) Cael. Aurel. Acut. L. III. c. 14. p. 225. 

5) Plin. Hier, nat. L XXIX. c. 1. pı 494. 6. 


315 


Trennung ber Heilkunde in ihre einzelnen Lehren. Für 
ieße ſchieden fi die Diaͤtetik die Pharmacie und die 
Chirurgie mehr von „einander *), niche daß fie durchgängig 
Aerzte gefunden, die fi ih ihrer Ausbildung einfeitig und 
ausfchließlich gewidmet hätten, aber doch fo, daß die auss 
üibende Heilfunde von nun ar biefe drei Richtungen nahm, 
und es jedem unbenommen blieb, auf dem Wege zur Voll 
fommenbeit zu, fteeben, worauf ihn Anlage und Neigung 
binfährten. 

Für die Chirurgie befonders war biefe Trennung dus 
herſt vortheilhaft: Sie bereicherte ſich mit zahlreichen neuen 
Erfindungen, ihre einzelnen Theile wurden mehr verfeinert, 
md vor allen der medhanifche zu ausgezeichneter Vollendung 
erheben. Doc; kommt man unter folchen Umftänden leicht 
auf den Abweg der Uebertreidung, man erfand fehr zufams 
mengefeßte Werkzeuge und fehr Funftreihe Mafıhinen, aber 
mar entfernte fich zw-fehr von der noͤthigen Einfachheit, 
md verließ fi auch da auf die todte Mafchinemfraft, we 
der Gebrauch der Hände größere Vortheile gewaͤhrt. So 
zeigt ſich wenigſtens die Alerandrinifhe Chirurgie in der 
Lehre von den Beinbruͤchen und Verrenfungen, ıworüber es 
noch am meiften- erlaubt ift zu urtheifen, denn von allem 
äbrigen haben wir nur fehr mangelhafte Bruchftüde, die 
einzigen Weberrefte fehr zahlreicher und umfaffender Werke. 


In den Gymnaſien hatte man bisher die Berrenfungen und ' 


Beindruͤche ohne Mafhinen, ober mit fehr einfachen, wie 
die Hippokratiſchen find, eingerichtet °), und man kann 


1) Cels. Praef. p. 3. 11- 

@) Diefe Meihodus palaestrice, mie man fie nannte, wurde 
nicht ganz verdrängt, fondern beſtand in der Folge noch neben der 
fünfllihen Maſchinenmethode. Oridas. de Machinameat, C. 1. p. 17. 
Ed. Batıl. 1557. 





| 316 u \ 
vorausſetzen, baß bier die Korpergewandtheit der Griechen | 
zu manchen finnreichen Erfindungen geführt hat. Nach und 
nad). vermehrte fid) aber die Zahl der Maſchinen, man ftellte 
fie au in den Gymnaſien auf ?), und. jeder Chirurg fühlee 
ſich berufen, bierin Berbefferungen zu machen, und feine 
Erfindungen dem vorhandenen Borrath beizufügen. Philis 
ion, An dbreas und Demoſthenes haben auch hierin 
ihren Namen auf die Nachwelt gebracht ?), und fo meis ging 
‚ber Eifer, biefen Theil der Kunſt zu erweitern, daß man 
au von. den Arditeften, z. B. von Archimedes und 
Apellides entlehnte, was irgend mit der Chirurgie ver⸗ 
einbar ſchien °) 
Das: uͤblichſte, und fuͤr alle Verrenkungen und Bein⸗ 
bruͤche gemeinſchaftliche Werkzeug, war die Leiter, worauf 
man den Verletzten wie auf die Folter aufſpannte, indem 
man eine Sproſſe als feſten Punkt, und Flaſchenzuͤge oder 
Winden zur Ausdehnung und Gegenausdehnung benutzte. 
Dieſe Art Vorrichtungen haben ſich oft als ſehr heilſam 
bewaͤhrt, man: wußte nur ihren Gebrauch nicht auf bie 
Falle einzufchränfen, die fie allein erfordern. Ausdehnungs⸗ 
mafchinen gab es nun mehrere, wefentlich waren fie indef 
ſen wenig verſchieden, und kamen auch darin uͤberein, daß 
man ſie mit Schrauben oder Haken an einen ſchicklichen 
Ort der Leiter befeſtigte. Das Trispastum war die verklei⸗ 
nerte Maſchine des Archimedes um Schiffe ans Land zu 
zu ziehen, bie Paſikrates zum chirurgiſchen Gebrauche 
eingerichtet hatte *). Dann gehört das Plinthium des ' 





1) Ebend. C. 8. p. 33. 

2) Ebend. C. 4. p. 20. 93. 
3) Ebend.'C. 26. p. 65. 
4) Ebend. p. 67.70. 


—8RV 


. 817 
bes Nileus bierber, ein (änglichter ftarfer Rahmen mit 
einer gewoͤhnlichen Winde, an deffen Verbefferung. derfelbe 
Pafitrates gearbeitet hatte 2); ferner das Glossocomum 
des Nymphodorus, ein viereckiger ſtarker Kaſten mit 
einer Winde und einer Schraube ohne Ende ”). In ſeiner 
erſten Geſtalt war es ſchwerfaͤllig, aber von Ari ffion, dem 
Sohne des Pafifrares weſentlich verbeffert morden. 
Endlich die Bank des Hippofrates (Bram, Addea 'Ime.), 
ein ſechs Fuß langes und zmei Fuß breites Brett ; worauf 
der Kranke Bequem Tiegen Eonnte, an beiden Enden mit 
Winden zur Ausdehnung und Gegenaustehnung verfeben ®). 

Nicht weniger hielten die Alerandriner auf die ges 
ſchickte Anlegung des Verbandes, mo nan zwar vieles wie 
der anf bleße Künftelei hinauslief, das meifte jedoch fehr 
zweckmaͤßig war, und felbft der neueren Ehirurgie zu Stat⸗ 
ten gefommen if. Denn unfere Bindenlehre ift im Ganzen 
genommen die von Jahrhundert zu Jahrhundert überlieferte 
Alexandriniſche *%). Schon bie Hippokratiſchen Dogmatifer 
hatten jene Kunftfertigfeit eingeführt, und manche finnreiche 
Erfindung binterlaffen, vor allen Diofles °), deſſen Chie 
rurgie von nicht gewoͤhnlicher Vollkommenheit mar ®). Jetzt 
aber wurde alles weit mehr vervielfältigt, auch ſchien bie: 
Vervollftändigung der übrigen Lehren eine Erweiterung die 





1) Ebend. C. 8. p. 30. 39, 
2) Ebend. C. 24. p. 60. 
3) Ebend. C. 29. p. 84. 


4) Bergl. die Abbildungen zum ‚Baten, im erſten Bande | 
der Chartierſchen Ausgabe, 

5) Heliodor. de Fasc. C.6. p-5ar. Ed. Chart. T. XII. — Galen. 
de Fasc. C. 19. p- 478. Ex erfand die noch übliche Scapha. 

6) $. 39. ©. 218. 


N 











x 
- 


318 7 
fer Art zu erfordern. Bon Amyntas*), Perigenes *), 


"Softratus »), Apollonins Ther *), und dem Ems 


pirifer Glaͤucias ,) wiſſen wir, daß ſie brauchdare Bin⸗ 
den anhegeben haben, und was noch ohne die Namen der 
Erfinder auf uns gekommen iſt, gehört gewiß groͤßtentheils 
derſelben Schule von Chirurgen an, fo wie denn auch dier 
felbe Are und Weife, die Chirurgie zu bearbeiten, auf bie 


. fpätexen Nachfolger überging. 


Die meiften Operationen, die man im Alterthum mit: 
Ueberlegung und Gefchicklichkeit ausführte, und es gab de 
ren “eine, große Zahl, wurden ‚von der Alerandrinifchen 
Schule verbeflert, und nad wiſſenſchaftlichen Grundſaͤtzen 
angeordnet. Wahrſcheinlich gilt dies von der Niederdruͤk⸗ 
fung des Staars (auf die Ausziehung deffelben Fam man 
erft einige Jahrhunderte fpäter), deren Erfindung fi ch in 
den fernſten Zeiten verliert, ausgemacht iſt es aber vom 
Steinſchnitt mit der kleinen Geraͤthſchaft 9%, womit ſich 
mehrere Chirurgen, wie in neueren Zeiten vorzugsweiſe be 
fchäftigten. Man nannte fie Lichotomen, und gemiß gab es 


deren viele, die allein auf diefe Operation eingeuͤbt waren ; 





1) Heliodor.:a. a. O. C. 12. p. 523. — Galen. a a. O. 


C. 58, 61, 89. p. 486, 487, 493. Wegen einer Verſchwoͤrung ge 


gen Prolemäus Philadelphus wurde er mit frinem Mitſchul⸗ 


digen Ehrufipp 1538 ©. 208.) Gingerlätet. Thooer. Iayll. 


XVD. v. 128. Schol. 
2) Galen. a. a. D.C. 80. p. 4g1. 
3) Ebend. C. 87, 108, 102. p. 493, 496. 


4) Ebend.C. 104. p. 466: — Beltodor, C. 22. p. 526. Erfand 
dem Monops. 


5) Galen. aa. ©, C. 18. 21, 77. p- AB; 479, 489. 
6) Cels.L. VII. c. 26. 2. p. 475. 


rn 319 
Sei einigen, deren Andenfen ung erhalten ift, kann Ayan. ie 
doch eine gründlichere chirurgiſche Ausbildung vorausfeßen, 
als den bloßen Steinfhneidern fonft eigen zu fein pflegte, 
Zu diefen gehört Ammonius von Alerandrien mit dem 
Deinamen der Lithoto m, ein ſehr geruͤhmter Bearbeiter 
der Chirurgie °), der eine etwas fehwerfällige VBerfahrunge: 
art erfand, einen zu großen Stein zu zerfleinern. Cr faßte 
ihn nämlich. mit einem löffelähnlichen Werkzeuge, gab dies 
einem Gebülfen zu halten, feste ‚darauf einen runden 
Kumpffsisigen . Meißel an, und zerträmmerte dann den 
Stein mit einem oder mehreren Hammerſchlaͤgen *), 

Auch die Lehre von den Brühen murde in der 
Alerandrinifchen Schule fehr befördert, wie man aug der 
Anführung feltener Arten derfelben ſchließen kann. Heron 
(es gab zwei Aterandriner diefes Namens 2), beſchrieb mehr 
. ze Arten des Mabelbruches, den Darmbruch, den Netz⸗ 
bruch und die bloße Anfuͤllung des Nabels mit Luft, die 
kurze Zeit nor ibm Gorgias angegeben hatte; außerdem 
beobachtete Softratus gutartige und bösartige Fleiſchge— 
waͤchſe an diefer Stelle +), So murden denn wahrſchein⸗ 


lich auch alle übrigen Theile der Chirurgie von diefen Chi 


rurgen den Bebdürfniffen, der foregefchrittenen Zeit angeeignet, 
und mas in der Folge darin- geleiſtet ward, ſtuͤtzte ſich auf 


die gegebene haltbare Grundlage. Die meiſten von ihnen 


bearbeiteten mit der Chirurgie auch die Augenheilkunde, doch 
iſt die fruͤhere Geſchichte derſelben aͤußerſt dunkel. Wir 
wiſſen nur, daß Demoſthenes, Nileus °), der Em⸗ 


1) Ebend. Praef. p. 406. 4 

2) Ebend. c. 26. 3: p. 481. 4. | 
3) Ebend. Praef. p. 406. 3. 4) Ebend. C. 14. p. 448. 
5) Oribas. Synops. L. IH. p. 104. 


! 


3200000000. 

piriker Heraklides von Tarent und mehrere andere, von 
denen wir viele Arzneivorſchriften beſttzen, ſich damit ber 
fesäftigt haben, und unter. ben Tpäteren Ophthalmologen 
Dhilon, der Empirifr Dionyfius, Kleon, Euel 
pis, Thedotus, Philetes und andere, die zum heil 
in Rom lebten und noch Tpäter vorfommen werben, bee 
ruͤhmt geworden find *). 

Das vorzäglichfte ſyſtematiſche Lehrbuch über Chirurgie 
war von Philorenus. Es ſcheint alle* Lehren derſelben 
umfaßt zu haben, feinen Werth können mir jedoch nur aus 
dem Lobe der übrigen‘ Schriftfteller beurtheilen 2), indem 
nur noch einzelne Arzneivorfchriften daraus bei Galen aufs 
bewahrt find. Alle Abrigen haben nur einzelne Theile bes 
arbeitet, wie der Herophiler Demetrius, ein Schrifts 
fteller über Kopfverlegungen *), ber noch berühmtere &os 
firatus, ber außer einem größern Werfe über Thierge⸗ 
ſchichte *), ein anderes Aber den Stich und DBiß giftiger 
Thiere hinterließ °), der Erafifiratdee Apollonius von 
Memphis °), und der Herophileer Apollonius von Kits 
tium, der mehrere noch ungedruct vorhandene Buͤcher über 
die Gelenfe Herausgab 7). Beide zähle man zu den aus 
| gezeich⸗ 





1) Cels. L. V. c. B. 8. 3. p. 351. 204. 
2) Ebend. L. VN. Praef. p. 405. 34. 
3) Soran. de Sign. fracturar. C.9.p.26. Ed. Cocchii. Flor. 1754. 
4) Schol. in Nicandr. Theriac. v. 565. p. 90. Ed. Scha. 


5) Ebend. v. 764. p. 109. Die Bauchfiſteln hielt ex für un⸗ 
hellbar. Ceis. L. VII: c. 4. p. 413. 12. 

6) $ 47 ©. 293. 

7) Sie find In der Sommlung des Nicetas in der Floren⸗ 
tinifchen Bibliothek enthalten. Cocchi, Graecorum chirargici Libri. 
p: 13. 14. 


321 


gezeichneten Ehirurgen *). Ben Protarhus waren meh 
rere Mittel in Gebrauch *), unter andern ein fehr zufams 
mengefeßtes gegen Kräße, mit Grünfpen, aber ohne Schme; 
fel; berähmt war feine Mafchine zur Einrichtung bes ver 
renkten Oberſchenkels »). Außer diefen koͤnnten ohne er⸗ 
heblichen Nutzen noch mehrere aufgezaͤhlt werden. 
Nicht in dem Sinne wie die Chirurgie, trennte ſich 
die Pharmacie von der uͤbrigen Heilkunde. Man ſing in 
Alexandrien an, die pharmaceutiſche Medicin mehr zn bear⸗ 
beiten, d. 5. die Kunft, die Krankheiten vorzugsweiſe durch 
Arzneimittel zu befämpfen, und wir fahen die Vorliebe da; 
für von Deropbilus und Erafiftratus auf ihre Schu; 
len übergehen. Die frühere Heiltunde mußte wohl hierin 
arm und mangelhaft erfcheinen, jetzt aber verfuchte man 
zabllofe neue Mittel, man erfand neue Zufammenfegungen, 
und erfihuf eine Pharmacie, die in, den Werfen der Hippos 
fratifhen Dogmatifer nur in Bruchſtuͤcken vorhanden, und 
größtentheils aus den verwandten techniſchen Künften her⸗ 
vorgegangen war, für jebt aber mit der Arzneimittellehre 
und der fehr ausgebildeten Giftlehre verbunden blieb.” Es 
‚gab noch feine wiſſenſchaftliche Chemie, chemifhe Kunftfer- 
tigkeit in der Bereitung der Mineralien und Pflanzenftoffe 
war alles, ‘worauf fih die Pharmacie gründen: Eonnte. 
Auch hatte das Alterthum keine eigentlichen Apotheker, beren 
Deruf es .gewefen wäre, Arzneimittel nach beftimmter Bor; 
fchrift anzufertigen, fondern die Aerzte bereiteten diefe felbft, 
oder ließen fie in ihren. Wohnungen unter ihrer Aufficht Bes 
reiten, und bie, von denen he ihren Bedarf bezogen, waren 


I), Cels. 1,VIL. p. 406. 3. . 
2) Ebend. L. V.c. 18. 8. 18. p. 255. c. 28. 9. 16. . 338.23. 
3) Ebend. L. VOL. c. 20. p. 554. ar. 

L 0a ’ xX 


322 


J . \ 
entweder Kräuterfammier, oder Krämer, oder Salben⸗ und 


Sarbenbereiter, oder fonft Lente, die in mancherlei techni⸗ 
ſchen Künften mit Arzneiſtoffen zu thun harten. 

Die Altefte Klaffe von diefen Leuten waren die Kraͤu⸗ 
terfammler, Seloranes> bie es gewiß ſchon lange,vor Hips - 
pofrates gegeben hat, denn es bedarf zum Emporfommen 
Diefes Erwerbes_gar nicht einmal ber Aerzte; das Bedürfniß 
pflegt ihn ſchon bei halbgebildeten Völkern einzuführen. Zu 
Theophraſt's Zeiten *). befaßten fi ch damit eine „große 
Menge von Menfchen, bie der Bolfsmebicin ihren Bedarf 
zuführten, und mithin auch feine anderen Kenntniffe brauch 
ten, als die des Volkes, die überall mit riner großen Zu⸗⸗ 
gabe von Aberglauben ausgeftattet find, und durch den Sins 
flug der Wiffenfchaften wenig weiter kommen. Diefe Ru 
zotomen (herbarii, Beemerdyen Beranze) boten ihre Waa⸗ 
ven ‚auf Öffentlicher Straße, auf Ständen oder in Buden 
feil, und es laͤßt fich vorausfeßen, daß fie auch nebenbei 
das Geſchaͤft von Quadfalbern - übernomnfen haben. Die 


Weitere Dereitung ber einfachen Arzneien war ihre Sache 


nicht, wie man denn auch die. Kenntniß der einfachen 
Pflanzenmittel Rhizotomie nannte *), Biele Rhizotomen, 
die ſich etwas mehr zutrauten, ſuchten dann in der Folge, 
wahrſcheinlich aber ſchon zu Hippofrates Zeiten, ihren 
Betrieb zu erweitern, indem ſie auch die Vereitung zuſam⸗ 


. mengefester Mittel Abernahmen, - deren Zahl fih bei 


den Fortfchritten der Heilkunde nach und nach bebew 
tend vermehrte. Dies waren die Arzneifrämer, (Pueme- 





1) Histor, plantar. L. IX. c. 9. 


2) Plin. Hist. aai. L. XX. æ. 23. p. 228. 4. Hier wird. 
‚bes Werk eines gereiffen Wicton über Rotzotomie angefuͤhrt, 
91 betitelt. 


“. 


323 


zerwraı %), medicamentarii) deren Gefhäft mit dem un⸗ 
ſerer Apochefer noch am meiſten übereintam. Sie werden 
ausdrädtich *) von den Rhizotomen unterfchieben, hatten 
aber, wie biefe, Arzneiftände und Duden, weshalb men 
fie medid sellalarii (Jerdpgıg img) nannte. Ihr Waa—⸗ 
renfager hieß, wie jede Vorrathskammer, uwedans. Dann 
gab es aber auch herumziehende Pharmafopoien, bie beſon⸗ 
ders mit Gegengiften Handel trieben, von den Biften ſelbſt 
genaue Kenneniß hatten, und bei Berlebumgen von giftigen 
Thieren und Ähnlichen Gelegenheiten ihre Dienfte anbeten. 
Damit befchäftigten fi bei den Römern beſonders die 
Marfer und Pſyller, wie denn jederzeit gewiſſe Gegenden 
das Figenthämliche haben, Arzneifrämer in alle Länder aus 
mſenden. Bon diefer X‘ waren die eigentlichen Markt: 
ſchreier und Quackſalber des Alterthums, (medici eircum- Bu 
foranel, circulatores, circuitores, wıgiedwral, eyiaywych, 
srsern) boch gab es auch andere, wie es die Umftände 
Bei den verfchiedenen Völkern mit fih führten *). 
Uebrigens betrachtete man die Arzneimittel, einfache 
forvohl wie bereitete, als eine gemeinfame Handelswaare, 
wodurch fie der Berfälfchung und Gewinnſucht um fo mehr 
preis gegeben wurden. Die Kaufleute, die außer den Arg 
neiwaaren Farben für Maler und Färber, Salben und den 


x 
. 





1) Pagmaxereißu: hießen ihre Urbeiter, gewoͤhnlich Skla⸗ 
von. Uebrigens Yat Yaynazırris Puppuzereis u. a aud die . 
Bedentung von Farbenbereiter, Giftmiſcher, Bereiter von Zau⸗ 
Berwitteln u. dergl. Eben fo medicameniarius und Die verwand⸗ 
sn Ausdehde- x 

2) Theöphran. aD. 

. 3) Doß diefe Leute auch zu GBiftwlicherelen gebraucht wur 
den, zeigt das. Beifpiel bed Mertsfäreirs 0 L. Clodins bei Cicero, 
Orat. pro A. Cluönt. C. 14. W 
z 2 


⸗ 





‚324 


Bedarf für Salbenbereiter führten, nannte man Sepla- 
sierii ') ( warremnninsı, nudsAinel, gmrezwänı, pigmentarii 
wuusragid). Bon ihnen, wie von den Rhizotomen kauf—⸗ 
ten die Aerzte ihre einfachen Arzneien, um fie felbft zu be 
reiten, und wenn ihnen auch dies zu beſchwerlich murde, 
wie es wohl eftmals der Fall war ?), felbft zufammenger 
fegte Mittel, Pflafter, Kollyrien, Paftillen u. a. 

Die Kunft, Salben und Oehle zu bereiten, ging von 
Aegypten zuerft auf Griechenland über. Noch zu Hippo, 
Erates Zeiten ließ man indeffen die beffern Waaren diefer 
Art fortwäheend aus jenem Sande fommen, bis das Der 
duͤrfniß auch hierin den Kunftfleiß allgemeiner geweckt hatte. 


‚ Salbenbereiter (sverde, mugerwäus. unguentarii) gab es 


daher aller Orten; und wie rgit fie in ihrer Kunſt gefoms 
men waren, zeigt die Menge und Berfchiedenheit diefer 


Luxusartikel, bie von den Aerzten häufig verord:st, 
“und: zu mancherlei nuͤtzlichen Bereitungen benutzt wur⸗ 


den 2). 
Endlich machte die Diatetit, mit Inbegriff der Sy 





1) Der Name kommt von der Via Seplasia In Capua, wo 
biefer Handel urſpruͤnglich ftark getrieben wurde. Cic. Pis. 7. 11. 
Agr. U. 34. Sext. 8. 


a) Pilir. Hist. nat. L. XXXIV. c. 11. p. 661. 8. _ Atque haec 
omnia medicı (quod pace eorum dixisse Ticeaf) ignorant, pars maior 
et nomina: in tapytum «a confrciendia medicaminibus absunt, quod esse, 


. proprism medicinae solebat. Nunc quoties incidere in libellos, 


componere ex his volentes aliqua , hoc €st, impendio miserorum ex- 
periri commentarıa, credunt Seplasiae omnia fraudıbas corrumpenti. 
Jam quidem facta emplastra et collyrie mercantur. etc.. 


3) Diosöorid. Mat. med. L.L c. 28. seq. — Vergl. über alle 
biefe Gegenſtaände: Salmas. Plinien. exercitt. ia Soliai Polybistora, 
p- 739. a. D. — 741.0... 


| u 325 
gieine in den Alexandriniſchen Schulen bedeutende Fort⸗ 
ſchritte, beſonders in ber Eraſiſtrataͤiſchen, die von der 
Aegyptiſchen und Pothagoriſchen Heilkunde hiesin fo vieles 
anfgenommen hatte. Ihr Zuftand in einer etwas ſpaͤteren 
Zeit bemeift genugfam,’ mit welcher Sorgfalt man auch 
hierin zu Werke gegangen war 5). 





Sünfter Abſchnitt. 


Schule der Empiriker. 


G. 3. 
Srundſaͤtze der Empirie. 

Welchen Einfluß die Philoſophien auf die Heilkunde 
ausgeuͤbt hatten, und mie mächtig die Willkuͤhr der Aerzte 
gewefen war, ergiebt fi aus dem Dargeſtellten. Die 
wahre Erfahrungsheilfunde hatte feit Hippofrates nicht 


‚wieder geblüht, und fie war durch das Grundübel aller 


bisherigen Lehrgebäube, vorgefaßgen Anfichten Die Natur 
enterzuorbnen, und alle Erfiheinungen analytiſch erflären. 
zu wollen, von iheem Standpunkte fo weit enträdt wor. 
den, daß fie wohl an Ausdehnung zunehmen, an innerem 
Gehalte aber nicht mehr gewinnen konnte. Da entwickelte 
ſich mitten aus dem dogmatiſchen Treiben der Alexandriner 
sie Lehre, worin die Grundfaͤtze der Erfahrung in ihrer 
völligen Reinheit erfchienen, und die Natur feldft mehr als 


‘in irgend einer -andern als Schiedsrichterin und Lehrerin 


anerkannt wurde. Ihre gefchichtliche. Entwickelung iſt fol: 
gende: Philinus von. Kos, ein Schüler. des. Herophi— 





4) Ceu.LEc. 2.2.2. eg 


26 _ on 
us, und wie faft alle Herophileer ein fleißiger Ausleger 
des Hippokrates *), verwarf die hergebrachte Humoral⸗ 
pathologie mir Widerwillen, und erklärte ſich gegen jede, 
bogmatifhe Verfahrungsweiſe mit, fo vieler Kraft, daß er 
bdas Rieſenwerk unternahm, die ganze ausübende Heilkunde 
auf die reine Beobachtung der Matur zu gründen, und die 
foftematifchen VBeimifhungen "von. ihr ausjufcliefen *). 
Dies allein fichert ihm ein ehrenvolleres Andenken ,. als 
wenn jene von ihm in ein glänzendes Lehrgebäude gefüge 
worden wäre, und die Zeftigkeit, mit der feine Anhänger 
in eine eigene berühmte Schule zufammentraten, verbärgt 
es hinreichend, mit welchem, Ernft und mit welcher Webers 
legenheit er feine Ueberzeugung zu erhalten wußte. Won 
ihm felbft find leider nur einige Arzneimittel auf die Nach⸗ 
welt gefommen *), und nicht ein einziger Gedanke, womit 
er dem fepbiftifhen Strome feiner Zeit einen Damm ent 
Begenfeßte. 

Sein. Nahfolger Serapion von Alerandrien, ben 
einige für den Gründer der empirifchen Schule Halten *), 
weil er bie ſchon aufgeftellten Grundfäge mit mehe Annas 
ung zu verbreiten ſuchte, hat fi wahrſcheinlich um bie 
‘neue Lehre fein größeres Verdienſt, als eben dies erwor⸗ 
den. Mit unerhörter Heftigkeit und Eigenliebe befämpfte 
. we den Dippofrates, verathtete die wärbdigen dogmatis 
ſchen Vorfahren, und ließ die ganze Heilkunde von feinem 
Geſchrei miebertönen *), das immer bei der Einführung 





1) -Und bierin Gegner des Bacchius. Erasian. p. 8. 

2) Galen. Introd. C. 4. p. 303. Tom. m. — 
3) Galen. da Comp. mad. see.loc. L. VI. c. & p.558. T. KIEL 
4) Cels. Praef. p. 3. a1. 

5) Galen. de Subfg. empirie. 6. 13.9.346. 0. 7.M. 


— 


——;r- — —— 


! 
327. 
neuer Anfühten viel Eräftiger wirkt, als Die ftille Thaͤtigkeit 
eines Gelehrten. Schon hieraus ift leicht erfichtlich, daß 
der von Herophilus ererbte Widerndille gegen bie dogs 
matifhen Dumcralparbologen, ben diefer große Mann nur 
zu weit auch auf Hippotrates ausgedehnt hatte, eine 
der naͤchſten Beranlaffungen zur Eutſtehung diefer Schule 
war. In der Vorliebe zu den Arzneimitteln und dem Eifer, 
ihre Wirfungen zu ergründen, famen die Empirifer. mit 
den Herophileern vollig überein, und fuchten fie wo moͤg⸗ 
Gh noch zu übertreffen. Serapion hat. es bierin gewiß 
allen . feinem Zeitgenoffen zuvorgerhan, denn er bediente fich 
felbft hoͤchſt abentheusrliher Mittel, worin ihn feine Bor 
urtheile Wunderkräfte finden ließen; z. B. verordnete er in 
der Fallſucht Kameelgehirn, Haſenherz, Schildkroͤtenblut, 
Krokobillenkoth, die Hoden vom Hahn, vom Bock oder vom 
Eder w. m. dergl. Auch die berühmteften Empiriker, tie 
Heraflides von Tarent, gaben diefer Art von Arzneien 
ihren Beifall *). Ueberhaupt waren Serapion’s Be 
handlungsarten ſehr ſtuͤrmiſch, er liebte die flarfen drafts 
fen Mittel, und fan bierin immer für einen Empiriker 
in der uͤblern Bedeutung des Namens gelten. ‘Doch machte 
er auf demfelben Wege auch gute Erfiniamgen, wahrſchein⸗ 
ih ift es wenigftens, daß er bie Heilkraft des Schwefels 
gegen Kräße und andere langwierige Hautübel entdeckt 
bat ”). Im Uebrigen muß feine Therapie etwas verwor⸗ 
een, und feine Screibart in einem gsoßen Werke darüber 
(Libri eurationam), fo wie in einem andern gegen die Sekten ’) 


») Cael. Aurel. Chren.L. I, c. 4. p. 322 

2) Cels. L. V. c. a2b. 8. -17 p. 340. 4 

3) Cadl; Aurel. Acat. L.AL. c. 4. p- 195., ©, 8. p- ara,e. dı. 
p- 263. Chron. L.Le. 4 p 302. Act. L. I. e. 6. p. 84. 


1 





/ 328 , ” N 


febr dunkel geweſen fein, und ſchon daraus laßt ſich mit 
Gewißheit annehmen, daß er zur wiſſenſchaftlichen Ausbil⸗ 
dung der Empirie nur wenig beigetragen hat. 

Die Lehre der Empiriker iſt von dem Vorwurfe einer 
großen Einſeitigkeit durchaus nicht frei, indem ſie ihren 
Bekennern nur verſtattete, ausuͤbende Aerzte zu werden, und 
ohne Ausnahme alle theoretiſchen Faͤcher ausſchloß, die nicht 
mit der Kunſt, Krankheiten zu heilen, unmittelbar in Ver⸗ 
bindung ſtanden. Groß war der Irrthum, ſelbſt die Ana⸗ 
tomie und die Phyſiologie fuͤr theoretiſch und von der Will⸗ 
kuͤhr ihrer Bearbeiter für abhängig zu erklären, wodurch 

der Mebicin ihre wiſſenſchaftliche Grundlage entzagen wurde, _ 
‚ bie ja doch eben ſowohl wie die Kranfheitslehre und die, 
Therapie aus der Wahrnehmung durch die Sinne und ber 
Erfahrung hervorgeht. Dadurch mußte wohl die theilmweife 
\ fhon fo trefflih bearbeitete Heilkunde auf ein enges Feld 
-eingefhränke werden, und felbkt der ausfbende Theil der; , 
felben, das eigentliche Fach der Empiriker; einen dräden 
"ben unerfeglichen Mangel erleiden. Wie fehr wird überdies 
durch Grundſaͤtze dieſer Art die Oberflaͤchlichkeit befoͤrdert, 
und wie leicht ſchwindet der Eifer fuͤr hoͤhere Forſchung, 
der im Dunkel der Erkenntniß auch durch Vermuthung zur 
Wahrheit emporſtreben ſoll! Die Vernachlaͤſſigung, der 
Anatomie fuchten die Empiriker mit dem abentheuerlichen 
Grunde zu entfhuldigen, daß die Theile im todten Koͤrper 
ſich ganz anders, als im lebenden verhielten, und ſo viel 
in dieſem erkannt werden koͤnnte, ſchon die Behandlung 
großer Verletzungen an die Hand gäbe (reuumarın) Seugie), 
wozu die Gelegenheit fi jedem Arzte beim Heilgefhäfte 
felbft darbͤte. Die Graufamfeit des Herophilus und 
Eraſ. iſtratus, lebende Menſchen aufzuſchneiden, um die 
Vertichtungen der innern Theile zu beobachten, ſei aus dem⸗ 


[ 


' 


| 329 
feiben Grunde nutzlos für die Wiſſenſchaft: Blutverluſt und 
Schmerz bringe hier noch größere Weränderungen hervor, 
als die gewöhnlichen Kranfheitsurfachen, man koͤnne daher 
nur auf Irrthuͤmer tommen , und fähe wohl, wie die Eins 
gerveide fih im Sterbenden und Todten, nicht aber, wie 
fie ih im Lebenden verbieiten. Phyſiologiſche Kenntniffe, 
die man ihnen in fofern nicht ganz abfpredden kann, ale fte 
größtentheils mit. ben Fächern der Heilkunde, die fie auss 
Abten, eng verbunden find, fonnten fie daher nur aus der 
Beobachtung der Kranfheiten entnehmen, niemals haben 
fie aber dieſe Bruhfkide in ein zufammenhängendes Ganze 


vereinigt. 


In der ausäbenden Heilkunde felbft erklärten fie die 
Erforfhung der nächften Urfachen nad) den Grundfägen der 
theoretifchen Phyfiofogie für durchaus uͤberſtuͤſſig und nad 
teilig, weil ftd daraus nur Menfchenfagung ergdbe und 
die Natur an ſich unbegreiflich fei; eine Behauptung, die 
zur Reinigung der Medicin von ihrem begmatifchen Ballaſt 
gewiß das meifte beigetragen hat. Warum folle man denn 
dem Hippokrates mehr glauben, als dem Herophilus? 
Wolle man bei theoretifhen Gründen ftehen bfeiben, fo 
wären fie mit ihren zahllofen Widerſpruͤchen noch von allen 
Dogmatifern beiviefen worden, und dann müßten die Phi: 


- Iofophen die größten Aerzte fein, denen die Worte zu Ge 


bote ftänden, die aber deshalb noch feine Krankheiten bes 
handeln koͤnnten. Saͤhe man aber bloß auf die Erfolge 
der Behandlung, fo hätten ja alle Theoretifer ihre Kranken 
geheilt, und. man inne ihrem Scharffinn eben fo we 
nig, als thren beglaubigten Beobachtungen Beifall verfas 
gen. Ueberdies laffe fich fchon deshalb Feine feftftehende 
Theorie der Heilkunſt begründen, weil die Natur ber 
Kranfheiten nach der Ortslage verfchieden fei. Cine andere 


we 


Heilkunſt beduͤrfe mar in Aegypten, eine andere in After, 
‚ eing andere im Griechenland, ein offenbarer Beweis, daß 
die Krankheiten nicht aus den hypothetiſchen Urſachen her⸗ 
vorgingen, die doch überall dieſelben fein müßten. So 
lebten ſie nur in der Wahrnehmung des Einzelnen, voll 
Mißtrauen gegen die Fähigkeit des menſchlichen Geiſtes, 
fegten zu viel Gewicht auf unweſentliche Verſchiedenheiten 
der Erſcheinungen, und waren daher außer Stande, jemals 
einen allgemeinen Theil der Heilkunde zu erſchaffen, der 
das Wirken der Natur in höheren, dem Beſondern ent- 
-: nommenen Lehrfägen. ansdrüden fol °). Auch Die Heilart 
nach den offenbaren Urſachen hielten fie nicht für durchgaͤn⸗ 
gig anwendbar; man fähe ja, woraus eine Wunde, woraus 
Augenentzündung entflände, koͤnnte aber beide deshalb noch 
"nicht Heilen, und fo ift es allerdings glaublich, daß fie auch 
die Kauſalindikation niche gehörig ausgebildet haben. Die - 
hypothetiſche nach der willkuͤhrlichen Annahme der naͤchſten 
Urſachen verwarfen ſie unbedingt. Weil man nun auf Un⸗ 
gewißheit und unbegreifliche Dinge nichts ficheres bauen 
konne, fo muͤſſe man lieber von dem Gewiſſen und Feſtſto⸗ 
henden die Behandlung der Krankheiten entlehnen, dB. 
von dem, was ber Augenfchein und bie Beobachtung felbft 

‚ gelehrt habe. Ohne Erfahrung koͤnne man eben fo wenig 
ein Arzt, als ein Landwirth oder Steuermann merden. 
Dadurch allein fei die Heilkunſt entftanden, und die Theorie 
nur fpäter binzugefommen. Lehre dieſe aber baffelbe wie 
bie Erfahrung, fo fei fie überfiäffig,. lehre fie etwas ande⸗ 
res, fo müffe man fie als ſchaͤdlich verwerfen. Dadurch fei 
das zernänftige Machbenfen durchaus nicht ausgeſchloſſen, 


1) Berg Zimmermann von der Erfahrung in ber Arz⸗ 
* mellunf. 2tes Buch. ates Kap. | 


, 331 
des man in der Heilkunſt fo wie uͤberall beduͤrfe. Nur die 
. Bermmuchungen über unesforfhlihe Dinge mäßten wegfal: 
fen, weil es nicht darauf anfomme, mas eine Krankheit 
ertege, fondern was fie entferne, nicht wie die Berbauung 
vor fidy gebe, fondern mas am beften verdaut werde. Bei 
allen theoretiſchen Annahmen koͤnnte man dafür uiid das 
wider fprechen, nnd fo müßten der Scharffinn und die 


_ 


Beredtſamkeit den Sieg davon tragen, Kramfheiten heile - 


man aber nicht mit Worten, fondern, mit Mitteln *). 

Die Grundſaͤtze, nach denen bie Erfahrung zu erwerben 
if, find von den Empirikern am beften bearbeitet worden, 
nnd Dies ift denn auch der vorzäglichfte Theil ihrer Lehre, 
der ihnen auf bie Agerfennung ihrer Berdienfte wohlerwor⸗ 
Bene Anfprüce fichert. Alles mas bem Körper ſchadet oder 
nuͤtzt, iſt entweder ein Zufall, der fih aus dem Innern 
entwickelt, deſſen nähere Veranlaſſung' aber nicht in Die 


Augen fällt, oder es iſt eine äußere wahrnehmbare Urſache: 


Die Eunftlofe Wahrnehmung beider ift die Beobachtung 
(wseierwers), auf die man unmwilfährlic und ohne fein eiges 


q 


nes Zurdun bingeleiter wird. Der Vorrath von dergleichen - 


Beobachtungen giebt ek an die Hand, was man in denfel 
ben Fällen zu thun oder zu laſſen, zu verorbnen oder zu 
anterfagen bat. Dies. ift die erfle Art von Erfahrung. 
Die zweite Art derfelben erwirbt man fh, wenn man ir⸗ 
gend einen «igenen ober fremden Gedanken, ber aber noch 
nicht durch Verſuche beftätigt iſt, in der Behandlung der 
Rranfen ausführt, und fich wieberhole von feiner Richtig 
keit und Anwendbarkeit uͤberzeugt, (efdes aöreezider).. Die 
drirte Art beruht auf ber Analogie, auf der Nachahmung 


deffen, was fich durch vorausgegangene Erfahrung als an; 





1) Cels. Pisef. p. 9. 3y. sog. 


32. 

wendbar und muͤtzlich bewaͤhrt hat, (N⸗⸗ —R Dazı 

gehört aber eine Wielheit von Fällen, indem ıvenige Beob⸗ 
| achtungen nod) bei weitem nicht binreichen, .eine Verfah⸗ 
rungsweiſe zu einer unwandelbaren Vorſchrift Fsogame) 
und zu einem Theile der Kunſt zu erheben. Die Verei⸗ 
nigung der bewährten Vorſchriften dieſer dret Arten von 
Erfahrung ift mit Ausfhluß alles Übrigen die Heilkunſt, 


- und allein wer fie inne bat, ein guter empirifcher Arzt. 


Nun tft es aber nicht möglich, alles feibft gefehen und erfahs 
ren zu haben, wenngleich die eigene Erfahrung (wurefie) 
einem Arzte am meiften zu wuͤnſchen if, fondern man bes 
darf auch der Erfahrungskenntniſſe der andern Aerzte, de 
ren Inbegriff fie die Geſchichte (cocix) nannten. Sn der 


Geſchichte iſt die Kunſt im Allgemeinen enthelten, der 


Lernende muß hierauf allein feine Ausbildung gruͤnden, 
der ausgebildete . Arzt aber feine eigene Erfahrung hin⸗ 


zufügen, bie ihm in größerer Ausdehnung. an fh gend 


gen kann. 

Mit der Kunft, zu ber man auf diefe Art gelangt iſt 
kommt man in allen bekannt gewordenen Krankheiten aus. 
Entſteht aber eine neue, oder kann man in einer bekannten 
die bewaͤhrten Mittrl nicht erhalten, ſo muß man den Weg 
ber Erfindung, einfchlagen, der jedoch immer in den Graͤn⸗ 


zen der Beobachtung bleiben muß, und niemals von der . 


eigenen Willkuͤhr vorgezeichnet iwerden darf. Es tft der von 
Serapion angegebene Hebergang zum Aehnlichen (x res 
'onalev,werdßarıs), wenn man entrveder die Behandlung eis 
ner bekannten Krankheit auf eine unbekannte ihr ähnliche 
überträgt, oder wenn biefelbe Krankheit zwei verfchiedene, 
aber ähnliche Theile befallen hat, fie in dem neuergriffenen 
eben fo behandelt, wie in dem, wo man fie früher beob⸗ 


achtet hatte, oder wenn man in derſelben Krankheit ein 


Du 3 _ — — en 


333 ° 
neues, dem früher gebrauchten Ahnlihes Mittel anmen 
der *). ntfpriche in diefen Fällen der-Erfolg den Erwar⸗ 
tangen, fe ift nun der Verſuch zur Erfindung- erhoben, und 
die Regel, die er giebt, eben. fo feftftehend, als wäre fie 
duch vielfache Beobachtung bewährt worden. Diefe vierte 
Art Erfahrung zu erlangen giebt die höchfte Kunſtvollen⸗ 
dung, kann aber-nur von den Aerzten benußt werden, Die 
bereits eigene Erfahrungefenntniß und Geſchichte hinreichend 
beſitzen. Man nannte fie deshalb *) Vebungserfahrung 
(zes zeißıza), und dehnte ihre Anwendbarkeit jo weit aus, 
daß man nach vorgängigem nuglofen Verfuche des Aehnlis 
chen das Heberfpringen zum Gegenſatz für erlaubt und ans 
wendbar erflärte »). Auch diefe Methode ift nur die vars 
fichtige Benutzung der Analogie, wie in allen andern Faͤ⸗ 
chern des Wiffens, und an fih durdraus feine neue Erfins 
dung der Empiriker, denn fie ergiebt fich von felbft, und 
war lange ſchon vor Serapion bei den Dogmatifern ger 
bräuchlich gemefen. Nur mar fie bei den Empirifern yöllig 
erfahrungsgemäß, ohne Einmiſchung irgend einer hypothe⸗ 
tifhen Annahme, in Rüdficht ihres Subfirates mithin von. 
dem Analogismus der. Dogmarifer, die immer ihre naͤchſten 
Urfachen einmifchten , ganz verſchieden *). 

Trefflih und für alle Zeiten nachahmenswerch mar 
das DBeftreben der Empiriker, niemals den Vernunftfchläffen 
mehr Raum zu geftatten, als infofern fte ſich auf offen , 
bare Thatſachen gränderen. Sie verwarfen daher alle dogs 





1) Galen. de Subfig. empiric. C. 11. p. 344. T. U. 
2) Bis bierber: Galen. de Sect. ad eos qui introd. c. 1,2. 
p- 286, 287. T. I. 
3) Galen. de Subfig. empiric. a. a. O. 
4) Ebend. 


334 


matifchen Definitionen, die jedesmal das Weſen der Dinge 
bezeichnen folten, und als bloße Beweiſe des Scharfſinns 


‚ihrer Urheber den Naturwiſſenſchaften bieher fo fehr zur 


| Laft geweſen waren. Doc bielten.fie es für nothwendig, 


auch das Allgemeine ber einzelnen Beobachtungen in kurze 
Beſchreibungen zufammenzufaffen (vreygupat, urerurneus), 
die fich eben- dadurch von den Definitionen (ogieme) unter 


ſcheiden, daß fie nur das Weſentliche der wirklichen Erſchei⸗ 


nungen, nicht aber irgend eine Andeutung der höheren Ur⸗ 
ſachen derfelben enthalten *). Sie waren alfo auch eifrig 
darauf bedacht, im Beobachten bes Unmichtigen und Aus 
ßerweſentlichen nicht unterzugehen, und wurden durch ihr 
ganzes Beſtreben zur Ausbildung der Zeichenlehre in ru 
ganzen Umfange, zu der Kunft, die Krankheit in ihren we⸗ 
fentlihen Zügen aufzufaffen , hingefeitet. ‚Sie haben zuerft 
den diagnoftifchen Theil der Semiotit mehr ausgebildee und _ 
von ber Prognoftif getrennt, die feldft Bei Hippokrates 
die einfeitige Richtung diefer Lehre geweſen war, und beob⸗ 
achteten die Zufaͤlle in ihrem Geſammtausdruck, in ihrer ge⸗ 
genſeitigen Bereinigung (Syndrome), bie dem einzelnen erft j 
feinen diagnoſtiſchen Werth und feine volle Bedeutung 
giebt *). Miche weniger waren fie bemüht, den Berlauf 
der Krankheitsformen nach feinen beftimmten Zeiträumen 


‚ erfahrungsgemäß darzuftelen. Uebrigens machten ſie in der 


Ausübung ber Heilkunſt ſelbſt keine weſentlichen Aender⸗ 
ungen, behielten die uͤblichen Namen bei, und erfanden 





1) Galen. de Dif, puls. L. IV. p.3.r. 88. B. T. VM. Es finb 
diefelben,. der ſich die Pyrrhoniſten bedienten. Sext. Empiric. 
Pyrrhoniar. Hypotypsseon Lib. In. Ed Colon. (Opera.) 1621. 

2) Gealen. de Subfig. empirie c. 6.’p. 342. — ‚De opti. Sect. 
c. In. p. 308. T.u 


— 


335 
außerdem, daß fie bie Lehre von der Wirkung der Mittel 
bereicherten,, keine auffallend neuen Heilarten, fondern bau 
ten Die Therapie auf dieſelben Grundpfeiler der Erfahrung, 
die. den beffern Theil derſelben bis bierber erhalten hatte *). 


Die von jinen vorgefhriebene Art, zum Beſitze der Heil⸗ 


kunſt zu gelangen, begründer daher aud) hierin den ganzen 
Unterſchied ihrer Schule von Ben Übrigen, wenngleich 'afles 
hakbare mediciniſche Wiſſen, in. welhem Syſtem es andy 
fein mag, doch immer nur auf bemfelben Wege gewonnen 


if, wenn man ihm auch zum Schein die analytifhe Form 


gegeben hat. 

Den Bormurf ber flachen Deurtheilung und der feh⸗ 
Ienden Wiſſenſchaftlichkeit, der den Empirikern ſelbſt in ih⸗ 
cem Sache nicht ohne Grund gemacht werden £onnte, fuchte 
ein Späterer (Menodorus)*) dadurch abzuwenden, daB 
er die Kunſt, durch einfache Schlußfolgen darauf zu form; 
men, was in Kranfheiten wirflic vorhanden kt, aber nur 


ünvoliftändig oder gar nicht in die Sinne fällt, als eine u 


eigene Methode der Forfchung aufftellte. Dies war der for | 


genannte Epilogismus, nichts weiter, als die gerndhns 
lie Art. und Weife, aus gegenwärtigen Zufällen auf bie 
nothwendig vorbergegangene oder noch fortwirfende Urſach 
derfelben zu ſchließen, die jeder Arzt, auch ohne völlig Ems 
piriker zu fein, anwendet, wenn er zz. B. ohne weitere 
Kunde zu haben, nach der Mißfarbe und der Äbermäßigen ” 
Entzündung. einer Wunde, der Anſchwellung der Drüfen, 
den ‚begleitenden Fieberzufällen und bergl. vornusfeßt, daf 
Diefelbe vergifter- fei, und danach feine Behandlung einrichter. 
Vorzugs weije hatte dieſer Epilogismus auf die Ergrun⸗ 

1) Cels.Piaek p.3 32. — Gaten, de Sect. 24 ses qui introd. 


c. 4 pr 289: T. H. 
2) Galen. de Sabfig. empiric. C. 31. p. 346. E. 


\ 





336) ® 

dung der Selegenheitaurfahen Bezug, infofern Heilanzei⸗ 
gen davon entnommen werden, und war vom Analogismus 
weſentlich darin verfchieden, daß er fid) immer in den Graͤn⸗ 
zen wirklicher, durch die Erfahrung bewiefener Dinge hielt, 


. wogegen biefer. zwar auf Eonfrete Gegenftände ſich gruͤndete, 
uber zu unerforſchlichen hypothetiſchen überging *). Me: 


nodotus blieb alfo hierin den einmal angenommenen 


“ Grundfägen völlig treu, indem er durch feinen Epilogiemus _ 


befonders den Uebergang zum Aehnlichen zu. verdrängen: 
fuchte, der nun freilich der Unbedachtſamkeit und Oberflaͤch⸗ 
feit des gewöhnlichen Empiriter Thür und Xhor öffnete. 
Eigenthuͤmlich ift es diefer Schule, daß fie die Gelegens 
beitsurfachen (causae evidentes bei Ceilfus) von allen 
übrigen allein beachtete; wahrſcheinlich it in ihr die Klaffe 
der vorbereitenden fehr vermachläffige worden, wiemohl man 
nicht annehmen kann, daß fie von den Empiriferu, die doch 
gute ausübende Aerzte waren ,. völlig unberuͤckſichtigt geblies 
ben find. Daß fie es bei gaͤnzlicher Verwerfung der naͤch⸗ 
ſten Urfachen für überfläfig hielten, das Unbekannte auch 
nur durch MWermuthungen 'anzudenten, mie, es von einer 
wiffenfchaftlichen Heilkunde allerdings gefordert \werden Eann, 


- ergiebe ſich genügend aus dem Vorigen. 


Zum Lobe der Empirifer verdient es endlich noch an⸗ 
gefuͤhrt zu werden, daß ſie nicht nach den Stiftern ihrer 
Schule, wie die Herophileer und Crafiftratder, ſondern 
nur nach ihren Grundfägen genannt fein wollten, um nicht 
in den Verdacht zu Eommen, als folgten fie weniger ber 
Natur, als dem Anfehn einzelner Männer ). Sie biegen 


auch 





1) CGalen. de Sect. ad eos quiäntrod, c. 5. p. 290. E. 
8) Galen. de Subũg. enpiric. C. 1. p. 340. 


+, 


337 
auch Teretifer, vom Beobachten, und Mnemoneutt 


ter, weil fie ihr Arztliches Verfahren ganz auf bie Erinnes 
‚sung des Deobachteten gründeten "). 


§. 52. 
Gerapion’s Nachfelger. 

Die Empiriker und die Dogmatiter griffen ſich gegen» 
feitig an den empfinblichften Stellen an. Die Dogmatifer 
warfen jenen Mangel an Gelehrfamfeit und unwiſſen⸗ 
ſchaftliches Treiben vor, und die Empiriker wollten wieder 
die Art von Gelehrſamkeit nicht gelten laſſen, worauf dieſe 
ſtolz waren. Der Kampf wurde daher mit vieler Erbitte—⸗ 
rung geführt, ımd es fam niemals zu einer Vereinigung, - 
weil keine Partei ihre Grundfäge aufgeben wolle. Mur 
son den Herophileern gingen mehrere zur Schule der Ems 
pirifer über, denn fie waren von Haufe aus mit ihnen 
verwandt, und in der Neigung felbft zu beobachten und 
Berfuche anzuftellen wahrhaft empirifche Aerʒte 2), Mat 
weiß von den Empirikern, daf fie ſich aller Waffen bediens 
ten, deren fie nur mächtig waren, fihon Serapion hatte 
ihnen bierin' vorgeleuchtet, und fo fange diefe Schulen ges 
geneinander flanden, wurden ganze Bände mit immer wie 
derboften Streitigkeiten angefüllt °). 

Slayfiag, einer ber älteften Alesandrintfchen Empis 
rifer, fuchte die neue Lehre ' durch Dippofrates Aus _ 
fprüche felbft zu befeftigen, die er nicht als bloßer Grams 
matifer der Worte wegen auslegte, wie viele feiner Heros 
phileifchen Mitarbeiter, ſonderu um Beweiſe für die reinen 





1) Galen. de Sect. ad eos qui iptrod. C. 1.9.2850. 
2) $. 48. ©. 302. — $, SL. ©, 397. 2 ’ 
_ 3) Cels. Praef. p. 12. 22. 


1. 9 


338 | 


Erfahrungsfenntniffe aufzuftellen. Gin lobenewercher und 
gewiß glädlich ausgefallener Berfuh, deun Hippofrates 
it für alle Zeiten der wuͤrdigſte Gewährsmann ber Erfah 


rung, den die Empirifer mit befferem Grunde als alle äbris 


- 


gen Schulen für den ihrigen halten Eonnten '). Glaufias 
binterließ ein großes Werk erflärender Anmerkungen zum 
ganzen Hippokrates „in alphabetiſcher Ordnung, mit ger 
nauer Angabe der Stellen *), fo wie Erläuterungen zum 
ſechſten Buche der Volkskrankheiten und zu dem Buche üben 
die Säfte 2), ſoll aber nit dem philologifhen Theile diefer 
Arbeiten, morauf es ihm bei. feinem wichtigeren Zwede ‚nicht 
anfam, wenig Ehre eingelegt haben *) Als ein zäftiger 
Streiter- für feine Ueberjeugung wollte er die Heilkunſt auf 
nichts weiter gegründet wiffen, als auf Beohachtung, Ges 
fhichte und ben ‚Uebergang zum Aehnlichen, die von ihm 


‚der Dreifuß der Empirie genannt, und wahrſcheinlich mehr 


befprochen wurden, als bei leibenfchaftslofer Führung des 
Kampfes noͤthig geweſen wäre °). eine Schriften über 
Arzueimittellehee muͤſſen fehr brauchbar und reichhaltig ger 


weſen fein.*); nicht weniger wird auch jein Name in der 


Chirurgie genannt, die er mit einigen zwedmäßigen Erfin⸗ 
dungen Äereicherte 7). Die Empiriker ſchieden uͤberhaupt 
2) Galen. Comm, HI. in L, VI. Epid. p. 464. T. IX, 
2) Erotian. p. 6. 16. 
3) Galen. Comm. I. in L. de Humor. p. 508. T. VII. 
4) Galen. Comm. I. ia L. VI. Epid. p. 354. T. IX. — Comm, . 


‚cr m'L. de Humor. p. 535, 536. T. VOL 


5) Galen. de Subfig. empiric. C. 13. p. 346. E, T. I. 
6) Plin. Hit. nat. L. XXII. e, 23. p. 281. 11. — L.XXI. e. 97. 


p. ab1. 20. — L.XX. c. 83. p. 208. 20): 


7) $50. S 318. . 


33% 


die Ehirurgie nicht Angftlich von ihrem Berufe, der ihnen ', 
jedoch zunaͤchſt die Behandlung der innern Krankheiten an 
wies. 

Der Stolz und die Zierde diefer Schule war Her akli⸗ 
des von Tarent, ein Arze von umfaflender Gelehrſamkeit 
und großen Verdienften um die Erweiterung ber Grfab: 
tungstenntniffe, dem man den Vorwurf machte, er’ habe 
fi) zur Seite der Dogmatiker bingeneigt, weil er den Leb: 
zen feiner Vorgänger nicht rädfichtslos und einfeitig folgte *). 
Mit feinem Lehrer Mantias *), auf den ein Theil feines 
Ruhmes zuruͤckſtrahlt, befchäftigte er fich lange Zeit, der 
Armeimittelledre größere Sicherheit und Vollendung zu ge; 
ben, nicht durch Hinzufuͤgung neuer Heilmittel, denn fie 
war ja ſchon mehr als reichhaltig , fondern durch zabllofe 
Berfuche mit ben bekannten, wobei feine Wahrheitsliebe der 
Heilkunde ungemeinen Vortheil, und Ihm felbft die größte 
Glaubwürdigkeit ficherte )). Die. Bearbeiter diefes Faches 
fonnten ihn darin zum Beiſpiel ber Macheiferung nehmen, 
daß er niemals Vorausfeßungen uͤber die Wirkung der Mit 
tel wagte, und uͤberhaupt nichts fehrieb, was er nicht durch 
eigene Berfuche belegen Eonnte *). Werdienftvoll mar es. 
denn auch, daß er aus dem Vorrathe feiner Erfahrung nur 
die tauglichen und wirkſamen Mitcel für die Darftellung 
ausmwählte, die unnÄßen dagegen ganz verbannte, nit weil‘ 
er fie bloß dafür hielt, fondern weil er fie als folche ken⸗ 
nen gelernt hatte °). Naturforſcher, die ihre Wiffenfhaft 





1) Galen, de Dieb, decrer. L.L. c. 2. p. 452.T.VIUL | 
2) $.49. ©. 306. j 
3), Galen. de Compos. medic, per gen. L. U. e. 5. p. 085 B. 
T. XIII, 
4) Ebend, L. IV. e. 7. p. 755. D. 
5) Galen. a. a. O. p. 685. 
zoo 92 


⸗ 


340 


im Innern befeftigen, und dem glänzenderen Rubme ent 
fagen, wie Eroberer ihre Gränzen vorjuräden, find in der 
That felten, aber die Geſchichte it ihnen um fo ehrenvols 
lere Auszeihnung fehuldig, weil fie auf’einer mühbevolleren 
Bahn fi ein größeres Verdienft eriverben. Die Arzneivow 
fhhriften von Heraklides, die fi in großer Zahl erhals 
ten haben, zeichnen fich durch Zweckmaͤßigkeit vor den übris 
gen vortheilhaft aus, vor allem übrigen verbient es jedoch 
angeführt zu werden, daß er ben innern Gebrauch des 
Mohnfaftes mehr einzuführen fuchte, beffen Anzeigen feine 


"Vorgänger nur dußerft mangelhaft angegeben hatten. Aus 


mehreren Vorſchriften *) ergiebt es ſich, daß er ihn gegen 
Schlafloſigkeit, Krämpfe, Huften, Schmerzen, fur; unter 
denfelben Umſtaͤnden benugte, wo die neuere Heilkunde 
feine Anwendung vorfchreibe. Verſchiedene Bereitungen defr 
felben gab es noch nicht, es blieb Daher nur übrig, feine 
MWirfung durch Sufäbe von andern Arzneien paffend umzu⸗ 
ändern. 

Viele Befandlungsarten einzelner Krankheiten enthal⸗ 
ten Veweiſe der Ueberlegung, womit Heraklides in die 
fem Zweige der Kunft zu verfahren pflegte, mandye find in: 


deſſen megen Uebertreibung verwerflich, daß er 3. B. das 
viertaͤgige Wechſelfieber, das freilich ein wahres Schreckbild 


der alten Heilkunſt war, durch ſiebentaͤgigen Hunger zu 
uͤberwaͤltigen fuchte. 2). Uebrigens folgte er in der Diaͤte⸗ 
tif, die fonft wohl entfprechender geweſen fein mag, feinem 
hierin gerähmten Lehrer *). Fieberkranke im Anfall durften 


zu laffen, hielten die Aerzte nad) einem allgemein gültigen 





1) ZB. Cels. I. V. e. 25. 5.10.p.2860.  _ 
2) Cels. L UI. c. 15. p. 145. 21. 
3) Galen. de Compos. medic, per gen. L. U. e. 1. Pr 67. F. 
T. Xu. 


® 


34 

Borurtheil für zweckdienlich; keiner wagte es, den Winken 
der Natur hierin Folge zu leiften: Heraflides lieg me 
nigftens die Gallenfieberkranken und aͤhnliche nicht ver . 
ſchmachten °).. In ber Hirnwuth hielt er neben andern 
Mitteln die Deraubung des Lichts für wirffam, moräber 
oftmals großer Streit erhoben wurde *). Sonſt aber fcheint 
er fih im Ganzen an bie vorbergegangene allgemeine Er 
fahrung gehalten zu haben. 
Auch in dee Chirurgie und Augenheilkunde galt fein 
Anfehn: Er hatte Vorrichtungen zur Einrenkung des Ober⸗ 
ſchenkels erfunden, und ruͤhmte ſich gluͤcklicher Erfolge 2), 
auch war von ihm die Lostrennung des Augenliedes vom 
Augapfel im Anchyloblephaton angegeben, wie fie noch 
jeßt verrichtet wird *). Schon bie Bearbeitung fo verſchie⸗ 
derartiger Fächer erlaube einen günftigen Schluß auf feine 
Thaͤtigkeit und fein vielfeitiges Beſtreben, wobei er nicht 
in die nußlofe und unwuͤrdige Streitſucht der meiften Ems 
piriker verfiel, mit der wahrhaft ausgezeichnete Aerzte Übers 
haupt nur felten ihr Andenken beflede haben. Noch 
mehr Überzeuge uns aber das Werzeichniß feiner zahl, 
reichen Schriften, bie nur fämmtlid verloren gegangen 


find, von feiner ruͤhmlichen Vielſeitigkeit. Oben an ftehen 


Erläuterungen zum ganzen Hippokrates *), von denen 
die zu den Aphorismen *), zum zweiten, dritten ”) und 





1) Cels.L.III. e. 6. p. 128. 20. 

3) Cael. Aurel. Acat. LI. c. 17. p: 64. 

3) Cels..L. VI. c. 20. p. 554. 5. | 

4) Ebend. L. VII. e..7 8. 6. p. 426. 5. 

5) Galen. Comm. I. iaL. de Humor. p. 508. T. VIIf. 

6) Galen. Comm. VII. Aph. 70. p. 333. T. IX. 

+) Hlervon gab «6 in ber Ulerandrinifhen Bibllothek eine 


3432 | 
fehften Buche von den Volkskrankheiten *), zum Buche 
über die Säfte *), und über die chirurgiſchen Borrichtuns 


gen 2) mit Befonderem Lobe erwähnt werden. Dann folgt. 


ein großes tberapeutifches Werk über die innern Kranfbeis 
ten *), ein anderes Über die Lebensordnung *), und feine 
Hauptwerke über Atzneimittellehre und Giftlehre, unter 
denen vorzüglich das über die Bereitung und Prüfung der 
Mittel (ie vıvariat za) doxsuneing Puguaxar) ausgezeichs 
net wird, denn er batte barin feine mit Mantias er⸗ 


langten Erfahrungen niedergelegt °). Nicht weniger um⸗ 


faſſend war fein Buch Über die Mittel gegen den Biß gif⸗ 
tiger Thiere (Ingiuue) 7). Sein Werk über die giftigen 
Schlangen gehörte zu‘ den beften über diefen Gegenftand; 
es ift uns daraus ein Mittel (irapaeuazer) gegen ben Biß 
derfelben aufbehalten morden, das in bedeutender Menge 





von Mopemon ($. 25. ©. 119.) gelleferte Handſchrift mit zwi⸗ 
ſchengeſchobenen einzelnen Buchſtaden, die eine beflimmte Bedeu⸗ 
tung baben follten, 3. B. I, Sararas, v, wyiia, u, eds u. 
ſ. w., und von den Gelehrten verſchiedentlich ausgelegt wurden, 
woahrſcheinlich aber nit von Hirpofrates ſelbſt, fondern von 
Mnemon Herrührten. Auch bieran hatte Heraklides feinen 
Scharfſinn geäbt. Galen. Comm. U. in L. II, Epid. p. 240. C. seq. 
T. L. 

ty) Galen. Comm. II. inL. II. Epid. p. ı4r. — Comm IL. ie L. 
IL, Epid. p. 240. — Conm. I, in L. VI. Epid. p. 304. T. IX. 


2) Galen. Camm.I. inL. de Humor. p- 508. T. VIIE. 
3) Galen. Comm. I. in L. de Offic. medic. C. IL, p. 2. T. XI. 


4) Cael. Aurel. Acut. L.1. c. 17.p.64. — L.IL e. 9. p. 94. 
— Chron. L. I. c. 4. p.323. etc. 


5) Ebdend. Acur. L. IH. c. 21. p. 264. 


6) Galen. de simpl. medic. Facult. L, VI: Prooem. p. 144. B. 
T. XI, | 


7) Galen. de Antidor. L. I. c. 2. p. 867. B. T. XII. 


‘ 


243 
Dohnfaft enthielt *). Endlid gehört Heraklides zn den 
vorzäglihfien Schriftſtellern Aber Nahrungsmittelkunde. 
Sein Gaftmahl (eawseier) war ein wohlausgearbeitetes 
mebicinifches Tifchbuch, wovon noch einige kurze Bruchſtuͤcke 
auf uns gefommen find *). Die Art der Mitteilung in 
iänen läßt es um fo mebr bedauern, daß das Andenten an 
bie Leiftungen dieſes trefflichen Mannes ſo mangelhaft er⸗ 
halten worden iſt. 

Ganz genau laßt ſich die Zeit, in ber Heraklides 
von Tarent gelebt hat, nicht angeben, weil bier einige Wis 
derfpräche Statt finden. . Ift nämlich die Angabe gegrims 
det, daß er mit dem Herophileer Zeno von Laodicea °) 
wegen ber Buchſtaben im britten Buche der Volkekrankhei⸗ 
ten einen Streit gehabt bat *),-fo müßte feine Bluͤthe zu 
Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. fallen; bat indefs 
fen ſchon Apollonius Mys von Kittium, ein Zeitgenoffe 
des Bacchtus, auch über Hippofrates gegen ihn ges 
fhrieben *), fo würde er allerdings einer früheren Zeit ans 
gehören. Doch kann hier auch eine Werwechfelung mit bem 

Empiriker Apollonius zum Grunde liegen, ber bas 
Berk des Zeno Aber den erwähnten Gegenftand mit einem 
noch ausführlihern Beantmwortete, und deshalb mit ihm in 
einen beftigen Streit gerieth. ' Wiewohi Zeno daruͤber 
farb, fo ſetzte dcch Apollonius Biblas dieſe kleinli⸗ 
chen kritiſchen Eroͤrterungen fort, die einem Arzte nur duͤrre 





1) Ebend. L. II. e. i4. p. 922. D. 1 

2) Athen. Deipnosoph. L. I. c. 67. p. 248. e. = L. III. c. 5 
p- 291. b. — c. 17. p. 312. e. — c. gi. p. 464. b. Ed. Schweigh. 

3) 9.49. ©. 3ı3. 

4) Galen. Comm, II. ia L. 1. Epid. p. 245. B. T. IX. 


5) Erotian. p. 10. etc. 


344 


Lorbeern bringen koͤnnen, und rechtfertigte dadurch in der 
That feinen Zunamen am meiſten *). Diefe beiden Apollos 
nier waren aus Antiochien, und ber leßtere wahrfiheinlich 
der Sohn des Empirifers 2). Wahrſcheinlich find fie es. 
nicht, die Celfus unter den berühmten Chirurgen aufführt ?), 
‚fondern eher, der von Memphis und von Kitttum darunter 
zu verftehen *). Dach feinen fie viel zu unwichtig , ung 
bier noch genauere Unterfuchungen zu veranfaffen. 
.Es iſt nun ſchon mehreremal berührt worden, daß bie 
Giſtlehre zugleich mit den verwandten Wiffenfchaften durch 
bie Bemühungen der Herophileer und Empirifer fehr ges 
wann. Die Vorliebe, mit der man fie umfaßte, verbreir 
tete fich felbft fo weit, daß fie aufhörte rein wiffenfchaftlich 
zu fein, und vieler Orten ſcheint man es für einen nuͤtzli⸗ 
hen Theil der allgemeinen Bildung gehalten zu haben, mit 
Giften umgehen, und ſich dagegen fügen zu kͤnnen. Bes 
fonders fand die Giftlehre am Pontiſchen, am Pergameni- 
fhen und am Alerandrinifhen Hofe gänftige Aufnahme, 
wo der Reichthum an Hülfsmitteln und die größere Gele 
genheit Verfuche anzuftellen auch ber Wiſſenſchaft Vortheile 
brachte. 
Der Koͤnig Mithridates Eupator (12464. v. 
Chr.) begnügte fich nicht mit der, allgemeinen Kenntnig, fo 
weit fie durch die Arbeiten der Aerzte gefördert war, fons 
dern verfüchte mif der Gründlichkeit, die feinen Ruhm als 





1) Galen. & 0. D. p. 243. F. seq. 
2) Galen. Introd, C. 4. p. 363. T. IL. 
3) L VIE. Praef. p. 406. 3. 


I 9.46.23. — $ 40. ©. 312. — Auch iſt nicht 
A. Biblas, fondern der Herophileer von Kittium der Schrifte 
Reller Aber die Salben. Schen. Deipn. L.XV. c. 38. p. 513. ©. 


Bielwiffer auch font auf die Macwelt gebracht bat, die. 
Kräfte aller einfachen Arzneimittel gegen die verfchiedenam 
tigften Gifte, bie tbierifchen nicht ausgenommen, unb glaubte 
in einer reichhaltigen Zufammenfeßung, die den Glauben an 
ihre Wirkſamkeit noch fange nach ihm erhielt, ein allgemei⸗ 
nes Gegengift gefunden: zu haben‘*). Seiner Wißbegierbe 
pflegte er Verbrecher aufjuopfern 2). Mehrere Schriften, 
die dieſer gelehrte König Über Giftlehre binterlaffen bat, 
find gewiß megen des Umfanges feiner naturiviffenfdaftlis 
hen Kenneniffe fehr merkwuͤrdig und lehrreich geweſen, bes 
fonders feine Theriaca, worin er 3. B. zehn Arten giftiger 
Spinnen (Phalangium ) unterfehied, von denen den gleich 
zeitigen Schriftftellern nur fieben befannt waren *). Doms 
pejus, dem diefer litterarifhe Schatz nad feinem Siege in 


"Die Hände fiel, veranftaltete durch feinen Freigelaffenen 


Lenaeus, einen Grammatifer, eine fateinifche Ueberfeßung 
Davon, wodurc die Naturkunde bei den Römern zuerft eins - 
geführt wurde *); in beiden Sprachen find aber diefe Werke 
bald verloren gegangen. Gegen den Biß des tollen Hundes 
empfahl Mithridates nur Pinienferne von einem Nuͤch⸗ 
ternen gefaut auf die Wunde zu legen *), wie man denn 
überhaupt den Speichel für ein wirkſames Mittel gegen 





1) Galen. de Antidor. L I. e. 1.p. 865. T.XUL Nah Pli«. 
nius enthielt «6 54 Mittel, (Hist. nat. L XXIX. c. 1. p. 497. 20.) 
nah Eelfus, der die Vorfchrift dazu aufbebalten Hat, (L. V. c. 
24. 8.3. p. 276.) 37, nah Scribonius gegen 44 (De Comp. 
med, C. 170. p- 118. Ed. Basil. 1529.) 


2) Galen. a. a. O. 

3) Schol. in Nicandr. Theriac. V. 715. Ed. Schn. p. 104, 
4) Pün. His. nat. L. XXV. c. 2. p. 359. on 

3) Ebend. L. XXII. c. 8. p- 320. 4- 


- 


356. 


Narthex ') genannt, enthielt eine Auswahl der wirkſam⸗ 
ften Mittel und BZufammenfegungen, von denen viele von 
ihm erfündene, mit Ruͤckſicht auf den Zuftand der Willen: 
(haft, trefflich genannt werden koͤnnen. Nirgends finder ſich 
von Heras eine Spur, daß er ſich in die Schulſtreitigkei⸗ 
ten ſeiner Zeit eingelaſſen, und vielleicht gehoͤrt er deshalb 
eher zu den Aerzten, die den Beſten aus allen Schulen und 
ihrem eigenen Urtheil folgten, ohne ſich an ein Syſtem eins 
ſeitig zu_binden. Männer diefer Art fanden fich jegt ſchon 
fehr viele. Zu a 

Defto Eampfrüftiger 309 der fchon erwähnte Menos 
dotus ans Mikomedien 2) gegen feine dogmatifchen Zeitges 
noffen zu Felde, gewiß ein fehr fähiger und thaͤtiger Ems 
vpiriker, aber fonft ein zweiter Serapion, der in feinen 
literarifchen Fehden Sitte und Anftand bei Seite feßte ’). 
Er lebte zu Anfang des ziveiten Jahrhunderts, wahrſchein⸗ 
fh in Nom, und mar von Antiochus aus Laodicen in 
der ffeptifchen Philofophie unterrichtet worden *). Die 





1) Ebend. L. Le. 13. p. 658. A. Es hatte auch den Titel 
vorog dvvasdar, Kraft der Kräfte 


2) $.51. ©.335. | 
3) Galen. de Sublig. empiric. C. 13. p. 346. E.T.II. 


4) Diog. Laert. L. IX. 8. 116. p. 602. Doß zwiſchen dem 
empfrifchen, Syflem und der Pyrrhoniſchen oder ſkeptiſchen Philos 
fopbte überhaupg eine große Uebereinſtimmung In den Grundfägen 
Statt findet {AR durchaus nicht zu laͤugnen, ja es galt ſelbſt bei 
den Alten de Meinung, daß jenes aus dem Pyrrhonlsmus bers 
vorgegangen ſei. (Sext, Empirtc. Pyrrhon. Hyporyp. L. J. c. 34. p. 
48. E. Ed. Colon. 1621.) Wirklich war auch die Pyrrhoniſche Schule 
etwas früher entſtanden, als die empirifhe. Einen Zufammenbang ' 
beider anzunehmen fcheint indeffen nur Infofern zulaͤſſig, als Pyr⸗ 
ryhoniſche Grundſaͤtze In die allgemeine Denfweiſe übergegangen was 
‚ren. Sonſt war die Entwicklung beider Schulen feibäfländig. 


- 7 


Einführung des Epilogismus ift unftreltig fein größtes Ver⸗ 
bienft, und verhinderte noch für einige Zeit die Entartung 
biefee Schule, die bei dem anfcheinend leichteren Studium’ 
ihrer Lehren unter der großen Zahl der Empirifer leicht eins . 
reißen mußte. Im übrigen fonnte feine Selbftfucht *), die 
er in zablreihen und fehr weitläuftigen, auch vielbeants 
worteten *) Streitfehriften an den Tag legte °), ber Keil 
kunde wenig Bortheil bringen. 

Theudas von Laodicen, ein Zuhörer beffelben Ans 
tiohus *), doc) vielleicht etwas jünger als Menddotus, 
vertheidigte wieder den Lebergang zum Aehnlichen als den 
fiherften Weg zur Erfahrung *), und fcheine uͤberhaupt die’ 
empirifchen Grundfäge am beften bearbeitet zu haben. Seine 
Eintheilung der ausäbenden Heilkunde in die anzeigende 
(indicatoria, Diagnoftit uud Prognoſtik), die behandelnde 
(euratoria) und die didtetifche, fommt hier als mangelhaft 
um fo weniger in Betracht, als er den Lefern feines Werkes 
‚darüber‘ feinen Zwang auferlegte, und fie felbft als unvolls 
fommen anerfannte *). Außer vielen anderen Werfen ber 
ſaß man von ihm eine Einleitung in die Keilfunde und 
eine Weberficht derfelben, die einige Streitſchriften verans 
laßten ”). | 

Aeſchrion von Pergamus, ber Lehrer des Galen In 
der Arzneimittellehre befchließt bier am fchidlichften Die 
\ 

3) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L. IX. e. 3. p. 058. B. T. V. 

2) Galen. de Libr. propr. C. 9. p. 45. T. I. 

3) Galen. ad Thrasybul. C. 29. p- 26. F. T. VI. 

4) Diog. Leört. 0.0.8. — Er wird auch Theodes, 
Zheutas und Theutras genannt. 

5) Galen. de Subfig. empiric. C 3. p. 34r. ET. II. 

6) Ebend. C. 4. p. 41. 

7) Gaten. de Libr. propr. C. 9. f 45. T. 1. 5 





t 


358 0 

. Schule der Empirifer. Daß er Krebsafche, bie zu einer bes 
ſtimmten Zeit bereitet fein mußte, zur Vorbauungskur der 
Wafferfcheu empfahl, ift ein Beweis, wie weit es mit dem 
Blinden Glauben an abentheuerliche Mittel gefommen war "9. 
Diefer Glaube, der den Empirifern fon immer zum Bor 
wurf gereicht hatte, raubte ihrer Schule endlich alle wiſſen⸗ 
fhaftlihe Bedeutung, nachdem fie drei Jahrhunderte bins 
-durch die ausäbende Meiltunde nicht wenig bereichert, und 
der Welt viele brauchbare Aerzte gebildee. hatte °). 


Sechſter Abfchnitt. 
Schale der Methodiker. 


§. 53. 
Zuſtand der Heilkunde in Rom vor Asklepiades. 
Die Griechen haben die Wiſſenſchaften aus ſich ſelbſt 
herausgebildet, die Römer haben fie erſt ſpaͤt und nad 
Außerem Antrieb aufgenommen. Dies Kriegervolf erreichte 
in $eldlagern und in Schlachten den Ruhm feiner Größe, 
die Kürnfte des: Friedens waren ihm unbefannt, als ſchon 


die halbe Welt feiner Herrfchaft Huldigte, oder fie Tagen . 


danieder , weil’ fie nicht geachtet wurden ?). Daher hatten 
— ——— 

ı) Galen. de imph. medic. Facult. L. XL. c. 1. 8. 24. p. 310. 
T... * 

2) Es kommen noch viele andere Empiriker, aber nur dem 
Namen nach vor, z. B. Herodotus von Zarfus, Schüler des 
Mengdotus, (Diog, Laert. a. 0. D.) Kallikles, Diodos 
rus, Lyrus. (Galen. Meihod. med. L. II. c. 7. p. 4g. A. T..%.) 
Phaippus, XGalen. de Libr. propr. C. 2. p. 38. B. T.L.) ſammt- 
lich aus der fpäteren Zeit. 


3) Cic. Disp. Tuscu' oe. L. I. 1-4 


359 


bdie Römer Bis zu dem Zeitpunkt ihrer höheren Bildung 
feine Xerzte, und eine wiſſenſchaftliche Heilkunde, die Aber⸗ 
Haupt erft bei einem. höheren Grade geiftiger Entwidelung 
möglich ift, Eonnte fich Bei ihnen nicht entfalten. Die 
Bolfemedicin gründete fih auf Aberglauben, mie überall, 
war aber im Ganzen noch weit übeler beftellt, ale bei 


den Griechen vor Hippofrates, denn der Aberglaube . 


mar, durch die Staatsteligion aufrecht erhalten, noch weit 
mächtiger und unterdruͤckender. Man flehte die Götter 
eben. fo um Schuß gegen Krankheiten an, in Griechenland 
aber war es niemals fo weit gefommen, daß man förpers 
fihe Uebel zum Range von Gottheiten erhob, und Ihnen 


Tempel baute, um ihren Grimm zu verföhnen. Wirklich . 
gab es in Rom einen Tempel der Febris ") auf dem Pas 


latium und nicht meniger ift es ein Beweis biefer eigen 
thämlichen abergläubifchen Furcht, dag man bie Göttinnen 
Mephitis ) und Eloacina ?) verehrte, wozu die böfen 
Wirkungen der ungefunden Luft wohl noch am melften aufı 
forderten. Eugeria und Fluonia (die Goͤttinn der Reis 
nigung) wurden von den Schwangern angerufen *), doch 
weren ihre oberften Schutzgoͤttinnen Juno unter dem Mar 





\ 

ı) Cie. de Natar. deor. L. III. e. 25. — De Legib. L. IT. c. ıt. 
-— Plin. Hist. nat. L. IL. c. 7. p. 72. 6. Diefer und zwei andere war 
ren wirfliche Heiltımpel, wo ‚man den Kranken Rath ertheilte, 
aber ohne uͤber die gemöbnliche Volksmedicin hinauszugehen. Va- 
ler. Maxim. Diet. facıq. mem. L. U. c. 5. Eine Weihtafel aus ei⸗ 
nem diefer Tempel f. bei Graev. Thesaur. Rom. antig. Vol. XI, 
7 · 867. | 
s) Ebend. C. 93. p. rı6. © 
3) ZLancis. de adventit. Roman. coel. qualitat. C. 7. p. 63. 


4) Sext. Pomp. Fest. de Verbor. aignif. — Arnob. adv. Gent. 


L. II. ce. 6. ' 
I . 


360 en 

men Lucina (oder Dpigine), und Diana, die unter dem⸗ 
felben Namen vorfommt, und von den. Erfigebärenden den 
Gürtel als Weihgeſchenk empfing. Pilumnus, Interck 
dona und Deverra waren die Schuggostheiten der Woͤch⸗ 
nerinnen gegen Spylvan us, deffen nächtliche Umgänge fie 
fuͤrchteten 1). Senden wurden wie andere allgemeine Ungluͤcks⸗ 
fälle abgewender, fo daß in der dringendſten Noth der Ponti- 
fex maximus die vorgeſchriebenen Gebräuche anordnete und 
bie Decemvien die Sibyllinifhen Bücher auffchlagen mußten, 
wonah man gewöhnlich den 'erzürnten Gottheiten Sühm 
opfer brachte, Tempel erbauete, oder Gelübde chat. Apollo 
als der Gott der Heilfunft und die Göttin Salus durften 
bierbei am wenigften übergangen werden °). Bon allen 
diefen. Gebraͤuchen brachte indeſſen keiner der Heilkunſt ir⸗ 
gend einigen Vortheil, wie doch in Griechenland ein edler 
Zweig derſelben ſich aus dem Gottesdienſt entwickelt hatte, 
ja man kann dieſe religidfe Scheu und gaͤnzliche Befangen⸗ 
heit der Roͤmer im Aberglauben fuͤr den Grund ihrer Gleiche 
gältigkeie gegen menfchlihe Huͤlfe und ihrer Verachtung 


I 


Ed 





2) Augustin. de Civitat. dei L. VL e.9. — Vergl. hierüber 
. Thom. Bartholin. Antiguitatt. vet. puerperii synops. Amstelod. 
1676. 12. — Diefe Gottheiten find nur des Beifpiels halber genannt 
- worden, um die Denkwelſe der Römer bierin anſchaulich zu machen. 
Andere find noch: Proſa und Poflverta, (beide Carmentes ges 
nannt), die die Kreißenden anriefen, um dem Kinde eine gute Lage 
zu geben; Gell. Noci. Attic. XVI. e. 16. Feſſonia, die Goͤttin 
der Schwaͤche, Auguatin. L. IV. c. ai. Carna, die Beſchuͤtzerin der 
kleinen Kinder, und Goͤttin der Tbürangeln; Ovid. Fası. L. vı. V. 
101. Dffipaga u. ſ. w. 


2) Livius, an mehreren Stellen. Die eigentHümlichften & 
simonien bdiefer Urt waren die :Lectisternia oder Göttermahlzeiten 
"und bas Einfchlagen eines Nagels Im Jupitertempel auf dem Ca⸗ 
pitol durch einen dazu ernannten Dictator. Zar. L VU. c. 3. 


' , 361 
der Aerzte halten, bie ſich bei allen ıngebildeten BL 
fern wiederfindet. Schon im Jahr d. St. 460. (294. v. 
Chr.) wurde nach Vorſchrift ber Sibylliniſchen Bücher der 
Yestulapsdienk in Rom eingefähre *), und beftand bis in 
bie fpäteren Zeiten, fiheint aber für die Meilfunft niemals 
einige Bedeutung erhalten zu haben. Er war überdies 
fon in Griechenland längft ausgeartet, auch ftanden die 
Epidaurifhhen Asklepiaden, von ben ihn die Römer entlehnt 
hatten, in ihrer medicinifhen Ausbildung hinter den Kols 
fhen und Knidifchen weit zuruͤck. Alfo auch hierdurch Eonnte ' 
fi die Heilkunft bei weitem nicht heben. Quadfalber und 
Marktſchreier verfchiedener Art gab es in Rom gewiß in 
großer Menge, befonders vertraute man ſich den Warfern 
gern an, die aus der Nachbarſchaft häufig einwanderten. 
Aus Griechenland fanden fih in ber früheren Zeit nur 
Menfchen aus der niedbern Volksklaſſe ein, wie Jatralipten, 
Dimmer aus den Gymnaften, Pharmakopolen und dergl., 
oder wurden bei dem zunehmenden Luxus den Reichen als - 
Sklaven verkauft, die fie unter dem Namen von Aerzten 
als Sammerdiener hielten *). Als Sreigelaffene trieben fie 
Bann ihren Erwerb auf öffentlicher Straße in Duden ?), 


1) Veranlaſſung dazu gab eine Peſt, weshafb man das ger 
wöhnfiche Orakel befragte. Es verordnete, die Statne des Epidau⸗ 
riſchen Aeskulap nad, Rom zu hofen,. vor der Hand wurden aber 
nur dffemiliche Gebete an diefen Gott angeordnet, und erfi im fols 
genden Jahre Gefandte nach Epidaurus geſchickt. Sie brachten 
eine Schlange und wohrſcheinlich auch griechifche Prieſter, die den 
Dienf im Tempel auf der ZTiberinfel einrichteten. Liv. L. X c. 47. 
— Epitom,. L. XI. — Bergl. $. 11. ©. 6r. , 


2) Hier. Bernegau de Servi medici apud Graecos et Rorhanos 
eonditione, Praes. Schulze. Halae 1733. 


3) Wan nannte eine ſolche Bude’ (fargrior) medicina. Plant. _ 
Mensechm. Acı. V. Sc. 7. V. 3. 


vn 
wo fie zugleich bie feiöftbereiteten Mittel: verkauften, und 
alles behandelten, was ihnen vorfam, ohne bie Chirurgie 


[ 


% 


von der Mediein zu ſcheiden. Diefe Medieinbuden ftans 


den mit den Barbierbuden in gleihem Range ?), man 
fand in ihnen die Mäßiggänger aus der Stadt, und erfuhr 
die Tagesneuigkeiten. Zu verwundern if es denn freilich 
nicht, daß der robe Hochmuth der Nömer bie Heilkunft für 
einen niederen Erwerb hielt, womit Fein Freigeborener ſich 
befledden dürfte *), eine tiefe Herabwuͤrdigung, die ihr fein 
anderes Bolt angethan hat, die zugleich den Beweis ‚ent 
hält, daß fie das Höhere und Edlere diefer Kunft gar nicht 
begreifen Eonnten. Cato, der gerühmte Stammbalter der 
alten Sitte, bei dem ſich hohe Kömertugenden mit allen 
röimifchen Vorurteilen. in grellem Abftande vereinigten, 
konnte fih fogar einbilden, die griechifchen Aerzte hätten 
fih verſchworen, alle Barbaren umzubringen, und nähmen 
dafür noch Geld, um fih Glauben zu verfhaffen ’). Hips 
pofrates feldft fei der Einladung zum König der Perfer 
nicht gefolgt, bloß aus demſelben Grunde, um feinem Barr 
baren zu dienen *). Deshalb predigte er den bitterften Haß 
gegen bie Aerzte und glaubte, fie würden dem Staat beit 
Untergang bringen, wenn das römifhe Volk fte zuließe. 
Er felbft befaß ein mebicinifhes Hausbuch in Jateinifcher 
Sprache, worin bie Krankheiten einzeln aufgeführt waren, 
mit der Angabe ihrer Heilmittel, die gewiß nur die niedere 
Wolkserfahrung und der Aberglaube vorgefchrieben hatten *). 





1) Plaut. Epidic. Act. II. Se. 2. V. 14. 
2) Taubmann. Comm. in Epidie. p. 417. A. 1. Ed. 1612.- 
3) Plin. His ner. L. XXIX. c. 1. p- 495. 26. 
4) Pinsarch, Vi. Com. 
5) Plin. ae. ©. p. 406. 7. 


, 


Die Sitteratur Dat bieran nur einen DWeweis verloren, mas 
der Berftand im Dunfel ber Unwiſſenheit und auf den 
Irrgaͤngen angeerbter Borurtheife leiften kann, wie es aus 
berdem fchon viele giebt: Lebensordnung und einfache Pflan⸗ 
jenmittel mögen die Hauptſache geweſen fein, die Art der 
Vefprechungsformeln läße ein aufbebaltengs Veiſpiel davon 
vermuthen *). 

Der eigenthuͤmliche Gang der Volkebildung machte 
‚ alfo bie Römer für die Aufnahme und die Bearbeitung ber 
Deilfunde durchaus unfähig. Sie haben auch niemals ets 
was etfprießliches darin geleiftet, indem nur Außerft wenige 
von eigener Meigung dazu getrieben wurden, und auch biefe 


es’ vorzogen, griechifch zu fchreiben *). Denn ſchon mie das 


goldene Zeitalter der Iateinifchen Litteratur zu Ende war, 
gab es noch feine gebildete Kunftfprache für die Heilkunde, 
worüber Celfus, der einzige aͤcht römifche Arzt, gerechte 
Klage führe °). Zu bedauern ift es auf der andern Seite, 
bag bie nächterne Befonnenheit und der Exnft der Römer, 
der ihrem Verſtande die größte Klarheit und ihren Unter 
nehmungen Staͤrke und Feſtigkeit gab, durch jene unfeligen 


Vorurtheile der Heilfunft entzogen wurden, die in diefem 


kraͤftigen Boden herrlich gediehen, und von den. Auswuͤch—⸗ 
fen der griechiſchen Verbildung vielleicht befreit morden 


wäre. So aber nahm alles die griedhifche Farbe an, die, _ 
wenn audy noch fo lebendig und trefflich, doch nicht die all ' 


gemein gültige für alle Völker fein Eonnte, Die Geſchichte 
1. 


ı) Nato de Be rustica, C. 160. Es find Worte ohne Sinn, 
womit Verrenkungen geheilt werden follen. 

2) Blin, a. a. ©. ı3. 

3) LVL.e.18.p 392. · _ Spuren diefes Bengelt zeigen ſich 
Im ganıın. Merk. .. 


‘ 


354 | 2 | 
Keralus, an den noch einige Verſe von om aufbebalten 
find ). 
| Der Empirifer Zopyrus, ein Zeitgenoffe bes Mis 
thridates, ift aus mehreren Bruchſtuͤcken uͤber Arznei⸗ 
mittellehre bekannt, woraus man ſehen kann, daß die bus 
moralpathologiſchen Anſichten hierin die vorherrſchenden ge⸗ 
blieben ſind. Im Ganzen beweiſen ſie durchaus nicht einen 
vorgeruͤckten Zuſtand derfelben, denn es befremdet z. B. 
Soda, Kupferſchlag, Rindsfett u. a. unter den ſchweißtrei⸗ 
benden Mitteln aufgeführt zu finden *); und auf ähnliche 
Art ift Hier die Heilkraft von hundert andern Mitten anı 
gegeben, die bier nach den Wirkungen eingetheilt find ?). 
Zopyrus Gegengift gegen jede innere und dußere Vergifr- 
-tung war bei den fpdteren Aerzten ‚ungemein beliebt, “und 
wurde von ihnen auch in verfchiedenen Krankheiten als 
Seilmittel benußt *). Er fihicdte es dem König Michel 
dat, mit der Aufforderung, damit an Verbrechern Verſuche 
anzuftellen, die völlig geglüdt fein follen. Ein anderes Ge 
gengift, Ambrosia genannt, foll Zopyrus für einen Pros ' 
lemäus bereitet haben *), der irgend einer von den’ ſpaͤ⸗ 
‚ teren gewefen fein mag, bie ſich nad) der Sitte der Zeit 
mir Giftlehre befchäftigten, hierin aber gewiß von der 
Königin 
Kleopatra übertroffen wurden, deren Kenntniffe in 





. 1) Theriae. p. 3. | | 
8) Oribas. Collect. medic. L. XIV. t. 56. p. 657. 
3) Ebend. c. 45 50. 52.:58. 64. 65. — Um richtigen find 
noch die zufammenziebenden Mittel aufgezählt. C. 61. p. 663. 
‚&) Galen. de Antidot. L. IL. c. 8. p. 910. E. T. XI. — Seri- 
N bon. Larg. Compos. med. C. 169. p. 118. 
5) Cels. 1.V.0.923.3..0. p. 275. 


— 


14 


. \ 355 
dieſen Fach mehr als gewoöͤhnlich waren *). Sie (hrieb 
auch ein Buch Aber Weiberfrankheiten *) (Genesis), und 
ein anderes über die Erhaltung der Schönheit (Kurmmrınd)), 
worin drtlihe Hautkrankheiten abgehandelt, und die Mittel 
dagegen angegeben waren ?). Einige berfelben find durchs 
aus nicht verwerflih, und bie Sufammenfegungen von bee 


gewoͤhnlichen Art: 


Die Schule der Empiriker wurde noch bis in bag zweite 
Jahrhundert n. Chr. durch bedeutende Aerzte aufrecht er; 
halten, und verbreitete fich zugleid mit den uͤbrigen. Wahr⸗ 
ſcheinlich bekannte ſich Heras von Kappadocien zu ihren 
Grundfägen, ber in ber Arzneimittellehre ungewoͤhnliches 
Lob erhält *). Er lebte unter den erften Kaifern °) in 


Rom ) und’fchrieb nach dem Beifpiel des Meraflides 


über ‚alle Theile feines Faches erfahrungsgemäß, ohne feinen 
Vorgängern unbedinge anznhängen ”). Sein beftes Werk, 





1) ine von Plinius (L. XXI. c. 3. p. 235. 6.) erzählte 
Anekdote läßt vermutben, auf melde Art fie ihre Berfuche an» 
flellte. Bei einer geringfügigen Gelegenbeit tödtete fie nämlich die 
nen Soldaten mit Gift, blog um die Wirfung deffelben zu bes 
weifen. 

9) dGalen. de Gynaeceis L. spur. p. 873. c. T. VI 

3)- Gaten. de Compos. madie. sec. loc. L. I. c. 1. p. 888. A. 
T. xum. — Dies legtere Busch iſt verloren gegangen, das erflere iſt 
gedruct in Isr. Spach. Harmonia Gynaeciorum ex diversis collecta, 
etc. Argentin. 1597. fol. — Bon einem andern über Maafe und 
Berichte unter dem Namen der Kleopatra id noch Irgendwo 
eine griechifhe Handſchrift vorhanden, . 

4) Galen. de Compos. medic. per gen. L.II.c.9- P- 31. — 
L. IL ce. 5. p. 682. T. XIII. 

5) Denn er wird von Eelfus amägnt L. Vs e. 22, 5. 3. 
p. 373., ©. 28. 8. 4. p. 322. 10. 

6) Aaller.'Biblioth. boranie. p. 69. 

9) Galen. a aD. L. I. c. 1. p. 6)2. F. 
R2 3 2 





356, 


Narthex °') genannt, enthielt eine Auswahl der wirkſam⸗ 
ten Mittel und Zufammenfeßungen, von denen viele von 
ihm erfündent, mir Rüdficht auf den Zuftand der Wiſſen⸗ 
(haft, trefflich ‘genannt werden koͤnnen. Mirgends finder ſich 
‚von Heras eine Spur, daß er ſich in die Schulſtreitigkei⸗ 
ten feiner Zeit eingelaffen ,, und vielleicht gehört er deshalb 
eher zu den Aerzten, die den Beſten aus allen Schulen und 
ihrem eigenen Urtheil folgten, ohne fih an eiri Syſtem eins 
ſeitig zu binden. Manner bieſer Art fanden ſich jetzt ſchon 
ſehr viele. 

Deſto kampfruͤſtiger zog der ſchon erwaͤhnte Meno⸗ 
dotus ans Nikomedien 2) gegen feine dogmatiſchen Zeitges 
noſſen zu Felde, gewiß ein ſehr faͤhiger und thaͤtiger Ems 
piriker, aber fonft ein zweiter ®erapion, "der in feinen 
litterariſchen Fehden Sitte und Anſtand bei Seite ſetzte ’). 
Er lebte zu Anfang des zweiten Jahrhunderts, wahrfcheins 
lih in Nom, und mar von Antiochus aus Laodicea in 
der ſkeptiſchen Philofophie unterrichtet worden ). Die 





1) Ebend. L. Le. 13. p. 658. A. Es Hatte auch den Titel 
vers duramlar, Kroft der Kräfte 


a) 8.51. ©. 335. 
3) Galen. de Subfig. empiric. C. 13. p. 346. E.T.I. 


4) Diog. Laört. L. IX. 8. 116. p. 602. Daß zwiſchen dem 
empirifchen, Syflem und der Pyrrhoniſchen oder ſkeptiſchen Philo⸗ 
fopbie uͤberhaupt «ine große Uebereinflimmung In den Grundſaͤtzen 
Statt findet iſt durchaus nicht zu laͤugnen, ja es galt ſelbſt bei 
den Alten fe Meinung, daß jenes aus dem Pyrrhonismus ber» 
vorgegangen ſei. (Sext, Empirtic. Pyrrhos. Hypotyp. L. J. e. 34. p. 
48. E. Ed. Colon. 1621.) Wirklich war auch die Pyrrhoniſche Schule 
etwas früher entflanden, als die empirifihe. Einen Zufammenbang ° 
beider anzunehmen fcheint Indeffen nur Infofern gufäffig, als Pyr⸗ 
rhoniſche Brundfäge In die allgemeine Denkweiſe übergegangen was 
sen. Sonſt war bie Entwidelung beider Schulen feibhfändig. 


N 


— 357° 


Einfhhrung bes Epilogismus ift unftreltig fein ‚größtes Vers 
dienft, und verhinderte noch für einige Zeit bie Entartung 
biefer Schule, die bei dem anfcheinend leichteren Studium 
ihrer Lehren unter der großen Zahl der Empiriker leicht eins . 
reißen mußte. Im übrigen konnte feine Selbſtſucht *), die 
er in zablreihen und ſehr weitläuftigen, auch vielbeants 
worteten 2) Streitfehriften an den Tag legte °), der Leib 
kunde wenig Bortheil bringen. 

Theudas von Luodicea, ein Zuhörer deſſelben An⸗ 
tiochus *), doch vielleicht etwas jünger ale Mendodotus, 
vertheidigte wieder den Webergang zum Aehnlichen als ben 
fiherften Weg zur Erfahrung *), und fiheine überhaupt die” 
empirifchen Grundfäge am beften bearbeitet zu haben. Seine 
Eintheilung der nusuͤbenden Heilkunde im die anzeigende 
(indicatoria, Diagnoftif uud Prognoftif), die behandelnbe 
(euratoria) und die didrerifche, kommt - hier als mangelhaft 
um fo weniger in Betracht, als er den Lefern feines Werkes 
‚darüber feinen Zwang auferlegte, und fie felbft als unvolls 
fommen anerkannte *). Außer vielen anderen Werfen ber 
ſaß man von ihm eine Einleitung in bie Heilkunde und 
“eine Ueberſicht derfelben, die einige Streitfchriften verans 
faßten ”). Zn 

Aefhrion von Vergamus, der Lehrer des Galen In 
der Arzneimittellehre befchließe hier am fhidlichften die 

L 





1) Galen. de Plac. Hipp. et Platon. L. IX. e. 5. p. 258. B. T. V. 

2) Gaten. de Libr. propr. C. 9. p. 45. T. I. 

3) Galen. ad Thrasybul. C. 29. p. 26. F. T. VI. 

4) Diog. Laörı. a. a. O. — Er wird auch Theodes, 
Theutas und Theutras genannt. 

5) Galen. de Subfig. empiric. C. 3. p. a ET. II. 

6) Ebend. C. 4 p. 34r. 

7) Galen. de Libr. propr. C.g.P 45. T. 1. 


1 ⸗ 


358. 


Säule der Empiriker. Daß er Krebeafche, bie zu einer be 


ſtimmten Zeit bereitet fein mußte, zur Vorbauungskur der 
Waſſerſcheu empfahl, iſt ein Beweis, wie weit es mit dem 
Blinden Glauben an abentheuerliche Mittel gekommen war ). 
Diefer Glaube, der den Empirifern fhon immer zum Vor⸗ 
wurf gereicht hatte, raubte ihrer Schule endlich alle wiſſen⸗ 
(&aftlihe Bedeutung, nachdem fie drei Jahrhunderte bins 


“durch die ausübende Heilkunde nicht wenig bereichert, und 


der Welt viele brauchbare Aerzte gebildet. hatte °). 
Sechſter Abfchnitt. 
Säale der Methodiker. 


6. 53. | 
Zuftand der Heilkunde in Rom vor Asklepiades. 
"Die Griechen haben die MWiffenfihaften aus ſich ſelbſt 


herausgebildet, die Roͤmer haben ſie erſt ſpaͤt und nach 


aͤußerem Antrieb aufgenommen. Dies Kriegervolk erreichte 
in Feldlagern und in Schlachten den Ruhm ſeiner Groͤße, 
die Kuͤnſte des Friedens waren ihm unbekannt, als ſchon 

die halbe Welt feiner Herrfchaft huldigte, oder fie lagen | 
danieder , weil’ fie nicht geachtet wurden 2 Daber hatten 





1) Galen, de ‚mp. medic. Facult. L. XL e. 1.8.24. p. 310. 


TXHUL- . ,: 2 


23) Es kommen noch vlele andere Empirifer, aber nur dem 
Namen nad) vor, z. B. Herodotus von Zarfus, Schüler des 
Wenpdotus, (Diog. Leert. a. a. D.) Kallifles, Diodor 
rus, Lyrus. ( Galen. Meihod. med. L. II. c. 7. p. 49. A. T..X.) 
Poilippus, xGalen. de Libr. propr. C. 2. P- 38. B.T.1.) fämmts 
lich aus der fpäteren Zeit. 


3) Cic. Diep. Tuscu' eu. LI C. 1 - 4 


359 


2 
blie Römer bis zu dem Zeitpunkt ihrer höheren Bildung 
feine Aerzte, und eine wiſſenſchaftliche Heilkunde, die Aber 


haupt erft bei einem. höheren Grade geiftiger Entwickelung 
möglich if, Eonnte ſich bei ihnen nicht entfalten. Die 
Bolfamedicin gründete fih auf Aberglauben, wie Aberall, 
mar aber im Ganzen noch weit übeler beftellt, als bei 


den Griechen vor Hippokrates, denn der Aberglaube . 


mar, durch die Staatsreligion aufrecht erhalten, noch weit 
mächtiger und unterdruͤckender. Man flehte die Götter 
eben. fo um Schuß gegen Krankheiten an, in Griechenland 
aber war es niemals fo mweit gefommen, daß man Eörpers 
fihe Uebel zum Range von Gottheiten erhob, und Ihnen 


Tempel baute, um ihren Grimm zu verföhnen. Wirklich . 


gab es in Rom einen Tempel ber Febris ") auf dem Par 
fatium und nicht meniger ift es ein Beweis diefer eigens 
thuͤmlichen abergläubifchen Furcht, daß man die Göttinnen 
Mephitis *) und Eloacina ?) verehrte, wozu die böfen 
Wirfungen der ungefunden Luft wohl noch am melften aufs 
forderten. .Eugeria und Fluonia (die Goͤttinn der Rei⸗ 
nigung) wurden von den Schwangern angerufen *), doch 
waren ihre oberften Schußgdttinnen Juno unter dem Na 





ı) Cic. de Natur, deor. L. II. c. 25. — De Legib. L.IT. e. 11. 
— Plin. Hiat. nat. L. IL. c. 7. p. 72. 6. Diefer und zwei andere war 
ren wirkliche Deiltempel, wo man den Sranfen Rath’ ertbeilte, 


‚aber obne fiber die gewöhnliche Volksmedicin hinauszugehen. Va- 


ler. Mazim. Dict. faciq. mem. L. I. c. S. Eine Weihtafel aus dir 
nem diefer Kempel f. bei Graev. Thesaur,. Rom. antiq. Vol. XIE, 
»- 867. | 

3) Ebend. C. 93. p. rı6. 4. 

3) Lancis. de adventit. Roman. coel. qualitat. C. 7. p. 63. 


4) Sext. Pomp. Fest. de Verbor. signif. — Arnob. adv. Gent. 
| , m 


L. IM. c. 6. ' 
1— 


’ 





360 | J 


men Lu« in a (oder Opigina), und Diana, die unter dem⸗ 
ſelben Namen vorkommt, und von den Erſtgebaͤrenden den 
Gürtel als Weihgeſchenk empfing. Pilumnus, Inter ci⸗ 
dona und Deverra waren die Schutzgottheiten der Woͤch⸗ 
nerinnen gegen Sylv anus, deſſen naͤchtliche Umgaͤnge ſie 
faͤrchteten 2). Seuchen wurden wie andere allgemeine Ungluͤcks⸗ 
faͤlle abgewendet, ſo daß in der dringendſten Noth der Ponti- 
fex maximus die vorgeſchriebenen Gebräuche anordnete und 
bie Decemvien die Sibylliniſchen Bücher auffchlagen mußten, 
wonach man gewöhnlich den erzürnten Gottheiten Suͤhn⸗ 
opfer brachte, Tempel erbauete, ober Geluͤbde that Apollo 
als der Gott der Heilkunſt und die Göttin Salus durften 
hierbei am imenigften Übergangen werden 2). Bon allen 
diefen Gebraͤuchen brachte indeſſen keiner der Heilkunſt ir⸗ 
gend einigen Vortheil, wie doch in Griechenland ein edler 
Zweig derſelben ſich aus dem Gottesdienſt entwickelt hatte, 
ja man kann dieſe religioͤſe Schen und gaͤnzliche Befangen⸗ 
heit der Roͤmer im Aberglauben fuͤr den Grund ihrer Gleich⸗ 
guͤltigkeit gegen menſchliche Huͤlfe und ihrer Verachtung 


— 





1) Augustin. de Ciritat. dei L. VL e 9. — Vergl. bleruͤber 


Thom. Barıkolin. Aniiquitatt. vet. puerperii synops. Amatelod. 








1676. 12. — Diefe Gottheiten find nur des Beifpiels halber genannt 
worden, um die Denkweiſe der Römer hierin anſchaulich zu machen. 
Andere find noch: Profa und Poſtverta, (beite Carmentes ges 
nannt), die die Kreißenden anriefen, um dem Kinde eine gute Lage 
zu geben; Gell. Noct. Attie. XVI. e 16. Zeffonta, die Göttin 
der Schwäche, Augustin. L. IV. c.21. Carna, die Beſchuͤtzerin der 
Meinen Kinder, und Goͤttin der Audrangein; Ovid. Fası. L. VI. V. 
101. Dffipaga u. fı w. 

2) Livius, an mehreren Stellen. Die eigentbämlichften Cao⸗ 
rimonien dieſer Art waren: die Lectisternia oder Göttermapfpeiten 
"und das Einfchlagen eines Nagel im Supitertempel auf dem Car 
pitol Durch einen dazu ernannten Dictator. Zur. L. VII. c. 3. 


\ | , 361 

Der Aerzte balten, bie ſich bei allen ungebilbeten BEL 
fern wieberfindet. Schon im Jahr d. St. 460. (294. v. 
Chr.) wurde nach Vorſchrift der Sibyllinifhen Bücher der 
Aeskulapsdienſt in Rom eingeführt °), und beſtand Bis in 
bie fpäteren Zeiten, fiheint aber für die Heilfunft niemals 


einige Bedeutung erhalten zu haben. Er war überdies 
Schon in Griechenland längft ausgeartet, auch ftanden Die 
Epidauriſchen Asflepiaden, von den ihn die Römer entlehnt 


Batten, in ihrer mebdicinifchen Ausbildung hinter den Kols 
ſchen und Knidiſchen weit zuruͤck. Alfo auch hierdurch Eonnte 
ſich die Heilkunſt bei weitem nidyt heben. Quadfalber und _ 
Marktſchreier verfchiedener Art gab es in Rom gewiß in 
gioßer Menge, befonders vertraute man fi den Marfern - 
gern an, bie aus de Nachbarſchaft häufig einwanderten. 
Aus Griechenland fanden fi in der früheren Zeit nur 
Menfchen aus der niedern Volksklaſſe ein, wie Jatralipten, 
Diener aus den Gymnaſien, Pharmafopoien und dergl., 
oder wurden bei dem zunehmenden Luxus den Reichen als - 
Sklaven verfauft, die fie untes dem Namen von Aerzten | 
als Lammerdiener hielten *). Als Ereigelaffene trieben ſie 
dann ihren Erwerb auf öffentlicher Straße in Duden °), 





1) Veranlaffung dazu gab eine Peſt, weshalb man das ger 
woͤhnliche Orakel befragte. Es verordnete, die Statue des Epidau⸗ 
riſchen Aetkulap nach, Rom zu boten, vor der Hand wurden aber 
nur Öffentliche Gebete an dieſen Bott angeordnet, und erfi im fol⸗ 
genden Jahre Geſandte nah Epidaurus geſchickt. Sie brachten 
eine Schlange und wohrſcheinlich auch griechiſche Prieſter, bie den 
inf Im Tempel auf der ZTiberinfel einrichteten. Liv. L. X. c. 47. 
— Epitom. L. X. — Bergl. 6. 11. ©. 6. 

2) ÜHler. Bernegau de Servi medici apud Graecos et Rorkanos 


eondilione. Praes. Schulze. Halse 1733. 


3) Wan nannte eine ſolche Bude (trete) medicina.. Plant. 
Mensechm. Act. V. Sc. 7. V. 3. 


04 





302 u \ 

wo ſie zugleich Die ſelbſtbereiteten Mittel verfanften, und 
alles behandelten, was ihnen vorfam, ohne bie Chirurgie 
von der Mediein zu ſcheiden. Diefe Webdieinbuben ſtan⸗ 
den mit den Barbierbuden in gleichem Range *), man 
| fand in ihnen die Muͤßiggaͤnger aus der Stadt, und erfuhr 
bie ITagesneuigkeiten. Zu verwundern ift es denn freilich 
nicht, Daß der rohe Hochmuth der Römer die Heilkunft für 
einen niederen Erwerb hielt, womit Fein Freigeborener ſich 
Befledten dürfte 2), eine tiefe Herabwuͤrdigung, die ihr fein 
anderes Volk angerhan bat, die zugleich ben Beweis ‚ent 
Hält, daß fie das Höhere und Edlere diefer Kunft gar nicht 
begreifen Eonnten. Cato, der gerähmte Stammbalter der 
alten Sitte, bei dem ſich hohe Römertugenden mit allen 
römifhen Vorurtheilen in grellem Abftande vereinigten, 
tonnte fih fogar einbilden, "die griechiſchen Aerzte hätten 
ſich verſchworen, alle Barbaren umjzubringen, und nähmen 
Dafür noch Geld, um fi Glauben zu verfchaffen *). Hips 
pofrates feldft fei der Einladung zum König der Perfer 
nicht gefolgt, Bloß aus demſelben Grunde, um feinem Bars 
baren zu dienen *). Deshalb predigte er den bitterften Haß 
gegen die Aerzte und glaubte, fie würden dem Staat beit 
Untergang bringen, wenn das römifche Volk fie zuließe. 
Er felbft befaß ein mebicinifhes Hausbuh in Jateinifcher 
- Sprache, morin die Krankheiten einzeln aufgeführt maren, 
mit der Angabe ihrer Heilmittel, die gewiß nur Die niedere 
Volkserfahrung und der Aberglaube vorgefhrieben hatten *). 


“= 





ı) Plaut. Epidic. Act. I. Sc. 2. V. 14. 
2) Taubmann, Comm. in Epidic, p. 417. A. 1. Ed. 1612. 
3) Plin. Hist nat. L.XXIX. c. 1. p- 495. 26. 
4) Pinterch. Vit. Caton. . 
| $) Plin. a. 0. ©. p. 406. 7. 


L 


Die Litteratur dat hieran nur einen Veweis verloren, mes 
der Berftand im Dunfel der Unwiſſenheit und auf den 
Irrgaͤngen angeerbter Vorurtheile leiften ann, wie es aus 
ferdem ſchon viele giebt. Lebensordnung und. einfache Pflan⸗ 
jenmittel ‚mögen die Hauptſache geivefen fein, bie Art der 
Defprehungsformeln laͤßt ein aufbebaltenes Veifpiel davon 
vermuthen *). 

Der eigenthümlihe Gang der Boltebildung machte 
‚ alfo die Römer für die Aufnahme und die Bearbeitung ber 
Deilfunde durchaus unfähig. Sie haben auch niemals ets 
was erfprießliches darin geleiftet, indem nur dußerft wenige 
von eigener Neigung dazu getrieben wurden, und auch dieſe 


es’ vorzogen, geiechifch zu fehreiben ?). Denn fchon wie das 


goldene Zeitalter der Iateinifchen Litteratur zu Ende war, 
gab es noch feine gebildete Kunftfprache für die Heilkunde, 
worüder Celfus, der einzige Acht roͤmiſche Arzt, gerechte 
Klage führe ?). Zu Bedauern ift es auf der andern Seite, 
daß bie nächterne Defonnenheit und der Ernſt der Römer, 
der ihrem Verſtande die größte Klarheit und ihren Unter 
nehmungen Starke und Feſtigkeit gab, durch jene unſeligen 


Borurtheile der Heilfunft entzogen wurden, die in dieſen 


kraͤftigen Boden herrlich gediehen, und von den Auswuͤch⸗ 
ſen der griechiſchen Verbildung vielleicht befreit worden 


wäre. So aber nahm alles die griechiſche Farbe an, die, 


wenn auch noch fo lebendig und trefflich, doch nicht die all 


gemein gültige für alle Völker fein Eonnte Die Geſchichte 
I. 





ı) Nato de Be rustica. C. 160. Es find Worte obne Sinn, 
womit Verrenkungen geheilt werden follen, 

a) Blin.n. a8. 13. | 

3) L. v1. e. 18. p- 302. — Epumen dieſes Drengels zeigen ſi ſich 
by’ ganzen. Werke. | 


‘ 


364 or 


kennt Feine” Aerzte von eömifcher Geiſtesgrdße und Eigene 
thuͤmlichkeit. | 

. Der erfie namhafte Arzt, der fi in Rom niederlieh, 
war Arhagarhus, Sohn des Lyſanias aus dem Pelos 
ponnee. Er Fam tm Jahr d. ©t. 535 (219. v. Chr.) unter. 
den Eonfuln 2. Memilius und 2. Sulius, war alfo ber 
deutend Alter als Cato, der i. I. 149-ftarb, damals alfe 
erft fein fechzehntes Jahr erreicht harte. Die Römer nah⸗ 
men ihn gaftfreundlich auf, gaben ihm das Jus Quiritium 
und eine Bude, die fle oͤffentlich ankauften, und alles war 
voll, Erwartung des Seegens, den der neue Schubengel 
fpenden follte. Drag aber unkluges Benehmen von feiner, 
oder Überfpannte Forderungen von der andern Geite, — 
denn der große Haufe verlangt von einem folchen Arzte von 
allen Krankheiten geheilt zu werben, ohne ihm Zeit zu lafe 
fen —, oder mag beides Beranlaffung gemwefen fein, genug 
er verlor in kurzer Zeit alles Wertrauen, und verließ bie 
Stadt, die nun mit Widerwillen gegen die Keilkunft erfüllt 
war. Am mentgften hatte man fein vieles Brennen und 
| Schneiden vertragen können, das ihm den ſchreckenden Bei⸗ 
namen Carnifex zuzog, und bieß fowohl, wie der -Umftand, 
dag man ihn ausdrüdlich einen Wundarzt (volnerarius) 
nennt, macht es wahrſcheinlich, daß er ein Chirurg ohne 
höhere Bildung gewefen fein mag, ber fein Gluͤck auf eine 
auffallende Weife verfuchen wollte 2). Noch dazu ift fein 
Mame in der Miffenfchaft völkig unbekannt, und man weiß 
nicht einmal, welder Schule Tr angehört hat. — Daß bie 
griechifchen Aerzte nah Archagathus aus Nom vertritben 
fein follten, gruͤndet ſich auf Feine gefchichtlichen Beweiſe *), 





ı) Pln.a. a. O. p. 405. ıB. 
2) Nur eine einzige Stelle Fönnte bafür angeführt werden: 


—— | N 


‚ ben Mamen zugeſtand. 


= 


. » 
| 365 
vielmehr. wurden fie bei zunehmender Vorliebe für griechifche 
Wiſſenſchaft fehr gern gefehen, und genoflen der größten 
Auszeihnung, wenn ihnen Gelehrſamkeit und Bildung Ans 
ſpruͤche darauf gaben. Die Bornehmen wußten denn auch 
wohl, welche Unterfchiede fie unter den Aerzten zu machen 
hatten, denen die Unwiſſenheit ſammt und fonbers denſel⸗ 


§. 34. 
Asklepiabdes von Pruſa. 

Waͤhrend nun die Aerzte, uͤberall in drei Schulen ge⸗ 
theilt, die vorgezeichneten Wege ihrer Vorfahren verfolgten, 
erſtand im erſten Jahrhundert vor Chriſtus Asklepiades 
von Pruſa in Bithynien, von Natuͤr dazu beſtimmt, durch 
ungemeine Geiſteskraft die Menſchen fuͤr ſich einzunehmen, 
and in feiner Wiſſenſchaft mächtige Umwaͤlzungen herbeizu⸗ 
führen. Die frühere Geſchichte diefes feltenen Mannes if 
völlig in Dunkel gehällt; man fennt nicht den Stand fels 


ner eltern und auch nicht die Lehrer, die in ihm die Liebe. 


zu den Wiffenfchaften gepflegt und feine herrlichen Anlagen 


für die Heilkunſt ausgebildet haben ). So viel iſt jedoch 





Plin. a a. D. p. 496. 11. „Et quum Graecos Italia pellerent, dia, 


post Catonem, excepisse medicos.“ Der Zufammenhang ergiebt 
bier, daß excipere nidht ausnehmen, fondern namentlidy auszeich⸗ 
nen, nominatim appellare, nominatim cavere heißt: Da aber bie 
übrigen Schriftſteller ſchweigen, und auch die Vertreibung ber 
griechiſchen Rhetoren durch einen Senatsbeſchluß I. 3. 592 (162 v. 
Ehr.) offenbar nicht gemeint fein kann, fo verliert dies Zeugniß 


ſeine Blaubrwördigkelt. 


1) Dop Kleopbantus feln Lehrer nicht geweſen fein kann, 
(Sprengel, Geſch. d. Arzneik. Th. 2. ©. 6.) iſt ſchon oben bee 
wleſen worden (5. 346. Unm. 6.), und geht überdies aus Plin. 


Hier. nat. L. XXVI. c. 3. p. 392. 8. hervor: „„Vini rationom illustraverat 


N 


360 

aus feinen Leiſtungen ar, daß er ſich der Philoſophie ik 
Rhetorik, den Haupterforderniffen der griechifchen Ditdiing, 
worin ihm firenge Richter Lorbeern zuerkennen *), mit auss 
gezeichnetem Fleiße geroidmet hat. Nach vollendeten Stu⸗ 
dien relfte er als Arzt viel umher, und. hielt fih dann Ber 
fonders In Parium, einer Stadt in Myften, in Athen und 
im Helleſpont auf, wo er Aberall Kranke behandelte *). 
Dann zeigte er fih in Rom. Seine hinreißende und kraͤf⸗ 
tige Beredtſamkeit ?) erregte fogleich allgemeine Bewunde⸗ 
rung. Die ganze Welt firömte ihm zu, als wenn er vom 
Himmel gefande wäre *). Zahllofe glückliche Kuren, und 


die unermuͤdlichſte, Thaͤtigkeit in feinem Berufe beftätigten 


die gehegten Erwartungen, und erfuͤllten noch mehr, als er 
wohl ſelbſt nicht unterlaſſen hatte zu verſprechen. Die nie⸗ 





Chopheutus apud priscos“ , wo Diefer Zuſatz nicht fichen wuͤrde, 
wenn er ,audy nur ein Zeltgenoffe von ihm gemefen wäre. Eben 
fo wenig war es Apollonius von Mempbis, nah Wald 
(Antiq. medic. select.) Es Tiegt hier eine Verwechſelung mit der 
Moetör Asklephades von Myrlea zum. Grunde, einem Zeitge⸗ 


voſſen des unfrigen , der irgend einen Apollontus zum Lehrer 


batte. Suld. -voc. Arziam. — Db er der arme Asllepiades- 


geweſen, der In Gefellfchaft mit Menedemus in Athen bei Tage 
- die Philoſophen hoͤrte, und fih am Abend In einer Mühle zwei 
„Drachmen' mit Tageloͤhnerarbeit verdiente, laͤßt fi nicht wohl aus⸗ 
"machen. (Atken. Deipnosoph. L. VI. c. 19. p. 153. Ed. Schweigh.) 


Doch fllmmt damit Äberein, daß Plinius verfichert, er babe 
„sine opibus ullıs“‘ angefangen. (Hist. nat. L. XXVI. c. 3. p. 392. 15.) 

ı) 3. 3. Antiochus von Asfalon bei Sazı. Empiric. Adr. ' 
Logie. 1. S. 201. p. 214. 

2) Fragment. Ascleplad. ap. Cocchium in' Script. chisurgie, 
graec. p. 854. — Cael. Aurel. Acut L. II. c. 22. p. 131. 

3) ,Torrens ac meditata oratio.“ — Plin, Bist. nat. L. xxv. 
e. 2. p. 391. 32, 

4) Ebend. p. 390. 4 

⸗ 


N 


⸗ 


— — — — — — 


3607 


dere Volksklaſſe ſcheint ihn in dumpfem Staunen für etwas 
mehr als einen bloßen Arzt gehalten zu haben, die Vorneh⸗ 
men aber feflelte er ducch feine Bildung, feinen .angench 
men Umgang und noch mehr burch die Erfolge feiner Kunſt, 
fo daß ihn die größten GStaatsmänner, wie der Redner. 
Eraffus und fpäterhin Cicero zu ihren Freunden zaͤhl⸗ 
ten °). Wie auch feine Behandlungsweiſe der Kranfen 
geeignet war, überall Eingang zu finden, wird fich weiter 
unten entwideln. Niemals ift eg.gewiß einem Arzte geluns 
gen, einem ungebildeten, in Vorurtheilen lebenden Wolfe 
die Heilfunft in größerem Glanze zu zeigen, als dem As⸗ 
Flepiades. Hierzu kam noch die Erwedung eines Schein 


todten, die ihm gewiß alles gewonnen hätte, wenn er nit - _ 


fhon damals im Beſitze des Öffent‘ichen Vertrauens gervefen 
wäre. Dan wollte fchon eben den Sceiterhaufen anzüns 
ben, als Asflepiades, zufällig hinzugefommen, vor eis 
ner großen Volksmenge verſprach ‚ den Todten wieder ins 
Leben zu bringen, und auc gleich darauf Wort hielt *). 
Sein Ruhm verbreitete ſich indeffen in der ganzen Welt, 
fo daß auch Mithridates ihn mir großen Verfprehungen 
zu fich berief. Doch folgte er diefer Einladung nicht, fon; 
dern blieb in Rom und überfandte dem König nur einige 
für ihn verfaßte Werke *). Im größten Aufehn und im 
Genuß der ungeftörteften Sefundheit erreichte er Bann ein 
hohes Alter, und ftarb, durd einen Fall von der Treppe, 
aber unbekannt in welchem Jahre *). Ueber die Zeit feiner 





ı) Cic. de Oratore L. I. e. 14 
2) Apuleit Florid. IV. p. 276. — Cels. L. I. c. 6. p. 57- 12. 
— Plin. Hiat. nat. L. XXVI..c. 3. p. 392. ı2. — L VI. c. 3y. p. 
395. 19. 
3) Æbend. 18. L. xxv. €. 2. p. 359.29. 
4) Ebend. L. VU. c. 37. p. 395. 17. 


y 


Bluͤthe und mehrere Lebensumftände von ihm ſi nd überhaupt 
viele Widerfprüche zu heben. Daß er zu Craſſus Zeis 
een, als die griechifhe Bildung bei den Vornehmen ſchon 
hberall eingeführt ıwer, nah Rom gekommen fei, ift aus 
gemacht *). Eben fo Eonnte er auch als bejahrter Mann 
mit Pompejus und Cicero Umgang haben, die bei 
Eraffus Tode beide fehr jung waren *), indem er bis an 
das Ende feines Lebens in voller Thätigfeit und Wirkſamkeit 
blieb. Daß er in Rom zuerft als Lehrer der Beredtſamkeit 
aufgetreten ſei, widerlegt ſich durch eine offenbare Verwech⸗ 
felung mit dem Rhetor Asflepiades von Myrlea, der 


ſich zu derfelben Zeit in Rom aufhiele >). Weberdies hatte. ' 


ee ja fchon früher die Heilfunft ausgeübt, und brauchte als 
angefehener Arzt nicht zu dem feine Zuflucht zu nehnfen, 
wozu ihn feine treffliche allgemeine Bildung machte; am 
wenigſten des bloßen Erwerbs wegen, wie man von ihm 
‚berichten will. Wahrſcheinlich ift’es, und alles, woraus 
feine Eigenthuͤmlichkeit erhellt, berechtigt zu dieſem Schluß, 
daß er fich bei den Römern in jeder Rädfiht als Weltmann 
eingeführt bat. Daß er fi) aber niedriger Kunftgriffe bes 
dient haben follte, um fein Anfehn zu vermehren, ift um 
fo weniger glaublih, als Männern diefer Art die Achtung 
und das Vertrauen der Menfchen von felbft zufallen. So 
ift denn auch unter anderen die Erzählung, er habe mit 
dem Schickſal gewertet, niemals krank zu werden, und nies 
mals eines natürlichen - Todes zu fterben, worauf er denn, 
wirklich auf die erwaͤhnte Art umgekommen ſei, entweder 

eine 





1) Cicero © u. O. 
2) Ebend. L. IM. init. 


3) lin. Hisı. nat. L. XXVI. e. 2. p. 391. 29. — Bergl. C Con- 
ring. Hermet. medicin. L. I. c. 9. p. 84. 


eine Bloße Erdichtang, oder ein She, den‘ er mie den 
Kömern leicht -treiben: konnte/ oder Tage ſich aas den av. 
fRänden , unter denen er lebte, send erklaͤten u 


. ... Hin 
$. 55... | un 


Astlepindes Lehrgebdnde, 
Askleplades bearbeitete die gane Heilkunde folge 
recht und eindringend nach den Grundfatzen einer Natur⸗ 
philoſophie, die von den Aerzten noch voͤllig unbenutzt ge⸗ 
blieben war, der Leueippiſch⸗Demokritiſchen'e), die Epikur 


weſentlich beibehalten, jedoch In manche? Ruͤckſiche erweitert 


hatte. Die ganze Welt befteht von Ewigkeit ber allein aus 
dem leeren Raume und den untheilbaren GrundEörperchen, 
deren Daſein nicht durch die Sinne, fondern nur durch bie 
Vernunft erfannt werben kann °). An Zahl unendlich, wie 
an Ausdehnung der Raum, In dem fie ſchweben, bewegen 


fie fih in emiger Regſamkeit, und durch die Mochrvendig« 


feit (der Eleatiker) gezwungen, Bilden fie durch ihr Zus 


fanımentreten bie wirklichen Körper, die eben dadurch ſinn⸗ 


liche Eigenfchaften erhalten *), Die unendlihe Verſchie⸗ 


denheit derfelben haͤngt von ber gleichen Verſchiedenheit ber 


Srundförperchen °) ab, To wie von der Art ihrer Vereini⸗ 
gung; die Veränderung der Körper in fich, von. ber Veraͤn⸗ 
\ 





1) Plin. Hist, nat. 1. vo C 37, p- 393. 17: 
2) 6 19. 6, 98. 
3) Aristos, de Col, L I. e. ). p. 345. T.1. Ed. Casaubon. — 


De Generat, et corrupt. L. I. e. 8 p. 396, — Lucret. de rer. natar, 


LI.V.265 — 329. 

| 4) Aristot. de Generat, et corrupt. L. I. e. 1. p. 384. T. I. — 
s Galen. de Element. L. I. c. 2. p, 3. T. UI. 

| 5) Cic. de Natar. deor. L. 1. c. 24% 

L | Aa 


+ 


-37Q 


derung der. Page And ’Ayduung der Atome... ſ. w. ). — 

Dazu. hatte num Spikup mic allen ſnpaͤtexen Atomiſten bie- 
Annahme von Grundkorperchen gefügs, bie zıyan-felbft- ahne: 
alte finnliche Eigenfhaften, aber doch aus den feinften Ator _ 

men jufammengefegt wären, aus_denen dann eigentlich erft 

die wahrnehmbare. Körnerielt beftände,. ſo daß er die Des 

wokritiſchen Atome nup für bie entfernteren Veſtandtheile 

derfelßen gelten ließ.*). Er nannte dieſe zuſammeygeſetzten 

Grundkodrperchen —RR ‚(concretioner), Asklepiades 

behielt dieſen Unterſchied infofern ‚bei, als. er bie wirklichen 

Kirper duch das Zufammenftoßen der Synkriſen entſtehen 

ließ, wodurch dieſe in ‚Kleinere, an Geſtalt und Groͤße ver⸗ 

ſchiedene Theile aufgelöft würden, die fi ich dann zunachſt zu 

den wahrnehmbaren Gegenſtaͤnden vereinigten ”, Dan, 

bat alfo bier zwiſchen den untheilbaren. Grundkdtperchen, 

ben Syufrifen und. den gebildeten Körpern zu unterfcheiden,. 

wodurch zugleich die Abweichung diefer- erweiterten mecha⸗ 





1) „Aristet. de Generat. et corrupt. L. I. c. 2. p. 365. 


2) Ackermann. Instit, histor. med. p. 135. — Diog. Laert. 
L. X. 8. 40: su ‚arone Gr vuudrur, IE ar za) ai ragen” 
yiraras nd ıls a Iimisarren 


3) Cael. Aurel. Agat. LI e. 14. p. Ar. „Primordia Sengen 
ceorporis primo constituerat atomos, corpuscula intellectu sense, sine 
ulla qualitate solira, atque ex initio comitata, aeternum se morventia, 
quae suo idcursa offensa, mutuis ictibue in infiaita partium fragmenıa 
solvanter, magnitodine atque schemate differeniia:- Qnae rursum 
‚eundo, aibi adiecta vel coniuncia, omnia faciant sensibilie, vim in 
semet mutationis habentia, aut per magnitudinem sui, aut per mul- 
titadinem, aut per schema, aut per ordinem. Nec, inquit ‚ ralione | 
esrere videatur, quod nullius faciant qaalitatis corpore. Alind enim 
parties, aliud univereitatem sequitur; argentum denique album kat, 
aed eius affricano nigra: Capriuum cornu nigrum, sed eius alba 
vorrago, ’ 





371 
miſch⸗ atomiſtiſchou Araturpbilofophle von ber Alteren Demo⸗ 
kritiſchen auſchautich wird, die nur ‚die nen Atome | im 
leeren Raume anerkannte. 

Die Phylistegie des lebenden Körpers wurde nun, . auf 
biefe Grundfäge gebaut, durchaus mechaniſch, und leider 
gingen hierdurch der Wiſſenſchaft Vortheile verloren, Die 
beretts durch die: trefflichen Arbeiten vorangegangener Schw 


‚ Ien errungen waren. "Die Veſtandtheile der: lebenden Kari 


yer find nad: Aſsklepiades, wid von allen ſennlich wahr⸗ 
ven Dingen, die Atome. Durch die-Bereinigung 
derſelben Hilden ſich aber zugleich (serw, röhrenförmige Räume 


(wege: canales, meatus) von verfchiebener Geſtalt und 


Bette, worin die Grundkoͤrperchen ſich ohne Aufhdren be 
wegen, ſo daß den größten die weiteſten, und. den Eleinften 
die engſten angewieſen find "3. Man findet alfo bier dem 
ſelben Gegenfub des: 2eeren und Kbrperlichen wieber, aut 


Dem von-jenen alten Naturphiloſophen ‚das Dafein der Welt 


bergefeitee wurde. Was aber diefe Bervegung der Atome ih 
ihren Kanaͤlen veranldße, iſt Feine wirkende Naturkraft im 
inne der - Peripatetiker, noch irgend ein leitendes Princip, 
wie don fo viele von den Borgängern angenommen’ und 
durchgeführte waren, fondern es -ift:-die Feine trockkene Moth⸗ 
wendigkeit *). Auch bie Begriffe von'dem Wirken: der Na 


tur und der ‘feineren Elementarftoffe, wie des Luftgeiftes 





8 
1) Ebend. Fieri otiam vias ex conplexione corpusculörum, 


intellectw sensas, magnituüdine atque schemate differentes, per quas 


succorum ductus solito meatu percurrens, si nullo Yuerit impedimento ” 


retontos, sanitas ınaneat, impediius vero, sialione  cofpustulorum 
morbos efficiat: — Wergl. :Cels. Praef. p. 5. 7..,.mo. die Sandle in- 
visibilia foramina genahnt werden. — sext. — adr. Geoman. 
8.5. p- 318. . on 
3) Cael. Aurel. a ©. p- 45. 
a2 


ey‘ 








372 . oo“ 


* mb ber.ehiertichen Wärme, mußten In: einen ſolchen Theo⸗ 
rie, die fi vom Konfreten- nicht eutfernte, vdllig untergen 
ben. Die Natur. war für Asflepiades.nichts, als-der 
Körper felbft oder feine mechaniſch Isbendige Bewegung "),- 

wie denn auch feine atomiftifchen Borgäuger Bas Daſein dee 
Gottheit *), das Geiſtige im Menſchen, kurz das Walten 

*  ingend einer: denkbaren koͤrperloſen Kraft auf: das nothwen⸗ 
dige Zufammentreffen dev Atome zurhctgefüher hatten. . 

. Beine Anſicht von ber. Natur bes. menfchlichen Geiſtes 
gründete er, folgerecht wie es. fcheint,. auf: die Demofriti 
ſchen Begriffe vom Wirken der Sinne °), und konnte ihn 
denn auch niche für etwas von der Materie geſchiedenes 
anfeben. Das Dafein eines für ſich beſtehenden Denkver⸗ 
mögens iſt nicht zu begreifen, fondern dies hänge allein vom 
der Thaͤtigkeit der Sinne ab *). : Dusch die Sinnesein⸗ 

- bede allein gelangen-mir zu den Begriffen ber Dinge, ihre 
Wiederholung fährt uns zur Analogie und. zur Induction⸗ 
das Gebdaͤchtniß if nur eine Folge der abwechſelnden Ue⸗ 
bung der Sinne u. ſ. w. *)., So nah ging Asklepiades 

- an der Wahrheit voräber, ohne dag vereinigende Princip 
gu. erfennen, das ‚aus der Sinneschätigfeit an ſich nice 
entfprungen: und Über ihr erhaben, in allen Geiſtesverrich⸗ 
tungen waltet. Gewiß hielt er denn auch wohl die Seele 


t 





1) Eben. 
2) Cic. de Nar. deor. L, I. c. & seq. E 


3) 519.6. 08 | 

: 4) exe. Empiric. adr. Logic. I. S. 201. 2. p. 4ın. — Bel. - 

Cael, Adürel. 0. a. D. p. 45. Etenim nihil aliırd vose' dieit amimam, 
quam sensaum omnium coetum. . . - 

5) Ebend. — Bergl. Galen. de natural. Faculr. 1. T. e. 12. 


p- 17. T. Y. 1 


\ 


1 — — — — 


373 
nach Demokeit und Epikur ) für eine bloße Vercim⸗ 
gung von Atomen, und gab daburch ſeinen Nachfolgern zu 
Hebertreibungen Veranlaſſung, bie aus einer fo völlig mechn; 
niſchen Anfiche hervorgehen: mußten. &ie läugneten jede 
höhere Seelenthaͤtigkeit, das Lnterfcheidungsvermögen bes 
Rechten vom Unrechten, verwarfen die Tugend als für ſich 
beftehend, und führten fie anf ben Begriff des niederen. 
ebierifchen Inſtinkts zuruck, den fie freilich leichter als eine 
Bloße ‚Folge der Sinneseinbräde darſtellen konnten *). Jene 
Atome waren ihni von der feinften geiftigen Art, wie fie 
durch das Achmen der Luft entnommen werben. Folgereht 
mußte er dann nach feiner Lehre hierüber ») ben Sitz der 
Seele im ganzen Körper annehmen, fo jedoch, daß er ben 
ebleren Theilen, namentlich ders Gehirn und dem SHerzen, 
denen mebr feine Atome zuertheilt würden, einen Vorrang 
vor den Abrigen zugeſtand. Blieb er dem Epikur treu, ſo 
kounte er auch Feine Unſterblichkeit zugeben *). 

Wie nun aber Fein Lehrgebäude der Heilkunde ein dyr 
mamifches Princip ganz umgeben kann, fo mußte auch feibft 
Asklepiades in feinem durchaus mechanifchen diefer uns 
sermeidlichen Anforderung entfprechen. Was daher Bei den 


‚ älteren Elementarpathologen bie thierifche Wärme, und bei 


den fpäteren weiter durchgeführt des Luftgeiſt geweſen war, 
das wurden bei ihm bie feinften Atome (yes Aswronsgiis, 
rs —RRR ‚ eigentlich aber auch weiter nichts, als ein 





ı) Zucret. de rer. natur. L.TII.V. 338. seq. — Diog. Lasrt, 
L.XS.6 


2) Galen. a. a. O. 
3) Siehe unten ©. 374 


4) Galen. Histor. pfiilosoph. (Ed. Junt. 1609). T. If. Libr, 
spur. Fol. 4. H. — Bergl. Cael. Aurel. heut. L. I. c. 14. p- 45. 


374 a 


atanaiftifch gedachter Luftgeiſt ), denn es.afanhte, daß Grumd · 
koͤrperchen dieſer Art Dep. Koͤrper durch daß Athmen zuge⸗ 
fuͤhrt, und im Magen. durch die feingen: Kagale ans den 
Speifen aufgenommen wuͤrden 2). Bon den Lungen und 


vom Magen geht, dann. dag Lept.gnzeren.oder der Luft⸗ 


geiſt, denn, beides ift hier. gleichhedeugend, zum Merzen, das: 
es zugleich, nit dein Wlute im ganzen Körper vertheilt ?). 


"Die naͤchſte Urſache aller Verrichtungen wird .dann hieraus 


hergeleitet, und namentlich haben die thieriſche Waͤrme und 


‚ das Empfindungsvermoͤgen keinen andern Gruud ), wie 


. denn, dieſe Annahme zu denfelben. und aͤhnlichen phnftele 


gifhen Borausfeßungen ‚führen mußte, als die bisher ver⸗ 


ſuchten Huͤlfsmittel gegeben, Hatten. Daß aber diefer feinen 
Materie auch die feinen. Kandle angewieſen warden, ergiebt 
fh aus dem DVorigen.von felbft. 

Bon den Erklärungen der einzelnen Berrichtungen hat 


die der Verdauung am meiſten Aufſehen erregt, und war 


—— 


denn auch mehr, als alle übrigen mechaniſch. Die Speifen 
werden nah Asklepiades weder verbaut, noch erleiden 
fie im Magen irgend eine Veränderung, wie .man bisher, 
nah Erafiftratus die. mechanifche . Zerreibung. >), nach 


Pliſtonikus die Faͤulniß °), oder nah Hippokrates. 


eine Bereitung durch die thierifhe Wärme dafür angefehen 
hatte, fondern fie werden roh, ſo wie fe genoſſen find, 
ı) Aurelian (Chron, L. II. e. 4, p. 455.) hält bie Asere-. 
rein mit spiritus geradezu für gleichbedeutend, 
29 Ebend. Acut. LE c. 14. p. 44. — Vergl. c. 15. 2. 57. 
3) Ebend. L. U. c. 34. p. 154: 
4) Ebend. LI. c. 15. p. 46. 48. — p. 57. 
5):$. 46. ©. 289. - 
6; 540.6. 226. 





— — 


—— — — — — — 


| 875 
darch die Rawile Im den. Körper venigedet):: Das Cimig⸗, 
was Ihuen:widerfährr iM bie Auflöfung In: Atome von ‚ner 
ſchiedener Geſtalt nt Gebße, wodurch fe zur Ernahrung 
deu verſchiedenartigen · Eheile gteignet werden: *). Auich Di 
Erfahrung mußte hierzu einen erzwungenen Bewels INfern: 
Dan fände ja Die Speifen bean Aufſtoßen, beim Erbrechen 
und bei dem Zergliebetn von Thieren im Magen gar- nicht 
verändert, — und nun Tonnte auch glei: der Diäterifche 
Grundſatz umgeſtoßen werden, bie Auswahl der Nahrung 
nad den Kräften zu beflimmen: Der Sloße Geſchmack, 
glaubte Asklepiades, ſei hierzu allein hinreichend, benn das 
durch werde angedeutet, welche Speiſen fi am leichteſten 
und welche ſich am ſchwerſten in ihre Atome zertheilten *). 

‚Seine Anſicht vom Athmen hat mit der Platoniſchen, 


Die fi auf die Annahme eines leeren Naumes in den Bun ı 
gen gruͤndete ®), einige Aehnlichkeit. Man hat fih die 


Lungen mit ihrer Lüfträhre wie einen umgekehrten Trichter 
vorzuftellen, in deffen Raume nach dem Ausathnien bie 


feinften Theile der Luft (das Leptomeres) zuchdbleiben, 


wovon bie Erhaltung des Lebens fo weſentlich abhängt. 
Nun ift aber die umgebende Luft dichter und ſchwerer als 
des Leptomeres, fie ſtroͤmt baher gewaltſam in die Hoͤhle 


dee Zungen ein, drängt die feinen Atome’ in’ Die Kandle, 


ihren Beſtimmungsort, und wird ſelbſt wieder durch die 


Sufammenziehung der Bruſt ausgetrieben, die nur wenig 
Luft faffen, und feine ftarfe Ausdehnung vertragen kann ”). _ 





1) Cels.Praef.p.6.1% : 
2). Cael. Aurel.a. 0. ©. p. 44. 
3) Galen: de natural. Facult. L. III. e. 7. p. 61. F. T. V. 
43 5. 36. S. 183. 
- 5) Galon. Histor. philosoph, ei. Junt. 1609). T. M. Libr. syur. 
fol. 10. A. — Plutaroh. de Plac. phil. L. IV: e. 27. 


⸗ 


f . 


u) Ä “ 
Quegrr fügte er noch; die Vergieichung unit den Gqchroͤpfta⸗ 
» fan, die hei Dem Anſetan hitunext Buft- enthielten, und beim 
Ahnehmen die dichtere wieder aufnahmen ) und glaubte, 
das Deffnen. und. Schließen der -feingen-Kandle in den Lun⸗ 
‚gan: fei ber Willkluͤhe untermorfen *). 
:, Mach biefen:: Grundfaͤtzen ‚allein ,. und’ mit outfe dee 
| auffcheitenen Remcftüde, könnte man-.die ganze Phyſiologie 
deu: Asklepiades wiederherſtellen. Ueberall nur Atome 
in. ihren Karaͤlen, und wo die mecheniſche Anſicht nur ir⸗ 
gend Zweifeln unterliegt, der atomiſtiſche Luftgeiſt! Doch 
läßt ſich erwarten, daß der Urheber dieſer Lehre auch die 
Erfahrung ſcharfſinnig in ſeine willkuͤhrlichen Behauptungen 
zu verflechten wußte. Die Harnabſonderung erklärte er, 
- mit-völliger Uebergehung der Mieren, bloß burch unfichtbare 
Gänge, die das Getränk im Magen dampffözmig. aufnaͤh⸗ 
wen, und es fo nach der Blaſe leiteten,, wo es dann wie⸗ 
der in wirkliche Flaͤſſigkeit vereinigt wuͤrde ?), Mangel⸗ 
haft ‚genug, and den Fortſchritten der Wiſſenſchaft wenig 
angemeften, denn die Verrichtung der Mieren war von gu⸗ 
"ten Phyſiologen ſchon oft abgehandelt worden, aber doch 
mit Hinblick auf bie plöglihe Harnanſammlung nad) ger 
wiffen Getraͤnken, die felbft in ber neuen Phyſiologie die Ans 
nahme von unfichtbaren Harnwegen veranlaffen konnte. Die 
Galle wird nach, Asklepiades in den Ghallengefäßen ſelbſt 
gebildet, nicht abgefondert, wahrſcheinlich aus Atomen von 
eigenthömlicher Art, und Größe, die von entfprechenden - 
- Kandien vom Magen zur Leber geleitet werden, und fo auf 





ı 3 Ebend. 
2) Galen, & a. O. | 
3) Galen. de natural. Facali, L. I. c. 13.-pı 18. T. v. 


- 


vo. 8377 


ähnliche Weile bie fünsete Galle in: ber: Wil"), der 
Schleim in ber Mafe und der Saame in ben Geſchlechee⸗ 

sheilen, / ). Dee Schlaf erfolge Durch Verdickung des em⸗ 
pfindenben' Lebenegeiftes, wedurch Die Verrichtung deſſelben 
unterdruͤckt wird 2), der Puls, wie ihn ſchon Era fiſtva⸗ 
sus erklaͤrt hatte ), duech Die bloße Ausdehnung ber 
Schlagadern vom einſtroͤmenden Luftgeiſt (Amramsgbs), ber 
zunaͤchſt von. den Lungen: in. das Herz uͤbergeht, und von 
da weiter befärbert.wirb, aber ganz mechauiſch, ohne eine 
innere Kraft des lestern, fo daß bie Zuſammenziehung bloß 


"Buch das verminderte Einſtroͤmen eutſteht *). Es ik das 


sach Far, wie bie Erklaͤrung einzelner Pulsarten, z. B. 
bes ftarfen ©) ausfallen, und wie er ſich ‚die Verbindung 
zwifchen Puls und Athmen vorftellen mußte °) ‚Bunger 
and Durft find nur, Wirkungen der Leerheit der weiteren 
und engeren Kanäle, die nom Magen ausgehen *), eine 
Borftellung, ‚bie fih mit der Annahme eines: dreifachen Zus 
ftandes der Gefäße, der Anfüllung, der Leerheit und bes 





1) Ebend. p· ar. A, 
9) Oectavian, Horaslan. Ber. medic, L. IV. 9. 105. (Ed. Ar, | 
genun, 1532. fol.) \ u 
3) Cael. Aurel. Acut. L. 1 c. 14. p. 45 
4). 5.46.6. 289. 
6) Galen. de Diff. puls. L. IV. 0. 20, p. 97. B. T. VIIL 
6) Ebend. J. II. c.2.p. 64. F. ° 


7) Ebenb L.IV. c. 15. p. 100. — Daß Askleplades bie 
Schlagadern für blutleer gehalten, ‘geht hieraus noch nicht bevor. 
Er bat wohrfcheinlich wie andere eine Beimiſchung des Luftgelfiee 
zu deu gröberen Atomen de6 Blutes angenommen. 


9 Cael. Aurel, a. a. O. p 44 


/ 





. 378 4 
Anzliqhen Samemallent ber wende * in Verbindung 
beine: AB. ©: - - nd 
, Eine. ge Uneifenbeir in bee Anatomie gieht rn aus 
dieſer Her von Phiſſtologie Seide: zu erkeunen. Asklepia⸗ 
Des näre Abeehaupt gar nicht fe weit gegangen, wenn ihn 
rinige Keuntniß vom Bau des Korpers geleitet hätte) So 
aber mußsen: für in De Des Eutbeckungen der Vorzeit . 
ganz unberührt" bleiben," und er. konnte nur in: den Theilen 
er Hellfunde.ztınas erfprießliches Ekiften, worin def Kenne 
“ niche: unbedingt. erfordert. wird, ' Ä 
Seine Krarlheitsiehre beruhte wieder auf Bmfelßen 
—*— Grundbegriffen. Die Materie war’ ihm an 
ſich unveranderlich, er konnte alſe folgerecht keine andere 
Urfache der Srankheitserfiheinungen. angeben, als das ges 
ſtorte Berhaltniß der Grundkoͤrperchen zu einander ’) Ges 
fundheit. beſteht in: ber gleichmäßigen. ungehinderten Bewe⸗ 
gung ber Atome. durch ihre Kandle *), Krankheit iſt das 
der nichts anderes, als. ein Zuſtand der Hinderung jener - 
Bewegung *), der num auf verfchiedbene Weife erfolgen 
kann. Einmal durch die Stodung (statio, stasis, obtrusio) 
der Atome felbft, wenn fie entweder zu groß, oder anger 
haͤuft find, oder ſich zu raſch und unordentlich bewegen, 
oder wenn ihre Geſtalt den Kandlen nicht entſpricht ). 
Dann durch die krankhafte Umänderung der Kandle, die 





1). Galen. de natural, Facalı. L.1L c. 1.2.82. T. V. 
2) Galen. de Usu part. L VI. c. 12. p. 434. T. IV. 
3): Galen. Inırod, C. 9. p- 368. C. T, AL.. 

4) Cad, Aurel. a 0. O. » 4. 

5) Ebend. | 


6 Ufo wahrſcheinlich eine Urt den Error loci, denn fü 
er ſi ie ja für unvesänderlich. - 


- — ee 


- u ws 4 J 379 . u 
ſich Artweder · u ſehr ersteiiene, ober nerengen. Hieraus 
ergiebt fih-dje- algenmine Glasbeilung der Krantk heiten in 


d aus: Stockung wad-die-Hug: zu, greßer Weweglichteit der 


Atome hervergehenden. Cine drice/ eber, ne on [heine 
sehr, Witergeendnett Klaſſe begruͤndet das Leiden das Luft⸗ 
deiſtes, und danach ſahrte min Asklepied.es mit. Mefoj⸗ 
gung mehrerer Mekeurhdifchten fein: nofelogifchen. Lehrge⸗ 
Binde aus, das man im: Stande fein: würde wiedenherzzu 
Reilen, wenn .-quf: dem regelmäßig gelegten Geunde etwas 
mehr, als: einzelne" Truͤmmern erhalten waͤren. Durch 
Stockung erfolgen Hirnwuth, Schlafſucht, Seitenftih, und 
elle heftigen. Fieber; Heißhunger durch Erweiterung der Ka 


naͤle des. Magens, Ohnmacht und Erſchoͤpfung durch Um 


durchgängigfeit derfelben im ‚ganzen. Körper, Waſſerſucht 
durch Vermehrung der. feinen Kandle in den feften Theilen, 
morin die Atome. der feften. Nahrung ſich in Wafler ver 
einigen; das eintägige Wechſelfieber durch Stockung der grbr 
Beren, bag dreitääige durch Stodung der Eleineren, und 
Das viertägige der kleinſten Grundkoͤrperchen 2). Won an 
been Pathologien benugte Asklepiades die Kauptanfid« 
ten zur weiteren Ausführung der- feinigen, eg .B. die 
ſchaͤdliche Wirkung der Plethora des Eraf iſtratus gelten, 
aber nur als, entfernte Urſach von Krankheiten, dam. wenn 
fie bie nächfte (evrurıun» Gontinens) wäre, fo wüßte man 
ja alle Krankheiten gleich zu Anfang durch Auskeerung beis 
len foͤnnen, wodurch fie doch oft perfchlimmert würden *), 
Die Humoralpathologie blieb völig ausgeſchloſſen, oder we⸗ 
nigftens fehr- untergeordnet, fo daß ne! niemals Hellanzetgen 
geben konnte. 





1) Cael. Aurel. a. a. D. „ 
2) Galen. adı, Julian. C. 6. p, 387. ET:IX. 


* 





4 


Astlehlades Therapte, ber wichtige -unb' ausge: 
führtefte- Theit feiner Heilkaude, trägt‘ Das Gepräge einee 
ganz neuen, eigenrhuͤmlichen Beacbeitung, ‚und: if‘ bene 
auch, als das Werk eines Mannes, der gerade hierzu mit 
ſeltenen Anlagen ausgeſtuttet war, ber Wiſſenſchaft von ive⸗ 
fentlichenn Vortheil geweſen. Sicher, ſchuell und angenehm 
zu heilen; iſt ſrine bekannte "Anferbesung an die Aeczte; 
Boch wußte er wohl die Aunehmbichkeit der Sicherheit aufs 
zuopferh‘; hleit auf bie firengfte Defolgung feiner Worfchutft 


ten; und batte in ‚ber Zeit der Gefahr keinen andern Zwei; 


als das Vefte feiner Kranken, die ee benn felbft-mit den uns 
angenehmften Mitteln quälte, während er in gefahrloſen 
uebeln, oder ſpaͤterhin ihren Neigungen willig nachgab "). 
Umſichtig benutzte er die Bemaͤhungen der Natur, wenn 
auch feine Theorie nicht zunaͤchſt darauf hinfuͤhrte, hielt 
das Fieber ſelbſt für den wichtigſten Meilungsprogeß *), und 
war mithin, wie alle großen Aerzte, Fein Freund.von zu 


| vieler Gefchäftigkeit, fondern chat das Mörhige nach feiner 


Ueberzeugung zur rechten Zeit. or allem erklärte ex ſich 
gegen ben eingeriffenn Mißbrauch, Arzneimittel im Webers 
fiuß anzuwenden ?), verbannte fie in fieberhaften Krankhei⸗ 
ten faft lganz *), und befchränfte ſich, wo es nur irgend 
tbunfih war, allein auf die Lebensordnung, weil faft alle 
Armeien, wie ex glaubte, dem Magen beſchwerlich fallen, 


- und frembartige Stoffe in den Körper bringen. Doc ver 


warf er fie durchaus nicht ganz, wie man ihm mohl beige⸗ 





1) Cols.L.IILe 4. p. 117.118 
| 2) Ebend. p. 118. 12. 
3) Ebend. IV. Prasf.p.2j1.23. 
4) sSeribon. Larg. Epist. ad Calliet. p- 5. 


_- ww. — — oo... — 


ruieffen hat, ſchriebſelbſt Aber ihre Bereitung, und- hai 26 


Zn. 2a, 


381 


für nothwendig, in ıfeder Krankheit wenigſtenz einige "ber 
währte Berfchriften berekt zu haben 1). Die Vorftelungen, 


: bie er Sich von -ährer. Wirkung machte, wareı nun wohl 


feiner Theorie. entfprehend, die aber ‚hierin gerade zur Eins 


- fachheit aufforderte, denn fie geflattete, nicht die Herophi⸗ 


leiſche Anſicht, wodurch ber Blinde Glaube an. umenblich 
viele Heilkraͤfte am meiſten befeftigt war. 

Eine: große Beränderung erlitt bie bisherige Therapie 
darch Astlepiades Unglauben an die Hippokratiſch⸗dog⸗ 
matifche Kriſenlehre, die ſich nun. freilich. mit einem Lehr 
gebäude nicht vereinigen ließ, das weder die: Wichtigkeit ber 
ftimmter Zahlen, nod eine eigene Heilkraft der Natur ans 
erkannte. Der Sache nach Täugnete er die Entfiheidung 
ſieberhafter Krankheiten durchaus nice; auch laſſen "feine 
Abeigen Grundſaͤtze vermuchen, daß er forgfältig in ber 
Dehandlung darauf Ruͤckſicht genommen, nur Tonnte er 
eben nicht zugeſtehen, daß fie durch einen Widerfireit der . 
Natur gegen die Krankbeitsurfachen erfolgen *), und an 
beftimmte Tage gebunden fein follten °), Wunſchenswerth 
war es gewiß fchon lange, daß fich ein. bedeutender Arzt 
gegen das Ängftliche Zählen der Anfälle und das Abmeffen 
der Heilanzeigen nach diefer Richtfchnur erklärte: bie Therapie 
bedurfte bier in der That einiger Sichtung. War nun aber 
auch Astlepiades unbedingter Widerfpruch gegen jene 
Lehre nicht durchgängig zu billigen, dehn er verwarf die 
Wahrheit mit ber ' Mebertreißung, fo ift doch in feinem 





1) Ebend, —  Brgl. Piin. Histor. nat. L. XXVL c. 3 p. 


2) Galen. de Crisib, L. I, c. 8. p. 4%. BR van. 
3) Cael. Aurel. &. 0. © p. 43. 


n x, 
. 


. 382 | | . \ , \ ” . j . 
"Grunßfaß;:dafı bie Wahl Deo Zeit: unb Gelegenheit, wirb⸗ 
ſam in den: Gung dur Krankheiten einzugreifen, eingig unb 


allein: don. den: Scharffinn ten, Beobachters abhaängt; dem 
Arzee ein. wärbiger. Wirkungstteis . angemiefen, und ſein 
wahren Wethäleniß zur Natur, ‚bie Kid. je auch: nicht und 


"mer an Zage und: Stunden bindet, trefflich angebeutet ").2 


‚Emthaltung von Speiſen, Wein‘, Reibung: des Her 
pers und Bewegung waren: Astlepiabes: Lieblingemit⸗ 
sek Beinahe ohne Unterfchied ließ er feine Ficherkran⸗ 
Sen die erſten drei Tage faſten), Sem Winke ber‘. Natut 


foldend, bie ja ſelbſt ſchon Widerwillen Segen’ alle. Nahrung 


. 


hervordringt, mb wahrſcheinlich, am die Durchgaͤnttgken 
der. Kanaͤle darch Entziehung ' und‘ Verluſt zu erzwingen. 


uUnbd dabei quaͤtte er fie nath hetgebrachter Sitte noch mit 


a) 


Durſt, fo.baß er zu Anfang. nit einmal bias Ausſpuͤlen 
des Mundes erlaubte; mit Helligkeit des‘ Zimmers und:MBau: 
hen;:bloß we durch Aufregung der‘ Sräfte eine Tehere 
Entſcheidung herbeizufuͤhren ). J 
Seine Vorſchriften uͤber den. Gebrauch des Bains; wos 
durch er fich dem Tadel feiner. Zeitgenoffen und Narxkfelges 
vielfaͤltig ausſetzte, begränden vielleicht fein größtes Ver⸗ 
dienſt um bie Heilkunde, und fichern feinen Nachruhm mehr 
als alles Abrige. Denn es gereicht einem Arzte zur größten 
Ehre, fühn zu einem neuen Heilplan Aberzugehn, ſobald 


x f 





1) Ebend. — Sie einzelnen. Grunde, uach denen er E 
Guͤltigkelt der Kriſenlehre laͤugnet, entwickelt Celſus am beflen, 
der fie wahrfcheintich aus irgend einem feiner Werke entnommen 
bat , und Ibm voßfommen, beitritt I. II. c. 4 p. ar. 

2) Plin. Hist. nat. L. XVI. c.3.p.392. 1. . 2. 

. 3) Colt a a Dip. lg I6e. 
4) Em p. 118. a, tr 


® 
\ N 


\ " . . 
) — 


eine geua Conſtitution den Keankheiten eiagetreten: iſt, ader 
die. Orteierhaleniſſe es verlangen, Daß aher. jeht ine 
Schwacheconſtitution aingebrochen mar, wachen: mehrere 
Umftände glaublich; die Krankheiten -in ;dam ungefunden 
Rom mußten uͤberhaupt mehr zu diefem, Charakter hin⸗ 
neigen '), nd Überdies. mͤrde ſchon ber beispielles, glaͤuu 
zende ———————— Antleniwdes 
felbft ‚mis. dee Macht der Goͤtter ‚verglich e), nofllommen 
beweiſen, bafi feine Einführung ‚zeitgemäß mar... Being. bes 


lebende - und flärkende Wirfung, mußte er ‚mie. der: Theoriq 


ſo zu vereinigen, daß. er ihm eine theilweife WBerdihtung,; 
uud auf der andern Seite spieber eine. Perduͤnnung des; 
Nahrungsſtoffes, alſo Schnellen. Umtrieb -deffelbei:- bush, 
bie Kandie, und wehrfheinlic auch eine Vermehrung des 
Lasftgeiftes zuſchrieb °). Nun gab er ihn aber durchaus nicht 
in allen Krankheiten, fondern nach beftimmten Anzeigen und 
genauer Beurtheilung der Umftände: In langıpjerigen mehr, 
als in hitzigen, li lieber in ausſetzenden ‚ als in anhaltenden, 
und eber nach, als vor dem ‚Anfall; am meiften im, Zeit 
raume der völligen Abnahme, um die Genefung, zu, be 
fhlamigen; faft niemals in der Höhe der Kranfheit und 
nur zuweilen im Anfapge,, bei gelinderen Zufällen, . Auch 
die Anfuͤllung mit Speiſen mußte vermieden werden, und 
gern ſchickte er den Gebrauch eines Klyſtiers voraus, um 
feine Wirkung möglich rein zu erhalten. ’ " Endläh gab er 
ihn alten en viet öfter, ale et 


. Lei) . ‘ W 
. 1 t — \ 





1) Plin. a. ao. 8. 2. 399. 16. — Hierzu kam noch dk 


Volkeſitte, die Kranken in Batten faſt zu vergraben , ind ber aller 
meine Mißbrauch der ſcywelßtreld enden Meibode. R | 


2) . Plin. Hier nat 1. xxJIL, c. n, r 3or. FRE 
3)- Cael Aurel. Kost. 1.3. 0,15. 9.58. — Lk —X 1361: 


> 


364, ' 

Kranken 9); ""Yähtseiche eifijelne Erankheitene), in!beſen 
Arkleptabes den Genußenhes Weins ausbrädtich”. vor’ 
ſchrieb feßen es außer Zivil; daß er die Anzeige deffel⸗ 
Ben gegen Schwaͤch⸗ für die wichtigſte anerfannte, und em 
pfahl er ſhn/ jenen Vorſchriften entgegen, mieten in hitzt⸗ 
gen‘ Krankheiten, wo er ſedoch niemals die Vorſicht aus 
den ⸗Augen ſetzte *), fo weiß bie neuere Theraple auch hierin 
Ben Scharfblick des Arztes‘ zu’ würdigen, ber gegen ˖ kauſend 
ankampfende Widerſpruͤche feiner Zeit die kahlenden "ter: 
kungen des Weins im faulichten ˖ und im Schwachezuſtande 


darthun konnte. Uebrigens gaben ihm die verſchiedenen Ar⸗ 


ten *) und Bereitungen °) bes Weins bei den Alten eine 
ganze Reihe verfchfedenartiger Mittel an die Hand, und er 
war vielleicht bei keinem andern mehr im Stande, die all⸗ 

F ge 





a) Enid. 
2) Ebend. Lei p ig —L Me pa Lu 
e. ar B. 283. — Chron. L. IL. c: 7. p. 386. etc. 

3) Ebend. Acat, L.L c, 14. p. 43. | | 

4) Plin. Hist. nat, nat. I, XXIIL e. r. p- 300. 30, sg. u 
XIV. &. 6.9. 715. 13. — &6 waren im Ganzen gegen achtzig bes 
rhmtere, von denen mehr als ſnfzis in Itallen sent wu.“ 
Ebend. c. 21.2.720,.60, , F 
. 8) Ger IR beſonders ber gelhlice Bekyısein (Grnsask —* 
um sudurseranire) zu erwahnen, eine Miſchung von Wein 
und Seewaſſer, deren man ſich zum Purgiren bediente. (Giche 
Bernard ad Theophan. Nonn. C, 69. p. 247. Goth, 1994.) Ferner- 


der. elngekochte Moſt (defruium), der Mofinenwein (passum), und 


der Gonlgwein (mulsum), der verfhlebenen Miſchungen mit Waſ⸗ 


fer nicht gu gedenken, bie Askleptades mit der größten Gorg: 


falt vorſchrieh. Zum Honigwein fegte er zuweilen noch andere 
Mittel, z. B. Raute, dire oder’ volenie. Oel, durel, Acat. L 
I. e * P⸗ 130. a 


| | Ä 386 . 
getmeine Wirkung den beſonderen Ymfänden genügend. ang 
yaflen. nel 

Ueber die Anwendung ber Friktionen ') lehrte Askle⸗ 
piades der Sache nach nicht mehr, als was ſchon Die al⸗ 
ten Aerzte geſagt hatten; doch hielt man ihn für den Er⸗ 
bder diefes Heilmittels in Krankheiten, deſſen Gebrauch 
er nur beſtiramteren - Borfchriften zu: unterwerfen wußte .*). 
Die veränderte Lebensart der- Völker hat dies treffliche Mit⸗ 
tel end ans: den Graͤnzen ber Heilkunde vdllig verbannt ;\ 
Die neuere Therapie kann daher nur einen unvolllömmenen 
Maßſtab an die Ausſpruͤche der alten Aerzte hierüber legen. 
Auszuzeichnen iſt indeſſen die ungemeine Sorgfalt, womit - 
Asklepiades die Anzeigen der einzelnen; Arten von: Reis 
Bungen, mit oder ohne Dehl, ber flarken und ber ſchwa⸗ 
hen, mit harten oder mit weichen Haͤnden, und mit Beob⸗ 
achtung eines Beflimmten Waͤrmegrades, u. ſ. w. feſtſetzte. 
Durch heftige und anhaltende Reibungen bei angehaltenem 
Achem glaubte er die Waſſerſucht heben zu können ’L Der 
“San; gelinden, wobei die Finger kaum die Maut berühren: 
durften, bediente er fih um Schlaf herbeizuführen *). So 
ſtanden ibm alfo auch, ohne daß er es ſelbſt wußte, die 
GDeilkräfte des Magnetismus zu Gebote. Im Starrframpf 
ließ er den ganzen Rädgrat Tag und Macht heftig reiben, 
unbefaunt aber mit welchem ‚Erfolge °), Mit feiner Xheos 
rie ließ ſich diefer Gegenftand leicht in Verbindung bringen, 





2) Vergl. Schuize de Athletis veterum eoramague diaeta et 
habitu. Halas 1717. 
2). Cels, LI. c. 14. p. 87. urn 
3) Cael. Aurel. Chron. L, II. e. 8. p. r 
4) Cels. 1. ID. c, IB. p. 152. 22. 
5) Cael. Aurel. Acut. L. Il. c. 8. p. 216. 
1. Bt 


386 Ä 
» ud. er gab denn⸗nhuch⸗wohl getaber ſolchen Witten den 
Vorzug, die ſeinen Grundbegriffen am meiſten entſprachen 
Astlepiadex blieb Aberhaupt, ungeachtet feines glänzen: 
Ben’ Falents: für. die ausfbende Heilkunde ber folgerechtefte 
Dogmatiker, ber fein ganzes Verfahren auf bie naͤchſten 
Urſachen der Krankhoiten zu bezlehen · wußte i), tonnte ſich 
alfo mir den Empirikern am wenigſten Brenn, die bier 

- feine enefhiedenen Gehner waren. "ir. .: u. 
Bon: der Bewegung Samen ibm. an vario 
denen: Arten der ıpaffiven (gestätio) in. Gobrauch, die er 
mit einigen, bisher noch ungeroöhnlichen, verinehtte. eine 
Vorſchriften darüber find im Ganzen bie:algemein gültigen, 
doch bebtenne'oe ſirh jenes Mittels auch zu Anfang 'hißiger 
Keaukhotten⸗zur Dlufregung der Kräfte 3). Kranken, die füd) 
des Fahtenstund der Sanfte in freier Luft nicht bedienen 
konnten; veroddnäte er Bug Schaufeln und. Wiegen in Them 
Bert :(Kertali' penslles), das man mit Stricken an ‘ber 
Diode Klfekigen:luß *). War dies nicht möglich, fo behalf 
man ſich auch wohl mit "dem Hin⸗ und Herfahren des. 
Bertes im Bimmer, mit’einem darangebundenen Strich 3. 
Außer ‘bmw angeführten Zwecke ſuchte er noch unmitkel⸗ 
bare Milderung der Krankheit dadurch zu erreichen und 
den Schlaf zu befördern *). Hierher gehört denn auch dasi 
Gehen (ambulatio), deffen wohlthaͤtige Wirkung von den: 
en = | | . — 





| ı) Plin. Hiat. nat. L. XXVI. c. 2. p. 391. 33. 
. 2) Galen. de Subfig. em pic. c. 13. p- 347. A. T. . 


3) Cel. L. I. c. 15.p. 91. 4. ‚Und überhaupt um bie Ka: 
näle durchgängig zu madeni, denn dies war ſeine algemeine "Ans 
ficht davon. “br 


4) Cels. a. a. O. — 5) Ebend. p: gt. ds. 
‚6) Plin. Hist. nat, E. XVI. e. 3! p.'392. 10. 








ser 


Alten vielfältig abgehandelt wird. Apklepiades verord 
nete das: Sehen auf ben fanbigen Lebungepläßgen ' gen 
Laͤhmung und Erſchlaffung der Glieder2). 

Bader muchen vor Asklepiades von den Aanen 
nur ſparſam und mit einiger Wyrchtfamfeit angewandt 
Schon waren ſie abet in Roms ſo: fehe in Gebrauch, daß 
jebermatin einen Theil des Zuges. in den bffentlichen Bar. 
Deanftalten zubrachte.. Angenehm mußte alfo auch den Kran: 
fen ein’ Arzt fein, ber fie ihnen als ein vorzuͤgliches Heil 
mittel anrierh °). . Zur Erwerhung der Huut bediente er 
fit derſelben in Flebern, zugleich‘ auch um die Verdauung 
za flärfen, ‚und beförberte .dabmrd) bie Miebergenefung -°). 
Zuerft führte ee bie kalten Baber .in Krankheiten ein, fo 
bag man ihm banach einen Beinamen (Juxgsreirws) gab *). 
D5 die gewöhnliche Kur der Wafferfcheu, die Kranken un⸗ 
vermuthet in kaltes Maffer zu ſtuͤrzen °), feine Erfindung, 
eder ſchon vor ihm Volksmittel geweſen fei, läßt ſich nicht 
befimmen; wohl aber kann man nach dem Uebrigen ver 
muthen, daß. die "Anzeigen des kalten Bades forgfam. von 
ihm angegeben worden find. Zu feiner Zeit hatte ein ge 
wiffer Sergius Drata, ein. .zeiher Privatmann, eine 
Art Sturzs und Megenbäder erfiinben, wo das Waſſer von 
verfchiedener Wärme in die Höhe gelettet wurde, und e& 


1). Cael. Aurol. Chron. LI. c. V. p. My — Andy‘ das Klet⸗ 
tern imd Stelgen über Balken (trunscenswd lignorum) wurde vom 
ihm Häufig angeratben, fo wie das Sprimg.n uͤber ein Zil 
(Scamma) n..f. w. Ebend. 

2) Plin. His nat.L. xxvi. c. 3. p. 392. 11. 

3) Cels. L.II. c. 17. p. 93. 26. 

4) Plin. a. a. » p. 392.8. — Cael. Aurel. Acut. L. I. c. 
14. p- 44 

5) Cels_L.V. e. 27. 5.2. p. 308. 18. 

Bbre 





| . 388 _ 
die Badenden auf’ ſich herabſtroͤmen ließen , (balineas 
pensiles), Auch davon machte Asklepiades vielfältigen 
Gebrauch in Krankheiten *). Gin Freund der innern Ans 
wendung des Falten Waſſers, rieth er es außer vielen ans 
dern Krankheiten fogar im Durchfall >). 
Die Lehre vom Aberlaß, vom Brechen und vom Pur⸗ 
giren: gewann durch feine Bearbeitung in mancher Ruͤckſicht. 
- Das Aderlaß ſtellte er vielen ‚Krankheiten entgegen, und 
wiederum ift es ein Beweis. feiner Deobachtungsgabe, daß 
er die Wirkung deſſelben Rach Tonflitution und Ortsver⸗ 
haͤltniſſen wohl zu beurtheilen wußte. Dft haben es Aerzte 
geradezu verworfen, weil es: an biefem ober an jenem Orte 
nicht bekam: Aſsklepiades wußte, daß es in Rom unb. 
Athen im Seitenftich feine, im Hellefpout und in Parium 
aber unvergleichliche ‚Hälfe ſchaffte *), und bebielt es. für 
die ſchicklichen Falle bei. Entzuͤndungsſchmerz (dolor) war 
feine vornehmfte Anzeige dazu. Er entfteht durch Stockung 
der groͤberen Atome, das Blut iſt hieraus zuſammengeſetzt, 
alſo iſt die Entziehung deſſelben das wirkfamfte Mittel da⸗ 
gegen, wodurch zugleich die freie Bewegung des davon lei⸗ 
denben Luftgeiftes wieder hergeftellt wird *). Die Gerinn 
barkeit bes entzhndlichen Blutes ſchien diefe Meinung zu 
befräftigen, fo wie m die Dünnheit deſſelben in ſchmerz⸗ 





1 
1) Plin. Hisi. nat. L. X. c. 54. p.533. — Dieſe Eeftärung konn 
- mon nad Betner (Chrest, Plis. XC. not. 22.) allein davon ger 
kun. Zu verwerfen If dagegen Mercurlalis (De Art. gyma. II. 
12. p. 232.) Meinung, wonach die balineae pensiles nur Bäder In 
anfgehängten Badewannen geweien fein follen. 
2> Plan. Hist, nat. L. XXVI. c. 3. p. 392. 19. 


3) Ebend. 7. — Cels. L. IV. c. 19. p. 230. ı2. 
4) Cael. Aurel. Acut. L. IL e- 22. p. 131. 
5) Ebend. L. J. e. 15. p. 46. 


N 
J 


loſen Krankheiten aubentete, ‚Daß bier das Aderlaß unzu⸗ 
täffig fei 2). Eine zweite Anzeige zum Aderlaß war ibm 
bie Verhütung bes Blutandranges nad der Bruſt, beſon⸗ 
ders im SBlurhuften, mo er fich gegen das Binden der 
Glieder erklaͤrte 2). Eine, dritte die Wefeitigung der Ple⸗ 
thora, doch hielt er es hier folgerecht nur für ein ſympto⸗ 
matifhes Heilmittel, nm das Anmwachfen der Krankheit zu 
verhäten, weil er die Plethora felbft nur als eine entfernte 
Urfach anerfannte >). Gegen die Weberzeugung der Fruͤ⸗ 
Deren zog er es dann. vor, mitten im Anfall die Ader zu 
fhlagen, denn während des Mahlaffes hielt er die Entzie⸗ 
bung der größeren Atome für ſchwieriger und weniger wirt, 
fam *). Weil nun aber diefe Anzeigen: in vielen Krankhei⸗ 


7 1m eintreten Sonnen, fo machte ihm auch der Name des 


Uebels keinen Unterſchied, fondern er ließ zur Ader, wo es 
nothwendig war, und mußte deshalb freilich oft ben Tadel 
von Gegnern erfahren, die, ohne feinen Scharfblid zu bes 
fißen, fh mehr an die Namen als an die Verkettung ber 
Umſtande bielten. Sm Uebrigen, und was befonders den 
Dre des Aberlaffes Betrifft, machte er durchaus Leine Meue 
rungen, und fcheint es auch in Uebereinſtimmung mit feis 
nen Grundſaͤzen mehr mit der Venaesectio derivatoria 
gehalten zu haben "). Eben fo wenig findet ſich in feiner 
Anmendung des Schröpfens etwas Cigenthuͤmliches. 

Den unglaublihen Mißbrauch des Drechens Bei ben 


X 





1) Ebend. L.1I. ec. 29. p. 143. 
2) Ebend. Chron.L. II. c. 13. p. 416 


3) Ebend. Acur. L. MI. &. 8. p. 216. — Golen. Comin. U. in 
'L. de zatypr. hum. T. 1. p. 129. ET. I. 


4) Cael. Aurel. a, a. ©. 
5) Ebenb. Aeut. L. IL c. 4. p- 193.- 


gomern 2) fuchee Jakleniades mögliche einzuſchraͤn⸗ 
fen.?), blieb ‚aber äweit. davon entfernt, es ganz aus: ber: 
Keilkynft: ‚zu verbannen ,. ſondern fnegte- 45 nur, mehe für. 
die. Falle auf,. wo wirklich Ungeinigfeiten aus bem Magen’ 
zu «entfernen, waren. - Daffelbe gilt: von den augleerenden 
Mitteln, wordber die Humoralcherapie eine weitfchichtige ˖ 
Lehre enthielt. Nach -dew Kardinalſaften haste man waffen 
fhleim: und gallentreibende Ausleerunggmittel, ‚und man: 
_Übertrieb die Aunahme fgenthümlicher anziehender ‚Kräfte, 
vermjttelft deren fie aus dem Körper bald diefe bald jene. 
Feuchtigkeit entfernen follten. Bon Agflepiadeg rühre- 
der treffliche Gedanke her, -dan5 der Mißbrauch diefee Mike; 
tel die Unreinigfeiten -erzeugty gegen :die. fe gerichtee find >),- 
und nicht allein beſtimmte Stoffe dadurch ausgeleert wer⸗ 
ben, ſondern die ganze Saͤftemaſſe Veraͤnderungen erleidet. 
Weiterhin ließ ihn aber ſeine Theorie nicht zu richtigen Be⸗ 
griffen über die Wirkung dev Abführungsmittel kommen. 
Mur durch Anhaͤufung, glaubte er, ſchadeten die Stoffe in: 
‚ den Därmen, nicht durd irgend eine Verderbniß, die er 
Iäugnen mußte, alfo hielt er auch das Ausleeren für bie: 
einzige Wirkung jener Arzneien, und machte man’ ihm den 
Einwurf, daß alsdann Fein Unterfchieb zwiſchen dem Aderr 
laß und dem Abführen Statt finden koͤnnte, fo entgegnete 
er, daß im Blute alle Säfte ohne Unterſchied, durch bie 
Abführungen aber nur einige ausgeleess waͤrden. 
Der Kipftiere bediente er fich, ungeachtet der vorgenom⸗ 
menen Einfchränfungen, doch fat im jeder, Krankheit *) 


— 





1) Casaubon, ad Sueton, Vitell, C. 13. 

3a) Plin. a a. D. p.392. 21. 

3) Galen, de purgant, medicament, facult. C. 1. p. 463. seq. 
T.X. ' — EEE 

4) Ce. L. II. e. 10. p. 20. - LU c 4 p. 116. 10. , 





— — — — 


nach den beſtiaaueſten Worfcheiften ), mehrnuber noch in 
fieberhaften *), und endlich auch ber: Duff je Behand 


lang der ‚Seiftiesfrankheiten.’). . :: " .... 
Auſichten van Aufleptades über bie Mate eingelner 


Krankheiten, und ſchatzbare therapeutifche Beuchſtacke laſſen 


ſich zur DBeftäsigung des Vorgetragenen in reicher Fülle bei 
beingen. - Herauszuheben iſt hier beſonders der Unterſchied, 
den sr zwiſchen ber. Krankheit felbfe: und dem tiebelbefinden 
(mosbaus und aogriändo, fehris undriehrikitatlo ). zu mas‘ 
Yen wußte *.: Dann feine Befiheribüng "der: bösartigen 
und verlarvtenWechſelſteber, die ſchon intmer in Italien 
haͤnſig geweſen “find; Feine neue Entdeckung, denn ſchon 


Diofteos und. Praxagoras hatten fie gekaunt *); aber 


dech in einer. Zeit von grͤßem Werthe, wo ſich bie Aerzte. 
m eine genaue Erkenntniß derfelben noch nicht. gewoͤhnen 


konnten *); — die Auwendung ber ſchon von den Alten 


erfundenen Tracheotomie in der Halsentzuͤndung, wenn bie: 
Anfhwedung im Schande Erfidung. drohte, ");.— 
Gebrauch ſehr ſcharfer Elyſtiere im Starkframpf zur Erre⸗ 
gung eines. Fiebers, das er mit Recht fuͤr ein treffliches 
Heilmutel dieſer Krankheit hielt *); — Die Amcheulung der 


EN 7. 





1) A. a. D. p. 83. Die neuere Therapie wärbe hieran 
wenig zu verbeflern finden. 
3) Cael. Aurel. Acut. LU. c. 39. p. 174. 


.3) Censorin. de Die naıal. C. 12. - Cael. Aurel. Chron. hr. 
Le. 5. 9 337. — Cols. L. UN. e. 18. p. 151. 22. 


‚4 ). Cacl. ‚Aurel, Acat. L. l. p. 4. 

5) $. 40. S. 224. 

6) Cael. Aurel. Acui. L. II. e. 19. f- 96. 9 . 
73 Ebend. L.ML ©, 4. p. 193. 

8) Ebend. ce. 8. p. 215. N 





392 


Wafferfucht in :die: hitzige Centzknbliche) und die langwee⸗ 
rige, die fieberhafte und die. fieberlofe °), fo wie die An: 
wendung der Hautſchnitte an den. Füßen zur Auslerrung 
des Waflers 2); — zwei Beebachtungen von. Vertenkung 


des Oberſchenkels aus innerer Urſache bei Erwachſenen, je⸗ 


doch ohne Erkenntniß des Gelenkuͤbels »). — Folgenreich 
für den weiteren Fortgang der Heilkunde war die ſtrenge 


Ordnung nad Zagen,: bie Astleyiabes. in. ber Behand⸗ 


lung der Krankheiten zu beobachten pflegte. Er befelgte 
hierbei breitägige Pertoben, qudlte 4. B. die Kraufen in 


den erften drei Tagen mit den erwähnten Mitteln zur Aufs 


regung bee Kräfte *), und ließ fie erft am beitten und 


dann wieder am fünften Speiſe genießen °), wie bies be 


% 


fonbders durch "feine Behandlung ber Hirnwuth anſchaulich 
wird *). Auffallend iſt dies allerdings, und könnte feinem 


Grundſatz, daß das Ergreifen des gänftigen Zeitpunftes nicht 


von ber Zahl ber Tage, -fondern vom Scharffinn bes Ars 
tes abhängt, widerfprechend fcheinen, wenn bier nicht bie 
Beachtung bes Fiebertppus zum Grunde läge, wodurch zus’ 
glei Aber feine Keifenlehre einiges Licht verbreiter wird. 


Die nachfolgenden Methodiker gaben dieſen Vorſchriften eine 


viel weitere Ausdehnung. 
An den zahlreichen Schriften des A selep lades hat 





J 


1) Ebend. Chron, L. II. e. 8. pr 469. | 


2) Ebend. p. 489. — Cels L.UL c. 21. p. 164. 33. — dan 
‚ Tetrabl. DE. Serm. 2. c. 30, 


3) Cocchi Soript. chirargie. graec. p. 154. Ein kurzes, aber 
wohlerhaltenes Bruchſtuͤck von Asklepiades feld. 


4) Cels.L HI. c:4.p. 118. | 
5)" Caol. Aurel. Aeut. L. 1 e. 14. p. 4., U. e. 2a. p. 130. 
6) Eben. L. I. ec. 9 P. 23. seq. 


— — — Doom 


ww 
Die: Litteratur der Heilunbe eiden gloßen Berluſt ertitten 


Wir beſitzen keine einzige mehr, und ine Gauzen ude we⸗ 


nige Bruchſtuͤcke davon. Die eberſchriften ſeiner Werke, 
aus einzelnen Hinweiſungen entnommen, find folgende °): 
Ueber allgemeine. Heilmittel‘ (de communibus ediutorlis), 
— Über dad ‚Ausfallen der Haare (wid deu), An Aus⸗ 
ſatzuͤbel, das ſich von jetzt an mit den Übrigen’ Formen die 


. fer Krankheit Häufig in Italien zeigte; Über bas Athmen 


und den Puls (wel Kram za rör ‚omui), ‚— übe 
die Kipftiere, — fiber die Waſſerſucht, — — über den morbus' 
cardiscns — bie Geſchwuͤre (vgl ar), bie periobifchen 
Sieber, — drei Dächer aͤber die higigen Krankheiten — 
Apberisinen (Liber de’ finibus, oder definitiones) men 
diätetifches Werk an ‘einen Geminius (Libri salutarkm), 
— über die Erhaltung der Gefundheit (de Yuenda sani- 
tale), — ber den Gebrauch des Weins (de vini datione), 
— über die Elemente (ziel vum), wahrſcheinlich über. 
atomiftifche Naturphiloſophie, — fiber bie Bereitung der” 
Arzneimittel (Libri parascevastici) gegeni 'Eraf — ‚ 
— einige Werke an Mithridates, wahrſcheinlich 

ahnlichem Inhalt, — Commentarien zu Binnstratee 


Aphorismen und - zu andern Hippokratiſchen Werken. —' 


Astlepiades war fein Werächter, aber auch fein blinder 
Arihänger . bes Hippokrates, und nannte er „die Alte 
Holtpude ‚güge tobbringende ) Garden ale); fo gebt 


u |... ' 


” 1) Giehe hlerüber: Chr. Gouch, Gumpert, —*8* Bithyai 
Fragmenta, Vinar. 1794. 8. p. 30. — Dies Werl bat megen feiner 
Bolifändigkeit und gefchichtlichen Treue den Vorzug vor zwei ans 
dern: Bidnbhini, la medicink' d’Asclepiade.' Venez. 1769. 4, und: 
Asfleplades und John Brown, eine Yarallele von K. 8- 





Aurdad, Seipg 1800..8-, Die zu vlsle Ausſchwockungen enthalten. 


27 Galen. de Venaesect, adr. Erasisız. C. 3. p. 399: F. T. X. 


1 


u! 

Dies wohl nahe meh nemeicu⸗ Miworalaherenie als 
auf Gin nnkrintes; unvergägakicher Ausfpräche, die jetras 
mar Rrwdevig gewtſen Mind.uesn. . > ur. 

Par ur er 247 0 ut nr... net. 2 Klhir 
BARS Bit: ..S: — ER Bd 

— Macfalaer, Gruͤnbung der wethohi 
F gen ‚Säule burch ‚Tpemifon. 4 | 
—3 * nun. die Heilkunde in Rom eine. mächtige 
| Dr janderung Askiepiades, Srundfäge gingen mehr als- 
‚ von, irgend ‚sine a andern. in. bag, Feben‘ über, und blieben. 
big ‚in die ‚fpätgren ; Zeiten die herrſchenden. „Schon die Ans 
wendbarkeit,. yon, Üstlepiades, Sehre ‚mar, dafür. Buͤrge, 
und gluckich war. zugleich ber. Hmftapd,. da die Epjturke 
ſche Naturphilofophie, ungeadpet, ‚alles „Bogmatifchen,. Trei⸗ 
bens, doch die Erfahrung zu ginem Arigmendige, Erforder⸗ 
niß machte. .4 

Von den Schliern die. f ich in ‚großer Zah um Ks 
tlepigbes ‚vesfammelten, und ſich nah ihm, Asklepim, 
deer nannten, waren die meiſten ausuͤhende Aerzte, die 
auf bie ‚Ausbildung der Heilkunſt feinen Einfluß ‚geäußert. 
haben '), Julius Baffus, Nicerarus. 2), Petro⸗ 
nius, Diodotus?) und Sestius Migpr, wyrden unter 


—3 





9— Im Vorbeigeben verbient bier noch Rraterus als b 
berlihmtelle von den bloß auskbenden Verzlen in Rom 43 
zu werden Er hat michts gefchriesen‘;:filn: Mane wat über im 
Munde aller Welt, fo daß fpätere Dichter (er felbfi mar.ein Zelte 
genoffe des Asflepiades) fi deffelben bedienen, a fe. einen 
Arzt bezeichnen wollen. Horat, Serm. LU, ‚Sat. 3 v. ‚bi. — T Bergl. 
Cic. ed. Attic, XI. 13. 14. D ine ur F 


‚2) Eqbrleb über Katalepſie, Carl. durel, Gun. Chr 


are ; a An: im. 


:3) 38 wielleicht bevfelbe, ten Eelfus antete dimẽ Nana 
Tpeodotus mäbat., L. V. ca G. S. 6. p. 2M0ä.. . — 


’ 
" 4 
\ 


dem Wöchrifrfieilerse: Aber s Arzmeim litellehre ohnetnörgihe 


Lob: nufgeführt, man giebe: ihnin .foghe Mangel aunWefah⸗⸗ 
sung, die ‚fie durch theotetiſche Darftellungen zu. erfeten 
göfuche bitten, und unjwieihenbe. Ken: atniß der Mittel 
ſchuld ). RL . KR 37 DE; 
Meeroborus, ein ke Afriges Ynbnee. bes Mer: 
klepiades, der’ Eeind andere Rehre neben der ſeines Mei 
fters anerkennen wollte 2), iſt ihnen wielleiige "hierin vorzu⸗ 
zichen, wmwenigftens mar: fahr: Wert mit farbigen Pant 


abbildungen ein verdienftlihes Unternehmen: #). -- - = 


Msſchion, mit den Beinamen Dinbthotes; der 
Verbeſſerer, weil er an den Meinungen des Usfleptaben’ 
manderlei auszufeßen hatte, ift aus einer unbedeutenden : 
Abweichung von der Pulslehre deſſelben bekannt *). Faſt! 
nur dem Mamen nach find'es ferner Alepander von Lad⸗ 
dicea- ®), Elobius, de ale Wirkung von’ Springwuͤr⸗ 
mern heftigen Geſchlechtsdeiz beobachtete, und’ einen Kranken 
durch Entfernung derfelben geheilt haben fol *), Chry⸗ 
fippus, ein Schriftfteller über Wurmfranfbeiten 7), Xis’ 
tus Aufidius, ein Sicilianer, bee in feinen Merten“ 
über die Seele und über die langwierigen Krankheiten das. 
Binden und Gchlagen der Wahnfinnigen aurieth ", Mis- 

. u : 1 





1) Dioscorid. de medic, mater. LI. Draef. EA. Paris. 1549. 


fol. 1. | S J 
2) Galen. de simpl. med, Fac. IL. I. c. 29. p. 91.8, T. AIU. 
3) S. 52. S. 346. 
4) Galen. de Diff, puls. L. WV. c. 16. r· 100. T. viu. 
5) Cael. Aurel, Acut, L. I. c. 1.2: 7%. —. 

6) Ebend, J. in. e. 8. p 817. — Chron, L IV. ss p- * 

7) Ebend. e. 8. p. 537- 
8) Ebend. 1. I. c. 5. p. 33. 


\ 


\ 





% 


I; ' a 


Eon ein Agrigent, und Phctonides aus Dyrrhachium, 
ein Heßiger Schriftſteller, der, fhnfandvierzig Werke bins 


terließ, und in feiner Vaterſtabdt die Heilkunft ausübte. *). : 
1, An Diefe Asklepiadeer ſchlicßt: fich der berkhmtere 
Marcus Artorius, Arzt und Ereund bes nachherigen 
Kaiſers Auguſtac den; Geſchichtſchreibern bekannt durch 
die Lebensrattungn deſſelben in der Schlacht bei Philippi. 


Er; ſuchte den ‚ib der Waſſerſcheu, wie ſchon andere vor 


ihm 3, im Magen, und erklärte ſich gegen das Stuͤrzen 
der Kranken im das Waſſer °). 

Ob auch Antonius Muſa, ber fpätere vielßelohnte 
Leibargt bes Augufius, zu ben Schülern des Asklepiw 
des zu rechnen fei, laͤßt ſich nicht Fler entfcheiden, doch 


heilte er den. Kaiſer von einer gefährlichen. Krankheit durch 


ein AsEleplabeifhen Mittel, Ealte Umſchlaͤge und Bäder, 
nachdem: man vorher Die warmen vergeblich verfuche hatte *). 


. Diefee. Umftand.. ift deshalb von großer Wichtigkeit, weil 


daraus dem ganzen Stande der Aerzte bedeutende Vortheile 
erwuchſen, und das nachherige hohe Anſehn derſelben in Rom 
dadurch zuerſt begruͤndet wurde. Muſa ſelbſt, der nur ein 
Freigelaſſener war, ward zum Danke fuͤr ſeine Kur in den 
Ritterſtand erhoben, und erhielt vom Kaiſer und vom Senat 
bedeutende Geſchenke, man feste ihm fogar ein ebernes 


Standbild im Tempel bes Aeskulap neben dem des Gots 


tes *). Die Übrigen Aerzte erhielten zugleich bedeutende 





2) -Stephan. Byzanıin. Voc. Augemzıer. 
2) 3.8. der Eraſiſträtaer Urtemiborus $. 47. &. 293. 
3) Cael. 4urel. hear, L. IH. c, 14. p. 224. 
4)- Sneton. August. C. 81. — Plin. Hist, nat. L. XXX. e. I. 
p- 494. 10. | , y 
\ 5) Smeron August. C 50. - : ‘ 


397 
Borrechte, auch Befreiung von Abgaben für ummder: *),;.uh 
von jetze an gab es beſtandig hochbeſoldete Labarzte an ben 
Hofen der Kaifer, die: zur Ehre ˖ ber Zunft nicht wenig beige 
tragen haben. Außer mehreren anderen, dietu- der :Falge noch 
vorfömmen werden, nennt man einen Caffius, din Erfim 
der eines. berähmten Mittels gegen Kolik, worin Mohnſaft 
enthalten: war »*); banm:noh Salpyeranne, Arruntins, 
Albuting, Rabrius und Q. Stertinius mit feinem 
Druder. Sie ſind ſaͤmmtlich Bergänger bes Bertius Ba; 
‘Lens, haben mithin unter den erfien vier Kaiſern gelebt °). 
Charikles, der den Tod des Tiberius aus bem Pulſe 
anf zwei Auge vornusfagte, war nicht eigentlicher Leib 
arzt *) — Auch um bie Wiffenfhaft hat Muſa einige 
Berbienfte. ' Er: ſchrieb mehrere brauchbare. Werfe über Heil⸗ 
mittellebre, und feine Arzneivorſchriften, die fehr kmpfobs 
len werden, rechnete man zu. ben vorzuͤglichſten ). Math 
feinem Bruder Eupborbus ſoll der König Juba von 
Mumidien, beffien Arzt bdiefer war, ein Liebhaber der Natun - 
wiffenfchaften und Scheiftfteller barkber, die. Pflanze Bu 





4 


1) Dion. Cass. Hist. rom. L. LIU. c. 30. 


9) Cels. L. IV. c. 14. p. 223. 24., 224. 1., L. v. e. 95, 5. 12. 
p. 28r. — Es if wahrfcheinlich derfelbe, den Celſus „ingeniosis- 
simus saeculi nostri medicne"‘ nenng, und den er auch felbfi kannte. 
Praef. p. 18. 22. Er muß alfo wohl Arzt am Hofe des Augu⸗ 
‚Ans oder Ziberius geweſen fein. Vergl. Scrabon. Larg. Comp. 
med. C. 120. 

3) Pin. 0. a. De. 

4) Tacit. Annal.L, VI. c. 50. 


5) Galen. de Compos. medic. per gen. L. I. e. 5. p. 683. B. 
T. XI. — Unter feinen Mitteln kommt der weiße Hundskoth vor, 
den er zuerſt gegen Halsentzͤndung wit Honig anwandte. Galen. 
‚ de Compos. medic. soc. loc. L. VI. c. 7. p. 507. B. T. ZI. 








ot 298 | | - . y 

 @horDiarkenennt: heben"), fie bieß Andeffen.scen fehler 
ei 22n unbe die Achuäichfeit. der Mames hat: ben, See 
hun veranlaßt — Beide Moder ſuchten den Gebrauch 


den falten · Baͤdrr noch. mr ah Astlepia des einer 
— —— en. 
Mun behielt .As Heniadankerenidt fange ihre u& 


ordugiice Beſtalt, tounte ſed auch in ihrem ganzen Um⸗ 
. fange: nicht behalten, weill ſie, ungegchtet eu aͤußeren 


Seine von Einfachheit, im der Ammendung vielen. Scharf: 
ſinn, and Überhaupt von ahten Wefentire eine. gewiſſe 
Aehnlichkeit mit ihrem Urheber verlangte. : Mollsen fe ſich 
alfo die Ausſpruͤche ihres Meiſters voſlkommen ieunignem, 
wollten ſie im Gebrauche gefahtvoller ⸗Mittel auf daſſelbe 
Süd Anſpruch machen, fo mußten fie auch umſichtige nich 
große Aerzte fein, wie er es gewefen war... Da abet dieſe 
Anforderung an die menſchliche Matur nicht gemacht mer, 
den kann, fo wiederholte ſich auch bier eine vißlgeſehene 
und zu allen Zeiten gewoͤhnliche Erfcheinung: Mar ver 
warf aus feiner Lehre:.das Schmere "und Mühenelle, und 
machte aus dem Leichten ein Syſtem in der Abelften Be⸗ 
deusunf) des Wortes, mit ‚allen ‚Uebertreibungen ‚ deren es 
nur fähig mar, 

Themiſon von Laodicea, der Begründer dieſes Sp 
ſtems, das er das metbodjfdhe yannte, gehörte in feiner 
früheren. Zeit zu ben eifrigfien Au£leptabeern *), und ninchee 
erſt feine Reuerungen als Greis ”), wo er bei abnehmendet 





ı) Plin. Hiet. nat. L. XX. e. 7. p. 371. 1. . 

2) Salmas. de Homonym. mat. med. C. 4. 15. “ 
3) Pin a. a. O. 

4) Co-l. Auron Caro, I. I, . 1. p: 287. 


5) Cole. Praef. p.4 Is 


— 


Kıaft: ber. Sinne nab des o Getſtes einen: bequenon⸗Huch 
lunde vedurfte, die vr intiv micht anderen hutee denfäinhrgdk 
ſollen. Die atomiſtiſche Phyſiologie. iſt hlexẽ dur hgung 
vorausgeſetzt, und man -Eitthte. es dein: hfenpiſonr zam 
Lebe anrechnen, buß er ſie nicht zweiter bdurchgefuͤhrr has. 
Deh Meinen⸗ die Arsmenfeistt mit aller Verſchiedenhett 
an Geſtalt und "EBrife: mehr zuruͤckzatreten; denn ber ih 
fand, deu: -KagAle iſteres wohlb alleiıy, weraus bie wenigen 
Lehrſatze, die Grundpfriler Des ganzen GrbAubes enwicdelt 
wurden. Sie find entweder ;pifaniutengtzegen our vrwel⸗ 
sert, und danach ſegte Themifun, mirt:bußändiger--Rüc 
ficht auf. die Ausſonderungen, zo. alljrinsine Eigenſchafren 


der Rrankheiten Poll. die Bufonmenziefung und idie: E 


ſchlaffang, jene mit Trkockenheit, dieſe mie zu: vieler Aus⸗ 
ſonderung verbunden 3.2 Dis ſind die fogenannten Kom⸗ 
munitäten der methodiſchen Schule (communia, com: 
munnitates morborum, 'kersrarıs Tarnullrar), bie er noch 
mit einer - dritten; bie gemtſchte gendunt, vermehrte, 100 
nämlich jene beiden Zuſtaͤnde in verfihtebehum. Thrilen dei 
Körpers zu gleicher Zeit Start finden. Alle übrigen Räd: 
ſichten wurden der gegebenen untergeordnet, oder mirfien 
ihr weichen, und weil dies ganze Syſtem faſtuur für bie 
Behandlung berechnet war, und bier doch viele andere nicht 





2) Die Mechodiker bebienten fich mehrerer gleichbedentender 
Ausdruͤcke um dieſe beiden Hauptkiafien zu bezeichnen, Die Pier zur 
Erläuterung fieben mögen: sıyor;, siyrarıs, adstrictum, ad- 
strictio, densum , darum, siccum, pressum, arctatum, siriejum, 
elausum, tnmens, constipatum, Mr Zufamminzlehung, und RLUR 
eek; fluxum, profluens, laxum, diffusum, ampliatum, auctum, 
rarum, hamidum, die Erſchlaffung - Diefem entſprechen noch fol: 
gende: * und — wrerin und 'gärıs, vereyay und 
xeess;, gniurs und —— — imäueplren 
u. kw 


. A400 
aumgangen werben. lonnten, ſo: zeichnete er wenigſtens ben 
Aluterſchiad ders Krankheiten: nach : ihrem Verlaufe aus, ob 
fie In des Zunahme, oder im Stillſtand, ober in ber Ab⸗ 
mahme ı begriffen: · waͤren. Nicht weniger war ihm bie Eins 
theilung der Krankheiten in bisige nnd langwierige von 
großer Wichtigkeit... Die Behandlung aber ergab ſich nad 
dein Grundfage, daß das Entgegengeſehte hilft „ ganz von 
felbß: wo Erſchlaffung ift, muß zufammengepogen, und wo 
Zufammenziebung ift, muß erfchlaffe werden; if. aber bas 
Leiden gemifcht, fo muß man da fehher und nachdruͤcklicher 
zu Hülfe Eonamen;;: wo- feine Heftigkeit die meifte Gefahr 
droht. Es kam jetzt nr darauf an, die befannten Kell 
mittel unter. diefe beiden Rüdkfichten zu vereinigen, und bie 
ganze Heilkunde war umgefihaifen-*). Ein einfacheres und. 
leichter begreifliches Lehrgebäube, bas auch dem erfien Er⸗ 
‚ forderniß ; in der Beobachtung der Matur fe viel als mög 
Gh Ruͤckſichten zu vereinigen, weniger entſprochen haͤtte, 
Tonnte: eu In der. That nicht geben; und es erklärt ſich ſchon 
hieraus geauigend, warum es in den naͤchſten Jahrhunder⸗ 
ten fo vielen Beifall und fo zahlreiche Anhänger fand. Bon 
der Erforfhung der Urfachen, der naͤchſten ſowohl, mie der 
entfernten, war nicht weiter die Rede *). Die Erkennen 
der Kommunitäten, und die entfprechende Behandlung. ſchienn 
den Methodikern vollkommen zu genuͤgen, und ſo mußte 
nun auch die treffliche Lehre von der Conſtitution⸗ worauf 
noch Asklepiades fo viel gegeben hatte ), zu Grunde 
gehn. Sie vernachlaͤſſigten alle Eigenthuͤmlichkeiten der 
Kranken, die noch von Eeiner Lehre fo zuruͤckgeſetzt waren, 
- und. 





1) Cels. Praef. p. 15.3. . 
2) Cael. Aurel. Acut. L, J. “2 y- 13. eg, \ 
3) Galen. de Sect. ad eos qui introd. C. 7. p. 293. A. T.D. 


4 


. . ’ 408 
und glaubten mit:-ihrem einzigen oberſten Geſetz durch die 
ganze Franke Matur durchgreifen zu können °). Ja ſeibſt 
die Werfihiebenhett der Theile. ſchien Ihnen: Feine Aenderung 
bes Heilplans nothwendig, zu machen, weil bie Erfchlaffung 
und bie Zufammenziehung Überall biefelbe fei, mithin auch 
zur bieſelben Mittel erfordern koͤnne. Alſo auch. bas mußte 
hiernach verworfen werden, was bie bisherige Erfahrung 
Aber die Wirkung dee Arznetlen auf einzelne Drgane treffr 
liches gelehrt hatte *). Diefe verberbliche Anſicht entftand 
größtentheils aus einer mangelhaften Kenntniß vom: Bau 
und von ben Mereichtungen der Theile, die man den Mer 
chodikern mic Recht zum Bormurf machen fann. Es fin 
ben fich Feine Beweiſe, daß auch nur einige non ihnen ſich 
mis anatomiſchen Lnterfuchungen Befchäftige haben follten, 
bie ihre Grundſaͤtze ihnen als Aberfiüffig. darfteliten, was 
Daher von ber Lage der Theile und: in. ähnlicher Ruͤckſicht 
nur irgend vorkommt, war gewiß nur aus der erworbenen. 
allgemeinen Kenntniß entnemmen. 

Themiſon wollte ſeine Schule weder den Dogmati⸗ 
kern noch ben: Empirikern zugethan wiſſen, ſondern ruͤhmte 
ſich, einen Mittelweg gefunden zu haben, der zwiſchen den 
auf beiden Seiten begangenen Irrthuͤmern hindurchfuͤhrte. 
Die Dogmatiker haͤtten es mit der Erforſchung der naͤchſten 
Urſachen zu thun, der man ſich Aberheben koͤnne, die Ems 
pirifee mit der bloßen Beobachtung, die doch allein viel zu 
Zunftlos fe. Die ganze Heilkunde erfläcte er nur für eine 
Kunft, das Gemeinſchaftliche der Krankheiten nad einer 
gewiffen Methode wahrzunehmen, nad ber man aus bem 





3) Galen. Method. med. L. II. c.7.p. 69. T.X. 


‚2) . Cael. Aurel. Chren, L. II. c. 4. p. 45% — — Best Ga- 
dert. de Sect. etc. C.6.p. 291. 


L on, Ce 


Defondern das Allgenteine: auffaſſe, um; dadurch den hoͤch 
Ren Zweck, die Heilung ber Kranfen, zu erteichen 2).. Die 
ganze Schule legte ſich hiernach ihren Mamen bei, ala wenn 
fie gerade bierin ‚einer neuen Anſicht gefolgt, wwdre,. und 
nicht alle vorangegangenen Dogmatiker eben: fo güt ande eis 
ner Meethobe.- gearbeitet haͤtten, d, h. nach irgend., einem 
tbeoretifchen Grundbegriff, wenn. ex fich auch nicht immet 
ſoo Teiche wie die Kammunitaͤten :i des Erfahrung machıwets 
fen ließ. Ueberdies ftimmeen fie auch darin mit den Dog 
matikern überein, daß fie die Bildung. der Anzeige.in dee 
Behandlung dei Krankheiten für nothweundig hielten, die 
non den Empirifern voͤllig verworfen war, weil man bisher 
nur_bogmatifche Degriffe damit nerbunden_batte *) , Ce 
gingen ‚hierin Aber Die Theorie nicht einen Schritt weit hin 
dus, und. verbannten feläft, "dem Grundfag zufolge; Daß 
auf die entfernten Urfachen nichts zu geben fei, die Kauſal 
indtfation, leerten. wohl felhft bet: Vergiftungen’. nicht zeft 
das Gift aus, fondern hehielten nur die Kommunitär. des 
errögten Leidens im Auge *). Bril.aber: dosh dieſet Wider⸗ 
fpeuch zu auffallend und verderblich war ‚fe. ftelten fte noch 
außer den beiden Hauptanzeigen bie fogenaunfe praphy⸗ 
laktiſche auf, bloß gegen .innere und dußere Vergiftuns 
gen, die fi nicht, unter die Kommunitäten bringen Tiefen, 
ſondern wegen threr unbebingt gefäßetichen Wirkungen: eine 





1) Galen,. aß. EB — Cels. M 15.03 
2) Galen. a. 6. ©: " a Be 


- 3) Cack Aurel. Acut. L. I. c. 4, p. 17. — Zum Beweilſe, 
daß diefelden Fehler in den Grundbegriffen dieſelben Folgen für 
die Behandlung haben, bat fich diefer Irrthum In der Erregungs⸗ 
theorie buchfiäblich wiederholt, die ee nicht mit den fchädHichen 
Stoffen im Darmfanal, fondern nur mis dem Bufande | dee Rdy 
„barkeit zu thun batte, 


⸗ 


* 





.- — — — — — — — —— 


403 


u dritte Klaſſe betdeten Bier war rhernnturꝰein NMothbeheif 


und ein unlogiſecher tJuſtitz⸗ zu ihrer Theorie: e). Im · Gar 


zen war alſo dieſer erborgte dogmatiſche: Häl:threr Kb 


Außerft dürftig, weil: fie fü Immer -mär auf eine und ˖ die⸗ 
felbe Risckfiche: beſchraͤnkt ſahen, die ja noch viel weniger, 


als alle Bisher beſolgten, den Charafter ber. Krankheiten zu 


erfennen gab. Einer bloß Außern Erfcheinung, die an ich 


‚Immer von untergeordnetem WBerthe'. tft, ſchrieb man den 


wähften Grund. des" krankhaften Zuſtandes zu, gegen alle 
höheren Geſetze den: Heilkunde, und ohne irgend Unkeratten 
feſtzuſtellen, deren Anorbnung ben begangehen: Fehled nord 
dielleicht Hätte gue machen "Finnen. DE es Mm Diuefing 
oder ein Schleimfluß niar, ob Galle, "oder Eirer, oder Waſ⸗ 
fer, oder Schweiß ergofen wurde, Tam in Biefer Theorie 
nicht weiter in Bettucht >), Mah’Yatte“es nur mit Ds 
ſchlaffung zu whun; und/ ihr die Zuſammenziehung entgegen 


. fun, alfo wieder arwen' noch fAhisereren: Irrthum in dr 


Therapie zu begeben, dh es ja’ erſt nach einer Reiht von 


Vorſchriften zu beſtimmen I, wo Ausſonderungen :ange | 


halten, und-wo ſie befoͤrdert erden: muͤſſen! Anf der! an⸗ 
dern Seite var bie Uebereinſtimmung mit den Empirikern 
faſt noch größer, Die. Erkenntniß der Krankheitsklaffen und 
ber Wirkung der Arzneimittel mußten. bie Methobiker wohl 
aus der Beobachtung‘ ehtnehinen; auch was: ihnen kine ge⸗ 
wiſſe Achtung ber Erfahrungskenntniſſelvon deratomiſtiſchen 


Naturphiloſophie :und von Asklepiades als Erbtheil 


Aberliefert worden, doch gab ihnen Ihre Thesrie Hier wieder 
nur Bruchſtuͤcke: Die Empirifer beachteten fleißig und 
ausdanernd alles in die Sinne fallende, fie. felbft aber. ohne 





ı)- Galen, Inırod. C. 3. p. 362. F. T. M. 


2) Cels. a. a. O. p. 18.2. J u... 
Cc2 


er . 


404 
. Kunft. mir das ganz Leichee und Gmwöhnlihe *), wie es _ 
jeder Ungehbte mic halb offenen Einnen wahrnehmen ann. 
Mis Recht konnten fie daher nach einer folden Meberzeus 
gung behaupten, das Leben fei Lang und. die Kunſt fei 
Eur; 2); ein Ausfpruch, der bie Gigenshämlichkeit ihrer 
Lehre im Begenſatz ber Hopoteauſcher, wohl no am meis 
ſten bezeichnet. 
Alieben fie Ihren Grundſaͤtzen treu, fo brauchten fie 
‘ eigentlich gar Feine Zeichenlehre, doc, bedurften fie wenig 
ſtens da ihrer -DBeibälfe, wo die Kommunitäten ſich nice 
von felbft erfaben, 3. B. wenn bei einer Krankheit aus am 
genommener Erſchlaffung Leine Ausfonderung Statt fand. 
Hier verließen fie ſich dann auf die ‚entfprechenden Zeichen, 
bie Weichheit der Haut und des Pulfes u. a. *), und war 
ven dann freilich genoͤthigt, zu dogmatifchen Vorausſetzun⸗ 
gen ihre Zuflucht zu nehmen, um bie zahlloſen Widerſpruche 
wiſchen ihrer Theorie und der Natur einigermaßen zu vers 
Bergen. Uneinig waren fie unter füh, wie meit überhaupt 
hierin zu geben fei; ja die Schulgerechteſten unter ihnen Bes 
baupteten fogar, es fei nicht noͤthig, auf irgend andere Zeis 
den Ruͤckſicht zu nehmen, als auf die. Ausfonderung *). 
Ueberhaupt find in dieſer Schule viele. Streitigkeiten "und 
Veränderungen. einzelner Lehren vorgefallen, ıwie immer 
und üherall, wo die Dunkelheit der Grundfäge vielfache 
Dentung, und ihre Unrichtigkeit Zweifel zulleß. 

Eigen tieferen Blick geſtatten ohne weitere Auslegung 
bie erhaltenen nofotogifchen Bruchftäcde: Zu den Krankhei⸗ 
j " 2) Ebenb. p. 17.15. 

2) Galen. de Sect, ad eos qui inırod. €. 6: p. 292.8. T. HU. 

3) Galen, de opt. Seer. ad Thresyb. C. 29. p. 326; A.T. U. 

4) ‚Guten. de Sect. etc. C. 9. p. 295. 


een ads Zufammenziehung gehbeen Wieder, Entzündung, 
Schmerzen, Eonvulfionen, Schlagfluß, Lahmungen, Fallſucht, 
Starrkrampf, Berftopfung, Korbbrechen, Harnverhaltung, fü 
wie alle andern unkerdruͤckten Ausfonderüngen, Gicht, Bien 
wuth, bie man aber auch zur zweiten Klafle zählte, Schlaf⸗ 
fuche, Wafferfcheu m. f.. w. Aus Erfchlaffung entftehtn: 
Ohnmacht, Blurfläffe aller Art, Ruhr, Durchfall, Lienterie 
und die ähnlichen Krankheiten, Harnruhr, Erbrechen u. 
f. w. Fieber mie Duchfall oder einem Blutfluß, ober 
Ohnmacht, oder mit ſtarken Schweißen würde mithin: zus 
gemiſchten Klaffe gehören ®). 

Auf die Chirurgie waren. biefe Begriffe am wenigften 
anwendbar. Man machte alfo einen Anhang zur Abrigen 
Theorie daraus, indem man ‚nach einem andern Einchels 
Iungsgrunde befandere Kommunitäten aufftellte. Ihr game 
zer Zwed beruht auf Entfernung bes Frembartigen (wire- 
rei⸗). Dies iſt entweder von außen in den Körper gekom⸗ 
men, wie die verlegenden Werkzeuge, Splitter, Pfeile und 
dergl., die ſchnell auszuziehen find, ober es iſt im Körper 
ſelbſt entflanden, wo man denn drei Arten oder Rommunts 
täten unterfcheiden Tann: jenachbem eine Drtsveränderung 
Statt findet, die das Zuruͤckbringen in die vorige Lage ers 
fordert, wozu bie Beinbruͤche, die Berrenfungen, und nad) 
ber alten Anficht der graue Staar (ursxunu) gehören: ober 
die⸗Theile an Umfang zugenommen haben, wohin alle Ce 
ſchwuͤlſte, Abfceffe, Auswuͤchſe jeder Art.u. f. w. gerechnet 
erden. Die Anzeige ift bier nad) der Matur bes Leidens 





1) Hieruber f. Hurellan an den betreffenden Stellen, und 
Prosper Alpin. de Medicina meihodica L. XIII. Patar. ı6ır. fol. L. 
If. e. 10, IT, seq., der in diefem Werke die ganze methodiſche Hell« 
Funde mit weitfchichtiger Brändtigteit nach den Quellen bearbeitet 
bat. , . 





40. . 


verfchlebän; dennbald iſt nur ein Ginſchnitt, Bald das väs- 
ige Aneſthneiden nothig. Die dritte Art: wird durch einen 
Mangel begriendet; fic begreift ale Hemzu ngsbildungen 
einzelner Ihrile, Haſenſcharten, Wolfarachen, auch das- 


Safenauge,ı überhaupt. alle chirurgiſchen Uebel mit Subſtanze 


verluſt, mögen fie nun angeboren „: ober durch Verlegung, . 


oder durch vorangegangene andere Kranfheiten erregt wor⸗ 
dem fein, fo daß auch die. Geſchwuͤre und Fifteln hier ihre 
Stebe finden: Erfatz iſt die gemeinſchaftliche Anzeige. Die 


fen: nier Rommüunitdten ſchließt fih dann woch die der dus: 
‚ Seren Vergiftungen an, die fich unter ber gemeinfamen Rüde. 


ſicht der Berderblichkeit und des Gefahrdrohenden vereinigen 
leſſen ‚und nad) dei prophylaktiſchen Anzeige zu befeitigem 
find +). Diefe Eintheilung war an ſich unmethodiſch/ aber 
nicht ohne Scharfſinn und brauchbar, bat daher auch in 
. dee fpäreren Reit Mutzen geſtiftet. - 

Der Gebrauch der Arzweimittel war bei‘ den Methobis 
Eern nach Aſsklepiades Beiſpiel fehr beſchraͤnkt, und auch 
ſte haben bas Verdienſt, das biätetifche Verhalten mit groͤ⸗ 
ßerer. Aufmerkſamkeit verordnet zu haben. Themiſon rich⸗ 
tete ſich hierin noch mehr als fein Lehrer nach der Zahl ber 
Tage, und unterwarf dieſer todten Regel mehr, als die Be⸗ 
ruͤckſichtigung der Umſtaͤnde erlaubte, ohne den Zuſtand der 
Krankheit ſelbſt irgend. zu beachten 2). Wie Asklepiades 
ließ er- die Kranken die erſten drei Tage faften, und dann 
folgten die übrigen Mittel feſtſtehender Reihenfolge und 
zur beftimmeen Stunde. Man nannte dies die Kommunis 
tät nad) der Zeit (weiroras zuigıza » communitas tempora- 





t) Galen, Inırod. C, 3. p. 362. D, T. u. — "De opt Sect. ad 
Thresyb. C. 32. p. 192. T. U, " 


7 ,D Eael' Aurel. Chron. L. IL c. 1. p. 365. - 


— . ⸗ 


x 


me a40o7/ 


kn} die ben oberſten Kommmunitäten der Behandlung 
(#. Irgareirinal, ©, curativae), der Zuſammenzighung unb 


Ekfihlaffüng, untergeorbuel war '). Wiewohl aber bie ei⸗ 
gentliche Kriſenlehre vodiltg ausgeſchloſſen blieb, To beobachtete 


men doc dur. hgangig, wie es auch von Asklepiades 
geſchehen war, bie breitägige Periode *) (Brest). Die 
ganze: Arzneimittellehre wäre nun nach dem durchgehenden 


allgemeinen Eintheilangsgrunde Höchft einfach getvefen, wenn 


nicht trotz aller Methobe die Wirkungen der einzelnen Mits 
sel beſendere Aufmerkſamkeit und Erfahrung erfordert haͤt⸗ 


en. . Gpftemätiter dieſer Art. pflegen dann die allgemeinen’ 


Kräfte der Arzneien nach ihrer Theorie vorauszufegen, und 
dann die Lehren: der Erfahrung folgen zu laſſen, die denn 


auch die eigentliche Wahl entſcheiden; ſo bleibt es daher im 


Ganzen gewöhnlich beim Alten. 

Zu dem: erſchlaffenden Witteln gehörten alle, bie irgend 
eine Ausleerung bewirken. Das vielverbronete Aderlaß ſtand 
oben: ah, und wiewohl die Methodiker die kuͤhlenben Wirkuna 
gen deſſelben laͤugneten, die fie nur auf Erſchlaffung zur&dführe 
ten, fo war dieſe Anſicht bei dem ſonſt richtigen Gebrauche dies 
fes Haupkmittels in entzaͤndlichen Uebeln wohl zu verzeiheit, 


Ob fie gleich zu Aufang zur Ader gelaſſen, was ihren 


Grundſaͤtzen entgegen gewefen wäre, oder ben dritten Tag 
abgemwartet Haben, läßt ſich nicht beſtimmen; von wiebders 
holten Aderläffen finden, fi) mehrere Deifpiele ?); das Deff- 
nen ber Zungenadern verwarfen fie, weil das Blut flärfer 
anftrömte als ausflöffe, die Entzündung mithin verfchlims 
mert würde, die ohnehin niemals eine Xusleerung aus bem 





1) Galen. Inırod. a. b. O. 
2) Cael. Aurel. Chron. L. I. c.13. p. 404 
1 3) Ebend, Chron. L. u. e.ı3 pP 416. nt " t 


208 ' | . 
Ieidenden Theile ſelbſt vertrüge *). Dann folgt das Schropſen, 
nach der allgemeinen. Erfahrung, nur mehr an beſtimm⸗ 
ten Tagen. verordnit, und bie Anwendung der Blutigel, 
die von Themiſon zuerft in bie Heilkunſt eingefhhet: 
wurde ?). - ie if nicht feine Erfindung, fondern mar 
ſchon lange ner ihm bekannt ?), body wird deshalb fein 
Verdienſt, wie das der ganzen Schule um dieſen Segen» 
and nicht verringert. Man erwartete nur eine oͤrtliche 
Wirkung von den Blutigeln, hielt mic Recht in der Hals⸗ 
entzündting mehr davon, als vom Aberlaß, und verband 
mit ihrem Gebrauche die Anwendung der Gchröpflänfe, Die 
man auf die Wunden feßte, um die Nachblutung zu befdrr. 
den *). Dies Verfahren follte weniger in Vergeſſenheit 
gekommen fein, man würde badurdy die verfchiedene Wir⸗ 
tung Beiber Arten von Blutentzirhung vortheilhaft vereint» 
gen. Endlich erfchlaffen die Bewegung *), lauwarme Dis 
ber, inreibungen von Del, erweichende Umſchlaͤge und 
alle Arzneimittel, wodurch Ausfonderungen befdubent wer⸗ 
den 9). 

Kühle und Dunkelheit oder mäßige Delencheung Is 
Simmers, feifche Luft, kaltes Waffer, Takte: Umfchläge und 
Abkochungen zufammenziehender Kräuter : entfprachen der. 
entgegengefeßten Anzeige ”). Wollte man in höheren’ Gras 

2) Ebend. Acut. L.IIK c, 4. p. 190. 

a) Ebend. Chron. L I. c, 1. p. 286, 

3) $. 52. ©. 350. 

4) Cael, Aurel. Acut, LI. c. 3. PB 188. — Chron. Lu. 
“2. p. 438. 

5) Ebend. Acqt. I. II. €. 40. p. 177, 

62 Vergl. Prosp. dipin, a, a. D. L. m. c. 8.009. 

T) Coel. Aurel, Mean 0.037. pe 


bey von. 2.Erfhlafang hachen Schweißen Lindalt hun, fo. 
hefızute- man ben ganzen Körper mit einem: Pulwer qus 
Yan, Bleikalk, Gyps, and ahnlichen adſtringit enden. 
Mitteln *).. 
An Allgemeinen iſt aus, biefer Darfiellung erſtgelich 
daß die Methodiker unmoͤglich gute Aerzte, ſein ‚Fonnten, 
menn. fie fi ich ſtreng an. ihre Lehre hielten. Der Widerſpruch 
ibrer Methode mit Der Natur und wichtige, offenbar falfche 
Grundfäße mußten ungünftige Erfolge ‚herbeiführen, auch, 
fand Themiſon felbft wegen feines praftifhen Glädes 
nicht in. Anfehn *), wozu fich bie Belege. aus den Behand⸗ 
lungsweiſen einzelner Kraufbeiten leicht auffinden laſſen. Er. 
verordnete in der Tobſucht nach dem Abderlaß reichlichen Ges 
nuß von Wein ’), den er felbft in der Abnahme entzändlicher 
Frankheiten erlaubte *), wollte bei Verhärtungen ber Leber 
bie Oberfläche derfelben. mit Aetzmitteln angreifen, bie Milz \ 
mit dem glühenden. Ciſen Brennen *) u. f. w. Mehrere 
adıtbare und felbft gelehrte Aerzte, bie in diefer Schule ers 
fanden find, erlangten ihren Ruhm mehr dadurch, daß fie 
ſich von der Methode entfernten, bie Erfahrungsheilkunde 
Bearbeiteten, und ihrem eigenen Urtheil folgten, nicht da⸗ 
durch, daß fie Methodifer waren. Themiſon hinterließ 
‚ vielgelefene Werke Uber die hitzigen und langwierigen Kranfı 
beiten *), über die Perioden der Vehandlung 7), über Le⸗ 





1) Ebend. p. 162. 

29) „Quot Thoison aegros aautumne ooeiderit uno." Zuvenal, 
Satir. X. V. 201, 

3) Cael. Aurel. Chron. L. L. e. 6. p. 339, 

4) Ebend. Aeut. LI c. 16. p. 63. 

5) Ebend. Chron, L, IIL.c. 4. p. 455. ‘ 

6) Ebend. L. I. c. 1. p. 285. — Acut. L. I..c. 16. p. 59. — 
Plinius nennt Ihn einem „auctor summus,“ Hier, nat, I XIV. c., 
17. p. 724. 21, 

7) Cael, Aurel, Acut, L. V. e. 12. p. 108. 


I 





4 
» 


2 


40 a | 
bensorbnung *), "eine größe Bamıklitng' srebidntfcher: 
Briefe *), und eine Abhandlung Her "Ben: Wegebreit Yplen- 
wgo)/ deſſen brauch vonihm wahrſcheinlich enauret 
worden in). ea 
Unſer ſeinen Sqmern ei nur Mroeulus‘ *y und 
Eirdbemusd bekannt; der letztere iſt wegen feines Umgänges- 
mit der Livia oder Livil ta,“ ber Sthiviegertochter'ibe' 
Lkberküs und Bemahlin des Denfns,- bei den Geſchicht⸗ 
ſchrelbern in Abelem Rufe ). Für die: Wiſſenſchaft iſt feine 
Vebbachtung eines Arztes, der an ber Waſſerſcheu litt, und 
vom Herabffleßen der Thranen Anfalle befam, nicht unwich⸗ 
tig ©), Ueserhaupt verdanfeh mtr den Mechobikern über 

dieſe Krankheit“ einige güte Beiträge. Soran us ſah ein 

waſferſcheues Kind, dns vor den Bruͤſten der Mutter zu⸗ 
rheffehauberte 5); und Aureftantheile den Befannteret- 

Fall von einer Gchneiderinn mit; die am dritten ef Hr 

Waſſerſcheu verfiel; nachdem fe ein von 'eterk toffen runde 
zerkiffenes Kleid‘ genäht," und die Mäche mis. bem Munde 
angezogen hatte *). Der Name jenes ungluͤcklichen Atztes 
iſt unbekannt; Themifſon behandelte ihn, und verflet? von 
dem n Anblic egefien ‚ in diefelbe Kranfheit, Fam aber nad) 


„} 





! : j e 
1) Ebend. Chron, L. IL, c. 7. p. 385. 
2) Ebend. L. NI. c. 6. p. 461. oo 
. 3) Pl. Hist.aan U XXVec. 7. p. ui. 
4) Cael, Aurel, Chron, L. II. c: 8. p. 469. 
5) Taolt, Aunal, L. IV. c, 3. — Plin. Hier, nat.,L. XXIX. e. 1. 
P-497. ar: 
6) 'Cael, Fur) ‚Acut, Tl e. 8. p- 227. « or 
7) Ebend: ne u 
8) ‚Ebent. ce.» m 213. 


X 


⸗8 


\a 


411 


vielm Qualen gihdlich burch *). Spaͤterhin unternahm er 


es oft, uͤber Waſſerſcheu zu ſchreiben, mußte aber jedesmal 
aus innerer Furcht vor einem Ruͤckfall davon abftehen *): 


.& 87... 
Weitere Ausbildung ber methodiſchen Heilkunde; 

Faſt alle bebeutenderen Methodiker machten Aenderuns 
gen in ben Themiſoniſchen Grundſaͤßen. Zuerſt Menema⸗ 
chus von Aphrodifias, ein weitlaͤuftiger Schriftſteller *) 
und waheſcheinlich Schuͤler des Themifon, denn er wird 
(how von Eelfus angeführe‘*). - Man weiß von Mm nur) 
daß er mit einigen Reuerungen die Methode eifrig werthei⸗ 
digt bat *). 

Spaͤterhin Bertius Balens, Arzt am Safe bed - 
Claudius, und dur feinen Umgang mit der Kaiſerin 
Meffalina berücheige. ©). Wichtiges ift von Ihm nichts 
weiter aufbehalten, als eine im Alterthum gangbare Ein⸗ 


theilung der Halsentzundungen ?), Er dar mit Seribo⸗ 


nius Largas Schüler des Apulejus Celſus aus Cen⸗ 
curipaͤ in Sicilien, eines Schriftſtellers uͤber Arzneimittel⸗ 
lehre 9), von dem wir einige Zuſammenſetzungen beſitzen. 
Eine derſelben gegen die Waſſerſcheu, die Mohnſaft en 





1): Dioscorid, Mat. med, L. VI. e. 2. 

2) LCael. Aurel. Acut. L. IH. e. 16. p. 232 

3) Galen. ad Thrasybul, C. 29. p. 26. F. T, VL‘ 

4) L.VI. c. 9 p- 382. 24 nr foto], 


5) Galen. Introd. ©, :4. p 363. D. T. Ihm Best. Caclı 
Aurel, Au, LI.c1p.75 . \ 


6) Pi. His. dat. L. XXX, e. 1. p. 494 T7. - 
7) Cael, Aurel. Acur M. IH, 0, 2.p. 180 " 
8) Scribon. Lang. do Gömpos. niedic. C. 04. 


— 


12. a 
bielt, fol In Stellien, wo bie Hunde häufiger toll wurden, 
für wirkſam gegolten haben *), Beine Schriften Aber Adler 
Bau. werden häufig angeführt, fo wie Bruchftäde aus feinen 


‚ Übrigen Werken *). 


Das noch vorhandene Werk des Serib onius Lar⸗ 


gus uͤber die Berritung der Arzneien >) iſt eine bunte Zus 


— 


fammenftellüng von Mitteln gegen verſchiedene Krankheiten, 
die eher. von einem Unkundigen als von einem Arzte herzu⸗ 
ruͤhren feheint,. und ben Untergang befferer Schriften nur 
noch: mehr bedquern läßt. Was der Werfaffer von den Herz 
ten ausgefchrieben hat, und namentlich finden fih aus Ni⸗ 
Tander beträchtliche Stellen *), ift noch der beſte Theil 
des ganzen Buches; fonft hat er auch nicht verfchmäht, von ' 
Landleuten und Jaͤgern Belehrung. im Aberglauben anzıts 
nehmen, Getrockneter Schleim aus dem inneren Augens 
wintel vom Hirſch, im Guͤrtel getragen, fol gegen Schlan⸗ 
gendiß ſchuͤtzen 5), gegen Fallſucht wird die Leber eines ger 
tödteten Fechters ©), oder Lab don einem jungen Hirſch em⸗ 


‚pfohlen,: der zu einer beſtimmten Zeit mit einem Meſſer 


gefehlachtet fein mußte, womit Thon ein Fechter umgebracht 
war 7). Dann follten noch Berfuche mit einem gerühmten 
Mittel gegen Wafferfcheu angeftelle werden: einen Stuͤck 
Kyänenfell in einem Tuche um ben linfen Arm gebunden, 
womit ber Sage nach ein fremder Wunderthäter in Kreta 


i viel-ausgerichtet Hatte *).. Auch in biefen Lande war, wie 


1 





1) my: 
2) Sælmas. Praof: ad Homakym. mat. ıhed. 


3) Scribonit Largi de Compositione medieamentorum Liber. 
Johannes Rhodius recens. et notis illuetravit. Patar. 1655: 4. 


4) C.ı79 199. 5) C 163. | 
6) 0.7.) CH. 8) Am. 


1 — 
J 413 
in Sieillen, bie Tollheit der Hunde ſehr häufig. Aufmerk⸗ 
ſamkeit verdient der Rath, In. langwierigen Kopffchmerzen 
einen Zitterrochen (torpedo) ‚auf bie. fhmergende Stelle zu 
legen, bis darin Taubheit entfteht, und wenn einer nicht 
Ä binreiche, felbft noch mehrere folgen zu laffen *). Gemwiß 
das ältefie Deifpiel von ber Anwendung ber 
Electricität. „ Uebrigens herrſchen nirgends beſtimmte 
Srundfäße, wiewohl noch am:.meiften bie Humoraltherapie 
der benutzten Schriftſteller durchſcheint. Scribenius vers 
ſichert, die meiſten Mittel ſelbſt erprobt, und nur wenige 
son suverläffigen Freunden erhalten zu haben *). Seine 
ungebildete Schreibart koͤnnte dazu auffordern, ihm ein viel 
ſpaͤteres Jahrhundert anzuweiſen, wenn er nicht ſelbſt ei⸗ 
nige Lebensumſtaͤnde von ſich angaͤbe. Er widmete ſein 
Buch einem Julius Kalliſtus, der ihn beim Kaiſer 
Claudius durch die Ueberreichung feiner (lateiniſch ger 
ſchriebenen) Werke empfohlen hatte *). Als er es ſchrieb, 
hotte er bereite ben Zug des Kaifers nach Britannien mit 
gemacht *). 
Einen neuen Schwung. erhielt die Methode durch 
Theffalus von. Tralles in Eudien, der unter Nero' s 
| Regierung mit ſeltenem Gluͤck in Rom auftrat, und nad. 
feinee Meinung die ganze. Heilkunde umkehrte. Er war. 
aus ganz niederem Stande entfproffen *), unb-.in völliger 
Rohheit *), anfänglich zu einem: Handwerke beſtimmt auß⸗ 





m) Gır. Dies Mittel finde —— auch ba Diostorides . 
IL e.17. f. 73. 8.) angegeben. 0 
2) Poor. 3) Zpist. ad Jul. Callist. » E 163.— 


5) Balen behauptet, fein Vater ſei ein Wollarbeiter gewe⸗ 
! fen, und er felb babe in feiner Jugend die Werkſtube nid, ver⸗ 
laſſen. Mech. med. L. I. c. 2. p. 4. C—FT.X. , 


9 . 6) Ebend · e. 3. p. 8. C. 7 Aa 
| Ä | 
N 








- 


414 

gewachſen, vetband aber mit ausgezeichneter Riugheic beit 
ſpietloſe Anmaßang ud bie. Fertigfeit, durch Schmeichelei 
ſich einzuführen, wo es ihm nügen konnte. Die. Ausübung 
der Kunſt war den Aerzten in dieſer Zeit Durch Boruscheile 
und Sittenverderbniß ſehr erſchwert. Wan ließ ſich nicht 


"alles vorſchreiden, am wenigſten etwas unangenehmes, und 


glaubte dem Arzt durch die Annahme feiner. Verordnungen 
viel einzuräumen. Askleptad es ſcheinbar angenehme Heil) 
kunde hatte beshalb fo vielen Eingang gefunden. Thefſa⸗ 
lus mau: gegen feine Kranken aͤußerſt gefällig, Ließ- ſie ihren 


Meigungen nahhängen, fo viel fie .nue wollten, und machte 
mehr: ihren Diener, als ihren⸗Arzt 3). Dadurch bereitete 


er fich- in Rom eine glaͤnzende Tage, indem er zugleich ‚fein 
Anſehn durch die empdrendſte Verachtung allen‘ uͤbrlgen 
Aerzie und aller- wuͤrdigen Vorgaͤnger zu befeſtigen⸗ ſuchte. 
Er ſchrieb an den Kaiſer, eine neue Schule habe er gegruͤn⸗ 
det, die allein die wahre fe, denn alle früheren Lehren waͤ⸗ 
ven falfch und: nachtheilig, Hippofrares Vorfehniftt vewe 
derblich "und feine Aphorismen unwahr 2), Dam 'gab'ee- 
ſich felbt den Namen Befleger ‘der Aerzte (’Imrgerluns), der 
auf fein Grabmal geſetzt wurde; und kebte:beftändih: in Ges 
ſellſchaft von: Feuten aus niederen Ständen, die ibn bewun⸗ 
berten und feine eifrigen ware waren ?). Eben barans 





ı 1) Eben, e. I. 29 p. Eu. 

2) Ebend. e. 2. p. 3. X. 

‚3% . Plinm. Hich. nat. L. XXIY, e. I. p, 494. 20. - Hier erhoiten 
wi⸗ zugleich von zwei andern Aerzten Nachricht, die in Rom Ihr 


Gluck gemacht. hatten: Krinas aus Maffilien, der nach einem 


aſtrologiſchen Tagebuch die Spelſen auf die Stunde verordnete. 
und ſich damit ein ungeheures Vermoͤgen erwarb, und Charmis 


aus derſelben Stadt, der den Gebrauch der Falten Bäder fo allge⸗ 


mein machte, daß es Mode ward, während der. rauhen Jabretzeit 


im Fluß zu baden. 


415 


erwichs der Heilkugſt. in Rem der. gräßte, Rachtheil Nice 
Dean zufrieden daß ex ſelbſt ohne Bildung mar, lehrte et 
Afentlich, man brauche zus: Medicin gar nichts zu wiffen, 
und £dape, damlt in ſechs ‚Monaten volig u Ende fommen, 
Dig:omfommele um ihn Handwerker. afer. Yrt; Schuften 
Faͤrber, Schnelder, Zimmerleute, Arbeiser... von, ‚ Araneis 
kraͤmern; glaubten jetzt nach bem Vorbilde, ihres Meifers 
daſſelhe Gluͤck machen -qu, fönnen *). Mit dieſem Gefolge 
durchzog er bie Grabt *), und. lehrte am Krankenbetz, ohne 
Sb wahrſcheinlich auf ‚geuegelte Borlefungen, ‚einzulaffen. 

Man. weiß nicht, yon, wem Theſſalus. in der Heilkunde 
ſelbſt unterrichtet morbden ift,- gewiß wählte er aber. bie 
methobifhe, weil fie ale ſyſtematjſch die leicht eſte war. 

Wie gering aber auch der wiſſenſchaftliche Werth feiner 
Neuerungen, fein, mochte, fo kann ihm doc) die Nachwelt 
einen. praktiſchen Scharfblick nicht abſprechen, der feinen 
Heilmethoden etwas Eindringendes gab, und die fpäteren 
orbnenden Dearbeiter auf. richtige ‚Zehrfäge leitete. Hierher 
gehört vor allem ‚feine. große Umwandelungsfur aller harts 
naͤckigen. chronifchen Uebel ?)5 die mit aͤhnlichen Behand⸗ 
lungsweiſen ſpaͤterer Zeiten ſehr uͤbereinkommt, und der Sache 
nah aus denſelben Auſichten hervorging. Richtet man naͤm 
lich mit: der gewoͤhnlichen erſchlaffenden und zuſammenzie⸗ 
henden Methode nichts aus, ſo muß man nach ihm eine 
ganzliche Umwandelung der Grundſtoffe (eırzgleus) und 
der Kanaͤle (*g⸗) vornehmen. Davon die Ausdrüde 
Metasyncrisis und Metaporopoösis (Bei Aurelian Ro- 
corporatio),. Dies war nicht eigentlich methodiſch, denn 





1) Galen & a. D. «.1.p.2.EF, 
2a) Plin. a0 O. 
3) Galen. de simpl. medic. Facult. L. V. c. 25. p- 139. T. XI, 


— 








416 ° 

T 
(hen Themtfon hatte: die Deachtung der naͤchſten Urſa 
chen ausgeſchloſſen, wozu doch das Verhaͤltniß den Atome 
oder Synkriſen zu ihren Kanälen, gehört *). Die: Mittel, 
die man zu biefem Zwed in Anwendung brachte, waren im 
Allgemeinen alle feharfen vegetabiliſchen/ dann auch Außen 


‚ lich die rothinachenden, firenge Diät und -Wrechmittek- ran 


befolgte bier wieder dreitägige "Perioden, deren: genaue 


Beachtung den Methodikern den Namen Dietritarii zuge 


zogen hatte. “Woran ging eine Worbereitung (zuxiss ara- 
Ayrrixdg circulus resumtivus), dem Namen nad eine Stärs 


kungskur, in ber That aber nichts weniger, bloß um: dem 


nachfolgenden eingreifenden Verfahren ben-Weg zu Bahneit. 


Am erften Tage mußte ber Kranke; wenn er bei Kräften 


war, ganz faften, oder er bekam wenig Speiſe und Waſſer 
sum Getränt. Am zweiten Tage mußte‘ er ſich Bewegung 
machen, mit’ Det gefulbt werden, und eihielt dann ben 


dritten Theil feiner geroöhnlichen Nadrang: Brot, Gemüfe 


derfchiedener Art, leicht verdaufiche Fiſche, zartes Geflügel, 
Gehirn vom’ Schwein oder von jungen "Ziegen u. ſ. w. 
Man blieb dabei zwei bie drei Tage, je nachdem es bie 
Kraͤfte des Kanten erlaubten, denn er durfte, nicht zu ſehr 
geſchwaͤcht werden. "Dann wurde ihm mieder ein Dritcheif 
zugegeben, indem man noch fortwährend Bet Teiche naͤhrenden 
Fleifchfpeifen blieb, und nach Verlauf von drei oder vier 
Tagen noch ein Drittheil, Bis nach berfelben Zeit die ges 
wohnliche Menge wieder erreiche war. In demſelben Ver⸗ 

halmiß konnte er Wein genießen ‚ und verlangte er. mehr 
zu trinken, fo mußte er fih an das Waffe Halten. Danady 
richtete fih auch die Bewegung während dieſer Zeit. J 
Darauf folgte die eigentliche Metaſynkriſe (circalus 
me 





1) Ebend. 


-_ 


\ | . 417 


mötasfncriticus),. Den Anfang malhte wieder ein breita⸗ 
giges Faften, dann blieb die Ordnung in den Tagen und 
der allmählihen Vermehrung der Speiſe und des Weine 
nach Drittheilen ganz diefelbe. Nach Umftänden fügte man 
auh wohl Bäder und Salbungen hinzu, doc) beruhte der 
Hauptunterſchied Diefer Kur von der Vorbereitung im .fortı 
währenden Genuß von Kappern mit Senf, unreifen Dlis 
ven, Zwiebeln, die bei Kopffchmerzen vermieden wurden, 
und Saljfifhen Man nannte dies bie fcharfe Diät (der 
metdrm), und es war erlaubt, nach dem Geſchmack des 
Kranken . mit. gleichwirkenden Speifen abzumecfeln. Die 
Bewegung wurde eben fo wie in der Vorbereitungekur ans 
geordnet. Kam Mau damit noch nicht zu Ende, fo mußte 
der Kranke ſich einer Brechkur unterwerfen, die durch eins 
tägiges Waffertrinfen und magere Diät vorbereitet wurde. 


- Das Brechmittel war Eleingefchnittene Rettigfchale mit Ho⸗ 


‚nigwein oder Eſſig, ober Meerzwiebeleffig übergoffen. Nah 
dreis bis viermaliger Wiederholung des Erbrechens wurde 
eine-Rube von zwet bis drei Tagen verordnet, Dann mußte ' 
wieder gebrochen werden, und nun bediente man fich ber 
Drimyphagie allein ohne andere Speifen. In Ermangelung 
von Kettig leifteten Senf, Cardamom oder Pfeffer mit Effig 
und Konigwein,. oder Abkochungen von Thymian, Yfop, 
Driganum u. f. m. biefelben Disnfte als Brechmittel. Das 
bei wurden rothmachende Mittel und Hautreize aller Art zu 
Huͤlfe genommen, Kohlfeuer, um einzelne Theile daran zu 
erhißen, (vugierseın adassatio) Schröpfföpfe, Pechpflafter, 
die man fo oft abzog, bis bie Haut roth wurde und die 
Haare mit ausgingen (dgw=e}) und Senfumfchläge. Man 
beftreute auch wohl ben ganzen Körper mit Soda, und ließ 
ihn fo vor dem Bade reiben, und bediente ſich endlich der 
Nieſemittel, oder ließ ſich die Kranken mit ſcharfen Abkd⸗ 
J. Ded — 





ais 


chungen gurgeln. Niemals wurde mehr als ein ableitenhes 
Mittel in en Kerle der "Behandlung angewandt, und 
jedesmal nach beſtimmten Vorſchriften *). Der Begriff der 
Metaſynkriſe ging auf die anderm Schulen Aber, weil er 
an fich ganz naturgemäß mar, und namentlich bezeichnete 


. man in der Argnetmiteellehre, die ſcharfen Mittel als me 


— 


taſynkritiſch. 

Auch um die Lehre von den Geſchwuͤren hat Theſfa—⸗ 
lus einige Verdienſte. Er hielt, wenn fie veraltet waren, 
oder oftmals wieder aufbrachen, bie innere Behandlung zwr 
Entfernung ihrer Urfahen für nothwendig, und unterwarf 
dann oft Kranke. diefer Art der Metaſynkriſe. Einſchnitte 
zur. Erneuerung des Geſchwuͤrs, und Senfumfchläge auf. 
bie umgebende Haut wurden dabei zu Huͤlfe genommen 2), 
Eben fo beifallswärdig ift feine Vertheidigung der Asklepia⸗ 


deiſchen Anſicht von den Purgirmitteln. Man follte fie nur 


einem gefunden Fechter geben, und fie wuͤrden biefelben 
Stoffe ausleeren,, die man in Kranken für die Urfachen des 
Uebels hielte °). 

Olympikus von Milet, ein eifriger Methobifer *), 
beffen theoretifche Anfichten nicht mit Lob erwähnt wers 
den ®), ift wahrfcheinlich bald nah Theffalus aufgerre 


ten. Bein Schäler Apollonius oder Apollonides 


von Cypern unterrichtere den bekannteren Iulianns, eis 





1) Cael. Aurel. Chron. L. I. e. 1. p. 275. 0! — Oms. 
Colleoi. med. L. X. c. 41. p. 478. 


2) Galen. Meth. mel. L.IV. c. 4. 9.85.T.X. Ein Bruch- 
ſtad aus Theſfalus chirurgiſchem Werke. 

3) Galen. advers. Julian. C, 8. p, 391. T.X. 

4) Galen. Introd. C. 4. p. 363.T.L „ 

45) Galen, Meih. med. L. I. c. 7. p. 18. 


‘ 


Pr 


/ 


u} 


| aaa. : 
nem Zeitgenoffen. von Galen '"), deſſen Andenken durc) 
eine ausführliche Streitſchrift deg leßtern gegen ihm erhal: 

ten iſt *). Er lebte fortwäßrend in Alerandrien, 10 er 
eine methodiſche Widerlegung von Hippokrates Aphoris⸗ 
men in achtunbvierzig Bachern berausgab ), und bas 
Schickſal aller Syſtematiker erfuhr, ſeine Ueberzeugung oft 
ändern zu muͤſſen, denn er arbeitete feine Schriften oft 

am *). Wiederholungen Acht methodifcher Anfichten. finden - 
ſich in, einzelnen Beuchftäden aus jenem Werke in großer 
Menge. 

Dionyfius M Philo, Rheginus und Antipas 
ter ), find weniger wichtig, Der leßtere lut an einer 
Herzkrankheit, und gab feinem Zeitgenoſſen Galen, ber 
ihn behandelte, Veranlaſſung, Über bie Ungleichheit bes Puls 
fes gute Bemerkungen zu machen *). Arzneivorfcheiften 
nach feiner Angabe find hier und da viele aufgezeichnet. 

Die erhaltenen Beobachtungen von Mnaſeas bewoi⸗ 
fen, daß biefer Methodiker zu den gemäßigteren gehörte, 
und ſich beſonders gegen die Einfälhrung ber fehroffen Ge: 
genfäge in die Moſologie erklaͤrte. Die einzelnen Krankhei⸗ 
ten wurden oft zu ſehr im die drei Klaſſen eingezwängt, da: 
gegen vereinigte er in mehreren bie beiden Dauptrüdfichten °). 





4 


1) Ebend. p. rg. A. W 

2) Galen. adversus ea, quae Juliano in Hippoeratis Aphoris- 
mos enunciats sunt. p. 376. T. IX. . 

3) &bend. C. 1.p.377.B. 

4) Galen. Meth. mei ep 18-R 

5) Galen. Inırod. C. 4 

6) Galen. Meth. med. a. 0. DO. E ' 

7) Galen. de Loc. affect. L. IV. c. ı1. p- 477. B. T. va. 

8) Cael. Aurel, Acut. L, IE c. 5. -p 81. — Chron. L. IL. e. I. 
p- 348., © 7. p. 380, ' \ 

| Ddb2 . | 





420 


So gehört auch Philumenos zu den ausgezeichneten 
Aerzten biefer Schule, wenigfiens zeigen viele Bruchſtuͤcke 
"aus feinen Werfen den trefflichen Beobachter. Wo es bier 
auf freies Auffaffen des Natur ankommt, da find auch nirs 
gende Grundfäge; einer .beftimmten Lehre bemerkbar; es gieht 
ſich uͤberhaupt in ſeinen Behandlungen nur: wenig Metho⸗ 
diſches zu erkennen, auch wußte er ſich die brauchbaren An⸗ 
ſichten anderer Schulen ſo anzueignen, daß man ihn eher 
fhr einen vorurtheilsfreien nicht ſyſtematiſchen Arzt. halten 
koͤnnte. Gewiß wärde fein Metbodifer den ſchwarzen Staar 
einer Schwäche ben Seh⸗ und Nervengeiftes (wruiuu omri- 
ner, vevehdss) zugefchrieben haben *). 

‚Am Ganzen bat die. Nachwelt an der methodiſchen 
Litteratur wenig verloren. Theffalus Beifpiel harte viele 
Unberufene berbeigelodt, die von ber Sucht zu ſchreiben 
oft mebr getrieben werben, als wiffenfchaftliche Aerzte, bie 
allein die Lehrer ihrer Genoſſen fein follten, weil ihnen Die 
Gelehrfamkeit Umſicht giebt, "und ihre Beobachtungen. Iküs 
tert. Weitſchichtige, Breite und ungeordnete Werte famen 
baber, in Menge zum Vorſchein, und jogen wieder anbere 
nach fih, weil man ja’ Aberhanpt in diefer Schule die Bil: 
dung, bie man nicht hatte, deshalb auch für etwas. Aber: 





1) At. Tetrabl. II. Serm. r. fol. 95. b. 20. — Die Veſchrelbung 

einer Art Amauroſe, bie In der Wicdergenefung von gaviffen Krank 
beiten einzutreten pflegt, A bier fehr naturgemäß, fo wie auch (a. 
a. D.) die weiteren Beobachtungen äber Harnverbaltung In Fiebern. 
das Durchliegen, Fleberdurſt. Schlafloſigkeit, Brennfieber (fol. 86. a. 
33.) u. ſ. w. alle Aufmerkſamkelt verdienen. Vergl. die Beſchrei⸗ 
bung der Hirrentzündung bei Oribas. Synops. L. VIII. e. 11. p. 
267., und der Muhr bet Alex. Tralltar. L. Vill. c. 8. p. 432. 
Wabrſcheinlich find alle diefe Bruchfiäde aus einem volfländigen 
Verka Ma⸗ Therapie. 


0 441 
fläfliges hielt. Ein wahrhaft gelehrter und vielſeitiger Bear⸗ 
beiter der methodiſchen Heilkunde iſt indeffen Soranus 
von Epheſus 3), der nach einem laͤngeren Aufenthalte in 
Alerandrien:unter Trajan und Hadrian in Rom lebte *). 
Es’ hat mehrere Xerzte diefes Namens gegeben, von denen 
ein fpäterer, ebenfalls aus Ephefus, nicht mit dem beruͤhm⸗ 
teren Methodiker zu verwechſeln if. Diefer ſpaͤtere, der 
wahrſcheinlich erft nach Galen gelebt hat, iſt ein gelehrtet 
Schriftſteller· Aber Weibetkrankheiten, und der aͤlteſte er” 
fichefdreibek der Heilkunde 2).“ Aus ſeinem Werke Aber! - 


die Schulen der Aerzte hat füch bie bekannte Lebensbeſchreü 


bang don Hip potecit es, unde aris ſeinen vier Bathern⸗ 


. Aber Entbindinigstünde mie dem was dazu gehdet, ein 


ſchatbares Bruchfiick erhalten *). Der altere Soraͤnus 
unternahm jerft einergelehrie und slelimfaffende Dearbei⸗ 
tung feines Syftems, ohne fih an die Grundfäbe deſſelben 
eñlſtitig zu” bindbk. Derin er benutzte das’ Güte) mo es 
nik Immer zu finden wer, z. B. bie Alexandriniſche vehre 
von den Urfachen der Blurflüffe 3), Die doch Weit außer 
Din Geanzen ‘der Methode fag: Ueberhaupt hatte er ſich 
bi ſeinem Verweilen in Alexindrien mit gruͤnblicher Kenut⸗ 
niß des Verhandenen auegeräflet, und nahm aber in fe 
. Int 





se „Pen, 8 
1) Galen. 23 € Er 383.% DT. n. 


2) Said, voc. Zwenres Ap. Charter, T. I. p. 34. 
. 3) Ebend. De A | 
. 4) Oridas. Collect. medic. L. XXIV, o. 31. p. 865., und mes _ 


rereb hierüber bei Hetius. — Sorani de uiero et muliebzi nudenda 


„Libell. Graece. Parjs, ap. Tarnebum, 1554 F Die Isagoge.in artem 
medendi saluberrima. Basıl, 1518. fol., uniee Soranus Namen 
IR offenbar untergefchoben. 

5) Cael. Aurel, Chroß. L. U. c. 30. p. 391. ' 





mM. 

nen Darſtellungen auf die Meinungen der Aerzte aller Schu⸗ 

len beſtaͤndig Ruͤckſicht. Dieſem wahrhaft gelehrten Beſtre⸗ 
ben haben wir bie Erhaltung vieler wichtigen Angaben zu 
danken, bie ohne ihn verloren fein wärden.. Ein ‚Beweis‘ 
feiner Speibheit von Vorlirtheilen iſt es denn. auch, daß er 
ſich nicht zu ſtreng an bie Zahl der Tage Hielt "), und wie 
Menafens viele Krankheiten nach beiden Kommunitaͤten 
beurtheilte e). - Die. Diggnoftit ober die, Kunſt, aͤhnliche 
Srmfbriten, zu unterfheiben, ift von ihm zuerſt ‚gelehrt 
worden, und fein Schaeffinn in Gegenſtaͤnden dieſer Art 
verdient Anerkennung, Aus einzelnen -Beifpielen von Be⸗ 
handlung der Kranfheiten verdient es herausgehoben zu were - 
den‘, daß ex das: Aberlafi gegen Astlepiades für allge 
mein anwendbar im -@eitenftich hielt; vieleicht, hatte ſich 
feisdem bie Fonſtitutiyn ber Krankheiten. in Rom geaͤn⸗ 
dert .? V en N F 
” Soranazs Verdienſte um, die Chirurgie find,nicht un⸗ 
bedeutend. Wir beſitzen von ihm eine vollſtaͤndige Verbands , 

lehre *), worin ſechzig groͤßtentheils noch gebraͤuchliche Dine.. 

den gut beſchriehen And; und eine treffliche Abhaudjang 
uͤber Die Beinbroͤche 7)3 Die Unterſcheidung von acht Arten 
Kuochenverbegungen am Konf bat die neuere Chirurgie nicht 
beſſer aufzuweiſen. | nn, 

Zu erwähnen ift endlich noch feine Beobachtung °) des 


EEE. J 
1) Ebend. 0.13. p. 404. 
2) Ebend. e. 7. p. IBo 


2 3) Ebend. Acui. L. IL c. 22. p. 132. 
4) Hipp. er Galen. Opera El. Charter, T, XU. p. 505. 
5) Cocchi Graecor. chirurgic, Libr, p- 44 


6) Paul. deginon IV. c. 59. pı 159. 


x . Zu ’ f} 
, . 


23 


Nervenwurms (Gordius wedinensie),: bie inbeffen niche 
die erfte im Altertum war, denn ſchon Agatharchides, 
ein Phileſoph und Geſchichtſchreiber, der unter Ptole⸗ 
maͤus Philometor lebte, giebt eine deutliche Veſchrei⸗ 
bung dieſes Uehels, und bezeichnet die Gegenden, wo “ 
nech jegt einheimiſch ift "). 


Bon Soranus zahlreichen Schuͤlern ift Feiner befanat- 


geworden, als Attalus, ein ausaͤbender Arzt in Rem - 
Ende des zmeiten Jahrhunderts *). 


, Das noch vorhandene Wert ven Caͤlins Aucslias: 


na6 aus Bicck in Numibien über bipiße und langwierige 
Krantheiten, iſt im mehr ‚als einer Hirſicht ˖ ein wichtiges: 
—— des, Alterthums *). Die Seenkheiten find darin 

nach gemäßigten methodifchen Girundfägen fehr voltändig 
und nach guten Beobachtungen abgehenbelt, und wenn auch 
der Verfßaſſer auf nichts meniger, als auf Kunft in ber 
Darſtallung Anſpruch macht, fo wird doch diefer Mangel 
darch ‚bie Wahrheit ber unfundig geführten Züge reichlich 
erfeßt. Dies ift indeſſen nicht das eigene Verdienſt Aure 
Itan’s, fondern ds. feine hier AWerall So ranus Geiſt 


hindurch, deffen Schriften Aber chroniſche Krankheiten *), 


über die Fieber *y, Aber die Krankheitsurſachen *), Aber - 
die Kommunitäten ?), und über die Heilmittel *) er fo 
. 
f) Pinzarch, Sympariac L. VIIL Quaest. 9. 
2) Gaden. Meth. med. L. XIII, c. 15. p- 306. T.X. 


\ 


3) Caelil Jureliapt Sienensis de Morbis aeutis et chranicie _ 


Libri VIU. Ja. Conr. Amman recons. Amsjelaod. 1755. 4. 
4) Chron. Praef. p. 268. 

5) Acut. L. I. c. 33. p. 153. 

6L Chrop, L.1. c. 3. p. 289. 

7), Ebend. L. V. c. 1.2.4933. 8) Acut. L. U. c. 29. p. 14. 


4 


424 


benutzte, daß man feine Arbeit für eine bloͤße Ueberſetzung 
- oder einen“ reichhaltigen Auszug halten Kann. Far etwas 
" anberes will er ſie auch felbft nicht ausgeben *), und dess 
halb läßt ſich jener treffliihe Arzt fo genügend daraus beut⸗ 
theilen. De fünf Bücher über die chronifchen. Krankheiten 
geben eine 1eberficht, was bie Merhödifer in biefer' wenig 
 Beatbeireten Lehre Weleifter haben. Themiſon hatte, das 
eifte-Lebrbuih'ddrüßer herausgegeben, dann folgten’ Thef⸗ 
ſalus und Soranus; .Aurelian’s'.Zufsmnienftellung : 
 iftl alfo: das dierie in: der geſammten medieiniſchen Littera⸗ 
tie. Fruͤherhin gab es nur Darſtellungen einzelner⸗Krank⸗ 
beiten‘; ja 88 dar Felbft’rine Zeit lang zum groͤßten Nach⸗ 
theil dee Heilkunde eingeriſſen, die Behandlung der meiſten 
chroniſchen? Uebel Ben Babern zu Aberlaffen ). Auch ‚von: 
der Gelehtſamkeit, die dies Werk zu - einer unfchaͤzbaren 
Fundtgeube bee Geſchichte mache, Fomme' gewiß nur wenig 
auf Aurelian!fäbf. Er hatte zwar viele andere Lehr⸗ 
büder, fat über: vr Sroeige ber Henttunde verfaßt 2) in 


a 





' 1) Es: e. 1. p. * „Seranus, euius haee sunt, quae ein 
nisanda suscapimns-" Dis iſt zugleich bie befle Probe feiner Ue⸗ 
berſegung. Vergl. Ebend. c. 25, pr 139.. IL. Pr 146. 

2) Chron. Praef, p. 067. 


3) De specialibus adiutoriis, Chron, L, 1 c. 4'p. 303. — 
Epistolae grascae ad Praeteziatum, Chron, L. IL c. 1. p. 366. — .De 
. febribus; follte exfi noch folgen. Acut. L.IL c. 37. p. 170. — De 
medicgminibns. Chron. L. II. c. 13. p. 408. — De muliebribas passio- 
nibüs, Chron. L. II, c. 1, p. 333. — De passionum cansis. War auch 
noch nicht erſchienen. Acut. LI c, 8. p. 22. — Responsiones mie- 
dicinales. Chron. L. I. e. I. p. 284. — Salutaria prascepta, Acut, L. I. 
c. II. p. 107, — Interrogationes et responsienes, eine Art medl« 
tiniſcher Katechismus für Anfänger. Praef.p. r. — De chirurgia, 
Chron, L IL c I. p- 352, und Problemata, Chron. L, IL c. 3 
. 4 - - , 


— 


⸗ 


Pas 425 
geſteht er. zum Apr ſelbſt, ba fie auf dieſelbe Art, durch. ) 
Zafammentragen aus dem Soranus enefianden find "). 
uederdies fehlte es ihm dazu an der unenläflichen Kenutniß 
beider Sprachen. Seine Schreibart iſt hoͤchſt ungebilder, 
und er ſcheint ſich mich mehr ale Sertkiomtius, Targus, 
- des angemaften Worrächtes vieler Aerzte bedient zu hahen, 
ihre Kunſt in ein unmwärbiges. Gewand zu Rleiden.:: Dieſen 
Umſtand hat viele voranlaßt, Ihm eine Tpddeie Deit als dem 
Arfang des dritten Jahrhunderts ober das Ende bes zugelı 
ten: anzuibeifen' ?). : Doc: iſt dieſe Annahme: gewiß: unge, 
geinden ;: Daß von m Galen nirgends angeführt wirh⸗ 
bw /ein ſpaterer Abergrht, „U um fo mehr «in Davric, 
daß ser :felbfücein: Zeitgenoffe.Deffelben geweſen iſt, ha: er es 
hier mit winem- abgefapeen Feind: ber. Methode zu thun 
haste i_andb mit ‚ber ‚Erankhnung ‚gleichzeisigen raͤmiſcher 
Aerzte berhaupt ſehr karg war. Denn me aller Sthrift⸗ 
ſtellern ꝛous dieſer Heitkammt bei ihm: nur der Methodtker 
Astipater-vor ’), ber meer Galen's Behandlung im 
ſechzigſten Sabre flarb;ı.umir daher ſchon todt fein’ Fonnte, _ 
abs ihn Aureliauı. insätei Reihe feinen Gemähnssuänner 
. aufnahm. — ‚Aursibanntee de Heilkunde gzahlreichen 
Schulern, zo denen wiroxzinen gemiſſen Weilicas und 
Lusretius dem Ramen nad kennen Ru 

Die Bruchſtuͤe des ſpaͤteren Soranus über bie Ge⸗ 
burtstheile und ae Welhertrautheiten ) geben ein 





,. 2) .8. B. von einem Buße „edntra suctan." Praef. p.4. 
9) Die Meinungen bee Gelehrten Aber ibn f. in der Ams 
manſchen Ausgabe ©. a4. 
3) Chron.L. HM. ©13 p. 404. 
4) "Praef. pr. 5) Oribas. a a. O. 
6) 48. Teirabl, IV. Serm. 4 6.7. 78.809, :- 


! 


genhgendes -SBitb vden Zuſtande dieſer Lehre in der erſten 
Halfte des dritten Jahrhunderts, in ber dieſer Arzt aller 


Wahrſcheinlichkeit nach gelebt hat. Die richtige anatomiſche 
Defchreibung läßt bier einen geibsen:Berglieberer vermuthen, 
der mit Herophiitus Schriften. wohl Befaunt, vielleiche: 
ſelbſt menſchliche Leichen unterfucht Bat... Er vermirft bie. 


Annahme. vom Kotylebowen als vollig: unerwieſen °), giebt 
Die ’Lage jerier Theile fehlerfrei an, und if auch über bie 


Vereichtungen derſelben fo weit im Klaren, daß er die 


gangbare Meinung, die: Gebaͤrmutter fei zum Leben: unber 
diinge erforderlich, mit einar Beobachtung Themifon’s 
entkraͤſtet; wo ſie theilweiſe bei einem Vorfall abgeſchnitten 


war, und beunac) das Leben fortdauerte. Micht munder ik 
ihm die Micleidenſchaft derſelben mit dem Magen uud den 


Beüften :helanmt: *). Findet man die Eierſtoͤcke noch mit 


dern Namen Heben ‚belegt, ‚fo wirb. Dieg daurch bie. richtige‘ 


Veſchreibung der: Arempeien ausgeglichen, nid wer :. übers. 
haupt wohl mehr Eprachgebrauch. Liter den. Unrichtiga 
Seien ift:-es auffallend, das Daſein des Hymens geldugnet 
zu finden, well: es bei Zerglxwioderung en nicht entdeckt 
wühde, und mar doch Ei Zicegfrauen nie der Sonde tier 
füs.:einbringen "Tönnle, Dochſuſt hier wohl nur die völlige 


Verfchließung gemeint, woräbes eg tvielleicht an. Beobach⸗ 
tungen fie. ni 2 


Soranur muß in- dieſem. EN ber Keiltande eine 


eigene Schule geftiftet haben, die nad) den Zeitumftänden 
beurtheilt, gawiß von hohem Werthe war, und auch wiſ⸗ 


ſenſchaftlichen Anforderungen. entſprach. Wir beſitzen -aus 


ihr ein vollſtaͤndig erhaltenes Werk Aber Weiberkrankheiten 





ı) Oribas, p. 568. 
3) Ebend, 2.8. - 


N 


a ‚ 827 
von Mofchion-*), der dem Cioränus anführe *), und 
entweder fein Schaͤler war, ober ſich wenigſtens nad) ihm 
gebilder hat. Die oftmalige Erwaͤhnung der Kommunita⸗ 
ten und ber metaſynkritiſchen Behandlung beweiſt genuͤ⸗ 
gerd, daß Meſchion zur Schule der Methodiker gehört, 
und- fe möchte ihr auch Soxanus beizuzaͤhlen ſein, indem 


eine fo nahe Vereinigung verſchieden Glaubender ſehr um 


wehrſcheinlich if. Dos Berk war fur die römifchen Heb⸗ 
' ammen- usfpränglich Iateinifch gefchrieben *), und fell auch 
nichts weiter fein, als ein Hebammenbuch, wie bie faßliche 


Darſtellusg der. Gegenftände nach Frage und Autwort deut⸗ 


lich zu erkenuen giebt. In der anatomiſchen Befdweibung 
dee Geburtstheile fälle beim erſten Anblick eine "völlige Ue⸗ 
bereinſtimmang mie Soranus Bruchſtuͤck auf, ſelbſt in 
der Vergleichung der Gebarmutter mit einem Schroͤpf⸗ 
‚ Topf *), wedurch bie Vermuthung fat zur Gewißheit er⸗ 
hehen wird, daß Moſchton das Werk feines Lehrers aus⸗ 
geſchrieban bat. Widerlegung alter Vorurtheile, richtige 
phyſiologiſche Anſichten und gute praktifche Benerkungen 
erheben dies Buch ſehr über das Gewoͤhnliche, es iſt ſogar 


eine anaspmifche Zeichnung beigefügt, bie einiges Lob vers 


1 





/ 


ı) " Moschionis de mulierum Passionibus Liber, Ed. r.O, De 


wir. Wien. 1793.. 
2 6 15r.'p. 008. 
3) c. 124, 125. p. 168. , . 
4) Die gebt aus der latelniſchen Vorrede bervor,, die fruͤ⸗ 


ber (Wolphii Harmonia Gynaeciorur, p. 2. in’ den Commentar. 
, gymaeciorum s. de mulierum affectibus. Basil. 1586. T. 1.) verſtuͤn⸗ 


melt vorhanden, von Dewez aber In ihrem urfprönglichen Zus 
flande aufgefunden und herausgegeben If. 


5) C,6.p. 114. Oribas. p. 866. 


\ 


— 


ais 


chungen gurgeln. Niemals wurde mehr als ein ableitendes 
Mittel in einer Periode der Behandlung angewandt, und 
jedesmal nach beſtiimmten Vorſchriften 5). Der Begriff der 
Metaſynkriſe ging auf die anderen Schulen über, weil er 
an fich ganz naturgemäß war, und namentlich bezeichnete 


. man in der. Arzneimittellehre, die ſcharfen Mittel als mer 


tafonEritifch. 

Anh um die Lehre von den Gefhwären hat Theffas 
Tus einige Verdienfte. Er hielt, wenn fie veraltet ıparen, 
oder oftmals wieder aufbrachen, die inneve Behandlung zur 
Entfernung ihrer Urfachen für nothiwendig, und untermwarf 
dann oft Kranke. diefer Art der Metafſynkriſe. Einfepnitte 
zur. Erneuerung :des Geſchwurs, und Senfumſchlage auf 
die umgebende Maut wurden dabei zu Hälfe genommen 2), 
Eben fo beifallswärdig if feine Vertheidigung der Asklepia⸗ 


deiſchen Anſicht von den Purgirmitteln. Man follte fie nur 


einem gefunden Fechter geben, und fie wuͤrden biefelben 
Stoffe ausleeren, die man in Kranken für die Urfachen des 
Uebels hielte ?). 

Olympikus von Milet, ein aiteiger Methodiker *), 


deſſen theoretiſche Anſichten nicht mit Lob erwaͤhnt wer⸗ 


den °), iſt wahrſcheinlich bald nah Theſſalus aufgetre⸗ 
ten. Sein Schüler Apollonius oder Apollonides 


von Cypern unterrichtete den befannteren Iulianns, ei⸗ 





1) Cael. Aurel. Chron. L. Le. 1. p. 275. 00g! — Oribas. 
Colleeci. med. L. X. c. 41. p. 478. 


2) Galer. Meih. mel, L. IV. ec. 4. 9.85. T.X. Ein Bruch: 
ſtad aus Theſſalus chirurgifchen Werke. 

3) Galen, advers. Julian. C. 8. p- 301. T.X. 

4) Gain. Introd. C. 4. p. 363. T. UI. 

5) Galen. Meih. med. L. I. c. 7. p. 18. 


⸗ 


- 


/ 


| | | . ⸗ 419 j D 
nen Zeitgenoffen. von Galen 7), deſſen Anbenfen durch 
eine ausführliche Streitſchrift Deg leßtern gegen ihn erhal: 
ten iſt 2). Er lebte fortwährend in Alerandrien, ‚too er 
eine metbobifche Widerlegung von Hippokrates Aphoris⸗ 


men in achtunbvierzig Bachern berausgab ?), und das 


Schickſal aller Syſtematiker erfuhr, feine‘ Ueberzeugung oft 
ändern zu "möüffen, benn er arbeitete ‚feine Schriften ft 
am *). Wiederholungen Acht methodifcher Anfichten: finden - 
fih in, einzelnen Bruchſtuͤcken aus jenem Werfe in großer 
Menge. 

Dionyfius *), Philo, Rheginus und Antipar 


tee ©), find weniger wichtig. Der Tegtere lut am einer 


Herzkrankheit, und gab feinem Zeitgenoffen Galen,\ der 
ihn behandelte, Beranfaffung, ‚über die Ungleichheit des Pul⸗ 
fes gute Bemerkungen zu machen *). Arzneivorſcheiften 
nad) feiner Angabe find hier und da viele aufgezeichwer. 
Die erhaltenen Beobachtungen von Mnaſeas beweis 
fen, daß dieſer Methodiker zu den gemäßigteren gehörte, .. 
und ſich beſonbers gegen die Einfährung ber ſchroffen Ge⸗ 
genfäge in bie Mofologie erklärte. Die einzelnen Krankhei⸗ 
ten wurden oft zu fehr in bie drei Klaffen eingezwängt, das 
gegen vereinigte er in mehreren bie beiden Daupträdfichten °). 





Ä 


r) Ebenb. p. rg. A. 

2) Galen. adversus ea, quae Juliano in Hippoeratis Aphoris- 
mos enunciata sunt. p. 376. T. IX. 

3) Ebend. GC 1. p. 377. B. 

4) Galen. Meih.med.L.L.c.7.9: 28: F 

5) Galen. Introd. G. 4. 

6) Galen. Meih. med. a. a. O. 

7) Galen. de Loc. affect. L. IV. c. 11. p. 477. B. T. VV. 

8) Cael. Aurel, Acut. LIL e. 5. -p 81. — Chron. L. II. c. 1.“ 
p. 348. © 7 P. 380. 

| | Dd2 | 








420 | 
So gehört au Philumenos zu den ausgezeichneten 
Aerzten dieſer Schule, wenigſtens zeigen viele Bruchſtüuͤcke 
aus feinen Werken ben trefflichen Beobachter. Wo es bier 
auf freies Auffaffen des Natur anfommt, da find auch nir⸗ 
gends. Grundfäge, einer ‚beftimmten Lehre bemerkbar; es gieht 
ſich uͤberhaupt in feinen Behandlungen nur: wenig Metho⸗ 
diſches zu erkennen, auch wußte er ſich die brauchbaren AR: 
fichten anderer Schulen To anzueignen „ daß man ihn aber 
für einen vorurtheilsfreien nicht ſyſtematiſchen Arzt Halten 
koͤnnte. Gewiß würde fein Metbodifer ben ſchwarzen Staar 
‚einer Schwäche bes Sehr und Mervengeiftes (enöpn —X 
zer, veweädss) zugeſchrieben haben "), 

Im Ganzen bat die. Nachwelt an der methodiſchen 
Lirteratur wenig verloren. Theſſalus Beiſpiel harte viele 
Unberufene herbeigelockt, die von der Sucht zu ſchreiben 
oft mehr getrieben werben, als wiffenfchafrliche Aerzte, bie 
allein die Lehrer ihrer Genoffen fein follten, weil ihnen die 
Gelehrfamkeit Umfiche giebe, "und ihre Beobachtungen laͤa⸗ 
tert. Weitſchichtige, Breite und ungeorönete Werke Famen 
baber, in Menge zum Borfchein, und jogen wieder anbere 
nad) fih, weil man ja hberhanpt in diefer Schule die Bil⸗ 
dung, die man nicht hatte, deshalb auch für etwas. über 





1) At. Tetrabl. II. Serm. 1. fol. 95. b. 20. 2. De Veſche· bung 

einer Art Amauroſe, die In der Wiedergeneſung von. gewiſſen Krank⸗ 
heiten einzutreten pflegt, AR bier ſehr naturgemäß, fo wie auch (a. 
a. D.) die weiteren Beobachtungen Aber Harnverhaltung. In giebern. 
das Durchliegen, Fleberdurſt, Schlafloſigkeit, Brennfieber (fol. 86. a. 
33.) u. ſ. w. alle Aufmerkſamkeit verdienen. Vergl. die Beſchrei⸗ 
bung der Hirnentzuͤndung bel Oribas. Synops. L. VII. c. I1. p. 
267., und der Ruhr bet Alex. Tralliar. L. VII. c. 8. p. 432. 
Wabhrſcheinlich find alle diefe Bruchfiäche aus einem volfländigen 
Werke über Torapie 


— 441 
flͤſſiges hielt. Ein wahrhaft gelehrter und vielfeitiger Bear⸗ 
beiter der methodiſchen Heilkunde iſt inbeffen Soranus 
von Epheſus 27, der nach einem laͤngeren Aufenthalte in 
Alexandrien · unter · Trajan und Hadrian im Rom lebte). 
Es’ hat mehrere Aerzte diefes Namens gegeben, von benen 
ein fpäterer, ebenfalls aus Ephefus, nicht mit dem beruͤhm⸗ 
teren Methediker zu verwechſeln if. Diefer fpätere, der 
wahrſcheinlich eift nad) Galen gelebt hat, iſt ein gelehrtet 
Schriftſtelittn Aber Welbetkrankheiten, “ünd-der alteſte Chi” 
fichtfidreibek' ber Heilkunde ). ‘Aus [einem Werke Aher“ 

. die Schulen der’ JAerzter hat ſech die bekanner Lebensbeſchreie 
bang von: Geip pobrat es, und ans feinen vier Bier 
Aber Enibindiirigstünde mie dem waͤs dazu gehdet, ein 
ſchatbares Bruchſtuck erhalten ). Der altere Soranus 
unternahm zıerft einergelehrie und vlelumfafſende Dearbei⸗ 
tung feines Syſtems, ohne ſich an die Grundſaͤtze deſſelben 
eiifeitig zu” binBbi.:: Derin er benutzte das Güte! wo es 
nik Immer ju finden war, z. B. bie Alexandriniſche Lehre 
vom ben Urſachen der Blütftuͤſſe 3), Die Boch Weit außer 
din Seanzen "ber. Methode lag.LUeberhaupt hatte er? ſich 
bli ſeinem Verweilen in AMexundrien mie gruͤnblicher Kennt 
niß des Verhandenen auegeraftet, unt inähın bdaher in fe 

Ve: 
_ —, EB 
ı) Galen. nd, c. —* 3 p. T, m 
2) Said, voc. Zuenros hp. Charter, T. I. p. 34. 
3) Ebend. N J ı 
. 4) Oribas. Collect, medic. L. XXIW, P at. p. 865., und meh⸗ 


reres hierüber bei Wetius. „m Sorani de utero er muliobri nudenda 
„Libell. Gsaece. Parjs, ap. Turnebum, 155. 7 Die Isagoge,in arten 


medendi salußerrima. Basıl, 1518. fol., unier Goran Namen u 


, IR offenbar untergefchoben. 
5) Cael. Aurel, Chrofi. L. II. c. 20. p. 3gt. 


) 


\ 


422 


nen Darftellungen. auf die Meinungen der Aerzte aller Schw 
len beftändig Ruͤckſicht. Diefem wahrhaft gelehrten Beſtre⸗ 
ben haben wir die Erhaltung vieler wichtigen Angaben zu 
danken, die ohne ihn verloren fein wuͤrden. Ein Beweis: 
feiner Sreibeit von Vorlirtheilen iſt es deun uud, daß er 
ſich sticht zu ſtreng an die Zahl der Tage hielt °), und wie , 
Mnafens viele Krankheiten nad beiden Kommunitaͤten 
beustheilte 2), Die Diqgnoſtik ober die Kunft, aͤhnliche 
Krankheiten zu unterfheiden, ift von ihm zuerſt gelehrt 
worden, und fein Scharffinn in Gegenſtaͤnden biefer Art 
verdient "Anerkennung. Aus einzelnen Deifpielen von Be⸗ 
handlung der Krankheiten verdiene es herausgehoben zu were 
den, baß er das Aderlaß gegen Astlepiades für allge. 
mein anwendbar im Seitenſtich hielt; vieleicht hatte ſich 
ſeitdem bie. Konſtitution der Krankheiten in Rom geäns, 
‚dert, .’). FR NE J 
So ranaes Verdienſte um die Chirurgie ſind nicht un⸗ 
bedeutend. Wir beſitzen von ihm eine vollſtaͤndige Verbande 
lehre *), worin ſechzig groͤßtentheils noch gebraͤuchliche Bin⸗ 
bes gut beſchriehen find; und eine treffliche Abhandjung 
Aber bie Beinhruͤche *)3 die Unterſcheidung von acht Arten 
Knochenverletzungen am. Kopf bat die neuere Chirurgie nicht. 
beffer aufzumeifen, . 
Zu erwähnen ift endlich noch feine Beobachtung °) des 


[0] 


J er 


1) Ebend. ©. 13. p. 404. 
8) Ebend. e. 7. p. 2IBo. 
c3) Ebend. Acui. L. I. c. 22. p. 13%. 
4) Hipp. er Galen. Opera Ed. Charter, T. AU. p. 505. 
5) Cocchi Graecor, chirorgie. Libr, p- 44 


6) Paul. doginet, In.IY. c. 59. pı 159- 


\ R \ u ⸗ 
* % 


423 
Nervenwurms (Gordius medinensis),' die indeffen nicht 
die erfte im Alterthum war, denn fchon Agatharchides, 
ein Philofoph und Gefchichsfchreiber, der unter Ptole⸗ 
mans Philometor lebte, giebt eine ‚deutliche Beſchrei⸗ 
bung dieſes Uebels, und bezeichnet "die Gegenden, wo es 
nech jegt einheimiſch iſt "). 

' Bon © ranus zahlreichen Schälern if Feiner bekanut 
geworden, als Attalus, ein ausuͤbender Arzt in Kom zu 
Ede des zweiten Jahrhunderts *), 

Das no vorhandene Werk von Caͤlius Kurslias‘ 
nus aus Siccq in Numibien über hibige und langwierige 


Krantpeiten, ift in mehr ‚als einer Hinſicht ein wichtigen: 


Deutwmal des Alterthums *). Die Seankheiten find darin 


nach gemäßigten methodiſchen Girundfägen fehr vollkänbig 


und nach gusen Beobachtungen abgehandelt, und wenn auch 
der Verſaſſer auf nichts weniger, als auf Kunft in ber 
Darfiellung Anſpruch macht, fo wird boch- diefer Mangel 
dur die Wahrheit der unkundig geführten Züge reichlich 
erfeßt. Dies ift indeſſen nicht das eigene Verdienſt Aure 
kfan’s, fondern es feine bier..äßerall. Soranus Geift 


hindurch, deffen Schriften Aber chroniſche Krankheiten ), 


über die Fieber ), Aber die Krankheitsurſachen *), Aber 


die Kommunitdten 7), und über die Deilmittel *) er fo. 





1) Pintarch, Symposisc. L. VIII. Quaest. 9. 
2) Gaden. Metb. med. L. XII, c. 15. p. 306. T.X. 


3) Caelil dureliant Siccensis de Morbis acutis et chranicis _ 


Libri VII. Jo. Conr. Amman receps. Anıstelaed. 1755. 4. 
4) Chron. Praef. p. 268, 
5) Acut. L. II. c. 33. p. 153. 
6 Chros. L. I. e. J. p. 289. 
7) Ebend· LIV. ce 1. 9.408. 8 Act. LU c.29. 9.149. 


N‘, 


/ 





1424 . 
benußte, daß man feine Arbeit. fir eine biöße Ueberſetzung 


- oder einen“ reichhaltigen Auszug balten Tann. Für etwas 


anderes will er ſie auch feldft nicht ausgeben *), und dess 
halb laͤßt ſich jener treffliihe Arzt fo genügend daraus beurs 
theilen. DA: fünf‘ Bücher über die chronifchen Krankheiten 
geben eine Ueberſicht, was die Methodiker in biefer wenig - 


blatbelteten Lehre Yeleiftet haben. Themiſon Hatte das 


eifte Lehrbuch! daruͤber herausgegeben, dann folgten Chefs 
ſalus und Soranus; Aurelian's“ Zuſammenftellung 


iſt! alfo: das dierte in: der geſammten medieiniſchen Littera⸗ 


the. Fruͤherhia gab es nur Darſtellungen einzelner⸗Kranke 
heiten; ja 88 war ſelbſt! eine Zeit lang zum groͤßten Mache”. 
theil dee Heilkunde eingeriſſen, die Behandlung der meiſten 
chroniſchen: Uebel Ben Babern zu Aberlaffen *). Auch von 


der Gelehtſamkeit, bie dies Werk zu einer . unfchäßboren‘ 


ı 


Fundgrube bee GSeſchichte macht, kommt gewiß nur wenig 
auf Aureltan!faibfl. Er hatte jiwar- viele andere Lehr⸗ 
bächer, faft aͤber alle Zweige der Heſlkunde verfaßt *), doch 


* 


R 





1) Ebd: co. p. 75. „Seranus, enlus. baec sunt, quae lsti 
nisanda suscapimms-" Dies iſt zugleich die befle Probe feiner. Ue⸗ 
berfegung. . Bergl. Ebend. e. 28, p, 139,2 IL. Pr 14. 
2) Chron. Pzaef p. 267. 
3) De specialibus adiutoriie. Chrom, L, I. e. 4'p. 303. — 
Epistolae graecae ad Praetextatam, Chron, L IL c. 1. p. 366. — ‚De 


. febribus; follte erft noch folgen. Acut. LIE, c. 37. p. 170. — De 


. p 447. - j - 


medicgminibus. Chrgn. L. II. c. 13. p. 408. — De muliebribus passio- 
nibüs, Chron, L. II, ce. 1. p. 333. — Do passionum causis. War auch, 
noch nicht erſchienen. Acut. L. J. e. 8. p. 22, —"Responsiones me» 
dieinales, Chron. L. I. e. T. p. 284. — Salutarie prascepia, Acut, L. II. 
© II. p. 107. — Interrogationes et responsienes, eine Art medi⸗ 
einifcher Katechismus für Anfänger. Praef. p. 1. — De chirurgia. 
Chron, L, IL e. 1. p. 352, , und Problemats. Chron. LI. c. 3. 


ul _ — — — — 


Pur 225 
gefteht er zum Sri ſelbſt, nr ffe auf dieſelbe Art, durch. ı 
Zaſammentragen aus dem Soranus entſtanden find *). 
Ueberdies fehlte es ihm dazu an der unerlaͤßlichen Kenntniß 
beider Sprachen. Seine Schreibart if: hoͤchſt ungebildet, 
und er ſcheint ſich mach mehr als Serikiomius Targus, 
- des angemaßten Borväctes vieler Aerzte: bobient zu hahen, 
ihre Kunft ur ein unwardiges Gewand zu Eleiden. Dieſer 
Umſtand hat viels veranlaßt, ihm eine ſpaͤtere Zeit als dem 
Amnfang des dritten Jahrhunderts oder das Ende des zue⸗ 
ten ·anzuweiſen ?). Doch · iſt dieſe Annahme gewiß ungen 
grundeten Daß von ihm Galen nirgends angeſahrt wirh⸗ 
der ikein · ſpaͤterer Abergeht, uſt um ſo: mehr ein Deweis, 
daß ser: ſelbſtcein · Zeitgenoſſe deſſelben geweſen iſt, Da: erses: 
hier is xinem abgeſagten Feind: ber Methode‘ zu thun 
haste / and mis der Erwaͤhnung ‚gleichzeitiger rämifiher 
Aerzte: aͤbharhaupe ſehr karg war. Denn ıken- allen Schrift⸗ 
ſtellern some dieſer :Beit! kammt bei ihm ‚Mur; der Methodtker 
Antipater vor ’), des unter Galien's Behnndlung im 
fehzisften Jahre ſtarb⸗ umb daher ſchon todt fein. Eonnte, . 
als ihn Aureliaa:, insdieı Reihe fernen Gemähusmänner 


aufnahm. — Aurxe bianflehez de Heilkunde zahlreichen 


Schuͤlern, nen denen wirainen gewiſſen Peitieus und 
Lusrotius dem Ramen nad Tennen rn. < .;° 

Die Bruchſtuͤcke des fpäteren Soranus ber die Ge⸗ 
burtstheile und ae Beibertranfheiten 6 geben ein 
— — 

1) 8. B. von dam Buße „ebntra sectas." Praef. ne 

3) Die Meinungen: bee Gelehrten über ton f. in ber Am⸗ 
manſchen Ausgabe S. 24. 

3) Cbpron. L. H.c. 13. p. 404. 

4). Praef.p. 1. 5) Oribas. 0. & De 

6) Ad. Tetrabl. IV. Serm. 4. c. 7., 79, 809, - : 











426 N 
genfigendes "Bild vie Zuſtande diefer Lehre in der erſten 
Hälfte des dritten Jahrhunderts, In der dieſer Arzt aller 
Wahrſcheinlichkeit nach. gelebt hat. Die richtige anatomiſche 
Defchreibung laͤßt bier einen gelbsen Bergliederer vermuchen, 
der mit Herophiitus Schriften wohl Befaunt, vielleiche 
ſeloſt menſchliche Leichen uniterfucht bat. . Er vermirft bie 
Annahme. von Kotylebowen ats söllig:umenmwiefen *), giebt 
die Lage jener Theile fehlerfrei an, und if ‘auch über die 
Vereichtungen derſelden fa weit im Klaren, daß er. bie. 
gangbare Meinung, bie Gebärmutter. fei zum Leben under. 
dinge erforderlich, mit einer Beobachung Themifon’s 
entkraͤftet; wo fie theilweiſe bei einem Morfali abgeſchnitten 
war, und dennoch das Leben fortdauerte. Nicht minder iſt 
ihm die Drisleidenfchafe derfelben mit dem Magen umb den 
Druͤſten :befanme *), Binder men bie Eierſtocke noch mie 
dein Namen Heden ‚belegt, ſo wird Dies durch bie. richtige‘ 
Beſchreibung der: Trompeten ausgeglichen, nird war übers 
haupt wohl meht Sprachgebrauch. Unter den. Unrichtiga 
beicen iſt: eu auffallend, das Doſtin des Hymeuns gefäugnet 
zu finden, weil es bei Zorg lRderungen nicht entdeckt 
wide, and man doch bi Aeadfrtiseid mit der Sonde tier 
ſer eind iingen Tonne, Dochſuſt bier wohl nur die vollige 
Verſchließung gemeint, woruͤdert ey ::vielleiht an Beobach⸗ 
tungen: fehlkhe. 22 

Soranur muß in- diefem. apm ber Heilkunde eine 
eigene Schule geftiftet haben, die nach ben Zeitumftänden 
hbeurtheilt, gavig von hoben Werthe war, und auch wiſ⸗ 
ſenſchaftlichen Anforderungen. entſprach. Wir beſitzen aus 
ide ein vollſtaͤndig erhaltenes Werk Aber Weiberkrankheiten 





ı) Oribas, p- 868. 
3) Ebend. p.8W. - 


, ,‚ 827 
von Mofchion-*), der em Soränus auführt *), und 
entweber fein Exhäler war, ober fi) wenigftens nad ihm 
gebilder bat. Die oftmalige Erwähnung der Kommunitaͤ⸗ 
ten ) und der metafunkritifchen Behandlung beweiſt gends 
gesd, dab Moſchion zur Schule der Methodiker gehört, 
und fe möchte ihr au Soranus beizuzählen fein, indem 


eine fo nahe Bereinigung verſchieden Glaubender fehe um 


wahrſcheinlich il. Das Werk war für Die römifchen Heb⸗ 
' ammen- urfpränglich lateiniſch gefchrieben *), und fell auch 
nichte weiter fein, als ein Hebammenbuch, wie Die faßliche 


Darſtellung der, Gegenſtaͤnde nach Frage und Antwort deut⸗ 


lich za erkenuen giebt. In der anatomiſchen Beſchreibung 
der Geburtstheile fälle beim erſten Anblick eine vdllige Ue⸗ 
bereinſtimmung mit Soranus Bruchſtuck auf, ſelbſt in 
der Bergleihung der Gebärmutter mit einem Schroͤpf⸗ 
kapf *), weburc bie Vermuthung fat zur Gewißhert er⸗ 
haben wird, daß Moſchion das Werk feines Lehrers aus 
geſchrieben hat. Widerlegung alter Vorurtheile, richtige 
pꝓhyſtologiſche Anſichten und gute praftifche Bemerkungen 
erheben dies Buch ſehr über das Gewoͤhnliche, es iſt ſogar 


nz 


eine anesowifihe. Beichnung beigefügt, bie einiges Lob vor 


I 
/ 





I) " Moschionis de malieram Passionibus Liber, Ed. F. O, De- 
wex. Vius. 1798 8. 


2) V. 151. 'p. 208. 
3) c. 124, 125. p. 168. j 


4) Dies gebt aus der lateiniſchen Vorrede hervor, die fruͤ⸗ 
ber (Wolphii Harmonia Gynaeciorum, p. 2. in den Commentar. 


. gynaeciorum s. de mulierum affectibus. Basil. 1586. T. ı.) verflüms 


meit vorhanden, von Dewez aber In ihrem urfprönglichen Zus 
flande aufgefunden und herausgegeben If. 


5) C,6.p. 114. ‚Oribas. p. 866. 


\ 


— — — — — —— — — — —— — — —4 





dient. Die mondtliche Reinigung’ erklärt ber Berfaffer aus - 
einem Ueberfluß von Blut, Bag während der Schwanger 
(haft zur Ernädrung des Kindes beftimme fei *), fe wie 


- das Fehlen derfelßen in ber Wiedergenefung vom :guiofen 


Krankheiten aus ber Mochmwendigkeit, das Blut zus Her⸗ 
ſtellung ber Kräfte zu verwenden *): So find auıh. alle: 
"Krankheiten, Dr hierauf Bezug haben, zwar theilmweife‘ mer. 
shbdtfch,, "aber wie von einent erfahrenen Arzte dargeſtellt. 
Wefhidn. hält die Metafonfeife im weißen Fluß aux zu⸗ 
ftrtem Geſchlechtstriebe ?),-in der Hyſterie ) (wriymess - 
serifu), und im Mutterblurfluß °) für angezeigt, und 
Abrräbungsmittel zur Rettung ber. Schwangern affem in. 
den Fall, wenn die Gebaͤrmutter: an einem Scirrhus leidet *). 
Die Mabelfhnur: foll mit einer Scheere oder mit einem ' 
ſcharfen Meſſer gbgefhnitten werben, bee alten Geuehnheit 
zumiber, fie, mit:sineme Goly,;eberAner?fcharfen Brortinhe? 
oder mis einer Glasfcherbe abzubruͤcken 7), Daß“ in derſel⸗ 
ben: zwei Blutadern ſein ſollen e), gehoͤrt zu den wenigen 
angtomiſchen Fehlern in dieſem Buche, die durch bes Gute; 
und Brauchbare in deu. Bemtrimägen ‚Abesi’bie Auswahl 
uud. Bad Berhältenider Ammen °) zb: wie Aber: Die phyfks 
ſche Erziehung der Kinder 50) Bei weitem uͤberwogen wer⸗ 
den, — Die Beforderung der Geburt uͤberließ man groß⸗ — 
tencheils! der Natur: /die Kreißende mußte die. Wehen Un, 
Bert mit ausgefpreijten Schenkeln abwarten, und wurde 


1} C. 12. pP 17. 23 C. 19. p. 120, 
3) 6. 138. p- 198. 4) C. 129. p. 179. ! 
ED 0. 137. p. 197 6) 0 An 230, | , 
ABA 8) CA i2553.. 

9) C. 77. p 148. aeg. 
30) C. 97. p- 157: seq. 


dann auf-einen einfachen Gebaͤrſtuhl geſetzt, ber’ halbmond⸗ 
förmig ausgeſchnitten war, oder wenn man feinen zur 
Hand hatte, auf den Schooß Einer Frau ?). 

Nah: Mofhion Hat. die methodiſche Sriltunde neh 
einige Jahrhunderte fortbeſtanden, aber mehr mit den Leh⸗ 
ren der uͤbrigen Schulen’ verbunden, und der Erfahrüung 
bei weitem untergeordneter, ale fie wahrend ihres Aufbli⸗ 
hens geweſen war. Die. Uebertreibungen wurden vergeſſen, 
das Brauchbare fand Anerkennung, und hat ſich als fort⸗ 
währendes Denkmal diefer Schule in den Grundfägen: der 
zuſammenziehenden und erſchlaffenden Heilart erhalten. 





d 
\ 9 


Siebenter Anblchaitt— 
Pearbeitung der Heiltunde außer den Sönten, 


| 53 ,;, 

.ı, Allgemeine Schriftkeller. 
Zr |.’ foffematifihen‘ Lehren Beherrfihen zwar eine "Zeit 
“ang die Meinungen, und geben dem Treiben der Aerzte 
‚eine eigenthuͤmliche Richtung, doch giebt es auch jederzeit 
„felbftftändige Männer, deren Scharfblick Tiefer in die. Na 
tur eindeingt, als daß fie willfinhrlihe und aufgedrungene 
Grundſaͤtze für "die Richtſchnur Ihres. Beftrebens Halten 
koͤnnten. Sie kennen den Standpunkt der menſchlichen 
Einſicht, halten ſich an das Ganze des vor ihnen Geleis 
ſteten, ergreifen das Gute, wo fie es finden, und bringen 
mit wahlermogenem Hrrbeif der Wiſenſchaft unvergaͤngli⸗ 
chen Nutzen. 





1) C. 46. p. 12. — 


0—. | | 
| Ein folder Mann war. Aulus Cornelius Eelfus, 
‚ein Gelehrter unser. Ayguftus Regierung, der mithin dem 
goldenen Zeitalter: der römifchen Litteratur angehört *). Er 
‚Searbeitete nicht allein die Heilkunde, fondern auch bie 
Landwirthſchaft *), die Rhetorik >), Die Nechtekunde Die 
| Beſchichte, die Kriegskunſt *), und ſelbſt die Philofopbie *), 
‚worin er ſich jur fheptifchen Schule bekannte *), mehr aber 
noch aus allen Syſtemen in fofern heraustrat, als er ans 
den einzelnen nur das Beſte entlehnte, und: bie geſchicht⸗ 
lich kritiſche Dasftellung vorzeg. Won dem vielumfaſſenden 





2) Die Gründe für diefe Anndhme entwidelt Biancont 
(Epistola de Celsi aetate, in der Gtrasburger Ausgabe von Cel⸗ 
fus, 1806, T.I. p. XXXIX.), fo daß darüber Fein Zweifel mehr 
obwalten fann. ‘Die wichtigſten find. daß € elfus von allın Aerz⸗ 
ten zulegt den Themifon, umd richt einmal feinen Zeltgenoſſen 
A. Muſa erwaͤhnt, der alſo durch ſeine Hellung des Kaiſers noch 
nicht emporgekommen ſein konnte, — daß er ſelbſt die Anwendung 
der Kaͤlte in Leberkrankheiten, wodurch dieſe eben gelungen war, 
als nachtbeilig verwieft (L. IV. c. 8. Abediasadam utique eet ab om- 
nibus frigidis; negue anim res ulla magis iecur laedit,), Diefe Behaup⸗ 
tung aber gewiß nicht als unfehlbar aufgeſtellt haben wärbe, wenn 
er nicht vor jener Zeit, d. b. vor dem Jahre d. St. 731. (23 v. Ehr.) 
| gefchrieben Härte. Die Sache war ja weltbefannt, man hatte ja 
9 Selb dem glücklichen Arzte zur Belohnung eine Statue gefeft. 
Dann if auch Eelfus den Dichtern des goldenen Zeitalters wohl 
befannt, und es geht namentlich aus Horat. Epist. 3, L Lv. 25. 
hervor, daß er den damaligen Thronfolger Tiberl us auf ſeinem 
Buge nach dem Orlent begleitet bat. 


2) Columell. de Re rustic. L. L. c. I. 
3) Schol, ad, Juvenal. Sat. VI. v. 245. 
4) Quintilian. de Insuitat. orat, L. XI. c. exır. 
5 ) Augustin. de Haeresib. Prolog. 
6) Quintilian, de Inst. orat. L X. c. 1. v 





AS 
encyklopaͤdiſchen Werke, worin biefe Wiffenfchaften enthal⸗ 
‚ten waren "), find allein die acht Dächer über die Medi⸗ 
ein auf die Nachwelt: gefommen *), bie ihrem Berfafler 
eineu Platz unter den einfichssvoliften Aerzton bes Alter 
chums fichern, und wiederum einen BVeweis geben, wie 


| | fehr die Keiltunde gewinnt, wenn der Seift ihrer Bearbei⸗ 


ter durch allgemeine Bildung und durch das Licht der. Abris 
gen Wilfenfchaften ‚aufgehele if. Celfus lebte nicht dem 
Berufe eines aucabenden Arztes, bat aber fo. viel geſehen 
:und wit offenen Sinnen beobachtet, daß er im Stande 
war, das trefflichſte Lehrbuch zu fhreiben, womit jemals 
die Kanſt beſchenkt worden ift »), ‚wenn man anders bie 
Beweiſe von Klarheit des Verftandes, faft völlige Freiheit von 
Borurebeilen, umfihtige Auswahl der Gegenſtaͤnde und 
Schönheit der Darftellung als die wahren Borzüge. eines 
folhen Buches anerkennen will. Der Standpunkt des wiſ⸗ 
fenfchaftlihen Arztes ift in der Morrede, einem Meiſterſtuͤck 
Eunftreicher Einfachheic, fo angegeben, daß die Seele bes 
"mebicinifhen Wiffens daraus bervorzuleuchten ſcheint; dann 
zeigen fich durch das ganze Werk in kraftvollen Ausfprüchen 
helle Funken von gediegenem römifchen Geiſte *). 

Die Kunſt mit neuen Erfindungen zu deveichern Liegt 
:faft niemals in der Eigenthuͤmlichkeit diefer Art von Ge 





1) Es führte den Titel Artes oder de Artibus. 
2) Gie folgten zunaͤchſt auf fünf Bücher Aber ben Kdlerbau, 
woraus ſich der Anfang: „Ur alimenia sanis corporibus agrical- 
tpra“ etc. erflären läßt, der fon wohl etwas gefucht fein würde. 
3) AR. Mead, a mechanical account ef poisons. (Lond. 1747.) 
p. —* 
4) Insigniores aliquöt sehtentiae ex libr. Corn. Cels. in Alme- 
loveen. ed. Hipp. Aphor. Argentorat. 1756. 


W 


. 884. 


lehrten, und beshalb iſt auch bier. ber damalige Zuftand 


berfelben ohne Hinzufügung von etwas neuem dargeſtellt. 
Die Dikteti *) Hat Celfus zum Theil aus den Werfen 
der Alerandriner,. zum Theil von Asklepiades entlehnt, 
‚bie Zeichenlehre..*) in ihrem gangen Almfange von. Hippo» 
Erates,. deſſen Ausſpruͤche hier woͤrtlich in einer fchönen 
Ueberfeßung wiedergegeben find. Die allgemeine Therapie’) 
{ft wieder (ganz Astlepiaden. Werk, mit den nöthig ge 


- fundenen Einfhränkungen, dein Celfus laͤßt ſich in ſei⸗ 


nem Urtheil nicht leicht beftehen, und erklärt ſich nament⸗ 


lich gegen Themifon’s neue Lehre mit Nachdruck *), wies: 


wohl das Brauchbare daraus bier und da feinem. Scharfe 
blicd niche entgeht. Sin dem pachologifch s therapentifchen 
Theile, der bier fo angeordnet ift, daß zuerſt die allgemels 
nen, fieberhaften Krankheiten *), dann die drtlichen nad) 


der Folge. der Organe *), beide Klaffen aber nur nach ihrer 


diäterifchen Behandlung durchgegangen werden, erkennt man 
die Benutzung einer großen Anzahl von Werfen ber Bors 
zeit, und größtentheils eigene Beobachtung. Eben .fo in der 


Ueberficht der Arzneimittellehre 7), worin eine große Menge 


bewährter. Vorſchriften gefammelt find. Die Anatomie -*) 
läßt unter vielen auch die eigene Unterſuchung zu wuͤnſchen 
| iu. übrig; 





1) LLe12r— 10. p. 20. 20. — LI. 18 — 33. p 06- 


2) LN. e. 1 - 8. P. 4 soq. 
3) LU e. 9 _ 17. p. 76. seq. 4) Praef.p. 15. 
5) L.ULp. m. seg. - 
6) L.IV.c.2—25.p. 186. seq. | 
7) LV.o 1-25. p. añt. 1204. ' 
.« 8) LW. e. I. p. 180. — L VIII. c. 1. p. 408, 


.' 


4 


423 


Nervenwurms (Gordius wedinensie), die indeſſen nicht 
die erfte im Alterthum war, denn fhon Agatharchides, 
ein Pbitefopb: und Gefchichefchreiber, der unter Ptoler 
mäns Philometor lebte, giebt eine ‚deutliche Defchreis 
bung. dieſes Uebels, und bezeichnet "die Gegenden, wo es 
noch jetzt einheimiſch iſt ”). 
Bon Soranus zahlreichen Schuͤlern iſt keiner hetanat 
geworden, als Attalus, ein angäbender Arzt in Ram zu 
Ende des zmeiten Jahrhunderts ). 

Des noch verhandene Werk von -TAlius Kurslie‘ 
n86 aus Sicca in Numibien über hibide und langwierige 


Krautheiten, iſt in mehr ‚als einer. Kinfiche- ein wichtiges; 


Dentwal des Ilterthums). Die Seenkheiten find darin 


nach gemäßigten methodiſchen Ghrunbfägen ſehr velftänbig - 


und nach guten Beobachtungen abgehandelt, und wenn auch 
der Verfaſſer auf niches weniger, ale auf Kunft in ber 
Darfieltung Anſpruch macht, fo wird boch- diefer Mangel 
darch die Wahrheit der unkundig geführten Züge reichlich 
erfeßt. Dies iſt indeffen nicht das eigene Verdienſt Auto 
Ifan’s, fondern ds feine hier iberall So ranus Geiſt 
hindurch, deffen Schriften Aber chroniſche Krankheiten ), 
Aber die Fieber "7, Aber die Krankheitsurſachen °,, Aber - 


die Kommunitäten 7), und Aber die Heilmittel *) er fo. 





.Y) Pintarch. Sympasiac. L. VII. Quasst. 9. 
2) Galen. Meıb. med. L. XL, c. 15. p- 306. T.X. 


3) Caelil Aurellans Siegensis de Morbis scutis er chranieis _ 


Libri YlU. Ja. Conr. Amman recegs. Anıstelaed. 1755. 4. 
4} Chron. Praef. p. 268. 

5) Acut.L, IL, c. 33. p- 153. 

6L Chros. L I. c. J p· 289. 

7) Ebmb.L.IV.c.2.p.493. 8) Acut. L. I. c. 29. p. 143. 


N, 


4 


= 





We itunes ne — men. = 
- 


‘434 u 


"Cajas Plinius Sreunbus »der Aeltere aus Er 
mum ober Verona, erſtand nicht volle hundert Jahre ſpa⸗ 
ser. En verſuchte wir. Celſur das ganze Geblet der Wiſſen⸗ 
fdyaften zu bearbeisen, und brachte mir graͤnzenloſein Fleiße 
mehr zu Stande, als wozu ein Menſchenleben hinzureichen 
ſcheint. Von feinen zahlreichen Werken beſitzt die Machwelt 
allein bie große Natur⸗ und Kunſtgeſchichte ig. fiebenunb: 


drelßig Bachern 1277 eine Enchclopadir des ganzen Alters 
thums, worin die vteſchiedenartizten Gegenſtaͤnde mie er⸗ 


ſtuunenewerther Gelehrſamkeit und wuͤrdevoll abgehandelt 


— 


y 


find *).. Der naturgeſchichtliche Theil nimmt beinahe bie 
Afte dieſes Rieſenwerks ein: Thiere, Pflanzen und Wis 
netalien find in reicher Fe beſchrieben, jedoch ohne Kunſt⸗ 


:Wrahe, und wichih eben fo dunkel; als. in dem körigen 
Nachlaß deu Alterthume. Die Angabe der Wirfing ahf 
den menſchlichen Rörper ift bier "burchgängig bie Hauptfache, 


and Aberall gebt Blinius von den Grunbfage aus, daß 


„einfache Arzneimittel, wie fie bie’ Natur giebt, der Matur 


auch die entfprechendften find, und nur Kanſtelel und Ges 


winnſucht die zahliofen Zufammenfegungen erfunden bar 
den »). -Dod war dieſer große Dann viel Ju wenig Auf 


dem Standpunkte eines Arztes, um bierin etwas Genuͤgen⸗ 


des zu leiften, woher man denn auch neben wahrhaft Ew 





torum. Halae 1818. 8. - Im. Walch, de Sigillo ocular. medic..1o- 
man. Jen, 1763. 4. 

1) C. Plinii Setundi Historiae naturalis Libri XXXVN. Ed, 
Joann. Harduin. Paris. 1741. fol, 

2) lin. Epist. L. III. ep. 5. p. 101. ed Gesner. —  „Opos ait 
fasum, eruditum, nec minus varıum, quam ipsa natura." j 

3) L. XXIT, c. 24. p. 284. 18. — „Scrupulatim quidem colli- 
gere ae chiscere vires, non coniecturas humande opus, sed impu- 
destise est.‘ 


. A ul J 4 


mm m — — — — — — 


maifhen Beuscheiluug der Aerie) aut Cocontſqce Bir 
fmanentragen von Aaneimittels findet. Ucberbies war 
Blinius als Vertrauter des Kaiſere Befpafian, und 
Bei beftändiger Verwaltung hoher Staatsamter zu vielſeitig 
beſchaͤftigt, als daß man mit einem großes Mangel an 
eigener Erfahrung enfchuldigen follte, bie gewiß laͤngere 
Anfmerkſ ¶ iiordert, als. man ihe felb mit Pliniue 
Fleiß. ie: nden weihen kann. Es if groß, und ein 
edeles Veſtreben, alles wiſſen zu wollen: bie Heilkunde aber 
.At ſich mit dem. Abrigen Wiſſenſchaften wide zufammen- 
werfen, fie will in allen ihren Faͤchern gekannt fein, men 
heitweife Bearbeitungen erſprießlich werden follen, und Bann 
am wenigſten bloß litterariſch hebanbelt werben,. wie er es 
unternahm. Im Uebrigen ift Plinins von den wenigen 
sömifchen Schriftſtellern, die ſich nah Pompejus Re: 
näus *) mit Naturwiflenfchaften beſchaͤftigten, ber größte, 






nnd fein Bert ein erbabenes Denkmal menſchlicher Geb . 


ſteskraft. Bon ben beruhmteren kennen wir nur einen 
€. Balsius, der ein naturgefchichtliches Werl dem Haller 
Auguftus wibmete °). 


4 


6. 59. 


Anatomie. | 
Seit‘ Herophilus war die Anatomie den übrigen 
Theilen der Heiltunde bei weitem nachgefeßt worden. Die 


1) „Id selum possamus indignari, unum hominem, e leviseima 
gente, sine opibus ullis orsum, vactigalis sui causa, repente leges 
salutis hamano generi dedisse‘“ — &ıc. L. XXVI. c. 9. p. 392. 14. Es 
iR bier von Askleptades die Rede 


2) 8.52. ©. 345. 
3) Pln. Hist. uat. L. XXV. e. ©. p. 359. 19- 
. " 2» & e 2 


machtigſten Schulen hatten fie aus Geundfag.vernahläfägt; 


‘4a felbft völlig ausgefchloffen, und für-unnäg erklärt. Doch 


erwachte fie mit neuem Glanze im: erften Jahrhundert n. 


Chr. von Marinus, dem Lehrer bes beruͤhmten Empirts 
ters Quintus wieberhergeftellt *). Wahrſcheinlich lebte 
dieſer bedeutende: Zergllederer in irgend einer .griechifchen - 


Stadt, doch läßt ſich darüber bei Der Unvollflommenheit:der 


Angaben nichts beftimmtes‘ ausmachen, eben fd wenig, ob 


er menfchliche Leichen unterfuche hat, oder. nicht. Zwanzig 


. etwas dunkel und weitſchweifig geſchriebene Bücher von- ihm 
"Aber Anatomie wurden von den Aerzten fehr in Ehren ge 
"halten *), und Thon ber Umfang feiner Leiftungen bewetſt 


genuͤgend, daß feine Verdienſte nicht gering marem. : Er 


. bearbeitete die Muskellehre von den älteren Anatomen am 


beften 2), unterſuchte die Nerven viel geuauer, als irgend 


einer von ſeinen Vorgängern‘, wie ſchon aus ber Aufaͤh⸗ 


rung feiner Entdeckungen im ſchwierigſten heile. ber Mer⸗ 
venlehre hervorgeht *), und fihrieb Üüber- die eigentliche Zers 
gliederungsfunft ein fo brauchbares Werk, daß ihn hierin 


ſelbſt Galen als fein Vorbild aherkannte °). Auch..bie 


Dräfentebre, bie von Herophilus und Eudemus juerft 





2) Galen. Comm. I. ia L. de natur. ham. Test, VL>. 137. 
c.T.ı. 


2) Galen. de Libr. propr. C. 3. p. 40. F.T. L — De Admi- ” 
nistr. anatomic. L. IV. c. 10. p. 107. T: IV. 


3) Galen. de Musculor. dissect. Prooem. fol. 44. B. (Ed. Junt. 
1609. T. I1. 


4) Galen. de Nerror. dissect. C. 5. p. 213. CT. IV. 
5) Er brachte «6 in einen Auszug von vier Büchern (de Libr. 


propr. c. 3. p- 40.T.1.), woraus fpäterbin feine Admiaistrationes 
anatomicae entſtanden find, die man alfo theitweife für ein Den 


“ mol des Marinus balten kann. 


"437 
begründet : war, ‚hatte‘ ihm viel zu verdanken, body wiſſen 
wir nur, daß er die abſondernden Druͤſen von denen, bie 
nur zur Unterftägung der Gefäße beftimmt wären ©), um 
terſchieden, und die Schleimdruͤſen im Darmkanal entdeckt 
bat‘). Gonft war Marinus ein vielſeitiger Gelehrter, 
und wird felbft unter den Auslegern von Hippokrates 
Aphorismen angefuͤhrt 3), 

eykus von Macedonien, deſſen anatomifche Schriften 
viel gelefen wurden, aber viele Irrthuͤmer verbreitet haben 
follen *), bat wenigftens um ein halbes Jahrhundert fps 
ser gelebt, als Marinus, denn er wär ein Schuͤler bes 
Quintus *) und eim älterer Zeitgenoffe Galen’s, der 
von mehreren Aerzten aus dieſer Schule Unterricht empfing: 
Daß Lykus Aber die anatomifhen Entdeckungen feinen 
Zeit ein eigenes Werk von beträchtlihem Umfang herausger 
ben konnte ©), beweiſt, daß der rege gewordene Eifer fuͤr 
Zergliederungskunſt nicht ohne Erfolg geblieben war, auch 
wiſſen wir, daß noch andere Schuͤler des Quintus gegen 
alle Grundſaͤtze des empiriſchen Syſtems ſich mit Anatomie 
beſchaͤftigt haben. Vor allen Satyrus, Galem’s Lehrei 
in Pergamus, Numefianus in Kormth ;. und der Schuͤ⸗ 

ler deffelben Pelops, Galen’s Lehrer nah Satyrus 

in Smyrna ?). 





* Galen. de Semis, L II. e. 6. p. 227. C. T. M. 
12) Ebend. 
3) Galen. Comm, VI. Aph. 24. p. 303. T. IX. 


4) Galen. Ädministr. anatomic. L. IV. c. 10. p. 107. Tv 
De Libr. propr. C. 2. p. 40. TI. 


”"5) Galen. Comm. II. in L. de natur. human, 0. 4. D.D. 
6) Galen. de Libr. propr. C. 2. p. 39. 40. 
7) Galen. Comm. It. in L. de natur. huntar. a. 0.D. 


4 
+ [1 
48 


Ein einziges Miet aus dem erſten Jahrhundert giebe 


der Deurtheilung der Anatomie in biefer Zeit einen ficheren 


Geſichtopunkt, wiewohl es mehr eine’ bloße Ueberſicht als 


di 


| 








ein’ umfaffendes Lehrbuch fein fol. Es if von Rufus von 


Epheſus °),; der unter dem Kaifer Trajan lebte *),; und 
"außer der Anatomie noch einige anbere Theile ber Heil⸗ 


kunde, befonders die Diatetik, in Schriften bearbeitet hat °). 


‚ Eigene Entdeckungtn find. hier nirgends zu dem Borbander 


nen binzugefüge, fonbern faft nur Herophilus und Eu⸗ 
demus benuge, wiewohl Rufus verfühert, ſelbſt Affen 


“zerhliedert zur Gaben *). Größere, Genauigkeit in den Bes 


fpkeibungen ſchließt ber Zweck bes Werkes aus; borh-giebt 
ihm die Bollftändigkeie in der Anfährung der Namen, bie 
nicht alle In bie neuere Anatomie aufgenommen find, einen 


wahren Vorzug. Der Bau bes Auges ift nach Herophi⸗ 


(us am genÄgendflen angegeben °), fo baf men keinen 
Theil vermißt, deffen Kenntniß fich Bei ber Unvollkommen⸗ 


heit der Külfsmittel irgend vorausfegen laͤßt. An Betreff 
der Mervenlehre, worin jedoch Rufus feinen Vorgängern 


bei weitem nicht nachgefommen tft, findet ſich bie Behaup⸗ 
tung, baß aufer Empfindung unb willkuͤhrlicher Bewegung 
alle Berrihtingen bes Körpers (wien vdnarıı weh), von 
den Nerven abhängen *); ein heller Blick in das Innere 





1) Ruf Ephasit de vesitae renumque miorbis, de purgentibus 
medicamentis, de partibus corporis humaai. Ed, —* Clinch. Lon- 
din. 1724. 4. 

2) Cinch, de Rufe a disserun. j 

3) JSuid, voc. rxo⸗ Born 

4) LLp3% ' 

6) LT. p. 36. | — 


429. 


bes: hebens, dar aber. mach fo lange unheachtet ‚Blich, als 
man es mit wichtiger ſcheinenden Begriffen zu thun Hatte. 
Ueber die Beſtummung der Mil, war man zuoch vollig 
in Dunkeln; Rufus nenut fie bader ein nublofes Finger 
weibe "), im Uebrigen find indeffen wenig Irrthuͤmer ber 

vorſtechend, die befannten ausgenommen, daß bie Luft beim 
Niefen und der Naſenſchleim aus der Hirnhoͤhle Durch bie 
Siebplatte geben, und das Gehun eben dadurch Luft ew 
Balten foll *). 

In zwei andern Abhandlungen über bie Nierens und 
Diafenfranfheiten, worin jedoeh nur die Entzändung und 
Die Bereiterung burchgegangen find, und Aber Abfuͤhrunge⸗ 
‚ mittel, dußere Rufus keine Grundſaͤtze einer herrſchenden 
Schule, wordr ihr die Anatomie ſchuͤtzte, die ſchon oft bie 
Aerzte von einfeitigem Beſtreben zurhdigeführt bat. Bei 
den Abführungsmitteln wird jeboch die alte bogmatifche 
Lehre von ber Wirkungsart berfelben wiederholt, . bie alfe 
sro den Widerfpräcen der Methodiker noch ammer farb 


befand. 


G. 60, 

. Wesneimittellehre. 
Der Geiſt des Alterthums in ber Bearbeitung ber Ar⸗ 
neimittellehre giebt ſich aus den mitgetheilten Bemerkungen 
genugſam zu erkennen. Durch gablofe Entbeckungen hat⸗ 
ten ſich die Erfahrungelenntniſſe ungemein vervielfältige, 
und ſchon konnte ſich ber vorurtbeilsfreie Arzt, nach ſo 
vielfeitigen Verſuchen auf verſchiedenen Wegen der For⸗ 
ſchung, Über den Gebrauch der Heilmittel die richtigen 


\ 


ı) LiLp5g . | 
9) LLp.35. 


- 








0 ! \ “ 
®. f . 
440 » 


Gtundfäge aneignen! Doc erlautes gerade in biefer ‚Lehre 
die Armuch ‘der Huͤlfswiffenſchaften Peine größeren Port: 


fchritie, und bas Vorfihndene blieb ohne Innere Bereinigung 


. 


größtentheils Bloß: neben’ einander geſtellt — Auf dem Wege 
des eigenen Berfuches und der Erfahrung gefihah noch fort 
während in den erften Jahrhunderten n. Chr. unglaublidy 


. viel, es fanden ‘fi ſogar fleißige Naturforſcher in biefem 


Fach, die ſich nach Heraklides Beiſpiel nicht. bei der blo⸗ 
Ben Zahl von Mitteln berubigten, fondern durch fortwaͤh⸗ 
fende Sichtung die Arrieimittellehre den Anforderungen ber 
Funk entfprechender machten. : 

Dies geſchah befonders durch Menekrates van Zen 
phleta *), einen"Leibarzt am. Hofe des Tiberius.und der 
beiden folgenden Kaifer 2), beifen beraͤhmtes Lehrbuch über 
bie wirkfameren Arznelen >) vielen Nutzen geſtiftet haben 


"muß, denn er hatte fie alle ſelbſt verſucht und in brauch⸗ 


Bare Zufammenfegungen vereinigt *). Der allgemöinen Vers 
wirrung, bie atıs dem falſchen Abſchreiben der Arzneivor⸗ 
ſchriften entſtanden war, wovon ſich noch tauſendfaͤltige 
Spuren nachweiſen laſſen, ſuchte er dadurch entgegenzuwir⸗ 


‚Een, daß er. ſich niemals der Zeichen für Gewicht und Maaß 


bediente,. fondern Zahl und Benennung vollftändig nieder 





1) Gael. Aurel. Chron. L. I. c. 4. p. 323. 


2) Daß er dies geweſen, gebt aus einer Inſchrift bei Dice 
enrtalis (Var. lect.) und Gruter bervor, die auch nah Mont- 
faucon (Suppl. T. M. pl. IX.) von Sprengel mitgetheilt iR. . 

3) Es führte den Titel Auroxgarue sAeyenmmures afseis- 
yar Dagmaxuı, vol e6 einem Kaifer gewidmet und ohne Zeichen 
gef.hrieben wır. Galen. de Gompol med. per gen. L. VII. e. Fr Pr 
845. F. T. XI". 


‘4) Galen, de Compos. med. sec. loc. L. VI. e. 9. p. 518. A, 
T. X. 


. 
' [ 


ſchrich. Dies Verbienft war allredings von Withtigkeit, 
wenn man bedenkt, wie leicht ſich bei der Beſchaffenheit 
ber gtiechiſchen Buchftabenjiffern Jrrthuͤmer in ben · Gaben 
zum größten Nachtheil der Kunſt ‚und ‚der Krunten eins 


ſcchleichen konnten. 43 Zu 


Ein anderes Mittel, Benfißen Zweck zu errrichen, war 
mehr abentheuerlich und ein Beweis der einreißenden Ge⸗ 
ſchmackloſigkeit. Man beſchrieb nämlid) 'die. Zuſanmenſetzun⸗ 
gen in Verſen, um durch das Sylbenmaaß Irrungen vor 
qubengen, vermehrte aber oft noch die Undeutlichkeit, well. 
man bie bichterifche Schminke zu ſchwuͤlſtig auftrug, um 
biefen Gedichten ohne Poefie wenigftens den Schein davon 
zu geben. So verfuhr z. B. ein geroiffer Phifo von Tar⸗ 
ſus, der wahrfcheinfich fon vor Menekrates lebte *). 
Sein beruͤhmtes ſchmerzſtillendes Mittel, Philoninm ge 
naunt, deſſen wirkſamſter Beſtandtheil neben mehreren am 
dern Mohnſaft war, kam allgemein in Gebrauch, die Vor⸗ 


ſchrift dazu in elegiſchen Verſen iſt aber fo dunkel, und die 
Muythologie Bei den einfachſten Dingen fo unſtatthaft zu 


Hilfe genommen, daß man fie ohne Galen's s Erklärung 


kaum noch verfiehen kann *®). 


Servilius Dambfrates ſhretz ſeine Receptba⸗ 
cher °) in Jamben und bei weitem deutlicher, wie aus 


\ 





1) &. (hdnt verkbe an kin, ber von Eelfus (L. VRc.6. 


3. 3. p. 351.) angefuͤhrt wird. 
v 2)* Galen. de Compop. med. sec. loc. L. IX. e. 4p. 608. Bo, 
" Gafran Helgt hier: „das daftende blonde Haar, des ‚Anaben, deffen 


Blut no auf den Zluren dis Hermes prangt. “(Des Krokus 
nämlich, der nach der Mythe vom Merkur durch elnen Burf 
mit dem ‚Diskus addttt wurde). we 


3) CGlinicus, Philiatres, Pyikiche, find. Bir Nomen Defekt 


mehrtren Brachſtacen hernorgeht, u a. der Xiereitung des 
Miachylon⸗ Pflaßerg, das unser dieſem Mamen und weſent 
Uch mis benfelben Beſtandtheilen, aus denen os jagt. noch 
angefertigt. wird, von Menekrates erfunden war !) 
Seine zahlreichen und vielempfohlenen Mifchungen bleiben 
Dir unerspähng, wiewahl fich mehrere dapen auswählen 
Arßen, hie na, ieht brauchbar fein würden. Mean, zählte 
jan in Ram zu den erſtan Aerzten, hachbem er ſich heſen⸗ 
ders durch die Herſtellung einer jungen pornehmen Kranken 
Manch Milch von Ziegen, die mit Blaͤttern vom Maſtirhaum 
‚gefüttert waren, berühmt gemacht hatte *), 

Zeugendſſe yon Damokrates war ber befanutene 
Andromachus yon Kreta, Leibarze bes Kaiſers Mara, 
wer. mig dem Titel Archiater °). Kein Mittel in der Welt 
MR ſo beruͤhmt geworben, als feine Theriaka, wozu wir 
le Vorſchrift in elegifhen Versmaaß von ihm ſelhſt noch 
dbeſtten *)., Sie vereinigt faſt alle erdenklichen wirkſamen 
Veſtandtheile, und ruͤhmte ex fie ſelbſt ſchon qls eig Unj⸗ 
perſalmittel, fo kam ſie ſpaͤterhin noch mehr: in: Gebeach, 
als ſich nur isgend erwarten ließ, fa dab auch Gefunde 
fi damit vor Krankheiten zu ſchaͤtzen ſuchten. Defto menis 
ver wurpen jeboch feine Schriften geleſen, bie viel Drauq⸗ 
Basen. enthalten haben follen *). 


Galen, de Comp. med. see. loc. L. V. p. 483. E., L VII. c. 0, p. 536. 
$ L. I. c. O. P⸗ 635. E. 

1) Galen. de Compos. med. per gen. L. VII. c. 20.5. 846. D. 

a) Pln. Hit, L XX. «8. 2. 373, KaNeTR 
‚33 21. 

3) Galen, de Antidot. L Le. 1. p. 865. C. T. XIIL, " 

4) Ebend. e. 6. p. 875. 


5) Galen. de Comp. med. per gen, 1. VI. e 8. p. on. A. — 
De Theriac. ad Pisge. L,.$. 1. pr 930.. ! ER 


⸗ 


43 
Der ·angere Amrena que, der Cohn ·der Archia⸗, 
ters, ledte mit biefem, in Rem, und hat wohl noch mehr 


Zuſammenſehungen angegeben, die aber mit den -Abrigen 


wm ſehr vermiſcht Reben, ‚als. daß man. fie denn⸗ ungen: 
fiheiden koͤnnte ). 
Die Zahl der Year und Ofermahpeien, bie fi auf 


biefen Theil der Kunſt legten, wuchs in dieſer Beit mit deu, - 


Meisung der Großen, Arzneien zu brauchen und ſelbſt 
Kennrniß davon zu haben, feisdem beſonders Maucus Au⸗ 
relius taglich Weriek eingenommen harte, um ſich gegen 


Vergiftung ſicher zu ſtellen *). Durch die bloße Menge von | 


Mearbeitern gewinnt indeſſen die Heilkuyde ‚nicht erheblich 
an inneren Werth, am. wenigſten bei dieſer Art von De 
seiherung ber Arzueimittellehre, ws man fi faft nur ber 
mhete, in der Vielfaͤltigkeit dee Weifchungen’ den Preis zu 
erringen. Asklapiades Pharmacion mird als eig 
reichhalliger und guter Schriftſteller gerühmt >); er if 
wahrſcheinlich aus dem Zeitalter bes Andromachus *), 
Mtito, von: dem viele Mifchungen 'besrübren; aus ei⸗ 
un fpäteren, denn er lebte mit Rufus von. Gphefug 


nuter Trafan's Regierung °), Menius Rufus: aber 


gehhrt wahrſcheinlich zu den Beitgenoflen von Ce l⸗ 
fus ). Endlich gehoͤren Pamphilue und enotaate⸗ 


2)‘ Galæn. de Comp. med, sec. loc. L. 1. ap 3 B. _Ds 
AntidoL L. I. c. 7. P- 877. E 

2) Eben. ©.1.p.865. Nicht Antonin der Bromm, (om 
en M. Uur. Unteninus, der Philoſoph. 

3) Gale. de Comp. med. per gen. LI e. 5 p- 685.3, L. 
ı e. 17. p. 665. F. 
4) Gumpert , Asclep. Fragm. p. 3. . u - 
1.8) Atd. Inc, Pe5per. (- " 

6) Galen. de Comp. med. per gen. 1. vi. e. 12.» 85% D. 





AM F 

Cajũs' Plinins Sreunbrs sber: Aeltere aus Er 
‚wm ober Werona, erſtand nicht volle hundert: Jahre ſpa⸗ 
ter. Er verſuchte wir: Celſas das ganze Geblet der Miſſen⸗ 
ſchaften zu bearbeiten, und brachte mie gränzentofern Fleiße 
mehr zu Staude, als wozu ein Menſchenleben hinzureichen 
ſcheint. Bon feinen zahlreichen Werten beſttzt bie Machwelt 
allein bie große Maturs and Kunſtgeſchichte in ſtrbeuund⸗ 


BAßig Büchern 272 eine Enchclopaͤdir bes ganzen After 


chums, worin Die derfchiedenartiſen Gegenſtaͤnde mie er⸗ 


ſtoanenewerther Gelehrſamkeit und waͤrdevoll abgehanddic 


- 


1) 


find 2). Der ‚naiungefdicheliche Dheil nimmt beinahe bie 
Dalfte dieſes Rieſenwerks ein: Thiere, Pflanzen und Dis 
neralien find in reicher Bälle heſchricben, jedorh ohne Kunſt⸗ 


pptache, umd mithen eben fo dunkel, als in Dem übrtgen 
Machlaß deu Alterthums. Die Angabe der Wirkung auf 


and Aberall geht Hlinius von dem Grundfage aus, baß 


„einfache Arzneimittel, wie fle bie’ Natur giebt, der Matur 


auch die entſprechendſten find, und nur Künfelei und Ge⸗ 


winnſucht die zahlloſen Zufammenfesungen erfunden‘ bar 


ben 2). -Dod war dieſer große Mann viel zu wenig Auf 
dem Standpunkte eines Arztes, um bierin etwas Genuͤgen⸗ 
Des zu Iifien ‚ woher man denn auch neben wehrhaſt Ca⸗ 





teram. Hilae 1818. 8..— Im. Walch, de Sigiflo ocular, medic..10- 
man. Jen. 1763. 4. 

ı) C. Plinii Setundi Historise naturelis Libri XXXVII. Ed. 
Joann. Harduin. Paris. 1741. fol, 

2) lin. Epist. L. II. ep. 5. p. 101. ed Gesner, — „Opus ait. 


fusum, eruditum, nec minus varium, quam ipsa natura.‘ 


3) L. xxu. e. 24 p. 284. 18. — „Scrupulatim quidem eolli- 
gere ae thiscere vires, non coniecturae humanıe opus, sed impe- 
destiae ost." 


Pa 


| 4% 
soutfihen KBesscheilung der Aerze *) euch Catoniſches Zus 
fasamentsagen von Negneimittelu finder. Ucberdies war 
Plinius dls Wertrauter des Keiſere Belvafian, und 
bei beſtaͤndiger Werwaltuug hoher Staateamter zu wielfeitig 
befyäftige, ‚als daB man nicht einen großen. Mangel an 
‚eigener Erfahrung enfchulbigen follte, die gewiß laͤngere 






Fleiß nden weihen kann. Es iſt groß, und ein 
edeles Beſtreben, ales wiſſen zu wollen: die Heilkunde aber 
‚Sit: ſich mit den. Abrigen Miſſenſchaften vicht zuſammen⸗ 
werfen, ‚fie. will in allen ihren Faͤchern gekannt fein, wenn 
fheibweife Bearbeitungen erfprießlich werben follen, und kann 
am wenigſten bloß litterarifc behandelt werben, wie er es 
unternahm. Im Uebeigen ik Plinius von den wenigen 
römifchen Schriftſtellern, Die ſich nah Pompelus LIT 
„dus °) mis Naturwiflenfchaften beſchaͤftigten, ber größte, 





Infmerkfi rfordert, als mon ihe felbf mit Pliniue 





nad fein Wert ein erbabenes Denkmal menſchlicher Ge . 


ſteskraft. Won ben berkbimteren kennen wir nur einen 
€. Balgius, ber ein naturgefcichtliches Wert dem Kaifer 
Auguftus widmete °). 


. 30. 


Anatomie. 0 
Seit: Herophilus war die Anatomie den übrigen 
heilen der Heiltunde bei weitem nachgefegt worden. Die 


1) „Id selum possumus indignari, unum hominem, e levissime 
gente, sine opibus ullis orsum, vactigalis sui causa, repente leges 
salatis humano generi dedisse‘‘ — &ıc. L. XXVI. c. 3. p. 392. 14. & 
iM bier von Usfleplades die Rede. 


2) 8.52. ©. 345. 
37 Plin, Hist,nat. 1. XRV. c. 9. 9 359: 19: 
Ee2 








N‘ ‘836° aA | > 
machtigſten "Schulen hatten fie aut Geninbfag.vernachläfigt, 
4a Selbft völlig ausgefchloffen, und fuͤr unnuͤtz erklärt. Doch 
erwachte fie Mit neuem Glanze’ im- erftien Jahrhundert u. 
Ehr. von Marinus, bem Lchrer des berühmten Empire 
tes Quintus wiederhergeſtellt 2). Wahrſcheinlich lebte 
dieſer bedeutende Zergliederer in irgend einer griechiſchen 


Stadt, doch laͤßt ſich daruͤber bei der Unvollfommenbeit der 
Angaben nichts beftimmtes‘ ausmachen, eben fd wenig, ob 
er menfchliche Leichen unterfuche hat, ober: nicht. ‚Zwanzig 
etwas dunkel und weitſchweifig gefhriebene Bücher von ihm 


"über Anatomie wurden von den Xeszten fehr in Ehren ge 
halten *), und ſchon der Umfang feiner Leiftungen beweiſt 


genügend, daß feine Verdienſte nicht gering mwarem ı Er 


. bearbeitete die Muskellehre von ben Alteren Austosten am 


beften »), unterfuchte die Nerven viel geuauer, als ingend 


einer von ſeinen Vorgängern‘, wie ſchon aus‘ bet Anfuͤh⸗ 


rung feiner Entdeckungen im fchwierigften helle. ber Mer⸗ 
venlehre hervorgeht *), und fehrieb über ˖ Die eigentliche Zers 
glieberungsfunft ein fo brauchbares Werk, daß ihn hierin 


felbt Galen als fein Vorbild aherfannte *). : Auch..die 
Druͤſenlehre, die von Herophilus und Eudemus zuerſt 





2) Galen. Comm. II, in L. de natur. hum. Test. rn 137. 
C. T. M. 


2) Galenm. de Libr. propr. C. 3. p. do. F. T. L — De Admi- “ 


. nisır. anatomic. L. IV. c. 10. p. 107. T: IV. 


N 


3) Galen. de Musculor. dissecı. Prooem. fol. 44. B. (Ed. Juni. 
1609. T. 1.) 


4) Galen: deNervor. dissect. C. 5. p- 213. CT. IV. 


5) Er brachte es in einen Auszug von vier Büchern (de Libr. 


propr. c. 3. P. 40. T.I.), woraus fpäterhin feine Administrationes 
enatomicae entfianden find, die man alfo tbeltmeife für ein Den 


mol des Marinus balten kann. 


a 47 
Begründer war, ‚Hatte ihm viel zu verdanken, doch willen 
wir nur, baß er die abfondernden Druͤſen von denen, die 
nur zur Unterfiägung der Gefäße beſtimmt wären *), un⸗ 
terſchieden, und die Schleimbräfen im Darmkanal entdeckt 
hat⸗) Gonft war Marinus ein vieffeitiger Gelehrter, 
and wird felbft unter den Auslegern von Hippokrates 
Aphorismen angefuͤhrt sy, 

Lyfus von Macedonien, deſſen anatomifche Schriften 
viel gelefen wurden, aber viele Irrthuͤmer verbreitet haben 
- fellen *), bat wenigftens: um ein halbes Jahrhundert fpds 
ger. gelebt, als Marinus, denn er wär ein Schuͤler bes 
QDuintus *) und ein älterer Zeitgenoffe Galen’s, ber 
von mehreren Aerzten aus dieſer Schule Unterricht‘ empfing. 
Daß. Lyfus Aber die anatomifhen Entdeckungen feiner 
Zeit ein eigenes Merk von beträchtlihem Umfang herausges 
ben konnte ©), beweiſt, daß der rege gewordene Eifer fuͤr 
Zergliederungskunſt nicht ohne Erfolg geblieben war, auch 
wiſſen wir, daß noch andere Schuͤler des Quintus gegen 
alle Grundſaͤtze des empiriſchen Syſtems ſich mit Anatomie 
beſchaͤftigt haben. Bor allen Satyrus, Galen's Lehret 
in Pergamus, Numeſianus in Kormth;; und der Schuͤ⸗ 
ber: deſſelben Pelops, Galen's Lehrer na Gatyrus 
ie Emyrna ?). ° - 





"2 Galen. de Semin. L Il. e. 6. p. * C. Tn. 
12) Ebend. I 
3) Galen. Comm. VII. Aph. 24. p. 303. T. Ix. 


4) Galen. Administr. anatomic. L. IV. c. 10. p- 107. T. IV. 
De Libr. propr. C. 2. p. 40. TI. 2 


5) Galen. Comm. Il. in L. de natur. human. a. a. D.D. 
6) dGalen. de Libr. propr. C. 2. p. 39. 40.' - 
7) Galen. Comm. IE in L. de natur. humau. d. 0. D. 





Ein einziges Wert aus dem erſten Jahrhundert giebt 
der Deurtdeilang der Anatomie in dieſer Zeit einen ſicheren 
Geſichtspunkt, wiewohl es mehr eine bloße Ueberſicht eis 
ein’ umfaffendes Lehrbuth fein fol, Es ift von Rufus von 
Epheſus °), ber unter dem Kaifer Trajan lebte *),; und 
"außer der Anatomie noch einige andere Theile der Heil⸗ 
kunde, befonders die Diäterif, in Schriften bearbeitet bat ?). 
Eigene Entdeckungtn find hier nirgends zu dem Vorhande⸗ 
nen binzugefhge, fondern faft nur Heropbilus und Ems 
demus benutzt ‚ wiewohl Rufus verſichert, ſelbſt Affe 
-ergliedert zu haben *). Größere, Genauigkeit in den Be⸗ 
ſchteibungen ſchließt der Zweck des Werkes aus; borh-giebe 
ihm die Vollſtaͤnbigkeit in der Anfuͤhrung ber Namen, bie 
nicht alle in die neuere Anatomie aufgenommen ſind, einen 
. wahren Vorzug. Der Bau des Auges iſt nah Herophi⸗ 
(us am genÄgenbften angegeben *), fo daß man feinen 
Theil vermißt, deſſen Kenntniß fich Bei ber Unvollfommen: 
heit der Huͤlfemittel irgend voransfegen läßt. In Betreff 
ber Mervenlehre, worin jeboh Rufus feinen Vorgängern 
bei weitem nicht nachgelommen tft, findet ſich die Behaup 
mag, daß außer Empfindung und mwillfäbrlicher Bewegung 
alle Verrichtungen bes Körpers (wäre ranarıs weähr), von 
den Netven abhängen *); ein heller Blick in das Innere 


1) Ruf Ephesit de vesizae renumgue morbis, de gurgentibus 
medicamaentis, de partihus corparis humani, Ed, - Guil Clinch. Lon- 
din. 1724. 4. Ä 

2) Clinch, de Rufo diosertat, | 

3) Aid. voc. exe⸗ Role 

4) LLp 33. ' ’ 

5) 5. 4. ©. 098, Y 

6) 2.7. p. 36. | = 


’ 


49. 


bes: Bebens,, dar aber: nach fo lange umheadugt Blich, als 
man es mit wichtiger fcheinenben Begriffen zu thun Hatte. 

‚ Ueber bie Beſtummung der Mil; war man ‚nach, vlg. 
un Dunkeln; Rufus nennt fie daher ein nublofes Cinge⸗ 
weide "), im Uebrigen find indeffen wenig Irrthuͤmer here 
vorſtechend, die bekannten ausgenommen, baß die Luft beit 
Miefen und der Naſenſchleim aus ber Hirnhoͤhle Dusch die 
Siebplatte geben, und das Sehin eben dadurch Luft ew 
dalten foll *). 

- Sn zwei anderen Abhandlungen Aber die Nieren⸗ und 
Dlafenfranfheiten, worin jedoch nur die Entzündung und 
Die Bereiterung durchgegangen find, und über Ab Abfuͤhrunge⸗ 
mittel, aͤußert Rufus keine Grundſaͤtze einer herrchenden 
Schule, wovdr ihn die Anatomie ſchuͤtzte, die ſchon oft bie 
Aerzte von einſeitigem Beſtreben zuruckgefuͤhrt hat. Bei 
Deu Abfuͤhrungsmitteln wird jedoch die alte dogmatiſche 
Lehre von der Wirkungsart derſelben wiederholt, die alſo 
seog den Widerſpruͤchen der Methodiker noch immer fn6 


sau. 


. 60. 

Arzneimittellehre. 
Der Geiſt des Alterthums in der Bearbeitung der Ary 
neimittellehre giebt fi) aus ben mitgetheilten Bemerkungen 
genugfam zu erkennen. Durch zahlloſe Entbedungen hass 
‚ten ſich die Erfahrungssenntniffe ungemein vervielfältige, 
und ſchon konnte ſich ber vorurtheilsfteie Arzt, nad fo 
vielfeitigen Verſuchen auf verfchiedenen Wegen der For 
(hung, über den Gebrauch der Heilmittel die richtigen 


\ 





ı) L. y. 89. 4 
2) LIL p. 35. 


— 


1} 
' 
% r . 
440 ’ » 


Grundfäße Vdeignen! Doch Re gerade it Diefer -Lehre 
bie Armuth der Hulfswiffenſchaften keine groͤßeren Fort⸗ 


ſchritie, und das‘ Vorhaundene blieb ohne innere Bereinigung 


groͤßtentheils bloß neben einander geſtellt. — Auf dem Wege 
des eigenen Verfuches und der Erfahrung gefchah noch forts 
ivaͤhrenb in den erften Jahrhunderten n. Chr. unglaublich 


. viel, es fanden ſich ſogar fleißige Maturforſcher in diefem 
Fach, die ſich nah Heratlides Beiſpiel nicht bei ber blo⸗ 


Ben Zahl von Mitteln beruhigten, fondern durch fortwaͤh⸗ 
kenbe Sichtung' die Arzneimittellehre dei: Anforderungen der 
Funk entfprechender machten. - "= 

"Dies geſchah befonders durch Menekrates van Zeus 
phleta *), efnen"LFeißirze am. Hofe des Tiberius.und ber 
beiden folgenden Kaifer °), bdeifen beraͤhmtes Lehrbuch Aber 
bie wirkfameren Arzneten *) vielen Nutzen geſtiftet haben 


muß, denn er hatte fie alle ſelbſt verſucht and in branch 


Bare Zufammenfeßungen vereinigt *). Der allgemeinen Vers 
wirrung, bie atıs dem falſchen Abfchreiben der Arzneivor 
ſchriften entſtanden war, wovon ſich noch ‚taufendfältige 
Spuren nachmeifen laffen, fuchte er dadurch entgegenzuwir⸗ 


‚ten, daß er ſich niemals der Zeichen für Gewicht und Maaß 


bediente,. fondern Zahl und Benennung vollftändig niebers 





ı) Gael. Aurel. Chron. L. I. c. 4. p. 323. 


2) Dofß er dies geweſen, gebt aus einer Infchrift bei Sur 
enrtalis (Var. lecı.) und Gruter hervor, die auch nah Monte _ 
faxcon (Suppl. T.IH. pl. IX.) von Sprengel mitgetheilt iſt. 

3) Es führte den Titel Aurexgurug eAeyenmpmares afsid- 
yar Pugmazur, weil es einem Kaifer gewidmet und ohne Zeichen 
gef-prieben wir. Galen. de Compoi, med. per gen. L, VII. e. 9. p. 
843. F. T. xT'T, N 


‘4d) Goalen, de Compos. med. sec. loc. L. VI. e. 9 p. 518. A. 
T. XI. 


. 
, ! 





A 


Püfeieb.: : Dies Werbienft war allerdings: wen Wenktigfeit, 


wenn 'nfan bedenkt, wie leicht ſich bei der Veſchaffenheit 
der ·griechiſchen Buchſtabeniiffern Irrthuͤmer in Bei: Gaben 


zum "größten Nachtheil der Fun ‚und ser Krinten eier 


ſchleichen Eonntn. ° Tara 12 Zu 
Ein anderes Mittel, Benfißen Zwert gu eerrichen, war 
mehr abentheuerlich umd ein Beweis ber einreißenden Ge⸗ 
ſchmackloſigkeit. Man beſchrieb namlich dle Bufatinerifegesie 
gen in Verſen, um durch das Sylbenmaaß Irrungen vor 


' 


zubeugen, vermehrte aber oft noch die Undeutlichkeit, wel 


man die bichterifhe Schminke zu ſchwuͤlſtig auftrug, um 
Viefen: Gedichten ohne Poeſie wenigſtens den Schein davon 
m geben. So verfuhr z. B. ein gewiſſer Philo von Tar⸗ 
ſus, der wahrſcheinlich ſchon vor Menekrates lebte 5). 
Sein beruͤhmtes ſchmerzſtillendes Mittel, Philonium ge 
nannt, deſſen wirkſamſter Beſtandtheil neben mehreren an⸗ 
dern Mohnſaft war, kam allgemein in Gebrauch, die Vor⸗ 


ſcheift dazu ih elegifchen Werfen iſt aber fo dunkel, und die 


Mythologie bei den einfachften Dingen fo unftatehaft zu 
Hüulfe genommen, daß man fie ohne Galen's Erflärung 
Faum noch verſtehen kann *). 

Servilius Dambfrätes ſchrieb feine Receptba⸗ 
cher °) in Jamben und bei weitem deutlicher, wie ads 


\ 





1) &. frint berfetbe au fin. ber von Eelfus (L. VLe.6. 
8. 3. p. 351.) angefuͤhrt wird. 


“ 9) Galen. de Compon. ındd. sec, loc. L. IX. e. Ap. 608. B. — 


° Safran heißt hier: „das duftende blonde Haar, des Knaben, beffen 


Blut. nod auf den Fluren Die Sermes prangt.“ (Des Krotus 
» nämlich, der nach der Mythe vom Dertur durch einen. Burf 
- mit dem, Disfus Amdtet wurde) tg 


3) Clinicus, Philietrus, Pyrhichs, find die Namen derſelden. 


— 





443 


mehreren Druchſtacken hernorgeht,/ u a. der Viereitung des 
MDiachylon⸗ Pflaßerg,. das unser dieſen Mamen und weſent 
lich mit benfelben Beſtandtheilen, aus. denen eu, jagt noch 
angefertigt. wird, yon Menekrates erfunden war ') 
Seine zahlreihen und vielempfoblenen Miſchungen bleiben 
Dir unerspähng, wiewahl fi mehrere bapon auswählen 
liefen, bie nach jebt brauchbar fein würden. Mau zählte 
jan in Rom zu den erſtan Aerzten, hachdem er fich heſen⸗ 
ders buch; die Herſtellung einer jungen pornehmen Kranken 
Dusch Milch won Ziegen, bie. mit Blaͤttexn vom Maſtirhanm 
gefuͤttert waren, berühms gemacht hatte "), - 3 

Zeisgenaffe yon Damokzates -waz . ber beflannuwe 
Andzomabus von Kreta, Leibarzt bes Kalfers Nero, 
uerf. mis bem Titel Archiater). Kein ‚Mittel in ‚der Welt 
8 ſo beruͤhmt geworben, als feine Theriafa, wozu pir 
die Worfchrift in elegiſchem Versmaaß von ihm felbk noch 
beſiben *). Sie vereinigt faſt alle erdenklichen wirkſamen 
Veſtandtheu ⸗ „ und ruͤhmte er fie ſelbſt fhon als ein Ugj⸗ 
‚nerfalmittel, fo kam fie ſpaͤterhin noch mehr in Gebrauch, 
“ale fürn nur irgend erwarten Le, fa daß auch Gefunde 
ſich damit vor Krankheiten zu ſchutzen ſuchten. Deſto meni⸗ 

ger wurden jedoch feine Schriften geleſen, die viel Seua⸗ 
le enthalten haben follen * 


Galen. de Comp. med. see, loc. L. V. p. 483. E.. LK. VI. «0. p. 536. 
LX. 0.096358 
1) Goalen. de Compos. med. per gen. L vu. e. 10. 9. 846. D. 
3) Pln. His. mau L. XV. u: 373., L. XXIV. ce, 7. p- 
‚333. 28. 
3) Galen, de AntidonL.Le. 1.p.865. C T.XIL 


4) Ebend. c.6. p. 875. 


5) Galen. de Comp. med. per gon. L. V. c: 8. p. 813. A. — 
De Theriac. ad Pig. L.4.c. 4. p Bo. 


— 


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Der fängeer And romachus, ber Cohndes Arıhias, 
ters, ledte neit.biefem, in Rem, mund hat wohl noch -mehe 


- Bufammenfegüngen angegeben, die aber mit day -Abrigen 


ya fehr vermiſcht chen, als daß man. fie vet ungen 
ſtheiden koͤnnte °).. 
Die Zahl der Jerzte und Dinrmalopeien } die ſich 


dieſen Theil der Kunſt legten, wuchs in dieſer Zeit mit den, - 


Neigung der Großen, Arzneien zu brauchen und ſelbſt 
Aennt iß davon zu haben, ſeudem beſondere Marcus Au⸗ 
relius taglich Theriek eingenommen hatte, um ſich gegen 
Vergiftung ſicher zu ftellen *), Durch die bloße Menge von 


Vearbeitern gewinnt indeſſen die Heilkunde nicht erheblich 


an innerem Werth, am. wenigſten bei dieſer Art von De 
reicherung der Arzneimittellehre, wo mean ſich faſt nur ber 
mähere,in ber Vielfoͤltigkeit der Miſchungen den Preis zu 
erringen. Asklapiades Pharmacion wird als ein 
reichhaltiger und guter Schriftſteller geruͤhmt >); er iſt 
wahrſfcheinlich auy dem Zeitalter bes Andromachus *), 
Mrito, von: dem wiele Mifchungen herruühren, aus eb 
um fpäteren, denn er lebte mit Rufus von Sphefus 


: umter Traßan's Regkrung °), Menius Rufus aber 


vehort wahrſcheiulich zu deu Zeitgenoſſen von Cel⸗ 
ſus ‘). Endlich ‚gehören Pamphilus und XRenokrates 


N NN N , Zw 
\ 


...ı) Galen, de Comp. med. occ. loc. I» 1. np 338. —De 
Asudor L I. e. J. p. 877- E. 

2) Ebend. c.1.p.865. Nicht Untonin ber Brom, fon 
den M. Unr. Antoninus, der Philoſoph. 

3) Galm. da Comp. med, per gen, LI. c. 5, p. 685.B., L. 

.e. 17. p. 665. F. 

4) Gumpert , Asclep. Fragm. p. 3. a 

6) ‚nid. Inc, Peöper. I- 

6) Galen. de Comp. med. per gem. 1. vn, e. ia. 850 Di, 





| 
x . 





| 
. 
| 


4 

von Aphrediſiac zu dieſer Klafſt von Schriftſtellern, der ers 
ſtere ein bloßer Apotheker, der mit ſelbſterfundenen Mi⸗ 
ſchungen einen großen Handel trieb, md ein’ alphabetiſches 
zuſammengetragenes  Kräuterbuscch herausgab, worin ale 


| hergebrachte Aberglaube weiter verbreitet wurde, und, nach 


feinem ’ eigenen Geſtaͤndniß nicht: eine - Spur eigenet Unters 
ſuchung enthalte war *). Auch Xenofrates war von 
diefeln Vorwurf nicht frei *). . Eine unbedeutende Abhand⸗ 
füng über bie eßbaren-'Weafferthiere,, die noch vorhanden 


AR, läßt den Berluf feiner Bari Werte wenig‘ bes u 


dauern 8). 

Wie es im Allgemeinen um be wennenßß der einfachen 
Arzneimittel ſtand, laͤßt fi aus’ ben Umſtaͤnden leicht beue⸗ 
theilen. Noch waren die Huͤlfsmittel fo. unvollkommen und 
fo ſchwer zu benußeh, daß ein- wiißbegieriger Arzt fein hab 
bes. Leben damit: zubringen mußte, um nuo ein gelibter 
Pflanzenkenner zu werben; — noch war Tan Anne erſtaw 
dein, der in die zahlloſen Gegenſtanbe Ordnung gebracht 
und das Lernen abgekuͤrzt haͤtter Aus mußte felbſt geſehen 
and ohne Ordnung dem Gedaͤchtniß ' anvertraut ıwerbem, 
‘wenn man ſich nicht: Bet ſchwankenden Beſchreibungen bern⸗ 
higen wollte, worin ſich die Irrthuͤmer von- einem: Diem 
ſchenalter zum andern vervielfaͤltigten. Gab es daher andy 


Aerjte ‚ bie in bie Naturwiſſenſchaften tiefer eindrangen/ fo. 


waren es gewiß nur wenige,‘ weil ſchon viel dazu gehörte, 
‚bloß bie eitteratur der Heilkunde zu überfehen, ober fie 





1) Galon. de simp|. med Faculı. L. VL Prosem. P» 143, 
c. r. XII, - 


2) Eben. E . - ‘ I. u! 


Fi u BR 


3) Xenocrates de alinnento ex aquatilibas Gr.- ⁊. int. Id. Car. 
Frans. Lips. 1779.86. ' "© n. Ra, 


| 
| 
. 
| 


| 


r. 


mußten. Zeit und: Flotßz Ihrem naͤherenl Berufe : entziehen. 


AUnd dann Wieb ılhv. Wiſſen doch mur: ven geringem: Wercheil 
für die Nachwelt Mas in neueren: BA örr Maturfer⸗ 
fer als ſicheret: Eeber ben Spaͤteren hinterläft, war nach 
Ahrem Tode nur durch dieſelbe Mhe:wirder zu erſchzen, 
"am mir chf ſoinentaunn u schen 
Hiernach beurtheilt IR die erhaltine Arzmeimittellshee 


von. Podacius Diosſskotides *) ein. großes und u. 


ſchaͤzdares Meiſterwerk. Bon ben Werrrumſtaͤnden dieſes 
trefflichen Naturforſchers iſt wenig befanne. Seln⸗ Geburts, 


ort. war AnazarBa:in- Afrila⸗ außerdem wiſſen wir nut, 


daß er um die Mitte der erſten ZJahrhanderts gelebt und 
‘viele Sander gefehm: dat. Wahrſcheinlich biense er als Arkt 
tin römifchen Heeren, denn anders Tonnse es: unmdglidh für 
Kraͤnterkunde arbeiten ,. indem er ſelbſt werfüchert, nur ati 
:Diefe . Art gereiftsgu fein: 2), - Liciniws Baſſfus, den er 
ale ben Gönner feines Freundes Areus erwähnt, war un 


⸗ 


ter Nero Confak: >), und weiterhin ergiebt es ſich, daß er 


vor oder unter Beſpaſtan's Reglerung geſchrieben haben 


muß, denn Plinins har Faft augenſcheinlich mehrere Stel, 


- "In: von ihm benutzt *), ohne ihn jedoch irgendwor zu er⸗ 


‚wähnen; daß er aber als vietgereiſter und‘ ſeicaedauger Mu⸗ 
—— — vr Y 
1) Padaseli: Diescoridie, Anazerbei.. da meh atnia 
Libri VIII. Paris 1549. 8. 
", 9) Praef, fol. 2. 4. — „0190 var ap. —RRX vo 
‚ie. © me 
3) Tacıı. Annal; :L. XV, J— 


4) 8. B. bie Beſchrelbung vom Lapis ha ematiaos (L. yxxvı. 
€. 20. p. 749. Dioscorid. L. V. c. 144 fol. 309. 2.) wo noch der Zus 


ſat Hebt: „Haec est sentenlia eorum, qui muperrime scripsase. — 


Hierauf bat befpnders Saumalfe. aufmerffoin gemacht. XPfi- 
mian. exercitt. Cap. 30.) 


4 





A4 
eurforſcher den Ditnins benupt: haben ſollte, bar: feine 
Naturgeſchichte aus anbers Gcheiftfiellen fa nur Dann 
— uiſt dueche nicht amunchuen 

. Diegtortbrd Merk enholt cine Yolänbige Anpake 
* zur Zeit bebanntea Arzusißeffe aus: den daei Aelchen nach 
eigener Auſchauung und mit beigefugten Wirkangen auf 
den Adeper. Die: Meſchreibungen find einfach und flar, fo 
‚mie man ſte ohne; define Kunſtſprache und fyſtematiſche 

Beszbeituss ter. Maruewilienfchaften, nur geben kounte, 
‚inhffen daher zur: Mutfemnng ungäbliger Irtthumer, bie 
durch Diangel, an eigner Auſicht und huech wiebesbaltes 
Abſchteiben Bei. den ‚Borgängern eingeficher waren, weft 
li beigetragen haben. Ueberdies waren Fe allgemein ver⸗ 
ſtandlich, weit der noch vrweraͤnderte Sprachgebrauch keine 
Verwirrung / berbeifidsre. Mes fie ſir dle Nochwelt: gebß⸗ 
dencheile unbrauchhar marht, gab fir die. Zeitgenoſſen nah 
Seinen Anuſteß. Die Wirkungen find; ampiriſch und ih: 
‚setheile Mac den⸗Grundſaͤtzen ber ; Humoraltherapie aufge 
ihr, wie denn: Die Arpreimittellehre ‚Biefer. Zeit von „den 
herrſchenden Ochulen niemals gun, umgebildet wurde. Denn 
Ang :ee uch mit in Dioskorides Zweck, bie Angeigen. 
Der einzelnen Mittel befkitmmter anzugeben: nur im Aliger 
meinen find bie Krankheiten, und nicht die befonberem Um⸗ 
ſtanbe bezeichnet, in beuen- man re als wireſam befunden 
Hatte. . 

Wetalkülttel finden ſich Bei ihm in 1 Großer Drenge und 
in mannichfaltigen Bereitungen, die man obne theoretiſche 
Kenntniſſe von Alters ber in den Hauͤtten erlernt: hatte. 
Einige davon verdienen alle Aufmerkfamteit, z. B. Die des 
Queckſilbers, das man in .einem feftverfchloffenen eifer- 
‚en Gefäß durch Kohlfeuer aus dem Zinnober entwik⸗ 





t 
\ 


telte *), aber daech Stoßen beffelben. mit Effig in Metal: 
wörfern gewann *). In ber Heilkunde machte men gar 
Seinen Gebrauch bavon, weit man es für win gefäheliches 
&ife: hielt, das zugleich burch feine Schwere Dis: Inneren 
Therile zeuftören füllte. Zum Vergolden ‘wur es abrſſte 
Aberall eiingefäher ), ſo wir.deu Binnuber zu Pflaſtern iub 
Vindeibungen. Ein. BDleter (malinder: uunturadrus) ‚erbiekt 
man durch Arizinden‘ von Gitmefellagen zwiſchen Weinen 
ten in.“ eimem ixdenen Aopf’und beftändiges Uhntiähren. bes 
zerſtorten. Metalls *);. das Bleiweiß durch Effigbämpfe ae 
einem "Topf. mie einem rohrenen Dedel, vweorkuf die:Wiei 
‚pldtre gelegt wurde °); An Aupferpräparat durch Brennen 
dee Küpfers mie Schivefel un. Satz in einem verfählöffenen 
irdenen Seſchirre *), m ſ. w. Im Allgemeinen war man 
Aber den enneren Gebrauch der Metalle noch ſehr im Dun: 
. Sein, Außerlich angewandt gehörten fie aber wegen ber hin: 
Ari: Kaurhel zu den unentdehrlihften Mitteln. .. 
-Dem Abergiauben sit in diefer. Arzueimistellchre wenig 
Pas: Mert gerebet, und wur bei Dingen, moran niemand 
weifeltt, &o glanbte man z. B. baß bei: ben Tauben amd 
Schwalben Karte Verlehungen ber. Augen Teicht Heilteny.umb 
empfahl deshalb ihr Blut gegen verfchiedene Augenükel :”). 





1) LV.e ro £ 198. b. — Plin. Hisr. nat. 1. XXXIH. e. 9. 
p. 626. 5. Auch bier iamt Ylinius far wörtlich wieder mit 
‚ Diestorides Äberdn. 


9) Plin. a. a. ©. . 
3) ‚Plin. ibend. c. 3. p. 616. 18. 

4) Dioscorid. 1.V. c. 96. f. 289. b. 

5) Ebend. c. 103. £.299. © 

6) Ebmd. 87.62 .. 

7) Cels L. VI. c. 6. S. 39. p. 36. 


Ed 


% 


⸗ 


Danach verſuchte man auch das Diilt anderer Thiere gegen 
anbere Krankhelten °). Heberhanpt war das Beſtreben ber 
VEmpiciter, bie Arzneimittellehre mit abentheuerlichen Din⸗ 


gen zu bereichern, nicht: ohne ‚Folgen für bie Heilkunde ge . 


ken Serupion gab zuerſt Krokobillenkoch in⸗ der Falls 
fuchtiie jz⸗ ſeyt: brauchte man⸗ denſelben ſchon fo haͤuſz, daß 

ee verfuͤlſcht · warde *)Meißen Hundskotch verſchries 
Nuf;*);. mhrſcheinlich· aicht merfts. a Dios kor ides 
Zeiten nehmt! man ſchon von · din ‚Meilen Thierem ‚biege Ant 
von Arzneimitteln *). ‚DBettwanzen: hielt man fhrı-wiekfem 


gegen viertägiges Wechſelſteber, ſieben vor dem Aufall ge 


nommen, daun auch gegen Hpftenifche Ohnmacht: und Echlans 
gendiß.: Int. der Harnverhatung febte man fie lebendig 
in die — um Kitzel zit’ erregen, wodurch die He⸗ 
bung bes Uebels ‚gelang *). Zu den empfehlencwerthen, 
aber abgefommenen Mitteln gehört das Ladannm :dder: La- 
dum, der ausgeſchwitzte hatzige Saft don Cistua crenems, 
den man ntweber ben Ziehen, die iharan geweidet hatten, 


"aus: dem: Barte zupfte, odet nem Strauche felbſt ſaramelte. 


Mau bereitete ihn dann: mit Weiır ober mit andern Zu⸗ 
fügen; und brauchte ihn mit. Burtheil: gegen ‚Innere und 
äußere giattheiten . re 

Ad 





J1 





1) Diocorid. 1. I. «by. ga" 

2) $.51. ©. 327. - 

3) Diosorld. a. a. D. e8.6.96% .. 
4) $. 56. ©. 397. 3 En Dngd 
6) L. I. c. 36. f. 16. .. 


7) L I. e. 129. f.50.. Der Name hat ſich in Laudanum 
erhalten. — Die belle Bearbeitung des Bioskorides If 
noch Immer die von Matthiqli. (Perri Andr. Matıkioli, Se- 


+ 


Achter Abſchnitt. 
Schule der Prreumatifer und Epifnnthetifer. 


x 


§. 61. 
Srundfäne der Pneumatiker. Athendus, 

Der Kampf des philofophifchen Deftrebens, der Heil, 
funde den Rang einer abgefchloffenen dogmatifchen Wiffen; 
fchaft zu geben, gegen den Geift der foftematifchen und em 
pirifchen Hberflächlichfeit offenbarte fih mieder in Rom 

durch das Emporfommen der pneumatifhen Schule Keine 
neue Theorie wurde von ihr eingeführt, fie fuchte nur die 
gefammte Heilkunde den vorhandenen Grundfägen der ſtoi⸗ 
ſchen Natutphiloſophie unterzuordnen, die ſelbſt wieder qus 
der alten Elementarlehre hervorgegangen waren. 

Die ganze Welt beſteht durch ein bildendes Feuer oder 
einen feurigen Luftgeiſt X) (we rıyrındı, wrılum —RX9,e 
zul rıyrosdis), der Überall die Materie durchdringt und fie 
felbft hervorgebracht hat; denn Luft, Waffer und Erde find. 
nur Uebergänge und ftufenmweife Ummandlungen der feinern 
Deftandtheile des Feuers in gröbere 2). Dies Lebensfeuer 
der Welt ift mit Bewußtſein begabt, und nichts anderes, 
als die felbftftändige Weltſeele ſelbſt ), die deshalb ver⸗ 





nensis med. Commentarii in v1. Libros Pedaeii Dioscoridis Anazarbei 
de medica materia. Venet. 1565. fol. Mit trefflichen Holsfenitten, 
die felbfl für" die Kunfiselhichte von großem Werthe find.) Biel 
mehr kann fär diefen Schriftfieller unter den angegebenen Umfän 
den nicht füglicy gefcheben. 

1) Diog. Laert. L. Vu. S. 156, 

2) Ebend. S. 142, 

3) Cic. de Natur, deor. L. II, c. 12. — Diog. Laört, a. 0. D. 


I. | Sf 


t 


« 


450 | 


nuͤnftig ſein muß, weil vernuͤnftige Weſen aus ihr hervor⸗ 


„ gegangen find 5), was doch unmoͤglich waͤre, wenn das 


Gegentheil State fände. Selbſt geftaltlos, kann fie jedoch 
jede Geſtalt annehmen, die ſie den Dingen der Wirklichkeit 
ohne Mitwirkung einer andern Kraft mittheilt »). Die 
Welt ift alfo, von bdiefer Seele durchdrungen, felbft lebend, 
görttlih und unfterblih »2). ein und unvermifcht bat der 
feurige Lufegeift feinen Sig im Xether,. nach andern im 
Himmel oder in ber Sonne *), vertheilt- fi aber von da 
nicht gleichmäßig durch die ganze Natur, fondern ift am 
ftärfften im menſchlichen Geift,. und naͤchſtdem in den ed- 
lern heilen des Körpers, endlich in den Thieren und 
Pflanzen »). Dies ift wefentlih der Grundbegriff der 
Lehre, von der die Schule der Preumarifer ihren Namen 
erhielt ©). 

Gründer diefer Schule war Athenaͤus von Xttalia, 
einer Stade in Eilicien 7), ein berühmter Arzt in Rom um 
die Mitte des erften Jahrhunderts *), deffen Scarffinn, 





1) Cic. a. a. O. e. 8. 
2) Plutarck. de Plac. phil. L.I.c.6. 
3) Ebend. c. 7. 
4)" Diog. La£rt. L. VII. 5. 139. (Meinungen des Ehryfipp 
von Soli, des Poftdonius und Kleanthes.) . 
| 5) Ebend. S. 38. — Cic. de Natur. deor. L. I. c. ꝗ. 

6) Galen. Introd. C 9. p. 368. T. II. — Ueber den Urfprung 
und die Entwickelung der floifhen Philoſophie ſ. Tennemann, 
Grundriß der Geſchichte der Philoſophie. S. 116. 

7) Galen. de Dif. puls. L. IV. c. 14. p. 100. — De dign. puls. 
L. I. e. 3. p. 110. T.VIU. Aurelian nennt als feine Vaterfiadt 
Tarſus, ebenfalls in Eilicien. Acut. L. IL c. 7. p. 74. 
‚..8) Wiggan de Secta Aretaei. Ed, Aret. Boerhaar. 1735. p. 13. 
Diefe Annahme gründet fich bei fehlenden Hiforifchen Zeugniffen 


— 


451 


Gelehrſamkeit und Reichthum an Erfahrung von den Spaͤ⸗ 
teren einmuͤthig ausgezeichnet werden *). Der ſtoiſchen Phi: 


loſophie völlig hingegeben, ſuchte er auch die dogmatifche. 


und ftreng Dialeftifche Dentweife der Stoifer in der Keil: 
£unb2 geltend zu machen *), was ihm auch fo weit gelang, 
baß feine Nachfolger im der fchulgerehten Schärfe und 
Trockenheit der Darftellung® felbft noch die peripatetifchen 
Naturforſcher überfrafen. Die herkoͤmmliche Elementarlehre 
fuchte er dadurch mehr zu einer dynamiſchen umzubilden, 


Daß er die Quglitäten für bie Elemente: felbfl erklärte, ohne 
fich weiter auf Beweiſe einzufaffen »), und außerdem noch, 


wie bie älteften Philoſophen, zwei davon, das Trockene und 
das Feuchte, als das materielle oder leidende (rd wine), 
und die beiden andern, die Wärme und die Kälte, als das 
wirfende Princip (re —R anerfannte *). Niemand 
kann in Abrede ſein, daß die Vereinigung dieſer Annahmen 
fuͤr die Heilkunde ungemein erſprießlich war. Gewiß findet 
ſich in keiner Schule des Alterthums der Begriff einer Le⸗ 
benskraft nah Ariftoteles großem Gedanken fo rein, als 


er von ben Prreumatifern mit dem Luftgeiſt verbunden _ 


wurde; auch konnten hier die alten Irrthuͤmer weniger Eins 
gang finden, da Athenaͤus felbft die Elementarqualitätei 


borauf,, daß Athenäus ber Lehrer bed Agathinus war, deffen 
Schuͤler Arhigenes unter Trajan (97.) Jebte Guid. voc, 
"Aszıylın. | 

1) Galen. Meth. med. L. VII. c. 3. p. 156.T.X. 


2) Galen. de Semino. L. IL c. . p. 216. D. T. I. Die aro- 


dufus iwıcnyerına) (demonstrationas scientißicae) werden oftmals 
erwähnt. 


3) Galen. de Element. L. L. e. 6. p. 15. T. III. 
4) BGalen. Inırod. C. 9. p. 368. T. II. 


2 2 


‘ 


452 , ' . , Bi ’ 

mit dem Namen von Kräften belegt hatte *).. Seine Ans 
ſicht von der Erzeugung war unveraͤndert Die Ariſtoteliſche, 
dag nur vom Manne das Belebende, und vom Weibe das 
bloß Materielle‘ komme 2); er: hielt deshalb die Eierſtoͤcke 
für überfläffige Theile, die nur der Symmetrie wegen da 
wären, wie bei den Männern die Bruftdräfen °) Die 
nn Äbrigen Meinungen, die fih aus feinen zahlreihen Werken 
erhalten haben, find entweder zu verwifcht, oder in zu 
fhulgerechte Definitionen eingehällt, als daß ſie einer Mies 
tbeilung werth fein koͤnnten *), doch läßt fih aus der Phi⸗ 
fofophie, die er umfaßte, und dem Geifte feiner Nachfolger 
die Arc feines Einwirkens auf die Heilkunde auch ohne fe 
beurteilen. 

Sm 5 — 
Athenaͤus Nachfolger. 

Zahlreich mögen die Schuͤler des At hendus nicht ge⸗ 
weſen fein. Das finftere Gewand feiner Lehre war nicht 
einladend, und oͤberdies eröffnete fich in anderen Schulen 
eine freundlichere Ausſicht. Naͤchſt Agathinus von Lace 
daͤmon ift von ihnen überhaupt nur Theodorus befannt, 
wiewohl ganz unmichtig für die Wiffenfchaft °). Agat hi⸗ 





1) Galen. de Element, a. a. O. 
a) 9.42. ©. 256. 
3) Galen. de Semin. L. II. c. 1. p. 213. T. II. 


4) Dilaͤtetiſchen Inhalts fichen einige Bruchſtuͤcke von ihm 
bel Oribas. Collect. med. L. I. c. 2. p. 12., c.9, II. p. I8,, und 
eins Aber bie Luft bel 4er. Tetrabl. I. Serm. 3. €. 163. p. 61. 
Ed. Ald. 

6) Diog. Laört. L. N. S. 104, ot, 


* 


453. 


aus aber *) fchließt fih an bie Relhe ber wuͤrdigeren 
Aerzte an, die durch Vervielfaͤltigung der Geſichtspunkte 


der Kunſt nicht wenig genuͤtzt haben. Er behielt namlich 
Athenadus Lehrgebaͤude nicht unverändert bei, fondern vers 
ſuchte es mit dem gewonnenen Guten aus allen, übrigen 
Schulen zu vereinigen, weshalb man ihn’ allgemein für den 
Stifter einer neuen Schule, der eklektiſch en oder epi⸗ 
fonıherifhen oder hektiſchen anſteht *), die aber Feine 
neuen foftematifchen Grunbfäge einführte, fonbern weſent⸗ 
lich nur bie bereicherte pneumatiſchen war, Die Anſichten 
des Agathinus meichen von ben vorhandehen nur unbe⸗ 
deutend ab, und zeichnen ſich eben fo wie die von Athenaus 
durch dialektiſche Darftellungsweife aus. eine Schriften. 
über ben Puls, der Bet den Pneumatikern faft wie in He 
rophilus Schule ein Hauptgegenſtand der Unterfuchung 
wurde ?), Aber bie Nieſewurz *) und über ben Hemitri⸗ 
taͤus *) find Bald verloren gegangen, j 
Seinem Schäfer Archtgenes von Apamen in Syrien, 


„der zu den beruͤhmteſten Aerzten des ganzen Alterthums ges 


- bört *), verdankt die theoretifche Heilkunde, am meiften bie 


Pathologie und die Zeichenlehre einige wichtige Vereicheruns 
gen, deren Umfang ſich nach den zahlreichen Angaben feis 


‚ner fpdteren Verehrer leicht überfehen läßt. Don ihm erft 





ı), Haller. Biblioik. med. pract, T. 1. p. 197. — Wiggan a. j 
a. D. p. 19. 
2) Galen. Definitt. med. XIV. p. 235. T. II. 
3) Galen, de Difk. puls. L. If, c. 6. p. 48. Tı VIU. 
A) Cael, Aurel, heat. L. UI. c. 16. p. 233. 
5) Galen. Comm. ill, in I. Epid. Text. 6. p. 89. T. IX. 
‚6) Said. a. a. D.— Galen. de Diff. puls. L IV. c. 11, p. 98. 





S 


454 nz | 
fgll der Mame der prneumatifhen Schute herruͤhren 5), des 


"ren Cigenthuͤmlichkeit fih in feinen Leikungen vorzugsmeife 


offenbart. Doch war er nad dem Diufter feines Lehrers 
mehr ein epifputhetifher Pneumatiker *). Er vereinigte 
mit vieler Gelehrſamkeit, und einer Tiefe des Denkens, 
die für die Bearbeitung der ſchwierigſten abſtrakten Gegen 
fände geeignet war, eine. fo unbeugfame Streitſucht, daß 
man von ihm den Ausfpruch aufgezeichnet bat, man koͤnne 
eber fein Vaterland verrashen, als einen Lehrſatz der Schule 
aufgeben °), und dabei war feine Schreibart fo dußerft . 
Dialeftifch, und feine Unterfiheidungen fo Eleinlich, daß man 


‚in vielen Bruchſtuͤcken noch Mühe bat, das Brauchbare 


vom Verwerflihen zu fondern. Ein unvergängliches Denk: 
mal bat fih Arhigenes durch die, Eintheilung der 
Schmerzen geftifter, bie ihn zu einem glüdlichen Berfuche 
veranlaßte, danach den Sitz der Krankheiten zu beftimmen, 
und in der Zeichenlehre beibehalten ift, ‘weil fie der Natur 
größtentheils entſpricht. Die Erklärungsarten des Schmer⸗ 
zes, 3. B. die mechanifche des tauben (vugxudu) aus Debs 
nung und Verhaͤrtung der Merven *) find freilich noch ſehr 
unzureichend, doch kann man von dergleichen Verſuchen in 


diefem Zeitalter nicht mehr erwarten, Dann ift es auch 


nicht zu billigen, daß er nah den Gefhmadsempfindungen 
die einzelnen Arten des Schmerzes beftimmte, wiewohl bier 
ein naturgemäßer Degriff von der Aehnlichfeit der Empfins 
dungen in allen Theilen des Körpers zum Grunde, liegt. - 
Er unterſchied danach einen zuſammenziehenden, (sYQar, 





1) Ebend. ce. ı2.p. 09. 
2) Galen. Inırod. C. 4. p. 363. T. II. 
3). Galen. de Dift. puls. L. II. c. 10. p. 60. 
4) Galen: de Loc. affoct. L. II. c. 2. p. 402, F. T. VII. 
j 4 , 


oo 455 
adstringens), einen füßen, kitzelnden —* dulcia), einen 


herben (woruges), einen falzigen (varæſα, salsuis), einen zie⸗ 


benden (eAxsues, tractorius), und einen fharfen Schmerz 
- (efws), neben mehreren anderen Arten, 3. B. dem geſchwuͤ⸗ 
rigen (sAxwd4s, ulcerosus), die er nach "anderen Verglei⸗ 
chungen feſtſetzte '); So war denn auch ſeine uͤbrige Zei⸗ 
chenlehre eine Miſchung von treffender Naturbeobachtung 
und vermwerflicher Spisfindigkelt mit unndchiger Sprachvers 


wirrung und Veraͤnderung hergebrachter. Mamen. Der: 
Ausdrud bes Leidens beftimmter Theile nach der Art der’ 


ſchmerzhaften Empfindungen ift von Archigenes richtig 
und tadellos aufgefaßt. Die Schmerzen. der Leber find 
ziehbend, tauß, doch aber beſchwerlich und. sieffigend; Die 
- Schmerzen. der Milz mehr drädend, wie von einer ſchwe⸗ 


ren Laft, die ber Mieren mehr berbe, zufammenziehend und 
ſtechend 2) u. ſ. w., wobei er gewiß noch auf bie Art der. 


Krankheit Rüdfiche genommen hat. 


Ueber: den Puls gab'es von ihm einige Werfe, wozu 


Galen ſpaͤterhin Erlaͤuterungen geſchrieben hat, die ſich 


nicht mehr unter feinen Büchern vorfinden Y). Sie waren 
vol von diagnoftifcher Feinheit und unverfändlichen Erklaͤ— 
rungen, worin fich die ducchblidende Wahrheit des Natur 


in das büftere Gewand ber Dialektik einhällte, wie dies - 


mehrere Bruchſtuͤcke noch deutlich verrathen. Von einer 
Leerheit der Schlagadern, wie fie Erafifizatns geglaubt 


hatte, mar nicht Die Rede, wie man vielleicht veurmthen 





ı) Ebend. c 6, P- 407. 
2) Ebend. c. 9. p. 415. 
3) Galen. de Libr. propr. C. 5. p. 43. T.1. — De Praesagit. 


‚ «x puls. L. III. c. 7. p.293. T. VIII. — De Arı. med. C. 37. p- 233. 


T. in. — DeDif. puls, L. Ill. c. 1.9.62. T, VII, 
⸗ \ 


n 


- 456 


h 
“Tönnte; es war nur allgemein angenommen, daß ber Luft⸗ 
geift mit und neben dem Blute aus dem Herzen in ben 
"Körper vertheilt mürbe, wozu die Pneumatiker, und an ih 
rer Spitze Archigenes noch die Spitzfindigkeit hinzufuͤg⸗ 
ten, während der Zufammenziehung zögen die Schlagadern 
den Luftgeiſt an, und ließen ihn bei der Erweiterung wie⸗ 
der fahren *). Streitigkeiten über einzelne Pulsarten und 
ihre Bedeutung, die für die Mittheilung zu unwichtig find, 
mwurben unter ben, Pneumatifern ſelbſt ſehr Häufig geführt, 
. und Eönnen nur zum Beweiſe dienen, wie fehr mau biefe 
Lehre zn verfeinein fuchte, feitdem Archigenes zuerft die 
Art und Weife, den Puls zu beobachten, auf ‚fefiftehende 
“ Regeln gegründer. hatte *). 
Drcie Fieberlehre der Pneumatiker muß ſehr ausgearbei⸗ 
tet geweſen ſein, und wie ſie denn die dogmatiſche Humo⸗ 
ralpathologie zu Huͤlfe nahmen, ſo vertheidigten ſie den 
lange beibehaltenen Lehrſatz, daß ohne Ausnahme alle Fie⸗ 
ber auf Saͤfteverderbniß beruheten, die man Faͤulniß nannte. 
Als gemeinſchaftliches Zeichen wollte Archigenes den hars 
ten Puls anerkannt wiffen 2), woraus man feben Fann, 
mit welchen Vorausſetzungen ſie die reine Naturbeobachtung 
zu träben pflegten. Den wahren Hemitritäus erfannte Ar⸗— 
chigenes richtig; nämlich die Zufaminenfegung bes dreis 
tägigen Wechfelfiebers mit dem eintägigen anhaltenden *), 
die in. der neuen Fieberlehre mit Unrecht Galen’s Namen 
führe. Noch Agathinus hielt jeden Kemitritdus für ein 


* dd 


d 


— 





1) Galen. de Usu puls. C. & p. 432. T. V. 
3) Galen. de dignosc. puls. L. 1. c. I. p. 103. T. VIE. 


3) Galen. de Marcor. C. 5. p. 185. T. VI, —DeDif. febr. L. 
IL ec. 9. pP» 138. T. VII. 


4) Ebend. L. U. c. 8. p. 138. 


Ei 


Zu 467 
Werhfelfieber mit verlängerten Anfällen N), Auch rührt bie 
fomptomatifhe Benennung Febris epiala (gıyemveire, 
quescere) von Archigenes ber, momit'er ein Fieber bes 
zeichnete, das die Empfindung von Froft und Hitze zu gleis 
cher: Zeit erregt *). Dann fcheint er auch mit vielem Scharf⸗ 
ſinn und mehr als feine Borgänger bie Lehre von der Mit⸗ 
leidenſchaft zur Erklärung Erankhafter Zufälle Benuße, und 
dadurch helleres Licht Aber den erften Urfprung derfelben vers 
breitet zu haben, fo daß ihm größtentheils die allgemeine 
Pathologie ben fefter beftimmten Unterfchied zwiſchen protos 
pathiſchen und deuteropachifchen Leiden verbanfe »). Sym⸗ 
pathiſche . Krankheiten bielt er nicht für vollfommen ausge 
fprochen in dem leidenden Theile, fondern nur für den Bir 
derfchein oder den Schaͤtten des Hautuͤbels, fo daß eben fo 
wenig eine wirkliche krankhafte Veränderung zu Stande ge⸗ 
Tommen fei, als etwa eine Verbrennung, wenn man bie 
Hand an das Feuer hielte, und doc, Hitze empfände, ober 
volliges Erfrieren, wenn man ſich der Kälte ausfege, Die - 
man nur abzuhalten brauche, um alle unangenehmen Ems 
pfindungen fogletch nieder zu entfernen *). Die nächte 
Folge von diefer :trefflihn Anfihe war, daß Archigenes 
mehr auf die Wegraͤumung der entfernten, Urſachen drang, 
als man wohl fonft in feinem Zeitalter gewohnt war, wo 
die Neigung, Mittel auf Mittel zu häufen, nur zu deut 
lich befunder, daß man fich von foumptomarifchen Anzeigen 





| 1) &bend. c. 9. (Homitritaeus Celsi. Febris tdriiana intermit- 
tens subintrans). ” 
3) . Ebend. c. 6. p. 132.B. ‚ 
: 3) 4öä. Tetrabl. II. Serm. 2. e. 3. f. 100. b., wo biefer Un⸗ 
terſchled bei der Schlafſucht anfchaulich gemacht iſt. 
4) Galen. de Loc. affect. LAU. c. 1. p. 424. T. VD. 


— 


— 
_ 


468 ‚ ur \ - 
oft genug die Behandlungsweiſen vorfchreiben ließ. Schon 
hatte Athenaͤus den Begriff der vorbereitenden (wgeryer- 
mia) und ber Gelegenbeitsurfache (goxuruenrıza) feitger 
fegt "), eine wahre Bereicherung für die Aetiologie, und 
eine noch wichtigere für die allgemeine Therapie war es das 
ber ; auch ſolche Gelegenheitsurfachen anzuerkennen, die eis 
nen Theil gleichſam durchſtroͤmen (Arior didsser) ohne eis - 
was anderes, als den vorübergehenden Schatten einer Krank⸗ 
heit zu erregen 2). 

An der Lehre vom’ Verlaufe der Krankheiten machte 
Archi genes ohne Noth Neuerungen, die man nur mißs 
billigen kann, : weil man feine Gründe dazu nicht kennt. 
Bis zur Möhe ber Krankheit nahm er naͤmlich nur einen 
Zeitraum, den des Anfanges an, ließ jene dann für dem- 
zeiten ‚gelten, und theilte den- dritten, die Abnahme, wies 
der. in zwei Stadien, fo daß unter dem legten wahrſchein⸗ 
lich die. Wiedergenefung zu verfteben iſt °). 

Die Arzneimittellehre blieb ohne Veränderung die ber; 
gebrachte, doch gewannen die humoraltherapeutifchen Ans 
fihten neues Anſehn; eben fo entfernte fih Arcigenes 
in den allgemeinen Behandlungsarten von den Grundſaͤtzen 
ſeiner Vorgaͤnger, darin etwa ausgenommen, daß er im 
J Seitenſtich das Aderlaß auf der entgegengeſetzten Seite vor⸗ 

nahm; doch ließ er niemals das Blut bis zur Ohnmacht 
"fließen %), was bei der allgemeinen Sucht dieſes Zeitalters, 


— 
-* 1) Galen, Deänitt, medic, 156, p. 251, T. HI, — Comm. IL. 
in In de natı h hunhön, p. 129. T. I, 
a) Galen, de Loo, affect. L. I, c. 9. p. 384. T. VII. 
3) Galen. de morbor. tempor. C, 1. p. 293. T. VII. ueber 
‚ bie Zeiträume der Krankheiten hatte er ein eigenes Werk geſchrie⸗ 
ben. Galen. dc totius morbi tempor. C.'$. p. 311. E. T, Vu. 


4) 4. Tetrabl, II. Serm. 4. c. 68. 6.175. b. 


i 


I ) 1 . 


459 
zur Aber} zu Taffen t), fonft ai häufig genug gefcheben 
“fein mag. 

' Die meiften feiner ainzelnen- Beobachtungen ?) zeichnen. 
fi vor. denen feiner Zeitgenoffen durch Ausdruck und Schärfe. 
der Grundzüge aus, ſo daß auch bier eine geiftige Kraft. 
Diefes Mannes fich offenbart, die bei großen ersten am, 
meiften die Übrigen Kuuftgenoffen einnimmt, und zur Ans 
ertennung lebhaft aufforderr, Einen andern glänzenden - 
Beweis davon gab Arhigenes durch feine Vielſeitigkeit, 
indem er auch bie Chirurgie mit Erfolg bearbeitete. Im 
einem Bruchſtuͤcke von ihm von der Aslöfung der Glied⸗ 
maßen °), einem der merfwärdigften über die Chirurgie 
des Alterchums, if diefe Operation meifterhaft dargeſtellt, 
wenn man dabei beruͤckſichtigt, daß fie eine der unvollkom⸗ 
menften war, und beshalb bon den Chirurgen ſehr gefürchtet 
wurde. Seine Anzeigen dazu find Brand des unteren Theils, 
faule, freffende oder Prebshafte Verſchwaͤrung, die dem Le⸗ 
ben Gefahr droht und ſtarke Verwundungen und Zerfchmets 
terungen, die Mahrungsloftgkeit ‘des abgeriffenen Theils und- 
die fonftigen uͤbelen Folgen befürchten laffen: dann wird es 
als ber wichtigfte Grundfag aufgeftelle, die Kräfte der Leis. 
denden zu beachten ‚ niemals alfo die Operation vorzuneh⸗ 
men, wenn der Zuftand derfelben ben Erfolg zweifelhaft. 
mache. Dei der eigentlichen Operation ſchnuͤrte er zuerſt, 
um der Blutung vorzubeugen, ben obern Theil des Gliedes 


N 





ı) Cels.-L.Il.c, 10. p. 77, 15. 

2) Bei Aetius uud den Ahrigen Sammlern an vielen 
Stellen. | — 

3) Cocchi Graecor, chirurgic. lihri. p. 355. — Andere Bruch⸗ 
Rüde des Archigenes über Extravafate, befonders in der Hirn⸗ 
böhle, ſ. ebend. p. 117., und über Kopfverlegungen p. 118. 








zuſammen, mahrfcheinlih mit einer ‚einfachen ſchmalen 
Binde, denn aus der dunfeln Stelle kann man nicht ers 
£ennen, ob er fich auch einer Pelotte bedient habe. Darauf 
wurbe die Haut in die Höhe gezogen, und an der abzulds 
ſenden Stelle, um ſie zu befeſtigen, ein wſchmales Band feſt 
umgelegt, zugleich um den Zug bes Meſſers zu bezeichnen. 
Waren dann die weichen Theile, wahrſcheinlich mit einem 
Kreisſchnitt, getrennt, fo ſchabte er die Knochenhaut ab, 
weil man ſchon damals von ihrer Verletzung Nervenzufälle 
“ befürchtete, fägte den Knochen dur, unterband bie großen 
Gefäße, ohne fehnihte Theile mitzufaffen, und ftillte die 
Blutung aus den Eleinen mit jufammenziehenden Mitteln 
und dem glähenden Eife Endlich ward der Verband alle 
drei Tage erneuert. ‚ 

Sein Zeitgenoffe Helioborus, ein berühmter Chirurg 
amd Schriftſteller in Rom *), war in biefer Lehre viel mes 
niger vorgeruͤckt. Auch er bediente ſich zwar der Zufams 
menſchnuͤrung des Gliedes, unterließ aber die Unterbindung 
der Gefäße, und fuchte die "Gefahr der Verblutung bloß - 
duch Einftopfung von, Charpie und einen feften Verband 
- abzuwenden. Dann gab er auch den-unftatehäften Nach, 
an Sliebern, wo die Knochen nur eine dünne Bedeckung 
haben, z. ®. am Schienbein, zuerſt diefe durchzuſchneiden, 
dann den Knochen abzufägen, und zuletzt die übrigen wei⸗ 
chen Theile zu trennen ohne daß man ſehen fönnte, welche 
Bortheile er fih davon vorftellte. Freilich mußte er dann 
auch bei diefem- kunſtloſen Verfahren die Abloſung über dem 
| Knie und dem Ellenbogengelenk fuͤr aͤußerſt gefahrvoll hal⸗ 
ten a). Heliodorus Schriften, die in den übrigen Thei⸗ 





1) Juvenal. Satr. VI. V. 372. 
2) Cocchi Graecor. chirurgio. libri. p. 156. 


' * 
. 


⸗ 





— — 461 
u 
len der Chirurgie gewiß ausgezeichnet waren, find bis auf 
wenige Bruchſtuͤcke über Kopfverlegungen, Hirnſchaͤdelbrůche, 
Spalten, und was ſonſt noch hierher gehoͤrt, Beinfraß des 
Hirnſchaͤdels, Knochenauswuͤchſe, Ausfallen der Haare 5) 
u. ſ. w. fämmtlich verloren gegangen. An der Verbands 
und Mafchinenlehre haben ihn bie Späteren, beſonders 
Oribaſius, haͤufig benutzt. Die letztere war dieſelbe ge⸗ 
blieben, wie fie die Alexandriniſche Schule bearbeitet hatte. 
Merodorus, ein anderer Schuͤler des Agathinus, 
war feinee Schule, wie Archigenes, mit dem groͤßten 
” Eifer zugethan, fo daß er die Übrigen ſaͤmmtlich gering⸗ 
ſchaͤtzte, und alfo wohl mehr für einen eigentlichen Pneu⸗ | 
matifer zu balten ift 2). Mehrere praftifche Regeln, die 
von den Späteren -vorzäglich aus feinem Werke Aber bie 
ausleeregden Mittel und andere ähnlichen Inhalts ausge ° 
zogen find, Iaffen von feiner Erfahrung und feiner Beob⸗ , 
achtungsgabe ein günftiges Urtheil fällen. So geftattete er 
3. B. von ber alten Vorſchrift, nur im größten Nachlaß 
hitziger Krankheiten die Ader zu öffnen, bei Erftidungszus 
fällen, heftigen Entzündungsfchmerzen, Krämpfen, u. f. w. 
‚die nöchigen Ausnahmen °). Unter feinen Bruchftäden ift 
eine Beobachtung von Ausſchlagskrankheiten von großem 
Werthe fuͤr die noch nicht völlig aufgehellte Geſchichte dieſer 
Uebel *). Es laͤßt ſich vermuthen, daß der damals fo häufige 
Ausſatz, Diefer giftſchwangere Boden ‚fo böfer Krankheiten, 
die noch fortwährend eine Geißel ber Menfchen find, mit den 
Fiebern mancherlei Verwidelungen gemacht, und es wirt 





1) Ebend. p..87, 112, 124. _ 

2) Galen. de simpl. medic. Facult, L. 1. c, 19. p. 21. T. XI, 
3) Oribas, Coll. med. L. VII. c. 8. p. 261. 
4) A&. Tetrabl. H. 8. 1. c. 129. f. 96. b. 


4 


A 

lich anſteckende fleberhafte Ausſchlaͤge gegeben habe, wenn 
man auch aus den durchgaͤngig mangelhaften Beſchreibun—⸗ 
gen nicht mehr ihre Form zu- erfenneni vermag. So viel 
ift ausgemacht, daß das Alterthum feine ausgebildeten Pok⸗ 
fen, und Aberhaupt Ausfchlagsfrankheiten nicht in der Aus 
Breitung fannte, wie fie erft fpäterbin vorfamen. Daß 
aber unter den angeführten Umftänden Anftectungsftoffe ent: 
fanden find, die den Pocken hoͤchſt ähnliche Krankheiten 
erregt. Haben, läßt fich nach den Grundfäßen der Pathologie 
durchaus nicht in Abrede ftellen. ine ſolche Krankheit war 
‘bie von Herodotus beſchriebene, die auch von den Ver⸗ 
theidigern eines hoͤheren Alterthums der Pocken vielfach be⸗ 
nutzt worden iſt. Er unterſcheidet die kritiſchen Ausſchlaͤge 
im Geſicht und beſonders am Munde, die erſt ſpaͤter hin⸗ 
zutreten, von den boͤsartigen, die gleich zu Anfang heftiger 
Fieber entſtehen, und von ihm als die Wirkung uͤbeler 
©äfteverderbniß erklärt werden. Sie follen über den’ gan 
zen Körper ausbrechen, wie ſchwielige Mädenftiche ausſehen j 
(kurarıs ämpsesis Teig are xararuy daymarır), und in fchlims 
meren Fällen geſchwuͤrig (irzwdrs) werden; die Andeytung 
ber puftuldfen Form ift Hier um fo augenfcheinlicher, da er 
die Abeiften felbft mic dem Anthrax vergleicht. Die im Ge 
ſicht, die größeren, die brennenden, die ſchnell verſchwia⸗ 
denden find nach feiner Beobachtung fhlimmer, als die Elei 
neren, die bloß jucenden und länger andauernden. Kom: 
ren fie mit Durdfall und mit Erbrechen, fo find fie ges 
fährlicher, als bei. Berftopfung und mäßig offenem Leibe, 
und immer ift es gut, wenn fie einem vorhandenen. Durdy 
fat Einhalt thun. Daß diefer Ausfchlag anftedend war, 
leidet feinen Zweifel. Herodotus nennt ihn peflartig 
(Aesgumdis) und berichtet zugleich, Daß fich in der Regel das ' 
Sieber danach verfchlimmert habe und Ohnmachten hinzuger 


I} 


463. 
treten feien. Unter den empfohlenen Mittelm tft das Aber 
(af auszuzeichnen, das er überall und gleich zu Anfang für 
nothwendig hielt, wenn feine Gegenanzeige Statt fände. 

Magnus von Ephefus 1) kann ber Zeit nah ein 
Schüler des Archigenes oder Herodotus gemefen fein; 
er fand als Archiater am ?aiferlihen Hofe zu Galen’s 
Zeiten ?), der aber gewiß jünger war, in größerem Anfebn, 
als die unbedeurenden Angaben aus feiner Pulslehre ®) 
und feinen übrigen Schriften vermuthen laffen. eine Ge 
fhichte der Erfindungen nah Themifon *) wuͤrde für 
uns ein wichtiges Werk fein, doch Eennen wir leider nur 

den Titel davon. 

Bon Philippus, einem andern Preumatifer, ber 
zwifhen Archigenes und Galen gelebt har, befißen wir 
noch ein Bruchſtuͤck über den Puls in akzehrenden Krank; 
beiten, das feinem Deobachtungsgeifte Ehre macht *), auch 
ruͤhmt man feine Arbeiten zur Vervollkommnung ber Arzneis 
mittellehre ©) und eine Abhandlung yon ihm über die Start⸗ 
ſucht 7). 

Leonides von Alexandrien endlich, ein Epiſynthetiker 
zu Anfang des dritten, oder zu Ende des zweiten Jahrhun⸗ 
derts hat die Chirurgie mit einigen Verfahrungsarten und 

die Übrige Heilkunde mit nicht ganz unwichtigen Beobach—⸗ 
\ x ' 
1) Cael. Aurel. Acut. L. II. c. 14. p. 224. 
2) Galen. de Theriac. ad Pison. L. 1. c. 12. 2.948. E T. XHL 
3) .Galen. de Diff, puls. L. II. 1.p 61. T. VII. 
4) Ebend. p. 63. 
5) Galen. de Caus. puls. L. IV. C. ro. p. 226. T. VIIE. 


6) Galen. de Compos. medic. per gen. L. II. c. 5. p. 682. T. 
XIII. 


7) Cael. Aurel. Acut. L.U. c. 10. p. 96. 





- 


1 
‘ 
‘ 
454 ’ 
. . 


. rungen bereichert. , Geine Borfiheiften zur Ablöfung der 


Stliegmaßen *) fi ind febr unausführbar, und beweiſen zugleich, 
daß man bievon Ardhigeneserrungenen Vortheile noch we⸗ 


'nig zu benutzen wußte. Er: fpricht von feiner Unterbindung, 


und wil felbft, um einer größeren Blutung zu entgehen, 
die Operation zu verfchiebenen Zeiten vornehmen, erft die 
gpeichen Theile auf einer Seite trennen, bann den Knochen 
abfägen, und endlich das Uebrige durchfchneiden, mobel er 
doch zum glähenden Eifen feine Zuflucht nehmen mug. Ge 
wiß die fchwerfälligfte Ablöfungsart, die man jemals ange 
geben hat! Auch Bei der Abläfung der Erebshaften Bruft 
fannte er noch feine Unterbindung, fondern verließ ſich als 
lein auf das Gluͤheiſen *). Aus feiner Befchreibung des 
Waſſerkopfs °) leuchtet ein, daß man im Alterchum alle Ars 
ten dieſer Krankheit fannte, bie’ hisige und die chronifche 
Waſſerſucht der Hirnhoͤhlen ausgenommen. Er ſchlaͤgt die 
Ausleerung der Fluͤſſigkeit, die er beim aͤußern Waſſerkopf 
ſehr umſtaͤndlich angiebt, auch Bei dem innern vor, ſpricht 


‚aber fo zuverfichtlih davon, daß er fie gewiß niemals uns 


ternommen hat. Seine übrigen Beobachtungen zeigen Reichs 
thum an Erfahrung und viele Belefenheit, ber aber das 
eigene Urtheil niche immer nachkommt *). 

6. 63. 





1) Paal. Aeginet.L. VI. c. 84. p. 207. Ed. Basil. 
2) Act. Tetrabl. IV. s. 4. e. 45. Coll, Steph. p- 800. 
3) Ebend. I:$.2.p.99. b. . 
4) Eine brauchbare eberficht der Geſchlchte dieſer Schule 


giebt Joann. Carol, Osterhausen, de sectae Paaumaticorum me- 


dicorum historia Diss. ‚Altorf. 1791. 8., doch fi nd darin bie Quellen 
außer Balen weniger benußt. . 


3 / 


on en la nt € Pr E 2 ur 
Hretäul, Caffius der "Zätrofohhik. 
"No wird under” ben Pneumatifern Aretaus von 
Kappadorien "aufgeführt, 1: deſſen acht Bucher uber bie Cor 
kenntniß und die Behandlung. beider Klaffen von Krantelr 
ten *) auf die Nachwelt gekommen ft ſind, der jedoch, über 
den Geift der Säulen” weit erhaben, fich cher zu gar fei 
ner befannt bat, Er lebte unbedingt nach Nero's Regie⸗ 


rung, denn es werden von thm Arzneimittel des Andros- ' 


madhus angegeben 9); "dan In n enthalten auch die Euporista, 
des Dioskotides ee namen ‚ die aller Wahrſcheinlich⸗ 
keit nach doch dem Verfaſſer der "großen Xrjneimttteffehre 
angehören , und vlelleicht ſeibſt fruͤher geſchrieben ſind 1 als 
die letzteren 3), Es wäre baber ausgemacht, daß Aretäus 
in der sweiten Haͤlf te des erſten Jahrhunderts ‚. und nicht 
Aber Traj an’ 8 Regierung hinaus gelebt hat, mithin ein 
Älterer Zeitgenoffe des Archigenes gewefen ift. Ueber ſei⸗ 
nen Aufenthaltsort giebt allein die Erwähnung italieniſcher 
Weine *) einigen Aufſchluß, ohne jedoch mehr als bloße Ber 
muthungen zu geftatten. 

Aretäus mar ein Arzt, wie bie Geſchichte wenige 
kennt: groß im Auffaſſen der Natur, einfach im Handeln, 
und in jeder Ruͤckſicht nah Hippokrates gebildet, dem 
er bis auf die Joniſche Mundart mit ausgezeichneter Kunft 





, 2) Arcetaet Cappadocis de Causis et Bigais acutorum &t diu- 
turnoram morborum Libri IV. De Curstione atutorum et dinturno- 
rusn morborum Libri IV. Edit. cur. Herm. Boerhdave, Lugdun. 
Bater. 1735. fol. " \ 

2) Car. diat.L.Le. 4. p. ı22. kr, c. 13. P ‘135. P- 
3), Wigg gar de Aret. aetat. p. 8. seq. 
4) Car. acut, L. IL e. 3. p. Io1, 

I. BB 0... 
. . j Y ' . 





nachahmte. Beine Krankheitsbilder find vollendete Meiſter⸗ 
werke, vielleicht. bie been, die wir ugehaymeifen haben; fie 
gewähren daher denfelden Kunſtgenuß, wie jede gelungene 
Darſtellung der ieinen Natur. Dies gilt vor allen von den 
lebendigen Befchreibungen ber Fallſucht "5, des Starr⸗ 
krampfs *), des Kopffhmerzes *), des Bluthuſtens *) und 
des Brennfiebers »), deren Wahrheit und Kürze nicht 
leicht zu übertreffen find. Was nun. die einzelnen „ nad 
Verhaͤltniß menigen Anführungen bes Luftgeiftes betrifft, 
worauf ſich die ganze Annahme "grünes, daß Aretaͤus 
ein Pneumatiker geweſen fei, fü iſt daraus allerdings er⸗ 
ſichtlich, daß er die alte Lehre darüber wie Athenaͤus 
wieder aufgenommen hät, doch waren bies alles mehr all 
gemein angenommene Säge, wie fie auch bei andern eklek⸗ 
eifchen Aerzten vor und nach der Zeit der Prreumatifer vors 
kommen, die er Äberdies nirgends zu einem allgemeinen 
Princip feiner natürlichen und alfo umfaffenderen Theorie 
zu erheben ſuchte ©). Allerdings giebt er durchgängig viel 
auf das Herz, das er für den Quell des Lebens hält, von 
dem aus die Lungen ihre Kraft, den Athem einzuziehen , 
u ° 

1) Cw. au. LI.e.5:p.R 

2) Ebend. c. 6. p. 3. 

3) Caus. diut. L. I. e. 2. p.27. Er führte zuerſt den Unter⸗ 
ſchled zwiſchen den Benennungen Cephelaes und Cephalalgie-eiw, 
ſo daß er mit jener den areniſchen. weht Diefer den 1 afaten ao 
ſchmerz bezeichnete. 
| 4) Caus. acur. L. IT. e.2:p. It. 

$) Ebend. c. 4. p. 16. 


6) Ebend. Le, 7. p. 5. B. - L u. e. 6. p. 18, — Caus, diut. 
MLetp BLM conp dan Cur. reup 7a 
“r 10: P. 89. vi . .: 

\ 


r 
. 
x 
“ 
— ⸗ 


empfangen feller )3 bank And, ——— —— — Er⸗ 
klaͤrungsarten zunaͤchſt die Elementnrquatt atxn arudſiqhtig 
ganz fo, wie es ae Bitte der Pneumatiker war ) dach 
laſſen ſich hieraus keine weitrren Sxchlußfelgen ‚ziehen, ale 
die ſchon mitgerheilten::: feine „Meillunde mar, den füpnass 
chen Widerſchein ber ‚alten bogmatifchen Tpeorie ee / 
net, durchaus unfyftematifih., : =. . . 
Seine Kenntniſſe vom Bau ben. Kirmes verrathen. 9— 
fendar eigene limterfuchung; fo iſt z. B. die Mertheilung Aug 
Pfortader' ſehr richtig angegeben ; und behete ce dabei, daß 
bie untere Hohlader ein Zweig derſelben (Al, ıfäwnr dies num 
eine Folge der hergebrachten und auch :pait:ihim engen 
menen Anſicht, bie Leber für ben Urfprang. den Mlutadara 
zu halten 9. Die Mieren zeigen nad) ihm ⸗ edun drhfigen 
Dau, und haben Eletne Höhlen, dern Waͤnde ſiebfoͤrmig 
durchlochert find, um ben Urin durchzuſrihen?“) Minzelne 
phyſiologiſche Irrthuͤmer kann man dem Zeitelter zu Hupe 
halten, fie geben der übrigen Vortrefflichkeit ſeinerLeiſtun⸗ 
gen nur eine leicht zu aberſehende Unterlage, So, war. man 
namentlich Üben Me Verrichtungen ber Gebaͤrmutter no 
wenig im Klaren, fo daß bie bekannten krankhaften Zufaͤlla 
die Meinung veranlaſſen konnten, fie‘. veraͤndere zuweilen 
vermoͤge ihres abgeſonderten Lebens die Stelle, die wir Penn 
auch Bei ihm miederfinden * no 





2) Caus, aeut. L. V. e. 3. p. 15. | 

2) End. L. 1.0.7.5 — Die Crükfangszufäke in der 
Angina ohne ſichtbare Entzündung entſtehen aus einem Febler des 
kuftgeiſtes, der einen bopen Grad von Hitze und Trockenbelt er⸗ 
reicht hat. 

3) Ebend. I. N.e.7. p. 8. 

4) Caus. dint. L. I. c. 3. p. 52. 

5) Causamt.L eo 11'024 .\ 


92 
3214 


er \ 


Ne; Denntwertung vean vlerundachtug Problemen enthaͤlt, 
"alt nachſt / der Kanntuiß ‚der wichtigeren Quellen eine am 
ſhauliche Barftelung von den ‚Buftende bes mediciniſchen 
Miſſens in.:diefn Zeitalter, deſſen Cigenthuͤmlichkeit ſich 
in den Haurtzugen deffelben treu darſtellt. Anſichten, bie 
nicht. ſchon irgendwo: mitgetbeilt. geweſen waͤren/ würde man 
dann zvergehenz · · aufſuchen. Die. ErBläzungsfucht. des Bars 
boſſarshalt Ark: mmr-in-densGrängen des Bekannten, und 
‚greift ‚dabei oft nach «außen, Fruͤchten, bie, man .auf einem 
Amdern Meg⸗ der Forſchung gern unberhhet. läßt, Deshafb 
worfäls. eu deun auch oft ins Meinkiche, Fragt... D, warum 
man gewodhnlich awenmal nieft, und antportet darauf, weil 
wir za Naſenochen haben "). ‚Doc; muß andy bei wichtiger 
con ‚Siegenfkinden, hep - Thasffinnigen ‚Yenupung bee hefte 
Yenden Kenntuiſſe Gerechsigkeis soidenfahzn - In · den Ees 
Aarunoearten She. ſich Ceſſtu g.geößgentheilg an die. mp 
thodbiſchen ober die pneumatiſchen Gumıbfäge, ‚mit ‚häufige 
Arehbfichtigutg. der »Siementmraualieden -*),. Die in ber 
pneumatiſchen Eychule weſentlich war. Dann iſt arsch duthch⸗ 
‚gauzig die Mitleidenſchaft Deu Ahelle: ech den trefflichen 
Meobechtangen her Pnenmatiker ausgezeichnet, und als ihre 
Aſach die Merrichtung ben Merven augegeben, wedurch ‚die 
Mirkung ben Krankheit: van einem: Theile zum andsen ges 
feitet werde *). Als Weifgiel mag bier die Erklärung ‚der 
Waſſerſcheu ausgehoben werden: „Die Kranken zittern und 
befommen Krämpfe, weil der Magen mit Sen Merven in 
Mitleidenfchaft fteht. Denn der Grund des Uebels liege in 
einer Berftopfung der Kanäle des Mageds. * Sie verfallen 
in. Giebermahnfinn, weil der Krankheitsſtoff aus dem Mas 
2) Brobl.ö7. 0) Probl.ag 
3) Probl. 17. ar 23. etc, on 


! 


—X 
ethodiker erkkatte, dle den guͤnſtigen Zekepunkt nad, den 
Vorſchriften ihrer Schule oft genug vorubergehen! liefen 
Gleich zu Anfang ſoll tm Seitenſtich und in Der Ringen 
“entzändung bie: Ader gedffnet werden, 'ind zwar auf der 
ſchmerzenden Seite, niemals das- Bde! blo zur Ohnmacht 
fliegen, und Bis die KErankhett gebrochen Ab, ſoll man DNB 
Aderlaß wieberholen 2), um der Enhälidung: 11.72.1310 707 
"zu entziehen *). Reicher als die Hippokratifche Kheraple! if 
'die feiniige ur Bie Anwendung: der Blürigel. Er verordner 
ſte nach dem! altzemelnen Aberlaßin Tr Gaͤtyrlaſis — u, 
Iuver ſichtlicher· noch in ber Leberent zuͤnbung igeinz nad den 
Glundfaͤtzen Ber neueren Heilkunde, glebt Thrien auch hier 
vor den Sqhropftöpfen den Votzug, und ſucht burch dieſ, 
toie die Merhöbtker, :- Bei’ Nachblutung zunſdedion e). 
Alles Uchrige keagt Di das Bepräge der reichſten Eifer 
ung‘; ber Zewiffenhaften Prafung Bes Worhandenenn Ab 
"des voohlerivogeiheif ergehen Ukthente ti © © 1339 21 gun 
3. iiber bederiiend als Aretäws,i Voch nicht utvſchilg 
Aſt Cafftuv,nbin eblekriſcher Arzer des belten ahthun⸗ 
iberts mie dent Beikamien der Falvetonffft:". € Dim 
weiß michte van: Ferien’ Lebensumptänden, Anden‘ Würde nur 
wmerheblichen; Votcherl hingen, weitere Vermuchungen Abe 
“ihn zu außern, die ſich auf Feind geſchichtlichen Anguben 
"grünen fönnen y. ‚ar Vinterlofiines Beten, Di 

en 

2), Eben» aller. Pa... 

‚s) Ebend. ©. 5. p. 1085. 

3), EUbend. e. 11. p. 813. J— on I 
4) ‚Ebend. c. 6. p. 107. B. \ ' 
5) Cassil Jasrosophistae naturgles eı medicinalen Quaestiones 

LIXXIV, cırca hominis naturam er marbas aliquot. raii. ‚eur Con- 

rad. Gesner, Graee, et lat. Tigur. 1562. 3 ‚ 
6) Gesner, Schol, in Cass. £. 54. seq. Du 





— 


"Ne Meantwerteug ppn- pierupbadiefg, Prehlemen enthält, 
geßtrnaͤchſt / den Kenntniß ‚der wichtigeren Quellen’ eine am 
ſhaulichs Vorſtoljung von dem ‚Zuftande des mediciniſchen 
Miſſens in. dieſeimm Zeitalter, deflen Eigenthuͤmlichkeit fich 
in-ben Sauptzügen deffelben treu darſtellt. Anſichten, Die 
sicht. ſchon irgendwo mitgetheilt geweſen waͤren,/ würde man 
dniz cxergehenz: aufſuchen. Die Erllaͤrungeſucht bes Ver⸗ 
Hefe bit Ah nur zin den ⸗ Graͤnzen des Bekannten, ‚und 
greift ‚dabei oft nach Hauben, Fruͤchten, die, man auf einem 
„mern Wegeder Forſchung gern unberähet. läßt, Deshalb 
merfälg.:en.beun aush.-oft ins" Kleinkiche, Fragt, D. warum 
man semöhnfich aweimal nieſt, und antwortet darauf, weil 
wir sine Mafentöder halten "). ‚Doc, muß andy bei wichtige⸗ 
von Gegevſtaͤnden hen. .hasffinnigen Denugung dee befip 
headen Kenntuiſſe⸗ Gerechtigkeit wihdenfaht In ıden Er⸗ 
Aarungeatteit Ahle, ſch Coſſtu q: grobeentheils an dig up 
. tbodifchen ober die pneumatiſchen Srundfäge, mit ‚häufiger 
Merüdfichtigung:. der »Siementargualiidigen *),.. bie in ber 
pneumatiſchen Gichuls weſentlich warDonn iſt; much buighe 
egaͤrzig ‚Die Mieleidenſchaft Der Theile: nach den. trefflichen 
Beobwhtungen. her. Pnenmatiker ausgezeichnet, und ‚ale ihre 
AUrſach die, Werrihnung: den Nerven angegeben, wodurch die 
Wirkung. der Krankheit: von einem Theile zum andern ges 
leitet werbe *). Als Meifgiel mag bier die Erklärung ‚ber 
Waſſerſcheun ausgehoben werben: „Die Kranfen zittern uud 
bekommen Krämpfe, weil der Magen mit den Merven in 
Mitleidenfhaft fteht. Denn der Grund des Uebels Liege in 
einer Berftopfung ber Kandle des Magens. Sie verfallen 
in. Fieberwahnſinn, weil der Krankheitsfteff aus dem Mas 
1) Probl. 37. | 2 "Probl. 25. u | 
' 3) Probl. 17.08 23. etc, i 


! . E e 


J 


en 


gen +heilmeile ‚nach dep Sionhässgn, anfbsunfer- Die ſinh 
wwaffecfhen,; weil die. Verſtopfung nur in den feinſten Kay 
nälen Statt findet, die Grundtheilchen des Waſſers alſo 
die für. dieſe Kanaͤle beſtimmt fi nd, die Verſtopfung ver⸗ 
mehren muͤſſen. Feſte Raheung fchadet deshalb nicht. Der 
bloße Anblick des Waſſers erregt die Anfaͤlle, weil der er⸗ 
krankte Luftgeiſt inn Magen Bunch säns Sehen erregt wird, 
bas ‚durch den Sehegeiſt (wreüpm egarıner) erfolgt )m Ss 
w.“ Die Entftehung des Brandfchorfe "Slandt Caffius 
ans dem Lufegeift erklaͤren zu Eihnen, denn am tobten Koͤr⸗ 
yer, ber einen Luftgeift mehr enthalte, Bilde fich Eeiner *). 
Die Wirkung des Fiebers in der Angenen Andung bäle er 
fhr metaſynkritiſch , woher es dee komme, daß ein ‚nieder 
ker. Grad deſſelben heilſam fei und felbft das Gelicht very 
beſſere, ein höherer dagegen ben größten Nachtheil Bringen 
koͤnne 2). Die Anſt cht, daß jeder Theil des Kdrvers die 

empfangene Nahrung burch eigene Thärigkeit in fiien 
| Stoff umtanbele, tbie in jeber Pflanze bag Waſſer ſich in 
einen andern Stoff umbilde, iſt eine rein empiriſthe, wie 
die Phyſiologie dieſes Zeitalters wenige aufjuweifen hat. 
Um ſo lobenswerther war es, daß er ſie zur Erklaͤrung ber 
Tallusbildung. anmanbte; wo die Alten eine Verhariung des 
Markes angenommen’ hatten ). Dann fiebt man, daß 
Aretäus Anwendung. der Lehre von der Nervenfreuzung 
auf bie ‚Pathologie Eingang gefunden hatte, denn Caffius 
erklaͤrt dieſelben Erſcheinungen daraus ) ueberhaupt ge 





1) Probl. 19 73. 

a) probl. 43. 3) Probl. 15. 
4) Frobl, 56. . | 
5) ‚Probl. ar., 


a8 

bahrt biefeni: Arjte:has rob einer zeit‘ Theil einbringenden 
Beurtheilung ber Gegenſtaͤnde, die mar anf: diefem Wege 
lecht in ein n blegee Berfianbesfpit ninvattet. nn 


N . 
VE | 1 . 3 


nm ine: ꝛ» . 
rein Reuster. asfignin. 
öl, der theoretiſchen Beifkunde im. Aker- 
en am durch Galen. 
* .. . 3 5 
| Di u: 4.. wm 
ie Ep Eu ” ; ni) 


Salen’ gaenraian. 
\ Beiſtvoll Bearbeitet And reich ausgeftattet in ihren ber 
fen erhob ſich bie Heilkunde des Alterthums au ihrer Beil 
endung. durch Klaudius Galenus von. Pergamus, einen 
- Mann ‚von hoben Anlagen, "aldngendein,. eindtingenden 
Sqarfft inn, unbegranzter Gelehrſamkeit, unermuͤdetem Fleiß, 
und wahrhaft, Ariftorelifchem Förfhungseifer. Er warb im 
Jahr i31 n. ‚Chr. ya ben vierzehnten ber Kegi lerung Kar 
drian’s geboren, und “erhielt ı von Kindpeit auf von ſeinem 
Vater Nifon,, ‚einem. vielſeitig gebildeten. Architekten ) 
"und guten echrein —* die ſorgfaͤl eigſte Erziehung, die von 
"Anfang, an feiner flammenden Mißbegierde Nahrung zaß. 
Im funfzehnten und ſechszehnten Iahre hoͤrte er den Aka⸗ 
demiker Ca lu s, und einen Stoiter, der ein Schüler, des 
Philapator war, mit anderen Philoſophen ſeiner Va⸗ 


terſtadt, unter denen ſich auch Peripatetiker befanden. 2 | 





. 

ı) Galen, de probis prarisg, alimentor, ayecl e. ‚TB dig. 
T. VI, — De dign. anjm. morb, C, 8, p. 431, T, v1, —De DIR, pole, 
L.U.c, 5. p. 46. T, VI, 

8) Galen. de Method. med. L. VIII. -. 3. p. —* EX - 





478 


henügee Am keine Sele vollttmmen, und faſt ware er in 
Pyrrhoniſche Zweifels ſucht verfallen, hatte ihm nicht ſeine 
mathemutiſchen Kenntniffe davor bewahrt, die er dem 1 
terricdt feines Waters verbankte'?)..: Dieſe beiden: -Pahee 
waͤren von maͤchtigem Einfluß Huf: fein zanzes wiſſenſchaft⸗ 
liches Leben, befonders erklärt ſich mie einiger Worttube: ik 
Ariſtoteles und Tpespdraf ;izu deren blafektifche 
Werkon er viele Auslegungen 'ſchrieb, feine Abermwiegenbe 
Meigung: zum dialektiſchea Vortrage, die dem größten Theibe 
ſeiner Schriften eine wibrige Farbe gtebb, “und: feinen nd 
Orte any" zur Weitlauftigkelt mur wade mehr befbr 
derte.Endlich ging er im ſtebzehnten Jahte zur Heilkunde 
Über,’ dutch: einen Traum feines Waters dazu aafgeferbest, 


Wte ya denn Irkume überhaupt zu: wichtigen Weränderrum 
gen in· ſeinem Leben Seffimmten *). eine erften Lehrer in 


der‘ Bergkiederimgafunft. und - der .Arpttelmiteellehre- waren 
Bates, Shhlades Quintus, Stratonikus, 
Schiner des Sabimwus, eines beruͤhmten Auslegers Hippbs 
kratiſcher Werke 9), und der‘ Empikiker Auſchrion *), 
Mach dem Tode feines Vaters, der vier Jahre darauf ers 
folgte, begab er fih nah Smyrna, um den berühmten 


Zergliederer Pelops, ebenfalls einen Schüler des Quin—⸗ 


tus, und den Afademifer Albinus du hören 3 dann 


rulen: delfbr. propr. C. 21.9. 45. Tu. | 


2) De'Prienbr:’äd' Porhom. C. 2. p. 834. O, T. YA. Mo 


ızhed. mad: 'L. IX. ck BI. TR L.. mir. 


= 


15° 3) Be Owdidi libyör. subr. p- 31. TC. Da usa hl. Cd | 


170. T. I — Frau,ıde Ihispritiben Hipgocraisgruch win. . 
4) 95.6.3508 

5) De probis prarisg. "aliment, succ. €. 1. p. his, T. v. —'De 
Libr. propr. 62, P 28. TL— De anatom. administr. L. M. d. 1. P. 
26. T, IV, : ' > 


L 





— 


474 


finden wir ihn in Korinth bet Numeftanss, einem Mie⸗ 
ſchaler der beiden genannten Zergliederer), und endlich is 
Alerandsien, wo er. feine Studien vollendete, indem er 
fortmährend ber Zergliederungskunſt, feiner Rieblingshefpäfg 
tigung, oblag. Er beſuchte in dieſem Fache die Vorträge dag 
Anatemen Neratliauus, der. nur aus feiner Machricht 
hierüber bekaunt äft *); feine Abrigen bertigen Lehrer ſind 
sicht argegeben. Im achtundzwanzigſten Jahre nach - Per» 
gamus: zuruackgekehrt, erhielt er durch ben Dbergriefter deu 
Aeskula peeine affentliche Anfieitung als Axt der Gladis, 
toren *), wo er denn ſechs Jahre lang Gelegenheit base 
die Chirurgie anmuüben *). Dreiunddreißig Jahe alt, im 
piertert Regierungsjahre ber Kaifer- M. Yurelius Antos 
ainus und Lucius Berus (164 n. Chr.) flug er dans 
feinen Wohnſitz in Rom. auf *), kam beid mit ausgezeich⸗ 
neten Staatsmännern *) und Philsfophen in Verbindung, 
Stat aber mit: der großen Zahl der ausäbenden Aerzte nicht 
in freundſchaftliche Berhaͤltniſſe, am wenigſten mit bem 
Eraſiſtrataͤern und den Methodikern. Wiewohl ihm nach 


nn Less) 


1) Ebend. 

9) Comm, U, in L, de nat. hum. Text. VL. p. 137. C. T. ul. 

3) Comm, in. in L. de fractur. Text. XXL p. 243. T. XH, 

4) De Compos. medic, per gen. L. IL e. 2. p. 718. T. XI, 

S). Die Pramaı, sd Poschum, C, 2. p. 832, T. VII, 

6) Er nennt unter ihnen beſenders den Conſularen Bons 
thus, ber am feinen anatomifhen Unterſuchungen vie Gefallen 
fünd, und dem er and das re Duch feiner großen Phyſiologle 
gueignete, dann noch Flavius, Gergins, Paulus, Barba . 
rus, ſammilich wiſſenſchaftlich gebildete Maͤnner, die in dieſer 
Seit ſchon immer ſeltener wurden, und unter den Poltofapben den 
Veripatetiker Endemut. Ebend. Cap. 835. 


dd 


- eigener... Voerficherung °) ‚feine Borherfagungen, upb-, viele 


glägfliche Erfolge Anfehn verfhafften, fo verzichtete er doch 
auf die ausſchließliche Ausuͤbung der Heilkunſt, blieb in be⸗ 
ſtandiger Thaͤtigkeit fuͤr die Wiſſenſchaft, und begruͤndete 


ſeinen Ruf vorzuͤglich durch phyſiologiſche Vorleſungen, die 


von gebildeten Vornehmen haͤufig beſucht wurden. Bald 


ſah er ſich indeſſen genöthigt, diefen öffentlichen Vorträgen " 
zu gntfagen, weil ihn bie Aerzte zu heftig anfeindeten, was 


denn ‚auf. wahrſcheinlich der Grund war, der ihn im acht⸗ u 


unddreißigſten Jahre zur Rackkehr nach Pergamus bes 
ſtimmte *), nachdem er verſchiedene Gegenden Italiens be⸗ 
ſucht, und ſi ch namentlich eine. Zeit lang in Campanien aufs 
gehalten haste 2), Daß ee zu jenen Anfeindungen von 
Seiten ſeiner Mitaͤrzte ſelbſt Veranlaſſung gegeben habe, 
macht feine Eigenliebe, die ſich tauſendfaltig zu erkennen 
aiebt, mehr als wahrſcheinlich. Mit Gelehrſamkeit und 
Beredtſamkeit verbunden, iſt ſie die abelſte Empfehlung bei 
Kunfgenoffen, am meiften bei folgen, denen alles miffens 


fchoftliche Beſtreben fremd ift, wie zu Galen' 8 Zeiten in 


Pr 


Rem. Geminnfucht und die Leichtigkeit Vermögen zu ers 
werben, 309 ‘bien, eine Menge mebicinifcher Ubentheurer aus 


in dieſer ſittlich verpeſteten Welt emporzukommen, und 
Aerzte „die. ihnen ſchaden konnten, durch die verworfenſten 
Raͤnke zu entfernen ſuchten, wenn man anders Berichten 
glauben kann die mit den damaligen gefellfchaftlihen Ver⸗ 
bätemifen, in Rom nicht in Widerſpruch ſtehen * 


» "De Lee. afetı, Lv.o7p sn Tv 

2) De Libr. propr. C.2. p. 38. A. T. 1. 

3) De sanitat, tuend. L. VI. c. Ii. p. 180. E, T. VI. 

4) "De Praenot, ad Posihum, C, 4 p. 835. 420q. T. vun, : 


i° 


, am Gegenden herbei, die ſich aller Kunſtgriffe bedienten, | 


a | u 


Die Heimreiſe/ nad Aſien benutzte Galen auch zu 
wiffenſchaftlichen Zwecken, beſonders am ſich Aber manche 


Arzneimittel an Dre und Stelle zu unterrichten, wie er. 


denn niemals Gelegenheiten diefer Art vorhbergehen Tieß, 
bereifte Cypern, um die Kupferbergwerke zu ſehen, Syrien 


und Palaͤſtina, um fi von der Gewinnung des Erdprchs 


und anderer Mittel zu Überjeugen *), Lyeien, den Gagat 
aufufinden 27, und viele andere Länder, . B. Eilt⸗ 
ciei und Phoniclen in gleicher Abſicht »). Nah t 

Verweilen in feiner Vaterſtadt warb er gleich ju Ara 
des folgenden Jahres von den Kaifern zurdefbernfert/ reifte 
. Aber Lemnos und zu Fuß durch” hracien und Wiaceddnien 
und von Kom ſogleich nach Aquileſa, wo die Kaiſer fi ich 
aufhiekten. Auf‘ ber. Rüdreife nah Rom ffarb ẽeu eius 
8: rus an einer Peſt, die in Itallen große Berbeerungen 
machte. Dann erhielt Salem von Marc Aurel die 
Aufforderung, ihn auf feiriem Feidzuge nach Deittſ chland 


zu ‚begleiten, entſchuldigte fi fid ‘aber mit ediem traum, 


worin es ihm Aesk ulap' ‚abgergehen habe, Bfieb’ als Arzt 
des fungen Commodus in Km, und uͤberließ die Be 
gleitung des Kaifers dem Archiarer Demetrius; en & 
ſchon oftmals inder Vereltung des Thertuks Seigehanben 
hatte °), Entfernt von’ Tagesgefhäften benutzte er’ jetzt 
feine Müße zur Ausarbeitung zahlreicher und "wichtiger 
Werke, die zum Theil dutch ben Brand des Sriedenstems 
pels unter Commodue Reglelung verloren singen, we⸗ 





2). Ebende c. 2. 10. P. 257. 
3) Comm, UL in L de vicı. acut, Toxt, Vu, p. 85. T. At, 


4“). De Lihr, propr. “ g. p 38 — De Aniidot, L, 1 * Le p. 
666. T. XI, 


—X 
J 4 
- 


' / 
ar 
burd- bie ganze Mibliothek im Palcelum verni chut wurdet) 
Zugleich. befchäfeigee er ſich Wieder mit Vorleſungenr, und 
mie es ſcheint, nur wenig mit den Behandlung son- Kram 
ken ®)., Mech unter .den Kaifern-Per kiaar und Genriı 
mius Severus (197 n, Chr.) biele er ſich in Rom anf’) 
und flatb zu Anfang des drifen Sapnhundents, unbeſtimmi 
in welchem Jahre und ob in Rom ober in Pergamus. 

Vielleicht hat: niemals ein Arzt ein aqusgehreiteteres 
iſſen mit einem groͤßeren Beduͤrfniß der Mittheilung und 
Tiner fo reißenden Schnelligkeit der Gedanken vereinigt, ale 
Galen. Die wuchernde Fülle feines Geiſtes trieb ihn zum 
Schreiben, und- wie gewiffenhaft es: dazu ‚feine Zeit wer, 
wandt babe, beweiſt die ungeheure Zahl feiner Werke, von _ 
denen nur ber. Fleinfte Theil auf die Nachwelt gekommen 
iR. Man konnte. glauben, er hätte dag Moaß. menfchlichen 
Kräfte bei. einem gemwähnlichen Lebensalter von -fiebjig bis 
achtzig Jahren Aberftiegen, weun aud ber innere Gehalt 
durchgängig dem Umfange entfprähe. So aber find far 
feine meiften Schriften nichts weniger. als forgfam und 
kunſtvoll ausgenvbeitet, fo .rafch niedergefchrieben, als has 
Schreibrohr nur. folgen wollte, und größtentheils fo weit⸗ 
ſchweifig, daß man Mühe bat, gute Gedanken aus ihrer 
Bialeftifhen Umgebung und ihrem Ballaſt von Spisfindigs 
£eiten_ herauszuheben. Seiner Gewohnheit, alles Gehörte 
-und Gelefene mit Kinzufügung eigener Meinungen ſchrift⸗ 
lich zu bearbeiten, verdanken vtele feiner Bücher ihren un 
‚fprung, auf die er. indeffen ſelbſt um fo weniger Werth zu 
— — 

1) De Gompos. medic, per gen. 1.1. e. 1. p. 640. T. XM. 

2) DePraenot, ad Postbum, C. 9. 11.2. 844. T. VII. — Moth. 
med. L. II. c.2.p. 55. L. V. c. Ip. 197. T. Xx. 

“ 3) De Libn propr. C. 13.947. T.l i 


Li 


478 

legen pflegte, ala ihn ſchen In Träher Jugend ſeine Nei⸗ 
gung · Bapa Antrieb. Dieſe Kinder feiner Muſe find daher 
von: den vol fommenern aus feinem gereiſteren Alter wohl 
za unterſcheiden, von denen mehtete den Anforderungen ganz 
entſprechen, die man an einen fo geiſtvollen Gelehrten machen 
kann. Haͤufig veranlaßte ihn auch feine Dienſtfertigkett 
für Freunde zur Erinnerung an. feine Bortraͤge Abhandlun⸗ 
gen aufzufetzen, die nach den jedesmaligen Kenntniſſen ders 
ſelben "eingerichtet, durchgaͤngig ſehr raſch gearbeitet, und 
nicht zur Herausgabe beſtimmt waren 5). Dennoch kamen 
bviele folder Schriften in die Welt, weshalb ex ſich gend⸗ 
thigt Tab, fie entweder zu ändern, ober ben etwanigen Jrr⸗ 
thämern, die ſie enthielten, in\feinen Hauptwerken zu wi 
deefbrechen 9). Micht medicinifche Werke, befonders aus fels 
ner 'früheren „Zeit erwähnt er ſelbſt gegen 123, darunter 
waren 113 philoſophiſche, größteneheils Erläuterungen zum 
Ariftofeles, die übrigen mathematiſchen, grammatifchen, 
und ſelbſt juriftifchen Inhalts. Sie find ſaͤmmtlich untere 
gegangen, fo mie 49 zum Theil wichtige medicinifche. Ge⸗ 
gen 80 Galenifche Schriften, worunter jedoch viele Aus⸗ 
züge, find noch ungedruckt in verſchiedenen Bibliotheken. 
400 unzweifelhaft aͤchte, 18, deren Urſprung nicht völlig 
ausgemacht iſt, 44 offenbar untergeſchobene und 19 Bruch 
ſtuͤcke befinden fich noch in unferen Sammlungen 22 


g 65. 
Galen's Anatomie und Phoſidlogie ). 
Bei dieſer ungemeinen Vielſeitigkeit läßt fich erivarten, 





I.) De anatomic, Adminisır. L. II. c. 1. p- 47. T. IV. 

2) DeLibr. propr. Praef. p. 36. T.L 

3) Jo. Chr. Guil. Ackermahn Histo. Migrer. Claud. Galen, 
in Kühn, edit, medic. graec. T. L 


4) Schriften: De Blementis #x.Hippeocrate; L. IL. - — De 'Tem- 


4 + 


- | AR 


„ no. Galen’s Vadienſte ch nicht auf einzelne Bäche ber 


ſcheankt haben. Im bie gefammte Hellkunde Beachte es 


neues Leben, und fo eindringend und ausgebreitet war fein . 
Wirken, daß ſich auch nach feiner Alleinherrſchaft in ben 
Zeiten ber Finſterniß wichtige Lehren aus ſeinen Mprarbeis - 


tem entwickelten, wovon noch die neuere Heilkunde auffal⸗ 
lende Spuren nicht verlaugnen Tann. Dee Geiſt eines fa 


ungeheuern Mannes wirft noch auf die fpaͤte Nachwelt, 


Jahrtauſende koͤnven mus dazu beitragen, ‚feine Denk 
ler von. ben Schlacken. der menſchlichen Beſchraͤnktkheit zu 
reinigen. 

Die Kenntniß pon dem Dan des Körpers war bereite 
weit sebiehen; was das · Zeitalter noch hinzufuͤgen konnte, 





peramentis, L. II. — 'Commentarli 1f. in L: Hippocratis de natara 
heminis. — De Humoribus, — An Sanguis in arterlia natura continen- 
ar, — De gıra bjle. — De Semine, L. II. T. UI. — De Ossium va- 


tura. — De Ossibus ad tirones. — De anatomicia Administrstionibus, ° 


L. IX. — Vocalium inatramentorum dissectio.'— De Venarum Arte- 
risrumque dissectione. — De Nervorum dissestione. — Oribasii de 
muscylis ex Galeno Fr. — De Uteri dissectione, — De Vsu par- 
tiam eorporis humani, L. XVIL Das Hauptwerk, und nach dem 
Zufßande der Wiffenſchaften beurthellt ein auggegeichnetes Lehrbuch 
"der Pyyſiologle, dem aus andern Zeitaltern vlelleicht nur Hal 
Ler’6 Elemente zur Seite gefeßt werden koͤnnen. Nur iſt es durch 
teleologifihe Spekulationen zum. Theil fehr weitläuftig gemalpt. 
T. IV. — De Anima Fr. — De 'Substantia naturalium facultetum Fr. 
— De naturalibus Facultatibus, I. IL. — De Placitis Hippocratis et 
Platonis L. IX. — ia Timaeum Platonis Er. — De Foetuum forma- 
Bone. — An omses parits animalie' qued procrestur, fiant simul. — 
An animal sit, quod ia utere est. — De septimesiri partu. — De Ig- 
sırnmento odoratus. — De Motu muusculorum, L. I, — De Mota 
sheracis ei pulmonis Fr. — De Respirationis usu. — De causis Be 
spirauiönis. — De Usu pulsaum. — Quod animi mores corporis tem- 
peramenta sequantur. 'T. V. — 


- 





x 


an , 
geſchah durch Guten, deuigelahe dirs Fach und die Damit 


verbundenenꝰ mit einiger Worliebe bearbeitet. Doch maß 


gleich· voraus bemerkt werden,.:baß feine gunze Anatomie 
ſich auf Thiergergliederungen gründete, und «€ niemals 
menfehliche Leichen. :unterfächt hat :), wiewehl ex die Ent⸗ 
deckungen: ber alten. Klepandsinifchen :-Birgisederer mit den 
feinigen geſchickt zu vermeber wußte. Selbſt in Alerandrien 
war die guͤnſtige Gelegenheit, Menſchenanutomie zu treiben, 
füngft verhber, nur Die Knochenlohre konntt man hier und 
weiter an keinem Orte nach aAufboerwahrten Menſchenknochen 
durchgehen, was noch der einzige Vorzug der dortigen Lehr⸗ 
anftalten fein follte *); Sogar hierzu rieth: Galen, Affen 


- gu Huͤlfe zu nehmen, 'indem.ee. nach feinem: Aufenthalt in 


Alerandrien nur zweimal Gelegenheit gehabt habe, menſch⸗ 


liche Skelette zu ſehen, das eine yon xinem weggeſchwemm⸗ 


ten Leichnam aus einem Grabe, das andere von einem um 
begrabenen, 'yon den Vegeln  halbverzehrten Räuber, und 
fonft nur gewohnt gewefen fei, fih aus Gräbern Knochen 
zu verſchaffen >). Weiterhin iſt jedoch ſeine Vorſi icht in, der 
Annahme der Aehnlichkeit des Baues der Thiere mit dem 
- des menfchlichen Körpers febr rähmengmwerch. Er raͤumt in 
biefer Hinſicht den Affen den erſten Plat ein, dann folgen 

der 





1) Haller, Bibliom. anatomic. L 1. $. 59. T»L p. 83. - Andr. 
Vesal. de Radic, Chyn. epist. Venez. 1542. & 

92) Anatomic. Admin, LI a 2.p. 27% B. T. IV. dd 

3) Ebend. Zuwellen fuchten die Zergiiederer auch umgekonn 


" ihene ausgefetzte Kinder zu erhalten. — Während Marc Aurcld 
Feldzuge; in Deutfchland gergliederten die Feldarzte einen menſch⸗ 


lichen Leichnam, Bonnten Indeffen wegen Unwiſſenheit In der Ana« 


tomte nichts veeiter ſehen, als Die zage 0 der Eingeweide. Ebend. L. 
III. c. 5. p. 79. C. 


- 2 
a4381 
der Reihe nach die affenaͤhnlichen Thiere, der Baͤr, die 
uͤbrigen Raubthiere und das Schwein, die Einhufer und 
endlich. die Wiederkaͤuer 2). Oftmals finden ſich Bei ihm 
wichtige Vergleichungen des thierifchen mit dem menfchlichen 
Dau, 3. B. von dere Gebärmutter des Schweins mit ber 
des Menſchen *), bie ihm die Arbeiten feiner Worgänger 
an die Hand gaben; hätte ihm nur eine vollkommenere 
Menſchenanatomie zu Gebote geftanden ‚fo würde er gewiß 
die vergleichende reich ausgeftattet und nach teefflichen Grund⸗ 
fäßen bearbeitet haben. Viel koͤnne man an Thieren lernen, 
wenn man nur das Bild des vollkommenen Baues im 
Sinne habe, mie beim Anſchauen minder vollendeter Stas 
tuen die Werfe des Phidias und Polyklet >). 
Hauptſaͤtze der Galeniſchen Phyſiologie find folgende: 
Die Sefammtverrichtungen der Theile entfprechen dem Grabe 
der. Bolllommenheit der Seele, daher die Verſchiedenheit 
der tbierifchen Körper *%). Der Urfprung der Nerven ift 
das Gehirn mit dem Ruͤckenmark, das von demfelben aus⸗ 
geht 5). Der Urfprung der Schlagadern ift das Herz und 
der Blutadern bie Leber. Die Nerven grhalten ihre pfys 
chiſche Kraft (Yuzıza durasis) vom Gehirn, und die Arte 


rien ihre Schlagefraft (rPuyuuzu 3.) vom Herzen, die Be 


nen ihre natürliche (Quad 3) von ber Leber. Die Ner⸗ 


a‘ 


ven leiten die Empfindungss und Bewegungskraft von ih⸗ 


rem Urfprunge in die einzelnen Theile. Die Arterien erhal 
ten die natuͤrliche Wärme und ernähren den &eelengeift 





— 


1) Ebenb. L. VI. e. 3. p. 132. 
2) De Uteri dissect. C. 3. p. 277. T. IV. 
3) Anatom. Admin, L. VI. c.3. p. 152. 
ı 4) De Usu part. L. I. c. 2. p. 284. B. T. ıy./ 
,» 5) De Nervor. dissect: C. 1. p. 241. T. IV. . 


1 | Pe 


'& 
482 | | 
(aröpa Yozındr). Das Blut zu bereiten und in den Ker⸗ 
per zu vertheilen ift die Berrichtung ber Venen '). Bes 
- trachten wir jeßt ipen Umfang anatemifcher Kenntnifle, 
und bie theoretifchen Grundbegriffe, die bierauf führen 
fonnten. _ 

Nervenpaare 2) Eennt Galen fieben: 1) den Sehne 
-ven, 2) den. gemeinfchaftlihen Muskelnerven des Auges, 
3) den getheilten, 4) den Dberfinnbadennerven, 5) den 
Gehirnnerven, 6) den Stimmperven, 7) den Zungenners 
‚ ven; fo daß alfo in diefer Zählung ber’ Geruchsnern, ber 
Raollmuskelnerv, der aͤußere Muskelnerv des Auges, der 
Geſichtsnerv, der Zungenfchlundnerv und der Beinerv, 
nach unferer Zaͤhlung das erfte, das vierte, bas fechfte, das. 
fiebente,, das neunte und das elfte Paar fehlen. Der Ga 
ruchsnerv war ben alten Zergliederern unbefannt; Galen 
ſcheint ihn zwar gefehen zu haben, denn er fpricht_ von zwei 
länglichten,, hohlen Fortfägen, die aus dem vorbern Theil 
der Hirnhoͤhlen entfpringen, und zur &iebplatte fortgehen 
follen >); doch hinderte ihn die Vorausſetzung, daß nür der 
vordere Theil der Hirnhöhlen, das Geruchswerkjeug fei, 
über feine Verrichtung ſich deutliche Begriffe zu machen: 
Er. verließ ſich hierin beſonders auf einen Verſuch mit 
Schwarzkuͤmmel, der in die Naſe gezogen, gerade in die⸗ 
fem heile des Gehirns Empfindungen erregen follte *). 
Diefe Meinung entfprady denn auch feiner Anficht vollfoms 
‚men, daß bie wahrzunehmenden Geruchstheile zwiſchen dem - 





1) De Usa part, L. I. c. 16. p. 299. A. 


2) De Nervor. dissect. C. 0, p- 241. seq. — Wergl. de Usu 
parı. L. IX. c. 8. — 12. p. 514. seq. 


3) De Instrament. odorat. C. 2. p. 355. T. V. pr 
4) Ebend. C. 4. p. 358. 





Feuchten und Laftigen mitten inne fländen "), denn für 


diefe Art von Stoffen fchien ihm jenes Theil -des Gehirns 


geeignet zu fein, ſo wie bie Durchſichtigkeit des Auges für 
das Richt, bie luftige Beſchaffenheit des Ohrs für ben Scheß, 


und bie feuchte Veſchaffenheit der Zunge. für ben Gefchmarl. 2). 


Die Grundzüge der Elementartheorte, die den Haupttheil 


. , . 
’ 
. . 
. 
“ 8 “ “ 
. 
. . 


feines Lchrgebäudes Augmacht, find hier unvgrfennbar. Zus 


glei Tonnte er fich deu alten Annahme nicht: erwehren, 
dag die Siebplatte zur Yusfonderung der dicken, fchleinds 
gen Stoffe aus dem Gehirn befiimmt fei, fo wie bie 
Naͤthe des Hirnſchaͤbels zum Durchgang der feineren, luft⸗ 


förmigen °), ſondern führte fie mit denſelben Spitzſindig⸗ 


keiten aus, bie bereits Ariſtoteles hinzugefugt hatte. 
Bon Mervenausbreitungen auf der inneren Maſenhaut iſt 
daher nirgends bie Rede, doch kannte er die Fäden vom 
fünften Paar *), denen er jedoch eben ſo menig, wie der 
ganzen Haut, irgend einen Antheil am Geruchsfinn zuge 
ſtand °), weil fie ibm mehr zu den härteren zu gehören 


ſchienen. Ueberhaupt muß bier gleich der Unterſchied be 


merft werden, den er zwiſchen den harten, den weichen, 
und den in dieſer Hinſicht mittleren Nerven zu machen 
pflegte. Die harten ſind zur Bewegung, die weichen zur 
Empfindung geeignet, die mittleren koͤnnen in geringerem 


Grade beiden Verrichtungen vorſtehen. Die harten Bewe⸗ 


gungsnerven entſpringen groͤßtentheils vom Rüdenmark, 





I) Ebend. C.2. pP» 356. 
9) Ebene. 


3) Ebd. C. 2. p. 355. — De Usa parı. L. VIIL e. 7. p. 494. 


L.IX. c. 2.3. p- 508 
4) De Instrament, odorat. CN3. p- 356. 
I. n * E h2 2 N 


- 


484 


die weichen vom vorderen Theile des Gehirns, die mittleren 
vom verlängerten Mark '). 
Hiernach konnte es nicht fehlen, daß er den Sehner⸗ 


| ‚ven für den weichſten hielt, denn es hing ja augenſcheinlich 


feine Bewegung von ibm ab. Er beſchreibt feinen lieber 
gang in die Netzhaut fehr richtig, und kennt felbft den 
Kanal der Sentralarterie, der feiner Meinung zufolge Aris 
Roteles und die Äbrigen Alten verleitet hatte, ihn für 
durchbohrt zu halten *). Er leitet feinen Urfprung zuerft 
"son ben Gehehügeln ab, und verfihert, ihn bis an bie 
Bände bes hinteren Endes ber Hirnhoͤhlen verfolge zu has 
ben, um feine Borausfeßung zu beftätigen, baß das Sehen 


vermittelft des Empfindungsgeiftes (wrıöan Yuzızer, ſonſt 


geradezu owrıncr genannt) gefhähe, ber eben hier bereitet 
‘würde, und durch die feine Hoͤhlung der Nerven den Aus 


gen zuſtroͤmte (Imigele) >). ine vollfommene Kreuzung, 


der Dehnerven nimmt Galen nicht an, fondern nur eine 
Bereinigung der beiderfeitigen Kanäle, damit durch die et⸗ 
wanige Berftopfung des einen das Sehvermoͤgen nicht vers 
mindert würde, indem dann noch der Empfindungsgeift aus 
dem bintern heile des verftopften ſich mit dem des durch⸗ 
gängigen vereinigen könnte *). Mehrere Verſuche werden 


. hier zum Derosife diefer Behauptungen angeführt, die Gas 
Sen ihnen zu Gunſten auslegt. eine feltenen mathema⸗ 
tiſchen Kenntniſſe kamen ihm ˖ bei der übrigen Erklarung des 


Sehens trefflich zu Statten. 


Der Urſprung des gemeinſchaftlichen Muskelnerven 


1) De Von part. L.IX c. 14. p. 523. T. IV. 
2) De Nerror. dissect. C. 2. p. 241. IV. 
3) De Usu part. L. XVLc 3. 676. B. 

4) Ebend. J. X. c. 12. 14. p. 346. 550. : 


x 


⸗ 


* 


485 


bes Auges iſt nicht deutlich angegeben, wie denn Überhaupt. 
darin Galen's Mervenlehre mehrere, Läden zeigt, deſto 


richtiger aber ber Ausgang beffelben '. Wahrſcheinlich | 


glaubte er, daß dieſer Nerv in fümmtliche Augenmusfeln 
vertheilt würde, ‚deren, Zehl er auf fieben feftfegt, ohne je⸗ 
doch den untern ſchiefen, ben Augenlied> und den Rolls, 


‚musfel näber zu befchreiben, oder wenigſtens den letztern 
mit dem Augenliedmuskel zu verwechſeln *). 


Daor getheilte Nery war bereits vor Selen von Dia 
sinus mit ausgezeichnetem Fleiß unterfucht, ‚aber ganz ums, 


Rasthaft in zwei Paare getrennt worden. Diefe Theilung 


bebiele Galen bei, fo daß unter feinent. britten Paar. der 


* Unterkinnbadienner» und der Augenaft, und unter feinem viers 


ten ber Dberkinnbadennern begriffen werden ‚ Dan ſieht, 
daß Marinus die beiden Wurzelportionen für zwei verſchie⸗ 
bene Nerven gehalten harte, Weiterhin tft zwar der Verlauf 


‚ der einzelnen Aeſte nicht ganz genau verfolgt, doc, gereiche 


ſelbſt das bloße Unternehmen einer fo ſchwierigen LUnterfüs 
hung dem Zeitalter zur größten Ehre. ’ 

Hierauf folge ber Gehoͤr⸗ und der Geſichtsnerv als das 
fünfte Paar. Marinus batte fig beide für einen Merven 
gehalten, Galen unterfcheidet fie vollfommen richtig, fins 
bet aber doch feinen Grumd, eine Neuerung vorzunehmen *). 
Er kannte ihre Einfenfung in den innern Gehörgang, feldft 
mit Unterfcheidung der für fie beftimmten Löcher, wußte nad) 


" ſchon früheren Bearbeitungen, daß ber Geſichtänery aus 


ben Foramen stylomastoideum 'heraustrat, und hatte fih 


fogar von der Krümmung des Endchernen Kanals durch Auf⸗ 


—erÊſ — — 
1) Do Norror. diaacet. C. 3, p. 242. A, 


2) DeUsu part. L X. c. 8. 6. p. 340. 343. D. 
3) De Noerror. disseet, C. 4. 3. p. 242. 
4) Ebend. C. 6 p- 243. 


r - 


x 


Be. . t 

ſchlagen des Felſenbeins aberzeugt. Geine Vorgänger hat: 
tim jenes Loch das blinde genannt, weil es Ihnen begreiflich 
memals gelungen war, mit einer Borſte durchzudringen. 
Die weitere Bertheilung des Gefihtsnerven und ſeine viel⸗ 
fache Verbindung mit den Aeften des untern Kinnladenner⸗ 
ven tft twieber mir einer ruͤhmenswerthen Genduigfeit dars 
geftelft , die uns den, vortheilhafteften Begriff von Galen’s. 
Zergliederungsfunft beibringt. Die Ausbreitung des Gehoͤr⸗ 
nerven ſcheint GBalen nicht untetſuche gu haben, doch bes 
merke er wenigſtens, daß er dem einbringenden Schall bildß 
liege *), und laͤßt bag Hören fo wie das Sehen burch den 
Luftgei (va dkerener) erfolgen *). . 

Die Beſchtkibung des Ausganges, des Verlaufes und 
der Vertichtung bes Stimmnerven ſcheint der vorzuͤglichſte 
Weil der Galeniſchen Nervenlehre zu fein. Daß dieſer 
Merv bis in den Magen geht, und feitte Aeſte zu den Se 
ſtechten der Bruſt Tender, ergab die anatomiſche Lnterfü- 
Hung; daß die Stimme von ihm abhängt, ſuchte Galen' 
durch feine Unterbindung zu beftätigen, wie ee denn über 
haupt dich Verſuche diefer Art air Tebenden Thieren der 
Phyſtologie unglaublich genüst hat?) Die Kenntniß des 
zuruͤcklaufenden Aſtes und feines Umfchlagens um die Schläf. 
felbeinarterie laͤßt ſich bei diefer Genauigkeit der Zerglieder 
rung leicht vorausfeßen ). > 

Daffelbe gilt vom Verlaufe bed Zungennerven °) und 
vom der Defchreibung dee Ruͤckenmarksnerven, deren Ui 





1) Meth. med. L. VI. c. 6. p. 153.D. T.X. 
2) De Plac. Hipp. et Platon. L. V. c. 3. p. 161. B. T. V. 

3) De Nerrvor. dissect..C. 7. p- 244., C 10. p. 245.-A. u 
4) De Usu parı. L. VI. c. 15. p- 471. 

5) De Nervor. dissect, C. 8. p. 244. 


oo. | 487 
ſprung fehr ‚richtig, und beren Verthellung beſonders am 


Halſe mit muſterhafter Sorgfalt angedeutet iſt, ſo daß die 


Zuſammenſetzung des Zwerchfellsnerven ſich ohne Schwie⸗ 
rigkeit ergab *). Spuren der Kenntniß des großen ſym⸗ 
pathiſchen Merven feheinen in der Befchreibung ber Anfänge 
der Ruͤckenmarksnerven zu liegen. 

Den Unterfchied zmwifchen Nerven, Sehnen und Bän- 


‚bern anzugeben, war ſchon lange nicht mehr erforderlich, 


und geſchah von Galen auch nur bei Gelegenheit der Wi⸗ 
derlegung alter Irrthuͤmer *). Er biele die Merven für 
wahre Berlängerungen ber Hirnfubftanz, und nur in Ruͤck 
fücht ihrer größeren Härte von biefer abweichend »). Die 
eigentliche Hirnlehre läßt die Defchreibung ber Spinnewe⸗ 


Benhant und mehrerer anderen Theile vermiſſen, deren Auf 


findung erft den fpätern Zeiten aufbehalten war; body lei⸗ 


ſtete hierin Galen nach Herophilus und Marinus 
Vorarbeiten ſehr viel. Man kann feine Kenntniß der vier 
Hirnhoͤhlen und der damit verbundenen Theile ausgejeichnet 
nennen, ımd auch die Befchreibung des Eleinen Gehirgs 
efitfpricht den Erwartungen vollfommen, die nach dem Dis: 
herigen davon zu hegen find. Für das ganze Gebäude der 


Phyfiologie war die Annahme, daß in den großen Seiten: , 


HHlen Luftgeiſt (wreöäa Yuzızor) bereitet würde, und diefe 
Hoͤhlen zugleich das Geruchsorgan und der Ableitungsiveg 
der Unreinigkeiten aus dem Sehien mären, von großer 


ſchien ihm keinen andern Zweck zu haben, als jenen Getft 





2) Ebend. C. ır. p. 246., C. 15. p. 248 

2) DePlac. Hipp. et Platon. L. I. c. 9. p. 85. T. V. — De Usu 
part. L.I.c. 17. p. 299. D 

3) De Motu muscutor. L.& c. 1. P. 365.3. T. V. 


Wichtigkelt. Der -Berbindungsgang zur vierten Hirnhoͤhle 


488 4 
hierher zu leiten, wobei die Zirbeldräfe ungefaͤhr dieſelben 
Dienſte verrichtete, wie der Pfoͤrtner im Magen *). 

Sin dee Muskellehre war es für Galen leicht, Ent⸗ 
deckungen zu machen, indem er als einer der erften ge 
nauen Bearbeiter derfelben auftrat, und mithin zu Maris 
nus und Lykus Vorarbeiten noch viel hinzufügen konnte. 
Gerdde der Unterfuchung und Sichtung des Einzelnen, wo 
es noch ſehr fehlte, widmete er große Sorgfalt, in ber Use 
berzeugung, dadurch, defto mehr für die Nervens und Ge 
fäßlehre Teiften zu koͤnnen; glaubte er aber das eigentliche 
Musfelfleifh für. zufammengefegt aus Nerven: und Seh⸗ 
nenfafern halten zu müflge °), fe mar biefer Irrthum ges 
wiß aus ber Beobachtung der zahlreich in daffelbe vertheil⸗ 


sen Mervenftämme entflanden, und wird auf der andern 


Seite durch die fcharffinnig gezogene Gränglinie bes 110): 
vegetativen und des thierifchen Lebens im “Muskel reichlich 
wieder ausgeglichen. Seine Dfteologie entfprah an Ges 


nauigfeit feinee Muskellehre, konnte fi indeffen von vie⸗ 


len Uebertragungen bes thierifchen Baues auf den bes 
menfchlichen Körpers nicht losmachen. Die Beflimmung 
der. Verbindungen der Knochen, die aber wohl fchon von 
Fruͤheren herruͤhrt, ift die noch beibehaltene ?). 

An dev Darftellung des: Daues und mehe noch der 
Berrichtungen des Herzens und der Gefäße fheint Galen 
ſich felb und feinem Zeitalter vorgegriffen zu haben. Cr 
haͤlt das Derz für musfulds, aber doch in einigen Haupt⸗ 
ruͤckſichten, befonders der vielfachen Verwebung der Fafern 





1) De Usu parı, L, VII. c.8 — 14. p. 495. seq- 
2) De Motu musculor. a. a. D. A. 
3) Da Ossibus ad tirones. Prooem, p. 9 T. VW, 


. 


81 


2.88 


und der gänzlichen Deraubung. ber Merven *) für abwei⸗ 


hend vom Muskelbau, wovon er bie Erklärung in ber vl⸗ 
ligen Ausſchließung deſſelben von den thieriſchen Verrichtun⸗ 
gen leicht auffinden konnte. Die Schlagadern beſtehen nach 
ihm aus drei Haͤuten, durchaus ſo, wie die neuere Anato⸗ 
mie es angiebt °). Sie find zur Aufnahme des mic Lebens 
geift verfehenen Blutes aus dem Kerzen beflimmt, über 
deſſen Bewegung er fo richtige . Begriffe aufftellte, daß 
man der Sache nach ihn für den Entdeder des 
Kreislaufes halten müßte, wenn er fi felbft nicht 
diefe Ehre durch die mangelhafte Beachtung feiner Wahr 
nehmungen entzogen hätte. Dieſe Behauptung bedarf: ins 
defien, um nicht gewagt zu feheinen, eines genaueren Be⸗ 
weifes 2). Durch die Zufammenziehung der linken Hery 
Ffammer wird nah Galen bas Blut berfelben in ‚die ' 
Aorta getrieben, obne wieder zurüdfließen zu koͤnnen, weil 
ibm der Weg durch bie drei halbmonbförmigen Klappen 
verfhloffen wird *). Es ftrdmt von da durch bie ganze 
Länge der Arterien, bis in ihre dußerften Enden, und ers 
gießt fich Hier durch die unzähligen Anaftomofen in die 
Blutadern *), fo daß alfo der Nutzen des Athmens, bie 





3) De Usu part. L, VL. e. 8. p. 4u5. D., e. 18. p. 446. 

3) De anatomic. Adminisir. L, VII. c. 5. p. 151. C T, IV, 

3) Vergl. I. Fr, Carol, Hecker, Sphygmalogiae Galenicae 
specimen. Berolig. 1817. 8 worin diefe Angaben zuerf nitse 
theilt ſind. 

4) De Vau part. L. VI. e. 14. p. 438, A. B. 

_ 5) DeUsu puls, C. 4, p. 438. D. T. V. Galen behielt In 
feiner Yulsichre die grundlofe aber berfömmliche Annobme einer 
wirklichen Zuſammenziehung und Erweiterung der Arterien bei, 
Sie er denn auch für ein Mittel zur Bortbewegung des Blutes 
hielt. Ä 


+ 





. 


— 


a90 
Aufnahme vom Lebensgeiſt, nicht allein dem Herzen und 
den Arterien, ſondern durch dieſe auch den Venen zu Theil 


wird *). Durch die Hohlader gelangt das Blut wieder 


zum rechten Kerzen, wird von ‚ba vermittelft der Lungen⸗ 
urterie (PA) agruewdns) in die Lunge geleitet *), von den 
Lungenvenen (wersein PrAsBad) aufgenommen, und kommt 


"auf diefem Wege endlich wieder zum linken Herzen °), um 


in die Aorta auszufteömen. Der Bau der haldmondfoͤrmigen 
Klappen in der Jungenarterie, fo wie der beiden großen 
In den Herzkammern, bie auf das genauefte Kefchrieben 
find *), wird Hier paflend zu Huͤlfe genommen, fo daß es 
ſchwer halten würde, irgend einen Fehler in der Angabe 
ihres Zmedes aufzufinden. Die halbmondfoͤrmigen verhin⸗ 
bern in beiden Arterien den Rücktritt des Blutes in das 
Herz, die muͤtzenfoͤrmige und die breifpißige den Austritt 
beffelben dus dem Herzen. Die Bewegung bes Herzens 
hatte Galen oft genug an Tebenden Thieren beebachtet, 
und lehrte denn au, daß die Zufammenziehung und Ers 
tbeiterung in den Kammern und den Vorkammern abıwedy 
ſelnd von Gtatten gingen, fo jedoch, daß die Bewegung 
in der obern ſowohl als in der untern. Haͤlfte des Herzens 
immer gleichartig fei, d. 5. eine Kammer mit der andern 


zugleich zufammengezogen und ermeitert werde 9). Daß bie 


rechte Herzkammer der Lunge wegen da fein müßte, ſchloß 
Galen aus der Abmefenheit derſelben in folhen Thieren, 





3) De Usu part. L. IV. c. 17. p. 443. C’— De Usu pals. C. 3. 
2) De anatomic. Administr. L. VIL. c. 11. p- 158. 
_ 3) De Usu part. L. VI.c. ıı. p. 433. 4. 
4) Ebend. c. 14 p- 437. 


5) hend. c. 15. p: 438. — Änatomic. Admisietr. L. VII. o. 25. 
p. 164. B. — Vergl. de Diff. puls. L. IV. e.2. p. 82. ET. VII. 





41 


Sie mit Feiner Lunge verfehen wären !). "Weberbibe kannte - 
et den Unterſchled des Artetien⸗ und’ Venenblutes volkom-⸗ 
Men”), und wuͤrde uͤberhaupt gewiß dieſen Theil Ser Phy⸗ 
ſiologie zu einem Grade von Vollendung erhoßen baben, auf 
dem fie das Dunkel ber ſpattren Jahrhunderte hatte er⸗ 
Kuchen Fänsien, wäre er nicht von den Borurrheilen feines 
Zeitalters abgehalten worden, etwas Liefer: einzudringen / 
und Gegenſtaͤnde zu bearbeiten, die es mehr verdienten, als 
alle theotetiſchen Voraüs ſetzungen. Es ergiebt ſich, daß ihm 
außer ber; Entdeckung der Venenklaäppen, von Der ſich th 
feinen Schriften keine: Spür vorfindet, faſt keln Hfeomiu 
tet fehlte, den Kreishauf zu erklaͤren, Buch ſteht Wh zu 
gieich ans der Verſchiedenheit "der angefüßkderi Berversftetien; 
daß et fee Wahrnehmungen nicht im Kite absefhtoffene, 
zuſßaminenhaͤngende Lehte zuü ·vereinigen, und noch weniget 
fie zu Behuben wußte, woher es denn kam, daß fie bais 
genug der Vergeſſenheit übergeben warden. | 
Be: Runge wird nach Galen aus den Verndeigungen 
Dre : Lungenvenen und Arterien, den Aeſten der Luferohre 
und dem Eraſiſtratuiſchen Parenchym zufammengefeßt ’% - 
Sie dient jur Aufnahme des Luftgeiſter aus der umgeben⸗ 
den Luft; und eben wieder: in der Erklärung. dieſes Bi 
Banges gab ſich Galen's Scharfſinn auf -eine glänzende 
Art zu erkennen, wiewohl wir ihn im Allgemeinen den’ Bis) 
Wer befretenen Weg niche verlaffen fehen. Hippofrates 
dielt das Athmen für eine Ernährung und Abkühlung, 
| Diokles und Phitiftion far eine bloße Abkühlung der 





ı) De Usa part. I. VI. 6.9.7. 46 F- 

2) De Usu puls. G. 2. P- 35. C. Fi — De Usu part. L. VL c. 
17. p- 444 A. 

3) De anatomic. Administr. L. VI. e. 5. p. 151. E 


. 
J 





! 


| 
492 
ehierifchen Wärme, Praragorcs für eine Stärkung und 
Askleyiades für eine völlige Erzeugung der Seele, Eras 
ſiſtratus Meinung war, es diene zur Ausleesung und 
Bewegung des Lebensgeiſtes in den blutleeren Auterien °).- 
Galen erklaͤrte es für eine: Erhaltung ben chieriſchen 
Wärme *), die man vollftändig begreifen wÄrde,: wenn man 
erſt einfähe, welche Stoffe denn eigentlich aus der Luft im 
bie Lungen aufgenommen. würden *). :Dhne diefe -Lenntnif 
verglich er doch vorläufig diefe Wercihtung mit. bem Bars 
Beeunungsprezeß , indem es doch augenſcheinlich fei, Haß. bie 
Flamme uud. das thierifche Leben durch denfelben Beſtand⸗ 
theil der Luft erhalten mürden. . Das Merz ftellte on ſich 
zwar etwas handgreiflich, aber doch. Hiefen Begriffen gemäß, 
als ben breynenden Docht, bas fur. fo wie das Mel. im 
der Lampe als die Nahrung der Flamme, und bie Luft als 
das Erhaltungsmittel derfelben vpr, das durch die: Lungen 
bem Herzen mitgetheile würde *). - Der unbekannte Luft 


ſtoff üft dann, in das Blue aufgenommen, der Lehensgeiſt 


(wreönun, Lurızer, spiriyus vitalis) , dieng zur Maͤßigung uber 
Abkühlung. des: thierifchen Wärme, und verbreiteg- ih mis 


dem Blute durch den ganzem Körper. Hierin war nun zwar 


biefe Anficht aus der alten Theorie etwas folgerwidrig, denn 
diente. die Luft zur Erhaltung der Wärme, fo Eonnte fie 


‚nie zugleich eine Abkühlung, fondern mußte eher eine 
Vermehrung derfelhen hervorbringen, Doch zeige fich auf ber 


andern Seite Galen's Meinung mieber naturgemäß, daß 
durch das Ausathmen eine Ausleerung der unreinen Stoffe 





1) De Usu respirat, C, 1. p 413. T. v. 

2) Ebend. C. 3. p. Aiq. A., 52.5.6 
3) Ebend. pi fig. A. u 
.4) Ebend. p. 240. C. | 


\ 


J u 493 
aus dem Blue, wie des Rauchen beim Feuer gefchähe, de⸗ 
ven. Menge er dem eingeathmeten Lebensgeift gleichfege °). 
Der zweite, aber untergeorbnete Mugen *) bes Achmers 
beſteht in der Ernaͤhrung bes Seelengeiſies (vröun 
„ xss, spiritus animalis), doch geht hierin Galen nicht fo 
weit, ‚als. viele feiner ſyſtematiſchen Borgänger. Der See 
lengeiſt, ber, nach ber alten Lehre, fo wie alles. übrige Geis 
flige im Körper aus Feuer und Luft befieht, und in ben 
' Birnbäglen entmwidele wird, ik auch nah ibm das erfie 
und unmittelbare Organ bee unkdrperlichen @rele ’), bas 
einer Erneuerung eben fo wohl bedarf, wie die anberen 
heile. Der Wahrheit auf den Grund zu kommen, unters 
Band er an Thieren beide Karstiden, und als ee fie dem 
noch fortleben und füh bewegen. (ab, fo ergab fich ber 
Schluß, daß bas Gehirn den Lebensgeift aus dent Merzen 
nicht unumgänglich beduͤrfe, fonbern der Seelengeiſt größs 
tentbheils durch das Anziehen ber geiftigen Luftbeſtandtheile 
durch die Siebplatte ernaͤhrt wuͤrde, jedoch unbeſchadet der | 
theilmeifen. Ernährung auf jenem Wege. Ueber die Matte 
der Seele wagt er dann feine Bermutbung weiter, als daß 
fie. vieleihe die thierifche Wärme, oder irgend etwas andes 
xes durchaus Körperlofes im Gehirn, bas aber an den See⸗ 
lengeift gebunden fei, ober der Geſammtausdruck der Form 
des Gehirns (ro CUumar MUTas Tas zurmeseune) er) fein 
möchte *), und folge in der Eintheilung der Seele, fo wie 
in der Beftimmung ihrer Kräfte der Hauptſache nah Pie - 
t0’s Anfehn. Dem vernünftigen Theile berfelben, der im 





1) Ebend. c5. p. 426, 

2) Ebend. A. 

3) Event. C. 5. p. 423. . 
4) Ebind. p. 425. E. 


{ 


a 


[4 


494 


Gehirn feinen Sitz hat, kommen Bahrnehumngevermögen, 
Gedachtniß, Beurtheilungskreft und mirtelbar bie - fiuf 


- Ginnesträfte zu. Dans bat fie and) das Vegehrungsver 


mögen des. @deln und Schönen. Der Muth und ber Zora 
bes Herzens begehrt nur das feiner Matur Entfprechende, 
Freiheit, Sieg, Herrſchaft, Ehre, Rache u. f. w. und end» 
fich der dritte Theil der Seele, der begehrende ausfchliehlich 
genannt ,. deſſen Wohnſitz die Leber ift, nur das ganz Mies 
dere *). Aus der angenommenen: innigen Berbindung ber 


Seeele mit be Seelengeiſt, biefem Mittelgliede zwiſchen dem 
Korperlichen und rein Dynamifchen,. das aber felbft. als ſub⸗ 


ſtautiell Beränderungen unterworfen iſt, erklärt fich weiterhin 
Galen wichtige Lehre vonder Veraͤnderlichkeit der Seele, 
der zugleich eine Reihe von Anfichten aus der Elementar⸗ 
theorie, befonders aus feiner mehr eigenchämlichen Lehre 


‚von ben vier Temperamenten beigemiſcht find *). 


Alte übrigen VBerrichtungen werden von Galen unter 
dem gemeinfhaftlihen Namen der natürlichen zufammenge 
faßt. So mie bei den erſtgenannten der Seelengeiſt und 
bei den Lebensverrichtungen der Lebensgeiſt bas Mittelglied 
ausmacht, fo wird auch hier ein natürlicher Geiſt (wnuns 
Quosxcr) anerkannt. Das Centralorgan biefer. Berrihtungen 
iſt die Leber. _ Hier ift der Urfprung bey Venen »), bier 
wird das Blue bereitet, und in ihm von bier aus bie 


Mahrung in den ganzen Körper- verfeudet. Doch .gehören 


hierzu auch ſaͤmmtliche Adern, die von dem Darmfanat zur 
Leber. gehen, und die aufgefogene Nahrung vermöge einer 





1) Quod auimi mores corporis temperamenta. segaantur. C, 2. 


y. 445. D. T. V. 


2) Hieruͤber bie ganze vorſlehende Abhandlung. 
3) De Usu part. L1.c.16.p.2994.T.IV, - 


“ a40s 
eigenthuͤmlichen Kraft in Blue verwandeln *). Die neuere 
Phyſiologie hat dieſe lange Zeit verworfene Anſicht wie 
der in ihr Recht eingefeßt, und mit ihrem erweiterten Ge 
biet in Verbindung zu bringen gewußt: Die Milz gefellte 
Galen der Leber als reinigendes Hülfsorgan zu; fie nahme 
aus ihr das unreine Blut durch die große Berbindungsuene 
auf, bearbeitete eu vermittelft ihrer vielen Arterien, die ihr 
Lebensgeift und thierifche Baͤrme in Weberfluß zuführten, 
entnähme aus ben brauchbaren Theilen deffelben ihren eige⸗ 
nen Nahrungsſtoff, und fonderte das übrige Untaugfiche 
als ſchwarze Galle und ſonſtige Unreinigfeiten in den Me . 
gen aus *). Seine Begriffe von der Abfonderuhg find -dys - 
namifche mit mechaniſchen verbunden. Die Gallenblafe bat 
Löcher, um aus dem Blute der Reber die Galle abzufons- 
dern, wobei er fih eine Wirkung der anziehenden Kraft 
vorftelte, zugleich aber auch einen Irrthum beging, ben 
‚ihm die Ahierzergliederung aufdrang ?.. Die Subſtanz 
der Diesen ift Deswegen feft.und ihre Gänge feiner, als in 
andern Abfonderungsorganen, weil fie eine wäfferige Feuch⸗ 
tigkeit anzuziehen und durchzulaffen haben u. f. w. *).- 
Galen's Anfichten über alle übrigen hierher gehörigen 
Gegenftände, enthalten nun größtentheils die Annahme für 
ſich beftebender Kräfte, ganz im Sinne der Peripatetider, 
" denen er hierin treuli und mit Hinzufuͤgung der Lehrfäge 
der Elementartheorie folgte, die auf gleiche Are von Ari⸗ 
ftoteles benuße waren. Hier giebt es alfo eine erjeugende 


es 


1) Ebend. L.IV. c. 12. p. 381. 

2) Ebend. c. 13. p. 386. 
3) Ebend. c. ı2. p. 381. C. ' J 

4) Ebend. L. V. c. 7. P- 404. " 3* 


496 


Kraft *), eine Kraft des Wachsthums *), der Ernährung, 
u. f. w., in deren Darftellung er Erafiftratus mechanis 
ſche Grundbegriffe verwarf, der alle natürlichen Verrichtun⸗ 
gen nur aus dem verſchiedenen Durchmeſſer der Gefaͤße zu 
erklaͤren geſucht batte ?). Alle dieſe Kraͤfte waren jedoch 
den natuͤrlichen Grundkraͤften untergeordnet, naͤmlich ber 
anziehenden (d«rı=a), der abſonderuden *) (wwexgırızs), der 
anhaltenden (suIsurına) und der austreibenden *) (wegewrias), 
Bollig ausgefehloffen von diefer ganzen Theorie blieb das ats 
mififche Syſtem, das freilich mie bem dynamiſch⸗ peripas 
tetifchen fehr in Widerfpruch ftand, und deshalb auch von 
Balen Aberall mit dem größeen Eifer verworfen wird. 
Am meiften ift jeboch in feinem ganzen Lehrgebäube 
bie weitere Bearbeitung und Anwendung der alten Clemens 
tarlebre auf alle Theile der Heilkunde vorherrſchend, und 
bat alfo auch auf die folgenden Zeitalter den größten Eins 
fluß geäußert. Wefentli findet man darin nichts geändert, 
fondern es find nur die alten Hippokratiſch⸗dogmatiſchen 
und von ben Peripatetikern weiter bucchgeführten Lehr⸗ 
füge *). Keinem thierifchen Körper kommt weber im Gans 
zen noch: in feinen heilen irgend eine Elementarqualität 
rein uud unvermifcht zu, fondern man findet fie einzeln ims 
mer mit den andern ‚verbunden, weil die Elemente felbft 
“ nie 





x) De natural, Facultat, L. Le. 6. p 10.7. V. 
2) Ebend. c.7.p.13. _ 
3) Ebend. L II. c. 3. p. 34. 

4) Ebend. LI. c. 13. p. 18. 

5) Ebend. L. III. e. 3. 4. p. 56. etc. 


6) De Elementis ex Hippocrate, L. If. De Temperameätis, 
L. II. T. uf, 


e - 
‘ 


ae Br 
niemals unvermifcht vorkommen, ‚und ihre Verbindung viel; 
fach if. Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit find’ 
daher einzeln ‚genommen, nur in Ruͤckſicht ihres Vorwal⸗ 
tens Eigenſchaften der Körper und ihrer heile, wie z. B. 
im Nerven bie Härte und die Trockenheit, im Knochen bie 
Härte und bie Kälte, im Mustelfleifh die Wärme u. f. m. 
die Übrigen Eigenfchaften verdunfeln '), Blut, Schleim, 
gelbe und fehmarze Galle find die naͤchſten Grundbeftands 
theile der Körper, und felbft wieder aus den abfoluten Ele⸗ 
menten zuſammengeſetzt, deren Eigenſchaften fih in mans 
nichfaltigen. Verbindungen in ihnen barftellen, nad Umſtaͤn⸗ 
den aber häufigen Weränderungen unterworfen find. Das 
Blut enthält diefe Grundbeftandtheile zufammengerommen, 
indem alle verfchiedenartigen. Gebilde des Körpers daraus 
ihre Nahrung ziehen, vereinigte mithin alle Elementareigens 
fhaften, fo daß aber doc die Wärme ben Abrigen vor 
waltet 2). Hierin mußte indeſſen Galen ſeine Anhaͤng⸗ 
lichkeit an die bogmatiſchen Grundbegriffe mit einer Folge⸗ 
voidrigkeit büßen. Denn war das Alyy aus andern Grunb⸗ 
beftandtheilen zufammengefest, fo Tonfite es body wohl nicye 
ſelbſt einen für ſich beftehenden Grundbeſtandtheil ausma⸗ 
hen. Er war gerade in Betreff des Blutes auf einem ga⸗ 
ten Wege, denn es gelang ihm, die Gegenwart noch ans 
derer Beſtandthelle als ber übrigen Grundfeuchtigkeiten, 
z. B. ber thierifchen Faſer und des Blutwaſſers in ihm 
darzuſtellen; doch leitete ihn die angenommene Theorie da⸗ 
von wieder ab, und ſeine Annahmen vorwaltender Elemen⸗ 
tarqualitaͤten in den einzelnen heilen des Körpers und ib; 
ree gegenfeitigen Einmwirfungen wurden danach fo Tünftlich 

1) De Elem. ex Hipp, L. II. c. 2. p. 27. 
2) Eben. | | 
L Si 


° 


und vielfältig, baß man. fich kaum noch aus dieſem verwor 
renen Gewebe von folgerechten Dehauptungei und Widers 
(prüchen hindurch finden kann. Am brauchbarſtan find in 
biefer Lehre feine Anfichten infofern fie die Temperamente 
Ged⸗us d. h. die Miſchungen der Beftandeheile) des gan⸗ 
zen Körpers betreffen. Auch bietin baute er auf einen ſchon 
längft gelegten Grund, fügte indefien fo piel Eigenthuͤm⸗ 
liches Hinzu, daß biefer Gegenſtand aus feiner Bearbeitung 
"in eine? ganz neuen Geftalt hervorging. Die Alten hatten 
wvier Zemperamente aufgeftellt: das feuchte und warme (das 
fanguinifhe), das feuchte und Falte (das phlegmatifche), 
das trodene_ und warme (das cholerifche) und das trockene 
und Ealte (das atrabilarifche). Zwei davon, das erfte und 
leßte, waren zu Zeiten geläugnet worden, weil Wärme unb 
Feuchtigkeit, und Kälte und Trodenheit ſich gegenfeitig vers 
nichteten '). Galen erklärte ſich für. die erfte Annahme, 
und erwarb fi), weit davon entfernt, bie Sache damit 
für abgethan zu halten, das große Verdienſt, die unendlich 
vielen Abftufungen zwifchen den einzelnen X emperamenten 
und ihre Veränderungen und Uebergänge ineinander nad 
Alter, Lebensart, Klima, Wohnort und hundert andern - 
Umftänden genügend nachzuweiſen, /wobei aber freilich die 
Geundſaͤtze der Elementartheorie die vorherrſchenden blieben, 
und nur theilweiſe von ihm. mit den dynamiſch⸗ peripatetis 
fhen verbunden wurden. Dann feßte er zu jenen bier 
Temperamenten noch ein fünftes, in dem weder irgend eine 
Qualität noch eine Kraft_vormwalten, fondern ber Zuftand 
einer gleichmäßigen Webereinftimming zwiſchen allen Statt 
finden ‚follte. “Dies war ihm bie fogenannte Eufrafie, 





⸗ 1) De Tempersment.L. I. e. 2. p. 33. 


- ‘809 
der Zuſtand der volligen Gefundheit "), die durch Feine 
Krankheitsanlage geträbt werde, denn eben in der, Störung 
:jenee Harmonie oder Symmetrie, in dem Vorwalten ir⸗ 
gend einer Kraft.oder Qualität ſchien ihm der Keim einer 
bevorftebenden Krankheit zu liegen *). Doc wußte er auch 
den Begriff der relativen Gefundheit (swefin) der Natur ger 
maß, und wie es nur bei einer’ fo fcharfen Abgränzung alb 
gemeiner Grundfäge zu erwurten ift, barzuftellen ?). 

Im Uerbrigen ‚würden ſich menig Anftchten von, Wich— 
tigkeit auffinden faffen ; die niche fon in der Altern Phys 
fiologie enthalten gervefen wäreh. " Ueber den Bau der Ge 
bärmutter hatte bereits bie Alerandrinifche Schule richtige 
Degriffe verbreitet, und auch Galen benutzt hierin bie 
‚Widerlegung der Praragorifhen Irrthuͤmer, namentlich baß- 
die Gebärmutter nach oben niche in zwei Hörner ausläuft, 
und alfo auch nicht -die Frucht in einem berfelben oder in 
beiden, fondern in der ganzen Hoͤhle ausgebildet wird, bes 
ren Geftalt er mit dein Grunde der Blaſe vergleiht. Nur 
bielt er die beiderfeitigen Uebergänge der Gebärmutter in 
die Trompeten für Andeutungen diefer Bildung, wie denn 
urſpruͤnglich fo völlig eingeführte Anfichten immer noch an 
einigen Spuren zu erfennen find *). Hiernach ift fein in 
Bezug' auf den menfchlichen Bau oft mißgedeuteter ‚Grund; 
ſatz zu beurtheilen, daß die Anzahl der Gebaͤrmutterhoͤhlen 
der Anzahl der Bruͤſte Überall entfprähe *. GScharffinnig 





“ 


1) Ebend. L. Le. 3. p. 35. 
2) Meth. med. L. VIII. c. 3. p. 187. E. T. X. 


3) Debono Hebita, T. X. p. 6. — Bergl. de optima corporis 
mostri Constitutione. T. X. p. I. 


4) De Vteri dissect. C. 3. p. 277. T. IV. 
5) De Usu part. L. XIV. c. 4. p. 635. 


%i2 


+ 


HD 


war feine Vergleichung ber weiblichen mit den männlidden 
Gefäjlechtstheilen und die Nachweifung ihrer gegenfeltigen 
Yehnlichkeit in ben einzelnen Organen Er glaubt, bie 
weiblichen wären ganz bie männlichen, nur auf einem nie 
dern Grade der Ausbildung, und nah innen umgekehrt 
oder link gemacht, fa daß die Gebärmutter dem Hodenſack, 
die Eierſtoͤcke den Hoden und die äußere Schaam der Bor 
haut entſpraͤche. Urſach biefer unvollendeten Bildung ſei 
die Kälte, bie überhaupt beim weiblichen. Gefchlecht vors 
berrfhe, und bei der weiblichen Frucht die Geſchlechtstheile 
nicht zur Entwickelung nad außen kommen laffe *). Dies 
leitet zugleich auf die Vermuthung, daß er eine Gleichheit 
derfelben in der anfangenden Bildung ber Frucht angenoms 
men habe *). Sonſt geftand er beiden Geſchlechtern einen 
heil bei der Erzeugung zu, nur fei ber weiblihe Scene 
fälter und unvolllommener als der ‚männliche, der den eis 


- .gentlihen Keim abgebe, und diene daher mehr zur Er⸗ 





näbhrung deffelben und zur Bildung der Allantois, bem 
Grundſatze zufolge, daß in der Feucht die Kälte das vors 
berrfchende Temperament ſei, und alſd auch einer entfpre 
chenden Nahrung bedärfe 2). Zuerft entftehben die Haͤute, 
dann die Blutgefäße und die Eingemeide (aus. dem maͤnn⸗ 
lihen Saamen) *), zuleßt bie Knorpel, die Knochen und 
bie Nägel 5). Die uralte Volksmeinung von der Erzeu⸗ 
gung der männlichen Frucht auf der rechten und der weiß» 





1) Ebend. c. 6. p. 637. 
2) Bergl. c. 7. p. 639. 


3) Ebend. c. 11. p.647. — De Temperament. I. Il. e. 2. p. 
54 T. IM. 


4) De Usu part, a. a. D. p- 647. 
5) De Temperament, a. a. D. p. 54 


F . | 801 
Men auf der linken Seite batte fi , wiewshl von "Zei 
zu Zeit bezweifelt / denndch erhalten. Mch Galen unter: 
ſchreibt ſie ofe genug *), und nach Kö weur⸗ ts: 


fhton dorch die enſchenng Bepäige nt ern 
har. 
i . . u $  ») Ve Bere Eee EEE Bee er 
Sales patveni⸗ 2) und Semiotit. 


Gal.a. geiſtvolle Bearbeitung der allgemeinen Kraͤnk⸗ 
heitslehre zeichnet ſich durch die genaue Beſtimmung ber' 
Begriffe! vortheilhaft aus’, und enthalt mehrere Gedanken, 
die entweder fuͤr immer eingefuͤhrt geblieben, oder ſpaͤterhin 
wiedergekehrt ſend. Sein Scharfſtun war gerade hier am! / 
rechten Orte, und Eonnte ſich auch, wenn es darauf ankam, 
von biafektifcher Unterſcheidungsſucht entferiit‘ halter. "&e' 
fündheie iſt der Zuſtand der unverletzten Verrichtungen des 
Körpers, Die In ungeſtoͤrter Harmonie neben einander befler' 
ben und den naturgemäßen;, entfprechenden Bau der'.Thele- 
als ihre erfte und nothwendige Bedingung anerkennen. 

— — 

1). Un vlelen Stellen, beſonders de Semin. L. IE. e. S p. 203." 
€. T. UI. Dies Werl wi über dieſe Geampinde burgängi: zu 
amplihen. Ä wm 
ı, 2) ©.26. u tree .— 

:: 3). Sohrifien: De motbarem Diffpsentiig,,— De mprbögtm; 
Geusin, — De symptomstgm Differentis. ‚De ayuptomatum Gain. 
sis, L. II]. — De febriug Differentiis, L. II, — De inaequali infem- 
perie. — De Tabe seu Marasmo. — De Tumoribus praetdr naturam. 
— De Plenitudine. — De Causis procatareticis. — De Tremors, Pal-. 
pitatione, spasmo , Rigore, — De spirandi Dificultate, L. U. — De 
Aorborum Tomporibus. — De Typis. — 'Adrersus 68, qui de ty- \ 
pib scripserunt, — "De Locis affactis, L. VE — De mulietum Affe 
rr. - ViI. — Comm, XI. in Hipp. Epid. 1. III. — Comm. 

. ia Hipp. Aphörismos. — Advenins Lycum et etc. — Adverins Jalia- 
num etc. — T. IX, 











7 
User Biefem Ban (mac). ſind jehach wit Bioh bie 
mechanifhen, fonbeen auch die diemifden Berbaltniſſe zu 
verfichen, denn auch die Grundbeſtaudtheile des Koͤrperc 
gehören hierher, fo daß alfo dieſex Begriff mit dem von 
Miſchung und Form vollſtaͤndig uͤbereinkommt. Krankheit 
iſt der Gegenſatz von Geſundheit, und beruht mithin auf 
einer Störung eher Abweichung Des Danes hie zur Sto⸗ 
rung ber Berrichtungen Anlafı giebt *). Nun - ſind im Bes 
treff des Baues: 1,) bie, gleiſchettigen - Theile zu- unterſchei⸗ 
ben, Arterien, Venen, Nerven, Knochen, Knorpel, Bässe 
ber, Haͤute, Fleifh u. f. w. 2) die daraus zufanımenger 
fegten Organe, Lunge r Herz, Leber, Gehien und pie -Abrir 
gen. Eingeweide, 3) die gemeinſchaftlichen Alementarbaiard. 
theile im ganzen Koͤrper. 

Hieraus ergeben ſich drei Hourtklahen von —*— 
ten: 4) die der gleichartigen Theile (Yl⸗os omerouagis), 2) die 
dee Organe, ober ‚die organifchen (Yires ogyaunas), 3) die 
allgemeinen, infofern fie nämlich auf einem veränderten Vers, 
bältniffe der Grundbeftandtheile zu einander beruhen (acdras 
"ardırer zer). Doch muß bier gleich bemerkt werden, daf 
Galen mitden Übrigen Elementarpathologen die Elemente ⸗ 
an fih für unveränderlich hielt, fo daß alfo hiernach die 
Krankheiten nur in einer Veränderung der Zufamminfebung 
befteben. " Zwifchen Gefundheit und Krankheit giebe es nun 
viele Mittelgrade, und da iſt erft Die Graͤnzlinie, wo bie 
Verlegung der Verrichtungen fih durch augenfheinfühe Zeis 


. r .. ‚ 
⸗ i — - “r “ 228 
————— “ . . 
[3 


1) De Morbor. different. C. 2. p. 1. deq. T. XI. Es anne 
dler und da noch andere, zum Theil Abeoretifihe, zum Theil, 
piriſche Erflärungen von Krankheit vor, do - iff- dieſe bier * 
wichtlgke, vdn der Balen auch die Grundzüge, feines noſologi⸗ 
„ion Syſtems herleitete. ern na 


' N 





chen zu erkennen giebt. Die Krankheit felbft liege vrifden. 
der wahrnehmbaren Störung der. Berrichtungen aus veow: 
ändertem Bad, und ber völligen Berftörung der. Theile *). 


Die erſte Slaffe, worunter die Krankheiten der gleichartigen 


Theile begriffen find‘, hat zwei Unterabtheilungen: 1) Die: 
Seörung-deuimahnnifehen , 2) des khemifchen Grundderhalt⸗ 
niſſes. Auffallend iſt ee allerdings, die Lehrfäße des mecha⸗ 
nischen Dyſtems; beuuutzt zu “finden, dem Galen im. Ue 
beigen voͤllig abhold war; doch gereicht ihm dieſe Wielfeitigs' 
keit auf der andern Seite wieder zur groͤßten Ehre Be, 
füben nämtlichıen der erſten Unterabtheifung die beiden mer 
thodiſchen Kemmustiskten wieder, die Zuſammenziehung und: 


- diei@zfhlaffung, gerade ſo, wie fie von Themifon'ange- - 


gehen waren, nur An einer untergeordneten ‚Stelle, dieAh⸗ 
nen nach feiner. Anſicht allein zuzukommen - fihleni-- - Die 
“zweite Unterabtheilung machen vier ‚Arten von Elementar⸗ 
übeln, nach dem Verwalten der Elementarquälitaten, fo 
daß hier Krankheiten ber gleichartigen Theile mit vorwal⸗ 
tender Wärhie, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit aufge 
ſtellt werden m. rn: beiden Unterabrheilungen werden naß' 


vlilelfache Somplißatistien angenommen‘, deren Zahl ſich ZT 


der Kombination, leicht ergeben. mußte 


— 


Pd 


Die organdfchen: Kraukheiton, bie ' zweite Haupttlaſc 


— in fuͤnf Ordnungen 2), Auſofern bier auf die Ver. 


. dmberung des Baues, auf. die Zuhl, das Zuviel oder Zune 
wehig, auf die Größe, auf bie Lage and mechanifche Ver⸗ 


(gungen des Zuſammenhanges Ruͤckſicht zu nehmen if. 


Wiederum machen bier diefe Fehler vielfache Kompfifationen 





nn Ebeno. C 4 p. 3. 
2) Ebend. C. 12. p. 13. 
3) Ebend. C 6. P. 7. 


JS 


504 


untereinander, fo wie bies auch von allen Klaffen und Ord⸗ 


nungen zufammergenommen gilt.‘ \ 
- Die dritte Klaſſe endlich iſt Die für ſich beftehende ber 


vorwaltenden vier Elementarqualitäten. Galen gehe hiee 


Befonders in Betreff der Urſachen und Komplikationen fehr 


in das Einzelne, wofür überhaupt biefe Lehre mehr afs die 


übrigen empfaͤnglich war ’). 
Jeder wibernathrliche Zuſtand Q) des Körpers 


iſt nach dieſer Pathologie entweder Krankheit, ober Krank⸗ 


heitsurſach, oder Symptom *). "Dee Ausdruck Affektion 
(Budsrıg) gilt für jeden Zuſtand, in ber Gefundheit ſowohl 


mie in der Krankheit und den Mittelgeaden zwiſchen beis 


den. Daraus ergiebt ſich der Unterfchied derſelben von ber 


Krankheit (soo), die der Gegenfag der. Geſundheit iſt. 
Das Leiden (weißes, asaum) wird als die Wirkung einer: 
*erregenden, fortbauernden Lrfach gebache, wie z. B. das 
Gefühl der Verbrennung ein Leiden ift, wenn das Feuer noch 


fortwirkt; iſt Indeffen die Urfach entferne, fo nennt mans 


den Zuſtand nur noch eine Affektion, wiewohl auc hier 
der Sprachgebrauch das Wort wues ( passiv) erlaubte, 
wean. das urfpränglic Erregende niche mehr fortwirkte 


Alles was einer Krankheit vorausgeht und zu ihrer Entſte⸗ 


hung beträgt, if ihre Urfach, und wir ſehen, daß bier 


Galen zum Theil den Peripatetifern ?) folge, zum Theil 
die trefffich ausgearbeitete pneumatifche Aetidlogie * .beibes 
haͤlt. — Symptome find die Zufälle, die,.wähnenb der: 
Krankheit eintreten, und bexfelben wie ein Odarıen nach! 


ı) De Morborum eansis. p. 16. T. vu. _ — 
0) De Symptomat. diferent. LI. c. 1. p 30:5T, M. veq. ı 
3) 8. 41. ©. 236. a we 


45) 9.6. ©. 458. a 


805; 


Toigen Hier werden dann "foren Unterſchiede angegeben, 
geößtentheils in’ der neueren Pecheuege nowebau⸗ 
ten ſind. 3 Tun. 
ı Galen’s Flebertehre iſt Ai um: vorigen neh Berel 
chert, als die ber vorausgegangenen Schulen; Zeit wäre es’ , 
geweſen, bie: peripaketifche Lehre von dei Kraͤften To darauf 
anzuwenden, baß ſich der Begriff vom "Charakter des Fle⸗ 
bers hätte ergeben muͤſſen. Doch kieß Galen dieſe dAns 
ſtige Gelegenheit unbenutzi, ohne aus ben Sraͤnzen der 
Elementartheorie herauszutreten. Das Weſen der Flicher 
beruht nach ihm auf "einer widernaturlichen Veraͤnderung 
der Temperatup *"). Die naͤchſten Berfchiedenheiten ergeben⸗ 
ſich ans der Quantitaͤt der abweichenden Wärme,’ aus ih⸗ 
rem Sitz und der Art ihres‘ Fortfchreitens oder ihrer De 
wegung, In Rüdfiche des Sitzes ber veränderten: Waum⸗ 
findet ein ‚großer Unterſchied Statt, ob das Herz und die 
Abrigen feſten Theile, oder bie Saͤfte, oder ber Luftgeiſt 
davon ergriffen find. Iſt das lebtere der Fall, fo entſteht 
eine Ephemera, die Leichtefte Ark von Piebern, wobel die 
Säfte nur et anfangen‘, erhigt zu werden, yon ihnen 
ſelbſt aber die Waͤrme nicht ausgegangen iſt. Schon Altere 
Schulen, und namentlich die Puneumatiker *) hatten die 
Verderbniß der Safte, die ſte in allen Fiebern annabinen,. 
Fautniß genannt. Auch Galen pflichtete ihnen.bet.”), fo, 
845 diefe Meinung durch fein Anfehn bis in die ſpaͤteren 
Zeiten fortbeſtanden hat. Nur Idugnete er die Gegenwart 
derſelben in der Ephoemera Durchganglg Bereit hler 





4. 101. 


‚» De ‚Different. fobrium L. L c. 1. p. 107. T. var, \- 
en 
3) MD 45. p. 111. ee 6 

4) Tomb. ec. y: P- 4 .Tn.h, J J td 


i 4 


Wechfelficber entfteht von Schleim, das dreitägige yon gel 
ber, das. ‚nientägige; von. ſchwarzer alles .Die' anhaltenden 
Fieber, der Synochus Jowohl.wie die nachlaſſenden aus gel. 
> Ber. Sale p. ſ. mw. 2% «Ueber Anſteckungeoſtoffe findest ſich 
einige gure Andeutungen; auch :mußed Galen, baf es. 
einge heſondern Mplage zu. ührer Wirkung Bebärfe >), doch 


\ 


m in dem. ‚Auflage „.de Typie“ ‚> 152. uud dem folgenden. „adyer- 


die Humoralparhoipgie vor, und Die sueiteren Eintheilungen 
ber Fieber find nur nach dem Typus.) Das ehisdgige 


Base. ſich isfer- Besenfland nah, nicht zu eier ° befonbern 
Lehre geſtalte. erg 


Am. Ganzen fan: marcı der: Bäteaifigen aushbenden | 


Heilkunde den Vorwurf :der mangelnden Hippokratiſchen 
VBeobachtung machen. Scharfſinnig find zwar die Matur⸗ 


gegenſtaͤnde aufgefaßt, body. treten: faſt uͤberall theorerifche 
Aaſichten hinzu, umd das Ganze. zeigt offenbar das Geopraͤge 
ben dielektiſchen Bearbeitung. Dies gilt befonders von Sa⸗ 
Len’s Zeichenlehte *), worin "rei, ungeachet feiner gro⸗ 





1) Ebend. L. Ten. r —* 209 Die eehre vom xyons 


sus eo⸗, qui de typis⸗ scripserunt“, ſebr vollſtaͤndig abgehandelt, 
9) Ebend. LI,o.6.p. 112. 


3) De Different. febr, L. IL. c. 2. p. 108. Hier find — * auch, 
bie bereits befiebenden Unterfchiebe von teriiana und tritaeophya, 
quartana nnd terartophya, honidtonos Oder acmastica, anabatica Ober 
epacmastich ind‘ paraomastica, und mehrere andere angegeben, bie 
im Mittelalter In der Fleberlehre fuͤr die wichtigfien gebatfen wur. 
den, und fih zum Theil In die unfrige fertgepflanzt haben. 
Vergl. Nicol, Piso, de Febribus cognoscendis et curandis L. Ed. 
Boerhaar. T. II. p. 677. 


DE 

4) Schriften: De Pulsibus ad tirones. — De pulsuum Diffe- 
rentiis, L. IV. — De Pulsibus dignoscendis, L. IV. — De Causis pul- 
sum, L. IV. — De Prassagitione ex phlsibus, L. IV. — De Ürinis 
compendium. —-De Crisibus, L, II, — De Diehas deeresstis, L. III. 


- 





on | _ 807 


Ben; Berährung: * Hippofkrates, doch niemals.bie nds 
chige Tunftvalle CTinfachhett - eignen konnte. Er räbme 
felbft feine Kunſt, verwickelte Krankheiten zu erkennen, bie 
auch nach den ergäbleı Beifpielen ungewöhnlich. geweſen 
fin: mag, und groͤßtettheils einer ausgezeichneten Uebuug 
der. Dinne auf- beffimmte Zeichen zuzuſchriben iſt. Unter 
dieſen nimmt ber Puls -beir erſten "Rang: ein, und wurde 
degbalb. von ihm. mit Befohöprer Vorllebe bearbeitet... Er 
- funmelte- darüber das Vorhandene ; guößtentheils "hu bes 
Herophileiſchen und. pneumatifchen Schult, und. fügte dan 
auch zu den Spitzſſudigkeiten der letzteren die felrigenie 
reichlichem Maße hinzu. Das Brauchbare dabaus hat: ſich 
Bis in. die neuere Pulalthre fortgepflanzt, Jebdoch zur: Zagabe 
felbſt ˖ Die hergebrachte drrige. Annahme einer wirklichen Zar 
famımengiehung: ‘und Auedehwins ber. Salcxdera N bs 


14 “4 » t 
‘ ur u .‘ . ’ N ., »e ı 


" ! Fe $ 67. | 53 
Bniens Sherapie- 2). 0b Axinezmittellehre— 
Die : Lehre von ben Anzeigen der Behandlung iſt hei 
Si, g..äuferh forgfältig; doch aber mit-beus Grundfehlet 
feiner übrigen Heilkunde bearbeitet. Auch hier wird Aſo 
lei: onen De Tran 


— Commentarii IT. in L Hipp. de bumoribus. — Comm. m. iq 
“Epp ‚pp. Prognosticon, — — Comm. UL in I. L. Praedietionum Hipp. — 
‚De Pra&notione 2d, Posthumum. — De Venaeseckone Fr, — De De- 
cubinu pfogaostica € ex, mathematica scientia. — Quomodo morbom “i- 
mulantas ‚sint deprehendendi. — 3. VII. — De Dignotione ex In- 
somnüt. — De propriorum animi cuiusque affectuum dignotione. — 

De Cuiusque animi peccatorum dignotione, — ‚De Consuetudinibus, 


—T. vi. 


3) Bergl. 7. x .C, Hecker, Sirene Gelonicen apo- 
cimen. Berolin. 1817. 8. 


22) Särifien: Methedya medandi , ‚IL My, - * hd Glenopnem 








' 
⸗ 


MR Zn 


und nit noch groͤßerem Macheheil der seine Maturſenn von 


mächtiger Worliebe zur Theorie erſtickt. Die Empiriker hat⸗ 
un die Anzeigen der Dogmatiter verworfen, weil Re nur 
auf- dogmatiſche Anfichten gegruͤnbet waren , doch aber allen: 
Nachdenken über den eigensfihen Zweck der Behandlung‘ 


| varnathlaͤſfigt. Gaten haͤtte Tebt.:die Erfahrungsameige: 
ausbilden, oder; wenigſtens min:ber dogmatiſchen vereintgen 


Banen.z..er' blieb: deſſen auf dem betretenen Wege, und 
wagten felbft. den Grundſatz aufzuſtellen, die Behandlungs⸗ 
meiſe mißte an füh. obllig von ber Erfahrung geſchieden, 
und. bAloß aus theoretiſchen Grundſaͤtzen hervrrgegangen 
ſein;: man haͤtte mithin Unrecht, die dogmatiſche Heillunde 
hierin mit der emapitiſchen zu verbinden: "Nash Anzeigen zu 
verfahren, hieß ihm von ber Natur der. Krankheit ſelbſt 
auszugehen, ande däs, was daraus fuͤt die Dehandlung 
folge, ohne Huͤlfe der. Erfahrung alıfzufinden *). Streng 
philoſophiſch genommen, war dieſe Anft cht richtig, doch ftellte 
er dadurch die Heilkunde auf einen: weil hoͤhern Stande 
punbt ‚als fie jemals durch menſchliche Wedrbeitung erreis 


dyen kann; fihadete ihr alfo weit mehr, als aller ange, 


eurativi L. II. — De Venzesectione adversus Erasistratum. — De Ver. 
nes, ‚adr. Erasistrataeog Romag degentes, - De curandi ratione per 

eriaesectionem, — De Hirudinibus, Rerulsione, Coeurbiila 
Scarificatione. — Quos, quihus medicamentis et quando purgare 
oporteat. — De puero epileptica Consilium, — De Ischiade, Arthri- 
tide, Podagra. — De Bemediig parabilibus. — T. x, — Conm. VL 
in | . “Hipp. de diaeıa i in, morbis acutis. T. XL — Ad Thrgsybulum. — — 
De Sanjtare tuenda L, VL. — Comm., in Polybi L, de salubri vieme re 
fione: — De Alimentorum facultatibus. — De ditenuante vicfus ra- 
tione, — De probis prarisque alimentorum auecis. — Praeceptum de 
huxtani corporis constiratiöne, etc, '— ' De’ Privsana. — De parrao 
ia exercitio. — T. VI * 


r Mähod: me L. IIi c. 7. p. 4. 7. X. 


Sn 


wandte. Grharffinn :mirder - gut machen Annie ; Melchen 
Borausfegungen er false, um-bie Natur ber Rrapfpeicet 
an ergründen, und daß es nur Worausfegungen warrn, er 
giebt ſich aus feinen vorgetragenen Pathologie. Den. Fehler, 
der in ‚den Grundbegriffen begangen war, mußte ſich alfa 
in:der Anwendung in demfelben Maße. vervielfäftigen, ’alg 
en. ihn -auszufpinnen fuchtes doch folgte. er- unwillkuhrlich 
und feinem oberften Grundfage zuwider, denuoch den Ge⸗ 
fegen der Eefahrung, fo daß dieſer Theil feiner Helltkunde 
ein Gewebe von unglaichartigen Fäden :gu. fein. ſcheint. 
Das arſte Geſetz der Behandlung ift, Den: krankhaften | 
Zuftand durch feinen Gegenſatz *), 3. B. Fieber. durch bie 
töhlende Methode *) zu beſeitigen; Abahaupt, Hitze durch, 
Kälte, Trockenheit durch Anfeuchtung, Zuſammenziehung 
durch Erſchlaffung, u. ſ. w. zu vertreiben. NDabei · ſind je 
doch eine große Anzahl untergeordneter Anzeigen zu erfuͤl⸗ 
fen, die von der Natur der entfernten Urſache) (Indicauo 
causalis), ber Befchaffenhrit und Lage des leibenden Theile, 
dem Zuftand der Kräfte und den uͤbrigen Umftänden herge⸗ 
nommen find *), die von den Aerzten nicht überfehen wer⸗ 
den dürfen, zum Shell aber qußerhalb der. Gränzen feines 
. Syftems lagen; fo namentlich der Zuftand der Kräfte, dee 
in feiner Pathologie nirgends angegeben iſt und freilich auch 
an einem andern Drte auf bloße Begriffe der Elementars 
theorie zuruͤckgefuͤhrt wird °). Ueber den Gebrauch ber 





x) Method, med. L. VIIL c. 3. p. 187. E. 
2) Ebend. c. J 
3) Ebend. 


4) Ebend. L.V.« II. p. 121.. L. ix... 7. p- 2lt.n Id p. 
217. seq. 


5) Ebend. L VII. e. a. p. 155. seq. —— 














810° | nn 


Oouptmittel finden Tech Feine’ weſentlichen Neuerungen. Das 
Lserlaß iſt bei großem. Ueberfluß an: Blut, Heftigkeit der 
Krankheit, und Aberwiegenden Kraͤften angezeigt, kann je⸗ 
doch unter geroiffen Umſtanden auch in Abrvefenbeit der 
Seichen von MHeberfällung vervebnet werben *). Immer 
ließ Galen aufder leidenden Gelte zur Ader »), theilte 
aber auch Aber-das ableitende Aberlaß ( Venaeseetio revul- 
soria), fo wle uͤber die Ableitung im Allgemeinen untadels 
hafte Anſichten mie *). Ueber die Attmendung und Wir 
kung der Ausleerungsmittel findet man bei ihm bie alten 
bogmatiſchen Grundfäge gegen alle ngriffe bee Schulen 
eifrig vereheibigt —). 

In der Arneimittelehre s) enötih eräffnete ſich ber 
Eiementartheorie ein noch ausgebehnteres Feld. Noch hatte 
man fie zwar nach feinen andern Grundfäßen mit Beharr⸗ 
lichkeit angeordnet, fo daß Galen nur noch wenig zu thun 
fand, doch ſuchte er wenigſtens durch Uebertragung des im 
Allgemeinen Angenommenen auf das Befondere, ſeinen Bors 
gängern den Rang ſtreitig zu machen. Daß das Verhaͤltniß 


8 





x 


1) &bend. L. IV. c. 6. p. 97. — De eurand; rat. por venaesect. 
G B. p. 46.T.X. 
2) Ebend. C. 16. p. 445. 


3) DeHiradinibus, Revulsione, Cucurbitula. Ineisione et Sca- 
rißicatione L. p. 453. T. X. 


4) Method. med. L.IV. c. 6. p: 97. — De purgantiom medica- 
mentorum faculiate L. p, 462. T. X, N 


1 


5) Schriften: De simplicium medicamentoran“ facnltatibus ae 
temperamentis, L. XI, — De Compoditione medicamentorum ‚SBCUN- 
dum Locoa, L. X. — De Comp. med. per genera, L. VIL — De An- 
tidoris, L. I. — De‘ Theriaca ad Pisonem, — De Theriaca ad Pamphi- 
liangın. — De Ponderibus er Mensuris. — DR succedaneis medica- 
mentis. — Synopsis simplicium medicamentorum, T. XI 


® 


/ N 
B | 311 


aller Naturkoͤrper zu einander and alſo :aud: der Arzneimit⸗ 
‚tel zum Koͤrper und feinen. eimelnen: Theiler nach ihrem 
Temperamente zu. beurtheilen fei *),.ift bei wichtigfte Lehr⸗ 
ſatz, der hierin allem Uebrigen zum Grunde liegt. Daraus 
vergab ſich aber, daß jenes Verhaͤltniß immer. nur ein reia⸗ 
tives fein Eonnte, ‘und bie jedesmalige Wirkung des Mies 
tels insmer nur nach. bem Befondern. Zuſtande des Kranken 
ober des. leidenden Theils ausgemacht werben mußte. Ze 
Aberall, ſuchte er auch hier den feſten Punkt, von dem die 
Beurtheilung ausginge, nicht im ben. hoͤchſten oder deu nik 
drigſten Graben, fondern in einem gleichmäßigen Mittelzu⸗ 
ſtande, ber in ben Arzneimitteln der harmoniſch temperirte 
fei, fo daß Feine. vorwaltende Elementarqualltaͤt auf dei 
Körper einwirfe. _ Dann mirb bie Stärke bes Vorwaltens 
derſelben in vier. Grabe eingetheilt, von denen ber. erfte 
nicht finnlig wahrnehmbar fei, der zmeite füch durch offen» 
‚bare Zeichen zu erfennen.’gebe, der dritte heftig, und ber 
vierte zerſtoͤrend genannt werben fönne,. wie dies bei der 
ſtarkſten Wirkung ber Hitze und Kälte beobachtet: werde *). 
Weiterhin ift diefe Anfiche noch mit vielen Spisflndigfeiten 
durchgeführt, doch bleibt Galen nicht bloß bei den Ele 
mentargualitäten ftehen, fondern nimmt auch .empirifch alle ' 
‚möglichen Wivfungsarten an, die fich damit nicht in Wer 
bindung briugen laſſen. So giebt es bei ihm ausleerende, 
-anbaltende, verdidenbe, verbünnenbe, jufammenziehende, 
erfchlaffende, Faͤulniß erregende, u. v. a. Mittel >). Bus 
gleich bemuͤhete er ſich, gewiſſen ſinnlichen Eigenſchoften der 
Mittel zum Theil mit vieler Wintühruſcheit Elementarqua⸗ 





1) De Temperament. L. III, c. 3. p. 80. T. u. 
2) De simpl. medic. facult, L. V, c. 27. p. 140. T. xII. 
3) Ebend. LI. e. 14. p. 70., c. 21..p. 80. 


512 . 

litaͤten Anterzulegen, nahm 3. ©. in den. bittern einen ho⸗ 
ihen, in den fuͤßen: einen niedern Grad von Wärme *), 
and in den Säuren Kälte *) an; fuchte endlich auch Aber 
die zufammengefehten Kräfte der Mittel, die in einem und 
demſelben oft widerſprechend waͤren, einiges Licht zu vers 


‚ ‚breite >). Als Beifpiel für ales Uebrige mögen hier nur. 


Galen’s Meinungen über den Mohnſaft ſtehen: Er ift 
Seinem. Zemperamente nad, fo wie alle andern narkotis 
schen. Mittel kalt, bringt daher im Koͤrper eine bedeutende, 
im hoͤchſten Grade eine unüberwindliche Kälte bervor *). 
Daraus ergiebt fi, daß. man. ihn zur Mäßigung feiner 
Wirkung. mit erhitzenden Mitteln verbinden muß, unter 
denen das Castoreum das geeignetfte if. Damit rieb man 
ähn Lange Zeit vor dem Gebrauche in verfchiedenen Verhaͤlt⸗ 
niſſen zuſammen, gewöhnlich zu einem Drittbheil, oder auch 
‚zu gleihen Theilen, wenn er ſtaͤrker wirken fellte ). Ge 
wuͤrze und fcharfe Mittel, z. B. Pfeffer waren ibm in 
mehreren Zufammenfeßungen, befonders im Philonium beis 
gemiſcht, um die Wirkung eindringender zu machen *), wie 
man denn auch biefelben Matel näcft dem Wein und den 
allgemeinen Mitteln gegen Bergiftung in dev Opiumvergif⸗ 
“tung anivandte ?). Am häufigften brauchte man den Mohn⸗ 
ſaft Außerlih -in Form von Pflaftern, Cinreibungen u. f. 
w. und hielt zur Auflöfung deffelben ben dickgekochten Moſt 
— — Gepe) 


1) Ebend. L.IV. e. 9. p. 95. 
2) Ebend. c. 12. p. 97. 
3) Ebend. L. U. e 15.p.70. ° 
4) De Compos. medic. sec. loc. L. VIII. c. 3. p. 572. E. 
5), Ebend. L. II. e. 1. p. gt. 
6) Ebend. L.IX. c. 4 p. 610. 
7) De Antidot. LU. e. 7. p. 906. 





u | 5 513 


(Sapa) für paffender, als die füßen Weine *), Wie un 
vorſichtig man aber noch fortwährend in Augenkrankheiten 
damit umging, bereifen die häufigen Fälle von fchiwarzem 
. Staar, Geſichtsſchwaͤche, Schwinden des Augapfels und 
vielen andern Uebeln, die danach erfolgten °). Galen hält 
ihn unbedingt für das ftärffte betk ubende und fchlafmachende 
Mittel >), das fehr leicht uͤbele Folgen binterlaffe, deshalb 
auch mit der größten Vorſicht und nur im dußerften Nord: 
fall innerlich anzumenden fi 9). - Gegen die Krankheit an 
fih wirfe er durchaus nicht, fondern nur mittelbar durch 
Stiflung der Schmerzen und Beförderung des Schlafes 2), 
ſei daher in allen ſchmerzhaften Uebeln, in jeder Schlaflo: 
figfeit, im Kuften *), in der Pirnwutrh ”) u. f. w. von 
unfhäßbarem Werthe. | | 
Galen’s Verdienfte um die Chirurgie *) find minder 
bedeutend; er ließ zwar dies Fach nicht unbearbeiter, doch 
fehlte es ihm an der nöthigen anhaltenden Uebung, und ned) 
"mehr an der ausfchließlichen Neigung dazu, die hierin allein 
zu ausgezeichneten Leiftungen emporfommen läßt. Daher find 
feine chirurgiſchen Arbeiten viel unvollfommener und: menis 
ger vielfeitig, als die früheren, und werden auch von benen 
feiner Nachfolger bei weitem uͤberſtrahlt. | ' 





1) De Compos. medic. sec. loc. L. I. e. 1. p. 3gr. 

3) Meth. med. L. U. c. 2. p. 56. T. X; 

3) De Compos, medic, sec. loc. L. IX, e. 4. p. 610. 
4) Ebend. L. II. e. 1. p. 369., L. III. c. 1. p. 398. 

5) Ebend. p. 394. 

6) Ebend. L. VI. c. 4. p. 548. B. 

7) De Therisc. ad Pison. L. 1. c. 10. p. 944. 


9) Schriften: Comm. HI. in L. Hipp. de medıcı officina, — 
Comm. III. in Hipp. L. de Fracturis. — Comm. IV, in Ilipp. L. de Ar 
tienlis. — T. XU. — Meihodus medendi, TI. X. 


L \ KE. 





54 -. 
In diefem Zuftande ward die Heilkunde den folgenden ' 
Zeitaltern übergeben, während ſchon die allgemein gewordene 
geiſtige Schlaffheit den Verfall der Wiffenfchaften vorbereis 
tete. Meue Bearbeitungen wurden nicht weiter geivagt, das 
innere 2eben war aus der Kunft verfhmwunden, unb man 
bielt von jest an ohne feibftftändiges Forfchen die Denkmaͤ⸗ 
leer und die Trümmer der Bergaugenheit für den Inbegriff 
alles Vollkommenen und Unerreichbaren. Die fpäteren Jahr⸗ 
hunderte bedurften eines Leitfterns., und es wäre ihnen fein 
befferer zu wuͤnſchen geweſen, als Galen ‚ den fie ſich zum 
aAbgott wählten, hätte er nicht von feinen Leſern Bildung 
und Gewandtheit gefordert, die bon ber einbrechendeg Fins 
fterniß des Mittelalters mehr und mehr verdrängt wurden. . 
Dhne dieſe Bildung nahm man die theoretiſche Spreu in 
ſeinen Werken fuͤr lautere Wahrheit, und vermochte dann 
freilich nicht, ſeinen Scharfſinn und ſeine tiefe Kenntniß 
der Natur fo zu würdigen, daß fie zu einem regen wiffen: 
fhaftlihen Treiben im Geifte des blühenderen Alterthunis 
hätten Aufforderung geben Eönnen.e eine geifttödtenbe 
Meitfchmweifigfeit erſtickte alles Selbſtdenken, was übrig blieb 
war daher nur leere Bewunderung des unnachahmlichen 

Vorbildes. 





u 








Herte ı 50. 


Heetad, 49. 

Aeale, 50. 

Heichrion von Pergamus, 357. 

Aeskulap, 49, 56. 

Agameda, 49. 

Agatharchides, 423. 

Agathinus, 452. 

Aaefllaus, 208. 

Abia, 44: 

Afeſiaſs, 211. 

Akeſtoes, 57. 

Akron von Agrigent, gr. 

Afumenus, 211. 

Albinus, 473. 

Albutius, 397. 

Alerander, 228. — Ampntae, 117. 
— Von Laodicen , 395. — Pils 
alethes, 313. 

Aleranor, 54. 

Alerippus, 261. 

Alfındon, 76. 

Amaſis, 40. 

Ammonius der Lithotom, 319. 

Amntas, 228, 318. 

Amptis, 65. 

Anaragoras, 02. 

Anaxrimenes, 92. 

Andreas von Karyſtus, 310. 

Androcydes, 261. 

Andromachus von Kreta, 442. 

Andron, Zı1. 

Antigene, 228. 

Antigonus Gonatas, arı. 

Antiflea, 54. 

" Antiogus, 272. — Don garhiern, 


Mannafer, 410. 

Antonius Muſa, 396. ⸗ 

Avpellideſs, 316. 

Apsemantes, 277 , 298. 

Apollo, 48. 

Kpelendeh, 65. — Don Enpern, 
41 


Areus, 


Ariſtorenus, 74, 269. — 


Abelloniu⸗ Biblas, 343. 
Apollonius, der Dogmatifer, 186. 
Apollonius, der Empirifer, 343 
Apolloulus von Memphis, 293. 
Apollontus Mys von Kittium, 310, 
312. 
Apollonius Ther, 312. 
Apolleyhanes, 293. 
Apulejus Gelfuß, 411. 
Aratus von Goll, 353. 
Archagathus, 364. 
Arhelaus, 178. 
Arhigened von Apamea, 453. 
Archimedes; 316. 
Aretaeus von Kappudotien, 465. 
45 
Ariitae , 48. - 
Ariſtion, 317. " ' 
Ariſtogenes, 210, 
Ariſton, 211. 
Ariſteteles, 228. 
Der He⸗ 
rophifeer, 314. er 
Aeruntius, 397. 
Arſinde, 49. 


Artarerres Mnemon, 65. — Ra 


krochir, 65. 

Arcemidorus Capito, 120. — Von 
Gida, 293. 

Aikiepiades von Pruſa, 365. — 
Don Myrlea, 368. — Pharmar 
cion, 443. 

Athenäus, 449. 

Athene, dB. . 

Athoſthas, f. Athotis. 

——— 1. 

Atofle, 

Attatus Phitewetor, 347. — Der 
Methodiker, 423. 

Auguftus, so, 396. 

Bacchius von Zanagra, 208. 

Barbarus, 474. Anm. 6. 

Bellienſs, 425. 

Boethus, 474. Anm. 6. 

Bpbafus, 54. 


Kt2 


{ 


die Humoralpathologie vor, und bie sueiteren Eintheilungen 
ber Fieber ‘find nur nady dem Typus.) Des ehitdgige . 
Bechfelficher entſteht von Schleim, das dreitaͤgige von gel⸗ 
Ber, Das. ;niedpige: vn. ſchwarzer Sales dir anhaltenden 
Gieber, der Synochus ſowohl. wie die nachleſſenden aus ge. 
ber, Galle u. ſ. m. *). eber Anſteckungoſtoffe finden ſich 
einige gute Apdeutungen; much wußte Galen, daß es 
einqr befosidern. Aplage zu ihrer Wirkung. bebärfe s), body; 
hasse ſich . Atsfer- Besenftand nach nicht zu eiter befanden: 
Schar geßalte. _ -: u _ 
Sim. Ganzen. kenn mancıder: Bätepifen ausübendew 
Heilkunde den Rprmurf der mangelnden Hippokratiſchen 
VBaobachtung - machen. Scharfſinnig. find zwar ie Datur⸗ 
gegenſtaͤnde aufgefaßt, doch treten: faſt uͤberall theoretiſche 
Aaſichten hinzu, und das Ganze. zeigt offenbar das Gapräge 
den dielektiſchen Bearbeitung. Dies gilt befonders von Ga⸗ 
len's Zeichenlehte *), worin er "Ra. angeachtet feiner gro⸗ 
1) hend. L. I. c. a. r Pr 0% Die- ‚Rehre vom Zoos 
iſt In dem Aufſatze „de Typis p. 152. uud dem folgenden advor- 
sus eos "qui de typis scripserunt “, » febr vollſtaͤndig abgehanbelt, 
e) Edend. L. I. o. 6. p. 112. 
9 De Different. febr. L. DL. c. 2. p. 108, Gier fi nd dep auch 
ble bereits beſtehenden Unterſchiede Yon teriiana und tritaeophya, 
quartana nnd tetartophya, honidtonos oder acmastica, anabatica Oder 
epacmastich’ind' paraomastica, umd mehrere andere angegeben, Die 
km Mittelalter in der Fleberlehre fuͤr die wichtigſten gebatfen wur 
ben, und fib zum Theil in Die unfrige fortgepflanzt haben. 
Bırgl. Nicol. Piso, de Febribus cognoscendis et curandis L. Ed. 
Boerhaar. T. II. p: 677. 





u Tre. 

4 Schriften: De Pulsibus ad tirones. — De pulsuugn Diffe- 
rentüs, L. IV. — De Pulsibus dignoscendis, L. W.— De Causis pul- 
swam, L. IV. — De Praessgitione ex phlsibus, L. IV. — De Urinis 
compendium. —-De Crisibus, L. III. — De-Diehus daeressBis, I. I. 

> % 


. 
. . - 


= 


- 


Kalliphon, 90. 
Kalliſthenes, 262. 
Kambyſes, 40. 

KAaffanter, 262. 

Kleanthes, 209. 

Kleon, 320. 

Kleopafra, 354. 
Kleophantus, 346, Anm. 6. 
Sigtemnaeftra, 50. 
Koronis, 49. 

Krateruß, 261. 

Kratevas, 346. 

Kretorena, zıı, 

Krito, 443. 

Kritebulus, 261. 
Kritodemus, 261. 

Krteſias, 65. 

denacus, 345. 

Seonides von Aerandtien, 43. 


Leucippus, 49, 06. 


Lirinius Peak 445. 
Linus, 48. 


Lipe, 26. 


Livia, 410 

Lucius Derus, 474. 
Lueretius, 425. 

Lykon, 269. 

—* 437. 

Lyſanias, 364. 
Lyfimachus, 226. . 
Nachaon, 50, 52, 53. 
Manetdo, 31. ' 
Mantias, 306. 
Marcus Artorius, 296. 


Bareus Aurelius, 443. 


Magnus von hr efus, 462. 
Marinus, 436 vbeſus 63 
Marticns, 205. 
Mattbioius, 267. 

Medes, 49. 

Medius, 210, 

Megabpzub, 65. 

Meges von Sidon, 433. 
Melampus , 48. 

Melifus, Kr. 

Mencitrates, 260. — Bon Hess 

phleta, 440. 


517 

Muaſeas, 419. 

Mnemonvon Side, zıg, 341, Aum.7. 

Mneſitheus, 226. . 

Monas, 264. 

Moſchion Diorthotes, der Atklepia⸗ 
deer, 395.'— Der Schriftſteller 
über Weiberkrankheiten, 446. 

Moſes, 41. 

Muſaeus, 48. 

Nectanabis, 208. 


‚Nero, 413. 


Neſtor, 53. 

Niceratus, 394. 

Nileus, 317. 

Nifander von Kofophon, 348. 

Nifarchus, 218. 

Nikias von Milet, 293. 

Nifomahud, 54, 228. 

Nikon von Agrigent, 396. — Ges 
len's Vater, 472. 

Numeñius, 226. 

Numefianus, 437. ' 

Nymphodorus, 317. “ 

Denone, 49. 

Deretes, 91. 

Digmpifuß, 418. 

Ophiuchos, 49. 

Dpiaina, f. Zune. 

Dribafins, 467. 

Orpheus, 48. 

Dffipaaa , 360. 


Pamphilus, 443- ’ 


Nanafea, 50, 51. 
Narfienides, 81. 
Paſikrates, 316. 
Patroklus, 49. 
Paulus, 474. Anm. 6. 
Naufeniad, 62, 261, 
Pelops, 437. 


[ 


" Merdiffas, 64, 117. 


Merigenes, 3180 
Nertinas, 477. , 
Petron, 227. 
Netronius, 304. 
Neucenas, 01. 
Phaon, 211. 
Pherechdes, 72, 211. 
Phidias, Kur. 


Menemachus von Aphrodiſias, 411. Phila, 117. 


Menius Rufus, 443. 

Menodorus, 294. 

Menodotus, 335, 356. 

Mephitis, 359. \ 

Meffalina, 411. 

Meton, 211. 

Meteodorus von ob, 90. — ESchü⸗ 
ler des Chryſipp, 210. — Ans 
hänger des Aſklepiades, 346, 395- 

Mithridates Eupator, 344. 


Phiſetas, 211. 
Philinus von Kos, 326. 

Philippus, 229. — Don Akarnanien / 
361. — Der Pneumatiker, 463. 
Philiſtion von Lokri, 207. 
Philo, 419. — Von Tarſus. 441. 

FH 53. 
Philon, 
— yon Dyrrhachium, 390. 


Philopator, 472. 


U 
» 


4 





518 


Philotimus, 226. 

Philorenus, 320. 

Philumenoſs, 420. 

Phleges, 433. 

Phienyas, 49. 

Photius, 65. 

Pilumnus, 360. 

Pirithus, 78. 

Pittalus, 211. 

Plato, 188. 

Plinius, Caius — Secundus, 434. 

Pliſtenit᷑us, 226. 

Podalirius, 50, 52, 64. 

Polemofrateſs, 54. 

Polpbus, 119, 177. 

Dolyfietus, 481. 

Lolyktates, 73, 90. 

Pompejus, 345. 

Poſtverta, 360. 

Praragoras von Kos, 218. . 

Primigench von Mitgiene, 269, 

Preoculus, 410. 

Prodifus von Belymbria, zug, — 
Der Dogmatifer, 186. 

Proetus, 4. 

Profa, 360, 

Protarhus, 321. 

Protefllaus, 49. 

Prolemäus, der Erafiftratder, 293, 
— Philopator, 268.— Soter, 263. 

Pyothagoras, 72. — Aliptes, 108. 

Nothofles, zıı. 

Quang⸗Chou⸗Ho, 26, 

Quintus, 436. 

Kheginus, 429. 

Rome, 50. 

Kubrius, 397. 

Rufus von Epheſus, 438. 

. Sabinus, 473. 

Salome, 43. 

Salus, 360. 

Gatyruß, 437. 

Schneider, 267. 

Scribonius Largus, 412. 

Seleufus Nikanor, 272. 

Septimius Severus, 477. 

Serapion von Alerandrien,, 326. 

Gerapis, 40. 


Gergiuß, 474. Ann. 6. — Drate,387. 

Gervilius Damokrates, 441. 

Sertius Niger, 304. 

Soranus von Ephefns, 425. ' 

Soſtratus, 313. 

Sphyrus, 54. 

Sprengel, 267. 

Stertinius, 397. 

Strato von Lampfafud, 268. — Ben 
Berytus, 277, 292. 

Gtratenice , 272. 

Stratonikus, 473. 

Syennefis von Cypern, 205. 

Eyivanus, 360, 

Syrna, 54. 

Telauges, 81. 

Telesphorus, 57. 

Teucer, 49. 

Thales, 70. 

Themiſon von Laodicea, 394, 398. 

Theodorus, 452. 

Theodotus, 320. 

Theofritus, 293. 

Theomedon, 208. 

Theophraſtus von Ereſus, 261. 

Theſſalus, 119, 177. — Bon Tral⸗ 
les, 413. 

Theudas von Laodicea, 357. 

Thot, 30. 

Thucydides, 114. 

Tiberius, 397. 

Titus Aufidius, 395. 

Tobiat, 44. 

Tryphon, 433. 

Tyndarus, So, 

Tyrtamus, 267, 

Valgius, 435. 

Dectius Valens, 307, 41. 

Veſpaſianus, 40. 

Kenofrated, 231, 443. 

AÆXenophanes, 8ı, 103. 

Zenophon, 293. 

Ferres, 65. . 

Seno, 81. — Der Berophileer, 
310, 313. 

Zeuris, 313. 


. Bopyrus, 354- 


«8 


‚Sad:-Negifter 


Msraseungsmitcer. Hippokrates Regeln über/ die An« 
wendung derfelben, 156. — Bon Chryſipp verworfen, ao, 
— Eben fo von Eraſiſtratus, 280. — Beränderte Thevrie 
und eingefhränkfte Anwendung derfelben des Asklepiades, 
390. — Rufus Abhandlung, 439. 

Ablöfurg der Gliedmaßen, ſ. Amputation. 

Abortivmittel, Anwendung derfelben von den dogmatiſchen 
Aerzten, 157. 

Abfonderung, mechaniſche Erklärung derſelben des Erafts 
ſtratus, 290, — Asflepiades Behauptungen, 376...  - 

Aderlaß, von den Ehinefen verworfen, 28. — Hippoktates 
Regeln über die Anwendung 'deffelben, 153. — PVorfchriften 
über daffelbe, aus hypothetiſchen Gefäßlehren entfprungen, 206. 
— Revuffion, Derivation, ebend, — Bon Chryfipp aus dec 
Heilkunde verbannt, 2og. — Eben fo von Erafiftratus, 076. 
— Asklepiades Vorſchriften zur Anwendung deſſelben, 888. 
— Anſi chten der Methodiker, 407. — Grundſatze der Preis 
matifer, 458. — Des Aretäus, 468. 

Aegyptier, Heilkunde derfelben, a9. — Anatomie derſelben, 3 
— ———— derſelben, 33. — Einbalſamiren becſeien 

36. — Charakteriſtik der Heilkunde derſelben, 46. 

Aeskulapsdienſt, Einführung deſſelben in Rom, 36r. 

Aether, als fünftes Element anerkannt, 233. 

Aetiologie, ſ. Krunfheitsurfachen,. — Ariftotelifche, 236. - — 





Mangelhafte des Erafiftratus, 282. — Bernadläffigudg . 


derfelben von den Empiritern, 329. — Der Pueumatiker, 457- 
Akademiker, Naturphilofophie derſelben, 188. > 


520 | Ä on 
Aleripharmaca des Nikander, 348- 

Amputation, Arhigenes und Heliodorus Berfahren, 459. 
— Leonides Borfcriften, 464. 

Analogismus der Dogmatiler, Derfegiedenpeit defjelben vom 
Epilogismus der Empiriker, 336. 

Anatomie, der Aegyptier, 32. — Durch das Einbalſamiren 
nicht „befördert, 39. — Der Asklepiaden, 69. — Des Alle 
mäon, 78. — Des Empedolles, 87.— Des Demokritus, 
96. — Des Hippofrates, 120. — Der Dogmatiker, 184, 
905. — Des DioFfles, 212. — Des Praragocras, 218. — 
des Ariftoteles, 2337. — Des Erafiftrafus, 283. — Mens 

ſchenanatomie und pathologiſche, zuerft eingeführt, ebend. — 
Des Herophilus, 295. — Bernadjläffigung derfelben von 
den. Empirifern 328, und den Methodikern, 401. — Des Gas 
len, 478. 

Anaſtomoſen, der Gefaͤße, Würdigung derfelben duch Eras 
fiflratus, 275. . 

Andyloblepharon, Behandlung deffelben von Heralflides 

‚ angegeben, 34. 

Anfegen der Naſe, f. Rhinoplaftik. 

Anftedungsftoffe, Anfang zu einer Lehre von denfelben, 468. 

- Anzeige, Bildung derfelben von den Methodilern für noth⸗ 
wendig gehalten, 402. _ 

\Horta, Name derfefben zuerft eingeführt, 242. 

Arterien, ſ. Schlagadern. ” 

Argneimittellehre, Eraſiſtratus allgemeine Anfichten, 
81. — Herophilus Glauben an die unbedingte Wirkfam: 
keit der Arzneimittel, 3or. — Bon den Serophileern eifrig 

s bearbeitet, 306. — Heraflides Berdienfte, 339. — Befdyrän« 

. ung derfelben durd) die Mechodiker, 406. — Des Secribo⸗ 

nius Dargus, Ara. — Weitere Bearbeitung derſelben, 419. 
Asklepiaden, Heilkunde derſelben, 53 — Anatomie derſel⸗ 
ben, 69. 

Athmen, Empedokles Erklärung deſſelben, 89. — Plato’s 
Theorie, 193. — DiovEles Meinung, 213. — Ariftoteles 
Anſichten, 254. — Erafiftratus — 288. — Asklepia⸗ 
des — 375. — Galen's — 4gı, 

Atomiftifhes Syftem der Naturphilofophie, des Demekri— 
tus, 98: — Des Epifur und Asklepiades, 369. 

Auge, Anatomie defjelben von Herophilus forgfältig, bear» 
arbeitet, 298. — Bon Rufus angegeben, 438. 

Augenheillunde, Bearbeitung derfelben , Jg. 


Ed 


* 


sn 

Austin fung, unmerkliche, den älteren Dogmatitern bekannt, 
5. — Bon Theophraft gewürdigt, ah3.. 

Ausfglagsfrankpeiten, bigige, Borkommen Dnfelben im 
Alterthum. 461... j 

Ausfegen der Kranken auf. öffentlicher Straße. Bei den Bas 
bnloniern, ar. , 

Babylonier, Spuren der. Heiffunde. ber deufelben „ ar. R 

Bäder, Hippokrotes Regeln über den Gebrauch derſelben, 
153. — Asklepiades ausgedehnte Anwendung berfeiben, 
367. — Balineae pensiles, 388.. 

Balineae pons i Los, ſ. Bäder. : 

Balſamſtaude (Amyrie Gileadengis), Aubau derſelben von 
Galomo eingeführt, 43. 

Bewegung, Aekteriades Vorſchriſcen über den "Gebrauch, 
derfelben, 386. = 

Binden der Glieder im Bluthuſten, von Chryſipp zuerft 
angegeben, aro. — Bon Erafiffratus noch allgemeiner em⸗ 

-pfohlen, 276. — Ben Herophilus beibehalten, 303. 

Blutflüffe, Demetrius Aetiologie derfelben, 306. 

Blutigel,. ältefte Anwendung derfelben, 350. — Einfüpeung 
derfelben dur Themifon, dd. 

Botanif, fi Pflangenfünde. " 

Brachmanen, Heilkunde derfelben, 22..— Chirurgie derfeiben, 

23. — Charakteriſtik. der Heilfunde derfelben, 45. 

Brehmittel, Hippofrates Regeln üder die Anwendung 
derſelben, 155. — Mißbrauch derfelben von Asklepiades 
eingeſchraͤnkt, 389. — Als metaſynkritiſches Mittel von den 
Methodikern angewandt, 417. 

Brüche, Lehre von denfelben in der Alerondriniſchen Schule 

.ausgebildet, 319. 

Chemie, Urſprung des Namens, do.- 

Chineſen, Heilkunde derſelben, ah — Pulelehre derſelben, 
ebend. — Charakteriſtik der Heilkunde derſelben, 46. 

Chirurgie, Ausbildang derſelben in den Gymnaſien, 107. — 
Des Hippofrates,. 161. — Trennung derſelben von den 
übrigen Bädern der: Heilkunde, 314. — Der Methodiler, 
405. — Des Goranus, dı2. — Des Eelfus, 433. — Des 
Archigenes, 459. 

Derivation (Venaosactio derivatoriag, Urfprung der Lehre 
von derfelben und der Revulſion (Venaes. revulsoria), 
206. 

Diagnoftif, ältefte Beatbeitung derfelben, 4a. 








Pe 


22 


Distetit;.T. Lebensordnung. — Trennung derſelben von den 
übrigen Fachern. dee Heilkande, 315: — Des Asklepiades, 

330: ....- :- 2 . 

Diatritarii, Benennung der Methodiker, 416. 

Dögma shler,..EYule derfelben, 177. 

Dreifuß der Empirie, 338. we 

Drimyphagie,derNiechödifer, I7. 


Einbalfamwiren dr Aegyptier, 36. — Kür die Anatonde ohne 


‚ Ruget, Ip. . 

GHfektifer, f. Epiſynthetiker. 

Elektricität, ältefle Anwendung derſelben in Krankheiten. 403 

Giementorqualitäten, Theorie daven in die Heillunde ein: 
geführt, 135. 1J 

Elementarecheorie; Ueſprung daſelben, 70. — des Hippo⸗ 
krates, 133. — Der Dogmaätiker, 177. — Plato’s Er 

. weitenung derfelben, ıgr. — DioEles Lehrſätze, 214. — Bon 

- Üriftoteles mie: dynamifchen Anfichten vermebt, 233. — 
Berbinduug. derfelben mit den pnenmatifchen Syſtem, 451. — 
‚Balen’s Anwendung derfelben auf die Heillunde, 496. 

Embre, Lehrbuch der. Heilfunde bei den Aegyptiern, 30. 

Empiriker, Schule derſelben, 325. 

Entzündung, Aetiologie derfelben. nach Era ſiſtratus, 275. 

Epilogismus, der Empiriker, 34. . 

Epifynthetifer, Schule derfelben, 44. 

Erafiftratder, Schule derfelben, 269. 

Erfahcung, Onmödfäge der Empiriker, fie zu erwerben, 33r. 

Erfhlaffung, ſ. -Kommunitäten. 

Erzeugung, EmpedoEles Theorie derfelben, 88. — Demo 
Eritus.— 101.0 Bippofrates Meinungen, 131. — Por 
lybus Anſichten davon und Verſuche mit bebrüteten Hühner: 
eiern, 184. — Diofles. Meinungen, 213. — Ariftotelect' 

auf. Bärfarhe mit. bebrüseten 1 Kühnereiern gegründete Theorie, 
255. 

Faſten, als Hauptmittel gegen entzündliche Kcankheiten von 
ESrafiſtratus angewandt, 276, 078. 

Freber, Dioffles Meinungen darüber, 214. — Praragoras 
Behauptung vom &ige derfelben, a24. — Erafiftratus 
Aetiologie, 275. — Bieberlehre der Pneumatiker, 456., 

Fluß, f. Katarrh. . 

Griktionen, Asklepiades Borfäriften über den Gebrauch 
derfelben,, 385. | 

Galle, die higigen Krankheiten davon. hergeleitet, 94. 


‘ 
* 


\ \ 


Befäßlehre, des Polybus, son. — Des Spyennefis und 
Diogenes, 205. — Des Ariftoteles, 239. — Des Ga 


len, 488. 
Berugsfinn, Theophraft's Beobadytungen, 264. 


Geſchichte der Heilkude, älteite Bearbeitung derfelben, “ 


4aı. 
Getränf, Einfliegen deffelben in die Lungen nad Plato's 
Theorie, 202. 
Giftlehre, Bearbeitung derfelben, 344. ’ 
Grieden, Uefprung der Heilkunde bei denfelben,, 47. u 
Gymnaſien, Einwirkung ‚derfelben auf die Ausbildung der 
Heilkunde, 107. 
Harnruhr, ältefte Beobachtung derſelben, 293. — Zuerſt mit 
dem Namen Diabetes belegt, 308. — Aretäus Befchreibung 


; derfelben, 468. 


Heilkunde, Entflehung derfelben, 20. — Zuftand, derfelben vor 


ihrer Ausübung in den Tempeln des Aesfulap, ebend. — 
Natürliche, 21. — Erfte Spuren derfelben im Drient, ebend. 
— Indiſche, 22. — Ehinefifche, 26. — Der Aegyptier, 29. — 
Der Juden, 4r. — Der Gtieden, 47. — Des Aeskulap, 
50. — Der Asklepiaden, 53. — Der Koifhen und der Knie 


difhen Schule, 62. — Ausbildung derfelben durch die älteften 


Philofophen, 70. — Des Pythagoras, 76.— Des Empedos 
Ples, 81.— Des Demofritus, 94. — Öymnaftifche der Gries 
den, 107. — Wiſſenſchaftliche Begründung derfelben durch Hip⸗ 
pofrates, 111. — Der Dogmatiker, 177. — Des Plato, 190. 
— Des Ehryfipp, 209 — Des Diokles von Karyſtus, 
219. — Des Praragoras, 218 — Des Erafiftratus, 
269. — Des Herophilus, 295. — Theilung derfelben in 
drei Sächer, 314. — Der Empiriker, 325. — Der Methodir 
Ber, 358. — BZuftand derfelben in Rom vor Asflepiades, 
358. — Des Asklepiades, 369 — Des Themifon und 
der übrigen Methodifer, 398. — Der Preumatiker, 449. — 
Des Galen, 472. 

Heilkunft, Ausübung derfelben in den Zempeln des Aesku⸗ 
lap, 53 

Heilquellen, an den Yesktulapstempeln, 59. 

Hektiker, ſ. Epifgnthetiker. , 

Herophileer, Schule derfelben, 265. 

Herz, von Plato zuerft für den Ucfprung der Adern gehalten, 
192. — Ariftoteles Beſchreibung deffelben,, 240. 


523 


X v 


Hirnhöhlen, Galen's Meinung über den Nuzen derſelben, 487. 


J. 21 


J 














5a —-. 


In diefem Zuftande ward bie Heilkunde den folgenden ' 


Zeitaltern Äbergeben, während ſchon Die allgemein gewordene 


geiftige Schlaffheit den Verfall der Wiffenfchaften vorbereis 
tete. Meue Bearbeitungen wurden nicht weiter geivagt, das ' 
innere Leben war aus de Kunft verfhmwunden, unb man 
hielt von jest an ohne feibftftändiges Forfchen die Denkmaͤ⸗ 
fer und die Trümmer der Vergangenheit für den Inbegriff 
alles Bollfommehen und Unerreihbaren. Die fpäteren Jahr⸗ 
hunderte bedurften eines Leitſterns, und es wäre ihnen fein 


“ befferer zu wuͤnſchen gemwefen, als Galen, den fie fih zum 
Abgott wählten, hätte er nicht von feinen Lefern Bildung 


und Gewandtheit gefordert, bie bon der einbrechendeg Fins 
fterniß des Mittelalters mehr und mehr verdränge wurden. . 
Dhne diefe Bildung nahm man bie theoretifche. Spreu in 
feinen Werfen für lautere Wahrheit, und vermochte dann 
freilich nicht, feinen Scharffinn und feine tiefe Kenntniß 
der Natur fo zu würdigen, daß fie zu einem regen wiſſen⸗ 
fhaftlichen Treiben im Geiſte des blühenderen Alterthums 
hätten Aufforderung geben fönnen.e Geine geifttödtenbde 
Weitſchweifigkeit erftichte alles Selbſtdenken, was Kbrig blieb 
war daher. nur leere Bewunderung des. unnachahtlichen 
Vorbildes. 








Heeto ı 50. 


Achilles, 49. 

Acetat, 40. 

Aegle, 50. 

Aeſchrion von Pergamus, 357. 

Aeskulap, 49, 56. 

Agameda, 49. 

Agatharchides, 423. 

Agathinus, 452. 

Kaefilaus, 208. 

Abia, 44. 

Afeſias, ar. 

Archos, 

Akron von Agtigent, 91. 

Afumenus, 211. 

Albinus, 43. 

Albutius, 397. 

Aleyander, 228. — Amyntae, 117. 
— Don Paodicen, 395. — Phils 
alethes, 313. 

Kieranor, 54. 

Alerippus, 261. 

Alfmäon, 78. 

Amafit, 

Ammenius der Litbotom, 319. 

Amzntas, 228, 318. 

Amıptis, 65. 

Anaragoras, 92. 

Anorimenes , 92. 

Andreas von Karyſtus, 310. 

Androcydes, 261. 

Andromachus von Kreta, 442. 

Andron, 311. 

Antigenes, 228. 

Antigonus Gonatas, arı. 

Antiklea, 54. 


Antigqus, 272. — Bon eordieea, 


Aanpaer, 410. 

Antonius Muſa, 396. . 

Apellides, 316. 

Apvemantes, 277, 2p®2. 

Apollo, 48. 

rolionides, 65. — Den Eupern, 
41 


Apoflonius Biblas, 343. 
Apollonius, der Dogwatifer, 186. 
Apollonius, der Empirifer, 343. 
Apollouius von Memphis, 293. 
Apollonius Mys von Kittium, 310, 
312. . 
Apollonius Ther, 312. 
Apollophanes, 293. 
Apulejus Ceitus 411. 
Aratus von Evli, 353. 
Archagathus, 364- 
Arhelaus, 178. 
Archigenes von Apamea, 453. 
Archimedes, 316, 
Aretaens von Kappadoeien, 465. 


Areus, 445. 


Artitaeu ‚48. _ 
Ariſtion, 317. \ ' 
Ariſtogenes, 210, 

Ariſton, zıı. 

Kriftoteles, 228. 


- Heiftorenus ‚74, 269. — Der de⸗ 


rophiteer, 314. 
Atruntius, 397. 
Arſinoe, 49. 


Artaxrerres nem, 65. — Mar 


krochir, 65. 

Artemidorus Capito, 120, — Don 
Sida, 293. 

— von Pruſa, 305. — 

- Ron Myrlea, 368 — Pharma⸗ 
eion, 443. 

mau: gen 

At hene 

—3 Athotio. 
Athotis, 

Atoſſa, A 


Attalus Phifometor, 347. — Der 


Methodifer , 423. 
Auguſtus, 40, 396. 
Bacchius von Zanagıa, 308. 
Barbarus, 474. Anm. 6. 
Belicub, 425. . 
Boethus, 474. Anm. 6. 
Dpbafus, 64. 


Kk 2 


. ‘ 


nn 





J 


516 


Caeltius Aurelianud, 423. 

Cajus, 472. 

Talipetanus, 397. 

Earne , 300. 

Eafius, 397. Der Jaͤtroſophiſt, 465. 

Cato, 362. 

Eelfus, Aulus Corneliuſs, 430. 

Charidemus von Teiffa, 293. 

Charikles, 377- 

Chiron, 48. 

Ehryfermus, 312. 

Chryſippus von SAnidus, 208. — 
Don Soli, 209 — Der Alles 
piadeer, 395- 

Eicere, 367. 

Eirce, 49- 

Elaudiuß, 411. 

Cloacina, 359. 

Clodius, 395. 

Commodus, 476, 

Craſſus, 367. 

Eyzusß, 65. 

Damoethus, 54. 

Demetrins Phalerens, 262. Don 
Apamea, 306. — Marc Aurel’s 
Ardiater, 476. 

Demofedes von Kroton, 90. 

Demefritus, 94. ' 

Demoſthenes Philalethes, 313. 

Deverra, 360. 

Diagoras von Meles, 102. 

Diana , 360. 

Dicaearchus, 269. 

Dieuches, 226. 

Diodotus, 394. 

Diogenes von Apollonia, 206. 

Distied von Karyſtus, 58, 211. 


Dionyfius‘, 320. 346. — Der Mes 


thodiker, 4rg. 
Diostorides Phakas, 313, — Per 
dacius, 435. 
Diosfurideg, 120, 
Dieorippus, 136. 
Drafo, 119, 177. 
Drufuß, 419. 
Ellah, 44. 
Eliſah, 44. 
Empedokleſ, 81. 
Epicharmus von Kes, 80. 
Epikurus, 364. 
Epimenides, 73. 
Epione , 50. 
Eraſiſtratus, 269. 
Erineus, 209. 
Eryrimachus, 211. , 
Euamerion , 57. 
Eudemus von Xhodus, 269. Der 
" Anatom, 304.— Der Methobdifer, 
410. * 


dd 


N 


' 


Eudorud von Anidud, 208. 

Euelpit , 320, 433. 

Euelpiftuß, 433. 7 

Eugeria, 359. - 

Euphorbus, 397. 

Euryphon, 64. 

Eurppgius, 53. . 

Ezefiaß, 43. 

Tebris, 359. 

Teffonia , 360. 

Flavius, 474. Aum. 6. 

Tluonie, 359. . 

Gaius, 314. - 

Balenus von Pergamud, 472. 

Glaukias, 261. — Der Empiriker, 
337. 

Glaukus, 53. 

©orgafus, 54. 

Gorgiad von Leontinm, 112. — 
Der Ehirurg, 319. 

Harpofrates, 58. 

Darven, 27. 

Defate, 49. 

Delena, 49. 

Delisdorus, 460. 

Deraflianuß, 475. 

Deraflides, 112. — Von Erythraea, 
312. — Von Tasent, 339. 

Deraflituß, 103. 

Deras von Kappadorien, 355. 

Derfuleß, 48. 

Dermes, 30. 

Dermodamaß, 72... 

Dermoaenet, 205. 

Herodiius, f. Predikus. 

Derodotud, der Geſchichtſchreiber, 
31, 34.— Der Pneumatiter, 461. 

Heron, 319. 

Herophilus, 295. 

Herophilus von Chalcedon, s26, 295. 

Hiceſius, 294. . 

Dippofrate®, 111. nn 

Rippologus, 54. 

Doamti, 26. 

Domer, 50, 

Dygea,. 50, 57. 

Jaſo, 50. 

Jaſon 48. 

Jeſajah, 44- 

JIkkus von Tarent, 109. 

Intereidona, 3608 

Joſeph, 39. 

Iphiklus, 48. v 

Zube, 397. 

Julianns, 418. 

Autius Baſſus, 304. 

Jattus Kalliſtus, 413, 

Zune Yucine, 360. 

Kallianar , 309. 


° 


* 


* 


⸗ 


FKalliiachus, 309. 


Kalliphon, go. 
Kalliſthenes, 262. 
Kambyſes, 40. 
Kaffander, 262. 
Kleanthes, 209. 
Kleon, 320. 
Kleopakra, 354. 
Kleophantus, 346, Anm. 6. 
Klytemnaeſtra, 50. 
Koronis, 49. 
Krateruß, z61. 
Kratenad , 346. 
Kreterina, 211. 
Krito, 443. 
Kritobulus, 261. 
Kritodemus, 261. 
Kteſias, 65. 
Lenaeus, 345. ” 


‚ 2eonides von Alerandrien, 463 


Leueippus, 49, 96. 
Licinius Baſſus, 445. 
Linus, 48. 


‚2ipe, 26. 


Livia, 410. 

Zucius Verus, 474. 
Lueretius, 425. 

Lykon, 269. 

Lokus, 437. 

Lyſanias, 364. 
Lyfimachus, 226. ” 
Madaon, 50, 62, 53. 
Manetho, 31. ' 
Mantias, 306. 


Marcus Artorius, 396. 


arcus Aurelius, 443. 

Vagnus von Ephefus, 463. 

Marinub, 436. . . 

Martiafid, 205. ' 

Matthiolus, 267. 

Meden, 49. 

Medius, 210. 

Megabzyzus, 65. 

Meges von Gidon, 433. 

Melampus, 48. 

Meliffus, Kt. 

Menefrates, 260. — Bon Hess 
pbleta, 440. 

Neiemagus von Aphrodifiad, 411. 

Mehius Rufus, 443. 

Menodorus, 294. 

Menodotus, 335, 356. 

Mephitis, 359. ‘ 

Meflalina, 411. 

Meton, zıı. 

Metrodorus von Ko, no. — Schü⸗ 
ler des Chryſipp, 210. — Ans 
bänger des Asftepiader, 346, 395- 

Mithridates Eupator,, 344. 


Mnafead, 419. 

Mnemonvon Side, Lıg, 341, Auım.7. 

Mnefitheus, 226. 

Monat, 264. 

Moſchion Diorthotes, der Asklepia⸗ 
deer, 395. — Der Schriftſteller 
über Weiberkrankheiten, 426. 

Moſes, 41. 

Muſaeus, 48. 

Nectanabis, 208. 

Nero, 413. 

Neſtor, 53. 

Niceratus, 394. 

Nileus, 317. 

Nifkander von Kolbophon, 348. 

Nikarchus, 218. 

Nifias von Milet, 293. 

Nikomachus, 54, 228. 

Nikon von Agrigent, 396. — Sa—⸗ 
len's Vater, 472. - 

Numenius, 226. 

Numeſianus, 437. 

Nymphodorus, 317. . 

Denone, 49. 

Deretes, 91. 

Olympikus, 418. 

Ophiuchos, 49. 

Dpiatna, f. June. 

Dribafius, 46r. 

Orpheus, 48. 

Oſſipaga, 360. 


. Pampbilus, 443. , , 


Nanafea, 50, 57. 
Narfienides, gı. 
Nafifrated, 316. 
Patroklus, 49. 
Paulus, 474. Anm. 6. 
Pauſanias, 62, 261, 
Pelops, 437. 


Un 


" Merdiffaß, 64, 117. 


Nerigened, 318. 

Pertinay, 477. „. 

Petron, 227. 

Petronius, 304. 

Peuceſtas, 201. 

Phaon, 211. 

Pherechdes, 72, 211. 

Phidias, 481. 

Phila, 117. 

Philetas, 211. 

Philinus von Kos, 325. 
Philippus, 229. — Von Afarnanien, 
261. — Der Pneumatiker, 463. 
Philiſtion von Lokri, 207. 


Phiie 419. — Von Tarſus. 41. 


Philoktetus, 53. 
Philon, 320. 
Philonides von Dyrrthachium, 396. 


Philopator, 472. 


[4 








518 


Philotimus, 226. 
Philorenus, 320. 
Philumenos, 420. . 
Phleges, 433. 
Dpiehyas, 40. 

hotius, 65. 
Pilumnus, 360. 
Pirithus, 78. 
Pittalus, 211. 
Plato, 188. 
Minins, Caius — Secundus, 4%. 
Pliſtonikuſs, 226. 
Podalirius, 50, 52, 54. 
Polemotrateſs, 54. 
Polpbus, 119, 177. 
Polykletus, 481. 
Polgfrates, 73, 90. 
Pompejus, 345. 
Poſtverta, 360. 
Praragoras von Kos, 218. 
Primigenes von Mithlene, 269, 
Procuſus, 410. 


Prodifus von Gelymbria, zug, — 


Der Dogmatifer, 186, 
Proetuß, 48. 
Profa, 360. 
Protarchus, 391. 
Protefilaus, 49. 
Prolemäus, der Erafiftratäer, 293, 
— Philopator, 268.— Soter, 263. 
Pothagoras, 72. — Aliptes, 108. 
Pythofles, zıı. 
Quang⸗Chou⸗Ho, 26. 
Quintus,, 436. 
Xheginus, 439. 
Rome, 50. 
Rubrius, 397. 
Rufus von Epheſus, 438. 
« GSabinus, 473. 
Salomo, 43. 
Salus, 360. 
Satyrus, 437. 
Schneider, 267. 
Seribonius Largus, 410. 
Seleufus Nifanor, 272. 
Septimius Severus, 477. 
Serapion von Alcrandrien, 326. 
Gerapis, 40. 


Ferres, 65. 


Gergiuß, 474. Anm. 6. — Drate, 38T. 

Gervilius Damofrates, 44ı. 

Gertins Niger, 304. 

Soranus yon Epheſus, 4zr. 

Soſtratus, 313. 

Sophyrus, 54. 

Sprengel, 267. 

Gtertinius ‚, 397. 

Strato von Lampſakus, 268. — Bon 
Berytus, 277, 292. 

Stratonice, 272. 

GStratonifus, 473. 

Openhefiß von Cypern, 205. 

Sylvanus, 360, 

Syrna, 54. 

Telauged, 81. 

Teſesphorus, 57. 

Teucer, 49. . 

Thales, 70. 

Themifon von Laedicea, 394, 398. 

Theodoruß, 452. 

Theodotus, 320. 

Theofritus, 293. 

Theomedon, 208. 

Theophraftus von Erefus, 261. 

Theffaius, 119, 177. — Bon Tral⸗ 
led, 413. , 

Theudas von Laodicen, 357. 

Shot, 30. 

Thucydides, 114. 

Tiberius, 397. 

Titus Aufidius, 395. 

Tobias, 44. 

Teyphon, 433. 

Tyndarus, 5a. 

Tyrtamus, 2632. 

Balgius, 435. 

Dectius Balent, 397, 4r1. 

Veſpaſianus, 40. 

Kenofrates, 231, 442. 

Xenophanes, $ı, 103. 

Xenophon, 293. 


Zeno, 8. 
310, 313. 
Zeuriß, 313. 


— Der Berophileer, 


Zopyrus, 354. 





Sadh-Nesiften 


+ 


Msfäseungemitcer. Hippofrates Regeln über/ die An⸗ 
wendung derfelben, 156. — Bon Chryſipp verworfen, go, 

— Eben fo von Erafiftratus, 280. — Beränderte Theorie 
und eingefhränfte Anwendung derfelben des Asklepiades, 
390. — Rufus Abhandlung, 439. 

Ablöfurg der Gliedmaßen, ſ. Amputation. ' 

Abortivmittel, Anwendung derfelben von den dogmatiſchen 
Aerzten, 157, 

Abfonderung, medanifhe Erklärung derfelben des Erafis 
ftratus, 290. — Asflepiades Behauptungen, 376.  - 

Aderlaß, von den Chinefen verworfen, .28. — Hippoßrates 
Regeln über die Anwendung deffelben, 153. — Borfchriften 
über daffelbe, aus hypothetiſchen Gefäglehren entſprungen, 206. 
— Revulfion, Derivation, ebend, — Vor Chryſipp aus der 
Heilkunde verbannt, 209. — Eben fo von Erafiftratus, 076, 
— Asllepiades Borfhriften zuce Anwendung deffelben, B88- _ 
— Anfichten der -Methodiker, 407, — ‚Örundfäße der Press 
matifer, 458. — Des Aretäus, 468. 

Aegyptier, Heillunde derfelben, ag. — Anatomie derfelben, 3b . 
— —— derſelben, 33. — Einbalſamiren derfelben, 

— Charakteriſtik der Heilfunde derfetben, 46. 

Keskulapabient, Einführung deffelden in Rom, 36r. 

Aether, als fünftes Element anerkannt, 233. 
Aetiologie, f, Krunkheitsurfgchen. — Ariſtoteliſche, 236. — 

Mangelhafte des Erafiftratus, 282. — Bernadläfjigudg . 
derfelben vpn den Empirikern, 329. — Der Prreumatiler, 457. - 

Afademifer, Naturphitofopbie derfelben, 1B8. ' ‚> 





520 j 
/ — 


Aleripharmaca des Nikander, 348. 

Amputation, Archigenes und Heliodorus Verfahren, 459. 
— Leonides Vorſchriften, 464. 

Analogismus der Dogmatiker, Verſchiedenheit deſſelben vom 
Epilogismus der Empiriker, 336. 

Anatomie, der Aegyptier, 32. — Durch das Einbalſamiren 
nicht „befördert, 39. — Der Asklepiaden, 69. — Des Alk⸗ 
mdäon, 78. — Des Empedokles, 87..— Des Demofritug, 
96. — Des Hippofrates, 120. — Der Dogmatiker, 184, 
905. — Des Diofles, 212. — Des Praragoras, 218. — 
des Ariftoteles, 237. — Des Erafiftrafus, 283. — Mens 

ſchenanatomie und pathologifche, zuerft eingeführt, eBend, — 
Des Herophilus, 295. — Bernadjläffigung derfelben von 
den Empirifern 328, und den Metpodikern, 41. — De Ga 
len, 478. 

Anaſtomoſen, der Gefaße, Würdigung derfelben duch Era- 
fiftratus, 275. 

Andploblepharon, Behandlung deffelben von Herallides j 
- angegeben, 341. " 

Anfegen der Naſe, f. Rhinoplaſtik. 

Anftedungsftoffe, Anfang zu einer Lehre von denfelben, 468. 
Anzeige, Bildung derfelben von den Methodilern für nothe 
wendig gehalten, 402. _ 

\Korta, Name derfefben zuerſt eingeführt, 242. 

Arterien, f. Schlagadern. ” 

Arzneimittellehre, Erafifitatus allgemeine Anfichten, 
281. — Herophilus Glauben an die unbedingte Wirkfam: 
keit der Arzneimittel, 3or. — Don den Herophileern eifrig 

„ bearbeitet, 306. — Heraflides Berdienfte, 339. — Beſchraͤn⸗ 
Pung derfelben durd; die Methodiker, 406. — Des Ser ibo⸗ 

nius Bargus, 4r2. — Weitere Bearbeitung derſelben, 419. 
Asklepiaden, Heittunde derſelben, 53. — Anatomie derſel⸗ 
ben, 69. 

Athmen, Empedokles Erklärung deſſelben, 89. — Plato’s 
Theocie, 193. — Diokles Meinung , ‘213. — Ariſtoteles 
Anſichten, 254. — Eraſiſtratus — 488. — Asklepia- 
des — 375. — Galen’s — dor, 

Atomiftifhes Gyftem der Naturphilofophie, des Demokri⸗ 
tus, 98. — Des Epifur und Asklepiades, 369. 

Auge, Anatomie defjelben von Herophilus forgfältig | bear: 
arbeitet, 298. — Bon Rufus angegeben, 438.. 

Au genheilEunde, Bearbeitung derfelben , 319. 


4 


Ä 51 
Aussünftung, unmererkliche den alteren Dogmatitern befannt, 
215. — Bon Theophraft gewürdigt, a63.. . . 

Austölagsfranfpeiten, hitige, Vorkommen derſelben im 
Alterthum,” 461. 

Ausfegen der Kranfen auf öfenttiher Staße. bei den Da: 
byloniern,, ar. . 

Babpylonier, Spuren der: HeifPunde. bei denſelben, ar. . 

Bäder, -Hippofrates Regeln über den Gebrauch derfelben, 

153. — Asklepiades ausgedehnte Anwendung derſelben, 
387. — Balineae pensiles, 388. . 

Balineae pensiles,'f. Bäder. . 

Balfamftaude. (Amyris Gileadengis), Aubau derfelben von 
Galomo eingeführt, 43. 

Bewegung, Aoktepiades: Dorfkiften über den Gebrauch 
derſelben, 386. 

Binden der Glieder im Bluthuſten, von Etßroſipp zuerſt 
angegeben, aro. — Bon Eraſiſtratus noch allgemeiner em⸗ 
pfohlen, 276. — Ben Herophilus beibehalten, 303. 

Blutflüffe, Demetrius Aetiologie derfelben, 306. 

Blutigel, ältefte Anwendung derfelben, 350. — Einführung 
derfelben dur Themifon, 408. . 

Botanif, f Pflagmfunde . 

Brachmanen, Heilkunde derfelben, 22..— Chirurgie derfeiben, 
23. — Eharakterijtiß. der Heilkunde derfelben, 45. i 

Brehmittel, Hippofrates Regeln über die Anmendung 
derfelben, 155. — Mißbrauch derfelben von Asklepiades 
eingefhränft, 389. — Als metafgnkritifges Mittel von den . 
Methodifern angewandt, 417. 

Brüche, Lehre von denfelben in der Alrpandrinifen Schule 

‚ ausgebildet, 319. 

Chemie, Urfprung des Ttamens, do.- 

Ehinefen, Seillunde derfelben, 26 — Pulslehre derſelben, 
ebend. — Charakteriſtik der Heilkunde derſelben, 46. il 

Ehirurgie, Ausbildung derſelben in den Gymnaſien, 107. — 
Des Hippokrates, 161. — Trennung derſelben von den 
übrigen Bädern der- Heilkunde, 314. — Der Methodiler, 
405. — Des Goranus, 422. — Des Eelfus, 433. — Des 
Archigenes, 459- 

Derivation (Venaesactio derivatoriag, Urfprung der Lehre 
von derfelben und der Revulſion (Venaes. revulsoria), 
206. 

Diagnoftif, ältefte Beatbeitung derfelben, 422. 








322 


Dislsti;,-T. Leberisosdnung. — Trennung derfelben von den 
übrigen Sägen de Kriltunde, 315: — Des Asklepiades, 

r 390. . . 

Diatritarii, Benennung der Methodiker, 416. 

Dögmaötler,: Schute derfelben, 177 - 

Dreifuß der Empirie, 338. 


Drimppbagie,:der Methbdiker, Ay. ° — — — .: 
Einbaffawicen der Aegyptied, 36. — Gür die Anatonde one 
Nugen, u. 


GEeftifer, f. Epiſynthetiker. 

Eleftricität, älteſte Anwendung derſelben in Krankheiten, 43. 

Eiementarqualbtaten, Theorie daven in die ie Heilkunde eins 
geführt, 135. 

@bementarchevvie; Urfprung Yerfelben,. 70. — Des Hippo: 
frates, 133. — Der Dogmatifer, 177. — Plato’s Er- 

- weiteuung derfelben, i91. — Diofles Lehrſätze, 214. — Bon 

- Ariftoteles mie dynamifchen Anſichten vermwebt, 233. — 
Berbindung derfeiben mit dem pneumatiſchen Gnftem, 451. — 
‚Galen’s Anwendung derfelben auf die Heillunde, 496. 

Embre, Lehrbuch Ber. Heillunde bei.den Aegyptiern, 30. 

Empiriker, Schule derſelben, 325. 

Entzündung, Aetiologie derſelben nah &rufiftlratus, 275. 

Epilogismus, der Empiriker, 238. 

Epiſynthetiker, Schule derſelben, 44H. 

Erafiſtratäcer, Schule derſelben, 269. 

Erfahcung, Grundſätze der Empiriker, fie gu erwerben, 335. 

Erfhlaffung, ſ. Sommunitäten. 

Erzeugung, Empedokles Theorie derfelben, 88 — Demo 
kritus — 101.94 Hippokrates IReinungen, 131. — Por . 

Inbus Anfidten davon und Verſuche mit bebrüteten Hähnere 
eiern, 184. — Diofles. Meinungen, 213. — Ariftoteles' 

auf. Berfarhe Mit bebrüseten Hühnereiern gegründete I heorie, 
255. . 

Baften, als Hauptmittel gegen entzündliche Kcanfheiten von: 
Eraſiſtratus angewandt, 276, 278. 

Freber, Diokſes Meinungen darüber, 214. — Praragoras 
Behauptung vom ige derfelben, 224. — Erafiftratus 
Aetiologie, 275. — Bieberlehre der Preumatiter, 456. 

Fluß, ſ. Koatarrh. . 

Friktionern, Asklepiades Vorſcheiften über den Gebrauch 
derfelben , 385. 

Balle, die higigen Krankheiten davon hergeleitet, 94. 


‘ 


\ ‘ ) 


Befäßlehre, des Polybus, 122. — Des Spennefie und 
Diogenes, 205. — Des Ariftoteles, 239- — Des Ga: 


len, 488. 
Gerudsfinn, Theophraft’s Beobadytungen, 264. 


Geſchichte der Heilkfuloe, ältefte Bearbeitung derfelben, " 


4sı. 
Getränk, Einfließen deffelben in die Lungen nad Plato's 
Theorie, 202. 
Giftlehre, Bearbeitung derfelben, 344. 
Griechen, Hefprung der Heilkunde bei denfelben, 47. u 
Gymnaſien, Einwirkung derfelben auf die Ausbildung der 
Heillunde, 107. 
SHarnrupr, dltefte Beobachtung derfelben, 293. — Zuerft mie 
- dem Namen Diabetes belegt, 308. — Aretäus Befchreibung 


derſelben, 468. 


He ilkunde, Entflehung derfelben, 20. — Zuftand, derfelben vor 


ihrer Ausübung in den Zempeln des Aeskulap, ebend; — 
Natürliche, aı. — Erſte Spuren derfelben im Drient, ebend. 
— Indiſche, 22. — Ehinefifhe, 26. — Der Aegyptier, ag. — 
Der Juden, 41. — Der Gtiehen, 47. — Des Aeskulap, 
50. — Der AsHlepiaden, 53. — Der Koifhen und der Knie 


difhen Schule, 62. — Ausbildung derfelben durch die älteften 


Philofophen, 70. — Des Pythagoras, 76.— Des Empedos 


Ples, 81.— Des Demofritus, 94. — Gymnaſtiſche der Gries ' 


en, 107. — Wiſſenſchaftliche Begründung derfelben dur Hip⸗ 
pofrates, 111. — Der Dogmatiler, 177. — Des Plato, ıya. 
— Des Ehryfipp, 209 — Des Diofles von Karnftus, 
sıa. — Des Praragoras, 218. — Des Erafiftratus, 


drei Sacher, 314. — Der Empiriker, 325. — Der Methodi⸗ 
fer, 358, — Zuſtand derfelben in Rom vor Asklepiades, 
358. — Des Asklepiades, 369 — Des Themifon und 
der übrigen Methodiker, 398. — Der Prreumatiker, 449g. — 
Des Galen, 472. 

Heilkfunft, Ausübung derfelben in den Tempeln des Aesku⸗ 
lap, 53. 

Heilgquellen, an den Aeskulapstempeln, 59. 

Hekeiker, f. Epifgnthetiker. , 

Herophileer, Schule derfelben, 265. 

Herz, von Plato zuerſt für den Urfprung der Adern gehalten, 
ıg2. — Ariftoteles Beſchreibung deffelben,, 240. 


523 


269. — Des Herophilus, 295. — Theilung derfelben in 


Sirnhöhlen, Galen's Meinung über den Nutzen derfelben, 487. 


1. | 


\ 








524 


Hirnfehre, f. Nervenlehre. — Erafifiratus Berdienfte, 285. 
— Herophilus, 296. — Galen’s Bearbeitung derfelben, 


487. 2 

Hippofratiker, f. Dogmatiler. 

Homöomerien, des Anaxagoräs, 93 

Hühnereier, bebrütete, Polybus Verſuche mit denfelben, 
184 — Ariftoteles Berfude, 255. 

Hülfswiffenjdhaften der Geſchichte der Heilkunde, 3. 

Sumoralpathologie, die älteſte aller übrigen, 139. — Bors 
herrſchen derfelben in der ‚dogmatifdhen Schule, ı81. — In 
Plato’s Theorie, 198. — Praragoras Erweiterung derfels 
ben, 223. — Böllige Ausfdliegung derfelben aus Askle⸗ 
piades atomiſtiſchem Syſtem, 379. — Galen's Annah⸗ 
men, Pi. 


„Ideen, Platoſs Meinungen darüber von Ariſtoteles wider 


legt, 238. 
Idole, der Körper, nady dem Demokritiſchen Syſtem, 99 
Inkubution, in den Zempeln des Aeskulap, 59. 


. Juden, Heilkunde, derfelben, 41. — Charakteriſtik der Heil: 


Funde derfelben,, 47. / 

Kardinalfäfte, Urfprung der Annahme derfelben aus der 
Elementarlehre, 135. 

Katarrh, humoralpathologifde Theorie darüber, 139. 

Klappen, des Herzens, von Erafiftratus beſchrieben, 286. 
— Bon ®alen vollftändig angegeben, 400. 

KEnidiſche Schule, Eharakteriftif derſelben, 62. 

Kohl, Lieblingsmittel des Pythagoras, 77. 

Koifhe Schule, Charakteriftil derfelben , 62. 

Kommunitätern, der methodifdyen Schule, 399. 

Konftietution, Hippofrates Lehre von derfelben, 14r. 

Kotyledonen, von den Ackteren angenommen, 131. — Meis 
nungen von Hippofrates darauf gegründet, ebend. — Nä⸗ 
here Beftimmung derfelben durch Praragoras, 223. — Ari: 
fioteles beſchraͤnkte Annahme derfelben, 259. — Böllige Ber 
annung der Annahme derfelben, 426. 

Krankheitslehre, f. Pathologie. 

Krankheitsurfaden, Hippofrases Lehre davon, 14r. 

Kreislauf, des Blutes, erfle Spuren der Andeutung deffelben, 
287. — Galen's vollfiändige Angaben, 489. 

Krifenlehre, des Hippofrates, 147. — Einfluß der Pos 
thagorifhen Zahlenichre auf diefelbe, 203. — Asklepiades 
Unglauben an diefelbe, 381. 


525 
“Laudanum, Urſprung des Namens, 446. | 
Lebengsordnung,. der Aegyptier, 33. — Der Dyhagoräer, 
73. — Des Hippofrates. ı4b. 


Leber, genauere Unterfuhung derſelben duch Eraſiſtratus, 


990. — Balen’s Anſichten, 494- 


Leiter, Anwendung derfelben zur Eincichtung von BVerrenkun⸗ 


gen und Beinbrüchen, 316. 

Leptomeres, dynomiſches Princip des A⸗kleplades, 373. 

Litteratur der Geſchichte der Heilkunde, 4. 

Luftgeiſt, Hippokrates Lehre davon, 126. — Weitere Aus⸗ 
Bildung derſelben Durch die Dogmatiker, 205. — Vollſtändige 
Theorie des Eraſiſtratus, 288. — Dogmatiſches Princip 
des Asklepiades, 373. — Grundſätze der Pneumatiker, 44g. 

Lungen, Galen's Angabe des Baues derfelben, 4gR . 

Medicinbuden, in Rom, 361. 

Meerzwiebel, älteſte Anmendung derfelben bei ‚den Aeghp⸗ 
tiern und Pythagoras, 77. 

Menfchenanatomie, zuerſt eingeführt, 284. — Hoͤchſte Auss 
bildung derfelben, 295. 

Menftruation, iſ. Monatsfluß. 

Metallmittel, Beifpiele der Dereitung derfelben im Alters 
thum, 446. - 

Moetaporopoösis, f. Metaſynkriſe. 

Metaſynkriſe, der Methodiker, 415. 

Methodiker, Schule derfelben, 358, 394. 

Milchgefähße, des Gekröſes, Entdeckung derfelben durch Eras 


ſiſtratus, agı. — Herophilus genauere Beſchreibung der⸗ 


ſelben, 298. 
Milz, Phyfiologie derſelben, 439. ) . 
Mißgeburten, ‚EmpedoEles Theorie derfelben, 88. — Des 

mokritus — 102. 

Mnemoneutiker, f. Empiriker. 


Mohnfaft, feie den älteften Zeiten in Gebraud, 35. — Ber 


reitung des Nepenthes daraus, ebend. — Widerrathen in Aus 
gen» und Ohrenkrankheiten, 102. 
NMonatsfluß der Weiber, Ariftoteles Anfichten darüber, 
257. — Moſchion's Anſichten darüber, 428. 
Muskellehre, Galen's Erweiterungen derfelben, 488, 
Nabelſchnur, Trennung derfelben, 428, ' 
Taturpbilofophie, des Thales, 70. — Des Pythago— 
ras, 72. — Des Alkmäon, 78. — Des Empedofles, 
81. — Des Anaragoras, ga. — Des Demokritus, 94. 
212 


- 


n 
D 


526 


—: Des Heraflitus, 103. — Des Hippofrates, 132. — 
Des Plato, 188. — Des Ariftoteles, ef — Des Ass 
Plepiades, 369. — Stoifche, Grundſätze derfelben, 449. 

Rervenlehre, erfte Spuren derfelben, 221, — Ariſtoteliſche, 
246. — Erafiftratus Berdienfte um diefelbe, 285. — He 
rophiſus — 296. — Galen's ausgebildete, 482. 

Tervenpaare, die von Balen angenommenen, 482. 

Ner ven wurm, (Gordius medinensis) Vorkommen deffelben im 
Alterthum, 4923. 

Jeshaut, im Age, von Herophilus entdedt, 298. 

Nieren, Aretäus Augabe des Baues derſelben, 467. 

Nieren: und Blaſenkrankheiten, Rufus Abhandlung über 
diefelben, 439. \ 

Nieſewurz, erfte Anmendung derfelben, 48. 

Ohnmadcht, Urfady derfelben nad) Theophraft, 266. 

Dpium, f. Mohnfaft. 

Pankreas, zuerft befdgrieben, 249. 

Pantophobie, von Andreas befhrieben, 311. 

Parenchyma, Benennung deffelben zuerfl eingeführt, 2go. 

Parias, f. Schlange. 

Pathologie, des Hippofrates, 137. — Bergl. Humorale 
pathologie. — Des Plato, ı97. — Des Erafiftratus, 
273. — Des Herophilus, 303. — Des Asllepiades, 
378. — Der Methodiler, 399. — Der Preumatifer, 456. — 
Des Galen, 5or. 

Periode, dreitägige von den Merhodikern in der Behandlung 

eder Krankheiten beobachtet, 407. 

Perioden der Geſchichte der Heilkunde, 18. 

Peripateriter, Schule derfelben, 228. 

Peft in Athen, nad Thucydides Beſchreibung, 114. 

Pflanzenkunde, von den Peripatetikern wiſſenſchaftlich be⸗ 
gründet, 262. — Theophraſt's Verdienſte, 267. 

Pflanzenphyſiologie, von. Theophtaſt bearbeitet, 068. 

Pharmacie und pharmaceutifche Medicin, Trennung derfelben 
"von den übrigen Fächern der Heilkunde, 315. 

Pharmafopofen, die Apotheker des Alterthums, 303. 

Phofiologie, des Hippofrates, 103. — Des Plato, 192. 
— Des Ariftoteles, 037. — Des Erafiftratus, 283. — 
Bernadjläffigung derfelben von den Empirikern, 329g. — Mes 
chaniſche des Asflepiades, 371. — Des Balen, 478. — 
Hauptfäße derfefben, 4Bı. 

Plethora, afs harptfachlichſte Krankheitsurſach anerkannt, 2795. 


4 


— — — —— — — 


327 


Pneuma, ſ. Euftgeifl. | 
Prneumatifer, Schule derfelden, 44 
Pfyhologie, f. Seele. N 


Pulstehre, der Ehinefen, 26. — Begründung derfelben durch | 


Derophitus, 299. — Arhigenes Bearbeitung derfelben, 
A 


Punctum salions, von Arcifioteles beobachtet, 255. 
Pythagoräer, Gefege derfelben, 73. 

Revulfion, f. Derivation. 

Rhinopltaſtik, dee Brachmanen, 23. 

Rhizotomen, Kräuterfammler und Arzneilrämer , 322. 


Schaärfen, als Krankheitsurfachen zuerft anerfannt, 137. — 


Nah Plato's Theorie, 195. — Vervielfaltigung derſelben 
durch Praragoras, 203, , 
Schlaf, Ariftoteles Erklarung deffeiben, 253. E 
Schlagadern, Entdedung des Linterfchiedes derfelben von den 
Dlutadern, arg. — Leerheit derfelben, zuerft von Praras 
gotas angenommen, 9230. — Ariftoteles Entdedungen, 
241. — Erafiftrarus weitere Verfechtung ber Prapagorie 
ſchen Theorie, 274. | 
Schlange, des Aesfufap, 60. 
Schleim, Lehre vom Herabfließen - deſſelben, 204, — Vergl. 
Katarch. 
Schmerzen, Archigenes Eiatheilung derfelben, ra 
Schnecke im Ohr, von Empedofles entdedt, 87. 
Schriften des Hüppokrates, 129. — Des Diofles, 216. 
— Des Praragoras, 235. — Des Theophraft, 263. — 
Des Erafiftratus, 283. — Des Herallides, 341. — Des 
Mithridates, 345. — Des Nilander, 38 — Des 
Asllepiades, 392. — Des Ihemifon, 409. — — Des 9a 
len, 477. 


Schweiß, Theophraſt's Abhandlung darüber, 263. 


Schwindel, Urſach deffelben nad Theophraft, 266 

Geele, Gig derfelben nah Pythagoras, 7% — Mechani⸗ 
ſche Anfiht des Demokritus, 100. — Heraklit's Mei⸗ 
nung, 104. — Plate’s Theorie, 190, ıg2. — Krankheiten 
derfelben nach Pllato, 200. — Ariftoteles Anſichten, 235, 
Eintheilung, 351. — Asklepiades mechaniſche Theorie, 


372. 
Seelenlehre. f Seele. — Galen's Bearbeitung derfelben, 
493. ° 


Sretehwanderung, von Pythagoras angenontmen, 75. 


L 


& 


528 


Siebplatte, im Alterthum vorausgefegte Beflimmung derſel⸗ 


ben, 483. 
Staaroperation der Brachmanen, 24. — Ausbildung dew 


ſelben in der Alerandrinifchen Schule, 318. 


‚ Steinfhnitt, Ausbildung defjelben in der Alerandrinifchen 


- Schule, 318. 

Stufenjahre, Lehre davon duch die Aegyptier und Pythas 
goras begründet, 77. 

Synkriſen, zufammengefegte Atome, 370 

Zempel, des Aeskulap, 56. — Inkubation iu denfels 
ben, 59. 

Tempeldienft, mediciniſcher, ſ. Heilkunſt u. ſ. w. 

Temperamente, nad Öglen, 498 

Teretiler, f. Empiriker. 

Therapie, des. Hippolrates, 144 — Des Eraſiſtratus, 
273. — Des Herophilus, 303. — Der Empirifer, 329. — 
Des Heraflides, 340. — Des Asklepiades, 380. — 
Grundfäge der methodiſchen, 40a. — Des Theffalus, 414 

— Des Öalen, 507. — Des Aretäus, 488- 

Theriäca, des Mithridates, 34. — Des Nikander, 
348. — Des Andromadhus, 44a, 

Torilologie, f. Giftlehre, 

Tradjeotomie, Anwendung derfelben‘ von A⸗ticplade⸗ ein⸗ 
geführt, 391. 

Trepanation, Hippokrates Anzeigen dazu, 161. — Appa⸗ 
rat und Verfahrungsweiſe bei derſelben, 163. 

Urſachen, ſ. Aetiologie. 

Verbandlehre. Ausbildung derſelben, 317. — Des Sora⸗ 
nus, 422. 

Verdauung, Ariſtoteles Erklärung derſelben, 253. — Me 
Hanifhe des Erafiftiatus, zdg, — Atomiftifhe des Ass 
klepiades, 374 

Bivifeftionen, gm Menſchen verrichtet, 24 \ 

Botintafeln und Inſchriften in den Tempeln des Aesku⸗ 

ı Tap, Einfluß derfelben auf die Begründung der Heil⸗ 
Tunde, 62. 

Wagadafaflir, Lehrbuch der Brachmanen, 22. 

Wärme, eingepflanzte, Hippokrates Lehre davon, 125. 

Wafferfheu, Behandlung derfelben. nah Demokritus, 98. 
— Vielfältige Erörterung derfelben von den Herophileen ıc. 
Ir. — Aetiologie derfelben, 470. — Deobacptüngen der Me⸗ 
shodifer, dio. '. 


529 
Wegſelfieber, bösartige, ältefte Beobachtungen derſelben, 


224. — Asklepiades genauere Beſchreibung derſelben, 391. 


Weiberkrankheiten, Bearbeitung derſelben, 421, 425. 

Wein, von Hippokrates in Krankheiten verordnet, 151. — 
Asklepiades Vorſchriften über den Gebrauch deſſelben, 382. 

Zahlenlehre, Pythagoriſche, Einfluß derſelben auf die Kri⸗ 
fenlehre, 203. — Weitere Einführung derſelben durch Diokles 
213. — Bon Ariftoteles widerlegt, 235. . 

Zeichenlehre, in den Tempeln des Aeskulap Bearbeitet, 66. 
— Des Hippofrates, 166. — Bon den Methodikern vers 
nadjläffigt, 404. — Des Achigenes, 455. — Des Ga: 
Ien, 501. 

Fitterrochen (torpedo), f.; Elektrititaͤt. 

Zufammenziehung, f. Kommunitäten. 





- Au — — — — 








"Verbefferungen: 


; 


"Seite ar. Yeile 7. lies geben flatt giebt. 


46. 


9% 
86. 
133 
288. 
288. 


ı1. [. einen ſtatt den. 

16. L. überginge ftatt übergehen. 
14. I. Thafus ſtatt Thahus. 

1. I. fei ſtatt ift. 

9. I. Curiızer ſtatt Lorızar. 

10. l. yuzındı ftatt Juzızor. 


27 | 
Gelſchichte der Heilkunde. 





| ! 
Nach den Quellen bearbeitet ' oo 
hy ® 
von 


= 


Dr. Yuftus Seiedrich Karl Hecker, 


Profeſſor der Deilfunde an der Univerfität Berlin, Mitglied der medi⸗ 
einiſchen Ober⸗-Exraminations⸗Commiſſion, der medieiniſchen Geſellſchaf⸗ 
ten zu Berlin, Kopenhagen, Londoh, Philadelphia und Zürich, der. Wet— 
teranlichen Geſell ſchaft für die gefammte Naturkunde, der Geſell fchaften 
Ale Naturs und Heilkunde zu Berlin, Bonn und Dresden, fo vole 
ter Accademia Pontaniana zu Reapel. 


% 





Zweiter Band. 
Mit einer cronologiſchen Ueberſicht des erſten und zweiten Bandes. 


Ve ———— 


7 Bei Theodor Chriſtian Friedrich Enslin. 





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* 





Vorrede. 


De vorliegende zweite Band biefer Geſchichte enthaͤlt bie 
Darfiellung ber Abnahme und des Werfals der griechiſchen 
Heilkunde, vom dritten big zum vierzehnten Jahrhuubert. 
Die Weile dieſes Beitalterd war dem Geifte entgegen, Der 
bis dabin bie Heilfunde belebt hatte: um fo. mehr war ich 
verpflichtet, den ihm angehörigen Männern, die ſich Denk 
maͤler gefiftet, Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen. Ihr 
Verdienſt muß nad) ‚ber Groͤße der Hinderniſſe beurtheilt 
werben, die fie umgaben; es iſt ehrenwerth, wenn auch 
weniger glaͤnzend, als das ihrer Borfahren, waͤhrend bed 
Aufblüheng und der Fräftigen Geftaltung der Heillunde. 
Einige von ihnen ſuchten ſich dem Einfluß ihrer Jahr⸗ 
hunderte gu entziehen, — vergeblich, oder mit Erfolg, — 
andere folgten der Richtung, Die ihre Umgebungen ihnen 
vorzeichnete- : die ganze Zeit ift Ichrreich durch denkwuͤrdige 
Beftrebungen. Große Gedanken wurden ausgeſprochen, und 
blieben unentwickelt, die Lehren des Alterthums wurden 


[4 


IV 


wiederholt, und verhallten in der geiſtigen Oede, in der 
Selbſtgenuͤgſamkeit. und Aberglaube bie Herrſchaft führten; 
+ die griechifchen Wiffenfchaften gingen unter; weil den Ge⸗ 
Ichrten fehlte, was menfchlichen Geiſteswerken Dauer und 
Halt giebt: reblicher, Wille, das getoonneng ‚Gebiet zu bes 
haupten, und felbfftändige Kraft es zu erweitern. 

Bon meinen bisherigen Srundfägen der wiſſenſchaft⸗ 
Küchen Gefchichtfchreibung bin ich nicht abgewichen. Dei 
ber Entwicklung der Ideen auf dem angebeuteten Hinten 
grunde ber Meltgefchichte war meine Aufgabe, vieled zu 
Burchforfchen, um dag Rechte zu waͤhlen; der Ermittelung 
ber Thatſachen Habe ich meine beſten Kräfte gewidmet, und 
Jahre vergehen laſſen, um bie Reife von Unterfuchungen 
absutwarten, .die nur in der Zeit gedeihen konnten. Beweiſe 
von Theilnahme an meiner Bearbeitung ber Gefchichte ber 
Heilkunde find. mir von vielen achtbaren Männern zuge 
fommen ı fie geben mir die Hoffuung, daß man meine 
Bemühungen nicht nach dem Erfolg, fondern nach dem 
Vorſatz beurtheilen werde. 

Berlin, im Monat Mat 1829. 


Der Verfaſſer. 


Int alt 


. — — 


D ritte Periode. Von Begründung ber Ga⸗ 
Ienifchen Theorie bis zum Entftehen der chemis 


fhen Schulen, ‚ober von Galen big Paracelfud 
200 — 1517: " 


Erfter Abf guitt. Ffir Srepichnaoerfafling, 


Alerander von Aphrodifias. $. 12... . . . 


Entfichen der erfien Medieinalgefege. 6.1. . . .’ Seite I 
Ernennumg des erſten Archiaterd. $.2. . . . . — 3 
Städtifche Archiaterwuͤrde. Erchinria popobri. 
JE: VE ER — 5 
Pflichten der Archiater. s. 4..... — 11 
Archiaterwuͤrde am Hofe. - (Archiatria palation,) \ 
6. 5. 1 01 01 LT LE L LT 82 T 8 L 18 08 — 14 
Bruchſtuͤcke roͤmiſcher Staatsarzneikunde. 9.6... — 19 
Zweiter Abfchnitt. Heilkunde des Abendlandes 
. feit dem dritten Sahrhundert. 
Quintus Serenus Samonicus. 6. 7.... 2—24 
Vindicianus. Theodorus Priſcianus. F. 8..— 28 
Sextus Plasitus von Papyra. Der —5 Bis 
nius. 6. 9.. .. Ba — 34 
Lucius Apulejus. Marcellus der Empirifer. $. 1. — 37 
Dritter Abfchnite. Heilkunde der Griechen von 
Anfang des dritten bis in die Mitte des raten ' 
Jahrhunderts. - ' Bu 
Geiſt des Zeitalterd. 11. . . » ı 2 2220 242 
— 45 


vı 9 
Das Ehriftentbum. Zeus nen upern und einige 


Alexander's Bieberlehre. 9.36. . - -» 


feiner Zeitgnoffm. 9.13... 2... Seite 47 
Dribafius von Pergamus. 9.1. . . - . ..- 3 
Schriften des Oribaſius. 6.15. . .» 2 0. . — 5 
Grundfäge über Blutentziehung. $. 16. . . . . — 92 

, Antyllus. 1.2.2 re —-'6 
Allgemeine Therapie und beimitielebre des Ori⸗ 

baſius. F. 18.... 2 22: r 66 
Diätetif und praftifche Heilkunde. Anatomie, Chi⸗ 

rurgie. 919... 2 2 0 nn — 70 
Die Lycanthropie. Marcellus von Sida. $. 0. . — 76 
Nemeſius, Biſchoff von Emea. $. 2l. . . . „= 7 
Heſychius von Damaskus. Jacobus Soter (Ply⸗ 

chreſtus). Aſtlepiodotus. $. 22. . . - — 8 
Aztins von Amida. Deffen Leben und Werte. $. 23, — 86 
Bieberlehre. 9. 24... 2 2 200m — 8 
Phrenitis. Der Pueumatiker — 6. 26ß. — M 
Andere Krankheiten. $. 26 . . . » » — 8 
Augenheilkunde. $. 27... » een. 16 
Chirurgie. $. 238. - 2 2 200er... 7 17 

. Geburtspälfe. 6.29. . oo 2 m 133 
Vierter Abſchnitt. Die Seuchen des ſechſten Jahr 
hunderte. 
Finfterniß des Zeitaltırs. Fall der Wiſſenſchaften 

U... er... —- 17 
Säulen der Neſtorianer in Aſien. Brabant von u 

Edeſſa. 6. 31... - >» 2 02. , ...—-1%9 
Die Zuftinianifhe Peſt. & 32... , . — 135 

Zuſtand der Wiffenfhaften im Abendlande. $- 33, — 144 

Verbreitung der Peſt nah Stalin und Gallien. 
‚Erker Ausbrud der Poden in Europa 

5. 7 ...... ... — 15 

Fuͤnfter Abſchnitt. Heilkunde | der Griechen von 
der Mitte des ſechſten Jahrhunderts bis zur Ein; 
nahme von Alerandrien durdy die Saracenen (640). 

Alerander von Tralles. $. 35. . . . . u... Bit 

. — 157 





vu 


Der Jatrofophift Pallabius Iobammes von Alexan. \ 

drin. 6:37... 2022. .. . Seite 1668 
Aerander’s Lehre von den Burmfrantheiten. 6.38. — 169 
Hienentzuͤndung. Irreſein. 9.39... ... >... —ın 
Andere Krankheiten. 6.40. . . 2... 2.715 
Alerander’s Probleme. 54. ...,.....0 182 
Anatomie und: Phyſiologie im fi ebenten "Sohn 

dert. Theophilus. S. #2. ... . — 184 
Semivtik. $. 43.:. .. .. — 188 


Stephanus von ibn 6.4... un .,-»M 


Schfter Abſchnitt. Heilkunde der Griechen vom 
Fall der Alexandriniſchen Schule (640) bis zum 
dreizehnten Jahrhundert. 
Paul von Aegina. 8. 45... .... . — 19 
Meiberfrankheiten. 6. 46. . - - > 2 220. — 199 
Unreine Uebel der Gefchlechtstheile. $. 47. . . . — 202 
Das Lehrbuch des Paulus. 9.48... »- x. 2.05 
Innere Krankheiten. $. 49. . » 2 2 200. — 206. 
Augen» und Obrenfrankpeiten. Zahnheilkunde. Der 
Jatroſophiſt Adamantius. $. 50. . . „ ...— 24 
Heilmittellehre. Chirurgie & 5l. . » .» 2... — 220 
Zuſtand der Wiſſenſchaften im achten, neunten und 


’ zehnten Jahrhundert. & 5. . 2 2 22202 290 


Meletius. Theopbanus Nonnus. $. 3... 0. 20 35 
Thierheilkunde des Alterthums. 9.54 . . . . — 241 


fi 


. Zeldärzte im Xltertbum. 6.55. . . . 20. = 770 


Michael Peltus und fein Zeitalter. 5 Ph . — 290 
Simeon Seth. 6.57... 2 .. 2 300 
Das Drphanotropheum lernt L. — Kaiſer Mas 

nuel Comnenus. 8. 58... 2 2 2 0. — 305 
ermifhung der griechifchen Heilkunde mit der aras 
biſchen. Syneſius. 9.59. 2... 2... — 3ıl 


Siebenter Abſchnitt. Heilkunde der Griechen von 
der Einnahme Conſtantinopels durch die Franken bis 
zum Fall des griechiſchen Kaiſerthums (1203 1453). 


Das dreizehnte Jabrhundert. Demetrius Pepagome⸗ 
nus. $.-60. u. 0 0, 8 . °. 0 en .’.. — 318 











528 


Giebplatte, im Alterthum vorausgefegte Beſtimmung derfels 

ben, 483. . 

Staarope ration der Bradjmanen, 3. — Ausbildung der⸗ 
ſelben in der Alerandrinifchen Schule, 318. 

‚ Steinfhnitt, Ausbildung deffelben in der Alerandriniſchen 
Schule, 318. 

Stufenjahre, Lehre davon durch die Aegyptier und Pytha⸗ 
goras begründet, 77. 

Synkriſen, zufammengefegte Atome, 370. 

Tempel, des Aeskulap, 56. — InEubation in denfels 
ben, 50. 

Tempeldienft, mediciniſcher, 1 Heilfunft u. f. w. 

| Temperamente, nad Öglen, 498 

Teretiler, f. Empiciker. 

Therapie, des. Hippokrates, 144 — Des Erafiftratus, 
273. — Des Herophilus, 303. — Der Empirifer, 329. — 
Des Heraklides, 340. — Des Asklepiades, 380. — 
Grundſätze der methodifden, Joa. — Des Theffalus, 414. 

— Des Öalen, 507. — Des Aretäus, 468. 

Theriaca, des Mithridates, 345 — Des Nikander, 

348. — Des Andromadhus, 4, 

Toxrikologie, f. Giftlehre. 

Tracheotomie, Anwendung derfelben , von A⸗tleplade— ein⸗ 
geführt, 391. 

⸗Trepanation, Hippokrates Anzeigen dazu, 161. — Appa⸗ 
rat und Verfahrungsweiſe bei derſelben, 163. 
Urſachen, f. Aetiologie. 

Verbandlehre. Ausbildung derfelben, 317. — Des Goras 
nus, 422. 

Derdauung, Ariftoteles Erklärung derfelben, 253. — Mei 
haniſche des Eraſiſtratus, adg, — Atomiſtiſche des Ass 
klepiades, 374 

Divifektionen, gm Menſchen verrichtet, 284 s 

Botintafeln und Inſchriften in den Tempeln des Aesku⸗ 

ı Tap, Einfluß derſelben auf die Begründung der Heil 
kunde, 62. 

Magadafaflir, Lehrbuch der Brachmanen, 22 

Wärme, eingepflanzte, Hippokrates Lehre davon, 125. 

Wafferfheu, Behandlung derfelben,nah Demofritus, 98 
— Bielfältige Erörterung derfelben von den Herophileern ıc. 
Ir. — Aetiologie derfelben, 470, — Berbachtungen der Me⸗ 

/thodiker, q4u03. 








520 


Wedfelfieber, bösartige, ältefte Beobachtungen derfelben, 
224. — Asklepiades genauere Beſchreibung derfelben, 391. 

Weiberfranfheiten, Bearbeitung derfelben, 421, 425. 

Wein, von Hippofrates in Krankheiten verordnet,. 151. — 
Asklepiades Vorſchriften über den Gebrauch deffelben, 382. 

Zahlenlehre, Pythagorifhe, Einfluß derfelben auf die Kri: 
fenlehre, 203. — Weitere Einführung derfelben durh Di okles 
213. — Von —— widerlegt, 235. . 

Zeigpenlehre, in ven Tempeln des Aeskulap bearbeitet, 66. 
— Des Hippofrates, 166. — Bon den Methodikern vers 
nadläffigt, 404. — Des Acdhigenes, 455. — Des Gar 
len, 5or. 

Bitterrodhen (torpedo), f.: Elektricitaͤt. 

Zuſammenziehung, ſ. Kommunitäten. 





Berlin, gedruckt bei A. W. Schade, Alte Gruͤnſtt. Nr. 18. 


x 


"Seite 


Berbefferungen; 


3, 


or. Beile 7. lies geben ſtatt giebt. 


4. 
9% 
v 86. 


II. [, einem ſtatt den. 

16. I. überginge flate übergehen. 
14. I. Thafus ſtatt Thahus. 

1.1. fei ſtatt ift. 

9. I. Zurızer ſtatt Lorızer. 

10. l. Auzındı ftatt Juzixer. 








2 J 
Geſchichte der Heilkunde. 


Nach den Quellen bearbeitet oo. 
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— 


Dr. Juſtus Friedrich Karl Hecker, 


Profeſſor der Heilfunde an der Univerſität Berlin, Mitglied der medi⸗ 
siniigen Dber : Eraminationd : Commilflen , der medicinifhen Geſellſchaf⸗ 
ten zu Berlin, Kopenhagen, Londoh, Philadelphia und Zürich, der Let: 
geronifchen Geſellſchaft für die gefammte Naturkunde, der Geſellfchaften 
fie Naturs und Heilkunde zu Berlin, Bonn und Dresden, fo vie 
ker Accademia Pontaniane zu Neapel. 





| Zweiter Banb.. 
Mit einer chronologiſchen Ueberſicht des erſten und zweiten Bandes. 





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Berlin, 1829. 
7 Bei Theodor Chriſtian Friedrich Enslin. 


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Borrebde. . . 


— 2 


De vorliegende zweite Band dieſer Geſchichte enthält bie 
Darſtelung der Abnahme und des Verfals der griechiſchen 
Heilfunde, vom dritten big zum vierzehnten Jahrhundert, 
Die Weile dieſes Zeitalters war dem Geifte entgegen, Der 
bis bapin die Heiltunde belebt hatte: um fo. mehr war ich 
verpflichtet, den ihm angehdrigen Männern, bie fih Denk 
maͤler geftiftet, Berechtigfeit . widerfahren zu laffen. Ihr 
Verdienſt muß nad) ‚ber Größe der Dinderniße beurtheilt 
werden, die fie umgaben; es iſt ehrenwerth, wenn aud) 
weniger glänzend, ale dag ihrer Vorfahren, während bee 
Aufblühendg und der. Irdftigen Geftaltung der „Heilkunde, 
Einige von ihnen fürchten fih dem Einfluß ihrer Jahr⸗ 
Hunderte gu entziehen, — vergeblich, oder mit Erfolg, — 
andere folgten der Richtung, die ihre Umgebungen ihnen 
vorzeichneter: die ganze Zeit ift Iehrreich durch denkwuͤrdige 
Beftrebungen. Große Gedanken wurden ausgefprocken, und 
blieben unenttwickelt, die Lehren des Alterthumg wurden. 


‘ 


[4 


IV | J 
wiederholt, und verhallten in ber geiſtigen Dede, in ber 
Selbſtgenuͤgſamkeit. und Aberglaube die Herrfchaft führten; 
die griechiſchen Wiſſenſchaften gingen unter; weil den Ge— 
lehrten fehlte, was menſchlichen Geiſteswerken Dauer und 
Halt giebt: redlicher Wille, das gewonnene Gebiet zu be⸗ 
haupten, und ſelbſtſtaͤndige Kraft es in erweitern. 

- on meinen bisherigen Srunbfägen der wiſſenſchaft⸗ 
fichen Gefchichtfehreibung bin ich nicht abgewichen. Bel 
ber Entwicklung ber Ideen auf dem angebeuteten Hinten 
grunde ber Meltgefchichte war meine Aufgabe, vieled zu 
burchforfchen, um das Rechte su wählen; der Ermittelung 
der Thatſachen habe ich meine beften Kräfte gewidmet, und 
Jahre vergehen laſſen, um die Neife von Unterfuchungen 
abzuwarten, .die nur im ber Zeit gedeihen konnten. Beweiſe 
von Theilnahme an meiner Bearbeitung der Gefchichte der 
Heilkunde find mir von vielen achtbaren Männern zuge 
kommen fie geben mir die Hoffnung, daß man meine 
Bemuͤhungen nicht nach dem Erfolg, fondern nach bem 
Vorſatz beurtheilen werde. 

Berlin, im Monat Mat 1829. 


Bu | Der Verfaffer. 





D ritte Periode. Don Begruͤndung ber Ga⸗ 
leniſchen Theorie bis zum Entſtehen der chemi⸗ 
ſchen Schulen, oder von Galen bis Pparacelſus. 
200 — 1517: " 

Erſter Abſ qunitt. mömiſche Srebichnfserfafling, 


Entſteben der erſten Medicinalgeſetze. F. I... . Seite I 
Ernennung des erſten Archiaters. 59. 2..... — 3 
Staͤdtiſche Archiaterwuͤrde. (Archiatria popularis.) 
une nen 5 
Pflichten ber Archiater. s. 4. — 11 
Archiaterwärde am Hofe. (Archiatria palatina.) ' 
[Ve VE — 14 


Bruchfläde römifcher Staatsarzneifunde. 6... —19 


Zweiter Abſchnitt. Heilkunde des Abendlandes 
ſeit dem dritten Jahrhundert. 
Duintid Serenus Samonicus. 5.7.... 2 24 
Vindicianus. Theodorus Prifeianus. 9.8... . . — 28 
Sertus Plasitus von Papyra. Der — Pli⸗ 
rn — 34 
Lucius Apulejus. Marcelus der Empirifer. $. 10. — 87 


Dritter Abſchnitt.Heilkunde der Griechen von 
Anfang des deitten bis in die Mitte bes ſechſten 
Jahrhunderts. 
Geiſt des Zeitalterd. 6.11. . . . . .... = 
Alexander von Aphrodifias. $. 12... ı x: 2. 8 








8 


u Die Veſoldungen dieſer Staatkärzte befanden in Natu⸗ 
rallieferungen (annonaria commoda) vun Seiten ber Städte, 
benen fig dienten ”), und in wirklichen Gehalten (salarıa )» 
die ihnen. von den Derurionen der Städte verliehen wurden; 
und ihnen dann durch Seine. höhere Negierungsverordnung wies 
ber genommen werden Eonnten 2). Selbſt nach dem Unter⸗ 


gange des abendländifchen Kaiferthums Heßen - die gothifcen 


Herrſcher dieſe Zahlungen nicht einftellen. >): Moch - wichtiger 
als die Gehalte waren jedoch bie Befreiungen von Abgaben 
wand Öffentlichen Luſten, die den Archiatern mehr, als dem 
Staatsärzien in irgend.’einem fpäteren Staate, den nichtans 
geſtellten Aerzten aber. nur: theifwseife zugeflanden wurben. 
Auguſtus Begänftigungen des ärztlichen. Standes folgten eine 
Reihe kaiſerliche Befehle, die ſaͤmmtlich eine hohe Achtung der 
Gelrbgeber vor der Kunſt, und den Willen, die Hinderniſſe 
‚ihrer freieren Ausuͤbung zu entfernen, beurkunden. Eine Vers 
vordnung aus der Mitte des zweiten Sjahrhunderts erkennt es 
für billig, Staatsbürger, deren Verrichtungen fuͤr das Ganze 
vorzugsweiſe erſprießlich ſind, und deshalb um fo weniger ges 
ſtoͤrt werden duͤrfen, von beſchwerlichen Leiſtungen auszunehmen, 
und bezeichnet unter ihnen namentlich die Aerzte *). Doch 


1) Codic. Jastinian, L. X. T. 52.1. 9. - 

2) Digest. L. L. T.9. De decretis ab ordine faciendis. L4. 
Auch anderen Gelehrten hatten die Decurionen das Recht Gehalte 
zu erthellen, wie aus-biefem Geſetz erhellt. Doch nahm es ihnen 
der Kaiſer Eonfantin, der fi das Beſtaͤtigen ber Oehaltsbe⸗ 
willigungen ‘allein vorbebielt, ( Codic. Justinian. L. X. T. 36. De 
praebendo salario. I. un.) aber in Betreff der Gelehrten, und. bes 
fonder® der erste, durchaus Feine Beſchraͤnkungen machte. Ehenb,” 
T. 52. De professor. et medicis. ]. 6. 

3) Cassiodor. Variar. L. IX ,c. 21. 

uf Digest. L. L. T. 6.1.6. De his gui ob munerum gra- 

viorum conditionem vacationem aliguam habent. 


' 


| nt u . 9 
war es auf der andern Seite mit dem Geundſaͤtzen einer guten ' 
Staatsverwaltung unvereinbar, diefe ohne Alnterfchted mit allen 
buͤrgerlichen Verbindlichketten zu verfchonen, und deshalb folg⸗ 
ten. gewöhnlich bald auf unbedingte Verheißungen diefer Art 
nothwendige Enſchraͤnungen. Schon Auguſtus Bewilligun⸗ 
gen blieben unter den naͤchſten zum Theil fo ſtuͤrmiſchen Re⸗ 
gierungen nicht in Kraſt, Befpafian und Hadrian würden 
ſonſt nicht die Befreiung der "Aerzte von Einguartiaung '). 
erneuert *), und fie der letztere nicht (Hleich zu Anfang’ feiner. 
Regierung, i. 3. 187.) von ulm. beſchwerlichen Dienfien 
(famulatus), nomentlih vom Kriegsdienſt unbedingt ausger 
nommen haben 4). Daß aber Hadrian hierin zu weit ges 
gangen war, beweiſt Antonin's des Frommen, feines Nach⸗ 
folgers, ſtaatswirthſchaftliche Beſchraͤnkung der mit Befrelung 
verbundenen Stellen, wodurch dem Stande ber Archiuter 
ausgedehntere Beguͤnſtigungen fuͤr immer geſichert, den uͤbrigen 
Aerzten. jedoch ne die minder bedeutenden: verheißen wurden. 
Es ift fchwer zu entfcheiden, wie weit überhaupt der Staat 
die legteren in Sup ‚genommen habe, Indem fpäterhin von 





1) Metatum, metati munus, molestia hospitum recipiendo- 
zum, hospitalitas, hospitum inquietudo. 

2) Digest. L.L. T.4. 1.18. De muneribus civilibus. G. 30. ° 
Doß bied nur eine erneute Verordnung war, gebt aus den Worten 
hervor: ».medicis ne hospitern reciperent, a principibus Juisse 
immunitatem indultam, et D. Vespasianus et D. Hadrianus rc- 


scripserunt. « 
s 


3) Digest. L. XVII T. 1. 1. 6. De excusation. $. 8, — 
Philossphos, rhetores, grammaticos- medicos, immunes_ esse 
gymnasiis, sacerdotii staftes, et neque ad frumenti et vini et 
olei emtiones et praepositiones, et neque iudicare, neque legatos 
esse, negue in, militia numerari nolentes, neque ad alium famu- 
Iatum eos cogi. . 








10 


den Befrelungen immer nur fo bie Rede if, als haͤtten, afleies 
‚die Archlater. ein Recht darauf gehabt, doch verbuͤrgte ihnen 
der Geiſt der römifchen GSefege eine chrenvolle Behandlung; 
und gewiß wurden, fie zu niederen Dienſtleiſtungen (sordida 
munera) niemals gezwungen. Dies: hatten ‚Antonin und 
L. Verus denjenigen, ‘die in ihrer Vaterſtadt die Kellkungt 
aus uͤbten, ausdrücklich: zugefagt, mit dem Beifuͤgen, daB fie 
ihee ‚Befreiung fogleich- verlieren würden, "wenn fie fich in eis 
nent :mdern Orte nieberließen; mas machte foger auch hierin 
mit berühmten Männern-eine billige Ausnahme "), 
WMehrere Vorzüge vor Gericht waren, wie es ſcheint, allen 
Aerzten gemeinfchaftlich, beſonders die Vermeidung: ‚eines weit⸗ 
laͤuftigen Verfahrens (cognitio, iurisdickio. extranrdinaria * 
welche Beguͤnſtigung ſelbſt die Hebammen, die Zahnaͤrzte und 
Ohrenoͤrzte (auriealarii);. nicht aber die Gaukler und Exorci⸗ 
ſten erfuhren 2). Als vollkommen Befreite genoſſen jedoch 
die Archiater noch weit größere Vorzuͤge. Beleidignugen, die 
man ihnen zufuͤgte, wurden ſtrenger als in gewoͤhnlichen Faͤl⸗ 
len, nach der Willkuͤhr des Richters, und ſpaͤter nach. einer 
beſtimmten Feſtſetzung beſtraft; ſie durften nicht gefaͤnglich ein⸗ 
gezogen, und nicht einmal gezwungen werden, vor Gericht zu 
erſcheinen 2). Außerdem erbte ihre unbedingte Befreiung von 


1) Ebend. 9. 10. 
2) Ebend. L. L. T. 13. De ertraordinaria eögnitione. L 1. 


9») Codic. Justinian. L. X. T. 52. : De medicis et professor. 
1.6. Eine Verordnung von Conſtantin. — Codic. Theodosian. 
L. XIII. T. 3. De medicis es professor. 1. 1. Thaͤtliche Beleidi⸗ 
‚gungen eines Archiaters wurden biernady mit einer Geldfirafe von 
‚bunderttaufend Nummis gebüßt, wenn der Schuldige ein Freigebor⸗ 
ner war. Ein Sflave wurbe in Gegenwart des DBeleldigten mit 
Ruthen gepeitfcht, und hatte ihn fein Herr zu den ergehen ver 
anlaßt, fo mußte diefer die Strafe bezahlen. 





11 


Cinquartitrung : fogar auf ‚ihre Wittwen und Kinder ſvper 13 
auf ihren Grundſtuͤcken in den Städten laſteten keine Abgaben 


und Dienftverpfligtungen, felbft fo fange fie noch im Belle 
ihren nächften Nachkommen waren ?);. Stadtämter, die ändere 
annehmen mußten, konnten fie ausſchlagen *); erlangten fie 


höhere Shrenftellen und Titel, 3. B. die Senatorwuͤtde, die 


Eomitlva, das Perfectiffimat u. a., fo zahlten fie Twever"Ser 
bühren, noch die bei einigen fehr druͤckenden Abgaben’) ;: he 


Söhne durften nicht zum Kriegédienſt eingeforbert werden *), 


mit einem Wort, die römifchen Geſetze gaben: ihnen alle Borr 
züge, die der Staat beine Důrgern nur mmer zige⸗ 


ſtehen konnte. 


a FALLE Tr) 
“. 4 v .».0 4. 


8. 4. . 24 

Yflichten der Archiater. 7 
Ueber die Amtsverrichtungen der’ roͤmiſchen Staeteheie 
fehlt es an ausführligen Nachrichten. "Daß den aus "Ahnen 
. oe 1 
I) Ebenb. 1. 2. 8. 0m. 
2) Codic. Justinian. L. X. T. 52. De medicis et professor. . 6. 


8) 3. B. das Decemvirat, die Xebilität, das Volkstribunat, 
das Sacerdotium u. ſ. w. Codic. Theodosian. a. a. O. J. I. 


4) Ebend. 1. 2. 15. 18. — Vergl. hieruͤber Ackermann's 
treffliche Erlaͤuterung der wichtigſten Geſetze, welche auf bie Mer 
bieinalverfaffung ‚Bezug haben, und vom erften bis zum bref;chnten 
Jahrhundert gegeben worden find. In Pyl's Nepertorium für die 
Öffentliche und gerichtliche Arzneiwiſſenſchaft Bd. II. St. 2. ©. 167. 
Berlin 191. — Wie mannigfaltig’ und. befchmwerlich die ſtaͤdtiſchen 
Dienſtverbindlichkeiten waren, und daß die Vormindſchaft über Vers 
ſchwender und Verdächtige, felbft die Verſorgung Gebrechlicher Hierin 
mit einbegriffen war, ergiebt fi) aus Digent. L.L. T.4. De mu- 


neribus et honoribus. oa 


5) Codic. Theodos. L, XIII. T.3. De medic. et professor. 1. 8, 


v 


72 


gebfideten Medicineleollegien bie Aufficht über die anaibenden 


Aerzte obfag, fo weit dieſe uͤberhaupt zuläffig war, kann für. 


ausgemacht gelten: 2). Leider war: die allgemeine Verberbtheit 
der Bitten ein Grund mehr, fie ihnen einzuräumen, denn 


| auch die Aerzte nahmen daran um fo leichter. Theil, da-jederzeit 


Diejenigen unter ihnen dem Volke. angenehm gewefen find, deren 
Wandel mit feiner Denkungsart nicht. im ˖ Widerſpruch ſtand *). 
Arme :Kranfe menſchenfreundlich und muentgeltlich zu behan⸗ 
dein, wird den Archiatern -in--mehr als einer Verordnung vor 
gefchrieben, fonft. waren fie mie Me übrigen Aerzte berechtigt, 
Belohnungen der Wiedergeneſenen anzunehmem. Forderungen 


gründeten, waren vor Gericht ungültig ?), und wohl kann 
mar vermuthen, wie nothivendig ein folhes Gefeg war, wenn 
eine andere Verordnung die Richter anweiſen mußte, Grund⸗ 
ſtuͤcke den Aerzten abzuſprechen, die ihnen Kranke in der Angſt 
widerrechtlich (contra fidem bonam) verkauft, wenn fie den: 


ſelben Augenkrankheiten durch Arzneimittel verſchlimmert hat⸗ 


ten, um ſſe deſto leichter zu überreden *). Faͤlle dieſer Art 


mußten alſo vor diefer Verordnung vorgefommen fein. 


) 


Dee bedeutendfte Beruf der Archiater, und für die Wif 
fenfchaften der wichtigſte, war der Unterricht der Studierenden. 
Ihre Befoldungen follten gerade bezwecken, daß fie nicht in 
dem Tteiben der Welt der Bearbeitung ihres Faches zu fehr 


22 


— — — 


'1) Galen. de Theriac. ad Pison. a. a. ©. 
. 2) Galen. de Method. med. L. I. ec. 1. p. 2. T. VI. — 


‘De Praenot. ad Posihum. c. 4. p. 835. seg. T. VIII. 


3) Codic. Justinian. L.X. T. 52. De.medicis et archiatris. 
1. 8. Fine Verordnung von Valens und Valentinian. 


4) Digest. L. L. T. 13. 1. 8. De medico res aegroti extor- 
quente. Uipian. 


. dagegen, die fih auf Verfprechungen während der Krankheit 


N 


ehtzogen wuͤrden, und dabei entſprach die Einrichtung daß ſie 
verbimden eine Art wiſſenſchaftlicher Behoͤrde ausmachten, dem 


vielſeitigen Beduͤrfniß einer Lehranftelt ")r Es ergiebtſich 
aus den bisherigen Darſtellungen, daß im Alterthum beruͤhmte 


Maͤnner jederzeit: Schüler um ſich verſammelten, ohne and. 


durch oͤffentliche Anſtalten dazu veranlaßt zu werben, daß man 


ſelbſt in Rom den Nutzen des Unterrichts am Krankenberte 
rinſah *); Alle dieſe Bemaͤhungen blieben jedoch mehr oder 
minder vereinzelt, und die Erfolge von der Perſoͤnſichkelt des 


Lehrers viel zu abhängig, auch war gewiß Alexandria, bie 


einzige Lehranftalt für die Heilkunde, die ihren Rang aoch 


fortwaͤhrend behauptete, fuͤr das Beduͤrfniß des rhmiſchen 


Staates bei weitem unzureichend. 

WVon Archiatern irgend einer Stade, bie im Lehrfach be⸗ 
deutenden Ruhm erlangt hätten, weiß die Geſchichte freilich 
nichts; "man beſchraͤnkte ſich überhaupt mehr auf das bloße 
Beduͤrfniß, feitdem die. Denkart dee Zeitalters bas ‚höhere 


wiſſenſchaftliche Streben fo weit beſchraͤnkt hatte, daß es nur 


noch wenige Einzelne uͤber das Gewoͤhnliche erhob. Ueberdies 
duldete man ſpaͤterhin die Wiſſenſchaften nur, ohne ſie jemals 
mit gutem Willen wieder emporzuheben, und es ſcheint mus: 
gemacht, daß befonders die abendländifchen Kaifer die Unwiſ⸗ 
ſenheit fuͤr eine maͤchtige Stuͤtze ihrer despotiſchen Herrſchaft 


gehalten, oder wenigſtens, den Einfluß der immer matter 


werdenden Geiſtesbildung gefürchtet haben. Balentinian, 
Balens und Sratian gaben (370) ein Geſetz, es follte 


1) Codie. Justinian. L.X. T. 52. De medicis et archiatris. 
1. 6. — » Mercedes etiam eis et salaria reddi iubemus, quo faci- 
lius hberalibus studiis et memoratis artibus multos instituant, « 
Eonflantin?s des Großen Verordriung. 


2) 3.1.5.57 ©. 416. 


4 


Sr 


⸗ 


+44 


ſich kein Studierender: länger in Rom aufhalten, als bis zum 
zwanzigſten jahre, wenn er nicht ſchimpflich zuruͤckgeſchickt 
werden. wollte. Daſſelbe. Geſetz droht denen mit entehrender 
Strafe, fogar mit öffentlicher Züchtigung, die an Schaufpielen 
und Gelagen zu-oft:- Theil nahmen, oder fih in Verbindungen 
einließen, die men für verbrecheriſch hielt). War dieſe 
Behandlung nothwendig, fo iſt fie ein trauriger Beweis ber 


Entartung der Jugend, aus der wohl Eeine wahren Gelehrten 


‚mehr hervorgehen konnten; war fie es Richt, fo mußte fie alles 
Ehrgefuͤhl erftiken, und entzog mithin bem Eifer für die 
Fink einen mächtigen Hebel. 


. 8. 5; 
Archiaterwürde am Hofe. (Archiatria palatina ) 
DBlieben nun aud bie Zeiten der_Fortbildung der Heil⸗ 
funde durchaus nicht mehr günftig, fo war es boch ein bedeu⸗ 
1) Codic.. Theodas. L. XIV. T. De stadiis liberalibus 
urbis Romae et Constantinop. 1. 1. Ed. Hugon. Berol. 1815. 
T. I. p. 1064. — »Idem immineant censuales, ut singuli eorum 
tales se in conventibus praebeant ;\ quales esse debent, qui tur- 
pem inhonestamque famanı, et consociationes, quas proximas 
, esse crimihibus, aestiment fugiendas, neve spectacula frequentius 


adeant, aut appetaut vulgo intempestiva convivia. Quinetiam 


tribuimus potestatem, ut, si quis de his non ita in urbe se ges- 
setit, quemadmodum liberalium rerum. dignitas poscat, pudlice 
verberibus affectus, statimque narigio superpositus abiiciatur urbe, 
domumque redest. His sane, qui sedulo operam professionibus 
navant, usque ad vicesimum aetatis suae annum Romae liceat 
commorari; post id vero tempus qui neglexerit sponte remeare, 
sollicitudine praefeeturae, etiam impurius ad patriem revertatur.« 
etc — Vergl. H. Eonring’s ‚gelehrten Commentar zu dieſem 
Geſetz. (De Antiqyitatibus academicis Diss. VII. Ex ed. Heu- 
mann. Gotting. 1739. 4. Diss. ad Leg. 1. Codic, Theodos. de 


studiis liberalibus etc.) , 


[4 


45 


tender Gewinn, wenn durch die Wereheigung wiffenfcafticher 


Aerzte für die Erhaltung des Alten geſorgt wurde, der Wir: 
Eungsfreis der. ftädtifchen Archiater erſcheint mithin als fehr 
umfaflend, und ihre Beſtimmung ats aͤußerſt wohlthaͤtig. Un⸗ 
terdeften beftand die Archiaterwuͤrde am Hoſe ſeit Androma⸗ 
chus fort, wurde aber im Verlauf der Zeit von der ſtaͤdtiſchen 
gaͤnzlich getrennt. Die kaiſerlichen Hofaͤrzte (Archiatri sacri 
palatii, qui militabant intra palatium)! bildeten: einen Verxin 
für fi, ohne fonftige Dienftverrichtungen, als die ihre De 
nennung andentet. Ihre Zahl war von keiner beſtimmten Ver⸗ 
ordnung feſtgeſetzt: ſie veraͤnderte ſich unter den verſchiedenen 
Kaiſern wie der uͤbrige Hofſtaat. Im Range der Archiater 
ſtanden ſie durchaus nicht hoͤher, als die Stadtaͤrzte, und muß⸗ 
ten ſich deshalb gewoͤhnlich dem Geſetze Valentinian's ') 
fügen, wie Neuerwaͤhlte in die unterſte Stelle einzuruͤcken, 
wenn fie in die Reihe derfelben eintreten wollten ?), und weil 


dies nicht felten gefhah, fo wird es mahrfcheiniih, daß bie 
Beſoldungen der kaiſerlichen Leibärzte minder bedeutend waren, 


ale die Vortheile der fädtifchen Archiaterwürde. Dagegen 
wurden: ihnen perfönliche Vorzüge und Gunftbezeugungen viel 


| häufiger und faft ausfchlieglich zu Theil. Am meiften gab 


ihnen der Dienft am Hofe auf gewiſſe Titel und Rangerhör 


Hungen Anwartfchaft, die dem Begünftigten. nicht unbetraͤcht⸗ 


lihe Vortheile ficherten, namentlid auf das Perfectiffimat 
(Perfectissimatus dignitas) und die Comitiva. (Comitis digni- 


tas, Comitiva sacri palatii). 


Das Perfectiffimat, an fih nur ein auszeichnender 


1) 8. 3. S. 7. 


MO. Aur. Symmachi Epistolar ad Divens, L. X. ep. 17. 
Ed. Parei, Neapol. 'Nemet. 1617. 8, p. 421. 











5 ED Vor VRR ö—— —— —— ER — 
a — 0ôÛôÛôòôÛôÛôÛôòôÛôÛôÛ——N— — ur - 
“ 


16 u . 

Titel, wie bie höheren Würden des Illuſtrats 7), der, Spectabi⸗ 
tität *) und des Clariſſimats °), war. mit gewiffer Dienfls und 
Abgabenfreiheit verbunden, die fchon ohnehin den Eaiferlichen 
Leibärzten als Archiatern umd als Hyfbedienten palatini ) zus 
kam, in det letzteren Beziehung auch 6* Ruheſtande fort⸗ 
dauerte, und auf ihre Kinder und I vererbte *). Meh—⸗ 
rere Ehrenſtellen brachten die Benennung Vir perfectissimus 
mit fih, eben fo eine längere Dienftzeit in gewiſſen Aemtern; 
die KHofärzte erhielten fie groͤßtentheils, oder wenigſtens bei 
ihrer Entlaffung, wie alle übrigen Hofbeamten °), und bie 
Archiaterwuͤrde fcheine ihnen alddann hie damit verbundenen 
Defreiungen mehr geſichert und noch” weiter ausgedehnt zu 
baden. Weil aber das Perfectiffimat auch mit Geld erfauft 


werden konnte, fo beflimmte ſchon Eonftantin (330), unter 
- dem diefer Titel zuerſt gebräuchlich wusehe, daß nur Freigeborne 


bazu gelangen fönnten, und überdies niedriger Erwerb u. dergl. 
davon ausfchließen follte °). - 
Bon der Tomitiva bezeichneten drei von Conſtantin 
angeordnete Klaſſen 7) das nähere oder entferntere Verhaͤltniß 
zum 


! 


1) Magn. Aur. Cassiodor. Variar. L. V. c. 11. Ed. Paris. 


ap. Nivell. 1589. fol. p. 135. 


2) Ebenb. L. VII. c. 37. 
3) Ebend. c. 38. | 
4): Codic. Theodos. L. VI. T. 35. 1. 1. seq. 


5) Schriftlich wurde dem Namen eines Vir perfectissimus 
immer V. P. beigefägt. Vergl. Symmach. 0.0.2. 

6) Codic. Theodos. L. VI. p. 37. De Perfectissimatus di- 
gnitate. Ed. Hugon. Berol. 1815. T. I. p. 483. — Daffelbe Gele: 
Codic. Justinian. L. XII. T. 33. De Perf. dien. 


7) Eusebiü de Vita Constantini Imp. L. IV. c. 1. — Die 


Benennung Comitatus; Gefolge des Kalferd, und Comes, war ſchon 





zum Raifer. Der Ditei Comes wurde vielen. höheren ganz 
verfehtebenartigen Hof⸗ und Staatsbeamten zuertheilt, und ers 
hielt alsdann durch die Beiſetzung des Amtes feine nähere 
Beſtimmung °). Außerdem gab eine: fange Dienſtzeit in ges 


17. 


wifien 'Aemtern gefegmäßige Anſpruͤche darauf °), (Comites 


varantes) und nichtfelten' verliehen die Kaiſer die Eomitiva 
für Geb *) (€. codinillares, henorarii), oder berühmten Ger 
Icheten und Kuͤnſtlern zur Auszeichnung *) Von den’ Kofs 
archtatern befamen wahrſcheinlich nur wirkliche Leibaͤrzte die 
Comitixya der erſten Drdnung:*), und ſtiegen dadarch zu einem 
ſehr hohen Range, denn es gebuͤhrte ihnen die Anrede Vir 
spectabilis.*), und fie waren ben: kalſerlichen Vicarien und ben‘ 
Duces glöichgefegt 7). :Die Comites der. erſten Orbitung ge 
neſſen ſehe bedeutende Vondeen und Beſrenumgen, auch Brad: 


% 


unter ben ‘vorigen Reglerungen antun, Berge. Meibom ad 
Cassiodor. Formul. Comitis archiatror. p. 6. 

F}"Comites: sacri patrimonii, sacrarum largitionum, ratio- 
numy..sacrae 'vestis, Prövilicierum, commereiörum, hosreorum, ‘ 
thesaurorum, formarum et portus urbis Romac, etc. Cassiodor. 
Variar. L. vl. a. m. St. - j — 


2) 2. ». ein 20 Jahre lang mit Veifall fährtes Behramt in 
Sonftantinopel. Codie:;Theodos.L, VI. T. 2L (Beſtimmung von 
Theodoſius und Valentinian, i. 3. 425.) u 

1A) Ebenb. T. 18. (9.9. 412) in 

44) Ebend. T. 20. (3 3-:413.) .. er 

.6).Geſetliche Anfgrüche, auf, biefe Würde ‚Hatten f ie nit, fon 
betu nur perſonliches Wohlwollen des Kaiſers konnte fie ihnen er⸗ 


DE 


theilen, wie aus Codie. ‚‚Thegdos, E. VI. T. 16. hervorgett. 


6) Eusstoder. Varianb. ep 28. Ed. cit. p. dd. - 


by Code, Justinian. L. Kr. 023, — Theodos. L. vr T.16" 


De comitibus et archiatris sacri palatii. (Honor. et t Theodos. 
A. 413.). in. oo. ww 
IL ö B 


— 


18 


gewiß die Comitlva der. zweiten Orduung, bie den Hofaͤrzten 
ebenfalls bewilligt wurde, erhebliche Vortheile, die der britten 
Ordnung aber fland vielleicht. nur dem Perfectiffimate gleich, 
und war allem Anfcheine nach. unbedeufender 7). Die Leibs 
aͤrzte mit.der Comitiva ber erfien Ordnung hießen Comites et 
Archiatrs sacri ‚palatii, oder Gomites archiatrorum °). . Eine 
pomphafte: Einfegutigsformel aus der fpäteren Zeit ?) giebt 
ihnen das Ehrenanıt, wiſſenſchaftilche. Streitigkeiten der Aerzte 
zu fchlichten‘, und: made. fie - zu den Crfien ihres Standes, 
dech abe wohl nur dem Mani nad, denn es- findet ſich 
außerdem Fein. Beweis, "dab die Hofarchiater irgend einen 
ſtaatsaͤrztlichen Beruf ausgeübt haͤtten. Doch höher als bie 
zus Comitiva ber. erfien Orönung zu fleigen war. ihnen unbe 
u nommen ı*); im Ganzen fonmte ;jedoch durch dien Deguͤnſti⸗ 


gungen zu den bürgerlichen Sreiheiten, die ihnen fchon als 


Archiatern zuſtanden, wenig mehr ale, ‚äußerer, Glanz hinzuge⸗ 
fuͤgt werden orten 

Trat ‚endlich ein Räptifcher oder. ein Hoſarchiater aus ſei⸗ 
nen Deenſtver hauumigen, fo. erhielt‘ ar den Titel ex Archiateis 


[Ku zur . 
u. 


- 
*2 
Ss ° ....9 "un 


1) @odie. Justinian. L. X. T.-5Q: 1. II. De ‚grammaticis, 
oratbribus‘, pbitösophis, medicis:et: eoram "liberis. 


2) Codie. Theodos. a. a. D. Vergi Epistol. "Vindicians 
Com. Arch. ad. Valentinian. Ip. " in .Marcelli ‘de niedicament. 
Libr. p. 248. Henric. Stephan. in&d. art, princip. Paris: 1867.:.fol. 

3) Casstodor.-Variar. L. VI.’ de.-18.: Formula -Tomitis” ar- 
chietroram p. 141.: Bergl: Ep: 82: Formula echifliräle ' yrimi 
ordinis vacanfis. p. :186. Wahrſcheialich von Tbeoderich 400 — 


B626. — Vergl. Megn. Aurel. Casiboderi,.N. C. Formula Can 


tis ‚archiatfbrum. · Commentazio,illustrata a Joann, Hen — 
„ bomio. ‚Heimstad. ‚1665. 4 


j 4) Codie. Justinian. L. X. T. 52. 1 11. un j 


.. 
RR — J —XR 6. —WR — 


— —— — nn 


19 
mit Deibehaltung aller feiner ſonttger Waͤrden und Gerecht⸗ 
rm ” - 

8. 6. 


Bruchſtuͤcke der roͤmiſchen Staatsarzneikunde. 


Verordnungen, die auf Grundſaͤtzen der Heilkunde beruhe⸗ 
ten, ober hätten beruhen ſollen, enthält die roͤmiſche Geſetze 
gebung bei ihrer fonftigen  Bolllommenheit nur wenige, und 
auch dieſe bilden fein Ganzes, weil weder die Regierung noch 
die Serichte die Aerzte nach einer vorgefchriebenen Weiſe zu 
Rathe zogen; von einer eigentlichen Staatsarzneikunde finden 
fich alfo nur Spuren und Bruchſtuͤcke. Eine bunfeles Geſetz 
über die Verantwortlichkeit der Aerzte, über die es noch im 
erſten Sjahrhundert keine Beſtimmung gab *), verordnet zu 
Anfang des dritten Sahrhunderts, wenn ein Kranker nach 
einem datgereichten Heilmittel geftorben- fei,. ſo follte auf ſtrenge 
Verbannung, oder. auf Tobdesftrafe deſſen, der es gegeben, 
erkannt werden °): Die laͤngſt eingeriffene. Magie war in 
diefem Zeitalter auf ˖ das ſtrengſte, fogar mit’ Androhung ‚ber 
Todesſtrafe verboten; miagifche Bücher wurden öffentlich vers 
brannt, das Vermögen ihrer Beſitzer eingezogen, und biefe 
ſelbſt in die Verbannung! gefchickt, oder hingerichtet *).. 


N 
n. * 


1) Ebend. 1. 6& De medicis. ( Constantin.) 

2) Pin. Hist, nat. L. XXIX. c. 1. p. 496. 20. T. II: 

3) Si.ex eo medicamine, quod ad salutem hominis, vel ad 
remedium datum erat, homo perierit, is, qui dederit, si hone- 
stior fuerit, m insulam deportatur, humilfor adtem capite puhitur. \ 
— J. Paul, Sent. rec. L: V. T. 28. 4. 19. p. 512. Ed. Schulting. 
— Paulus lebte "unter Heliogabalus und Werander Sa 
verns, 218 — 

4) Ebend. 1. 17. 18, | 
D 2 


20 L 

Das aufleimende Mienfchenieben: wurde fchon von dem 
älteften Geſetzgebern heilig gehalten. Die zwölf Tafeln fegeen 
feft, das Kind im Mutterleibe fei fchon als lebend zu betrady 
ten, und fichern ihm deshalb alle feine bürgerlichen Rechte '); 
ein Jahrhundert früher hatte Numa verordnet, eine geftor: 
bene Schwangere follte nicht eher beerdigt werden, ats bis man 
fie aufgeſchnitten und das Kind mo möglich gerettet hätte =). 
Gewiſſenhaft hielt man: auch: in ber Botge'alıf dies fehr natuͤr⸗ 
liche Geſetz, wie die Beiſpiele mehrerer bedeutenden Maͤnner 
deweiſen, die fo zur Welt gekommen find ?), des aͤlteren 
Stipio Africanas, des Manius Mantlius *), des 
erſten dee Edfaren :), der davon biefen Namen erhielt 
und fortpflanzte, i. m. a. — Eine freigebovene Schwangere, 
die zum Tode verustheilt war, wurde bis ‚nach der Nieder⸗ 
kunft am Leben erhalten; . das Kind mar frei, und eben fo 
erhielt das Kind einer geaͤchteten roͤmiſchen Buͤrgerin das 
Buͤrgerrecht *). — Gexichtliche Unterfuhungn von Schwan 
geren wurden in zweiſelhaften Faͤllen auf Befehl des Praͤtors 
von drei bis: Fünf: Hobammen vorgehommen; "der Ausſpruch 
nern 1 wei. f Ze 

1) Digest, L. XXXVIII. T. 1,1 8:&% — LLT5 
1. 7. 26. | 

2) Ebend. L.IX.-T.8 1.2. — Vergl. Sprengel's Ge 
ſchichte der hirurg: Operationen, Bb. J. S. 871. 

3) Pln. Hist. nat. L. VII. c. 9. p. 378. T. I. 

4) Im dritten puniſchen Kriege beruͤhmt. 


5) Nach biefem ie der Koiferfchnitt benannt worben, nicht nad 
bem großen Julius Caſar, wie man irriger Weile geglaubt bat. 
Sacombe, El&mens de ‚la, feience des accouchemens. Paris. 1802. 
8. pP 282. . \: . 

6) Digest. L. I. T. 5. I. 18. Hadrian. . 


21 


. der Mehrzahl derfeiben galt alsdann bei der Entſcheidung ) 
‚Weber Kindermord ift ein. Geſetz wichtig, nach dem das Auss 
fegen, das Berhungernlaflen und das Hinauswerfen ber Neus 
geborenen. dieſem Verbrechen gleichgeachtet wurde *). Sieben⸗ 
monatskinder galten nach Hippokrates und Pythagoras 
fuͤr vollfommen »). Einer Frau, die Drillinge geboren hatte, 
war das Jus triam liberorum zufländig. *); in derfelben Bes. 
ziehung ward aber eine Fehlgeburt nicht für eine vollkomment 
gerechnet °), und eben fo war für die gerichtliche Gültigkeit 
der Geburt die volllommene Drenfchengeftalt des Kindes .ers 
forderlich; Mißgeburten (monstrosum aliquid vel prodigiosum) 
wurden alfo bei dergleichen Rechtsfragen verworfen *). Zwit⸗ 
ter zählte man zu dem Geſchlechte, dem ſie ſich am meiſten 
annaͤherten 7). 

Wahnſinnige unterwarfen die zwoͤlf Tafeln der Vormund⸗ 
ſchaft ihrer Verwandten *). Ein ſpaͤteres Geſetz verbuͤrgt 
dieſen Ungluͤcklichen ihre buͤrgerlichen Rechte, ihr Befigchum 





1) Ebend. L. XXV. T. 4. 1. 1. Ulpian, — Paul. Sentt rec. 
L. II. T. 24. De liberis agnoscendis. 1. 8. cf. 1.5.6, 1. 


2) Ebend. 1. 9. 


3) Digest. L. I. T. 6. 1. 12. — Paul. Sen rec. L. IV. 
T. 9.1.5, p. 416. 


4) Digest. L.L. T. 16. 1. 137. — Anderswo wirb jedoch die⸗ 
ſem · Geſetz widerſprochen. Paul a. a. O. L 2. 


5) Paul. a. a. O. 1. 6. 
6) Digest. L. LT. 5.1.14. — Paul. a. a. O. L. 3. 
7) Digest. L. I. T. 5. 1. 10. Ulpian, 


. 8) Si fariosus escit, agnatorum gentiliumgue in eo pecunia- 
que eius potestas este. Aüct. ad Herem. L. 1. c. 18. — Casi 
Institut. L. I. T. S. De curationibus. Schulting, Jurisprudentia 
vetus antejustiniadea. Lips. 1737. 4. p. 66. 





* 
- and ihre Aeımter *); dagegen galt dreijaͤhriger, von dem Mamne 
umverfchuldeter Wahnſinn der Grau, fo wie fünfjähriger des 
Mannes als Scheidungsgrund *). 

Segen das Verfchneiden der Knaben, das in. den fpäteren 
Seiten ſehr uͤberhand nahm >), ergingen oftmals firenge Vers 
bote. Zu Anfang des dritten Jahrhunderts wurde Einziehung 
des Vermögens, firenge Verbannung und. felbft Todesftrafe 
barauf gefegt *); dies mag indefien wenig gefruchter haben, 
denn Conftantin mußte es wieder nachdrücklich unterfagen °), 
und Zuftinian fah ſich genäthigt, noch firenger zu Werke 
zu gehen. jeder, der es noch wagen würde, einen Knaben 
‚oder Erwachſenen zu verfchneiden, follte ſelbſt cafteirt, auf _ 
zeitlebens nach einer wuͤſten Inſel verbannt, und fein Vermö⸗ 
"gen eingezogen werden °). Der gerechte Unwille ber Geſetz⸗ 
geber gegen dies Verbrechen erklaͤrt ſich noch beſonders aus 
der unbegreiflichen Rohheit, mit der man das Verſchneiden 
an ben Opfern der ruchloſen Sittenloſigkeit und Gewinnſucht 
verrichtete; denn von neunzig dieſer Ungluͤcklichen ſollen ge⸗ 


⸗ 


1) Digest. 1.1. T. 6. 1 20. ipia. 
2) Imp. Leon. Const. 111. 112. 


3) .Plautianus, ber uͤbermaͤchtige Praefectus Praetorio des 
Septimius Severus (193 — 211) ließ hundert freie Römer, 
dfe zum Theil verhetrathet und Familienväter waren, verfchneiden, 
bloß .um das Hochzeitgepränge feiner Tochter nach orientalifcher Weife 
zu vermehren. Sie wurde dem Kaifer Caracalla vermäflt. Dion. 
Cass. Histor. rom. L. LXXVI. p. 1271. 


4) Paul. Sentt. rec. L. V. T. 23. 1.13, 

5) Codic. Justinian. L. IV. T. 42. 

6) Novell. Const, Justin. N. C. 142. Praef., etece1— C£ 
ILwp. Leon. Const. 60. — Daß Verſchnittene nicht heirathen durf⸗ 


ten, verſteht ſich von ſelbſt, wiewohl auch darüber eine allgemeine 
Verordnung erlaſſen wurde. ‚Imp. Leon. Gonst. 98. . 


[2 


0. “ .23 
wöhnlih mus drei am Leben gebiichen fein '). Auch gegen 
Knabenſchaͤnderei beſtanden fehr firerige Verordnungen °). Zus 
flintan verfolgte die Knabenſchaͤnder mit unerbittichge Stegge, 
ja er ließ deren viele entihannen *), aber die allgemeine Vers 
worfenheit der Sitten, die bie Völker des Alterthums ihrem 
Untergang entgegenführte, war durch Geſetze nicht mehr zu 
beſchraͤnken. 

Endlich mag hier noch angefüßet werden, daß auch über 
die Vergiftung im Allgemeinen beftimmt mar, fie follte für 
ein größeres Verbrechen angefehen merben, als der gewalts 
fame Mord *), daß aber die Mittel, fie in ſchwierigen Fallen 
zu erweiſen, gaͤnzlich fehlten, und man der Unſicherheit der 
Degriffbeftimmung von Gift durch). die Verordnung abzuhelfen 
fuchte, es follte, weil ja aud) viele Arzneimittel Gifte wären, 
bei dem Ausdruf Venenum immer bonum oder malum hin⸗ 
zugefügt werden °). — Den angenommenen Grundſaͤtzen in 
allen diefen Uranfängen- der Staateätzneitunde farın man im 
Sanzen feine Billigung nicht verfagen, die Heilfunde hätte mits 
.. Hin ber Sefeßgebung bedeutenden Nutzen bringen fünnen; doch 
war ihre Stellung gegen die Rechtswiſſenſchaft gänzlich vers 
fehlt, und daher die Huͤlfe „die fie derſelben leiſtete, ſehr un⸗ 
erheblich. . " E 
, , Yv 

‚ 1) Novell. Const. Justin. a, a. D. "Bergl. Sprengel’s 
Geſchichte der chirurg. Operationen. Bd. I. ©. 801. ’ 


2) Mosaicar, et Romanar. Leg. Colatio. Tit. V. L 2. 3. 
Schulting. l. 1. p. 752. 


3) Joann. Zonar. Annal. L. XIV. c. 7. p. 50. Tom, I. 
Ed, Venet. 1729. fol. Scriptor. histor. Byzantin. 


4) Codic. Justin. L. IX. T. 18. 1. 1. Antonin, 
5) Digest. L. L. T. 16. 1.236, " 











Zweiter Abſchuitt 


Hellkunde des Abendlandes ſeit dem dritten Jahr⸗ 
hundert. 


8. 7. | 
. Dnintus Serenus Samonicnt. 

So ſchwand die wiffenfchaftlihe Bildung im Abendlande 
bis auf geringe Spuren, ohne die Möglichkeit bei dem fehs 
lenden geiftigen Beduͤrfniß jemals” wieder zu erſtehen; mit 
the verlor die Heilkunde ihre edele Haltung, und wurde zur 
Niedrigkeit des Erwerbs hinabgezogen , dem eihe marflofe 
Kenntniß der Arzneien und eine ſeichte Anſchauung der Krank⸗ 
heiten genuͤgte. Die italieniſchen Aerzte dieſer Zeit entſagten 
freiwillig der wohlerworbenen Gelehrſamkeit der fruͤheren Jahr⸗ 


hunderte, und fühlten ſich nur zu geiſtesverwandten Vorbil⸗ 


dern hingezogen. Ihre wenigen erhaltenen Werke bezeichnen 
dies niedere Sareben unverkennbar; die Nachwelt zu ihnen 
alle Gediegenhett abfprechen. 

Die Reihe derfelben eröffnen Quintus Serenus Sa; 
monicus Kellvorfchriften 5), ein Lehrgedicht ohne den gerings 


ſten inneren Werth, das nur das fortgefegte Bemühen unters 


sichteter Nichtärzte beurkundet, medicinifche Kenntniffe fih ans 
zueignen. Denn daß Serenus kein Arzt gewefen ſei, ergiebt 
fih auch ohne gefchichtliche Belege aus’ feinem Geiſte, der 
jede wahrhaft Ärztliche Anficht über die Heilung von Krank 
heiten recht eigentlich verbannt, Abergläubifche Verordnungen 
ſtehen in reicher Fülle neben den Angaben einiger guten Heil 


1) Quinti Sereni Samonici de Medicina praecepta salußer- 
rima. Text. recens. lettion. variet. notas interpret. selectior. suas- 


que adiecit Jo. Christian. Gottlieb Ackermann. Lips. 1786. 8. 





mittel, deren Kenntniß unter. ban Wolle und unter nichtaͤrzt 
lichen ſammelnden Schtiftftelleen verbreitet, war. Werke von 
Aerzten find- dagegen gar nicht benußt, ſondern der immwaͤh⸗ 
sende Gewaͤhrsmann des Werfafiers iſt Plinius."), deſſen 
nnkritiſche Bufammenftellungen ungeordneter Keyntniffe thm 
und feinen Nachfolgern eine erwuͤnſchte Fundgrube. darboten. 
Arzueioorfcheiften in dichteriſche Form zu Beiden, war ſchon 
im erſten Jahrhundert. bei .griechifchen Aerzten Ablich °). ’Ses 
renus ahmte ben befieren lateinifchen Dichtern nad, nament⸗ 
ih dem Hdraz und Lucrez, dach find feine Bere, auch 
die Trockenheit des. Gegenſtandes abgerechnet, großentheils un 
dichterifch °). Offenbar fucht er nur mohlfelle Arzneien zu 
empfehle *), und es iſt nicht. fein Werbienft, wenn. unter 
ihnen mehrere brauchbare Hausmittel aufgeführt find, z. Wi 
"der Seemwofferhonig ( Thalassomeli) zum Abführen *),; u.m: . 
a., auch find das Thierbad im Podagra °), und gegen Hirn⸗ 
wur eine noch warme Thierlunge um den Kopf gebunden .”),' 
bei .geböriger Beachtung ber Limftände - ganz : umverwerfliche 
Heilmittel. Dazwiſchen finden fi, jedoch die gemöhnlichften 
Ammenmährchen aus eben fo feichtgläubigen Schriftfiellern ents 
lehnt, wie bas von ben nächtlichen Zaubervoͤgeln (striges), 
die den Kindern das Blut ausfaugen, und hier in allem Ernfte 


1) Bdb. I. 5. 58, S. 434. — Vergl. adermann in ſeiner 
ganzen Ausgabe des Serenus. oo 


2) BP. I. 8. 61..©. dl. 


3) 3. B. C. XXIX. v.539. »Tam varii casus mortalia secla 
fatigant, Ut sint diversis obnoxia corpora merbis.« (!!) 


4) C. XXVIU. v. 523. u. a. m. a. St. 

5) Ebend. v. 537. Bergl. Dioscorid. L. V. c. W. 
6) C. XLI. v: 782. | ' 
7) C. VE v. 9. 


26 - 

mit gewiffen: Vorbauungsinitteln abgehalten werben follen ). 
Gegen die Befprehungsformein des Wechſelftebers erklaͤrt ſich 
zwar Serenus, als wenn er ſonſt den Aberglauben verach⸗ 
. tete-*), empfiehlt aber. gleich darauf die Amulete *), beſonders 
das myſtiſche "Abracadabra, auf ein Papier. in elf Zeilen 
geſchrieben, ſo daß nach der erſten immer der letzte Buchſtab 
weggelaſſen wied, und an der untern Spitze des erhaltenen 
Dreiecks A den Beſchluß macht. Der Gebrauch dieſes Wortes 
kam ſchon in dem erſten Jahrhundert aus derſelben ſinſtern 
Queſlle, wie die Anwendung ber Abraxasgemmen*), die nicht 
weniger zu aͤhnlichen Zwecken benutzt wurden. Unter den 
‚Übrigen Heilmitteln find viele hoͤchſt abentheuerliche/ und es 
kann nicht Wunder nehmen, daß auch auf die Zahlen ſieben 
und drei beſonderer Werth gelegt if 52). Eine Spitzmaus 
von einer Schwangern genoſſen, ſoll dem Kinde ſchwarze Aus 
gen geben .*); Umſchlaͤge von Maͤuſekoth in Regenwaſſer wer⸗ 
den gegen Anfchwellung der Brüfte 7), Bleiweiß ‚gegen Auss 
fa& im Gefiht *), Oesypum degen Mundgefhwüre ?), Erde 


r) c. LIX. v. 1044. — Die Vorſtellung iſt Hier etwas anders, 
als bei Ovid, (Fastor. L. VL v. 131.) die Sad ‘aber diefelbe. 


2) C. LI. v. 939. 
3) C. LIL v. 941. 


4) Von dem chriſtlichen Irrichter Bafilides ans Aegypten 
unter Trajan's und Habdrian’s Regierung zuerft eingeführt. 
Berg. 3. 3. Bellermann, Berfuch über bie Gemmen der Alten ' 
mit dem Abrarasbilde. 1. St. Berlin 1817. 8, 


5) C. . v. iss. 
6) C. IV. v. 57, u 

7) C. XX. x. 354.: 

8) C. X. v. 14. 

9) C. AIV. v. 254. 


. -\ | 27 
aus einem Wagengleiſe aͤußerlich gegen Leibſchneiden 3), Zie⸗ 
genurin gegen Blaſenſteine 2), und endlich Bettwanzen gegen 
Wechfelfieber, Schlafjuche und afenbluten' ”) empfohlen, 
Dersteihen Dinge waren ſchon durch die Empirifer der ge 
ringen Art laͤngſt in Gebrauch gekommen. 

Unter dem Namen Serenus Somonicus fommen 
in. diefem Zeitalter zwei Gelehrte vor, Vater und Sohn. 
Der Vater, ein Freund bes erften Gordianus *) und bes 
Alerander Severus °),.befaß eine ungemein reichhaltige 
Bibliothek von 62,000 Bänden, und befchenkte ſeine Zeitge⸗ 
noſſen mit vielen zum Theil ſehr geſchaͤtzten und geleſenen 
Werken ), die er dem Kaiſer Caracalla widmete 7). El 
nige proſaiſche Bruchſtuͤcke haben ſich aus ihnen noch erhalten, 


. aus deren einem hervorgeht, daß er den Plinius ſehr ber 


nußte "); da er nun auch Dichter gemwefen ift °), fo fhreibt 
man ihm das Lehrgedicht mit befferem Grunde zu, als feinem 
Sohne "°), der bei dem erften Gordianus (t 237) fehr 


1) C. XXVI. v. 487. ” | zu 

2) C. XXXU. v. 608. | 

3) C.L. v. 930., LIV. v. 980., XXXIV. v. 63. Vergl. 
Dioscorid: L. Il. c. 36. 

4) Jul. Capitolin. in Gordian junior. Hist. august. Seripte- 
xes Vi. Ex %d. C4. Sulmas. Paris. 1620. fol. p- 159. A. 

6) Ael. Lamprid. Alexand. Sever. p. 129. A. 

6) Ael. Spartian. Antonin. Caracall. Ebend. p. 86. E. — 
Antonin, Geta. p. 92. A. ' ' 

7) Ebend. 
8) Macrob. Saturoal. un. 16. 17. III. 9. werden Libri re- 
conditaram rerum angeführt. | 

9) AeL Lamprid. Alexander Severus. p. 124. rw 

10) Wie Morgagni getban. Epist. in Seren. Samon. 2. 
p-. 102. Ed. 1765. Patar. | 


” 
“* 


28 . 

beliebt und Der Lehrer des zweiten (+ 237) war, bem er die 
Bibliothet ſeines Vaters bei feinem Tode vermachte 2). Der 
letztere war ſchon (wahyſcheinlich 212) auf Taracalla’s 
Befehl in Rom ermordet worden, wahrſcheinlich als. ein An⸗ 
hänger des Sera ?), ber feine Schriften. fo wie Alerander 
Severus ) gern Ins *). 


8. 
Bindfetanus. Theodorus Priſcianus. 
| Bon Serenus bis in bie Mitte des vierten Jahrhun⸗ 
derts iſt kein Denkmal eines abendlaͤndiſchen Arztes erhalten, 


und kein geſchichtliches Zeugniß erinnert an dieſe lange Zwh⸗ 
ſchenzeit. Vindicianus, Comes archiatrorum des Kaiſers 


Valentinian (364 — 375), war zuerſt wieder als ein aus⸗ 
gezeichneter Arzt von ſeinen Zeitgenoſſen anerkannt, und er⸗ 


ſcheint unter den ſpaͤtern Lateinern als der beruͤhmteſte *). 
Auf das Sammeln von Arzneivorſchriften aus den Werken 
der Vorfahren war die matte Bearbeitung der Heilkunde noch 
einfeitig Hin gerichtet, und fomit mußte auch diefer Arzt der 
Allgemeinen Anforderung entfprechen. Seine Arzneimittellehre, 


⸗ 





1) Jul Capitolin. Gordian. jun. P. 159. A. 

2) Ael. Spartian. Antonin. Caracall. p. 86. E. 

3) Lamprid, Alexander Sever. p. 124. A. 

4) Ael. Spartian. Geta. p. 92. A. »Sereni Samonici lıbros 


familiarissımos habuit, quos ille ad Antaninum seripsit.« — 
Vergi. Aocermunn Praef. ad Seren. Samon. Eben fo Parabil. me- 
dic. scriptores antiqui. Norimberg: et Altorf. 1788. 8. Praef. p. 7. 


‘ 


5) — »qui nune toto orbe celebratur.« Theodor. Priscian. 
L. IV. p 310.5. — Der heilige Auguſtinus nennt ihn einen 
großen Arzt. Epist. V. ad Marcellin. nov. ed, C. XXXIU.n. 3. 


aufiididfe Art zufammengetragen *), HE untergchaugen,, .unts 
vote ‚Gefigen nur noch: von ihm einem Brief an: feinen Ruifery 
- amd bie Vorſchrift zu einem dem Theriak ähnlichen Schutze 
mittel in Werfen. Die Aeußerung einer: lebendigen ärztlichen 
Anſicht in jenem Briefe, über- die gaſtriſche Urſache : heftiger‘ 
Fieber, erlaubt einen Diick in :bie Denkweiſe dieſes Mannes, 
uhd erhebt fich einigermaaßen tote ein einzeln ſtehender Gedanke 
aus der üben Leerheit dieſes Zeitalters. Sie iſt bei. aller Roha 
heit, der Natur der Gallenfieber gam angemeſſen, und be⸗ 
zeichnet den praktiſchen, wenn auch ſehr unwiſſenſchaftlichen 
Standpunkt ihres Urhebers *).. Durch, die dichteriſche Arz⸗ 
netontfchrift.”) dagegen iſt Vindicianus dem Vorwurfedes 
Aberglaubens ſehr bloßgeſtellt ⸗), von dem ihn jedoch das; 
vollwichtige Zeugniß dei. Au guſtinus. befreit: * Kaͤme —* 


’ 





1), & erwãhnt ſelbſt in- feinem Briefe (p. 1). ru enthalte-, 
ı  »quae,homines docti de espertis, remedijs prodiderunt. « . 

2). Epistola Vindicidoi. Comitis ärchiatrorum ad 127 alenti-. 
njanum mp. Fabric. 'Biblioch, graec. Vol. XIII. p- ‘448. — Jene, 
Fieber entſtehen nach V. »ex indigestione hesternarum erudissi-" 
marumgque‘ crapulerum, vel superfusa diversi nimietate vini rer: ' 
pleüis wenis.« Die Abermäßige, Gnllenabfonberung wirt gang we⸗ 
chaniſch aus dem Druc der. angeichwollenen Leber auf die volle, 
Gallenblaſe erklärt. — Dem Bindician diefen Brief abzuſprechen 
iſt kein Grund vorhanden; er trägt ganz das Gepraͤge/ bes Zeitaltrrs, 
unb rührt am wenugſten · von seinem Anfaͤnger her, indem: bie; Bes. 
weife von praftifches Uebung bed Verfaſſers Far in die Aygen fal⸗ 
len. — Außer bem- angegebenen Ort ſteht derſelbe zu ‚Anfang bei, 
Marcellus Empiricus,. bei ‚Henric, Span P. 248., ‚Collect 
Aldin. fol. 86.6. , . , 

3) Fabric. Biblioth, graec. Q. e D. p. 4. Sie beſteht ud, 
7B. Hexametern. 

. V. 17. see namaue est res oarıa, ai, Carmen ab. 
oerpltig- tribuens. nicaculs verbis.« In 
+6) Fobric. a0. O. 


4 eo 


30 


aarauf an, Dirfen- Widerſpruch zu. loͤſen, und läge ed nicht 
viel näher, die Macht eines allgemeinen Hanges zum Wun⸗ 
derbaren auch an dieſem Arzte anzuerkennen, fo würde eine 
auffallende Aehnlichkeit jener wettiſchen Vorſchrift mic besm. 
Berfe des Serenus diefen. ald den’ Verfaſſer derſelben mit 


gtoßer Wahrſcheinlichkeit vermuthen laſſen“). 


Außer dieſem unfruchtbaren Nachlaſſe hat noch ein Schuͤ⸗ 
fer, Theodorus Priſcianus (auch Drtavlanus Hara⸗ 
tianus genannt), den Namen des Bindician auf die 


Nachwelt gebracht, nur aber bei feinem völligen iſſenſchaft⸗ 


lichen Unmerth no mehr in.den Schatten geftellt °). Aus 


einer Sammläng: von Mitteln, unter denen viele den roheſten 


Aberglauben verrathen, befteht der größte Theil feines Wer⸗ 
fed, in dem ex ſich ſelbſt freimächig als. einen abgefagten Feind 


: jedes höheren Strebens ankuͤndigt. Er will nichts geringeres, 


als die: Heillunde in ihrer urſpruͤnglichen einfachen Geftalt 


wieder herſtellen, die fie nad) feiner Ueberzeugung behalten 


haben würde, mer undebitdete Narurmenſchen fie bearbeitet 
hätten. Die Gelehrſamkeit erweckt feinen’ "bitten Haß, und 
gilt ihm nur für ein prunkvolles verwerflihes Wiſſen, wie 
ben niederen Empirikern ‚aller Zeiten, bie - Ihre »prablerifcge 
Untoiffenheit gern unter den Schutz einer toben - Exfahrtng‘ 





. “ 
⁊ 


et Q. Akernium Pelaehonem. Lugdun. 1806. 8 ven 


“ 2) Medict antiqui ömnes, qui latinis literis diversorum mor- 
borum genera et remedia persecuti sunt. etc, Venet. ap. Aldum, 
1547. fol: For 291. in Werk in 4-Büchern, von denen das 
erfie (Logicus) die dußern, das zweite die Innern, und zwar in 
zwei Abſchnitten/ die deuten und rhroniſchen⸗ mb das dritte die 
Weiberkrankheiten enthält. Das vierte iſt »de-- physica scientia« 


&berfchrieben. - un 


- 1) Dieſer Meihung IR ſchon Robertus Eomfantinus ges 
weſen. Annötationes et &ärrectiones in: C. 'Telum, Q. Serenum: 





* 


I. J 21 
fiellen :'). Er verbamat: bie auslaͤndiſchen Mittel, und vers 
ſpricht Einfachheit. ohne . Künftelgi in feinen Verordnungen; 
wirft aber. ohne die geringfie Auswahl: Gutes und. Schlchtes 
durcheinander. Schließt auch der” res? dieſes Buches, eins, 
fache Ruren anzugeben, größere Befchreibungen von "Krank 
heiten aus, fo find doch nirgends kranhafte Zuſtaͤnde umfichtig. 
angedeuter, uͤberall fehlen bie nöchtgen Anzeigen den Heinmit⸗ 
tel, und. in der Pathologie wisberhofen Yich urafte Irrthu 

wer 2). Die oft: gepredigte Vorfchrift, -In der Brhandlung 
der. Krankheiten, beſonders der ı Fieber, ſich nach Zeit und 
Gelegenheit zu.richten °),.ift ihm vielleicht von .feinem Leh⸗ 
ver eingefhärft; die Negel, das. Aderlaß: im Seitenſtich nad): 
Alter, Zeit und‘ Ortsbefchaffenheit anzınsenben *), war: nad). 


der fruͤhern, regſamen Bearbeitung der Heilfunſt ˖in. Die alls. 
taͤgliche Ausübung. derſelben übergegangen. "Den "Sit des 


Fiebers ſucht Prifcian im Mayen; und erkluͤrt es uͤbrigens. 
puneumatiſch durch eine Anhaͤufung der aufgeregten Lebrnsgeiſter 


nach ben - innern Ahellen *).:; Dergleihen Spuren älterer‘ 
Lehimeinumgen: zeigen fich rhiee und da mehrere; namentlidy: 
eriumert der Grundſatz, zu Anfang aller Art aheſtiger Fioberz- 


bewegungen nichts zu unternehmen. 9 an Asctepiades, 


1) Praefat. fol. 291. 4. .. f 


11 

2) 3. B. die alte Erklaͤrung des Katarrbis, L. 1. er 7. FR 
303. a. — Daß die Ruhr auf einer. wirffichen Verſchwaͤrung ber 
Därme berube, f. L. IT. c. 18. fol. 306, b. — Dig Theorie ber 
Blutfluͤſſe iſt die urfprüngliche des Harpbieer⸗ Demetriu s, 

Bd. 1. $. 49. ©. 306. 
3) L. I. e. 1. fol. 298, b. 
4) C. 4. fol. 299. b. 
6) C. J. a. a. O. ER Per .. \ —V 
6) Ebend. TE en tt 


J . n 4 2 


32, . A N 
der:jedes. heftige, Heilverfahren im Wiebermunt mehr als feine 
. Vorgänger. und Nachfolger :fürdhtere. Aus: ber mechodiſchen 

Heillunde iſt die Empfehluugzter metaſynkritiſchen Kur gegen 
Sallfucht :*), weißen Fiußee), Abyehrung °) und chroniſche 
Nierenkrankheiten *) entnommen, noch mehr. aber find bie 
Weiberkrankheiten im dritden Buche an eine. ſonſt unbefannte 
Victoria: mach methodifchen Guundfägen bearbeitet: Preis 
fetan theilt fie nad) den Communitaͤten in die aus Zuſammen⸗ 
ziehung end die aus Erſchlaffung ein °), richtet fh danach 
mit. der Behandlung, :und;, unterfchreibt - Geiläufig den altem 
Volksglauben .an eine Ortöveränderung der KBebärnutter bei 
hoſteriſchen Krämpfen *). Die Frucht abzutreiben hält er 
zwar fir hörkft-smrecht, aber bei Krankheiten der Gebaͤrmut⸗ 
ter, die nicht näher angegeben: ſind, ſo wie bei unreiſem Alter. 
für nothwendig zur Erhaltung ‚der Geſundheit?). Das Schroͤ⸗ 
pfen der Brüfe im. Mutterblutfluß *) gehöre zu den guten 
Behaudlungsweiſen der aͤlteren Vorfahren, fo wie die Verord⸗ 
‚ nung dev. Meerziviebel gegen Engbruͤſtigkeit *), eine Ahuumg 
der phyſiologiſchen Grunde Davon kann man jedoch Sei biefem 
Arzte nie vorausſetzen. Unter den Heilmitteln findet füch 
der Bittmerfomeh (Santonicam) gegen Wiener "°) bei ben 
Fruͤhe⸗ 

1) L. IL Pars I. c. 2. fol..302. b. ° 

9) L. I. e. 9. fol. 310. a 

3) L.M. P!IL c. 11. fol. 304. = 

4) Ebind. c. 20. fol. 207. 8 

S)II. ce 1. fol. 308. 9 

6) C. 2. fol. 38. b. 

7) C. 6 fol. 309. b. 
8) C. 7. fol. 310. a. 

G)LLP.LeB.fL Mb  - 
10) Ebend. ce. 17. fol. 306. a. 


| 33 

Fruͤheren noch nicht erwaͤhnt; dagegen war die Behandlung 
der Kopfausſchlaͤge mit Blei "), ſchon älteren Urſprungs, und 
es nimmt Wunder, fie von den beſſoren Aerzten der fpäteren 
- Jahrhunderte einfimmig empfohlen zu fehen. Segen Waffers 
fcheu empfiehlt Prifeian. das Aderlaß und die gewöhnliche 


Behandlung der Wunde, fügt aber die rohe Aeußerung hinzu, _ 


es fei überfläffig, den Urſprung dieſer Krankheit zu willen, 
fie möge nun vom Biß einer Schlange oder eines tollen Hun⸗ 
des entfichen. 2) Der Rath, bei Zungenläfmung die Kranken 
mit Feuer und Schlangen zu erſchrecken >), iſt der Natur dies 
fes Uebels angemefien, und die Anwendung des Magnet 
fteins +) in Kopfkrankheiten bemerfenswerth, wie denn übers 
haupt der fonflige geringe Werth diefes Werkes die Erwaͤh⸗ 
nung brauchbarer Heilmittel keinesweges ausfchliebt. 

Einige gute Anfichten über die Ernährung >) find offens 
bar aus Älteren Werken ausgefchrieben; fie machen gegen Preis 
ſcian's Aeußerungen und Urtheilsweiſe einen zu grellen Abftand. 
Die Sehkraft fol dem Auge, nach irgend einer pneumatifchen 


Vorftellungsart, aus dem Herzen zuſtroͤmen, und die Rein⸗ 


beit der Kandle des Auges die Urfache des Sehens fein. °) 


Das Herz wird in diefem phyfiologifchen Bruchſtuͤcke für den 


Sig der vernünftigen Seele, und für den Mittelpunkt aller 
Sitnnesthätigkeit und Empfindung gehalten, deſſen belebende 


- 





I)IL. I. c. 5. fol: 292. a. — Vergl. Oribas. Synops. L. V. 
6. — Aöt. Tetrabl. I. Serm. 4. c. 22. 


3) L. II. P. I.c. 8. fol. 300. a. 
3) P. 2. c. 6. fol. 3083. a. 

4) L. IV. fol. 310. b. 

5) Ebend. fol. 316. b. 


6) Ebend. fol 315. b. 
u. c | 
€ » - 


- 





34 


| Ausfläffe nach Berhäftniß der Entfernung abnehmen follen, 


gleichwie bei einem Zeuer bie Hige und das Licht. *) 
Timotheus, der Bruder, Eufebius, der Sohn Drei 
feian’s, denen außer der genannten Victoria bie einzelnen 
Bücher diefes Werkes gewidmet find, fo wie die Aerzte, die als 
Urheber von Arzneiformeln genannt werden (Terentius Eu 
tychianus, Phifophianus, Cornelius, Eugamius, 
Porphyrius *)), und Olympius, der den Verfaſſer zum 
Schreiben aufgefordert hat, find außerdem völlig unbekannt. 


8. 9. 

Sertus Placitus von Papyra. Der falſche Plinius. 

Bei der allgemeinen Entwuͤrdigung der Heilkunſt nimmt 
es nicht Wunder, die Schriftſteller durch die Nachahmung 
der Vergeſſenheit werther Vorfahren ihren Beruf als Lehrer 
der Zeitgenoſſen entheiligen zu ſehen. So verſuchte Sextus 
Placitus von Papyra, ZRenokrates ?) unerhebliches Werk 
durch eine aͤhnliche Abhandlung uͤber die Heilmittel aus dem 
Thierreiche zu vervollftändigen. *) Es iſt unentſchieden, ob ihn 
- Reichtgläubigkeit oder Aberglatsbe mehr befangen hielt, fo weit 
übertrifft er in beiden die gleichgefinnten Schriftftellee, und fo 
gering ift die Zahl der angegebenen brauchbaren Heilmittel, 
von denen nur einige richtigen Anzeigen entſprechen, z. B. 


1) Ebend. fol. 317. a. »Cor intelligie et audit, gaia et au- 
‚res habet ad audiendum.« (!!) 

2) Ebend. fol. S11. b. 312. a. b. 

3) Bd. 1. $. 60. ©. 444. 

4) Parabilium medicamentorum Scriptores antigui. Sexti 
Placiti Papyriensis de Nedicamentis ex anımalibus liber, Lucii Apu- 
Zeii de Medicaminibus herbarum liber. Ex rec. et c. not. Jo. Christ. 
Gotil. Ackermann, Norimberg. et Altorf. 1788. 8. — Die 34 Ka 
pitel diefer Schrift find nach den einzelnen Thieren geordnet. 


N 


J 


N 


a | - 3 
Hirſchmark in warmem Waffer gegen Kol; *) Plinius Na 


turgefchichte. war auch für diefen Arzt die ergiebigfte Quelle 
von Volksmitteln und magifhen Vorſchriften *), und wäre 


es der Sefchichte nicht unmürdig, dem vernunftlofen Glauben 


an das Wunderbare, der fih in einzelnen Dingen diefer Art 


unverändert bis auf unſere Tage erhalten hat, bis zu feinem . 


Urſprunge nachzufpüren, fo fände ſich wohl feine Wiege im 
Kinderglauden_der Alteften Römer, und die fpäteren lateini⸗ 
ſchen Empiriker würden ſich als feine Erhalter zeigen, von des 
nen er auf. das finftere Mittelalter überging. — "Der ſonſt 
unbekannte Sextus Placitus hat hoͤchſtwahrſcheinlich ges 
gen die Mitte des vierten Jahrhunderts gelebt, und unbezweir 
felt lateiniſch gefchrieben 2). Daß er felbfE Arzt geweſen ſei, 


„machen einige feiner Aeußerungen glaubhaft. *) - 





. | 

1) GC 1.21. p. 7. Ap. Henr. Stephan. p. 686. 

2) 3.8. C. XVII. 4 »Cattae stercus cum digito bubonis 
in collo vel brachio suspensum quartanam post septimam acces-. 
sionem discutit, et inde ne festines illud solvere.« — Diefe Stelle 
beißt bei Plinius: Quartanis magi excrementa felis cum digito 
bubonis adalligarı iubent, et ne recidant non removeri septeno 
eircuitu.« Hist. nat. L. XXVIIL (died Bud iſt von ©. Pl. am 
meiften geplündert) c. 16. p. 484. 27. — Vergleichungen biefer Art 
find leicht zu vervielfältigen. - | 

3) Seatus Piatonieus, der Enfel.von Plutarch's Schweſter, 
der Yhilofophp Sexzus Empiricus unter Commodus (180), der 
auch einige medicintiche Werke gefchrieben hat, Sexrtus Fadius bei 
@icero (Ep. ad fam. VII. 20.), der Schüler des Nifon von 


Agrigent (Bd. J. 8.56. ©. 395.), der Aber die Polyphagie gefchries 
‚ ben, find nicht mit ihm zu verwechfeln. Der Jatroſophiſt Sextus 
Julius Afer, ein chriftlicher Schriftfieller und Werfaffer eines 


weitſchichtigen, verloren gegangenen Werkes über magifhe und Wun⸗ 


derfuren, flimmt noch am meijten zu feinem Weſen, ift aber fein Las 


teiner. _ Thom. 'Reines. Nar. lect. L. II. c. 2. p. 352. Vergl. 
Ackermann. Praef. p. 16. 
4) 3. B. C. I. 12. p. 11. 


€2 


36 | J 

Unt dieſelbe Zeit wurde von einem Unbekannten unter 
den Namen Cajus Plinius Secundus ein weitichichtiges 
medichnifches Werk in fünf Büchern, größtentheils aus Pi 
nius Naturgefchichte, in demfelben Seifte wie bie ähnlichen 
- zufammengetragen. *) Ohne weitern Grund bat man einen 
Cajus Plinius Balerianus für den Verfaſſer gehalten, 
deffen fonft verfchoflenen Namen ein Srabftein in Como auf 
bewahrt. *). Wer aber auch der Abfchreiber gewefen ift: feine 
Sammlung iſt für die Nachwelt todt und nußlos, denn «er 
hat aus feiner Zeit nichts zu der verworrenen Maſſe hinzuge⸗ 
than, und ſelbſt nur die Gewaͤhrsmaͤnner genannt, die Auch 
bei Plinius angegeben find °); von den fpäteren iſt vielleicht 
Soranus der einzige. *) Bon richtigen Heilanzeigen oder nur 
leidlicher Andeutung der Krankheitszuftände find faft feine Opus 
ren aufjufinden; im entzündlichen Seitenftich ift fogar das Aber: 
[aß übergangen. 5) &omit verliert auch das wenige Gute un: 
ter den unabfehbaren, finnlos zufammengefuchten Mitteln feis 
„nen Werth, als unbelebte Meberlieferung. Bemerkenswerth if 





"1) Caü Plinii Secundi de Remedica Libri V. Collect. Aldin. 
fol. 164. — In den drei erſten Büchern find die Mittel nach den 
- Krankheiten geordnet, das vierte enthält die Kräuter, und das fünfte 
dliaͤtetiſche Worfchriften. 

‚2) Paul. Jovü de Romanis Piscibus Libell. Rom. 1524. fol. 

c.35. — Die Grabſchrift ſ. bei Ze Clerc, Hist. de la med. T. Il. 
p. 97. 

3) L. IV. c. 5. fol. 202. a. » Olympias 'Thebana abortivas 
putat esse malves, cum adipe anscris genitali parti subiectas. Sex- 
tius Niger et Diascorides stomacho inutiles arbitrantur.« — Piin. 
Hist. nat, L. XX. c. 21. 2’ 222. b. »Stomacho inutiles Sextius 
Niger dicit, Olympias Thebana abortivas esse cum adipe anseris.« 


NHULV. e. 22. ſol. 208. -. 
B) L.IL c. 24. fol. 187. b. 


A 


% 


. F 
—M ⸗ 97 
jedoch in dieſer chaotiſchen Sammlung die äußere Anmwendling - 
des Sitterrochens. gegen Milzkrankheiten. ') 

Ein Brief, der dem Werfe zur Einleitung dient, und von 
Marcellus aufgenommen tft, dient zum Beweiſe, daß ‚der 
falfche Plinius vor dem Ende des vierten Jahrhunderts ge: 
fchrieben bat *). Ueberdies fpricht Marcellus von zwei, von 
ihm benugten Schriftftelleen mit dem Namen Plinius ?), 
von denen der zweite unmöglich der Neffe des berühmten fein 
_ kann, der über Heilkunde nichts hinterlaſſen hat, ſondern fuͤg⸗ 
lich fuͤr den namenloſen Sammler gehalten wird. 


6. 10. 
Eucius Apulejus. — Marcellus der Empiriker. 
Dieſen Denkmaͤlern der erſtorbenen Heilkunde ſteht zu⸗ 


naͤchſt eine Aufzaͤhlung der Pflanzenmittel, von Lucius Ap u⸗ 
lejus *) aus Plinius und Diofcorides mit geringer 


Umſicht und mangelhafter Kenntniß der griechifhen Sprache 


entnommen. Der Berfaffer ſcheint dem vierten Jahrhundert 
anzugehören, und giebt einige Merkmale der chriftlichen Reli; 
gion. zu erfennen ), jedoch in auffallender.Bermifchung mit 
heidnifchem Stauden ©), der wenigftens davon abmahnt,, diefe 
werchlofe KHeilmittellehre von einem Mönche des Mittetalters 


4 





1) L.IL.c. 18. fol. 180... — Schon im erften Jahrhundert 
gegen Kopfſchmerz empfohlen. Bd. J. 8.57. ©. 413. 

2) Pag. 22. Ed. infr. laud. . 

3) Ebend. P. 12. 


4) L. Apuleii de Medicaminibus herbarum Liber. Ed. Acker- 
mann. ©. 0. ©. 34. 


5) C. CXX 2. p. 286. 
6) Er nennt bie Sonne eine Göttin. Ackerm, Pracf. p- 26. 





38 


berzufeiten. *) Seine Klagen über bie allgemeine Niedrigkeit 
und Gewinnſucht der Aerzte ?) rechtfertigen fich dadurch hin: 
reichend, daß diefe von Lehrern feiner Art unterrichtet werden 
mußten, die felbft fchon der Vernunft und Wiffenfchaft entſag⸗ 
‚ten. Durch die Angabe der verfchledenen Namen bei den eins 
zelnen Kräutern zeichnet fi Apulejus einigermaßen unter 
ben uͤbrigen feines Ranges aus, dies iſt jedoch nicht fein eig, 
nes, fondern Diofcorides Verbienft °), der nach fo vielfaͤl⸗ 
tigeh Reifen auch diefen Sthmuck feinem. trefflihen Werke 
leicht verleihen konnte. &onft ift das Einzelne der Anführung 
unwerth, und es genügt, auf ein allgemein verbreitetes Bor; 
‚ urtheil über den Biß des tollen Hundes hinzudeuten, dem zus 
folge man die Wunde für gereirligt vom Wuthgift hielt, wenn 
darin aufgeweichte Waizenkoͤrner von Huͤhnern gefrefien wurs 
den. *) Ein Arzt des fechften Jahrhunderts empfiehle zu dies 
fem Zweck einen Umfchlag‘ von Nuͤſſen auf die Wunde, und 
verfihere, die Hühner kämen um, wenn fie durch Hunger ges 
zwungen würden, den noch giftigen Brei zu verzehren. *) Er 
hat dieſe auffallende Siftprobe aus wiſenſchaſtlichen Werken 
des erſten Jahrhunderts entlehnt. °) | 
Eine angehängte, dem Antonius Muſa untergefchobene 
Abhandlung über die Betonica 7) hat unverkennbar denfelben 





A 


1) Wie Sprengel gethan. Geſch. d. A. Bd. 2. S. 249. 

2) Praef. p. 127. 

3) Ackermann. Praef, 

4) C.IV. 9. p. 154. 

5) Aötii Tetrabl, II. Serm. IT. e. 24. fol. 107. a. Ed. Aldın. 
6) Aus Rufus und Pofidonius. 


7) Libellus utilissimus de Betonica. Coll. Aldin. fol. 222. b. 
— Ackermann hat fie in feiner Ausgabe dem Apulejus einver 
leibt. P. 128. 


| en 39 
Apaulejus zum Verfaſſer, der in dem Dunkel der fpäteren 
Jahrhunderte fat durchgängig mit dem Philofophen Lucius 


Apulejus aus Madaura, einem Zeitgenofien Galen's vers 
wechfelt worden ift. ) Auch von. diefem vielfeitigen Gelehrten, 


dem berühmten Verfaffer "des goldenen Efels, tft noch irgends . 
wo eine ungedruckte Sammlung von Arzuelmittein aus Pli⸗ 


nins vorhanden, die jedoch mit der vorliegenden mins ge 


mein haben fol. °) 


Das vierte Jahrhundert. vollendete endlich den Fat der 
Heilkunde im Abmdlande, und ihre Wiedergeburt ſollte erſt 
nach langen Stuͤrmen einer gluͤcklichern Zeit aufbehalten wer⸗ 
den. Fuͤr jetzt war die Herrſchaft der Vernunft durch tiefge⸗ 
wurzelte Geiſtloſigkeit und finſtern Aberglauben unwiederbrins⸗ 
lich vernichtet. 


Marcellus der Empiriker, unbezweifelt der niedeig⸗ 


fie feiner Senoffen >), begraͤnzt dieſen Abſchnitt der Zerſtoͤ⸗ 
rung und Binfterniß, und zeigt noch einmal das Bild der tief⸗ 
ften Herabwuͤrdigung der Kunſt in feinen ſchwaͤrzeſten Farben. 
Eine Abſchrift des Scribonius Largus *) bildet den 
Stamm feiner aufgefioppelten Sammlung von Befprechungss 
formeln und abergläubifhen Mitteln, die er allen Voͤlkern der 


Nachwelt wie eine Warnungstafel vor menfchlichen Verirrun⸗ 


"» In der Coll. Aldin. Tautet ber Zitel: Lucii Apuleii Ma- 


daurensis philosophi Platonicı de Herbarum virtutibus historia, 


. 


quam Chironi Gentauro et Aesculapio acceptam retulit. fol. 211.b. - 


2) Ackermann. Praef. p. 27. 


- 


Sn 


3) Marcelli Viri Mustris, de Medicamentis empiricis, phy- 


. sicis ac rationalibus Liber, item Cluud. Galeni Libri novem. Ed. . 


Jan. Cornar, physic. Nordhusen. Basil. 1536. fol. 
4) Bd. 1. $.57. ©. 412. 


x 














40 - 

gen vorhaͤlt. Die Hefe des Volkes und Bauern 2) find bie 
Lehrer diefes Diannes, der une Theodofius (279 — 305) 
zu hohen Ehrenftellen emporftieg *), und eben dadurd die ber 
trübende Ueberzeugung giebt, daß ber wahren Bildung nirs 


gends mehr eine Freiftätte offen fand. Denn überall ift es 


um dies hohe Gut der Menſchheit gefchehen, wenn die Vor⸗ 


Nehmen, als die Vorbilder der Menge, in frecher Selbſtge⸗ 


nügfamfeit jedes höhere geiftige Bedürfniß verachten. 

Bei Marcellus finden fih vielfältige Beiſpiele ‘von 
prientafifhem und chriſtlichem Exorcismus ’), den feit Cons | 
ftantin der Hierarchifche Eifen allgemein eingeführt und mit - 
dem hergebrachten Aberglauben verfchmolzen hatte. Die Ries 
chengeſchichte entwicelt den Urfprung der chriſtlichen Theurgie 
in ihrer Verbindung mit morgenlaͤndiſcher Theoſophie und neu⸗ 
platoniſchen Lehren, wodurch die Wiſſenſchaſten beeinträchtigt, 
verdaͤchtig gemacht,“ auch wohl verdrängt wurden. *) Hier 
mag nur bemerkt werden, daß die Heilung der Krankheiten 
einen weſentlichen Theil derfelben ausmachte, "nad. dem all. 





. gemein verbreiteten Glauben, die Wunderkraft der Apoftel 


fet auch auf Die frommen Vorfteher der Gemeinden uͤbergegan⸗ 
gen, die mit ihr im Stande wären,. burch das Auflegen ber 





1) Agrestes et plebeii. Praef. ad ſilios. p. 12. 

2) Er hatte den’ Zitel Vir,Illustris, und nannte ſich (ebend.) 
ex magno officio Theodosii, wofür Reines. (©. Sprengel, Bd. 2. 
©. 250.) exmagistro ofliciorum gefeßt bat. Die Würde eines Ma- 
gister ofhciorum fommt ungefäbe mit der eines Miniſters des In⸗ 


nern überein. 


3) C. 21. p. 154. ſchließt eine Behprechungefommel: In nomine 


dei Jacob, in nomine dei Sabaoth. 


4) Eine ausführliche Darfellung diefes Gegenſtandes gehoͤrt 
nicht in die Geſchichte der Heilkunde. Man vergl. Sprengel Bd. 
2. ©. 196. J 


\ 


. J 


41 


Haͤnde, die Salbung mit dem helligen O0 durch 6 den Namen 
Jeſu, das Zeichen des Kreuzes u. f. w., koͤrperliche Uebel zu 
bannen, ſolche beſonders, die man von jeher der Wirkung boͤſer 
Gei iſter zuſchrieb oder fir Strafen Gottes anfah *), Die 
Heilkunſt wurde fo in veränderter Geſtalt, nach gänzlicher 
Bernichtung ‚ihres alterthuͤmlichen Geiſtes, auf ihren urſpruͤng⸗ 


lichen Zuſtand in den Goͤttertempeln zurüdgebracht, ohne je 


doch bei den obmaltenden Umftänden fuͤt wiſſenſchaftliche Aus; 
bildung, wie die alte griechifche, empfänglih zu fein. Es 
liegt hierin der wichtigfte Grund, warum die Geiftlichen und 
die Mönche des Mittelalters ihre Ausübung ſich faft ausſchließ⸗ 
lich anmaßten. Die Machwerke der ſpaͤteren Lateiner, von 


Scribonius ‘an, waren hierbei ihre Lehrbuͤcher, und doch 
‚find ihrem Abſchreiberſleiße noch viele entgangen, z. B. des 


Apollinaris, Defignatianus ?), Eutropins, Aufos 
nius »), Terentius Velpiftus *), deren Andenfen Mar: 
cellus erhalten hat. | 


2) Die Kirchenvaͤter find voll davon. Sonſt find hierüber 


Epiſt. Jacob. V. 14. 15., Marc. VI. 13. -beweifend. — Man vers 


gleiche hierüber folgende Schriften: De Apostolorum et apostolico- 


rum 'wirorum divina facultate, ih nomine Christi eiiciendi dae- 


monia atque medendi morbis, Hugo Grotius ad Marci v1. I. 


= Tobias. Pfanner, de Charismatibus sıve donis miraculosis an- - 
tiquae ecclesiae. Francof. 1680. 12. — J. A. Schmid, Diss. de 


*” euratione morborum per oleum sauctum. lIenae 1693. 


2) Epistola Largi Designatiani ad filios. p. 17. Ein arms 
feliges Bruchſtuͤck. Außer diefem und dem bei Terentius Velpt 
fing erwähnten find Hier noch fünf Briefe gefammelt, worunter zwei 
offenbar untergefhobene von Er Eelfus an Julius Cal⸗ 
liſtus und Pullius Natalis. 


3) Er nennt den Arzt Auſonius, den Vater des Dichters, 
feinen Landsmann. Hieraus geht hervor, daß Burdigala (Borbeauz) 
feine Vaterſtadt war. — Für Siburius (ebend.) Iefe ich mit 


42 . . 

Auf die heilende Wirkung des Gebets an beſtimmten Ta: 
gen *) hielt Marcellus fehr viel, und es verfieht ſich von 
felbft, daB von ihm auch das Sammeln und die Bereitung 
von Arzneimitteln auf beftimmte Zeiten eingefchränft wurde ?), 
wie ſich benn der Aberglaube bei diefem finſtern Exorciſten 
nach allen nur denkbaren Nichtungen ausbreitet, und die vers 
peftete aHeilfunft noch völlig ertödtet. ?)' 





Drritter Abſchnitt. 
Heilkunde der Griechen nach Galen. 


8. II. 
Geiſt des Zeitalters. 


Nachdem nun die Welt verflacht und das Beduͤrfniß 
ſelbſtſtaͤndiger Geiſtesregung erloſchen war, wurden auch die 
Griechen von der allgemeinen Lähmung getroffen, denen das 
Aterchum feine, gefammte Bildung, und die Heilkunde ihre 
Geburt und wuͤrdevolles Gedeihen verbanfte. Auch ihnen 
blieb nur der. Stolz auf ihre Abkunft, und wohl eine unge: 


f ’ 


Cornarius, Seribonius, und halte Apulejus, Celſus fuͤr 
eine Perſon, naͤmlich den Lehrer des Seribonius. Bd. J. 8.57. 
S. 411. 

4) Epistola Hippocratie ad Maecenatem, p. 21. 

1) C. VIH. p. 56. | 

2) C. XV, p. 108. 

3) Es konnten leifht von jeber Seite bes Marcellus belegende 
Beifpiele angeführt werden, um jedoch die Lefer nicht zu ermüden, 
find fie im Texte weggeblieben. Nur der Vollftindigfeit wegen md 
gen folgende hier ftchen: Gegen Kopfichmerz wird Kraut, auf dem 


ı 





— — — — — nn nn 
* 


ſchmaͤlerte Erbſchaft hoher Anlagen, aber nicht ſo die Tuͤchtig⸗ 

keit ihrer Vorfahren, die ihren Ruhm, der Nachwelt zum un⸗ 
erreichten Beiſpiele, ſelbſtthaͤtig errungen hatten. Die Nach⸗ 
kommen der Hippokrates, Herophilus, Archigenes, | 
Soranus, überredeten fih in bequemer Ruhe, die Heilkunde 
fei durch die Werke biefer Männer abgefchloffen, und über 


Galen's Allwiſſenheit reiche fein menfchliches Vermögen; fie 


begriffen nicht mehr, dag die Wiffenfchaften aus fich ſelbſt 
immer wieder neu erftehen follen, und waren unempfindlich 
für ſelbſterworbnes Verdienſt: gab es ihnen doch hinreichend, 
wie fie wähnten, der Adel ihrer glänzenden Vorzeit. Das 
Alte wär ihnen jegt alles, es ganz zu fennen, vollendete Ges 
lehrſamkeit, es gewiſſenhaft zu erhalten, das hoͤchſte Lob, auf 
das fie noch Anſpruͤche machten, das indeſſen in ernfter Ers 
mägung des damaligen Zuftandes der Welt einigen Werth_ers 
bäfe, und für immer dankbar anerfannt werden muß. Bis 
zur Barbarei und Verachtung der Wiffenfhaft Fam es bei ih⸗ 
nen hie; denn wer auch der fchaffende Geiſt in Ihnen erftors 
ben, es blieb ihnen doch ein vegfamer Sinn für Bildung bis 


"in die fernften Zeiten der Traner und des Unterganges, maͤch⸗ 


tig genug, um Kunſt und Wiſſenſchaft in das rohe Abendland 
hinuͤber zu tragen, und nochmals die Menſchheit zu ihrer hoͤ⸗ 


* 


Kopfe einer Statue gewachſen, und bei abnehmendem Monde ge⸗ 
fammelt, verordnet, oder beim Eintreten in eine Stadt vor dem 


Thore eine beliebige Anzahl von Steinchen zu fammeln, indem man 


bei fich fagt, es geſchehe gegen Kopfſchmerz, dann eins davon an den 
Kopf zu binden, und die Übrigen ohne ſich umzuſehen über bie 
Schulter zu werfen. C.I. p.35. Um ein Jahr lang von Augen⸗ 


u entzänbung frei zu bleiben, fobald die Kirfchen zu reifen beginnen, 


drei Kirfchferne auf einen Baden zu ziehen und zu tragen, zugleich 
aber nach Dften gewandt zu geloben, man wolle im ganzen Sabre 
feine Kirfchen eſſen. C. VIII. p. 56. 


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heren Beſtimmung zu erziehen. Es konnte jedoch bei biefer 
Richtung nicht fehlen, daß fie neben. dem Alten auch das 
Beraltete mit gleicher Verehrung umfaßten, ja felbft das Todte 
aus dem Staube der Vergefienheit hervorzuziehen fuchten, und 
darüber vergaßen, daß das Eigenthümliche der Zeit nicht das 


Weſentliche ift, daß den Wiffenfchaften wohl der Geiſt, aber 


nie, die Form der Vorzeit frommt, und die. ftlavifche Erhal⸗ 
tung des Alten, der Natur, fo wie dern Rechten der Menfchen 


widerſtreitet, die füch, wie Umftände und Wohnort es mit ſich 
bringen, immer .nur in ihrer Seit entwideln follen. 


Die Phitofophie, einft die Richtſchnur des Denkens, bes 
ftand noch in ihrer alten Achtung, aber fie hatte an innerer 
Wuͤrde verloren. Die alten Lehrgebäube, nach Jahrhunderten 
ihres Dafeins ſchwerfaͤllig und unbrauchbar geworden, bedurfs 
ten jegt dringend einer Umarbeitung —, da erftand aber fein 
Ariſtoteles, der aus ihnen das Gute vereint und mit neuem - 


| Leben hätte hervorgehen laſſen; die alte Spaltung blieb, 


und zu den gefonderten Ueberlieferungen der akademifchen, ber 
peripatetifchen, “der floifchen und der Epikurifchen Philofophie 
gefellte fih nur düftere Myſtik und Aberglaube, zu noch groͤ⸗ 
Berem Verderben des. marklofen, entarteten Zeitalters. Traf 
dies vorzuͤglich Plato' s, dafuͤr urſpruͤnglich ſchon empfaͤng⸗ 
liche Lehre, ſo ſteigerten ſich die Maͤngel der Ariſtoteliſchen 
zu nicht minder großem Uebel. Die Naturkunde, ihre heil: 
fame und ihr fo nothwendige Begleiterin, war von ihren Anz 
hängern längft ſchon aufgegeben "); man verließ_fih nur auf 
die anfcheinend unträgliche Dialektik, „die, ald leere trodene . 
Form, zu feiner Elaren Erkenntniß der Natur verhilft und die 


Seele des Beobachters mit Anmaßung umnebelt. 


| 


1) Vergl. BL... ©. 268, 


— 


8.12. nm 
> Alerander 'von Aphrodiſias. 


Alexander von Aphrodiſias "), ein peripatetiſcher 
Philoſoph und unermuͤdeter Ausleger des Ariftoteles zu 
Anfang des dritten Jahrhunderts, war feinerfeits bemüht, 
den alten Ruhm der Schule, in vielfeitiger Richtung feines 
Beſtrebens aufrecht zu halten; in ohnmaͤchtigem Widerſtreite 
‚gegen fein Sahrhundert verfuchte er fich fogar in der Heil: 
£unde. Doch fand die Natur in ihm feinen Theophraft: 
feine Abhandlung über die Fieber 2) zeugt weder von Beob⸗ 


achtung, noch von unbefangenem Urtheil, fondern überall jind 
den oberflächlich angegebenen Erfcheinungen die Feſſeln der 


Humoralpathologie im dialektifchen Windungen angelegt. Es 


nimmt Wunder, einen Philofophen, der feine unbegehrte Für: 


forge ber Sieberlehre widmer, und der dynamifchen Anſicht 
des Ariſtoteles nahe ſteht, nach den Vorarbeiten fo' vieler 
Jahrhunderte, doch um einen Schritt weiter kommen zu fes 


hen. Denn daß das Fieber eine widernatürliche Wärme fei, die 


fih vom Kerzen aus durch die Adern in dem ganzen Körper . 
verbreite >), hatten ſchon bie älteften Naturphilofophen und die 
Hippokratiker behauptet, auch viele Spätere in der widerſtre⸗ 
benden Weberzeugung anerkannt, daß durch theoretifche Erklaͤ⸗ 
rungen in noch fo fchulgerechter Form die Dunkelheit der 
Krankheitsichre nicht aufgebelle werde. Die Sintheilung der _ 


3) Stadt in Earien. 
2) Alexandri Aphrodisiensis de Febribus Libellus, graece 


et latine. In Germania nunc primum edidit Francise. Passuw: 


Vratislav. 1822. 4. (If einem ſonſt unbekannten Arzte Apollo⸗ 
nius gewidmet.) 


3) C. U. p. 3. 


a _ . 


— 


nn 
Fieber riach den materiellen Urfachen 7) in das eintägige, in 
dem der Luftgeift leide, das hektifche, das feinen Sitz in den 
feften Theilen habe, und die große Kaffe aller übrigen, bie 
auf vorausgefester Faͤulniß der Säfte beruhen °), entiprach 
der ſchon vielfeitigern Humoralpathologie wenig; man mar auf 
die? cr vielbetretenen Wege fchon längft weiter vorgerüdt. Aus 
Gerdem aber zeigt diefer Philoſoph durch die ſtlaviſche Nach⸗ 
ahmung des Ariftotelifchen Vortrages in Hleinlicher Serfpaltung 
der Begriffe und ermübdender Anwendung nußlofer Beifpiele, 
wie unfelbftfländige Anhänger von Schulen nur immer bie 
Fehler ihrer großen Ahnherren nachzuahmen, ihrem Geiſte aber 
felren bis über die Form hinaus zu folgen wiflen. 
Alerander verdantte feine Ausbildung einigen berühms 
ten Peripatetilern HHerminius, Ariftofles, Meffenius 
und Sofigenes), und lehrte in Athen, vielleicht auch in 
Alerandrien, auf Befehl des-Septimius Severus ’), def 
fen  griechiich gebildete und philofophifche, Gemahlin Julia 


-Domna den Wiflenfchaften die lange Zeit ungewohnte Achs 


tung wiedergab. Er widmete dem Kaifer ein Berk über das 
Schickſal (ziwifchen 199 und 211), um ihn, wie man glaubt, 
von feinem afrifanifchen Aberglauben zu bekehren. Die große 


Baht feiner Übrigen, esläuternden Werke *), verfchaffte ihm 


1) C.XV. p.21. — Es wird in diefer Abhandlung burchgäns 
gig die Ariftotelifche Uetiologie befolgt. Vergl. Bd. J. 8:41. ©. 236. 
2) Im Galeniſchen Sinne, in dem jede Verderbnig der Säfte 
für Fäulnig genommen wird. Bd. 1. 8.66. S. 505. 
337 Nicht des Caracalla, bdeffen Name hier gewöhnlich ber 
Form wegen dem feines Vaters beigefügt wird. Selbſtſtaͤndig ges 
worden, verfolgte diefer brudermoͤrderiſche Soldatenkaiſer die Peripa⸗ 
tetifer, weil er hierin, fo wie in andern Rohheiten, Alerander dem 
Großen nahahmen wollte. 
!' 4) Man fehe hieruͤber Fabric. Bibliothec. graec. Vol. V. C. 
28 P- 650. Ed. 3. Hurtes. 


- 





47 


ben Beinamen des Auslegers (Eirwurss), und großes Anfehn 
bei den. Spyaͤteren, vorzuͤglich den Arabern, die alles Ariſtote: 
liſche mit Vorliebe aufnahmen. 


8. 13. 
Das Khriſtenthum. Zeno von Cypern und einige 
feiner Zeitgenoffen. 
Conſtantin's Annahme des Chriftenthums um das Jahr 
324 gab ber Welt eine neue Richtung. Es entwickelte ſich 
ein fange: fchon vorbereiteter Kampf, in dem chriftliche Des 
murh und Myſtik der unfruchtbaren Ueberbildung, dem Reſte 
alter Wiffenfchaftlichkeit, im vollen Brande menfchlicher Leiden: 
ſchaften gegenuͤber traten. Eifer und Erbitterung nahm auf 
der einen Seite die Religlon zum Werkzeuge, mit den Tem⸗ 


peln der Götter auch Kunft und Wiffenfchaft zu vernichten; 


auf der andern fuchte man in diefer wogenden Zeit die grie⸗ 
chiſche Bildung als unverträglich mit. dem Chriſtenthum feftzus 
halten, das fie auszuftoßen fehien, und um fo unaufloͤsbarer 
mit der Goͤtterlehre zu verfchmelzen, während die Ehriften, je 


"mächtiger fie wurden, defto mehr den Vorwurf über ſich kom⸗ 


Wen ließen, daß fie durch zerſtoͤrenden Wahn und die weltliche 
Herrſchſucht ihrer Prieſter der Menſchheit die Wohlthat der 
goͤttlichen Offenbarung verkuͤmmerten, in deren belebendem 
Lichte das Edele der menſchlichen Natur gelaͤutert emporſtreben, 
ſich aber nicht erniedrigen und untergehen ſollte. Durch dieſe 
Wendung erlitt die Heilkunde eine betraͤchtliche Einbuße in der 
Zahl ihrer eigentlichen Bearbeiter, und wurde ſomit gelaͤhmt 
in ihrer aͤußern Wirkſamkeit, indem die Chriſten der erſten 
Jahrhunderte, die faſt durchgaͤngig nur auf einem myſtiſchen 


Boden wandelten, das Vertrauen zu den gebildeten Aerzten 


aufgaben, und von ihren Prieſtern leitht in dem Glauben er⸗ 


halten wurden, es ſei gottgefaͤllig, die Geneſung ihrer Kranken 





BB | 
der fortbeftehenden Wunderkraft ber Kirche anhenn zu ſtel⸗ 


lm.) Klare, vernunftgemäße. Erkenntniß der Natur, bie 
Seele und der Schußgeift der Heilkunde, wurde vpm biefem 
Glauben unaufhaltſam verdraͤngt. 

Noch einmal regte ſich der alte Geiſt, von Julian, 
dem eifrigen und verblendeten Gegner des Chriſtenthums, her⸗ 
vorgerufen, allein, ohne dauerndem Erfolg, weil man eben 


den Goͤtterglauben an ihm für das Wefentliche hielt, ber jegt 
nicht mehr den Steg Über das Ehriftenthum davontragen konn⸗ 


te, ſo entfernt es auch von. feiner urfpränglichen Reinheit 
war. 2) Die Helden wollten ihrem angemaßten Eigentum 
zum Beſten der Abtrünnigen nicht entfagen, die Chriften ver: 
achteten als heidniſch, was der Mienfchheit als gemeinfames 
Eigenthum zukam, und Julian, der der Welt ein verlornes 


Sue wiedergeben wollte, erregte dadurch Mißtrauen gegen 
" feine Weisheit, daß er ein viel höheres antaftete, und ſich ge: 
gen die allgemeinere Ueberzeugung auflehnte. . Erziehung, Ge 


muͤthsart, Mißgefchi und die Anſteckung der ‚Zeit, der auch 
die größten Geifter nicht entgehen, entfchuldigen jedoch den 
an ſich weiſen und "menfchenfreundlichen Kaifer, den: die“ Er⸗ 
fenntniß des. Chriſtenthums und die Verbindung feiner ar’ 


- befeeligenden Lehren mit dem alten Sinne für höheres geiftis 


ges Leben als einen unvergeßlichen, Wohlthäter der Menfchheit 


“ bezeichnet haben wuͤrde, wäre es ſelbſt unter .diefen Bedingun⸗ 


gen noch möglich geivefen, einen befieen Zuſtand herbeigus 


- führen. Denn felbft die größte irdifche Macht ſtellt ſich den 
großen Weltbegebenpeiten, wenn auch von dem reinften. Wil⸗ 
len und der fen Fi ht unterftügt, vergebens entgegen. 


Es 





1) Vergl. F. 10. G. 40. 
2) Vergl. Ueber den Kaiſer Julianus und fein Zätalter, ein 
hiſtoriſches Gemälde von A. Neander. Leipzig 1812. 8. 


» 
| 
+ 


0 49 


Es war die heilbringende Entwickelung "des menfchllchen Ger 


muͤthes gefommen; was die Phantafle und das Denkvermoͤgen 
in ſo vielen Jahrhunderten ruͤhmlich erſchaffen hatten, mußte 
fuͤr jetzt ruhen, oder untergehen, — wenn es erlaubt iſt, die 


Wege der Vorſehung in ſo wenigen Worten durch die Thae 


ſache ſelbſt zu bezeichnen. 


Julian'“'s kurze Regierung war ungeachtet ihres unbe 


ten Widerſtrebens gegen die Zeit den Wiflenfcheften dennoqh 
erfprießlih. Er verehrte die Heilkunde als einen würdigen 
Theil der altgriechiichen Bildung, und die Werke ſeines gro⸗ 
Ben Leibarztes Dribafius bezeugen hinreichend‘, wie " anges 
legentlich er auf ihre Erhaltung bebacht war. Alerandrien, der 


Hauptſitz der Gelehrfamkeit "), von wo aus Ale noch Übrige 


wiffenfchaftliche Thätigkeit ihre Richtung ethlelt, werdankt ihm 
mehrere Berweife einer theilnehmenden Fuͤrſorge. Ohne Zwei⸗ 
fel konnten auch die überreichen Huͤlfsmittel dieſer Studt die 


ſtand hier noch immer eine geachtete aͤrztiiche Schule, und 
man darf gewiß aus der Gegenwqrt einzelner bedeutenden 
Männer auf eine Mehrzahl minder ausgezeichneter ſchließen / 
die’ hier in fitller Serufetsene | dem Unterrichte der al 
oblagen. I” | *Ñ 


1) Vergl. Jacques Matter, Essai historique sur "P’Ecole 
d’Alexandrie, et Coup d’oeil comiparatif sar la literature grecgue, 
depuis le temps d’Alexandre le Grand jusgn’i cchui d’Alexaudre 
Söväre. :Ouvrage couronné par: lAcademie' "des inseiptieurnet 
belles Jettres. 2 Voll 8. Paris 1820. (Zwar nichts weniger als 


klaſſiſch, und für den naturmiffenfchaftlichen Theil ganz unzureichend,” 


aber bei bem Mangel an guten Schriften über die Alerandrinifche 

Schule, zur Ueberficht der. Schickſale Alexandriens empfehlenswerth. 
| 2) Eunapius Sardian. de Vitis philosophoriim''tet' söphista- 

ram.-, Colon. Allobrog. 1616. &. p. ID7.. 0,0 
II. D 


Wiederherſtellung des Alten am meiſten beguͤnſtigen. Es⸗der 


- 


50 


. Ale ſpaͤtenen Alexandriniſchen . Lehrer uͤberſtrahlt Zeno 
von Eypern *), nit nur durch die einmürhige Anerkennung 
feiner hohen Verdienſte, fondern auch dusch Die Bildung eipi⸗ 
ger ſehr beruͤhmten Schüler, die feine ſeegensreiche Wirkſam⸗ 
keit fortpflanzten. Auch als Arzt erfueute er fih einer allge 
meinen Verehrung , die feinen Verluft in Alexandrien um- fo 
ſchmerzhafter empfinden lie, ale hie Gregarianifchen Unruhen 
ihn auf einige, Zeit verbannten. Der Kaifes. Julian vief ihn 
aus dieſer Verbannung, ib, felbſt und Aysgandeien, fo wie des 
ärztlichen Stand gleich. ehrend, zurüd, und ſatzte den che 
würdigen Greis in ſein Amt wieder ein, von dem die Reli⸗ 
gionzwuth, ungeachtet "feiner Unbeſcholtenheit, ihn entfernt 
hatte. ?). IB es bei, dem Mangel au- fchriftlichen. Denkmaͤlern 
nergoͤnnt, aus dem Geiſte feines Schüler (Jonicus, Mar 
gnus, Otibaſtus) auf. feine Eigenthuͤlichkeit zuroͤckzuſchlie⸗ 
Fon,. far vereinigte ſich in ihm ein unerfchöpfliches Wiſſan mai 
eidem Sinne: für Klarheit, den ſich gegen die allgemein gemar⸗ 
bene peripatstifche Diarfielungeweife: zu behaupten vermochte, 
Beine Bluͤthe fälle unsen- bie, Bagisuns, Conkaptin’s und 
feiner. Nachfolger. 

ZJonkcus van Dardas den Bohn, eines ansgezeidketen, 
feinem Namen nad jedoch unbekannten Arztes ?), ſtand a 
Selehrter, fo wie in der Ausübung feiner Kunft in hohem 
Anſehen. Die Alerandriniſche Schule war von jeher eine 
fruchtbare Mutter von Vielwiſſern, ſo iſt es mithin nicht auf 
fallend, dab Jo nicus ſelbſt von Maͤnnern, die ihm gleich 
Banden, dad Beugni: arhielt, ſeine Lehre umd fein Beiſpiel dm 


2 Ebend 2. Ma cn . . 
19) Jallanı' Epistolt: 455 —* ex ren. ' Sparhemii Lips. 

| 1098. fol. „p- 426.) u 
3) Eunap, 0. 0. DO, pelh..- 


um 


— 


| | st. 
HGandeln fei-der Inbegriff der alteri Heillunde. Arzurimituel⸗ 
lehre, Zergliederungekunde, Chirurgie, jedoch nur bie blutſcheue, 
Wein diefam - und in dem vorigen Jahrhundert mehr und 
mehr - asıfgefonmen, waren ihm gleich gelänßg, und hierzu 
fügte ee noch eine unnfafiende philoſophiſche Bildang, ſo wie 
einige Webung in der Rede⸗ und: Dichtkunſt. Ex ſtarb um 
einige Zahre fehber, ala Oribaſius, wahrſqheinch in feiner 
Baser ah. ä 

Bei Magnus. von Antiechien 1) ber. den Beinamen Kes 
aro ſophaſt (d. h. Lehrer der Heilkunde) führte, uͤberwog ein ſo⸗ 
nhiſtiſches Streben, das in der peripatetifchen. Dinicktik reich⸗ 
liche Nahrung fand, eine mittelmäßige Anlage zur Heilkunſt. 
Seine von Gewandtheit web Scharffinn unterſtuͤtzte Streitſucht 
erregte das xigenthuͤmliche Erſtaunen, deſſen ſich geiſtreiche, aber 
unbeſcheidene Maͤnner erfreuen, und fuͤllte ſeinen Hoͤrſaal in 
Alexandrien mit weit herbeiſtroͤmenden Zuhoͤrern; den Aerzten 
mußte jedoch fein vorlautes und unablaͤſſiges Zweifeln an ber 


Ghenefang von ihnen hergefellter Rrapfey,fehe Befchwerugp fahr: 


len. Sein verloren gegangenes ſemiotiſches Werk über den 
Urin wurde noch in der fpäteren Zeit gelefen *). _ Lu 

Unter den zahlreichen *) Aerzten diefes ‚Jahrhunderts 
machte ſich, nachſt dieſen beruͤhmteren, auch ah. ein Archiater, 
The on von Alsgandrien, bemerklich. : Eu: lebte feinem Neewfe 
in Gallien mit Auszeichnung *), und Überfchrieb fein umfaße 
ſendes Werk, das einem ſonſt unbekannten Theoktiſtus gu 
"idanet, und noch im neunten Jahrhunbert vorhanden wa, 
mit einen noch une Tipek: —J Nach der 


‚ 





” 2) Ebend. p. 138. a | 
2) Theophil. de Urin. Praef. Interpr. Alban, Torin, Basil, 
1533. 12.9.8. 
3) Eunap. a. a. ©. "137. ' u " en 
im. >. TE... 
D2 


> Fu ' 
Smhattsongabe eines Spätern ?) bat indefien bie Nach welt 


hieran keinen empfindlichen Verluſt erlitten, denn Theon 


hatte nur die Behandlungen der Krankheiten in der beliebten 
Orbdnung der Theile vom Kopfe ‚bis zu den Fuͤßen niederge⸗ 
ſchrieben, und zwar ohne die noͤthige pathologiſche Entwicke⸗ 
fung, bie jeder wiſſenſchaftlichen Therapie erſt ihren lebendigen 
Zuſammenhang giebt. : Einem beſondern Abfehnite Aber das Per 
dagra und die andern giehtifchen Leiden“ folgte noch eine weit 
kaͤuftige Sammlung von Arzneivorſchriften, wie man fie nicht 
mehr· entbehren bonnte, ſeitdem der Trieh zu ſelbſtſtaͤndigem 
Denken and Handeln mehr und mehr vergangen war. Es IR 
ausgemacht, daß das Beduͤrfniß vom Werfen diefer Art, bei 
weichen Bolfe es auch vorfommit, entiveder Unmuͤndigkeit oder 
Buena feiner Eatunde anzeige: ’ 


Pe Te .. 


| per * &. 14. " ne j K 


" Dribofins von Pergamuk. | 
. Oribaftus, der:hörhverbiente Leibarzt Jultaw’s, wird 
durch‘ das unbedingte Vertrauen und die Freundfehaft eines 
a 3. 225 BE 





“er I) Photii Bibliotheca, ex rec. IInmun. Bikkeri. Berol, 1824 
Toi.'T.:220. p. 166. — Die Gruͤnde, dieſem Arzte das vierte Jahr⸗ 
brndert anzuweifen ſind: 1) daß Photins, der gewoͤhnlich nur 
gl itige Schriftfieller zufammenftellt, ihn. unmittelbar hinter O rie 


baſi ius folgen tagt, und, .2) der wichtigere, daß Eunapius von 


ihin als einem̃ Zeifgenoffen des Jonicus ſpricht. Ein adite⸗ 

ver Thieon, ebenfall® ein Alexandriner, iſt nicht, wie es le Tiere 
gechan (Tom: Hk LU. ebap. 1.:9.42.), nt dieſem Urchtoter zu 
verwechfeln. Das Alterthum befaß ven ihm ein ausgezeichnetes und 
vielbenutztes Werk uͤber die Leibesübungen in vier Dühern (Tipura- 
sıza, Galen. de sanit. tuend. L. III. © 3. P is. Tom. VI. ed. 
Köhn.), aus dem fi nlır ein unbebetenbrd Brucfüc über Die 
Zrietion erhalten bat. (Ebend. L. II. © 3. 2. %. J 


x 2) Vergl. Bd. J. 8.53. ©. 362.. I Te EA 


z 
Ss 7 


4 





Te m en me ga nn 


immer den Ruhm der. alten Lehrftühle durch ihre Gegenwart 


’ . 


83 


Kaifers unvergeßlich,,. der im Beſitz einer feltenen Gelcheſtan⸗ 
keit durch den Umgang mit ben. weiſeſten Männern: feinen 


Geiſt anſpruchslos ‚zu _verebeln ſtrebte. Geboren in Pergas 


mus ') genoß er von feinen vornehmen Aeltern wine: ges 
lehrte Erziehung, die im Verein mit ungewöhnlichen Anlagen 
feine Ingend durch die Erwartung der Gebilteten Auszrich⸗ 


‚nete, und fpäterhin feinem ärztlichen Wirken Anmuth und: Ber 


fligkeit verlieh. Als Juͤngling begab er ſich nach Alexandrien, 
wo er. die Ziexde von Zeno’s Schule wurde, und für: feine 
Wißbegterde in den Werfen der Vorzeit unerichönflihe Nah 
rung fand.” Nash noßendeter Ausbildung erwarb fih Drikar 
fiws in. feinem dejtlichen Leben bie Liebe. und das Anſehn 
eines Hippokrates. Dan fühlte fich durch den Umgang unit 


‚einem, fo außerordentlichen Manne geehrt, in. defien Gelehr⸗ 


famteit die alte griechifche Heilkunſt wieder aufzubluͤhen fchien; 
deffen Menſchenfreundlichkeit fich- über alle feine Handlungen, 
deffen bezaubernde Anmuth ſich Äber fein: helehrendes Geſpraͤch 
verbreitete. *) Ein-fo ſtrahlendes Verdienſt erregte frühzeitig. 
die Auſmerkſamkeit des geiftwollen. Kaiſers, der ihn wahrfcheins _ 
lich ſchon zu Athen als unterdrüdter und - hoffnungslofer 
Theonerbe unter den vielen Gelehrten fennen lernte, die noch 





1) Diefe Angabe it nah Eunapiusd (a. a. O. p. 139.) für 
bie richtigere zu halten, weil biefer ben Oribaſius unb feine Fa⸗ 
milie genau fannte, und felbft von Sardes gebürtig, nicht. verfehlt 
haben würde, diefe Stadt als feinen Geburtsort anzugeben, wie dies 
von Philoſtor gius (Histor. ecclesiastic. L. VII. c. 18. p. 510. 
B. Theodoriti et „Euagrü Scholastici Historia ecclesiastica, item 
Excerpta ex Historiis Plälestorgü et Theodori Lectoris. Ed. Henr. 
Walesii. Amstelod. 1665. fol.) und dem unguverläffigen Suidas 

(voc. (Ogußueies) geſchehen iſt. 


2) Ewmap. a. a. O. 








64 


verherellchten.) Sum Caͤſar und Befehlshaber der weſtlichen 
Provinzen 'ernannt,. nahm ihn Julian als Arzt und Mathe 
geber mit nad Sallien *), und hörte niemals anf, Im Des 
weiſe einer Zuneigung zu geben, die nah an Verehrung 
graͤnzte. Ehrend für Gegenwart und Zukunft Ift eine ſpiche 
Auszeichnung, wenn fie von einem Fuͤcſten woie Julian hen 
rührt, ber dem Geiſt und firemge Tugend das Mark ver Ber 
guͤrſtiyung befiimmiten. Staatskluge Rathſchlaͤge und oftmalige 
Beweiſe einer höheren Einſtcht begruͤndeten sei Julian die 
feſte Urberzeugung, Otibaſius koͤnne in bie Zuunft fehen *), 
und es berechtigt hein bedannder Befall zu der Vermuthung, 
daß diefer den Glauben Jeines: Gebieters an Weiſſagungen je⸗ 
mals zu Abeln Zwecken benutzt hätte. In Gallien war Orb 
baſtus fortwährend für feine Wiſſenſchaft thaͤtig *), nad 
dem Beiſpield großer Männer, die vom Drange der Alltag 
geſchaͤfte nie gang uͤberwaͤltigt werden; als aber endlich durch 
Eonftantins ränfevollen Argwohn der Caͤfat Julian zu 
"dem Äufferften gebracht wer, dem gewiſſen Verderben eine ge 
waltfane Empörung vorzuziehen, ſcheint er ihn vor allen er⸗ 
muthigt zu haben, daß er die Zügel der Regierung kraftvoll 
orgriff, und den Erdfreis mit dem Ruhm feines Unterneh 
mens erfüllte. *) Sin zwei jahren vollendete darauf Or iba 
ſius Werke °), die fonft wohl eine ganze Lebenszeit in Ans 
1) Vergl. Neander a. a. O. 


2) Oribas. Medicinal. eollect. L. 1. init. — Inder Samm 
Jung von Henric. Stephanus: Medicinae artis Principes post Hip- 
pocratem et Galenum etc. 1567. fol. 


3) Julian. Epist. XVIL ad Oribas. p. 384, ed, Spankem. 
4) Oribas. a. 0. O. 

5) Eunap. a. a. D. 

6) Die Medicinalia callecta, bie viellcicht ſchon in Gallien 


- 


ſpruch nehmen, wenngleich bie ihm vom Kalfer verlichene, 


Duäftorwärde ") feine Muße ſehr beſchraͤnken mochte. Seine 
Sendung nach Delphi, um das Orakel wieder herzuftellen, die 


. jedoch ihrem Zwecke nicht entfprach *), beweiſt, daß er die " 


Sefinnungen feines Herru über das Chriſtenthum theilte, und 
fih eben fo wenig über die leidenfchaftlichen Vorursheile feiner 
Zeit zu erheben vermochte. Dafür und für feinen Einfluß 
auf die Negierung mußte er unter den-folgenden Kaiſern, Va⸗ 
lens und Balentinian mit der Verbannung buͤßen >), 


nachdem er noch (363) im Perſerkriege feinem ſterbenden 


Gebieter aͤrztlichen Beiftand geleifter hatte. *) Huͤlflos Dem 
Verderben preisgegeben bewies aber Oribaſius, daß der 
wahre Arzt Über Verfolgung weit erhaben, ſelbſt ber Rohheit 
Verehrung ſeiner Kunſt abnoͤthigt. Den Barbaren, wahr⸗ 
ſcheinlich den Gothen, erfchlen er wie einſt Askleptades dem 
Mömern, als ein hüffreiches höheres Wefen ‚'und erfreute ſich 
der ungetheilteften Huldigung. In feinem Vaterlande aber 
machte das Andenken feiner Verdienſte die Entbehrung eines 
ſolchen Mannes bald unerträglih. Die Kaiſer fahen ſich gee 
nöthiet, ihn ehrenvoll mie Wiederherftellung feines Vermögens 
zurüczurufen, und unangefochten erreichte er dann im Kreiſe 
der Seinigen ein hohes glückliches Alter. °) - 


vorbereitet waren, aber gewiß erft in der kurzen Reglerungtzeit: uw 
lian’6 (361— 363) geſchrieben worden find. 

1) Georg. Cedren. Historiae Compend. p.240.B. Ed. Venet. 
1792. fol. 

2) Ebend. Er bekam die befannte Antwort, das Orakel möff 
"jeßt verfiummen. 

3) Eunap. a. a. D. 

4) Philostorg.. 0. a. D. 


5) Eunap, a. a. O. 




















— 8. 26. 
Schriften des Oribaſius. 


Auf die Verdienſte dieſes ehrenwerthen Mannes um die 
Heilkunde hat die Zeit einen weſentlichen Einfluß geaͤußert 
Suchte Julian's Geiſt nur in den Werfen der Vergangen 
heit Nahrung, fo mußte wohl diefelbe Vorliche für das Alter 
thum auf Oribaſius üsergehen. Derfelbe Arzt alfo, de 
vor allen andern vermorhe hätte, feine Zeitgenofien mit den 
Ergebniffen eigener Forfchung zu erleuchten, 309 es vor, das 
Beſte aus den Werfen ber Vorfahren geiftreich geordnet zu 
einem Lehrbuche der geſammten Heilkunde zu geftalten, das 
allerdings an Zweckmaͤßigkeit alle früheren übertraf, und bei 


ber durchgaͤngigen Annehmlickeit des Bortrages dem Beduͤrſ 


niffe der Lernenden völlig eutfprah. Schon in Gallien hatte 
ihm Julian aufgetragen, aus dem weitfchweifigen, über alles 
verehrten Galen das Beſte zufammenzuftellen *), fpäterhin 
aber feine Aufgabe dahin erweitert, daß auch das Wiſſens⸗ 
würdige aus den Übrigen Alten mit aufgenommen werben 


‚möchte. So entftand in der angegebenen Zeit ein Werk von 


zweiundſiebzig Büchern *), in dem fich das eigene Verdlenſt 
des Dribaftus hinter die Namen alter Schriftfteller verbarg, 
diefe aber felbft durch die. Läuterung und großentheils fehönere 
Darftellung ihrer Aufichten verherrlichte. Das Ganze erhielt 
durch diefe muͤhevolle und zweckmaͤßige Bearbeitung eine gleich⸗ 
maͤßige Farbe, aber die zahlloſen eigenen Zuſaͤtze des Verfaß 
ſers laſſen lebhaft bedauern, daß der Geiſt des Zeitalters 
ſelbſt bei dieſem edeln Arzte das Selbſtvertrauen fo ſehr ge: 
laͤhmt hatte, baß er nur unter der Schutzwehr der Alten anfı 


1) Oribas. a. a. O. | . 


2) Die Medicinalia collecta, von denen wir nur mod 25 Ob 
cher beſitzen. 


m — — — — — — 


| 57 
utreten wagte. An zwanzig · Jahre ſpaͤter ") veranſtattete er · 
ſelbſt einen Auszug aus dieſem Niefenwerke -für feinen Sohn 
Euftathius, in neun Büchern, und außerdem find. noch feine 
beiden Abhandlungen über die chirurgiſchen Schlingen und 
Maſchinen aus Herakles und Heliodor vorhanden. Drei 
eigene, ohne Zweifel ſehr gehaltvolle Werke des Oribaſ ius 
uͤber die Leidenfchaften, über das Zweifeln in ber. Heilkunde 
in vier Büchern, und. ein flantswiffenfchaftliches uͤber die Nes 
gierungskunſt ſind verloren gegangen. 2). 


| 8. 16. u 
| Grundfäge.äber Biutentziehung, - 


Se allen noch erhaltenen Schriften des Oribafing wals 
tet eine Elare praftifche Einficht, die ſich nur an das. wahrhaft 
Erprobte und Gediegene hielt, erhaben über die einfeitigen . 
Lehrfäge irgend einer Schule. Beweiſt freilich ber. gärjlihe 
Mangel neuer Lehrgebäude nach Galen-die | Abnahme eins. , 
recgeren Eifers für die Kunſt, fo wurde doch der geiftvolle Arzt 
von wiſſenſchaftlichen und eben deshalb gefaͤhrlicheren Vorur:! 
theilen weniger fortgerifien, und fonnte je&t von bem richtigen . 
Standpunkte ber ärztlichen Erkenntniß das weite Gebiet der 
Natur viel freier uͤberſchauen. So iſt beſonders Drißafius 
allgemeine Therapie ganz aus der unbefangenen und ruhigen 
Beurtheilung der krankhaften Zuftände hervorgegangen, bie 
von jeher die wahre Heilkunſt allein gefördert, und ihm ſelbſt 
‚eine ungetheikte + Verehrung fan Zeitgenoſſen zugewendet 

1) Diefe Zeit kommi heraus, , wenn man erwägt, daß Dribas 
fin erft nach der Rückkehr aus feiner Verbannung heirathete ( Eu- 
nap. 0. 0. D.) und feine Epitome dach nur feinem ermwachfenen 
Sohne Euſt athius widmen konnte, der von ſeinen vier Kindern 
allein bekannt geworden iſt. 

2) Suid. . a c. 





58 

hat.“ Wehen wir gieich anfangs Fee aͤußerſt vollſtndige 
Lehre vom Aderlaß, fo wird ſich Faumringend eine Behaup⸗ 
wg ſinden, die nicht durch die neueſte Erfahrungéheitkunde 
beſtuͤtigt wuͤrde, und vor allen: übrigen giebt wohl dieſe Lehre 
einen ſichern Maaßſtab des therapeurifchen Scharfblicks. Blut 
uͤberſtuß iſt die allgemeine Anzeige zum Adertaß, und es find 
von-Dribafius die naturgemaͤßen Verſchirdenheiten beffelben, 
befönders der Galentſchen Pleihora ad vires und der Plethora 
ad spatium bei der Begründung der einzeinen Borfchriften 
richtig aufgefaße und beleuchtet. Dan fell bei Entzündungen 
‚und unterdrücken Blutfluͤſſen nicht erft die offenbaren Zeichen 
der Piethora abwarten, fondeen ihnen mit dem Aderlaß fogleich 
zuvorfommen. ') Die Spätke der Krankheit und der «Zuftand 
ber Kräfte beſtimmen allein das Maaß der Dlutentziehmg *), 
und fein Alter nach dem vierzehnten Jahre verbietet den Se 
brauch dieſes Mittels, indem auch fiebzigaͤhrige Greiſe ihm 
zuweilen unterworfen werden muͤſſen. War man fruͤherhin 
mit ſtarken Aderlaͤſſen zaghaft, fo daß auch bie beſten Aerzte 
die Blutentleerung auf mehrere Tage eintheilten °), fo verord⸗ 
net Oribaſius, das Biut nörhigenfalls bis zur Ohnmacht 
fließen zu offen, jedoch nur mit gebührender Borfiche und ums 
ter beftändiger Beobachtung des Pulſes. Seine Grumdſauͤtze 
über die Wiederholung . des Aderlaſſes find ganz, unsnbeihaft: 
bis zur Brechung der Krankheit fol die Ader zum groriten, 
dritten und vierten Mal geöffnet werben, ja es waren Fälle 
bekannt, in denen Kranke über vierundachtzig Kadikzoll Blut 
(ſechs Heminae) ohne übele Folgen verloren hatten. Iſt der 


1) Medicinal. collect. L. VII. c.1. Coll. Henr. Stephan. p- 
808. c.2. p. 304. E: 
j 3) Synops. L.1. c.7—12. p.8. — Med. coll. L. VIE. b. I 
— 14. p. 308. , find die Hauptſtellen fiber didfe Gegenflänbde 

8) Beral. Cebs. L. II. c. 10. p. 80. = 





— 


J 50 
Seſtend der Kehfte zweiſechaft und das Biut offenchat unreim, 
fo ſoll man lieber das Aderfaß heilen, um bee Sefähe. einer 


ptöglichen Entleerung. zu entgehen. Die Baht der Zeit rich⸗ 
tet: ſich nach dem Nachlaſſe bes Fiebers, o6 kann Alfo- ga jeher 


Stunde bei‘ Tag und‘ bei Nacht Bliut entzogen murben, im 


fieberlofen Krankheiten iſt jedoch der Vormittag am miehfen 
dazu geeignet. *) Bei Entzündungen muß dmmmo wa rm 
der leidenden Seite zur Ader gelaſſen werden, ( Venaesectio 


derivatoria) das Aderlaß auf der. entgegengefegten Seite hat 


N 


gar keinen, ober nur einen landfameren Erfolg. *) Die Res. 
gel, anfangehde Entzündungen zuerft Durch ein Aderlaß an eis - 


zu ‚brechen, und dann erft die Blutentztehung aus dem Aeiden⸗ 
ben Theile febft folgen zu laſſen, beziehe:ifich mehr auf abge 


nem entfernten Theile (revellendo, "renaesectio revulsoria) 


kommen⸗ berwwatoriſche Aderlaͤſſe, z. B. an der Schu, md | 


das noch Abliche unter der Zunge; mit dem revulſoriſchen If 
das am Arm gemeint, das wir in ‚dergleichen Faͤllen, wo 
z. B. Kopf und Hals von Entzuͤndung befallen find, nicht 


ſo ſtreng mit diefem Damen beyeihnem. Entzuͤndungen bee 


unteren Theile (d: h. der unter dem Zwerchfell gelegenen.) bes 
kaͤmpft Oribaſius lieber mit dem Aderlaß am Fuß, und 


weiß fehr wohl, daß Hämorrhoiden und die monatliche Web 


nigung durch ein Abderlaß am Fuß befördert und wieder. Ger 
vorgerufen, durch ein Aderlaß am Arm dagegen unterdruͤckt 


werden. Bet allgemeiner Vollbluͤtigkeit ohne ärtliches Leiden. 


iſt der Ort gleichgültig, aber bei veralteten Entzündungen foll 





| 1) Man beobachtete nach Asklepiades mit vieler Aengſtlich⸗ 
Seit die Regel, im Bieberanfall nichts Bedeutendes zu unternehmen, 


allein ſchon der treffliche Pneumatiker Herodotus geftattete hiervon 
in Betreff des Aberlaffes billige Ausnahmen. ©. Bd. I. 8.32. S. 461. 


3) Med. coll. L. VIL e. b. p. 90. ae 


\ 


60 


man rüdfühtsies. das Blut aus dem leidenden Theile ſelbſt, 
oder.ihm.fo neh als möglich entziehen. ') | 

Auch die Lehre von’ den. übrigen Blutentziehungen iſt von 
Dribafins zweckmaͤßig entwidelt, und außer ber lichteallen 
Darftellung des Alten machen zahlreiche eigene Erfahrungsfäße 


dieſe Abhandlung zu der ‚gehaltreichken ‚ bie ſich über diefen 
Theil der allgemeinen. Therapio in den fchriftlichen Dentmölern 


der griechiſchen Aerzte vorfindet. 


” 8. 17. 
A n tyll us. 
Außer Galen und dem Pneumatiker Herodetus bat 


Oribafius in biefem wichtigen Abfchnitt vorzuͤglich dem 


gelohrten. und geiſtvollen Antyllus benutzt, einen Arzt 
des. dritten Sjahrhunderts °), der ohne Aufforderung feines ges 
funfenen Seitalters die Wuͤrde der Heilkunft- durch treffliche 
Werke zu erhalten wußte. ?) Wenige Angaben veichen bin, fein 
Andenken der Nachwelt als ehrenmwerth zu empfehlen, vor als 


lem macht aber die von ihm zuerſt erwähnte Ausziehung des 


grauen Staars feinen Namen unvergänglih. *) Diefe Oper 
rationsweiſe, die der Vergeſſenheit übergeben, in neueren Zeis 
ten erſt wieder erfunden ‚werben mußte, wurde bereits nor 


‚ihm von mehreren ausgeübt, wahrſcheinlich ſchon gegen das 


Ende des zweiten Jahrhunderts, wo die Thaͤtigkeit zahlrei⸗ 





1) Ebend. «6. p. 309. . 
2) Er wird von Dribafius zuerfl, von Galen aber loch 


nicht erwähnt. Gefchichtliche Zeugniffg Aber fein Leben feblen. 


3) Antylk, veteris Chirurgi ra Auilare. Diss. def. Pa- 
naiota Nicolaides, praes. Sprengel. Halae 1799. 4. 

4) (Abubetr. Rhazis) Liber Helchauy, i. e. continens ar- 
tem medicinae et dicta praedecessorum' eic. Per Hieronym. Sa- 


Zum Faventinum.  Venet..1806. fol. L. II. e. 3. Fol. 41. b. 


v 


61 
der Augenärzte und Chirurgen in das Leben ber Sims 
vieffeitig eingriff. Der. eigentliche Erfinder iſt unbekamit ges 
blieben, «6 waͤhrte jedoch nicht lange, daß man über bie von 
ſchledene Anwendbarkeit der Ausziehung und Niederdruͤckung 


des Staars nachzudenken anfing, und vorläufig feſtgefetzt 


wurde, bie erſte koͤnne nur bei einer Heinen Linſe Rate finden, 
woil bie Herauenahme einer größeren den Ausfiuß des Glas: 
körper -herbeiführe °). Mach Antyllus fol Larhyrion, 
ein ſonſt unbekannter Arzt, der Ausziehung des Staars vor - 

der Niederdruͤckung den Vorzug gegeben haben *), dans 
ging aber‘: dieſe Operationsweife in. die arabifche, Chirurgie 
hr. -Die von Antyilus befchriebene Niederdruͤckung des 
Stacurs unterſcheidet ſich nicht weſentlich von der Celfifchen. 
Wade: die Nadel wicht tiefer eindringe, als Die ‚Länge. 
eines Gerfimkornes ‘beträgt, ſoll man fie mit einem Faden 
ummideln, und überhaupt nur zue Operation fhreiten, wenn 
SIE; Linfe mit / der Negenbogenhaut · nicht verwachſen iſt; «in 
Staar von der Farbe des Gypſes oder Schnees iſt zur Nie 
derdruͤckung -icht geeignet, bat er aber das Anſehn des Bleies 
vder Etſens, ſo ann man einen’ günftigen Erfolg erwarten >). 
2.3 Antyllus Angaben über: den Waſſerkopf ſtimmen unit 
Leonides Veſchreibung diefer Krankheit überein. *) Er uns 
terfcheidet drei Arten der Wafleranhäufung, zwiſchen der Haut 
und dem Pericranium, zroifchen diefem und den Knochen, und 


. 2) »Et aliqui aperuerunt sub pupilla, et extraxerunt catara- 
ctam, et quod poterit esse, quum cataracta est subtilis, et quum 
est grossa, non  potenit extrahi, geia "humor ‚grederetun cum ea, « 


Eins." . | in 
UT Fol 40 0. 

.. 3) Sad, 
4) Beige. BB I. ©. 464. $ 62. 


f 





unblich zuiſchen dem Kirmfchäbel amd den Sienbäuten. Die 
Wafferanfammiung zwiſchen ‚nen Hirnhaͤnten und dem Gehirn 
hätt ex für toͤdtlich, fo daß Das Uebel gar. nice zur Arsbik 
bung kommen Tonne, mad befchreibt unter feines beitten Art 
den gewöhnlichen Waſſerkopf), ber faf immer eine <hranis 
(che. Weſſerſucht der ‚Bichienhölen ik. Irrthuͤmer iiefer ist 
ann jedoch bei dem mengsihaften. Zufemde der pachologi⸗ 
ſchen Anatomie ihrem licheber nicht zugerechuet werben. 

.  Ausgmgeichuer if ferner ein Verſuch, hie im Alterthum 
ſe welfoch beungten Heilquellen efigemeinen, umb zwar. cheuis 
ſchen Geſichtepuntten unterzuerduen Er ruͤhrt urfernglich 
von Archigenes °) ber, ber nach der Beimiſchung Sam 
Baba, Kochſalz, Alm, Sehwefsk, Edhatz, Kupfer, Giſes, 


mb der. Bufemmenfegeng. aus zuchresen dieſer Rußauhibeie 


eben To viele. Klaſſen den natürlichen Miseralmäsfen *) feftfegme, 
sine Citheiaug, der. Antyiism feinen unbehinsten Weil 
ſchenktz Die Pueumatiker. Haredas Belt zine ſolche - Sim 
thettung· für nupins, weil die Aiehusg der Heilquellen wicht 
wuneh ihren Beſtanbtheilen entſpraͤche, und die Geſahrung 
hierin allain eacſcheiden mußte: *). &e. tremate fidh:alfe, gleich 
enfonss. nie, proltiſche Sbeursheilung her ; Heilquellen · wen ber 
todten chaniſchen, wenn u . in ihrer she begriß 
ſe —A | 

1) Nicet. Collect. chirarg. ı vett. C. 79. p. 121. EA. . Cocchi 
fol. Florent. 1754. 

., 2) Ad. Tetrabl. I. Serm. u. c. 167. 

.3) Orihas. Med. coll. L. x © 2.8. p. 386. Aus Autyl 
Ins erſtem Buche uͤber bie Heilmittel. Zwel Abhandlungen deffels 
ben über die fünftlihen Bäder und bie Mineralqyellen werden von 
Oribaſius beſonders angeführt. J 


4) Ebend. C. 5. p. 387. Aus Herodot?’d Werk Aber bie 
äußern Heilmittel. . & : ur J J 


> J 63 
Die Lehre von ben aͤuſſern Cinflaͤſſen ‚und Krankheitsur⸗ 
ſachen fand. in Antyllus einen aͤußerſt feharffinnigen Year 
Beiter. Auf die pertodifche Ordnung in den Naturerfcheimns 
gen Iegte er gebührenden. Werth, und fand deshalb eine .anfı 
fallende Achnlichkeit des Kleinen. mie dem, mas die Matus 
im Großen darbietet. Die Vergleichung. ber. Tan esgeiten mad 
der Wochen des Monats mit den: vier Jahreszeiten vürkfichtr . 
lich ihres Sinfluffes auf den Körper if biefer: Idee ſehr ange: 
wmeffen '), und hätte er nur die periodifche Ordnung der Zeit 
wa, der Bewegung der Himmelskoͤtper mit den typiſchen Exs 
feheinungen der Krankheiten: genauer in Zuſammenhang gebracht, 
‚ I würde fi. die eimfachfke. pathologiſche Erläuterung derſelben 
vom ſelbſt eugeben: haben. Alles übrige zur Aetiologie und 
Diaͤtetik gahoͤrige, wovon meh ſehr ſchaͤtenswerthe Bruch⸗ 
‚Küste vorhanden find *), beurkundet den eindringenden Veob⸗ 
achungageiſt des Antyllus, der aus: der Mannigſaltigkei 
dab Einzelnen die Sefege bes Ganzen wohl aufzufaſſen wußte, 
Seine Bemachungen über Ortslage, Boden und Wohnung) 
find ſehr überlogt, und zum Beweiſe, mit welcher VBedacht 
ſamkeit Antyllus feinen Blick auf alle Umgebungen des 
Krantan tichkete, mag hier feine Verordnung eben, Fieber⸗ 
rente dürften vicht in gemahlten Zimmern liegen, weil fig 
darch die phantaftifchen Bilder an den Wänden leicht zum 
Serereden gebracht würden. *) 


2) Ebend. L.IX. e. 3. p. 365. c. 4. p. 366. Aus Antylins 
Werk über die Außeren Mitel. 
3) Ebend. c. 9. p. 368., c. 22.23. 24., p. 375. L. VI. c. 1.2. 


3 p. 201. Saͤmmilich aus Antyllus ausfüprlichemn Bere über 
die Heilmittel. 


3) Emmi C. 11. 2. 368. 


4) Ebend. C. 13. p. 369. Diefelbe Verednung gab mit glei 
her Sorgſamkeit Aret aus. De morbor. acut. eur. L. J. c. 2. 





64 
Une den Erhaltungsmitteln der Geſundheit wird auf 


bdie Uebung ber Stimme mit Recht ein hoher Werth gelegt !), ° 


und die freilich gefuchte Behauptung, es bränge nach den Ser 
fegen der Raumerfülung bei der Bildung ur Töne, der ſtar⸗ 
en befonders, Luft durch die Hautloͤcher ein ?), if in die 
theoretiſchen Anſichten hieruͤber ſcharfſinnig verflochten. Wiens 
ſchen mit einer dichten Haut koͤnnen daher keine ſtarken Toͤne 
hervorbringen, die Haut aber anfzulodern, und uͤberhaupt 
das Gefühl zu verfeinern, iſt feine Uebung geeigneter, als 
das Singen, während alle übrigen, die er ebenfalls forgfam 
entwidelt ?),,. dns Gefühl abſtumpfen. Die Athleten find 
ans biefem Grunde gewoͤhnlich fiumpffinnig. Daß das Ret⸗ 
ten. nur die Sinne und den Magen ftärke, ber Druft aber 
nachtheilig fei, widerſtreitet der Deobachtung eines großen 
Arztes, der ed Lungenfüchtigen mit ausgezeichnetem Erfolge, 
freitich auch nur in Bezug auf Die Verdauung empfahl. *) 
Die allgemein s. therapentifchen Bruchſtuͤcke zeugen vom 
derfelben ruhigen Befonnenheit, mit der Antyllus nicht vers 
ſchmaͤhte, auf geringfuͤgig ſcheinende Einzelheiten. einzugehen, 
fo.. daß er ſelbſt beim Aderfaß *) «auf das genaueſte angab, 
wann. der Schnitt gerade, quer oder fihlef gemacht werden 


follte..*) Wegen möglicher Verwundung des Schlafmuskels 


empfahi 





1) Ebend. L. VI. e. 6— 10. 5.282. 

2) C. 10. p. 284. E. 

3) c. 212 23 %. p 299. Aus Antyllus Boſtem Buch⸗ 
Aber die Heilmittel. 


4) C.34. p. 286. Vergl. Sydenham de Podogra. Opp. p- 


, 816. Ed. Genev. 1736, 
5) @benb. L. VIL 0.7. p. 310. C. 9-12 aus LI. de 
draesidio evacuante. . 


scı. — 


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empfahl er lieber die übrigen Schlagadern am Kopfe zur Arts 


! 


riotomie *) zu wählen, und gab dazu ein Verfahren ‚an, das 


den Celſiſchen, bie- Biutadern am Kopfe zu entbloͤßen, gatız 
aͤhnlich if; man muͤſſe die Arterie erft einfchneiden, und nach 
der Dlutentziehung völlig trennen, damit fie ſich anf beiden 
Seiten zurückziehen koͤnne. Nicht zu übergeben WE fein Vor⸗ 


ſchlag, den vollgefohenen Blutegeln, bei: eingetretenem Mangel 


an dieſen Thieren, während des Saugens den Hintertheil mit 
einer Scheere abzuſchneiden, wonach ſie denn ſitzen blieben, bis 


“man fie mit Salz- oder mit Afche beſtreuete, und bie Blutung 


betraͤchtlicher wäre, als ſonſt. ) Neuere Verſuche haben bie 
Anwendbarkeit dieſes Handgriffs beſtaͤtigt, wenn auch der 
Mutzen deſſelben beſchraͤnkt iſt, weil, ſelbſt bei der groͤßten 
Vorſicht, dennoch die meiſten Blutegel abfallen). Der Dies 
thodiker Menemachus *), deſſen Schule ſich um dieſe Art 
der Blutentziehung ſehr verdient gemacht hat, ſetzte die Blut⸗ 
egel mit einem Stuͤck Rohr an, und beſtrich ihnen den Mund 
mit erwaͤrmtem Del, ‚wenn fie abfallen follten 5). Eine ein⸗ 
face Vorrichtung zum Raͤuchern bei Murterkrankheiten, ein 
Topf mit einem tmgelehrten hoͤlzernen Becher bedeckt, an 
dem eine Roͤhre Sefefige war, um den Dampf in die Scheide 


1) C. 14. p. 314. . 

2) L. VIL.c. 21. p. 317. Er bielt überhaupt viel auf die Nachs 
blutung. — Weber Schröpfen und Scorification f. e. 16.18. p. 315., 
aus L. IT. de praggid. evac. 

- 3) Diele Eigenthämlichfeit der Blutegel Hat von ben Neueren 
nur Elefins bemerkt. (Deffen Befchreibung des mebicinifhen Blut 
igels. Hadamar 1811. 8. ©. 67.) Mehrere eigene Verfuche haben 
mid ‚von dem Obenſtehenden uͤberzeugt. 

4) Bo. I. $.27. G. 411. ® 
5) Med. coll. L. VII. c. 22. p. 318. | 
1. | u GE \ 





’ 
5 

zu ‚leiten, mag irer Drauchdetteit wegen, und weil fie an: 
Bertogitig benußt zur Erfindung der Deſtillation hätte führen 
koͤnnen, nicht: unerwähnt bleiben '). Endlich ift noch in Am 
tyllus Chirurgte die. Empfehlung ber Tracheotomie zwiſchen 
dem deit en und vierten Ringe bei Werengerungen der oberen 


Theile der Rufteöhre ausgezeichnet ?). Im übrigen bat: fh. 


biefee Arzt zu: feiner befondern Schule befannt, und aus der 
methodifchen und pneumatiſchen nur das aufgenommen, was 
in den Sprachgebrauch und in die ollgemeine Heilkunſt als 
erprobt übergegangen war. 


8. 18. 
Allgemeine Therapie und Heilmittellehre des 
Dribafius. 

u "& weit Antyllus, deffen Ruhm die Zeit nur in werth⸗ 
vollen Truͤmmern erhalten hat. Wir kehren zu Oribaſius 
zuruͤck. Was noch außerdem in die allgemeine Therapie ein⸗ 
ſchlaͤgt, hat dieſer in demſelben Geiſte abgehandelt, der in 
dem Ganzen waltet, und die Trefflichkeit der meiften Bruch 
fiüde älterer Werke entſchaͤdigt einigermaaßen für den Mans 
gel einer mehr abgerundeten zuſammenhaͤngenden Darftellung. 
Ueber: dad Brechen findet fich zwar nichts, mas nicht ſchon 
in den aͤlteren Lehrſaͤtzen ausgeſprochen waͤre, viele wichtige 
Angaben ſind aber aus den beruͤhmteſten Schriftſtellern, vor⸗ 
zuͤglich Archigenes, Herodotus und Antyllus °), über 





1) Ebend. L.X. e.19— 36. p. 395. — Ueber allgemeine Arz⸗ 
neimittellehre find die Bruchſtuͤcke: L. VII. c. 5. p.338., ec. 10. 
p. 342., c. 12— 17. p. 343, L.X. e. 2.3. p. 396., c.12.13. p. 392. 

2) Paul. Aeginet. L.VI. c. 33. — RAas. L. ID. e.7. f. 68. e. 
3) Außer diefen aus Etefias, .Bb. I. $. 12. S. 65., und 
Mneſitheus, ebend. $. 40. S. 226. Wergl die ausgezeichneten 
Bruchſtuͤcke von Rufus und Wof iBonius über denfelben Gen 
and, bei dar. Tettabl. 1, Serm. III. c. 119 — 134. 





— 


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bas gebraͤuchlichſie aller ſtarkwirkenden Brechmittel, den weh 
ßen Helleborus, ausgezogen, die uͤber den Sehrauch dieſer 
gefährlichen Wurzel eine genuͤgende Ueberſicht gewähren ") 
Unter den (von Antyldus) empfohlenen Mitteln zur Stik 


lung eines übermäßigen Erbrechens iſt das Chryſippiſche Bin⸗ 


den der Glieder bemerkenswerth), das noch immer zu dem 
urſpruͤnglichen Zwecke, den Bluthuſten zu hemmen, ſehr ge 
gebraͤuchlich, und auch zur Linderung heftiger Schmerzen von 
Herodot vorgeſchlagen war. Dieſer Pneumatiker hatte zur 
Abſtellung vielfältiger Mißbräuche, und um die Kranken der 
heftigen Schmerzen zu überheben, die das Knebeln (perſtri- 
etio) verurfacdhte, die völlige Einwickelung der Glieder mit 
Wolle von oben nach unten (interceptio) als eine zwockmaͤ⸗ 
ßigere Anwendungsart des Bindens eingeführt ?);, bie auch 
wahrſchknlich von Antyllus gemeint t 

Eine ſehr gehaltreiche Bearbeitung der Abfuͤhrmittel von 
Rufus *) jejgt den hohen Standpunkt. der griechifhen Heil⸗ 
kunde in der Benußung einer fo ergiebigen Huͤlfsquelle der 
ärztlichen Wirkſamkeit. Alle Üblichen, größtentheils aber dra⸗ 
ftifhen Pflanzenmittel find mit der rühmenewertheften Kennt: 
niß und. mit Angabe der Verfchiedenheit ihren Wirkungen 
dargeftellt, auch dient eine Abhandlung. von Dieudes *) 

1) Unter den neueſten, be weitem aber noch nicht zu einem 
fihern Refultate führenden Arbeiten it außer Sprengel’8 Erlaͤu⸗ 
terung der Naturgefcichte der Gewächfe ded Theophraft, Th. 2. 


©. 366., Dierbach über bie Arzneimittel bed Hippofrates, 
Heidelberg 1824. 8. ©. 107. hierüber zu vergleichen. 


2) Med. coll. L. VII. c. 6. p. 341. 
3) Ebend. L.X.c.18.2.34. . 
4) L. VII. c.26. p. 321. — Vergl. BD I, 8.59. S. 438. 


5) Ebend.-$. 40. ©. 226. — L. VIIL «. 42. p. 300. 
€E2 








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® 


68 | 
Über Die gelinden Abführtingen dieſem trefflichen Abſchnitte zu 


Vervollſtaͤndigung. Der vermachlaͤfſigte, oder doch aͤußerſt be - 


ſchraͤnkte Gebrauch der Salze macht hier eine bedeutende Lüde, 
bie erſt in der Zolgezeit von den Arabern und mehr noch von 
den fpäteren chemifchen Schulen ausgefüllt murde '). 

| Sn der Heilmittellehre folgt Oribaſius durchaus nur 
Balenishen Srundfägen.. Es wiederholt fih daher die An: 
ordnung der ‚Arzneifteffe nach den vier Elementarqualitaͤten im 
ihren verfchiedenen Graben, denen die übrigen, empirifch aufs 
gefaßten Wirfungsarten untergeordnet find *). In alphabetis 
fer Ordnung, die ohne Zweifel Erfahrungen am ficherfien 
onfbewahrt, find die einfachen Mittel aus Diofcorides in 
reicher Fuͤlle aneinandergereiht >), und neben dieſen giebt Ort; 
bafius eine Auswahl ‘guter Zufammenfegungeh *), ohne in 
Herophileiſche Leichtglaͤubigkeit, oder empirifches Strößen nach 
Vervielfältigung zu verfallen. Seine Gewaͤhrsmaͤnner find 
außer den berührnteften (Erafiftratus, Arcchigenes, Ru 
fus, Herodot, Galen, Antyllus u. a.) der Empiriker 
Zopyeus *), ein Zeifgenoffe des Mithridates, der vor‘ 


diente Anatom Lycus“) von Macedonien, aus dem zweiten 


\ Jahrhundert, der Methodiker Philumenos ?), der gegen 
den Staarkrampf Afand und Bibergeil empfahl *), P hilo⸗ 


— 


1) Archigenes Abfuͤhrungsmittel enthielt Kochſalz und Soda, 
milderen vegetabiliſchen Mitteln zugefeht. C. 16: p. 361. 

2) Med. coll. L. XIV. v. A. — Synops. L.H. _ 

3) Med. coll. L. XI. XI. XII. | 

4) Synops. L. II. 

5) Bd. J. 8.52. ©. 31. | u 

6) Ebend. 8.59. ©. 437. | 

7) Ebend. 5.5.6.0. 

8)' Synops. L. VUL e.17. 9.128. . _ 


Itimüs und Dieuces, beide Schuͤler des Praragoras ');' 
ber Prreumatiker. Magnus von Ephefus ?), der Methodiker 
Muaſeas 3), der Eraſiſtrataͤr Apollophanes *), der 

Embiriker Heras von Cappabocien) u. v. a. Schon hier 
aus wird es einleuchtend, daß Oribaſtus das Gute aus. 
allen Schulen, ohne Abheigung gegen irgend eine berfelben, 
fich anzueignen wußte, und. fomit legte er auch auf bie 


- vielbervährte metaſynkritiſche Heilart der Methodiker großen ı 
Werth *). Aus der großem Zahl ber anwendbaren zufammen  . 


gefegten Mittel mag Hier nur Mhilagrius 7) Abkochung 


der grünen Mohntöpfe mit Honig (comfectio diacodian) any . 


geführt werben, die den Kranfen zur Beendigung eötäfpefroce 
gereicht tourde. 


Mit Zuruͤckhaltung und Vorſicht ſchreibt Oribaſin. 8 von 


ben Giften ). Es ſchreckte ihn her Gedanke, ſeine Belehrung 


konnte vielleicht Werkzeuge zu Verbrochen an die Hand geben, 


und er war deshalb nur über die Gegenmittel ausfuͤhrlich. 
. Möchte noch in unfern Tagen das Beiſpiel diefes ruhmwuͤr⸗ 





1) Med. eoll. L. IV. c. 7.10. p. 232. 255. — ®Bb. I. ©. 226. 
2) Ebend. ©. 463. | 
3) Ebend. F. 57. S. 419. 
4) Ebend. F. 47. S. 293. 
5) Ebend. 8. 52. ©. 355. 
‚ 6) Med. coll. L.X. c. ‚41.42. p. 405. 


7) Diefer nicht unberuͤhmte Arzt hat nach Galen gelebt, auf 
den er ſich in bem erhaltenen Bruchſtuͤcke ſeines Buches uͤber die kal⸗ 
ten Getraͤnke beruft. Med. coll. L. V. c. 19. p. 269. Außerdem 


kennt man noch von ihm ein Werk über das Podagra (Synops. _ 


L. IX. c. 66.), und ein recht ſchaͤtzbares Bruchſtuͤck von ihm uͤber 


Lebers und Milzkrankheiten giebt humoralpathologifche Anfichten zu 


erfennen. At. Tetrabl. II. Serm. II. c. 7. 
8) De morb. curation. ad Eunap. L. I. c. 63. 


- 


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70 


gen Mannes zur Verbannung einer verderblichen Sorgloſig⸗ 
keit beitragen, die den Ungebildeten bie Giftlehre zugänglich, 
und eben dadurch der Geſellſchaft fo oft gefährlich macht, ment 
auch niemals wieder zu befuͤrchten if, daß biefe Lehre, in ber 
Abficht, ſich mit verderblichen Waffen zu verfehen, von Nicht⸗ 
oͤrzten gepflegt merbe, wie es. im früheren Alterthum unleng⸗ 
bar geſchah. — Mit Aberglauben war die Heilmittellehre dieſer 
Zeit uͤberladen, bei Oribaſias aber finden ſich davon nur 
unbedeutende Spuren: vielleicht nur bei der Bereitung der 
Krebsafche °), eines. walten Borbaunngsmittels der Waſſer⸗ 
feheu, mo bie Verordnung fieht, man ſolle Die Krebfe nach Auf 


. gang des Hundeſterus fammeln, wenn: die Sonne in ben Loͤ⸗ 


wen getreten fei. Dergleichen ift in der That mit dem Bei 
fptele anderer großer Aerzte felbft aus erleuchteten Jahrhun⸗ 
berten zu entfchuldigen, und mindert nicht Oribaſins wohl⸗ 
erworbenes Lob, daß er im übrigen dem verberblichen Beitgeift 
entgegen trat. 
| J §. 19. | 
: Diatetik und praktiſche Heilknnde. Anatomie, 
u Ehirurgia 

Mufterhaft hat ferner Dribafius die Diäterik in allen 
ihren Theilen abgehandelt. Noch immer erkannte man im 
der zweckmaͤßigen Pflege und Uebung des Körpers die befte 
Schutzwehr gegen Krankheiten, das ganze bürgerliche Leben 
war nad) diefem Beduͤrfniß eingerichtet, und den Aerzten die 


Behandlung der Kranken durch die Bereitwilligkeit biäterifche 


Verordnungen anzunehmen erleichtert. Gemuͤthsruhe if 





1) Zu zehn Theilen lebendig in einer kupfernen Schüffel ven 
brannter Krebfe fegte man fünf Thelle Gentiana und einen Zheil 
Weihrauch. De marb. curat. L. UI, ad Bunap. «84 — Vergl. 
Diosc. L. II. c. 12, 


7% 


das .erfie Erforderniß zum Gedeihen des Koͤr⸗ 


perd 72), dies war Oribaſius herrlicher Srundfag. fü 


die phyſiſche Erziehung der Kinder, der auch den Geiſt feinen, 
vielfältigen Vorſchriften für jedes Alter. und jeden Zuſtand 


Res Körper trefflich bezeichnet: Line umfaſſende Nahrungs⸗ 
mitteltunde *), aus: den Übsrreichen vorhandenen Huͤlfsquellen 

geſchoͤpft, lobenswerthe Abhandlungen über das Waſſer??) 
Über den .MBein *) und alle uͤbrigen Getraͤnke, über Leibeen 
Übung, Weider), Frictidn“), Salbung u. ſ. w. ſchließen ſich 


on :tiefe Worſchriften, und überall iſt sine: richtige Neurkhiäie 


lung der aufern Einfluͤffe unverkennbar, die) ſich sin" Sabi⸗ 
nus7) Wirmerlungen uͤber die Ortsbeſchaffenheit und das 
Berhäitniß des Bodens zum Leben per. Bewohner daſſelben 
zur Haffifchen Bortrefflichkeit erhebt. Auszuzelchnen find. aus 
ßerdem bie::öruchflärfe von: Antyllus, Salen, Agathis; 
nus *) und Herodot über die. fünftlichen Baͤden, über bat: 
heiße Sandbad; ‘über das Oel⸗ und das Secbad), fo, wie 
von Menemahus über das. Pfilothrum *°), ein fchädliches 
Budemittel aus‘ ungelöfchtem Kalk und Arſenit zur Zerſtirung 
der Haare. 





1) Synops. L. V. ca 14. seq. ' J J 3 I et 
2) Med. coll. LI—IV. °- .” .. en 
3) Ebend. L. ARE SED Nun Zn 66 
4) Ebend. c. 6.7. seq. u j oo 


5) Ebend. L.X. c. 1-39. 


6) Ebend. L. VI. e.9— 20. a 


7)., Ebend. L. IX. c. 15. p. 370. — Bb.1. 5. 64. ©. 473. 
8) Ebend. 8. 62. €, 452. = 
9) A. a. O. 
10) 6. 13. p. 393. — Galen. de comp- med. sce. los. L.I. c.4. 


Die Anatonde ') if von Dribafins nicht mit eigenen 
Usterfuchungen vervoliftändigt worden, wiewohl er: ſelbſt Affen 
zergliedert zu haben ‚verfichert. *), fondern aus Galen, Ru 
fus und dem jüngeren Goranus ’) yufemmeligeiragen, fo 
wie das Beduͤrfniß feiner Lefer, es erforderte. Schon dies, 
wenn auch an fich geringfügig, war dach: nicht ohne Verdienſt 
in Vergleich mit den Bemuͤhungen eines, gleichzeitigen namen 
loſen -Abfchreibers, Dee eine: Einleitung .in ‘die Anatomie *) 


"aus Arifioteles Werken auszog, und: fich nicht einmaf vers 


pflichtet fühlte, feine Schüler aus Hero philus, Wariuus, 
Lycus *) und Gaben yw:unterrichten. War :diefe Einleitung 
wirklich in, vielen, Händen, fo waͤre ſie ein tebender Beweis 
von..dem gänzlich. verwaiften Zuſtande der Anatomie, Die 
Saum. noch ‚tiefer herabgewuͤrdigt werden / founte, als wen 
man gewiſſermaaßen auf ihren vorwiſſenſchaftlichen Zeitraum 
zuruͤckſiel, und u.-a. auch: die Platohiſche Idee vom Eindrin⸗ 


gen des Getraͤnkes in die Lufträhre °). aus dem Staube der 


Vergefienheie hervorziehen konnte. Noch einige andere Abwei⸗ 
ungen von Ariftoteles find der Beachtung- unmerth, ins 





e 


1) Med. coll, L. XXIV. XXV. — Oribasii Anatomica ex . 


Libris Galeni, cum versione latina Jo: Bapt. Rasarii, euf, Guil. 
Dundass. Lugdun. Bat. 1735. 4. J 


2) Med. coll. L.VIL.c.6.p.30. . ° :. 
3) Bd. J. 2. 67. G. 42. 
4) Anenymi Philosophi antiquissimi Isagoge anatomica. Nunc 
primum e sua biblioth. ed. et vert. Petr. Lauremberg. Hamburg. 
1616. 4, —- Anonym. Introd. anat gr. et lat. item Hypatus de 


partibus coPporis, c. not. D. G. Triller. et Jo. Steph. Bernard. 


Lugd. Bat. 1744. 8, 
5) Bd. J. 8.59. ©, 436. 437. 
6) C. 8. p. 88. Ed. Bernard. ” 





u 73 
dem fie nut von dem beiläufigen Hineinblicken in irgend ans 
dere anatomiſche Schriften herruͤhren mögen. ”) 

Moch weniger fand fih Oribafius veranlaßt, die This, 
rurgie zu beavbeiten, ſondern überließ fie bis auf den Theil, 
der mit der Medicin näher verbunden iſt *), den Symnaften, 
die alfo noch damals das Erbtheil ihres Iceus und Prodi⸗ 
cus 2) zu bewahren wußten. Er lieferte jedoch ſchaͤtzbare 
Auszuͤge“), um der Vollſtaͤndigkeit ſeines keheuches keinen 
Abbruch zu thun. 

Ueberhaupt war die praftifche Heilkunde das eigentfiche 
Geld feiner Verdienfte, und deshalb iſt es um fo mehr zu ber 
Magen, daß die therapeueifehen Bücher feines größeren Werkes 
umtergegangen find. Seine Bearbeitung der Gieberlehre *) im 
Auszuge an Euſtathius iſt durchaus Galeniſch, und zeigt \ 
abermals, daß die Aerzte des Alterthums, in fumptomatifchen . 
Eintbeilangen umd unmefentlichen Racſichten befangen, zur 





1) 3. 8. die ganz. oberfiddhliche Ermdbnung bes Yaufenfehe, 
bas- fo fein wie Spinnewebe fein fol, C. 54. p. 120., die fehr. 
kurze, uͤbrigens aber richtige Angabe uͤber das Baucfel, c. vu. 

.14. u. f. w. 
2) Synops. L. VII. — De morbor. curat. ad Eunep. L. III 
EV. | 


” 


..ı8) So. 1. $.22. ©. 107. 

4) Ueber die chirurgiſchen Mafchinen, aus Heliodorus —— 
I. S. 460.), p. 12., und über die Schlingen, aus einem ſonſt uns 
befannten Herakles, p. 154., body wird ihm in einigen Manu 
feripten diefe Abhandlung felbft zugeföhrieben. — Bir befigen außer 
dem noch. das ganze fechsundvigrzigfte und fiebenundvierzigfte Buch 
der Medicinalia collecta Aber die Beinbruͤche und Berrenfungen, 
von Cocchi nad dem Klorentinifchen Eoder herausgegeben, voll der 
werthuollften Angaben über die alte Chirurgie, die zum Theil in dies 
{em Werke ſchon benugt fi find. Graecorum chirurgici libri. Florent. 
1754." fol. 


5) Synope. L VE ui 


—A 
Exrkenntniß des. Charakters des Fieber, der die Behandlung 
begründet, noch nicht gelangen Forziten, wenn fie auch die Zu: 
faͤle fehr richtig zu beurtheilen wußten. Bei der genauen 
Kenntniß aller Umſtaͤnde, unter denen Volkoalrankheiten ent 
ſtehen, nimimt es dann auch Wunder, bei Oribaſtus einen 
eigentlichen Anſteckungsſtoff nirgends erwuͤhnt zu finden, da 
man Überdies ben Vorgang der Anfiefung längft kannte, unb 
bereits Rufus die Natur peſtartiger Fieber mit der Veräns 
derfichteit und dem Widerfpruch ihrer Symptome fehr treffend 
bezeichnet. harte '). Es verhielt ſich mit dieſer Lehre wie mit 
der ganzen allgemeinen Patholssie: fie war bis auf. geringfüs 
gige Nachforſchungen ˖ vorbereitet, und wurde nur durch dem 
gaͤnzlichen Verfall der Wiſſenſchaften in iheer ſalbſtſtaͤndigen 
Ausbildung aufgehalten. Bewaͤhren aber tiefere Vlicke in bie 
Natur, der Krankheiten, und befonders in die confenfuellen 
Verbindungen, der. leidenden Theile, deren Kenutniß der Anker 
der praftifchen Heilkunde ift, die wahre Größe des Arztes, fo 
erheiſcht Oribafius die Anerkennung diefer Kenntniß die er 
in droßem Umfange beſaß. In der Ueberzeugung, daß Bruſt 
und Nieren, und dieſe wieder mit der Haut in- naher Mitlei⸗ 
denſchaft ſtehen , bekaͤmpfte er bie Ensbruͤſtigkeit mit den 
ſtaͤrkſten barntreibenden Arzueien 2), und bie Harnruhr mit 
Schwitzbaͤdern *); er kannte Überdits dis Eiterverſetzung ans 
der Bruſt nach der Blaſe“), und faßte die Entſtehung von 


Ktanthelten aus I Borangebenden Uebeln ſcharfſi nniger auf, als 


% 





-1) Ebend. 0.25. p. 97. — Vergl. Origines contagii. Serips. 
Dr. C. FE. H. Marx. Caroliruh. et Badae, 1824. 8, 


2) Meerzwiebel und Kellerwärmer maren feine Hauptmittel 
Synops. L. IX. c. 5. p. 136. 


3) Ebend. c.36. p. 146. 
4) Ebend. c. 3. p. 135. 


DE 76 
die meiften feiner Vorgänger. "Mamentlic gilt dies von feiner 
Beurtheilung der Hämorrhoiden, denen er eine. allgemeine - 
Wirkung auf den Körper zugefieht, indem er unter andern 
die Waſſerſucht ſowohl von Unterdruͤckung derſelben, als auch 
von zu ſtarkem Haͤmorthoidalfluß herleitet ), worauf das 
Vorurtheil, fie ‚wären pur. eine, Örtliche. Krankheit, - die Aerzte 

bisher zu verfallen ‚verhindert hatte, Es darf nicht. verſchwie⸗ 
gen. werden, baß Oribaſius in der ſchaͤdlichen Anwendung 
von: Vleiſalben gegen. chroniſche Auoſchlage ber Kinder *) dem 
Mißbrauche feings Zeitalters nachgab, dem auch von keinem 
ſeiner griechiſchen Nachfolger Einhalt gethan worden iR. Eine 
hoͤchſt mangelhafte Kenntniß der Ausſchlagskrankheiten gereicht 
uͤberhaupt der. griechiſchen Heilkunde zum großen Borpurf, 
und befonders iſt die ganz oberflächlihe Erwähnung. der. acu⸗ 
ten Exantheme um ſo weniger zu entſchuldigen, da dieſe ge⸗ 
wiß in mannigfachen Formen und Verbindungen vorgefom; 
men find >). Dagegen finden ſi ich über bie Weiberkrankhei⸗ 
ten *) und über mehrsre Nervenübel bei Oribaſi ius ausge⸗ 
zeichnete Andeutungen, befonders über Melancholie und Hy⸗ 
pochondrie, deren weſentliche Zufaͤlle er auf Truͤbſinn und 
Furchtſamkeit zuräcführte *). In der Abhandlung der Waſ⸗ 
ſerſcheu *) fehle kein Umſtand, der bei dem reichen Vorrathe 
an Beobachtungen nur irgend bekannt fein konnte, und man 
gewinnt leicht die Ueberzeugung, daß hierin die neuere Heil⸗ 
kunde um keinen Schritt weiter gediehen iſt. 


1) Ebend. c. 22. p. 142. e. 44. p. 148. 
2) Ebend. L V. c. 6. 2. 76. 
3) Bd. J. 542. S. 461. 
4,) Synops. L. IX. c. 43. seq. 
5) Ebend. L. VIII. c. 8. 
6) Ebend. c.18. p. IM. 
\ l 


‚ 


| 5 20. 
Die Eycanthropie Marcellus von Gida. 
Beachtenswerth iſt unter den uͤbrigen Krankheiten eine 
traurige Art von Wahnſinn, die Lycanthropie '), die 
fwahrfcheintich fchon im erften Jahrhundert entftanden, Bis in 
das fpäte Mittelalter fortdauerte, in den neueren Zeiten Aber 
nicht mehr vorgefommen iſt, weil der Aberglaube nicht "nur 
abgenommen, ſondern auqh die eigenthümliche Richtung . ver: 
fören bat, ‘die eine fo verderbliche Krankheit hervorbringen 
konnte. Die‘ Lycanthropie machte beſonders im Februar ihre 
Anfälle, too die Kranken bei Nacht ihre Wohnungen verließen, 
and in der Einbildung, fie wären Hunde (Kynanthropie) oder 
Wölfe, denen fie in allem nahahmten, auf Begräbnißplägen 
umberfchweiften. Blaͤſſe und eingefallenes Geſicht, hoffe chrä: 
nende Augen, trockene Zunge, brennender Durſt und Vermin⸗ 
derung der Sehkraft deuteten auf ein tiefes koͤrperliches Leiden. 
Die Unterſchenkel waren dieſen Kranken beſtaͤndig mit Wun⸗ 
den und Geſchwuͤren bedeckt, wegen des oͤfteren Strauchelns 
und der Anfaͤlle von Hunden, deren ſie ſich nicht erwehren 


u konnten. Im Mittelalter erreichte dieſer Wahnſinn ſeinen 





hoͤchſten Grad, und wurde vorzuͤglich dadurch furchtbar, daß 
die Kranken in ihrer Wuth Kinder und Erxwachſene toͤdte⸗ 
ten *), wovon man im Alterthum nichts wußte. Die Be⸗ 


1) Ebend. c. 10. p. 123. Vergl. Act, Tetrabl. II. Serm. II. 
e. 11. fol. 104.6. — Paul. Aeginet. L. III. c. 16. p. 66. J 


2) Wier, der ruͤſtige und kuͤhne Bekaͤmpfer des Hexenglau⸗ 
bens, erzaͤhlt (De praestigiis daemonum. L. IV. c. 23. Basil. 1577. 
4.) einen denfwärbdigen Fall diefer Art vom Jahr 1541. Ein Bauer 
aus der Gegend von Padua hatte fhon mehrere Menſchen getoͤdtet, 
und wurde endlich mit vieler Mühe eingefangen. Seiner. Verſiche⸗ 
rung, er. fel ein Wolf, nur mit einwärts 'gelehrten Haaren, glaubs 
sen feine Verfolger, und bieden ihm ſogleich Arme und Beine ab, 


‘ 


L 


I 


handlung, in der die griechiſchen Aerzte uͤbereinkamen, beſtand 
in Blutentziehungen bis zur Ohnmacht während des -Anfalle, 


und. außer dem Get Irren ſonſt gewoͤhnlichen Verfaheen im 
dem. äußeren Gebrauch betäubender Mittel, unter andern des 
Mohnſaftes, den man um Nafe und Ohren eintieb.. Marr 
eellus von Sida hat die Lycanthropie in einem medioiniſchen 


 Lehrgedichte von 42 Büchern zuerſt beſchrieben "), Gr lebte 
in der Mitte des zweiten Jahrhunderts unter dem erflen Ans 


tonin, mit vieler Theilnahme an der Geſchmackloſigkeit des 
Zeitalters, die ein fo weitfchichtiges, im herriſchen Versmaaße 
gefchriebenes Werk billigen Eonnte. Es hat fih daraus ein 
Bruchſtuͤck Über die Heilmittel ans dem Zifchreiche erhalten, 
bas fich jedoch nur in dem gewöhnlichen Volksglauben bewegt, 


fo wie die früheren und gleichzeitigen Machwerke, und nie 


die Viſſenſchaſt nichts von Velang darbietet * 


8. 21. 

“ Nemefins, Bifhof ı von Emeſa. 

Su Ende des vierten Jahrhunderts verfuchte ein chriſt⸗ 
licher Prieſter, Nemeſius, Biſchof von Emeſa, eine Annaͤ⸗ 
herung der alten griechiſchen Naturphiloſophie zur cheiftlichen 
Relision auf eine fehr beifallswuͤrdige Welfe ?). Sein Unters 


nehmen bildet mit der hierarchiſchen ehe, das CEbriſtenthum 


um ſich davon zu überzeugen, ſo daß ber uUngldaͤliche elend umkam. 
So tief hatte ſich bas Geſpenſt in die Einbildungskraft der Men⸗ 
ſchen eingeklammert. — 
D) .Suid. voc. Magier. — Fudocis Ionia, ap. Villoison 
‚Anecdot. gracc. Tom. I. 9. 299. Venet, 1781. 4. ‚ 
2) Fabric. Biblioth. Grace. Hamburg. 1705. .LLe 3. 
T. I. p. 14 
3) Nemesius- "Emerenug de Natura ‚hominis, xa. Christian, 
Frideric. Matthaei. Hal. 1802. 8. 
voor 


— 


* 
® 
j 





78 


fei "ulit «ber. Karheit ber Wiſſenſchaft umvertraͤglich, einer 
Lehre, ‚Die. das Reich des Gheifligen auf bie engſten Gränzen 
gerſtoͤrend sinfchränfte, einen erfreulihen Gegenſatz; und ges 
- sonn. er auch feinen erheblichen Einfluß. anf feine Zeitgenoffen, 
ſetzte auch mohl ein vollſtaͤndiget Erfolg größere Mittel, ja 
ſelbſt ein feindlicheres Anfireben gegen, die befichende Sinnes⸗ 
art voraus, als feine geiſtliche Wuͤrbe ihm geſtatten Eonnte, 
ſo iſt doch die Geſchichte mit Preis und Ehre deshalb wicht 
minder zuruͤckhaltend. Augenſcheinlich ſchließt ſich Nemeſius 
in feinen Grundanſitchten dem Ariftoteles an, vorzuͤglich 
in der Serlenlehre, jedoch mit Benutzung der fpäteren Mus 
fer, und mit der Eigenehämlichkeit, daß. er bei wiflenfchaftlich 
unlösbaren Zweiſeln, als frommer Chriſt, die heilige Schrift 
entfcheiden läßt „Die Seele bat ihren Wohnfig im ganzen 
Körper; in jedem, von ihr erleuchteten heile weilt fie ganz, 
indem fie förperlos und an örtliche Graͤnzen nicht gebunden 
iſt. Sie wird nicht vom Körper. beherrfcht, fondern fie bes 
herrſcht den Körper, fie tft auch nicht im’ Körper wie in einem 
- Gefäße, fondern der Körper iſt in ihr 5).” Dies find bie 
Grundzüge feiner Pfychologie, ans denen klare Begriffe über 
die Unfretheit des Leibes und die Freiheit der Seele‘ hervor⸗ 
gehen.?), denen aber auch eben fo wohl die Ariſtoteliſche Ver⸗ 
wechfelung ber koͤrperlichen Lebenskraft mit den pfychifchen 
Verrichtungen und dem untergeordneten Einfluffe der Seele 
auf den Körper nahe lag, Anfichten, die unter ganz andern 
Umftänden, ‚bei einem anders erzogenen Gefchlechte noch ein: 
mal kräftig hervortreten werden. 

Für den Anfang aller geiftigen Thätigfeie hält Neme⸗ 
fius'dtr einfache -finnliche Wahrnehmung, die ihm jedoch ohne 


-1) C. 9.. p. 134. 
2) C. 85. p. 249. 


4 Ä | 79 


die ſelbſechaͤtige Aufmerkſamkeit der Seele unmäglicy: erfihehtt, 
indem wir z. B. die Größe eines Koͤrpers, den. wir fehen, 
zuweilen nicht ohne Nachdenfen und die Beihälfe.des Ge 
dächtnifles zu ‚beftimmen vermögen '). Das finnlich Wahrges 
nommen geftaltet fi) im Geifte zu den Vorfiellungen dee 
Phantaſie, die dem Denfvermögen (dsaronsızer) feinen Stoff 
geben, und von da in das Gedaͤchtniß übergehen *), deſſen 
höhere Stellung, indem es doch nur als eins fortgekgte Eins 
bildungetraft angefehen werben. kann, bei der übrigen Treff: 
lichkeit diefes Verſuches leicht zu verzeihen, und dieſer Pſy⸗ 
chologie ganz angemefien ift. Nemeſius, der Hierin ganz den 
Pneumatikern folgte, ging noch weiter; er benutzte die alte 
Lehre vom Seelengeiſt (wreüns Juziwer), die ſchon Chrys 
fipp angedeutet, Erafiftratus kenntnißreicher ausgebildet *.), 


und Saten *) feſtgehalten hatte, um das eigentliche Mittel⸗ 


glied ‘zwifchen ‚den fürperlichen und geiftigen Verrichtungen 
näher: zu bezeichnen *). Es ergab fich hieraus’ bie fehr Elare 
ee von. Seelenorganen, und zwar hielt Die mefius mit 
dem Prreumatiter Pofibonius °) dafür, daß das Organ, der- 
Sinnenthätigkeit (vielleicht auch, wie dies Poſidonius ber 
ſtimmt angiebt, der Phantafie) die vorderen Hirnhoͤhlen feien, 


"die er ſich mit dem darin befindlichen. Seelengeifte, den aus ı 


ihnen enefpringenden und vom Seelengeifte befeuchteten Ner⸗ 
ven, fo wie mit dem eigenthuͤmlichen Ban der Sinnenwerk⸗ 
zeuge ſehr lebendig als ein Ganzes vorſtellte. Die vierte 





— 


1) C. 7. p. 184. 

2) C. 13. p. 204. 

3) Bd. J. 5.46. ©. 288. 

4) Ebend. F. 65. ©. 487. Bye 
565) C. 13. p. 204. 

6) ©. unten 6 25. 


1 


I} 








80 

Sienhöhle mit ihrem Pnenma wies ex dem Gedaͤchtuiß, md 
die mitfleen dem Derfande ober Denkvermägen zu ihrem 
Gebiete an '). 

Die Vollkommenheit des Menſchen an * und Deele 
brachte dieſen geiſtlichen Naturphiloſophen zu ber Aunahme - 
gewiſſer Uebergaͤnge der Geſchoͤpfe untereinander, oder einer 
Stufenfolge in der Natur, womit er feinen Zeitalter unſtrei⸗ 

‘tig weit vorauseilte, und den Naturwiſſenſchaften bei größerer 
Kenntniß des Einzelnen eine feſtere Haltung hätte geben koͤn⸗ 
. nen, wenn es eben an ber Zeit geweſen wäre, fie zu bears 
beiten. „Won ben Zoophyten an virfolgt er die Reihe ber les 
benden Wefen durch die Pflanzenwelt hinauf bis zu ben hoͤ⸗ 
beren Tieren und dem. Menſchen mit vielem Scharfſinn, 
und iſt der Weberzeugung, daß die Vernunft bes letzteren 
nicht vereinzelt daſtehen könne, fondern daß man einen Ueber⸗ 
Bang von ben pſychiſchen Eigenſchaften ber volllommeneren 
Thiere, die ſich durch eine geroiffe natürliche, Schlauheit und 
Liſt äußern (Qveind eurseis, uuyarad, wareueyia), und ihnen 
der Selbfterhaltung wegen gegeben find, norpmenhig annehs 

men müfle °). 
Memeſius beurkundet noch außerdem feine Unabhäus 
gigkeit im Denken vom Zeitalter durch eine bünbige Wider⸗ 
legung der Aftrologie aus theologifchyen Gründen, und durch 
die Verwerfung des Fatalismus. Seiner Phpflologie aber 

fehle es durchgängig an einer -genauen Kenntniß des menſch⸗ 
lichen Körpers, die fchon bei den Aerzten diefe® Jahrhunderts 
ſehr felten, bei. einem Geiſtlichen noch, um fo weniger voraus⸗ 
gefeht werben kann. Aue auf Anatomie gegrundeten Behaup⸗ 
tungen 
1) A. a. O. | 
2)Cc.1l —_ — 
3)C. 36 p. 2. ' 


— m — — — _——-- — 


en 


| | , 0.8 

tungen find. baher aus Älteren aͤrztlichen Schriften, und nicht 
einmal immer mit ber beften Auswahl entiehnt. So iſt na⸗ 
mentiich ſeine vielbeſprochene Angabe uͤber die Bewegung des 
Lebensgeiſtes (wröua Zurızer) durch die Schlagahern "), die 
unveränderte Lehre des Erafiftratus *) und würde fomit 
eine weitere Beachtung verdienen, hätte man barln nicht 
viel zu vorellig eine Darfiellung des Kreislaufes zu finden ges 
glaube ?), von der fie doch weit, fehr weit entfernt if. „Die 
Pulsbewegung, die auch Lebenskraft (Larıza dvrapus, im Arts 
ſtoteliſch⸗ Galeniſchen Sinne) genannt wird, geht vom Kerzen 
aus, befonders von beffen linker Kammer, der fogenannten 
pneumatifchen, die die Lebenswaͤrme durch die Arterien nach 
allen Theilen des Körpers hin verbreitet, wie die Leber den 
Mahrungsftoff durch die Blutadern” *). Ganz andere Waffen 
Hätte Salen *) den Meidern Harvey’s in die Hände ges 
geben, wäre es nicht eben. die Sache ber vorurtheilsvollen 
Leidenfchaft, are Beweisquellen zu überfehen, und für die 
Widerlegung unempfänglih zu fein, die Nemefins ſelbſt 
deutlich genug ausfpricht, als wollte er ſich gegen die Zumu⸗ 
thung einer ihm unbewußten Ehre verwahren. „Wenn die 
Schlagadern ſich erweitern, ſind ſeine ferneren Worte, ſo zie⸗ 

hen fie mit Gewalt von den naͤchſten Venen das Blut an 
ih, das dem Lehensgeifte zur Nahrung dient; ziehen fie ſich 
zufammen, fo leeren fie alles Unreine im ganzen Körper durch 





DEM. PO. 
2) 80.1. 5.46. ©. 288. 


3) Almeloveen, Inventa nov- untigun Amstelad. 1684. 8. 
8. 28: p. 233, | 


4) 0.24. p. %0. 


5) Bd. L 5.65. ©. 489. 
U: —6 








82 


unſichtbare Löcher aus, gleichwie das Herz beim Ausathınen 
- die unreinen Stoffe durh Mund und Bafe austreibs” "). 


8. 22 
Hefyhins von Damaskus. Jaeobus Soter (Piy- 
chreſtus). Afflepiodotus. 

Den byzantinifchen Aerzten machte 'ein geiftreicher Wann 
um ein halbes Jahrhundert fpäter ausdrücklich den Vorwurf, 
fie übten ihre Kunft ohne die gehörige Selbſtthaͤtigkeit und 
Erfahrung aus, und verließen fih mit blinden Vertrauen 
auf ihre Vorgänger *). Eine folche Schlaffheit war nicht 
nur in der Hauptſtadt des oͤſtlichen Kaiſerreiches, wo die 
Wiſſenſchaften naͤchſt Alexandrien noch am meiſten gepflegt 
wurden, ſondern bei dem Ruͤckgange der geiſtigen Bildung 
uͤberall ausgebrochen; auffallend bleibt es indeſſen, daß ſich 
Einzelne von der allgemeinen Denkweiſe ſo weit losſagen 
konnten, um dergleichen, Mängel wirklich inne zu werben. 
Es beftätige fich dadurch die allgemeine Erfahrung, daß jede 
Entartung, wo und wie fie auch ftätt finder, durch fich felbft 
Widerftreit erregt, deſſen Erfolg zunachft von den Umftänden, 
und wenn biefe fein unüberfteigliches Hinderniß darbieten, von 
. dem Kraftaufiwande und der Vernunft abhängt, womit er 
begonnen wird. Nun war es aber fchon fo weit gekommen, 
bag auch die redlichfte Bemühung, das Leben der Heilkunde 
neu anzuregen, und waͤre fie von ber beften menfchlichen 
Kraft unterftügt geiwefen, den Zuckungen eines rettungsiofen 
Kranken vergleichbar, bei der Sinnesart ber Zeitgenofien im 
ſich felbft zerfallen fein rourde. Der Arzt Heſychius, ein 
Damaſcener, der jenen Tadel, vielleicht in einer minder edeln 


=——— 
1) A. a. O. 
2) Phot. Biblioth. Cod. 942, «r. 1051. Ed. Hoeschel. Aug. 
. Vipd. 1611. . 


83 


- Abficht, ausfbrach, trat um das Jahr 430 in Conflantinopel 
auf, nachdem er bereits vierzig Jahre lang in Damaskus, in 
Rhodus, Sriechenland, Aegypten, hier vornehmlich in Alexan⸗ 
Drien, und in Sjtalien die Heilkunſt ausgeuͤbt hatte, und ber 
Ruf ſeiner feltenen Gefſchicklichkeit in alle Welt erſchollen 
wer 3). Eine ſolche Berühmtheit kann nicht ungegruͤndet 
fein, fondern fie ift immer die Frucht einer Ueberlegenheit des 
Geiſtes, die in das Leben maͤchtig „eingreift, wenn fie fih 
auch weniger ber Wiſſenſchaft zuwendet. 
Jacob, der Sohn und Schuͤler des Heſy chius, ſtieg 
in der Ganſt der Byzantiner noch bei weitem hoͤher. In 
Griechenland geboren (wahrſcheinlich zu Drepanum in Ars 
gos), geſellte er ſich zu ſeinem Vater in Conflantinopel nach 
defien neunzehnjähriger Abwefenheit, und wurde unter dem 
Kaiſer Leo dem Großen Comes archiatrorum 2). Sein 
Scharfſinn im Erkennen und fein ausgezeichnetes Gluͤck in 
der Behandlung der Krankheiten erwarb ihm nicht weniger 
als feine unbegrängte Liebe zur Kunft und feine edle Uneigen⸗ 
nüßigfeit, eine Verehrung, wie fie nur dem gluͤcklichſten Arzte 


zu Theil werden fann., Die lobfpendende Dankbarkeit allet 


Stände gab ihm den Beinamen „der Erretter” (zurde), 
deſſen füch nur die Heroen der mythiſchen Vorzeit erfreut hats 
‚ten; man bielt ihn für den Zeuris, für den Phidias der 
Heilkunſt, man feste ihm in Conftantinopel eine Statue ?), 
kurz man fuchte die Ehrenbezeugungen noch zu überbieten, die 
einft die Vorfahren in einem blühendern und für Verdienfte 


1) Suid: voc. Inxwßes: 
2) Joann. Antiochen. cogn. ‚Malal. Histor. chronic. Oxon. 
1691. 8. P. I. Leo Magnus. p- 77. 


3) In den Bädern des Zeuxrippus. Damaſeius bewuns . 


derte daran den Ausdruck von hohem Belt: Ernf und Würde — 
Phot. a. 0. ©. \ . 


FP 52 


\ 


84 


enpfänglichern Zeitalter einem Asklepiades und Antonius 
Mufa ermicen hatten. Seine Mitärzte bewieſen durch ihre 
Aeußerung, fie könnten in ihm weniger einen Arzt, als einen 
von Gott begunftigten (IsPaF) heiligen Mann erfeunen, 
tie wenig ihn Neid. und Beindfchaft zu erreichen vormochten. 
Gewiß gereicht ihm auch dies zur großen Empfehlung bei der 
Macwelt, die es nur lebhaft bedauern muß, von einem fo 
feltenen Manne keine fchriftlihen Denkmäler zu befigen. Der 
einzige von ihm aufbehaltene Ausfpruch, „ein guter Arze 
muͤſſe feinen Kranken entweber fogleich aufgeben, oder ihn 
nicht eher verlaſſen, als bis er ihn um etwas gebeflert,“ kann 
außer Zuſammenhang mit feinen ſonſtigen Srundfägen hoͤch⸗ 
ftens auf feine praktiſche Rüftigkeit und feinen Scharfblick bins 
deuten *). Im Lebrigen fegt es fein zweiter Beiname, Po⸗- 
chröstus außer Zweifel, daß er fich der kühlenden, aufeuchten 
den Diät vorzugsweife bedient habe *), woraus man mit einis 
gee Sicherheit auf eine entzündliche Conſtitution der Krank: 
heiten fchließen kann. 

Unter Jacob's Schülern if allen Asklepiodotus 
bekannt geworben , ein außerordentlicher und feines Lehrers. 
vollkommen wuͤrdiger Mann, den die Natur mit feltenen Gei⸗ 
ftesgaben überreich beſchenkt hatte. Fuͤr die GSefchichte if 





1) Sud. a. a.D. — Phot. a. a.D. Der hier ausgeſprochene 
Zabel, Vater und Sohn wären nicht fromm (messe) gemefen, 
mag anderweitige Beziehungen haben, und wird burch bie beſtimm⸗ 
ten Berfiderungen von Jacob's Menfchenfreundlichfeit hinreichend 
aufgewogen. Alerauder von Zralles rähmt fogar beffen gottes⸗ 
fuͤrchtiges Welen, und Photius ſelbſt erzählt aus Damafcint, 
ee babe die Meichen aufgefordert, armen Kranken beizuſtehen, unb 
von Unbewittelten nie Belohnung angenommen. 

2) Alezand. Trall. L. V. c.4. »Miyas dnie zul Ieopuak 
wars wie) rar vigras Yarapivos.« Kein größeres Lob kann cin 
großer Arzt wie Alezander einen Geiſtesverwandten ertbeilen! 


I) 





85 


diefer Arzt freilich nur eine vorübergehende Erſcheinung, in: 
dem fein Einfluß auf die Wiffenfchaft unerheblich. blieb, dem 
Ungewöhnlichen gebührt indefien feine Anerfennung, wo und 
in welcher Geſtalt es auch hervortreten mag. Asklepiodo⸗ 
tus hatte fich urfprünglich nicht der Heilkunde, fondern der 
Naturphilofophie, der Mathematik, ber Ethik, und mit aus: 
gezeichneter Anlage ber Muſik gewidmet. Man rühmte feinen 
Scharfſinn in der Auffaffung von Naturs und Kunftgegens 
fländen, der ſich mit einer geiftreichen Freundlichkeit im Um⸗ 
gange, einem mächtigen Hebel bes ärztlichen Rufes, veteinte. 
Von der muftifchen Lift des Zeitalters wurde auch er anges 
iveht, es gereicht ihm jedoch als Naturforfcher zue Ehre, daß 
man ihn der tieffien Einweihung in. die Chaldaͤiſche und Drs 
phifhe Philoſophie für unfähig hielt, auch muß der Geiſt 
eines Mannes für ſchoͤpferiſch gehalten werden, dem man 
nachrühmen Eonnte, er fei in der Ethik nicht bei den herges 
beachten Lehrfägen ſtehen geblieben, fondern jederzeit bemüht 
geweſen, neue Beziehungen aufzufinden, und diefe Lehre mit 
der allgemeinen Natur der Dinge in Verbindung zu bringen. 
In der Heilkunde ſoll Asklepiodotus feinem Lehrer, dem 
er unter feinen Seitgenoffen allein anhing, gleichgefonmen fein, 
ja ihm ſelbſt in mancher Ruͤckſicht übertroffen haben; Hip pos 
frates und ben älteren Soranus'") verehrte er unter den 
Alten als feine Muſter, und bewies feine praftifhe Einficht 
vorzüglich dadurch, daß er den längft verloren Dean 
Gebrauch der weißen Nieſewurz zuerft wieder einführte. 
alternde griechiſche Heilkunde ‚war jegt von Scheu vor —* 
wie vor andern heroiſchen Mitteln erfaͤllt, Asklepiodotus 
aber behandelte damit nach dem Beiſpiele der Vorfahren viele 
tangivierige Kranfeiten muthvoll und mit großem Erfolge *). 

1I) Bd. R S. 67. 841. 

2) Mot. a. a O. — Suid. voc. X Ausiöasyeris. 








86 - 
8. 23. 
Aetius von Amida. Deffen Leben und Werke. 
Nachdem nun Dribafius ein eifriges Feſthalten an 


dein Meberlieferten bei dem beffern Theile der Aerzte bewirkt, 


und die Zeit alle wiffenfchaftlichen Beftrebungen in ber Ber: 


Ihrung eines würdigeren Alterthums vereinigt hatte, fanden 


auch ähnliche Unternehmungen, wie die feinige, beifällige Auß 
nahıne, oder fie waren vielmehr ein unumgängliches Beduͤrß 
niß und. Erhaftungsmittel der verblühenden Wiſſenſchaften. Es 
haben aus dieſen Jahrhunderten mehrere Aerzte Werke bin 
terlaſſen, die eine ſolche Richtung der Heilkunde andeuten, 
und faſt ſaͤmmtlich einen uͤbergroßen Reichthum an unbearbei⸗ 
tetem Stoff, unkritiſche Vermiſchung der aͤlteren Grundlehren 


und in jeder Beziehung unſchaͤtzbare Einzelnheiten darbieten. 


J Unter dieſen Nachfolgern des Oribaſius verdient Ne 
ſius eine ehrenvolle Auszeichnnng. Geboren zu Amida, einer 
Stadt in Mefopotamien, zu Anfang des fechften Jahrhun⸗ 
berts, wurde er von unbekannten Lehrern in Alerandrien ) 


unterrichtet, tar. der chriſtlichen Religion, jedoch mit ägyp: 


tifch sneuplatonifchem Aberglauben zugethan, und lebte im der 
Bluͤthe feiner Jahre am byzantinifhen Hofe, mit der Wuͤrde 
eines Comes obsequü *) befleider, vielleicht als Leibarzt Kai⸗ 





1) Tetrabl.M. Serm. I. fol. 8,b. 14, 10.2.4. 

2) Diefer ganz militärifhe Zitel kann in einer Zeit ‚nicht aufs 
fallen, wo Aerzten dergleichen noch andere (3. B. Protospatharius) 
verlieben wurden, und am Hofe eine zum Theil militärifche Rang 
ordnung eingeführt war. Comites obsequii cohortis praetorianas 
waren Oberofficiere der Leibwache. (Vergl. F. 5. S. 10. — D. 
Fink Amoenitates philologic. medic. Traject. 1730. 8. — Notitia 
generalis utriusque imperii dignitatum, c. Panciroläi comment, 
Gener. 1623. — Du Gange Glossar. nied, et inf. lat. T. II. P. IL 
p. 797, T. 1. p. 432. 437. Ed. Basil. 1762. fol.), vieleicht iſt aber 


—⸗ 


) " 87 
ſer Juſtinian's des erfien ') (527 zur Meg). Sein Auf . 
enthalt in Aegppten gab ihm Gelegenheit, den Slauben an 
Wunderheilungen aller Art einzufangen, Da findet ſich das 
Jaspis⸗Amulet des Könige Nechepfus. von ihm empfohs 
(en *), da find Befhwörungsformeln Im Namen der Märtys 
ver und des Keilandes aufgezeichnet 2), und nicht gar felten 
wird die Wirkung eines Mittels mit Vermeidung jeder phy⸗ 
ſiologiſchen Anſicht in myſtiſches Dunkel gehüllt *). Doch 
moͤgen nie dem Einzelnen die Fehler ſeiner Umgebungen an⸗ | 
gerechnet werben, denn der. Geiſt wirb von den erfien Eis: 
druͤcken, und it er noch fanın sum. Vewußtſein erwacht, van 





bei Aetius eine aniche Beziehung voraugzriten, 3. B. Coma 
archiatrorum obsegnii. ' | 

) Diele Zeitbefimmung ergiebt ſich vorzüglid aus ber Ewal 
nung einiger Vorgaͤnger in Aetius Werke: des Soppiften, Adgs 
mantius (Tetrabl. II. Serm. 4. c. 27. I. S. 3. c.163.), eines 
Zeitgenoffen des Kaifers Honorius, des Petrus, Leibarzkes bes 
Könige Theode rich (+ 526), der um das 3. 540 als Gefandter 
an Eosrnes’ geſchickt wurde (Zredegar. Chronie. $. 27. in ‚Du- 
chesne Script. Hist. Franc. Vol I. p.748.), des Zimotheus, 
eines Arztes des Kaiferd Juſtinus (F 526), u. m. a. Der nächte, 
ber hierauf ben Aetius anführt, iſt Alerander von Tralles 
(L. XII. . 8. 5. £), deſſen Bluͤthe zwiſchen 560 und' 870" fällt. 
Hoͤchſtwahrſcheinlich bat alſo Aetius zwiſchen 540 und 550 Eu 

ſchrieben. | a 
2) Tetrabl. I. Serm. II. & 35. 

3) 25 —* xXxc⸗ros Aula ir rapev ayayaysı Pr 
lur@v ix Teö zöreng“ alyı zarlxur vor Adguyya veö warge- 
vos Biariog 0 kaervs 6 deüies Ted Oied Alyın ara aa rer 
szuraßıdı. Dies iſt die Formel, um. eine Gräte, die im Halle ſtek⸗ 

Ten ‚geblieben üft, zu ldſen. Doch wird auch verordnet, man folle ein 
Stud Fleiſch an einem Faden perſchlucken laſſen, unb es dann wieder 
berauszieben. Tetrabl. II. Serm. 1X. c. 50. 

4) Ebend. Teure To Pdenuxer ulya ie) Kupiov yKar u 

. iger. - 


| — 


Se 








:88 


dee Sewohnhelt des Irrthums in Beſitz genommen, umb 
kann fi die zutraͤglichſte Richtung nicht immer felbft waͤthlen. 
Das Lehrbuch des Aetins verbreitet ſich uͤber die ges 
ſammte praftifche Heilkunde, und iſt für das medicinifche AL 
terthum eine unfchägbare Fundgrube, indem es nur wenig 
Eigenes, dagegen Bearbeitungen wichtiger Gegenſtaͤnde aus 
antergegangenen Werken in Taum zu überfehender Menge dar⸗ 
bietet, An Lebendigkeit des Vortrags ficht es der Samm⸗ 
"fung des Dribafius bei weiten nah, Aetius vermeidet 
aber doch die tödtende Weitſchweiſigkeit Galens, und giebt 
die Ueberzeugung, daß er das Ueberlieferle mit vieler Sach⸗ 
kenntniß und Erfahrung in fi aufgenommen. In ſechzehn 
verſchiedenen Buͤchern, deren je vier und vier: von ſpaͤteren 
Abſchreibern unter der Benennung Tetrabiblia zwecklos vereis 
nigt worden, find bie Heilmittellehre und Diätetif, bie Zei 
henlehte, die Pathologie und Therapie der hitzigen nnd lang⸗ 
wierigen Krankheiten, und in beſonderen Abſchnitten kunſtlos 
zuſammengeſtellt die Krankheiten des Magens, der Leber, des 
Unterleibes, der Milz, der Nieren und der Blaſe, des Frucht⸗ 
halters und der uͤbrigen Geſchlechtstheile, die giftigen Biſſe, 
die Gicht, die Hautkrankheiten, die Wunden und Geſchwuͤre, 
die Segersift, Pflaſter und. Salben u. |. w. abgehandelt ”). 





1) Aëtii Amideni Libroram medieinalium Tomas! L., primi 
scilicet Libri octo nunc primym in Iucem editi. Venetiis ap. 
haered. Aldi Manutii et Andr. Asulanı, 1534. fol. — Ren biefer 
Ausgabe befige ich das mit Marginalien reichlich verfehene Eremplar 
D. W. Tril lers. Außer diefen acht Büchern haben wir im grie 
chiſchen Zert nur einige Bruchflüde aus dem neunten, fämmtlich 
über Unterleiböfcankpeiten: Adeioßb Mevrefudsu zu) Aunurgied 
Zıud —8 Erryuızör 'Arızdaerar. 'Er Bier 1816. "Anger. 
Tergad. ed. 8. — Joann. Ernest. Hebenstreit Tentamen philolo- 
gicum medicum super Actii Amideni Synopsis medicorum vete- 
warm Libris octo, etc. Lips. 17579. 4. — Idem: ditü Amideni 


= — 860 
| 8 M. 
BGieberlehre | 

Die Srundanfichten, die Aetius hier und da zu erfen: 
nen giebt, find groͤßtentheils beifallswuͤrdig. Cr muß für fich 
einnehmen, wenn er den Ausfpruch thut, es fel der Zweck 
der Heilkunſt, der Natur beizufpringen, die Im rettenden Kam: - 
pfe gegen die Krankheit begriffen ſei 2), Schließe er fih in 
biefee Achtung der allmaltenden Natur, der Seele 'einer vers 
nuhftgemäßen Therapie, einem Sydenham und einem Kips 
pokrates an,:fo tritt fein Verdienſt bei dem damaligen Zus 
flande der Heilkunde noch um fo glänzender hervor. Denn 
iſt fchon das blühende medicinifche Alterthum einer mangels 
‚haften Ausbildung der höheren theoretifchen Fächer, nament⸗ 
- Hich.der allgemeinen Pathologie und Therapie anzuklagen, fo 
war jetzt das Beduͤrfniß vereinender Grundbegriffe Taft ganz 
zurückgetreten, alles ärztliche Wiſſen Töfte fih in die Kennts 
niß des Einzelnen auf, und eine uͤberladene, rohe Heilmittel⸗ 
lehre, die ſich Überall vordrängte, hatte eine völlige Nichtach⸗ 
tung der natürlichen Bordänge im kranken Körper, fomit alſo * 
den verderblihen Glauben an’ beftimmte Gegenſaͤtze zwiſchen 
Krankheit und Arznei herbeigefuͤhrt. Allgemeine Begriffe, die 
ein reifas Nachdenken, und eine treue Beobachtung der Na⸗ 
tur verrathen, finden fih bei Aetius bier und da in der 
Darftellung der einzelnen Gegenfiände, nur darf man von 
ihm keine vielfeitige Durchführung derſelben erwarten. 


“Arıwdorer Lib. IX. c. XXVIII. Lips. 1757. 4, (Propempt/inaug)' 
Diefe Bruchſtuͤcke find hier fämmtlih benutzt worden, fo wie für " 
das Uebrige bie lateiniſche Weberfegung in der Sammlung von Henr 
Stephanus. Die beſte Nachweiſung der Handfchriften giebt Weis 
gel: Aötionarım Exercitationum Specimen. Lips. 1791. & 


1) Tetrabl. II. Serm.I. c. 1. fol. 78. a 16. 





90 


Seine Fieberlehre unterſcheidet ſich von der althergebrach⸗ 
ten nur wenig. „Fieber iß eine widernatuͤrliche, aus der 
Tiefe hervordringende Hitze des Herzens und der Schlagabern, 
die die Lebenskraft (röreg Luzinss) mit Aenderung des Pulſes 
verlegt 1).“ Es zerfälle in das eintägige, (ipupeges), das 
ſaulige (im) ar) und das heftifche (sxrx06), jenachbem 
es entweder vom Luftgeift, ober den krankhaft veränderten 
Saͤften, oder von einem Leiden des Herzens felbft ausgeht, — 
durchweg nach der Galeniſchen Haupteintheilung 2), Die ent 
fernten Urfahen, die eine beffimmte Behandlung erfordern, 
ſelbſt die gaftrifche nicht ausgenommen °), ‚werben gebührend 
geroürdigt, wie ſich denn dadurch der Mangel einer Feſtſetzung 
des Charakters der Fieber am Heften ausgllichen ließ. Sm 
Uebrigen waltet auch bier die Unterſcheidung nach dem Typus 
und ben ‚Zufällen vor, fo daß die wichtigeren Rücfichten nur 
untergeordnet bleiben, wiewohl fich,. wie bereits bei den Fruͤ⸗ 
beren, anderweitige Begriffe mit Namen, die nem Typus 
hergenommen waren, zu verbinden anfingen.: So iſt z. B. 
das anhaltende Fieber *) (wugemis riroxes) Fein anderes als 
das. entzündliche der Neueren; es crutſteht nach Aetius in 
jugendlichen kraͤftigen Körpern von. Ueberfluß an unverdorbe⸗ 
: nem higigen oder auch nur zu dickem Blute, und dauert ent: 
weder gleichmäßig fort bis zum Enbe ‚(Febris ‚homotonos), 
oder es ſteigt (F. epacmaslica), oder es nintmt von Anfang 
an ab (F. paracmastica), jenachdem eine geringe ‚oder eine 
ſree Ausduͤnſtung eintritt. Das Aderlaß iſt das Hauptmit⸗ 

und ſoll, gegen die beſſere Ueberzeugung ber Neueren, 


1) Ebend. c. 7. f. 78. b. 28. 
2) Bd. J. 8.66. ©. 508. 

‘ 8) Tetrabl. 11. Serm. I. c. 68. f. 83. b. 45. 
4) Ebend. ce. 70. £. &.b. 3, 


[1 
j 
u 


= 


21 


ſolbſt bis dzur Ohamacht fortgeſetzt werden, doch aber mi ge 
buͤhrender Ruͤckſicht anf die Umflände, und vorzüglich aufıdie 


Kräfte, deren Fortdauer nicht unbedingt an die Zahl der Tage 


gebunden ift, fü daß zumellen fogar noch am fiebenten Tage 


und fpäter die Blutentziehung wiederholt werden muß. 
Die eigentliche Faͤuiniß im Sinne der’ Neueren iſt in dies 


fer Fieberlehre von ber hypothetiſchen, Die bereits nach Archi⸗ 


genes ) in jeder Erankhaften. Veränderung der Säfte ange⸗ 
nommen wurde, beftimme unterfchieden. Sie foll nad jeber 


Zurächaltung von Ausfonderungen entfliehen, wodurch die nas 


tuͤrliche Wärme in eine widernatuͤrliche ( chemifche) umgewan⸗ 
beit, und nicht nur die Säfte, fondern endlich auch die feften 
Theile ergriffen werben ”). Allerdings iſt damit eine Haupt⸗ 
urfache der fauligen DVerderbniß "bezeichnet, die aber weder die 
einzige: iſt, noch ausfchließlich Faͤuiniß, fondeen auch alle mögs 
lichen anderen Krankheitszuſtaͤnde hervorbringt. ‚Dies aber 
Hat Aetius in feiner Darſtellung überfehen, und fo mußte 
fih der annaͤherungsweiſe richtig beftimmte Begriff der Faͤul⸗ 
niß in der Ausführung wieder verwifchen, wie denn auch 
einer großen Zahl von Fiebern der faulige Charakter beigelegt 
wird, denen er nicht weſentlich und immer, ſondern nur hoͤchſt 
ſelten zukommt. So ſchwer ſagt ſich der Geiſt von herge⸗ 
brachten Vorſtellungen los, oder iſt auch nur im Stande, ſie 
gehoͤrig zu ſichten. Offenbar iſt unter dem fauligen Synochus 
(svroxos ia onaıdorı) ein heftiges Faulfieber mit entzuͤndli⸗ 
her Aufwallung zu verftehen, wiewohl die Unterſcheidungs⸗ 
merkmale zwifchen biefem, dem gallig:fauligen und andern 


Fiebern mit ſtuͤrmiſchen Erſcheinungen, von denen gewiß meh⸗ 


rere unter dieſem Namen verborgen ſind, weder von Aetius 


1) DB: L' S. 466. | 
2) Tetrabl. II. Serm. I. c. 74. f. 85. a. 44. 
N‘ 


* 





- 


_ 


u 


nach vom feinen Vorgängern genügend angegeben werben. Das 
Aderlaß wird auch hier empfohlen, foll aber nur mit großer 
Vorſicht angewande werden, damit die Fröfe zue ‚Gellung 
ansreichen. 

Bei dieſer Gelegenheit muß auch eines eofiquastoen, wie 
es ſcheint faulig⸗gaſtriſchen Fiebers Erwähnung geſchehen (/ 


abs), das zuerſt Philagrius beſchrieben hat). Wie die 
Neueren bei der Febris gastrica venosa, und einer im der 


Arzneimttteliehre ſchon laͤngſt gültigen Anficht gemäß *), lei⸗ 
tete diefer verdienfivolle Arzt ?) die erfchhpfenden, uͤbelriechen⸗ 


- den Darmansleerungen, den Hauptzufall ber gefürchteten 


Krankheit, nicht von ber genofienen Nahrung, fondern von 


den aus dem ganzen Körper den Därmen zuſtrͤmenden Säf 


ten, und den verflüffigten feften Theilen ber. 

Die Befchreibung ber anhaltend nachlaffenden Gieber (=> 
errei evsıxsis) iſt fo mangelhaft ausgefallen.*), wie fie es im 
ganzen Altertum war, und wir haben es hier nur wieder 
mit dee hergebrachten Humoralpathologie und nußlofen ſym⸗ 
ptomatifchen Unterfchieden zu thun. Das SBrennfieber (zuö- 


eos). ein entzündliches Sallenfieber °), wird ber verdorbenen 


gelben Salle zugefchrieben, und feine Behandlung aus P hi⸗ 
Inmehos *) und Galen zufammengetragen. Den Wechſel⸗ 


fiebern iſt durchaus keine neue Anſicht abgemonnen, ſondern 
es kommt überall nur das laͤngſt Bekannte vor 7). Der von 


1) Ebend. c. 90. £.89.b. 31. 
2) Bb.1. 8.55. ©. 390. 

8) S. oben ©. 69. 

4) A. a. O. e 77. L.86.0 21. 
5) Bb.1. 8.18. ©. 94. 


. 6) &bend. 9.67. ©. 420. 


7) Das breitägige mit Unfällen Aber zwoͤlf Stunben wirb iwe«- 


5 Tapspbves rgiraicdh teitiana extenta geuannt. c. 79. 


! 





93 
Aetins befchriehene Hemitritäus iſt der Galeniſche, aus einem 
„ dreitägigen Wechſelfieber und einem 'tägigen nachlafienden zw 
“ fammengefegte, dee demgemäß aus verborbenem Schleim und 
gelber Salle entfiehen fol 7). Die Bezeichnung eines (catars 
rhaliſch⸗ rheumatiſchen) Fiebers, in dem Froſt und Hitze zw 
gleich empfunden werben, mit dem Namen Epiala (quercera) 
rührt urfprünglich von Archigenes her; faurer, durchſichti⸗ 
ger Schleim, der in geringe Verderbniß übergegangen iſt, fol 
es erregen °). 

Die uͤbrigen ſymptomatiſchen uUnterſchiede find wichtiger; 
ſie gründen fih auf die früher ſchon vorbereitete, von Ae⸗ 
ins aber weiter durchgeführte Lehre von der tvofenartigen 

Entzüngung der Eingeweide ?) (ieveimiias swidyzrar), die 
einem fehr einfichtsyollen Nachfolger aller Aufmerkfamfeit werth 
ſchien *), und ift fie auch feinesweges auf pathologifchsanatos 
mifche Beobachtungen gegründet, doch weſentlich dieſelbe Idee 
enthält, die in der neueften Zeit ein vielbefprochenes Lehrge⸗ 
bäude hervorgebracht hat. Es ſoll nämlich jene Entzündung 
‚ Bieber erregen, vorzuͤglich das Brennſieber und das hektiſche, 
' wobei die humoralpathologiſche Ruͤckſicht völlig befeitige, und 


die Anzeige der kühlenden Behandlung, befonders des reichlis 


chen Trinfens von kaltem Waſſer, von der Natur der Ent 
zündung hergenommen if. Befaͤllt die Entzändung den Dia 
gen, fo entfteht die Lipyria, ein Fieber, das bie inneren Theile 
mit brennender Hitze verzehrt, während die äußeren frieren °), 


'1) C. 8. 

3) C. 87. — 86.16.62. ©. 457. 

3) A. a. O. c. 89. £. 89... 48. 

4) Alezand. Trallian. L. XII. c. 8. 5. £. 


5) Es iſt hier nicht an eine vollendete Gaſtritis zu denken, In, 
dem die Kranken von kaltem Getränf Erleichterung bekonnnen ſollen. 








& 


— 


94 


wie es ſchon von ben Fruͤheren oft genug beſchrieben iſt; wird 


bie Leber entzündet, fo erfolge das Typhusfieber (swpwähr), 
deſſen weſentliche Zufälle Irrereden und Betäubung find_"); 
entzündet ſich die Lunge, fo wird ein nicht näher beichriebenes 
Sieber mie Eisfälte (zevisäns, algida) erregt. 

Auch bei den eyidemiſchen und peſtartigen Fiebern 2) von 
weilt Aetius, weiß aber dem, was bereits Rufus °) bar 


über gelehrt hatte, nichts Erhebliches zugufügen. Die Peſt 


entſteht nach Rufus entweder durch ſchaͤdliche Ausduͤnſtungen 
der Erde, oder durch Luftverderbniß, und laͤßt ſich in beiden 
Faͤllen aus den früher eintretenden Seuchen der vierfuͤßigen 
Thiere und der Vögel vorausfagen. Wiewohl nun-auch bie 
Einflüfe, die Volkskrankheiten hervorbringen, mit vieler Um⸗ 
ficht erörtert find, fo if doch noch von feiner wirklichen An 


ſteckung oder einem Anſteckungsſtoffe beſtimmt die Rede *). 


Es loffen fich indeffen noch in dieſem Jahrhundert fichere 
und unummwunbene. Angaben hierüber ausmitteln. 


5. 25. ° 
Phrenitis. Den Pneumatiker Poſidonius. 
Ueber die Hirnwuth (Phrenitis) hat Aetius ein ſehr 
werthvolles Bruchſtuͤck aus den Werken des Pneumatikers 





1) Tupss, fa mus, bann stupor, wobei man wahrfcheinlich an 
die bumoralpathologifch s pneumatifche Lehre von der Anathymiaſi⸗ 
oder ber Aufdampfung aus dem Unterleibe zu denken bat. Gleich 
wie das Gehirn in den ſogenannten catarrhaliſchen Krankheiten ben 
Krankheitsſtoff fuͤr die unteren Theile hergab, ſo war es nach dieſer 
Theorie auch ſelbſt einem Erkranken durch das Aufſteigen ſchaͤdlicher 


Stoffe aus dem Unterleibe ausgeſetzt. 


2) A. a. O. e. 94. 95. 
3) ©. oben S. 74. 
4) Ueber den ganzen Gegenftand vergl: Originen contagii; 


‚seripsit C. F. H. Marz. Carolirah. et Bad. 1824. 8. 


\ 9. 
Poſidonius erhalten⸗), der dieſes Uebel als eine Entzuͤn⸗ 


dung ber Hirnhaͤute mit hitzigem Fieber und Irreſein be 
trachtete. Die Bemerkung, daß die Geiſtesabweſenheit · ſelten 


das Fieber von Anfang an begleiten, ſondern ſich gewoͤhhlich u 


erfi am vierten, ja ſelbſt bis zum neunten Tage bin einftellen 
foll, zeigt deutlich, dag Mofidonius auf dem Wege war, 
Die Raſerei in diefer Krankheit für das zu halten, was fie iſt, 
d. h. für einen wichtigen, doch aber nicht in allen Zeiträumen 
beſtaͤndigen Zufall eines Fiebers, das ſich im Einzelnen ſehr 
verfchiehen geftaltet. Eben diefe Auffafung der Verſchieden⸗ 


. heit der Phrenitis nach der ſich mannigfaltig äußernden Geh 


ſtesverwirrung, erlaubt einen tiefen Blick in die Pſychologie 
der Pneumatiker, und zeigt unwiderlegbar, daß Poſidonius 


der eigentliche Urheher jener Lehre von den Organen der Gei⸗ 


ſteskraͤfte iſt, die Nemeſius faſt um zwei Jahrhunderte ſpaͤ⸗ 


‚tee, ohne feine Quelle anzudeuten, an das Licht zog. Iſt 


nämlich der vordere Theil des Gehirns, der. Sitz der Einbil⸗ 
dungsfraft (v0 Yarrasınar), ergriffen, fo fafelt der Kranke 
nur in verkehrten Bildern und Vorftellungen, während der 
Verftand (73 Asyısızdr) und das Gebaͤchtniß unverlebt blei⸗ 
ben; leidet bie mittlere Hirnhöhle (ion zerin), der Sitz des 
Verftandes, fo wird eben diefer verwirrt, und mit ihm ge 
wöhnlich auch die Einbildungskraft, wie Poſidonius fehr 
richtig hinzufügt, indem er in diefem Kalle einen ungeftörten 
Zuftand derfelben, zugleich mit dem des Gebächtniffes, wohl 
nur um feiner -Eintheilung zu genügen, für möglidy hält; iſt 
aber der hintere Theil des Gehirns, der Sig des Gedächtnif; 
fes, befallen, fo geht das Gedaͤchtniß verloren, und mit ihm 
jederzeit der Verſtand und die Einbildungsfrafl.e — Diefe 
Grundzüge ehren den Meiſter, der fie entwarf, und die 
Schule, die ihn ausbildete. 


\ 
1) Tetrabl. II. Serm. II. ce. 2. £. 100. a. 4. 





\ 


96 


Ein ernſter philefophiſcher Bei, der die Gegenſtaͤnde ber 
Natur mit freiem Gebrauche der Vernuuſt beurtheilt, leuchtet 
aus allem hervor, was an Poſidonius Namen erinnert, 
und wenn es nicht ausgemacht wäre, daf er unmittelbar nach 
Archigenes gefchrieden *), mit dem ihn Aetius mehrmals 
zufammenftelle, und ihn nicht Galen ?) von den Spaͤteren 
zunächft angeführt hätte, fo würde ſchon daraus hervorgehen, 
daß er in der Bluͤthenzeit der epiſynthetiſchen Schule, zu Aus 
fang des zweiten Sahrhunderts, gelebt hat. Aus feinen Be⸗ 
arbeitungen der Nervenkrankheiten und Nervenzufälle fchöpften 
alle Späteren die gründlichfte Belehrung, und eben dieſe ſchei⸗ 
nen den gehaltreichfien Theil feiner Werke ausgemacht zu has 
ben. Bei der Tobſucht (suris) wiederholt fi) die Ruͤckſicht 
auf die angegebene Eintheilung der Seelenkraͤfte, wobei bie 
örperlichen Urſachen, vorzüglih Galle und Vollbluͤtigkeit, 
treffend und wahr hervorgehoben find ?). — Beim Alpdrüden 
hält es Poſidonius für nöchig, dem herrfchenden Aberglau⸗ 
ben, es fei ein böfer Geiſt im Spiele, mit einigen Worten zu 
befeitigen. Er hatte biefen Zufall als Vorboten der Fallſucht 
Häufig beobachtet, und hielt die Aufdampfung (Anathymiasis) 
ſchaͤdlicher Stoffe aus dem Unterleibe, wodurd die Einwirs 

‚tung des Hirns auf den Körper vermittelft der Nerven ges 
bindere würde, fo wie Vollbluͤtigkeit für feine wichtigften Ur⸗ 
fahen *). Dem fchliege fih die Erklärung des Schwindels 
an: der Seelengeift foll durch diefe Stoffe in Unordnung 
fommen *). 

Leben⸗ 


1 Ebend, e. 12. Archigenes wird bier von ihm erwähnt. 
2) De Hippocrat. et Platon. Placit. L. VI. .. i. 
3) Ebend. &.8. £.101.b. 

4) Ebend. c. 12. £.104. b. _ 
5) Ebmd. c. 7. £101.b. 





9 


Lebendig iſt die Schilderung der Starrſucht :), die von 
Asklepiades zuerſt unter den Mamen zurarlıs ald eine 
eigenthuͤmliche, zroifchen Lethargus. und‘ Phrenitis fehende 
Krankheitsform deutlicher‘ unterſchieden, nachher aber: von den 
Methodikern und Pneumatikern (Philippus 2), ein Zeits 
genoffe des Pofidonius, nannte fie xaroxv) vielfach erörs 
tert worden war ?). Empfindungsiofigkeit, Aufhdren ber Sins 
‚neswahrnehmung und Zehlen des Bewußtſeins giebt Pofis 
donins als die Hauptzufälle diefer Krankheit an, die er in 
einem breitägigen Anfall bei einem vollblätigen Juͤngling beobs 
achtet hatte, trennt aber nicht gebührend davon einen fieber⸗ 
baften Zuftand mit Starrheit ber Augen, und Flockenleſen, 
der. dem Coma vigil näher ſteht. 

Bei Gelegenheit der Waſſerſcheu erzählt Poſido nius 
von einem Philoſophen, der von einem tollen Hunde gebiſſen, 
beim Ausbruche des Uebels den Schreckbildern der Phantafie 
kraͤftig widerflanden, gebabet und getrunken haben, und "das 
durch gluͤckiich geneſen fein fol *). Darf nun hier auch ſchwer⸗ 
lich eine Waſſerſcheu der ſchlimmſten Art vorausgeſetzt werden, 
fo beweiſt doch dieſer Fall, indem Die Gefahr in der Einbil⸗ 
dung diefelbe war, eine denkwuͤrdige Kraft des Seiftes, die 
fih' in den fitengen phllofophifchen Schulen des Alterthums 
nicht felten entwidelte, und ja auch fonft das Unglaubliche zu 


1) Ebend. c. 4. £.101.a. Sie rährt zum Theil auch von Ars _ 
chigenes ber. 

2) Bb.L 8.62. ©. 413. 

3) Cael. Aurelian. Acat. L. II. c. 10. p. 462. 

4) A. a. O. C. 24. f.106.b. 54. Auch Paul von Megina 
ſpricht von einigen von der Waſſerſcheu Geneſenen, die aber nicht 
"von tollem Hunden, gebtifen waren, fonbern die Krankheit durch 
(ꝓſychiſche) Webertragung befommen hatten. L.V. c.3. Ed. Ba- 
sil. 1538. p. 162. | 

I. . G 


98 
uͤberwinden vermag. — In dieſem Bruchſtuͤcke wird zuerſt) 
Anagallis (A. arvensis L.) aͤußerlich gegen den Dig toller 
Kunde neben dem bekannten Krebsmittel *) und dem Alys- 
sum ?) empfohlen, zugleich auch eine abentheuerliche Giftprobe 


aus der Volksarzneitunde angegeben. Mean foll nämlich einen 


Umſchlag von Wallnuͤſſen auflegen, und dam- einem Lehe 
vorwerfen. Nührt das Thier den Brei nicht an, oder ſtirbe 
es, wenn es doch genäthige wird, ihn zu verzehren, fo ſoll bie 
Wunde noch vergiftet, dagegen volllonmen gereinigt feim, 
wenn es begierig davon genießt *). 


8. 26. 
‚ Andere Krankheiten. 


Bei den Übrigen Nervenkrankheiten zeichnen ſich die ofts 
erwähnten berühmten Gewährsmänner unter einer großen Ans 
zahl minder bekannter aus: Zu diefen gehören ber Augenarzt 
Juſtus, aus dem erften Sjahrhundere, den Pofidonius 
eines Mittels wegen anführt ), Didymus, ber Epileptifche 
mit dem Blute ihrer großen Zehen, auf die Lippen geftrichen, 
aus dem Anfall erwecken wollte °), Warfus, ein Zeitgenoffe 





1) F. 107. a. 30. | 

2) Vergl. 8.18. S. 70. W 

3) Es werden unter dieſem Namen von den Alten drei oder 
vier ganz verſchiedene Pflanzen beſchrieben, ſo daß ſich nicht fuͤglich 
beſtimmen läßt, welche die hier gemeinte ſei. Vergl. Matikiol. Com 
ment. in Diostorid. L. III. c. 83. Zu demfelben Zweck die Sin - 


bällung in ein Hyaͤnenfell. Tetrabl. I. Serm. IT c. 162. 


4) Bergl. Pau) Aeginet. a. a. ©. 


5) 9.0. ©. «10. £.109.b.38. — Bergl. Gakn. Mech, med. 
L. XIV. ec. ult. 


A) A. q. O. c. IG. £. 106. « — S. unten 5.40. _ 


) . 99 
bes Archigenes 2), Krito, ber keiſerllche Hofarzt *) aus 
den Seiten Trajan?s, der Verfaffer eines geſchaͤtzten Wertes 
über Arzneimittelfehre-*), und eines fehr beliebten über Schön 
heitsmittel *), der ſich als Arzt durch die Verordnung zufams 
menziehender Mittel, ſelbſt des Bleies, zur Unterdruͤckung 
Übeleiechender Schweiße wenig empfahl *), Conſtan +nus, 
Andreas, ein Comes archiatrorum *), und viele andere, an 
bie ſich keine wichtigen Erinnerungen Enüpfen. 

Dem Aetius eigenthuͤmlich iſt, wie es fcheint, die Ber 
fchreibung einer oberflächlichen, für rofenartig gehaltenen Hirn⸗ 
entzündung (Erysipelas cerebri), fo wie einer heftigeren, wo⸗ 
bei has Gehirn fe anfchwellen foll, daß es die Naͤthe auseins 
ander drängt ”), und eine Hirnentzuͤndung der Kinder unter- 
. dem Namen Siriasis *). Auffallend mechaniſch erklärt Au 
higenes die Lähmung durch eine Verſchließung der Nerven 
mit klebrigen Säften *), giebt aber in den meiften Krankheitss 
ſchilderungen, es rühren viele der beften in "He tius Samms 
fung von ihm her, einen feltenen Neichthum an. Erfahrung 
zu erkennen. So befchreibt er namentlic, eine krampfhafte - 
Zufammenfchnärung des Afters, die_ das Eindringen der Sonde 
verhindern, und im Kothbrechen während der hoͤchſten Gefahr 


1) Ebend. c. 37. 
2) Ebend. c.57—65. — Bd. 1. 8.60. ©. 443. 
3) In 5 DBlichern.. Galen. de Comp. med. sec. gen. L. V. 
4) In 4 Büchern. Galen.: de’ Comp. med. .sec. loc. L. 1. 
5) Tetrabl. II. Serm. IV. c.7. IJ 
6) Ebend. Serm. II. c 54. 
7) Ebend. e 25. 26. f. 108. a. | 
8) Tetrabl. I. Serm. IV. c. 18. £. 68.b. 14. ’ 
9) Tetrabl. III. Serm. I. c. 238. Vergl Hebenstreit, Aetii 
Amideni 'Arıxderar L. IX. e. 28., exhibens tenuisris intestini 
morbum, quem Ileon et Ehordapsum dicunt. Lips. 1757. 4 
© 2 


⸗ 





100 

einteeten fell. Er bezeichnet ein foldhes aus Entzkubung, bie 
nach ihem in Eiterung ober in Branud übergeht, ein amberes, 
das dur Einklenimung eines Bruches, ein anderes, bad burd 
verhärteten Koth oder auch durch Wergiftung erfolgt =); alle) 
Beobachtungen, denen in Betracht der bis dahin noch man 


gelhaften Kenntniß der Unterleibsftanfheiten ein hoher Lerch 


beigelegt werden muß. Bei feiner Darſtellung des Ansfaes *), 
Die Aetius mit den Ergebniffen feirfer eigenen, in Aegypten 
erworbenen Erfahrung vervollſtaͤndigt, findet. ich die deufwin 
dige Angabe, daß mehrere furchtiofe Aerzte gegen biefes eu 
feßliche Uebel die Verſchneidung als das einzige Nettungsmit 
tel verfuche hätten, indem es befannt war, daß weder Ber 
ſchnittene noch Weiber davon befallen wurden. Dies Berfah 
ven fand, bei ber fehr verbreiteten Ueberzeugung vorn feiner 
Naͤtzlichkeit, doch nie allgemeinen Tingang, wiewohl bie Bes 
zweiflung der Ausfägigen nicht felten zu dem Aeußerſten grif, 
und Archigenes mehrere gekannt zu haben verfüchert, bie 
ſich in tollkuͤhner Verwegenheit feld entmannt hatten. 

' Wie weit ber Ausſatz des Alterchums mit dem zahlreichen 
unzeinen Uebeln dee Geſchlechtstheile, ober ob er überhaupt 
mit ihnen in Verbindung geftanden habe, ift nicht füglih u 
entfcheiden, weil die Aerzte gar nicht den Standpunkt einneh 
men, um diefe Frage an die Natur zu thun. Vorhanden we 
ven aber -diefe Uebel in mannigfaltigen, ben fophilitifchen ber 
neueren Zeit haͤchſt Ähnlichen Zermen, von benen mehren 
fhon zu Anfang des erften Jahrhunderts wiſſenſchaftlich be 
fohrieben worden find ’). Auch Aetius giebt darüber ans 
Leonides *) Werfen eine lehrreiche Anseunft, und nament 

.1) Tetrabl. II. Serm. II. c. 28. 

2) Tetrabl. IV. Serm. I. c. 122. 

3) Geis. de Med. L. VI. «18. 2. 

4) 3.15.62 ©. 463. 


N 101 
Eich erregt eine Art wadhernder Geſchwuͤre der Vorhaut un⸗ 
feve ganze Aufmerkſchukeit =). Die Eichel, das ganze übrige 
Glied und der Aſter mwurben demnaͤchſt davon. befallen, ımd fie 
wurden zuweilen fo bösattig, daß man die Kranken nar durch 
das Gluͤheiſen, oder. Durch Entfernung ‚ganzer Theile, befons 
deio der Vorhaut, davon gut befreien vermochte. Auch kannte 
men ein. freſſendes Geſchwuͤr der Geſchlechtstheile *), Ges 
fehroüre der inneren Flaͤche ber Haruroͤhre ), unter denen 
geößtentheils der Teipper zu verfichen iſt, Geſchwuͤre des Ho⸗ 
deuſacks·), Hodenentzuͤndung), Feigwarzen, Riſſe des Afı 

ters ) Rhagades), Leiſtenbeulen a. ſ. wu, alles Uebel, die 

gegründeten Berdacht ‚einer Aonſteckung erregen, die aber von 
den Alten. weder beruͤckſirchtigt; noch überhaupt, geahnt worden 
iR. Um fo weniger konnten fie die Frage aufmerfen, ob ders 
gleichen Uebein irgend ein: Allgemeinleiden folge, und kamen 
Ihnen Krankheiten vor, die den neueren Aetzten eines unreinen 
Urſprunges perbächtig find, fo mußte ihnen ihre Entſtehungs 
art / verborgen bleiben, weil ihr Sinn unempfaͤnglich war, fie 
aufzufaffen. Namentlich ‚verfieten fie bei chranifchen Ausſchlaͤ⸗ 
gen, z B. bei einem herpetifchen, dem. Mentagra ähnlichen 
Uebel des Kinnes, das fie für eine katarrhaliſche Krankheit 
im ‚weiteren Sinne des Wortes. hielten 7), leichter auf alle 
andere, als auf diejenigen Urſachen, die die neuere Pathologie 
"als die häufigften und wichtigfien hervorhebt. Nun hat aber 


1) Tetrabl. IV. S. II. c. 12 
2) Ebend. c. 14. 
3) Ebend. c. 18. 
4) Ebend. c. 19. 
5) Ebend. c. 20. 
6) Ebend. c. 3. 
7) Tetrabl. II. Serm. IV. c. 9. 





102 


die neuere Zeit”geleher, daß fi um eine Lehel der Geſchlechts⸗ 
theile, die den fyphilitiſchen ganz aͤhnlich ‚fh, ſelbſtſaͤndig ohne 


Anſteckung entwickeln koͤnnen, und es iſt mehr als wahrſchei⸗ 


lich, daß fie unter guͤnſtigen Umſtaͤnden, fo wie jedes anders 


bösartige Seſchwuͤr, vermittelſt der. Einfaugung ſchaͤdlicher 


Stoffe Allgemeinleiden hervorzuruſen vermögen; — ba. ferner 
die Natur der Krankheiten fi nie fo beträchtlich umänbert, 
um Vorgängen, die im Leber des Körpers felbft begründet 
find, in einem Zeitalter hervortreten zu lafien, und ſich deren 
in einem” andern’ zu uͤberheben, fa ergiebt fi) daraus ber pw 
thologifche, wonn auch durch Seine ‚gefchichtlichen Bewelſe us 
teekünte Schluß, duͤß Allgemeinleiden, vielleicht "von ‚umbes 
fimmter Form, nach unreinen Uebeln ber. Vaqiehethu⸗ al⸗ 
terdings vorgekommen fein mögen. 
2 Kür die Krankheiten der Neren mb der: —8 wer bes 
reits viel von: des Älteren Vorfahren geſchehen, fo daß. Aetius 
den Arbeiten derfelßen nichts wefentliches hinzufügen konnte 
Hat Hier die neuere Heilkunde ben Vortheil, von einer. wors 
geruͤckten patholögifchen Anatomie unterfläge zu werden, fe 
“waren bie Alten allein auf die Meobachtung der Zufälle .und 
der Ausfonderungen befchränke: Ein unheilbarer Schleimfluß 
der Blaſe mic häutigem kleienartigen Abgange und läftigem 
Jucken in der Schaamgegend, der in. Verſchwaͤrung uͤberzu⸗ 
gehen pflegte, wurde von Archigenes und dem älteren. So⸗ 
ranus Blaſenkraͤtze (Voclacis, Scabies vesicae), genannt 2) 
Blaſenkrankheiten von haͤmorrhoidaliſchem Urſprunge werden 
hier und da gut beſchrieben, und uͤber ſehr viele andere Uebel 
finden ſich bei Aetius die bedeutſamſten Angaben. 
Philumenos hielt jeden Durchfall fuͤr helſam, bis 8 


— 


1) Tetrabl. Ill. Serm. III, c. 22. — Vergl Coel. Aurch. 
Chron. L. V. c.4. 


A 


| 103° 
das Gegentheil auswies, und ſprach ſehr Eräftig gegen die um. 
vorfüchtige Unterdruͤckung dieſer Krankheit, meil er davon bie 


gefährlichften hitzigen Fieber, mit Hienwuth und Schlaffuct, 
fest eödtfiche Parotiden hatte erfolgen fehen 7). Den Durch⸗ 


fall zahnender Kinder zu. ftopfen, hielt man allgemein für-bes- 


deutlich *). Der Pmeumatiter Herodot befchreibt die Wurm⸗ 
uͤbel der Kinder vortrefflich, und ermähnt felbft einen Wurm⸗ 
haften. Er hielt den Bandwurm auffallend genug fuͤr eine 
krankhaſte Entartung der inneren Darmhaut, macht aber dieſe 
Arußerung ‚durch‘ die Empfehlung der Wurzelrinde bes 
Graͤnatbaums, als eines untruͤglichen Mittels dagegen, 
wieder gut *). 

Die branbige Bräune des Alterchums iſt bieſelbe 
moͤrderiſche Krankheit, bie in neuerer Zeit oftmals unter ben 
aufkeimenden Sefchlechtetn gewuͤthet hat *). Ihre Benennung 
bh Aerius (ze ir wugrdnias Auuade zu) iezagads) bes 
zeichnet ſehr treffend einen weſentlichen Zufall, bie fchorfigen 
Brandgeſchwuͤre, bie gleich zu Anfang das drohende Uebel zu 
erkennen geben, und bei Kindern eine entfernte Aehnlichkät 





, 


v Ebend. Serm. I. 3. 
2) Tetrabl. 1. Serm.IV. c. 9. 


3) Tetrabl. III. Serm. I. c. 39. 40. — Vergl. Cess. de Med. 
L.1V.- e: 17. p. 227. , der die duͤnnen Wurzelfaſern des Granatbaus 
wes in einer ſtarken Abkochung gegen den Bandwurm empfiehlt.- 
Heraus iſt erfichtlich, daß ſich die neuere Heilmittelfehre aus ber 
alten mit Nuten vervollländigen fönnte! Breton bat erſt wieder 
vor ſechs Jahren die Wurzelrinde des Granatbaumes als en uns 
trügliches Hausmittel der Hindus gegen ben Bandwurm in bie Keil 
mittellebre eingeführt. (On the Eficacy of the bark of the Po- 
megranate Tree in cases of Taenia.. Communicated by Dr. Ro- 


get. Medico-chirurgical Transactions. Vol. X]..2. 1821. pP 901.) 
4) Tetrabl, II. Serm. IV. e. 46. 





104 


mit den Dinnbfgmännucdhen darbieten. Dieſe Achnlichkeit 
diente den Beobachtern Jewiß nur zu einer oberflächlichen 
Vergleichung, wenn bier verfichert wird, die räume entfänbe 
bei Kindern - gewöhnlich aus Aphthen, einer im Altercheum 
vollftändig beſchriebenen und fehe richtig gewuͤrdigten Kranb 
beit '). Epidemiſch / kam bie brandige Braͤune erweislich [em 
im erſten Jahrhundert vor *), pflegte im Fruͤhjahr auczubre⸗ 
Gen, und wurde für auſteckend (Asıudöns) gehalten. Wahr⸗ 
ſcheinlich ift fie indefien fo alt wie das Menſchengeſchlecht, unb 
man darf vermuthen, daß auch das Scharlach mit ie im 
grauer Vorzeit vorgefommen fe; bemn dieſe Uebel ſind fich 
nahe verwandt, und die Umſtimmung des Lebens im Blute, 
von denen beibe als aͤußere Exfcheimungen herrühren, gewiß 
von atmofphärifchen Einftüffen abhängig, die nicht in ſpaͤterer 
Zeit nen entfianden fein können . Die Braͤune begann ge⸗ 
woͤhnlich ohne Vorboten, oder andere heftige Halsentzaͤndun⸗ 
gen wurden ihrer Boͤsartigkeit theilhaftig; ſie ſtieg auf das 
hoͤchſte, wenn die durchdringende Entzuͤndung die Haut aͤußer⸗ 


lich roͤthete, und entkam dann der Kranke der Gefahr zw 


1) Ebend. e. 39. Auszug aus Galen. Mit Unrecht glaubt 
Ketelaer, bie Aphthen ber neueren Zeit wären von denen bes 
Alterthums weit verfchieden. (Commentar. med. de Aphthis no- 
stratibus. Lugdan. Batav. 1672. 12.) 


2) X. a. DO. wird eine zweckmaͤßige Hellart von Arhigenes 
mitgetbeilt. Die Agyptifchen und fyrifchen Geſchwuͤre bei Aret aͤus 
gehören ebenfalls hierher. De Caus. et sign. acut. morb. L.T, c. 9, 

3) Damit ik nicht die Behauptung von Danger unterfchrie 
ben, ber in jeder brandigen Bräune das Scharlach erfennen wollte. 
Beide Krankheiten find als felbfifländige, wenn auch fehr in einan⸗ 
der uͤbergehende Formen zu trennen, wenngleich fruͤherhin Scharlach⸗ 


epidemien unter dem Namen der Bräune oftmals befchrieben fein 


mögen (Christ. Guil. Dangers, Diss. in “Angın. maligu. aetiol. , 
eiq.. conven. med. meth. inquir. Gotting. 1782. 8.) 


105 
erſticken, fo drohte ee aller inneren Hals⸗ 
theife. ' 

Noch immer galt die Ruhr, die Ar higenes im uͤbei⸗ 
gen vortvefflich beſchreibt), für eine Verſchwaͤrung der Daͤr⸗ 


me, und man war noch nicht frei gemug von Mebenvorſtellun⸗ 


gen, um fie als ein rheumatiſches Beten zu erkennen. — Die 
Krankheiten der Leber und. der. Milz beſchreibt Phi⸗— 


tagrius humoralpathologiſch und recht ausführlich, ermähne 


ſogar ſympathiſche Erſcheinungen, wie ben Huſten der Wilys 
füctigen, die eine tiefere Kenntniß Safer Eciben zu ve 
feheinn °. 7 

Die Begriffbeſtimmung der Caqherie —* corporis 
“ habitus) war im Alterthum faft fo ſchwankend wie in ber 


neueren Heilkunde, gewann Indeffen dadurch einigermaaßen an 


Klarheit, daß Archigenes den leucophlegmatiſchen Zuſtand ?) 
ausſchließlich mit dieſem Namen bezeichnete. — Die Beobach⸗ 
tung des Nerpenwurms hat Aetius nicht aus ber erſten 


Quelie, von Agatharchides *) ſondern von Leonides 


entlehnt °). 
Die Behandlung des Bluthuſtens iſt ganz zweckmaͤßig, 


ja es fehlt ſelbſt nicht das ableitende Aderlaß am Arm *); der 
welverdiente Rufus hatte diefe Krankheit, fo wie andere 


Bruſtuͤbel, oft nach Ausſchweifungen erfolgen fehen, und er: 


1) Tetrabl. IH. Serm. I. c. 43. 
2) Tetrabl. II. Serm. II. 0.7.15. 


3) Ebend. c. 19. — quum corporis habitus in aquositatem 


diffanditur. — $ür Hydrops anasarca kommi hier der zweckmaͤßi⸗ 


gere Name H. sarkites vor.- c. 20. 
4) Bo. 1. 8. 57. ©. 423, 
5) Tetrabl. IV. Serm. IF c. 88. 
6) Tetrabl. II. Serm. IV. c. 62. 


4 


1086 


Härte ihr Gufigeres Borfummen bei Drännern aus der Ber 
bindung der Saamenarterien mit den Bruſtabern ). Aetind 
empfiehlt gegen eine falfche, gaftrifche. Pleuritis wicht das 
gewoͤhnliche Verfahren, ſendern Abfährungen °), und andere 
gaſtriſche Uebel merken in der fehr ausfuͤhrlichen Abhandlung 
der Magenkrankheiten utrr den gemeinſchafelichen Nauen 
Cruditas (Galeni) und Crapula (Phikımeni) jufanumens 


. gefaßt *), in Aheer fehe richtigen Vehandbang beſticzt fich ber 


Scharffinn der Alten in ber Auffaſſung therapenttfch wich eiger 


eſachen, ber nur eben deshalb weniger auffallged hervortritt, 
weil ſie es unterließen, pathologiſche Anordnungen auf die 


Seilungsobjekte zu seinen. 
4 27. 


Kugenteittn abe ' 
Die Augenheilkunde war bei einem Verein günftiger Um: 


“ fände durch den Eifer zahlreicher Bearbeiter ſeit acht Jahr⸗ 


hunderten zu einer Vollendung gediehen, die andere Fächer 
noch nicht hatten erreichen fönnen. Die Anatomie des Auges, 
die fcharfe Unterſcheidung, ja ſelbſt die bedeutſame Bezeich⸗ 
nung feiner Krankheiten, die Auffaffıng krankhafter Vorgänge 
und die Srundfäge der Behandlung, dies alles zeugte von 
gebiegener Forfchung, der’ die neuere Angenheiltunde einen ges 
fihteten Scha& von Erfahrungen und eben dadurch bie wich⸗ 


‚tigften Beförderungsmittel ihres Fortfchreitens ya danken hat. 


Das Lehrbuch des Herophileers Deme ſthene P hilale⸗ 





1) Tertabl. I. Serm. Ill. . B—- I9. — Vergl. Oribas. Med. 


. eoll. L. VI. c. 38. p. 300. 


a 


2) Tetrabl. II. Serm. IV. c. 68. 
3) Tetrabl. IH. Serm. 1. e. 24. %. 


t 


107 


thes ®) und: die Werke des Thaobotius Severus; der 
bei der Tuͤchtigkeit feiner Leitungen nicht füglich ſpuͤter, als 
im dritten Jahrhundert gelebt haben bann *), liegen bes reich⸗ 
heftigen Augenheittunde bes Aetius hauptfächlich zum Grunde, 
nicht minder -find .aber auch bie übrigen namhaften Prager . 


bennbt um dieſe Lehre vollſtaͤndig abzurunden. 

Eine richtige Beſchreibung der Vindehaut (dsriwspduns ,. 
die. vielleicht uralt iſt, jedoch in ben früheren Bruchſtuͤcken 
nicht vorkommt, gereicht diefem Abfchnitte fchon im Eingange: 
zus großen Empfehlung ’). Einer hergebrachten Gewohnheit 
gemäß, den Urſprung einzelner Theile von benachbarten aͤhn⸗ 


lichen Gebilden herzuleiten, hielt mar die Bindehaut für eine | 
Fortſetzung der Knochenhaut, fo wie. hie.Sclerotica td 


bar in die harte Hirnhaut übergehen‘ follte. 


Die Hornhaut befteht nach Severus aus vier‘ Pua⸗ | 


ten, die biefer Augenarzt in einem fchickitch gewählten Namen 
(xraderss) mit den Ringen ober Schichten der Baumfänmie 
verglich *), eine. Entdeckung, die alsbald bie Eiterung zwiſchen 
den Hornhautplatten °) (cruzief, unguis) von dem Eiterauge 
(üwewver) *) unterſcheiden lehrte, und eine teeffliche Unter 
ſuchung des Traubenauges veranlaßte, wenn nicht etwa bie 
Beobachtung jener Augenuͤbel auf die Entdeckung der Horn⸗ 
hautplatten hinfuͤhrte. Man ließ jetzt das Traubenauge aus 


1) Bd. J. 5.49. &. 313. 

2) Bel. Galen kommt fein Name nirgends vor. 

3) Tetrabl. II. Serm. IH. ce. 1. — Es wirb ausörädtich ge 
Iehrt, die Bindehaut gebe vom Yugapfel auf die Yugenlieder über. 

4) Ebend. c. 29. 34, 

5) Ebend. c. 28. “ 

6) Der ganz pntice Name Aypopion .. Hypophthalmion 
bezeichnet bei Aetius die Buggillation der umgegend des Sage 
Tetrabl. Il. Serm. IV. o. 8. 


‘ 








108 j 

einer dreifachen Urſache entießen: Anfanımlung von Fluͤſſigkeit 
zwiſchen den Hornhautplatten, wodurch die Hornhaut ohne 
Verlegung ausgedehnt und vorgedraͤngt wird, Bildung einer 
Puſtel (Grourunuds) zwifchen den Platten, und Berſtung 
der Hornhaut mit betraͤchtüchem Vorfall ber is '). Das 
ſtark hervorragende Tranbenauge (Jaor clarus) befeitigte man 
durch Unterbindung *), nicht nad, ber Celſiſchen Weife *), 
fondern fo, daß zwei doppelte Faͤden, der eine ſenkrecht, ber 
anbere wagerecht an feinem Grunde durchgezogen, unb darauf 
bie ſenkrechten einfachen Faͤden mit den wagerechten zufanımen: 
geſchnuͤrt wurden. 

Urfprünglich hob fi bie Augenheilkunde durch das Be⸗ 
bhefuiß. Kein Demoſthenes wäre erſtauden, Hätten nicht 
diefelden Uebel Aegypten, Kteinafien und fo "bie übrigen beißen 
Länder heimgefucht, die noch eben fo in unfern Tagen den 
eiften Sinn unabläffig gefährden. Augementzündungen ıumb 
Schleimfluͤſſe wütheten zu allen Zeiten weit und breit, bas bes 
zeugen mit den Sefchichtfchreibern die Aerzte, und beredter als 
alle gefchichtlichen Angaben die vielfältige Dorge aller Voͤlker 
des Alterthums für ihre Augenkranken, die durch kunſtloſe Ex: 
wägung-der Umftände manche abentheuerliche, aber auch mans 
che erfprießliche Rettungsmittel von Blindheit und Entftellung 
bes Auges erfinden ließ, während Aberglauben und Vorurtheil 
unabläffig von der Auffindung des Rechten und Zweckmaͤßigen 


. ableiteten. Eyrus verlangte vom Könige Amafis einen aͤgyp⸗ 


tifchen Augenarzt *); Lykurg erbaute Der Athene Oph- 


1) Tetrabl. II. Serm. II. c. 3. | 
2) Ebend. c. 36. Ä — 
3) De med. L. Vi. c. 7. p. 431. $. 11. 

4) Herodot. L. 111. c. 1. | 


108 


‚ thalmitis (oder Optiletis) einen Tempel '); Zenophon 
gedenft einer Augentzündung, die während des Ruͤckzuges der 
zehntaufend Griechen durch ungewohnte Kälte und ben Anblick 
blendender Schneeflaͤchen entftanden, ihm viele feiner Krieger 
entzog *); auch kannten bie Asklepiaden vor Hippokrates 
eine Augenentzündung, die Blindheit und Tod verurfachte ?). 
Unftreitig ift dies Uebel häufig vorgekommen, denn die Hippo⸗ 
kratiſchen Werke find voll von denkwuͤrdigen Aeußerungen dar⸗ 
‚Über, die in ihrer Geſammtheit ein lebendiges Bild des Le 
dens geben, und nur ans einer reichen Erfahrung gefchöpft 
ſein innen. Epidemifche entzündliche Schleimfluͤſſe (10040 
mins uygal'*), jeadus *), Sptmruel Ansärrss *)) der Augen 
erwähnt Hippofrates felbft häufig, und beſchreibt ihre viel⸗ 
fältigen Abftufungen in feiner unuͤbertroffenen Weiſe. Ver⸗ 
fhwärung der Hornhaut, Auswärtsfehrung der Augenlieder, 
Berſten des Augapfels, waren ihre gefürchteten Ausgänge und 
- Bolgeibel, die naturgetren von ihm gefchlidert, nirgends’ einen 
Zweifel über die Art der Krankheit übrig laſſen. Ss folge 
ihm Hierin feine ganze Schule, deren fämmtlihe Anhänger bie 
entzündlichen Augenfchleimfläffe für katarrhaliſche, d. h. durch 
ſcharfe Ausfluͤſſe des Hirns verurſachte Krankheiten hielten 

(jewpara, Auxiones, destillationes) — ganz nach der uralten, 


1) Pausan. Lacon. III. c. 18. $. 1. p. 408. od. Fac. ' 

3) Anabas. L.IV. c.5. 8.12 —14. j | 

8) Coae. 222. p. 541. a. 

4) De Aöre ag. et loc. IV. p. 330. a. 

5) Epid. I. Sect.2. 8.14. 2.667... — Dergl de adre ag 
et loc. VI. p. 332. 

6) Prorrhetic. II. XXVIU. p. 506. a. Die Dauptfelle aus 
eigem unbezweifelt Achten Werke, 





110 


vorwiſſenſchaſtlichen Ueberlieferung *). Diefe humoralpathols⸗ 
giſche Annahme, urſpruͤnglich die natuͤrlichſte, die ſich ergeben 
Sonnte, blieb tm ganzen Alterthum bei Aerzten und unter dem 
Volke die herrſchende — ſie liegt uͤberall der Behandlung 
jener beſorglichen Uebel zum Grunde. Des Herophileers De⸗ 
moſthenes Kenntniſſe von den Augenentzuͤndungen ſind lei⸗ 
der eben fo wenig als bie Meinungen feiner Machfolger bis 
auf Telfus *) aufbewahrt worden; Die ganze Zwiſchenzeit iR 
dunkel, und dabei läßt Die Beibehaltung des ſchwankenden 
Namens vp$arnin (Lippitudo, bei Ceſſus Pituitae cursus) 
für alle Formen von Augenleiden mit Nöthe und Ausfluß 
für ſich allein feine günftigen Vorausfegungen auflommen, — 
aber doc) hat man Grund zu vermuthen, dag die Erkenntniß 
jener Grunduͤbel weiter gediehen ſei, waͤhrend ein reger Eifer 
für die Augenheilkunde das Große wie das Kleine ſtreng wiſ⸗ 
fenfchaftlich ordnete. 

Auf einmal trite nun Theodotius Severus mit 
einer Befchreibung der Inneren Augenliedflächen in Schleim 
fläffen hervor, die den fchönften Dentmälern einfacher Naturs 
beobachtung nur wenig nachſteht *). Noch, fcheint es, hatte 
niemand die Lnebenheiten der Bindehaut bei entzündlichen 
Schleimfluͤſſen einer genaueren Aufmerffamkelt gewürdigt; man 
war nur flüchtig darüber hingegangen, und es fehlte bis jeßt 
an bezeichnenden Benennungen für ihre Unterſchiede. Seve 
rus dagegen erkannte deutlich ihre ſtufenweiſe Fortbildung von. 


1) De Glandul, IX. p. 419. 12... — Epid. VIE 37. 6 
p- 480.2. — De vet. med. XXXII. 1, p. 32.2. — omnigenas 
acrımonias habentes fluxiones. 
2) De med. L. VI. c. 6. p. 346. Eine lehrreiche, von ber Hip 
pofratifchen wenig abweichende Befchreibung der Augenfchleimfläffe. 
3) Tetrabl. II. Serm. Ill. e. 43. 


‚ 111 
der Größe eines kleinen Hirſekorns bis zu den wulſtigen tief: | 
eingefehnittenen Fleiſchwarzen. Amcurass renxiraus und wuac- 
es find feine Namen für diefe Suftände, der erfte für bie 
Bildung der ‚geringften Erhabenheiten, die nur eben erft wit 
bloßem Auge zu erkennen find, der zweite für Die mehr · her⸗ 
vortretenden, der dritte fuͤr die ganz fleiſchigen, wie auf eitern⸗ 
den Oberflaͤchen. Waͤre nur ſchon die Erfindung der Linſen⸗ 
glaͤſer der Naturforſchung zu Huͤlfe gekommen, gewiß hätte 
er auch die ſammetartige Oberflaͤche der Bindehaut bei dem 
erften Eintreten entzuͤndlicher Schleimfluͤſſe beſchrieben und das 
durch feine Beobachtung noch mehr vollendet,. ald es ihm für 
feine Zeit möglich war. Auch von dem Deißbrauche der Col⸗ 
lyrien ſah Severus Linebenheiten der Bindehaut (durizure, 
senzunars ")) entſtehen, ſtellte die chroniſche Verhaͤrtung der 
mittleren Fleiſchwaͤrzchen (vdAwess) als eine eigene Krankheits⸗ 
form auf, und erklärte. fih fehr zeitgemäß gegen alle rohen 
Verfahrungsweiſen bei Anfchwellungen ber Bindehaut, vor: 
züglich gegen ben Gebrauch ber reißenden Werkzeuge und Geb 
genblaͤtter 2). Die neuere Augenheilfunde beftimmt die Zeit: 
räume der Augenfchleimfläffe nach .der Verfchiedenheit der Abs 
fonberung, ohne damit etwas befferes geleiftet zu haben, oder 

einen Schritt weiter zu kommen, ald Severns. 
Die Anftelungstraft her epidemifchen Augen⸗ 


* 





1) Der Name renzwuurn iſt erweistich früher für wulſtige 
Verbärtungen der Augenlieder, aber gewiß in einer mehr empirifchen 
Bedeutung vorgefommen. Galen. hat Pdenuxa seuzwudenn; 5 

d. h. Mittel, die harten Unebenheiten der Augenlieder aufzuldſen. 
Meth. med. L. XIV. c. 19. f 


+ 2%) Sein gewöhnliched Mittel befland aus Testa sepiae 3 viij, 
Pumex 3 viij, Rubrica sinopica, Ammoniacum‘ thymiama sing. 
5x Gummi 3 viij in der gehörigen Menge Waſſer. =. a. O. 
Unzaͤhlbarer anderer wicht zu vcdenlen. 


\ 


En 


v 








112 en 

entzändungen war ſchon in Hippokrates Zeitalter fe 
allgemein anerkannt, daß auch bei den Michtärzten daruͤber 
feine Zweifel obmwalteten 7). Sie fonute nur durch die 
ſchlichte Volkserfahrung ermittelt worden fein, weil die Aerzte 
ie Anſtecung als einen Gegenſtand pathologiſcher Unterfe 
hung nie in Anregung gebracht, fondern es bei den Wolle: 
kenntniſſen haben bervenden laffen. So iſt es denn auch ge 
fommen, daß in widtigen Werten, ſelbſt bei Eelfus und 
Aettus, davon gar nicht die Rede iſt, während wieberum 
Galen verfichert, die epidemifche Augenentzändung fei fo am 
ſteckend wie die Pet und die Kraͤtze °) und nah Aetius 
Alerander die Anftectung durch Augenentzündung leicht wie 
bei der Kräge und Schwindſucht erfolgen fah °). 

Die Annahme, der Augenfchleimfluß ſei ein rheumati⸗ 
fches Leiden, wurde im Volkeglauben wie von ben Aerzten 
noch weiter ausgefponnen. Man hielt das Blut allee Kopf 
vonen für den Träger der Schärfen, die zu den Augen bie 
Krömten, und erflärte biefer Vorſtellung gemäß bas Lehel 
für heilbar, wenn dieſe in den Adern der äußeren Bedeckun 
gen, für unheilbar, wenn fie in den Adern ber Hirnhoaͤntt 
und ihren Fortſetzungen nach ben Augen enthalten waͤren *) 
Sn Griechenland war diefe Anficht der Sache fon ſehr früh 
allgemein gültig, und beftimmte demnaͤchſt bie Behandlung, 
— — u fpäter: 

1) Der Gewaͤhrsmann ift Plato tm Phaedrus, Steph. 256. 
Es wird hier von einem Dienfchen, der von einer Empfindung er 
griffen worden ifl, bie er als von außen in ihn verpflanzt betradtm 
muß, weil ex Beine Innere Quelle berfelben kennt, gefagt: „er fi we . 


ein Menſch/ der von einem andern eine Ophthalmie b bekommen bat“ 
ler ir dev Pr uiar awerimunng, 
2) De Different. febr. L. I. e. 2. — De Puls. diff. L. IV. «1 
3) Problem. 35. p.258. — 312. p: 41. ©. weiter unten. 8.41 
4) Cels. de med, L. VII. c. 7. p. 436. $ 15. 


En} 


Ä ls 
ſpaͤterhin finder fie ſich bel allen Wölfen. Die Hippokratiker 


und Artſtoteles empfahlen das Schroͤpfen an den Kopf 


venen !), das Brennen der Schlafvenen und die Zerſtoͤrung 
der übrigen Kopfadern durch Schnitte und langſame Vernar⸗ 
bung wis ein befansites Verfahren °), ja ſelbſt das Durch⸗ 
brennen der Schlafarterien *). Es war natuͤrlich, daß man 
daran dachte, bie verderblichen Kandle zu verfiopfen, und dies 


geſchah num eben durch das Brennen der Blutadern mit dem 


Gluͤheiſen, oder vermittelft des Durchſchneidens und der lang: , 
ſamen Vernarbung, oder durch‘ das Ausſchneiden derſelben, 
auf ſehr verſchiedene Weiſe. 

Zuerſt uͤberzeugte man ſich durch das Aufftesichen huſcan 


menziehender Mittel auf den abgeſchorenen Kopf, von den 
Augenbraunen bis zum Scheitel, ob die Schärfe aus den 


Adern über oder unter dem Schädel herrührte. Wenn danach 
der Schleimfluß aufhörte, fo hielt man das Uebel nur für 
äußerlich; blieb er dagegen unverändert, fo ſtand es feſt, daß 
bie Schärfe in ben inneyen Abdern bereitet wuͤrde; tat nur 
Einderimg. ein, fo. war fie in: allen Kopfadern enthalten *). 
Die ‚Stellen zu den Einſchnittia zur beabfichtigten Verſto⸗ 
pfung: ber Venen, wurden dan verſchiedentlich, jedoch Immer 
mit iner ähnlichen Genauigkeit beffimmt, wie bei.den. Chines 
fen zum Brennen mit der Moxa. Gewöhnlich madte man 
nem Einſchnitte, zwei. ſenkrechte afı Hinterhaupt und einer. 
Querſchnitt darüber, zwei wagerechte Über den Ofen und 


einen Querſchnitt dazwiſchen, und endlich rechtwinkelig mit 





1) Hipp. de Visu, V. p. 264. p. 

2) Aristotel. Problem. 81. Sect. V. 

3). Hipp. de Loc. in hom. CXXIII. p. 376, 77. a. | 
4)6.Chu.naD © 
1. H 


⸗ 





vg ’ 


114 


dieſem brei Laͤngeſchnitte zwiſchen Scheitel und Stirn. Eis 
geftopfte Cherpie follte alsdansı das ſchnelle Verheilen verhins. \ 
dern, und fo erreichte man feinen Zweck. — Nah einer am: 
dern Weiſe ſchnitt man mitten auf dem Scheitel ein, uub 
brannte deu Schaͤdel mit. dem Giuͤheiſen, zugleich aber anch 
ohne Einſchaitte bie fichtharen Blutadern zwiſchen Scheitel 
and. Stirn. — Fuͤr noch wirkſamer hielt man das Verfahren 
ber Afrikaner, bie die Scheitelbedeckungen fo durchbranuten, 
daß ſich ein Knocheuſtuͤck ablöfie. — Die aber ganz ſicher 
sehen wellten, bradyten bie Venen durch leichtes Zuſammen⸗ 
fchuüren bes Halſes, während der Kranke ben Athen anpielt, 
zum Anſchwellen, bezeichneten die am meiften hervortretenden 
. mit Tinte, durchſchnitten ſie dann, damit moͤglichſt viel Dim 
‚ fließert follte, und brannten noch 'außerben wis dem Gluͤh⸗ 

eifen, an. den Schlaͤfen oberflaͤchlich, zwiſchen Stirn - und 

Scheitel aber 40 auf ben Snacen. So war e4 in Gallien 
üblich. 

Dat Vernnen ‚der "Shin mit dem Gluͤheiſen oder 
nit Waßbolgmarf tabele Aotius «is ein rohen. Verfahren, 
das ven frrmben Villen herruͤhre, und beſchreibt eine Ope⸗ 
ration ?), die zu Ende deA.zweiten. Jahrhunderts zuerſt um 
tee dem. Namen Periscythismüus vorkommt”)... Dem 
Yugenloanfen wurde in der ganzen Breite der Stirn, nicht 
weit.hinter der Sränze der Haate, die Haut bis auf den 
Knochen Lurchgefchnitten, wobei bie Brennen) und bie Sal 
— — 

1) Tetrabl. IL. Ser. II. c. 88. 

2) Galen. adser. Introduct. c. 18. — Ilgirxvdile beißt nad 
Urt der Scythen die Haut des Hirnſchaͤdels abziehen; davon wegseze- 
Sıenes, wofür bei Aetius und Paul von Yegina (L. VI. c. 7.) 
faiſchlich wegienvQienen ficht. Vielleicht rührt bie Operation von 
den Scythen ber, wie nach Hipp. de Aëcr. aq. et loc. XLVIL L 

p. 355. und 4. p. 357. a. zu vermuthen iſt. 


° 


" 
! u 115 
femmusfeln vermieden wurden. Man trennte auch ſelbſt die 


Knochenhaut, ſtopfte Charpie ein, und heilte den Schnitt 


langſam mit einer breiten Narbe. Dabei hatte es ſein Be⸗ 
wenden, wenn die Schaͤrfe nur aus dieſer Gegend den Aus 
gen zuſtroͤmte; waren aber auch die Schlafadern verdächtig, 
fo machte man von den Enden der breiten Querwunde aus, 
auf jeber Seite einen halbmondfoͤrmigen Schnitt, ‚von dem 


-Mande des Schlafmuskels bis mitten auf die Stirn, bie 


hohle Seite nach Hinten gerichtet. Die Aethiopen folleri mie 
diefen Schnitten ſchon Ihre Kinder entftellt haben, um fe le⸗ 
benslaͤnglich vor Augenuͤbeln zu bewahren °). 

Eben dieſer Entftellungen wegen erfand man ein anderes 
erfahren, Hypospathismus genantit, das mitt dem Peri- 
scythismus von’ gleichem After zu fein ſcheint *). Ueber ber‘ 
Stirn murden drei, zwei -Querfinger lange, und drei Quer⸗ 
finger von einander. entfernte Pängsfchnitte, bis auf den Kno⸗ 


chen geführt, daralif die beiden Hautbruͤcken mit einem eige⸗ 


nen fpathelförmigen Inſtrumente (Hypospathister,' bei Ga⸗ 


' 


fen Spathordela) vom Knochen gelöft, und endlich mit einem 


ſchmalen Meſſer, den ˖Ruͤcken nach unten gekehrt, die Gefäße 


‚unter der Haut, die nicht verlegt werden durfte, in verfchter 


U 


benen Richtungen durchfchnitten. Das Wiederanheilen bei 
Huntbruͤcken überließ man der Natur, und forgte nur für 
langfame Wernarbumg der drei erflen Schnitte. Wle der Hy⸗ 
poſpathismus feine bedenklichen Zufäkle erregt haben follte, ift 
nicht abzufehen, auch verwirft ihn Aetius, wie es fcheint, 
aug dieſem runde, zu. Sunften des nicht viel weniger zohen 
Heriſcythismus. Beide ‚Optionen ſ find jedoch nicht unbe⸗ 


1) Ace. . a. ©: e. DI. 


2) Galen. a. a. D. - Act. a. D. &.92. — —— 
net. L. VI. ce, & 


52 ’ 


116 

dinge für nutzlos zu erklären, wenn fie auch ben Zweck ber 
Ableitung, dem das Stüheifen und kuͤnſtliche Eiterungen mebe 
entfprechen, auf einem weiten Umwege erreichten. 

Außerdem befämpfte man endlich noch die Augenfchleiuss 
fluͤſſe durch die doppelte Unterbindung, «yysereyia, eine feis 
mere Operatiok zur Schließung ber verdaͤchtigen Venen "). 
Man befceite die Sefäße von dem umliegenden Zellgewebe, 
legte vermittelt einer frummen Nabel zmei Fäden darımter, 
ließ fie dann aus einem Einſchnitt reichlich bluten, und ſchnitt 
fie endlich in ber. Mitte quer durch, nachdem man bie Fäden 
in gehöriger Entfernung zufammengefchnüärt hatte. Man bes, 
diente ſich vorzugsweiſe der Angiologie, wem nur ein Auge 
ergriffen war, und verfuchte fie in dem balbfeitigen Kopf 
ſchmerz, einem Uebel, das einer gleichen Urſache zugefchrieben 
wurde, von Alters her vielfältig °). 

Die Übrige Behandlung ber Angenentzündungen und der 
verwandten Leiden if bei Aetius die alterthuͤmliche. Die 
Arteriotomie, bei der man es gern Bis zur Ohnmacht kommen 
ließ, vernichtete man vorzugsweiſe hinter: den Ohren, aus 
Zurcht die Schlafmuskeln zu verlogen, ‚md mit ihr boten 
das Aderlaß, ſtarke Abfuͤhrungen, Bäder, und ſtrenge Lebenss. 
ordnung nach urfprünglich Agpptifchen Regeln ’), vereint mit 
einee unzählbaren Menge äußerer Heilmittel von. ungleiche. 

Werthe, dem praktifchen Sinne der griechiſchen Aerzte rriche 
Huͤlft quellen bar zus Abwendung maynigfacher Elends. Ueher⸗ 
nn . a. ’ or) 

1) Tetrabl. II. Serm. III. c. 98. — Vergl. Paul Acg. L. VI. 
ed. — Galen. a. 0. D. — Celfus (a: a. ©.) bebiente fich das 
für der Ausdrucke ‚Venas legere, : deligere, 

23) Vergl. Aristotel. 0. 0. D. — Hipp..de Loe. in kom. 
C. XXI. p. 376, 7. a. 

3) Tewebl. II. Serm. IIL,e. 6-10. 


x 


| | 117 
al ſcheint das Verdienſt des treffücen Demofthenes ‘), 


des Antyllus und des Severus durch, in der Unterſchei⸗ 
dung der Krankheitäformen wie in deren Behandlung. Schwäs 


"che der Augen (Atonia), Amblyopfe, Amauroſe, den grauen 


Staar‘?), beſchreibt Demofthenes ſehr genuͤgend, und als 
ein Beweis wohlbenußter Erfahrung mag es gelten, daß man. 
es für bedenklich hielt, Augenfelle (Pterygia) mit beginnens- 
dem grauen Staar zu entfernen, weil die Werbunfelung der 
Linfe dadurch befchleunigt würde *). Die Befchreibung eines - 
feltenen Augenübels, bes Hervorwachſens einzelner Borſten 
aus der Bindehaut des Augapfels (’Trichiasis conjunctivae), 
wollen wir als ein Beiſpiel forgfamer Beachtung des minder 


wichtigen Einzelnen anführen *). 


Chirurgie 


Die Chirurgie war in dieſem Seitalter nicht mehr erfins 
dungsreih, — wie ja auch die ganze Übrige Heilkunde, auf 
das Beſtehende befchränkt, ihre innere Regſamkeit fchen, fängft 
verloren hatte, — aber fie, war auf die Leiftungen treffliher . 
Vorgänger gegründet, und noch Immer führte man mit Ums 
fiht Operationen aus, bie den Much und die Kenntniffe ihrer 
Unternehmer in einen günftigen Lichte erfcheinen laſſen. Hier— 
her gehöre vor allen die Operation der Pulsadergefchwulft am 
Arm, eines Uebels, das nach Aderläffen häufig vorfam, im 
erften Sjahrhundert, wie es fcheint, noch nicht deutlich erfannt 


1) Ebend. c. 12. 16. 

2) C. 44. 47. 48. | i 

3) C.58. © 

4) C. 57. — Vergl. Journal ber Chirurgie und Angenheilt. 
BIN. ©. 3832 ı 








118 | Du 
war *), aber von Galen unter dem Mamen Aneurys- 
ma ‚den übrigen Krankheitsformen beigefellt wird ). Phik 
agrtus ?), der in der Kenntniß der Aneurysmen viel weis 
ter vorgeruͤckt if, und fie an vielen Theilen des Körpers, 
vorzöglih am Kopf und am Halſe durch heftigen Klutans 
drang hatte erfolgen fehen, hielt die Pulsadergefhwulk am 
Arm für allein heilbar, und hat wahrfcheinlich zuerk eis bis 
tiges, bei den erſten Verſuchen freilich weitläuftiges Verfah⸗ 
‚ ven zu ihrer DBefeitigung angegeben. Er bezeichnete zuerſt bie 
Lage ber Dberarmfchlagader, machte dann brei .oder vier Kim 
ger breit unter der Achfelhöhle einen Längsfchnitt, legte die 
Arterie bloß, wie bei der Angiologie. die Blutadern, umter 
band fie doppelt, und durchſchnitt fie in der Mitte. Nach⸗ 
dem die Wunde mit Weihrauchpulver und. Charpie verbunden 
war, fehnitt er dann die Pulsadergeſchwulſt im Ellenbogen 
furchtlos auf, entfernte die Blutgerinnſel, fuchte die noch bins 
tende (untere) Arterie auf, unterband fie wie bie obere dop⸗ 
pelt, und ließ endlich die Wunde gehörig auseitern *). Diefe 
Operation wäre der dee des Hunterſchen Verfahrens fehr 
nahe gefommen, wem Philagrius die obere Unterbindung 
nicht bloß um der Blutung vorzubeugen unternommen, umb, 
die fonftige Anwendbarkeit dieſes Verfahrens am Arm dahin⸗ 
geftellt, Die nachherige Verkleinerung ber Geſchwulſt der Na 
. tur überfaffen hätte. | > 





1) Ceds. de Med. L. II. c. 10. p. 81. 

2) De Tumor. C. 11. — Hier wirb ber YUnterfchieb des Anen- 
rysma bom Varix deutlich angegeben. — Vergl. Meih, med. L. V. 
e. 7. — De curand. ration. per sang. miss. C. 22. 

3) ©. oben 8.18. ©. 69. 

4) Tetrabl. IV. Serm. III. ec. 10. — &o verflebe ich dieſe ganz 
beutlihe Stelle Sprengel hat meined Erachtens das Verfahren 
des BR onen ganz unrichtig dargeſtellt. Geſch. der Chirurgie, 
Bd. 1. ©. 438. 


wo / 
. 4119 0° 
Der Bruſtkrebs, eine häufige, vlelgefuͤrchtete Weider 
krankheit, wurde ſchon vor dem erften Jahrhundert mit Schireis 
den und Brennen auf eine fehr rohe und ganz erfolglofe Weife 
behandelt "). Die meiften Aerzte Fannten jeboch die Gefahr, 
jedes gewaltfamen Eingreifens bei Krebsuͤbeln, fie richteten 
ſich nah Hippokrates Ausfpruch *), der Schonung ande: 
fahl, und erhielten ihre Kranken mit Bruſtſcirrhen durch fan 
tes, einhüllendes Verfahren oft bis in das ‚fpätefte Alter’). 
Philozenus *) kannte fon den Krebs der Gebärmutter 
und der Därme; er nannte Ihn ben verborgenen (Cancer oc- 
eultus), doc, erhielt diefer Name bald nach ihm die.in de , .- 
neueften Zeit übliche Bedeutung, fo daß man nämlich einen 
. Scirrhus damit bezeichnete, der dem Aufbruche nahe ſtand. 
Die praktiſche Eintheilung des Krebſes in den verborgenen 
und den offenen galt uͤberhaupt fuͤr die wichtigſte, und von 
beiden iſt die Beſchreibung bei den beſſeren Aerzten, deren 
Bruchſtuͤcke aufbehalten ſind, der Natur angemefien. Den. “ 
offenen. Bruſtkrebs ruͤhrte man als ein unheilbares Uebel eben 
fo wenig als tiefgewurzelte und feſtſitzende Scirrhen) an; 
nach dem gluͤcklichſten Erfolge füschtete man wenigſtens die 
den Tod befchleunigende Wiederkehr des Leidens. Die bewegs 
lichen und oberflächlichen .Bruftfeirchen aber ſchnitt man zu 
Ende des zweiten Sahrhunderts, um die früheren Verſuche 
zu übergehen, ohne DBeforgniß aus. . Leonides, ber um diefe 
Operation einige Verdienfte hat, bediente ſich dabei in den 
leichteren Zällen keines Mittels zur Blutſtillung, fein Zeitger 
1) Ceis. de Med. L. V. e. 25, &. 2. p. 318. 
2) Aph. v1. 38. ° . 
3) Vergl. Col. a. a. O. 
4) Vd. J. 5. 80. &. 320. 
5) Tetrahl. IV. Serm. IV. c. 50. 


- 
. t 


8 
⁊ 





120 


nofie Galen erklaͤrte ſelbſt die fortgefehte Blutung bei ber 
Ausesttung ber Bruſtſcirrhen für notbewendig, denn er hieit 
das Uebel für atrabilariſch, und mithin das Blut in der Um 
gegend für ſchadhaft, weshalb er denn auch die Operation 
nicht ohne vorherige Reinigung von fchwarzer Galle vorne 
men wollte '). Es ergiebt fi hieraus, daß Galen fchwer 
lich diefe Operation je ausgeführt, oder unter bedenklichen 
Umftänden verrichten gefehen hat, fonft würde er gewiß Ak 
Gefahr der Verblutung erfaunt, und nicht zum Nachtheil fei 
ner fpäteren Verehrer mit Stillſchweigen übergangen haben. 
Leonides, ber hierin ohne Zweifel erfahrener, aber bei bis 
tigen Operationen überhaupt fehe unbeholfen war *), wollte 
dieſer Gefahr durch das Brennen mit dem Gluͤheiſen entge 
ben. Er legte die Kranke auf den Rüden, ſchnitt Äber dem 
Seirrhus im Gefunden ein, ſtillte das Blut mit- dem Gtäß 
eifen, und entfernte dann die Geſchwulſt durch die noͤthigen 
Meſſerzuͤge, indem er dazwifchen immer wieder brannte, ımb 
wenn endlich das Schneiden vorüber war, fo brannte er noch⸗ 
mals die ganze Fläche, nicht um bie biutenden Gefäße zu ver: 
fchließen, fondern um alles Kranfhafte auszurotten. Es iſt 
nnerklaͤrlich, warum man bier nicht zur Unterbindung feine 
Zuflucht nahm, bie fih als das natürliche Verfahren von 
ſelbſt darbot, und bei biutigen Operationen fchon längft einge 
führe war. Es muͤſſen aus irgend einem Grunde Vorurtheile 
‚ dagegen aufgefommen fein, fonft hätte man gewiß die Erfah⸗ 
rungen eines Archigenes beffer in Ehren gehalten, der fchen 
hundert funfzig Jahre früher bet Ablöfungen größerer Glied 

maßen die Schlagadern unterband ?), und Leonides würde 


1) Meth. med. L. XIV. 9.5.8 
2) 3b. 1..8.62. ©. 464. 
3) Ebend. ©, 459. — In einer, wahrfcheinlich untergeſchobenen 


- 


9 


, » 121 
nicht den bedenklichen Ruͤckſchritt gethan Haben, feine Krauken 
bei eben ‚diefer Operation aufs neue ber Verblutung auszu⸗ 
fegen. or | 

Die Behandlung vergifteter Wunden hat in diefem Jahr⸗ 
hundert nichts auegezeichnetes, ober dem Zeitalter eigenthuͤm⸗ 
liches: Aetius Hat darüber eine ausführliche und zum Theil 
ſehr verdienftvolle Arbeit von Arhigenes aufgenommen, bie 


“manche gute Beſchreibung der Folgen von Schlangenbiſſen, 


und manche zweckmaͤßige, aber auch manche weitlaͤuftige und 
nutzloſe Verfahrungsweiſe enthaͤlt, und wie es ſcheint, das 
Geſammtwiſſen der griechiſchen Aerzte umfaßt, in dieſem fuͤr 
die Bewohner heißer Erdſtriche fo- wichtigen Gegenftand. Es 
befand die allgemeine Vorſchrift*), jeden giftigen Biß fo _ 
Schnell als möglih mit Effig und Wafler auszumachen, banı 
mit dem Munde auszufaugen, und, nachdem man Afche mit 
Effig aufgelegt, langſam verheilen zu laffen. Es war jedoch 
bekannt, daß das Ausfaugen für den Hülfeleiftenden nicht fo 
ganz unfhädlich fei, als ein, in alter und neuer Zeit gewoͤhn⸗ 
liches, Vorurtheil glauben machte, deshalb fiherte man fich 
durch Del in den Mund genommen, und entledigte ſich nach⸗ 
her forgfältig des Ausgeſogenen. In dieſem einfacheg Vers 
fahren find die beiden wirkſamſten Mittel vereinigt, die es 
überhaupt giebt, und es ift zu vermuthen, daß unzählige Vers 
unglückte dadurch gerettet worden find, bei denen man nicht 


die Mittel des Aberglaubens und der ärztlichen Theorien vors 


zog. Auch das blutige Schröpfen vergifteter Bißwunden, das 


Schrift Galen's (Introduct. C. 18.) findet ſich noch mit wenigen 
Worten angegeben, einige Aerzte hätten Bruſtſeirrhen mit gluͤhenden 
Scheermeflern ausgefchnitten. Wabrſcheinlich iſt jedoch diefer Vor⸗ 
ſchlag nie in Ausfuͤhrung gefommen. 


1) Tetrabl. IV, Serm, T. © 10. 











En Bun VE 





° 


12 Ä u 


"entzändungen war ſchen in Hippokrates Zeitalter fo 


allgemein anerkannt, daß aud bei. den Michtärzten darüber 
feine Zweifel obwalteten 2). Sie konnte nur durch bie 


ſchlichte Volkserfahrung ermittelt worden fein, weil die Aerzte 
die Anftedung als einen Gegenſtand patholsgifcher Unterſu⸗ 


ung nie in Anregung gebracht, ſondern es bei den Volle: 


"Senntniffen haben beenden lafien. So iſt es denn auch ges 
fommen, daB In wichtigen Werken, felöft bei Ceiſus und . 


Aettus, davon gar nicht die Rede iſt, während wiederum 
Salen verfihert, die epidemifche Augenentzuͤndung fei fo ans 


ſteckend wie bie Peft umd die Kräge ?) und nach Aetius 


Alerander die Auſteckung durch Augenentzündung leicht wie 
bei der Kräge und Schwindſucht erfolgen ſah °). 

Die Annahme, der Augenfchleimfiug fet ein rheumati⸗ 
fies Leiden, wurde im Volksglauben wie von ben Aerzte 
noch weiter ausgefponnen. Man bielt das Blut allee Kopfs 
vonen für den Träger der Schärfen, die zu. den Augen bin: 
Rrömten, und erflärte dieſer Worftellung "gemäß das Uebel 
für heilbar, wenn biefe in den Adern der äußeren Bedeckun⸗ 
gen, für unbeilbar, wenn fie in den Adern der Hirnhaͤute 
und ihren Fortfekungen nach den Augen enthalten wären *). 
In Griechenland war diefe Anficht der Sache ſchon fehr fruͤh 
allgemein gültig, . und beftttmmte demnaͤchſt die Behandlung, 
ſpaͤter 

1) Der Gewaͤhrsmann iſt Plato im Phaedius, Steph. 256. 
Es wird Hier von einem Menſchen, der von einer Empfindung er 
griffen worden if, bie er als von außen in ihn verpflanzt betrachten 
muß, weil er keine Innere Duelle berfelben kennt, gefagt: „er fei wie 
ein Menſch, der von einem andern eine Ophthalmie bekommen Hat,” 
el ar dem EXXX 

2) De Different, febr. L. I. c. 2. — De Puls. dıff. L. IV. cl. 

3) Problem. 35. p.258. — 312. p: 41. ©. weiter unten. $.41. 

4) Cels. de med, L. VU. c.7. 9.486.515. 


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fpäterhin finder fie ſich bei aflen Wölfen. Die Hippokratiker 


und Arifioteles empfahlen das Schroͤpfen an den Kopf _ 


venen "), das Brennen der Schlafvenen und bie Zerfiärung 
der übrigen Kopfabern durch Schnitte und langſameVernar⸗ 
bung als ein befansites Verfahren *), ja ſelbſt das Durchs 
brennen der Schlafarterien °). Es war natürlich, daß man 
daran dachte, die verderblichen Kandle zu verflopfen, und dies 


geſchah nun eben durch das Brennen der Blutadern mit dem 


Gluͤheiſen, oder vermittelt des Durchfchneidens und der lang⸗ 
füamen Bernarbung, oder durch‘ das Ausſchneiden derſelben, 
anf ſehr verfchiedene Welke. 

Zuerft überzeugte man. fih buch das Aufſtroichen huſcan 
menziehender Mittel auf den abgeſchorenen Kopf, von den 


Augenbraunen bis zum Scheitel, ob die Schaͤrfe aus den 


Adern über oder unter dein Schädel herruͤhrte. Wenn danach 
der Schleimfuß aufhörte, fo hielt man das Uebel nur für 
äußerlich; blieb er dagegen unverändert, ſo ftand es feft, daß 
bie Schärfe in den inneyen Adern bereitet wuͤrde; tat nur 
Linderung. ein,. fo. war fie in: allen Kopfadern enthalten *). 
Die ‚Stellen zu den Einfihnieten zur beabſichtigten Verſto⸗ 
pfung der Venen, wurden danm verſchiedentlich, jedoch immer 
mit siner aͤhnlichen Genauigkeit beſtimmt, wie bei den Chine⸗ 
fen zum Brennen mie der Dioga. Gewoͤhnlich machte man 
neun Einfchnitte, zwei. ſenkrechte aı Hinterhaupt und einen 
Querſchnitt darüber, zwei wagerechte über den Ohren umd 


einen Querſchnitt dazwifchen, und endlich rechtwinkelig mit - 





1) Hipp. de Visu. V. p.334.b. 
2) Aristotel. Problem. 81. Sect. V. 
3). Hipp. de Loc. in hom. CXXIII. p. 376, 77. a. | 
4). Chad. — 
n. — 


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114 
dieſem drei Längefchuitte zwiſchen Scheitel und Stirn. Si⸗ 


geſtopfte Cherpie follte alsdanıs das fchuelle Verheilen verbius. 


dern, ud fo erreichte man feinen Zweck. — Nah einer aus 
dern Weiſe ſchnitt man mitten auf dem Scheitel ein, und 
brannte deu Schädel mit. dem Gtüßeifen, zugleich aber auch 
ohne Einfchmitte bie fichtbaren Blutadern zmifchen Scheitel 
und Stan..— Fuͤr noch wirkſamer hielt man das Verfahren 
der Afrikaner, die die Scheitelbedeckungen fo durchbramuten, 
das ſich ein Knochenſtuͤck abloͤſte. — Die aber ganz ſicher 
gehen wollten, brachten bie Venen durch leichtes Zuſammen⸗ 
ſchnuͤren des Halſes, während der Kranke den Achem anhielt, 
zum Anfchwellen, bezeichneten die, am meiften hervortretenden 
. mit Tinte, durchſchnitten fie dann, damit moͤglichſt viel Blut 
: fließen follte, und brannten noch 'außerbem wit dem Gluͤh⸗ 
fen, an. den Schlaͤfen oberflaͤchlich, zwifchen Stirn: und 
Scheitel aber bis auf den Anacen. So war es. is Gallien 
üb 

Das Brennen. der. skin mit dem Gulhenen oder 
niit Moßholzmark tabelt Aetius als ein rohen. Verfahren, 
das von fremden Voͤlkern herruͤhre, und beſchreibt eine Ope⸗ 
ration *), „die zu Emde dea zweiten. Jahrhunderts zuerſt uns 
ter dem. Namen Periscythismüs vorkommt")... MD 
Augenkeanfen wurde in der ganzen Dreite der „Stirn, nicht 
weit. hinter der Sränze der Anaze, die Haut bis: auf den 
Kochen burchgefchnitten, wobei bie Brenner) und bie ea 





1) Tetrabl. IL Ser. IM. e. ..89. 

2) Galen. adser. Inteoduet. c. 18. — IlgiexvJile heißt nad 
Art der Scytben die Haut bes Hirnfchädels abziehen; davon wsgsexe- 
Sırmos, wofür bei Aetins und Panl von Yegina (L. VI. c. 7.) 


fadiſchlich wigiensgienes ficht. Vielleicht rührt bie Operation von 


den Scythen ber, wie nach Hipp. de Acr. aq. et loc. ALYIL. BR 
p- 856. und 4 p- 367. u zu vermuten if. 


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fenmusfeln vermieden wurden. Man trennte auch felbft die 
Knochenhaut, ftopfte Eharpie ein, und heilte den Schnitt: 
langſam mit einer breiten Narbe. : Dabei hatte es fein Bes 
werden; wenn die Gchärfe nur aus dieſer Gegend den Aus 
gen zuſtroͤmte; waren aber auch die Schlafadern verdächtig, 
fo machte man von den Enden der breiten Querwunde aus, 
auf jeder Seite einen halbmondförmigen Schnitt, von dem 
ande bes Schlafmuskels Bis mitten auf die Stirn, bie 
hohle Seite nach hinten gerichtet. Die Aethiopen folleri mie 
biefen Schnitten ſchon ihre Kinder entftellt haben, um fe le⸗ 
benslänglich vor Augenäbeln zu bewahren *). 

Eben dieſer Entftellungen wegen erfand man ein anderes 
Verfahren, Hypospathismus genannt, das mit dem Peri- 
scythismus von’ gleichem After zu fein fcheine *). Ueber der 
Stirn wurden drei, zwei -Querfinger lange, und drei Quer⸗ 
finger von einander: entfernte Längsfchnitte, bis auf den Kno⸗ 
hen geführte, darauf die beiden Hautbruͤcken mit einem eiges 

nen” fpatheffärmigen Inſtrumente (Hypospathister,' bei Gas 
fen Spathordela) vom Knochen gelöft, und endlich mit einem 
ſchmalen Meſſer, den ˖Ruͤcken nach unten gekehrt, die Gefäße 
‚unter der Haut, bie nicht verlegt werden durfte, in verfchles 
denen Richtungen durchfchnitten. Das Wiederanheilen ber 
Huntbruͤcken überließ man der Natur, und forgte nur für 
langfame Vernarbung der’ drei erften Schnitte. Wie der Hy 
poſpathismus feine bedenklichen Zufaͤlle erregt haben’ follte, iſt 
nicht abzuſehen, auch verwirft ihn Aetius, wie es ſcheint, 
aus dieſem Grunde, zu Gunſten des nicht viel weniger zohen 
Perifcpthismus. Belide Oprraionen ins jedoch nicht unbe⸗ 
1) Aa a. a. O. c.9l. 


2) Galen. a. a. O. - Act. o. D. c. 92, — Paul. Arge. 
.... ne. L. VI. e. 4 . 
82. 


116 

dinge für nutzlos zu erklären, wenn fie auch den Zweck der 
Ableitung, dem bas Gluͤheiſen und kuͤnſtliche Eiterungen mehr 
entfprechen, auf einem weiten Umwege erreichten. 

Außerdem befämpfte man endlich noch die Augenfchleims 
flüffe ducch die doppelte Unterbindung, «yyuereyia, eine feis 
mere Operation zur Schließung ‚der verbächtigen Venen "). 
Man befreite die Gefäße von dem umliegenden Sellgemebe, 
fegte vermittelt einer Brummen Tadel zigei Fäden darunter, 
ließ fie dann aus einem Einſchnitt reichlich bluten, und ſchnitt 
fie endlich in der, Mitte quer durch, nachdem man die Zäben 
in gehöriger Entfernung zuſammengeſchnuͤrt hatte. Man bes 
diente fich vorzugemweife ber Angiologie, wenn nur ein Auge 
ergriffen war, und verfüuchte fie in: dem balbfeitigen Kopf 
ſchmerz, einem Uebel, das einer gleichen Urſache zugefchrieben 
wurde, von Alters her vielfältig 7. 

Die übrige Behandlung der Angenentzändungen und ber 
verwandten Leiden iſt bei Aetius bie alterthümlihe. Die 
Arteriotomie, bei ber man es gern bis zur Ohnmacht kommen 
ließ, verzichtete man vorzugsweiſe hinter den Ohren, aus 
Furcht die Schlafmuskeln zu verletzen, ‚md mie ihr boten 
das Aderlaß, ſtarke Abführungen, Bäder, und firenge Lebensz 

ordnung nach urſpruͤnglich ägpptifchen Megelg >), vereint mit 
einer unzählbaren ‚Menge äußerer Heilmittel von ungleiche. 
Werthe, dem praktiſchen Sinne der griechifchen Aerzte rriche 
Huͤlfsquellen dar zur Abwendung mennigfachen Elends. Webers 


N . ve ‘ I. . 





1) Tetrabl. I. Serm. III. c. 98.'— Bergl. Paul. Acg. L. VI. 
eb — Galen. a.0. O. — Eelfus (aa. ©.) bebiente ſich das 
. für ber Ausdrüde Venas legere, : deligere. 
2) Vergl Aristotel. a. a. DO. — Hipp.de Loc. in kom. 
C. XXIM. p. 376, 77. a. | 
3) Tetrabl. II. Serm. III. c. 6-10, 


x 


117 


all ſcheint das Verdienſt des trefflichen Demofthenes ‘), 
des Antyllus und des Severus durch, in ber Unterſchei⸗ 
dung der Kranfheitsformen tie in deren Behandlung. Schwaͤ⸗ 


"he der Augen (Atonia), Amblyopie, Amauröfe, den grauen 


Staar), beſchreibt Demofthenes fehr genügend, und als 
ein Beweis wohlbenußter Erfahrung mag es gelten, daß man. 
es für bedenklich hielt, Augenfelle (Pterygia) mit beginnens- 
dem grauen Staar zu entfernen, weil bie Werdunfelung der 
Linfe dadurch befchleunige würde ?). Die Beſchreibung eines - 
feltenen Augenübels, des Hervorwachſens einzelner Borſten 
aus ber Bindehaut des Augapfels (Trichiasis conjunctivae), 
wollen wir als ein Beiſpiel ſorgſamer Beachtung des minder 


wichtigen Einzelnen anführen *). 


8. 28. 
Chirurgie 


Die Chirurgie war in diefem Zeitalter nicht mehr erfins 
dungsreih, — wie ja auch die ganze übrige Heilkunde, auf 
das Beſtehende befchräntt, ihre innere Regſamkeit fchon, laͤngſt 
verloren hatte, — aber ſie war auf die Leiſtungen trefflicher 
Vorgaͤnger gegruͤndet, und noch immer fuͤhrte man mit Um⸗ 
ſicht Operationen aus, die den Muth und die Kenntniſſe ihrer 
Unternehmer in einem guͤnſtigen Lichte erſcheinen laſſen. Hier⸗ 
her gehoͤrt vor allen die Operation der Pulsadergeſchwulſt am 
Arm, eines Uebels, das nach Abderlaͤſſen häufig vorkam, im 
erften Jahrhundert, wie es fcheint, noch nicht deutlich erfannt 


1) Ebend. c. 12. 16. 

2) C. 44. «7. ‚48. 

3) C.58. 0 

4) C. 57. — Vergl. Journal der Chirurgie und Augenheit. 
PN II. ©. 32. 


118 . a Ru R 
war "), aber von Galen unter bem Mamen Aneurys- 
ma ‚den übrigen Krankheitsformen beigefelt wird 2). Phik 
agrius ?), der in der Kennmiß ber Aneuryemen viel weis 
ter vorgerüde if, und fie an vielen heilen bes Körpers, 
vorzüglich om Kopf und am Halſe durd heftigen Blutan⸗ 
brang hatte erfolgen fehen, hielt die Pulsabergefhwulk am 
Arm für allein heilbar, und hat wahrfcheihlich zuerfi ein bins 
tiges, bei den erfien Verſuchen freilich meitläuftiges Verfah⸗ 
ven zu ihrer Befeitigung amgegeben. Er bezeichnete zuerſt Die 
Lage der Oberarmfchlagader, machte dann brei .oder vier Fin; 
ger breit unter der Achfelhähle einen Laͤngsſchnitt, legte die 
Arterie bloß, wie bei der Angiologie die Blutadern, unters 
band fie doppelt, und durchfchnitt ie in ber Mitte. Nach⸗ 
dem die Wunde mit Weihrauchpulver und, Charpie verbunden 
war, ſchnitt er dann bie Pulsadergeſchwulſt im Ellenbogen 
furchtlos auf, entfernte die Blutgerinnfel, fuchte die noch bins 
tende (untere) Arterie auf, unterband fie wie die obere bop: 
pelt, und ließ endlich die Wunde gehörig auseitern *). Diefe 
Operation wäre der Idee des Hunterſchen Verfahrens fehr 
nahe gefommen, wem Philagrius die obere Unterbindung 


nicht bloß um der Blutung vorzubeugen unternommen, und, 


bie fonftige Anwendbarkeit diefes Verfahrens am Arm babins 
geftellt, die nachherige Verfeinerung ber Geſchwulſt der Na⸗ 
. tue überfaffen hätte. o 





1) Ce. de Med. L. II. c. 10. p. 81. 

2) De Tumor. C. 11. — Hier wirb ber Unterfchieb bed Anen- 
rysma bom Varix deutlich angegeben. — Vergl. Meih, med. L. V. 
e.7. — De curand. ration. per sang. miss. 0.22. 

3) ©: oben $.18. ©. 69. 

4) Tetrabl. IV. Serm. III. e. 10. — So verftehe ich dieſe ganz 
deutlihe Stellen Sprengel hat meined Erachtens das Verfahren 
bes Philagrius gem. unsichtig dargeſtellt. Geſch. der Chirurgie, 
Bd. 1. S. 43. ü . 


19 0 


Der Bruſtkrebs, eine haͤufige, vielgefdrchtete Weiber: 
krankheit, wurde fchon vor dem erfien Jahrhundert mit Schnei⸗ 
den und Brennen auf eine fehr rohe und ganz erfolglofe Weiſe 
behandelt *). Die meiften Aerzte Fannten jedoch die Gefahr, 
jedes gewaltfamen Eingreifens bei Krebsübeln, fie richteten 
ſich nah Hippokrates Ausfpruch *), der Schonung andes 
fahl, und erhielten ihre Kranken mit Bruftfeirchen durch fanfs 
tes, einhüllendes Verfahren oft bis in das ‚fpätefte Alter ’). _ 
Philorenus *) kannte fehon den Krebs der Gebärmutter 
umd der Därme; er nannte ihn ben verborgenen (Cancer oc- 
cultus), doch erhielt diefer Name bald nach ihm die in er , - 
neueften Zeit übliche Bedeutung, fo daß man nämlich einen 
Scirrhus damit bezeichnete, der dem Aufbruche nahe fland. 
Die praktifhe Eintheilung des Krebfes in den verborgenen 
und den offenen galt überhaupt für die: wichtigfte, und von 
beiden ift die Befchreibung bei den beſſeren Aerzten, deren 
Bruchſtuͤcke aufbehalten find, der Natur angemeflen. Den. ° 
offenen. Bruſtkrebs rährte man als ein unhellbares Uebel eben - 
fo wenig als tiefgewurzelte und feftfigende Srirchen *) an; 
nach dem glücklichen Erfolge füschtete man wenigſtens bie 
den Tod befchleunigende Wiederkehr bes Leidens. Die beweg⸗ 
lichen und oberflaͤchlichen Bruftfeirchen aber ſchnitt man zu 
Ende des zweiten Sjahrhunderts, um bie früheren Verſuche 
zu übergeben, ohne Beſorgniß aus. . Leonides, der um dieſe 
Operation einige Verdienſte hat, bediente fich dabei in den 
leichteren Fällen keines Mittels zur Blutſtillung, fein Zeitges 


> 


1) Ceis. de Med. L. V. c. 25. 8.2. p. 318. 

2) Aph. VI. 38. ° . 
3) Nergl Cebs. a. 0. O. 

4) %2.1. 5.50. ©. 320. 

5) Tetrakl. IV. Serm. IV. c. 50. 


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⁊ 
⁊ 








100 | 

eintreten foll. Er bezeichnet. ein ſolches aus Entzuͤndung, bie 
nach ihm tn Eiterung oder in Brand übergeht, ein amberes, 
‚das durch Einklemmung eines Bruches, ein anderes, das durch 
verhärteten Koch oder auch durch Vergiftung erfolgt "); alles 
Beobarhtungen, denen in Betracht der bis dahin noch men’ 
gelhaften Kenntniß der Unterleibslrankheiten ein hoher Wertch 
beigelegt werden muß. Bei feiner Darſtellung des Ausſatzes), 
die Aetius mit den Ergebniffen ſeiner eigenen, in Aegypten 
erworbenen Erfahrung vervollſtaͤndigt, findet. ſich die denkwoͤr⸗ 
dige Angabe, daß mehrere furditiofe Aerzte gegen diefes ent 
feßliche Uebel die Verſchneidung als das einzige Rettungemis 


tel verfucht hätten, indem es befannt war, daß weder Ber 


ſchnittene noch Weiber davon befallen wurden. Dies Berfabs 
ven fand, bei der fehr verbreiteten Ueberzeugung von feimer 
Nuͤtzlichkeit, doch nie allgemeinen Eingang, wiewohl die Vers 
zweiflung der Ausfägigen niche felten zu dem Aeußerſten griff, 
und Archigehes mehrere gefannt zu haben verfichert, bie 
fich in tolllühner Verwegenheit ſelbſt entmannt hatten. 

Wie weit der Ausfab des Alterrhums mit den zahlreichen 
unreinen Uebeln der Gefchlechtstheile, oder ob er überhaupt 
mie ihnen in Verbindung geftanden habe, ift nicht fügfich zu 
entfcheiden, weil die Aerzte gar nicht den Standpunkt einnah⸗ 
men, um diefe Frage an die Natur zu thun. Worhanden wa⸗ 
ven aber dieſe Uebel in mannigfaltigen, den fuphilitifchen ber 
neueren Zeit hoͤchſt ähnlichen Formen, von denen mehrere 
fhon zu Anfang des. erften Jahrhunderts wiſſenſchaftlich ber 
fehrieben worden find »). Auch Aetius giebt darüber aus 
Leonides *) Werken eine Ichrreiche Auskunft, und naments 





.1) Tetrabl. II. Serm. II. c. 28. 

2) Tetrabl. IV. Serm. I. c.‘122. | ZZ 
3) Geis. de Med. L- VI. c. 18. 2. 
4) Bb.1. $. 62. ©. 463. 


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— mn — — — 


Glied und der After ronrben demnaͤchſt davon. befallen, und fe 


% 


\ 10 


lich erregt eine Art mndernber Geſchwuͤre der Vorhaut uns 
fere ganze Aufmerkfänkeit =). - Die Eichel, das ganze übrige 


wurden zuweilen fo bäsattig, bag man die Kranken nur durch 
das Gluͤheiſen, oder: durch Entfernung ‚ganzer Theile, befons 


deis der -Vorhant, davon zu befreien vermochte. Auch kannte 


man .ein. freſſendes Geſchwuͤr der Gefchlechtötheile *), Ges 

fegroüre der inneren Flaͤche der Haruroͤhre 2), unter denen 
groͤßtentheils der Tripper zu verſtehen iſt, Geſchwuͤre des Ho⸗ 
denſacks), Hodenentzuͤnduug*), Feigwarzen, Riſſe des Af⸗ 
tens *) (Bihagades), Leiſtenbeulen m. ſ. m, alles Uebel, die 
gegründeten Berbacht einer Auſteckung erregen, DIE aber von. 
den Alten weder beruͤckſtcchtigt; noch überhaupt. geahnt werden 
if. Um fo weniger konnten fie die Frage aufcerfen, ob ders 
gleichen Uebeln irgend ein: Allgemeinteiden- folge, und Tamen 
ihnen Krankheiten vor, bie den neueren Aerzten eines unreinc; 
Urſprunges verdaͤchtig ſind, fo mußte ihnen ihre Entſtehunge⸗ 
art verborgen bleiben, weil ihr Sinn unempfaͤnglich war, fie 
aufzufaffen: Namentlich verfielen fie bei chroniſchen Ausfchläs 
gen, z. B. bei einem berpetifchen, dem Mentagra ähnlichen 
Uebel des Kinnes, das fie für eine katarrhaliſche Krankheit. 
im weiteren Sinne des Wortes hielten 7), leichter auf alle 
andere, als auf diejenigen Lirfachen, die die neuere Pathologie 


als die: häufigften und wichtigften hervorhebt. Nun hat aber 


1) Tetrabl. IV. S. I. c. 12 
23) Ebend. c. 14. 

3) Ebend. c. 18. 
4) Ebend. c. 19. | - 
5) Ebend. c. 20. 

6) Ebend. c. 3. 
7) Tetrabl. II. Serm. IV. c. 9. 


102 


die neuere Zeit”geichet, daß fich smreine Uebel der Geſchleches⸗ 
heile, die den ſyphilitiſchen ganz aͤhnlich ‚Mkb, ſelbſtſtaͤndig ahme 
Anſteckung entwickeln können, uud es ift mehr als wahrſchein⸗ 
Gh, daß fie unter günftigen Umſtaͤnden, fo wie jedes uber 
bösartige Seſchwuͤr, vermittelt ber. Einfaugung ſchaͤdlicher 
Stoffe Allgemeinleiden bervorzurufen vermögen; — ba fermer 
die Natur der Krankheiten ſich nie fo betraͤchtlich umänbert, 
um Vorgängen, die im Leben des Körpers ſelbſt begründet 
find, in einem Zeitalter heroorteeten zu laſſen, unb ſich deren 
in einem "andern" zu überheben, fa erglebt fi daraus der pas 
thofogifche, wenn auch durch Seine gefchichtlichen Beweiſe 
terſtuͤtzte Schluß, daͤß Allgemeinleiden, vielleicht von unbe 
ſtimmter Form, nach unreinen Uebeln ber. eſqu geecheu eb 
lerdings vorgefommen fein mögen. 

Für ‚die Krankheiten der Tieren mb ber’ Wilafe wer be 
reits viel von’ des älteren Vorfahren geſchehen, fo daß Aetius 
den Arbeiten derſelben nichts weſentliches hinzufügen Comsmte. 
Hat hier die neuere. Heilkunde den Vortheil, von einer ‚nor 
gerückten pathologifchen Anatomie unterſtuͤtzt zu werben, fo ' 
waren die Akten alfein auf die Beobachtung ber Zufälle und 
der Ausfonderungen beſchraͤnkt. Ein unbeilbarer Schleimfiuß 
ber Blaſe mic bäutigem Eleienartiden Abgange und laͤſtigern 
Jucken in der Schaamgegnd, der in: Verſchwaͤrung uͤberzu⸗ 
gehen pflegte, wurde von Archigenes und dem älteren Se 
ranus Blaſenkraͤtze (Vagiacic, Scabies vesicae) genannt ) 
Blafenkrankheiten von haͤmorrhoidaliſchem Urſprunge werden 
hier und da gut beſchrieben, und über ſehr viele andere Uebel 
finden ſich bei Aetius die bedeutfamften Angaben. 
‚Philumenos hielt jeden Durchfall für beim, bis ſich 


1) Tetrabl. IH. Serm. III, c. =. — Vergl. Coel. Aurel, 
Chron. L. V. c.4. 


408 
Das Gegentheil auswies, und fprach fehr kraͤftig gegen die ums. 
worfichtige Unterdruͤckung Diefer Krankheit, weil ex davon die 
grfährlichften hitzigen Fieber, mit Hirnwuth und Schlaffacht, 
Foſt toᷣdtliche Parotiden hatte erfolgen fehen 7). Den Durch⸗ 


Fall zahnender Kinder zu flopfen, hielt man allgemein für bes- 


benktich *). Der Pneumatiker Herodot beſchreibt die Wurm⸗ 
Abel der Kinder vortrefflich, und ermähnt felbft einen Wurm⸗ 
huften. Er hielt den Bandwurm auffallend genug für eine 
Cranthafte Entartung der inneren Darmbant, macht aber diefe 
Amferung durch die Empfehlung der Wurzelrinde des 
Granatbaums, als eines untruͤglichen Mittels Dagegen, 
wieder gut ). 

Die brandige Braͤune des Alerchums if bieſelbe 
mörberifche Krankheit, die in neuerer Zeit oftmals unter den 
aufleimenden Geſchlechtern gewuͤthet hat *). Ihre Benennung 
Bei Actius (din ir wugınduies Aupada ze) iezaendn) bes 
zeichnet fehe treffend einen weſentlichen Zufall, die fchorfigen - 
Brandgeſchwuͤre, bie gleich zu Anfang das drohende Uebel zu 
erfennen * und bei Kindern eine entfernte Achnlichkät 


1) Ebend. Serm. L. c. 3. 
2) Tetrabl. 1. Serm. IV. c. 9. 


3) Tetrabl. III. Serm. I. c. 39. 40. — ®ergl. Cels. de Med. 
L..IV.-e: 17. p. 227. , der die. dimnen Wurzelfafern des Granatbaus 
med iu einer ſtarken Abkochung gegen den Bandwurm empfiehlt.- 
Hieraus tft erfichtlih, daß fich die neuere Heitmittelfehre aus ber 
alten mit Nugen vervollffändigen koͤnnte! Breton bat erſt wisder 
vor ſechs Jahren die Wurzelrinde des Granatbaumes Als ein uns 
trügliches Hausmittel der Hindus gegen ben Bandwurm in bie Heil, 
mittellebre eingeführt. (On the EfGicacy of the bark of the Po- 
megranate Tree in cases of Taenia. Communicated by Dr. Ro- 
get. Medico- chirurgical Transactions. Vol. X1..2. 1821. p. 501) 


4) Tetrabl. II. Sexm. IV. c. 46. 


. 








104 | . 
mit den Mundſchwaͤmmchen darbieten. Dieſe Aehnlichteu 


diente den Beobachtern Jewiß nur zu einer oberflaͤchlichen 


Vergleichung, wenn bier verſichert wird, die Braͤune entſtaͤnde 
bei Kindern gewoͤhnlich aus Aphthen, einer im⸗ Alterthum 
vollſtaͤndig beſchriebenen und ſehr richtig gewuͤrdigten Kranb 
heite). Epidemifch: kam bie brandige Bräune erweislich ſchen 
im erſten Jahrhundert vor *), pflegte im Fruͤhjahr auczubee⸗ 
hen, und wurde für anftectend (Asıudins) gehalten. Wahe⸗ 
ſcheinlich iſt ſie indeffen fo alt wie das tenfchengefchlecht, und 
. man barf vermuthen, daß auch das Scharlach mit ihr im 
grauer Vorzeit vorgefommen fei; denn biefe--Liebel find fich 
nahe verwandt, und die Umſtimmung des Lebens im Blute, 
von denen- beide als äußere Erfcheimungen berühren, gewiß 
von atmofphärifchen Einftäffen abhängig, die nicht in fpäterer 
Zeit neu entftanden fein können a), Die Bräune begann ges 


wöhnlich ohne Worboten, oder. andere heftige Halsentzuͤndun⸗ 


gen wurden ihrer Boͤsartigkeit theilhaftig; fie ſtieg auf das 
hoͤchſte, wenn die durchdringende Entzuͤndung die Haut aͤußer⸗ 
Uich roͤthete, und entkam dann der Kranke, der Gefahr zu 


1) Ebend. e. 39. Auszug aus Galen. Mit Unrecht glaubt 
Ketelaer, die Aphthen der neueren Zeit waͤren von denen des 
Alterthums weit verſchieden. (Commentar. med. de Aphthis no- 
stratibus. Lugdun. Batav. 1672. 12.) 


2) X. a. O. wird eine zweckmaͤßige Heilart von Arhigenes 
mitgetheilt. Die ägyptifchen und fyrifchen Geſchwuͤre bei Aretäus 
gehören ebenfalls hierher. De Caus. et sign. aeut. morb. L. I. c. 9. 


3) Damit it nicht die Behauptung von Dangers unterfchries 
ben, ber in jeder brandigen Bräune das Scharlach erfennen wollte. 
Beide Krankheiten find als felbfifländige, wenn auch fehr in einan⸗ 
der uͤbergehende Formen zu trennen, wenngleich fruͤherhin Scharlach⸗ 
epidemien unter dem Namen der Bräune oftmals befchrieben fein 


mögen (Christ. Guil Dangers, Diss. in Angin. malign. aetiol. . 


eig. conven. med. meth. inquir. Gotting. 1782. 8.) 


105 


erfiiden, fo drohte Sm thdtlicher en aller. irn Hals⸗ 


theile. | 
Noch immer galt die Ruhr, die &r higenes im uͤbei⸗ 


gen wortuefflich befehreibt "), für eine: Verſchwaͤrung der: Dies: 
me, und man war noch nicht frei genug vor: Meben vorſtellun⸗ 


gen, um fie als ein rheumatiſches Leiten zu erkennen. — Die 


Krankheiten der Leber und der. Milz beſchreibt Phhi⸗ 


kagrius humoralpathologiſch und recht ausführlich, erwaͤhnt 
ſogar ſympathiſche Erſcheinungen, mie ben Huſten ber’ Milz⸗ 





| 


füchtigen, die eine tiefere Kenntatz dcr Leiden zu — 


ſcheinen °). 
Die Begriffbeftimmung der Cab osie ( malns cerporis 
habitus) war im Afterthum faft fo ſchwankend wie in ber 


neueren Heilkunde, gewann indeffen dadurch einigermangen an 


. Mlarheit, daß Archiganes den leucophlegmatiſchen Zuftand ?) 
ausschließlich mit biefem Namen bezeichnete, — Die Beobach⸗ 
tung des. Nerpenwurms hat Aetius nicht aus der erſten 
Quelle, von Agathardides *) ſondern von Leonides 
entlehnt °). 

Die Behandiung des Bluthuſtens iſt ganz zweckmaͤßig, 


— 


ja es fehlt ſelbſt nicht das ableitende Aderlaß am Arm °); der 


hielverdiente Rufus hatte dieſe Krankheit, fo wie andere 


Bruſtuͤbei, oft nach Ausfchweifungen erfolgen ſehen, und em 





f 


1) Tetrabl. II. Serm. I. c. 48. 
2) Tetrabl. I. Serm. II. c.7.15. -  \ 


3) Ebend. c.19. — quum corporis habitus in aquositatem 


diffunditur. — Für Hydrops anasarca fommt bier der zweckmaͤßi⸗ 
gere Name H. sarkites vor.- c. 20. . 


4) Bo. 1. 8. 67. S. 423. 
5) Tetrabl. IV. Serm. IF c. 88. 
6) Tetrabl, II. Serm. IV. c. 62. 





406 


klaͤrte Ihe. Ginfigeres Vertammen bei Maͤnnern aus der Ber 
bindung der Saamenarterien mit den Bruſtadern ). Aetius 

empfiehlt gegen eine falſche, gaftrifche. Pleuritis nicht Das 
gewoͤhnliche Verfahren, ſendern Abführungen *), und andere 
gaſtriſche Uebel werden in der fehr ausführlichen Ashanblung. 
der Magenkrankheiten -umter den gemeinſchaftlichen Namen 
Cruditas (Galeni) und Crapula (Philmeni) jzufnmmens 
. gefaßt.*), in ihrer fehr richtigen Behandlung beſtaͤtigt fich ber 
Scharffinn der Alten in der Auffaffung therapentijch neicheiger 
‚Urfochen, ber nur eben deshalb weniger auffaligub hervortritt, 
‚weil fie es unterließen, pathologiſche Anordnurgen | bie 

| Halangootzette zu xinden. 


u $ 27. 
Angenheilkunde. 
Die Augenheilkunde war bei einem Verein guͤnſtiger Um⸗ 
ſtaͤnde durch den Eifer zahlreicher: Bearbeiter ſeit acht Jaher 
hunderten‘ zu einer Vollendung gediehen, die andere Fächer 
noch nicht hatten erreichen fönnen. Die Anatomie des Auges, 
die fcharfe Unterfheidung, ja felbft die bedeutfame Bezeich⸗ 
nung feiner Krankheiten, die Auffaffung krankhafter Vorgänge 
und die Grundſaͤtze ber Behandlung, dies alles zeugte von 
gebiegener Forſchung, der’ die neuere Augenheilkunde einen ges 
fichteten Schag von Erfahrungen und eben dadurch bie wich⸗ 
. ‚toften Beförderungsmittel ihres Fortfchreitens za danken hat. 
Das Lehrbuch des Herophilters Demoſthenes Philale⸗ 





1) Tertabl. I. Serm. IL c. 8- 10. — Vergl. Oribas Med. 
-  eoll. L. VI. c. 38. p. 300. 


2) Tetrabl. JI. Serm. IV. «. 68. . 
3) Tetrabl. I. Serm. I. e. 24. 2. 


—8 





. 307 
us 


es 2). und bie Bere des Thaobdotius Severus; der 


bei der Tüchtigkeit‘ feiner Leitungen nicht füglich ſpuͤter, als 


‚im dritten Jahrhundert gelebt haben kann”), Hegen der reich⸗ 
haltigen Augenheilkunde bes Ae tius hauptfäclich zum Grunde, 
nicht minder -find aber auch die übrigen namhaften Augenärzte . 


benußt, um biefe Lehre vollſtaͤndig abzurunden. 
Eine richtige Beſchreibung der Bindehaut ( —— 
die vielleicht uralt iſt, jedoch in den fruͤheren Bruchſtuͤcken 
nicht vorkommt, gereicht dieſem Abſchnitte ſchon im Eingange: 
zus großen Empfehlung ’). Einer hergebrachten Gewohnheit 
gemäß, den Urſprung einzelner Theile von benachbarten aͤhn⸗ 
lichen Gebilden herzuleiten, hielt man die Bindehaut fuͤr eine 


bar in die harte Hirnhaut übergehen’ ſollte. 


Die Hornhaut. befteht nach Severus aus vier’ Bier 


ten, die diefer Augenarzt in einem ſchicklich gewählten Name 
@xsadirıs) mit. den Ringen oder Schichten der Baumſtaͤmme 
verglich *), eine. Entdeckung, die alsbald die Eiterung zwifſchen 
den Hornhautplatten 5) (iv, unguis) von dem Eiterauge 


- 


Fortſetzung der Knochenhauit, fo mie. hie, Selerotica ie | 


Ciweaser) *) unterfcheiden lehrte, und eine teeffliche Unter⸗ 


ſuchung des Traubenauges veraulaßte, wenn nicht etwa bie 
Beobachtung jener Augenuͤbel auf die Entdeckung der Horn⸗ 


hautplatten hinfuͤhrte. Man ließ jetzt das Traubenauge: aus 


1) Bd. J. 8.49. S. 313. 

2) Be. Galen kommt fein Name nirgends dor. ' 

3) Tetrabl. II. Serm. Il. c. 1. — 68 wird ausdrücklich ges 
Lehrt, bie Bindehaut gehe vom Yugapfel auf die Augenlieder über. 

4) Ebend. c. 29. 34, 

6) Ebend. c. 28. . a 

6) Der ganz Anliche Name Hypopion s. Hypophthalmion 
bezeichnet bei Aetius die Suggillatien der An des Auget. 
Tetrabl. II. Serm. IV. a 8. 


> 





108 Ä 

einer dreifachen Urſache entſtehen: Anfanımiung von Fluͤſſigkeit 
zwifchen den Kornhautplatten, wodurch die Hornhaut ohee 
Verlegung ansgebehnt und vorgedrängt wird, Bildung einer 
Puſtel (Prourasudis) zwifchen den Platten, und Beriiung 
dee Hornhaut mit beträchtlichent Vorfall der Itis 5). Das 
ſtark hervorragende Traubenauge (Jaor, clavus) befeitigte man 
durch Unterdindung 2), Nicht nach der Celſiſchen Weiſe *), 
fondern fo, daß zwei doppelte Fäden, der eine fenfrecht, ber 
anbere wagerecht an feinem Grunde durchgegogen, und darauf 
die ſenkrechten einfachen Fäden mit den wagerechten zufammens 
geſchnuͤrt wurden. 

Urſpruͤnglich hob füch bie Augenheilkunde durch das Be⸗ 
dürfnig. Kein Demoſthenes wäre erflanden, hätten nicht 
diefelben Uebel Aegypten, Kleinaſien und ſo 'die übrigen heißen 
Sander beimgefucht, die noch eben fo in unfern Tagen den 
ebelften Sinn unabläffig gefährden. Augenentzündungen und 
Schleimfluͤſſe wuͤtheten zu allen Zeiten weit und breit, das bes 
augen mit den Geſchichtſchreibern die Aerzte, und berebter ale 
alle gefchichtlichen Angaben die vielfältige Sorge: aller Voͤller 
des Alterthums für ihre Augenkranken, die durch kunſtloſe Er⸗ 
wägung-ber Umſtaͤnde manche abentheuerliche, aber: auch mans 
che erfpriegliche Rettungsmittel von Blindheit und Entftellung 
bes Auges erfinden lieg, während Aberglauben und Vorurtheil 
unabläffig von der Auffindung des Rechten und Zweckmaͤßigen 
. ableiteten. Cyrus verlangte vom Könige Amafis einen aͤghp⸗ 

tifchen Augenarzt *); Lykurg erbaute der Athene Oph- 

1) Tetrabl. IT. Sern. III. c. 34. 

3) Ebend. c. 36. | | . 

| 3):De med. L. VII. c. 7. p. 431. $. 11. 

4) Herodot. L. 111. c. 1. | 


109 


. thalmitis (oder Optiletis) einen Tempel !); Zenophon: 
gebenft einer Augentzündung, die während des Nückzuges der 
zehntaufend Griechen durch ungewohnte Kälte und den Anblick 
Biendender Schneeflaͤchen entftanden, ihm viele feiner Krieger 
entzog *); auch kannten die Asklepiaden vor Hippokrates 
eine Augenentzändung, bie Blindheit und Tod verurfachte ’). 
Unftreitig ift dies Uebel häufig worgefommen, denn bie Hippo⸗ 
kratiſchen Werke find voll von, denkwuͤrdigen Aeußerungen bars 
über, die in ihrer Sefammtheit ein lebendiges Bild des Leb 
dens geben, und nur aus einer reichen Erfahrung gefchöpft 

ſein koͤnnen. Epidemiſche entzündliche Schleimfläffe (dpIuxr- 
mins vyenl'*), jeadus *), dpturmel Aysärrıs *)) der Augen 
erwähnt Hippofrates ſelbſt häufig, und beſchreibt ihre viel; 
fältigen. Abſtufungen in feiner unübertrofenen Weiſe. Ver 
fchwärung ber Hornhaut, Auswaͤrtskehrung der Augenlieder, 
Berſten des Augapfels,. waren ihre gefürchteten Ausgänge und 
- Bolgeübel, die naturgetven von ihm gefchildert, nirgends’ einen 
Zweifel über die Art der Krankheit übrig laſſen. Es folge 
ihm Hierin feine ganze Schule, deren fämmtlihe Anhänger die 
entzündlichen Augenſchleimfluͤſſe für katarrhaliſche, d. h· dur 
ſcharfe Ausfluͤſſe des Hirns verurſachte Krankheiten hielten 
- (jevpara, ſluxiones, destillationes) — ganz nach der uralten, 


U 


1) Pausan. Lacon. IN. c. 18. $.1. p. 408. ed. Fac. i 
2) Anabas. L.IY. c.5. S. 12- 14. \ 

8) Coac. 222. p. 5Al. a. | 

4) De Aöre agq. et loe. IV. p. 330. a. ' ur 


5) Epid. I. Sect.2. 8.14. p. 657... — Dergl de adre aq. - 
et loc. VI. p. 382. 


6) Prorrhetic. II. XXVIII. .p. 506. a. Die Hauptfiele aus 
eigem unbezweifelt ächten Werke, 0 


- 








110 


vorwiſſenſchaftlichen Lebertieferung *). Diefe humoralpatholo⸗ 
gifche Annahme, urfprühglich die natürliche, die ſich ergeben 
konnte, blieb im ganzen Alterthum bei Aerzten und unter ‚dem 
Volke die herrſchende — fie legt überall der Behandlung 
jener’ beforglichen. Hebel zum: Grunde. Des Herophileers Des 
moftbenes Kenntniffe von den Augenmtzändungen find lei⸗ 
der eben fo wenig als die Meinungen feiner Nachfolger bis 
auf Celſus *) aufbewahrt worden; die ganze Zwiſchenzeit iſt 
dunkel, und babei läßt die Beibehaltung bes ſchwankenden 
Namens vpFaraia (Lippitudo, bei Ceſſus Pituitze cursus) 
für alle Formen von Augenleiden mit Roͤthe und Ausfiuß 
für fi allein keine guͤnſtigen Vorausſetzungen aufkommen, — 
aber doch hat man Grund zu vermuthen, daß die Erkenntniß 
jener Grunduͤbel weiter gediehen ſei, waͤhrend ein reger Eifer 
für die Augenheilkunde das She wie das Kleine fireng wiſ⸗ 
ſenſchaftlich ordnete. 

Auf einmal tritt nun Theodotius Severus mit 
einer Beſchreibung der inneren Augenliedflaͤchen in Schleim: 
flüffen hervor, die den ſchoͤnſten Denkmaͤlern einfacher Natur⸗ 
beobachtung nur wenig nachſteht *). Noch, ſcheint es, hatte 
niemand die Unebenheiten der Bindehaut bei entzuͤndlichen 
Schleimfluͤſſen einer genaueren Aufmerkſamkeit gewuͤrdigt; man 
war nur fluͤchtig daruͤber hingegangen, und es fehlte bis jetzt 
an bezeichnenden Benennungen für ihre Unterſchiede. Seve 
rus dagegen erkannte Deutlich ihre ftufenmeife Fortbildung von 


1) De Glandul. IX. p. 419. 12. a. — Epid. VII 37. 6 
p. 480.2. — De vet. med. XXXI. 1, p. 32.a. — omnigenas 
| acrimonias habentes fluxiones. 
2) De med. L. VI. c. 6. p. 346. Eine lehrreiche, von der Hip⸗ 
pokratiſchen wenig abweichende Beſchreibung der Augenſchleimflaſſe 


3) Tetrabl. II. Serm. III. e. 43. 


, 111 
der Groͤße eines kieinen Hirſekorns bis zu den wulſtigen tief 
eingeſchnittenen Fleiſchwarzen. Aucurns, renzires UND eund- 
eis fihd feine Namen für diefe Zuſtaͤnde, der erſte für Die 
. Bildung der ‚geringften Erhabenheiten, bie nur eben erft mit 
bloßem Auge zu erkennen find, der zweite für bie mehr her⸗ 
vortretenden, der dritte für die ganz fleiſchigen, wie auf eitern⸗ 
den Oberflächen. Wäre nur fchon die Erfindung der Linfens 
glaͤſer der Naturforſchung zu Huͤlfe gekommen, gewiß hätte 
er auch die fammetartige Oberfläche der Bindehaut bei beim 
erften Eintreten entzuͤndlicher Schlehnflüffe befchrieben und das | 
durch feine Beobachtung noch mehr vollendet,. ald es ihm. für 
feine Zelt möglich war. Auch von dem Mißbrauche der Col 
Iyeten fah Severus Unebenheiren der Bindehaut (Modpara. 
senzenurs ')) entfiehen, ftellte die chronifche Verhärtung ber 
mittjeren Fleiſchwaͤrzchen (sviurıs) als eine eigene Krankheits⸗ 
form auf, und erklärte. ſich fehr zeitgemäß gegen alle rohen 
Verfahsungsmeifen bei Anfchwellungen der Bindehaut, vors 
züglich gegen ben Gebrauch der reißenden Werkzeuge und Feb 
genblaͤtter2). Die neuere Augenheilkunde beftimmt die Zeits 
zäume der Augenfchleimflüffe nach der Verfchiedenheit der. Abs 
fonberung, ohne damit etwas befferes geleiftet zu haben, ober 
einen Schritt weiter zu kommen, als Severns. 

Die Anftekungstraft her epidemifchen Augen 


[4 


1) Der Name reazuuure iſt erweislich früher für wulſite | 
Verhaͤrtungen der Augenlicder, aber gewiß in einer mehr empirifchen 
- Bedeutung vorgelommen. Galen. hat Pdeuuxa reazuudsıa, 
d. 9. Mittel, die harten Unebenheiten bet Augenlieder aufzuldfen. 
Meth. med. L. XIV. c. 19. 


‚ 2) Sein gewöhnliche Mittel beftand aus Testa sepiae 3 viij, 


Pumex 3 viij, Rubrica sinopica, Ammoniacum‘ thymiama sing. 


5% Gummi 3 vij in der gehörigen Menge Waſſer. A. a. O. 


Ungäpibarer anderer wicht zu oedenten. 


x 


a 


v 


112 Rn | 
entzändungen war ſchon in Hippokrates Zeitalter fo 
allgemein anerkannt, daß auch bei. den Nichtaͤrzten barüber 
£eine Zweifel obwaltetn 2). Sie konnte nur durch bie 
ſchlichte Volkserfahrung ermittelt worden fein, weil die Aerzte 
‚ die Anftefung als einen Gegenſtand pathologifcher Unterſu⸗ 
chung nie in Anregung gebracht, fondern es bei den Belle 
kenntniſſen haben bewenden laflen. So ift es denn auch ge: 
tommien, daß in wichtigen Werken, felbft bei Celſus und . 
Aettus, davon gar nicht die Nede ift, während reiederum 
Salen verfichert, bie epidemifche Augenentzändung fei jo em 
ſteckend wie die Peft umd die Kräge *) und nad Aetius 
Alerander die Anſteckung durch Augenentzuͤndung leicht wie 
bei der Kraͤtze und Schwindſucht erfolgen ſah °). 
Die Annahme, der Augenfchleimflug fei ein rheumati⸗ 
fches Leiden, wurde im Volksglauben wie von ben Aerzten 
noch weiter ausgefponnen. Mean hielt das Blut allee Kopf 
vonen für den Träger der Schärfen, bie zu den Augen hin⸗ 
ſtroͤmten, und erklaͤrte dieſer Vorſtellung gemäß das Uebel 
für heilbar, wenn dieſe in den Adern der äußeren Bedeckun 
gen, für unheilbar, wenn fie in den Adern der Hirnhaͤute 
und ihren Fortfeßungen nach den Augen enthalten wären *). 
Sn Griechenland war diefe Anficht der Sache ſchon fehr fruͤh 
allgemein gültig, und beftimmte demnaͤchſt die Behandlung, 
— J foäter 
1) Der Gewaͤhrsmann iſt Plato im Phaedrus, Steph. 356 
Es wird hier von einem Menfchen, der von einer Empfindung ers 
griffen worden if, die er ald von außen in ihn verpflanzt betrachten 
muß, weil ex Feine Innere Duelle berfelben kennt, gefagt: „ex fei wie 


ein Menſch, der von einem andern eine Ophthalmie bekommen bat,” 
oler ir dev PIaruins arersarzds. 


2) De Different. febr. L. I. c. 2. — De Puls. diff. L. IV. c. L. 
3) Problem. 35. p.258. — 312. p: 41. ©. weiter unten. 8.41. 
4) Cels. de med, L. VII. c. 7. p. 436. $. 15. 


/ 





' 113 


ſpaͤterhin findet fie fia bei allen Vollern. Die Hippokratiker 


und Artfkoteles empfahlen das Schroͤpfen an den Kopf . 


venen ?), das rennen der Schlafvenen und die Zerftärung 
der übrigen Kopfadern durch Schnitte und langfams -Bernars 
bung nis ein befanstes WVerfahren *), ja ſelbſt das Durchs 


brennen der Gchlafarterien °). Es war natürlich, "da man 


— 


daran dachte, die verderblichen Kanaͤle zu verſtopfen, und dies 
geſchah num eben durch das Brennen der Blutadern mit dem 
Gluͤheiſen, oder vermittelt des Durchſchneidens und ber lang⸗ 
ſamen Vernarbung, oder durch das Ausſchneiden derſetden, 
auf ſehr verſchiedene Weiſe. 

Zuerſt uͤberzeugte man ſich durch das Aufftreichen huſan 


menziehender Mittel auf ben’ abgefchorenen Kopf, von: den 
Augenbraunen bis zum Scheitel, ob die Schärfe aus den ' 
Adern über oder unter dem Schädel herrührte. Wenn danach. 
der Schleimfluß aufhoͤrte, fo hielt man das Uebel nur für 


äußerlich; blieb er dagegen unverändert, ſo fland es feit, daß 
die Schärfe in den inneyen Adern bereitet wuͤrde; trat nur 
Linderung. ein, fo. war fe ini allen Kopfadern enthalten *). 
Die :Stellen zu den. Einfohnitten: zur beabfichtigten Verſto⸗ 
pfung: der Venen, wurden dammverfhledentlich, jeboch immer 
mit einer ähnlichen Genauigkeit beſtimmt, wie bei-ben- Chine⸗ 


fen zum Brennen mir der Moza. Gewoͤhnlich machte man 
neun Einſchnitte, zwei. ſenkrechte amm Hinterhaupt und einem. 


Querſchnitt daruͤber, zwei wagerechte uͤber den Ohren und 


einen Querſchnitt dazwiſchen, und endlich rechtwinkelig mit 





1) Hipp. de Visu. V. p.354.b. 
2) Aristotel. Problem. 81. Sect. V. 
3). Hipp. de Loc. in hom. CXIII. p. 376, 77. a. | 
4) ©. Cch.,0.D. J 
u. H 


⸗ 








’ 
—8 


—E 


114 


dieſem drei Längsfchnitte zwiſchen Scheitel und Stirn. Si⸗ 


geſtopfte Cherpie follte alsdann dns ſchnelle Verheilen verhin⸗ 
dern, und fo: erreichte an feinen Zweck. — Nah einer am 


dern Weise. fchnitt man mitten auf dem Scheitel ein, und 
brannte den Schädel mit. dem Stüßeifen, zugleich aber auch 
ohne Einſchaitte bie fichtbaren Blutaders zwifchen Scheitel 
and, Stirn. — Fuͤr noch wirkſamer hielt man das Verfahren 
der Afrikaner, bie die‘ Scheitelbedeckungen fo durchbrasmten, 


daß ſich ein Knochenſtuͤck abloͤſte. — Die aber ganz ſicher 


geben wollten, brachten bie Venen durch Leichtes Zuſannmen⸗ 
ſchnuͤren des Halſes, waͤhrend der Kranke den Athem anhielt, 
zum. Anſchwellen, bezeichneten dig, am meiſten hervortretenden 


mit Tinte, durchſchnitten ſie dann, damit moͤglichſt viel Blut 


fließen ſollte, und brannten noch außerdem mit dem Gluͤh⸗ 
eiſen, an. den Schlaͤfen oberflaͤchlich, zwiſchen Gtien- und 
Scheitel aber bis auf den Kuoqhen. So war es in Gcllien 
üblich. , -. 
Das Brennen. der. Eauen mit den Gluͤheiſen oder 
mit Mußholzmark tadelt Aetius als ein rohen. Verfahren, 
das ven fremden Völkern herruͤhre, und beſchreibt eine Ope⸗ 
ration 2), die zu Ende de& zweiten. Jahrhunderts zuerſt nur 
tee. dem Mamen. Periscythismus vorlommt.*)... Dem 


J 


Augankranken wurde .in.der.-gatigen- Breite der Stirn, nicht 


weit hinter der Graͤnze der Haare, die Haut bis auf den 
Knochen durchgeſchnitten, wobei die Brenner) und bie * Sa 
— — a 

1) Tetrabl. II. Serm. m. 89. 

2) Galen. adser. Introduct. e.18. — IlsgiexzvIile heißt nach 


Art der Scythen die Haut bes Hirnſchaͤdels abziehen; davon wegurse- 
Sırnes, wofür bei Aetius und Paul von Yegina (L. VI. c. 7.) 


faiſchlich wegiezugdienues ficht. Vielleicht rührt die Operation von 


‚ den Scythen her, wie nach Hipp. de Adr. aq. et loc. XLVII. L 


p. 355. und 4. p. 357. a. zu vermuthen iſt. 


\ 


— 6é — — — — — — — — — 


115 
fenmuskeln vermieden wurden. "Man trennte auch ſelbſt die 


Knochenhaut, fiopfte Charpie ein, und heilte den Schritt - 


langſam mit einer breiten Narbe. : Dabei hatte es fein Bes 
wenden, wenn die Schärfe nur aus biefer Gegend den Aus 
gen zuſtroͤmte; waren aber auch die Schlafadern verdächtig, 
fo machte man von den Enden der breiten Querwunde aus, 
auf jeder Seite einen halbmondfoͤrmigen Schnitt, - von dem 


NRande des Schlafmuskels "bis mitten auf die Stirn, bie 


hohle Seite nach hinten gerichtet. Die Aethiopen folleri mit 
biefen Schnitten ſchon ihre Kinder entftellt haben, um fe e le⸗ 
benslaͤnglich vor Augenuͤbeln zu bewahren "). 

Esen diefer Entftelungen wegen erfand man ein’ anderes 
Verfahren, Hypospathismus genantit, das mitt dem Peri- 


‚seythismus von ‚gleichem Alter zu fein feheint *). Ueber ber 


Stirn murden drei, zwei -Querfinger lange, und drei Auen 
finger von einander- entfernte Längsfchnitte, bie auf den Kno⸗ 
chen geführe, darauf die beiden Hautbruͤcken mit einem eiges 


nen” fpathelfärmigen Inſtrumente (Hypospathister, ' bei Ga⸗ 
fen Spathorlela) vom Knochen gelöft, und endlich mit einem 


ſchmalen Meſſer, den ˖Ruͤcken nach unters gekehrt, die Gefäße 


‚unter der Kant, bie nicht verletzt werden durfte, in verſchie⸗ 


benen Richtungen durchfchnitten. Das Wiederanheilen dei 
Hantbruͤcken überließ man der Natur, und forgte- nur für 
langfame Vernarbung der drei erfien Schnitte. Wie der Hy 
poſpathismus feine bedenklichen Zufaͤlle erregt haben follte, iſt 


nicht abzufehen, auch verwirft ihn Aetius, wie es ſcheint, 


aus biefem Grunde, zu. Gunſten des nicht viel weniger zohen 
Heriſcythismus. Belde Opftrationen ſind jedoch nicht unbe⸗ 
1) Aa à. a. Di: e. VI. 


7) Galen. I¶. aD. — Ast, 0 a. O. c 92. — Paul Aegi- - 
net. L. VI. c. 4 ” 


2 | ’ 


116 

dinge für nußlos zu erklären, wenn fie auch den Zweck ber 
Ableitung, dem das Gluͤheiſen und kuͤnſtliche Eiterungen mehr 
entfprechen, auf einem weiten Umwege erreichten. 

Außerdem befämpfte man endlich noch die Augenſchleim⸗ 
flüffe durch die doppelte Unterbindung, ayysereyia, eine feb 
mere Operatich zur Schließung ‚der verbächtigen Venen ") 
Man befreite die Gefäße von dem umliegenden Zellgewebe, 
legte vermittelft einer Erummmen label zwei Faͤden darımter, 
ließ fie dann aus einem Einſchnitt reichlich bluten, und ſchuitt 
fie endlih in der. Mitte quer duch, nachdem man bie Fäden 
in gehöriger Entfernung zufammengefhnürt hatte. Man bes 
diente fidy vorzugsweife der Angiologie, wenn nur ein Auge 
ergriffen war, und verfuchte fie in dem balbfeitigen Kopf 
ſchmerz, einem Uebel, das einer gleichen Urfache zugefchrieben 
wurde, von Alters her vielfältig °). _ 

Die Übrige Behandlung der Augenentzündungen und der 
verwandten Leiden iſt bei Aetius die alterthuͤmliche. Die 
Arteriotomie, bei der man es gern bis zur Ohnmacht kommen 
ließ, verzichtete man vorzugsmeife hinter den Ohren, aus 
Furcht die Schlafmusteln zu verlegen, ‚md. mit ihr boten 
das Aderlaß, ſtarke Abführungen, Bäder, und firenge Lebens 
ordnung nach urfprünglich äguptifchen Regelne?), vereint mit: 
einer unzählbaven ‚Dienge dußerer Heilmittel von ungleiche, 
Werthe, dem prakkifchen Sinne der griechiſchen Aerzte rriche 
Huͤlfsquellen dar zus Abwendung matznigfachen Elends. Lehers 


1) Tetrabl. II. Serm. IL. c. 93. — Vergl. Paul. Acg. L. VI. 
5. — Gaben. a. a. O. — Eelfus (ara. ©.) bediente ſich an 
für der Ausdruͤcke Venas legere, deligere. 


2) Vergl. Ariatotel a. a. D. — Hipp.de Loe. in kom. 


C. XXIN. p. 376, 7.2 | 
3) Tetrabl. II. 'Serm. III. e. 6-10. 


| . 0117 
am ſcheint das Verdienſt des trefflihen Demofthenes"), 
des Antylius und des Severus buch, in der Unterfcheis 
dung der Krankheitsformen wie in deren Behandlung. Schwaͤ⸗ 
"che der Augen (Atonia), Amblyopie, Amauroͤſe, den grauen 
"Staar-?), beſchreibt Demofthenes fehr genügend, und als 
ein Beweis wohlbenußter Erfahrung mag es gelten, daß man. 
es für bedenklich hielt, Augenfelle (Pterygia) mit beginnens- . 
dem grauen Staar zu entfernen, weil die Verdunkelung der 
Linfe dadurch befchleunigt wuͤrde °). Die Befchreibung eines - 
feltenen Augenübels, des Hervorwachſens einzelner Borſten 
ans der Bindehaut des Augapfels (Trichiasis conjunctivae), 
wollen wir als ein Beiſpiel forgfamer Beachtung des minder 


. "wichtigen Einzeinen anführen *). 


$ 28 - 
Chirurgie | 

Die Chirurgie war in biefem Zeitalter nicht mehr erfin, 
dungsreich, — wie ja auch die ganze übrige Heilkunde, auf 
das Beſtehende befchränft, ihre innere Negfamkeit ſchon laͤngſt 
verloren hatte, — aber fie, war auf die Leiftungen trefflicher 
Vorgänger gegründet, und noch Immer führte man mit Ums 
fit Operationen aus, die den Much und die Kenntniffe ihrer 
Unternehmer in einem günftigen Lichte erfcheinen laſſen. Hier; 
her gehört vor allen die Operation der Pulsadergefhwulft am 
‚Arm, eines Uebels, das nach Aderläffen häufig vorfam, im 
erften Jahrhundert, wie es fcheint, noch nicht deutlich erfannt 


1) Ebend. c. 12. 16. 

2) C. 44. 47. ‚48. . 

3) C. 58. . 

4) C. 67. — Bergl Journal der Chirurgie und Angenbeilt, 
Bd. M. ©. 82. | 








1. > 


[<< 


war .), aber von Spaten unter dem Namen Aneurys- 
ma ‚ben übrigen Krankheitsformen beigefellt wird ?). Phik 


agrins °), der in ber Kenntnig der Aneurysmen viel weis 


ter vorgeruͤckt iſt, und fie an vielen Theilen des Körpers, 


vorzüglich am Kopf und am Halſe durch heftigen Blutan⸗ 


drang hatte erfolgen fehen, hielt die Pulsadergeſchwulſt am 
Arm für allein heilbar, und hat wahrfcheinlich zuerfi ein bin 


tiges, bei den erften Verſuchen freilich weitläuftiges Verfeh⸗ 
‚ ven zu ihrer Beſeitigung angegeben. Er bezeichnete zuerſt die 


Lage der Oberarmfchlagader, machte dann drei .oder vier Fin⸗ 
ger breit unter der Achfelhöhle einen Längsfchnitt, Tegte bie 
Arterie bloß, wie bei der Angiologie die Blutadern, unters 


band fie doppelt, und durchſchnitt fie in der Mitte. Nach⸗ 


dem die Wunde mit Weihrauchpulver und. Charpie verbunden 
war, fehnitt er dann die Pulsadergefchwulft im Ellenbogen 
furchtlos auf, entfernte die Blutgerinnfel, fuchte die noch bins 
tende (untere) Arterie auf, unterband fie wie bie obere dop⸗ 
pelt, und ließ endlich die Wunde gehörig auseitern *). Diefe 
Operation wäre der dee des Hunterſchen Verfahrens fehr 
nahe gekommen, wem Philagrius die obere Unterbindung 


“nicht bloß um der Blutung vorzubeugen unternommen, umd, 


die fonftige Anwendbarkeit dieſes Verfahrens am Arm dahin; 
geftellt, die nachherige Verkleinerung der Geſchwulſt der Me 


. tur überlaffen hätte. . 





1) Ce. de Med. L. II. c. 10. p. 81. 

2) De Tumor. C. 11. — Hier wirb ber Unterſchied des Anen- 
ryama bom Varix deutlich angegeben. — Vergl. Meih, med. L. V. 
e. 7. — De curand. ration. per sang. miss. C. 22. 

3) ©. oben $.18. ©. 69. 

4) Teirabl. IV. Serm. II. c. 10. — So verftehe ich diefe ganz 
beutlihe Stele® Sprengel hat meined Erachtens das Verfahren 
des Philagrius gang unsichtig dargeſtellt. Geſch. ber Chirurgie, 
B.1.5.8 | . 


— 7. 


149°: 


Der Bruſtkrebs, eine häufige, dielgefürchtete Weiber 
Eranfheit, wurde ſchon vor dem erfien Jahrhunders mit Schnei⸗ 
den und Brennen auf eine fehr rohe und ganz erfolgloſe Weiſe 
behandelt "). Die meiften Aerzte Fannten jedoch bie Gefahr, 
jedes gemwaltfamen Eingreifens bei Kiebsübeln, fie richteten . 
ſich nach Hippofrates Ausfpruch 2), der Schonung anber 
fahl, und erhieften ihre Kranken mit Bruftfeirchen durch fanfı . 
tes, einhüllendes Verfahren oft bis in das ‚fpätefte Alter °). 
Philorenus *) kannte fon den Krebs der Gebärmutter | 
und der Därme; er nannte ihn dem verborgenen (Cancer oc- 
eultus), doc erhielt diefer Name bald nach ihm die in ee , .- 
neueſten Zeit. übliche Bedeutung, fo dad man nämlich einen 
Scirrhus damit bezeichnete, der dem Aufbruche nahe fand. 
Die. prattifche Fintheilung des Krebfes in den verborgenen 
und den offenen galt überhaupt für die wichtigfte, und von 
beiden ift die DBefchreibung bei den beſſeren Aerzten, deren 
Bruchſtuͤcke aufbehalten find, der Natur angemeffen. Den. 
offenen Bruſtkrebs rährte man als ein unheilbares Uebel eben - 
fo wenig als tiefgewurzelte und feftfigende &Seirrhen °) an; 
nach dem gluͤcklichſten Erfolge füschtete man wenigſtens bie 
den Tod befchleunigende Wiederkehr des Leidens. Die beweg⸗ 
chen und oberflächlichen Bruſtſcirrhen aber ſchnitt man zu 
Ende des zweiten Jahrhunderts, um bie früheren Verſuche 
zu Übergehen, ohne DBeforgniß aus. - Leonides, der um dieſe 
Operation einige Verdienſte hat, bediente fich dabei in den 
leichteren Fällen keines Mittels zur Blutſtillung, fein Seitges 

1) Cels. de Med. L. V. 0.25. 8.2. p. 318. u 

2) Aph. VI. 38. ” 

3) Vergl. Cels. a. a. O. 

4) Vd. I. 8.50. &. 320. 

5) Tetrahl. IV. Serm. IV. c. 80. 


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120 
nofie Galen erfiärte ſelbſt bie fortgefegte Blutung bei der 


.. Ausreottung der Bruftfeirehen für nothwendig, denn er hielt 


das Uebel für atrabilarifch, und mithin das Blut in der Ums 


‚ gegend für ſchadhaft, weshalb er denn auch die Operation 


nicht ohne vorherige Reinigung von fchwarzer Galle vornch⸗ 
men wollte '). Es ergiebt fi hieraus, dag Galen fchwer 
lich bdiefe Operation je ausgeführe, oder unter bedenklichen 
Umftänden verrichten gefehen hat, fonft würde er gewiß die 
Gefahr der Verblutung erkannt, und nicht zum Nachtheil feis 
ner fpäteren Verehrer mit Stillſchweigen übergangen haben. 
Leonides, ber hierin ohne Zweifel erfahrener, aber bei bins 
tigen Operationen überhaupt ſehr unbeholfen war *), wollte 


dieſer Gefahr durch daB Brennen mit dem Gluͤheiſen entge 


hen. Er legte die Kranke auf den Rüden, ſchnitt Über dem 
Scirrhus im Gefunden ein, ftillte das Blut mit- dem Gluͤh⸗ 
eifen, und entfernte dann bie Geſchwulſt durch die nöchigen 
Mefferzüge, indem er dazwifchen immer wieder brannte, und 
wenn enblich das Schneiden vorüber war, fo brannte er noch⸗ 
mals die ganze Fläche, nicht um die bintenden Gefäße zu vers 
fchließen, fondern. um alles Krankhafte auszurotten. Es ik 
unerflärlich, warum man hier nicht zur Unterbindung - feine 
Zuflucht nahm, bie ſich als das natürlichfte Verfahren von 
ſelbſt darbot, und bei blutigen Operationen fchon längft einge 
führt war. Es müffen aus irgend einem Grunde Vorurtheile 
‚ dagegen aufgefommen fein, fonft hätte man gewiß bie Erfah⸗ 
rungen eines Archigenes beſſer in Ehren gehalten, der ſchon 
hundert funfzig Jahre fruͤher bei Abloͤſungen groͤßerer Glied⸗ 


maßen die Schlagadern unterband ?), und Leonides würde 


1) Meth. med. L. XIV. e.9. 5, £. 
2) 3.18.62. ©. 464. 
3) Eben. &. 459. — In einer, wahrſcheinlich untergefhobenen 





- 


. , . 121 
nicht den bedenklichen Ruͤckſchritt gethan haben, ‚feine Kranken 
bei eben ‚diefer Operation aufe neue der Verblutung auszu⸗ 
ſetzen. 

Die Behandtung vergifteter Wunden hat in dieſem Jahr⸗ 
hundert nichts ausgezeichnetes, oder dem Zeitalter eigenthuͤm⸗ 
liches. Aetius hat daruͤber eine ausfuͤhrliche und zum Theil 
ſehr verdienſtvolle Arbeit von Archigenes aufgenommen, die 


"manche gute Beſchreibung der”Golgen von Schlangenbiſſen, 
und manche zweckmaͤßige, aber auch manche weitlaͤuftige und 
nutzloſe Verfahrungsweiſe enthält, und wie es ſcheint, das 


Geſammtwiſſen der griechiſchen Aerzte umfaßt, in dieſem für 
die Bewohner heißer Erdſtriche ſo wichtigen Gegenftand. Es 


beftand die allgemeine Vorſchrift *), jeden aiftigen Biß fo _ 


fchnefl als möglich mit Effig und Waſſer anszumafchen, dann 


mit dem Munde auszufaugen, und, nachdem man Afche mit 


Effig aufgelegt, langſam verheifen zu laffen. Es war jedoch 
bekannt, daß das Ausfaugen für den Huͤlfeleiſtenden nicht fo 


ganz unfhädlich fei, als ein, in alter und neuer Zeit gewoͤhn⸗ 
liches, Vorurtheil glauben machte, deshalb ficherte man fich 
durch Del in den Mund genommen, und entledigte fich nachs 
her forgfältig des Ausgefogenen. In biefem einfachen Ders 


fahren find die beiden wickfamften Mittel vereinigt, die. es 


überhaupt giebt, und es ift zu vermuthen, daß unzählige Vers 
ungluͤckte dadurch gerettet worden find, bei denen man nicht 
die Mittel des Aberglaubens und ber ärztlichen Theorien vors 


309. Auch das blutige Schroͤpfen vergifteter Bißwunden, das 


Schrift Galen's (Introduet. C. 18.) findet ſich noch mit wenigen 
Worten angegeben, einige Aerzte hätten Bruffelrrhen mit gluͤhenden 


Scheermeſſern ausgeſchnitten. Wabrſcheinlich ie jeboch dieſer Bor -· 


ſchlag nie in Ausführung gekommen. 
1) Tetrabl. IV. Serm: I. ce. 10. 


— 








123 ) \ 


Shen Im zweiten gehehandert v. Chr. von Mieander von 
Kolephon ?) gepriefen, ımb noch gegenwärtig im ganzen Mor⸗ 
genlande für das ſicherſte Hülfemittel gehalten wird, war mod 
überall, vorzüglich gegen ben Vipernbiß üblih. Die Orien⸗ 


talen verrichten es, wahrfcheinlich wie in ber ältefien Vorzeit, 


mit hörnernen, bei den Alten ſehr gebräuchlichen Schroͤpfkoͤpfen, 


-die mit einem Loche zum Saugen verfehen find *), und beſtaͤ⸗ 


tigen feine leichte Anwendbarkeit durch alltägliche gute Erfolge. 
Beim Vipernbiß, nach dem man ben Tod zuweilen ſchon in 
fieben Stunden erfolgen fah, verließ fih Archigenes naͤchſt 
dem aͤußerlichen Verfahren auf den Genuß von unvermifchtem 
Wein und Knoblauch, bevor noch Blutharnen eintrat, ein 


, Mittel, das theild Brechen erregen, theils den ganzen Körper 


durchdringen, und -alle anderen uͤberfluͤſſig machen follte °). 
Sonft gab man auch Theriat in Vipernbrähe, man ließ Die 
getödtete Viper wie Aal bereitet eſſen, oder wollte das Sift 


u mit dem frifch abgefchnittenen Kopfe des Thiers aus ber 


Wunde ziehen, oder man legte swiederholentlich ein halbdurch⸗ 


geſchnittenes, nad) warmes Kuhn auf die ausgefchröpfte Wunde 


- Der Saft von Efchenblättern (ie, Fraxinus) innerlich, 


und diefe ausgepreßt auf. die Wunde gelegt, wird ſchon von 
Diof corides gerähmt *), auch hielt man nicht weniger auf 
diE Citronenmeliſſe (sursor/purrer, Apisstrum, Melissa ofkcina- 
lis L. ), den Schwarzfümmel (zsidr9ser, Gith, Nigella da- 


1) Therise. V. 921. — ©. Bb. J. 8.52. 6.345. — Vergl 
des Verf. Litterariſche Amnalen ber gef. Heilfunde, Bd. VIII. 9.8. 
(1827. Juni) ©. 248. — ©. 4. Wagner, Erfahrungen über den 


‚ Biß ber gemeinen. Otter ober Diper Deutfchlands. ur u. Goran 


1824. 8. 
2) Ceis. de Med. L. II. c. 11. p. ‚82. 
3) Tetrabl. IV. Serm. J. c. 21. 
4) L.1. & 109. 


. 123 
mascena L.),. und hier wie bei ‚allen ähnlichen Verletzungeh 


auf viele andere Heilmittel, beten große Zahl eben Ihre Un⸗ 
wirkſamkeit im Einzelnen hinreichend beurkunder *). 
8. 29. 
Geburtspälfe 
In der Entbindungsfunde geht Aetius bis In das erfte 
Jahrhundert zuruͤck, indem er in den wichtigſten Gegenſtaͤnden 
dem trefflichen Methodiker Philumenos) folgt, fo daß es 


wohl ſcheint, Soranus °) habe zu der. ſehr mangelhaften 


früheren Geburtshuͤlfe nur wenig hinzugethan. Philumenos 


aber hat ſich, bei einer billigen Erwaͤgung der Umſtaͤnde, um 
dieſen Theil der Heilkunde nicht unerhebliche Verdienſte erwor⸗ 
ben. Er ehrt dadurch ſein Zeitalter wie ſeine Schule um ſo 
mehr, je groͤßere Hinderniſſe den Aerzten in der Erwerbung 


geburtshuͤlflicher Kenntniſſe entgegenſtanden. Denn die ganze 


Entbindungskunſt war in den Haͤnden der Hebammen, die nach 
altherkoͤmmlichen Vorſchriften verfuhren, ja ſelbſt Wendungen 
machten und innere Heilmittel anwandten, ſo daß aͤrztliche 


Huͤlfe nur in ſehr ſeltenen, und dann gewoͤhnlich verzweifelten 


Faͤllen in Anſpruch genommen wurde. Philumenos hat 
ſich ſeine reichere Erfahrung vielleicht dadurch erworben, daß 
er in ſeinem Wirkungskreiſe den Hebammen zeitig aͤrztliche 
Huͤlfe zu ſuchen anbefahl, und ihnen ihre Handgriffe zu lange 
fortzuſetzen unterſagte * Die Beweiſe ſeiner reicheren Er⸗ 


1) Vergl. Paul. ‚ Aeginet. L.V..c.1. 2eq. Ed. Bus. 1588. 
2.160. 


2) 8.1.8.87. ©. 420. | 
3) Ehen. 8.5.8.6. * 


4) Dies ſcheint aus einer Stelle in dem hieräber handelnden 
C. 22. Tetrabl. IV. Serm. IV. bervorzugehen. 


⸗ 


— 





124 


fahrung aber find fehr vielfältig: Er erfonnte bie Enge bit 
Beckens als das wichtigſte Hinderniß der Geburt, ohne jedoch 
die Huͤlfsmittel der Anatomie benuben, und in bas Einzelne 
der fehlerhaften Seftaltung eingehen zu können, verfuhr üben 
all möglichft milde, und griff nur zu dem Aeußerſten, wenn 
die Natur feine Rettung mehr‘ hoffen lief. Der Schwaͤche 
‚der Gebärenden ſuchte er ſchon während der Schwangerſchaſt 
durch Stärkung‘ und "zufommenztehende Mittel vorzubeugen, 
verordnete bei .engem Diuttermunde und Kieinheit des Frucht 
balters die allmählige Erweiterung mit den Fingern, fo wie 
den aͤußerlichen Gebrauch der Dele, und behandelte Entzuͤndun 
gen, Abſceſſe und Verhärtungen der Geſchlechtstheile auf die 
fonft übliche Weiſe. Schiefpeit und Polypen des Mutterhab 
ſes, Blaſenſteine, die er, gewiß vergeblich, mit dem Katheter 
entfernen wollte, vorgeruͤcktes Alter und zarte Jugend kommen 
unter den übrigen ‚ die Geburt erfhwerenden Urſachen vor. 
Bei Anhäufung von Darmkoth und Zurückhaltung des Harus 
lag die Huͤlfe durch Klyſtiere und den Katheter nahe genug, 
aber ſchwieriger war es, den zu fetten Gebärenden ober denen 
mit eingebogener Lendengegend beizuftchen. Philumenos 
ließ fie nad) begonnenen Wehen auf einen Stuhl ſetzen, da 

Körper vorn übergebeugt, um der Sehärmutter mehr Raum 
zur Ausdehnung zu geben. Ein verfchloffenes Hymen und zu 
ſtraffe Eihaͤute wurden durchſchnitten, die Folgen von zu fruͤ⸗ 
hem Abfließen des Waſſers beſeitigte man durch Einſpritzungen 


von Eiweiß mit Graupenſchleim oder Malvenabkochung, und 


machte das Kind bei der Geburt zu ſchwache Bewegungen, fo 
309 man es mit den Händen hervor. — Bon Zroillingen, die 
zugleich in die Geburt traten, fchob man den einen erfi wieber 
zuruͤck, wie man denn auch bei fehlerhafter Bildung des Kin 
des, die bei irgend einer Werengerung der Theile die Geburt 
erfchrerte, jenes erſt wieder zurüc, in eine. bequeme Lage 





N j | 125 


brachte, um, bie. Mntue: wo möglich bei fartmährender Beihilfe 
mit erweichenden Einfpsigungen freier: wirken zu laſſen. Lag 
ein Fuß oder ein Arm vor, ſo verbot Philumenos nach 
„Dippofrates alles gewaltſame Zerven und Ziehen, ſchob das 
vorliegende Glied wieder zuroͤck, und. machte die nöthige Wen⸗ 
dung, durch bie er auf gleiche Weiſe bie. Seitenlage in die 
natuͤrliche umzuändern wußte. 


Xın meiſen fürchtere man die Dopdellage (Replicatio, \ 


Buplicatura), wenn entweder bie Lendengegend, ober der 
Dauch, ober Kopf uad Fuͤße vorlagen. Philumenos konnte 
Gier. allein die Zerſtuͤckelung ber Frucht, ale ein: verzweifeltes 
Mittel, das Lehen; der Maitter zu retten, ein, geburtshuͤtfliches 
Verfahren, deſſen Erfindung ſich in den: Afteren Zeiten ver⸗ 


Gert *). Neben der Doppellage ſtellte man noch die: Aber» 


mäßige Größe der ganzen Frucht ober. einzelner. Theife, bes. 
Kopfes, der Bruſt, des Linterleibes, ala Anzeige zur Zerftückes 
kung: .auf, wie dehn auch tobte Rinder. anf :bisfe Weiſe zu Tage: 
gefördert wurden, wenn. irgend bie Kräfte der. Natur nicht; 
ausreichten. War tn Fällen diefer Art die Kreißende, ſchon 
ſchlaffuͤchtig, oder Sag. Fe. in-Rrämpfen, fo gab fe Philume⸗ 
nos auf"), ſchien fie aber die zweideutige: Huͤlfe: noch verwin⸗ 
dem zu koͤnnen, ſo lagerte er fie zuenft, unter dem Beiſtande 
kundiger Frauen, den Kopf niedrig und die Schenkel angezo⸗ 
gen, ſtaͤrkte ſie mit Wein und Brot, und ließ ihr oͤſters das 
Geſicht mit Wein beſprengen. War nun der zu große Kopf 
ſo eingekeilt, daß auch bie Wendung auf die Fuͤße nicht be⸗ 
wirkt werden konnte, ſo ſetzte er zwei Haken, ein uraltes Werks 





., +40 .+.. oo. - ‘ . 14 


.1) Gelfus L. VI. e: 29;) ſpricht davon, wie von einer laͤngſt 
uͤblichen Operation. Sie kommt auch bereits bei vbippotra te$: 
und Afpafla vor. Aët. a. a. O. c. 25. 


2) Tetrabl. IV. Serm. IV. c. 23. 


[3 


+5 


126 

zeug "), tu die Augenhoͤhlen, ober in den Mund, ober umar 
das Kim, un Verfolg der Operation auch höher ein, umb zu; 
damit das Kind hervor. Hatte dies einen Waſſerkopf, fe 
ſchnitt ee af ein, um das Waffer auslaufen zu laffen, ub 
reichte auch das nicht bin, fo zerftücdkelte er den Kopf, unb 
zog die Knochen mit ber Zahn: oder Knochenzange, auch wohl 
mit den Zingern, hervor, um dann erft die Haken anzulegen. 
Bar bie angefehwollene Bruſt oder ber Unterleib eingeflemmt, 
fo ſchnitt er die Rippen mit einem Meſſer durch, oder nahm 
aus biefem bie Eingeweide heraus, was Hippokrates nicht 
wollte. Einen vorliegenden Arm ober Schenkel pflegte man 
im Schufters ober im Käftgelent, fo wie zuweilen auch ben 
Kopf bei ber Doppellage abzufchneiden, role es ſchon Celſus 
verordnet, und fo waren für alle einzelnen Fälle befkimmte 
Arten der Serfihckelumg-vorgefchrieben”). 

Kleinheit ımb Enge, ober auch Seirrhen der Gebaͤrmut⸗ 
ter forderten die Aerzte zum Abtreibung der Frucht auf, weje 
ihnen Mittel im Ueberfluß zu Gebote ſtanden ’). Scheu 
Afpafia rieth zu dieſem Verfahsen, und man folgte ihr ak 
gemein, wie aus Mofchion *). und Theodor Prifeian ’) 
hervorgeht, Indem man es hier für zweckmaͤßiger hielt, das 
Leben der Samangenn frahzenis zu ſchuͤten, als durch bee. 


1) Bel Gelfus a. a. O. 
2) neber das Ganze: Tetrabl. V. 8. w. of — u 
einer Vergleichung dieſer Stellen mit Hipp. de morb. mul. L. 1. 
c. 96. p. 483. b, ergiebt fih, daß die fpätere Beburtshälfe vor der 
älteren nur einige Erfahrung mehr voraus hatte. 

: 3) Tetrabl. IV. Serm. IV. e.16. — ‚ Sbtreibeibe Mittel ans 

Aſpaſia «18. . 

4) Bb.1. 8.57. ©. 428. 


‚9 S. oben $.8. S. 32. 


Sn 


| 427 
Austragen einer wenig Icbensfähigen Frucht In Sefahe kom; 
men zu lafien.. | 
So. fand es um die Geburtehuͤlfe im fechften Jahrhun⸗ 
Dert wenig befier, als taufend jahre früher! Das Leben ber 
auffeimenden Geſchlechter war ‘und blieb übel berathen, und 
\ fehlt es aud- an beſtimmten Nachrichten aus der ſpaͤteren 
Zeit, fo findet ſich doch fein Grund anzunsgmen, daß bie 
Sterblichkeit ber Meugebornen jemals geringer gervefen fein 
follte, als fie Ariſtoteles angiebt 2), und fie noch gegenwauͤr⸗ 
tig die Zunahme ber Bevblkerung in Griechenland hindert: 


| j Vierter Abſchnitt. en 
Die Senchen des ſechſten Jahrhunderts. 


Finſterniß des geitatters. Kat ber Wiſſenſchaften 


In dem ſechſten Jahrhundert hat die Geſchichte von un⸗ 
abſehbarem und umerhoͤrten Elende zu berichten, das vielge⸗ 
ſtaitig unb aller Orten uͤber die Menſchheit hereinbrach. Die 
Borſehung ſchien die Veroͤdung der geiſtigen und phyſiſchen 
Melt zu beſchleuntgen, bie durch große Begebenheiten few 
lange .vorbeveitet, des ſpaͤteren Bildung neuer Verhaͤltniſſe 
vorausgehen mußte, und fie. erreichte mit auserwählten Werk⸗ 
zeugen ihren Zweck fo volllommen, daß bei der Unſicherheit 
aller irdiſchen Guͤter und dem tiefen Fall der menſchlichen 
Matur der gefuͤhlloſen Abſtumpfung kaum noch die Se 
eines erträglichen Zuftandes übrig blieb. 


rt) Bd. I. 5 42. S. 209. 


? 


128 | 
Die ‚Weltbegebenheiten drehen fich in einem Beitramme 


von achtunddreißig Jahren (527 bis 565) um den Namen 


eines oftrömifchen Kaiſers, der, von verderblichen Einfluͤſſen) 


geleitet, die Länder feines ſchoͤnen Reiches durch graufame 


Habgier mehr entvoͤlkerte, als Peſt und häufige Kriege es 


‚weimocten.*). Juſtintan, dieſer engherzige, froͤmmelnde 


Deſpot, ließ uͤberall ſeine oͤffentlichen Handlungen unter der 
‚Bälle der ſtrengſten, gegen. Andersdenfende unerbittlichen Rede 
glaͤnbigkeit erſcheinen, pflegte und vermehrte die Kloͤſter, bauete 
prachtvolle Kirchen, — aber unterdruͤckte mit ſeſtem Willen 
und wohlberathener Macht jede freie Geiſtesregung. Dadurch 
wird es begreiflich, weiche Geſtalt das ohnehin ſchon aus 
geartete Chriftenthum annehmen mußte: Die herrſchende Sekte, 
die fich die orthodore nannte, mit der weltlichen Macht eng 
verbündet und im Verſolg gleicher Zwede, den Grundfägen 
ber Hierarchte getreu unabjäfiig bemüht, aus ber Schwaͤche 
der Machthaber und der Verwirrung der Verhältniffe Vor⸗ 
theil zu ziehen, fchlug die Gemuͤther in immer feflere Ban; 

den; je tiefer das Volk in Anmuͤndigkeit verſank, deſto mehr 
erbluͤhete die, geiſtliche Herrſchaft, für deſto übrefläffiger hielt 
warn die Bildung des Geiſtes, den maͤcheigſten Schutz vor 
Entartung,,. defto kuͤhner erhob ſich :auf-allen Seiten das 
Moͤnchthum. Die Wiſſenſchaften, verfolgt yon ‚geiftlichen und 
meltlichen. Herrſchern, und zuletzt aller Zuflucht beraubt, vers 


: fielen nad und nah in den Winterfchlaf. der Kloſterbildung, 


nachdem fie aufgehört hatten, Gemkingut zu fein, umd wo 
auch nur irgend die Umſtaͤnde ein neues Beſtreben hätten be 
_ | Fu \ " gin 

1) Der Kaiſerin Th Lodora und eines argliftigen Pfaffenthuund. 
2) Procop. ‚Histor. arean. e.18. 6. £. (De Byzantinae hi- 
storiae Scriptoribus. Ed. sec. ad Luparacam fideliter expressa. 





Venet. 1729. fol.) 


f \ 


>» 


, 7 199 | 
guͤnſtigen können, ba erſtickten moͤnchiſche „Einrichtungen das 
aufkeimende Gute. So blieben geräumige Krankenhaͤuſer °), 
die Juſtinian neben zahlreichen anderen milden Stiftungen °) 
anlegte, — benn er wollte in bem felöfterfchaffenen Elende 
fuͤr einen Wohlthaͤter der Bedraͤngten gehalten werden, — fuͤr 
die Heilkunde ohne alle Bedeutung, weil man nicht den Aerz⸗ 
ten den ihnen zuſtehenden Wirkungskreis einräumen wollte, 
. fondern die Krankenpflege. als ein Werk chriflicher Milde aus⸗ 
ſchließlich deni geiftlichen Berufe. unterorbnete. Ungeachtet dies 
fer zerftörenden Einflüffe des Moͤnchthums, wurden dennoch 
die Klöfter, Anftalten, die der Beftimmung bes Menfchen 
entgegen, geeignet fchienen, die Zinfterniß zu veremigen, die _ 
Erbaltungsmittel der Seiftesbildung durch Bewahrung ihrer 
Huͤlfsmittel für ſpaͤtere Jahrhunderte, wenn auch an ſich nur 
lebloſe „Behälter eines unfchägbaren Erbtheils, und für jetzt 
auf die geiftige Armuth des Zeitalters gegründet. An eben 


- . jenen Huͤlfemitteln war im fechften Jahrhundert noch großer. 


NUeberfluß; beträchtliche Bibliothelen ?) gab es noch an vielen 
Drten, auch hatte das Alterthum überall fo emſig vorgearbeis 
tet, daß die rechtgläubige Zerfiörungsfucht, wenn auch von 


7 
1) Euagrii Scholastic. Histor. ecclesiastic. Ed. Vales. Paris. 
1673. fol. L. V. c. 80. p. 405. 


2) Buayıis es, für Waiſen, Alte, Gebrechliche u. ſ. w. 
3 Die Julianiſche Bibliothek, die unter Baſilius 1((867 
— 886) in Conſtantinopel verbrannte, enthielt 120,000 Bände. Den 
-unerfeßlichen Schaden, den dadurch Re MWiffenfchaften erlitten, konnte 
sion ſchwerlich noch in feinem ganzen Umfange beurtheifen, wie 
fon daraus hervorgeht, baß man (fehr charakteriſtiſch für das Zeit, 
alter) vor allem ben Verluft einer Schlangenhaut bebauerte, worauf 
die ganze Iliade und Odyſſee gefchrieben land. Zonar. Annal, 
L. XIV. e. 2. p. 44. Tom. Il. Ed. Venet. Scriptor, hist. Bys. 


I. . 8 





140 - 


die Kranken von Fieber ergriffen, jedoch mit fe geringem 
Mißbehagen den ganzen Tag üßer, daß fie fich außer Gefahr 
waͤhnten, unb darin noch von ihren Aerzten beſtaͤrkt wurden 
Aber am folgenden Tage umd noch fpäter zeigte ih der ver: 
borgene Beinb durch den Ausbruch von Bubonen in den Mei 
hen, den Acfeln, binter den Ohren, oder die Schenkel her⸗ 
unter. Wie eif Jahre früher den jungen Märmern, fo wer 
Diesmal die Deft den fchwangern Frauen verberbli, fo ba 
in Confautinopel bis auf drei, alle gefiorben fein fellen; auf 
der Stelle gebaren fie, gleichviel in welchem Dionat, und war 
auch das Kind Iebensfählg, ſo fiel es doch ſicher dem Tode 
anheim °). Der einzige Arzt für die Leidenden war die Ne 
tur; half fe nicht durch Erregung irgend eines heilſamen 
Triebes, fo war alle menſchliche Berechnung nichtig, denn 
was dem einen Linderung gebrachte hatte, war dem anders 
nachtheilig und befchleunigte fein Ende. 

In Conftantinopel wuͤthete die Pet während sanzer vier 
Monate, anfangs mit geringer Sterblichkeit, aber bald mehr 
ten fih die Todesfälle auf täglich 5000, ja in ber ſchlimm⸗ 
fien Zeit ſelbſt auf 10,000. und daruͤber. Kein Alter blieb 
verfchont, kein Pallaſt, keine Hütte der Anſteckung unzu⸗ 
gänglich, keine Lebensweife ficherte, und bie flarre Furcht ab 
ler Semüther oͤffnete der Seuche überallhin den. Weg. Man 
ſah in wunderfamer Aufregung der Phantafle fchredtende Ge 
ſpenſter in 'den Straßen den Tod verfündtgen; die ihrer ans 
fihtig wurden, fühlten einen Schlag wie von einem Voruͤber⸗ 
gehenden, und im Augenblick befallen flohen fie nach den beis 
figen Stätten, aber da half fein Gebet, feine Sühnung, Fein 
Ausrufen beiliger Namen: viele ftürzten enffeelt an den Stu 
- UV. Brocop erinnerte fi nur eines einzigen erhaltenen, deſſen 
Mutter umgekommen war. 


. 131 
elg verwickelt, blieb für bie Wiſſenſchaften ohne Bedeutung. - 
Für te ‘den Khoſtern der verketzerten Sekten erhielt fih fo ‘ 
Ber wifſenſchaftlicher Sinn, als überhaupt mit IMmdnchifchen 
Srundfoaͤtzen vertraͤglich war, namentlich ih den Klöfern ber 
Meſtsriauer 2) in Meſopotamien. Schon ſeit den Seiten ber 
Apofiet waren· die Biſchofe diefes Landes, wie bie in Perfien 
and Aſſhrien; fie den vorfenfehaftltchen Unterricht thätig, und 
grundeten nach und nach viele gemeinnägige Schulen, die für 
SR Kiftus des: Oriruts ſegensreich gewirkt haben mögelt. 
Die berlihmteſte unter ihren: Bar die Schule zu Edeſſa in 
Weſopotamlen °), mit dem hochtoͤnenden Namen der perfl⸗ 
fcheir Akademie >). he von Chriſten und Nichtchriſten 
Weber hier in mehreren Anfläften, ohne Unterſchied des 
Slacchens von geiſtlichen Lehrern unterrichtet, und die ur: 
Pranglich griechiſche Bilbung nahm, dem Bebuͤrfniſſe ber 
Zoglinge angemefſen, eine’ orletitalifche Farbe ar, wie fle denn 
won jeher ih dem innern Mich dem Hommelsſtriche und der 
elgenthuͤmlechen Weiſe der Menſchen ſich angeeignet hatte. 


Ban lehete außer' den theologiſchen Wiſſenſchaften, die hier 


hanwtſoͤchlich auf dem Studium der heiligen Schrift beruhe⸗ 
ſei, Glammiatik, Rhetorik, Poetik, DialektikeArithmetitk, 
Geomettie, DAR; Aſtrondmie, gerade fo, tie ſeit Karl dem 
Sroßen in den Klöftern des Abendlandes die nie minder | 


„Sim. Assernanus, Bibliotheca orienitalis Clemehtino - _ Vaticana. | 
Tom. III. P. II. Rom. 1730., fol. De Syris Nestoriania. p. 944. 


1) Neſtorius, ein Syrer, war zu Anfang des fünften Jahrs 
benderts Biſchof von Untiorhien (426): Die Befehner feiner Lehre, 
von denen: die jetzigen Chriſten ber Levante groͤßtentheils abſtammen, 
wurden faſt eben fo feindſeelig verfolgt, wie bie Heiner. 

2) Bon dem heiligen Cphraemus gegründet. 

3) Academia Persidis, Schola christiana Persicas gentis. 
Assemien. a. a. D. p. 926. 


‚32 





132 


Die Stelle ber Diibungsauflaiten für bie häheren Stände wer 
traten *), — und nebenbei auch die Heilkunde *), jedech auf 


eine ganz umgureichende Weiſe. Man hat es nicht einmal ber 


Mühe werth gehalten, die Werke nambaft zu machen, denen 
man in biefem Unterricht folgte, — vieleicht waren es bie 
Salenifhen, — ärztlihe Lehrer haben fih in dieſen Schulen 
nie heroorgethan, tm übrigen aber giebt ſich ber Geiſt ber 


, neſtoriauiſchen Stadien dadurch zu erkennen, daß man ben 
ſyriſch bearbeiteten Arifkoteles mit Vorliebe las, alſo auch 


des Unſegens ber umnebelnden peripatetifhen Dialektik theil⸗ 
haftig wurde. Schon diefer Umſtand, zuſammengehalten mit 
ber überall gleichen Natur bes moͤnchiſchen Treibens, wuͤrde 
es hinreichend verbürgen, daß aus den nefterianifchen Kloſter⸗ 
ſchulen feine gediegenen Aerzte hervorgehen konnten, went 
nicht noch außerdem veroränzt gewefen wäre, bie ber Heil⸗ 
kunde befliſſenen Schüler follten von dem Studium der theor 
logiſchen Schriften durchaus nicht freigefprochen werden °), 
und ein fpäteres Geſetz ben Kiofterbrüdern ausdrädlich ver⸗ 
boten hätte, bei Aerzten Unterricht zu nehmen, weil ich bie 
Buͤcher bes Glaubens mit den weltlichen Schriften nicht" vers 
truͤgen *). Mildthaͤtig wie diefe Orden waren, hatten fie 
auch Anftalten. für Krankenpflege (‚Valetudinaria) in ihren 





. 1) Ebend. p. 943. Vergl. das Capitulare Aquisgranense von 
805, von bem in ber Folge noch die Rede fein wird. 


9) Asseman. p. 943. 


3) — qui medendi seribendigque artibas (welche Zufammens 
ſtellung! ) incusmbunt, neutiquam negligant atiente legere exposi- 
tionem novi testamenti et coditem säcramentorum autcora Mer 
Thheodoro, mmagistro magistrorum et interprete interpretum. A- 
-seman. p. Al. 


_ 4) Eben. p. 92. Verordnung fuͤr die Schule zu Niſibis. 





Ä 


nn 133 
‚Kiöftern *), nach einer fo wiangelhaften Ausbildung war jer 
doch ber Aufenthalt in ihnen wenig geeignet den Arzt zu voll 
enden, deſſen Sinn für freie. Maturbeobachtung durch möndhis 


ſche Einfläffe und Schulldialektik nothwendig fchon erſtickt fein 


* 


/ 


mußte *).. Im Jahr 489 wurde die Schule von Edeſſa 
durch einen Laiferlichen Befehl von Zeno von: Iſaurien als 
ketzeriſch aufgehoben, worauf (480) ein Theil ber flüchtigen 
Prieſter unter Marfes dem Ausfägigen zu Niſcbis in Meſo⸗ 
potamien eine neue, minder berühmte Anſtalt fliftete, in der 
die medicinifchen Studien von ben theologifchen ‚noch mehr 
serbrängt wurden, — bie übrigen aber ſich in Perſien zer: 
freuten, und bier in verwandten Schulen vieler bedeutenden 
Drte einem ähnlichen Berufe oblagen. Cäfarea, wo eine 
Bibliothek vorhanden war, Scythopolis (Bethſan), wo 
man viele griechiſche Werke ins Syriſche uͤberſetzte, beide in 
Palaͤſtina, Berytus in Syrien, wo man bie Rechtskunbe 
pflegte, Seleucia in Mefopotamien, Dorkena, Mahuza, 
Caliljeſu bei Bagdad, Lapeta, Basra, Choraſana, alle 
dieſe Städte und: noch mehrere andere beſaßen Schulen von 
ungleichem Werthe, die der Unmwifienheit um fo weniger zu 
ſteuern vermochten, als man fie deren ſelbſt befchufdigte. Sie 
geriethen gezen das Ende des achten Jahrhunderts faſt ganz 
lich in Berfall ’), 

Von den neftörianifchen Aerzten ift allein Stephanus, 


ein geborner Edeffener, bekannt geworden, ber. in feihen fp&s 





1) Qui medicinae operam dare cupit, ad valetudinarium per- 
gar Aa. O. p. MI. 
2) Daſſelbe gilt von den abenblänbifchen Klofterfchulen, in des 
nen bie Heilkunde fpäterhin ebenfall® ald Lehrgegenfland verorbnet 
war. U. a. D. p. 8. — Vergl. das Capitulare Aquisgraneane 
3) Asseman. P- 940. 











134 


. teren Jahren von Juſtinian zu einer Sefandefchaft am ben 
fiegreichen Chosroes erwaͤhlt wurde, um günflige Friedens 
bedingungen und zunuͤchſt den Abzug des perfiſchen Belax⸗⸗ 
rungsheeres von Edeſſa zu erwirken, Dtephauus haste in 
Edeſſa an der Erziehung: bes jungen Chosſsroes Sheil ge— 
nommen, und war außerdem old ehemaliger. Arzt des Caba⸗ 


des, Sohues bes Perozes, in einer gefährlichen Krankhei 


hochgeehrt in ganz Perſien, wechalb man yon feiner Fuͤr 
ſprache einen Erfolg hoffte, dem die Umſtoͤnde vereitelten *). 
Durch die Amtsverrichtungen ber Staatsaͤrzte im der 
groͤßeren Staͤdten des Reiches 2), vorzuͤglich durch den Am 
terricht der Studierenden, der dieſen Maͤnnern oblag, wurde 


unterdeſſen, außer der fortwaͤhrenden Thaͤtigkeit der abſchreu 


benden Alexandriner, der Einfluß der Heilkunſt auf das buͤr⸗ 
gerliche Leben noch einigermaßen gefihert. Doch litten auch 
fe von ber frommen Kabfucht Juftintan’s, ber Ihnen zu 
gleich mit ſaͤmmtlichen angeftellten Gelehrten die Beſoldungen 
entzög, um den Bau der Sophienkirche zu fürkern ). O⸗ 
laſtete uͤberall die entartete Religion mit hierarchiſchem Ger 
pränge auf dem Geiſt der Wiſſenſchaft, yud hemmte ihn en 


brücdend in freiem Wirken und Walten; immer mächtiger . 


brach die Rohheit herein, und nur in den Hauptſtaͤdten feb 
ſteten die Wiffenfchaften durch das vielfeitige Bedaͤrfniß ber 


Geſellſchaft Ihe Leben, während fie in ben Eleineren Orten 


ganz zu Grabe gingen. Syn Achen beftanb noch eine platoni⸗ 
ſche Schule, ein Uherbiritſet des unchriſtlichen gelehrten 


1) Procop. Bell. Persic. L. IL e. . 26. p. 97. (Ed. ‚Seripion: 
hist. Bysent. Venet. 1729. fol.) 

3) Vergl. 8,3. ©. 5. 

3) Jo. Zonar. Aunal. L. XIV. . 6. p. 50. . wa Venet. 1529, 
T. I.) 


.. 139: 
Sriechenlande, ohne erbehlige Bedeutung für das Ganje, 
und ſchon baͤngſt im Widerſprucht wit dem Zeitalter, mithin 
ihrem Galle ohnehin fen nahe, — auch diefe zerſtbͤete Fur 
Rtiniau. Die ganze Schaar der Philoſophen oh nach Pers 
dien; aber man hatte bier ‚keinen Dinn für ihre ibealiſchen 
Eehren; bald ſehnten fie ſich nach ihrem Vaterlande zurück, 
and fo guͤtig nahm Kch ihrer Chosroes an, daß er ihnen hm 
Friedens ſchluß mit Infintan freie Heimkehr auawirkte ').  - 


8. 32. 

Die Iukinianifihe Peſt. 
Nachdem nun fo viele feindfiche Ereigniffe Aberall Traner 
verdreitee hatten, und die Semüther in Aberglauben tief vers 
funten waren, fehienen im fünften Regierungsjahre Juſti⸗ 
nian's (531) der Welt große Erfchätterungen bevorzuftehen. 
Im September erregte zuerft ein großer, hellleuchtender Kos 
met am weftlihen Himmel, man nannte ihn Lampadias, bange 
Beforgnig 2), derfelbe, dee 44 jahre vor Chr. Geb. nach 
dem Tode Eäfar’s erſchienen war, und in Zeiträumen von 
875 Jahren fiebenmal gefehen worden if. Ein zweiter zeigte 
ich acht Jahre fpäter, und blieb vierzig Tage fichtbar. Erd; 
Seben waren vorausgegangen, und hatten herrliche Städte 
vernichtet: 250,000 Menſchen waren unter den Trümmern 
von Antiochien begraben worden (529, 'd. 20. Wal), und 
während. der ganzen Regierung Juſtinian's wankte alljaͤhr⸗ 
lich der Erdboden des roͤmiſchen Reiches. Berytus traf in 

— — — 


1) Agathias Schol. de Imper. et reb. gest, Justinian. Imp. 
L. 1. p. 49. (Ed. Venet. 1729.) Ein einziger, Uranius, blieb 
am perfifchen Hofe. , j 

2) Zoner. 0. 9. D. L. XIV. c.6. p.48. — Er it im 
J. 1680 beob achtet worden. 12 





136 | 
der Folge ein gleiches Geſchick wie Antiochien (551. den 

9. Jul.), ebenfe Seleucta, Anazarbus u. m. a. Städte T), umb 
während eines vierzigtägigen Erdbebens in Conftantinopel, das 

auf dem-ganzen Erdkreiſe verfpürt wurde, verfündeten Babes 
ſager, die gewöhnliche Ausgeburt trüber Zeiten, den Schau 
ven. Verzweifelnder den LUntergang ber. Welt. Eine nie gefes 
bene Gottesfurcht bemädhtigte fh der Bewohner der Haupt 
flade, bei Tag und bei Macht firdmten fie in bie Kirchen, 
und bis der Boden wieder feitftand, fah man nur BBohk 
ehätigkeit, Entfagung und alle anderen chriſtlichen Tugen⸗ 
den ausüben 2). Bei diefem Aufruhr ber Elemente blieben 
die Ueberſchwemmungen nicht aus: Der Nil bedeckte Die 
Miederungen Aegyptens Tänger als“ feit Menſchengedenken, 
Tarfus wurde von dem übergetretenen Cydnus verwuͤſtet, 
Edeffa Huch den Scyrius, und fo nah und nah in vielen 
anderen Städten bes Morgen; und Abenblandes die Luft durch 
Hitze und fchädliche Ausdünftungen verpeftet °). 

Mach diefen Vorbereitungen brach nun endlid eine peſt⸗ 
artige Krankheit aus, bie länger als ein halbes Jahrhundert 
hindurch durch beiſpielloſe Verbreitung und Sterblichkeit die 
imenfchlichen Verhältniffe aller Orten ‚vernichtend umkehrte. 
Sie zeigte fih zu Eonftantinopel, unbeftimmt mo entflanden, 
zuerft in dem ungluͤckſchwangern Sabre 531, nachdem im Ja⸗ 
nuar bei einem flürmifchen Aufftande der, Grünen und Blauen 
der fehönfte Theil der Stadt mit. dem großen Krankenhauſe, 
in dem dabei alle Kranken umfamen, ein Raub der Flammen 
geworden war, und an 40,000 Menfchen ihr Leben verloren 
hatten *). Dies erfte Auftrsten der Peſt, wenn auch Einzel⸗ 


1) Procop. Histor. arcan. C. 18. 5. £. 
2) Agath. Schol. L. V. p. 208. 

3) Procop, Histor. arcan. C. 18. 

4) Jo. Zonar. L, XIV. ce. 6. p. 48. 








y 137 
sten hoͤchſt lebensgefährlich, war jeboch für die ganze Bevoͤlke⸗ 
rung nicht eben bedeutend, und ift deshalb uch’ von mehre, 
ren Gefchichtfehreißern Äbergangen worden *). Wie in andes 
ren Pefizeiten ftarben viele ploͤtlich, wie vom Schlage getrofr 
fen, andere famen unter dem ˖ Ausbruche von Peſtbeulen nicht 
leicht über den fünften Tag hinweg, und vor allen wurden 
die jungen kraͤftigen Maͤnner weggerafft, während: die Weiber 
mehr verfchont blieben. Es iſt nicht befannt, wie lange das 
Uebel für diesmal wuͤthete, einmal ausgebrochen verſchwand 
es aber in dreiundſechzig Jahren nie wieder ganz, verpflanzte 
fi ſchleichend von Ort zu Ort, und fehlen nur vorkäuflg 
feine Kräfte zuruͤckzuhalten, um unter günftigern ° :Umfländen 
die Städte zu veröden, und blühende Gelder in Tebtenäder 
zu verwandeln. 

Dies geſchah elf Sabre fpäter (542). Die Peft sta 
mit unerhörter Wuth in Peluflum *) aus, überzog Aeayps 
ten, Syrien, das übrige Kleinaſien, zeigte ſich ſchon im fols 
genden Fruͤhjahre in Conſtantinopel, und verbreitete. ſich in bes 
flimmten. Zeiträumen über bie ganze Welt, fo daß kein Ende 
der Verheerung abzufehen war. Keine Inſel war fo abge 
ſchieden, feine Höhle, kein Verggipfel fo unzugänglich, fie 


1) Agathias berichtet ausdruͤcklich, indem er von bem Jahre 
542 fpricht, die Peſt habe feit bem fünften Regierungsjahre Juſti⸗ 
nian's (531), in bem fie zuerſt in Conſtantinopel ausgebrochen 
fei, nie ganz aufgehört. Dies haben Procopius, Euagrius, 
beffen Abfchreiber Nicephorus Ealliftus (Ecclesiastic. histor. 
L. XVII. c. 18. p. 726. Ed. Paris. 1830. fol.), und nach ihnen 
fämmtliche neuere Geſchichtſchreiber überfehen. De Imper. et reb. 
gest. Justinian. Imp. L. V. p. 107. 

2) Procop. Bell, persie. L.1I. c. 22. — Procopius, Ge 
heimfchreiber des großen Bellfar, if ein unfchägbarer Augenzeuge 
‚ der Begebenheiten dieſes Jahrhunderts. Er ſah sing den Ausbruch 
der Peſt in Confiantinopel 





» 


148 | 


kem Fieber ergriffen, und auf dem ganzen Arper brachen in 
unzählbarer Menge Eleine weiße, harte und fchmerzenbe Puſteln 
hervor, die nach erlangter Reife plagten, und Eiter ausſtre⸗ 
men ließen, fo daß bie Kieider wiberlih und ſchmerzhaft en 
den Körper anklebten. Vielen Kranken waren die Haͤnde md 
Füße mit diefen Pufteln bedeckt; auch die Augen blieben wem 
Ausfchlage nicht verfchont und waren bis zum Erblinden vers 
ſchwollen '). Die Aerzte vermochten nicht zu beffen, ja ſie ver⸗ 
feplimmerten wohl noch die Krankheit duch unzweckmaͤßigen 
Kath, und fo verließ man ſich auf die Anrufungen des Geil 
gen Martin, fo wie nie minder anf Benetzungen der Kram. 
fen mit Waſſer, womit das Grabmai dieſes Heiligen gewa⸗ 
ſchen werden war. Miele Kranke Karben während der Ben 
dickung dieſes Giftes (veneno incrassante), "womit wie es 
ſcheint die Eiters und Schorfbildung angebeutet ik *) “az 
wär allgemein überzeugt, durch Hervorlockung des Puſtelaus ſchla⸗ 
ges könne die Gefahr dieſer Peſt gebrochen werden, und ſetzte zu 
dens Ende trockene Schröpflöpfe während des Ausbruches an bie 
Schultern oder die Schenkel ’); fo glaubteman bönne das Gift 
aus dem Innern des Körpers abgeleitet werden, wie beun amd 
die Benennung Corales, mit, ber das Volk biefen Ausfchlas 
bezeichnete, auf die Reinigung vom Krankheitssift hinweiſen 
folte +). Man fuhte auch mit Cantharidenumſchlaͤgen bem 


I) Gregor. Turonens. de Miraculis St. Martini L. III. c. 34. 
Dies iſt die, früher noch unbeachtet gebliebene Hauptſtelle. 


2) Gregor. Turonens. de Gloria confessorum. C. 24. 
3) Gregor. Turonens. Histor. Francor. L. V. c. 32. p. 343. 


4) Wenn auch Willan’s Ableitung ded Wortes Coralis von 
dem Altbeutichen Koren, koͤren ober füren, ſ. v. a. auswählen, 
abſondern, secernere, alſo pustulee secretoriae, nicht allen Zweifel 
ausfchlieft, fo ergieht fi) doch die Annahme jener Bedentung aus 


130 


drei Tagen, mit ungeſtoͤrtem Geiſt und bel ———— Vaohl⸗ 
Befinden, als hätten fie nichts Uebeles erlitten °). ' Eine groͤ⸗ 
Bexe Zahl von Peſtkranken verfisl jedoch in Defereien,. und 

Diefe waren aͤußerſt ſchwer zu händigen °); viele won hnen 
ſtuͤrzten ſich unbewacht aus den Fenſtern, oder noch lieber 
ins Waſſer, weniger ans Durß, als wegen brennender Fie⸗ 
berhitze denn in Conſtautinopel eutliefen fie haͤnſig mach dem 
Stramde. Andere wurden fchlaffüchtig van Tode uͤbermannt. 
Denen ober am ganzen Körper ſchwarze Puſteln van ber 
Sröfe einer Linfe IEE Panız ubyı9 os) 
ausbrachen, die überlebten den Tag nicht, ſondern flachen im 
berfelben Stunde ’). Chen fp war auch Bluthrechen auf ber 
Stelle tödtlich *), und mancher wurde weggerafft, dem Kar⸗ 
bunfeln (ni$guzss) as dem ganzen Kösper hervorbrachen °). 
Dan durfte hafien, wenn die Leiſtenbeulen betraͤchtlich am 
fhwollen und ſich erweichten, denn eine reichliche Ziterung 
rettete; verloren waren aber die, denen fie lange unverändert 
blieben *). Die Krankheit trat nicht felten ganz gelinde auf; 
fruͤh am Morgen, bei irgend einer Vorrichtung, fühlten ſich 


1) „Bern ber Peſtkranke ſchwer barnieberliegt, und {n einem 
Hwiſchenraume von Bewußtlſein fagt, er fühle ſich ziemlich wohl, ſo 
iſt ihm nichts naͤher als das Grob.” W. ©. 8. 

2) Procop. a, 0. D. 

3) „Dunkelblaue und ſchwarze Petechien verfänbigen in wenb 
gen Stunden das Lebensende.” W. S. 7. — Ohne Seife ſpricht 
Pro cop nur von ſchwarzen Petechien. 

4) Wolmar ©.7. 


6) Euagr. a. A. D. Gier fehit die Angabe der naͤheren um⸗ 
ſtaͤnde. 


6) Procop. a. a. O. „Die Heinen, fehr harten Bubonen, die 
entzändet find ohne in Eiterung aberzugeben, find von ſehr ſchlim⸗ 
mer Bedeutung.“ W. S.7.. 





140 - 
Ye Kranken von Fieber ergriffen, jedoch mie fo geringem 
Mißbehagen den ganzen Tag über, daß fie ich außer Gefahr 
mwähnten, und darin noch von ihren Aerzten beftärfe murden. 
Aber am folgenden Tage und noch fpäter zeigte fi) ber ver 
borgene Feind durch den Ausbruch von Bubonen in den Wei 
hen, den Achſeln, hinter den Ohren, oder die Schenkel her: 
unter. Wie eif Jahre früher den jungen Maͤmern, fo wer 
diesmal die Peft den fchmangern Grauen verderbli, fo bef 
in Conftantinopel bis auf drei, alle geftorben fein follen; auf 
der Stelle gebaren fie, gleichvisl in welchem Dionat, und war 
auch das Kind Iebensfählg, fo fiel es bach fiher dam Tode 
anheim '). Der einzige Arzt für die Leidenden war Die Nas 
tur; half fie miche durch Erregung irgend eines heilſamen 
Triebes, fo war alle menſchliche Berechnung nichtig, Dem 
was dem einen Linderung gebracht hatte, swar dem andern 
nachtheilig und befchleunigte fein Ende. — 
In Conſtantinopel wuͤthete die Peſt waͤhrend ganzer vier 
Monate, anfangs mit geringer Sterblichkeit, aber bald mehr⸗ 
ten fi die Todesfälle auf täglich 5000, ja .in ber ſchlinm⸗ 
fien Zeit felb auf 10,000. und daruͤber. Kein Alter blieb 
verfchont, Fein Pallaft, keine Hütte der Anſteckung unzus 
gaͤnglich, Feine Lebensweiſe fiherte, und bie ſtarre Furcht ak 
ler Gemuͤther öffnete der Seuche überallhin den. Weg. Mean 
fah in wunderſamer Aufregung der Phantafle ſchreckende Se 
fpenfter in den Straßen den Tod verfündtgen; bie ihrer ans 
fihtig wurden, fühlten einen Schlag wie von einem Voruͤber⸗ 
gehenden, und im Augenblic® befallen flohen fie nach den heis 
Iigen Stätten, aber da half kein Gebet, keine Sühnung, fein 
Ausrufen heiliger Namen: viele fürzten enfeelt an den Stu 


{1 — 


LV). Procop erinnerte fi nun eined einigen erhaltenen, deffen 
Mutter umgelommen war. 


— 


“ Ä 148 - 
fen der Altäre nieder 2). Worfichtige verfchloffen fih in ihre 
‚Wohnungen, und verfagten im ſtrenger Abgefchiedenheit ihren - 
naͤchſten Angehörigen ben Zutritt, nicht im Bewußtſein, daß 
fie das befte Schugmittel ergriffen, fondern aus Furcht, die 
Geſpenſter Eöunten in Geſtalt ihrer Verwandten zu ihnen eins. 
dringen. Viele befamen zur Verkuͤndigung ihres. Geſchicks 
ſchreckende Traumbilder, andere hörten ſich von drohenden 
Stimmen, zum Grabe rufen. Bo wurden nun bald ganze 
Straßen verddet und von Todtengeruch verpefiet; man ſah 
nur Leichentregende, denn alles bürgerliche Treiben haste auf⸗ 
gehoͤrt. Bald waren die gewoͤhnlichen Begraͤbnißplaͤtze uͤber⸗ 


faͤlt, man begrub auf den naͤchſten Feldern, und als auch 


dieſe nicht mehr zureichten, deckte man bie Thuͤrme ber. ſyeaͤi⸗ 
ſchen Mauern ab, füllte. fie mit Leichen an, baute die Dächer 
wieder. darüber, und öffnete fo eine Quelle neuer Verpeſtung. 
Endlich. fah der Kaifer,. den die Peſt auf feinem Throne er; 
reichte, ſich genoͤthigt, huͤlfreiche Hand zu bieten: er ſpendete 
Geld, und bevollmächtigte einen Großen, — Theodorus, ber 
au dieſem Zwecke mit der, hohen Stelle eines Referendarius 


1) Der blitzſchnell entflebende Schmerz, ber ben Griechen in 
Eonftantinopel das Gefuͤhl eines Schlages verurfachte, iſt eine Er⸗ 
ſcheinung der Wirklichkeit, die mit Einbildungen ber verſchiedenſten 
Art leicht in Zuſammenhang tritt. Bei vielen kuͤndigt ſich die haf⸗ 
tende Anſteckung mit einem ſolchen Schmerze in irgend einem Theile 
des Körpers an (vergl. die Beobachtungen bei Wolmar ©. 223.), 
was ohne Zweifel zu dem Aberglauben der Muhamedaner Anlaß 
gegeben bat, daß in Peſtzeiten ein von Gott gefandter Engel die 
Städte durchfireiche, den meiften unfichtbar, von vielen aber geſehen, 
und feine Opfer mit ber Spite einer bimmlifchen Lanze berühre; 
Daß an der berührten Stelle fogleih ein Bubo oder Earbunfel aus⸗ 
bredhe, und die fo Bezeichneten ohne Rettung perloren felen; daß 
aber auch zu gleicher Zeit ein böfer Geiſt umherwandle, um Men⸗ 
ſchen zu berüßren, aber ‚nicht im Stande td, diefe durch die Peſt 
zu töbten. W. ©. 331.” . 





142 


bekleidet wurde, und ſelbſi ſein Vermögen Wohlwellenb ver 
wandte, — mie Huͤlfe von Golbateh feiner Leibwache das 
traurige Geſchaͤft des Begrabens zu: verfoaften. Aber kann 
veichte auch dies noch hin, and nun warf man bie Leichen 
ohne Ordnung an den Strand, vom wo fie‘ auf Schiffen als 
geholt und in das Meer verfenkt wurden. 

Maͤchtig war der Einfluß diefen Schreckenszeit auf bie 
Sicten: Alte Leibenſchaften ruheten, aller Haß wurbe vergek 
fen, iO geroiß gab es zuffiofe Beiſplele dbeimäthtger Shinger 
bung; ſelbſt die Wäflinge ſuchten Ber Zom des Himmels 
burch reinen Lebenswandel zu beſchwoͤren, aber kaum von der 
Peſt geneſen, überiießen fich die Uederlebenden dem Frevel ber 
Hauptſtabt deſto ungezuͤgelter: man haͤtte nach dem Bericht 
Bes Angenzeugen glauben follen, es waͤren nur die Verwor⸗ 
fenſten vom Tode: verſchont geblleben. Dad’ Elend zu Voller 
den, brach dann noch Hungersnoth herein, in Folge der Otok& 
kung alles Verkehrs, fo daß Tauſenbe ohne Pflege und Er⸗ 
quſckung verſchmachteten, und Wiedergeneſene einem noch 
qualoolleren Tode entgegengingen, als den ihnen die Ren 
beit haͤtte bringen können '). | 

Viele, die der Shrigen beraubt worden waren, ſuchten 
vergweifiungsvofl den Tod, aber. die Anſteckung haftete am 
ihnen eben fo wenig als am anderen, die mit Krankenpflege 
und Todtenbeftättung anhaltend befchäftigt waren °). Manche 
Aerzte blieben ganz frei von ber Peft, felbft die es wagten, 
Bubonen an ben Leichen zu öffnen, um die Urſachen des um 
erhoͤrten Uebels in threr auffallendſten Wirkung zu ergrum⸗ 


1) Nachkrankheiten hat’ es gewiß viele gegeben, aber es wird 
nur eine Lähmung ber Zunge aufgeführt, bie vielleicht bie haͤufigſte 
geweſen iſt. Procop. a. a. ©. 


2) Eungr. 0. a. O. 





4143 

Ben 2). Dies waren jeboch nur Ausnahmen, bem in: ihrer 
gewoͤhnlichen Verbreitung zeigte fi die Seuche nicht abwel⸗ 
chenb von der morgemländifehen Peſt. Die Berähenng, bie 
bloße Nähe bes Kranfen ſteckte au, Bas Eintreten in verpes 
füete Käufer war gefährlich; Entflohene brachten die Peſt in 
andere Städte, ohne felbft zu erkranken, auch murben viele 
mehrmals ergriffen, und erlagen zuletzt, wiewohl doch in der 
Megel die einmal Überftandene Krankheit einigen Schutz gegen 
die erneute Anſteckung verlieh, denn hatten irgendwo mur wes 
nige Familien, und nur in einzelnen Stadtvierteln gelitten, fo 
btteben ſie bei der mächften Wiederkehr der Peſt mehr ters 
ſchont, waͤhrend bie Äbtigen um deſto haͤrter befallen anti 
den ). Reiſende aus verpeſteten Städten wurden an freige⸗ 
bliebenen Orten zuweilen allein ergriffen, ohne irgend die Ans 
fecfting welter. zu verbreiten ?), mern die Reihe ar beeſe 
Orte no richte gekommen war, denn bie Seuche beſtel nie . 
ganze Laͤnderſtriche zugleich, fondern ließ nur immer einzefie 
Orte ihre Wauth ſtaͤrker fühlen, ohne je ganz auszugehen, und 
kehrte mit ziemlicher Beſtaͤndigkeit ih funfjehnjährigen Zeit: 
räumen wieder. . Der: Bifchof Euagrius, dem wit dieſe 
Marhrichten verbantin, fah die Peſt in Antiochien vwiermaf, 
tkmmer im zweiten Sabre jeder Indiction ausbrechen *), hatte 
feföft in der Jugend daran gelitten (542), und verlor durch 
fie von fanfjehn zu funfzehn jahren faft alle Seinigen. Sie 
richtete: ſich ſonſt nach einer Jahreszett, weder mit dem Au⸗ 
fang noch mit der Wiederkehr, begann aber immer an den 
Kuͤſten, und ging von da in das Binnenland. 


1) Procop. a. a. O. 

2) Euagr. a. a. D. 

3) Procop. a. 4. D. 

4) u Gonfantinopel fam fie 568 wieher, one jedoch fo große 
Berherrungen. anzurichten, wie 542. 


24 


144 

In Ansgung des ſechſten Zehehunderts waren im Ofen 
mehrere Städte gan; ansgefiorhen; wenige Menſchen waren 
überhaupt ganz verfchont geblichen "), vielen war die Sefumbs 
heit zerrüttet, und noch vor ihrem Ende hatte die Senche 
die Haͤlfte fämmtlicher Bewohner bes oſtroͤmiſchen Kaiſer⸗ 
thums weggpraflt ”). | 
5. 3. 

Zuftand ber Wilfenfhaften im Abenblanbe. 

Bon Syrien ans verbreitete fih die Per zu den “Ders 
feen, tief in bie Länder von Mittelaſien hinein, jenſeits der 
Donau zu den beutjchen, bufnifchen und flavischen Völkern’), 
und fpäter über das ganze weſtroͤmiſche Reich. 

Stalin, von unaufhoͤrlichen Kriegen und Einfällen deut 
ſcher Bölker bisher zerriffen, genoß endlich unter den gothi⸗ 
ſchen Königen der langerfehnten Ruhe, und erinnerte ſich feis 
ner alten Herrlichkeit. Es lebten noch in den Hauptſtaͤdten 
Lehrer der Wiffenfchaften, die bei dem ungleichartigen Gemiſch 
deutfcher und altrömifcher Einrichtungen dem Beduͤrfniſſe des 
Öffentlichen Lebens zu genügen fuchten, das Theoderich ber 
Große (493—526) *), wenn auch felbft ohne Bildung, 
and Amalafuntha, die Vormänderin_Athalarich’s (526 
— 534) in feiner ganzen, freilich jetzt ſehr befchränften Aus: 
dehnung erkannten. Beide fchäßten die Wiſſenſchaften, und 
begänftigten die noch übrigen Schulen *) mit einer Leutſeelig⸗ 

1) Euagr. a. a. O. et 

2) Procop. 0. 0. D. 

3) Ebend. . 

9 Cassiodor. Variar. Epistolar. L. W. Ep. 6. p. 128. Ed. 
Gener. Oper. omn. "1656. 4. 


5) Die Lehrer dieſer Schulen bielten ſich ausſchließlich an bie 
alte Litteratur doch hielt man die zur Befoͤrderung des chriſtlichen 


oo 143 
keit, die dem gefunben Stärkk.ihees‘ kraͤftigen Volkes zur Ehre 
gerticht. So beſahl Ama fafuntha in Athalarich's Bm - 
men,“ es ſollten dei: verammtehh! roͤmiſſhhend Gelehrten de 
Gehalte umvetkuͤtzr ausgeyahlt werden'n), was ohne Zwetfel 
eich "den Archiatern zur Aufmunderung in ihrem: Bevufs ges 
bient Hat. In den vielfachen Kämpfe? altroͤmiſchen Hoch⸗ 
muithee, geiftlicher - Herrſchſucht und rohe Keuft ‘der eingewan⸗ 
derten Deutſchen, die ſich wohl leichter in die Entartung, als in 
das noch beſtehende Gute zu finden. wußlen; vkonne jedoch ein 
hgheres wiſſenſchaftliches Leben nie wieber ‚anflonmen; die 
Zeiten blieben den Kuͤnſten des Friedens abhoid e), und mag 
no von Einzeinen geleiſtet ‚wurde, wein nur en 
Neqhtiunge des · Akterthumdie). : 


ie nn .$, u nt 

\ Berbreitung der —— It alſe n. und Moilien. ER 
- Erfier Ausbruch der Moden in Eirapa... ..: 

” — im Todesjahre: Juſtinians (565) wurde — | 
und hier vornehmlich Ligurien von der allgemeinen. Seuche: 
heimgeſucht. Es war: die unveraͤnderte Bubonenneſt (Pestis, 
Clades ioguinaria), die mit unaufhaltſamet · Anſteckung Staͤhte 
und Land ſo entvoͤlkerto, daß es an Haͤnden fehlte, die Feld⸗ 
fruͤchte einzuſammeln, daß die Heerden / ohne Huͤter umherirr⸗ 


Sinnes nicht für geeignet; weshalb ihnen Eaffisdor, ber Geheim- 
ſchreiber und Ratbgeber Thregberich6 die Schulen won Aeraubrien 
und Nifibis als Mur: ih ‚De Mania div. script. L J. 
Praeæ p. 4.0. 
1]) Cassiodor. "Värkar. En. L. IX. Ep. p. 317. 


2 Cassiödor. de Instit. div. script. L. I. Praef. „Non ha- 
bet locum res pacis temporibus inquietis.“ p: 420: 
3) Wie z. B. Eaffiodor’s Schrift Aber die Seele, ein magi⸗ 
rer Auszug aus beſſeren Werken ber Wörzeit p. 418. 
IE | 8 


! 


M6 ⸗ 
wen, wed mibeend hie Haͤuſer van, wilden. Ahleren baryohni 
wurden, alle. ande der Geſaſchoft. Ad anflößen. ") Um 
die Seit. :war; die Mass im genren, Abendignbe, in Aufrufe. 
Ein gewaltiger Vergſtutz (de6 Mens Tauredanca) hey 
den Lauf der. Rhane2), die meiften Fluͤſſe in Italien traten 
and, es zeigte: ſich ein nauer Sames, und der aufgeregte Aber 
glanbe: fah und: Sekte. Munderzeicen, Man bemerkte Sieden 
(quasdam. signasula); an Haͤuſern, Thuͤren, Kleihenn, Seſchir⸗ 
ren, die nach dem Ahwaſchen immer, ſtaͤrker hervottraten °), 
one Erfcheinuing, dia, nicht; fuͤglich dent Wunderglauben zuge 
ſchrieben werden, darf, indem fie. ſich zweiundzwehzig Jahe⸗ 
fohter (578) in Gallien, zwiſchen Charta und KBardeauz 
wiederholt bat *), und ähnliches ig; der: naueren * beobacqh⸗ 
tet worden iſt. °) 
Es iſt bei ber Seuche des Zahres 565 afff clend „ daß 
fie die ubroithen Graͤnzen Italiens, nicht aͤberſchritt, umb bie 
benachbarten · ojer umd, Kilemasuen. unberkhet ließ: %); doch 
warm Die Iron iron feier: ke “ iewehncht worden 


—, ſ— 


I) P. Warnefrid. De Gest: Lumpur B. n. R 
E&. Maoratori. Mol. 273 

2) Gregor. Turonens. Yistar., Fran. 5, * Hp AS 
Bü du Chesne, Poris 16. ph ° —. 

8) Warnefrid. 0. 0. D. 99. 

4) Gregor. Turonens. ac 0. I L. TR. 0, 5. 

5) So beſchreibt Bincenzo Sette eine ſeltene Art vom m 
them Schimmel, der ini Jahre 1919 in der -Provinzı Padua vegetes 
bitifche ſowohl wie ‚antmalifche Subſtanzen färbte, und unter Dem 
Volke aberglaͤubiſche Beſorgniß verfihiehmtüä rege machte. Memoria 
storico naturale sul’ Arrossimento straordinario di alcune sos- 
tanse alimentase, assorvato nella provincia di Padova l’anno 


1819. Venezia 1824, 8. 
6) Warngfrid. a. a: O. 


147° 
(52, '). Ste kehrte 590, und fonft zu unbeftimmten Zeiten 
mit neuen: Umwaͤtzungen in der Matur wieder; ſelbſt der 
romiſche Biſchoff Pelagius fiel ihr im, jenem Jahre ai6 
Opfer), und es fehle nicht an Berichten über bie Leiden ein 
zeiner Städte und Länderfiviche. . Aber die Angaben der abends 
tandifchen Schriftftelleu über bie Lrantheit ſelbſt durchkreuzen 
fh zu Ende des ſechſten Jahrhunderts vielfältig. - Bis zum 
ſtebenten ‚Jahrhundert dauerte bie Bubonenpeſt noch abwech⸗ 
feind fort;. glaubwuͤrdige Sehriſtſteller ?) gedenken ihrer. von. 
den Raheren 58X *), 59 *), nad umter dem Namen Clades 
ghadolari vom Jahr 600 °); es war mefentlich immer bier _ 
ſelbe Kraukheit, ‚niit nur geringen Veränderungen, wie biefe 
bet wiederkehrenden Seuchen einzutreten pflegen. 

VWom Jahr 588 an kommt indeſſen eine andere Volles 
krautheit vor, für das Frankenreich von nicht geringer Beben 
tung, und mit nie gefehenen Zufällen, die mit der Bubonen⸗ 
peſt auf feine Weiſe zufanmenſtimmen. Man nannte fie Lues. 
cam vesicis, auch Pusula, Pusulae oder Pustulae, Morbus, 
dysentseions cum pusulis. Die Kranken wurden von. Aa 





1) Ayark: SchoNast. de Imp, et reb. gest. Justinian. Imp.. 

E. EL p. 28. Ed. land. 

2) Warnefrid. L. M. e. 39. p. a7. 

3) Siegfried von Meißen, Marianué Seotus, EL 
manı 8. m. 6. 

4) Sifrid. Frubyu Misn. Epitom. IL. L (Pistor. Tom. L. 
p. 1024. 
ü 5 Marian Scot. Chronie. L. II. aet. 6. (Pistor. Tom. I. 
* Hermanni Comtracit. Chron. (Pistor. Tom. 1. p. 189) 
Ron vergleiche über dieſen Gegenſtand bie trefflicke Arbeit vom. 
€ Ir. Fhaod. Kraufe, Ueber dab Alter ber Menfchenpoden: \ 
und anderer, a nn Sronkeiten. Hannover 1825.86. 5. 

82 


. * 





. ⸗ 


148 


kem Fieber ergriffen, und auf dem ganzen KAbrper brachen ia 
unzählbarer Menge fleine weiße, harte und fchmerzende Pufizin 
hervor, bie nach erlangter Reife plagten, und Eiter ansſtrö⸗ 
men ließen, fo daß bie Kleider widerlich und fchmerzhaft en 
den Körper :anklebten. Vielen Kranken waren die Hände und 
Füße mit diefen Bufteln bedeckt; auch die Augen blieben vom 
Ausfchlage nicht verfchont und waren bis zum Erblinden - ver 
ſchwollen *). Die Aerzte vermochten nicht zu beffen, ja füe:vers 
fchlimmerten wohl noch die Krankheit durch unzweckmaͤßigen 
Rath, und fp verlteß man füch auf die Anrufungen bes heili⸗ 


‚gen Martin; fo wie niche minder auf Benebungen der Kram. 


fen mit Waſſer, womit das Grabmai dieſes Heiligen gewa⸗ 
ſchen worden war. VWiele Kranke ſtarben waͤhrend der Ver⸗ 
dickung dieſes Giftes (reneno incrassante), "womit wie es 
ſcheint die Eiter⸗ und Schorfbildung angedeutet Ift *). “Beam 
wär allgemein uͤberzeugt, durch Hervorlockung des Puſtelaus ſchla⸗ 
ges koͤnne die Gefahr dieſer Peſt gebrochen werden, und ſetzte zu 
dem Ende trockene Schroͤpfkoͤpfe während des Ausbruches an die 
Schultern ober die Schenkel ?); fo glaubte man könne das Siſt 
aus dem Innern des Körpers abgeleitet werden, wie denn auch 
die Benennung Corales, mit, der das Volk biefen Ausfchlag 
bezeichnete, auf die Reinigung vom Krankheitsgift hinweiſen 
folte *). Man fuhte auch mit Eantharitenumfchlägen ben 


J) Gregor. Turonens. de Miraculis $t. Martini L. Ill. ce. 34. 
Dies if die, früher noch unbeachtet gebliebene Hauptftelle. 


2) Gregor. Turonens. de Gloria confessorum. C. 24. 
3) Gregor. Turonens. Histor. Francor. L. V. c. 32. p. 33. 


4) Wenn auh Willan’s Ableitung des Wortes Coralis von 
dem Altdeutſchen Koren, koͤren oder türen, f. v. a. auswählen, 
abfondern, secernero, alfo pustulae secretoriae, nicht allsa Zreeifel 
ausfchließt, fo ergieht ſich doch bie Annahme jener Webeutung ans 


449 


Ausbruch der Puſteln zu befördern, einem bamals allgemein. 
gebräuchlichen Mittel, das ſchon im erften Jahrhundert in der 


einfacher Form der Einreibung gegen die Fallſucht ange: 
wandt murde '). Der Biſchoff Felix von Wanted, der 
(1: 3. 582) von dieſer Krankheit (den Corales) befallen 


wurde, legte fich einen. folhen Umſchlag, während die Pufteln 
hervorbrachen, auf bie unterſchenlel, ſtarb aber an zugetrete⸗ 


nem Brande *). 

Auſtrigilbis, Gemahlin des Herzogs Gunthram 
von Orleans nnd Burgund, die ebenfalls ein Opfer biefer 
Seuche wurde, entlockte auf ihrem Todbette von Rachſucht er⸗ 
fuͤllt, dem Herzage das Verſprechen, ihre beiden Aerzte, bie 
ihr nicht, vermocht hatten zu helfen, nach ihrem Verſcheiden 
Binrichten zu Inffen, was denn auch gefhah ?), zum Beweiſe 
der finftern Barbarei der Franken, bie ich bis auf fpätere Zei: 


sen der von den Roͤmern ererbten Cultur roh entgegenftellte. 


Michtsdeſtoweniger widmeten. fih Franken dem ärztlichen Be⸗ 


safe, nad) Erlernung einer aͤrmlichen Heilkunde, die fie doch 


nur aus den fpäteren lateinischen Receptbüchern fchöpfen konn⸗ 
ten, dem unwuͤrdigſten Nachlaſſe eines fchon tief verfuns 


fenen Zeitalterd. So werden Mareleif *) und Pe: _ 





Gregor. Turon. Hist. Franc. L. V. c. 32. ganz beutlih: „Rusti- 


ciores vero, corules hoc pusulas nominabant. Quod non est in- 


ceredibile, quia missae in scapulis sive cruribus ventosae, proce- 


dentibus erumpentibasque vesicis, decursa sanie multi liberabantur.“ 


.  D4re. Cur. diutura. morb. L. II. c. 4& Um Kopf, aber 
wahrſcheinlich doch zu eingreffend, denn Aretaͤus verordnete ſeinen 


Kranken ſerſt drei Tage vorher mie zu trinfen, um bie Blaſe zu. 


Thügen. 
.2) ‚Gregor. Turon. Hist. Frane. L. VLe« 1b. 
3) Ebend. G. 36. p, a. 


.4) .Fredegar. Schol. Chronic.: C» 17; ?- 168: (Du Chesne, : 
 Histor, Franc. Seript. T. I. Paris, 1006.) , 











450 


tens °) als Leihärzte der Könige Childebert ud Theude⸗ 
rich genannt; fie heißen beibe Ardhinter, role’ denn dieſer ariedhl 
ſche Titel von den deutſchen Völkern auf alle nice muimigb- 
fihen Aerzte übertragen wurde *). 

Die fonfigen Zaffle der Pufnterfrautheie ſiad von den 
geiſtlichen Schriftſtellern, den einzigen Augenzengen ber Pefis 


‚zeiten, die Frankreich verheerten, aicht deutlich angegeben *)E 


Alle Kranken klagten über flarfe Ropfs und Sadenfepmergen, 


die fih unter häufigen graͤnen Gallenerbrechen in die Lenden⸗ 


gegend hinabzogen (remam .nmmius dolor); außerdem wird umds 
druͤcktich berichtet, daß, fo gefährlich auch die Seuche für Diem: 


ſchen jedes Aiters geweſen, doch vor allen die Kinder von che 


weezerafft worden ſeien. 

Sim 3.582 herrſchte wieder die Bubonenpeſt (Morbus 
änguinarius *)) in Dlarbenne, was dir Vermuthung Naum 
geben könnte, daß die Puſularkrankheit vielleicht eine amSgenzs 
Bubonenpeſt geroefen fei, indem ˖aller Erfahrung zufolge zwei 


ſo roße und fo verfchiedene Seuchen nicht neben einander bes 





I) Gregor. Turonens. Histor. Francer. L. V. c. 1. p- 333, 
(Du Chesme, ebend.) 

2) Der Urfprung des deutfchen Worted Arzt if ohne Zweifel 
von Archiater berzuläten, wie die alten Forinen Erzeter, Erzet, 
Arzat, deutlich zeigen. Vergl. Moͤhſen Beſchreihung einer Ber 
lin. Medaillen, Sammlung. Bd. I. &. 43.- 

3) Gregor. Turon. Hist. Franc. L. V. c. 32. 

4) Diefer Name wirb mit den aͤhnlichen für die Bubonenpeſt 
beftändig beibehalten, und nie mit andern zuſammengeworfen. 


Gregor von Tours ımterfcheldet ben Morbus cum pusulis et ve- 


‚sieis ganz forgfältig von dem Morbus inguinarius. Der Betnamme 
"Morbus dysenterieus aber, der für die Puſularkraukheit vorfommt, 
bezeichnet nur die Unterleibözufäße, und ift fomit inweſentlich, dem 
Ruhr heißt bei Gregor Dysenteria. — Mistor..Fraucor. L. VL 
e. 14. p. 361. — Do Miractdis- St. Martini .L, TU. . 52. 


x‘ 


51. 


Met: kRöhnen, Fondern ſih Aegenfolkig verdrängen: &b kann 
jedoch nicht / Serviiien Werden; „Buß beide an. 'ukllem Orte zu 
ae Zett gehereſcht haben ſellten, waͤhrend es dagegen 


woahrfcheinlich iſt, Safe Mn verſchledenen Laͤnderſtrichen ent 


weder zugleich, oder Bir; nach einander: vorgekommen. find; 
- Uber auch in unmittribarer Aufemanderfolge dieſelben Orte heim⸗ 
geſucht haben, und em Bes fireitet mit "Leiser. vathologi⸗ 
ſchen· Orfahtung: Demi Me verſchiedenartigſten Bokkskrankheu 
ven koͤnnen In benachbarten Rindern zu gleicher Zeit beſtehen, 
end: one von 'ihrer Gigenchlnitichkeit rwas auszutauſchen, 
bder bie im geringften aufzugeben, unmttdelbar hinter einan⸗ 
der vrfägeinen, wie Dies neuere Theeſachen Imimmmietich von der 
morgenlandiſchen Peſt and: une Krankheit, DR mit den Co- 
ales ;tufinimenfäe, hatdareiflich datgethan haben 2). Die 
Annahme uber von eine Verwechſtimg des Aceſchlages mit 
den Pofttarbunkeln (sedgurıs) wird darch 6e deurliche Der 
ſchreibans der Puſtein mibidingt beſeitigt. 

Da Aun cben diefer Aueſchlag, wie die Beige dee Aus 
tenzengen Im ſchildern, vereint mit den Übrigen Yufdlien und 
der größten Sterblichkeit der Befallenen in Teiner andern 
Erankhent vorkommt, als Mm den Pocken, fo ſtehen wir nicht 
Hinger am, die Puſtularpeſt des ſechſten Jahrhunderts 
für Balken zu erklären. Diefe Amahme wird baburdh 
bekraͤftigt, daß acht Jahre vor der erfien Puſtularſeuche in 
Prontyeich (572, nah Gibbon 569) die Pocken in Arabien 
auetſt megelrochen find, nicht als wine neue, ſondern als eine 


2), Wolmar a. a. O. S. 13. „Vor dem Ehamfin berrſchen 
in jedem Jahre die Pocken in Cairo. Sind dieſe gutartig, fo Hat 
man nicht viel von der Peſt zu befürchten, finb fie aber bösartig, 


ſchr verbreitet, und töbten einen großen Theil ber Kranken, fo macht. 


Die Peft, wenn fie durch Anſteckung borfhin gebracht wird, wß 
boltſome Bortfäri “ 


4 


133 TE 


Im- Öffichen: Aſten ſeit hingen als 1600. Jahren vorhanden ger 
weſene Krankheit, — und "fomitsdie Maͤglichkeit einer Ver 
ſchleppung des Auſteckungsſtoffes, auf die es hier ankommt, 
nicht zu leugnen iſt. 872 iſt das Johr der, Belagerung vom 
WMekka im Siepbantenkriege , bei welcher das Heer der. bis dus 

‚hin fiegreichen Habeſſicjer vor den Packen bis auf den letzten 
Mann aufgerieben wurde. Es brach dieſe Krankheit zugleich 
mit den Maſern von Ofen her in Arabien ein :), von wo 
fie ſich wahrſcheinlich über Aeghpten und nach und nach über 
Südeuropa zwiſchen mieberhalten Peſtepidemien verbreitete 
Die arabifcgen Schrifefteller, ‚die hiervon berichten, uunhäßen 
diefe Thatſache nach morgenländifcger Art mit einer wunderſe⸗ 
men Erzählung: „Ein Zug uͤbernatuͤrlicher Vögel, Ababil 2) 
genannt, mit ſchwarzem oder geünem Gefieder, und weißen 
oder gelben Schnäbeln, kam von der See her. Ein jeder trug 
im. Schnabel und in den Klauen Heine Steine von der Gräfe 
‚einer Erbſe, welche er auf die Habeflinier fallen ließ; dieſe 
durchbohrten die Ruͤſtungen, tödteten das ganze Heer, und noͤ⸗ 
thigten deſſen Anfuͤhrer Abrehah, ganz allein die Flucht zu 
ergreifen. Endlich wurde auch dieſer von einem ſolchen Steine 
getödtet”” — oder flarb nach anderen. an einer fuͤrchterlichen 
peftartigen Krankheit, in welcher feine Glieder verfauisen., Eo 
EI Hamify, der zu dieſer, auch im Koran °) enthaltenen 
Erzählung ausdtuͤcklich, und in Uebereinſtimmung mit Mies 
fudi im Murudſch-Oſehib, hinzugefuoͤgt, es wären in dieſer 
Zeit die Pocken und Mafern in Arabien ausgebrochen. Daß 


1) Jo. Vac. Reiske et Io. Fen. Fabri Opuscnla medica, es 


'monimentis Arabum et Ebracorum. Ed. Gruner. Hal. 1776, & 


Obs. I. p. 8. — Bergl. Kraufe a. a. ©. ©. 106. 
. 2) Der perſiſche Name für die Poden. \ | 
3) Sur. CV. “ 2 


j | 458 

Die Pocken ſchen gegen zweltanſend Jahre ner ihrem. erßen 
Erſcheinen; in Arabien, in Oſtindien und: China bekaunt gewe⸗ 
fen find, haben Moore's treffliche Unterfuchungen laͤngſt a 
fier Zweifel gefetzt ). Die Hindus, und unter ihnen mamend, 
Sid : die Parias : verehrten ehedem eine eigene Pockengoͤttin 
(Meriatole, Patragali, Butt ka Takurani) in zahl⸗ 
xcichen Tempeln und ‚mit grauſamen Gebraͤuchen, woraus auf 
verheereade Cridemieen zu ſchließen iſt, indem bie. Völker ih 


ihrer Kndheit nie ohne gegruͤndete Beſorgniß großer Gefahr 
gottesdienſtliche Suͤhnungen veranſtalten. Die Chineſen glau⸗ 


ben an ein. dreitauſendjaͤhriges Alter der Pocken, umb‘ biefer 
Haube ſindet · here Beſtaͤtigung in einem nach uralten Queb⸗ 


den; bearbeiteten chineſiſchen Werke (Herzenstractat von dm 


Pocken), nach dem diefe Krankheit um das Jahr 1122 vor. der 
riſtlichen Zeinechnung in China zuerſt erfchienen iſt *). Ya 
derafelben Werke wird von einer Art Einimpfuug der Poren °) 
berichtet, die im zehnten oder.eiften Jahrhundert n. Chr. ers 


funden worden fei. — In Europa heimifch geworden, erhiel⸗ 


. ten ſich die Pocken ſeit dem Ende des, ſechſten Jahrhunderts 
feiöftftändig, wie fie überall nach ihrem erften Einbruche ges 
Sieben find.: Sie kehrten in großen Epidemieen, bie bei dem’ 
Mangel an ärztlichen Schriftſtellern in den nächften Jahrhun⸗ 
derten von geiſtlichen Geſchichtſchreibern und Kirchenvaͤtern 
nad) ihrer Art befchrieben werden find *), — zu Zeit 
wieder, und haben nicht aufgehört, durch alljährliche Verhee⸗ 


9) 7. Moore’s Hinory of the Small Pox. London 1818. 8. 

2) Ebend. en. ' 

3) Medical Essays and Observations, pobl, 'bya Society i in 
Edinburgh. Vol. 1.1747. p. 285. — Die Ehinefen wickeln zwei bis 
‚vier Pockenſchorfe mit einem Stuͤckchen Moſchus in Baumwolk, und 
ftecken fie fo in die Naſenloͤcher. 


4) Vergſ. Moore a. a. D; una Krauſe S. 149.. 


S 


/ 


18 


wisgen bie Enmpicelung ter Böker md Grumehh zu beumumn, 
und ſomit die Kultur vun Earopa zu verzoͤgern, bis die Hell⸗ 


Aunde der neueſten Zeit der Natur das Verbeuungenumi 


einer nicht von höheren. Geſetzen verordneten Surblichkeit Wr 
gewann, wid dadurch den uͤberzeugenden Wewels gab, daß Der 
menfchlichen Vernunft: die Vrfugniß verlichen ik, das Miu 


ſchenlvben zerſtoͤrende Kräfte, ſribſt wenn ſie mit kosmiſchen 


Vorgängen in Verbindung treten, frei und ſiegreich zu Gew 
Kimpfen. Wiederholte Anſteckangen warepälipe; Witker . von 
Aegypten , und Kleinaſten ‚aus mögen index Folzo häufig Rast 
yefanden haben, die Sinfternig des Zeitalters und: die Umfenme 
niß des Alchels Naben barkber keine ſicheren Anzaben auf bie 
Machwelt kommen iaffen, waͤheend ber Rreuzpige uber arme 
erten ‚fie ſich auf eine hechſt verberbliche Weiſe, wodurch die 
irrige Annaßıne veranlaßt werben iſt, daß in dieſer Zeit Die 

Pocken zuerſt mach Europa gekdmen ſeien. 


Sünfter Abſchnitt. 


Heilkunde der Griechen von der Mitte des ſechſten 
Yahehunderts bie. gur Kinnahme. von Alexaudeien 
durch die· Sarneenen. (60) Ä 


8. 36. 

Alexander von Tralles. | 

Ueber die Seuchen des fechften Jahrhunderts beobachten 

die gleichzeitigen Aerzte ein unerflärbares Stillſchweigen, oder 
fie geben darüber fo unfruchtbare und mangelhafte Andeutum 
‚gen, während fie doch geringfügige Krankheiten mit Galeuniſcher 
Auefuͤhrlichkeit abhandeln, daß es wohl ſcheint, fie haben Schen 
empfuyden, Hebel zu * Dana thee Kunſt aicht geroeqh⸗ 


w 


/ 


135 
fen war. Trifft dieſee Vorwarf den ſorglich ſammeinden 
Aetius, der im Mittelpunkte der Derheerung lebte, ſo tk 
Sm nicht minder ein viel höher ſtehender Argt ausgeſetzt, der 


Ach in ver Hauptſtadt des weſtroͤntiſchen Reiches bedentenden 


Nuhm erworben, und. ie finkende Bölffenfchuft durch ausya 


zeichnete Leiſtungen noch einige Beit hindurch: aufrecht erhalten 


Sat; es if Ale xan der von Tralles, ‚einer Scodt im Lybdien, 
der dus ſeitene Gluͤck genoß, Fir große Fähigkeiten eine geeig⸗ 
nete Ausbildung, und Für erworbene Tuͤchtigkeit einen ange 
wmießſfenen Wirkungekreis zu finden. Spa früher Ingend wurde 

ihm ber Unterricht feines Vaters Stephanus !) zu Theil, 
zines vieigeruͤhmten Arztes, deſſen Geiſt und Bildung anf fünf 
gu hohen Ehren gelangte Söhne Übergegangen wur. Der Zat 
aach kann biefer Stephanns derfeibe in Edeſſa gebildete Arze 
geweſen ſeyn, ber. vom Kaiſer Zuſt in ian zen Geſandten au 


Chos toes *) erwaͤhlt wurde, ja es wird dies ſogar aus dem 


gaͤnzenden Auſtreten ſeiner Söhne wahrſcheiulich. Denn im 
einer Zeit, wo ein raͤnkevoller Gef die halbe Welt zu feinen 
Zwecken leitete, komm auch wohl das wahre Verdienſt nicht 
ohne die verborgenen Driebfedern der Welt emperkowmen. 
Zwei von den Söhnen des Stephanus, Anthemtus und 


Metrodorus, jener ein Mechantker und Phyſcker ‘von felter. 


wen Kenntuiſſen °), diefer ein gelehrter Gieamunatiter, wurden 


vom Kaiſer Yuftinian nach Conſtantinopel berufen, sin dei 


ser, Dioscorus, blieb Is beliebter Arzt in Trades, imd ein 


]) Alexandr. Trall. L. IV. med. | = , 
2) ©. oben $. 61. ©. 133. | er 
'3) Er entwarf Pläne zu den beruͤhmteſten Bauten, erfand eine 


Menge finnreiher Maſchinen, unter deren eine Vorrichtung auf bie. 
Kraft ber Waſſerdaͤmpfe berechnet war, und wird berhaupt von feinen 


Britgenoffen als der befte Sachfundige. in feinem Bade aufgeführt. 


Aguth.'Schol. de Imper. et reb. gest. Justinian. mp. L. V. 104. 


— 


155 | | ur 

inte, Olymptus, ward ald Rechtekundiger gleicher Lobes 
gewuͤrdige *). Alexander aber erhielt nach vollendeter Aus⸗ 
diſdung, die unter der fortwaͤhrenden Leitung feines Vaters 
und der Kürforge eines ungenannten Wohlthaͤters ohne Zwei 
fel zu großer Vielſeitigkeit gebiehen’ it, eine ehrenvolle Einie 


tadung nad Rem *) wo er denn bis in fein hohes: Alter bie 


Heilkunſt ausübte. Ob feine Meifen nad Spanien, Hetrurien 
and dem noͤrdlichen Afeika (Eprene),; die ex benutzte, um feine 
ärztlichen Kenntniffe zu erweitern, dieſer Einladung vorausger 
gangen, oder von Ihm Fpäter. unternommen worden find, bleikt 


ungewiß 2). 


Alexander darf nicht den miſtbſen Sammlern ſeines 
Zeitalters gleichgeſtellt werden. Denn er beobachtete die Re 
tur, wenn auch mit Verehrung feiner großen Vorgänger, dech 
überall -felbftftändig, und feines unbeſtreitbaren inneren Werw 


fes volltommen wuͤrdig.· Da er nun and) erſt als hochbejahrs 


ser Greis die Ergebniſſe feines Lebens der Nachwelt aufbewah⸗ 
ven wollte, als er bie Beſchwerden des Arts nicht mehr. zu 
ertragen vermochte, ſo fpricht aus ihm der. vigferfahrene Dies 
mer der Natur, deffen ‚geiftoolle Lehren ‚bie Wahrheit des Le 
bens athmen. Archigenes und. Galen find Abm heilige 
Vorbilder ‚ erarsı) aber nirdends ermeift er ihnen blinde 


| Verehrung *), und ſtellt jederzeit die ſelbſterworbene Erfennt: 


niß über. ibe Anfehn, mie .einft Artftoteles die Wahrheit 
über Plato 5). Sein praktifches Hauptwerk .*) verfaßte 


1) Ebend. 2) Ebend. , 

3) Alex. Trall. L. TI. e. 15. L.- vni. e. . 18. p. 122. 

) L. XII. e. I. - L. VI. e. 6, p. 110. 

5) Didos br 6 Minrarı Qi di zul 3 arm, 
weonusubrgr wgexgirier ru Artnr. — Diefen Grundſatz des 
Urifioteles erfennt Alex ander als den feinigen. L. IV. e. 4.p. 78. 

6) Alezandri Trallieni medici Libri XII. Hhasae de. Pesti- 


x 


4157 


Kirzander mit dem Burfag, nur’ dag zwerkdienliche niederzu⸗ 
ſchreiben "), und zeigte ſo, wie er dem gelehrten, geiſtvellen 
Galen, nicht dem Breiten und weitfehwelfigen nachzuahmen 
waßte. Es zerfaͤllt in zwoͤlf Bäder, Über die Zieber und bie. 
anderen inneren Krankheiten, nach ber althergebrachten Ordnung 
der Theile. Die Baſchreibung derfelben iſt lebendig, wenn 
auch nicht fo vollendet, wie bei Aretäus; die Beurtheilung 
der Zufälle, ihres Sttzes und ihrer. Urfachen, zeugt von, naturn 
gerechten. Scharffiun, :und bie Behmndlung : ter : Kranffeiten: 
von tichtigem: Auffaſſen der allgemeinen Zuſtaͤnde und vielvere 


ſuchter Erfahrung.Entrichtet nun uch Alerander . bu 


hie: Erupfehlutig.. son Wundermitteln feinent Jahrhundert den‘ 
ihm gebuͤhreuden Zell; fe zeigt fi) darin nur die gemeinſame 
Abhängigkeit von. Zeit und Umgehungen,die feibft -die..geöße: 
tem. Geiſter nice: zu ‚verleugnen im Stande find. Er naht 
jedoch nur zu: den geheimen Einfluͤſſen des Wunderglaubens: 
feine Zuflucht, wenn iegend das aͤrztliche Wiſſen nicht aus⸗ 
weichte, und. pflegte oͤberhaupt nur, nach allſeitigem Erforſchen 
und Ueherdenten den Krankheit hůͤtfreiche Hand ‚anzulegen * 
W 8. 36. * 

Aterauder's Fieberlehre 


"Alerander‘ ⸗ Dieberlehre iſt humoralpathologiſch, und 
bewegt fl f ch in dei älterthuͤmlichen Formen, aber fie ift tech 


’ 


lentia Libellus, ex "Syrorum lingua in graeeam translatus. Jocobi 
Goüpyk‘ in eodem clätigitiones. Latetiae,;'1548. fol. Ex uffie,‘ 
Robert. Stephani. — Das zwölfte Buch if offenbar das erfte, und’ 
nur durch einen umverbefferten Bedlee irgend eines Abfchreiberd von 
feiner Stelle gefommen. 

UL 1. ec 18. idit. 

2) Toöre ya iorı zu) üglsevlarged, vo LZurıtı 
Äwaırn zur verrsguypee, za) Kira weoedie- 
eszued weoerplesr va Boendaperm. L. XI. ec. 1.5. £. 


158 

an natungemäßen Unterſcheldungen, miB Geht bie allgerneinen 
Eoankheits zuſtaͤnde aus der bis dahin wenig geasbueten Menge 
der beſonderen Erſcheinnngen anfchauuich herver, deren Ekenut⸗ 
mE dem Eingreifen in den Gang der Natur nothwendig vor⸗ 
auosgehen muß. Der Sig und der Mittelpunkt alles 
Flebers ik das. Herz"), eine natoͤrliche, und im die kuͤnſt⸗ 
lichen Lehren des Akterchums zwar vielfach werflochtene, aber 
doch über alle Theorie erhabene Auficht, die ſich ald Grundbe⸗ 
geiff disfes Leidens in bir geluͤuterten Erfahrungspathoiogie 
immer wieder flegreich eenenert, gleichwiel, auf wie einfache 


Art fie ſich ‚dem Alten ergeben Gute: Denn fie gruͤndete füch 


bei ihnen. nicht äuf tiefe und vielſeltige Kennenifſe des Pchend, 
fonbern nur auf die kunſtloſe Wahrmehmung, daß 28* 
im einer Veraͤnderung der natuͤrlichen Wärme beſtehe, deren 
Haupequeſle das Kunz ſei. Galen, :dee biefe Anſicht wit 
ſſiner tveſſtichen Lehre von Athmen ) ſcharfſennig zu ‚verbins 
den wußte, ſchlug deu Zuſtand bes Herzens Im dieber gleich 
hoch aln), ſo daß es wohl ſcheint, Alorander habe ie 
hierin vor Augen gehabt, wenn er ihn au ſonſt oft genug 
zurechtweift, und fobald es auf Erwägung Ärztlicher Grund⸗ 
lehten ankommt, nirgends feine innigſte Verehrung der Wahr: 
heit verleugnet *). Inſofern nun aber auch das Sieber von 
den veränderten Srundftoffen des Koͤrpert ausgeht, ſo unter⸗ 
ſcheidet Alerander nach hergebrachter Weiſe das eintaͤgige 
Zieber, von Fehlern des Luftgeiſtes, die anhaltenden, von Saͤf⸗ 
teverderbniß, und: bag, aehrfeber, von einem Leiden der feften 





9 Ebend. 

2) Bd. 1. 8. 65. S. 491. | 

8) De Differentiis febr. L. I. c. 3. — In Hippoerat. de 
 Eraetar. Comment, M. 23. 
4 XI co kp. WA. — Und arts werde ee. 
rınas aa 


v 


19 


Theile. ") cine. Einshellung, bie hei Ihun-bie nächige Var⸗ 
gung der enifgungen Urſachen nicht im geringften ausſchlicht 
Sp bdoehoandelze er dag. gaſtriſche eintägige Ticker. aus Werfäuen 
ung. und ſouſtiger Magenverderhniß mit Abfuͤhrmittein, und 
ſuchte die Verdauung au beſſern, ohne jedoch Zum Vrechmittel 
zu greifen, als deſſen Lobredner er im uͤbrigen bei vielen Ge⸗ 
legenheiten auſtxitt). Methobifchen Urſprungs iſt bei ihm 
die: Annahnte eines: eintägigen Fitbere qus Verſtopfung der. 
Gefaͤße Cirpeni) , monach Saͤfteverderbniß wegen Mangel au; 

AYusbünftung (adresse) entfichen, und Diefer. burch erfchlaf 
fendes Lerfyhren fo wie bei. wirkſicher Vollbluͤtigkeit folk mit 
dan Aderlez ohne Aufihub, vorgebeugt werden ſoll, wie er 
denn iberhampt ‚bie, Verzögerung des Zyeckmaͤßigen in „allen, 
und fo vornghmlich im den hitzigen Krankheiten für dig Quelle 
des groͤßten. Noqhtheils hielt ’). 

WEegen, die ältere Anſicht, daß. alle anhaltenden Ziehen durch 
verdorbent Otoffe inner halb der. Gefäße. angefacht men 
ders, hatte ſich von vielen Selten her. Widerſpruch erhohen, ins 
ſofern bei. dieſen Vorgaͤngen mad Ineumatiſch⸗ Galeniſchen, 
Grundfäpgen *) Faͤulniß ‚angenommen. wurde. Man gab die 
Faͤulnißg in: dem Darpakanal zu, denn es entſtaͤnden bier Wuͤr⸗ 
mer wie ia ſautenden Körpers, leugnete fie aben in. den Ge⸗ 
fügen, weil man nie Wärme in ihnen geſehen hätte. We⸗ 
man daher. für: Anlniß gehalten; moͤtſe man lieber mit elner 
| Euntlammung aber, Erhitzung (inside) vergleichen, Auch 

Aleganden ‚heile deſ⸗ Ueberzeugung, und verſicherto male 
— 

» Ebenh. vo. . I” 

) a 

» L. X. u — uMlyuor ya wuner is ir: ven rer 
—RX v —R “ 


4) 8. 1.5.66 &. 508. — &. ob... 4. & 91. 





Ad 

10° — 

vielen anderen Aerzten, eine Oafteberderbuiß der Art ans. faw 
lenden Stoffen im Varinkanaͤl beobachtet zu haben, deren Ent 
ſtehungsweiſe durch Aufnahme dieſer Stoffe in das Blut es 
leicht moͤglich mache, die Kranken mit.einfachen Ausleerungen 
vom Fieber zu befreien. So erfahrungsgemaͤß war ber Be 

griff der, gaſtriſchen Fieber dargeſtellt *). 

“Ohne neue Vejeichmmgen zu erfinden, beſchreibt Alep 
ander eitzelne ˖ hitzige Fieber mit ſehr tieffenden Bügen. Se 
das rein entzündliche der Neueren, und Bas entjündliche Gal⸗ 
Ienfieber, in beten er das Aderlaß nach richtigen Grundſaͤtzen 
anwandee, beſorgt daß im Unterleide oder in der Bruſt roſen⸗ 
aecrige Entzündungen hinzntreten möchten *). "Ugberhaupt ers 
giebt es ſich durchgaͤngig, daß Alerander ‘die Charaktere der 
Fieber, abgefehen von aller · Humoralpachologie mit fcharfem 
Blicke aufzufaſſen wußte, und mithin vor allen bernfen gewe⸗ 
fen wäre, das regelloſe, veraltete Lehtgebaͤude von den hltzigen 
Keenkheiten · in einer neuen; der Natur mehr angemeſſenen Ge 
ſtalt ſich erheben zu laſſen, wenn er nicht ſeine beiten Erſch⸗ 

zungen bloß in beſchreibende Worte gekleidet, WB es nach Art 
BE Alten ſeit Hippokrates verfäumt hätte, für wohler⸗ 
kannte Bieberformen neue bezeichnende Namen dihzufegen. - © 
blieben die trefflichſten Veſchreibungen nie‘ dem vielgeübten 
Kenner verſtaͤndlich, waͤhrend die Menge der Abkigen Lefer, 
die fih nur an die · Namen hielt, unbrlehtt datan vorüber? 
ging. Ein gutgimählter Rame mit treffend? Vergleichung, 
bie fchlagende ſinnliche Merkmale für, die Erinnerung ſinnlich 
fefthätt, bevorrechtet nicht felten Naturgegenftände, leicht er⸗ 
kannt und mit Vorliche erforfht zu werden, waͤhrend die 
 verhallenden Worte wenig auffnerkfame Zühörer finden. 
I) L. XII. ec. 2. p- 208. 

2) Vergl. $. 24.3. €. ©. 9. 





w 


| nn | 161 
Das Brennficher (zeürcs) theilt Alexander mit Ga 
len ?), in ber Befchreibung jedoch bei weitem bezeichnender, in 


das wahre und das falfche (dxesans vd), indem er das lebte 


aus Schleim entſtehen läßtz der wahre Causus iſt bier wie 
überall ein ſehr ſtarkes entzündfiches Gallenficher, in deffen Bes 


- Handlung der unbefangene,. Sinn das Ausleeren der ſcharfen 


Salle als das erſte Bedingniß der Geneſung erkennt. Hierzu 
den rechten Zeitpunkt zu ‚finden, hat von jeher den Aerzten 
Schwierigkeit gemacht. Alerander Wer bewies durch feine 
Borfchrift, man därfe nur ausfeeren, wenn die Gälle bewegs 


"Lich fey, daß er ihn.ficher zu treffen wußte, und ihm über 


bie Behandlung gaſttiſcher Fieber Begriffe gelaͤufig waren, die 
erſt in der neueren Zeit wiſſenſchaͤftlich begruͤndet worden ſind. 
Er verſichert unter dieſen Umſtaͤnden oft während des hitzig⸗ 
ſten Fiebers abgeführt zu haben, jedoch nur mit großer Vor⸗ 
„fe, — was nicht auffallen barf, wenn. wir erwaͤgen, daß 


den Alten keine ſalzigen, ſondern faſt nur erhitzende Abfaͤhr⸗ | 


mittel zu Gebote fanden °). Sur Beruhigung reichte er höchftens 
das ſehr gebraͤuchliche Mohnkopfmittel (Diacodion ?)), und 
erklaͤrte ſich unumwunden gegen den haͤufigen Gebrauch zuſam⸗ 


mengeſetzter, den Fieberkranten durchaus nacpeige Ablochun⸗ 





1) Coàment. IV. in Hippocrat. Libr. de Vict. acut. „13. 
2) 1 xI. p Ale .. ⸗ 


8) Nach Galen wurden zehn friſche Mohnkdpfe nen Sex- 


- 


tarins (28 „43 %) Waſſer vierundzwanzig Stunden eingeweiht, 


waren fie ſchon trocken, laͤnger, barauf bis zum Zerfallen gefocht, 
dann herausgenommen, ber Gaft aus ihnen ausgepreft, die Hälfte 


Honig zugeſetzt, und die ſo erhaltene Fluͤſſigkeit bis zur Honlgdicke 


eingekocht. Dies war die gewoͤhnlichſte, “einigen anderen vorgezogene 
Bereitungsart. — L. V. c. 4 p. 79. Alexander hält hier eine 


große Lobrede auf dies für die damalige Zeit allerdings fehr zweck⸗ 


‚mäßige Mittel,. das bei den Alten durchweg die Stelle unferer 
Mohnſaftpraͤparate vertrat. — Vergl. $. 18. ©. 86. d. B. 
II. . e 


* —4 





- ‘ . . 
® 
162 
s %_ 


— 


gen. DaB er den Nutzen der Baͤder In Fiebern richtig gu wuͤr⸗ 

digen mußte, ergiebt fih aus vielen feiner Aeußerungen. 
Das Alter aus Krankheit (ix vorou Zigas) nannte Aler 

ander mit einer treffenden, und ſchon einigen Fruͤheren ges 


Ä lauſtgen Vergleichung, die unvollkommene Geneſung von Fie⸗ 


* 


bern, die in Zehrfieber Übergeht *), deſſen Behandlung er 
auch unter allen anderen Berhältniffen mit beifalswitrbägen 
Begriffen‘ von Ernährung und Stärkung feſtſetzte. Die 
Speifen allein heugn dig Kräfte nicht, fondern die 


Natur, die fie dem Körper aneignet *). Die Milch 


nahrung ſchien ihm vor allen die zweckmaͤßigſte im Zehrficher, 
nur müßte die Efelin oder die Ziege, dken. Milch man ber 
nußte, mit Maſtixblaͤttern, Gerſte, Myrte und Eichenlaub ge⸗ 
fuͤttert werden, dainit dieſe nicht durchfehläge- Auf. die Se 
fenifche, der Beibehaltung noch immer werthe Unterſcheidung 
des Zehrfiebere in Zuftände, ro entweder noch hohe Roͤthe im 


"die Wangen tritt (zeoös drdes), oder Zufälle von Blutloſig⸗ 


keit erfolgen, und die Auftöfung des Kranken auf feines Ger 
fichte zu leſen iſt (suganuese wogrds umenemudns), legte er 
mit Recht einen großen Werth, uͤberzeugt, daß in jenem ber 
wefentliche Nahrungsſaft der feften Theile (oerwörs, weere 
vyearts) nur erhißt, in diefem aber verzehrt,"und deshalb die 
Mückkehr zur Gefundheit eben fo unmöglich fd, ad im hohen 
Alter, der matuͤrlichen Abzehrung. 

Die größeren Zieberzufälle behandelte Alesander nicht 


wie viele feiner Zeitgenoffen und Vorgänger ſymptomatiſch, 


fondern fuchte fie vornehmfich durch das richtige Verfahren ges 


gen die gefammte Krankheit zu befeitigen *). Er iſt hier im Eins 


1) L. XIL c Sp. 221. 
2) C. 5. p. 24 
3) L.1. ce. 10.9.7. 





| 0 | Ä 18 
zelnen reich an fruchtbringenden Erörterungen, die in das Leben 
der Kunſt wohlthaͤtig eingreifen: &o nahm er nach der Pofidos, ' 
nifchen Anficht *) den Sitz bes Carus in den vordern Hirncheilen 
an, weil die Sinne vorwaltend ergriffen ſeien, und erkannte bei dem 
Lethargus, den er im uͤbrigen wie die Alten aus Schleimanhaͤufung 
im Gehirn entſiehen ließ, doch auch einen gallichten Zuſtand, in 
dem die Kranken zwiſchendurch wachend irrereden, wobei er 
mit den Aderlaß zur rechten Zeit beizuſpringen wußte 2). — 
Längere Zeit verweilte er bei der Ohnmacht, ihren verfchieber 
nen Urfprung beifallswuͤrdig erwaͤgend. Entfpringg fie aus 
Schwaͤche, fo kann dies entweder vom Herzen, oder vom Ger . 
bien, oder von der Leber aus gefchehen, je nachdem die ges 
meinfame Lebenskraft des Körpers (durapıs Bonevor 22 
eöpa) entweder in ben Lebensverrichtungen (Lurıua Drapıs, 
im Serzen), ober in-der Nerventhaͤtigkeit (Soxıza durgpis 
im Gehirn), oder. im Bereiche der Ernährung (Qvesxd Wranıs 
in der Leber) erariffen.ift. Die Behandlung gefchieht hier nad) 
Umſtaͤnden durch Erhitzung ober durch Abkuͤhlung, was in der 
Sprache der neueren Zeit gleichbedeutend iſt mit reizendem 
und entzuͤndungswidrigem Verfahren. Entſteht die Ohnmücht 
ans dem Magen, durch ſchadhafte Stoffe, fo dient ein mildes 
Brechmittet aus Delmaffer; wird fie von übermäßigem Durchs 
fall erregt, fo fol man ſich hüten Mittel anzumenden, bie die 
Haut zufammenziehen, denn ber. Durchfall nimmt in: dem 
Maaße zu, als die Haut fich verfchließt.. Sin der. Gallenruhr 
nahm Alexander, der Ohnmacht vorzubeugen, ſelbſt zum 
Chrufippifchen Binden der Glieder feine Zuflucht >), ‚einem . 

Verfahren, defien Wirkfamkeit zur Unterdruͤckung krankhafter 





1) ©. oben $. 3. ©. 9, 
M L. I. e. 14. p. 20. 
*) L. XI. c. 3. 
22 


r 


! 


‚164 


Derwegungen auch in ber neueſten Zeit alle Anerkennung gefuns 
den bat '). 
Die Behandlung der Bechfelficder hat bei Alerander 


"wenig eigenthämliches, und beſchraͤnkt ſich größtentheils 7 


diaͤtetiſche Vorſchriften. Dreitaͤgige Wechſelfieber ſah er 

unter den Haͤnden ſeiner roͤmiſchen Kunſtgenoſſen, die —* 
. feine Aeußerungen nicht in das guͤnſtigſte Licht ſtellen 2), um 
heilbar werden, wie denn dieſe und die verwandten Fieber den 


Bewohnern Italiens von jeher verderblich geweſen find. Viertk . 


gige Wechſelfieber verfigert er nicht felten mit wiederholten 


milden Brechmitten °) zu Anfand der Anfälle, auch wenn fe . 


ſchon veraltet gewefen, geheilt zu haben, tadelt dabei den um 
uͤberlegten Gebrauch heroifcher Zufammenfegungen, greift aber 


doch unter. dringenden Umftänden ju nicht minder widrigen 


Mitgeln als den Bettwanzen des Diofcorides *), wie 
etwa zum Menſtrualblut, oder zum Tragen eines Kleides von 
einer Wöchnerin °), Dinge, die immerhin durch fortgefegten 
Ekel eben fo viel gewirkt haben mögen, wie zahllofe Wunden 
mittel durch ‚den Eindruck des Glaubens an geheime Überfuns 


liche Einfläffe Aleran der.ibar, fortgeriffen durch das Verlangen 


feiner Kranken, und von der geifteödtenden Luft feines Jahr 
hunderts benommen, diefen Mitteln durchaus nicht abgeneigt, 
und fo fehen wir denfelben Arzt, der es ſich zur Ehre rechnett, 


mit Archigenes. in der Klarheit der Maturbeobachtung zu 


wettsifern, vor Sonnenaufgang feltfame Cieraterre (wu. ger. ge. m * 


N — 


1) Vergl. des Verf. Litterariſche Annalen der geſammten Heil⸗ 
hunde, BR. X. ©. M4. 


2) L. XU.c.6.p. 225. 

3) Feder mb Honigwaffer. 
4) Mater. med. L. IL. ec. 3. 

5) L XII. c. 8. p. 374. 


. 


u . 0 165 
auf ein Delblatt ſchreiben und bies feinem Kranken umhaͤn⸗ 
gen, oder eine Spinne in einem Leinwandläppchen ihm an den 
liken ‚Arm .befeftigen '). Im übrigen ſucht er jedoch die 
viertägigen Wechfelfieber nach gewiſſen Verfchiebenheiten ihres 
Urfprungs. zu behandeln, : je nachdem fie ihm aus ſchwarzer, 
oder fehe verbrannter gelber Galle, oder aus verborbenem 
Blüte (revyadic) zu entftehen, und entweder. in ben Gefäßen, 
oder in der. Milz ihren Heerd zu haben ſchienen. Wollte Sa 
fen immer nur erhigen, fo fand er es auch für nöthig nach 
Umftänden zu -tülen °). Dennoch war und. blieh die Ber 
"Handlung der Wegheeber ein nicht zu tilgender Vorwurf fuͤr 
die Heilkunſt. u 


- % " ® 


‚ ‚gs 37. u, 
Der Satrofoppif Palladius. Johannes von 
Alerandrien. ur ‘ 


Verarbeitet für alle Theile der Fieberlehre, wie bie Hu⸗ 
moralpathologie war, ſchien ſie doch vielen Aerzten zur Ent 
ſcheidung der Frage ungenügend, wie in bett Wechſelfiebern po 
vollkommene Ruhe zwiſchen den’ Anfällen eintreten" koͤnne, wenn 
man doch annehmen, muͤſſe, daß die materielle Urſache, bie 
fie angefacht habe, beftändig im Körper vorhanden fei. Eine 


uͤkerlichtliche Fieberlehre des ſechſten, oder vielleicht ſchon des \ 


fünften. Jahrhunderts 2) ſtellt ſie zu beantworten die nichts 





1) €. 7. p. 330. 
2).C. 8. p. 234. , 

3) Palladii de Fehribus concisa Synopsis, cum notis Jo. 
‚Stephan. Bernard. Lugdun. Bat. 1745. 8. — Die obige Angabe 
Tann fi nur auf Vermuthungen nach dem Geifle des Palladius 
gründen, indem nähere hiſtoriſche Angaben fiber ihn aus einer fruͤ⸗ 
beren Zeit gänzlich fehlen, und es auf der andern Seite nach feinen 
fonfigen Leitungen nicht. wohl glaublich iſt, daß er kurz vor dem 


« 


166 eo. 

erflärende Behauptung auf, nad; beendigten Anfällen ziche ſich 
der Fieberſtoff in die Muskeln zurück, um bier fo lange ver 
borgen zu bleiben, bis er durch einen folgenden Anfall ahfge 
: rührt, und diefen ſelbſt anregend, aus dem Körper getrichen 
werden koͤnne *). Eine ältere Erklärung diefes Vorganges Ing 
in dem, gewiß fchon vorgalenifchen Lehrfage, in den Wedhfet 
» fiebern befanden fich die. fchadhaften Stoffe außerhalb der Se 
füge, während fie in den anhaltenden Fiebern dem Blute in 
den Gefäßen mitgerheilt, dem Herzen feine Ruhe vergönnten ®), 
Diefe, von-Alerander kaum berührte Anſicht heit Palle 
dius, der Verfaffer jener Fieberlehre, als befonders wichtig 
hervor 5), und weil. ſie eine handgreifliche Vorſtellung giebt, 
fo mag fie allerdings ihre zahlreichen Verteidiger gefun⸗ 
den haben. 

Palladtus, ein Alexandriniſcher *) Jatroſophiſt, oder 
Lehrer der Heilkunſt, denn. einen ſolchen bezeichnet die ſe Des 
nennung, ſo wie von jeher bie Lehrer der Philoſophie Sophi 
ſten genannt wurden, ſchrieb nur für die erſten Anfänger; 
einem gebildeten Arzte konnte wohl ſchwerlich durch ſeine im 
uͤbrigen klare und fließende Abhandlung irgend einige Beleh⸗ 
rung werden, wenn fie auch hier und da einfache, der Sache 


Fall Alexandriens gelebt Habe. — Vergl. Herm. Conring Intro- 
duct. p- 218. — Hermet. medic. L. I. c. 9. p: 86. 
-,») Palladius ſpricht in ſeinen Commentarien zu Hippofro 
tes fechften Buche der Volkskrankheiten (Sect. IV. Aph. 9. p. 356 
der unten anzuführenden Ausgabe) fo von Aegypten, daß fein im 
gerer Aufenthalt daſelbſt außer dillen Zweifel geſetzt wird. Als Jo | 
troſophiſt muß er aber nothwendig in Alexandrien gelebt haben. 

2) C. 28. p. 90. 
3) Galen. do Crisib. L. II. 0. 12, und an vielen anberm 
Stellen. 


4) C. 6. P 22, C. 7. p. 2. etc. 





- .» 


\ 


167 


angemeffene Beftimmungen enthielt. So  erflärte namentlich 
Palladius das Fieber uͤberhaupt fuͤr eine widernatuͤr⸗ 


liche Erhitzung (Seguaria), die vom Herzen aus durch 


die Arterien in den ganzen Koͤrper verbreitet, die. 


Berrihtungen finnlih wahrnehmbar verletze 1), 
und lehrte demgemaͤß, daß die ſchadhaften Stoffe im Blut 
erſt zum Herzen gelangt ſein muͤßten, bevor ſie Fieber zu er⸗ 
regen vermoͤchten 2). Hitze ſcheint ihm deshalb auf den Froſt 


nothwendig folgen zu muͤſſen, weil das Blut, durch dieſen in 


das Innere des Koͤrpers zuruͤckgedraͤngt, die natuͤrliche Waͤrme 
im Herzen verdoppele (in der neueren Oprache, die Thaͤtig⸗ 


keit des Herzens anrege), fo daß fie fich durch die Arterien 
dem ganzen Körper mittheile °). Im übrigen nimmt. es 


Wunder, die uralte Praragorifche Anficht von’ dem Sige der 


Fieber in der untern Hohlader *) bei Palladius erneuert, 


und aus der bloßen Erhigung des Blutes in diefem Gefäße 
die Gefahrloſi igkeit anhaltender Fieber erklaͤrt zu finden, waͤh⸗ 
rend die durch Zerſetzung des Blutes in den Gefaͤßen entſtan⸗ 
denen (im way) jederzeit bedenklich wären °). So griff die 
Kumoralpathologie, ihrer eigenen Lehre von den Eardinalfäften 
untreu, bald zu dem längft Veralteten, damit es nur nicht an 
Auslegungen fehlen moͤchte, bald aber auch zu richtigen Er⸗ 
fahrungsſaͤtzen, wie z. B. Palladius ein anhaltendes (ent: 
zuͤndliches) Fieber auf reiner Vollbluͤtigkeit herleitete 6), — 
Irgend ein Arzt der Vorzeit hatte die Verſchlimmerungen des 
— — — 

D C. i. p.4. 

2) C.9. p. 32 

3) C. 26 p. 88. 

4) Bd. I. 8.40. ©. 2%. 

59) c. 15. p. 49. 

6) C. 5. p. 20. 


168 


Zehrfiebers nach dem Genuß von Nahrung, mit ber Erhigung 
des. ungelöfchten Kalkes durch Wafler verglichen. Auch dieſe 
BVorftellung fand, ihrer Handgreiflichkeit wegen, großen Bei⸗ 
fall, und wurde von Salen ?) an vielfältig, auch von Aler 
ander *) und Palladius *)- wiederholt. . 

Noch aufbehaltene Erläuterungen des Palladius zum 
fehften Buche der Volkskrankheiten *) beiveifen, DaB mau - 
noch fortwährend gewohnt war, die Hippokratiſchen Werke in 
Vorleſungen zu erklaͤren, denn fie find, wie die Ueberſchrift 
zeigt, nach feinem mündlichen Vortrage, von Zuhörern nadıger 
fhrieben. Dem Anfange zufolge bilden ‚fie die Fortfegung 
ähnlicher Erläuterungen. bes Hippofrates über die hitzigen 
Krankheiten, die noch ungebruckt vorhanden find °), und ge 
ben, vereint mit Palladius ziemlich ausführlichen Sche⸗ 
- fen ©) zu dem Buche über die Beinbrüche, als die einzigen 
unverdorbenen Ueberreſte diefer Art, einen anfchaulihen Be 
griff von einem Alerandrinifchen Lehevortrage, fo wenig fie ir⸗ 
. gend auf Höheren voiffenfchaftlichen Werth Anſpruch machen 
koͤnnen. 

Gleiches Beſtreben wie Palladius zeigte Johannes, 
ein alexandriniſcher Lehrer von bedeuͤtendem Rufe, wahrſchein⸗ 





2) De Febrium different L.L ce. 0. | 

2) L. XU. c. 4. p. 219. ’ ‘ 

3) C. 17. p. 58, 8 

4) Sie find gebruckt nur in ber lateiniſchen Ueberſetzung vor 
handen: Medici antiqui graeci etc. Ea. Junius Paulus Crassus, 
Patavin. Basil. ap. Petr. .Pernam, 1581. 4. p. 151: Breves inter- 
pretationes sexti libri de morbis popularibus Hippocrais, e voce 
Palladii Bophistae collectae, 


5) In der Bibliothek zu Venedig. S. Santalbinus im Foafifhe 
Hippokrates (1657) p. 917. 


6) Foßs. a. a. O. 


.169 


lich zu Ende des fechften. Jahrhunderts. Seine marklofen. 
Borlefungen über das fechfte Buch der Volkskrankheiten wur⸗ 
den in das Arabiſche, und aus dieſer Sprache wiederum in 
. Baum lesbares Latein uͤberſetzt, nachdem fie, wie es fcheint, in 
der Urſpracht, ohne erheblichen Schaden für die Nachwelt, 
ſchon laͤngſt verloren gegangen waren, Johannes bezieht 
fih in dieſen Vorlefungen auf den berühmten Jonicus 2 
und Trifidämon, einen andern Alexandriuer °). 


5. 38 


. Aleranbers Lehre von ben, . Burmfrontgeiten 


Wir kehren zu- Alerander zuruͤck. Ausgezeichnet iſt 
feine Darſtellung der Wurmuͤbel in einem erhaltenen Briefe 
an Theodorus ?), vieleicht denfelden, den wir als kaiſerli⸗ 
chen Neferendarius während der großen Peſt in Eonftantinos 
. pel kennen gelernt. haben *).. Er unterfcheidet mit feinen Vor: 
gängern, Spulwürmer (. sgeyyvads, lumbrici teretes), 
Springwärmer (wexagidis) und Bandwitmer. (wAurılas, lum- 
brici lati), und läßt fie alle, ohne auf Herodot's abentheuer: 
lihe Meinung vom Bandwurm einzugehen s), aus verdorbes 





1) Fol. 105. a. "eol, 2. 


2) Epidemiae divi 4: fypocratis et Commentarıi Joannis Alen- 
andrini, solius medici et sophistaa super epidemias easdem. In 
Collectione seriptorum medicorum Gregorü a Fulpe, Articella 
. inscript. Venet, exp. Ociaviani Scoti, 149. fol. 105. a. — Vergl. 
Herm. Conring, Hermet. meditin. L. I. c. 9. p. 86. 

° 8) "Exissorg "Arsfardger Tearared zug) 1auiıdear. In Fabric. 
Bibliotkec. graec. Vol. XII. p. 602. 

4) 8. 32. G. 141. — Verbindungen Alexanders mit dem 
byzantiniſchen Hofe werten, abgeſeben von feinem großen ärztlichen 
Rufe, durch den Einfluß feiner Brüder Anthemius und Metro 
dorus wahrſcheinlich. S. F. 35. ©: 155. 

6) 8. 26. ©. 103. 








170. 


nen Speifen und faulenden Stoffen im Darmkanal entſtehen 
‚als wollte er zeigen, auf wie vief kürzeren Wegen der geride 
Sinn zum Ziele führe, als die befangene Zweifelfucht,de 
verfeinerten Naturkunde, die im achtzehnten Jahrhundert nicht 
minder abentheuerliche Annahmen als die Herodotiſche hervor 
gerufen hat, mit denen fie in die Kindheit der Wiſſenſchaften 
zurücfiel. Wie er fich denn aber in.der Erkenniniß gaſtriſcher 
Zuftände überhaupt hervorthut, fo konnte es ihm nicht entse 
hen, daß die Wurmkranfheiten Feine beftändigen Zufälle her 
vorbringen, und fomit von ähnfichen Unterleibszuſtaͤnden oe 
Würmer fehr ſchwer, oder, faft gar nicht zu unterfcheiden find, 
wenn das einzige zuvenläflige-Zeichen, der Abgang von Wär: 
‚ mern fehle. Was jedoch irgend Gegenſtand der Beobachtung 
ift, hat Alerander fehr wahr -und übereinflimmend mit den 
Neueren angegeben, ohne die iteneren Zufaͤlle, wie Zudun 
gen, Irrereden, Ohnmachten u. dgl. zu uͤbergehen. Er uw 
terſcheidet ein Wurmfieber und eine fieberlofe Wurmkrankheit, 
in der Behandlung beider gleich einfichtsvol und fenntnißreich. 
Das Wurmfieber behandelt er Fühlend, und zeige ſich im dem 
Zufällen irgend ein bedenflicher Aufruhr, einhällend und mit 
Vermeidung aller bittern und fcharfen Mittel, bie als wurm⸗ 
widrig ſchon ſeit vielen Jahrhunderten in Gebrauch waren ). 
Unter Umſtaͤnden dieſer Art verordnete er innerlich ganz milde 
Arzneien, wie Roſenhonig, oder eine Miſchung von Roſenoͤl 
mit Waſſer, und verließ ſich dann beſonders auf Klyſtiere und 
Einreibungen von Chamillenoͤl und Oelwaſſer mit einigen nicht 
ſtark wirkenden Zuſaͤtzen; ja er vermied in dieſem Falle ſelbſt 
die bittern Mittel, weil ſie die Wuͤrmer nach oben treiben 
koͤnnten, und hielt das zu ſtrenge Faſten der Kinder für nach⸗ 
theilig, weil man beobachtet habe, daß die Würmer ſich durch 








1) Bergl. Ce. de medic. L. IV. ec. 17. p. 2327. 


die Därme durchnagten und burch die Haut hervorkaͤmen. 
Eine ſolche, wahrhaft Plinianiſche Leichtglaͤubigkeit gereicht die⸗ 
ſem woͤrdigen Arzte fonſt ſelten zum Vorwukf, und · kann viel⸗ 


leicht auch hier damit entſchuldigt werden, daß er einem Nichte . 


arzte die gewiſſenhafte Befolgung feiner Borfchriften durch 
einen handgreiflihen Grund der Beforgniß empfehlen wollte. 
— Unter den Übrigen Mitteln im fieberlofen Zuftande find 
Kipftiere aus Cedernharz, oder Chamillen mie Gerftenmehl ge: 
Eocht, gegen Springwuͤrmer erwähnenswerth. Myrtenblaͤtter, 
Granatbluͤthen oder Kerne, bittere Mandeln, Farrenkrautwur⸗ 
zel *) (Imrvwrsgior), Theriak, Rindsgalle, Wallnuͤſſe (æderæ 
Bacıraa, luglans regia), Pflafter von Schwarzkuͤmmei (sr- | 
'Adv$ier, Nigella sativa, Damascena) auf den Unterleib, und 
Einreibungen von Lupinenoͤl mit Hirſchmark um den Nabel, 
werden gegen Band: und Spufwürmer empfohlen. Alle‘ dieſe 
dittel, Rindsgalle und Granatbluͤthen ausgenommen, ſind 
ſchon in den uͤberreichen aͤltern Hellmittein enthalten, aber. fein - 
früherer Arzt hat ihren Gebrauch fo erfahrungsgemäß vorge: u 
fehrieben wie Alerander. 


._ 8. 39. | ® . " 
Hirnentzuͤndung. Irrefein. 

7.88 war ein gewoͤhnlicher Mißgeiff unter ‚den Aemten, 

GWileberkranke in ängftlicher Wforgni für phrenitifch zu halten, 

‚ment fie nur irgend mit Aufregung irre vebeten. Alerander, 





1) Ih fann mich nidjt überzeugen, daß biefe - Pflanze (Filit 
femiha), wenigflend wie fie Diofeorides und Maͤthiolus 
(. IV. c. 187.) befchreiben, nach Sternberg Pteris aquilina fein 
follte (Catalogus plantarum ad septem varias editiones Commenta- 
riorum Mathioli ın Dioscoridem. Prag. 1821. fol.), Tondern halte 
fie, nah Bauhin, für unfeg Aspidium Dryopteris. Als Wurm 
mittel wird Thelypteris fhon von Diof corides gerägmt, 








172 
den hierüber eigene Beobachtungen beffer beiefrlen, macht de 
gegen auf den Sig und die Merkmale ber Hirnwuth (Pre 


| nitis) wiederhofentlich anfmerffam, indem er feine Haumeralpe 





thologifche Erklaͤrungsweiſe mit richtiger Würdigung des le 
denden Theiles und der treueften Beſchreibung der Zufälle ja 
vereinigen weiß. Hirnentzuͤndung ift nach ihm, wie bei Pe 
fidonius ') das Srunbübel, von dem alle Erfcheinuungen der 
Phrevitis, und namentlich bag wuͤthende Srrereden als. um 
mittelbare Folgen ausgehen 2). Am wenigſten darf an Zwerch⸗ 
fellentzuͤndung gedacht werden, wie es von vielen geſchehen 
war, noch wird die wahre Phrenitis durch Deitleidenfchaft von 
irgend einem andern Theile hervorgerufen, fondern das Gehirn 
iſt ſelbſtſtaͤndig, durch Einwirkung gellichter Schärfe eutzuͤn⸗ 
det. Dafür fprechen die Schmerzen, bie fi nad dem Him⸗ 
terhaupte zufammenziehen, der Eleine’ harte Puls, der fliere 
Blick der rothen ſchwimmenden Augen, und der anhaltende 
Verlauf des Uebels, während die Kranken ig andern Fiebern 
mit Unterbrechungen irrereden. Es iſt eine-.vielfältig wieder 
holte Erfahrung, daß das Irreſein, ſei es im Fieber oder im - 
, chroniſchen Zuftande, in den meiſten Faͤllen ber pſychiſchen 
Richtung des Volkes ober des Zeitalters,, dem die Kranken. 
angehören, zu folgen„pflegt. So fühlten ſich Hleranders ' 
Kranke, zu Anfang der. Hirnwuth nach aufregenden Traͤumen 
und Nachtwachen häufig zum Weiffagen begeiftere, während 
diefe Erſcheinung unter entgegengefegten Umſtaͤnden zu den 
größten pathologifchen Seltenheiten gehört. Anfchaulid und 
treffend befchreibt Alerander die Zufälle der Lähmung und 
Erſchlaffung, die in der Hirnentzuͤndung der Aufregung zu fol 
gen pflegen: das Flockenleſen, den Stumpffinn, die Empfins 


9.2.6.9. . 
2) L. 1. c.13. pag. 15. a0q. 





2 
\ \ ⸗ 


I 173 


dungsloſigkeit, und bezeichnet die Unterſchiede der wahren, ent⸗ 
zuͤndlichen Hirnwuth, . von der falſchen, die mit den Nerven⸗ 
fiebern der Neueren zuſammenfaͤllt, ſo wie von dem Irrereden 
aus Mitleidenſchaft, mit großer, eines ſo treuen Beobachter 
würdiger Genauigkeit. 
Vom Aderlag find feine wenin⸗ der dringenden Gefahr 
der Hirnentzuͤndung angemeſſen. Es iſt ihm, bag ‚wichtigfte . 
Heilmittel, das allen Übrigen nur den Weg bahnen, und wenn 
es die Wuth des Kranken nicht zuläßt, die Armvene zu fchlas 
gen, an den Stirnvenen angeftellt werden fol. Zunächft ver, 
ordnet er dann das Galeniſche Diacodion, von dem er fi 
eine Fühlende Wirkung vorftellte, zufolge der feit Salen für 
untrüglich gehaltenen Theorie der Elementarqualitäten, die ihre 
erfünftelten Lehrfäge diiech die unmittelbare Wirkung der Heil⸗ 
‚mistel, und immer*nur nach aͤußerlichen Erfcheinungen zu bes - 
ftätigen fuchte, ohne in.die Wege einzugehen, auf denen die 
unerſchoͤpfliche Natur durch verfchiedeng Kinfluͤſſe diefelben 
Zwecke zu erreichen weiß. Beifallswuͤrdig und mit klarem Be⸗ 
wußtſein der mannigfachen‘ Urfachen großer Zufaͤlle, ordnete 
Alegander den Gebrauch. des Weines in dieſer Krankheit, . 
nach unmandelbaren ‚ ewlg wahren Gefegen an, und loͤſte ſo⸗ 
. mit, wie einſt Asklepiades, eine Aufgabe, deren große 
| Schwierigkeit von den Aerzten aller Zeiten zwar anerkannt, 
aber nicht immer glücklich befeitige worden" if. Er gab ihn in 
der falfchen Phrenitis, alſo im Schwaͤchezuſtande, zur Been—⸗ 
digung des anhaltenden Nachtwachens und. zur Beſaͤnftigung 
der Fieberwuth, ſobald nur keine Entzuͤndung vorhanden war, 
‚um der gänzlichen Erfchöpfung, die. für fein Heilmittel mehr 
einpfänglich fei, duch Erfeifchung der Kräfte vorzubeugen. . 
Wäre nun aber der. Zuftand zweifelhaft, fo folle man Schaden 
und Mugen des Weintrinkens erwägen, und ohne Furcht es 
verordnen, fohald nur irgend der Nachtheil geringer ausfalle, 


4 


174. — | j 
„denn m ſei oft nicht möglich, daß ein großes Mittel helfe, 
= ohne in einiger Nückficht zu ſchaden.“ *) 
Sehr reichhaltig und vieljeitig find Aleranders Beob⸗ 
achtungen über das chronifche Irreſein. Nicht eine koͤrper 
liche Urfache verruͤckt bie :Geifteskräfte, fondern von allen Ss 
ten ber kann das Gehirn in Anfpruch genommieu werben, und 
hier zeigen ſich derin feine Flaren Begriffe von der Mitleiden 
haft und ber Wirkung innerer Urfachen in einer fruchebrin 
„ genden Anwendung. Bei einigen Seren ift das Gehirn allein, 
bei andern der Unterleib,oder der ganze Körper erkrankt, bel 
Schwarzgallichten wird Vollbluͤtigkeit die Urſache des Leidens, 
nach Unterdruͤckung des Goldaderfluſſes oder der monatlichen 
Reinigung, oder Schaͤrfen im Blute truͤben das geiſtige 
Pneuma in den Hirnhoͤhlen, wo denn uͤberall die Ariſtoteliſch⸗ 
Lehre von der Aufdampfung ſchadhafter Soffe (wruIouusurg) 
zum Sitze des Geiſtes durchfcheint.. eine Lehre, bie für die 
Behandlung der Eörperlichen Urſachen des Wahn ſinns die nuß 
. barſten Anzeigen entroideln Weß. . Irre Einbildungen (fire 
| een) leitet Alerander von ſchwarzgallichter Schaͤrfe her, 
= „und erzählt einige anziehende Beifpiele ber Art, die ſich im 
| Kreiſe dee Vorſtellungen des Alterthums beivegen, und deren ‘ 
Ä pſychtſche Behandlung durch erregte entgegengefegte Empfindun⸗ 
| gen ber praktiſchen Servandtheit der Aerzte zur Ehre gereicht. 
Vorzüglich wird im diefer Ruͤckſicht Philodotus, wie zu 
vermuthen ein älterer Zeitgenofie Alex an ders gerühmt, der 
- unter andern einen Irren mit dem Wahne,’ er habe feinen 
Kopf verloren, durch das- Aufiegen eines bleiernen Hutes in 
kurzer Zeit herſtellte. Die praktiſche Seelenheilkunde des Ab 
terthums beruhte jedoch mehr auf der Regſamkeit des menſch⸗ 
lichen Lebens, als auf: theoretiſcher Berechnung von Lehrſaͤtzen. 


* 
— 


1) Ovx böizermn yag r MM Wr | zure rs PP Biderm. 


® 





a wur 175 
An der Manis erkannte Alexander nur eine Verfchlins 
merung ber Melancholie zur Tobfacht, ohfe einen twefentlichen 
Unterſchied zwiſchen beiden Formen des Irreſeins aufzufinden, 
und ohne die Behandlung anders, als nach den entfernten Ur⸗ 
facher bes Uebels anzuordnen. &o wären benn Aderlaß und 
Abfuͤhrungen feine Hauptmittel, und beide nach unerſchuͤtterli⸗ 
chen Grundſaͤtzen der Erfahrung. Auf. den Ort ber Blutent⸗ 
ziehung kam' es ihm wenig an, nach dem Hippolkratiſchen Auss 
ſpruch; „alles eine -Uebereinftimmung ; ein Zufammenfluß, ein 
Zufammenmirken;” werm nicht etwa,die Unterdrückung eines | 
Blutfluſſes, oder ein hartmäciger Andrang nach dem Kopfe, 
ein beftimmtes Verfahren nothivendig machte. Auch verfäumte 
er nicht den Gebrauch der Bäder, und zeigte bei dem Ueber⸗ 
. gange vor einem Heilmittel zum andern nicht nun feinen ges 
wohnten .Scharffinn, fondern auch einen treffenden Ueberblick 
des vorhandenen Arzneiſchatzes, der. zur rechten Zeit bem Eins 
fachen vor dem Ueberladenen den Vorzug gab "). 


— 


8. o. 
* Andere Krankheiten 
Fallſucht, Zuckungen, Schlafſucht, Kopfſchmerz 2), Lei⸗ 
den der Gebaͤrmutter und der Blaſe, ja ſelbſt Herzzufaͤlle fah 
Alerander aus dem, erkrankten Magen entſtehen °); feine 
Grundſatze über das Erbrechen ſtimmen jedoch wenig mit ſei⸗ 
mer fonftigen tiefen. Einficht in das Weſen der gäfrifchen Zus 
‚fände überein. Sind ſchadhafte Stoffe nicht in zu großer 
“Meige t im Magen angehäuft, fo- fol me die Kranken nicht 
DLI. e. n. Felt in der griech. Muse, Be MA. Steph. 
- p.18% | " 
2)LI. e. IO. p. 7, c 12 p. 13. 
HLVLeodp IM 





= = 





176 


brechen Iaffen, fondern mit zwedimäßiger Lebensorderiing ans 
_ zulommen fuchen, nad; Umfländen andy wahl zur Ader lafien, 
. wenn Untreinigfeiten aus dem ganzen Körper dem Unterleibe 
zuſtroͤmen '). So mwenig-mar alfo noch das alte Borurtbei 
von einer Reinigung des Blutes durch Aderlaffen *) gewiden, 
das gegen bie fonfligen Maren Begriffe von biefems großen 
Heilmittel fo verderblich abſtach! Man. barf hierbei nicht ver 
geffen, daß fü ich die vorfichtigeren Aerzte durch die Unvolſtom 
menheit der Brechmittel, "dit entweder zu ſtuͤrmiſch (wie weihe 
Nieſewurz, das gewoͤhnlichſte, oder Kupferoitriol u. dal.), oder 
zu unzuverläffig wirkten, in: ihren Anordnungen ſehr — 
fahen ’). So hielt es z. B. Alerander.für bedenklich, bei 
chroniſchen Gallenanhaͤufungen den "Magen mit ſtarken Brech⸗ 
mitteln zu · erſchuͤttern, und beſchraͤnkte ſich daher, viel zu be 
denklich, auf den Gebrauch des lauwarmen, oder Des Ho⸗ 
Br nig⸗ 
1) Ebend. e. II. p. 14. nn 
2) Cels. L. IL c. 77. - 
3) Die wichtigſten Breite bei Diof eoribes, deffen Heil⸗ 
⁊mittellehre die Richtſchnur im Arzneigebrauch vorſchrieb, fü nd fol 
gende: 1) 7blaspi (Thlaspı arvense) 9 gegen gelbe Galle; 27 Man- 
 dragora (Atropa Mandragora) gegen ſchwarze Galle; 3) der Milch⸗ 
ſaft der Thapsia (Thapeia foetida) in Homfamafler; 4) Der Saſt 
ſaͤmmtlicher ſieben Arten von Tithymalus (Euphorbia „Characias, 
Cyparissias, dendroides, helioscopia, exigua, Myrsinjtes, Para- 
lias) zu drei Obolen in Honigwaffer; 5) Peterfifie, Apium hortense: 
(A. Petroselinum); 6) Blüthen und Saamen von Spartium (Spar- 
tiam sphaerospermung) mit Honigwäffer; 7) der Gaame von Ana- 
„eyris, (Anagyrie foetida) gefaut; 8) die Wurzel der." BZeronica 
“ (Betonioa offieinalie) mit Honigwafler, bei Verſchleimung; 9) der 
Saame von Papaver spumeurm, penzuy —R (?) zu einem 
Acetabulum in Honigwaſſer; 10) der Saame von Stophie agria 
(Delphinium Staphäsagria), funfzehn Koͤrner, ebenfalls E Honig⸗ 
waſſer; 11) der Saft ber Wurzel von Siybum (?) zu einer 


s 


177 


igwaſſere, nach einer Vorbereitung mit Eigelb und Gerſten⸗ 
trauk *). 

Nicht alle Krankheiten find von Alexander gleichmaͤßig, 
ſondern viele mit gebuͤhrender Vorausſetzung des Bekannten 
bearbeitet, denn er belehrte Erfahrene, ohne auf das Beduͤrf· 
niß der Anfänger überall Rüdfiht zu nehmen. So genügen 
ihm zumeilen ‚treffende Andeutungen, die er weniger zu einem 
Ganzen abrundet, vorzüglich bei vielbefprochenen und nach den 
Begriffen des Zeitalters vollſtaͤndig erkannten Lebeln. Im 
entzündlichen Seitenſtich entſteht nach ihm das Fieber durch). 
Mitleidenſchaft des benachbarten Herzens mit dem befaflenen 
Fheile °). Seine Augenheiltunde ift nur uͤberſichtlich, und 
mit den früheren Leiftungen kaum zu vergleichen, er eifert je: 
doc) auch hier gegen eingerifiene und fortdauernde Mißbräuche, 
namentlih, wie einft Diagoras von Melos ?) gegen den 
unüberlegten dußern Gebrauch des Mohnſaftes, mit dem man | 
noch immer die Augenübel ruͤckſichtslos mißhandelte *). In 
der Lehre von den Halsentzundungen behielt er die alte Eins 
theitung bei, nämlich in Cyoanche, Entzündung der inneren, 
Paracynanche, Entzündung ber auheren Theile des Kehlkopfs, 





Drachme; 12) Salbeneichel, Glans unguentaria, Amrares nugt- 
Yien, mit Honigwafler; 13) Narciff enzwiebeln (Narcissus 
Pseudo-Narcissus), gekocht, roh, oder in Zranf! 14) Ricinu% 
ferne (Ricinas communis), dreißig Stuͤck; 15) Rettigſchale 
Gaphanus sativus), mit Sauerhonig; 16) rothes Kupferoxyd 
CAet ustum xerxes wızuvuhres, die Bereitungen find verſchieden, 
L. V. c. 47.) mit Honigmwaffer. Andere Kupferpräparate gab man 
ebenfalls als Brechmittel, aber nur in ungewöhnlichen Bällen. 
DL. VO. c. 5, Sect. 2. 

D. L. VI. p. 88. 

3) 8.1619. ©. 10. 

4)L.IL c.1.p. 40. 


D. | m 


178 


[4 

' Synanche, Entzündung des Schlundes, und Parasynanche, 
Entzündung der dem Schlunde benachbarten Theile *), au 
widerſprach er nicht der uralten Annahme von dem catarche 
lifhen Urfprunge der Lungenkrankheiten durch Herabfließen 
ſcharfen Schleimes vom Kopfe, ſondern ſuchte ſie noch durch 
die Beobachtung zu bekraͤftigen, daß dieſen Krankheiten nicht 
ſelten Reiz und Verſchleimung des Zaͤpfchens vorausgehen 
Wunderbar mußte ihm das Aushuſten eines Steines aus dr 
Lungen vorkommen, wovon er Zeuge bei einem Schwindſuͤch⸗ 
tigen war, denn alles mas über die Erkenntniß der Zufaͤlle 
während des Lebens hinausreichte, blieb im Alterthum todte 
Thatſache, deren Auelegung erft die fpäte Zutunft bringen 
follte 2). 

Sin’ der Behandlung der Fallfucht achtete Aleranber 
wo möglich auf den Urfprung der Aura (xuxia), und verf 
chert felbft einen Kranken dadurch geheilt zu haben, daß er in 
den Fuß, von dem diefe ausgegangen, mit Lepidium (Lepi- 
dium piperitis Math., latifolium L.) aufgeäßt. habe, ein nad 
ahmungswürdiges, dem Binden eines ſolchen Gliedes bei meitem 
vorzuziehendes Verfahren! Im Übrigen mar bei der Forfchunge 
weife des Alterchums der Erfenntnig dieſes Uebels nach Are 
taͤus wenig hinzuzufuͤgen, aber Heilmittel dagegen. faͤhrt 
Alexander von aller Art und in großer Menge auf, zum 
Theil aus einem weitſchichtigen Werke von Theodorus Me 
ſchion 2), wahrſcheinlich dem Asklepiadeer mit dem Beine 
men Diorthotes *), auch kommen bier. die Namen Strato, 
vermuthlich eines fpäteren Empirikers, Archigenes, Mar 





DLIV.p6 a.. 
2) L V. c. 4. p. 2. 

3) Bd. I. $. 56. S. 3085. * 
4) Es enthielt 58 Bücher wo nicht noch mehr. 





” 179 
finus, eines Thraciers, Zalachtes, Oftanes und fonft 
einiger. Unbelannten wor ?). Zwei andere verfchollene Aerzte . 
der fpäteren Zeit, Lyſipontus *) und Didymus °), der - 
Verfaſſer eines Werkes in acht Büchern (Octatemus) werden 
von ihm bei minder wichtigen Segenfländen „aufgeführt. — 
Die bei Kopfausfchlägen allgemein gebraͤuchlichen Bleimittel 








wollte Alerander doch nur nad) vorgängiger Reinigung des 


Körpers durch Abfuͤhrungen anwenden *), fo daß man bei 
ihm Erfahrungen über die Nachtheile der rücfichtsiofen Uns . 
terdruͤckung dieſer Uebel vorausfegen darf, während ſich hierin. 
fanmt'ihe übrige Aerzte eines roh empiriſchen Berfahrens 
fchuldig machten. — In der Abhandlung der Waſſerſucht 
"giebt er durch ‚die Empfehlung des Aderlaffes bei überwiegen, 
den Kräften einen unzweideutigen Beweis, daß er den ent 
zündlichen Charakter diefer Krankheit erkannt habe, auch ach⸗ 
tete er forgfältig auf die örtlichen Urſpruͤnge derfelben aus ber 
Leber, der Milz, dem dicken Darme, dem Gekroͤſe, dem Frucht⸗ 
halter, den Lungen, den Nieren, deren maunigfache Leiden ihm 
unmittelbar oder burch Mitleidenfchaft eine Verfchließung der 
Kanäle mit Ueberfluß-an wäfferiger und fehleimiger Fluͤſſigkeit, 
die Srundurfache des Uebels, zu bewirken fchienen. Dennoch 
vertanfchte ee die veraltete fehlerhafte Eintheilung der Waſſer⸗ 
fuchten in Ascites, Tympanias und Leucophlegmatia oder 
Anasarca mit feiner beſſern *). 
Zu den bedentungsvollen Denkmaͤlern dieſer Zeit gehört 
endlich noch Alesander’s Behandlungsweiſe der Gicht, einer 





1),L. L c. 15. p. 22. 

2) L. I e. 16. 

8) L. VII. c. 13. p. 122. ©. oben $. 26.8. 98. 0 

4) L.1.c.7.p. 6. 

6) L. IX. c. 1. p. 136. 0eq. 4 
\ F M2 





- 180. 


bamals ungemein verbreiteten Krankheit. Umſichtige Aazke 
mußten vor allem darauf bedacht fein, gegen die tiefgewurzene 
Verderbniß der’ Lebensweiſe, bie Pflegerin gichtifcher Lehel, 
fräftig anzulämpfen, und fo unterwarf denn auch Alexander 
feine Gichtkranken mit gebietendem Anfehn den ſtrengſten Mm 
orbnungen auf fange Zeiträume. Ueberall bemuͤht, die Charek⸗ 
tere der Krankheitsformen zu ergründen, ſteht dieſer große 
Arzt weit über dem ſechſten Jahrhundert, jedoch - unvermoͤgend, 
feine Erfahrungsfenntniffe an andere als an humeoralpatheis 
gifche Begriffe anzufnüpfen, und gezwungen, dem Aberglauben, 
der auch von den Beſten gefordert wurde, Gehör zu geben, 
| ſinkt er wieder zuräck in den Geiſt feiner. finſteren Umgebun 
gen. Ein entzündliches Podagra leitet Alerander ganz ne 
tuͤrlich von Blutuͤberfſluß her, und verfichert mehrere Kranke 
durch vorbauende Aderläffe im Frühjahr, magere Koſt und 
Bewegung davon befreit zu haben. Ein anderes mit geringer 
Geſchwulſt, Hoher Röthe und brennendem Schmerz behandelte 
er nicht minder entzündungsmwidrig mit Aderläffen und Abfüh 
rungen, zur Beſeitigung der gallichten Schärfe, Die es erregen 
follte, und unterfcheidet es forgfältig von dem feltnern Poda⸗ 
gea trockener, fchrarzgallichter Kranken. Der Sicht mit Er⸗ 
ſchlaffung und Aufgedunfenheit, in ſchwammigen Kranken, — 
fie follte durch Schleim entſtehen, — wollte er nur eine gäny 
liche Umfchaffung bes Körpers entgegenfegen, und diefe durch 
Abführungen, lange fortgefegten Gebrauch vieler durchdringen 
den Meittel, und eine äußerft firenge bis auf das Kleinſte vor 
gefchriebene Lebensorbnung bewirken. So erreichte er den 
Zweck, den die Methodiker bei der metafpnkritifchen Kur vor 
‚ Augen hatten, ohne feinen Kranken irgend zu fchaden, auf 
eine Außerft beharrliche Weife, und war von der Heilbarkeit 
‚ber Sicht völlig überzeugt, fobald diefe nur ihrer Eigenthuͤm⸗ 
lichkeit gemäß behandelt würde. Zufammengefegte Mittel gegen 


a 
\ 


- 


: 181 


die She, gab es von eher ſehr viele,‘ werthloſe und: brauch⸗ 
bare,: und einige empfahlen ſich umſicheigen Aerzten durch 
zwe kmaͤßige Anordnungen, die eine wohlthaͤtige Umſtimmung 


des SKärners jur Folge haben mußten. Das: Mitteb-bes Phi: 


lofophen Heraklides von Pontus, eines Schuͤlers des Arts . 
ftoteles,. beffand aus Lavendel (Lavandula Spica) Malaba- 
tbrum (9er, Piper Retle) Cretiſcher Gentiana, Oſterluzei 
(Aristelochia -Ionga ‚und. rotunda), Lorbeerbeeren, und Rha- 
ponticum. Davon erhielt der Kranke täglich des Morgens 


ein Quentchen oder mehr, unb mußte dann: jebesmal, — man 


hielt dies für weſentlich, — bei vollkommener Gemuͤthsruhe 
und Heiterkeit fünf Stunden. lang falten, dawit⸗ das Heilmit⸗ 
tel den Koͤrper gehoͤrig durchdringen könnte. Eine ſoſche Ber 
handlung dauerte ohne Weränderung fechs Monate, und Alex⸗ 
ander behnte fie ſelbſt zuweilen auf ein ganzes Jahr aus, mit 
dem Zwiſchengebrauch abfuͤhrender Mittel, md wollte bei nicht 
veralteter Gicht den beſten: Erfolg davon gefehen“ haben. Eine 
andere Miſchung (da zegmäriev), auf die er noch mehr! ver: 
traute, enthielt außer den genannten’ Mitteln, "Borbeerbeeren 
und’ Gentiana ausgenommen‘, - Corallen, Gewuͤrznelken und 
Paͤonienwurzel (Paeonia ofhcinalis). Vom erften! Januar an 
nahm ber. Kranke davon jeden Morgen einen Serupel, hun⸗ 
dert Tage hintereinander, faſtete jedesinal ſechs Stunden · das 
nach, ſetzte dreißig Tage aus, wiederholte diefelbe Kur noch⸗ 
mals hundert Tage ohne Unterbrechung, nahm dann nach 
funßzehntaͤgiger Zwiſchenzeit einen um ben andern Tag eine 
Gabe des Mittels, achtzigmal hintereinander, und die legten 
achtzig Gaben jede immer den ‚vierten Tag, fo. daß die ganze 
Behandlung, in der der Kranke dreihundert fünfundfechzigs 
mal einnahm, bei firenger Vermeidung. aller fchädlichen Ges 
näffe und Gemuͤthsbewegungen ‚über zweiundzwanzig Monate 
fang fortgefegt wurde. Durch’ eine fo beharrliche Abhaltung 


182 


des LNachthetigen, und unter dem Cinfinffe ganz unfhäblicher 
Arzneien "gelang ofme Zweifel eine wohlchaͤtige Umwandlung 
bes verfchlemmten Körpers, wie fie Durch üÜbereiltes und ſtuͤr⸗ 
mifches Berfahren nie zu erzwingen if. — Berühmte Mi— 
fhungen ‚hatten noch außer unzählbaren minder beachtenswer⸗ 
then Julianus :), ein Arzt des fünften Sahrhunderts, 
Agaperus, Buphatus und ein Phiofopb Theodorius 
angegeben. Neben ihnen waren in diefer Zeit Canthariden 
pflaſter zum Blaſenziehen zur Linderung von Gichtſchmerzen 
haͤufin in Gebrauch, nicht minder bediente mar fi) auch zu 
dieſem Zwecke der ©enfumfchläge und der Zwiebeln, doch 
wollte Alegander alle oͤrtlichen Mittel nur zur Beihuͤlfe 
‚anwenden °). N 
S. 41. 
J Alexander's Probleme. 

Noch find unter dem Namen Alegander’s von Aphrodi⸗ 
ſias Probleme aus dem Gebiete der Heilkunde und Naturlehrt 
nach dem Muſter der Ariftoselifchen vorhanden °), ein gering 
fuͤgiges Werk, das weder mit der Fieberlehre jenes Peripatetis 

fers *), weil es von mannigfacher Kenntniß natürlicher Dinge - 
zeugt, noch mit den’ Leiftungen des großen Indifchen Arztes in 
Uebereinftimmung zu bringen ift, weil es nicht ben Geiſt wär 
devoller Naturforſchung athmet. Offenbar gehört es indeſſen 
einem fpäteren, chriſtlichen Jahrhundert an, und da Alezam 


1) Wahrſcheinlich berfelbe, der bei Aetius (Tetrabl. II. 
Serm. III. c. 12.) den Beinamen Diaconus führt, nit der Mer 
thodiker Julianus. Bd. I. $. 57. ©. 418. 


2) L. XI. 
3) Aristotelis, Alexandri et Cassii Problemata. Franeofart. 
3585. 4. — Problemata diezandri Aphrodisiei. Venet. 1488. fol. 
4) 8. 12 S. 46. 


183 


der von Tralles, in Kleinafien erzogen, unverfennbare Spu; 
ren ariftotelifcher Naturphiloſophie an vielen Stellen blicken 
laͤßt, fo fann es mit um fo größerem Rechte für eine Jugend⸗ 
ſchrift dieſes Arztes gehalten werden, je deutlicher ‚ein. jugenpe 
licher Nahahmungstrieb und die Erklärungsfucht der Uner⸗ 
fahrenheit darin hervortreten. Der hochbetagte, vielerfahrene 
Alerander mußte wohl anders zur Nachwelt reden, als der 
geiftreihe, kaum aus der Lehre entlaffene und mit Schufdog; 
men erfüllte Süngling. Abgefehen von ihrem Urfprunge find 
jedoch in diefen Problemen mande nicht unwichtige Andeygun: 
gen enthalten, wie über die Anſteckungskraft der Schwindſucht, 
der Kraͤtze und det Augenſchleimfluͤſſe '), über die größere 
Sterblichkeit der Neger an fieberhaften Krankheiten und Die 
größere Haͤufigkeit der Augenübel unter ihnen ?), uͤber bie. 
Erfindung gläferner Spiegel mit zinnerner Belegung, die in, 
Sidon verfertige wurden *), und mehr dergleichen. Die Ers 
Elarungen.gefchehen faft überall im Kreife, und find bei medis 
einifchen Fragen größtentheild humoralpathologifh, während 
bri phyficaliſchen Problemen ſaͤmmtliche verjähtte Naturphilo⸗ 
fophieen verfchiedentlih zu Rathe gezogen: werden, wo fie nur 
irgend Licht zu geben verfprechen. Es ergiebt fi ans diefer 
Schrift, daß man, dem Glauben an das Beztubern der Kin⸗ 
der durch giftige Blicke (Fascinatio, ;Sarzainır), von dem ſchon 
Ariſtoteles fpricht *), und der fich bet alten und neuen Voͤl⸗ 
kern tief eingewurzelt findet, wie zu erwarten, Eeinen Widerfpruch 


MH) L I. Brobl. 35. p. 258. — L. II. Probl. 41. p. 312. 
2) L. 1. Probl. 81. p. 270. — 


3) L. I. Probl. II4. p. 292. — Vergl. Pän. Histor. natural. 
L. XXXVl. c. 26. p. 758. 19. T. U, 


4) Probl. XIV. Ad. p. 158. „hl 





184 


entgegenfeßte 2), m übrigen iſt hier jedoch wenig fuͤr die 
Geſchichte des Aberglaubens anzutreffen, und einige Fragen 


werden ſelbſt ohne theoretiſche Vorurtheile beantwortet. So 


ſoll z. B. das Wachſen der Haare nach dem Tode bloß auf 
Taͤuſchung beruhen, indem das Fleiſch zufanimenfalle *),- und 
die Verſtopfung ‚ fo wie der weiße Stuhlgang der Gelbſuͤchti⸗ 
gen vom Uebertritt der Galle in den ganzen Koͤrper herruͤh⸗ 
ren, wobei den Daͤrmen ihr nothwendiger Reiz entzogen 
werde *). Anderes beruht auf leicht erklaͤrlicher Unkunde, z. B. 
daß die Voͤgel keine Nieren beſitzen ſollen, u. dgl. 

Mir ſcheiden von Alexander bei feinem Ausſpruche: 
„Es ift das Werk des Arztes,. die Krankheiten mit Heilmit 
tein zu 'befämpfen, die ihrer Natur entgegenwirken, alles Noͤ⸗ 


| Ahige mit Umficht zu vollbringen, und den Leidenden mit aller 


Kunft und aller Bedachtſamkeit wie einen Belagerten im 
Kriege zu retten * 


f§. 42. 
Anatomie und Phyfiologie im ſiebenten Sahrhundest. 
Theophilus. 


Kenntniſſe vom Bau des menſchlichen Koͤrpers erhielten 
ſich nach dem Verfall der wiſſenſchaftlichen Heilkunde faſt nur 
durch Ueberlieferung. Das Anſehn der Alten genuͤgte, ohne 
bei dem allgemeinen. Stillſtand und Rückgang der Phyſiologie 
zur Macheiferung -zu :begeiftern. SDennoc blieb bei wenigen 
Auserwählten die Lernbegierde vege, man verftand noch bier 
und da die Gedanken, der großen Meifter, ja es fehlte nicht 





1) L. I. Probl. 5% p:315. 
3) L. I. Ptabt. 296. p: 27. 

- 3) L. I. Probl. 94. p. 267. 
4) L. XII. c. 8. p. 235. .” 


+ 


185 
ganz an Naturforſchern, die mie eigenen Augen das Innere 
des Körpers, wenn auch nur an Thieren ergründen wollten *). 
Durch übelverftandene chriftliche Frömmigkeit erhielt indeffen 
Die Phyſiologie, und mit ihr die Zergliederungsfunft eine vers 
derbliche,, teleofogifche Richtung. Man unternahm es, mit 
ſchwaͤchlichem Sinne die Weisheit des Schoͤpfers durch Am 
ftaunen Ihrer Werke zu preifen, und überfah in diefem Beſtre⸗ 
ben die kleinliche Anmaßung, die es wagt, dem ewig uner⸗ 
gruͤndlichen die eigene beſchraͤnkte Meinung in hohltoͤnenden 
Worten unterzuſchieben, die das nie zu erreichende Ziel der 
Naturwiſſenſchaften in gewiſſer Art ſchon' erreicht waͤhnt, und 
ſomit dem Geiſte die Feſſeln bequemer Selbſtgenuͤgſamkeit an⸗ 
legt, indem ſie ihn gegen ſtrenge Anforderungen verweichlicht. 

In dieſer Geſtalt erſcheint die Phyſiologie im ſiebenten 
Jahrhundert unter den Haͤnden eines nicht unwuͤrdigen Leh⸗ 
rers der Heilkunde, des Theophilus, der von dem Kaiſer 
Heraklius (610 — 641) zu der Hofwuͤrde eines Protospa- 
tharius ?) erhoben, feinem Berufe als Jatroſophiſt in Con⸗ 
flantinopel ) mit großem Anfehn und rühmenswerther roifs 
fenfchaftlicher Thaͤtigkeit vorſtand. Theophilus (er führt 
verſchiedentlich auch die Namen Philotheus und Philare⸗ 
tus) war ein treuer, nicht felten auch ſelbſtdenkender und bes 
fonnener Anhänger Sale n’6. Bon feiner feömmelnden Teleo⸗ 


2) Theopkil. Protospathar. de Corp: human. fabric. L. mi. 
e21.p. 83. 1. 
2) Mit diefer Wuͤrde war das glyfrot und bie Magnificenz 
‚ verbunden. Der Titel war urfprünglicg militaͤriſch, und bezeichnete 
einen höheren Grab ber Spatharii oder Armigeri des Kaifers, wurde 
jedoch wie mehrere andere auch bloß zur Auszeichnung und Rang⸗ 
beſtimmung, wie eine‘ Art von Adel verliehen. 


3) Wahrfcheinlich war die Kaiſerſtadt fein Wohnort; in ander 
ren Städten fommen Hoftitel bei Gelehrten nicht leicht vor. 


486 ° 


N 


logie abgeſehen, die dem Zeitalter angehört, gebührt ihm das 


Lob, einige der werthuollften Lehren dieſes großen Phyſiologen 


/ in fich aufgenommen zu haben, durch deren faßliche Darſtel⸗ 


lung Elare Begriffe über das Leben erhalten werden mußten. 
In diefer Ruͤckſicht war fein anatomifch ;phyfiologifches Merk, 
ein wohlgeordrieter Auszug aus Galen's uhübertroffenem Lehr⸗ 


buche über die Verrichtungen der Theile ‘), im fiebenten Jahr⸗ 


hundert für die Vorbildung zum aͤrztlichen Berufe von um fo 
högerem Werthe, da es ſich außerdem durch eine Flare und 


. fließende Schreibart empfahl, ‚die denn auch einen rebenden 


Beweis giebt, mit welchem Erfolge Theophilus von feinen 
Lehrſtuhle herab gewirkt haben, moͤge. Von eigener anatomi⸗ 
ſcher Forſchung laͤßt ſich bei ihm wenig vorausſetzen, indem er 
ſich nur bei der Lehre von der Zeugung auf das Oeffnen traͤch⸗ 


tiger Ziegen .?),. und anderswo. auf die Unterſuchung von 


Schaͤdeln auf Schlachtfeldern *) beruft, feine Ast. der Bears 


‚ beitung Galeniſcher Kenntniffe laͤßs jedoch eigene Beobachtung 


vieler Gegenſtaͤnde vermuthen, wobei einzelne. Fehler und Vers 
ftöße nicht eben in Betracht kommen dürfen. Nicht leicht hat 
in den fpäteren Jahrhunderten ein anderer Galen's wenig 
beachtete Lehre vom Athmen und ber Bluthe egung ſo richtig 
aufgefaßt, wie Theophil us. „Aus der rechten Herztawmer 
(aipurız) zern) antfpringt die arterielle Vene (DMN «eragrd. 
dus» Die Lungenarterle), die das aus der Hohlader erhaltene 
Blut in bie Lungen überführt; aus der linken Herzkammer die 
Aorta (werngin vun), die fih in den ganzen Körper 





) Isel sis res’ —ED— —XRRX — f. De cor- 


j poris humani fabrica Libri V. (Fabric. ‚Bibliothee. graec. Vol. 


AUl.. 785. (Ed. Guil. Morelli, Paris 1555. 8) 
2) L. V. c. 20. p. 807. 
3)L.IV.c 4. 


N nn} 


vo 187 
verbreitet *), und bie vendfe Arterie (werzein GrBudi, Die 
Lungenvenen) die dem Blute der linken Herzkammer den 2er 
Gensgeift aus den Luftröhren zuleitet“ 2). Anfprehend für - 
Lernende hat Theophilus die von ihm in dreizehn Abſchnitte 
getheilte Ernährung des Körpers nach Salenifchen Lehrfägen 
bargeftellt *), und in der Nervenlehre ift die Behauptung 
eines ungenannten früheren Phyſiologen „daß Hirnſchaͤdel 
und Wirbelfäule von dem Hirn und dem Rüden 
marf ihre Seftaltung erhalten *), eines befieren Zeitas 
ters würdig. Die Krone des ganzen Werkes iſt indeſſen die 
Einfegung der bis dahin noch unbefannten Gerucdsner: 
ven als eines eigenen Mervenpaars ’), das in ben 
vorderen Hirnhoͤhlen, von den Sehnerven deutlich gefchtes 
den, entfpringen, und ſich zu beiden Seiten durch die Sieb⸗ 
platte in die Nafenhöhle verbreiten fol. Die Beibehaltung 
der alten Lehre von der fiebförmigen Durchbohrung der harten’ 
Hirnhaut für den Abflug der Auswurffioffe aus dem Gehirn 
kann hierbei nicht auffallen. Theophilus verfihert auédruͤck⸗ 
ch, das erſte Mervenpaar fei beftimmt, dem Gehirn die Ges 
eüche mitzutheilen, und hält es nur um die Galeniſche Zähr 
fung °) nicht zu verwirren, für gleichgültig, ob man die Ges 
ruchenerven mit den Sehnerven vereint fernerhin als: das erfte 
Mervenpaar betrachten, oder fie von den Sehnerven trennen 
wolle 7). Er trägt bei diefer Gelegenheit die Lehre des Nor 


) L II. c. 7. pP. 228. | 
2 ) Ebend. c. 11. p. 842. — Vergl. Bd. I. $. 65. ©. 488. 
3) L. II. c. 16. p. 833. 
- 4)L..IV.eo2 | 
/ SL. IV.e 12 p 864. — Desk o 19. p. 872, 0 2 
p- 879. 
6) Bi. 1.6.68. ©. 492. 
. DL TV: ec. 18. p. 868. 


=> 


188 


ſidonius von den n Hirnorganen, und wiſchendurch marcche 


veraltete Irrthuͤmer mit teleologiſchem Ballaſte vor. Dabia 
gehört die Annahme von der Thellung des Fruchthalters im 
zwei Hälften, die nah Soranus und Moſchion ") im 
Verwunderung feßt, von zwei Häuten der Därme *) u. m. Del 


8. 43. 
Semiotifk 
In der Gefaͤßlehre verraͤth Theophilus fo geringe 
Kenntniffe, daß er des Ruͤckſchreitens angeklagt werben müßte, 
wenn fein Werfchen- über den Puls ?), worin er ſich hieruͤber 
ausſpricht, mehr als ein .oberflächlicher Auszug. aus Salen’s 


weitſchichtigen Büchern hätte fein follen. . Seine Angaben über 
‚bie Sefäßvertheilung und die Bedeutung des Pulfes entfpres 


hen kaum dem Bebürfniffe der erfien Anfänger, denn er bez 
ruͤhrt in inhaltloſer Kürze. nur das Gewöhnliche und Mittel: 
mäßige, .. ohne durch Mittheilung des Brauchbaren zur Be. 
nutzung feiner Quellen. iegend einzuladen. Eben .berin ſteht 


. feine Pulslehre gegen fein größeres anatomische: Wert fo weit 


zurüc, daß man faft berechtigt iſt, fie nur für ein nachgefchries 

benes Bruchſtuͤch aus feinen Barlefungen: zu. halten. - 
Genuͤgender dagegen iſt feine femistifche Abhandlung über-den 

Stublgang *), die, wenn auch ohne beſtimmte Angabe der ein⸗ 





1) Bd. L ©. 57. ©. 417. 

2)L.H «7. / 

3) Griechiſch if es noch nicht gedruckt, ſondern nur in ber 
lateiniſchen Ueberſetzung vorhanden. Philareti, mediei praestanüs- 
simi de Pulsuum scientia Libellus utilis et neressarius. (pp. 27.) 
Theophili eelehris medici, de exacta retrimentorum vesicae cogni- 
tione Commentariolus, Albano Torino interprete. Basil. 1533. 12. 

4) Ilse) Gaxeenuirer. — Theopkili de Urinis Libellus. — 
Cai accessit einsdem Theophili de Excerementis alvi Tractatos, 





/ 


| 48 
‚zelnen Kranfheitsformen, doch deutlich zeigt, wie welt die geie⸗ 
chiſchen Aerzte im Erkennen der Unterleibsuͤbel durch die Be⸗ 
achtung der Ausleerungen, ohne pathologiſche Anatomie zu 
kommen vermochten. Auf Hippokrates Ausſpruͤche nimmt 
Theophilus gebuͤhrend Ruͤckſicht, und zeigt uͤberhaupt, daß 
er ſeinem Gegenſtande nach den Erforderniſſen der Zeit gewach⸗ 
ſen war. Mit ſeiner Galeniſchen Lehre von der Ernaͤhrung 
ſtimmen die gegebenen Andeutungen über bie Verrichtungen 
der Unterleibseingeweide ganz überein, und im übrigen fpies. 
gein ſich in feinen Ausfprücen ‚einige naturgemäße Anfichten 
der Vorzeit. Dahin gehört die Annahme einer materiellen 
Wirkung ſchadhafter Stoffe im Unterleibe auf das Gehirn, Die 
fih Ariftoteles als eine Art von Aufdampfung (aradvniarıs) 
vorſtellte ?), und die Behauptung, dag Durchfaͤlle entweder 
aus Erfchlaffung (aroria) oder durch Netz (dukıs) entſtehen ?). 
Richtig iſt die Milchruhr (Fluxus coeliacus) angedeutet ?), 
auch kennt Thophilus den felten vorkommenden Abgang von 
Fett *). Der Goldaderfluß heißt bei ihm mit einer Anden: 
tung feiner Heilſamkeit Arzaawıseuds, welche Benennung bei 
£einem Früheren vorfommt °). i “ 

Ueber bie Harnabſonderung waren die Begriffe von jeher 
unfter, weil, man bie Verrichtungen der Schlagadern bei ber 
den Blutadern und der Leber zugeflandenen Wichtigkeit Hier, 
wie bei den meiften anderen Abfohderungen faft ganz. überfah. 


luce et Latio nunc primum donatus. Ed. Thomas Guidotius, 
Anglo -Britannus. Lugdun. Batav. 1703. 8, 
1) C. 15. p. 268. a 
2) C. 4. p. 250. ° | \ 
3) C. 12. p. 29. | 
.4) C. 14. p. 265. | | 
5) C. 10. p. 260. 





— — —— — — — — — —— —— — — == 


| ———— 


⸗ 


4 
190 


Saten ließ Re aus dem Blute der untern Hohlaber geſche 
ben_*), und wollte aus der Befchaffenheit des Harns haupt 


. fächli den Zuftand des Venenbluts im ganzen Körper erken 


nen 2). Derſelben Anficht tritt mit wenigen Veränberunges 
Theophilus bei’), fügt aber noch eine Spisfinbigfeit *) 
hinzu, die einer voillführlihen Annahme der neueren Zeit nick 
unaͤhnlich, einem Phyſiologen des fiebenten Jahrhunderts de 
leichter. als denen zu verzeihen ift, die im Lichte einer vollen 
detern Wiſſenſchaft gearbeiter haben. Es follen nämlich bie 
waͤſſerigen Stoffe, die den Harn bilden, ſchon in der Pfort 
aber (Pal) srrszuuia) vorhanden fein, aus ber fie durch dw 
Kerft feine, haarfoͤrmige Kanäle (zog se) zul rezensdi °), 
die Viae clandestinae der Neueren!) in die Hohlader dringen, 
die fie in die Nieren abfegt. Demgemaͤß it nah Theophb 
{us der Zuftand der Blutbereitung aus den Harn deutlich zu 
erkennen, — nicht minder find es aber auch die Leiden ein 
zeiner Theile, ein Grundſatz, den ſich die fpätere Uroſco 
pie mit großer Anmaßung jueignete, und die organifche Pal 
Iehre des achtzehnten Jahrhunderts, einem andern Segenftande 
angepaßt, auf ihr Gebiet übertrug. 

Der femiotifche Werth der Abhandlung über den Dar, 
bie dieſen Andeutungen zum runde liegt, iſt unerheblid. 
Galen hatte in feinem, ohne Vergleich gehaftreicheren Werke 
über die Krifen beſſeres geleiftet, und mar auch die Herausgabe 


u 


1) De. Loc. affect. L. VI. c. 8. 


t 

. 2%) De Crisib. L. I. c. 7. 
3) Itee ougwr. Die angeführte Ausgabe vom Guidotius. 
4) C. 2 p..70. . 


5) Id leſe mit Guidotius (p. 161.) resxensdiis, nicht rge 
xerdiise was keinen Maren Sinn gieht. 


N x ', 191 
eines uͤberſichtlichen Lehrbuches bei "der Trägheit der Aerzte 
gerechtfertigt, die nur mit Wibderftreben die Quellen ihrer Wiſ⸗ 
fenfchaft benutzten, fo bleibt doch die mangelhafte Bezeichnung 
der Krankheitsformen, ohne die eine Zeichenlehre ihrer Bedeut⸗ 
ſamkeit verluftig geht, für Theophilus kaum zu entſchuldi⸗ 
gen, fo oft er fih auch auf Hippokrates berufen, und def 
felben Sehlers feinen Vorgänge Wagnus *) befchuldigen 


“. mag, den einzigen, ber bis dahin die femtotifche Lehre vom 


Harn ausſchließlich, aber wie es ſcheint nur mit theoretifch 
trockener Unterſcheidung der finnlihen Merkmale bearbeitet ‘. 
hatte. Sicher ahnete man um diefe Zeit noch nicht das 
Daſein der Honigharnruhr, denn Theophilus ſpricht beim 
Diabetes (sis cpide —R nur von einem duͤnnen, weißen 
Harn, bezeichnet alſo nur die ſchon von Apollonius von 
Memphis und Demetrius, von Apamea ?) aufgefuͤhrte 
Krankheit. 


5. 44. 
Stephanus von Athen. 


Nach Art der meiſten ſpaͤteren Lehrer beſchaͤftigte ſich 
Theophilus nah Galen's Vorbild vielfältig mit der Aus: 
fegung Hippokratiſcher Schriften. - Seine noch vorhandenen 
Erläuterungen der Aphorismen ?) find nicht eben dogmatifch, 


ö— — 
“ J) Praef. p. 64 — 68. 
2) Bo. 1. 6. 47..6. 290. — 6.0. ©. 307. 


3) Griehifhe Handfchriften giebt e8 davon mehrere (&. Fa- 
"bric, Bibliothec. graec. Vol. XII. p. 649. — Preu, Diss. ‘de 
Interpretibus Hippooratis graecis. Altorf. 1795. 8, p. 58.), ger 
druckt iſt aber nur die lateinifche Weberfegung von Zudovicus Cora- . 
dus (Venet. 1549.) — Philothei, medici praestantissimi Com- 


3 








192 


und koͤnnen, was die Mitcheilungsweife betrifft, feine Lehrsen 
träge empfehlen, es mangelt ihnen jedoch ber geiftige Zunte 
in der Beurtheilung ber Erankhaften Vorgänge im Körper, fo 
daß fie hinter die Urſchrift des Hippofrates ju weit je 
rüdtreten. Niemals hat Überhaupt Hippofrates einen Aas 
leger gefunden, der von fo großartigem Seife wie er feibft im 
der Auffaffung-der Natur befeelt gemefen wäre. Denn große 
Aerzte haben von jeher die Muͤhſamkeit des Exrläuternd ge⸗ 
ſcheut, das fchon an ſich in feiner gebundenen Form der Hürde 
aphoriftifcher Werke entgegenftrebt, indem es diefe gewoͤhnlich 
in bie Denfweife des jedesmaligen Zeitalters hinabzieht, — 
von Gelehrten aber, die der Natur, wenn auch noch fo Fennt 
nißreich, zu wenig gewachſen find, konnte es der Wiffenfchaft 
wenig frommen. Bon diefer geringfügigen Art find aber um 
ſtreitig die Erläuterungen des Theophilus, in denen ſich 
eine Nachahmung Galen's hier und da ſelbſt in der auffallen 
. den, die Selbftftändigkeit des Theophilus wenig empfehlen 
den Webereinftimmung der Worte mit defien Commentarien zu 

erkennen giebt ). = 
j In einigen Kandfchriften führt dies Werk den Namen 
des Stephanus von Athen, eines befannt gewordenen Schuͤ⸗ 
lers des Theopbilus, der als Lehrer der Heillunde in Ale 
andrien auftrat 2), doch iſt dieſer wahrfcheinlich nur der Her⸗ 
; j and; 





_ zmentaria in Aphorismos Hippocratis. Nunc primum ex graeco 
in latinum sermonem conversa, Ludorico Corado Mantuano in- 


terpr. Spirae 1581. 8, 


1) Vergl. bie beiberfeitigen Erläuterungen zu L. IH. Aph. 5. 
fol. 37.6, 


2) Er Heißt deswegen zuweilen auch Stephanus Alexandrious. 
Er ſpricht felbft von Alerandrien in feinen fogleich anzuführenden 
Erläuterungen zu Galen's Werl an Glauco, p. 201. C. 


” - 


0 | 193 
ausgeber deffelben "), wie denn auch zwei, andere Schriften 
des Theophilus, über, das Aderlaß, und eine uͤberſichtliche 
Fieberlehre durch ihn auf die Nachwelt gekommen find 2). 
In ſeinen Lehrmeinungen zeigte ſich Siephanus als einen 
befangenen Galeniker, ohne ſelbuſtaͤndiges Urtheil, und nur 
weitlaͤuftig zu wiederholen bemuͤht, was in das allgemeine 
“ ärztliche Wiſſen ſchon laͤngſt uͤbergegangen war. Der Alerans 
drinifchen Schule: des fiebenten Jahrhunderts gereicht es auf 
keine Weiſe zue Empfehlung, daß er über Galen's theras 
peutifches Wert an Slauco erläuternde "Verfefungen hielt, 
um an die Worte des allverehrten Migifters, die einem fo 
ernften Zwecke durchaus fremd, und zu muͤhſamer Auslegung 
nicht niedergefchrieben find, die Lehren der Heilkunde ard⸗ 
nungslos anzureihen. In dieſen, zum Theil ‚noch erhaltenen 
Vorlefungen *) zeigt Angelevas, ein verſchollener Zeitge⸗ 
nofie des Stephanus, wohin .die fenntnißlofe Erklärungss ' 
fucht führen kann, wenn fie fih, in ein willführliches Spiel 
ausgeartet, aller gründlichen Naturforfchung  entfchlagen hat: 
Es follen nämlich Gefäße von den Leiftendrüfen in die Harn⸗ 
bfafe gehen, und aus. jenen den Nahrungeſtoff in diefe hinein, 
leiten, fo daß, wenn diefer Überfchäffig vorhanden ift, wie in 


1) Erläuterungen zum Prognosticon des Hippofrates, als 
deren Verfaffer Stephanus -ausdrüdlich genannt, wird, find noch 
‚in Manufcript vorhanden. Fabric. B. gr. p. 6983. 


2) Beide noch ungedruckt. S. Fabric. a. a.,D. 

3) Stephani Atheniensis Philosophi Explanationes in’ Ga- 
leni priorem librum therapeuticum ad Glaucohem, Augustino 
Gadaldino Mutinensi interprete. Sn der Sammlung: Medici 
santiqui graeci Arefacusy Palladius, Ruffus, Theophilus, physici 
et chirurgi. Omnes a Julio Paulo Crasso Patavino Latio. do- 


nati etc. Basil, 1581. 4. p. 109. — Graeoe Venet, ap. Aldum 
1536. 8. ne | 


[4 .“ 
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194 . 
der Entzündung. der Leiftendrüfen bei der entfprechenden "Art 
der Ephemera, der Harn eine weiße Farbe erhält '). Dieſt 
leere Behauptung widerlegt nun zwar Stephanus von fei 
nem Standpunfte aus, doch bleibt fie deshalb nicht minder 
din unerfreuliches Zeichen der marklofen, dem Erfterben nahen 
Aepandrinifhen Heilkunde. Durch den Untergang einer, den 
Galeniſchen Baͤchern nachgebildeten Schrift des Stephe 
nus,Äber den Puls *), hat die Nachwelt fhwerlih einen 5% 
deutenden Berluft erlitten, wenn fie auch den richtigen Grund 
ſatz enthielt, daß durch den Puls zunaͤchſt der Zuſtand des 
Herzens angedeutet werde ). 
Stenphanus führe, wie fein Lehrer Theophilus, ver 
fchiedentlih den Beinamen „Philoſ oph”, der in dieſen 
Sahrhundert einen Alchymiſten und Aftrofogen bezeichnet. 
Durch beide Fächer, die als verderblihe Auswüchfe des Seit 
geiſtes den Naturwiſſenſchaften bereits feindlich gegenuͤberſtan⸗ 
den, konnten ſich Gelehrte in der Meinung. der Großen hir 
her ſtellen, worauf Theophilus, wie es fheint, in einem 
aftrofogifchen Buche-über den Krieg ausgegangen iſt *). Ein 
weitfchichtiges ‚alchymiftifches Werk legte Stephanus dem 
Kaifer Heraklius zu Füßen °), und ſoll außerdem der Aſtro⸗ 
logie vielfältig gehuldige haben. 

Seine Bemühungen um die Heilmittellehre find unerheb⸗ 
lich, und tragen die Farbe der Zeit, die anftatt wiſſenſchaft 


N 


DPı3B, _ 
) P. 14. A. 
3) P. 127. A. 
4) Dove sie) zurugyär wersundr. In Manufeript noch 
vorhanden. Fabric. p. 647. . 


5) Actiones novem de arte chemica, Dominic. Pizimento 
interpr. Patav. 1573. 8. Vergl. Fabric. a. 0. D. 


\ . | 495 


7 


lich georbneter Lehrbücher nur trockene Sammlungen von Arz⸗ 


neivorfchriften verlangte. Cine Zufammenftellung dieſer Art 
von theils eigenen, theild Diofcoridifchen Verordnungen fügte 
Stephanus den vorhandenen ähnlichen Schriften hinzu "), 
wußte ihr jedoch vor dieſen, namentlich den lateinifchen Arz⸗ 
„neibüchern, dadurch einen Vorzug zu geben, daß er dem Aber 


glauben weniger huldigte, und eine ziemliche Anzahl von Aerz⸗ 


ten erprobter Zufammenfegungen aufnahm. Iherapeutifcher . 


Werth geht indeffen dem an ſich geringfügigen Werke völlig 


ab, indem nur die. Namen ber Krankheiten hiphabetifch ange ⸗ 


geben find, damit es der Bequemlichkeit ungebildeter Aerzte 
deſto beſſer dienen könnte. 

Das Arzneibuh des Stephanus farm fuͤglich als das 
letzte Werk der Schule von Alerandrien angeſehen werben. 
Ein einfames, werthlofes Denkmal erinnert es an die frühe: 


ren Jahrhunderte ruhmmärdiger Forſchung, und giebt ein 


ernftes Zeugniß von dem unvermeldlichen Ball der Wiſſen⸗ 
fchaft, wenn Verderbtheie und niedriger Sinn jedem würbigen 
Beſtreben unaufhaltſam entgegentreten. 


y Alphabetum empiricum, sive Dioscoridis et Stephan! 


Atheniensis, philosophorum et medicorum,’de remediis expertis 


Liber, juxta alphabeti ordinem digestus. Nunc primum a Cas- 
paro WPolphio Tigurino medico in latinam linguam conversus, 


et in lucem editus. (Tiguri) A. 1581. 8. (Eine griechiſche Aus- 


gabe iſt nicht vorhanden; der urſpruͤngliche Titel des Werks war: 
wie) Ougnaner iumwugias. Vergl. die Vorrede des Ueberſetzers.) 


186 | 

on Sechſter Abſchnitt. 

Heilkunde der Griechen vom Fall der Alexandrini— 
ſchen Schule (640) bis zum dkeizehuten Jahr— 
hundert. 


ur 1:3 
Paul von Xegina. 

As nun: die Schule von Alerandrien, im Geifte ſchon 
laͤngͤſt erftorden war, und faum noch einen Schatten ih: 
ver früheren Trefflichkeit erkennen ließ, erhielt in der Mitte 
des fiebenten Jahrhunderts die griehifhe Bildung in ganz 
Aegypten wie in einen großen Theile von Kleinaſien durch 
Omar's (634— 644) Eroberungen den Todesſtoß. Alexan⸗ 
drien, das von der Bluͤthe der Wiſſenſchaften Zeugniß geben 
konnte, wo noch in den Seiten des Verfalls die Geiſter des 
Alterthums heilige Stätten umſchwebt hatten, ſah feine noch 
erhaltenen Schaͤtze der Gelehrſamkeit von den Flammen, ver: 
. zehren, fah feine einft berühmten Lehrſtuͤhle verddet, und ver: 
ſank zur Bedeutungsloſigkeit einer zerruͤtteten Handelsſtadt. 
Alte Erinnerungen würden getilgt, und die Denkmäler tau⸗ 
fendjahriger Bemühungen von roher Band mit einem &Schlage 
vernichtet (640). Ein unerfeglicher. Berluft für die Nachwelt, 
über den nur die Erfahrung tuöften könnte, daß der Geift der 
Wiſſenſchaft fi nicht an den Buchſtaben bindet, fondern fi 
nur in dem hochftrebenden Sinne der Völker entwidelt, — 
wenn nicht unerreichte Mufter das Loos der Zerftörung ge: 
theile hätten, die der fpäteren Geiftesbildung zu ſchnellerem 
Gedeihen vorgeleuchtet haben würden, und nicht gerade die 


1) Verst. 8. 30. S. 1. ” 


die uhvolllommenfte Het der Ueberlieferung zurüdgefommen." 





197° 


Heilkunde der Ergebniſſe vieffeitiget Forſchungen beraubt wot⸗ 


den waͤre, die in der Folge nur nach und nad, und auf a an⸗ 


deren Wegen wiedergewonnen iworden ſind. 

Fuͤr das Zeitalter ſelbſt war die i daernng der — 
driniſchen Sibllördet schnewigebtiche Folgen. Man verſtand 
die Werke des Alterthums nicht mehr, und fühlte Scheu, berr 
entarteten Geiſt am würdige Vorbilder zu gewöhnen, denn die 


Vergleihung der eigenen Schlaffheit mit den Tugenden der 
Vorfahren kraͤnkte den tiefgemurzetten Hochmuth. Weberdies - 
batte Alerandrien feinen Nuf-afs die erfte- Hochfchule der Welt 


ſchon längft verloren. Der Beift des Moͤnchthums und inys 
ftifches .Beftreben, vereint mit nieupfatonifcher: Philoſophie und 
peripatetifcher Dialektik, hemmte jede freie Regfamkeit; und fo 
Hatten denn auch die Lehren der Heilkunde an Zahl gering 
und bes Andenkens kaum‘ irgend würdig, -allef' wahren Natur; 
forfhung ſchon feit Sahrhunderten entfagt: Sie gefielen fich, 


: in Selbſtgenuͤgſamkeit verfunfen, faft nur noch in ſchwerfaͤlli⸗ 


ger Auslegung nicht verſtandener oder geringfuͤgiger Werke der 
Vorzeit, die ihrer Flachheit zuſagten, und die Erfahrungsheits 
£unde, fo duͤrftig wie fie nur immer dein alltäglichen Beduͤrf 
niß entfprach, war in den Ländern griechifcher Geſittung auf 


Die Archlatervereine in den großen- Städten haben in diefer 


Zeit fchwerlich noch ihrem urfpränglichen Zwecke entſprochen, 


es. war, ſo ſcheint es, nur die Thaͤtigkeit Einzelner, die das 
alte Erbgut, wenigſtens das Unentbehrliche davon, erhielt und 
pflegte. Doch vermag der Geiſt, bei entſchiedenem Berufe, 
ſelbſt unter dem Drucke niedriger Sinnesart ſich maͤchtig zu 
‚erheben, wie denn einen redenden Beweis dieſer troftreichen 
Wahrheit ein Arzt des fiebenten Jahrhunderts giebt. 

Paul von Aegina erreichte während ber: Regierung 


198 | _ ” 
"des Conſtantinus Pogonatus (668-685) den Gipfel 
feines Ruhmes *). Ausgeräftet mit den trefflichfien Anlagen, 
die ihn unter geifttödtenden' Umgebungen zu hoher, Selbſtſtaͤn⸗ 
digkeit beriefen, erhielt er feine Bildung in Alegandrien *), 
während des matten Hinſterbens ber dortigen Schule, üben 
traf aber, zum männlichen Alter herangercift, feine verſcholle 
nen pebantifchen. Lehrer, denn er war für die Begeiſterung 
durch eine befiere Vorzeit empfänglih, und bei einer vorwab 
tenden Neigung zur Chirurgie, vollfommen geeignet, an das 
Jahrhundert des Philoxenus und Sofratus ’) zu aiw 
nern. Er hat wahrfcheinlich den größten" Theil feines Lebens 
in Aegypten *) und Kleinaſien zugebracht, ohne längere Seit 
an einem Orte zu verweilen *), und giebt fein Jahrhundert 
auch eine Kunde von Schülern, die er gebildet, fo fieht es 
doch feft, daß fein umfafendes Wiſſen und ſeine gediegene Eu 
fahrung in einem größeren Wirkungskreife auf die Ausübung - 
der Heilkunſt Einfluß gewann; überdies ‚nennt man ihn hier 
und da ausdruͤcklich einen Lehrer der Heilkunde (Jatrofophif). 
Bon fern ber erholte man ſich bei ihm Nach und Belehrung, 
und fein entfcheidender Ausfprud galt‘ bei Griechen und Sa 
racenen, ja es nannten ihn: diefe mit der ‚ehrenden Anerfens 
nung, die der wahre Arzt rohen Völtern abnoͤthigt, vorzugs⸗ 
weife den Geburtshelfer (Alkawabeli) °), denn er hatte 





1) Gregor. Abulpharag. med. Malatiens,. Histor. dynast. 
p. 114. 

.2) L. IX. c. 49. p. 153. feines unten anzufüßrenben Verles. 
. Eben fo: L. VII. c. 17. p. 286. ö 
3) Bd. 1. $. 60. S. 320. | 
4) L. VI: c. 88. p. 208. — 
5) Er fuͤhrt in einigen Handſchriften den Beinamen sıgiedts- 
ae Fabric. Bibliothee, graee. Vol. XII. p. 575. 
6) Abulpharag. 0. a. D. 


— — — — — — — — — — — — 


‘ 5 | d 199 


- nicht feines‘ Gleichen ih der Erfenntniß der Weiberkraſikheiten 
und in ber Behandlung der Gebaͤrenden und Soquerinnen 
Pat Ps . FA 
8.46, 
Weiberfranfpeiten. on 


Sein ausfuͤhrliches Werk über jene. Krankheiten wurde 
‚ von den Arabern ſehr gefchäße, und: die Abfehnitte hieruͤber 
in "feinem noch erhaltenen Lehrbuche zeigen, daß 08 vor ben 
früheren Arbeiten ähnlicher Art ibedeutende Vorzüge hatte, 
und wir fomit feinen Verluſt angelegentlich- bedauern mäffen: 
Seine Entbindungsktunde unterſcheidet ſich in den mechanifchern 
Huͤlfsleiſtungen von der althergebrachten nus wenig!:); dr bes 
diente fich eines, fehon längft gebräuchlichen. Gebaͤrſtuhls, und 
befolgte im Uebrigen, auch in RNuͤckſicht der Zerſtuͤckelung ‘tod 
ter Früchte *), die von dem Merhoditer Philumenss- im 
erften Jahrhundert n. Chr. angegebenen und. von Aetins u 
‚größter Vollſtaͤndigkeit aufbehaltenen Regeln ’). | 
Defto wichtiger find feine Angaben über die Krankheiten 
der Gebärmutter, denen eine fehr. reiche und durchweg ‚mit. 
der orößten Umſicht benußte Erfahrung zum. Stunde liegt; 
fo daß er. mehrere jener Uebel vortrefflich und beſſer als alle 
feine Vorfahren beſchrieb. So namentlich „die Entzuͤndung 
der Gebaͤrmutter, die er nach aͤußerer Gewalt, Unterdruͤckung 
des Monatsfluſſes, Fehlgeburt, und im Wochenbett' niachifchwe⸗ 
zer Geburt beobachtet harte. Nicht nach aͤlteren Ueberliefe: 
rungen, ſondern nach eigener Anſicht bezeichnet er treffend 
1) Darin z. B. daß er ſehr fette Gebaͤrende nicht af einen 
Stuhl, den Körper vornuͤbergebeugt, fegen ließ, fondern fie auf den 


Bandh legte, mit rücwärts gezogenen Keen. LI. c. 76. p. 122. 
)LVioe m 


3) 5.29. ©. 13, - j 


200 


bie Verfchledenheit bee Zufälle, je nachdem fich diefe Entzun 
dung anf den Muttermund, oder die Wände. oder ben Grund 
der Gebärmutter befchränft, oder diefe in ihrem ganzen Um 
fange mit. großer Heftigkeit ergreift. Zaghaft mit der Huͤlfe 
durch Blutentziehung, zu beſorglich, wie «8 ſcheint, wegen 
der Mitleidenſchaft empfindlicher Theile, weilte er das liche 
vorläufig lieber mit breitägigem Zaften befämpfen, und dann 
arſt, wenn fein Hinderniß entgegenftände, die Ader am Arme 
öffnen ').. Beine Vorſchriften zur Wehandlung ber Fehler 
der. monatlichen Reinigung gründen fih, es waren hierüber 
treffliche Vorarbeiten vorhanden, auf die gediegenfte Kenntniß 
dieſer vielgeftaltigen Uebel, ſie tragen das Gepraͤge erfah⸗ 
rungsgemäßer Beſtimmtheit, und erheben ſich über das Ge 
wöhnliche durch den fireng befolgten Grundſatz, daß es vor 
allem darauf anfamme, gegen den krankhaften Zu 
fand des ganzen Körpers zu wirken ?). Dem Wut 
terblutfluß ſetzte er als das: kraͤftigſte Hemmungsmittel das 
Chryſippiſche Binden der Slieder entgegen, ein Verfah: 
xen, das das ganze Altertbum als hoͤchſt wirkfam zur Unter 
druͤckung krankhafter Thärigkeit, in der Behandlung der Blut 
fluͤſſe Überhaupt beftändig in Ehren hielt >). Bemerkenswertch 
ift feine Angabe, daß fich die monarüche Neinigung bei den 
meiften im, vierzehnten, bei vielen fpäter, bei wenigen im drei 
zehnten oder im zwölften Sabre einzuftellen, und im funfzigs 
ften, bei einigen ſelbſt im fechzigſten, und nur bei wenigen 
im fünfunddreißigften aufzuhdren pflege *), indem die Beob⸗ 


\ u 
1) K. IIE c. 64: p. 115. 

2) Ebenb. e. 02. 68, P 114. 115. 

3) Ebend, ur gl. des Verf. Annalen d. g. H. Bd. x. S. 44. 
4) Ebend. c. 62. p. 113, 


4 


201 


achtungen der Neueren damit nicht üßereinftimmen ‚und es 


doch ſchwer haͤlt, eine betraͤchtliche Umwandelung der weibli⸗ 
chen Natur in den Laͤndern des Südens anzunehmen. Bon 
ketiner organifchen Krankheit der Gebärmutter fpricht Paus 


—lus, ohne die Ergebniffe der örtlichen Unterfuhung hinzuzu⸗ 


fügen, ja er bediente fich fogar eines Diutterfpiegels.”) (die- 
ren), und fomit vermochte fein- ärztlicher Scharfblick 
die Erfenntniß dieſer Uebel zu einer noch nie erreichten Klar⸗ 
beit zu erheben. Ganz befonders gilt dies von ber Eiterung, 
wo er den Vebergang ber Entzündung in biefelbe meifterhaft 
befchreibt, der Verſchließung, der Verhärtung,: den Riſſen, den 


| fleifchigen Auswühfen (sordurauurs) und den Aderausdebs 


hyngen des Muttermundes, die er Hämorrhoiden Nannte, 
und entweder mit dem Mefler entfernte, oder mit zufams 
menziehenden Mitteln behandelte 2). Won, der gutartigen 


Verhaͤrtung der Gebärmutter, die er nach Entzündungen haͤu⸗ 


fig zuruͤckbleiben ſah, wußte er den Scirrhus genau zu unters 


feiden, und zeigte in der Behandlung des Mutterkrebſes, 
den er mit Hippofrates für unheilbar hielt, eine vollendete. 


‚Kenntniß diefer verzroeifelten Krankheit °), eine Kenntniß, 
die ſich nicht weniger in feinen Befcjeeibungen ‘des Mutter⸗ 
vorfalle *), der Unfruchtbarkeit *) und der Hyſterie °) beur⸗ 
kundet, einer ziemlich Häufigen Krankheit, derem größere An⸗ 
fälle ee duch das Binden der Glieder zu bekämpfen 
pflegte. 





1) Ebend. c. 65. p. 116. oo ' 
2) Ebend. c. 70— 73. p. 119—20. 

.. 3) Ebend. €. 66. 67. 68. p. II7. 118. 

4) Ebend. c. 72. 
6) Ebend. e. 74. p. 121. 

4 S Ebend. c. 71. 





“ 


202 . 

Wucherungen der kleinen Schaamlefzen waren, wie in der 
neueren Zeit, in Aegygten nicht ungewoͤhnlich; man ſah da 
wit ‚heftigen Gefchlechtöreiz und Mutterwuth in Verbindung 


treten, auch war die übermäßige Vergrößerung bes Kitzlers 


nicht unbekannt, die man bas.gleiche gegen alles Heilverfah⸗ 
ven wiberfpenftige Uebel hervorbringen fah. Paulus, üben 
zeugt, daß hier nur von chirurgifches Hälfe Heil zu erwarten 
fei, :entfernte biefe krankhaften Theile mit dem Meſſer, umd 


‚wurde fomit der Urheber eines kuͤhnen Verfahrens, das vice 
Jahrhunderte vergeffen, erft in der neueften zeit wieder als 


mebieniid anerfgnnt. worden iſt N). 


va | 
Unreine Uebel der Gefchlechtätheile. 

"Krankheiten der männlihen und weiblichen Geſchlechts⸗ 
theile, die der Anfterfung ſehr verdächtig find, befchreibt 
Paulus, ihrer Form nad, mit großer Senauigfeit, ohne 
jedoch ihres wahrſcheinlichen unreinen Urfprunges zu geben 
fen, oder von einem danach erfolgten Allgemeinleiden irgend 
eine Andeutung zu geben. Sm Ganzen "unterfeheiden. fi} 


felne Mittheilungen üßer diefe Örtlichen Uebel wenig von bes 
- nen-des Lonibes *) im zweiten Jahrhundert, ſo da man 


keine "beträchtliche Veränderung derſelben in dem zwiſchenlie⸗ 
genden Zeitraume von vierhundert Jahren annehmen darf. 
Ein erhabenes, wucherndes Geſchwuͤr der Eichel und Vor⸗ 
haut (Sons), dag in neuerer Zeit ala fpphitieif , mit nad; 
folgendem eigenthümlichen Algemeinleiben beöbachtet worden 


1) L. Vi. c 70. Vergl. v. Gräfe und v. Walther Jour—⸗ 
nal der Chirurgie und Augenheilkunde. Bd. VIE G..7. 


2) 8.26. &. 100. — Vergl. 2.1. 5.92 6.48. 
9) L. VI. 0.58 p: 196. “ a 


7 203 
| iſt *), wurde Sei häufiger, großer Boͤsartigkeit von Aerzten 
und Kranken noch immer ſehr gefuͤrchtet. Es brach nicht 
felten an vielen, Stellen zugleich auf der äußern und innern 
Flaͤche der Vorhaut aus, und erforderte, zur Vermeidung 
großer Zerfiörungen, eine fehr forgfältige Behandlung. Pau⸗—⸗ 
(us griff, wenn irgend Boͤsartigkeit zu .beforgen war, zum 
Gluͤheiſen, andere bedienten ſich der Aetzmittel, oder ent⸗ 
fernten das vorragende Fleiſch mit der Scheere, oder durch 
Abbinden mit einem Pferdehaar. — Ein freſſendes Geſchwuͤr 
der Geſchlechtstheile (vom), das große Zerſtoͤrungen verur⸗ 
fachte, ſteht einem ähnlichen, in neuerer Zeit befchriebenen 
zur Seite *); man fuchte es durch Umfchläge von Granat⸗ 
apfelſchale und Linfen zum Stehen zu bringen, und außerdem 
werden noch feuchte Geſchwuͤre ohne Entzündung, trockene 
und vertiefte, als eigenthümliche Arten, die jede eine befons 
dere Örtliche Behandlung (mit Aloe, Pompholyx,. Blutftein 
u. a. Mitteln) .erfordern, aufgeführt’). Beim weiblichen 
Geſchlechte kamen diefe Uebel nicht weniger vor, wodurch 
ihre Anſteckungskraft noch um’ fo wahrfcheinlicher wird. Das 
bervorragende Geſchwuͤr (Iuuss) an den Schaamlefjen Hielt 
man für bedenklich, wie bei den Männern, abzubinden; man 
fehnitt es aus, und heilte die Bauhde mit zufammenziehenden 
Mitteln, fo wie man auch Feigwarzen zu entfernen pflegte ). 
Die Ausflüffe aus ber männlichen Harnroͤhre erkannte Pau⸗ 


1) Vergl. Rich. Carmichael;, An Essay on venereal Di- 
seases, and the uses and abuses of Mercury in tbeir treatment 
2d. ed. London 1825. 8. — ©, des Verf. Litt. Annalen der geſ. 
Heilk. Bd. IV. ©. 92. 353, 

2) L. II. c. 60. p. 112. — ‚Dal Carmichael a. a. O. 

3) Ebend. | 

4) L. VI. «71. 2.201. — Dan vergleiche hierüber die fer 
Iehrreihen Stellen bei Eelfus u. VI. c. 18. seq.). - 


⸗ 





MM. 
Ius fo wenig ‚tote feine Vorgänger, in ihrer wahren Beben 
tung. Einer Verwechſelung des. Trippers mit den Altemens 
fluße (Yorcjjorn) konnte fi freilich ein fo vielerfahrener 
and der Krankheiten der Geſchlechtstheile im übrigen fo fun 
diger Arzt nicht ſchuldig machen; die Annahme jedoch, daß 
Ausfläffe von Blut und Eiter von Geſchwuͤren innerhafb der 
Harnroͤhre herruͤhren müßten, leitete ihn fo weit irre, daß 
er felbft Wieken mit Arzneimitteln beftrihen (au das Blei 
kommt unter diefen vor) einbrachte, um ein nicht vorbande 
nes Hebel zu befämpfen ’). Die Alten waren nun einmal 
gewohnt, bei Ausflüffen aus reizbaren Theilen, getaͤuſcht von 
der Empfindung der Kranfen, und ohne fich durch Leichenäff: 
‚nungen beichren zu können, Verſchwaͤrung anzımehinen, wie 
benn diefe Vorausſetzung bei der Ruhr noch weit mehr, als 
bei den nur oberflächlich bearbeiteten Ausflüffen der Harnröhre 
hervortritt, und zum ungebührlichen Gebrauche zufammenzies 
hender Mittel verführe bat). — Den Ausſatz, den man 
‚mit den unreinen Uebeln der Sefchlechtetheite in eine nicht 
zu erweiſende Verbindung gebracht hat, verglih Paulus mit 
* krebshaften Verderbniß des ganzen Körpers, hielt ihn 
"für eben fo anſteckend wie die Peſt (iwprraderer mug), und 
nur im Anfange für heilbar durch Aderläffe, Brennen des 
Kopfes mit dem Stühelfen, und innere, lange Zeit fortge: 
feßte Heilmittel ?). Seine Befchreibungen verfchiedener Aus⸗ 
ſchlagskrankheiten laffen in diefem, im Alterthume fo mangel 
haft bearbeiteten Theile ber Heilkunde durchaus Feine Forte 


1) L. III. c. 59. p. 112. — Vergl. Galen. de Locis aflecı. 
L. VI. c. 6. | . 

2) L. III. c. 42. p- 9. — Bergl. Jo. Chr. Gottl. Acker- 
mann, De Dysenteriae antiquitatibus Liber bipartitns. Lips. et 
Schleiz. 1777. 8. | 

3) L. IV. el. p. 131. - ” 


205 
ſchritt erkennen ) Bei den hitzigen Ausſchlaͤgen war man 
noch nicht einmal zur gehoͤrigen Formunterſcheidung gekom⸗ 
men, man ahnete kaum die pathologiſche Bedeutung dieſer 
Krankheiten, und bei den langwierigen fehlte durchweg eine 


tiefere Einficht in den Zufammenhang des bloßen Hautuͤbels 


shit andermweitigen inneren Leiden. 


S. 48, 
Das Lehrbuch des Paulus 
Wir kommen jetzt auf das von Paulus hinterlaſſene 
Lehrbuch der praftifchen Heilkunde und Chirurgie *), aus dem 
die bisherigen Angaben entnommen find. Es enthält, zweck 
mäßig angeordnet, in fieben Büchern das Möthige aus biefen 


_ und den zugehörigen Faͤchern, und (dße deutlich erfennen, daß 


Paulus der erften Pflicht eines ärztlichen Schriftftellere, zus 


Nnaͤchſt feinen Beitgenofien zu nügen, volltommen zu entfprechen 


wußte. Eben deshalb kann 28 aber auch nicht ale eine volls . 
ſtaͤndige Fundgrube ſeines geſammten ärztlichen Wiflens bes 
trachtet werden. Er mußte fich nach dem untergeordneten Bes 


duͤrfniſſe feines Zeitalters richten, das er felbft am beften durch 


die. Verfiherung bezeichnet, feine Mitärzte hätten dag Stu⸗ 


dium der Alten, von denen nichts Übergangen, fondern bie 
gefanmte Heilkunde forgfam, ausgearbeitet worden ſei, garız 
und gar vernachläffigt, fie ſcheueten ſich vor. ihrer Ausfuͤhrlich⸗ 
keit, und beduͤrften mithin eines kurzgefaßten Werkes, wie ein 
ſolches noch nicht vorhanden ſei, denn die ſiebzig Buͤcher des 


1) Ebend. c. 2—10. 
2) Pauli Aeginetae, medici optimi Libri septem. (gracce,) 
Basil. 1538,. fol. — Die Übrigen Ausgaben und Weberfegungen 
f. bei Ehoulant: Handbuch der Buchertunde fuͤr die aͤltere Medi⸗ 
ein. Leipzig 1828. 8. 


206 | - 

Oribaſius ?) wären von einem zu großen Umfange, mb 
“ deffen Auszug zu kurz. -Aetius °) ſcheint mithin wenig im 
Gebrauch gefommen zu ſein, auch eignete ſich das Werk von 
Alexander von Tralles ?) nicht wohl für Anfänger. Im 
Weſentlichen hielt fih Paulus an Galen und Dribafing, 
fo daß fein Lehrbuch in Ruͤckſicht der Entwicelung der Heil 
tunde werig in Betracht kommen würde, wenn er nicht bie 
ſchaͤtzbaren Ergebnifle feiner eigenen Erfahrung und feines reif 


Be lihen Nachdenkens über viele Aufgaben der Chirurgie mit dem 


älteren Weberlieferuhgen geifwwoll verwebt hätte. 


"8889. 
Snnere Krankheiten., 

Zur hergebrachten Fieberlehre wußte Paulus nichts Kin 
zujufügen *), wie denn überhaupt feine Würdigung innerer 
Krankheiten fein Verdienſt weniger hervortreten läßt. Einige 
Annäherung an Alerander von Tralles, die ihm zur großen 
Ehre gereicht; giebt, Paulus bier und da deutlich zu erken⸗ 
nen; fo empfiehlt er namentlich das Aetzen der Ausgangsſtelle 
der Aura bei Fallfächtigen, wozu er fich neben dem Lepidium 
Alerander’s auch der Canthariden bediente *). Der Scharf: 
blic® großer Aerzte nimmt in wefentlihen Dingen eine Rich⸗ 
tung, und der freifinnige Naturforfcher erkennt mit Freude, 
was fein geiſtesverwandter Vorfahr Treffliches geleiſtet. Ale⸗ 


) S. 14. ©. 52. 

2) $. 23. ©. 86. 

3) 5.3.6. 154 

4) L. II. p. 29. 

5) L. III. c. 13. p. 65. Das Sufaminenfnären des Unter⸗ 


ſchenkels und des Vorderarms Im Fällen dieſer Art ſcheint hiernach 
ein gewoͤhnliches Verfahren geweſen zu ſein. — Vergl. S. 40. S. 178 


d 


207 


zander’s Beobachtung vom Aushuften eines Oteines 7) 
machte ihn auf die Bruſtkrankheiten aufmerkſamer. Er ver⸗ 
ſichert mehrere Kranke geſehen zır haben, die Im Bluthu⸗ 
ſten Steine auswatfen ?), und berichtet von einem unter 
ihnen, der vier oder fünf Steine aushuftete, und nachher. in 
Schwindſucht verfiel ’), nur konnten diefe lehrreichen That⸗ 
fachen ohne Leihenöffnungen vorläufig zu feinem weiteren Er⸗ 
gebniffe führen. Wohlchätige Wirfungen des Bluthuͤſtens vers 
kannte Paulus nad ber Unterdrücdung des Goldaderfluffes 
und der monatlichen Reinigung *); er hatte Kenntniß von 
der Eiterverfegung in der Schmindfucht nach der Blaſe *), 
aber ohne die Urfache dieſer Erfcheinung tiefer zu ergründen, 
lief er den Eiter nue durch gewiffe Gefäße feinen Weg nehs 
men, die er ſich vielleicht fo dachte, wie Theophilus feine 
haarfoͤrmigen Kandle von der Pfortader nach der Hohlader “), 
aber befcheiden in Vorausfegungen, wie es bem wahren Arge 
geziemt, nicht näher beſchrieb. 

Paulus griff feinem Zeitalter vor, wenn er —* aber 


Herzkrankheiten einige unvollkommene Erfahrungen bekannt 


machte 7). Er ſprach von roſenartigen Entzuͤndungen des 
Hetzens, die er fuͤr eben ſo toͤdtlich hielt, wie die Wunden 
deſſelben, kannte ein Herzklopfen von Blutuͤberfluß, und fuͤrch⸗ 
tete die toͤdtliche Wirkung Karten Enemifgungen b des Blutes 


D Ebend. 


3) L. III. e.28. p. 85. — Sier wird Alexander namentlich 
erwaͤhnt. 


8) L. DI. c. 31. p. 88. 

4) Ebend. | 

5) Miraamlıs 8 ayyıll ruör. L. II. c. 92. p- 90. 
6) $- 43. ©. 190. 


T)L.ULE3.p 9. 


[4 








ße 


\ 


200 
in hitzigen Filebern, woraus hervorzugehen ſcheint, daß die 
Meinung Galen's und Alexander's vom Sitze des Fie⸗ 
bers im Herzen, der auch Palladiug ”) beigetreten war, all 
gemeine Anerkennung gefunden hatte. Dabei erfannte er bie 


Herzzufaͤlle aus Mitleidenſchaft in ihrer wahren. Bedeutung, 
wie ſich dies aus feiner Erörterung .der ſchon früher genügend 


bearbeiteten Ohnmachten leiche ergiebt 2), 

Seine Mittheilungen über die Hirnwuth ’) haften die 
Vergleichung mit denen Alerander’s *) nicht aus, er ums 
terfchied indefien das bloße Irrereden in Fiebern forgfältig von 
diefer großen Krankheit, die er für eine Entzündung der Hirm⸗ 
häute, zumellen auch des Hirns felbft, oder auch nur für eine 
widernatürliche Erhigung beider erklärte. Daß fie zumeilen 
durch Mitleidenſchaft aus dem Zwerchfell 'entflände, wurde 
‚von ihm wie von den meiften übrigen Aerzten des Alterthums 
" angenommen; Alerander’s Beobachtungen hierüber ſcheinen 
‚ mithin auf die bergebrachte Anſi cht geringen Einfluß gehabt 


zu haben. Ueber die Hirnentzuͤndung, die die Naͤthe ſprengen 


follte, und die oberflächliche, die-von den Früheren die rofens 
artige genannt worden war, finden fi "bei Aetius beffere 
und ausführlihere Bruchftüde ?); der erfahrene Wundarzt iſt 
aber zu erkennen, denn zu den Urſachen des Carus Hirndruck 
durch Schaͤdelbruͤche und Verletzungen mit dem Meningophy⸗ 
lax bei der Trepanation gerechnet werden ). 

Aus der Lehre von den Nervenkrankheiten b bei Paulus 
r iſt 





1) $.37.68.1607. 

2) L, Ill. c. 34. p. 91. 

3) L. III. ec. 6. p. 59. 

4) 6.39. ©. 172. 

6) L. III. c. 7.8. p. 60.61. — Vergl. $.26. G. 9. 
6) L. II. c.9. p. 61. 


| 22009 
iſt wenig hervorzuheben Er erwaͤhnt ei eine e in feines. Zeit häns 
fige Art von Irren, die mis höheren Mächten in Verbindung 
zu ftehen glaubten, und die Zufunft vorherfagten '),. rechnete 
die übermäßige Liebe-zu den Krankheiten 2), und erklärte die 
Lähmung nad) der allgemein gültigen Weife durch Emphra- 
xis ’). eine Unfennmiß ber von Theophilus entdeckten 
Geruchsnerven *) bei feiner Annahme eines Leidens der vors 
deren Hirnhoͤhlen, wenn ber Geruchsſinn verloren gegangen 
-fei°), kann bei der Berbindungslofigkeit der Gelehrten im fies 
benten Jahrhundert nicht in Verwunderung ſetzen. 

Die Behandlung des Schlagfluſſes iſt bei Paulus der 
Natur dieſes Leidens angemeſſen, und dem Einfluſſe vorgefaß⸗ 
ter Meinungen nicht ausgeſetzt *). Er ruͤhmte hier das Ader⸗ 
laß als das erſte Rettungsmittel, wie er denn in der Lehre 
von den Blutentziehungen uͤberhaupt den Grundſaͤtzen ſeiner 
beſſeren Vorfahren beipflichtete. Oribaſius hat jedoch dieſen 
Segenftand bei weitem beffer vorgetragen ?), und übertrifft 
ihn namentlich in der Beſtimmung der Anzeigen dee Aderlaf: 
fes bei Greifen und Kindern. ‚Bei Kranken im blühenden Als 
ter war Paulus durchaus nicht blutſcheu, bei Alten über 
ſechzig und bei Kindern unter vierzehn Jahren wollte er jedoch 
nicht leicht die Ader Öffnen °), und verfehlte, von bdiefer Bes 





M) L. III. «14 p. 66. Die ſchon von Plato fo genannten, 
—B 


2y L. II. e. 17. p. 66. 
3) L. II. c. 16. p. 67. 
4) 8.42. 8.187. 
6) L. JII. c. 24. p. 80. 
6) Ebend. 

7) $.16. ©. 57. nu | 
8) L. VL e. 40. ' 0 





210 | en, 
denklichkeit verleitet, günftige Augenblide. Wielleicht nnte 
ihn der allgemeine Charakter der Krankheiten feiner Zeit recht 


fertigen, den wir nicht mehr anzugeben vermögen. 
"Unter den Epidemieen des ſiebenten Jahrhunderts zeids 


net ſich eine eigenthuͤmliche, feitdem nie wieder vorgekommen 


Kolik aus, von der wir bei Paulus eine oberflächliche Be 
ſchreibung finden °). Sie begann in Stalin und verbreitete 
ſich über „viele andere Länder des römifchen Reiches, durch Ur: 
fachen, die fehr allgemein gewirkt haben müffen, bei fehlenden 


Angaben aber nicht mehr zu erkennen find. Ob Anfteddung 


ftatt gefunden babe, bleibt fehr zweifelhaft, wenn auch Par 
lus die Verbreitung des Uebels wie bie einer peftartigen Krank: 
heit fchildert *). Ste ging entweder auf eine kritiſche Weiſe 


in Lähmung mit gänzlicher Bewegungslofigkeit, aber unverlch 


ter Empfindung, ober, mit großer Lebensgefahr in epileptiſche 
Kraͤmpfe Über, es Itegt mithin nahe, irgend ein heftiges me⸗ 
taftarifches Leiden des Ruͤckenmarkes anzunehmen. Die Laͤh⸗ 
mung an ſich war gefahrlos, und fehr flarf bei den Genefen 
den, die, fie jedoch mach und nach wieder verlieh. Die mei 
ften epileptifch gewordenen Kranken Ttarben. Ein ungenannter 
Arze in Stalien foll diefer Krankheit mit großem Erfolge eine 
kuͤhlende Lebensordnung entgegengeſetzt haben, ſein Verfahren 
kann jedoch das Weſen derſelben nicht im entfernteſten bezeich⸗ 
nen ’). Es fieht nur zu vermuthen, daß eine, vielleicht durch 
Mißwachs verurfachte fchadhafte Befchaffenheit der Nahrungs: 


1) L. III. c. 19., c. 43. p. 9. 

2) Kur Anuuizyr Tora muraderı. 

8) Er ließ rohen Salat und Endivien bi6 zur Weberfättigung 
genießen, verordnete auch Zrauben und Uepfel, Fiſche mit bartem 
Fleiſch, Krebfe, Zwiebeln u. dergl. Alle warmen und nahrbaften 
Speifen wurden unterfagt, und zum Getränf erhielten die Kranfın 
kaltes Wafler mit Oryfrat. 


N e 





211 
wittel die Urſache des Leidens geweſen ſei, dem bie Kriebelkrank⸗ 
heit der neueren Zeit fuͤglich zur Seite geſetzt werden kann. 

Denkwuͤrdig iſt ferner die ausdruͤckliche Empfehlung des 
Mohnfaftes gegen den Starrkrampf), eine Kran 
heit, deren nächfte Urfahe Pelops, Galen's Lehrer, in einer 
Anhaͤufung von verdicktem Pneuma in den Muskeln gefucht 
hatte*). Aretaͤus, der fie meifterhaft befchreibt, Bannte no 
nicht die Heilkraft des Mohnfaftes gegen Starrkraͤmpfe, ſon⸗ 
dern verlieh fi) auf das Aderlaß und Bibetgeil, neben minder 
bedeutenden Mitteln’). Galen rähmt mit Andromahus*) 
den Theriak, und erft Paulus fcheint die Wirkſamkeit jenes - 
großen Diittels gegen dies Uebel ficher erkannt zu haben. "Er 
bielt das. Fieber für eine Naturhuͤlfe gegen die Zuſammenzie⸗ 
hung der Muskeln, und unterfchrich im. Übrigen das Verfah⸗ 
ven des Aretäus. 

Decn entzuͤndlichen Seitenftich behandelte Dautus, 
wenn Aderläffe oder Abführungen Hinderniffe fanden, ableitend 
mit fharfen Kiyftieren, und unterfchied von diefer Krank 
heit den Rheumatismus der Bruſtmuskeln als einen falfchen 
Seitenſtich ®). Er kannte zwei Arten der Lienterie, die eine 
aus Schwaͤche des Magens °), die andere von Geſchwuͤren 
und Narben der Därme, als Solgeübeln der Ruhr veruvs 
fact. Begreiflich konnte diefe Annahme nur auf Vorausſetzun⸗ 
gen nah ber DBefchaffenheit des Ausgsleerten beruhen, wie 


1) L. IH. c. 20. p- 70. 
2) Ebend. — Bb. I. 6. 59. &. 487. 
3) Morbor. acut. car. L.I.c. 6 
4) De Theriac. ad Pison. c. 5. 
. 5) MN zueing wAweiris. L. II. c. 33, p. 90. 


6) Nämlih ber zurızeuen daraus beffelben. L. m. e. M. 
pat. 95. 
02 


212 


denn Paulus auch die Erfenntniß der Magengeſchwuͤre ) 
nur hierauf zu gründen vermochte. Die Würdigung des ent 
zündlichen. Charakters von Wafferfuhten kann ibm 
nicht als erhebliches Verdienſt angerechnet werden, denn in 
den älteren Werken fehlte es nicht an genügender Belchrumg 
hieruͤber, der zufolge ex eine entzündliche Hautwaſſerſucht aus 
Unterdrückung det monatlichen Reinigung und der Haͤmorrhei⸗ 
. den mit. Blutentziehungen befämpfte *), ohne jedoch die Cacheyie 
als das haͤufigere Grunduͤbel bei Wafferfuchten zu verfennen ’). 
Spuren: von ernſtem und. erfprießlichen Nachdenken über 
das Wefen wichtiger Kraukhriten ſtoßen bei Paulus vice 
auf, nur haben wir zu bedauern, daß ber Zwed feines Ba: 
kes, ungebildete und nur auf das alltägliche Beduͤrfniß bedachte 
Aerzte zu belehren, die Ergebniſſe davön nur In kurzen Ange 
ben hervortreten ließ, ausführliche Eroͤrterungen dagegen aut: 
Schloß. Bei der Gicht-indeffan- zeigt: Tich fein Scharffinn m 
der Auffaffung von Krankheiten, frei von den Feſſeln kleinlichet 
Bedenflichkeit, in einem unzvoeifelhaften Lichte. Es liegt dieſer 
Krankheit, deren Behandlung die Aerzte der früheren Jahr⸗ 
hunderte vielfältig ermübet hatte, feiner Anficht zufolge eine 
geroiffe Schwäche der Gelenke und ein Krankheitsſtoff zum 
©runde, der ſich bei verminderter Aneignungekraft der Theile 
(Igerriun dorauıs) aus dem Ueberfluß von Nahrung bei trä 
ger Lebensweife und oft wieberfehrender Magenverderbniß ent; 
wickelt“). Diefen Krankheitsſtoff, den er fih mit Alerander’) 


1) L. II. c. 37. p. 9. 
2) L. III. c. 48. p. 106. 


3) Eben. e. 47. p. 105. — Nach Archigenes ik Cacherie 
leuconhlegmatiſcher Zuſtand. ©. oben $. 26. ©. 105. 


4) L. II. c. 78. p. 124. 
5) 8. 40. ©. 19. 


x 


d 


313 


nach der verfchiedenen Nätur des Leihens und der Koͤrperbe⸗ 
ſchaffenheit der Kranken, bald als Blut, bald als gelbe oder 
ſchwarze Galle, gewoͤhnlich aber als Schleim vorſtellte, ziehen 


die geſchwaͤchten Gelenke an, nach der uralten naturgemaͤßen 


Lehre von der Schwaͤche einzelner Theile, wodutch dieſe für 


Krankheiten überhaupt empfaͤnglicher werben ), und: verfallen 


dann in die Beſchwerden, die fih in den einzelnen Formen 
. ver Gicht dem Arzte zu erkenner geben. Somit war alſo der 
Unterleib: als der Heerd des. Uebels anerkannt, und::deffen Auss 
Greitung im. Kaͤrper mit bewährten. Grundſaͤtzen in Ueberein⸗ 
ſliwmung gebracht ). Es find, aber .-uitht.. bloß. :die Gelenke 


der Sicht ausgeſetzt, ſondern auch innere: Theile ‚wir. die Le⸗ 


ber und die Milz werden von ihr :hefallen,- ‚und ſier verſchont 
Jelbſt nicht den Hals, die Ohren und die Zähhe. Das gich⸗ 
tiſche Huͤftweh (Ischias) befchreibt Paulus fehr richtig. 
Sr ſah den Schmerz entweder von der Weiche der einen: oder 
Ber andern Seite, ‘oder von der Gegend‘ des Sitzbeins ausge: 
Ha, and ſich von-da am verdern oder .bintern.. Theile des 
Schenkels. his in das Kale umd den Fuß perbreisen 2), ſuchte 
ihn durch: Aderlaͤſſe, anfaͤnglich am Arm, ſpaͤter an den Knoͤ⸗ 
cheln zu: beſeitigen, und weilte eine aus dieſem Leiden xntſte⸗ 
hende Verrenkungdes Huͤftgelenkes ‚beobachtet; hahen, die er 
durch dtei⸗ bis niermaltges Brennen -wmit bein. Gluͤheiſen be 
1) — »Quotiens offensum corpus .est, vitiosa pars maxime 
sentit.« Geis. de med. L. I. c. 9. 


2) Man möchte diefe Aetiglogie der Gicht, die befonderen-Vors 
ſtellungen dar Zeit- abgerechnet, für- gediegener, halten‘, als die bes 
rühmie von Cullen (First Lines of the pracuce of physic Bdin- 

bureh, 1786, Vol. II. p. 56.) mit, dem Paulus im Weſentlichen 
uͤbereinſtimmt. 


3) Die Unterſchiede von Ischias antica. und postica, fun bier 
trefflich angedeutet, L. III. c. 77. p. 123. 


s 


218 


kämpfte. — Abentheugrlihe Diittel zur Anderung der Gicht 
übel waren von jeher buch Empiriker von nieberem Schlag⸗ 
in Gebrauch gefommen, von benen wir bier und da auch bei 
Paulus Nachricht erhalgen. So wurde Gichtkrauken zu feb 
ner Seit das Baden in Del empfohlen, in dem man tobe, 
oder and, lebendig hineingeworfene Fuͤchſe und Hyaͤnen abge 
kocht hatte. °): | 

Den: Brief Alexander's über die Wurmfrankheiten *) 
hat. Dautus ſchwerlich gekannt, denn er- nimmt in der Deus 
theilung derſelben durchaus nicht den Standpunkt ein, den bie 
fer große ‚Arzt bezeichnet hatte, und haͤlt ſelbſt noch mit dem 
Pnieumatiker Hers dot 2) die Bandwuͤrmer für losgetrenue 
Stuͤcke der entarteten inneren: Darmhaut ). 


De 8. 50. 
Yugens und Ohbrenfraufpeiten. Zabnbeilkunde. 
Der Jatroſophiſt Adamantius. 


Sanmtliche Krankheiten find bei Paulus nach der ber 
gebrachten Ordnung ber Theile abgehandelt, und wie in ande 
ren Lehrbüchern find. den. Augen: 5) und Ohrentrankheiten °) 
fo wie den Zahn⸗ und Wrundübeln ”) befondere Abfchnitte ges 
widmet. In der Augenheiltunde beit Paulus weit binte 
Aztius*®) zuruͤch, indem er größtentheils nur die Werke von 


LI) A. a. O. Pr 127.. 

2) 8.38. &. 169, 

3) $. 28. ©. 103, 

4) 1 IV. e. 57.1p. 158. — Ueber bie Kemntaiß som Necven 
wurm im Alterthum, vergl. Bd. I. $. 57. ©. 422. 

5) 'L. III: c. 22. p. 7I. sog. — L. VL « 20, seq. 
6) L. III. c. 23. p. 78. u 
7) L. HL e 26. p. 82. 

8)5. 27. ©. 106. 


< 





| 


215. 


Rufus, Salen’und Zuflus”), einem um hen chirnegifchen 
Theil dieſer Lehre verdienten Augenarzte bes. zweiten Jahr⸗e 
hunderts, benugt, und faſt nichts eigenthämliches mitgetheilt 
bat. — Die Ohrenkrankheiten waren im ganzen Alterthum 
duͤrftig bearbeitet, weil ihre gründliche Erörterung Erforder⸗ 
niſſe voransfegte, die der größeren. Zahl ber. grischifchenn Aerzte 
“ abgingen: eine genaue Kenntniß der Theile im gefunden Zus 
ſtande, und des Zuſammenhanges allgemeiner Krankheiten mit 
ſymptomatiſchen detlichen Leiden. Lieber den Gehoͤrgang reicht 
daher: ihre Kunſt nicht hinaus; fie. hat nur die entzündlihen 
Uebel, feemde Körper, Verſchwaͤrungen, Knochenkrankheiten, | 
Verwachſung des Gehoͤrganges, fo wie ſchmerzhafte Ohren⸗ 
übel verſchiedener Art zum Gegenſtande, und, bewegt ſich in 
dem Gebrauche zahlloſer herkoͤmmlicher Mittel und einfacher 
chirurgiſcher Verſahrungsweiſen. Ueber die Verwachſung des 
Gehoͤrganges hat Paulus einige nicht unerhebliche Angaben)3 
er kannte eine angebotene und eine durch Verſchwaͤrung und 
Fleiſchauswuͤchſe erzeugte, unterſchikd wie feine Vorgänger bie 
oberfiäthliche vor’ der tief eindringenden, und empfahl in ben 
heilbaren Faͤllen diefer Art ein in der erften Verwundung ſo⸗ 
wohl wie in der Nachbehandlung zweckmaͤßiges Berfähren: 

Die: Zahnheilkunde: des Alterchums war nicht uners 
heblich. Sie wurde durch das Beduͤrfniß üppig lebender Voͤl⸗ 
ker geweckt, und es finden ſich fchon Tange vor der chriftlichen 
Zeitrechnung Beweiſe, daß die beften Aerzte der Erhaltung der 
Zähne ihre Auſmerthanteit zuwandten. Er Fo iſtratue 2), 

I) L. v1. e: 21. — Vergl. Gaken. Method. med. L. XIV. c. 
extr. u. m. a. Stellen 

2) L. VI. c. 23. 24. p. 183. 

3) Man zeigte, wie er berichtet, im Mpoflotempel zu Delphi 
eine bleierne Zahnzange (odersuywyer), die nad) dem Glauben fels 


i 





216 


Hexaklides von Tarent, Askleptades, und nach Chr. Seh. 
Archigenes, Krito, Andromachus:) und Salen wm 
fhmäheten es nicht, dieſen in der Ausübung untergeorbneten 
Theil der Heilkunde zu bearbeiten, und den gewöhnlichen Zah 
aͤrzten), bie wie bie Ohrenaͤrzte, wahrfcheintich in großer Zahl, 
in den Städten ihr Gewerbe. trieben, zweckmaͤßige Borfchriften 
an die Hand zu geben. Galen hat fih um die anatenifche 
Befchreibung der Zähne wefentliche Verdienſte erworben. Seine 
vergleichend anatomiſchen Angaben tragen das Gepraͤge wuͤr⸗ 
devoller Naturforſchung; er kannte die Verzweigung beider 
Kinnbackennerven in die Zahnwurzeln?), die von Nätins mit 
dem auffallenden Zuſatze wiederholt beſchrieben wird *), def 
der überflüffige, für die Nerven urſpruͤnglich beſtimmte Nah 
sungsftoff zu Knochen verfärtet an die Zähne abgetreten werde, 


woher es komme, daß biefe bis in das Alter fortwuͤchſen, dann 


aber bei verminderter Ernährung ausfallen müßten. — Des 
Ausziehen der Zähne iſt ein uraltes Verfahren, bas in de 
früheren Zeit ziemlich roh "verrichtet wurde 5), wiewohl fchon 
Celſus eine Wurzelzange (defeygu) als ein allgemein gebraͤuch⸗ 


ner Seitgenoffen vor dem Außzichen feſtſitzender Zähne warnen fofte. 
‚Cael. Aurelian. Morb, chron. L. II. c. 4. p. 375. 
1) Galen. De compos. medicamentor. sec. loc. L, V. c. 8. 


seg. Eins der ausführlichiten Bruchſtuͤcke über alterthümliche Babe 
heilfunde, bie wir befißen. 


2) Medi? dentarii, Daß es ‚dergleichen guß, beweiſt Galen. 
ad Thrasybulum: "Ars tuendae sanit. num ad med. artem spect. 
C. 24., und mehrere Stellen in ben cimiſchen Geſetbuͤchern. ©. 
oben 8.3. ©. 10. 


8) De Usu partium. L. IX. c. 15. 
4) Tetrakl. II. Serm. IV. c. 19. 
5) Man vergl. hieräber Colc. de med. L. VI. c. 12..Secı. 1. 


\ 





\ 217 


liches Werkzeug erwähnt ?).:. Bon ungluͤcklichen, ja felbgt, von 
tödtlichen. Folgen des Zahnausziehens berichteten ſchon Heros 
philus und Heraklides von Tarent 2); zu Anfang des ers 
ften Jahrhunderts erfüllten -dergleihen Erfahrungen die Aerzte 
ziemlich allgemein mit Scheu vor: dieſem Unternehmen, und 
ließen auf Mittel denken, es zu umgehen. Zeftfigende Zähne‘ 
hielt man für Außerft gefährlich mit der Zange auszureißen, 
bevor man fie (zur großen Qual der Kranken) losgeruͤttelt; 
manfürchtete davon, außer Verrenkungen und. Brüchen des gans 
‚ven Kiefers, nad) denen man die ſchammſten Knochenkrankhei⸗ 
ten beobachtet hatte”), Zerfplitterungen der Zahnhoͤhlen fortſaͤtze, 
bie man ‚ohne RenntniB von der Vertheilung der Gefoͤße für 
die Urfache flarker Blutfluͤffe hielt. Hohle Zaͤhne pflegte man 
mit Pfefferkoͤrnern oder mit Epheubeeren fieber zu ſprongen, 
als den Kranken der Gefahr des Ausziehens; bloßzuſtellen *). 
Der Gebrauch der Geile,°) verliert. fih in den.Alteren Zeiten, 
und war fo gewoͤhnlich wie der des Gluͤheiſens und verfchles 
dener Aetzmittel; Celſus fpricht von der Befeſtigung lockerer 
Zaͤhne durch Golddrath, und Galen beſchreibt als ein eigen⸗ 
thuͤmliches, ſchwerlich mit Beifall ausgeuͤbtes Verfahren big 
Anbobrung unverletzter Dadzähue uns. ſchwerzſtiſlende Heilb » 
mittel einzubringen *). 
‚Die Vorfchriften zu Zahnpulvern, die von Aerzten aus 
allen Zeiten herruͤhren, find. undberfehbar; es befinden fih uns“ 


1m... 
_ 2) Cacl Aurchan. a. aͤ. O. 


3)-Cels. a. a. O. — »indurescit extrinsecus maxilla, ut is 
hiare nom possit.« 


i 4) Eben. 
5). Galen. a. a. 2. 
⸗ 6) Ebend. e. 9. ov⸗ 


218 " 


ter ihnen viele zweckmaͤtige, aber. auch unbedingt fchädlihe, 
3. B. Bimſtein enthaltende, der ſeibſt von Salen:) empfehlen 
wurde. — Die Zahnſchmerzen pflegte man in der ſpaͤteren 
Zeit humoralpathologiſch nach den Elementarqualitaͤten einzu: 


heilen ®), außerdem nahm Galen eine Entzündung der Zähne 


an, man übertrug die Lehre von den Flauͤſſen auf diefen Ge: 
genftand, Pannte Überhaupt Zahnuͤbel ala Symptome verfchies 
benartiger Krankheiten, und es fehlte begreiflich auch nicht am 
nutzloſen Annahmen und Unterfhelbungen, wie fle in vielbe⸗ 
&rbeiteten, und desivegen boch nice vollkommener werdenden 
Fachern niche ansbleiben. Die gegen Zahnſchmerzen empfobles 
nen Heilmittel find unzählber, wie: in der neueren Zeit. Biele 
Aerzte könnten hier aufgefüher: werden, an die nur nody Vor⸗ 
fhriften dieſer Art erinnern, wenn ed auf binfe Namen au: 


kaͤme. Bon len iſt nur ein einziger berechtigt hier Erwaͤh⸗ 


nung zu finden: der Jatroſophiſt) Adamantius aus dem 
vierten Jahrhundert, der: auch In andern’ Theiten ber Heil⸗ 
tunde, und vorziglich als Verfaſſer, oder vielmehr als Nach: 
Bildner eines: Werkis über Phyfiognomonif feinen Namen auf 
die Machwelt' gebracht hat. ' Don Seburt:ein Sjude, begab er 


ſich unter der. Regierung des Kaiſers Eonpaniue‘) nach 





. n De simplic. medicamentar, facalı, L. IX. 
2) Act. Tetrabl. II. Serm. IV. c. 30, 


3) Gewöhnlich wird er zwar nur Sophiſt genamt, es leidet 
indeſſen feinen Ziveifel, daß er ſich um die Heilkunde iatauaer als 

um, andere Sacher bemüht. bat, 

4) Ob bdiefer Conſtantius derſelbe iſt, dem er feine De 
fiognomonif gewidmet hat, bleibt ungewif. Der Kaifer Conflan 
tius, der im Jahre 416 die Schweſter des Honorius, Plaei—⸗ 
dia heirathete, wie Zabricins (Bibl. gr: Vol. A.'p. 171.) will, 
iſt es aber gewiß nicht, denn Adamantius wird son Dribefius 


En 7 
Alexandrien, wo er nach Annahme der chriſtlichen Religion 
wahrſcheinlich als ‚Lehrer der Heilkunde lebte, und vorzugs⸗ 
weiſe die Arzneimittellehre im Geſchmack feiner Zeit bearbei⸗ 
tete. Sein Werkchen über die Maaße ˖ und Gewichte iſt nod) 
ungedruckt vorhanden '). Von feinen Vorſchriften gegen Zahn⸗ 
ſchmerzen hat Aſtius“) mehrere geſammelt, ſeine Heilmittel 
gegen verſchledene aͤußere Krankheiten erwarben ſich den Beü 
fall ausgezeichneter Aerzte, unter andern des Oribaſ ius L 
der ihm mahrfcheinlich gefanne hat. | 
Bon feiner Phyfiognomonif*) geſteht Adamantiud 
ſelbſt, daß er ſie aus der Ariſtoteliſchen ausgezogen habe, und 
fie nur eine Nachahmung eines ähnlichen, eben fo wenig eigens 
thuͤmlichen Werkes eines ( nicht genau zu begeichnenden } Po⸗ 
lemo' ſein folle *). Es waltet darin die Grundidee des Art 
fkoteles von der Achnlichkeit menfhliher Geſichtsbildungen 
mit Thieren, dn die man fich, fo wenig fie auch für das Ganze 
genügt, doch felbft noch in der neueren Zeit gehalten hat 5), 





ongeführt, woraus hervorgeht, daß hier nur von dem Vorgaͤnger 
Julian's die Mede fein. kann, der von 937 bis 361 regierte. 

1) Man vergl. die Vorrede von Eranz, zu feinen ” Seriplares 
physiogomoniz£ veteres. 

2) Tetrabl. II. Serm. IV. e, 27. 

8) Synops. ad Eustath. fil. L. III. De emplastrorum. ei tro- 
chiscorum” compositionibus. Coll. Stephan. p. 39. 40. 

4)’ Adamantii Söphistae Physiognomonicon. "Scriptores phy- 
siognomoniae veteres. Ex rec. C. Perusci et Fr. Syiburgii g graec. 

et. lat. rec. Jo. Georg: Frid, Fransius. Altenburg. '1780. 8. 
pag. 311. 

9) L. IJ. Praef. Sie if nicht BIO € eine Nahabmung, fondern ' 
großentheils eine Abfchrift der Polemonifchen Phyſiognomonik. (Ed. 
Franz. p. 147.) 

6) Vergl. De humanz Physioguomonia . Jo. Bapt. Portae 
Neapolitani L. IV. Francof. 1618. N 





220 En — ” 

"Die Geſchicklichkeit und Umficht des Paulus in chirur⸗ 
giſchen Verrichtungen iſt für. die Zahnheilkunde, wie zu ver; 
muthen ſteht, fehr erſprießlich geweſen. Was er hier irgend 
eigenes mittheilt, iſt bejfallswuͤrdig; ſo hat namentlich ſein 
Verfahren beim Zahnausziehen vor dem fräberen derin einen 
Vorzug, dag er die Verrenkung und die Aushebung des Zahns 
mit sinem Werkzeuge bewirkte, anderes nicht zu erwähnen. — 
Was von den- Nafenkrankheiten gelehrt wird, läßt ſich auf. ab 
tere Erfahrungen zuruͤckfuͤhren!). 


g 51. 

Heilmittellebre. Chirurgie. 

„Die Heilmittellehre konnte bei Paulus ihre bisherige 
Geſtalt mit keiner beſſern vertauſchen. Ueberladen durch die 
Empiriker und verworren durch naturwidrige, von Galen bias 
lektiſch verwebte Theoreme, wurde ſie den wenig unterrichteten 
Aerzten der ſpaͤteren Zeit ein unuͤberſteigliches Hinderniß des 
einfachen Verfahrens am Krankenbette. An Sichtung und 
wiſſenſchaftliches Durchdringen der chaotiſchen Maſſe konnte es 
nicht mehr kommen, das Gute lag mit dem Untauglichen, ja 
ſelbſt mit dem Verderblichen ohne Sonderung durcheinander, 
der Geift- der feüheren Jahrhunderte, "der manches Erſprieß⸗ 
liche iin diefem Gebiete geleiftet, war gewichen, und das alte 
Erbuͤbel der aberglaͤubiſchen Ueberſchaͤtzung der Arzneikraͤfte 
fiel der Heilkunde zur Laſt. Paulus hat die Fehler Galen's 
beibehalten, und es war vielleicht ſein einziges Verdienſt um 
bie Heilmittellehre, dag er ſich der Kürze beſſer befleißigte, als 

viele feiner Vorgänger °). In feinen Verordnungen ‚gegen 





N 


1) L. II. c. 24, p. 80. 
2) Das ganze ſiebente Buch. 





> , \ \ 


‘221 


einzelne Ktanfheiten zeigt ſich eine auffallende Vorliebe für. zu⸗ 


ſammenziehende Arzneien, die von den Methedikern vorberei⸗ 
tet, und nach und nach. allgemein geworden, zu ſtoͤrendem 
Heilverfahren in vielen Krankheiten - verleitete: Die Unters 


druͤckung übeleiechendes Achfelfchweiße mit Alaun und Blei 


"mitteln ")-ift fo wenig mit irgend einem bewährten Srundfaße 
zu entfchuldigen, wie die Behandlung der Ropfausfchläge mit 
Bleiweißſalbe?), die Alexander doch wenigſteris mit einem 
naturgemaͤßen Verfahren in Verbindung gebracht hatte?), aͤhn⸗ 
licher Beiſpiele, wie des Anhaltens der Behndur qtau⸗ durch 
aͤußere Mittel“), nicht zu gedenken. u 

Mißbraͤuche diefer Art, die die Späteren nur zu gefeheig. 


nachahmten, ſchloſſen jedoch den heilſamen Gebrauch zuſammen⸗ 


ziehender Mittel in Faͤllen von wirklicher Erſchlaffung nicht 


ans. So heilte Paulus Darm⸗ und Netzbruͤche mit Unis 
ſchlaͤgen von Granatapfelſchalt und Gallaͤpfeln in herbem Wein 
gekocht, wobei der Kranke zehn Tage lang liegen mußte, ein 


Verfahren, das in der neueſten Zeit wiederholt, beachtenswer⸗ 


the Erfolge gegeben hat °). Er bediente ſich dabei eines ein; 
fachen Bruchbandes °) (reryaser Iwiölezser), deſſen Erfindung 
fih in den älteren Zeiten verliert, umd wahrſcheinllch zuerft 


I) L. II. c. 36. p. 92. 

2) L. Mc. pA 

3) $. 40. ©. 179. | 

4) L. L. c. 9. pP. . | 

5)L. II. c. 58. pr109. — Lizars,. ber dieſe Heilart 8 


Brüche von neuem erfunden hat, bedient ſich dazu einer ſtarken Ab⸗ 


fohung von icherfrinde. Edinburgh medical and surgical Jour- 
nal. 1822. July. p. 401. 


6) A. a. O. 


v 
= 





222 
von den Alegandrinifchen Chirurgen in bie Verbandlehre üben 
tragen worben ifl '). . 

Wir find jest zur Chirurgie des Bauins gefommen, bie 
großentheils eigenthuͤmlich, und durchweg geiftvell bearbeitet, 
in der Entwidelung der Keilanzeigen wie in kühnen Verfah⸗ 
rungsweifen, den großen hoch über feinem Zeitalter ſtehenden 
Arzt. mürdevoll hervortreten läßt. Seine Erkenntniß der Krank⸗ 
heiten, die irgend chirurgiſche Huͤlfe erfordern, iſt beifallswuͤr⸗ 
dig, und die Beſchreibung ſaͤmmtlicher chirurgiſchen Verrich⸗ 
tungen, der kleineren wie der bedeutenden, fo Far und faßlich, 
daß der Nutzen ber allgemeinen Belehrung, die er dadurch 
verbreitete, fehr hoch angefchlagen werden kann. Die Zufälle 
nach Verwundungen edler Theile hat Paulus febendig, und 
fihtbar mit vieler Erfahrung. dargeftellt; feine Vorfchriften 
über die Ausziehung fremder Körper aus Wunden können als 
mufferhaft betrachtet werden. Er bediente fih hierzu einer 
gewöhnlichen Zahn; oder Wurzeljange 2), fah aber auch Blei⸗ 
kugeln und Steine Jahre fang im Körper bfeiben, und bie 
Wunden barüber ohne Hinderniß vernarben. Abfichtlih ver: 
“weilte ey .bei diefem Gegenſtande länger, weil er es für. nöth: 
wendiger hielt, feine Lefer für die alltäglichen Vorfälle genan 
zu unterrichten, als ihnen Auffallendes und Ungewoͤhnliches 
mitzutheilen °). — Ueber die Behandlung giftiger Biſſe und 
vergifteter Wunden maren fchon bie Vorfchriften der dlteren 
Chirurgen: erfchöpfend *); Paulus ſcheint ſich in ihrer Dar⸗ 





| 1) Celſus ſpricht davon wie von einer befannten Sache. De 
med. L. VII. c. 20. Was er von ben Brüchen lehrt, id wahr⸗ 
ſcheinlich aus den älteren Alexandriniſchen Lehrbuͤchern entlehnt. 


2) Vergl. Rhodius ad Scribonium Largum, p. 9. 
3) L. VI. c. 88. p. 208. 
4) 5. 28. S. 121. 


— — — 


223 
ſtellung!) vorzüglich an Archigenes gehalten zu haben, von 
den naͤchſt Nikander?) die vielfaͤltigen Kenntniſſe der. Alten 
über dieſen Gegenftand am beften vereinigt worden waren. 

Ueber die vielbearbeiteten Beinbruͤche und Verrenkungen 


AM Paulus in einem. fchlichten Wortrage fehr lehrreich. 


en 


Ueberall giebt er den einfachen Werfahrungsweifen vor den _ 
fchwerfälligen und gemwaltfamen der Fruͤheren den Vorzug, und 
nimmt zum Gebrauche der Leiter fo. wie der übrigen Werk 


zeuge zur Ausdehnung nur im Nothfalle feine Zuflucht >). 
Das Wiederabbrechen ſchief geheilter Knochen war zu feiner 
Zeit und fruͤher ein uͤbliches, aber wahrſcheinlich mit großer 
Rohheit ausgeübtes Verfahren. Häufig wurden dadurch. Kranke 
in Lebensgefahr gekracht, weshalb ſich die befferen Wundaͤrzte, 
und unter ihnen denn aud Paulus unbedingt dagegen er; 


tlaͤrten *). Den ungeftalteten Callus fuchte er mo möglich, 


wenn er zu Anfang den Drud vergebens angewandt hatte, 
mir dem Knochenmeffer und Nadireifen, felbft auch mit Bohr: 
werfjeugen zu verkleinern °), überall bemüht, mit möglichfter 
Schonung jum Zwecke zu kommen. In jeinee Behandlung vers 
alteter Verrenfungen waltet der Gebrauch des Glühelfens vor, 
dem er denn auc bei Verrenkungen aus inneren Urſachen nad) 


Hippokrates den Vorzug vor allen übrigen Mitteln eins. 


räumte *). Das Brennen war überhaupt in diefer, Zeit fehr 
aflgemein, und es feheint, Daß feine angelegentliche Empfehlung 


1) L. V. p. 160. 

2) Bd. 1. 5.52. ©. 348. 
3) L. VI. c. 89. p. 210. seg. 
4) L. VI. c. 109. p. 220. . 
5) Ebend. c. 108. u 

G6) L. VI. e. 42 76. 





2a 
im Lehrbuche des Paulus ein wichtiger Grund geworben, if, 
daß es bie Araber ‚in ihrer Heilkunde fo hoch ſtellten, denn bei 
Anfehn diefes Arztes, der ihnen am naͤchſten fland, galt ihnce 
alles. Neue Anfichten darüber hat Paulus nicht mitgetheilt, 
“ aber er mußte die Erfahrungen der Aelteren über feine Am 
wendbarfeit in den verfchiedenartigften Krankheiten mit Um 
ſicht zu benutzen. 

Den kwuͤrdig iſt die Anwendung des Stäheifens zur Be 
feitigung der Netzbruͤche, deren Paulus Erwähnung char. 
Einige Aerzte fuchten dad nicht zurüdzubringende Meg damit 
zu entfernen, indem fie der Entzändung durch lauwarme Boͤ⸗ 
der vorbeugten, und ruͤhmten ſich bedeutender Erfolge‘). Pam 
Ins hat dies Verfahren ſelbſt nicht ausgeübt, fondern wahes 
ſcheinlich dem älteren den Vorzug gegeben, nach dem man Bas 
unterbundene Netz, damit es deſto fruͤher abſterben moͤchte, 
nur mit gelinden Aezmitteln in Berührung zu bringen wagte 2). 
. Bei der Unfenntniß der bier in Betracht kommenden Theile 
konnte die Bruchoperation unmöglich auf fihere wiffenfchaft 
liche Srundfäge zurückgeführt werden, woher es glaublich wird, 
daß die Verfahrungsmeifen gewöhnlicher Bruchfchneider, Die 
ih ſelbſt niche ſcheuten eine (nicht mehr deutlich zu erfennende) 
"Art von Leiftenbrüchen mit dem Gluͤheiſen zu behandeln, gro⸗ 
ßes Unheil verurfacht- haben mögen’). Gewiß ging meiſten⸗ 
theild der Hode verloren, und es iſt nicht abzufehen, wie dieſe 
Verftümmelung durch das Verfahren des Paulus, das in 
keiner Ruͤckſicht Vorzuͤge vor dem Celſi iſchen *) bat, irgend ver⸗ 
huͤtet werden konnte. 

Von 


H ö 
2) Cels. de med, L. VIEL c. 21, 

3) L. VI. c. 66. 

RD. e. 2%. n 





225 


Won inneren Krankheiten waren es vorzüglich die Unterleibs⸗ 
übel, die man mit dem Stäheifen und brennendem Schwamm 
behandelte 5). Leberabfceffe wurden mit dünnen olivenförmis 
gen SBrenneifen geöffnet, bei Milzkrankheiten gab man dem 
Dreizack des Marcellus?) vor den übrigen ‚Brennwerkzeus 
gen den Borzug. Der Gebrauch des brennenden Schwans 
mes’) (Tex) entfpricht dem der Dora, und rührt wahrſchein⸗ 
ch aus dem Innern Afien her; die Araber (⸗ Bdekageı) hats 
ten bie Brennmittel, vorzüglich in longwierigen Magenkrank⸗ 
heiten eingefuͤhrt. 

Das verlaͤngerte und erſchlaffte Zipſchen, das man ſonſt 
abzuſchneiden pflegte *), verkürzte Paulus, wenn die Kranken ! 
fih vor dem Meffer feheuten, nad) der erſten Angabe des 
Demoftpenes von Mafftlien”), auf eine eigenthämliche, ges . 
nau befchriebene Weiſe mit Kegmitteln, Sjegend eine getignete 


J 


= 





DL VI. c. 47. 48, 


"2) Es möchte ſchwer zu beſtimmen fein, von welchem Mars 
cellus hier die Rede if. Das erwähnte Brennwerkjeug fommt 
ſchon zu gleichem Gebrauche unter dem Namen Cauter trisulcus 
bei Themifon vor, der das Verfahren Hilligte, es durch die Haut 
in bie vergrößerte Milz feloft einzufenfen. Cael. Aurelian: Chron. 
L. II. c. 4. p. 451. 455. Sener Marcellus kann alfo Immerhin 
der Lehrdichter geweſen fein. ($. 20. ©. 76.) “ 

3) L. VI. o. 49. p. 192. Man bediente ſich des Eicen- und 
Nußſchwammes. 

4) Cels. de medic. L. VIL c. 12. Sect. 8. . 


5) Diefer Demoſthenes wird von Galen (De comp. med. 
sed, gen. L. V. s. f.) erwähnt, und iſt wahrfcheinlich von dem. ber - 
vühmten Augenarzte (Bd. I. $. 49. S. 313) mit dem Beinamen. 
Philalethes verfchieden. Vergl. Reines. Variar. Lection. L. I. 
e.2.p.9. — Sein Äetzmittel zum Wegbeizen des Zaͤpfchens bes 
ſtand aus ungeloͤſchtem Kalk, gebranntem Weinſtein, gebrannter Soda 


und Mennige, mit Lauge zur Honigdicke angeräßrt. Aet. 'TFetrabl, » 
VI. Serm. Il. c. 52. 


u. | | P 


U 











226 


Zuſammenſetzung biefer Art, es gab hierzu unzählige Borfdkif 
ten, wurde in dem Staphylokauſton, unter dem man füch ein 
geftieftes Werkzeug mit einer runden Aushöhlung, oder vich 
leicht eine Hohlzange!) vorzuftellen hat, mit ber nöthigen Bars 
ſicht an das Zäpfchen gehalten, worauf nach mehrmaliger Wie 
derholung dieſes Verfahrens das geäste Stud nach brei oder 
vier Tagen abfiel*). — Verhärtete Mandeln entfernte Pam 
Ins nie bie Früheren ’) mit: einem in ber Faͤche gebogenen 
Meſſer, wobei ex fih zum Halten eines durchgefteckten ſchar 
fen Hakens bediente *). — Den Luftröhrenfchnitt des Antyl⸗ 
(n&°) ſcheint er nicht felbft ausgeübt zu haben; er billigt die 
von diefem trefflihen Arzte aufgeftellte Anzeige deſſelben Bei 
Erſtickung drohender Geſchwulſt der oberen- Theile, und fügt 
den Worten des Antyllus nur einen geringfügigen Borfchlag 
hinzu *). | 

Det feiner fonftigen Gewandtheit und feinem treffenden 


Scharfſinn in der Auswahl des Beſten ift es auffallend, daf 


/ 


er bei der Abldfung der Glieder das rohe Verfahren des Leo: 


nides befolgte; kaum wird es begreiflich, wie bei den griechi⸗ 


ſchen Wundärzten die ungleich befferen Vorfchriften des Ars 
higenes fo ganz in Vergefienheit gerathen konnten! ”) Das 
gegen fcheint Paulus weniger von dem Abnehmen ſcirrhoͤſer 


1) 2 eontdes bediente fi) des Staphylofauftoen zum Wegen 
der Haͤmorrhoidalſacke. L. VI. c. 79. 


32) L. VI. e 31. p. 185. 

3) Gess. L. VII. c. 12. ©. 2. 
4) L. VI. c. 30. p. 184. 

5) $. 17. ©. 66. 


6) Diele Operation bei (wahrfcheinlich verſchwollenen) Luftroͤh⸗ 
renmwunden zu maden. L. VI. c. 33. p. 186. 


a 


7) 1. VI. c. 84. Vergl. Bd. I. 5. 62. ©. 459. 464 


* 


| 297 
und krebshafter Brüfte nach der Weile des Leonides ").gn 


haften zu haben, defien Erfolg überhaupt zahlreiche Erfahrums 
gen der beſſeren Wundaͤrzte fehr bezweifeln ließen. Ob eine 
entftellende Fettheit der männlichen Bruͤſte während der Ents 
wickelung der Mannbarfeit, ein Zuftand, der anderen krankhaf— 
ten Abweichungen der Gefchlechtsverrichtungen in den füdlichen 
Ländern?) zur Seite fteht, häufig vorgefommen ſei, muß das 
bingeftellt bleiben, wietsohl dies qus ber Aeußerung des Pau⸗ 
lus zu vermuchen ift, daß die Anfchwellung zwar gewoͤhnlich 
wieder verfchwinde, aber doc zuweilen zuruͤckbleibe, fo daß zur 
Entfernung des überflüffigen Fettes eine eigene Operation vors 
genommen werden mäffe?). Er machte hierzu einen hafbmonds 
förmigen Schnitt unter der Bruſt, loͤſte die Haut vorfichtig 
ab, nahm das Fert heraus, und vernähete die Wunde wie ges 
woͤhnlich, entfernte auch wohl bei großer Geſchwulſt das zwi⸗ 
ſchenliegende Hautſtuͤck mit zwei Schnitten. — Den verfchlofs 
fenen After bei Neugeborenen öffnete er einfach mit dem Fins 
"ger oder dem Diefjer *), fcheint mithin Feine Kenntniß von der 
tief eindringenden gehabt zu haben; bei Erwachſenen bediente 
er fih, um Berengerungen bes Maftdarms zu befeitigen, kegel⸗ 
förmiger harter Körper, oder auch einer bleiernen Möhre. Seine 
Behandlung des Wafferbruches *) nähert fich neueren Verfah⸗ 
rungsweiſen; er pflegte um die Verwachſung der Hoͤhle zu be⸗ 


wirken, geoͤlte Wolle einzuſtopfen. Bei der Abloͤſung des⸗ 


\ 


1) 9. 28. ©. 119. 


2) Vergl. Carol Guil, Stark De Nodeo $#ru& apud He- 
rodotum. Jenae 1827. 4. 


3) L. VI. c. 46. 45. 
4)L. VLc.8. 
5) L. VI. c. 62. 


⁊ 


228 


männlichen Gliedes hinter dem Sande der Eichel *), bie er 
bei Hypoſpabdiaͤen · fuͤr nothwendig erachtete, glaubte er, auffak 
(end genug, mit einfacher Blutſtillung auszukommen, und ers 
waͤhnt ſelbſt nicht der Gefahr der Verblutung. Leber das 
Verfahren bei der Entmannumg lehrte er nichts neues, fonbern 
befchreißt nur die beiden herkömmlichen Arten berfelben, bes 
Serdrüdens und Ausfchneidens der Hoden*). Aus feinen Aeu⸗ 


gerungen bei dieſer Gelegenheit geht hervor, daß Wundaͤrzte 


ihren Beruf fo weit entheiligen konnten, die Entmannung auf 


Defehl von Diachthabern an ben dazu beftimmten Opfern vor 


zunehmen, ja er iſt felbft von dieſem, den Arzt entehrenden 
Verdachte nicht frei’). Einige Entfchuldigung findet er jedoch 
in der Verſunkenheit feines Zeitalters, das nicht felten Vers 
ſchnittene zu bedeutender Macht emporfommen ließ, und de 
duch (faft unglaublich!) Vielen Veranlaſſung gab, freiwillig 
in biefe gefuchte Menſchenklaſſe einzutreten‘). Die firengen 
eömifchen Geſetze gegen‘ das DVerfchneiden *) hatten fchon in 
den früheren. Jahrhunderten diefer Grauſamkeit nicht zu fleuern 
vermocht, um fo weniger achtete man im fiebenten Jahrhun⸗ 
bert anf gute Sitte und Menſchlichkeit. Bei der durch Fleiſch⸗ 


bruch und andere Entartungen nothwendig gewordenen Aus 


eottung der Hoden unterband Paulus zuvor den von feinen 
Umgebungen gefonderten Samenftrang °). — Die Pulsaden 


I) L. vI. c. M. 

2) L. VI. c. 68. ps 201. 

8), Seine eigenen Worte find: nazerrıs WerinLIs Une Fur 
urrgigerras wreugieir arayunlepıtn. «“ 

4) Suid. voc. —R 

5) $. 6. ©. 22. 


6) L. VI. c. 63. p. 198. — ueber die Enfmannung im Aus⸗ 
faße f. oben $. 26. ©. 100. — Auch gegen die Fallfucht wurde fie 


. Ba 299 
geſchwulſt befeitigte er, wie Antylins*) durch doppelte Un⸗ 


terbindbung und Auselterung ber Wunde, nachdem zuvor bie 


Serinnfel aus der geöffneten Schlagader entfernt waren. Er 
befchrieb nach Galen?), jedoch viel deutlicher, neben der wahr 


ren auch die falfche Pulsadergefchmulft aus unverheifter Deffs 


nung der Armfchlagader, und hat überhaupt hierüber die Lichts 
vollften Angaben von allen Wundärzten des Alterthums °). 
Auch über den Bauchftich Hat Paulus Vorfchriften ger 
geben *). Er wählte dazu die Witte des Unterlelbes, drei 
Finger breit unter dem Nabel, jedoch nur, wenn nach der alt⸗ 
hergebrachten Unterſcheidung die Waſſerſucht von den Daͤrmen 
herruͤhrte; war ſie dagegen durch eine Leberkrankheit verurſacht, 


ſo ſollten zwei Einſchnitte mit dem Meſſer, der erſte bis auf 


die Bauchhaut, der zweite durch dieſe, ſo daß die Wunden ſich 
nicht deckten, in gleicher Hoͤhe, jedoch auf der linken Seite ge⸗ 
macht, und dann die Roͤhre eingebracht werden. Daſſelbe ſollte 
auf der rechten Seite geſchehen, wenn die Milz die Urſache 
des Leidens enthielt. Er gab der entgegengeſetzten Seite den 
Vorzug, weil er es fuͤr nachtheilig hielt die kranke zu verwunden, 
auf der der Kranke zu liegen pflegt. — Den Steinſchnitt hat 
Paulus nicht erheblich vervollkommnet; auffallend iſt bei ihm 
nur die von der Gegenwart geronnenen Blutes in der Blaſe 
hergenommene Anzeige dieſer Operation, wenn aufloͤſende Mits 
tel nicht hinvelchten, dies Folgeuͤbel des Blutharnens zu entfer⸗ 


als ein verzweifeltes Mittel enpfoßten. Cael. Aurelian. Chron. 
L. Ic. 4. p. 314. 


1) Rhases Contiuens, L. XIII. c. 7. fol. 270. b. — Bergl. 
das hiervon verfchiedene Verfahren bes Philagrius, 8. 28. S. 118. 


2) Method. med. L. V. ec. 7. 
3) L. VL c. 37. p. 188. 
4) L. VI. c. 50. p. 192. — L. III. c. 48. p. 106. 


[5 


—' 








männlichen Gliedes hinter dem Rande der Eichel’), bie = 
bei Hypoſpadiaͤen · fuͤr nothwendig erachtete, glaubte er, anffal 
lend genug, mit einfacher Blutſtillung auszukommen, und er 
waͤhnt ſelbſt nicht der Gefahr der Verblutung. Leber bas 
Verfahren bei der Entmannung lehrte er nichts neues, fonderm 
beſchreibt nur die beiden herkömmlichen Arten derſelben, des 
Zerdruͤckens und Ausfchneidens der Hoden”). Aus feinen Aen⸗ 


‚Berungen bei diefer Selegenheit geht hervor, baß Wundärzte 


ihren Beruf fo weit enthelligen Eonnten, die Entmannung auf 


Befehl von Machthabern an den dazu beflimmten Opfern vor 
- zunehmen, ja er tft felbft von diefem, ben Arzt entehrenden 


Verdachte nicht frei’). Einige Entfchuldigung findet er jedoch 
in der Verſunkenheit feines Zeitalters, das nicht felten Ber; 
fehnittene zu bedeutender Macht emporfommen lief, und de 
durch (faſt unglaublich!) Vielen Veranlaffung gab, freiwillig 
in biefe gefuchte Menſchenklaſſe einzutreten *). Die firengen 
römifchen Gefege gegen‘ das Werfchneiden *) hatten fchon in 
den früheren Jahrhunderten diefer Grauſamkeit nicht zu fleuern 
vermocht, um fo weniger achtete man im fiebenten Jahrhun⸗ 
dert anf gute Sitte und Menfchlichleit. Bei der durch Fleiſch⸗ 


" Bruch und andere Entartungen nothwenbig gewordenen Aus: 


eottung der Hoden unterband Paulus zuvor den von feinen 
Umgebungen gefonderten Samenftrang ‘). — Die Pulsader⸗ 


L) L. VI. e. 544. 
2) L. VI. c. 68. ps 201. 


3) Seine eigenen Worte find: »axorrıg weiiuzis uwe vorm 
urteigerrer wrouxileir drayualenıda. «“ 


4) Suid. voc. ewader. 
5) 8.6. ©. 22. 


. 6) L. VI. c. 63. p. 198. — Ueber die Entmannung im Aus 
fage f. oben $. 26. S. 100. — Auch gegen die Zallfucht wurde fie 





v— — 229 
geſchwulſt beſeitigte er, wie Antyllus ) durch doppelte Un⸗ 
terbindung und Auseiterung der Wunde, nachdem zuvor die 
Gerinnſel aus der geöffneten Schlagader entfernt waren. Er " 
beſchrieb nach Galen?), jedoch viel deutlicher, neben der wah⸗ 
ten auch die falfche Pulsadergeſchwulſt aus unverheilter Def 
nung der Armſchlagader, und hat überhaupt hierüber die licht⸗ 
vollften Angaben von allen Wundärzten des Alterthums °). 

Auch über den Bauchftih hat Paulus Vorfchriften des 
geben *). Er wählte dazu die Mitte des Unterleibes, drei 
Singer breit unter dem Nabel, jedoch nur, wenn nach der alts 
hergebrachten Unterfcheidung die Waſſerſucht von den Därmen 
herrührte; war fie dagegen durch eine Leberfrankheit verurfacht, 
fo ſollten zwei Einfchnitte mit dem Meffer, der erſte bis auf 
die Bauchhaut, der zweite durch diefe, fo daB bie Wunden ſich 
nicht deckten, in gleicher Höhe, jedoch auf der linken Seite ges 
macht, und dann die Röhre eingebracht werden. Daſſelbe ſollte 
auf der rechten Seite gefchehen, wenn bie Milz bie Urſache 
des Leidens enthielt. Er gab der entgegengeſetzten Seite den 
Vorzug, weil er es fuͤr nachtheilig hielt die kranke zu verwunden, 
auf der der Kranke zu liegen pflegt. — Den Steinſchnitt hat 
Paulus nicht erheblich vervollkommnet; auffallend iſt bei ihm 
nur die von der Gegenwart geronnenen Blutes in der Blaſe 
hergenommene Anzeige diefer Operation, wenn auflöfende Mit⸗ 
tel nicht hinreichten, dies Folgeuͤbel des Blutharnens zu entfers 


als ein verzweifeltes Mittel empfohlen. Cael. Aurellan. Chron. 
L. I. c. 4. p. 314. 


1) Rhazes Continens, L. XIII. c. 7. fol. 270. b. — Vergl. 
daß hiervon verſchiedene Verfahren des Philagrius, 8. 28. S. 118. 


2) Method. med. L. V. c. 7. 
3) L. VL c. 37. p. 188. 
4) L. VI. c. 50. p. 192. — L. II. c. 48. p. 106. 


⸗ 


230 | 
nen"). Aber auf eine ganj neue Weiſe behandelte er verfhie 


- dene Blafenübel, mit Einfprigungen flüffiger Arzneien 


durch ben Katheter, und führte fomit einen Gedanken ans, 


der..erft in ber neueren Zeit wieder aufgenommen, einer ausge 


breiteten Anwendung fähig ift*). 


$. 52. 


Zu anb ber Wiſſenſchaften im achten, neunten und 
zehnten Jahrhundert. 


Die naͤchſten beiden Jahrhunderte nah Paulus find für 
die grischifche Heilkunde fpurlos vorüber gegangen. Gefchab 
bis dahin einiges für bie Erhaltung alter Ueberlieferungen, fo 
fönnen fich die griechifchen Aerzte diefer Zeit auch nicht ein: 


. mal diefer untergeordneten Sorge rühmen. Die Urfachen bie 


- 


fee Verſunkenheit liegen in der Entwidelung und bem Fort 
ſchreiten des chriftlichen Fanatismus. Hatten fchon in ben 
früheren Sahrhunderten Streitigkeiten über Gegenſtaͤnde bes 
Glaubens, Kie von dem Gpifte der chriftlichen Religion weit 
entfernt blieben, die Gemüther einander entfremdet, und die 
alte Gewohnheit wiſſenſchaftlicher Beſchaͤftigung auf das all⸗ 
taͤgliche Beduͤrfniß zuruͤckgefuͤhrt, ſo begannen zu Anfang des 
achten noch ernſtere Kaͤmpfe, die das, ohnehin ſchon veraͤu⸗ 
ßerte Erbgut der Bildung mit völliger Vernichtung bedrohe⸗ 
ten. Der Kaifer Leo ber Iſaurier, den bie Reditgläubigen 
den Bilderſtuͤrmer nannten, gab durch fein Verbot’ des Bilders 
dienftes im Jahre 726 das Zeichen zu verderblichen Ausſchwei⸗ 


fungen. Er wollte dem finnlihen Glauben feiner entarteten 


Unterthanen die angebeteten Idole rauben, ohne feldft fähig zu 
fein, fie zu höherer Einficht und reineren Sitten zu erziehen. 


I)L m. ‚c. 45. p. 10% — Vergl. L. VI. c. 60. p. 196. 
2) L. VI. c. 59. p. 196. | 


nn / 231 
Eehitten und fanatiſcher Eifer im ganzen Kaiſerreiche war 
die Folge feines gewagten Unternehmens; in blinder Wuth 
regte er bie Mönche und Priefter gegen ſich auf, ohne die 
Macht ihres Einfluffes auf die Meinung des Volkes zu ers 
waͤgen, ober feine Zeit- irgend zu begreifen. Konnte nun nie? - 
ben fo ungezügelter Leidenfchaft die Pflege des Alterthums 
nicht meiter befichen, mußte namentlich der bisherige Eifen . 
‚ wiffenfchaftliche Werke zu vervielfältigen überall ſchwinden, fo 
‚war dies noch der geringere Verluft, den Leo.-den Künften 
des Friedens bereitete; fie erlitten einen weit ‚empfindlühern 
‚durch die rückfichtsiofe Unterdrückung der Schulen, deren er 
füch fchuldig machte. Geiſtliche und weltliche Lehrer waren in 
Glaubensangelegenheiten größtencheils feine Widerfacher; bins 
reichende, Aufforderung für ihn, dem öffentlichen Unterricht 
verfünmern zu laflen"). 

Der Nachfolger Leo's, Eonftantin Eopronymus 
(741 — 775), ging noch einen Schritt weiter, indem er das 
Moͤnchthum, die maͤchtigſte Stuͤtze des Bilderdienſtes, mit ab 
lem Ernſt zu wernichten ſtrebte. Wohin fein Arm reichte, 


" wurden die Kloͤſter zerſtoͤrt oder entweiht, die Moͤnche aus 


ihren Wohnfigen, diefen Feftungen der Hierarchie, vertrieben, 


1) T’heophan. Chronograph. p. 340. Ed. Paris. — Mehrere 
neuere Gefchichtichreiber haben dem Cedrenus (Scriptor. hist. 
Byzantin. Ed, Paris. I. p. 454), ber erſt im ‘elften Jahrhundert 
lebte, und einigen noch fpäteren und noch unzuverläffigern Byzanti⸗ 

“nern nacherzaͤhlt, Leo habe ein Bibliothekgebaͤude neben feinem Pal⸗ 
laſte, das einige 30,000 Bände enthalten, und zwölf Gelehrten uns‘ ⸗ 
tek der Aufficht des scumenifchen Lehrers zur Wohnung gedient ha⸗ 
ben foll, aus Rache gegen diefe verbrennen laffen, wie fie denn auch 
im Brande umgefommen fein follen. Man hat Grund, die Wahr⸗ 
beit diefer Gefchichte zu bezweifeln. Berge. Walch's Entwurf einer 
vollfändigen Hiſtorie der Kebereien, Spaltungen u. f. w. 11 Bde. 
Leipig, 176285. 8. Th. X S. 66. 





232 | 


und ihre Bibliotheken use der dem adıten Jahehnndert eig 


nen Nohheit vernichtet oder zerfireut‘). Kommt nun feeilih 
auf das Pergament weniger an, als auf den Geiſt, ber es 
werth zu halten und zu benußen weiß, fo leuchtet doch «im, 
dag unter fo feindfeligen Stürmen der legte Funke dieſes Ges 
fies verlöfhen mußte. Von ber Heilkunde iſt in diefer ganzen 


Zeit auch nicht entfernt die Rede. Wenn der Sinn für Ges 


here geiftige Güter erſtirbt, fo, finkt fie unausbleiblich zum af 
täglichen Gewerbe herab. 


: Die Begünftigung des Bilderdienſtes unter ber Kaiſerin 


Irene (allein 797—802) konnte keine Wiederherfiellung der 
Wiſſenſchaften bewirfen, wenn auch bie abfchreibenden Moͤnche 
ihre Zellen wieder beziehen durften; auch erhoben ſich nad 
dem erneuten Verbote des Bilderdienſtes (815) durch Leo 
den Armenier (813 — 820) neue Streitigkeiten, bie, veun 
auch menfchlicher nur mit Worten geführt, doch bie geiflige 
Schwaͤchlichkeit des Schrhunderts allgemein begünftigten, und 
Sinn für Bildung nicht auflommen liegen. Kaum fonzte es 
ben Wiffenfchaften irgend frommen, wenn Leo Gelehrte an⸗ 
fiellte, um theologifche Bibliothefen zu durchwühlen, und ans 


den Schriften der Kirchenvaͤter die widerſtrebenden Moͤuche 


eines beſſern zu belehren®). 
Erft nach der Mitte des neunten gahrhunderts begann 


die Finſterniß allmählig zu weichen, nachdem im Sabre 842 


der Bilderdienft wiederum hergeftdlie worden war. Der Eäfar 
Bardas (860— 866), Oheim Michael’s IH. (842 — 867) 
begünftigte als Freund der nicht theologifhen Wiſſenſchaften 
die Gelehrten, ja er unternahm ſelbſt die Wiederherftellung ber 


1) Theophan. a. a D. p- 375. — Cedren. 11. P- 468. 
2) Det Wald, a. a. ©. S. 670. 





Inte. — — — — 


233 


Schulen im ganzen Keiche"). Con einer hoͤheren, philoſophi⸗ 
ſchen Lehranſtait, die von ihm in Conſtantinopel, anfaͤnglich 
unter dem Vorſitz eines ſehr beruͤhmten Mannes, des nachhe⸗ 
rigen Erzbiſchoffes Leo gegründet wurde, fehlen genauere Nach⸗ 
richten. Wahrfcheinlich -leiftete. fie nichts für die Naturwiſſen⸗ 
fchaften, die zu ihrem Gedeihen eines ganz andern Bodens 
° bedürfen. — Mit vorzügliher Auszeichnung muß bier Pho⸗ 
tius, der berühmte Patriarch von Konftantinopel, als größter 
Vielwiſſer feiner Zeit und als Vater der neu erwachten Ger 
lehrſamkeit genannt werden. Von Bardas und dem nachs 
herigen Kaifer Bafilius I. (867— 886) begünftigt, und hoͤch⸗ 
lich geehrt von Mächtigen wie von Geringen, wußte er duch 
- fein eigenes Beiſpiel und "durch fein Wirken auf einem eins 
flugreihen Standpunkt, die, Liebe zum Altertum anzuregen 
und der Rohheit feines Zeitalters Sränzen zu fegen. Di 
ſchraͤnkte ſich auch feine‘ Thaͤtigkeit als Schriftfteller nur auf _ 
Abſchreiben und encyelopädifches Zufammenftellen von Auszuͤ⸗ 
gen, aus alterthämlichen Werken, unter denen ſich ſelbſt einige 
mebicinifche befanden. fo "war doch fchon dies Verdienft um 
fein finfteres Jahrhundert, das feinen ſelbſtſtaͤndigen. Gelehrten 
mehr hervorzubtingen vermochte, ſehr hoch anzufchlagen, und 
ganz geeignet vorzubereiten, was unter den Kaifern des mace— 
donifchen Hauſes vollendet wurde”). — Bafilius vertraute 
ihm den Unterricht der kaiſerlichen Familie an, was zunaͤchſt 
die Einführung der Wiffenfchaften am byzantinifchen Hofe zur 


1) Zonar. Annal. L. XIV. p. 126. Ed. Paris. — Conun. 
- ‚Constant. Porph. IV. 26. — Cedren. p. 541. Ed. Paris. 


2) Vergl. M. Hanke, De Byzantinarum rerum Scriptoribus 
graecis Liber. Lips. 1675. p. 269 seqg. — Bon dem Myriobiblon, 
des Photius befigen wir- die treffliche Ausgabe von Bekker, f. 
oben ©. 52. Anm. 1. | 


234 


Folge hatte, und bei billiger Schaͤtzung defien, was noch irgend 
geleiftet werden konnte, zur Erhaltung derſelben, fo wie m 
Milderung der Sitten nicht wenig beitrug. 

Leo VL, der Sohn des Bafilius, mit den Weinanm 
der Philoſoph, (886 — 911, gemeinfchaftlich mit feinem Bru 
ber Alexander) trat ſelbſt als gelehrter Schriftſteller auf"), 
und wirkte ſeegensreich für Seiftesbildung, wenn er ſich and 
ben geheimen Wiſſenſchaften zumwandte °). Freie Negſamkrit 
und felbfithätig fchaffender Geift konnte nur freilich nicht wie 
der auffommen, denn die beſte Einfiht mit dem mächtigfien 
Willen hätte nichts gegen die chriſtliche Frömmelei vermocht, 
die zur Erreichung aller weltfichen Zwecke benugt wurde. Man 
ehrte die Wiffenfchaften nicht um ihrer felbft willen, fondern 
fuchte fie Höher geglaubten Ruͤckſichten unterzuordnen. Rohe 
und mildere Verſuche älterer Kaifer beweiſen genugfam, wie 
ganz unmoͤglich es war, das Zeitalter zu entmönchen. 

Indeſſen begünftigte Conftantin Prophyrogenerus, 
Leo's Sohn und Nachfolger (911— 959, die leuten 15 Jahre 
‚ allein) die Wiffenfchaften nad) ‚einem ausgebehnteren Maaß⸗ 
ſtabe, felb mie alles hintanfegender Vorliebe für oͤffentlichen 
Unterricht und Schulbildung ?), die er für das erfte Erforder⸗ 
niß, nicht bloß zum geiftlichen Berufe, fondern auch zum Staats⸗ 
-dienft geltend machte. Den höheren Schulen in Conftantinos 
pel *) widmete er feine ganze Aufmerkfamfeit, und fuchte fie 





1) Hanke a. a. O. p. 412. 
2) Zonar. p. 140. Ed. Paris. 
3) Hanke a. a. D. p. 461. 


4) Es bluͤhte Hier unter feiner Regierung eine Schule für Pb 
ldſophie unter Conftantin Protofpatbarius, eine andere für 
Rhetorik unter Alexander von Nicda, eine für Geometrie 'nnter 
Nicephorus, und eine für Aſtronomie unter Nicetas. Conu- 


⸗ 





f x 
f . . - . 


. | * ⸗ 235 
mit allen, dem Thron zu Gebote fiehenden Mitteln emporzus 
Bringen, munterte auf, belohnte, und betrieb dies alles wie 
feine erfte und wefentlichfte Verrichtung. Als Schriftſteller 
und belefener Vielwiſſer fammelte er Bücher, fo viel ihrer nur 
aufammengebracht werden konnten"), belebte den Fleiß der Abs 
‚ Schreiber, und veranftaltete im Geifte der dlteren Sammler, 
der jetzt wieder allee Orten rege wurde, werthvolle Auszüge 
aus unzählbasen' Schriften über Gefchichte ?), Landwirthſchaft, 
Heilkunde, und was noch Bisher nie gefchehen war, ſelbſt über 
Thierheilkunde. 


8. 53. 
Meletius. Theophanes Nonnus. 
Gehoͤrt ein geringfuͤgiger Schriftſteller unter dem Namen 
Meletius in das achte oder das neunte Jahrhundert, wie 
zu vermuthen iſt, jedoch nicht erwieſen werden kann, ſo erhal⸗ 


ten wir in ſeinem hinterlaſſenen Werke ein dieſer Jahrhunderte 


vollkommen wuͤrdiges Bild der Naturwiſſenſchaften?). Es iſt 


nuat. anonym. Const. Porphyrog. in Scriptor. histor. Byzantin. 
. post Theophan. Ed. Paris. p. 278. — Cedren. p. 635. 
1) Vergl. die Vorrede zu den Excerptis de legationibus et 
_ de virtutibus et vitiis. 
2) Vergl. nebſt Hanfe a. a. O. Fabric. Bibliothec. graec. 

"T. IV. p. 486. ’ 

3) Meletii philosophi de Natura structuraque hominis Opus. 
— Polemonis Atheniensis insignis philosophi naturae signorum 
interpretatio. — Hippocratis de hominis structura.. — Dioclis 


ad Äntigonum regem de tuenda valetadine Epistola. — Melampi ‘ 


de Naevis corporis Tractatus. Omia haec non prius edita. Ni- 
colao Petreio Corcyraeo interpr. Venet. 1552. 4. — Der Xitel 


diefes fehr feltenen Buches iR bei Choul ant unvollſtaͤndig ange 


geben. 


— 


t 


236 


eine phyſiologiſche Anthropologie, aus den Alten möndyifch umb 
mit eingeſtreuten widrigen Worterflärungen ausgezogen. Sach⸗ 
kenntniß ‚geht dem Verfaſſer durchaus ab, um fo weniger Fann 
man von ihm ben Geiſt der freien Lnterfuchung erwarten 
Er liebt es, fich hier und da auf Heilige, namentlih den Ba 
filtus und Cyrillus zu berufen, verfchmäht es aber and 
nicht von Plato und einigen Späteren mißverfiandene Be 
Dauptungen aufzunehmen °). Das Werk kann kaum anders 
wo, als in einer Kloſterzelle entftanden fein. 

War Eonftantin Porphyrogenetus wirklich der Mei⸗ 
nung, die ſich bei manchen, der Natur unkundigen Vielwiſſern 
in allen Sahrhunderten wiederfindet, daß der Heilkunde das 
bloße Abfchreiben und Ausziehen Mugen bringe, fo kann es 
ihm auf feinem Standpunfte leicht verziehen werden, wenn er 
das Weſen der LUnterfuchung natürlicher Dinge . verfannte. 


Irrte er fi aber in der Wahl feines Sammlers, die auf 


Theophanes Nonnus, einen Arzt in feiner Umgebung fiel, 
fo it dies vielleicht nur bamit zu entfchufdigen, daß fein def » 
ferer, mwenigftens am kaiſerlichen Hofe, wo ſich alle Bildung 
vereinigte, aufzufinden war. Der Auszug dieſes Schriftſtelles 
aus älteren Werken, ber einen kurzen Inbegriff der ausüben 


den Heilkunde darftellen foll?), ift über alle Befchreibung ober: 


flächlih und geiftlog, ja ee muß, wenn er in vieler Hände 
am, wie vorauszufegen iſt, den Trieb nach geläutertem Wiffen 
in der Erfenntniß und Behandlung der Krankheiten noch voͤl⸗ 
fig vernichtet haben: Hatten ſchon feit dem vierten Jahrhun⸗ 


1) Prooem. p. 2. — p. 48. 72 etc. 

2) Meophanis Nonni Epitome de Curatione morborum, 
graece et latine. Ope codıcum manuscriptorum xecensuit notas- 
que adjecit Jo. Sieph. Bernard. Gothae et Amstclodam. 179. 
9%. 2 Voll. 8. 


\ 
N 


237 
dert zahlreiche Sammlungen in allen Fächern den ernſten Stu⸗ 
‚ dien gefchabet, und eine felbfigenägfkme Oberflaͤchlichkeit mehr 
und mehr beguͤnſtigt, fo hatte man doch früher den alten. Ge 
 währsmännern ihr Recht gelaflen; Oribaſtus, Aëtius, 
Alerander, Paulus, alle diefe Maͤnner führten ihre Quel⸗ 
len gewifienhaft an, fie erwecken zum Theil durch die. Aus⸗ 
wahl des DBeften, und durch gehaltvolle Zufäße das eigene‘ 
- Macbenfen, und vegten ihre Lefer an, die Werke der Vorzeit 
zur Hand zu nehmen. Theophanes aben flattert, ohne Ge⸗ 
diegenes von Verwerflichem unterfcheiden -zu koͤnnen, über bie 
Denkmäler der Vorzeit dahin, vafft flüchtigen Blickes zufams 
men, was feiner eigenen Mittelmäßigkeit und feinen leichrfers - 
tigen Lefern genügte, und verfündige fich noch überdies an feis 
nen Vorfahren, durch Verſchweigung ihrer ehrenwerthen Na⸗ 
men. &o fehlen fein aufgehäufter Ballaſt den Zeitgenoffen 
nur dem zehnten Jahrhundert anzugehören, man hatte nun 
mit dem Alterthum abgefchlofien und bedurfte feiner nicht 
mehr, denn alles, was man für nöthig hielt, hatte ja Theo« 
phanes zufammengetragen!). Es würde diefem Schriftſteller 
zu viel Ehre widerfahren, wenn mie .erweifen wollten, was 
leicht gefchehen könnte, daß er nicht einmal die urſpruͤnglichen 
Werke zur, Hand genommen, ſondern faft durchgängig nus Al 
tere Sammlungen benußt, und fich auch bei diefer geiftlofen 
Arbeit nicht einmal darauf verftanden das Wefentliche hervor: 
zubeben, fondern das Lehrreiche verdorben und das Mittelmäs 
ßige verfchlimmert hat, wo nicht die vorgetragenen Gegenftände 
in den alltäglichen Verkehr der Begriffe übergegangen waren. 
Dies gilt z. B. von der Pofdonifchen Eintheilung der Hirn⸗ 
verrichtungen und der Geifteskräfte, zufolge welcher Theos 


1) » Mair xare duranır var dıuyzalur vmsgogär.«. (1) 
Proocm. p. 6, ° oem 


⁊ 


236 

eine phyſiologiſche Anthropologie, aus den Alten moͤnchiſch und 
mit eingeſtreuten widrigen Worterklaͤrungen ausgezogen. Sad 
kenntniß ‚geht dem Verfaſſer durchaus ab, um To weniger fan 
man von ihm den: Geiſt der freien Unterſuchung erıwarten. 
Er liebt es, fich Hier und da auf Heilige, namentlich den Dx 
ſiltus und Eyrillus zu berufen, verfhmäht es aber and 
nicht von Plato und einigen Späteren mißverftandene Be 
hauptungen aufzunehmen ’). Das Werk kann kaum ander& 
wo, als in einer Kloſterzelle entftanden fein. 

War Eonftantin Porphyrogenetus wirklich der Mei; 
nung, die ſich bei manchen, der Natur unkundigen Vielwiſſern 
in allen Sahrhunderten wiederfindet, daß ber Heilkunde das 
bloße Abfchreiben und Ausziehen Nutzen bringe, fo kann es 


ihm auf feinem Standpunkte leicht verziehen werden, wenn er 


das Wefen der Lnterfuchung natürlicher Dinge . verfannte 


Irrte er fich aber in der Wahl feines Sammlers, die auf 


Theophanes Nonnus, einen Arzt in feiner Umgebung fie, 
fo iſt dies vielleicht nur damit zu entfehufdigen, daß kein bei » 
ferer, wenigſtens am- Baiferlichen Hofe, wo fih alle Bildung 
vereinigte, aufzufinden war. Der Auszug diefes Schriftftellers 
aus älteren Werfen, der einen kurzen Inbegriff der ausüben 


" den Heilkunde darftellen foll?), iſt über alle Befchreibung obers 
flaͤchlich und geiftlos, ja er muß, wenn er in vieler Haͤnde 


kam, vote vorauszufesen iſt, den Trieb nach geläutertem Wiſſen 
in der Erkenntniß und Behandlung der Krankheiten noch voͤl⸗ 


| | fig vernichtet haben: Hatten ſchon ſeit dem vierten Jahrhun⸗ 


1 Prooem. p. 2. — p. 48. 72 etc. 
2) Theophanis Nonni Epitome de Curatione morboram, 


graece et latine. Ope codicum manuscriptorum xecensuit nota- 


que adjecit Jo. Steph. Bernard. Gothae et Amstelodam. 179. 


9.2 Voll 8. 








237 


dert zahlreiche Sammlungen in allen Fächern den ernften-Stip 
dien gefchadet, und eine ſelbſtgenuͤgſame Oberflächlichkeit mehr 
und mehr .begünftige, fo hatte man doch früher den alten Ge⸗ 


 währsmännern ihe Recht gelaffen; Oribaſtus, Adtius, 


Alerander, Paulus, alle diefe Männer führten ihre Quel⸗ 
fen gerifienhaft an, fie erwecken zum Theil durch die. Aus⸗ 


wahl des DBeften, und durch gehaltvolle Zufäße das eigene‘ 


Nachdenken, und vegten ihre Lefer an, bie Werke ber Vorzeit 
zur Hand zu nehmen. Theophanes ahen' flattert, ohne Se 
diegenes von Verwerflichem unterfcheiden zu koͤnnen, über die 
Denkmäler der Vorzeit dahin, vafft flüchtigen Blickes zufams 
men, was feiner eigenen Mittelmäßigkeit und feinen leichtfers 


tigen Lefern genägte, und verfündige ſich noch Überdies an ſei⸗ 


nen Vorfahren, durch Verſchweigung ihrer ehrenwerthen Nas 
men. So fchien fein aufgehäufter Ballaft den‘ Zeitgenoflen 
nur dem zehnten Jahrhundert anzugehören, man hatte nun 
mit dem Alterthum abgefchloffen und bedurfte feiner nicht 
mehr, denn alles, was man für noͤthig hielt, hatte ja Theos 
phanes zufammengetragen?). Es wuͤrde diefem Schriftſteller 
zu viel Ehre widerfahren, wenn wir .erweifen wollten, was 
leicht gefchehen koͤnnte, daß er nicht einmal die urfprünglichen 
Werke zur Hand genommen, ſondern faft durchgängig nur aͤl⸗ 
tere Sammlungen benußt, und fih auch bei dieſer geiftlofen 
Arbeit nicht einmal darauf verftanden das Wefentliche hervor⸗ 


zuheben, ſondern das Lehrreiche verdorben und das Mittelmäs 


ßige verſchlimmert hat, wo nicht die vorgetragenen Gegenſtaͤnde 
in den alltaͤglichen Verkehr der Begriffe uͤbergegangen waren. 
Dies gilt z. B. von der Poſidoniſchen Eintheilung der Hirn⸗ 
verrichtungen und der Geiſteskraͤſte zufolge welcher Theo⸗ 





1) —* zarı Krapır rar dınyzalar, umigogär. « 6 ). 
Proocm. p. 6. Ä a 





238 


phanes beim Verluſt bes Gedaͤchtniſſes mit den Fruͤheren 
Kälte und Feuchtigkeit der Hintern Hirnhöhle aunahın ). G 
ſchließt fih hieran die Behauptung, daß im Schlagfluß die 
hintere, im Carus dagegen die vorderen Hirnhoͤhlen von Schleim 
überfüllt wären“), fo wie die Annahme von Entzündung dei 
Hirns und der Hirnhaͤute in der Phrenitis’). Naturgemaͤße 
Befchteibungen der Krankheiten flieht Theophanes als ge 
nicht zur Sache gehörig, fondern eilt mit aller. Dreiftigfeit 
eines: gewöhnlichen Empirikers zu ben Behandlungen, wobei 
denn weder Anzeigen, noch Ergebniſſe von irgend einigem Nach⸗ 
denken, ſondern nur ordnungslos durcheinandergeworfene Seik 
mittel vorfommen. Das ganze Buch giebt hierzu die Belege 
in reichlicher Menge. Dem Glauben an Blutreinigung durch 

das Aderlaß wird bei Theophanes, wie Im ganzen Alters 
thum, das Wort geredet *), die Lehre von den catarrhalifchen 
Krankheiten beftand unverändert fort *), die Beobachtung vom 


ESprengen der Näche durch Hirnentzuͤndung ift dem Aëtius 


nachgefchrieben ), die Lehre von ben Geiſtes krankheiten hoͤchſt 
oberflächlich bearbeitet aus Alerander entnommen ?), genug, 
08 findet ſich nirgends eine Spur von eigener Unterfuchung. 


\ 





1) C. 34. p. 140. — Vergl. 8. 25. ©. %. 

23) C. 28. p. 112. 

3) C. 25. p. 98. 

4) C. 7. p. 40, und an vielen anderen Stellen. 

5) C. 22. p. 88. 

6) C. 26. p. 104. 
7) C..32. 3. p. 120. 28. — Vergl. $. 39. &. 174. — Bir 
leicht find diefe Stellen und mehrere andere, von Alerander werk 
lich abgeſchriebene, erſt von einem Spaͤteren hinzugethan worden, wie 
Bernard mit Grund vermuthet. ©. beffen gelebrte Vorrede zum 
Ebeopbanet, p. 17. | 








| | 339 
Die Chirurgie lag. in diefer Zeit fo voͤllig barnieder "), 


daß Theophanes and bei, den unheilbarften äußeren Uebeln 


die Behandlung durch Arzneimittel vorzieht, und bei den drin⸗ 
gendfien Veranlaffungen chirurgifche Operationen entweder gang 
übergeht, oder hur obenhin anführt. Der Staaroperation 


wird. eben fo wenig gedacht mie Der des Traubenauges, woraus 


bervorzugehen fcheint, daß Feine Augenärzte vorhanden ivaren, 


fie zu verrichten. ?). Die Behandlung Her Bruftfrierhen wird 


überaus nachjläffig angegeben ’), der Steinfchnitt nur mit einem 
Worte erwähne*), und jede ernfte Beurtheilung krankhafter 
Zuftände ‚durch den hergebrachten Kinderglauben an die Wirks 
famfeit zufammengefegter Heilmittel verhindert. — Das Aders 
laß fol, z. B. bei der Lebers und Milzentzuͤndung, immer auf 
der leidenden Seite vorgenommen werden’); überhaupt hatte 


ſich dem Sebrauche der Blutentziehungen fein erhebliches Vor⸗ 


urtheil entgegengeftellt, fo daß.die Behandlung entzündlicher 
Uebel noch ziemlich naturgemäß 'erfcheint. Die von Pahs 


ins ©) gerühmten ſcharfen Kipftiere im Seitenſtich waren ne⸗ 


ben dem Aderlaß noch üblich”), wie denn überhaupt Paulini⸗ 
ſche Vorſchriften und Anſichten bei Theophanes bier. und 


da hervorleuchten, namentlich bei der Erörterung der Gicht?). 
Herzkrankheiten, die Paulus menigfiens zu bearbeiten anges 


1) Vergl. Cocchi, Graecorum chirurgiei Libri p. 39. v. 20. 
2) C. 49. p. 230. 

3) C. 153. p.4. ; 

4) €. 174. p. 66. 

6) C. 181. 186. p. 84. 108. 

6) 8. 49. ©. all. 

7) C. 129. p. 406. | 

8) C.216. p. 186. — Bergl. 8.49. 6.02. 


d 


. 





240 


fangen Hatte:), giebt es nach Theophanes gar nicht, mei 
. jedes Leiden des Herzens, ausgenommen die Erhigung umb bie 
Zufälle. durch Mitleidenſchaft ans dem-Unterleibe unmittelber 
ben Tod zur Folge. haben *).. Seine Anficht vom Zieber end 
fpricht indeffen, fo dürftig auch im übrigen feine Fieberlehre) 
iſt, dem bisherigen Grundbegriff von einer Veränderung be 
natärlihen Wärme im Herzen *), ber nur freilich bei vernach⸗ 
laͤſſigter phyſiologiſcher Imterfuchung Frankhafter Erſcheinungen 
nah Galen und Alerander nicht weiter ausgebildet werden 
konnte. Daß Thevphanes uͤbelriechende Achſelſchweiße mit 
Alaun und Bleimitteln unterdrücken wollte, kann ihm weniger 
angerechnet werden, denn ſchon Paulus hatte ſich ja Diefes 
Berfahrens ſchuldig gemacht?). — Ein auf Entzündung bed 
Maſtdarms beruhender Stuhlzivang kommt in feinem Werke 
außer der Ruhe unter dem übeldeutigen Jramen Ssees vor ©), 
die letzte Krankheit aber befchreißt er mit feiner gewöhnlichen 
Dberflächlichfeit* * — Ueber den Tpäten Ausbruch der Waſſer⸗ 
— fen 

1) 8. 49. S. 207. 

2) C. 134. p. 422. - 

3) Wir befigen in der Inteinifchen Meberfegung eine eigene kurze 
Abhandlung des Theophanes über bie Fieber, in Bernard 
Ausgabe Tom. II. p. 375 — 82. 

4) C. 153. p. 426. 

5) C. 155. p. 8. — $. 51. ©. 221. 

6) C. 169. p. 46. 


7) C. 168, p. 40. Sprengel hat ihm bie Unterfcheibung der 
rothen Ruhr als ein Werdienft angerechnet, diefe fommt jedoch uns 
ter demfelben Namen (ainaryea docrwrsgia) fhon bei Galen 
(Symptomat. caus. L. III. c. 7.), und unter bem Namen rotbe Ruhr 
(d ägu$gee) bei Hippofrates vor. (Epid. 1. Sect.. TIL p. 708. 
Ed. Lind.) Zur befferen Erfenntniß einer fo viel bearbeiteten Krank 
heit konnte ein Theophan es nichts beitragen. 


j, 241 
ſcheu nach dem Biß toller Hunde muͤſſen in dieſer Zeit lehr⸗ 
reiche Erfahrungen vorhanden und früher bekannt geweſen fein, 
denn Theophanes mußte, daß dies für unbedingt toͤdelich ges 
baftene liebel zumellen erſt nach einem halben Jahre eintrat”). 

Vielleicht iſt Conſtantin's beffere Anfiche von den Wiſ⸗ 
ſenſchaften in Anſchlag zu bringen — denn er wollte die al⸗ 
ten Werke nur ihrer ſelbſt wegen geleſen wiſſen, und entriß 
die Bildung dem Einfluſſe des Moͤnchthums — ‚ wenn Theo⸗ 
phanes dem Aberglauben nur wenig huldigt, und fogar bei 
der Fallſucht dem Glauben an bdämonifche Einflüffe wider⸗ 
fpriche*). Doch gift dies nicht von Verordnungen und Vor⸗ 
fchlägen .im Geiſte der Alteren Empiriker. Der uralte Glaube 
an die Wirkſamkeit der Hyaͤnen⸗ und Seehundsfelle zur Abwens 
dung von mancherlei Gefahren, z. B. der Wafferfchen nach dem 
Biß toller Hunde, oder des Einfchlagens der Blitze, befand 
in diefer Zeit noch unverändert fort, fo daß man, wenn einer 
von Theophanes mitgetheilten Nachricht zu trauen tft, bie 
Schiffe der Kaifer mit dergleichen Häuten zu befchlagen pflegte’). 

Auf Befehl feines Kalfers verfertiste Theophanes ne 
„ben feinem Auszuge auch ein Werk über bie Lebensordnung, 
das gegenwärtig noch ungedruckt vorhanden, und wahrfcheins 
ig auf diefelbe Weiſe bearbeitet it ). 


$. 54. . 
Thierheilkunde des Alterthums. | | 
"Die Krankheiten aller lebenden Geſchoͤpfe in eine Ger 


1) €. 971. p. 3%4. 

2) C. 36. p. 144. ' _ 

3) C. 260. p. 288. — Der Haut bes Hippopotamus ri 
man diefelbe Birfung au. Geoponic, L. TI. c. 16. 


4) Du Cange, Praefat. ad Appendic, Glossar. P I. Ber- 
nard, Praefat. p. VII. _ 


FB a 


242 


ſammtwiſſenſchaft zu vereinigen, iſt eine großartige Aufgebe 
für die ärztliche Naturforfhung, deren noch fern liegende & 
fang zur Erkenntniß höherer Naturgefege unansbleiblich führen 
würde. Einer folhen Bereinigung ſtehen jedoch in ben menſch⸗ 
lichen Verhaͤltniſſen maͤchtige Hinderniffe entgegen. Die Men 
ſchen⸗ wie die Thierheilkunde, deren vollendete Bearbeitung ihe 
vorausgehen müßte, beide verdanken dem Beduͤrfniſſe ihren Ur 
ſprung, das die letztere nur auf einige Thiere beſchraͤnkt, und 
werden roh ober ausgebildet, beftändig in das Treiben bes Le 
bens verwickelt. Sie gewinnen dadurch, bei regem und fin: 
nigen Fortichreiten, zwar den Stoff zu vergleichender Unter⸗ 
fadung, vermögen ſich aber nicht in ein wiſſenſchaftliches 
Banze zu verfhmelzen, und noch kein Zeitalter ift bisher fo 
. weit gereift, die Sefammtlchre von Erkranken des organifchen 
Lebens mie dem Geifte höherer Zorfhung zu durchdringen. 
Kaum kann fich die neuefte Zeit nach fo vielen Jahrhunderten 
ſchaffender Thätigkeit, und im Beſitze vieloermögender Huͤlfe⸗ 
mittel hierin einiger Verſuche rühmen, um fo billiger muͤſſen 
"daher die Forderungen an das Alterchum geftellt werden. Cs 
blieb in der Phyſiologie, die überäll, wo von gebiegener Wiß 
fenfchaft in der Heilkunde die Rebe ift, den erften Raug bes 
hauptet, bei den großartigen vergleichenden Arbeiten von Arifte 
teles und Galen fiehen, während die Krankheitslehre auf 
den menſchlichen Körper fich befchränfte, und das Licht ver 
fehmähete, das eine regfame, durchaus nicht unerhebliche Thier: 
heilkunde fie hoffen ließ. Geſchah dies aber, als die Natur 
wiſſenſchaften fich ihrer Bluͤthe erfreueten , fo mar ein gegen 
feitiges Sneinandergreifen beider Fächer in den fpäteren Zeiten 
noch viel weniger zu ermarten. ” 
Unterdeffen beftand doch die Ihierheiltunde, bie in ber 
bürgerlichen Sefellfchafe won ber Nothwendigkeit, ein michtiges 
Eigenthum zu erhalten, ihren Außeren Antrieb empfängt, und 


0 243 
jederzeit eine willige, und immer zuruͤckbleibende Schülerin der 
Mienfchenheillunde ift, als ein abgefondertes Fach. ‚Sie wurde 
felbft nicht im zehnten Jahrhundert übergangen, als Tonftans 
tin Porphyrogenerus mit, trodener Wißbegier eine weit⸗ 
läuftige Sichtung aller alterthämlihen Kenntniffe verfuchte, 
fondern mit einer: Sammlung ausgewählter Bruchſtuͤcke be 

dacht, die Über ihren Umfang wie über den Geift ihrer Bears 
beitung belehrende Auskunft giebt"). 
Die Krankheiten der Hausthiere find unftreitig ſchon in 
den früheften Zeiten beachtet worden; denn eine kunſtloſe 
Thierheilkunde hänge mit der nöthigen Pflege des Viehſtandes 
eng zufammen, und diefe iſt bei rohen Völkern wo nicht forgs 
famer, doch allgemeiner, als bei gebildeten, bei denen die Aufs 
merkfamfeit auf die Thiere in gleichem Maaße abzunehmen 
pflegt, als die Bildung ſteigt. Bor allen haben aber die Gries 
chen Ihren urfprünglichen Naturſinn in der Benutzung und 
.. Pflege der Hausthiere bewährt. Xenophon's noch erhaltes 
nes Werk über Die Reitkunſt?) — der vielbewunderte und mit 
einem ehernen Denkmal im Lleufinium belohnte Simon 
war ihm bierin als Schriftſteller vorangegangen ?) _ zeugt 
von treffender Beobachtung der Eigenthuͤmlichkeiten des Pfer⸗ 
des, und laͤßt bedauern, daß keine Nachrichten Aber den Zus 





t) To Iewiargnär RıB?%ia um. Veterinariae medicinae Li- 
bri duo, a Joanne Ruellio Suessionensi olim’quidem latinitate do- 
nati, nunc vero iidem sua, hoc est graeca, lingua primum in lu- 
. gem aediü. Basil. 1538. 8. (Der Herausgeber ik Simon Orys 
- ndus) Der Name des Sammlers iſt unbekannt. 


2) Mel iwwings Aoyos. XRenophon's Buch über die Reit⸗ 
funk, überfegt und mit Anmerlungen verfehen von Er. Jacobs. 
* Gotha, 1825. 8. 


3) Xenoph. 0.0. ©.C1.p.2.— Vergl. die Vorrede des 
Hierokles in den Hippiatric. p. 3. 


N 2 


* 


+ 


®. 


244 j 


| fand der Hippiatrie während der Bluͤthe Griechenlands ver 


handen find'). Zu einer Art von Wiſſenſchaft geftaltete ſich 
jedod die Thierheillunde erſt in den fpäteren Jahrhunderten 


des Verfalle, wiewohl es ausgemacht iſt, dag vieler Orten zahl 


reiche Roßärzte ihre mündlih und fehriftlih ererbte Kunk 
ausübten, vielleicht auch ſelbſt mwohleingerichteten Kriegsheerm 
In das Feld zu folgen pflegen. Es wäre fonft unerklärker, 
wie gegen die Mitte des vierten Sahrhunderts, waͤhrend die 
übrigen Wiffenfchaften ein träges Leben hinfchleppten, und bie 
Heilkunde, wenn aud) won einem Dribafius vertreten, dech 


- fon durch den Seift dee Sammelns zu leiden begann, Thies 


ärzte mit niche unbedeutender Erfahrung und keinesweges ra 
ber Runftfertigkeit ſich hervorthun Eonnten. 

Der Äältefte als Schriftſteller bekannte Roßarzt ift Ew 
melus von Theben, der nicht fpäter, als vor dem Ende dei 
dritten Jahrhunderts, vielleicht aber auch viel früher gelebt 
hat, was bei den fehlenden Angaben nicht füglich zu beſtim⸗ 
men iſt. Es haben fid von ihm Bruchſtuͤcke eines größeren 


Werkes erhalten, die eine ziemlich peiche, das Anfehn dieſes 


Mannes bei den fpäteren Roßärzten rechtfertigende Erfahrung, 


wenn auch nichts weniger, als wifienfchaftlichen Geiſt durch⸗ 


blifen laffen. Er befchreibt das Fieber der Pferde?), die 
Lungenentzündung ’) (wruxeria), den Dampf (wrsuuegest) 
und deſſen fpäteren Uebergang in Lungenfchrwindfucht*), die 
Ohrdrüfenentzündung (vugariöss) und andere Druͤſengeſchwuͤſſte 
am Halſe (zesewdss, glandulae), die mit Ausfluß von jauchi⸗ 





1) Eenophon erwähnt nur obenhin eine einzige Pferdekrank⸗ 
beit, den acuten Rheumatismus, zesSimeis. C. IV. p. 20. 


2) Hippiatric. L.I.c. 1.p. 7. _ 
3) LI. c. 5. p. 27. 
4) L. I. c. 6. p. 29. 


. 245 


gem Eiter aus dem Schlunde verbunden find 1), fo wie meb: 


rere andere Krankheiten, mit nicht ganz deutlicher, felbft zus 
weiters oberflächlicher Angabe der Zufaͤlle, bie einen Mans 
gel an Bildung umd empirlſches Beſtreben auffallend genug 
verräth. \ 
Stratonicus*) und Hieronymus aus Libyen °), 
zwei andere thierärztliche Schriftſteller, deren Andenken ſich 
nur durch Erwähnung ihrer Namen erhalten bat, gehören 
wahrfcheintic demfelben Sjahrhuntert an. 
I Bon allen ift offenbar Apfyrtus der wichtigfte, der, ein 
älterer Zeisgenoffe des Dribafius, dem Heere Gonftantin’s 
des Großen als Roßarzt in den Feldzug gegen die Sarmaten 
(319 — 321) falgte *) und in der Mitte des vierten Jahr⸗ 


1) L. Le 16. p. 61. — Die Large dis find nicht die Druſe 


ber Pferde, wie in einigen Handbuͤchern irrthümlich ſteht, fondern 
eine der. Halsentzundung der Schweine analoge Krapfpeit. 
AL. L 2. p. 5, — (. 1% p. 65. 
3) LT. ce. 2WW. p. 67. 


4) L. * cl. p.1. — Ich beziehe die Worte des Apfyrtus: 
„ Fenzuednsres iv Teig Tyan Teis ia) Ten rgev. woramen 
auf. den Feldzug Conflantin’s E gegen bie Sarmaten, in dem dies 
fer Für die Donau überfchritt und den König Rauſimodus bes 
fiegte. Nah Manfo (Leben Eonftansin’ des Großen, nebft 


einigen Abhandlungen gefchichtfichen Inhalts. Breslau 1817. &.57) 


Falle dieſer Feldzug, in die Jahre 319321, und vergleicht man das 
Bild, das die Briefe des Anfyrtus von der Thierheilfunde geben, 
ohne Borurtheit mit dem Charakter des vierten Jahrhunderts, ſo 
ſtimmt alles ſo zufammen, daß die Annahme unmoͤglich erſcheint, 
dieſe Briefe koͤnnten in einer ſpaͤtern Zeit geſchrieben ſein. Spren⸗ 
gel behauptet (Bd. II. S. 306 feiner pragmatiſchen Geſchichte der 
Arzneikunde), mit jenem Conſtantin (Sud. Val. I. p. 407. — 
Eudociu ap. Yilloison, Vol. I. p. 65) fei der vierte, mit dem Bei- 
namen Pogonatus gemeint, der- von 668 bis 685 regierte, und 
im Sabre 671 einen Feldzug gegen die Bulgaren unternahm. Dems 











' 
' 


246 


hunderte eine feltene Berühmtheit erlangte, wie aus feinen 
zahlreichen Briefen an Männer verfchiedenen Standes, von 
züglih Thierärzte, zu fchließen if. Es geht zugleich aus bie 
fen Briefen hervor, — fie wurden fchon von ihm felbft ge 
ſammelt und einem Arzte Asklepiades als ein abgefchloffens 

"Werk gewidmet, —) daß in Alssandrien und Laodicea bie 
Thierheilkunde von nicht wenigen betrieben wurde. In der 
Gamille des Apſyrtus war die Beſchaͤftigung mit dieſen 
Sache erblih, wenigſtens erhalten wir duch ihn von feinem 


nach wärbe Apſyrtus zu Ende bes fiebenten Jahrhunderts ge 
lebt haben. Im eben diefer Zeit wurde die Heilkunde als Hilfen 
ſchaft nur no von Paulus vertreten, und batte in ber Ausübung 
ihren früheren Rang ſchon laͤngſt verloren. Es erfheint mithin um 
begreiflich, daß die Thierheilkunde, die ihr in den aͤußeren Werhält 
niffen wie in jeder anderen Beziehung immer nachzuſtehen pflegt, 
jegt eine fehr große Menge nicht unmürdiger Bearbeiter in allen 
Landen bätte zählen können, bie untereinander in einem regen wiffen⸗ 
ſchaftlichen Verkehr flanden. Zu Ende bes fiebenten Jahrhunderts 
waren mehrere namhafte Städte, in denen die Thierheilkunde, den 
Briefen des Apfyrtus.zufolge, bluͤhete, ſchon Iängft von den Gas 
racenen erobert, 3. B. Alerandrien und Laodicea, von wiffenfchafts 
lichem Verkehr - griechifcher Thierärzte in ihnen fonnte mithin nicht 
mehr die Mede fein. Ueberdies wird Sprengel dur feine Be 
hanptung gezwungen, das Zeitalter des Begetiusviel fpäter Hin 


auszufegen, ald es obne einen argen Verſtoß gegen die Kritif ger 


ſchehen kann. — Daß Apfyrtus einige feiner Briefe an Baro⸗ 
nen gerichtet haben follte, wie Sprengel zur ſcheinbaren Bekraͤf⸗ 
tigung feiner Vehauptung anführt, beruht auf einem Irrihume, 
denn ed if an ben beweifenden Stellen (5. B. L. I. c. 9..p. 37. 
Zyranius Varro) der römifhe Name Varro gemeint, der im 
Griechiſchen mit einem B gefchrieben wird. Im griehifchen Kaifer: 
thum bat es nie Baronen gegeben, und «6 kommen diefe überhaupt 


erft viel fpäter, im elften oder zwölften Jahrhundert, bei den Tram 


fen vor. 
1) L. I. e. 1. pP 1. 


Großvater Demetrius Nachricht, der ebenfalls Reßarzt 
war"); die Verwandtſchaft pflegt jederzeit, bei fehlenden An⸗ 
falten und KHülfsmitteln einen beſſeren Unterricht zu erſetzen 
Sn allen, was wie von Apfprtus befigen, waltet der Geiſt 
einer fchlichten, wenn auch nicht wiffenfchaftlichen Naturbeob⸗ 
. achrung, und ſchließt fich, diefer Hippiater den Aerzten ‚feines 
Jahrhunderts offenbar nur wenig an, fo iſt dies aus feinem 
fonftigen Mangel an Bildung leicht zu erklären, und fein Fach 
gewann durch die Trennung von der Heilkunde an- Saurkiıe 
digkeit, die es nicht unvortheilhaft auszeichnet. 

Daß den Pferden die Gallenblaſe fehlt, wird von Apfyrs 
tus ausdruͤcklich angeführt *), konnte auch nah Ariſto⸗ 
teles hinreichend bekannt fein; fchmerlich dürfen jedoch im 
übrigen bei diefen Thieraͤrzten andere, als gelegentlich erwor⸗ 
bene anatomifche Kenntniffe vorausgefegt werben, auch reich⸗ 
ten fie in der Phyſiologie für ihr Beduͤrfniß mit dem aus, 
was ihnen der Volkoglaube und die Heilkunde darbot. Apſyr⸗ 
tus hatte das: Forterben von Augenfehlern vom Großva⸗ 
tee auf den Enkel beobachtet °) , ähnliches nicht zu erwähnen, 
was ſich aus der Eunftlofen, oft Überrafhend treuen Beobach⸗ 
tung einzelner Rrankheiten ergab. . Das Fieber der Pferde bes 
fhreißt Apſyrtus fehe naturgemäß, mit genauer Angabe fels 
ner Zufälle und Urfacyen *), und empfiehlt dagegen eine eins 
fache Behandlung ohne Arzneimittel, durch anfängliche Ent: 
ziehung der Mahrung, die erforderlichen Aderläffe am Kopf, 
gelinde Bewegung und paffendes Zutter nach dem erfien Tage, 





f 


1) L. I. c, 10. p. 40. 

'A)LLec2 p. 10. 

3) L. I. c. 14. p. 56. 
) L. IL. c. I. p. I. 


ja er fchreißt ſogar ein naͤhrend ſtaͤrkendes Verfahren ver, 
wenn das Fieber von Ermübung entſtanden und von Abm 
gerung begleitet fei!). Auch in der Behandlung ber Übrigen 
Krankheiten Huldige Apſyrtus einer lobenswerthen Einfach⸗ 
beit, und neigt fi nur in geringfügigen Dingen, role etwa 
in der Empfehlung der Hirſchhornamulete zur Vorbanung vor 
Krankheiten *), zum Aberglauben hin, der bie niedere Thies 
heilkunde der Römer fo durchweg entkellte, und von jeher 
dies Bach recht eigentlich in Beſchlag genommen hat. 

Das anftedende Nerven⸗ sder Faulficber der Pferde 
_(Asıus}) war in diefer Zeit allgemein gefürchtet, umb mehtere 
- Angaben anderer Noßaͤrzte (Pifterius von Sicilien?), Leo 
tius*), Aemilius von Spanien’), Litortus“) von De 
nevent), von Apſyrtus bat fih kein Bruchſtuͤck hieruͤber ex 
halten, ſetzen Beabachtungen großer Epizootieen dieſer verhes⸗ 
renden Krankheit voraus. Man ſuchte ſelbſt der Auſſteckung 
durch ſtrenge Abſonderung ber geſunden von den erkrankten 


1) Geoponicorum sive de Re rnstica Libri XX. Ed. Jo. Nic. 
Niclas. Lips. 1781, 32 Vol. 8 — L.XVI. e. 4. — In dieſer, eben⸗ 
falls von Conſtantin Porph. veranſtalteten Sammlung finden 


ſich mehrere in die Hippiatriea nicht aufgenommene thieraͤrztliche 


Bruchſtuͤcke, die einige nicht unwichtige Vewolſtaͤndigungen zu dieſen 
enthalten. 

2) L. L co 14. p. 5. 

8) L. I. e. 4. p. 24. 

4) L. IJ. e. 4. Dieſe Stelle, wo von Ablonderung der peſt⸗ 
kranken Pferde die Rede iſt, fehlt in der griechiſchen Ausgabe der 
Hippiatrica, ſteht aber in der lateiniſchen, hier und da vollſtaͤndigern 
von Ruelle, fol. 10. a. (Veterinarise medicinae Libri Il. Joanne 
Ruellio Suessionensi interprete, Paris. 1530. fol.) 

‚BYL.Ic 4. p. %. - 


6) Ebend. 





rn '. 240 


Pferden vorzubeugen, und jene durch Benutzung 'zuträglicher 
MWeibepläge zu erhalten. Bon Maßregelin diefee Art, die bei 
anſteckenden Krankheiten der Dienfchen öffentlich angeordnet 
worden wären, findet ſich weder im chriftfichen noch im fruͤ⸗ 
heren Alterthum irgend eine Spur, wenn man nicht die poli⸗ 
zeitlichen Anordnungen zur Luftverbefferung bei den Griechen 
und NMömern hierher rechnen will”); Edlius Aurelianus 
tadelte ſelbſt den vernünftigen Rath einiger feiner. ärztlichen 
Zeitgenofien, Ausſaͤtzige der Anſteckung wegen abzufondern, 
weit ſich die Heilkunſt dieſer Haͤrte nicht fehuldig machen 
bürfe 2). An Einſicht in die Verbreitungsweiſe anſteckender 
Krankheiten fehlte es durchaus nicht *y aber Vorurtheil, Lieb) 
tofigfeit, Aberglaube, und vor allen Nachläffigkeit der Regie⸗ 
rungen, verhinderten die heilfamen Anorbnungen, die ſich dars 
“auf hätten gründen können, und fo erfreueten ſich die Vieh⸗ 
beerden des Schutzes gegen anſteckende Krankheiten viel früs 
ber, als die menſchlichen Sefellfchaften. : 
Von der Drüfe (dr vrodguarirı) war die Anſteckungs⸗ 

kraft eben fo befannt, und veranlaßte dieſelben Vorkehrungen 

zur Erhaltung der noch nicht befallenen Pferde. Ausdruͤcklich 
erwähnt Apſyrtus, daß diefe Krankheit den Füllen gefährlich 

werde*), wie fie es noch in der neueften Zeit iſt, und unters 

fheidet won der angegebenen Form noch einige andere, mit 

Ausflug aus der Naſenhoͤhle verbundene Pferdekrankheiten, zu 





1) Außer dem, was hieräber Im erſten Bande an- mehreren 
Stellen vorgefommen ift, vergl E. B. G. Hebenstreit, Curae sa- 
Ditatis publicae apud veteres exempla. Diss. Lips. 1779. 4. 


2) „Quod a se alienum humanitas approbat medicine. 
‚ Chron. L. IV. c. 1. pag. 497. 


3) Vergl. Marx, Origines contagii.' Caroliruh. et Bad. 1824. 8. 
4) L. I. c. 2. pag. 10. 








950 1 | | 
benen der Rotz und der Strengel gehören. Dieſer wird deut 
lich unter dem Namen uurs uyge befchrieben, ein Uebel, das 
man für leicht heilbar hielt, wenn der ausfliegende Schleim 
noch feinen übeln Geruch angenommen hatte, für ſchwer heib 
bar dagegen, wenn er einen folchen verbreitete, wodmit ber 
Rotz gemeine zu fein, feine‘). Bei ber mit dem Damen 
mer: Euen bezeichneten, nah Eumelus für unheilbar gehal⸗ 
tenen Krankheit, die keinen Ausfluß, aus ber Naſe erregte, 
war eine bösartige Lungens ober Bruftfellentzündung das Haupt 
leiden; unter dis wedeiris iſt, wie es fcheint, RNotz oder 
Strengel mit Rheumatismen der Schenkel zu verſtehen; indeß 
fen bezeichner Theomtze ſtus den Rotz noch deutlicher mit 
bem Namen mer dvrudas, zum Unterfchiede von der ud 
ardemen, dem gutartigen Strengel?). Genaue Sonderung ber 
Formen kann von diefen Männern nicht verlangt werden; fü 
bedienten ſich überdies feiner Kunſtausdruͤcke, ſondern nur der 
Benennungen des alltäglichen Lebens, und wußten verwickeite 
Krankheiten nicht Eunftgemäß genug auf einfache Zuftände zw 
rüczuführen, wie dies 3. DB. aus der Befchreibung des «rer. 
pögeuk bei Apfyrtus hervorgeht, wo offenbar mehr Bruß 
fellentzändung mit ihrem Uebergange in Empyem bezeichnet, 
und das eigentliche Aſthma weniger berüdlichtige if’). 

Die Artiologie des Rotzes und der ähnlichen Krankheiten 
bei Apſyrtus giebt einen Begriff von der Anwendung phy⸗ 
- fiologifcher Kenntniffe in diefer Thierheilkunde. Bei dem Fehlen 
der Sallendlafe fol ein Ueberſtroͤmen der Galle in die zum 


1)L. J ec. 2. p. 16. Bruchſtuͤck von Theom neſtus, de 
aberhaupi nur jeAıs uygn und Enge und von jener bie oben an. 
gegebenen Arten unterfchied. 

2) A. a. O. p. 16.17. 

8)L.I. ce 6. p. 29. 


| 251 

Ruͤckzrathe führenden Arterien leicht gefchehen können; dadurch 
werde die fchädfiche Fluͤſſigkeit dem Ruͤckenmarke mitgetheilt, 
und daß Hirn nothwendig ergriffen, das aus dem Ruͤckenmarke 
feine Nahrung empfange '). Die alte Lehre von Urſprunge 
eatarrhalifcher Krankheiten aus dem Hirn ſcheint auf die Ent: 
ſtehung dieſer Anfiche nicht ohne Einfluß gewefen zu fein. . 
Die Rehkrankheit der Pferde (Rheumatismus acutus) bes 
fchreibt Apſyrtus unter dem alterehümlichen Namen near 
(hordeatio) mit unverfennbaren Zügen *), und verordnet dages 


gen Aderläffe, mit ganz geeigneter Veränderung des Futters, 


wobei er jedoch dem hergebrachten Volksglauben huldigt, dag 
dieſe Krankheit von dem unzeitigen Genuſſe der Gerſte nach 
großer Ermuͤdung zu entſtehen pflege. In dieſelbe Krankheit 


fab man häufig erhitzte Pferde nach übermäßigen Trinken von 
kaltem Waſſer verfallen, woher fie bei einem andern ( Hiere⸗ 


kles) den Namen Außgewsrin erhielt). 


Der Wurm kommt bei Apſyrtus und den uͤbrigen un⸗ 


tee dem Namen Iiupmrriuess vor *); man kannte die Ans 
ſteckungskraft diefer Krankheit, und pflegte wie bei der Drufe 
und ber Pferdepeft die daran erfrankten Thiere abzufondern. — 
Den Starrkrampf der Pferde (vizures), defien Verlauf Apfy rs 
tus lebendig und lehrreich befchreibe, verfuchten einige Moßs 
ärzte durch das heiße Sandbad und durch Eingraben des Frans 
Een Ihieres in Miſt zu befeitigen *), andere Verfahrungswei⸗ 
fen nicht zu erwähnen. Kaͤme es bier darauf an, Beifpiele 


1) L. I. c. 2. P. 10. 
2)L. I. e. 8.p. 33 
3) Ebend. p. 38. 


4)L.T. c. 3. p. 21. | | | 


85) L. I. c. 34 p. 10. 


— 


252° ° ’ 


zu häufen, fo könnten nocd außerdem die Beſchreibungen der 
Ruhr") (dveerregie), der Waſſerſucht?), der Nierenentzuͤndung 


- (sepgirss), fo wie mehrerer anderen entzündlichen Krankheiten”), 


und bes Kollers (sauri=), gegen den untere anderen Mitteln bie 


. Eaftration empfohlen rwwurde *), als naturgemäß und beichrenb 


bezeichnet werden. — Gegen ben Biß bes tollen Hundes fir 
det ſich eine ziemlich unerhebliche Verordnung, die auf am 
fängliche Reizung der Bunde hinaueläuft, jedoch erfennen kaft, 
daß den griechiſchen Thierärzten Beobachtungen über die Wh 
der Pferde bekannt gewefen find °). 

Ueber das Aderlaß verbreiten ſich Apfyrtus ausführkic, 


beſtimmt bie Stellen, wo es in verſchiedenen Krankheiten von 


zunehmen ſei, erklärt fid gegen eingerifiene Mißbraͤuche, ne 
mentlich gefunden ‘oder. ermüdeten Pferden Blut zu entziehen, 
und warnt vor deu Entzündung nad) Abderläffen an den Schew 
feln, die jederzeit Hinken zur Folge habe‘). Seine Borfchrif 
ten aber das Verfchneiden ”) und andere chirurgifche Vecrich⸗ 


-tungen find ganz beachtens werth. Bruͤche unter den Knien 


untemahm Apſyrtus mit einem zweckmaͤßigen Schienenver: 
Bande zu heilen, und fam damit, apie er verſichert, in vierzig 
Tagen zu Stande; Beinbruͤche über den Knieen dagegen gal⸗ 
an allgemein für unheilbar*). Bei Vorfällen der Sebärmat; 


I) L. I. c. 39. p. 138. 
2) L.I. c. 38. p. 134. 
3) L. I. c. 30. p. 100. 

4) L. II. e. 100. p. 248. | 
5) L. II. c. 87. p. 86, der Ruelleſchen Ausgabe. 
6) L. I. c. 10. p. 41.— C. 9. p. 37. 

7)L. II. c. 98. p. 238. 
8) L. IL. c. 74. p. 197. 


253 
ter bediente er. fih hauptſaͤchlich des Falten Waſſers und wie⸗ 
derholter Stiche mit einer feinen Nadel’), eine Anwendung 
der Acupuntur, die mit dem uralten Gebrauche diefes Mittels 
in Aſien außer Zuſammenhang zu ftehen fcheint. 

Die Roßärzte Hippokrates und Hemerius find Zeit: 
genofien des Apfyrtus. Bon jenem haben fi in der Eons 
ftantinifhen Sammlung Bruchſtuͤcke von\untergeordnetem Wer⸗ 
che erhalten, größtentheils Arzneivorfchriften und oberflächliche 
Beſchreibungen von Krankheiten”). Aus einem derſelben geht 
hervor, daß unter den zueadıs eine Halsentzuͤndung der Pferde 
mit nufßgroßen Anfchwellungen der Inmphatifchen Drüfen zu 
verftchen iſt). Hippokrates und Hemerius gehören zu 


der großen Zahl von Roßärzten, die das Anfehn des Apſhr⸗ 


tus willig anerkannten, und fi von ihm in Briefen belehren 
liegen *). 

Hisrofles, naͤchſt Apfyrtus der ausfüßrtichfte thiers 
ärztliche Schriftfteller, und der einzige, der fi durch Bildung 
auszeichnet, lebte wahrſcheinlich zu Ende des vierten, oder ſpaͤ⸗ 
teſtens zu Anfang des fünften Jahrhunderts. Er hat das 
„Werk des. Apfyrtus vielfältig benutzt, ſelbſt groͤßtentheils 
wörtlich ausgefchrieden, fcheint indeſſen die Thierheillunde mit 
befonderem Eifer umfaßt zu haben, denn fein Beruf als Rechtes 


1 





I) L. I. e. 15. p. 57. 


2) Valentini hat ſie in eine eigene Ausgabe vereinigt, 
wuͤrde aber beſſer gethan haben, den Apſyrtus oder Hierokles 
zu waͤhlen; Hippokrates iſt einer ſolchen Auszeichnung unwuͤrdig. 
—X — Irwiargına, Hippocratis Veterinaria. Latine et 
italice reddidit ac notis illustravit Petrus Aloysius Falentini, in 
nosoc. St. Spir. med. prim.. Ramae, 1814. 8. 


- 3) Ed. Valent. p. 12. 
AIL. I. c. 12. p. 5, c. 7. p. 31, c. 40. p. 140. 


254 - 

gelehrter *) mar der Beſchaͤftigung bamit fremdartig. Seine 
Beichreibungen find deutlih, und feine faft durchgaͤngig von 
Apſyrtus entlehnten Verordnungen ganz zweckmaͤßig. Er 
und Apſyrtus enthalten über Pferdezucht mehrere Angaben, 
die ‚über diefen Zweig der Landwirthfchaft bei den Griechen 
beichrende Aufjchlüffe geben; man fieht unter anderem barans, 
daß über die Erforderniffe zur Brauchbarfeit und Schönheit 
der Pferde noch jetzt daffelbe galt, was fhon Kenophon faf 
fiebenhundert Jahre früher gelehrt hatte. 

Bon den Übrigen Thierärzten, deren Schriften der ande 
kannte Sammler € onftantin’s benutzt hat, — fie gehören 
fehr verfchiedenen Zeitaltern an —, ift-außer ihren Namen 
wenig zu berichten. Der werthlofefte unter ihnen iſt Peie 
gonius, ein Empiriker, mahrfcheinlich des vierter Jahrhun⸗ 
derts, der ohne Auswahl die abentheuerlichften Heilmittel an 
ruͤhmt, wie der Aberglaube der Landleute fie nur immer ems 
pfehlen konnte. Er bediente fi) bei Augenverlegungen einer 
Abkochung von Schwaldenneftern *) (die Schwalben wurden 
feit den älteften Zeiten für heilfam in Augendbeln ’) gehaften), 
. bet der Pferdepeft der Afche von lebendig verbrannten jungen 
Störchen, mit Wein innerlich gegeben *), und bewährt fi 
auch fonft in jeder Reuͤckſicht als den Marcel lus der Thier⸗ 
heilkunde. 

Theomneſtus, der nicht leicht ſpaͤter gelebt haben kann, 
al im vierten Jahrhundert, jedoch einigermaßen hoͤher ſteht 
als Pelagonius, bildete ſich ein, die Wuth bei Hunden 


1) Daß er dies geweſen, geht aus ſeinen eigenen Worten her⸗ 
vor. L. I. c. M. p. 2 


2) L. I. c. II. p. 43. 
3) Ce. L. VI. c. 6. 30. 
4) L. I. c. 4. p. 24. 


[LOL — 


255 


durch eintägiges Hungern und den Innern Gebrauch der Mies 
ſewurz heilen zu können"), und erzähle in allem Ernſte, der 
Maturtrieb Iehre den Hirfchen, wenn fie Würmer (Bremſen⸗ 
Larven) im Magen hätten, die‘ zuweilen in den Schlund her⸗ 
auffämen, Schlangen zu verſchlucken, damit fie diefe Thiere 
verzehrten ?).. Bei Wurmtrankheiten dee Pferde ’), die in 
Betreff der Zufälle kaum in der neueften Zeit gehörig gefichtet 
find, und um fo weniger von dieſen Thieraͤrzten deutlich bes 
fchrieben werden Eonnten, wiederholt er den Nath einiger Beſ⸗ 
feren, die Würmer mit den Fingern aus dem Maſtdarm her⸗ 
vorzuziehen, womit doch wahrſcheinlich nur von ſelbſt abge⸗ 
hende Spulwuͤrmer gemeine find. N 
Anatolius, Agathotychus, Didymus, Nephon, 
Tiberius, Caſſius, Hiero, Piſterius aus. Sicilien, 
Aemilius aus Spanien, Litorius von Benevent, Grego⸗ 
rius, Mago, Demofritus, DBeretius, Africanus, 
Pamphilus, Achedemus und Diophanes, find. bie 
übrigen Ihierärzte, von denen ſich Bruchſtuͤcke in der Con⸗ 
flantintfchen Sammlung erhalten haben. Vindanius Anas 
tolius von Berytus ) und Didymus’) von Alesandrien 
find fandwirchfchaftlihe Schriftfteller, deren Zeitalter nicht 
fuͤglich zu beſtimmen ift, jedoch ohne einen großen Irrthum 
in das vierte Jahrhundert gefegt werden kann. Caſſius 
Dionyfius von Utica ift der Ueberſetzer des zu feiner Zeit 
weltberühmten landwirthfchaftlichen Werkes des Karthaginiens 


1) Geoponic. L. XIX e. 3. 


2) L L. 5.41. fol. 55. b, ber Ruelleſchen · Ausgabe; in der 
griechiſchen p. 143. fehlt diefe Stelle. 


3) Ebend. 
4) Phot. Biblioth. Cod. 188. 
5) Suid. voc. Au. 


258 u 
ſers Mago, und derfelbe, den wir als einen Rhizotomen im 
erfien Jahrhundert v. Chr. Eennen gelernt haben '). Die wit 
ben Namien des Demofricus bezeichneten Bruchſtuͤcke find 
aus den unaͤchten Schriften des großen Naturphilofephen *) 
entlehynt; der wahre Berfaffer derſelben if der Aegyptier De 
Ius Mendefius?). Beretius if wahrſcheinlich eine Deu 
fon mit Anatolius (Berytius). Sextus Julius 
Africanus aus Libyen lebte unter Alegander Severus, 
und war als Sefchichtfchreiber, fo wie als Verfafler eines weit 
fchichtigen Werkes von höchft verfchtedenartigem Inhalte (zerei) 
nicht unberühmt, aber. auch befannt genug als Freund von Be 
fprechungsformeln und alles fonftigen Aberglaubens*). Die 
phanes von Nicka, ein landwirthſchaftlicher Schriftſteller, 
lebte im Zeirafter des Ticero. Er machte einen Auszug ans 
der Ueberfegung des Caſſius Dionyfins in feche Büchern, 
die er dem König Defotarus zueignete‘). Ein Zeitgenoffe 
von ihm war Hiero von Sicilien, der daſſelbe Fach bearseb 
tete‘). Von den: übrigen fehlen nähere Angaben. 
"Mehrere diefer Thieraͤrzte bearbeiteten außer ber Hippiu 
trie auch andere Zweige der Thierheillunde, da biefe aber im 
ganzen Alterthum von der Landwirthfchaft nicht getrennt wurs 
den, fo konnten fie fich nie zum Range einer Wiffenfchaft ers 
. - eben 
1) Fabric. Biblioth. graec. T. I. p. 802. T. XHL p. 163. — 
Bd. 1. $. 52. ©. 316. 
2) ®b. J. S. 19. ©. 9. 
3) Columella de Re rustic. L. VAL c. 5 8. 17. p. 656. ed. 
Gesner. ; 
4) Phot. Bibliothec. Twem. 34. 
> 5) Columella de Re rustica L.L c. 1. p. 425, ed Geaned — 
Yarro de Re rustic. L. I. c. A. * 10. p. 146. 
6) Ebend. 





'o 


257 


heben, wie alle. hierhergehörigen Bruchſtuͤcke bei den landwirth⸗ 
fchaftlihen Schriftftellern genugfam ‚beweifen. Was Tato '), 
der Feind der griechifchen Aerzte, hierüber mictheile, läge nur 
den Aberglauben des Poͤmers and feine Unbeholfenheit in 
der Daturbeobadhtung durchblicken. Er ließ, um nur ein Bei⸗ 
fpiel. anzuführen, bei allen Krankheiten. des Rindviches, ohne 
Unterfchied, ein rohes..Eirganz verſchlucken, wobei der "Knecht, 
der es dem Franken Thiere reichte, ‚nüchtern fein mußte °), 
liebte aberglaͤubiſche Gebtaͤuche und Befprechungsformeln ?), 
und erwähnt überhaupt nur die Hausmittel des Landmanns *). 
Das Einfprigen von Arzneimitseln in die Naſe kranker Tıhiere, 
Das bei den fpäteren Hippiatern häufig vorkommt, zeigt ſich 
bei ihm als ein. uralterchümliches Verfahren ). — ‚Warn 
mus, ein. Siriede, der vor Colwmella;, wahrſcheinlich im 
erften Jahrhundert v. Chr. gelebt: hat und vorzuͤgtich den pu⸗ 
nifhen Scheiftfielern Mago und: Hamilcar gefolgt fein 
fol‘), hielt eine genaue. Erkenntniß der Thierkrankheiten für 
unmöglich 7), doch unterfchied er mehrere Krankheitsformen 
beim Rindvieh, wie Kopfichmerz (zı9araiyia), Durchfall, 
Apepſie, Kolik*), und jeigt.im. übrigennein vielfeitiges Veſtre⸗ 
ben, role denn überhaupt vorausgeſetzt werden kann, daß der 
Beobachtungsgeiſt der Griechen, wo irgend die Umſtaͤnde guͤnſtig 
waren, zu nicht unerheblichen Ergebniſſen geführt haben. möge. 
1) 80.1. 8.53. ©. 362. —— 
- 2) De Re rustica. C. 71. p. 75. Ed. Gesner. 
ICE rn " 

4) 3. B. bei der Schaafräube, c. 96. p. 85, 

:5) C, 102. p. 86; 

6) Columella L. XI. e. 5. $. 2. p: : 817. 

7) Geoponie. L. XVIL e. 14. 

8) Ebend. c. 15. 16. 17. 19. 
ll. . R. 


258° 


Einen großen Verluf haben die Wiſſenſchaften an bes 
vielgelobten Werke von .Eornelius Celſus ber die Laut 
wirthfchaft erlitten. Ohne Zweifel hat es Abfchnitte über bie 
Krankheiten der Hausthiere inthalten, und es iſt glaubüch, 
daß. diefer gelehrte, und von. WVorurtheilen wie fein andere 
Römer freie Beobachter dieſe Gegenſtaͤnde mit demfelben durch⸗ 
dringenden Berftande bearbeitet, wie bie Heillunde, und di 
zerſtreuten Bruchſtuͤcke zu einem lehrreichen Ganzen vereinigt bes 
ben mochte. Einigen. Erfag für die Celſiſche Thierheiitunde ges 
wäbet indeffen 2. Junius Moderatus Columella, dex Zeit 
genoſſe diefes Arztes"). Er har die Schriften defieiben vielfäl 
tig benugt, und bie Thierheilkunde fo gründlich, und vieſſeitig 
bearbeitet, sie nur irgend dad. .Zeitalter des Augufus, und 
feine . durch firenge: Bildung gelünterte Erfahrung erwartet 
lafien. Seine Hippiatrie 4). iſt nicht unbetraͤchtlich, und ſeine 
Beſchatibung der Nindviehlrankheiten unbedingt die befte, bie 
fih aus dem Alterchume erhalten hat. Bei Nindvichfeirchen 
verordnet er die Abfonderung der kranken Thiere, und geeigs 
nete Maßregeln zur Sicherung der gefunden, ‚ohne jedoch die 
Krankheiten: deutlich zu. beſchreiben, auf deren Kenntniß es bier 
anfommt. ’). Man ſcheint es fiir unnuͤtz gehalten zu Gaben, ' 
hierin nach wiſſenſchaftlichen Grundſaͤtzen zu. Werks zu gehen, 
md auf der andern Seite fuͤr :überflüffig, über die alltäglichen 
Kenntniffe des Landmanns zu berichten. Diefe tadelnswerthe 
Weiſe der Alten, der Wiffenfchaft angehörige Gegenftände dei 
gemeinen Lebens oberflächlich und mit Vorausfegung des Bes 
fannten zu bearbeiten, hat uns manche ſichere Kunde über 

| 1) De Re rustica Libri XII. Ed. Gesner. Vol. I. (Scriptores 
rei rusticae veteres latini. Lips. 1773, 74. 2 Voll. 4) _ 

2) L. VI. c. 27. seq. 

S) L VI. . 6. 5. 1. p. 61I86. 





\ 259 
wichtige Dinge entzogen, und macht z. B. die Unterfuchang 
Über die im Alterthum gebräuchlich geweſenen Getreibearten 
Fehr Schwierig"), ja ſelbſt die ohne Vetgleich wiſſenſchaftlicher 
Gearbeitete Heilkunde iſt von dieſer Art fchiver auszuͤfuͤllender 
Lücken nicht frei. Die-Nadrichten von Telfus über anſtek⸗ 
Eende bösartige Fieber der Dienfchen Ylefen- denen von: Colu⸗ 
mella über die ähnlichen Krankheiten der Hausthiere an Ober; 
flaͤchlichkeit ganz gleich *). — Columella ‚befchreibt ferner. 
unter den Rindviehkrankheiten die Unverbaulichkeit *) ( Crudi- 
tas), die Ruhr *) (Tormina), die Kolike) (ventris et in- 
testinorum dolor), das Fieber, dad er ‚mit Aderkäffen und 
Entziehung des Futters behandelte *), den Kuften 7), wohin 
ſehr ‚verfchiedenartige Krankheitsformen sehöten, Abfceffe, die 
mit dem Glüheifen geöffnet werden follen °)-,, niehrere Haut⸗ 
‚ Eranfheiten unter dem gemeinfchaftlichen Namen Scabies”), 
die Lungenſchwindſucht "°) (Exulceratio pulmonum), Augen; 
entzündungen, die Blindheit verutfachen, und vorzuͤglich mit 
Salmiak (Sal ammoniaeus) , einem in der ‚dengen ẽkberhen 


1) Vergl. die beiden trefflichen Abbenblangen von 9. F. Einf 
über die ältere Gefchichte der Getreidearten {A817} und der Huͤlſen⸗ 
früchte, Futterfräuter und Gemuͤsgewaͤchſe (1820). 


2) De Medicin. L. III. c. 7. 
3) L. VI. c. 6. p. 616. 
4) C. 7. p. 617. 
5) Ebend. Hier wie bei den übrigen Nrankheiten finden fi 
manche Beweiſe von beibehaltenem Aberglauben. 
6) C. 9. p. 618. 
7) Ebend. c. 10. 
8) C. 11. p. 619. 
9) C 33. p. 6%. 
10) &bend. e. 14. 
NR 2 


[0 


260 


tunde des Alterthums bei dergleichen Uebeln gebräuchlichen 
Mittel, behandeft werben follen *), die Wirkungen der Biſſe 
son giftigen. Thieren und von. verſchluckten Blutegeln *), gegen 
die fpäterhin Anatolius eine eigene Art Brechmittel, ndms 
lich zerfipßene Bettwanzen, dem Thiere unter die Naſe gehak 
ten, anwenden wollte’), — die Wurmübel ber Kälber, als 
deren Quelle, wie beim Menfchen, die Unverdaulichleit ange 
fehen wurde *), und fpricht, zum Beweiſe der Sorgfalt, mit 
der die Landwitthe und Thieraͤrzte die kranken Thiere zu bes 
"handeln pflesten, von .einer zweckmaͤßigen Votrichtung zum 
Kefthalten derfelben, um ihnen die Arzueimictel beſſer beibrin⸗ 
gen zu Einnen’). - - ' 

Nach diefen Vprarbeiten im Zeitalter des Auguftus 
hätte bei den Römern’ fpäterhin eine umfaſſende Thierheilkunde 
entſtehen koͤnnen, wenn nicht die fchon im zweiten Jahrhun⸗ 
dert auffallende. Verſunkenheit diefes Volkes diefem Fache fo 
‚feindiich geweſen waͤte, wie allen ‚übrigen Wiflenfchaften. Eis 
Bruchſftoͤck über die Rindviehkrankheiten von Gargilias 
Martialis‘), der im dritten Jahrhundert lebte”), läßt vers 
muthen, daß die Thieraͤrzte im Geiſte Columella's nicht 
weitet gearbeitet, und'beweift, daB fie in der Kenntniß jener 


1) C. 17. 8.7. p. 625. 

2) C. 17. 18. p. 624. 026. 

3) Geoponic. L. xin. e. 17. . 
4)] C. 'S85. p. 630. (Lumbrici ex ermäitibun) 


5) C. 19. p. 626. , - 
6) Curae boum, ex corpore Gargilü Martialis. Ed. Gesner. 
Script. rei rastic. Vol. II. p. 305. . 


7) Laniprid. in Alexandr. Sever. C. 37. — Bergl Christ. 
Schoettgen, de Gargilio Martiale brevis Diss.“ Apud Gresner. 
Vol. IL. p. XLVII. r 


% 


sn ie EEE En _ An Sn 44 


261 


Krankheiten Ruͤckſchritte gethan hatten. Eben biefes Bruch— 
ſtuͤck traͤgt ganz das Gepraͤge der gleichzeitigen Denkmaͤler der 
Heilkunde, und iſt einer eryſten Beachtung durchaus unwerth. "= 
Wie in alen uͤbrigen Wiffenfchäften, fo waren die Römer 
auch in der Thierheilkunde die Lehrlinge der Griechen; fie has 
Ben nur nach ihrer Weiſe das. von diefen Leberfommene bears 
beitet, und eigenes wenig hinzugefügt. Wiek früher fant bed - 
ihnen dies Fach, als in den griechiſchen Ländern: in den naͤch⸗ 
fien vier Jahrhunderten nah Columella ift fein ausgezeich⸗ 
neter Thierarzt als Schriftſteller unter ihnen bekannt gewor⸗ 
den. Um ſo befremdender iſt daher gegen das Ende des vier⸗ 
ten Jahrhunderts das Auftreten des Publius Vegetius:) 
mit einem nicht unwichtigen Werke. über Thierheilkunde ). 
Diefer, nach) feinen fonftigen Lebensumftänden durchaus unbe⸗ 
kannte Vegetius iſt nicht mit dem gleichnamigen Schrifts 
fieller über die Kriegekunſt zu verwechſeln), in welchen Bern 
haͤltniſſen eu aber aud) gelebt haben mag, eine ziemlich reiche: 
Erfahrung in der Erfenntnig und Behandlung der Pferdest 
krankheiten, und eine genaue Vekanntſchaft mit feinem griechis. 
fehen Vorgängern ift ihm durchaus nicht abzufprechen, ja’ er: 
war felbft der Heilkunde nicht ganz unkundig, wie einige .fetz, 
ner Aeußerungen bemeifen, die von einem Lateiner des vierten; 
Sjahrhunderts nicht beffer zu erwarten find. ©eine Anwens 
dung merhobdifcher Grundbegriffe *) kaun nur beſtaͤtigen, was‘ 





- 1) Daß er dieſen Namen führt, beweiſt Fabrichus (Bikliork? 
latin. T. III. p. 177. Lips. 1774. 8.), ofme über dos Xlter dieſet 
Schriftſtellers gruͤndliche Unterſuchungen anzuſtellen. 


2) Artis veterinariae sive Mulömedicinae Libri quatuor. Ed. 
Gesner. T. 11. p. 171. ' 


3) Flnvius Vegetius Renatus. 
4) L. L.c. 28: 1. p. 19. — Minntio sanguinis, per quam 





262 


die Erfahrung aller Zeiten gelehrt hat, daß die Thierärzte Hins 
‚ter dem fortfchreitenden Geiſte der Heilkunbe zuruͤckzubleiben, 
und fich an verjährte Lehrgebäude gern und zuverftchtlich zu 
baften pflegen. Wenn Vegetius Heine Vorgänger EC olw 
mella und Pelagonius in ein Zeitalter zufammenmwirft '), 
fo find ähnliche Verfiöße in dem unfritifchen. Alterthume nicht 
ungewöhnlih, und kammen bei viel befieren Schriftſtellern 
vor. Beine. Schreibart iſt die des vierten Jahrhunderts, er 
übertrifft felbft hierin. zum Theil feine Zeitgenoffen, und ers 
hebt ſich namentiich über die markloſen lateiniſchen Aerzte 
dieſes Jahrhunderts. Apſyrtus, defien Briefe er offenbar 
benutzt hat, ohne jedoch woͤrtlich zu uͤberſetzen, wird von ihm 
wegen feines ungebildeten Vortrages getadelt?), im Übrigen 
enthält er ſich aller Anführungen, außer der des falfchen Chi 
con’), dem ein gleicher Vorwurf zu Theil wird, und iſt es 
fig bemüht, feinem Werke ein Sepräge von Eigenthuͤmlichkeit 
zu geben. Da Vegetius ofimals von den Hunnen umd hun 
nifhen Pferden fpricht *), fo fteht es feſt, daß er nur erſt 
nach der Ausbreitung jenes Volkes über Mitteleuropa (die 
Hunnen überfchritten im Sahre 374 die Wolga), fpäteftens 
zu Anfang des fünften Jahrhunderts gelebt hat, in welcher 
Zeit die Lateiner noch griechifch verfianden. — Er befchreibt 
die Krankheiten nah der Ordnung der Theile, und weicht 
von den griechifchen Noßärzten in ber Sache nur wenig ab, 


s 





eonstricta laxantur. — Ustio cauterii, per quod laxzata 
firmantur. — Zu ben Krankheiten aus Perstrictio werben ber 
Starrtrampf, das Podagra und die Schwindfucht gerechnet. 


1) Er nennt beide proximae actatis scriptores. Praef. p. 173. 8 
2) Praef. p. 173. 3. 

3) Ebend. 

4) L. II. Praef. p. 211. 1. — L. IV. c. 6 p. 292. 


— — — — — — 


- 263 

ändem es ihm nicht gelingen will, durch Hinzufuͤgung einer 
faſt nichtsfagenden Anatomie bes: Pferdes ') feiner Thierheils 
Eunde einen wiffenfchafelichen Anſtrich zu geben. Er erweitert 
Die Vorſichtsmaßregeln gegen anfteckende Krankheiten durch die 
Verordnung, man folle daran gefallene Pferde tief verfihar: 
zen *), und aͤußert über die Entſtehungsart diefer Uebel aus 
Luftverderbniß ganz unverwerfliche Anfichten, wie er fich denn 
“auch die Luftverbefferung durch Räucherungen vorzüglich anger 
. Tegen fein ließ). Vegetius richtet fih in der Befchreis 
bung der Krankheiten, naͤchſt den beften- Muſtern augenfcheins 
lich nad, feiner eigenen Erfahrung, beftreitet das uralte Vor⸗ 
urtheil, daß bie Rehkrankheit durch unzeitigen Genuß von 
Gerſte -entftehe *), und zeigt hier und da Kenntniſſe, die bei 
den griechifchen Hippiatern nicht vorfommen, z. B. in der Er⸗ 
drterung der Bremfenlarven °) ( tineolae, pediculi) und des 
Sfafenfteinübels *). Unter dem alten Namen Malleus”), der 
jeboh bei Columzlla nicht vorfommt, befchreißt Vegetius 
mehr ungleichartige Krankheitsformen, als die Griechen unter 


1) L. IV. Praef. seg. — Er empfieblt dieſen Abſchnitt mit >. 
den Worten: „— neque enim curare rationabiliter potest, qui 
qualitatem rei, quam curat, ignorat.” 


2) L. 1’ c. 17. 3. p. 188. 
3)L.I c. 19. 20. p. 188. 
4) A. a. O. c 17. 
5)L.T. e. 44. 1. p. 200. 
6) L. I. c. 46. p. 201. 


7)L. I. c. 2. p. 178. Malleus humidus, aridus (Lungens 
ſchwindſucht), subtercutaneus, articularis, elephantiasis, subrenalis, 
farciminosus. — Der Name foll von der Zödtlichfeit diefer Krank 
beiten — a vi cladis — Hergenommen fein, und Kon mit dem 
griechifchen paris in feinem Bufammenbange zu fleben. 











264 , 

dem entfprechenden mer, wodurch die Erfenntniß berfelben 
den Leſern erſchwert werden mußte, Seine Augenheilkunde”) 
hat vor der griechifchen einige Vorzöge, und fein Abſchnitt 
über die Rindviehfranfheiten?), der noch ausführlicher ift, als 
bei Columella, kann als der Snbegriff der alterthuͤmlichen 
Kenntniffe in biefem Beige ber Thierheilkunde angeſehen 
werden ’). 

Die Krankheiten der Scaafe ‚, der Ziegen, der Schweine 
und der Hunde wurden von. den griechifchen und römifchen 
Thierärzten nicht Übergangen, wenn aud) im Ganzen: weniger 
ſorgſam bearbeitet; man ruͤhmte ihnen noch in den ſpaͤteren 
Zeiten nach, daß fie. ſelbſt dem zahmen Federvieh ihre Aufs 


merkſamkeit gewidmet hätten *). In ber Schaafzucht fehlte 


es. nicht an einer Art von Geburtshuͤlfe, die bei hinderlichen 


Lagen zur Erhaltung der Mutterſchaafe die Zerſtuͤckelung der 


Laͤmmer vorſchrieb⸗). „Daß die Raͤude (Scabies) und andere 





1) L. II. e. 15. seg. p. 218, 

2) L. III. 

3) Sprengel (Bd. 2. ©. 310.) Hält „einen unwiſſenden 
Minh in Italien, etwa im zwölften oder im breischnten Jahrhuu 
bert” für den Werfafler dieſes Werkes, und erflärt es für eine 
„elenbe Ueberfegung” der griechiſchen Hippiatrica, Daß es biefe 
nicht iſt, lehrt die Vergleichung. Im uͤbrigen leſe und ſehe man, 


ob ein unwiſſender Mönch fo ſchreiben, und fo offenbare Beweiſe 


eigener Erfahrung geben koͤnne. Iſt Apſyrtus einmal in das 
fiebente Jahrhundert geſetzt, fo bleibt freilich nichts weiter übrig, als 
ben Vegetius des vierten oder fünften Jahrhunderts in einen 


‚Mönch umzuwandeln, ı &$ iſt befannt, daß bie italienifhen Mönche 


im zwölften und dreizehnten Jahrhundert gar nicht mehr griechiſch 
verflanden, und möchte ſchwer zu ermeifen fein, daß fie ſich je mi 
ber Thierheilkunde befchäftigt haben. 

4) Demetrii Bieracosophion p. 2. (Rei aceipitrarise scrip 
tores, Lutet, 1612. 4. Ed. Rigault,) 


5) Codumel. L. VII. c. 3. 16. p. 649. 


1 


— 


268 


ungenau beſchriebene Hautkrankheiten den Schaafheerden ſehr 
verderblich waren, ergiebt ſich aus vielfältigen Angaben’). 
Bei der Waflerfucht der Ziegen verordnete Columella, bie - 
Haut am einer geeigneten Stelle einzufchneiten und das Waſ- 
fer auslaufen, zu laffen ), und zeigt bei feinen Vorſchriften 
sur Zucht der Hausthiere durchgängig eine ungewöhnliche 
Kenntniß der Natur und Lebensweife eines jeden. Bon ben 
Krankheiten der Schweine, — Columella theilt nur einiges 
barüber mie?) — war die Halsentzuͤndung die befanntefte. 
Didymus befcreibt fie ganz deutlich *), und erwähnt bei 
einer andern Gelegenheit die Hautuͤbel der Kameele?), deren 
fonftige Kranfheiten wahrſcheinlich nur ſelten und unvollſtaͤn⸗ 
‚big von Thieraͤrzten bearbeitet worden ſind. 

Ueber die Zucht und Pflege der Hunde waren die. zur 
Jagd und Landwirthfchaft erforderlichen Kenntnifie vorhanden, 
die Lehre von den Krankheiten diefer Thiere blieb indeſſen bis 
in die fpäteften Zeiten mangelhaft. Columella?) ſpricht nur 
beiehrend über die Räube und den Wurm. ( Knotpelfraß ber 
Ohren), die Übrigen Krankheiten der Hunde wurden von ben 
Thierärzten entweder Aberfehen, oder nur unbefriehigend ange: 
deutet. - Selbft die Wuth, mit ber dies Thiergeſchlecht der 
menfchlichen Geſellſchaft unabfäffig droht, war den Alten nur 
oberflächlich bekannt, und es gereicht auch den Aerjten zum 
großen Vorwurf, daß fie dieſem furchtbaren Uebel, das gleich: 


a 





» Ebend. e. 5, p. 654. 

2) Ebend. e. 7. 3. p. 660. 

3) Ebend. c. 10, p. 665. 

4) Geoponic. L. XIX. c, 7. 

5) Ebend. L. XV. c. 22. 

6) L. VII. c. 13. p. 670. . 





266 
„wohl uralt iR, und von der‘ Natur in den Wildniſſen wie im 
den Städten hervorgebracht wird '), nicht die gebührende Aufı 
merkſamkeit gewidmet baden. Es feßt in Verwunderung zu 
leſen, daß die Thierägte diefe Krankheit für heilbar halten, und 
bei diefem Wahne noch im dreizehnten Jahrhundert verharren 
konnten! Ein Schriftfteller diefes Jahrhunderts), der auch 
im übrigen einen fehr untergeordneten Standpunkt einnimmt, 
und des falihen Namens des Demetrius Pepagomenus 
durchaus unwuͤrdig iſt, feßte den tollen Hunden mit aller Zu⸗ 
verſicht einen Heiltrank aus Rofenwurzeln vor ’), und es ik 
unmöglich, diefen Verſtoß mit einer Kenntniß des wahren Bers 
haͤltniſſes der Waſſerſcheu zur Wuthkrankheit zu entfchuldigen. 
Eben. diefer Thierarzt theilt uͤber das Ausſchneiden des ſo⸗ 
genannten Wurmes unter der Zunge, zur Vorbaunng der 
uch bafielbe mit, was ber. Vollsglaube noch gegenwärtig 
lehrt. Anfichten diefer Art, und felbft Worfchriften gegen das 


1) Vergl. des Verf. Abhandlung über das fruͤheſte Vorkom⸗ 
men der Hydrophobie beim Menſchen, im Journal der Chirurgie 
und Augenheilkunde. Bd. II. H. 2. S. 325. | 


2) Der unbefannte Verfaffer eines Werkes zu) nwrär dm. 
perusäc, oder zurorodier, das in der Rigaultfchen Ausgabe ber 
Scriptores rei accipitrariae enfhalten if. Andread Aurifaber 
nehnt ibn Phaͤmon, ift aber den Beweis ſchuldig geblieben. (Andr. 
Aurifubri Annotatiobes ia Phaemonis philosophi 'libellum de 
cura Canuyi. Wittenberg. 1545. 8.) Bei andern heißt er Dem e⸗ 
trius, weshalb einige nicht angefianden haben, dies Machwerk 
dem trefflihen Demetrius Pepagomenus zuzuſchreiben, ber es 
unmdaglidy verfaßt baben kann, wie fich weiter unten ergeben wird. 
Aus dem dresehnten Jahrhundert rührt dad Cynusophion gewiß 
ber, denn ed if darin (p. 259.) von den Zalfen die Rede, die erſt 
um diefe Zeit in Europa zur Jagd benyst zu werden anfingen. 


3) P. 264 der Rigaul tſchen Sammlung. 


} 


267 
Bezanbern der Kunde:) mahnen davon ab, bei biefem Unbe 
kannten länger zu verweilen. " 

Ohne Vergleich würdiger zeigt fich die Thierhellkunde des 
dreizehnten Jahrhunderts in der Behandlung der Jagdfalken, 
deren Gebrauch erft von den zuruͤckkehrenden Kreuzfahrern in 
Europa eingeführt wurde. Es fügte fih, daß diefer, für das 
ganze Mittelalter nicht unmichtige Segenftand von einem 
Arzte bearbeitet wurde, der in feinem noch erhaltenen Werke?) 
hierüber feinen naturkundigen Zeitgenoffen ein Muſter thieraͤrzt⸗ 
licher Beobachtung aufftellte. Er führe den Namen Demes 


teius von Konftantinopel, und ift mahrfcheinlich berfelbe, den ' 


wir unter dem Namen Demetrius Pepagomenus als 
ben trefflihen Leibarzt des Kaiſers Michael Palaͤologus 


fennen fernen werden. Freilich konnte auch nur ein gebildeter 


und der Gefege der organifchen "Natur Eundiger Arzt fo zu 


Werke gehen, und feine Vorgaͤnger in der gefammten Thier⸗ 


heilkunde fo in den Schatten ftellen, wie Demetrius. Geine 


Aeuferung, die Zalten feien denfelben Krankheiten unterworfen, 
wie die übrigen Thiere?), die eine Ahnung des Beftehens als 


gemeiner Srundformen des Erkrankens für alle lebenden Ge⸗ 


fhöpfe vorausfegt, erweckt für feine Leiftungen ein günftiges . 
Vorurtheil, das fich durchweg beftätigt, und zahlreiche Beweiſe 


gediegener Erfahrung machen ſeine Verſicherung uͤberfluͤſſig, 
daß er ſich dieſe durch lange Uebung erworben‘). Deme 


trius beſchreibt mit großer Genauigkeit die mannigfachen ca - 





1) P. 277. 
2) Anunreiov Karsartiveworireu wi is rar uedaa dre- 


reopäs vı au) Segamuäs In der angeführten Sammlung der 


Sceriptores rei accipitrariae, p. 1. 
3) P. 37. 
4) P. 2. 


J 

268 
tarrhaliſchen Uebel ber Falken, — Kreankheiten, die bei den 
Vögeln, dieſen Thieren des Athmens, augenſcheinlich vorwab 
ten, und in deutlicher ausgepraͤgten Formen erſcheinen, als 
beim Menſchen, — zeigt uͤberall die groͤßte Sorgfalt in der 
Ausmittelung ihrer verſchiedenartigen Urſachen, und beſtinmut 
nach dieſen eine zweckmaͤßige und ausfuͤhrbare Behandlung '). 
Es fchließen fich hieran feine Iehrreihen Bemerkungen über 
die Entzuͤndung der Nafenhähle *) der Lungen ’) unb bes 
Schlundes *), die Aphthen der Rachenhoͤhle, mit richtiger Am; 
deutung ihres ſymptomatiſchen Zuſammenhanges mit Verei⸗ 
terung der Leber“), die bei den Vögeln haͤufigerm Erkranken 
unterworſen üft, und beachtenswerthe Angaben über die Aus 
genkrankheiten der Falten, namentlich Entzündung, Schleim 
flüffe, gegen die er das Brennen der Umgegend bes Auges 


| . empfahl, Kornhautfleden *)- und Würmer unter den Augens 


liedern ”), wahrfcheinlich Filaria abbreviata, die in der neuern 
Zeit bei Falco naevius gefunden worden if, wo nicht ned 
andere unbekannte Arten. Won den Nervenfrankheiten find 
epileptifhe Krämpfe *) erwähnt, und ſonſt werden noch Zus 
fälle von fehlerhafter Verdauung und Eingemweidewärmern ’), 





1) Er unterfheibet: zögufa Enen, p. 82.» ferner uraL 2714" 
und Autgoxseuia, p. 87. 88., auch ſcheint das Grüne zı0aAlc, 
p. 48., bierber zu gebören. 


2) P. 86. 
3) P. 94. 
4) P. 96. 
5) P. 91. 
6) P. 57—88. n 
7). P. 66. 
8) P. 55. 56. 
9) P. 111. 116. - 





x 


IN 


269 


die Luftgeſchwulſt, die mit Nadelſtichen durch die Haut befeß 
tigt werden foll?), die Entzündung der Klauen ) (dıiun 
ehr), ein allgemeines Uebel gezaͤhmter Vögel, fo wie viele 
andere Krankheiten und Werlegungen gewürdigt, die bei bies 
fen gefchägten Thieren die Aufmerkſamkeit des Beobachters 
aur irgend in Aygfpruch nehmen Eonnten. Der Aberglaube iſt 
In diefern, für den Naturforſcher wie fir den Jagdfreund gleich 
anziehenden Werke (Demetrius beſchreibt die Falkenjagd 


ausführlich), gänzlich ausgeſchloſſen; nur erfahrungsgemäß iſt 


dee Gebrauch der fehr einfachen, dem Organismus des zu bes 
handelnden Thieres ganz entfprechenden Heilmittel vorgefchries 
ben, unter denen felbft das Aderlag am befiederten Schenkel 
nicht fehle”). Demetrius fand, wie feiner Verfiherung zu 
glauben if, nur einige unbedeutende Arbeiten über feinen Ges 
genſtand vor, die ohne Zweifel bemfelben Zeitalter angehört 
haben, und von denen wir nur noch eine einzige, ganz uners 
hebliche, von einem Ungenannten befigen*). 

. Ueber bie Krankheiten der Übrigen befieberten Hausthiere 
haben ſich nur geringe Bruchſtuͤcke aus den Werken des Ab 


terthums erhalten. Paramus gab Vorfchriften gegen mehr 


rere Krankheiten der Hühner, namentlich die Augenentzündung, 


wo benn wiederum der Salmiak empfohlen wird, ben Durch⸗ 


fall, das Ueberhandnehmen des Ungeziefers und die catarchas 
liſchen Uebel?) (xeerlu); Eolumella erwähnt bei dieſen 
Thieren nur die Entzändimg und. Verſchwaͤrung der Füße 


Pan} 





1) P. 108. 
2) P. 156. 
3) P. 68, 
4) "Ogriowspion, p. 177 — 255 der Risaultſchen Sammlung, 


\ 


5) Geoponic. L. xv. e. 1I7.. . 








270. 


unter den Namen Podagra”). Bei der mangelnden naturs 
wiſſenſchaftlichen Bildung der älteren Thieraͤrzte darf mem 
porausfeßen, daß feiner von ihnen fo Vorzügliches geleiftet 
haben möge, wie Demetrius, der: die. Thierheilkunde in der 
Bearbeitung eines, wenn auch an ſich untergeordneten Segen: 
flandes offenbar über den Geiſt feines ſpaͤten Zeitalter erhoß, 
das in allen übrigen Bitenfehäften nur Abnahme und Verfall 
erkennen laßt. | 
$. 55. 
Feldaͤrzte im Alterthum. 

er if zu vermuthen, daß Eonftantin Porphyroge 
netus die erwähnte Sammlung thierärztlicher Bruchſtuͤcke, 
die den Hippidtern als Lehrbuch dienen Eonnte, zunaͤchſt zum 
Beften der Kriegsheere veranfalten ließ, auf deren Erhaltung 
er und fein Vorfahr Leo der Philoſoph angelegentlich bedacht 
waren. Schon in den älteren Zeiten achteten die Heerfuͤhrer 
die Sorge für die Sefundheit der Pferde nicht zu gering, um 
. wicht den. Beduͤrfniſſen des Feldlagers auch von dieſer Seite 
durch zweckmaͤßige Veranſtaltungen zur entſprechen. Zu Ans 
fang des zweiten Sjahrhunderts.n. Chr., mo nicht ſchon viel 
feüher, war im römifchen ‚Lager ein eigener Raum für Die 
Pflege · der verwundeten Soldaten und Pferde (das Valetndi- 
narium. und das Veterinarium) neben der Feldfchmiede und 
den uͤbrigen Werkſtaͤtten (Fabrjea) beflimmt, und wenn and 
außer der Verfiherung des Apſyrtus, er babe im Heere 
Eonfantin’s als Roßarzt gedient, : gefchichtliche Angaben 


1VV De Re rustic. L. VIII. c. 3. p. 675. — Berg. hierüber: 
Der Huͤhnerhof, oder die oͤkonomiſche Benutzung des Federviehes 
durch ſeine Erziehung, Wartung und > Bebanblung | in allen Krank⸗ 
heiten. Berlin, 1820. 8. 


971 


hierůber gänzlich fehlen, fo ſetzt es dach dieſe Anordmmg außer 
allen Zweifel, daß wenigſtens bei den Römern, und fpäterhin 
im geiechifhen Kaiſerthum, Roßaͤrzte zu dem unentbehrlichen 
. Sefglge der Heere gerechnet wurden. 

Es entftehe hierbei: die noch wichtigere Frage, welche Pflege 
das Alterthum den verwundeten und erfranften Kries 
gern angedeihen ließ, und weiche. Einrichtungen der Heilkunde 
geftatteten, das. viefgeftaltige Elend der im Kampfe Unterlie⸗ 
genden zu. lindern. Daß zu allen Zeiten den Kriegeheeren ges 
difdeter, oder auch nur nah Bildung ftrebender Voͤlker Aerzte 
gefolgt find, Legt in der Natur der menschlichen Verhäteniffe, 
und bedarf mithin keines Beweiſes, der überdies, fo meit bie 
Geſchichte fichere Angaben barbietet, leicht zu füheen fein wuͤrde 
Machahn und Podalirius heilten ihre verwundeten Mit⸗ 
Erieger von Troja?), die alten perſiſchen Könige bedienten fich 
in ihren Feldzügen aͤgyptiſcher und griechiſcher Aerzte?), und 
die aͤlteſte Chirurgie der. Griechen enchält Vorfchriften zur 
Behandlung von Verbundungen, bie nur im Kriege vorkom⸗ 
men konnten. Diofles von Karyſtus erfand eine zweckmaͤ⸗ 
ßige Vorrichtung zum ‚Ausztehen der Wurffpieße *), die gewiß 
nicht die erfie war, fondern füglich vorausfehen laͤßt, daß die 
Verletzungen von Waffen fchon die älteren Wundaͤrzte befchäfs 
tige haben. Lange wor den Aterandrinifchen Chirurgen war 
die Verbandlehre mit allem, was fonft noch zu den Huͤlfs⸗ 


1) Hygin. de Castrametatione, cum Commentar. Rateold. 
Herm. Schelii, ın Graevii Thesaur. Antiquitt, romanar. T. X. 
p. 1014 — 1020. 


3) Bd. 1. 5. 10. ©. 52. 


3) Bd. J. 8.7. S. 40. — $. 12. ©. 85., wo von Kteſias 
bie Rede üf., 


VIER. WB— 


272 | 
leiſtungen im Seide gehört, vortrefflich ausgeblider, und fden - 


vor Hippofrates eniftand in den Gymnafien eine Klaſſe 
nuͤtzlicher Wundärzte, die ganz geeignet waren, den bei ben 
Uebungen des Friedens an ihren Beiſtand gewöhnen Kriegern 
mit zweckmaͤßigem Verfahren beizufpringen ’). Die Gefege 
Lykurg's verordneten fchon im neunten Jahrhundert v. Che, 
daß den. fpartanifehen Heeren Aerzte folgen ſollten, und gaben 
diefen während des Gefechtes ihre Seele bei den übrigen 
Nichtſtreitern?). Ohne Zweifel waren dies Priefterärzte aus 
den Tempeln, und faſt möchte man vorausſetzen, daß "Hei dem 
geregelten Kriegsweſen dieſes Volkes auch ihre Zahl und Ber: 
theilung feftgefege war. Doc fehlen hierüber genauere Nach⸗ 
richten, und nur erft zu. Anfang des vierten Jahrhunderts v. 
Chr. laſſen fih an einige bingeorfene Angaben beflinimtere 
Bermuthungen fnüpfen. 

Kenophon ſpricht in der Erzähfung des Nuͤckzuges feis 
ner Sehntaufend (399) voh ahr-Felbärzeen, die nach einem 
Gefechte mit den Perjeen den Befehl erhielten, die Verwunde: 
ten zu verbinden *). Die. ausprüdliche Beſtimmung Diefer 
Zah läßt vorausfegen, daß deren noch mehr vorhanden was 
ren, und fo möchte vielleicht in dieſer Zeit. mindeftens jebe 
Ehtliarchte mit einem Feldarzte verfehen gewefen fein*). Es 
ergiebt fich leicht, daß dieſe griechifchen Feldaͤrzte nur entroeder 
| a Scha 


1) 8.19.22. S. 10.. 

2) Xenoph. de Republic. Lacedaemon. C. XUR 6. 7. Ed. 
Thieme, Vol. II. p. 561. 

3) Anabas. L. III. C. 4. 18. p. 173. Vol D. 

4) Die Cbiliarchie zerfiel in zehn Hekatontarchieen ober vafıis; 
die übrigen Eintheilungen der griechifchen Truppen, die nicht hierher 
gehören, f. bei Naft, Einleitung in bie grie hiſchen Kriegs⸗Alter⸗ 
mer. Stuttgart, 1780. 8. Kap. 3. S. 60. 


273 
Schüler der Askiepiaden, oder Chirurgen aus ˖den Gymnaſlen 
fein konnten, jene von höherer wifienfchaftlicher Bildung, dieſe 
nur mit der nothivendigen Kunftfertigfeit zuc Behandlung Aus 
Berer Verlegungen, und mithin wahrfcheinlidg in einem unters 
geordneten. Verhältnjß zu jenen, wie ſich dies bei dem uͤberaus 
hoben Werthe, der in den griechifchen Stagten auf jede Art 
von höherer Bildung gelegt wurde, und: bei dem vegen ‚Eins 
greifen. derſelben in das bürgerliche Leben geftalten mußte... Die 
enge Verbindung ber Gymnaſtik ‚mit dem Kriegeweſen in. Gries 
&enland giebt der Vermüchung Raum, daß der Ihirurgig kun⸗ 
dige Gymnaſten oftmals in den--Meihen der Streiter geftans 
den, und ihren verwundeten Gefährten gelegentlich Huͤlfe ges 
Liftet haben mögen, doc iſt bie, Annahme, daß diefe Arc This 
zurgen die einzigen Feldärzte der griechifchen Heere geweſen 
wären, mit dem Culturzuſtande, dee Griechen nicht in Uebers 
einftiimmung gu bringen, und wird nicht nur durch die lacedaͤ⸗ 
monifche Geſetzgebung, ‚die die Feldärzte zu den Nichtſtreitern 
zählte, .fondern ‚auch dadurch widerlegt, daß Renophon bie 
Behandlung der Krankheiten und die Sorge für die Gefundheic 
ber Soldaten auẽdruͤcklich zum Werufe der. Feldaͤrzte macht ?), 
dem mithin bie Gymnaſten fchmerlich gewachſen waren. 

So mag ed denn fernerhin bei den griechiſchen Heeren 
geblieben fein. Die. Ueberjeugung von dee Unentbehrlichkeit 
gebildeter. und geübter Feldäszte war in dem bürgerlichen und 
intelleetuellen Zuftande der Griechen tief begründet, an taug⸗ 
fichen Aerzten und Gehuͤlfen derſelben Eonnte es ſeit Dippes 
rates nie fehlen; über die Verwaltung der Krankenpflege, und 
alle damit in Verbindung ftehenden Anordnungen ſchweigen ins 
defien die Sefchichtfchreiber. Wurde das Biefentfiche beibehalten, 
fo mag alles Aeußere nach Zeit und Umftänden dem vielfäls 


1) Cyropaed. L. I. c. 6. 12. Vol. 1. p. 68. 
1. _ " S 








274 
tigen Wechſel menſchlicher Einrichtungen unterworfen geweſen 


fein, es ſteht uns jedoch bei fehlenden Angaben nicht zu, hier⸗ 


über in fernete Vermuthumgen einzugehen. Alerander, der 
die helleniſchen Waffen bis in bie unbekannten Länderfiriche 
Indiens trug, unternahm feine Feldzüge nicht ohne den Beh 
fiond zahlreicher Aerzte, unter denen Philippus von Ale 
nahten'")‘fo wie der ungkuͤckliche Kalliſthenes von Olynch) 


"m den berühmteften ihtes Zeitafters gehörten, und Glaucias, 


der einem gleichen Geſchick wie Kalliſthenes unterlag, Ale 
Yippus, Kritodemus,; Paufanias und Androchdes 
noch von den Spätern genannt wurden’). Die Feldherrn, 
die fich in das Reich des Eroberer theiften, zeichneten wert⸗ 
eifernd berühmte Aerzte aus, und wie fie die Kuͤnſte des Frie⸗ 
dens begünftigten, fo haben fie in der Einrichtung ihrer Heere 
gewiß nicht werabfäumt, was ihre Kriegserfahrenheit Als zweck⸗ 
bienfich ‚erkennen mußte. Doc haben fich keine Nachrichten 


über ihre Anordnungen im Einzelnen erhaften, und fo dürfen 


wir wiederum nur vorausſetzen, daß es bei dein Sherfärkmfichen 
im Allgemeinen geblieben ſei, bis "die Roͤmer mit den Mace⸗ 
doniern und Griechen auf den Schlachtfelde bekannt, und 


bald darauf die griechiſchen Otaaten Beſtandtheile einer römls 


ſchen Provinz wurden. (160 - 146.) 

Fuͤr die Roͤmer war dieſe Erweiterung ihres Reiches v von 
maͤchtigen Folgen. Mit den Waffen hatten ſie ihre Feinde 
niedergeworfen, in Kuͤnſten und Wiſſenſchaften fühlten fie fi 
von den Beſiegten übertroffen, und vole auch ihr Stolz wider 


ſtrebte, ſie ſahen ſich genoͤthigt, der griechiſchen Bildung Ein⸗ 





1.1842. ©. 261. 
3) Ebend. $. 43. &. 262. 
3) A. aD. ©. 261. — Leber Kritobutus, den Sehatjt 


des Königs Philippus, ebend. 


j 275. 


gang zu verſtaätten. RE dahin nd die roͤmiſchen Regionen 
gewiß niemals von gebildeten Aerzten begleitet geiefen — 
fehlten diefe doch vor Asklepiades von Pruſa felbft im deu 
Hauptſtadt — und eiferfüchtig rule dies Volk auf das alte 
Derkommen war, fo warden geawiß auch nicht einmal fremde 
Abentheurer in die Feldlager aufgenommen, die im Rom wie 
in den aͤbrigen Staͤdten Italiens die Stelle der Aerzte vers 
traten, bis duch: Thfar’s beſſere Einficht dem aͤrztlichen 
Stande mir der Verleihung des Buͤrgerrechts die ihm gebuͤh⸗ 
sende äußere Ehre geſtchert wurde’). Griechiſche Sklaven, 
deren, ſich die Vornehmen zu aͤrztlichen Verrichtungen bedien⸗ 
ten, und die ſie ihrer uͤbrigen Dienerſchaft gleichſetzten, moͤgen 
im Gefolge von dieſen oftmals roͤmiſche Heete begleitet haben, 
und hier und da von Nutzen geweſen fein, unmoͤglich fonns 
sen aber feldärzeliche Einrichtungen gedeihen, wo man bie Des 
ſchaͤftigung mit der Heilkunde für einen niedrigen, Freigeborne 
entehtenden Erwerb (negotium sordidam) erflärte *) und das 
ganze Volt von aller Bildung noch fo weit entferne war, daß 
es feine Aerzte -aus feiner Mitte hervorzubringen vermochte. 
Erft in Cäfar’s Zeitalter, als der Einfiug gebitdeter Griechen 
Immer eingreifender wurde, erhalten wir Nachricht von grier 
chiſchen Aetzten, die die Heerfuͤhrer in das Feld begleiteten. 
Ein folder war Glykon, im Gefolge des dem Dec. Srw 
tus zu Huͤlfe eilenden Conſuls Panfa, ein nicht unbekannter 
Arzt, defien Namen viele mit Abſchen nannten, weil er im Ber 
dacht geriech, den ungelegenen Tod des Heerfuͤhrers duch Vers - 
giſtung feinee Wunden veranlaße zu haben’). Es muß dar 


— 





1) 8. 1. S. 2. 
2) Bd. I. $. 53. ©. 362. 


3) Sueton. Octavian. C. 11. pag. 124. T. K ed Wall. _ 
Vergl. Tacit. Annal. L.L c. 10. 


& 2, 


276 


hingeſtellt bleiben, ob nicht auch Cornelins Celfus dem 
Thronfolger des Auguſtus auf feinem Zuge nach Afıen als 
Feldarzt begleitete, wahrfcheintih nahm man doch mehr feime 
gediegenen chirurgifchen, als feine andermweitigen- Kenntuiffe im 
Anſpruch, die im Geraͤuſch der Waffen fchwerlich begehrt ws 
den’). Auh Scribonius Largus, der dem Zuge des Kai⸗ 
fers Claudius nad Britannien beimohnte, jedach wahrſchein⸗ 
fich nur im einer untergeordneten -Anftellung, kann zu dem 
Zeldärzten des erſten Jahrhunderts gerechnet werben), vie 
leicht noch in größerer Zahl anszumitteln wären, wenn wir 
‚Iuverläffigere Angaben über die Hofaͤrzte der Kaiſer beſaͤßen. 
Denn es leidet wohl keinen Zweifel, daß diefe Männer auch 
im Kriege den Kaiſern gefolgt, und den Heeren derfelben durch 
Behandlung von Kranken und Wermundeten oftmals von 
Mugen gewefen find. Der Archiater Demetrins begleitete 
ben Kaiſer Marc Aurel in den Krieg gegen bie Deutſchen, 
nachdem Galen die Aufforderung hierzu abgelehnt hatte’), 
und Dribafius war im Kriege wie im Frieden der Arzt und 
Mathgeber Julian's *). Doc können Angaben biefer Art, 
ſelbſt wenn fie noch leichter zu vernielfältigen wären, als fie 
es wirklich find, zur Ermittelung feldärztliher Einrichtungen 
der Römer nichts beitragen. Man darf fuͤglich vorausfegen, 
daß die bald nach Andromachus für das ganze Reich ange 
ordnete Medicinalverfaffung ‘von günftigem Einfluß auf die 
feldärztlichen Angelegenheiten der Heere geweſen fei, denn wa⸗ 
"sen einmal die Aerzte Anffichtsbehörden unterworfen, fo mußte 
fich eben dadurch ein Geiſt der Ordnung über alle ärztlichen 


1) Bd. 1. $. 58. ©. 430. 
2) Ebend. F. 57. ©. 413. 
3) Ebend. $. 64. ©. 476. 
4) ©. oben $. 15. ©. 54. 





| en 977 


Berrichtungen verbreiten, wo fle nur irgend mit bem Staate 


in nähere Berührung kamen. Auch konnte die überaus ges 
regelte Sucht und Verfaſſung der roͤmiſchen Heere, die mit 


dem kriegeriſchen Beifte des Volkes innig verfchmolzen war, 


Hierin nichts Schwanfendes und Ynzureichendes dulden, fo 
daß, wenn ed Überhaupt Feldärzte bei den Römern gab, — 


worüber kein Zweifel obmwalten kann, da außer den Leibärzten 
der Kaiſer Maͤnner von diefem Berufe ausdrücdlih genannt 


werden, — mit Beſtimmtheit angenommen werden muß, daß 
diefe regelmäßig vertheilt, und ihre Werrichtungen ihnen vors 
gefchrieben waren. Ein fonft unbefannter Ahtigonus, der 


wahrfheinlich dem zweiten Jahrhundert angehört, ſoll als vis 


miſcher Feldarzt in großem Anfehn geftanden haben), ein ans 
berer, Dotus, wird als Arzt der kaiſerlichen Leibwache im 


sierten Jahrhundert angeführt *), aber fchon weit beftimmter. 


ift eine Angabe Über den ungenannten Arzt der zweiten Huͤlfs⸗ 
legion unter dem Kaiſer Marc Aurel’) Kaum bebürfen 


wir hiernady eines Beweiſes, daß den römifchen Machthabein | 


nicht der gute Wille gefehlt habe, ihren Kriegern zureichende 
ärztliche Huͤlfe angedeihen zu laffen, da auch felbft den Fech⸗ 
tern, diefen beklagenswerthen Opfern der ſtarren Rohheit, Aerzte 
auf öffentliche Koften gehalten wurden. Galen hatte ein fol 


- 


es Amt ſechs Jahre lang in Pergamus verwaltet; und vers | 


dankte ihm feine Erfahrungskenntniffe in der Chirurgie *). Doch 
muͤſſen wir angelegentlich bedauern, daß diefe wichtige Unter; 


] 


1) Galen. de Compos. medic. sec. loc. L. IT. e. 2. 


3) Medicus scutariorum. — Ammian. Marcellin. Rer. gestar. 
L. XVI. c. 6. Ed. Wagner, Lips. 1808. T. T. p. 84. 

8) Codic. Justinian. L. X. T. 52. 1.1.  (Bediens legionis 11. 
adjntricis. > 


4) Bo. 1. 8. 64. S. 474. 





278 
ſuchung von dea Schriftſtellern, nad) ihrer Gewohnheit, das 
Bekannte unberührt zu laffen, faß gänzlich vernechläffigt wer 
"den iſt, wie fih denn freilich Gegenſtaͤnde der Verwaltung we; 
ber bei den Sefchichtfchreibern, noch bei den Aerzten, noch bei 
den Rechtsgelehrten zu ausführlichen. Darftellungen eigueten, 
Die obige Angabe aus seinem Refeript Antonin's if indeſſen 
wicht die einzige, die beweiſt, daß den Legionen Aerzte unter 
dem Titel Medici legionum jugetheilt werden; wir - fennen 
vielmehr aus einer Infchrift — denn auch die redenden Truͤm⸗ 
mern des Alterthums muͤſſen wir bier zu Mathe ziehen — einen 
Lucius Cälius Arrianus als Arzt der jiveiten Legion, 
deſſen Grabſtein noch gegenwärtig in Brixen gezeigt wird“), 
ſo wie einen Claudius Hymnus, als Arzt der einundzwans 
zigften Legion”). (Es iſt offenbar, dab der Arzt einer fo gres 
‚fen Truppenabtheilung an den Tagen des Gefechtes und bei 
aAusgebrochenen Seuchen unmöglich allein genügen "konnte, dem 
wollte man auch annehmen, daß feine höhere Stellung ihn 
von den niederen feldärztlichen Verrichtungen auf dem Schlacht 





1) Die Inſchrift Heißt vollkdndig : 
D. M. 


L. CELI. ARRIANI, MEDICO, 
LEGIONIS. II. ITALIC. QUI. VIXIT. 
ANNOS. XXXXVII. MENSES. VII. 
SCRIBONIA. FAUSTINA. 
| CONIUGL KARISSIMO. 

" Jan. Gruter. Inscripuon. antig: tot. orb. Rom. Amsielod. 1707. 
fol. p. DCXXXIUI 5. — Bergl. Carol. Gottl. Kühn, de Medi- 
cinae militaris apud vetercd Graecos Romanosque conditione. 
Nr, V. p. 10. Eine in acht Einlabungsfchriften enthaltene Plafits 
fhe, in der Kritif der Quellen nicht zu Abertreffende Abhanbiung, 
(Lips. 1824 — 1827. 4.) deren vorzuͤglichen Werth ber Verf. danlı 
bar anerkennt. 


2) Kühn, a. 0. D. Nr. V. p. 12. 


— 


279 


feine und im Lager nicht ganz befreien mochte, fa waren doch 
Die Schlachten der Alten ungleich blutiger, als in der .neumn 
Zeit, dis größere Zahl dee Verwundeten erforderte mithin meh 
Hände, und deu geregelten Beiſtand untergeorbneter. Gehuͤlfen. 
Wurden nun auch die Legionen getheilt, und blieben fie lange _ 
Zeit unvereinigt, wie dies unvermeidlich iſt bei größeren Heer 
reamaſſen, fo waͤre eine durchgreifende Krankenpflege um fa 
weniger ausführbar geweſen, men nicht die Unterabtheilungen 
der Legionen ihre Aerzte gehabt hätten. Nun konnte eine _ 
Cohorte, die aus fünfs bis fehshundere Wann beftand, und 
beren zehn eine Legion. bildeten, einen Arzt hinreichend befchäfs 
tigen, und «6 ſcheint aus der inneren Einrichtung der Legio⸗ 
nen hervorzugehen, daß man vorzugsweiſe nad) ihrer Einthei⸗ 
‚lung in Cohorten die Anftellungen der Feldaͤrzte zu ordnen 
pflegte. In der That kommen in einigen Inſchriften die Nas 
men von Cehortenärzten vor: eines Sertus Titins Aleranı 
der"), des Arztes der fünften PrätorianersCohorte, aus der 
Zeit Domitian’s (BL—B6), eins Rufinus”) aus der 
Zeit des Commobus (180— 192), eins Marcus Ju 
‚ lius Ingenuns?), aus der Zeit des Septimius Sen 
rus (193 — 211), eines T. Vibius Rufus und eines T. 
Claudius Julianus*); beide, jener Arzt der fünften, Diefer 
der vierten PrätorianersEohorte, find wahrſcheinlich aus dem 
zweiten Sahrhundert. 
\ Wir dürfen demnach mit Beſtimmtheit annehmen, daß 
Die feldaͤrztliche Begleitung der Legionen aus 
einem Legionarzte (Medicus legionis) und zehn Cohors 


1) Ebend. p.7.. 
2) Ebend.-p. 8. | 

3) Ebend. p. 9. 

4) Ebend. p. 13. 


u. 


— 





280 

tenärzten (Medici cohortiani) befanden habe. Freillh 
werden in den Inſchriften nur Prätörlaner: Cohorten bejeich⸗ 
net, die mit Aerzten verſehen geweſen waͤren, es ergiebt ſich 
indeſſen kein haltbarer Grund, warum die Cohortenaͤrzte den 
Legionen in den Provinzen hätten verſagt fein ſollen, da fr 
doch, einmal als nothwendig erfannt, bei den häufiger ins 
Sefecht fommenden Truppen wohl noch cher an ihrer Stelle 


‚ waren, als bei den Prätorianern in der Hauptſtadt, die feit 


dem erften Jahrhundert an Aerzten jeder Art Ueberflug hatte. 
Ueberdies kann die Erhaltung jener Denkmäler, die ſaͤmmtlich 
in Rom vorgefunden worden find, eben fo zufällig geweſen 
fein, wie die Zerftörung ähnficher an anderen Orten. 

Daß auch den Seeſoldaten (Classiarii) und Matrofen anf 


Kriegeſchiffen Aerzte zugetheilt wurden, geht auf gleiche Weiſe 


aus einigen Sinfchriften hervor. So haben fi die Ram 
eins M. Satrius Longinus'), eines M. Pompejus 
Seneca?), beide waren Aerzte auf Triremen, und eines 
Sertus Arrius?), eines Arztes Aegyptiſcher Schiffe ‚erhab 
ten. Es kann nah dem Geiſte der roͤmiſchen Medicinalver⸗ 
faffung *) nicht bezweifelt werden, dag alle diefe Aerzte im 
Heere und auf den Flotten Befoldiingen in Geld und Natural 
fteferungen erhielten, und ihnen auch die verbrauchten Ary 
neien, die fie entweder felbit bereiteten, oder fhon bereitet von 
den Pharmacopolen kauften, auf irgend eine Art vergütigt 
wurden. Im Einzelnen ift hierüber „nichts weiter befannt, als 
daß bei den Landheeren, wenn fie im Lager flanden, in ben 


1) Ebend. Nr. VII. p. 3.“ 
2) Ebend. p. 4.. 

3) Ebend. Nr. V. p. II. 

4) Vergl. $. 3. ©. 8. 





2 


281 


‘ 

„ feüheren Zeiten bein Praefectus castrorum '), fpäterhin aber, 
als dieſe Würde nicht mehr beffand, den Tribunen und dem 
mit höherer Vollmacht verfehenen Comes die Auffiht über 
die Feldaͤrzte und die Kranken, fo wie die Berechnumg ber 
Verpflegungsfoften derfeißen oblag °). So verhielt es fich we⸗ 
nigſtens im vierten Jahrhundert. Zumellen bekamen, Schiffes 
ärzte, vieleicht aber auch Feldaͤrzte, von denen es nur nicht 
ausgemacht iſt, doppelte Befoldung oder. NMaturallieferung, und 
hießen dann Medici duplarii”), eine-Begänftigung, die entwes 
der eine Rangerhoͤhung mit fich brachte, oder zur. Belohnung 
für Verdienfte erwieſen wurde. Es liegt in der Matur dee 
Sache, daß zu den Feldaͤrzten vorzüglich Chirurgen gewählt 

‚ wurden, denm- eine blutſcheur Heilkunſt gehört rweniger gu den 
Bedürfhiffen des Lagers, doch wird der oben angeführte Jus 

lianus ausdruͤcklich Medicus clinicus der vierten Präsorianers 
Cohorte genännie *), mit welcher Benennung fonft nur Aerzte 





1) Eim Lager-Gommandant, der fuͤr alle Beduͤrfniſſe des Las 
gers zu forgen hatte. Man wählte hierzu nur erfahrene Officiere 
nach langer Dienſtzeit. | 

2) Prget. de Re militer. L. II. c. 10. — L. III. c. 2. Ba. 
Schwebel. Norimb. 1767. 4. p. 53. 78. 
8) Hteräber ſprechen zwei Infriften bei Kühn, Nr. V.p. 1. 
und Nr. VII. p. 2.’ 
4) Die Juſchrift a. a. vn baßt vollſtandig: 
M.. 
TI. cLAUDIUS JULIANUS. 
MEDICOS, ELINICUS. COH. TI. 
PR. FECIT. VIVOS. SIBT. ET. 
TULLIE. EPIGONE. CONIUGI. . 
LIBERTIS. LIBERTABUSQ, Dr 
CLAUDIIS. POSTERISQUE. on 
EORUM. 
H. M. H. N. S. 


(Hoc monumentum hacredes non sequitur.) 


283 Ä 

bezeichnet find, die ſich vorzugsweife mit der Behandlung ke 
never Krankheiten befchäftigeen. O5 «4 nun eine Auczeichnung 
den Prätgrianer geweſen, daß ihren Toborten auch Aerzte für 

‚innere Krankheiten zugetheilt wurden, oder ab unter einem 
Medicus clinicus ein Cohortenarzt zu verſtehen fei, der bie 
Kranken mehr in ihren Quartieren zu behandeln hatte, iſt bei 
"dem Mangel an gleichuautenden Angaben nicht foͤglich zu ent 
fcheiden. 

Waren auch bei ven Regionen in den Provinzen Feldaͤrzte 
ausſchließlich für innere Krankheiten angeſtellt, was fehr zwei: 
felhafe if, fo flimmte menigftens eine ſolche Anordnung wit 
dem gänzlichen Mangel an Heilanſtalten für. die Kranfen und 
Verwundeten nicht zufammen. Denn «6 läßt ſich überzeugend 
erweifen, daß Feldlazarethe, bie mit denen der neueren Heere 
irgend verglichen werden koͤnnten, ben Alten durchaus unbe— 
fannt waren. In den älteren Zeiten wurden die Verwun— 
deten und Kranken, bei den Griechen wie bei "den Römern, 
in ihre Zelte gebracht, und erwarteten bier Ihre Pflege von 
den Feldärzten. oder ihren Mitkriedern. SKonnten fie alsdann 
dem aufbrechenden Heere nicht folgen, fo wurden fie, wo bie 
möglich war, einquartiert, und man lieg ihnen zur Pflege enb 
weder Feldaͤrzte zurüc, oder man nahm die Aerzte in ben 
Städten in Anfpruch, wie die Umftände es irgend fuͤgten. 
Es ift leicht vorandzufegen, daß die Feldherrn des Alterthums 

‚ bie größte Sorge auf diefe Angelegenheit verwandten, denn es 
iſt die Sade eines guten Heerfuͤhrers, durch theilnehmende 
Milde gegen die Hülflofen das Vertrauen feiner Krieger ſich 
zu fihern. Ueberdies gab bie alte Kriegskunſt treffliche Bor: 

-fchriften Über die Erhaltung der Geſundheit der Heere auf 
Maͤrſchen wie in Lagern, und man hielt die Maßregeln zur 
Vorbauung von Krankheiten mit Recht fuͤr heilſamer, als alle 


\ 


! j 283 
ſpaͤt kommende ärztliche KHälfe‘). In den Zelten Kenn 
phons?) kannte man keine‘ andere Verpflegung bee Verwun⸗ 
deren, als die im Lager und in den Haͤuſern der Einwohner; . 
um biefelbe Zeit vertheilte der. Conſul M. Fabius die im 
Kriege mit den Vejentern (478 v. Che.) vermundeten Plebe⸗ 
jer zur Dflege unter die Patricier ’). Tiberius zeigte als 
Tpronfolger in den Kriegen mit den Germanen und den Pans 
noniern (7 v. Chr.) eine beifpiellofe Sorgfalt für die. Kranken. 
Es fehlte nit an guten Aerzten, kein Beduͤrfniß blieb unbes 
feiedige, Wagen und die eigene Saͤnfte des Beldheren waren 
Bereit, um die Ermüdeten aufzunehmen, und die Krieger ers 
feegeten füch felbft, wie früher noch- niemals, einer Vorriq⸗ 
tung zu Baͤdern in den Standlagern. Dies alles be⸗ 
richtet ein Augenzeuge und Theilnehmer an dieſen Feldzügen *), 
aber nirgends gefchjeht Erwähnung von irgend einer vereinis 
genden Krankenanſtalt. Germanicus befuchte in feinem 
Beldjuge gegen die Deutfchen die Verwundeten in ihren Zel⸗ 
ten, um die Erinnerung an die Niederlage des Varus zu 
verloͤſchen, und keine neue Furcht vor dem Zeinde auflommen 
zu laſſen*). ‘ Eben fo verführen Trajan“) und Hadrian”), 





1) Veget. a. a. O. L. IL c. 2. 
2) Cyropaed. L. V. 0.4.8.9, p. 31. or 
Hırli.eos.nk 


4) Welle. Patercul, Histor. roman. L U, c, 114 Ed. Janis 
et Ärause p. 483, 


65) Tacit. Annal. L: J. e. 7L, 
6) Pln. Panegyric. C. 13. Ed. Gesner. p. 535. 


7) Bon dieſem wird verfichert, dag er die Kranken in ihren 
Dunartieren (hospitiis) befucht habe. Spartien. Adrian. C. 10. 
p: 9. Ed. Lugd. Bat, 1671. 6. T. J. 





wie denm auch in den fpäteren Seiten diefe einfache und gen 


. gende, wenn auch für die Feldärzte ſehr befchwerliche Art von 


Krankenpflege beibehalten wurde. Denn auch) dem Kaifer Alegams 
der Severus (222—235) wird es nachgerähmt, daß er die 
Kranken in den Zeiten befucht, und fie mit Wiedererflattung der 
Koften bei zuverläfigen Einwohnern habe unterbringen laffen'). 

Zu Anfang des zweiten Jahrhunderts gab es zwar im 
roͤmiſchen Lager einen Sammelplag für die Kranken und Ber 
wundeten®?) (das Valetudinarium), und es iſt wahrſcheinlich, 
daß bie Beldärzte die erſte Pflege derfelben bier weniger ger 
flört und mit geringerem Seitveriuft beforgten, Gier waren 
aber auch nur Zelte aufsefchlagen, es trat mithin beim Auf 
bruche des Heeres daſſelbe Verhaͤltniß ein, als wenn die Kran 
Een in die Zelte ihrer Eohorten und: Eenturien vertheift ges 
wefen wären. Oie mußten entweder auf Wagen weiter ges 
ſchafft, oder wo möglich einguartiert werben. Die Eimrich⸗ 


tung des Baletubinariums war alfo feine ganz weſentliche | 
Verbeſſerung der Krankenpflege, denn wenn aud das vers 
ſchanzte roͤmiſche Lager fuͤr die aͤrztlichen Verrichtungen Sicher⸗ 


heit gewährte, fo mußten ‚doch: gewiß viele Beduͤrfniſſe der 
Kranken unbefriedigt bleiben, weder Zelte noch Baracken konz 
tem das für fie unentbehrliche Obdach ganz erfegen, und übers 
dies war das Heer bei ausgebrochenen Seuchen der Anftecfung 
vom Lagerplage ber Kranken aus bloßgeftellt. . Allem Bermus 
then nach war das Baletudinarium auch nur für- die ſchwer 
Verwundeten oder Erkrankten beftimmt, während man es für 


unzweckmaͤßig hielt, die Krieger wegen geringfügiger Krank 


heiten oder leichter Wunden von ihren Cohorten zu treunen. 
Denn wenn bie. Regel befianden hätte, (alle Kranken nad 


1) kamprid. Alex. Sever.:C.:47. p. 999. T. 1. Ed. laud. 
2) ©. die oben &. 371 angeführte Stelle des Hyginus. 





285 


dem Valetudinarium zu bringen, fo wuͤrden nicht nach im 
sierten Jahrhundert Vorſchriften gegeben worden fein‘), wie 
es mit den Kranken in ben. Zelten «der Dienftfähigen gehalten 
werben -follte, (Aegri contubernales), da doc, die Annahme 


‚nicht füglich auflommen kann; daß fpätere Feldherren jene in. 


vielem Betracht  nügliche und, wohlthaͤtige Einrichtung ganz 
wieder aufgegeben ‚hätten. 
Der · Mangel an- eigentlichen Zeldlazarethen bei den Alta 
flieht mie den Einrichtungen und Gewohnheiten berfelben bei 
der Krankenpflege überhaupt In genauer Verbindung. Krans 


kenhaͤuſer, wie bie neueren, hat es bei ihnen nie gegeben, ſelbſt 


die Aufenthaltsorte der Kranken In der Nähe der Aesculap⸗ 
tempel in den: früheren Zeiten find mit dieſen Anftalten durchs 
aus nicht zu vergleichen °). Die Wohlhabenden und Freien. 
bedurften keiner öffentlichen Heilanſtalten, oder wenn Verar⸗ 
mung und. Dungergnoth diefe nothwendig machten, fo waren 
die Begriffe der Alten über die Staatsverwaltung noch keines⸗ 
weges zu der Menſchlichkeit gediehen, die zu ihrer Errichtung 
hätte auffordern können. Fuͤr die Oklaven, die den größten | 
Theil der arbeitenden Klaffe ausmachten, harten die Eigenthuͤ⸗ 
mer derſelben zu forgen; der Staat nahm. von ihren Mens 
ſchenrechten nur geringe Kenntniß, denn die Geſetze ftellten fie 
dem todten Eigenthum gleich, und ficherten fie ſehr einfeltig 
vor ausſchweiſender Willkuͤhr ihrer Gebieter. Krankenhaͤuſer 
zur Vorbauung gegen Anſteckung waͤhrend herrſchender Seu⸗ 
chen, die wenigſtens für Ausfägige vorgeſchlagen worden find, 
wurden felbft von ben Aerzten verworfen ° ), und fo. fehlte es 


1) Veget. a. a. O. 


2) Democh Hat dies Hieron. Mereurialis ſehr . hatt 
getban. Var. Lectt. L. I. c. 13. p. 39. 


3) ©. die oben angeführte Beweisſtelle hieruͤber aus Edlius | 
Aurelianus. ©. 249. Anm 2 i 


+’ 


286. / 


an aller Veranlaſſung, jene Anfaken der Milde zu Georinden, 
Die eine Zierde der neueren Stahten ausmachen, und die die 
Menſchheit zumächft dem Chriſtenthume zu verbanten hat. Denn 
nachdem es von ben Apoftein 'und den fpäteren chriffichen 
Lehrern den Gemeinden zue Pflicht gemacht worden war, für 
ihre Kranken zu forgen, verroisflichte ſich die Dienfchenliche, 
die das Chriftenchum gebietet, auch in Außeren Einrichtungen, 
die Immer vollkvmmener wurden, nachdem das Oberhaupt des 
toͤmiſchen Reiches der alten Goͤtterlehre emtfagt hate. Durch 
den Glanz, den hierdurch das Chriftenthum dis Stantöreligen 
erhielt, ging der Sinn fir Mildthaͤrigkeit nicht verloren, und 
man Tann annehmen, daß vielleicht ſchon im Vierten Jahrhun⸗ 
dert bie erſten Verfuche zu Werforgungsanflalten für Kranke 
“und Gebrechliche (wuyıs iz) gemacht, und dieſe im fünften 
Jahrhundert verbeffert und vervielfältigt wurden. Ohne diefe 
früheren Verſuche würde die Errichtung eines fehr bedeuten⸗ 
- ben, und wahrſcheinlich wohlausgeſtatteten Kranfenhaufes tw 
Eonftantinopel zu Anfang des fechften Jahrhunderts unerfiäer 
bar bleiben, einer Anftalt, nach deren Muſter unter dem Kat 
fer Juſtinian und feinen Nachfolgern viele andere im grie 
chiſchen Kaiferthum begründet wurden‘). Alle biefe chriſtlichen 
Krankenhaͤuſer flanden unter moͤnchiſcher Verwaltung, wie noch 
gegentwärtig ähnliche Ueberbleibſel des Mittelalters, der Eins 
flug der Aerzte winrde von ihnen abgehalten, wie denn bie ur 
ſpruͤngliche heiftliche Krankenpflege auf die Menſchenliebe ber 
Semeindeglieder und die geglaubte Wunderkraft frommer Maͤn⸗ 
ner begründet war, die ärztliche Kunſthuͤlſe aber ausfchioß. AL 
in den Kreuzzuͤgen die Abendländer mit den Griechen bekannt 


1) Saoben $. 32. ©. 1%. Der Stifter jenes Krankenhauſes 
in der Nähe ber Sophienkirche war der heilige Samfon. Procop. 
de Acdific. L. L c. 2. p. 10. — C. 9. p. 22. Ed Paris. - 


| 287 
Jeworden waren, md das Bedaͤrfniß der Kreuzfahrer geiftliche 
Deden für Krankenpflege ins Leben rief, erhoben ſich bald In 
allen Landen Krankenhaͤuſer, von denen viele noch gegenwaͤttig 
beſtehen, und bis auf Die neueſten Beiten auffordernde Beiſpiele 
der Nachahmung geweſen find. Es war natuͤrlich, daß bie 
Unentbehrlichkeit der Kraukenanſtalten auch bei den. Krieges 
heeren ‚der chriſtlichen Voͤlker einleuchtete, aber wir glau⸗ 
ben nun erwieſen zu haben, daß dies nur nach einer urſpruͤng⸗ 
uch Durch das Chriſtenthum herbeigeführten Entwickelnng det 
Begriffe geſchehen komte, die mir bei dan Klten-nicht voraus 
fegen Birfen. Haͤtten diefe Bei ihren Heeren Feldlazaͤrethe Für 
nothwendig ‚gehalten, ſo wuͤrde Ihrer Einrichtung nichts eutge⸗ 
gengeſtanden haben, wenigſtens wuͤrde fle eben ſo ausfuͤhrbar 
geweſen fein, wie die Einrichtung von Badeanftalten in den 
Feldlagern des Tiberius. Aber fie kannten dieſes Beduͤrf⸗ 
niß der neueren Heere nicht, und blieben mithin bei ihrer her⸗ 
köommlichen Gewohnheit. | 
Am Schluſſe diefer Unterſuchung Mt noch eine Einrichtung 
bes Kaiſers Mauricius (562--602) zu erwähnen, die zum 
Zweck hatte, die Verwundeten ficher und ohne Zeitverluſt and 
‚ dem Gefechte zu bringen. Es follten bei der Reiterei, fer 
bald man ſich zur Schlacht anſchickte, jedem Bandon!) bes‘ 
erſten Treffens acht bis zehn erprobte, ruͤſtige und gewandte 
Krieger, die aus demſelben Tagma?) ausgewählt waͤren, uns 
bewaffnet in einer Entfernung von zweihundert Schritt fols 
gen, die ſchwer Verwundeten aufnehmen und für ihre erfte 


> 





1) Ein Adrder war eine Nbtheilung von mindeſtens 200 mb 
böhftens 400 Mann. Leonis Imperatoris Tactica, sivo de Re \ 
tnilitari Liber. Joann. Meursius graece primus vulgavit et motas 
adiecit. Lugdun. Batavor. 1612. 4, Cap. IV. $. 41. p. 41. 


3) Ein Zug von 40 Mann. ©. bei Mauritius. 


1 


288 
fliege forgen"): (wsgrmentnßaj),. bmmmit:fle nicht von ben zuch 
ten Treffen übergeritten würden. Ihre Pferde follten an der 
linken. Seite des Sattels mit zwei Steigbuͤgeln verfehen fein, 
damit fie von ihnen felbft und den Verwundeten leicht beſtie 
gen ‘werben Pönnten. Bon Binden oder: Hellmitteln, mit de 
nen man fie perfehen hätte, iſt nicht die Mede, fie follten mar 
Waſſer, das, einzige, und freilich oft nicht herbeizuſchaffende 
Erfeifehungswittel auf dem Schlachtfelde, in ihren Feldflaſchen 
(pruenies) bei ſich führen, um damit die Ohnmächtigen wicder 
zu fi zu bringen. Disfe Leute hießen Deputati (dewerura), 
eine Denennung, die fpäterhin, gleichbedeutend mit Soribanes*), 
in der Zeit -zueifchen Vegetius und Mauricius gehraͤuch⸗ 
lich geworden iſt, und im Allgemeinen Soldaten bezeichnet, bie 
zu. irgend einem Dienfte außer dem Gefechte befehligt wurden. 
Diefe Deputati erhielten zue Anfinunterung ihres Eifers für 
jeden Geretteten ein Goldſtuͤck. Es mar. aber nicht bloß ihe 
Beruf, die Vermundeten in Sicherheit zu bringen, fie fellten 
auch an..den Stellen, wo das. erfie, Treffen gefochten hatte, 
die Waffen der Gebliebenen und Verwundeten auffammela, 
damit die Kechtenden nicht abfliegen, um zu plündern, und zur 
Belohnung einen Theil dieſer Beute erhalten’). Wie bie 
Verwundeten nun weiter von. den Feldaͤrzten behandelt werden 
- follten*), darüber ſchweigt dieſer Eaiferliche Scheiftfteller , der 
— —. von 
1) Der Kaiſer Leo fügt hinzu: ws largel. C. IV. 6.15, p. 397. 
2) Leon. Imp. Tactie. €. IV. $. 15. p. 97. 
3) Mauricii Art. militar. L. II. c. 8. p. 62. — Der vollſtaͤn⸗ 


dige Titel dieſes fehr feltenen Werkes beißt: Arriani Tactica a 


Maeuricil Artis nmlitaris Läbri dundecim. Omnia, nunquam ante 
publicata, graece primus edit, versione lalina notisque illustrat 
Joannes Schäfferus, Argentoratensis. Upsaliae, 1664. 8, 

4) Er macht es den Feldherrn nur im Allgemeinen zur Pflicht, 
für fie zu forgen. L. VII. c. 6. p. 152. 


® 


wor: feiner etgenen Kriegserfahrenheit ſeht "Befcheiden:' antheile, 
UNE nur iveil · das Kriegoweſen zu ſeiner Zeit ſaſt gaͤmlich vers 
machläifige worden ſei, fein Werk eirfaßt- jun haben verſichert.n)RX 
Da ee nun ‚eben, ſtiner⸗ eigenen Aeußerung zufolge, keine 
Neuerungen vorgenommen, ſondern nur das Vorhandene ge⸗ 
ordnet umd wit Feiner Zeit in Uebereinſtimmung gebracht Hat, 
Wird es glaublich, daß ſchon bei Älteren. Heeren, vielleicht 
ſchon im fuͤnften Jahrhundert, ober boch ſpaͤteſtents unter dem 
Kalſer Juſtinian, die Einrichtung /Verwundete durch ‚ums 
bewaffnete Krieger aus dem Gefechte bringen: zu laſſen, ber 
ſtanden habe. Bei dem Fußvolke gab es keine berittenen Des 
putaten, und es iſt uͤberhaupt ungewiß, ob bei dieſer Truppen⸗ 
gattung Leute’ ju einem gleichen Dienſt aus den Zuͤgen aus⸗ 
gewählt wurden. Im Verlaufe‘ der Zeit. erkannte mun aber | 
dieſe Anordnung als ſehr zweckmaͤßig, fo daß. fie. noch im 
neunten. und. zehmten Vehrhumeri. and wehrſcheialch noch 
win ſpaͤter forebefland. - om 
Dir Kaiſer Leo do ifo, der: feinem Vorſohten 
88 die zweideutige "Ehre erwies, fein Werk uͤber 
die: Kriegskunſt wit Verſchweigung feines Namens’ chellweiſe 
abzuſchreiben, verordnet über die Deputaten ?) daſſelbe, und 
faſt mit denſelben Worten >), nur mit ber nicht au billigens 
ben Veränderung, daß die Schwaͤchſten zu dieſem Dienſte ge⸗ 
nommen werden ſollten ‘), and ohne über die eigentliche Krans 
£enpflege durch die deldarzte beſtimmte Vorſchriften zu geben. 


1) Prooem. p. 2. 

2) Sie heißen bei ihm bald — bald —E bald 
—XR Das Wort iſt augenſcheinlich lateiniſch, wie in der das 
maligen Zeit bie meiften Ausdrücke in der Kriegskunſt. 

3) C. Xu. $& 51. 9.149, 

4) Ebend. $. 119. p. 168. 

1. T 


v 


290 


Eonkantin Perphyrogenetus -folgg wiederum feinem 
Borſahren Leo, mit dem unbebeutenden Zuſatze, baf der Bus 
wundete ſich des vordern, der Deputat aber des Hintere Deciz 
bügels. bedienen ſollte *). Um biefe Zeit waren im griedgifden 
Kaiſerthum und den benachbarten chriſtlichen Ländern Küſte 
and Krankenhänfer in großer Anzahl vorhanden, und - gend 
wurden in Kriegszeiten viele. Verwundete und Kranke duch 


bie Pflege der Moͤnche erhalten, während, die Deere bei um 
vernachläffigten Zuflande der Chirurgie fchwerlich mit brau⸗ 


Gacın dedanten verſher werben konnten *). 


'g 66. 
Michael Pfellus uud fein Zeitolter. 


Die Verdienſte des macrbonifden Kaiſerhauſes blleben 
nicht ohne heilfame Folgen. Kin ueues, wenn auch ner 
ſchwaͤchliches Leben war opgstegt, und wermochten: auch die 
mittelmäßigen Nachfolger Conftantin’s weniger als dieſe 
und Leo das Wert des Photius zu fördern, fo hatten bed 
Schrift und Lehre einen mildern Sinn verbreiter, Bildunz 
war Beduͤrfniß, und der Einfluß eines weiſe verbefierten Un 


107 


1) Liber tacticus. p. 1280. — Joann. Meursü Operum Vol, 
VI. Ex. rec. Jo. Lamü. Florent. 1745. fol. 

2) Doß die Neftorianifchen Moͤnche ſich der Heilkunſt befle⸗ 
ßigten, ſ. oben, $. 31. S. 132.; daß aber auch die Moͤnche der. 
. ortbodoren griechiſchen Kirche fi mit Krankenpflege befchäftigten, 
gebt zum Theil daraus, daß bie Verwaltung ber Krankenhaͤuſer 
möndifh war, zum Theil aus dem Werbote des Patriarchen Lu⸗ 
Tas, im zwölften Jahrbundert (unter Manuel Eomnenus 
(1140—80)) hervor, daß die Diafonen , und Priefter feine Kran 
ten behandeln ſollten (wi dexıdreous wagızaen yirredas vos 
Iimzorovs a vos iegsis etc.). Enimund. —— Juris ories- 
tal. L. II. p. 78. Paris. ap. H. Steph. 1573. 8 


0.901 
verrichts ohne: neue Gewaltthaten wicht Wleber zu vereltein. 
Um kaiſerlichen Höfe redete man wieder die Meine‘ Sprache 
Br, un abraten Worten nach, wað: dis Alten in 
kraͤftigen Aufſchwung bes Geiſtes geleiſtet hatten. Die So 
Ben der Reiches Olleben nicht nach, und Die Verordnung Toms 
ſtanten's, 8% Unterticht ſolle zum Stuntshienesbilden, irug 
ſetze ihre Fruͤchte Maͤchtige Beamte wurden großentheilsaus 
Bar! Zaht dar: Gekehrten geroähle, ‚wenn Audi nicht: Amtiter: zeit 
-Borcheil des -Gumeinejend;, "denn Ale vergaßen gewöhnlich 
Aber DH DRh ee" ber · Gratamatienunb Nheteritkiuhce Serahe: bed 
Re Rees Anſtatt die Jugenbe zur Vaterlands⸗ 
Mbpiatiguregeit; und: fe nach der Zeit des Lernens in den 
Feldlagern zu üben, ließ man fie lieber in den Spitzſinbigker 
von. rei Sthriftgdieheren” und! int nes Statue hochmuͤ⸗ 
thiger: Prieſtet die Mittel erfennen, die unausbleiblich zu Macht 
und Anſchnẽ re mußten. Welchẽ Deweggruͤnde · aber 
auch Immer zu den: GStudten trieben;“ ſo wurde doch“ minde⸗ 
flens / die Nohheit · abgehalten, und hätte Das’ grierhiſche Katz 
ſerchum ſemals wieder zu · neuer Thatkraft erwachen konnen, 
fo. wuͤrde ein: hoͤheres geiſtiges Leben krefflich vorbereltet gewe⸗ 
few fein, Ind bie fehlerhafte Stellung ber Viſenfchaſten zum 
Suan würde ſich ausgeglichen haben. 

Es leidet keinen Zweifel, daß die hetbeſeeeten Schulen 
im -nächften Jahrhundert nah Conftantin Porphyroge⸗ 
netus fortbeftanden *), und daB auch außer Ihnen zahlreiche 
. Lehrer in der Hauptſtadt bemüht waren, die von neuem aufs 
gehäuften Huͤlfsmittel mit allem Eifer zu benußen, deffen nur 





1) Anna Comnena, bie geiftvolle Geſchichtſchreiberin biefer 
Zeit, verfihert ausdruͤcklich, daß die Bildung vor der Thronbefkeis 
aung bed erfien Comnenen (1057). nicht ganz verloren gegangen 
fel. Alexiad. L. V. p. 144. Ed. Paris. Die ganze Stelle if klaſ⸗ 
ſiſch, zur Beurtheilung dieſes Zeitalters. 


T2 





— mu u — 





202 


kegend. cite umfelbfiftänbige Gelehrſankelt faͤhlg · iſt· Nar Tonne 
tem bet diefm einfeitigen Treiben weder bie Heillunde, ned 
bie Tratırewifienfchaften, deren Mutter jene einſt gewefen wer, 


bedacht werden. Keine Anftalt-war vorhanden, um Aerzte zu 


bilden „ fein des Andenkens wärbiger Arzt erzog Schuͤler, wie 
fink bie-Alten, in dem Imgeren Kreife feiner. Thaͤtigkeit. E 
iß Nur. zu gewiß, — denn das Stillſchweigen der Zeitgensis 
fen. tan. nicht zum. Vortheil dieſes Jehrhunderts ansgelegt 
werden — daß bis Handbuͤcher, eines · Thos p han eos die Que⸗ 
aͤrztlicher Kermtniſſe waren, ‚und mebe als wahrſcheinlich, deß 
bie Heilkunde ‚von: ungebildeten Aerzten auf. Lehrliuge vereck 
vielleicht ſelbſt durch das Abſchreiben mittalmäßiger- —— 
gen erlernt wurde. 

Das eifte Jahrhundert Gartens She, in den Hänge 
ren Michael PDfellus :) einen zweiten. Photins zu be 


ſitzen. Das Leben biefes feltenen Mannes if: ganz gerigwet, 


den Charafter feines Zeitalters hervortreten zu laffen.. Gehe 
ren zu Conftantinopel, im Jahre 1020, unter. Bafilius 2 
und Conftantin 9. *) wurde er von feinen vernehmen, aber 


"verarmten Aeltern für bie Wiſſenſchaften beſtimmt und zeigte 
fhon in zarter Jugend bei ‘den entfchlebenften. Anlagen eine 


leidenfchaftliche Lernbegier )). Er befreundere fih bald wit 
allen ihm zugänglichen Wiſfenſchaften, faßte eine gluͤhende 


1) Ein Atterer dieſes Namens war Lehrer Leo’s des Phile⸗ 
fophen gewefen. Vergl. Leon. Allatii de Psellis et corum scriptis 
diatriba. Sect. 2 — 20., in Fadric. Biblioth. graee. Vol. V. 

2) 976—10235, Eonftantin bis 1028. 1056 erloſch bad 
macebonifche Haus mit dem Tode ber Theodora. " 


3) Ann. Comnen. a. 0. D. — Vergl. Zeo Allat. Se 2 


seq., und bie fehr ausführliche Lebensbefchreibung bes Pfellus be 
M. Hanke, de Byzantinar. rer. Seriptoribus grase. (Lipe 1671. 
4) p. 478. 


203: 
Wortisbe‘fhr die Yhätnforhie: des Aitersfanms, und aller Amen 


waren auf ihn gerichtet, ala er noch kaum im_ den Jahren 
der Reife unter Conflantin Monomachus (12.54): 


Den: Borfatz ausfuͤhrte, fie. durch Lehre und Beiſpiel wieder 


herzuſtellen ).: Bis dahin war die Philoſophie ganz. unbe⸗ 
ach tet geblieben, denn bie Kaiſer des macebonifchen Hauſes 
hatten ſie nicht in ‚ihren. Schuß genommen, ‚die. Wiſſenſchaf⸗ 
‚gen mußten daher eine ganz andere -Richtung siehmen; als ihe 
Pfelins: durch Die Bildimg ‚vieler ausgezeichneten Schuͤler 

ein eben fo unbeftreitbarrs alt nachtheiliges Uebergewicht ver⸗ 
ſchaffte. Man las neben den Alexandriniſchen Neuplatonikern 
vorzüglich .den Plato und Ariſtoteles *), (die Werke der. 
äbrigen alten Philofophen waren ſchon tängfl untergegangen) 
aber es zeigte fi bald, ‚daß. Unwuͤrdige die großen Geiſter 
des Alterchums heraufbeſchworen hatten. Denn wie einft im, 
Ategandrien, fo wurde. nam: auch in: Eonflantinopel die pert⸗ 


patetifche Dialektik fo vorherrſchend, daß die Hörfäle von den ' 


Wettkämpfen anmaßender Scholaſtiker °) wiederhallten, in de⸗ 
nen der Sinn für Wahrheit verhöhnt wurde, und während 
der ranfchende Beifall der Zuhörer zu neuer Verwegenhelt aufs 
forderte, ein leeres Spiel des Verſtandes allmaͤhlig als Zwech 
wiſſenſchaftlicher Beſtrebungen erfchien. 

Pfellus trug nicht die Schuld, wenn durch feine: Ber 
mähungen ein fo verderblicher Geiſt ‚rege gemacht wurde. Er 


ſelbſt meinte ea zeblich, feine Philoſophie war eine treue Nach⸗ 


ahmung ‚der afademifchen" und ber peripatetifchen, und weder 





“ 1) Hanke p. 481. 
2) Ann. Comnen. 0. D. oo 
- 8) So beißen fie in biefer Zeit. ©. Ann..Comnen. an meh. 
reren Stellen. Pſellus nennt fie deynuarıze,. De * Lapidum vie 
tutibus. p. 845. der unten anzuf. Ausgabe. 


. 


— 


« 


294 


feine: Berteige no Tl Oäpifen Ffm ten ο ui 
bielskeiihen Orhlingen. Ys feinen Fern mer insert, m 
feiner Deulirife eine unserfemuiesr Berlzhe für Thesfahe, 
Treiben ber Öcelafliler, die ans fein Cala Gerauuyun: 
gen waren. ber im einer böfen Zeit gedeihen mide bie Bade 
großer. Maͤnner, und wenn Pfelius and muniger wum_beu 
Gehlern feiner Timgefungen amgefieft wurde, alö inzeuub ein 
anderer Gelehrter des eiſten Sahelmunberii, fe mern bei 
eben feine Beitgenoffen nicht mehr empfingiicdh für eime gefumie 
Philoſophie, und fe mußte bie trefflüdgie Lehre Ylmfergem über 
bie Wiſſenſchaſten verbreiten. Es leider feinem Zweifel, def 
von den byzantiniichen Sophiſten - das wachherige füheänfliide 
Treiben des Mittelalters amögegumgen if, bad vernchenäch in 
Paris ven Saum aufkeimenden Wiſſerſchaſten zum großen Dads 
theil gereihte. Die Anregung war in Eoufiuntinspel gegeben, 
uns die Berführung. leicht, bie Leerheit des ſtiaviſchen Geifei 
unter philoſophiſchen Hocriuth und ſcheigerechte Berwiceea 
gen zu bergen. 

Pſellus wär ſchon vor der Zhronbekrigung der Comm 
nen; (1057) mit der Wuͤrde eines Borfichers der Phil⸗e 
ſo phen (Swarss Tas Passspar ) belleidet *). Diefe Au 
zeichnung: gebährte ihm, denn. ex. war unlengbar der größe 
Gelehrte feines Zeitalters, von fo umfaſſenden Kenntnifien in 
allen Wiſſenſchaften, daß. er jeder wingelmen als Lehrer vorfe 
hen konnte, und alle Gebildeten aus Seinen hoͤchſt verſchieden 

artigen Schriften lernten. Sprachkunde, Beredtſamkeit, Dicht 
kunſt, Rechtswiſſenſchaft, Theologie, Erd; und Himmelskunde, 


u | 
1) Unter ber kurzen Regierung von Micha ei Stratiotieant, 
1055 —57.. &. Leo Allat.. Sect. 22. p. 16.; vielleicht aber ub 
ſchon unter Conſtantin Monomachus, ber. ihn ſehr auszeichnte | 





' 205 
Mathematik, ja ſelbſt Natur⸗ und Heilkunde) waren die 
Zaͤcher, in denen er nicht leicht feinen Meiſter fand, und zu 
dieſem unerhoͤrten Umfange feines Wiſſens fügte er noch eine 
gruͤndliche Kenntuiß: der chaldaͤiſchen Werke 2), waͤhrend ex. 
ſich zugleich in der Goldmacherkunſt verſuchte, die ſchon laͤngſt 
tm. Finſtern gehegt, und von den Gelehrten gefordert wurde. 
Kette nun Pſellus, wenn auch ohne feine Abſicht, das 
ſcholaſtiſcho Unheil ſeiner: Zeit durch eine mißverſtandene Phi⸗ 
loſophie herbeigeführt, ſo ſiel dies endlich anf ihn ſelbſt ums 
abwendbar zuruͤck. Er hatte unter feinen Schuͤlern einen Ita⸗ 
liener zu einem gewanoͤten Scholaſtiker gebildet, .der in ben‘ 
Zufammentänften feiner Geiſtesverwandten bald Auffeht ers. 
regte. Italus, fo hieß diefer Fremdling, Hatte feinen Ruf 
einer beeiften. Leidenſchafttichkeit zu danken, bie fich mit den 
Waffen ber über alles beliebten Dialektik ruͤſtete, und Dfels. 
ins, ver Seinen rabuliſtiſchen Angriffen oͤffentlich ausgeſetzt 
war, mußte nun fehen, daß das kaiſerliche Haus und alle Vor⸗ 
nehmen feinen verwortenen Vorträgen Beifall fchenften, wurde 
endlich unter Nicephorus Botoniates (1078—8L) vb 
fig von ihm verdrängt, ging nach Verluſt feiner Chrenftelle 
in ein Kloſter °), und ftarb hochbetagt zu Anfang des zwölf 
ten’ Sjahrhunderts, mit der ‚betrübenden Weberzeugung, daß 
der von ihm ausgeftreute Saame in wucherndes Unkraut aufs 
‚gegangen war. | 
| Es ift hier nicht der Ort, den Einfluß diefes großen Ge⸗ 
fehrten auf fein Zeitalter noch näher zu bezeichnen, zu erwähs 


1) Ueber alle biefe Wiſſenſchaften find noch, größtentbeils uns 
gedruckte, Werke von ihm vorhanden, von. denen Leo Allatius 
ein ausführliches Werzeichniß giebt. 


2) Ann. Comnen. 0. 0. D. 
8) Ann. Comnen. 0. 0. D. 


20 u 

nen, daß .fein Rath und fein Anfehn fer Conkantin Mes 
nomachus bei den: Kaifeen, und. vornehwlich hei feinen: Zög 
ung Michael Dutas "), viel vermochten, nur feine Bes 
dienſte um die Natur⸗ und Heilkunde mögen bier noch is 
Betracht kommen. . inter den Handſchriften des PDfellus, 
die noch in Bibliotheken aufbewahrt werden, finder firh sine 


- " Bearbeitung ‚bes Dioskorides, und ein Werk über bie Eins 


theilung der Thiere *).. Das Dafen dieſer Schrifters beweiſ 
bag. auch; die ‚Naturkunde in.den „Kreis der bearbeiteten Wi 
fenfhaften ‚gezogen wurde, doch befchränfte man ſich nad uͤb⸗ 
licher Weife auf die Erkläcung alterthuͤmlicher Schriften, fo 
daß man nicht über die Leiftungen non Ariftoteles, deſſen 
Forſchungsgeiſt man nicht gemachfen war, von Niltander’), 
Kratevas *) und Dioskorid.es hinauszugthen magte. (is 
genthümlicheg kann von Diefem Zeitalter nicht erwartet werben. 
Doch fuchte man die Verbindung.der Maturmifienfchaften mit 
der Diaͤtetik und der Keilmittellehre zu erhalten. 

Pſellus fchrich felbft in den Jahren feiner Blüche auf 
Veranlaffung von Conſtantin Monomahus ein gemein 
nügiges diätetifches Bat 5), das ſich von ben ähnlichen der 


. 1) Mit dem ſprechenden Beinamen Yarapinaces, 107L— 
1708. 

2) Leo Allat. 0. a. O. 

3) Was vor und in biefer. Zeit für Nikauder von Scholia 
ſten geleiftet worden iſt, ſ. in der Schneiderfchen Ausgabe ber 
Theriaca beffelben. u | 

4) Wahrfcheinlih rührt die Bd. I. ©. 346. erwähnte Hand» 
fhrift des Kratevas aus dieſer Zeit her. 

5) Pselli de Victus “atione ad Constagtinum imperatorem 
L. I. Zufammengebrudt mit: ARhazae, cognomento Experimen- 
tatorıs de Pestilentia Liber. Georg. ‚Valla, Placentino, interpr. 


Jo. Manard. Ferrariens. med. in artem Galeni medieinalem lo- 


y 


| 


| 27 
" früheren ‚Seßehunderte: alcht waſentich unterſcheibet, und ger 
wiß: ſeinem Suede enafpzach, uͤher bie Vaſchaffenheit den -Mabe: 
rungsmittel gute Kenntuiſſe zu verbreiten. Unter anderem iſt 
Hieraus erſichtͤch, daß der: Gebrauch der. Rauke Brassica· 
Rruca), der bald nachher abkam, noch allgemein mar 5), ſonſt 
moͤchte ans hiefer.- Diätstik / in der ſich die ſchon ans Celſus 
befasınten Gintheilungen wiederholen, nur noch die Empfeh⸗ 
Img... frifchgemeifener . Mitch: zum Beh"), der Aloe und- 
des Wermuths als Fräftiger Magennuttel), und des Sauer⸗ 
hanigs zunn;nfloöſen *)-anzuführen fein 
Ueber die geglauhte Hetlitraft der. Edelſtein⸗ waren⸗ 
ſchon ſeit den aͤlteſten Zeiten vielfältige Voturtheile in Um— 
lauf, bie urſpruͤnglich aus Aegypten und dem innern Aſien 
herruͤhrten, und mit dem Glauben an bie. Wirkſamkeit des 
Amulete zuſammenhingen. Shen: Anaragöras, - Empes 
dokles,Demo krit, und fpäterbin. Dioskorides ) und 
Alerandeo von Aphrodißas hatten ſich mie dieſem Gegen⸗ 
ſtande beſchaͤftigt 6), und ihn ſelbſt in die Heilmittellehre aufs 
genommen. . Dan bediente ſich der Edelſteine entweder zum 
Schmuf, oder zum Tragen an den leidenden Theilen ("ıgs- 
dppera), einiger auch innerlich, und es gab vielleicht keine 
Krankheit, "deren Heilung man nicht zuverfichtlih von ihnen 





eulenta expositio. Basil. in aedibus Cratandri, 1529. 8. Iſt 
‚noch nicht griechiſch herausgegeben: 

1) P. 23. 38. — Vergl. Lin!’s afabemifche Abhandlung über 
bie ältere ante ber Huͤlſenfruͤchte, Jutterkrauter und- Semůtge⸗ 
wähle 

2) P. 3. — 8). P. 8. 

4) P. 19. 
5) L. V. c. 139. Leq. I 
6) Peell de Lapid. virtuibus s ff . - 


1 





8 

eiwartete..." PfelinB- verfaßer hierüber mit: Denugumg dei 
Vorhandenen eine Meine, alphabetiſch geordnete Abhamdlung '), 
Sie er. feinem: Faifenlihen Zoͤgling Michael Dukas wis 
mete *). Der Diamant wird hierin gegen halbbreitaͤgige Fie 
ber empfohlen, der Amethyſt, der feinen Namen davon erheb 
ten hatte ®), gegen Truntſucht und Kopfſchmerz, der Berl 
gegen Kraͤmpfe, Augenentzuͤndungen und Gelbfucht, der Der 
fein äußerfich gegen Harnbeſchwerden und. Fleber, der Zacht 
gegen Faͤllſucht, der Magnet innerlich mic Milch gegen Me 
lancholie, n. dergl. Dis zu Ende des Febzchnten Salzen 
derts hat diefee Glanbe in der Peiimiteliepee ſelbſt vlelerſh 
rener Aerzte fortbeſtanden. 

Die Lehrer des Pſellas in der Heilkunde ſind unbekannt 
geblieben, wenn ee deren überhaupt gehabt hat. Deun er 
wat, wie in den meiften übrigen Wiffenſchaften, fo auch hierin 
mehr Seibſtgelehrter, vermochte aber wohl bei feinem febhaf 
ten Stifte aus Schriften erworbene Kennmiſſe im die Natur 
zu übertragen... Seine Phyſlologle zeigt in den noch zugaͤuglt 
chen Vruchnuücken Spuren Salentſcher Gumondheri, vereint 


, 1) Te vepurdren. YlrAev Pr Örigripen ig), —R dere 
pie. Sapientissinai. et excellentissimi Preikk de Lapidum virte- 
tibus Libellus. PAsL Juc. Muussacus primus vulgavit, latine 
vertit et emendarit. :, Tolos. 1615. & Zufammengedrucdt mit 
beffen Ausgabe von Plutarch. de Buvioram: et montiam nominibus. 

2) Es iſt di:s zwar nicht ausdruͤcklich angeführt, da aber Pſel⸗ 
lus ziemlich bitter von Dogmatikern fpridt, die ohne Kenntniß uͤber 


alles zu reden bereit wären, fo wird es ſehr wahrſcheinlich, daß 


diefe Abhandlung aus der Zeit berührt, wo fein Anfehn durch It« 
lus mehr und mehr wanfenb gemacht wurde, und der Ungenannts, 
ben er zu Anfang (p. 345.) wie ein onen feinen Schaler anredet, 
Michael Dukas geweſen iſt. 


3) Vou KıIun, nitoras. 


299. 
mit Piatouiſchen Anfichten, vorzuͤglich wo pfychiſche Berrich⸗ 
tungen erklärt werden. Das Schen:z B. geſchieht, ganz wie 
bei Diato, durch Vermiſchung des aͤußern und innern Lichs 
tes (roracyua), wodurch Pfelliis die Gewalt der Blicke und 


den Grund der im ganzen Alterthum Heglaubten Wezauberuns . 


gen durch Aufahen begreiflich zu machen: ſuchte. Das eneyklo⸗ 
paͤbiſche Werk, aus: dem dieſe · Angaben entherumen- ſind ). 
enthuͤlt nur einiges uͤbar Naturgegenſtaͤnde, giebt indeſſen bei 
ſeinem hoͤchſt verſchirdenartigen Rinhatse sin treues · Bild / dir. 
theologiſch philbſophiſchen Bearbeituug der. Wiſſenſchaften im 
elften Jahrhundert. Als ausabender Arzt iſt Pſe Uus gewiß 
nur. ſelten aufgetreten, wiewohl er ſchon is feiner. Jugend uns 
gewoͤhnliche Kentſtniſſe in der Heilkunde, uud aunentlich einige 
Zertigkeit im Pulsfuͤhlen :befaß *),..bie er ſich wahrſcheinlich 
nach Galeniſchen Grundſaͤtzen erworben hatte; kam koͤnnte 
wohl ſeine Hoch vorhandene Abhandlung hieruber etwas ans 
deres aueweiſen, denn ſeit dem zweiten Jahrhundert war für 
die. Pulslehre nichts erhebliches gaſchehen. Seine noch unbe⸗ 
nutzten Schriften auͤber Fieberkranke und neue Benennungen 
von Krankheitei:’): find. ahne: Zweiſfel ‚für. das, elfte Jahrhum⸗ 
dert richtig geivefen, und wuͤrden vielleicht noch mehr, als - 
ohnehin bedauern laflen, daß ein, ©elehrter, der die Seele 
— — | Fa PR ... . - 

1) Addasunila‘. wastesaurı, an Michael Dufac. C. 81, 
82. p. 129. bei Fubric. 0. a-D. Es -werben darin. viele theologi⸗ 
{he Tragen im Gefhma der Zeit abgehandelt, 3. B. ob es mehr 
Engel als Menſchen gebe, C: 19... p. 85.. und dergl . Der größte 


Theil des Werkes. iſt nach dem Muſter der Ariſtoteliſchen Probleme 
bearbeitet. 


2)Leo Allat. 22. p- 16. 


3) Ebend. in dem Bra der noch ungen. Scrife 
ten des Pfellus,. 


FE a 
[3 


300: | 
ber. Wiſſenſchaſten feines Zeitalters wer, die Heiltunde nur 
im Voruͤbergehen bearbeitet bet. 
$& 5. 2 

Simon Sett.. 
Die · gewerbtreibenden griechiſchen Aerzte, deren Zahl ge 


wiß nicht unbetraͤchtlich war, ſahen dem wiſfenſchaftlichen a 


ben in Conſtantinopel · gleichguͤltig zu, und nahmen nicht Theil 
an der Bildung, bie ſich von den Schulen und den Paliſten 
aus unter die höheren Staͤnde verbreitete. Deſto eifriger ſuch⸗ 
- tem fi) die Vornehmen Kenntniſſe aus der Naturs und Heil 
kunde zu erwerben, deren Beſitz am Hofe der Dukas und Es 
mnenen zur Empfehlung gereichte, nachdem Pfellus über die 
gemeinfame Verbindung aller. Wiflenfchaften Seifallswürbige Be 
geiffe in Umlauf gebracht hatte. Man wollte bie ganze Na 
ne umfaflen, und die Erflärungsfucht, die unausbleiblich eine 
Ueberſchaͤzung halber Deobachtungen herbeiführen mußte, be 
maͤchtigte fi der ſchreib⸗ nud redeluftigen Hofgelehrten. Cine 
Art von- phpfikalifcher - Erbbefchreibung, verbunden mit der 
‚ Theorie der großen Maturerſcheinungen am Himmel und auf 
der Erde wurde hier und da oberflächlich bearbeitet, und das 
Beifpiel des Pſellus, der. Über die hoͤchſten Anfgaben ber 
Naturforſchung nach alterthuͤmlich philoſophiſcher Weiſe, vie 
leicht zu viel geſchrieben hatte, fand Nachahmung. 
Simeon Seth ) ein vornehmer Hofbeamte (æ eer⸗ 
— 2) und awyurig ®) Aruezıie) Eonftantin’s 9, 





- X) Er fommt auch unter dem Namen Simeon Veſtus von. 


2) Die Würde eines Protovestiarius (Grand- -maitre de la 
tarderobe) war im Range bie fechfte am Hofe der griechifchen Kai 
fr. S. Du Cange, Glossar. ad.Seriptores imediae et infimae 
graecitatis. Lugdun. 1688. fol. Vol. L: p. 199. 19. 


3) Dberauffeher des Antiochiſchen Polaſtet, ber von dem mach 





- 
| 


908. 
Dewigen mwamig Jaher vor ber Dhronbeſteigung ber Comne⸗ 
nen om Schauplate Hatte oberer. wien"), ‚nalen in der 
Binfamteit feirtes Stofters auf dem Olympe) regen Antheil an 
ben Fortfchritten der Wiffenfchaften in Conftaytinopel, Er vers 
faßte ein ausführliches compilatarifches.. Verf Aber Erz und 
nimmelsbende 1). noch, dem Meufter Plelliſcher Buchen, von 
sünlihndre chen, angefährten enghklopaͤdiſchen *), ‚es er. al 
Bentheila, und faſt ohne Veraͤnderung · ausſchoieb, cine philo⸗ 
ſorbiſch⸗ medicinifche ::Abhaublung.: über den Geruch, neben einer 
großes Geſchichte von Eeſcheffung der Recht bis auf Con⸗ 
ſtantin Duukas,und mehrere andere Schriften verſchiedenen 
Synhattes- Auch der arabiſchen Sprache war. Oime an kundig, 
mb uͤberſetzte daraus einige Schriften ins Griechtſche, 5. B 
ein wahrſcheinlich; vielgeleſenes Buch . Aber Traumdeutung in 
alphabetifcher Ordnung). Die Verbindung mie den muha⸗ 
 wmebanifchen Voͤlkorſchaften war in diefer: Zeit ſehr lebhaft. 
Dres Kandel, führte die: Griechen hänfig in bie Saraceniſchen 
Länder, ſo wis; Die Saracenen nach Eonflantinopel, wo fie 
Ahen im zwölften, Juhebunberz eine Moſcher efaßen, aberdies 





tigen Eunuchen Antio chus, dem Etzieher Thaodoſius des jin 
geren, erbaut worden war, und zur Aufbewahrung der Reichsin- 
fignien diente. Zonar. L. XIIE. c..21 p. 40. Vergl. Du Cangb 
a. q. O. 

1) Unter Michael dem Paphlagonier, 1034 — 1041. Georg. 
Gedren. Historiar. Compend. p. 737. | 

23) Er Hatte früherhin dies Kloſter ſelbſt gefiftet ebend. | 

3) Zirodi xæi dzardırum Queixär re sul Qilorepar dey- 
parur. Gegenwaͤrtig noch ungebrudt, fo wie die folgenden Werke. 
EG. Leonis Alatii de Symeonum Seriptis Diatriba eie. Paris.’ 
1664. 4. p. 181. segq. 

4) Der Aaszndia varelanı. 


5) Leo Allat. a. q. O. 


308 


mafmen ‘die griechiſchen Kalſer oſtmais eurktfehe Truppen ui 
GSoͤlb; um die Selen beferamm deton ich ehe und mche m 
ber arabiſchen Litteratur, nick m ng a dm 
Da dee griechiſchen. 

* Unterbeffen gchlrten-bie Seilmitelehre und die Miahrunsk 
subttelfande: zur den bellebteſten: Fädyerk „" drren Gemeinuwägig 
fett. einiehziftete. Bimean Sech arbeitete hieruͤber ein alpha 
beriſch geordneces, dem Kalſer Michael Dukas geisituntu 
Werk aus"), das neben: dem bdiacetiſchen 88.9 ſell uc dee 
die: gangbaren Senntniffe Am elften / Jahrhundert : belchrende 
Auffläffe giebt. 8% find’ in ditfein Worke. nicht mus. bie ze 
woͤhalichen Nahrungemittel und Serränke ,. fordern auch wick 
indiſche. Gewuͤrze und wichtige Heihniane, zum Theil genägend 
und. beifallewuͤrbig abgehandelt. :: Zaun: HR die Theorit darch⸗ 
weg Balerifdy; fe: datz den eihjeinen Stoffen ihre Eiementen 
quafttäten nach willkuͤhrlich angenommanen ‚Graben: nugenifen 
werden: (dad Safj*) 5. DB. iſt warne im: poriten,; und Trocken 
im dritten: Grade), aber die Wiekangen anf din. Körper :fiab 
nad) unverfälfchten Erfahrungen angegeben,‘ die "großencheild 
von Hippofrates, Diosforides, Rufus und_Dribs 
fius herrähren. Der Grundfog, dag nichts die Geſundheit 
befier erhält, als ein fehlerfteles Blut), iſt ganz an feine 
Stelle in eier emptriſchen Darſtellung ber Nahrungsmittel, 
Von allen Arzeneiftoffen fällt zuerft der Kampher (zaPerge) 
anf, der nicht früher als hier von den Griechen 'genamt 


wird *). Mean bediente fich feiner in higigen Krankheiten, 


1) Simeonis Seihi, Magistwi Antiocheni Volumen de Al 
mentorum facultatibus iuxta ordinem litterarum digestum. Ed. 
graeco-latin. Martin. Bogdani. Lutet. Paris. 1659. 8. 

2) P. 10. — 3)P. 38, 
4) P. 59. 


_— — — — — — 


203 
varzuglich Peberantzändimget, hielt chn für kalt und trocken im 


deitten Grade, und kannte feine: ſchwaͤchenden ⸗Wirkungen anf 


Yin ODeſchlechtstheilen). Auffallend richtig, mste ſelten bei; neuen 
Heilnrtteln aus ‚unzwgänglichen Gegenden, find die Nachrich⸗ 
ten über feine Gewinrung von einem Baume, deſten Holz von 
felsem Geruche ıbuschdiungen: ſei. Must dee: Mo ſch 24:00 
der. Ambra: werden non. Simenn. un arseibıst. Man 
wußte, das der beſte Moſchus aus Thiket. (Terzer) kam, und 
hielt ihn fur das, Erzaugniß eines. yegengräigen, einhoͤrnigen 
Tieren: daß in dev: Bronſtzeit einen aim Nabel heßindlichen, 
wit: vrreinem Dlute. gefuͤllten Sack abwerfen follte. Ehen dies 
geronnene Blut, glaubte man, ſei der Moſchus, den man in 


Krankheiten mit Schwäche, Ohnmachten, Hernuͤbeln, und: dergl. 


zeit. Erfolg antenndte, indem man: ihn für warm und trocken 
tar :brittes Grade ertlaͤrte). Der Ambra (dumwug), glaubte 
Simesn.nach arabiſchen Nachrichten, kaͤme aus der Code here 
vor, wie Edpech; der graue ſollte bei Synchrion, einer See; 
ſtadt des glaͤcklichen Arabiens gefunden. werden, und man ber 
zen Ihm: einer indischen Stade. Silacheton. Den ſchwar⸗ 
zen. hielt man für geringer, und 'glauhte ‚die Fiſche, in. denen 
man ihn fand, hoͤtten ihn am feinen- mariclichen Quellen vers 
ſchluckt. Man hielt ihn für fehr..erbigend,. und ſtaͤrkend für 
Magen, Kopf und Herz, auch war ein gewöhnlicher Gebrauch 
biefes Eoftbaren Mittels, ihn dem- Weine beizumifchen, um def: 
fen beraufchende Kraft zu erhöhen, ober auch nur beim Trin⸗ 
fen daran zu riechen ?). Der Balſamſtrauch ( Amyris gilea- 
densis ) wurde noch in biefem Jahrhundert in der Gegend des 
ehemaligen Heliopolis angebaut *), und der hohe Werth, den 





»)P.4.— 2) 7 
3) P. II. | 
4) Gegenwärtig fol dort Feine Spur mehr davon anzutreffen fein. 


304 

man wie gegentbärtig und in din Aiteken Zeiten anf Den Da 
ſam ſetzte, veranfaßte vielerlei‘ Werfätfepumgen dieſes treffüichen 
. Heilmittel ?).: Sehr richtig bemerkt ˖ Stimeon, daß der Gm 
des Salates, In Dienge genommen, tödte: daß diefe Pflanze 
ſchlafmachende Kräfte befüpt, mußte man ſchon viel früher *). 
Vom Zimmt unterfchled man fieben Arten, von denen Die beſe 
Über Muſſul nach Europa'fam ”); unter den Abrigen indiſchen 
Gewürzen finden ſich bei Simeom die Gewuͤrznelken und bie 
Mustang *). Der Weihrauch war. noch allgemein gebräuds 
lich; man hielt ihn ſelbſt fuͤr ein ſſcherre Vorbauungsmittel der 
Anſteckung in Peſtzeiten, wenn man die Fer damit durq⸗ 
ruucherte °). 

Die gewoͤhnlichen Meherngomitet And wie bei den Fruͤhe⸗ 
ven abgehandelt, und bemerfenswerch möchte vielleicht .nur fein, 
and Pfektus theilte diefe Dieinung *), daß man die - Tauben 
für fo fchädlich hielt, daß der veichliche Genuß ihres Fleiſches 
ſelbſt Ausſatz bewirken koͤnnte ) Der Cphrgel, der in: Ste 
lin ſchon taufend Jahre früher zu den gewöhnlichen Gartens 
gewaͤchſen gehörte *), war erft im elften Jahrhundert in Em 
fiantinopel ‚gebräuchlich :gesvogden, und wurde in Betreff feiner 
Wirkungen auf den Körper ganz richtig bratiheile °). Gekochte 
Oele bereitete man mit einem Zuſat von Vaer und den Stoſ⸗ 

fen, 


1) P. 14. 

2) P. 67. — Ceis. de rned. L. II. c. 32. P- 108. 
3) P. BI. — Pr. 

5) P. 64. — 6) A. a. O. p. 6. 

7) P. 9. 

8) ©. bei Geifus, an mehreren Stellen, fo wie bie lante 
veirtbfihoftlicen Werke. 

9) P. 8. 


— — ——— 


305 


fen, deren Geruch oder Geſchmack man ihnen mitteilen wollte, 
> DB. Dlivendt mit Mandeln oder Piftacien und drei Theilen 
offer, bis zur Verdampfung des letztern abgekocht *)., Ein 
füßes Getraͤnk aus Nofinen und Honig, das in Aegypten uͤb⸗ 
lich war ”), und dem Defrutum, dem Mulsum und dem Pas- 
sum der Römer zur Seite gefeßt werden kann, fcheint niemals 
allgemein geworden zu fein. 

Die Hinneigung Simeon’s-zur arabifhen Heilmittel⸗ 
lehre ift augenfcheinlih. Mehrere Bereitungen von Julep 
(SevAszıer) kommen beiihm vor, fund auch Syrupe, die den As 
‚teren Griechen gänzlich unbefannt waren, erden hier und da 
empfohlen, 3. B. der Vellhenfyrup (seraxuger) gegen Bruſt⸗ 
krankheiten ). Es iſt erwieſen, daß Simeon auch bei der 
Abfaſſung dieſes Werkes die Schriften des Pſ ei lus, unter 
denen ihm wahrſcheinlich eine noch vorhandene alphabetiſche 
Sammlung am meiſten zu Statten kam, vielfältig benutzt 
hat), doch iſt bei den einzelnen Gegenſtaͤnden ſchwer zu uns \ 
terfcheiden, was von Ihm, und was von Pſeilus herrührt. 


| $. 58. 
Das Orphanotropheum Alerins. 1. Kaiſer Manuel 
Comnenus. . 


Die Verbreitung heitriffenfchaftlicher Kenntniſſe unter die 
Gebildeten hatte in diefer Zeit noch einen edferen Grund: die 
chriſtliche Deitdehätigkeit, die Hohen und Geringen die Sorge 
für Huͤlfloſe zur heiligen Pflicht machte. Unleugbar wurden 
hierin die. Abendländer von den Griechen übertroffen, und es 
gewährt eine erfreuliche Senugthuung, die Werke der Menſch⸗ 

1) P.31.— 2)P. III. 

3) P. 43. 

4) Leo Allat. de Psellis; ap. Fabric. Sect. 51. p. 33. 

11. . u 


306 


lichkeit im diefen trüben Sahehunderten ausjuzeichnen, im ben . 


Die Begebenheiten mit dem GSeifte des Ehrifienchums möcht in 
Uebereinſtimmung zu bringen find, wenn Died auch im Aeufern 
zu großen Unternehmungen anfenerte. i 

Was ſchon feit dem ſechſten Jahrhundert im griechiſchen 
Kalſerthum für Krankenpflege gefchehen war, brachte der Kai 
fee Alerius L (1081-1118) ungeachtet der bedenklichen 
Lage feines Reiches zur Vollendung. Fuͤhrte er Krieg, fo lich 
er oftmals, uneingedenk feiner höheren Pflichten als Felbherr, 
das Heer anhalten, um die Sterbenden entweber ſelbſt zu tr 
fien, oder ihnen die Sacramente zu Theil werben zu laſſen, 
und um die Kranken und Verwundeten in Sicherheit zu bein⸗ 
gen. Zurüdgefehet in bie Hauptſtadt machte er es dann zu 
feiner erfien Angelegenheit, für die Verſtuͤmmelten und bie 
Waiſen der Gebliebenen zu forgen. Er vertheilte fie in bie 
Kloͤſter und Krankenanftalten, "mit dem Befehle, fie gütig zu 
behandeln, und gruͤndete nach eigenen Entwürfen eine Stiſ 
tung in -Eonftantinopel, die fpäterhin ihres Gleichen nicht wies 
der gehabt bat. Dies war das berühmte Orphanotros 
pheum, eine Anftalt, oder vielmehr eine Stadt am äftlichen 
Ende Eonftantinopels, die von zehntaufend Wenfchen bewohnt 
wurde, Kranken, Sebrechlihen, Altersſchwachen, Erblinbeten, 
Waifen, Geiftlihen, Lehrern und Beamten. In der Diitte 
fland die fchon früher vorhandene Paulskirche, und um dieſe 
herum erſtreckten fi weitläuftige Gebäude, zu deren Beſich⸗ 
tigung im Innern ein ganzer Tag nicht hingereicht haben 
würde. Zarte Kinder wurden von Ammen gefäugt, Verſtuͤm⸗ 
melte und Exrblindete von ihren Wärtern gepflegt, jedem war 
nad, feinem Beduͤrfniß ein bequemer? Wohnplak angerviefen, 
und in zahlreichen Schulen wurde die Jugend zu einer befferen 
Beftimmung erzogen. Dabei machte. man keinen Unterfchied 
in ber Herkunft; die Waifen_der Franken, die während ber 


.307 


Kreuzzͤge dieſer Anſtalt haͤufig zugeſtroͤmt fein mögen, und 
ſeychiſche Kinder, in buntem Gemiſch mit den griechtſchen nah⸗ 
men Theil an diefen Wohlthaten. - Ein vornehmer Beamter 
Beforgte. die Leitung des Ganzen, und mit zahlreichen Unterge⸗ 
benen die Verwaltung der großen Grundſtuͤcke und der oͤffent⸗ 
lichen Abgaben, die dem Orphanotropheum zum unveräußers 
lichen Eigenthum angetwiefen waren. DMirgende war Mangel 
oder Aermlichkeit bemerkbar, und gewöhnlich nahmen-die Mit⸗ 
glieder der Maiferlichen Familie, fo wie der Kaiſer felbſ Tdeil 
an der Oberaufſicht "). | 
Die Mitwirkung der Aerzte bei der Krankenpflege in Dies 
fer denkwuͤrdigen Anftalt wer ſo untergeordnet, daß die Ges 
fehichefchreiberin des Alerius fie nicht einmal erwähnt hat. 
Doch würde man irren, wenn man ben Einfluß von Erfah⸗ 
rungsfennnifien auf bie Verwaltung der griedjifchen Kranken⸗ 
häufer zu gering anſchlagen wollte. Man bedurfte chirurgi⸗ 
“cher Fertigkeiten, die nur aus den alterchümlihen Werken 
erlernt werden konnten, und es iſt glaublich, daß die Mönde 
auch in ber innern Heilkunde, bei dem Zufluß von Huͤlfe⸗ 
flehenden -aller Art fih nicht bloß auf das: unbefriebigende 
Lehrbuch des Theophanes verliefen. In jedem SKranfens 
hauſe lagen die unentbehrlichften ärztlichen Schriften für die 
Moͤnche und Nonnen bereit, die Beruf fühlten, fi darans 
zu unterrichten, und Beifpiele der neueren Zeit haben gezeigt, 
daß die reiche Gelegenheit zu lernen, die fi in den Kranken⸗ 
haͤuſern darbietet, felbft in dem Kloſterleben und ohne vorauss 
gegangene Unterweifung zumeilen nicht unbenutzt vorübergeht. 
Für das mundärztliche Beduͤrfniß Yorgte in -Diefer Zeit 
ein fonft unbekannter Arzt Nicetas, der wahrfcheinlich am 
Hofe des Kaifers Alerius lebte, durch eine der beſten Samm⸗ 
1) Ann. Comnen, Alexiad! L. XV. p. 482. seq. 
u2 


lchkeit in diefen trüben Jahrhunderten ausgr  & 
. bie Begebenheiten mit dem Geifte des EP ie Abbit 
Uebereinftimmung zu bringen find, wi j f t und ze 


zu großen Unternehmüngen anfeuery⸗ ⸗ Theil au 
Was fchon feit dem echten, ’f f / ‚n Konftanties 
Kaiferchum für Krankenpflege ⸗⸗ Ai 75 een gegangen fiah 
fer Alerius 1. (1081-1. , uwaͤrtig in Florenz wer 
Lage feines Reiches zur Bo er, / „aftlichen Gebrauche in dem 
er oftmals, uneingedenk S’F cyrer, das Iſaac Angelus p 
das Heer anhalten, um: ü ‚ehunderts in Conſtantinopel geflftet 
fien, oder ihnen die, ‚omte man in dieſer Zeit die Fühnen hi 
und um die Kranke umgsweifen nach, zu denen. die Gammlunz 
gen.. Zuruͤckgele einer zaghaſten Moͤnchsheilkunde wenig ent 
ſeiner erſten acchriften enthielt. 
Waiſen der „Zeitenteften Aerzte in Conftantinopel waren zu An 
Kloͤſter wien Sahrhunderts Nicolaus Kallikles, Par 
behandel 7, Michael, der vieljährige Leibarzt Alerius 1. us 
tung i — — Michael’). Es kann nicht auffallen, daß Ber 
der Lane unter den fpäteren griechiſchen Kaifern oftmals ig 
ph ‚af als Aerzte verſuchten, denn man bediente ſich dieſer Art 
€ zer nicht felten zu den wichtigfien Gefchäften, und für ge 
andte Abentheurer war die Heilkunſt von jeher ein beiichti 
Sach, vornehmlich wenn irgend bie Umftände, fo wie jc&t, de 
Ausbildung guter Aerzte hinderlich waren, und dem wahre 


— 

1) Dir Eoder ded Nicetas, von dem Cocchi einen Theil bar 
ausgegeben hat. Graecorum chirurgici librı, Sorani unus de 
“ fracturarum signis, Oribasü duo de fractis et de luxatis. E col- 
lectione Nicetae ab antiquissimo et optimo codice Florentss 
descripti, conversi atque editi ab Antonio Cocchio, ete. Flores 
1754. fol. 


2) ©. die Vorrede Cocchi's, p. XI. 
3) Ann. Comnen. Alexiad, L. XV. p. 496. seq. 


n 


\ 


309 
‚ ihtende Achtung entgegenfam.: Bin an⸗ 


4 


»nus dur Geſchicklichkelt in 


—A 

% % ‚tungen Zutritt in den kai⸗ 
% —R erwarb ſich mis Aderlaſſen · ein 
7 un ‚endete nach mannigfachrm Gluͤrks⸗ 
N ). — Kaum iſt es erlaubt, nad den 
De drei Aerzte. in-der letzten Krankheit:bes-Rals 


, über den damaligen Zuftand der Heilkunde zu 

doch koͤnnen bei der Armuth der Zeit auch die ge: 
sigen Thatſachen nicht: Übergangen werden. Keiner Wer 
‚sen erkannte. die, wahrſcheinlich mit. einem Herzfehler her 
bundene Bruſtwaſſerſucht des Kranken, nachdem der zmedimds 
ige : Rath des Kallikles, einen vorgaͤngigenn Kheumatis⸗ 
mus mit Abfuͤhrmitteln zu beſeitigen, verworfen worden; war. 
Doch gereicht ihnen die mangelhafte Bearbeitung der Bruſt⸗ 


— 


. men Aerzte zu einiger Entſchuldigang, bei deren, ethargen 
die Tochter des Kaiſers den Vorſitz fuͤhrte ).5.. 


I En u Te — 
|) 


1... 


Aerzte feiner Zeit. in der Heilkunſt weit, übertroffen habe. °). 
War auch vielleicht dies Urtheil zu günftio, oder konnte ſelbſt 


— — — — — 


mußte es doch für die Krankenpflege in. den oͤffentlichen Ans 
ſttralten förderlich fein, wenn das Oberhaupt des Otagtes mit 
eigener Sachkenntniß ſich ihrer Leitung unterzog, wie von dieſem 
Kaiſer bezeugt wird. Manuel verordnete viele Heiltraͤnke 
1) Cinnam. MHitoriar. L. VI. p 173. Ed. Paris. 
\ 2) Ann. Connen. a. q. O. 
3) Cinnam. Histor. L. IV. p. 110. 


6 Lesbos, wußte fich vierzig Jahre 


übel bei den. Akten, und die große Zahl ‚der zufammengernfes - 


Anna Comnena beſaß felbßgmebicinifche Sennentfe dem 
Kaiſer Manuel aber ruͤhmte ein Zeitgenoſſe nach, daß ser: die 


ein maͤßiges Verdienſt einen ſolchen Preis leicht erringen, fo 


310 


. und Salben zum Gebrauche in den Krankenhaͤuſern; Die wahr 
ſcheinlich noch lange nach ihm beibehalten worden find, reichte 
ſelbſt, wenn keine Aerzte zue Hand waren, Kranken in- feine 
Umgebung Arzneien, ließ ihnen in dringenden Fällen ſelbſt pu 
Ader, und legte mit vieler Geſchicklichkeit Verbände an. So 
verbanfte thm der König Balduin 2. von Zeruſalem feine 
ſchnelle Wiederherſttilung von einer Verlegung der Hand, die 
er fich auf. der Jagd durch einen kurz mit: dem Pferde zu; 
gezogen *),; aud) waren es Manmel’S Leibärzte, die den Rab 
fee Konrad 3. nach ferner Niederlage in Kleinaſien (1147) 
von einer ſchon lange erdäfderen Krankheit heilten; und den 
Trümmern feines aufgeriebenen Kreuzheeres die nöthige Hilfe 
angebeihen ließen *"): Alle dieſe Arigaben find gleichwohi für 
die Sefchichte der Kunft von geringem Werthe, denn war es 
bis jeße unausführbar, oder hielt man es nicht für erforderlid 
einen Arztfihen Stand von einiger Gediegenheit durch Grün 
dung von Bhkaungsanftalten ins Leben zu rufen, fo konnten 
weder Auszeichnungen Einzekner, noch ſelbſt das Beiſpiel des 
Kaifers die Heilkunſt ˖ auf der Standpunkt erheben, den fie bei 
dem fonftigen Culturzuſtaude der Griechen Härte einnehmen 
muͤſſen, — wenn ſich nicht zu mächtige Hinderniſſe entgegen 
geftelt Hätten: ein argliſtiges Pfaffenthum, das die Nufmırb 
famfeit der Gebildeten auf finnvermwirrende Meltgtonsftreitigfek 
ten zu kenken wußte, dee Aberglaube der Zeit, dem auch Mas 
nuel völlig ergeben war, und die Altersfchiwäche des Volbet, 
die nicht wieder ruͤckgaͤngig werden konnte. 


1) Cinnam, a. a. O. , 


2) ©. den Brief Konra d's hierüber, bei Martene ei Du 
rand, Vett. scriptor. etc. Amplissima Collectio. T. II. p. M 
Paris, 1724. — Die Erzählung ber bierhergchärigen Vorgaͤnge f. bei 
v. Raumer, Geſchichte ber Hohenſtaufen, Bd. 1. ©. 542. 


31 


8. 59, 
Bermifhung ber griechiſchen Heilkunde mit der arabi⸗ 
ſchen. Syneſius. 

AUnterdeſſen machte die nahe Verbindung der Griechen mit 
ven Saracenen auf die Fräftig emporblühende arabifche Heil⸗ 
Ente aufmerffam. Won jeher waren die Griechen, wo nicht 
zugänglich für morgenländifche Wiflenfchaften, doch nicht um: 
einpfänglih für fremde Weife und aflatifchen Aberglauben. 
Schon bei den aͤlteſten Philofophen fanden die indifchen Wels 
fen in einem mpftifhen Anfehn, das durch die Entfernung 
und die Uebertreibüngen der Reiſenden erhalten wurde, ˖waͤh⸗ 
send die griechifche Euftur von Aegypten aus Einfläffen bloß⸗ 
geftellt war, die in der Entwickelung der Keillunde oftmals 
bemerklich geworden find. In Alerandrien waren die Willens 
ſchaften freinbartiger Einwirkung von Often her vielfältig auss ' 
geſetzt, und behielten nicht mehr Das altgriechifche Gepraͤge, das 
gegen wurde die Nüdwirfung von Alerandrien auf den gebildes 
ten Orient vor Jahrhundert zu Jahrhundert bedeutender, und 
als endlich die Neftorianer die griechiſchen Wiſſenſchaften in 
Syrien und Mefopotamien verbreitet hatten, da geftaltete fi) 
ein eigenthämliches Gemiſch von griechiſch⸗-ſyriſcher Gelehrſam⸗ 
keit). Die Perfer nahmen Theil an dem wiffenfchaftlichen 
Eher ihrer Nachbarn, nicht ohne fich auch der Heilkunde zus 
zuwenden, und es wird fi in ber Folge zeigen, daB die Bes 
arbtitung ber Biffenfchaften. bei den fegenden Arabern nur 
eine Fortfeßung der Vorbereitungen der griechiſchen Neſtoria⸗ 
ner war. 

Von allen dieſen Vorgaͤngen nahmen die Bekenner der 
aorthodoxen griechiſchen Kirche nur geringe Kenntniß. Was 





1) 8.31. ©. 190. 


% 





312 oo, 
ſich in Syrien und Mefopotamien neu gefaltet hatte im Neiche 
des Wiffens, blieb auf Afien beſchraͤnkt; kaum wurden tm fede 
ften Jahrhundert in den Werken der Heilkunde einige perſiſche 
Aerzte genannt"), und nur bei geringfügiger Gelegenheit. Dod 
änderten fich diefe Verhaͤltniſſe einige Jahrhunderte. fpäter, als 
in Bagdad die Künfte des Friedens eifrig gepflege wurden, und 
der Ruf arabifcher Aerzte und Gelehrten fi) über die gange 
Melt verbreitete. Die Griechen, die jeßt ihre eigene Schwäde 
fühlten, oder mit dem Scheine von Bielfeitigkeit prunfen woll⸗ 
ten ‚ ſahen ſich genoͤthigt, von den Arabern zu lernen, ihre 
Gelehrten machten ſich mehr und mehr vertraut mit den gang⸗ 
baren orientalifchen Sprachen, und fchon in der “Mitte des 
elften Jahrhunderts erfchienen arabifche Werke in griechifchen 
Neberfeßungen, wie das Zeitalter fie bedurfte, d. h. vornehm⸗ 
lich folche, die dem Aberglauben wohlgefällig twaren, wie Si⸗ 
meon’s arabiihes Traumbuch »). Doch hatte Pfellus 
auch der Naturkunde ber Afiaten in ihrer Verbindung mit 
der Keilmittellehre den Zugang eröffnet, und. Simeon ſchritt 
fort auf. der gebrochenen Bahn. Die eigentliche Heilkunde der 
Araber blieb dei diefen Bemühungen noch immer unbeachtel, 
denn man glaubte ihrer nicht zu bedürfen, oder es fanden ſich 
keine des Arabifchen Eundige Aerzte, die fie auf dem verödeten 
griechifchen Boden hätten verpflanzen finnem Man fah und 
wollte nichts weiter fehen, als was in den gangharen Lehrbüs 
chern enthalten war, für alle neuen Erſcheinungen waren die 
Sinne der griechifchen Aerzte verſchloſſen, und fo weit ging 
die Erfchlaffung, dag man Krankheiten, die fchon ſeit dem ſech⸗ 
fien Jahrhundert in Aften, Afrika und Europa unabläffig Tod 


1) 3. B. Oſtanes und Zalahtes von Alexander von 
Tralles. 5. 40. ©. 179. 


2) $. 57. &. AL 


313 


und Verderben verbreiteten, in aͤrztlichen Schriften nicht eins 
mal beachtete. Dies find die Pocken), von denen ein treffe” 
licher arabäfcher Arzt zu Anfang des zehnten: Jahrhunderts 
ausdruͤcklich verficherte, fie ließen; hier und da kanm? æintge 
Menſchen verſchont °); eine Seuche, die zugleich mit ben Maſern 
die aͤußerſten Grade der Boͤsartigkeit erreichte, und durch wibers 
natürliches Verfahren aller Orten recht eigentlich gehegt wurde. 
Weder die zunehmende Gefahr für die Bevölkerung der 
Länder, noch der Ruf des: Rhazes, des allbefannten gro⸗ 
Ben Lehrers in Bagdad, vermochte die. Griechen aus: ihrer 
Starrfucht zu erwecken, bis endlich, ein fonft unbekannter Arzt, 
er führt den Namen Syneſius, das Wert nahm, um 
feine Zeitgenofien aus. einer ‚arabifchen Duelle über jene Krane 
beiten aufzufiären. Oyneſius überfegte. eim: wicht: unven 
dienfiliches Werk des Abu Dſchafar Ahman ’) ins Gries 
chiſche *), das unter dem Titel Reiſehandbuch, Zad ol 
Mosafer °), die Lehre von der Erkenntniß und Behand⸗ 
‚ lang der Krankheiten enthielt, und mit fo großem Beifall 
aufgenommen wurde, daß auch die Schule zu Salerno ſich 


1) Vergl. 8. 27. 8. 151. 


2) Rhazis de Variolis et Morbillis Commentarius. Ex Ara: 
bico latine redditus.- Ap. Mich. Mead, de: Variolis et Mörbillis 
etc. Lond. 1747. 8. C. 1. p. III. Eu 
3) Sein vollfiändiger Name if: Abu Oſchafar Ahmad. 
Ebn Ibraim Ebn Abu Ehaled. Er war aus Atzaztrab in 
Meſopotamien gebuͤrtig, und ſtarb i. J. 1080. 

4) Gedruckt iſt nur ein Theil davon: Fynesius de Febribus, 
quem nunc primum ex codice MS. bibligthecae Lugdum- -Bafa- 
_ vae edidit, vertit, notisque illustravit Jo. Steph. Bernard. Ac- 
cedit Viatici Constantino Africano interprete Lib, VII. pars. 
Amstelaedam. 1749. 8. 


5) X —XRXXC Viaticum. | 





314 

feiner in der lateiniſchen Ueberfegung Eonftantin’s von 
Afrika") bediente. - Die Griechen, die alles Fremde nur mit 
Hochmuth anfahen, gaben bei der Aufnahme diefer Meberfegung 
dei Syn eſius cin nieberfchlagendes Geſtaͤndniß ihrer Ent 
artung. Denn es waren nun nicht mehr vereinzelte Kennt 
niffe, die ihnen zugeführt wurden, fondern man gab ihnen bie 
gefammte Heilkunde in morgenländifcher Seftalt, die ſich ihren 
bisherigen Begriffen durchaus nicht’ fügen Eonnte: Galeniſche 


Lehrſatze, in unbedingter Unterwuͤrſtgkeit unter Das Anſehn bes 


großen Gebieters der Heilkunde angenommen, und weitläuftig 
verroebt mit den Ergebniſſen einer:neuen, dem Seitalter and 
der neuen Sinnesart ber Aflaten zufagenden Forfchungsweife. 


"Sie lernten nun wieder von den Arabern, woran’ ihre Vor⸗ 


fahren ſchon im zweiten Jahrhundert nicht mehr gezweifelt hat 


"ten, daß das eintaͤgige Fieber. aus einer Erbigung des Luftgels 


ſtes eutſtehe, gelbe Galle das dreitägige, ſchwarze das viert⸗ 
gige Wechſelfieber verurſache, daß Verderbniß und Faͤulniß ins 
nerhalb der Gefaͤhe, anhaltende, außerhalb des Gefaͤße Wech⸗ 
ſelfieber bewirke, mit allen ſonſtigen Zugaden der Galeniſchen 
Thesrie, die ſchon laͤngſt dahin geführt, wohin fie führen konnte, 
und die Forſchungen freifinniger Beobachter eher gehindert als 
gefördert hatte. Dazu. fügten die Araber eine ganz eigenthuͤm⸗ 
liche Behandlung der Krankheiten, eine äußerft genaue Lebende 


‚ordnung, mit Beruͤckſichtigung aller Beduͤrfniſſe aftatifcher Weich⸗ 


fichkeit, ſchonendes, abwartendes Verfahren bei dem Gebrauche 
ſanftwirkender Mittel, und unbedingtes Vertrauen auf bie 


Wirkſamkeit geringfuͤgiger oder gleichguͤſtiger Stoffe, die mit 


aller Sorgfalt einer neu entftandenen Apothekertunſt bereitet 
wurden. 





1) In der Ausgabe des Rhazes von Gilbert de Billiers, 
Lugdun. 1510. 8. enthalten. 


0 | 8315 

In dies Verhaltniß erat DR arabiſche Heilkunbe zur grie⸗ 
chiſchen, beguͤnſtigt von dem allgemeinen Vorurtheil, das the 
An der ganzen Welt Eingang verſtattete. Selbſterworbene 
Kenntniß des menſchlichen Körpers und feiner Verrichtungen 
beſaßen die Araber nicht, denn ihe · Glaube verbot ihnen Lei⸗ . 
en zu entweihen, "umd fie mußten mithin nur, was Galen 
Ihnen lehrte, aber · die Griechen hatten: hierin keinen Vorzug 
vor ihned, denn Theophilus war’ der letzte, der ſich eigener 
phyſiologlſcher Unterfuchunhen ruͤhmen kLonnte). Hierven nun 
abgeſehen, enthält" das Handbuch Abu Dfaafar’3 manche 
ſchaͤhbare und Für die Sriechen lehrreiche Angaben.: Die Pohr 
ken'und Deafern beſchreibt er, made ſtrengen Anforderungen 
mar nicht ſehr'genau; und mit einee unziemlithen Vermiſchunß 
der Zufaͤlle beider Krankheiten, aber dB) verſtaͤndlich fuͤr feine 
Seitgenoffen, denn jene Vermiſchimg war bel! ben: Arabetn ges 
woͤhnlich, und ſcheint auf’ der Vorausſetzung deruht yur-haben, 
daß die Maſern, die man durchgängig für gefaͤhriſcher hist, 
Nur :eine ’ choferifche Art von Porken wären.’ "Oynefius 
wählte für beide den gewiß’ ſchon früher ' gebräuchlichen Na⸗ 
men JAsswich, der Ihre Anftetungskraft" erefflich "bezeichnet, 
Givxrasden —RX fuͤr die Pocken, Aria ai wur Adsmına 
für die Mafern *), die vori-andern auch A354 genannt wur: 
den. = So bezeichnet fie ndenigftend der griechiſche Ueberſetzer 
des Rha zes ini vierzehnten Jahrhundert, indem er verſichert 
dieſe Benennung von den Alten, ’d.:h. den ſyriſchen Griechen 
entiehnt zu bäben?). Abu’ Dfchnfar ließ bie Poden aus 

Faͤulniß des Blutes. entſtehen, nach der urfpruͤnglichen Ans 





_ 


1) 8. 42. S. 18 
2) C. 9. p. 288. 
3) ©. bie Goupylſche Ausgabe bed Alexander von Tralles 
(oben S. 156. Anm. 6.), der diefe Ueberſetzung beigefügt if. 





504 . 

man wie gegenwaͤrtig und in den aͤteſten Beten. auf den: Det 

ſam feßte, veranlaßte vielerlei Werfätfhumgen dieſes treffiichen 

. Keilmittiis'?).: Sehr vicheig bemerkt · Sime on, daß der Saft 

des Salates, in Munge genommen, tadee; daß dieſe Pflanze 
ſchlafmachende Kraͤſte baſtxe, wuher man ſon wel früͤhr . 
Vom Zimmt unterfehled man fieben Arten, von denen bie beſte 
Her Muſſul nach Eropaitam *); unter Ben Abrigen indiſchen 
Gewuͤrzen finden ſich bei Simeos die Gewuͤrznelken und die 
Muskatnuß). Der Welhrauch war noch allgemein gebraͤuch⸗ 
Geh; man hielt ihn ſelbſt fuͤr ein ſſtcherre Votbauungsmittel der 
Anſteckung in’ Peſeuen, wenn man die eier damit Dur 
raͤucherte). 

Die gewoͤhnlichen Meheungomiten Pr wie bei den’ Frih⸗ 
ven abgehandelt, und bemerkenswerrh moͤchte vielleicht nur fein, 
auch Pfeklus theilte dieſe Meinung °),--baß man die - Tauben 
für fo fchädlich. hielt, daß der veichliche Genuß ihres Fleiſchee 
ſelbſt Ausfag bewirken koͤnnte )) ‚Der Cphroe,- der in. Mas 
lien ſchon taufend Jahre früher zu den gewoͤhnlichen Gurt . 
geroächfen gehörte *), war -erft im elften Sahrblamber in Con⸗ 
Rantinopel ‚gebräuchlich geworden, und wurde in Betreff feine 
Wirkungen auf den Koryet ganz richtig brattheilt·). Gekochte 
Oele bereitete man ws einem Zuſas von Weſſer md den Stef - | 

fen, 


D 
— —2—— — — — — — — — — — —z — 


1) P. 14. 

2) P. 67. — Celr. de med. L. II. c. 2. P- 108, 

S)P..— YES 

5) p. 64 — 6) A. aD. p 6. 

7) P. 3. 

8) S. bei Gelfus, an mehreren Sit, fo wie die ande 
voictbfihoftfichen Werke. 

9) P.’8, 


305 
fen, deren Geruch oder Geſchmack man ihnen mittheilen wollte, 
z. B. Olivenoͤl mit Mandeln oder Piftacien und drei Theilen 
Waſſer, bis zur Verdampfung des legtern abgekocht *)., Ein 
füßes Getraͤnk aus Roſinen und Honig, das in Aegypten übs 
fi war *), und dem Defrutum, dem Mulsum und dem Pas- 
sum der Rönier zur Seite gefeßt werden kann, ſcheint niemals 
allgemein geworden zu fein. 

Die Hinneigung Simeon’s-zur arabifchen Heilmittel 
lehre ift augenfcheinlih. Mehrere VBereitungen‘ von Julep 
(Zevaszıen) kommen bei ihm vor, lund auch Syrupe, die ‚den aͤl⸗ 
teren Griechen gaͤnzlich unbekannt waren, werden hier und da 
empfohlen, z. B. der Veilchenſyrup (seeaxager) gegen Bruſt⸗ 
krankheiten ). Es iſt erwieſen, daß Simeon auch bei der 
Abfaſſung dieſes Werkes die Schriften des Pſ ei Ins, unter. - 
denen ihm wahrſcheinlich eine noch vorhandene alphabetifche 
Sammlung am meiften zu Starten kam, vielfältig benußt _ 
bat *), doch ifk bei den einzelnen SSegenftänden ſchwer zu uns x 

terfcheiden, was von Ihm, und was von Pfellus herruͤhrt. 


8. 58. 
Das Drphanotropheum Alerine 1. Kalfer Manuel 
Comnenus. 


Die Verbreitung heilwiſſenſchaftlicher Kenntniſſe unter die 
Gebildeten hatte in dieſer Zeit noch einen edleren Grund: die 
chriſtliche Mildthaͤtigkeit, die Hohen und Geringen die Sorge 
fuͤr Huͤlfloſe zur heiligen Pflicht machte. Unleugbar wurden 
hierin die.Abendländer von den Griechen übertroffen, und es 
gewährt eine erfreufihe Senugthuung, die Werke der Menſch⸗ 





1) P. 31. -2) P. UL 

3) P. 43. 

4) ‚Leo Allat. de Psellis; ap. Fabric. Sect. 51. p. 33. 
II. u 


306 


lichkeit in diefen trüben Jahrhunderten auszuzeichnen, in dem . 
. bie Begebenheiten mit dem Geifte des Chriſtenthums nicht in 
Uebereinftimmung zu bringen find, wenn Dies auch im Aeußern 
zu großen Unternehmüngen anfenerte. 

Was fchon feie dem fechften Jahrhundert im griechiſchen 
Kaiſerthuin für Krankenpflege geſchehen war, brachte der Kai 


ſer Alerius 1. (1081-1118) ungeachtet der bedenklichen 


Lage feines Neiches zur Vollendung. Fuͤhrte er Krieg, fo ließ 
er oftmals, uneingebenf feiner höheren ‘Pflichten als Feldherr, 
das Heer anhalten, um die Sterbenden entweder felbft zu trös 
Ken, oder ihnen die Sacramente zu Theil werden zu laſſen, 
und um die Kranken und Verwundeten in Sicherheit: zu brias 
gen. Zuruͤckgekehrt in die Hauptſtadt machte er es dann zu 
ſeiner erften Angelegenheit, für die Verſtuͤmmelten und die 
Waiſen der Gebliebenen zu forgen. Er vertheilte fie in bie 
Kloͤſter und Krankenanftalten, "mit dem Befehle, fie gütig zu 
behandeln, und" gründete nach eigenen Entwürfen eine ©ti£ 
tung in Conſtantinopel, die fpäterhin ihres Steichen nicht wie 
der gehabt hat. Dies war das berühmte Orphanotros 
pheum, eine Anftalt, oder vielmehr eine Stadt am oͤſtlichen 
Ende Eonftantinopels, die von zehntaufend Menſchen beroohnt 
wurde, Kranfen, Sehrechlihen, Altersſchwachen, Erblinbeten, 
Waiſen, Geiftlichen, Lehrern und Beamten. In der Mitte 
ftand die fchon früher vorhandene Paulskirche, und um biefe 
herum erſtreckten ſich mweitläuftige Gebäude, zu deren Beſich⸗ 
tigung im Innern ein ganzer | Tag nicht hingereicht haben 
würde. Sarte Kinder wurden von Ammen-gefäugt, Verſtuͤm 
melte und Erblindete von ihren Wärtern gepflegt, jedem war 
. nad. feinem Beduͤrfniß ein bequemer® Wohnplag angemiefen, 
und in zahlreichen Schulen wurde die jugend zu einer beſſeren 
Beſtimmung erzogen. Dabei machte man keinen Unterſchied 
in der Kerkunft; die Waifen_bder Franken, die während ber 





.307 


Kreuzzͤge dieſer Anſtalt häufig zugeſtroͤmt fein mögen, und 
ſeythiſche Kinder, in’ buntem Gemiſch mit den griechifhen nabs 
men Theil an diefen Wohlthaten. Ein vornehmer Beamter 
beforgte. die Leitung des Ganzen, und mit zahlreichen Unterge⸗ 
benen die Verwaltung der großen Grundſtuͤcke und der öffent: 
lichen Abgaben, die dem Orphanoteopheum zum unveraͤußer⸗ 
lichen Eigenthum angewieſen maren. Nirgends war Mangel 
oder Aermlichfeit bemerfbar, und gewöhnlich nahmen -die Mies 
glieder der kaiſerlichen Familie, ſo wie der Kaiſer on Theil 
an der Oberaufſicht ). | 
Die Mitwirkung der Aerzte‘ bei der Krankenpflege in bier 
fee denkwuͤrdigen Anftalt wer fo’ untergeordnet, daß die Ges 
ſchichtſchreiberin des Alexius ſie nicht einmal erwähnt hat. 
Doch würde man irren, wenn man den Einfluß von Erfah⸗ 
rangsenntniffen anf bie Verwaltung der griechiſchen Kranken⸗ 
haͤuſer zu gering anfchlagen wollse.. Man bedurfte chirurgis 
"Tcher Fertigkeiten, bie nur aus den alterchümlichen Werfen 
eriernt werden konnten, und es if glaublich, daß die Mönche 
auch in der innern Heilkunde, bei dem Zufluß von Huͤlfe⸗ 
flehenden -aller Art fih nidt bloß auf das unbefriedigende 
Lehrbuch des Theophan es verliefen. In jedem Kranken⸗ 
hauſe lagen die unentbehrlichften ärztlichen Schriften für die 
. Mönche und Nonnen bereit, die Beruf fühlten, fi darans 
zu unterrichten, und. Beifpiele der neueren Zeit haben gezeigt, 
daß die reiche Gelegenheit zu lernen, die fich in den Kranfens 
häufern darbietet, felbft in dem Kiofterleben und ohne voraus; 
gegangene Untermeifung zuweilen nicht unbenutzt vorübergeht. 
Für das mwundärztlihe Beduͤrfniß ſorgte in dieſer Zeit 
ein fonft unbefannter Arzt Nicetas, der wahrfcheinlid am 
Hofe des Kaifers Alerius lebte, durch eine ber beften Samms 


1) Ann. Comnen. Alexiad: L. XV. p. 482. seq. 
u2 





308 


lungen, die man ſeit Ori baſius veranftafter hatte '). ke 
| enthält die fchägbarften chirurgifchen Bruchſtuͤcke, mir Abbil 
dungen von Verbänden und Mafchinen, mwohlgeordnet und zu 
einem trefflichen Lehrbuche zufammengeftelle, zum Theil aus 
Werfen, die bei der nachherigen Plünderung von Konftantins 
pel durch die. Kreuzfahrer für immer verloren gegangen find. 
Eine Handfchrift davon, die noch gegenwärtig in Florenz vor 
handen iſt, diente zum gemeinfchaftlichen Gebrauche in dem 
Krankenhauſe der vierzig: Märtyrer, das Iſaac Angelus za 
Ausgang des zwölften Jahrhunderts in Eonftantinopel gefliftet- 
hatte). Schwerlich ahmte man in dieſer Zeit die kuͤhnen hi; 
rurgifhen Verfahrungsweiſen nach, zu denen. die Sammlung 
des Nicetas die einer zaghaften Moͤnchsheilkunde wenig ent 
fpvechenden Vorfchriften enthielt. 

Die berähmteften Aerzte in Tonftantinopel waren zu Ar 
fang des. zwölften Jahrhunderts Nicolaus Kallikles, Pan 
tehnes Michael, ber vieljährige Leibarzt Alexius 1. und 
‚ein Eunuy Michael’). Es kann nicht auffallen, dag Ber 
fehnittene unter den fpäteren griechifchen Kalfern oftmals ihr 
Gloͤck als Aerzte verfuchten, denn man bediente ſich dieſer Art 
Leute -nicht ‚felten zu den wichtigſten Sefchäften, und für ge 
wandte Abentheurer war die Heilkunſt von jeher ein belichtes 
Sach, vornehmlich wenn irgend die Umftände, fo wie jegt, der 
Ausbildung guter Aerzte binderlih waren, und dem wahren 
— ) 

1) Dir Coder bed Nicetas, von dem Cocchi einen Theil her⸗ 


ausgegeben hat. Graecorum chirurgicı libri, Sorani unus de 


“ fracturarum signis, Oribasü duo de fractis et de luxatis. E col- 


lectione Nicetae ab antiquissimo et optimo codice Florentino 
descripti, conversi atque editi ab Antonio Cocchio, etc. Florent. 
1754. fol. 


2) ©. die Vorrede Cocchi's, p. XI. 
3) Ann. Comnen. Alexiad. L. XV. p. 496. seq. 





309 
Berdienſt nicht die gebähtende Achtung entgegenfam.: Ein an⸗ 
derer Eunuch, Themas ans Lesbos, wußte ſich vierzig Jahre 
ſpaͤter, unter Manuel Comnenus durch Gefciclichkelt.in 
den niebrigfien chirurgiſchen Berrichtungen Zutritt in.heu. fat 
ferlichen - Palaft zu. verfchaffen, erwarb fi mir Adestäffer-ein 
bedeutendes Vermögen, und endete nach mannigfachrm Gluͤrks⸗ 
wechſel im Gefaͤngniße). — Kaum iſt es erlaubt, nad) den 
Mathſchlaͤgen jener drei Aerzte in der letzten Krankheit des Rats 
ſers Alexius uͤher den damaligen Zuſtand ‚der. Heilkunde zu 
uttheilen, doch koͤnnen bei der Armuth der Zeit auch die ge 
tingfügigen Thatſachen nicht- Äbergangen werden. . Reime wen 
“ihnen erkannte. die, wahrſcheinlich mit- einem Herzſehler ber 
bundene Bruftwafferfucht des Kranken, nachden der. zweckmaͤ⸗ 
Bige Math des Kallikle 8, einen vorgaͤngigenn Rheumatis⸗ 
mus mit Abfuͤhrmitteln zu beſeitigen, verworfen worden· war. 
Doch gereicht ihnen die mangelhafte Bearbeitung der Bruſt⸗ 


übel: bei den. Aften, und die große Zahl der zuſammengerufe⸗ 


. nen Aerzte zu einiger Entfchuldigung, bei deren, Veraiharoen 
Die Tochter des Kaiſers den Vorſitz führte ?), . 


Anna Comnena beſaß felbßumedicinifche — dem | 


- Kaifer Manuel aber rühmte ein Zejtgenoffe nach, daß ser: die 
Aerzte feiner Zeit in der Heilkunſt weit, übertroffen habe. °). 
War. ach, vielleicht dies Urtheil zu günftie, oder konnte felbft 
ein mäßiges: Verdienſt einen. folchen Preis leicht erringen, fo 
mußte es. doch für die Krankenpflege in den öffentlichen Ans 
ſtalten förderlich fein, wenn das Oberhaupt des Ofaates mit 
eigener Sachkenntniß ich ihrer Leitung unterzog, wie von diefem 
Kaiſer sagt wird. Manuel verordnete viele Heiltraͤnke 

1) Cinnam. Historiar. L. u. p. 173. Ed. Paris, 
. x 2) Ann. Comnen. 0. 9. O. 

3) Cinnam. Histor. L. IV. p. 110. 


s‘ 


310 


und Salben’ zum Sebrande in den Krantenhäufern, Die wahr 
ſcheinlich noch lange nad Ihm beibehalten worden find, reichte 
ſelbſt, wenn feine Aerzte zue Hand waren‘, Kranken in. feine 
Umgebung Arzneien, ließ ihnen in dringenden Fällen ſelbſt zur 
Ader, und legte mit vieler Geſchicklichkeit Werbände an. So 
verbankte tim der König Balduin 2. von Jeruſalem feine 
ſchnelle Wiederherſtellung von einer Verittzung der Hand, be 
er fi auf. dee Jagd durch einen Sturz mit dem Pferde zu 
gezogen "); auch waren ed Man uel's Leibärite, Die den Kal 
fer Konrad 3. nach feiner Niederlage in Kleinaſien (1147) 
von einer ſchon lange erbüfdeten Krankheit heilten, und den 
Truͤmmern feines aufgeriebenen Kreuzheeres die noͤthige Huͤtſt 
angedeihen ließen ). Alle dieſe Angaben find gleichwohl für 
die Geſchichte der Kunſt von geringem Werthe, denn war es 
bis jetzt unausfuͤhrbar, oder hielt man es nicht für erforderlich 
einen Arztfichen ‚Stand von einiger Gediegenheit durch Gras 
dung von Baungsanftalten ins Leben: zu rufen, fo Eonnten 
‚weder Auszeichnungen Einzekner, noch felb das Beiſpiel des 
Kaifers die Heilkunſt ˖ auf den Standpunkt erheben, den fie bei 
dem fonftigen Culturzuftaride der Griechen hätte einnehmen 
müffen, — wenn. fih nicht zu mächtige Hinderniſſe entgegen 
geftelle Hätten: ein argfiftiges Pfaffenthum, das die Nufmekı 
famfeit der Gebildeten auf finnverwirrende Nefigionsftreitiges 
ten zu kenken wußte, dee Aberglaube:der Zeit, dem auch Mu 
nuel völlig ergeben war, und die Altersfchwäche des Welke, 
die nicht wieder rückgängig werden fonnte. 


1) Cinnam, a. a. O. , 


2) ©. den Brief Konra d’8 hierüber, bei Martene ei Du 
rand, Vett. seriptor. etc, Amplissima Collectio- T. HI. p. 9, 
Paris, 1724. — Die Erzählung der bierbergchärigen Vorgänge f. bei 
v. Raumer, Gefcichte der Hohenſtaufen, Bd. 1. S. 542. 


31 


$. 59. 
Vermiſchung der griechiſchen Heilkunde mit der arabi⸗ 
ſchen. Syneſius. 

Unterdeſſen machte die nahe Verbindung der Griechen mit 
von Daracenen auf'die Fräftig emporblühende arabiiche Heil⸗ 
kunde aufmerffam. Won jeher waren die Griechen, wo nicht 
zugänglich für morgenländifche Wifienfchaften, doch nicht un⸗ 
einpfänslih für fremde Weiſe und aflatifchen Aberglauben. 
Schon bei den älteften Philofophen fanden die indifchen Weis 
fen in einem myftifhen Anfehn, das durd die Entfernung 
und die Uebertreibungen der Reiſenden erhalten wurde, 'mähs 
send die griechifche Cultur von Aegypten aus Einfluͤſſen bloß⸗ 
geftellt war, die in der Entwidelung der Heilkunde oftmals 
bemerklich geworden find. In Alerandrien waren die Willens 
haften fremdartiger Einmwirfung von Often her vielfältig auss ' 
gefeßt, und behielten nicht mehr das altgriechifche Sepräge, das 
gegen wurde die Ruͤckwirkung von Alerandrien auf dem gebildes 
ten Orient von Jahrhundert zu Jahrhundert bedeutender, und 
als endlich die Neftorianer die griechifchen Wiſſenſchaften in 
Syrien und Mefopotamien verbreitet hatten, da geftaltete fich 
oin eigenthuͤmliches Gemiſch von griechifch s fprifcher Gelehrſam⸗ 
keit 7). Die Perfer nahmen Theil an dem wiffenfchaftlichen 
Eifer ihrer Nachbarn, nicht ohne fich auch der Heilkunde zw 
zuwenden, und es wird fich in der Folge zeigen, daß die Bes 
arbeitung der Wiſſenſchaften bei den Alegenden Arabern nur 
eine Bortfegung ber Vorbereitungen der griechiſchen Neſtoria⸗ 
ner wear. | | ' 
7°. Bon allen biefen Vorgängen nahmen die Bekenner ber 

- sethodogen griechiſchen Kirche nur geringe Kenntniß. Was 


1) 8.31. ©. 190. 


312 | 
ſich in Syrien und Mefopotamien new geftaltet hatte im Reiche 
des Willens, blieb auf Aſien befchränkt; kaum wurden im ſeqh⸗ 
ſten Jahrhundert in den Werken der Heilkunde einige perſiſche 
Aerzte genannt"), und nur bei geringfügiger Gelegenheit. Doch 
änderten fich dieſe Verhaͤltniſſe einige Jahrhunderte fpäter, ad 
in Bagdad die Künfte des Friedens eifrig gepflegt wurden, umd 
der Ruf arabifcher Aerzte und Gelehrten fi) über bie ganze 
Welt verbreitete. Die Griechen, die jeßt ihre eigene Schwaͤche 
fühlen, oder mit dem Scheine von Vielfeltigkeit prunfen wolb 
ten , ſahen ſich genoͤthigt, von den Arabern zu lernen, ihre 
Gelehrten machten ſich mehr und mehr vertraut mit den ganz⸗ 
baren orientalifchen Sprachen, und ſchon in der Mitte des 
eiften Jahrhunderts erfchienen arabifche Werke in griechiſchen 
Veberfeßungen, - tote das Zeitalter fie bedurfte, d. h. vornehm⸗ 
lich folche, bie dem Aberglauben wohlgefällig waren, wie Bis 
meon’s arabifhes Traumbuch *)., Doch hatte Pfellus 
auch der Naturkunde der Afiaten in ihrer Verbindung mit 
der Heilmittellehre den Zugang eröffnet, und. Simeon ſchritt 
fort auf. der gebrochenen Bahn. Die eigentliche Heilkunde der 
Araber blieb bei diefen Bemühungen noch immer unbeachtet, 
denn man glaubte ihrer nicht zu bedürfen, oder es fanden ſich 
feine des Arabifchen kundige Aerzte, die fie auf den verddeten 
griechiſchen Boden hätten verpflanzen koͤnnen. Man ſah mb 
wollte nichts weiter fehen, ale was in den .gangbaren Lehröts 
chern enthalten war, für alle neuen Erfcheinungen waren die 
Sinne der griechiſchen Aerzte verfchloffen, und fo weit ging 
die Erfchlaffung, daß man Krankheiten, die fchon feit dem fer 
fien Jahrhundert in Aften, Afrifa und Europa unabläffig Tod 


1) 3. B. Oflanes und Zalachtes von Alexander von 
Zralles. $. 40. &. 179. 


.2) $. 57. &. 301. 





313 


umd Verderben verbreiteten, in Ärztiichen Schriften nicht. eins 


mal beachtete. Dies find die Pocken *), von denen ein treffe 


licher araböfcher Arzt zu Anfang des "zehnten Jahrhunderts 
ausdruͤcklich verficherte, fie liefert: hier amd da kaum? æintgr 
Menfchen verfchent *), eine Seuche, dir zugleich mit den Maſern 
die Außerften Grabe der Bösartigkeit erreichte, und Durch wider: 
natürliches Verfahren aller Orten recht eigentlich gehegt wurde. 

Meder .die zunehmende Gefahr. für bie Bevoͤlkerung det 
Länder, noch der Ruf bes Rhazes, des allbefannten groꝛ 
Gen Lehrers in Bagdad, vermochte die. Griechen aus ihrer 
„Starrfucht zu erwecken, bis endlich, ein fonft unbekannter Arge, 
er führe den Namen Syneſius, das Wort nahm, uns 
feine Seitgenoffen aus. einer ‚arabifchen Quelle über jene Krank 
heiten aufzuklären. Syneſius überfegre ein nicht ungeis 
dienſtliches Werk des Abu Dſchafar Ahmad) ins Gries 
chiſche), das unter dem Titel Reiſehandbuch, Zad ol 
Mosafer *), die Lehre von der Erkenntniß und Behand⸗ 
tung der Krankheiten enthielt, und mit ſo großem Beifall 
aufgenommen wurde, daß auch die Schule zu Salkıno ſich 





1) Vergl. $. 27. S. 151. 
2) Rhazis de Variolis et Morbillis Commentarius. Ex Ara- 
bico latine redditus. : Ap. Hich. Mead, de Variolis et Morbillis 
etc. Lond. 4747. 8. C. 1. p. 111. j 


3) Sein vollftändiger Name if: Abu Dſchaf ar Abmad 


Ebn Ibraim Ebn Abu Chaled. Er war aus Atgaznab in 
Meſopotamien gebuͤrtig, und ſtarb i. J. 1080. 

4) Gedruckt iſt nur ein Theil davon: Synesius de Febribus, 
quem nunc primnm ex codice MS. bibligthecae Lugdumo - Bafa- 
_ vae edidit, vertit, notisque illustravit Jo. Steph. Bernard. Ac- 
cedit Viatici Constantino Africano änterprete Lib. VI. pars. 
Anstelaedam. 1749. 8, 


5) "Egodın dwelnueıse, Viaticum. | 


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feiner. in der lateiniſchen Ucberfegung Eonftantin’s von 
Afrika") bediente. - Die Griechen, Die alles Fremde nım mit 
Hochmuth anfahen, gaben Bei. der Aufnahme diefer Meberfegung 
desi Syneſius ein niederfchlagendes Geſtaͤndniß ihrer Eub 
artung. Denn e8 waren nun nicht mehr vereinzelte Kennt 
niffe, die ihnen zugeführt wurden, fondern man gab ihnen bie 
gefammte Heilkunde. in morgenländifcher Seftalt, die fi ihren 
bisherigen Begriffen durchaus nicht fügen Eonnte: Galeniſche 
"Lehrfäge, in unbedingter Unterwuͤrſigkeit unter das Anfehh des 
großen Gebieters der Heilkunde angenommen, und weitläuftig 
verwebt mit den Ergebniſſen einer neuen, dem Zeitalter una 
der neuen Sinnesart ber Aflaten zufagenden Forfchungsweife. 
"Ste lernten num wieder von ben Arabern, woran ihre Vor⸗ 
fahren ſchon im zweiten Jahrhundert nicht mehr gezweifelt Ha 
"ten, daB das «intägige Fieber aus einer Erbigung des Luftgei⸗ 
ſtes eütfiche, gelbe Galle das dreitägige,. ſchwarze das vierto⸗ 
sige Wechfelfieber verurfache, daß Verderbniß und Faͤulniß ins 
nerhalb der Gefäße, anhaltende, außerhalb der Gefäße Wed: 
felficber bewirkte, mit allen fonftigen Zugaden der Galeniſchen 
Thesrie, die fchon längft dahin geführt, wohin fie führen konnte, 
and die Forſchungen freifinniger Beobachter eher gehindert als 
gefördert hatte. Dazu. fügten bie Araber eine ganz eigenthuͤm⸗ 
liche Behandlung der Krankheiten, eine aͤußerſt genaue Lebende 
ordnung, mit Beruͤckſichtigung aller Bedärfniffe aſiatiſcher Weich: 
lichkeit, fchonendes, abwartendes Verfahren bei dem Gebrauche 
fanftwipfender Mittel, und unbedingtes Vertrauen auf die 
Wirkſamkeit gerinsfügiger oder gleichgüftiger Stoffe, die mit 

aller Sorgfalt einer neu entftandenen Aporheferfunft bereitet. 
wurden. 





1) In der Ausgabe bed Rhazes von Gilbert de Billiers, 
Lugdun. 1510. 8, enthalten. 


846 
In dies Berhaͤlmiß trat: die arabiſche Heiſkunde zur grie⸗ 
chiſchen, beguͤnſtigt ‘von dem allgemeinen Vorurtheil, das ihe 
in der ganzen Welt "Eingang verſtattete. Selbſterworbene 
Kennmiß des menſchlichen Körpers und Feiner Verrichtungen 
beſaßen dit Araber nicht, denn’ Ih · Glaube verbot ihnen Lets . 
hen zu enttweihen ;; "amd fie wußten mithin nur, was Galen 
Ihnen lehrte, aber - die Griechen «hatten: hierin keinen Vorzug 
vor ihned, denn Theophilus war’ der legte, der ſich eigener 
phyflologiſcher Unterſuchuntzen ruͤhmen konnte 3). Hiervon nun 
abgeſehen, enthaͤlt dus Handbuch Abu Diſchafar's manche 
ſchaͤtzbare und für die Griechen lehrreiche Angaben. Die DER 
ten’ und Mafern befchreibt er, nad; firengen Anforderungen 
war nicht fehr:genau; und mit einde: ungiemlichen Vermiſchung 
der Zufaͤlle beider Krankheiten, aber doch verſtaͤndlich fuͤr feine 
Zeitgenoſſen, denn jene Vermiſchimg war bei’Gen' Arabern ges 
woͤhnlich, und ſcheint auf der Vorausſetzung deruht zuhaben, 
daß die Maſern, die man durchgaͤngig file gefaͤhrlſcher hielt, 
nur eine choleriſche Art von Potken waͤren.Ohneſius 
wählte für Seide den gewiß ſchon früher gebräuchlichen Na⸗ 
men SAssmiids der ihre Anftetungstraft' trefflich bezeichnet, 
—QR&& —RRRXX fuͤr die Pocken, Ara aut won Aösmına 
für die Mefern ?), die von-andern auch swAjFa' genannt wur⸗ 
den. = So bezeichnet fie wenigſtens der griechiſche Ueberſetzer 
des Rhazes im vierzehnten Jahrhundert, indem er verſichert 
dieſe Benennung von den Alten, d.' h. den ſyriſchen ˖ Griechen 
entlehnt zu haͤben?). Abu ODſchafar ließ die Pocken aus 
Faͤulniß des Blutes entſtehen, nach der urfpruͤnglichen Ans 
1) 5.42. ©. 184. . 
2) c. 8. p. 288. | 
3) ©. die Goupylſche Ausgabe ded Alexander von Tralles 
(oben ©. 156. Anm. 6.), der diefe Ueberſetzung beigefügt iſt. 


® 
w 





348 J 
ſicht yon Rhazes, ber dieſen Vorgang, mit ber Weingaͤhruug 
verglich, indem das meftähnliche Blur der Kinder dadurch in das 
weinaͤhnliche der Erwachſenen verwandelt. würde 1).  Ueberaf 
beftand das Vorurtheil, Daß der Ausſchlag durch warme Dar 
deckungen hervorgetodt werden müßte, und die meiſten Agzzte 
aofläcten ‚ein roarmes ‚Verhalten der, Dogenksanfen für zu: um 
bepdingt nuͤtzlich, Rhazes, der. fi zwar auch in demfelben 
Sinn. audfpricht,. haste: jedoch beifallgmärdige, der, Verſchieden⸗ 
heit des AUebels angemeſſene Vorſchriſten gegeben, Abu 
Dſchafge indeſſen wuͤrde in. den⸗Vorwurf verfallen, einer 
erhihenden Behandtung der Pocken das: Wert geredet zu ha⸗ 
ben, wenn nicht durchgängig die Gelindigkeit der arabiſchen 
Behandlungseweiſe feine theoretiſche Anſichten unſchaͤdlich ges 
macht haͤtte. Mit Fenchel: und Peterſilienwaſſer, Rofenzucker 
u. dergl, ganz milden Stoffen, bie,den Ausbruch der Pocken 
und Waſern befördern ſollten, konnte wenigſtens ben Kranken 
fein; Nachtheil zugefuͤgt werden. Waͤhrend des Abtrocknens 
verordnete. man, die Pockenkranken auf ein Lager. von Reis— 
mehl zu legen, und ſchwaͤrende Steflen mit austrodinenden Mit⸗ 
teln zu behandeln; anderes nidyt zu: ‚erwähnen, worauf wir pi 
terhin zuruͤckkommen werden. _ jr! + 
Bemerkenswerth iſt feuer in der Ueberſebung des⸗Sy⸗ 
neſius die Beobachtung eines eintaͤgigen Badefiebers von 
alaunhaltigen, alkaliſchen und Schwefelbaͤdern ),_fo wie eine 
naturgetreue Beſchreibung des entzündlichen Ziebers ’) 
unter dem Namen wugıres @reradas, das aus bloßer Erhigung 
des Blutes im „Herzen und in den Schjagadern, ohne Faͤulniß 
entſtehen, und ſich häufig mit den Pocken verbinden fol. Abu 


1) C.1. p. 110. bei Mead. 
2) C. 1. p. I0. 
3) C. 7. p. 210. - 


1 


137 
Dſch afar: bekämpfte: es nit Aberlaͤſſen und gelinden Ab⸗ 
fuͤhxmitteln, deren er ſich bei anderen Gelegenheiten zaghaft 
und nicht ſelten bediente, wo Brechmittel an ihrer Stelle ge⸗ 
weſen wären. Zum.. Brechen verordnete er Sauerhonig mit 
Rettig, Roſenhonig und lauwarmem Waffer "); Tamarinden, 


Damafcenet Pflaumen, Myrobalanen und das Mark der Roͤh⸗ 


rencaſſie waren feine gewoͤhnlichen Abführmittel *). Der Se 
brauch der. deftillirten Waͤſſer, namentlich bes. Noſenwaſſers 
(Eoderayum ober gadas garayum ?), der Dele, ber Syrupe 


- und des Kamphers war bei den Arabern allgemein, und wurde 


mehr noch von den Abendländern, als von den Griechen ans 
genommen. Eigenthuͤmlich ift endlich noch bei Abu Dias 
far die Anwendung flarfer Gerüche und eine befondere Art 
von Luftverbefferung in ber Behandlung von Fiebern. So 
Heß er im Brennfieber Nofen, Myrrhen⸗ und Weidenzmeige 
um,den Kranken. ftreuen, und mit Waffer befeuchten *), wie 
er denn. noch mehr bei anderen Gelegenhelten d den aſiatiſchen 


Gexwohnheiten huldigte. 


Das Werk Abu Dſchafar's beſtand aus 6 eben Buͤ⸗ 
chern, die in der vollſtaͤndigen griechiſchen Ueberſetzung noch 
in Paris vorhanden ſind. Eine Handſchrift dieſer Ueberſetzung 
die jedoch nur zwei Buͤcher enthaͤlt, beſitzt die Bibliothek zu 
Leiden, und von dieſer hat Bernard ein Bud ®) über die 


1) C. 4. p. 166, 

2) C. 3. p. 138. 
3) Ann. Cormnen, Alexiad. L. XV. p: 498. 
4) C. 2. p. 106. Ä 


5) Vergl. die ganze Vorrede Bernard's zu feiner Ausgabe 
des Synefius. Sehr umflatthaft vermutbet Bernard, baf ber _ 


‚griechifche Ueberſetzer des Zad ol Mosafer der Alchymiſt Synefius 
geweſen fei, der wahrfcheinlih im fünften Jahrhundert gelebt hat. ©. 


j 








ss. 


Fieber. herausgegeben, ats dem bie vorfichenden Angaben ents 
nommen find. Ob der Lieberfeger wirklich Synefius gehei⸗ 
Ben, ift noch ſehr zweifelhaft, und ziemlich gleichgültig, indem 


ſich an diefen Namen Seine weiteren Erinnerungen anknüpfen. 


Sollte die fcharffinnige Vermuthung Bernard’s gegründet 
fein, daß das Viaticum Conſtantin's von Afrika eine ſpaͤtere 
Weberfegung des Zad ol Mosafer fei, als bie griechifche, fo 
müßte der griechifche Ueberſetzer unter Alexius 1. geicht Gas 


Zu ben, und wäre rin Zeitgenofle - von Pſellus und- Simeon 


geweſen. Doch fehlen dir Angaben, die Gewißheit geben 


tönnten. 


* 


Siebenter Abſchnitt. 


Heiltkunde der Griechen von der Einnahme Conſtan⸗ 
tinopels durch die Franken bis zum Fall des 
griechiſchen Kaiſerthums. (1203 — 1453.) 


4 


8.00. 


Das breigehnte Jabrhundert. — Demetrius Pepago 
menus. 


Die Pluͤnderung und Zerſtoͤrung von n Conſtantinopel durch 
die fränfifchen Kreusfahrer (1203), die mit der Thronbeſtei⸗ 


‚ gung Balduin’s von Flandern endete, war für die Wiſſen⸗ 


fchaften nicht weniger verderblich, als einft die Eroberung von 


Alegandrien durch die Saracenen und der Fanatismus ber 


Conring. Hermetic. mediein. ‚p. 400. Wir befigen von diefem eine 
durchaus unbebeutende Erläuterung einer Demofritifchen alchymi⸗ 
ſtiſchen Schrift, an Diofcorus, einem Priefter des Serapeums in 
Alexandrien. ©. Fabric. Bibliothec, graec. T. VIII. p. 333. 


319 


griechiſchen Bilderſtuͤrmer. Mögen bie Geſchichtſchreiber der 
Völker und Staaten von biefer Begebenheit und allen ihrem 
Folgen berichten, mögen fie auch nicht verſchweigen, daß die 
Mohheit des Mittelalters den koftbaren Leberreften der Vorzeit 
ein weites Grab öffnete, und cheiftliche Völker es waren, ‚bie 
ihre Nachkommen in vielbearbeiteten Gebieten des: Wiſſens aus 
fer Verbindung mit dem Alterthum feßten. Was feit Bas 
Ftl !): Die Sorgfamkeit der Griechen vor Untergang bewahrt, ' 


und in den reihen Sammlungen der Hauptſtadt für beſſere 


Jahrhunderte aufbehaften hatte, ging in wenigen Monaten uns 
wieberbringlich verloren; kaum wurde jemals ein’ heiliges Bes: 
fischum der Wienfchheit frevelnder angetaftet, als die Schaͤtze 
der Gelehrſamkeit von den Kreuzritteen in Conftantinopel *). 
Faͤr das dreizehnte Jahrhundert war die Zerfiörung der alters 
thuͤmlichen Huͤlfemittel meniger bebeutiam, denn hatten dieſe 
bisher das fcholafttfche Treiben nicht zu befchränfen vermocht, 
fo fonnte die Trauer um den erlittenen. Verluſt ſchwerlich zu 
beſſeren Vorſaͤtzen erwecken. Der Geiſt der Wiſſenſchaften iſt 
bei allen Voͤlkern und in allen Zeiten ein Erzeugniß der vor⸗ 

ausgegangenen Jahrhunderte: er gebietet, wie ex auch ſei, uns 
umſchraͤnkt über die Gegenwart, und wehrt ben Einfluß eins 


1) $. 52. ©. 233. 


2) Nah den Berichten über dieſ⸗ Begebenheit ı von Nicetas 
Ehboniates und Ville: Hardouin erfcheint dieſer Ausfpruch durchs 
aus nicht Übertrieben. (Nicet. Acominat. Choniut. LXXXVI. an- ' 
norum historia. p. 281. 2eq. Ed. Basil. 1557. fol. -"Geoffroy ' 
de Vilie-Hardouwn Histoire de la conqueäte de Coostantinopie, 
par les Frangais et les Venitiens. In Petitot’s Collection com- 
plete des Memoires relatifs à l’histoire de France. Paris 1819. 
T. I p. 239.) Beide waren Yugenzeugen, der eine ein Grieche, 
der andre ein Franke, und beide ſtimmen in der Hauptſache ostig 
überein. 


320 


zelnen Begebenheiten von fh ab. So unmoͤglich es ben Grie 
chen nach ihren durchlebten Altersftufen war, ihren Vorfahren 
in Wort und Thor nachzuahmen, fo feft ‚hingen fie an ben 
Fehlern ihrer Zeit, und wie ihnen deun die Natur eine um 
wandelbare Lernbegier eingepflanzt hatte, fo wuͤrden fie nad 
der. Erfchütterung ihres Staates auf diefelbe Weife zu leſen 
. und zu fehreiben fortgefahren haben, wie vorher, wenn ihnen 
"auch die Feuerbrände der Kreuzfahrer ‚alle Erinnerungen an 
das Alterthum vernichtet hätten. 
Es folgte nun im griechiſchen Kaiſerthum die Ruhe der 


Zerſtoͤrung. Die lateiniſchen Kaifer, die ein halbes Jahrhun⸗ | 


dert hindurch den byzantinischen Thron behaupteten, (1204 bis 
1261) blieben im Geifte des Ritterthums den Wiflenfchaften 
fremd, und nur bedacht, ihre zweifelhafte Herrſchaft zu erhal⸗ 


teh; unter ihnen war Conftantinopel eine Stadt von erhabe⸗ 


nen Truͤmmern , nie erreichte es fpäterhin wieder feinen voris 
sen Glanz. Indeſſen pflanzte ſich die Bildung, unbemerkt und 
unbegünftigt, durch Unterricht fort, und als die Paläolos 
genden alten Kaiferfig wieder einnahmen, da fchien die Zeit 
dee Dufas und Comnenen wiederzufehren. Kenntniffe ers 
öffneten wiederum die Laufbahn im Staatsdienft, es entſtand 
ein neuer Wetteifer in den Hörfälen der Rhetoren und Scho⸗ 
faftifer, und von allen Seiten wollte man ben bisherigen Ber: 
fall der Wiflenfchaften in Vergeſſenheit bringen. Zür die Heil⸗ 
£unde blieben nur freilich die Verhaͤltniſſe fo nachtheilig, wie 
ſie von jeher in Eonftantinopel gewefen waren, auch Eonnte 
bei der wachfenden Gefahr des Reiches, und ber feindfeeligen 
Stellung der römifchen zur griechifchen Kirche, das Beiſpiel 
des kraͤftig aufftrebenden Abendlandes feine Aufforderung ges 
ben, zu thun mas vielleicht an der Zeit geweſen wäre: Hoch 
ſchulen zu fiften, die vornehmlich in dem nahen Italien durch 
vielſeitigen Unterricht beruͤhmter Maͤnner, und die großartigen 

Ein⸗ 


321 
Einrichtungen Friedrich's 2.:für die. Wiſſenſchaften begeiftee; 
ten, und die Völker der Bildung ‚geneigt marhten. .. zı »- 
Nr wenige Griechen, deren enefchtedener Beruf. unter 
günftigen Verhaͤltuiſſen den Mangel des Unterrichts erfegen 
fonnte, machten ſich daher des: Namens von Aerzten würdig, 
oder nüßten. wohl felbft der Heilkunde durch Lehre. und» DBeis 
fpiel. Doc) verföhnt mit diefer Zeit ein trefflicher und‘ feläft: 
ſtaͤndiger Naturbeobachter: Demetrius Pepagomenus, ber 
viellährige Leibarzt des Kaifers. '). Michael Palaͤologus 
(1361-1283). War es Beſcheidenheit, oder die, Scheu 
des kundigen Arztes, fich über die geſammte Heilkunde vers 
nehmen zu faflen, wenn er fich ‚vielleicht geftehen mußte, fie 
nicht ganz mit forfchendem Geiſte duechbrungen zu haben⸗ 
Demetrius verfhmähete.es, nach der Sitte der Früheren 
umifaffende Lehrbücher zu fchreiben, und verfaßte nur auf Ders 
anlaffung . feines Gebieters kuͤrzere Abhandlungen, bie feine 
Beurtheilungsmweife krankhafter Vorgänge, wie fein Ärztliches 
Verdienft überhaupt deutlich zu erkennen geben, und einem 
beſſern Jahrhundert Ehre gebracht haben würden. Es find 
von diefen Abhandlungen nur zwei.auf die Nachwelt gekom⸗ 
men, eine thierärztliche über bie Krankheiten der Sjagdfalten ?), 
und eine andere über die Gicht °), die den Arbeiten von 


1) Fabric. Biblioth. graec. T. XII. p. 647. T. HI. 9.531. — 
Vergl. den. Anfang feines Werkes Aber die Gicht. 


2) 8.5. ©. 267. 


3) Asyınrarev zugiov Ansnreiov rev Ilsmayopirog wvr- 

7 es / N) ” m \ en y 
rayna zıı) rüs wodayens, aisndır aurs ages Ted Barırlas Mi- 
xanı vod Iliuieroyev — Demetrü Pepugomeni Liber de Po- 
dagra, graece et latine. Quem ope MS. bibliothecae Lugduno- 
- Batavae recensuit et notis illaustravit Joh. Steph. Bernard. Lug- 
dun. Bat. 1743, 8. 

11. E 


— 


322 
Alerander von Tralles) und Pant von Aegina-*) über 
dieſelbe Krankheit würdig zur Seite fteht. . Dach dem Grund⸗ 
- fage, daß eine zweckmaͤßige Behandlung, der Krankheiten ohne. 
“ihre fühere Erkenntniß unmöglich ;fei ’), aͤußert er, ohne iv 
gend einer Theorie einfeitig zu--huldigen, beifallswuͤrdige Ans 
fichten, über. Ernährung und Abfonderung, indem er den uns 
fichtbaren Ausreurfftoffen vorzügliche Aufmerkſamkeit zuwendet, 
und ‚überhaupt bemüht iſt, feine gründlichen Kenntniſſe über 
die Verrichtungen der Theile mit der Kranfheitsiehre innig zu 

verbinden *). Der alterthiümliche Lehrſatz, daß alle ſchadhaf | 
ten Säfte in Galle ausarten *), ſcheint ihm ganz unverwerfi 
lich; viele ‘ältere Aerzte hatten die humsralpathologifche Erfik 
rung der Gicht hierauf zuruͤckgefuͤhrt, andere waren mit Hälfe 
ber geſammten Humoralpathologie vielfeitiger zu Werke gegans 
gen, und Alerander’s von Tralles Annahme verfihiebener 
Charaktere der Sicht nad) demfelben Grundbegriffe war ger 
wiß nicht ohne Beifall gebtieben. Demetrius geht über die 
VBeſchaffenheit der Saͤſteverderbniß in der Gicht in Feine n& 
„heren Unterfuhungen ein, fondern unterfchreibt die umfaſſen⸗ 
deren Ausſpruͤche feiner Vorgänger, indem er fortwährend bie 
Wirkung der krankhaft erzeugten Auswurfſtoffe (Tresrrwnere) 
m Auge behält, und ganz entfprechend dee Pauli niſchen Ans 
fiht die Schwäche der zu befaflenden Theile ale die wichtigſte 
. vorbereitende Urſache gichtifcher Zufälle anerfennt. Die Ber 
wegung jener Aüswurfſtoffe nach dem leidenden Theile heißt 
bei ihm feummriepess ein ſchon laͤngſt gebräuchlicher allgemeis 


1) $. 40. ©. 179. 

2) F. 49. 6. 21% . 

3) O0’ yag dere dayveus Hera u Jıgazıya, Prac, p-6. | 
4 0cC. 1. 2.3. p. 8-14. 

5) Tlös xupes euwee —R p. 14 


1 


323 
ner Ausdruck, ‚der erſt in der neueren Zeit auf eine beftimmte 


Krankheit übertragen worden iſt. Die. Kenntmiß der einzelnen 


Tormen der Gichtkrankheit konnte: er nicht wefentkich: ermeitern, 
denn bie ‚Alten ‚hatten hierin trefflich vorgearbeitet, ſehr richtig 
erfannte er aber die Wirkung dee Gichtuͤbels auf innere edie 
Theile, das. Herz, die Leber, das Gehirn, die wicht: felten 
piögliche Todesfälle herbeiführe ). Behr. umfichtig. find von 
ihm die entfernten“ Urſachen ‚der. Gicht angegeben; es war eine 
unbeftrittene Erfahrung, daß diefe Krankheit, urfprünglich durch 
Schwelgerei veranfaßt, in ganzen Familien durch Erbſchaft 
fortgepflanzt werde 2). 

‘Sm Betreff der Vorbauung der Gicht durch Maßigkeit 
ſtimmt Demetrius mit Alexander und Paulus überein, 
dag aber von ihm bie. Ausleexung als das allgemeine Heilver⸗ 
fahren gegen dirſe Krankheit anerkannt wurde ?), ſcheint mehr 
den ſpaͤteren Syahrhunderten eigenthuͤmlich zu fein, wie denn 


diefe Behandlung der gangbaren Erflärungsmeife der: Sicht. 


durch vielfältige Säfteverderbnig am meiften entfprach, abges 
feben davon, baf die fpäteren ‚griechifchen Aerzte eine emtfchtes 
dene Vokliebe für- Abführmirtel überall blicken laſſen. Der 
Kaiſer Alerius 2. (1180— 1183) brannte fi in einem 


heftigen Gichtanfall mir eigener Hand die Scheukel mit gluͤ 
henden Eifen, unwillig über feine Aerzte, deren Abführmittel | 


ihm keine Linderung brachten *), und wo nur irgend bei Ge⸗ 
ſchichtſchreibern von der Behandlung. vornehmer Kranken die 
Rebe ift, da zeigt es ſich auch, daß die Aerzte diefer Art von 

“ Heilmitteln am -meiften vertrauten. Demetrius hielt das 


1) C. 5. p. 20. | 

2) C. 6.7. p. 22. 

3) C. 12. p. 36. a 

4) Nicet. Choniat. a. a. D. p. 247. 
| & 2 . 


‘ 








324 \ 

Erbrechen für bie zuträglichfte - Ausleerung in der Gicht, nicht 
nue weil es den Magen und die Theile, bie aus ihm Nah: 
rung erhalten, fordern: weil es auch die Säfte reinige ). 
Schon Galen hatte die Heilſamkeit des. Erbrechens in allen 
rheumatifchen Leider anerfannt *), worin Ihm bie ‚Erfahrung 
aller Zeiten beiſtimmt, Demetriug aber.wollte es nicht allein 
zur Vorbauung,. fondern auch im Gidhtanfalle ſelbſt anges 
wandt wiflen, weil es alle . Answurfitoffe aus dem Körper 
teeiße, und fomit die Entfcheidung beſchleunige. Seine Aus; 
ordnungen find bier durchweg beifallswerth, und zeigen die 
Vorſicht wie die Kühnheit des erfahrenen Arztes. Ueber das 
diätetifche Erbrechen: in den "freien Zwiſchenzeiten giebt er die 
herkömmlichen Vorfchriften, zieht aber bei den ſchwer Bra 
enden die monatlihen Abführungen mit gelinden Mitteln 
vor ’). Der ftärkeren bediente er fich im Anfalle, nach dem 
Hippokratiſchen Sage, daß heftige Schmerzen dadurch gelins 
dert werden *), und verordnete zur Beihuͤlfe den Gebrauch 
ber Effigmolken. Die einzelnen Mittel find hier dieſelben, mie 
bei den Alten, die Senna (vbe) ausgenommen, die den äb 
teren Griechen durchaus unbekannt, und erft- von den Aras 
been in die KHeilmittellehre eingeführt worden war *). Wur⸗ 
den die Abführungen nicht vertragen, fo follten fie durch Kly⸗ 
ſtiere erjegt werden, auch follte man Epomphalia aus Elate⸗ 
rium u. dergl. auf den Linterleib legen °), eine Anwendungs; 


1) C: 13. p. 36. 
2) C. 16. p. 46. 
3) C. 20. p. 54. . , 
| . 4) ’Oras din odum ED Poguuzxeor wien zur, C. 29. p. 68, 


5) C. 34. p. 74. — Vergl. Matthiol. Commentar. in Dios- 
eorid. L. III. c. 70. p. 781. 


6) C. 39. p. 82. 





325 


art ſtarkwirkender Stoffe, die fhon-in der aͤlteren griechkichen 
Heilkunde vorkommt. Bei vollblürigen Podagriften verordnete 


Demerrius im erſten Anfalle ein Aderlaß an der leidenden 


Seite, doc ging er hier behutfamer zur Werke, ale Aterans 
der, indem er jede Blutentleerung für nachtheilig erklaͤrte, 
wenn erft der ganze Körper von &äfteverderbniß ergriffen 
fei "). Eben diefer Ausfpruch zeige unverkennbar, daß Des 
metrius bie hergebrachte Lehre ‚von einer Blutreintgung durch 
Adesläffe nicht unbedingt amahm. Den Genuß des Meins 
hielt man im Gichtanfall für fchädlich, er mochte: fieberhaft 
fein, oder nicht, einige wollten fogar Sichtkranfen den Wein 
für immer unterfagen, weil er das Uebel verurfache und uns 
terhalte ?).. Das Zaften verwarf Demetrius, weil es bie 
Galle vermehre und die .Säfteverderbniß begänftige ’), und 


nahm zu den vielfältigen äußeren Linderungsmitteln nur dann 


erft feine Zuflucht, wenn genügend. abgeführt worden war *), 
wahrfcheinlich um vor Unterdruͤckung des oͤrtlichen Leidens 
fiher zu fein. Verſchiedene Umfchläge werden von Ihm ſelbſt 
angerathen, 3. B. Brot mie Eigelb, Rofendt und Effig, auch 
narkotiſche Mittel, wie Mohnfaft. und ‚Safran °); Simeon 


Seth empfahl einen naffen Umfchlag aus Feigen, Eſſig und 


Bockshornſaamen °), auch mag es an fchädlichen Verordnun⸗ 
gen bei der Unfunde der Aerzte und der großen Häufigkeit 
des Uebels in der üppigen Hauptſtadt nicht gefehlt haben. 


1) C. 23. p. 58. 

2) C. 25. p. 62. 

3) C. 27. p. 66. 

4) C. 40. p. 84. 

5) C. 41. 43. p. 86. 90. 
6) A. a. O. p. dl. 


1 
— Ah 
— — — — — — —— — — —— — — — — —— 


326 


Die üÜbeigen Leibärzte Michael's 8, waren Deren 
nicht wenige, ruͤhmt Demetrius, mit der Beſcheidenheit 
des. wahren. Verdienſtes, als wohlunterrichtete Männer *), 
bach Has. fich feiner ein Denkmal in ber Heilkunde gefliftet, 
und nur einer von ihnen, Kabafilas, wird von’ den Ges 
ſchichtſchreibern namentlich aufgeführt. Er war bei ben Tode 
des. Kaifers zugegen, ‚und führte den Titel Actuariug, der 
nicht früher als tm bdreizehnten Jahrhundert den . wirklichen 
Leibaͤrzten verlichen wurde, und wie es fcheint, der abgefoms 
menen Würde der Comites archiatrorum entfpradh:*). 


u nn 8. 61. 
1 1} 
Der Lehrbihter Manuel Philes. Nicolaus Myrepfus. 
4 


Nicephorus Blemmydas ’), deſſen Schuͤler Geor⸗ 
gius Acropolites *), und Georgius Pachymeres) 
waren anerbannt die erſten griechiſchen Gelehrten im dreizehn⸗ 
ten Jahrhundert. Minder beruͤhmt iſt Joſeph Racendy⸗ 
tes, ein Philoſoph von bedeutendem Verdienſt um fein Zeit⸗ 
alter, der die Alten nicht. ſcholaſtiſch erklärte, fondern die Pia 


V Praofat. p. 4 


2) Georg. Pachymer. Histor. L. VI. c. 3. p. 29. Ea. 
Venet. — Vergl. Du Cange Glossar. med. et infim. graeecitat, 
Vol. I p. 46. voc. "Axtevaeıss. — Voffini’s Erörterung diefes 
Titels if garff verfehlt. (Glossar. ad. Puchymeris Histor. Andro- 
nici p. 468. 69.) Du Cange giebt nur die Parallelſtellen. 


3) Heeren, Seſchichte des Studiums der klaſſiſchen Litteratur. 
Bd. 1. ©. 225. 


4) &eb. 1220, + 1282. Vergl Hanke de Bymantnar. rer. 
Scriptor. graecis. p. 539. 


5) Ebend. p- 566. ‘ 


4 


327 


conſſchen und ſtoiſchen Lehren in ihrer Reinheit wiegen 
füchte 2), 

Unter dem Einfluffe diefer Denner blieb die Naturkunde 
‚nicht ganz unbeachtet, ja es ſcheint felbft, daß bie Anregungen 
“fie zu bearbeiten jet ſtaͤrker geweſen find, ale im Zeitalter des 
Pſellus. Denn außerdem daß De metrius das Eigenthuͤm⸗ 
liche eines noch wenig beachteten Thieres ſcharfſinnig auf“ : 
ſaßte, und feine Krankheiten mit -ärgtlichem Beobachtungsgeiſt 
ergruͤndete *), erregte auch Manuel Philes, als Lehrdichter 
über die Eigenfchaften der Thiere einiges Auffehn 2). Nur 
muͤſſen freilich feine Gedichte *)-nach dem Zeitalter beurcheilt 
werden, das weder der Dichtfunft noch der Marurfunde güns 
fiig war. Sie ftehen den Werken eines Mikander °) ganz 
unmürdig zur Seite, denn fie enthalten mit Ausnahme eines 
mittelmräßigen Verſuches über den Seidenwurm nichts Eigen: 
thümliches, fondern nur die Mähren Xeltan’ 6 *), die von 





1) & id Per feine von feinen Schriften gedruckt, einige phi⸗ 
loſophiſch⸗vbetoriſche find noch von ihm vorhanden. Catalog. Codd. 
graecor. Bibliothee. Monacens. p. 58. Ingolstad. 1602. 4. — 
Nessel, Catalog. Bibl. Caesar. P. 4. p. 41. Cod. 70. Vindobon. 
et Norimh. 1690. fol. — Vergl. weiter unten, 8. 6 65. 

2) F. 54. ©. 267. 

3) Ted soßwrareu Marevliev Tod DAF erixu Tambıne) 
wges vor Alrongarega Mixası Tor IlmAusuieyer, weg) rüs Tor 
Au- idiozures. — Phile de Animalium proprietate, ex prime 
editione Afsenii et libra Oxuniensi restjiutus. a Joanne Cornelio 
de Pauw eje. Trajeet. ad Rhen. 1730. 4. | 

4) Es gehört noch bierber ein ſehr unbedeutendes Gedicht uͤber 
die Pflanzen, und zwei andere über den Elephanten und den Sei⸗ 
benwurm. — '"Manuelis Philae Carınina gueca, cura Gottd. 
Wernsdorf. Lips. 1768. 8. 

5) Bd. 1. 6. 52. ©. 348. 

6) 3.3. von der alljaͤhrlichen Geſchlechtsveraͤnderung ber Hyaͤne/ 


a‘ 








328 oo. Ä | 


der Leichtgläubigkeit des Alterthums verbreitet, lange für wahr 
gegolten haben, und felbft noch in der neueren Thiergeſchichte 
sieberzufinden find *). Großentheils bat Philes, deſſen 
Bluͤthe unter die Regierung des älteren Andronicns Pas 
länlogus (1283— 1328) fühlt ?), die Worte feines Ge 
währsmanng nur in Verſe gebracht, Fabrihaftes noch wehr 
hinzugefegt, und eben’ dadurch die Verbindung ber Naturwiſ⸗ 
fenfchaften mit der Heilkunde für feine Zeit noch mehr gelöfl, 
als fie es ſchon in -den früheren Jahr hunderten war. 

Faſſen wir uͤberhaupt die Leiſtungen des griechiſchen Al⸗ 
terthums für die beſchreibenden Naturwiſſenſchaften zuſammen, 
ſo zeigt ſich durchweg eine Aermlichkeit an Ergebniſſen treuer 
Beobachtung, die den übrigen, fo vielſeitig und gediegen bear: 
beiteten Wiffenfchaften eben fo wenig ald der Sinnigkeit der 
Griechen in ber Anfhauung der Natur irgend entipridht. 
Dioskorides brachte fie auf den höchften. Sipfel ihrer Volls 
endung: nach ihm trat Fein fo felbftthätiger und fo umfaffens 
der Naturforfcher wieder auf. : Dennoch enthielt die Form 
feiner Werke und die Arc feiner Naturforſchung, die ſich überall _ 
auf die Kennmiffe des Volkes ftüßte, die Urfache des Ruͤck⸗ 
fehreitens aller feiner Nachfolger, die fih auf fein Anſehn 
blindlings verließen. Keine Kunftfprache verewigte die gemach⸗ 
ten Beobachtungen, feine deutlichen Abbildungen famen den 
©innen zu ee: neue wederhelte Forſchung war das uner⸗ 


ALIX. p. 190. — Acellun. L; I. e. . 3. p. 12., und ber Begattung 
der Vipern: LXX. p. 251. -— Aclan. I L c. 24. p. 12., c. 50. 
P. 20. 

1) Claudü Aellöni Praenestini de Animaliom nathra Libri 
XVII. (Opera ommia ed, Conrad, Gesner. Tigur. 1556. fol. — 
Aelian lebte unter Antoninus Wius in Rom. 


2) Wernsdorf fest ihn mit gutem Grunde in bie Zeit von 
ungefaͤhr 1375 — 1340. — Praef. VII. 





0 m 
laͤßliche Bebingniß des Verſtehens naturmiffenfchaftlicher Werke, 
ein Bedingniß, das gewiß eine größere geiftige Kraft vorauss 
feste, als fih nach Diosforides entwickelte. Wenigen war 
die Gelegenheit guͤnſtig, von, ber Natur felbft zu lernen, und 
den meiften fehlte der Wille, die Beſchwerden eigener: Unters 
fahungen an Ort und Stelle zu überwinden, wodurch zahl 
lofe Irythuͤmer der Fruͤheren hätten berichtigt werden können. 
Die Begeiſterung für die Naturwiſſenſchaften reichte nicht weis 
ter, als bis zur Verehrung der Alten, und fo blieb es denn 
feit dem zweiten Jahrhundert bei den hergebrachten Ueberlie⸗ 
ferungen, in denen falfche Berichte das Wahre nur zu oft uns 
Eenntlih machten, Schon in den älteren Zeiten fühlte man, 
wie nothwendig es fei, Nraturgegenitände abzubilden, aber die 
. At der Vervielfältigung der Zeichnungen machte.-biefe bald 
unkenntlich, und felbft nachtheilig für die Lernenden, wovon 
die Anfiche diefer Art von Hülfsmitteln, die fih noch in den 
fpäteren Handfchriften erhalten haben, genugfam überzeugt ). 

Gin weitfchichtiges Arzneibuh vop Nicolaus Mpres 
pfus ?) zeige den Zuftand der griechifchen Heilmittellehre im 
dreizehnten Jahrhundert. Diefer Arzt lebte als Actuqrius am 
Hofe des Kaifers Johannes Dukas Vatatzes (1222. bis 
1255) zu Nicaͤa, während die fateinifchen Kaiſer Sonflantinos 
pel inne hatten °). Geboren in Alesandrien, nahm er nicht. 
Theil am der fcholaftifhen Bildung feines Zeitalters, doch 





1) S. die Abbildungen zum Nikander, bei Nesr-el. Catalog. | 
Codd. mspt. graecor. Bibl. Caesar. Pars III. ad p. &. 


2) Nicolai Myrepsi Alexandrini Medicamentorum opus in 
Sectiones’ÄLVIM. digestum. Ed. Leonhart. Fuchs. Lugdun. 1549. 
8 Iſt nur in diefer lateinifchen Ueberſetzung gebrudt. 

3) Georg. Acropolit. Histor. €. 39. p. 34. Ed. Paris. — 
Aus der Erzäplung von Acropolites geht hewer/ bo Rico, 
laus ſchon i. 3. 1241. Actuarius war. 


J 


330 


ſchaͤzte man ſeine aͤrztiiche Geſchicklichkeit. Auf feinen Meifen, 
die ihn nach Alexandrien zurücdführten ), lernte er die. arabi⸗ 
fihe Heilkunde, und in Stalien *) die Salernitanifche fennen, 
ſammelte überall. ohne Prüfung, und brachte endlih im hoben 


. Alter °) ein buntes Gemiſch von Arzneivorfchriften zu Stande, 


das dem Beduͤrfniß einer gedankenloſen Geſchaͤftigkeit am Kran⸗ 
kenbett vollkommen entſprach, und bei denen, die es benutzten, 
jede lebendige Anficht über das KHeilverfahren der Natur. ganz 
und gar verdrängen mußte: Es enchäft 2656 Vorfchriften, 


"die den vierſchiedenen ärzrlichen Schulen von Deropbilus 
bis zu den Arabern und Salernitanern angehören, und waͤh⸗ 


gend fie als Belege zu allen je vorgefommenen Lehrmeinungen 
dienen koͤnnten, zugleich dag blinde Vertrauen. auf Arzneiwir⸗ 
tungen, außer Zufammenhang mit narärlichen Heilprozeſſen 
beurfunden, in dem die meiſten Schulen des Alterchums über: 
einftimmten. In der That kraͤnkelte die Heilmittellehre ſchon 
ſeit Herophilus au dem Mangel naturgemäßer Grundſaͤtze, 
und ihre Bearbeiter bemuͤheten füch vergebens, durch. Anhäufung 
weitkäuftigee Zufammenfegungen ihr einen Grad von Sicher⸗ 
heit zu geben, den fie- auf wiſſenſchaftlichem Wege nicht zu ers 
reichen vernochte. Hierzu kam die Gefchäftigkelt der Arznei; 
händler, der Mangel einer umfaffenden Naturkunde, wie einer 
wiſſenſchaftlichen Chemie, finnverswirrende Theorien, und end⸗ 


| lich der Aberglaube „in mannigfacher Geftalt, der fih zum 


Verderben der Wiffenfhaft nur allzuoft, mit empirifcher Leiche 
gläubigkeit ‚verband, um das Urtheil felbft heilfehender Aerzte 
irre zu leiten. An einfachen Arzneiſtoffen fehlte es den Alten 


1) Secı. XVII. Nr. 17. p. 407. 
2) Daß er dort gewefen, beweilt Sect. 1. p. 75. - 
8) Dies, geht aus feiner Erwähnung des Papſtes Nicoldus3. 
bervor, der von 1278 — 1280 regierte. S. 11. Na 9. p. 191. 


/ 


x 





00.331 
fo wenig, daß ſich noch die neuere. Heilmittellehre daran aus 
ber griechifchen. bereichern koͤnnte, aber der Sinn für Einfachs 
beit in der Behandlung mußte je tänger je mehr verſchwinden 
bei der um fich greifenden Sucht, mit verfchledenartigen Heil⸗ 
mitteln zugleich den Körper zu beſtuͤrnen. Daß der Arzt nicht 
Sebieter, fondern Lehrling und Diener der Natur fei, und 
das Heilmittel, an fich nichts, nur durch das Verfichen und 
die Nachahmung natürlicher Vorgänge zu einer Gorteshand 
werde, tie Herophilus es genannt, war von jeher nur. die 
Ueberzeugung der Aerzte von höherem Beruf, und: immer 
wuchs, in gleihem Verhaͤltniß mit der Abnahme pathologi⸗ 
ſcher Einſicht, das Beduͤrfniß eines weitſchichtigen Arzne 
ſchatzes. 

Nicolaus ordnete feine Atzneivorſchtiften nach wan⸗ 
delbarem Eintheilungsgrunde in achtundvierzig Abſchnitte *). 


1) Es find folgende: 1. Antidota. — 2. Sales — 3. Un 
guenta. — 4, Apomeli et Apophlegmatismi. — 5. Bechica. — 
"6, Glandes, et Epimphaii (dußere Abführmittel, auf die, Nabe 
gegend zu Iegen). — 7. Muliebria et linguae mala. — 8. Drosata 


.° (&yrupe, die bei Yeinarins Serapia heißen). — 9, Stomatika 


et dysenterica. — 10. Emplastra. — 11. Epithemata. — 12. He- 
drica. — 13. Eligmata (Linctus) — '14. Anthelminthica., 
15. Errhina. — 16. Olea. — 17. Enemata. — 18. Smegmata. — 


19. Zulapia et Decocta. — 20. Hepatica ct Hemicranica. — 
21. Suſſimenta. — 22. Theriaca. — 23. Hierae. — 24. Collyria, 
— 25. Pasıata sive Inspersilia. — 26. Unctiones purgantes. — 


27. Purgatoria et Condiĩta. — 28. Purgantia eligmata. — 29. Ca- 
taplasmata. — 30. Cerata. — 31. Cataplasmata, Colica et Cepha- 
lica. — 32. Pilulae. — 33. Lexopyreta et Lichenica. — 34. Ma- 
lagınata et Unguentse. —35. Nardina, Nephritica, Nomas sanantia, 
Abstersoriz. — 36. Pulveres. — 37. Oxymelita, Oxyporia, Con- 
fectiones vmi etc. — 38. Pessa, Propomatn ad alopecias otc. — 
39. Zulapia etc. — 40. Satyriaca, Sapones, Sinapismi. — 41. Pa- 
sull. — 42. Hypoglottides, Aquae, etc. — 43, Somnifera — 


332 
Bon 'jeder einzelnen werden die Wirkungen mit aller Breite 


und Uebertreibung einer niedern Empirie, nicht wie von einen 
Arzte, fondern wie von einem anpreifenden Pharmacopolen 


angegeben, ja es kommen: ſelbſt viele Lniverfalmittel ) vor, 


wie fie vor. und nach Androm achus hähfig bereitet wurden. 
Der Einfluß der Chemie, die nur erft in den finftern Gemaͤ⸗ 
dern der Soldmacher gepflegt wurde, iſt noch wenig bemerkbar, 


und afchymiftifcher Aberglaube war es, wenn die Aerzte dieſer 


[2 


Reit von dem gebiegenen Golde und Silber heilfame Wirkungen 
errwarteten *). ° Die‘ Deftillirtunft ver Araber wurde von ben 
Griechen diefes Jahrhunderts wahrſcheinlich noch nicht ausge 
übe, denn Nicolaus ermähnt nirgends eine Vorfchrift, die 
hierauf Bezug hätte, ja er läßt felbft ein Roſenwaſſer durch 
bloßes Digeriven bereiten *), wiewohl deftillirte Waͤſſer ſchon 
laͤngſt bekannt waren. Offenbar hat dieſer Schriftſteller die 
in feiner Zeig allgemein gebraͤuchlichen Arzneibuͤcher Meſue's 
und des  Salernitaners Nicolaus Präpofirus benußt, 
woher denn Mofchus,; Kampher, Senna, Ambra und dis 


; Übrigen arabifchen Heilmittel die Beſtandtheile vieler Zuſam⸗ 


menſetzungen ausmachen. 
Die Antidota ſind groͤßtentheils alterthuͤmlich; die fruͤhere 
Heilmittellehre bot bier einen unuͤberſehbaren Neichthum dar, 


44. Agtae, Diaretica; Vterina. — 45, Pediculos, lentigines ee 
amolientia. — 46. Fissuras labiorum et strumas sanaltıa. — 
47. Scabiem sanantiä et Psilothra. — 48. Auricularis, ' 


” 


. 1) Catholica‘ s.1. p. 182. — Antidotos panchrestos. S.I. p. 
36. — A. panacca, Pantagathos, S. I. p. 97. 107... 
2).S. I. p. 30. Der Gebraud des Goldes war von den Ara⸗ 
bern eingefuͤhrt worden. Vergl. die Aurea Alexandrina, S. I. p. 
4., die auch) Das Antidotarium von Nicolaus Präpofitus er⸗ 


AIffnet. 


'3) $. XL. p- 677. Nr. 20. 


333 


nachdem "die Eifeichee ſchon felt dem ziveiten Jahrhundert vor 
Chr. unzaͤhlige Ärztliche und nichtärztliche Bearbeiter "gefunden 
hatte. :-:&8 wiederholen fih haher bet Nicolaus die herge 
brachten hochtrabenden Namen "), unter denen viele Antidota 
ſchon in den älteren Seiten als Handelswaare befannt waren; 
doch weichen feine Vorfchriften von den urfprünglichen faſt 
durchgängige ab, was bei der . Vervielfältigung derfelben durch 
pnzuvertäffiges‘ Abfehreiben, — von jeher führten die Aerzte 
hierüber Beſchwerde), — nicht auffallen kann. Das ke; 
ben von Gefangenen durch Gifte zu gefährden, um Gegens 
gifte zu erproben, war im Alterthem nicht ungewöhnlich; uns 
terdeſſen hatte das Chriſtenthum hierüber mildere Begriffe vers 
breitet, doch empfand Nicolaus keinen Abfchen, fich deſſel⸗ 
ben Vergehens fchuldig zu machen °), ohne durch die Weglafr 
fung der Abortiomittel +) diefe Entheiligung des ärztlichen Be⸗ 
rufes wieber fühnen zu können. SBefprehungsformeln, die der 
chriftliche Aberglaube verlangte, finden fih aud bei ihm in 
greozer:: Menge, doch verunſtalten ſie ſein Arzneibuch nicht ſo, 
wir: dir Werke der ſpaͤteren Lateiner, auch waren mannigfache 
Bezichungen zur Neligion bei der Benennung und Anprei⸗ 
fung von Heilmisteln *) dem Zeitgeifte ganz angemeffen« | 





1) Ant. acharistos, wofür der Arzt feinen Dank erhält, weil 
es augenblicklich wirkſam il. S. 1.p. 9. — A. Sanitas, Athana- 
sia. S. I. p. 44. A. theodoretos, P. 91. A. miranda, isothcos, 
soterios, philanthropos, aphrastos, argyrophora, isochrysos, My- 
sterium, Age vita (wievya ira, wovon der Pflanzenname Ajuga) 
u. m.o.S.I 

2) Vergl. Bd. J. $. 60. 40. 

3) S. I. p. 122. Ant. desmoterios, das hiervon den Namen 
erhalten hatte. 

4).$. 38. p. 599. 


5) 8. J. p. 149. Vieles der Art hat 2. Fuchs weggelaffen. 


334 


Bon den Galzen kamen in diefer Zeit nur erſt der Sal 
miaf und das Kochſalz in vielfältigen Verbindungen mit 
Pflanzenmitteln in Gebrauch "), alle übrigen bat die Heilkunde 
der fpäteren Alchymie zu verdanken; der Soda bebiente man 
fich mehr aͤußerlich. Dagegen wurde jegt das Duedf ilber 
in die Heilmittellehre aufgenommen, das Dioskorides nm 
erft als Gift aufgeführt Hatte. Noch wagte man nicht, es im; 
nerlich zu geben, nur erft in Salben befänpfte man damit 
hartnaͤckige Hautausſchlaͤge, vornehmlih Kraͤtze, und waAhe 

ſcheinlich ift eine folche Vorfihrift des Nicolans *) die aͤl⸗ 

tefte zu einem Queckſilbermittel. — Es Aft.nicht zu verwun 

dern, daß man auch auf allgemeine Ziebermittel (Lexopyreta) 

Vertrauen feßte, doch wurden fie mehr zum aͤußern Gebrauche 

verordnet, wie die fogenannte Amhrosia aus Safran, Blei⸗ 

glaͤtte, Thamillen, Fett, Roſenoͤl, Wachs und dergl, ohne daß 

den Vorftellungen, die. man fi von ihrer Wirkung machte, 

auf die Spue zu kommen wäre. * — 

Das Arzneibuh des Micolaus Myrepfus fam nur 

bei den griechifchen Aerzten in Gebrauch, und fand im Abends 
lande während des Mittelalters keinen Ueberſetzer. Man bes 

gnügte fich Hier mit’dem weniger reichhaltigen Werke des Sa⸗ 

ternitaners Nicolaus Prapofitus, das wie eine Pharms⸗ 
copoͤe in Ehren gehalten wurde, und mit Ueberfegungen aͤhn⸗ 

\ticher arabifcher Arzneibücher, vorzüglich der von Mefue und 
dem jüngeren Serapion. 








Mit dem Unguentum alabastron folte Maria den Heiland ge 

falbt haben. S. IIL p. 218. | 

un 1) Sect. II. p. 189. @in Sal mirabilis, das bier vorfommt, 

iſt nicht Glauberſalz, ſondern eine Miſchung von Kochſalz. p. 194. | 
2) Duedfilber mit Terpentbin, Eigelb, Blei und Wickenmehl 

gefomerüngerichen S. 111. p. 228. 


Das Pflafter der Apoftel Petrus und Paulus, 8S. X, p. 325. — j 


N 


335 
. g@ 
. ‚Sobannes (Aetuarius). Deſſen Hellattelledre 


Einen ungleich wuͤrdigern Bearbelter als Nicolaus 
Myrepſus fand die Heilmittellehre ar Johannes, einem 
hochverdienten Arzie, ber als. Actuarius zu Ende des dreizehn⸗ 


ten Jahrhunderts am Hofe der Palaͤologen ſebte. Begei⸗ 


ſtert von Racendytes für das beſſere Alterthun, und gefls 
chert vor ſcholaßiſcher Anſteckung durch eigne Tüchtigfeit, wqr 
dieſer Arzt zum Selbſtdenken erwacht, wie wenige. feines. Zeit: 
alters. Bern von ihm. war die Beichtglänbigkeis, fern von ihm 
der Aberglaube, er ſah die Erſcheinungen am kranken Körper. 
mit dem Auge eines Mleranden, und mit umfaſſender Kennt⸗ 
niß nur das Belehrende waͤhlend, ſtellte er ſie dar für feine 
Kunftgenoffen. Wie er fid) nun berufen fühlte zur Miitthei⸗ 
tung, und init vielfeitigem Eifer die Lehren der Heilkunde ord⸗ 


nete, fo würde fein Leben reichere Früchte gebracht haben, Härte 


nicht. fhon im vierzehnten Jahrhundert die Meihenfolge der. 


Begebenheiten den Fall des griechifchen Reiches unabwendbar 
gemacht. 


Die Hinneigung der arabiſchen Aerzte zu ‚einem milden 


Verfahren, die ſich in ihrer ganzen Keilmittellehre zu erken⸗ 
‚nen giebt, kann fuͤr einen wahren Fortſchritt der aͤrztlichen 


Kunſt gehalten werden. Johannes erkannte dieſen "Fort: 
ſchritt in ſeiner ganzen Bedeutung, und empfahl demnaͤchſt 
die kuͤhlende, anfeuchtende Behandlung der Fieber, ſo daß der 
Gebrauch der ſchwerfaͤlligen und ſtarkwirkenden Fiebermittel, 
ben ſchon Alexander zu beſchraͤnken fuchte ), wahrſcheinlich 
abgekommen waͤre, wenn die Umſtaͤnde ſeinem Anſehn den ihm 


gebuͤhrenden Einfluß verſtattet haͤtten. Die kuͤhlenden und ab⸗ 


1586 10. 


336 


führenden Fiebertraͤnke ber Araber, denen man nach Erforders 
niß belebende Pflanzenmittel *) beimifchte, wurden von Jos 
hannes mach beutlihen Anzeigen verordnet, die gegen das 
Vorurtheil der Alten, Fieberkranke anhaltend durften zu lafs 
fen, niche wenig‘ abftechen *), und eben fo zeichnet fich die 
übrige Heilmittellehre dieſes Arztes durch wiffenfchaftlihen Zus 
fammenhang und ehrfährungsmäßige Kenntniß hervorzubrin⸗ 
gender Heilwirkungen vortheilhaft aus: Freilich mußte wohl 
Aohannes der Gewohnheit oder dem Beduͤrfniß feiner Zeits 
genoffen darin nachgeben, daß er die Angabe der Wirkungen 
der Heilmittel auch fuͤr Michtärzte beſtimmte), Doch verfuhr 
er dabei ganz anders, als fein Vorgaͤnger Nicolaus My 
tepfus *), indem er die Namen der meiſten Erfinder von Mi⸗ 

1. " - ſchun⸗ 


1) 3. B. das Phu, das ſchon von Dioscorides beſchrieben, 

bei den Arabern ſehr beliebt war. L. V. c. 2. p. 182. des am 
zuführenden Werkes. Vergl. Matthiol, Commentar.. in Diosc. L. 1. 
c. 10. p. 39. 


2) Unter biefen Fiebertraͤnken iſt Zuckerwaſſer einer der beffen, 
die übrigen enthalten nichts ſchaͤdlichet. U. a. O. C. 2. p. 178. 


3) Die Heilmittellehre des Johannes iſt in dem fänften, und 
zum Theil in dem ſechſten Buche feiner Methodus medendi enthal⸗ 
ten,. die wir gedruckt nur in lateinifcher ‚Ueberfegung befißen. Actu- 
arii Jounnis, ſilii Zacharigae, Methodi medendi Libri VI. Ed. 
Car. Henr. Muthisius. Venet. 1554. 4. (L. V. c.L p. 177.) 


| 4) Ich kann mich nicht überzeugen, daß Nicolaus fpäter ge 

ſchrieben haben follte, ald Johannes, da Apocaucus, dem 
biefer feine Methodus medendi widmete, unter Andronicus PVa- 
I&ologus dem Aeltern (12831328) Iebte, und Nicolaus, 
ber doch erft nach dem Tode ded Pabfled Nicolaus 3. (1280) 
fein Arzneibuch berausgegeben haben Tann, um biefe Zeit gegen 
70 Sabre alt war. (S. oben ©. 3. Anm. 329.) Die Anfühs 
rungen eines Magister Joannes bei ihm. (S. XXXII. Nr. 99. p. 
528. 8. 10. Nr. 103. p. 354.) konnten vielleicht auf den Alexandri⸗ 

% 


[ 5 


337 


ſchungen geftiffentlich wegließ, um wicht durch ihren Ruf zum, 
Mißbrauche derfelben einzuladen "), und Eigenes fo viel hinzu⸗ 
ſetzte, daß die Heilmittellehre unter feinen Händen fi zum 
Theil neu geſtaltece. Auf eingeführte Zuſammenſetzungen: hielt 
er gewiß weniger, als alle gleichzeitigen Aerzte, deſto mehr 
aber auf die Kenntniß der einfachen Arzneikoͤrper, weil fie in 
den Stand -fege, durch neue Mifhungen und Veränderung 
der üblichen den jebesmaligen Winken der Natur zu entfpres 
chen ). Johannes lehrte ausdeuͤcklich, man ſollte beim 
Verordnen der Arzurien, felbft der äußerlich anzumenbenden °), 
auf die verſchtedene Empfänglichkeit. der. Kranken fehen,. mit 
den gelinden anfangen, und vorfichtig zu den ftärferen über 
gehen *), eine Worfchrift, die ‚fchwerfich: vom Aerzten befolgt 
werden konnte, bie den alterthümlichen Deifchungen der Pharr 
macopolen blindes Vertrauen fchenkten. Welche Folgen häts 
ten diefe Grundſaͤtze bei empfänglichen Schülern haben koͤnnen, 
und tie guell iſt der Abſtand eines fo wuͤrdigen Beftrebens . 
von der Anhänglicpteis eines Nicolaus an den hergebrachten 
Arzneikram! 

Auffallend iſt in dieſer Bet die. , richtige Beurtheilung in; 
nerer ‚Wirkungen von Außerlich angewandten Arzneien. Time 
Salbe zum Abführen aus Euphorbium ließ Johannes in 
die Zußfohlen einseiben °); deffelben Mittels bediente man fich 


nifhen Satrofophiften Johannes (S. 87. ©. 168.) bezogen wer⸗ 
‚den. Wer ber yon Nicolaud ebenfalls angeftihrte Actuarius 
geweſen, der unter einem Kaiſer Conſtantin gelebi haben ſoll, 
moͤchte ſchwerlich zu ergruͤnden fein. (S. XL. Nr. 8. p. 630.) 


1) C. 3. p. 182. 
2) C. 4. p. 184. 
3) L. VI. Praef. p. 244. 
4) L. V. e. 11. p. 233. 


5) L. V. c. 10. p. 231. 
I. y 


338 


in einem Pflaſter um heilfame Blutflüffe zu erregen '); Bre—⸗ 
hen bewirkte man nicht felten mit Zäpfchen aus weißer Nies 
mwurz.?), bie unter den Innern Brechmitseln. noch immer ven 
erſten. Rang behauptete; draſtiſche Epomphalia waren allgemein 
in Gebrauch, und man kannte: ihre heftigen - Wirfungen auf 
bie Geſchlechtstheile, fo daß die Aerzte von ihrer Anmendung 
bei Schrenngeren die Abtreibung. ber Frucht flechteten °). Alt⸗ 
uͤbliche Heilmittel bielt Kobanmes in Ehren, wie den Pfef 
fer in Wechfelfiebern *) uͤnd, den Schwefel im mancherlei Bruß 
heſchwerden *); vicle andere .verorönete er in Zuftänden, in 
denen’ihe Werth erft-in; neuerer Zeit wiebererfgunt worden 
iſt, wie Mohnſaft in der Ruhr und in’ langwierigen Bruſtca⸗ 
tarıhen ), Moſchus gegen fiebet haſte Unruhe und, Herzklo⸗ 
sin") u. f. w. . 

Die Gewohnheit, durch taͤgliches Ennehmer betuͤhmter 
Mittel ſich vor Krankheit zu ſchuͤtzen, war: dem ganzen Alter⸗ 
thum eigen, und nachdem Marc Aurel hierzu den Therlaf 
bes Andromachus durch ‚fein eigened Beiſpiel empfohlen 
hatte, bei den Vornehmen tief eingewurzelt. Im dreizehnten 
Jahrhundert vertrat eine Miſchung, die man Hygea nannte *), 
dieſe Stelle des Theriaks. Glaubte felbft Johannes damit 
Krankheit, Bezauberung und. Geſpenſter abhalten zu koͤnnen, 


in) 


1) L. V. c. 10. p. 230. 

2)L. V.c. 8. p. 217. 

3) L. V. c. 10. p. 229. 

4) L. V. c. 6. p. 191. > 
5) Ebend. p. 209. 

6) L. V. c. 5. p. 190. 

7) L. V. c. 6. p. 207. 


8) Ebend. p. 200. — Bergl. Nicol. Myreps. S. I. Nr. 44. 103. . 


‘ 


‚339 


ſo liegt ſeine Entſchuldigung nahe genug in der Verkehrtheit 


des Zeitalters, die ſich auch bem beſten Arzte mittheilte, und 
ſieben Jahrhunberte früher ſelbſt einen Alexander zu gleichem 


Wahns · verleitet hatte. Bei dem Gebrauche der ſtarkwitkenden 
Abfuͤhrmittel, — die griechiſche Heilmittellehre war von jeher 


damit uͤberladen, — Hatte man allmaͤhlig die Ueberzeugung 
gewonnen, daß fe. ſaͤmmtlich dem Magen ˖ ſchadeten, ausge⸗ 
nommen die Albdö !): Gewiß wonr..diefe Beſchraͤnkung ihres 
Mißbrauches ein bedeutender Gewinn fuͤr die Heilkunde, der 


durch die gleichzeitige Einführung: der kuͤhlenden Pflanzenmittel 


weſentlich vergroͤßert wurde. Unter dieſen war die bei den 
Arabern gebraͤuchliche, ben fruͤhern Griechen durchaus under 
kannte Manna-?). Die humoraltheoretiſche Vorſtellung von 
einer Ableitung der Cardinalſaͤfte durch befitmmte Abfuͤhrwittet, 
nach der dieſe in Klafien. getheitt wurden ), konnte Eh dieſer 
Zeit um fo wenige von der Hand gewieſen werden, da.fit 
ufprünglich Exfcheinungen der Vertlchteit m, bie ” 
zur Beſtaͤtigung dienten. 

Die Wirkungen ber Gifte ſchildert Fohanne⸗ bus 
gängig nach „ben: Mitten, und. warnt, wie einft Oribaſius, 


‚vor dem ruchloſen Mißbrauche: feiner Mittheilungen *)... Trefr 


fend. beſchreibt er die Vergiftung ‚mie; Bleiglätte, als deren ol; 
gen er heftige Soutſchmerzen mit Eneftelhung des verfallenden 
Geſichtes beobachtete °). 





LVZ 


2) Ebend. p. 219. — Vergl. Matthiol. Commentar. in Dios. 
L. I. c. 73. p. 9. 


3) Cholagoga, Hydragoga, Phlegmagoga ete. L. v. c. 8. 
p. 212. 


4) L. V. c 12. p. 238. 
- 5) Ebend. p, 242. | 
4 92 





> 


346 


| 8. 63. 
Puls lehre Der. Minh Mercurins. 


Die Lehre von den Symptomen, in der die Phyſiologie 
umd bie Krankheitslehre fich gegenfeitig erfäutern, lag feit dem 
zweiten Sjahrhundert, abgeſehen "von: den- fentiotifchen Berfus 
chen des Theophilus *), faſt gaͤnzlich danieder. Man bes 
gnuͤgte ſich mit den Werfen Galen's, und die es gewagt 
Hatten, in der‘ Semiotikr mil einem Scheine von Selbſtſtaͤn⸗ 
digkeit: aufzutreten, Eonnten die Vergleichung mit dem: großen 
Meiſter in feiner Rüdficht aushalten. Johannes, erleuchtet 
\ durch den Geiſt dee Hippofratifchen Werke, — er fihrieb noch 
ungedruckte Erläuterungen zu: den Aphorismen °), — nahm 
zuerft wieder bie Galeniſche Pulsiehre auf ’). Freilich konnte 
er für fie ohne neue Unterſuchungen, zu denen die Beranlafs 
fung ‚fehlte, nur wenig leiftert, doch erwarb er fich einiges Ver⸗ 
bienſt ‚durch ihre faßfiche und abgerundete Darftellung, die 
jeden Arzt anfprechen mußte, dem Theophilus nicht genügt, 
und Salen durch Weitfchichtigkeit Wibderwillen erregt hatte. 
Die Veraͤnderungen des Pulſes wurden in den ſpaͤteren Jahr⸗ 
Hunderten zur Erkenntniß dee Krankheiten mit aller Aufmerk⸗ 
ſamkeit benugt, doch iſt zu bezweifeln, daß die Aerzte der ges 
dDiegenen Bearbeitung: der. Bebensvsrrichtungen durch bie Pneu⸗ 
matifer und Galen, an die noh Theophilus fie erinnert 
hatte *), eingedenk waren. Denn je mehe ſich die ärztliche 
Setehrfamkeit auf Einzelne, wie Demetrins und Johannes 


1).$. 43. ©. 188. 
2) Fabric. Bibliath. graec. Vol. XII. p. 638. 


3) Er hat fie in feiner Methodus medendi L. I. c. 9. bear⸗ 
beitet. ©. ©. 336. Anm. 3, N 


4) $. 42. ©. 186. 


341 


x 


befchränkte, defte um ſich greifender wurde bei ben übrigen Aery 


ten die Blachheit in der Beobachtung der Krankheiten, deſto _ 
loſer der Zufainmenhang der Phpfiologie mit der Kranfheites 


lehre. Man darf daher. füglich vorausfeßen, daß von. den 
Lehrfägen Galen's über die Verrichtungen des Herzens und 
der Gefäße in der ausübenden Heilkunde des dreizehnten Jahr⸗ 
hunberts nur das Geringfuͤgige übrig’ geblieben, und die ſemio⸗ 
tifche Pulslehre bei den meiften in ein mechanifches Spie aus⸗ 
geartet war. 


Dies beſtaͤtigt ein ſchwacher, kaum zu beachtender Ver ur 


fu eines Moͤnches Mercurius, der nicht‘ wohl vor dem 
zehnten Jahrhundert, unbekannt in welchem Kiofter, und ob 


in Griechenland oder. in Kalabrien gelebt hat ")., &eine 


Träume betreffen nur die Galeniſche Ungleichheit in einem 
Pulsſchlage, und enthalten eine Ahnung der Grundidee, die 


in der organifchen Pulslehre des achtzehnten Jahrhunderts am 


ſtaͤrkſten hervorgetreten iſt. Man ſoll mit vier Fingern der 
rechten Hand den Puls der Rechten des Kranken befuͤhlen, 
und auf Kopfleiden ſchließen, wenn die Schlagader gegen den 
Zeigefinger, auf Brufts, Magen: und Milzleiden, wenn fie 


gegen den Mittelfinger, auf Nieren, Darms und DBlafenleiden, 


wenn fie gegen den vierten, und auf Leiden der Schenfel und 
Füße, wenn fie gegen den Fleinen Finger anfchlägt. Fuͤhlt 
man mit dem Zeigefinger nur einen ftärferen Schlag, fo leidet 


1) Migxoveiov Moraxou dvaynaierden Idarxuria wie 
e@uymär. Mercurii Monachi Pernecessaria de pulsibus doctrina. 
Ex ms. Cod. Regiae Neapolitanae Bibliothecae edidit, atque il- 
lastravit Sawator Cyrillus. Neapoli, 1812. 8 — (pp. 683.) 
Diefe ganze Pulslehre füllt nur fieben halbe Seiten, und den übris 
gen Raum eine gefchichtliche Weberficht der alterthuͤmlichen Puls⸗ 
lehre vom Herausgeber, der die Ehre, jenen Moͤnch hervorgebracht 
zu haben ‚ für Calabrien in Anſpruch nimmt. 


342 - 


dee mittlere, zwei, auch der Hintere, drei, der game Kopf, 
u. ſ. w. Bon einer Unterfcheidung der Krankheit ift nirgends 
die Rede, und diefe ganze Pulsiehre nichts weiter, als ein 
kloͤſterlicher Stockfleck des menſchlichen Geiſtes. 


| 8. 62. | 
Bearbeitung der Uroſcopie durch Johannes. 


Unterdeſſen hatten die arabiſchen Aerzte die Galeniſche 
Dulstehre mit allen ihren kuͤnſtlichen Berzweigungen aufges 
nommen, und in ihr Mittel gefunden, ihren Kranken als ges 
heimnißvolle Ergruͤnder des innern Menſchen zu erſcheinen. 
Bereitwillig würden fie ſich auch die chineſiſche angeeignet has 
ben, wenn fie. ihnen befannt gemefen wäre, denn man ver 
fangte von ihnen, wie von den Aerzten der chriftlichen Völker, 
daß fie den Kranken wie hülfreiche Zauberer" zur Seite traten, 
und die abergläubifche Erwartung verborgener Einflüffe ihnen 
. den Weg öffnete. Noch willlommener als die Pulslehre war 
ihnen daher die Harnſchau der Griechen, die den Sinn für 
das Wunderbare noch mehr zu nähren, und noch zuverſichtli⸗ 
cher dem Arzte ein myſtiſches Anfehn zu verleihen fchien. Es 
"blieb nicht aus, daß die Griechen fie wiederum von ihnen zu: 
rücerhielten, und wenig fehlte, fo hätte fie fhon im dreis 
zehnten Jahrhundert die übrige Semiotik verfchlungen, wie 
dies fpäterhin unter Mitwirkung mannigfacher Vorurtheile 
im übrigen Europa wirklich geſchah. Schon erhoben fih un: 
ter ihnen Stimmen gegen die Uroſcopie; man fand es Id 

cherlich, ohne den Kranken gefehen zu haben, feinen Zuftand 
aus feinem Harn zu” beurtheilen, und nicht felten wur; 
den Uroſcopen mit dem Harn von Thieren getäufcht, das 
mit fie zue Kurzweil der Zuhörer mit magifcher Weihe und 


* 


— 1 





ne Ä | N 
’ u Ä .343 
finſterer Stirn ihren arabiſtiſchen Wortſchwall vernehmen 
ließen). 


Hieraus werden die Gründe einleuchtend, von denen Jo 


hannes beſtimmt wurde, die Veraͤnderungen des Harns einer. 
wiſſenſchaftlichen und vielſeitigen Unterſuchung zu unterwerfen. 


Es gelang ihm diefe nach den gediegenen Vorarbeiten der Al⸗ 
ten, und vorzäglih Galen's, fo wie den unbedeutenden 


Verſuchen von Magnus und Thesphilus ?) auf eine fo 


‚beifallgwärdige Weife, daß fein noch vprhandenes Werk °) 
"als das vollfommenfte über die Harnſchau nad) äußeren Merf; 
malen dafteht, und als ein werthvolles Beſitzthum für alle 
Zeiten anerkannt zu werden verdient. Allerdings Fünnte ihm 
eine Hinneigung zu Galen, die ſich in vielfälfiger Nachabh⸗ 
mung ſeines Vorbildes zu erkennen giebt, zum Vorwurf ge⸗ 
reichen, doch betrifft dieſe mehr die Form feines Werkes und 
den Gang: der Unterfuchung, denn in der Beobachtung der 
&rfcheinungen und ihrer Deutung nad) den gangbaren Begrif: 
fen fuchte er ſelbſtſtaͤndig zu bleiben. 

Der Harn iſt die Eolatur des Blutes ( wıgataus nic. 


vos), aus feiner Befchaffenheit find mithin die Veränderungen 


des Blutes in Krankheiten ficher zu beurtheilen *). on 
biefer Annahme ging Sohaunes in feiner Harnlehre auf, 


1) De different. urinar, c. 6. ſol. 3. a. des anzuführenden 
Wertes. — J 


2) 5.43. ©. 19. 


‚ 3). De Differentiis urinarum Liber I. De Todiciis urınarum 
Ber Nayıaasas evewr) Libri I. De urinarum causis Libri II. 


De Praevidentiis ex urinis Libri U. Zufammen fieben Bücher, 


die noch nicht griechifch gedruckt find. Ich habe mich einer ziemlich 
correeten Handfchrift der bieſigen Koͤnigl. Bibliothef bedient. 


. 4) De Different. urin. C. £. fol. 3. 


ne — — — — REES — oe — 
. 
- . 
. 


344 | | 
folgend der Galeniſchen Phufisiogie, die den Harn aus dem 


Blute der unsern Hohlader ausfcheiden ließ, und ohne auf 
Theophilus zu achten, ber zwiſchen ber Pfortader umd 


. Hohlader unfichtbare Kanaͤle angenommen hatte ”). Die ſtu⸗ 


fenroeife Aneignung des Nahrungsftoffes war in der Phyfiolo⸗ 
gie der Alten nicht unbeachtet geblieben. Ihre Anfichten über 
Ernährung, Wahsehum, Abnahme und Stoffveränderung im 


Körper enthalten feit Ariftoteles Ergebhiffe chen fo reiflis- 


hen Nachdentens als gründlicher Forſchung, und machen einen 
wichtigen Theil der auf Ihatfachen begründeten Galeniſchen 
Phyſiologie aus, in der die Verrichtungen des Magens, der 
Leber und des Herzens in dieſer Beziehung am meiſten hervor⸗ 
gehoben ſind. Spaͤterhin entſagte man der Einfachheit in dieſer 
Unterſuchung, ſo daß Theophilus dreizehn Stufen der orga⸗ 
niſchen Aneignung unterſchied ), überzeugt, daß dadurch das 


| gegenſeitige Verhäftnig und die Bedeutung der Ab: und Aus 


fonderungen deutlich werden könnte. Johannes ging wies 
derum einfacher zu Werke, Indem er nur vier Stufen der An; 


eisnung annahm: Die Verdauung im Magen, die Verarbeis 


tung des Nahrungeſtoffes in den Sekrösvenen, der Pfortader 


und im untern Theile der Leber, deffen Veränderung in den ’ 


Adern des obern Theils der Leber,. und feine Aufnahme in 
alle Theile des Körpers, wobei es allerdings auffällt, die Ver⸗ 
richtungen der Lungen und des Herzens nicht beachter zn fin; 


. den. Diefen „vier Stufen entfprechen eben fo viele Ausfcheis 


dungen: der erften. das Erbrechen und der Stuhlgang, ber 


. zweiten die Ballenabfonderung, der dritten die Harnabſonderung, 


und der vierten die unmerflihe Ausdänftung, Schweiß und 
Ausſchlaͤge). So war mithin Johannes dur Nichtbe⸗ 


I 8.43. 6. 1%. 
2) 8.42. ©. 187. | 
3) De Different. urin. C. 5. fol. 2. b. — Berl. ben mehr 


345 


’ 


achtung ber Schlagadern in denſelben Irrthum verfallen, wie 


Salen und Ihesphilus, ohne jedoch, vom praftifchen Ser 


fichtspunfte aus, deshalb feinen Gegenſtand weniger umfaſ⸗ 


ſend zu bearbeitet. ‚Gern von der Einſeitigkeit der gleichzeitis 
gen Urofcopen dringt er angelegentlih auf die Beachtung der 
übrigen Seichen, die er fpätechin in feinem größern Handbuche 
mit vieler Umſicht und Klarheit darftellte, vorzüglich des 
Pulfes *), überfieht nicht die Schwierigkeiten der femiotifchen 
Beobachtung uͤberhaupt, und verkennt nicht den relativen Werth 
der Zeichen an fi, nad der Eigenthümftchleit der Kranken 
und der. Verfchledenheit zufaͤlliger Einflüffe *). 
Das Harngefäß fol aus weißen Glaſe verfertigt ſein und 


⸗ 


die Geſtalt eines Trinkglaſes haben. Er theilt es mit einer 


den Alten unbekannten Genauigkeit in elf Räume oder Grade, 


jeden von einem Zoll, zur beſſeren Beflimmung ber Nieder⸗ 


fhläge. Der Bodenfab nimmt die vier unterfien ein, das 
Endorem den fechften, fiebenten und achten, von unten gezählt, 
und die Wolke den zehnten und elften; der fünfte und neunte 
bilden die Graͤnzen zwifchen dem Bodenſatz und dem Enaͤorem, 
und zwifchen diefem und ber Wolfe °). Die Unterfcheidung 
der Karben des Harns, Johannes führe deren vierzehn *) 


überfichtlichen Abſchnitt Aber die Veränderungen des Harns in der 


Methodus medendi L. I c. 10. p. 17. seq. 


1) De Judic. urin. L. II .c. 26. . — Doß er fein Werk Aber 
die Harniehre früher gefchrieben, als feine Methodus medendi, 
geht aus einer Stelle ber letztern unzweifelhaft hervor. L. I. c. 15. 

DM 

2) Ebend: €. 10. fol. 10. b. 

3) De Different. urin. C. 13, fol. 5. b. Der Ueberfeßer in 
bee Sammlung von Han. Stephanus fügt eine erläuternde Abbil⸗ 
dung bei. P. 50. 


4) De Judic. urin. L. L ce. 13 — 20. — Die weiße, Asund, 





346 
auf, kaͤßt felbft. nach- firengen Anforderungen wenig zu win 
ſchen uͤbrig. Er giebt ihre Bedeutung fat durchgängig nach 
humoralpathologiſchen Begriffen an, ohne hier und da Dun⸗ 
kelheiten und Wiederholungen zu vermeiden, die von der uns 
zweckmaͤßigen Anordnung des Werkes nach dem Muſter von 
Saten’s Schriften über den Puls :)_veranlaßt. werden, einer 
Anordnung die mit einer weit einfacheren ımb erufprechendern 
zu vertaufchen gewefen, wenn er feiner eigenen Anficht gefolgt 
- wäre, und’ das Ganze etwa in drei Abſchnitten, einem phyfio⸗ 
logiſchen, einem femtotifchen mit Beziehung auf die allgemeis 
nen Krankheitszuſtaͤnde, und einem fpeciells pathologifchen vors 
getragen hätte. Bet der Abhandlung des mafferhellen Harus 
"zeigt er eine deutliche Ahnung des Erampfhaften Zuſtandes 
der durch Zufammenziehung der Gefäße hervortretende Er⸗ 

ſcheinungen bewirkt, indem er denſelben als Verſtopfung der 
“Kanäle bezeichnet 2), „auch waren ihm die Uebergänge von 
Entzündungen in Phrenitis- bei plößlichen Veränderungen 
bes rothen Harns in wafferhellen wohl befannt ”), wenn aud 
bie übrigen Folgen diefer gefährlichen Umwandlung weniger 
genau von Ihm angegeben werben. Leber bie fonfligen Fürs 
bungen des Harns waren fchon feit Hippokrates treffliche 

Erfahrungen. in den ärztlichen Schriften - niedergelegt, denen 
| Johannes feine eigenen binzufügte, offenbar wuͤrde indeflen 





bie Strobfarbe, vroxen zul exed, bie Gold» und Sefranfarbe, 
wuiie zu) —X die rotbe, unlgudgn zei jeuIea > bie Mein 
farbe, eraxa, bie braune (?), zunım dje grüne, xAwen , die Del, 
farbe, ZAaswdns, die ſchwaͤrzliche, biäuliche und ſchwarze, Quın, zı- 
Adıah, —RXRC 

1) De pulsuum differentiis, de p. dignotione, de p. causis, 
de praesagitione ex pulsibus. 


2) De Judic. urio. L. 1. c. 12. fol. 11. b. 


3) De Praevidentiis ex urin. L.lc 2 


N 


FL) 


347 


feine Darftellung gewonnen haben, wenn er hier nicht ſo be⸗ 
fangen und aͤngſtlich bei dem urſpruͤnglich verfehlten Begriffe 


der Pepſis in der Leber ſtehen geblieben wäre: Zur Vermei⸗ 


dung eines Widerſpruchs diefer Anfiht mit der laͤngſt aner; 
tannten Erfahrung, daß der. Harn durch das Leiden einzelner 
Theile eigenthuͤmlich verändert wird °), mußte er. hier -zur 
Lehre von ber Mitleidenſchaft ſeine Zuflucht nehmen, die der⸗ 
gleichen Faͤlle zwar leicht erklaͤrte, aber mit der Verrichtung 
ber Blutadern doch nur in eine gezwungene Verbindung ge: 


bracht werden konnte. Zr 


Ueber die Wolfen, das Enäoren, den Bodenſatz .) und 
die Veränderungen des Harns an ber Oberfläche und bem 
Rande (span) ift Johannes eben fo fehrreich ’), wie denn 


uͤͤerhaupt zu dem äußerlich Wahrnehmbaren nur wenig bins 


zugefügt werben koͤnite. Bis hierher reichen aber auch nur 


die Forderungen, die wir am diefen Arzt zu machen berechtigt 


find. Er hat in der Beobachtung und Beſchreibung der Zeis 


den aus. dem Harn die Urofeopie dee Alten um ein bedeutens 


des weiter gebracht. Die Nothwendigkelt chemifcher -Lnterfus 
chungen, auch ſelbſt der einfachften duch Kochen und Abdams 
pfen, Eonnte ihm noch nicht einfeuchten. Dadurch wird es 
erflärlich, daß er das Weſen der Harnruhr noch im entferns 
teften nicht ahnete, fondern von diefer Krankheit noch .eben fo 
fprach, wie einft Derkecrius von Apamea und alle fpäte: 


. ren Aerzte *). Seinen phyſiologiſchen Srunpfägen zufolge‘ 


1) $. 43. ©. 19. 


2) Er unterfceidet neben vielem Unmefentlichen folgende Bor 
denſaͤtze: ur. — orobea, TirvVgonuös furfurea, —RRR 
laminea, xgiprwößs, similacea. 

3) De Different. urin. C. 15. fol. 6. b. seq. 

4) De Judic. urin. L. I. c. 11. fol. I1. a. — Vergl. Bd. 1. 
8. 49. ©. 308. 


x. 


zas | ' ur 
mußte er fie fir ein Nieren/ und Leherleiben halten, in Bezug 
auf jene zunächft verurfache durch eine Verminderung der zw 


ruͤckhaltenden Kraft, vermöge welcher die wäfferigen Theile aus 


dem Blute der Lebervenen ſtaͤrker angezogen wuͤrden, und die‘ 
Leber dann gendthigt fei, mehr Waller aus dem Magen auf: 


"zunehmen, woraus fich der anhaltende, unausloͤſchliche Durſt 


der Kranken erkläre '). Syn der Beurtheilung der übrigen 
Krankheiten bewährt fi Johannes als einen gelehrten und 
vielerfahrenen Arzt; feine Anhänglichleit an Galen konnte 
und durfte er nicht verleugnen: der Vorſatz die Grundlehren 
der Heilkunde umzugeſtalten wäre in dieſem Jahrhundert ſelbſt 
im Geiſte eines noch groͤßeren Naturbeobachters nicht zur 
Meife gekommen. 


8. 65. V 
Praktiſche Heilkunde. 


Die geſammte praktiſche Heilkunde mit Inbegriff der un⸗ 
entbehrlichſten Theile der Chirurgie bearbeitete Johannes in 
einem uͤberſichtlichen Handbuche 2), das er zunaͤchſt zum Ger 
Brauche feines ehemaligen Mitſchuͤlers Apocaucus, eines By⸗ 
zantinifchen Großen beftimmte, ale diefer von Andronicus 
Palaͤologus dem Aeltern (12853—1328), unbefanne in 
weichem Sjahre, mit einer Geſandtſchaft an die Ruſſen beaufs 
tragt wurde ?). Wie viele gebildete Griechen ber fpäteren 
Jahrhunderte, ſo war auch Apocaucus in der Heilkunde‘ 
nicht unbewandert, Johannes hätte mithin nur die Aufgabe 
zu -löfen, die Gegenftände mit möglichfter Klarheit und mit 


1) Method. med. L. I. e. 11. p. 18., c. 22. p. 44. 


„2) Der obm ©. 336. Anm. 3. erwähnten Meihodus medendi. 
Died Wert zerfällt in ſechs Buͤcher von mäßigem Umfang. 
3) Nicephor. Gregor. L. XIV. c. 8. p, 435. Ed. Paris, 


3» 
Vermeidung nuglofer Theorie zu entwickeln. Dies gelang ihm 
aber To_vollfommen, daß fein Werk fich geeignet hätte, in 
einem größeren Kreiſe gediegene Kenntniffe zu verbreiten, wenn 
diefem der Weg in das Abendland geöffnet geweſen, und bie 
griechiſchen Aerzte Ihm ſelbſt mit einiger Empfaͤnglichkeit für 
geiftreiche. Belehrung ertgegengefommen waͤren. Sin feinem 
Vortrage hält fih Johannes ‚von fehufgerechter Schwerfaͤl⸗ 
ligkeit weit entfernt, und was ihm zur groͤßten Ehre gereicht, 
er wehrt den Aberglauben ſo gaͤnzlich von ſich ab, daß bei 
ihm die Merkmale des breigehnten SJahtgunderts vergebens auß 
geſucht werden. 

Er beginnt mit einer Darſtellung der Elementartheorie, 
geht von dieſer zur Galeniſchen Humoralphyſiologie uͤber, und 
zeigt in der Lehre von den drei Hauptverrichtungen eine un⸗ 
verkennbare Hinneigung zu pneumatiſchen Anſichten. Die Ver⸗ 
bindung der phyſiologiſchen Abſchnitte mit der Krankheitslehre 
bildet eine lichtvolle Angabe der nach jenen Verrichtungen ge⸗ 
ordneten krankhaften Zufaͤlle, die an geeigneten Stellen in eine 
iehrreiche Deutung der Krankheitsformen - übergeht. Seine 
vollendete Kenntniß der Nervenverrichtungen ließ ihn die Er⸗ 
gebniffe der Älteren Vorarbeiten mit der Lehre von den Ner— 
venkrankheiten auf eine anfchauliche Weiſe verweben. So 
folgte er der Poſidoniſchen Theorie von den Organen der Sees 
lenfräfte *), und beurtheilte die Bedeutung des Ruͤckenmarkes 
in Krankheiten der Bewegung fo richtig, daß er den Stans 
frampf aus Säfteandrang nach deinſelben herleitete 2), eine 
Anſicht, deren weſentlichen Theil die pathologiſche Anatomie 
uͤberzeugend beſtaͤtigt hat. Bei der Darſtellung der Wurmzu⸗ 


I) L. I. c. 16. p. 38. — Vergl. $. 25. ©. 9. 


2) L. Lc. 16. p. 25. Außer dem Blutandrang werden noch 
Berlegung und Erfältung als Urfachen des Starrkrampfs angegeben. 


— — — — — — — — — — — — — — — — 


faͤlle hat Johannes offenbar Alexauder's Abhandlung ") 


vor Augen gehabt. Hier finder ſich daher nichts, wodurch die 


u bisherigen Kenntniffe irgend verwollkändigt würden, ansgenom⸗ 


men eine Andeutung der Peitſchenwuͤrmer (Trichocephalus 


* dispar), die zufammengeballt wie dünne Fäden abgehen ſollen, 
. bevor ſie noch zu vollſtaͤndigen Thieren ausgebildet find *). Der 


VBandwurm foll fih aus einer zähen Fluͤſſigkeit in den Daͤr⸗ 


. men bilden, die durch Wärme zu einem Thiere belebt werbe. 


Die Weiberfrankheiten bat Johannes wahrſcheinlich nad 
Paulus ?), und. die Dautausfchläge eben fo ungenügend wie 
feine Vorgänger, felbft mit Webergehung der Poden befhris 
ben, fo daß nur feine richtige Würdigung der rothen und 


ſchwarzen Petechien Aufmerkfamkeit verdient. *). 


+. Seine Fieberlehse ik die Galeniſche, doch zeichnet fie ſich 
por. diefer durch eine beifallswuͤrdige Erkenntniß der Verdop⸗ 
pelungen der Wechfelfieber aus, von denen die Früheren in ge: 
ringfuͤgigen Andeutungen nur Oberflächliches gelehrt hatten *). 
Die Kriſenlehre führe ihn auf dem typifchen Verlauf der Krank - 
beiten und deſſen oft verfuchte mathematifche Erklärung, doch 
zeigt fc auch hier fein Scharfblick in einer Ahnung des Zu 
ſammenhanges des Typus mit der Megelmäßigkeit der großen 
Maturerfcheinungen, indem er die fiebentägige Periode von bem 
Einfluffe des Mondes auf die Erde abhängig fein läßt *).— Die 
übrigen Krankheiten werden nach der Ordnung der Theile. bald 





ausführlich, bald nur überfichtlich befchrieben, zwar mit alleu 


-1)8.38.6.19. . 
2) L.-I. e. 21. p. 42. 
3) L. I. c. M. p. 45. — 58.46 ©. 1M. 

4) L. I. c. 23. p. 48. 49. | 
6) L. II. c. 1. p. 58. J 
) L. I. c. 4. p. 63 F 


* 


u — | I. 353 
Maͤngeln ber alterthuͤmlichen Darſtellungsweiſe, jedoch hier und 
da mit treffenden Andeutungen, 3. SB. ber Anſteclungstraft 
ber epidemifchen Augenentzändungen "). * | 

Seine allgemeine Therapie iſt fehr einfach auf Anfulang. 
Ausleerung und Beraͤnderung zuruͤckgefuͤhrt?), wonach. die 
Wirkungen Der einzelnen: Heilmittel,” wenn auch Galeniſch, 
doch mit Uebergehung naturwidriger Lehrſaͤtze beſtimmt mer 


den. Weber die Lehre vom Aderlaß hatten ſich durch die Araber 


| ſchon in diefer Zeit die nachtheiligften Mißdeutungen alterthuͤm⸗ 


* 


licher Grundſaͤtze verbreitet, die Im: Abendlande erſt zu Anfang 


des ſechzehnten Jahrhunderts einen ernſten Kampf ber beſſeren 
Ueberzengung gegen *den arabiſtiſchen· Starrſinn herbeifoͤhrtew 


Man entſchied ſich dort faſt durchgaͤngig für die revalſoriſchen 
Aderlaͤſſe in Entzuͤndungen, und indem man ſtreng nach Galen 


zu verfahren glaubte; befolgte man nur die Degen der Araber 
und ihrer Nachbeter. Johannes wiederholte bie altgriethi⸗ 
ſche Lehre vom Aderlaß mit allen. naturgemäßen Anzeigen, bie 
fie enthielt, und allen Mängeln, vie Ahr von jeher anhafte⸗ 
ten 3). Wir finden ihn uͤberzeuge, daß durch Blutentziehnug 
nicht nur Vollblütigkeit, fondern. auch jede Ueberfuͤllung: mit 
ſchadhaften Saͤften befeitige werden koͤnne, fehen ihn mic.Angps 


| licher Genauigkeit unter den einzelnen Adern am Arme wäh 
Ten, als wenn-diefe mit beftimmten heilen in einer. näheren 


Beziehung fländen, und dies alles nach Anfichten, die fich zum 


Theil aus. den Älteften vorwiſſenſchaftlichen Gefaͤßlehren her: 


fchreiben. So wenig hatte fih hierin die Therapie einer ges 
funden' Philoſophie angefchloffen! Bei Ropfleiden fol die Ader 
am Oberarm, bei Bruſtleiden die im Ellenbogen, und die Übrt 


1) L. M. c. 7. p. 70. — Bergl. $. 27. ©. 111. 
2) L. III. Praeſ. p. 86. 
SLIM e1. p- 86. seq. 


952 | 1 

gen am Vorderarm in Krankheiten der unteren Theile, wie 
vornehmlich die Milz⸗ und Leberader auf der Band in Kran 
beiten diefer Eingeweide gefchlagen werden. Die revulforifchen 
Aderläffe 509 Johannes keinesweges denen in der Nähe der 
leidenden Theile unbedingt vor, ſondern ſuchte ber oft verun⸗ 
flalteten Anzeige der Revulſion nur in beftimmten Zällen zu 
genägen, wie etwa in Kopfleiden durch Blutentziehungen am 


Fuße, und bei Entzündungen der Sefchlechtstheile durch Ader⸗ 


laͤſſe am Arm. Bei Bruſtentzuͤndungen, die ſpaͤterhin der 
Gegenſtand fo vielfhltigen und unbegruͤndeten Streites gewor⸗ 
den ſind, ſchlug er die Armader der leidenden, nicht wie einſt 
die Methodiker *), der entgegengeſetzten Seite). Den Ums 
terſchied der Arteriotomie und des Aderlaſſes ſuchte er in der 
weſentlichen, nach der pneumatiſchen Phyſiologie trefflich be⸗ 
ſtimmten Verſchiedenheit des arteriellen vom venoͤſen Blute), 


und behielt über die oͤrtlichen Blutentziehungen die bergebrads 
7 


ten Srundfäge unneränbert. bei.*). 

Die Geſammtlehre dom . Aderlag hendeln Johannes 
noch. außerdem in einet eigenen Schrift ab, die mit zwei ats 
7 über Harnbeſchwerde und Lebensordnung °) wahrſchein⸗ 

lich werth iR, an das Licht gezogen zu werden, denn bie 
Werke von Männern, die über ihr Zeitalter * Dervorragen, find 
der Nachwelt ehrwuͤrdig. 

8. 66. 

1) Cael. Aurelian. Acutor. L. I. c. 18, p. 119. 

2) L. IV.’ ec. 4. p. 29. 

8) L. M. c. 2 p. 9. 

4) L. II c. 3. p. 91. 


‚ 5) Fabric, Biblioth. graec. T. XI. p..638, — ine Schrift 
von Johannes über die Gewichte iſt ebenfalls noch ungedruckt. 
Ebend. p. 639. — Es bedarf Feiner Rechtfertigung, daß Johannes 

(er.war der Sohn eines fonft unbelannten Zacharias) in diefer 


353 
g 66. 
Biesererucdung ber pneumatifhen Seelenlehre durch 
‚Johannes. 


Bäheend fü ih in biefer Zeit der Geiſt zu regen begann, 
der fich in den nächften fünfhundert Jahren, langfam und ficher 
erftarfend, ein neues unermeßliches Reich erfchuf, waren bie 
Sebildeten unter den Griechen ˖ wie bei den weftlichen Voͤlkern 
gleich entfernt von Selbſtvertrauen wie von Ahnung der Wun⸗ 
derkraft der menſchlichen Seele. Das Ziel der hoͤchſten For . 
fung, die Erkenntniß des Geiſtes im Dienfchen, war ihren . 
Augen entrüct, ſeitdem die Scholaſtik ihre Nebel verbreitete, 
und das Moͤnchthum, des Sieges gewiß, die Vernunft zum 
Kampfe herausfordern durfte. Wenige Auserwählte von hös 
herer Einfiht — zu ihnen gehörte Joha nnes — wurden 

nicht gehoͤrt, oder ſie ließen, ohne Hoffnung auf Erfolg, ihre 
Stimmen nicht vernehmen. j 

. Zohannes, von Racendytes angeregt, und voll der 
uebeneums, daß der Geiſt durch freies Selbſtbewußtſein al⸗ 
ler ſcholaſtiſchen Bande ſich entledigen koͤnne, faßte den kuͤhnen 
Vorſatz, die Seelenlehre in ihrer urſpruͤnglichen Reinheit wies 
der herzuftellen, und betrat hierin, wie es ſich ‚ziemte für: einen 
ärztlichen Naturforfcher, die Bahn der höheren Phnfiologie, 
unfähig der philofophifhen Anmaßung, die diefe Unterfudung 
beginnt, ohne die körperlichen Verrichtungen zu beachten "). 


— 


Darftellung mit feinem eigentlichen Namen, und nicht mit feinem 
Titel Actuarius genannt worben ift. 
1) Ile} ineyuör zur wudär Tod puzıned wrivuares zu) 
Tas zur aure dalııs, Ayo g, . quorum alterum e Paris. 
exemplo Martini juvenis, alterum e cod. Monacensi cum varie- 
tate lectionis nunc primum in Germania edidit Joh. Krider. Fi- 
' scherus. Lipsiae 1774. 8. 


I. 0 3 





354 


Die alterthümfichen pneumatifchen, der Bergefenfei längft übers 
gebenen Lehrfäße ſchienen ihm zur Belehrung feiner Zeitgenof 
fen vor allen übrigen geeignet. Wußte er fie nicht mit eigens 
thümlichen zu vermehren, fo möge ihm dies nicht zum Vor⸗ 
wurf gereichen. Diefe Lehrfäge nur anerfannt, und durch die 
Wahrheiten der alterthümlichen Pfychologie den Geiſt entfef 
felt zn haben, giebt im vierzehnten Jahrhundert, ohne Ruͤck⸗ 
fiht auf Erfolg oder Mißlingen, ein unzweifelhaftes Anrecht 
auf Nachruhm! „Das Goͤttliche im Menfchen ift eins 
fa, mit vielen Kräften begabt (wordvrazer), körs 
pers und geftaltios, und der Seelengeift if fein 
Drgan.” '. „Alle Erfennenif entſteht durch Ber 
gleihung des Achnlihen und Auffaffung des Se 
meinfhaftlihen” *) „Die Seele an fih fann nidt 
erfranten, aber fie kann Theil nehmen an den Leis 
den des Seelengeiftes, an den fie gebunden ift’). 
Erhabne Ausſpruͤche des Alterhums, denen das neunzehnte 
Jahrhundert nur gleichlautende Ergebniſſe eindringender For⸗ 
ſchung zur Seite ſetzen kann! Aber es war nur der Gedanke, 
daß die Verbindung der Seele mit dem Koͤrper durch den fein⸗ 
ſten organiſch belebten Stoff vermittelt werde, und daß dieſer 
Seelengeift der wefentliche Theil (wex na) uwesuten) des im 
der finnlichen Welt lebenden Menſchen fei *), der diefe reiche 
Srüchte trug, und einen Pofidonius auf die Annahme von 
Hirnorganen kommen ließ *). So weit gedieh bei Johan 
nes die Entwidelung diefer Begriffe, daß er eine Verfchiedens 





ILL. L. . 3. P. 13. 
2) L. I. . 2. p. 12. 
3) L. l. e. 6. p. 18. 
4) Praef. p. 6. 
5) 8. 25. ©. 9. 


5. 


heit der Verrichtungen des Seelengeiſtes nach dem verſchiede⸗ 
nen Bau dieſer Pofidonifchen Organe anerkannte, gleichwie 


das Licht die Farbe des von ihm durchfchienenen Glaſes ans 


nehme *). Die Anordnung der Seelenkraͤfte ünterfcheibet fi 
bei dieſem Arzte durch groͤßere phyſiologiſche Klarheit von den 


- Annahmen der älteren Philoſophhen. Vernunft (vs) und 


finnlihe Wahrnehmung (siedaris) find auf der einen und der 
anderen Seite die äußerften Geiſtesthaͤtigkeiten. Auf die ſinn⸗ 
liche Wahrnehmung folgt die Einbildungskraft (Parrueie), danu 
das Mieinungsvermögen (igos defarıner), das die Einbildungs: 
kraft mit dem höherftehenden Verſtande (diavosa) vermittelt, ins 


dem es bald zu biefem, bald zu jener hinneigt, ohne jemals die 


Sicherheit des Verftandes zu erreichen *). Die Vernunft If 
mie dem Seelengeifte am wenigften verbunden, und nähert ſich 
der Natur einer reinen, die Ergebniffe der niederen Seelenkräfte 
vereinenden Thätigkeit >). Das Verhaͤltniß der Einbildungss 
kraft zum Gedaͤchtniß giebt Johannes ganz treffend an *); 


dennoch “glaubte er mit Poſidonius "), jene habe ihren SE 
in dem vorderen, und dieſes in dem hinteren Theile des Ge⸗ 
hirns, während er die Mitte deſſelben der Vernunft anmies, 


und in Ungewißheit ſchwebte, welche Organe von dem Verſtand 
und dem Meinungsvermoͤgen eingenommen würden °). 
Die Einbildungsfraft, die im menfchlichen Geifte den‘ hoͤ⸗ 


\ 





I) L. I. c. 7. p. 3. 
2) LIT. c. 10. p, 32. 
3)L.Lc.4 p. 16. 
4) A. a. O S. 9. 
5) L. L. c. 9. p. 30. J 


6) L. I. c. 19. p. 52. Er nannte die Einbildungskraft ein. 


— und Fan ber finnlichen Wahrnehmung. L.1.c.5. 


p. 18. 
32 


356 


heren Kräften untergeordnet fei, hielt Johannes für den von 
nehmften Theil der Thierfeele‘), und fand überdies in der fehlenden 
Vervolllommnungsfähigkeit der Thiere einen weſentlichen pſychi⸗ 
ſchen Unterfchieb derfelben vom Menſchen, den er fo hoch über 
die Thiere, wie diefe über die Pflanzen feßte 2). Die Erklaͤ⸗ 
rung der Sinnesthätigkeit blieb in diefem pſychologiſchen Ber: 
ſuche die alte Empebofleifche ?), die fih mit unerheblichen Ber: 
änderungen in allen naturphilofophifchen Lehren des Alterthums 
erhalten hatte. Mit großer Klarheit aber fprach fih Johan 
nes ‚über die Entftehung des Luftgeiftes im Körper, und mit 
Anerkennung des Grundfaßes, daß der verfchiedene Bau ber 
Theile auf defien Verrichtungen weſentlich einfliege, über feine 
Veränderungen aus. Der natürliche Geift (zriöss Yurızar) 
wird aus der Nahrung in der Leber bereitet, und dient als 
Organ für das Begehrungsvermögen (rd imıdvmerızr); er ges 
langt durch die untere Hohlader zum Herzen, wird bier in 
Lebensgeift ("rröne Lerızer) umgewandelt, durch die Schlag⸗ 
adern in den ganzen Körper vertheift, und. im Gehirn zum 
Seelengeiſt (wreöun Yozızar) veredelt *). Der Luftgeift dus 





1)LLe6.p 18. 


2)LLe.12p9 11. — Die Thiere haben nur ein 
Beaxu —RR yvıa awoegsar der menſchlichen Seele. 

3) Mit Beibehaltung der Platoniſchen evravysın im Auge. 
Das wriöüna auyendis im Auge bewirkt das Sehen durch Vermi⸗ 
{hung mit dem dußern Lichte. Zum Beweiſe des Ausſtroͤmens ber 
ſelben dient das Glänzen der Augen bei vielen Thieren, fo wie die 
Zunfen, wenn die Augen erfchüttert werden, und das Groͤßerwerden 
der Pupille des einen Auges bei Schliegung des andern L.Le 
8. p. 27. 28. 29. . 


4) L. I. c. 6. p. 20. 21. — Er verändert fich wie ber Saft 
der Pflanzen von der Wurzel aus in allen Theilen. C. 8 p. 28. 


„gs 


\ 0387, 


dert ſich und erkrankt mit dem Blute), und wird dem Ger 
hirn ein fo verderbter Stoff zugeführt, fo vermag der Geiſt, 
an ein erkranktes Organ gebunden, eben fo menig feinen Ders 
richtungen vorzuftehen, als einem verſtimmten Inſtrumente har⸗ 
moniſche Toͤne entlockt werden koͤnnen. 

Hier bot ſich ganz von ſelbſt die Ariſtotelſche Anathy⸗ 
miaſis zur Begruͤndung der Anſicht dar, daß ſchadhafte Bei⸗ 
miſchungen zum Blute den Luftgeiſt verderben), und eben 
dieſe Anſicht vermittelte den Uebergang zur Darſtellung einer 
Lebensordnung ?), die geeignet fein ſollte, den Seelengeiſt als 
reines und ungetrübtes Organ der Seele zu erhalten. ' Dit 
umfaffender Kenntniß beiehrte Johannes feinen Racendy⸗ 
tes über den Einfluß aller Speifen und Geträufe auf den 
Körper, und wußte fo den alterehämfichen Grundfägen über 
die Erhaltung der Sefundheit die mwürdigfte Deutung zu gebe, 
indem er fie auf die Beförderung einer reinen Geiftesthätigs 
feit bezog. | 

Johannes ſchrieb fein pſychologiſches Werk an Racen⸗ 
dytes im reifen Mannesalter, durch Erſahrung belehrt, und 


in. kraftvoller Bluͤthe feines vielumfaſſenden Geiſtes). Es 


iſt das letzte wuͤrdige Denkmal der Wiſſenſchaften in Griechen⸗ 
land, die bei zunehmender Entkraͤftung des griechiſchen Kaiſer⸗ 
thums bald gaͤnzlich in Verfall geriethen. Johannes wurde 
ſchon von feinen Zeitgenoſſen nicht mehr verſtanden; im naͤch⸗ 


I) L. I. c. 14. p. 43. 
2) L. I. e. 15. 16. p. 44. 46, 
3) L. II. 


4) Nach feinem therapeutiſchen Werke an Apocaucus. L. II 
c. 15. p. 117. 


—3 


, 


358 


ften Jahrhundert nennt die Sefchichte keinen des Nachruhms 
werthen griechifchen Arzt, und als der neunundzwanzigfie 
Mat des Siahres 1453 den Todesfampf bes taufendjährigen 
ofteömifchen Reiches endete, da erfreuten fi die Wiſſenſchaf⸗ 
ten fchon längft der forgfamen Pflege kräftig emporſtrebender 
Völker des Abendlandes, 





⸗ 


J Chronologiſche Ueberſicht 


J . des 


— 


X 


erſten und zweiten Bandes. 










Sabre 
v. Chr. Geb. \ 





Eingerichtete Staaten in Aſien, mit Ackerbau, 
Kandel und technifchen Kuͤnſten. 

Fruͤhzeitige Kultur der Chineſen und Hindus. 

Ninus und Semiramis gründen die erſte 
| Affprifhe Monarchie, die ſich behauptet bis 
zum Fal Sardanapafs. Ein Medifches Reich, 
von Arbaces gegründet, ein neues Affyrifches 
und ein Babylonifches beftehen nebeneinander. — 
Kleinere Reiche in Meſopotamien und Syrien. 

Abraham, Stammvater der Ssraeliten, zieht 
aus dem nördlichen Chaldaͤa durch Meſopota⸗ 
mien nad) Canaan. 






Die Juden in Aegypten. 
Sidon und Tyrus, phönicifche Handelsſtaa⸗ 
ten. , 
Phoͤniciſche Coloniſten gründen Karthago. 
Dido. 


1747 - 1531 
Seit 1730 


884 


Chronofogie der Heilkunde. 


Erſte Periode. 


Vom Urſprunge ber Heilkunde bis zu ihrer wiſſeuſchaft— 
lichen Geſtaltung durch Hippokrates. 
Von 2000 bis 377 v. Chr. 










Vorwiſſenſchaftliche Heilkunde. Ebinefen. 
Aegyptier. 1. Periode. 


Hindus. 


. 





ahre 
v. Fi Geb. 





1. Vormwiffenfhaftlihe Heilkunde der 
Chinefen, der Hindus, der Aegys 
ptier, der Juden und der Griechen. 


- Uranfänge der Heilkunde bei ben Chineſen, 
den Hindus und den Aegyptiern. u 

Lipe und Hoamti (um 2688) angenoms 
mene Urheber der chinefiihen Pulslehre. 

Preumatifche Pathologie der Chinefen. Ge 
brauch der Dora und der Acupunctur bei den 
Ehinefen und SJapanefen. 

Aelteſte Nachrichten von den Poden - 
bei den Chinefen und Hindus. (Nah Moore.) 

Chirurgie der Brachmanen. 


\ Am 2000 


Um 1500 





Bor i747 1 Sofeph finder Priefter :Aerzte in Aegypten. 

Die Heilkunde ift bei den Aegyptiern im erbr. 
lichen Befige der Priefterfafte. Einzelnen Pries 
ftersAerzten find beftimmte Kiaffen von Krank; 
beiten angewieſen. 








362 


Sabre 
v. Chr. Geb. 


Um 2000 
Um 1756 


Um 1680 
‚ 1500 
1300 


1250 
1184— 1104 
1044 


. 671 — 656 
617 — 601 
595 

526 

525 

525 

362 


332 


» 
’ 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Aegypten. 


Menes. 
This, Memphis, Theben bilden fich als 


eigene Staaten. 


Memphis wird herrfchender Staat, und d bat 


fchon politiſche Einrichtungen, als Jo ſeph am: 
langt. 


Cekrops wandert aus. 
Danaus wandert aus. 
Moͤris. 

Seſoſtris. Obelisken. 
Bluͤthe des Reichs. 

Zeit des Pyramidenbaues. 
Das Reich zerfaͤllt in kleinere Staaten. 
Tanis. Bubaſtus. Sais. 

Unterjochung durch die Aethiopen. 
Dodekarchie. Pfammerihus Alleinherr: 


(cher. 


Necho. Geſchlagen von Mebutadnegar 
Pſammis ſt. 

Amaſis ſt. 

Aegypten von Kambyſes erobert. 
Pſammenit ſt. 

Groͤßtentheils unter perſiſcher Abhaͤngigkeit. 


Ageſilaus erhebt Nektanebus, der von 
den Perſern wieder unterjocht wird. 


Alexander erobert Aeghpten und gruͤnder 
Alexandrien. 


Sabre 
v. Chr. Geb. 


626 


| 500 
‚bis nach 
450 


Chronologie der Heilfunde: 863 
Vorwiſſenſchaftl. Heilkunde. Aegyptier. 1. Periode. 


Thot, der ägyptifhe Hermes (um 2000) 
angenommener Verfaſſer des Buches Embre. 

Einbalfamiren der Leichen. (Laͤßt nicht auf 
eine wiſſenſchaftliche Anatomie fchließen.) 

Elementarpathologie der Aegyptier. 
Glaube an den Einflug der Geſtirne und Da: 
monen. Gebrauch der Amulete. 
Lehre von den Stafenjahren. 

Incubation in den Tempeln der Iſis und 
des Serapis. 

Aegyptiſche Didtetie, durch die Beſchaf⸗ 
fenheit des Landes veranlaßt. Milde Behand⸗ 
lung der Krankheiten durch vegetabiliſche Heil⸗ 
mittel, Baͤder, Salbungen, Frictionen, ohne 
Aderlaß. 

Aelteſter Gebrauch der Meerzwiebel und 
des Mohnfaftes. 

Sn der Bereitung der Heilmittel und in tech⸗ 
nifchen Fertigkeiten befigen die Aegyptier vraftis 
fche Kenntniſſe in der Chemie. 

Die Augenheilkunde entfteht bei ihnen in den 
älteften Zeiten, durch das Beduͤrfniß geweckt. 

Kambyfes lage fih vom König Amafis 


einen ägpptifhen Augenarzt ſchicken. 


Die ägpptifche Priefterheiltunde geht in die Lehr 
ren griechifcher Philoſophen über. Ste dauert nes 
ben der griechifchen bis in das zweite Jahrhundert 
n. Chr. fort, und vermittelt ein myftifches Ber 
fireben, das in die Soldmacherkunſt, die Aftwologie 
und andere Zweige des Aberglaubens übergeht. 





364 
, abre 

v. Ey Ge. 
- 1831 


ı 1444 


1044 


1000 
975 


599 


"550 


Seit 2000 


' 1558 
* 1500 


1263 


1200 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Juden. Griechen. 


Die Juden wandern unter Mofes aus Aegyr⸗ 
ten aus. 

Aderbauers Staat in Kanasn. 

Kriege mit den benachbarten Völkern unter 
den. Richtern. . 

Samuel erwählt den Saul zum König. 

David befiege die Fleinen umherwohnenden 
Völker. Blüthe des Reichs unter 


Salomo. Tempelbau. Handel. Luxus. 
Theilung des Reiche: Juda unter Rebe: 


beam, Israel unter Jerobeam. 


Nebukadnezar erobert Jeruſalem. Baby: 
loniſche Gefangenſchaft. 
Propheten. | 


Urvoͤlker: Pelacher, Leleger, Kureten u. a. in 
kleinen Reichen. 

Ceerhps aus Aegypten baut Athen. 

Danans aus Aegypten fommt nach Argos, 
Tadınus aus Phönicien erbaut Theben. 

Safon führe die:Argonauten nach Koichis. 

Thefeus, Herrfcher von Athen. 


v. a 


1531—1491 





Um 1000 


550 


1400—1263 


Chronologie der Heilkunde, 865. 










Vorwiſſenſchaftliche Heiltunde. Juden. Griechen. 
3. Periode. 


Die Heilkunde der Juden, ein Zweig der ägyps 
tifchen, wird von Mofes begründet, der die Les 
bensordnung der Aegyptier zum Geſetz erhebt. 
Die Ausuͤbung der Heutunſ in den Haͤnden 
der Leviten. 


Aelteſte Zeugniſſe uͤber das Vorkommen des 
Ausſatzes unter den Juden in Aegypten. 
| Schlangendienft der Phönicter, Aegyptier, 
Juden und Griechen. 

Ausfegen der Kranken an bie Sersfrapen dei 


den Bahyfoniern. 


Der König-Salomo befördert die Natur⸗ 
kunde und die Heilung der Krankheiten durch 
natuͤrliche Mittel. Doch waltet der Gebrauch 
der Beſchwoͤrungsformein vor. 

Anbau der Balſamſtaude bei. Jericho. 

Heilkunde der jüdifchen Propheten. . 


Die Heilkunde der Griechen neigt ſchon in 
der Heroenzeit zur freien Naturanfchauung. 

Apollo und Athene, Sqhuboottheiten der 
Heilkunſt. 

Melampus, Chiron, Herakles, Ark 
ſtaeus, Jaſon, Orpyeus, Muſaeus, Lis 
nus, aͤlteſte griechiſche Heroen. — Hecate, 


IEirce, Medea. 


Um 1230 


Asklepios, nach Homer Koͤnig in Theſſa⸗ 
lien. Deſſen Soͤhne: 








366 Weltgeſchichtliche Angaben. 





v. ah. Griechen. 





1194—1184 | Gemeinſchaftlicher Krieg der Griechen gegen 
. 4 Troja. 
1104 | Die Herakliden bemächtigen ih der Se 
fchaft über Meſſene, Sparta (von jegt an zwei 
Könige), Argos, Korinth, Phlius, Sicyon und 
Megara. 
10711 Codrus, letzter König von Athen. Archon: 
ten. Die übrigen griechiihen Staaten nehmen 
allmählig republikaniſche Verfaſſungen an. 


8861 Lykurg ordnet die Verfaſſung von Sparta 
und giebt Eriegerifche Geſetze. 


7291 Pardikkas, erſter König von Macebonien. 
742 — 6681 Die Spartaner erobern: Meſſene, und erhalten 
dadurch den Vorrang im Peloponnes. Meſſenier 
gruͤnden Meſſina in Sicilien. 
-6 | Draköo's Geſetzgebung in Athen. 






Sabre 
v. Chr. Geh. 


1194—1184 


1134 


Chronologie der Heilkunde. 867 





Griechen. Koiſche und Knidiſche Schule. J. Periode, 







Machaon und Podalirius, als Helden 
und Wundaͤrzte im trojaniſchen Kriege berühmt. 
Sie bereiten nach ihrer Ruͤckkehr die göttliche 
Verehrung des Asklepios vor. 
Machaon in Meffenien, erhält nach feinem 
Tode einen Tempel zu Gerenia. 
Nikomachus, Sorgafus, Sphyrus, 
Aleranoı, Polemokrates, Söhne des Mas 
haon, Üben die ererbte Heilkunſt aus. 
Aleranor erbaut dem Aſklepios eihen Tems 
pel zu Titane (mahrfcheinlich den erſten). 
Podalirus in Karin. Aelteſte griechifche 
Sage vom Aderlaß. 
Hippolochos Sohn des Podalirius, an; 


genommener Stammvater des Hippofrates. 


Bon Karien aus verbreitet fich der Aeſculaps⸗ 
dienft nach Kos und Knidos. I 

Aelteſte Erwaͤhnung griechiſcher (Prieſter⸗ ?) 
Seldärzte in der "Sefeßgebung Lykurg's. 

Lykurg baut der Athene Ophthalmitis 
einen Tempel. 


2. Koiſche und Knidiſche Schule. 


Die Familie der Asklepiaden bilder in den 
Tempeln die Heilkunſt aus, die fich unter got: 
tesdienftlichen Gebraͤuchen allmählig durch Er⸗ 
fahrungsfenntniffe erweitert. Incubation. 
Die Gewohnheit, hervorftechende: Zufälle der 





3608 Weltgeſchicheliche Angaben. 


ahre 
v. FE Geb. Griechen. 


594 T Solon's Geſetzgebung. Eintheilung der Bär: 
ger in vier Klafien nady dem Vermögen; Ueber: 
gewicht der Gebildeten. 

5611| Piſiſtratus bemächtigt fich ber hochſten Se 
walt in Athen. Defien Söhne 


528 — 5141 Hipparchus mub Hippias. Diefer flieht 
-Izu den Perſern. 


53] Darius macht fih bei einem Zuge gegen bie 
Scythen Thracien und Macedonien zinsbar. 


% 
‘ 
















" Sabre 


v. Ehr. Geb. Koiſche und Kuidiſche Schule 


Kranken uf Votivtafeln zu befchreiben, erweckt 
das Studium der Zeicheniehre, und giebt diefer 
das Gepraͤge ber. Prognoftif. Bielfältiger Ges 
. | brauch der Heilquellen bei den Aeſculapstempeln. 
5580| Nebrus, beruͤhmter Koiſcher Asklepiade. 
Deſſen Söhne Gnoſidikoß und Chryſos. 


5001. Hippokrates I., Sohn bes Snofidikog, 
“ Jangenommener Verfaſſer der Koifchen Vorher | 


fagungen. | 
. Heraflides, Sohn Hippokrates J. 
4601 Hippokrates IL, der Große, Sohn des 


Heraflides und der Phaenarete wird ges. 


boren, um 430 hochberuͤhmt, und ſtirbt um 370. 


Um 380 Theffalus und Drafo, Söhne Hippo⸗ J 


krates des Großen. 
Gorgias, Drako und Hippokrates IL, 
— Soͤhne des Theſſalus. 
Hippokfrates IV, Sohn des Drato, Art 
am macedonifhen Hofe. 


Polybus, Schwiegerſohn Hippokratet 


Zu ldes Großen. 


Bis 286 | .. Spätere Askfepiaden: Hippokrates V. VL, 
Söhne des Thymbraeus, HippofratesViL,- 
Sohn des Prarianar, Diozippus, Philis 
nus, Praragoras von Kos, Philiftion von 


Lokri, Diofles von Karyſtus u. m. a. 
In der Knidifhen und Koifhen Schule er; 


wacht ein reger Eifer für die Beobachtung der 


- Natur. Beide. fegen den erfien Grund zur wiſ⸗ 
fenfchaftlichen Erfahrungsheilfunde. Sie ents 
au ' | Aa ' 


*äB Chronologie der Heillunde. 369. 


— — — a—— 





370 


Sabre 
v. Ebr. Geb. 


Im 500 


um - 
450 — 420 


309 — 383 


Chronologie der Heilkunde. 


Koifie und Anidiſche Schule. 1. Periode 


äußern fich des priefterlichen Kaſtengeiſtes und 
führen die Heilkunſt in das Leben ein. 
‚Spuren gruͤndlicher Kenntniſſe von hitzigen 


‚Krankheiten. Beſchreibung einer (epidemiſchen) 


Augenentzuͤndung, die Blindheit und Tod ver⸗ 
urſacht, in den Koiſchen Vorherſagungen. 

In der Knidiſchen Schule geht die Beobach⸗ 
tung der Krankheiten in die Breite, ohne allges 
meinere Beurtheilung. Unterfcheidung zu vieler 
Krankheitsformen. Die Knidifchen Aerzte fuͤh⸗ 
ven eine gewaltfame Behandlung der Krankhei⸗ 
ten durch draftifche Heilmittel ein. 

Euryphon, der beruͤhmteſte Knidiſche Askle⸗ 
piade, wahrſcheinlicher Verfoffer der Knidiſchen 


‚Sentenzen. 


Ktefias, Knidiſcher Arzt und Geſchichtſchrei⸗ 
ber am Hofe des Artarerzes Mnemon, zu 
gleich wit Apollonides, einem Koiſchen Ass 
klepiaden. 

..... ‘u. Kenopbon beſchreibt eine epidemiſche 
Augenentzündung in feinem Heere. 

Die Koifchen Asklepiaden machen ſich um bie - 

Zeichenlehre weſentlich verdient. Schon um 500 


Jentſtehen die Koifchen Vorherſagungen, eine 


Sammlung progndfifcher Tempelinfchriften, nach 
deren Muſter ſemiotiſche Besbachtungen im !x 
‚pidarfiyl verewigt werden. Die Behandlung der 


‘ I Reanfheiten ift milder, als in der Knidiſchen 


Schule. Die Chirurgie if ſchon vor Hippo⸗ 
krates ſehe ausgebildet, die Trepanation und 


Sabre 
v. Ehr. Geb. 


aso — 360 


Um 900 
639 — 544 


580 — 490: 


Epronolagte ber Hellkunde. 371 


Koiſche und Knidiſche Schule. Heilkunde der —8 
griechiſchen Philoſophen. 1. Perio 
andere, blutige Operationen fberden ausgeübt, fo 
wie Beinbruͤche und Verrenkungen mit Hülfe 
Eünftlicher Verbände geheilt. Wiſſenſchaftliche 
anatomiſche Kenntniſſe gehen den Asklepiaden 
durchaus ab; zum Beweiſe die abentheuerlichen 
Gefaͤßlehren von Polybus, Syenneſis und 
Diogenes von Apollonia, die nicht ohne we⸗ 
ſentlichen Einfluß auf die ſpaͤtere Lehre vom Ader⸗ 


(aß bleiben. . 


3. Heilkunde der aͤlteſten griechiſchen 
Philoſophen. 
Die aͤlteſte griechiſſhe Phitoſophie ſchließt fü ch 
der Dichtkunſt an,: and qeigt zur isyptiſchen 
Prieſterweisheit. Hr wid 
Homer. | 
Thales von Mile begruͤndet die Idee von. 
Urftoffen, und erfennt als folchen das Waſſer 
von der Gottheit belebt. V 
Pherekydes und Hermodamas, Lehrer 
des Pythagoras. 
Epimenides von Kreta, ſoll den (aͤghp⸗ 
tiſchen) Gebrauch der Meerzwiedet eingefuͤhrt 
haben. 
Pythagoras. Gruͤndet die Italiſche Schule 
in Kroton. Macht die aͤgyptiſche Diaͤtetik zur Or⸗ 
densregel. Verwirft wie die aͤgyptiſchen Prie⸗ 
ſter das Aderlaß, weil das Blut beſeelt fe; lehrt 
die Seelenwanderung; begruͤndet die Pſychologie; 
| Aa 2 


— 








372 


Jahre 
v. Chr. Geb... 





Um 520 


. 504 (4443) 





% 
ne ® 
. 


Chronologie der Heilkunde. 
Heilkunde der dlteiten griechiſchen Philoſophen. 
1. Periode. 
erklärt die finntiche Wahrnehmung durch ausſtroͤ⸗ 
mende Stoffe; führt den Begriff der Geſundheit 


auf Harmonie zuruͤck; begründer den Glauben an 
die höhere Bedeutung der Zahfenverhältniffe, der 


1fpäterhin im eine myſtiſche Zahlenlehre ausartet. 


Seine Heilkunde ift nicht frei von dem Glauben 
an Ahnungen und Sühnungen. Er verbreitet die 
ägyptifche Lehre von den Stufenjahren, und bes 
fördert den Gebrauch milder Pflanzenmittel und 
der Muſik zur Behandlung von Krankheiten. 

Der Pythagoriſche Bund wird aufgehoben. 

Allmaeon, Schüler des Pythagoras, bes 
rühmter Krotoniat. Soll Thiere zergliedert und 
ve Wuſtachtfche Röhre bei Ziegen entdeckt haben. 
Einfltrke:WVerfuche zur Erklärung der Sinnes⸗ 
thäkigkeit. Erfte Annäherung zur Idee von den 
Elöthentarqualitäten. 

Epiharmus von Kos und Metrodorus, 
Pythagoriſche Aerzte. 

Demokedes von Kroton, Pythagoriſcher 
Arze in Aegina und Athen, bei Polykrates und 
am Hofe des Darius. Die Krotontaten werden 
in dieſer Zeit für die beſten Aerzte gehalten. 

Empedofles, (Schüler des Parmenides) 
wird geboren. Meigt zur Eleatifchen, von Zeno 
phanes (geb.565, Lehrer des Parmenides) be 
gründeten Naturphiloſophke. Bearbeitet die Eles 
tifche Elementartheorie, nach der die vier Elemente 
(Feuer, Waſſer, Erde, Luft) fammt ihren Qualitö 
ten allem Deateriellen zum Grunde gelegt werben. 


- 


* 


ahre 
v. en Se. 


480 


494 (+ 404) 


\ 


Epronologig der Heilkunde. 373 


‚ Heilkunde der älteften griechifchen Phitofopben.. 
1. Periode. 


Urfah der Bewegung, Miſchung und Entmi: 


ſchung der Elemente ift die Nothwendigkeit, 


die fich ale Haß oder Liebe äußert, Atomiſti⸗ 
ſche Grundfäge werden in diefe Lehre aufgenom: 
men; die Sinnesthätigkeit dadurch erklärt. Em: 


pedokles iſt der erſte Entdecker der Schnede 


im Ohr.“ Dichterifche Darftellungsweife. | | 
Akron von Agrigent, empirifcher Maturphe 


loſoph. 


Anaxagoras von Klazomene wird geboren. 
Gruͤndet die Lehre von den gleichartigen Grund⸗ 


Itheilen (Homdomerien), neigt zur Elemen⸗ 


tartheorie; leitet alle hitzigen Krankheiten von 
Galle ab. 

Demokritus von Abdera wird geboren. 
Begruͤndet nach Leukippus (440) die mehas 
niſch⸗atomiſtiſche Naturphiloſophie, mit Beruͤck⸗ 
ſichtigung der Elementartheorie. Erklaͤrt alle 
Verrichtungen des Koͤrpers und der Seele atos 
iniftifch, und bearbeitet die gefammte Naturlehre 


nach einem größeren Maßſtabe, mit empiriſcher 


502 


Kenntniß der Wirklichkeit. er . re 
Heraklitus von Epheſus (Schuͤler des Ze 

nophanes) wird geboren. Bearbeitet die Elea⸗ 

tiſchen Grundſaͤtze, und erkennt das Feuer als das 

Grundelement. Die menſchliche Seele iſt ein Aus⸗ 


fluß der feurigen Weltſeele und erhält ihre Nah⸗ 


rung durch das Athmen aus der Luft. Dieſe An⸗ 
ſicht geht in die pneumatiſchen Srandlehren der 
Stoiker Über. 


* 


374 


Sabre 
v. Chr. Geb. 


493 — 424 
490 


479 


«70 


461 — 429 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Griechen. 


Die Athenienſer unterſtuͤtzen den Aufſtand ber 
aſiatiſchen Griechen, und verwickein dadurch ganz 
Griechenland in 
anhaltende Kriege mit don Perfern. 

Miltiades befiegt das Heer des Darius 
bei, Marathon. 

Athen wird durch Themiftofles und Ari 
ſtides mädtig. Die Spartaner führen das 
Dbercommando gegen die Perſer. 

"Das Herr des Kerzes durch Leonidas bei 
Thermopylä aufgehalten, verbrennt Athen. Die | 
pertifche Flotte wird bei Salamis und 
bei Mykale gefchlagen; die Landmacht von Pam 
fanias bei Plataeae. 

Die Griechen übertragen das Obercommande 
den Athenienfern, welche jeßt (bis 430) die hoͤchſte 
Stufe ihrer Macht und Kultur erreichen. 

Kimon ſchlaͤgt die Land: und Seemacht der 
Perſer am Eurymedon. 

Perikles komme in Athen ans Ruder, und 
begünftigt die Herrſchſucht und Prachtliebe dei 
Volkes auf Koften der verbündeten Staaten. 
Bluͤthe der Künfte und Wiſſenſchaften. 

Die Spartaner verbünden ſich mit. den mei 
ften Städten im Peloponnes, und felbft mit den 
Perſern gegen Athen. 


Sabre 
v. Chr. Geb. 


470 


48 


320 


Um 420 


Chronologie der Heilfunde. 375 


Gymnaſtiſche Heilkunde der Griechen. Hippokrates. 
., — 1. Periode. 


4. Gymnaſtiſche Heilkunde der 
Griechen. 


Schon ſeit den Urzeiten ſind Sffencliche Lei⸗ 
besuͤbungen bei den Sriechen in Gebrauch. Mit 
ihrer Vervolllommnung nimmt die Ausbildung 


einer empirifchen Chirurgie und Dlaͤtetit in den 
Gymnaſien zu. 


Pythagoras Aliptes fuͤhrt den achpti⸗ | 
‚fen Gebrauch der Salboͤle ein, der in die Heil⸗ 


kunſt uͤbergeht. 


Ikkus von Tarent, gymnaſtiſcher Arzt, bear⸗ 
beit die Diätetif; macht die Maßlgkeit at aller Ge⸗ 


nuͤſſe zur Hauptregel. 


Herodikus von Selymbrien giebt der gym⸗ 


naſtiſchen Heilkunde eine ungebuͤhrliche Ausdeh⸗ 

nung. 
Diotimus, beruͤhmter gymnaſtiſcher Arzt. 
Die Behandlung der Beinbruͤche und Verren⸗ 

kungen gewinnt durch die in den Gymnaſien 


[gewonnene Erfahrung. 





5. Heilkunde des Hippokrates. 


Hippofrates (geb. 460, + 370) erhebt die 
Heilkunde der Asklepiaden zur hoͤchſten Vollen: 
dung; beſchraͤnkt fi auf die allgemeinen phy⸗ 
ſiologiſchen Begriffe der Zeic, ohne Kenntniß 
vom Bau des Koͤrpers: die Lehre von der in⸗ 


neren Waͤrme und vom Euftgeift, init ua 





376 | | Weltgeſchichtliche Angaben. 











Sabre 


v. Chr. Geb. Griechen und Macedorier. 





Der peloponnefifge Krieg. 410. Die 
Achenienfer erhaften durdy Alkibiades die Ober⸗ 
band, fehnen den Frieden ab, und werden 

von Lyfander gänzlich beſiegt. 

Athen wird von Lyfander erobert, und bie 
Regierung ber dreißig Tyrannen eingefegt. 
Oberherrſchaft der Spartaner über Griechen: 
land. 

Perditkkas II. erhebt Macedonien zu einem 
mächtigen Staate, befonders während des pelo⸗ 
ponnejifchen Krieges. 

Archelaus führe gtiechiſche Kultur in Me 
cedonien ein. 

Thraſybul befreit‘ Athen von ben breißig 
Tyrannen und ſtellt die alte Verfaffung wieder 
her. Die Spartaner weichen von Lyfurg's 
Sefegen allmählig ab. 

Sokrates 4. 

‚ Stieg gegen die Perſer unter dem fpartank 
ſchen Könige Agefilaus. 

Die Spartaner entfagen im Frieden des Ans 
talcidas der Oberherrfchaft, nachdem Korinth, 
Athen und andere Städte fih auf Anftiften der 
Perfer gegen fie verbunden haben. 

Pelopidas befreit Theben von den Spar⸗ 
tanern, die von 
Epaminondas bei Leuctra und 
bet Mantinea gefchlagen werden. , 


406 
204 


>.404 — 971 


454 — 413 


378 


971 
362 


> ® 


- r 


"Chronologie der Heilkunde. 377 





Jahre i 
v. Chr. Geb. } 
auf die Mitleibenſchaft der Theile. Behaͤlt die 
Empedofleifche Elementarlehre zur Erklärung des 
Lebens bei, und begründet dadurch bie Humo⸗ 
| ralpatholbgie, die ſich im der Lehre von den vier - 
Eardinalfäften (Blut, Schleim, gelber und 
ſchwarzer Safe) und vielfältigen Schaͤrfen bes 
Ilwegt, ohne den Luftgeiſt auszufchließen. Behält _ 
die vorwiffenfchaftlihe Annahme von dem Urs . 
fprung der catarrhoifchen Krankheiten bei (durch ä 
Herabfließen ſcharfen - Schleimes vom Kopfe). 
Vollendet die Koifche (prognoftifhe) Zeichens 
lehre, und folgt einer empiriſchen Noſologie, 
mit geiftreicher Auffaffung der Krankheiten nady 
äußeren Merkmalen. Seine Therapie “richtet 
fich nach den Winken der Natur und einfachen - , 
Srundbegriffen, wie Anfüllung, Ausleerung, ' 
Leerheit der Gefäße u. dgl. Soͤrgfaͤltig gemählte 
Lebensordnung, reichlihes Getraͤnk in Fie⸗ 
bern, Bäder, Blutentziehungen, Brechmittel, 
gelinde und ftarfe Abführungen nach einfachen, - 
nichtdogmatifchen Anzeigen. , In der Lehre vom 
Aderlaß beftehet die Unterfcheidung der Derivas? 
tion von der Revulſion nach vorwiſſenſchaft⸗ 
lichen Sefäßlehren. Einfache Kriſenlehre. Aus; 
gebildete, männliche Chirurgie; allgemeiner Ge⸗ 
brauch des Gluͤheiſens. Der Steinſchnitt wird 
von herumziehenden ungebildeten Chirurgen aus⸗ 
geuͤbt, waͤhrend die Aerzte, durch Vorurtheile 
gehindert, ſich nicht damit beſchaͤftigen. 
Die Augenheilkunde iſt noch in ihren erſten 


378 


abre 
v. Fi Geb. 


336 —— 3233 


8 


331 
Br} 


Woltgeſchicheliche Angaben. 


Griechen und Macebonier. 


Philippus L, König von Macedonien; bes 
fliegt die Paͤonier und Illyrier 359, 58, bemaͤch⸗ 
tige fich ‚der thraciichen Goldgruben 357, vereis 
nigt Theſſalien mit Macedonien, gewinnt nad 
dem \ . 
Siege bei Chaeronea Über die Athenienfer und 
Thebaner die Oberherrſchaft über Griechenland, 
und erhält den Dberbefehl gegen bie Perfer. 

Alerander ber Große befiegt die Thracier 
und Illyrier, unterwirft Griechenland von neuem, 


erobert und zerftört Theben, wird zum Oberfelb: 


herrn gegen die Perfer erklärt, geht 
über ben Helleſpont, ſiegt am Granicus über 


IDMemnon und 


bei Iſſus über Darius, erobert Syrien, Phoͤ⸗ 
nicien und. Aegypten, 
erbaut Alexandria, erobert nad 


dem Siege bei Arbela und Gaugamela das ganze 


‚I verfüiche Reich, gebt 


328 — 326 


nach Indien, nimmt 325 feinen os in Baby: - 
fon, und flirkt 323. 


Chronologie der Heilkunde. 370 
—E — ———— ——— 


Anfängen. Hippokrates beſchreibt boͤsartige 
epidemiſche Augenentzuͤndungen und wuͤrdigt die 
Veraͤnderungen des Auges in hitzigen Krankhei⸗ 
ten, doch entbehrt dieſe Zeit einer wiſſenſchaft⸗ 
lichen Anatomie des Auges. 

Vollendete Ausbildung der Zeichenlehre durch 
Hippokrates nach dem Muſter der älteren \ 
Kochen Asflepiaden. . 

Die Pulslehre iſt von der roten 

‚1 Zeicheniehre ausgefchloffen. | 

Argiming bearbeitet um biefe Zeit die Puls 

fationen. 
ABI Pockenähnfihe Peſt in Athen, von Thufy: 
dides befchrieben. | | 
Die Geburtshälfe iſt noch in ihrer Kindheit, 
und faft allein im Befite der Hebanımen (oupa- _ 
NAoresen die gebildetern puich, largopmicy > ext. 
eriic). Hippofrates milbert ‚einige rohe Ver⸗ 
fahrungsweiſen. 
4401 Aspaſia bearbeitet bie Weiberkrantheiten und - 
die Geburtshuͤlfe. Empfiehle zuerſt die fruͤhzei 
tige Abtreibung der Frucht bei fehlerhafter (hei 
rhoͤſer) Gebaͤrmutter. | 
2855| Agnodike, eine athenienſiſche Hebamme, von 
Herophilus in Alerandrien unterrichtet, bes 
wirkt die Aufhebung des Verbotes weiblicher Ger 
Jburtshuͤlfe in Achen. " 
Große Sterblichkeit der Neugebornen in Grie⸗ 
chenland. 








24 
204 
188 
17 
168 
148 


147 
146 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Griechen unb Macebonier. 


Antipater, Statthalter in Diacedonien. 
Defien Sohn 
Kaffander nimmt 
den Königetitel an. + 298. (Antipater's 
Familie ſtirbt 294 mit Alerander ats.) 


Demetrius Poliorketes, König von Ma: 


cebonien. (Kurze und flürmifche Regierungen 
von Pyerhus I., König von Epirus, Ly ſi⸗ 
machus “von Thracien, Seleufus Nicator 
(282) Ptolemaeus Keraunus 281.) 

Finfälle der Gallier in Thracien, Macedonien 
und Griechenland. 

Achaͤiſcher Bund durch Aratus bewirkt. Sn: 
nere Kriege in Griechenland. 

Buͤndniß mit Hannibal 

Allgemeiner Friede. 
"Die Athenienfer ſuchen Huͤlfe bei den Römern 


gegen Philipp. III. der 


von Flamininus bei Kynoskephalae gefchlagen 
wird. 

Perſeus / von Macebonten bekriegt die Roͤ⸗ 
mer und Eumenes von Pergamus. Wird von 
Aemilius Paulus bei Pydna / geſchlagen und 
gefangen. + 166 in Rom. 

Macedonien "wird ‚tömifche Provinz. 

Metellus befiiegt die Achäer. 

Mummius erobert Korinth. Ganz Grie— 
chenland wird unter dem Namen Adhdta römi: 
fhe Provinz, mit Ausnahme von Athen, das 
dis Vespaſian eine republif. Verfaffung behält. 


” 


# . 


Chron ologie der Heilkunde, ‚381 


Zweite Periode 


Bon der erfien wiſſenſchaftlichen Geftaltung der Heilkunde, 
J bis zu ihrer hoͤchſten theoretiſchen Vollendung. Von 
Hippokrates bis auf Galen. 377 v. Chr. bis 
200 n. Chr. u 













Sahre 


v. Chr. Geb. Schule ber Dogmatifer. 





1. Schule der Dogmatiker. 


Beſtreben, mediciniſche Lehrgebaͤube mit Huͤlfe 
der gangbaren Philoſophieen zu gruͤnden. 
Thefſalus, Drako, Söhne des Hippos 
rates, und Polybus, Eidam deffelben, fuchen 
die Zeichenlehre zu vervollſtaͤndigen, neigen zu 
naturpbilofophifchen Lehrfäpen, und befeftigen die 
Humoralpathologie. | | 
Theſſalus laͤßt alle Krankheiten aus Galle 
und Schleim entftehen, ohne die Elementarqua⸗ 
litäten zu verwerfen, Polybus aus Sale, 
Schleim, Blut und Waffer, deren gemeinfchafts 
liche Quelle der Diagen ift, und die aus diefen, 
das Blut vom Herzen, das Waſſer von der 
Milz, der Schleim vom Kopfe und die Galle 
von ber Leber angezogen werden. Begruͤndet 
hierauf die Lebensordnung in Krankheiten. Er: 
weitert die Lehre von den katarrhoiſchen Krank: 
heiten und vervielfältige die humoralpathologi⸗ 
ſchen Erklaͤrungsweiſen. 
Polybus ſucht die Theorie ber Erzeugung 


1 


Um 380 


"382. 


Chronologie der. Heilkunde. 


‚» ee, E& der Dogmatifer. 2. Periode. 


[durch die Unterfuchung bebrüteter Huͤhnereier auf 


Um 370 


zuhellen. Entdeckt die Eihäute bei einer menſch⸗ 
lichen Frucht. 

Prodikus von Chios, Schüler des Hippo 
frates, Humoralpatholog. 

Diorippus von Kos, Schuͤler des Hippo⸗ 
krates mit Apollonius, erweitert die Phy⸗ 
ſiologie durch Annahme Platoniſcher Meinums 
gen. Alle diefe Dogmatifer behalten 
die Hippokratiſchen Vorfchriften über 
das Trinken in higigen Krankheiten 
bei. — 

Plato wird geboren. (+ 348.) Gruͤndet 
die akademiſche Philoſophie. Vereinigt in der 
Naturphiloſophie Heraklitiſche und Pythagoriſche 
Lehren. Lehre von den Ideen oder vollfommes 
nen Ucbildern der Dinge. Gegenſatz von Welt 
geiſt und "Materie: Arithmetiſche Erklaͤrungs⸗ 
weiſe des Geiſtigen, geometriſche des Körpers 
lichen. Emanationslehre. Annahme der Ges 
(enwanderung nah Pythagoras. Die vier 
Empedokleiſchen Elemente werden beibehalten und 


‚Katomiftifchsflereometrifch erlärt; der Aether als 


fünftes Element angenommen. Teleologifhe Phy⸗ 
fiofogie ohne Kenntniß vom Bau des Körpers. 
Nach der Platonifchen Pſychologie wird der Kopf 
von der denkenden Seele, die Bruſt vom Ges 
müch, und der Unterleib von der begehrenden 
Seele bewohnt; das Ahnungsvermoͤgen hat feis 
nen Oitz in der Leber. Das Herz wird als 


‘ 


⸗ 


Chronologie der Heilkunde. 383 


⁊ 
v. es. Schule der Dogmatiler. \ 2. Periode. ' 


Urfprung der Adern anerkannt; den Knochen 
und dem Marke höhere Wichtigkäit beigelegt; das 
‚Sehen durdy Corradiation des Innern und dus 
Bern Lichtes, der Geſchmack atomiftifch, die Vers 
dauung durch Waͤrme und Luftgeift, die Grnaͤh⸗ 
rung durch Nothwendigkeit der Raumerfuͤllung 
erklaͤrt. Die Platoniſche Pathologie beruht auf 
der Lehre von den Elementen, den Elementar⸗ 

Jqualitaͤten, der Verirrung ber. Grundſtoffe und 
den Schaͤrfen. Die Seelenkrankheiten werden 
auf Manie und Amathie zuruͤckgefuͤhrt, die mo⸗ 
raliſchen Eigenſchaften des Menſchen aus koͤrper⸗ 
licher Beſchaffenheit erklaͤrt. Achtung der Heil⸗ 
beſtrebungen der Natur. - Platonifche Einthei⸗ 
lung der Heilkunde in Pharmaceutik, Chirurgie, 

Diaͤtetik, Nofeguomonit u. Boẽthetik. Annahme 
des Eindringens der Getraͤnke in die Lungen. 
Empiriſche Kenntniſſe von der Anſteckungekraft 
der Krankheiten. Die Ophthalmie als an— 
ſteckend bekannt. Pythagoriſch⸗Platoniſche 
Ideen kommen bei den Dogmatikern in Umlauf. 
Die Hippokratiſche Humoralpathologie behauptet 
ſich neben der pneumatiſchen, mit weiterer Aus⸗ 
bildung der Lehre von den katarrhoiſchen Krank⸗ 
heiten. Augenentzuͤndungen. und Schleimfluͤſſe 
werden bei allen Voͤlkern für katarrhoiſch gehal⸗ 
ten umd darnach behandelt. Der Hypoſpathis⸗ 
mus und der Periftyuchismus, fo. wie die aͤhn⸗ 
lichen Operationen find ſchon in dieſer Zeit 
üblich. 


[4 


384 


Jahre 
‘v. Chr. Geb. 
30 |: 
340 
335 
350 


ß 
$ 


Chronologie der Heilkunde. 
Säule der Dogmatifer | 2. Periode. 


Roher Zuftand ber Anatomie. Gefaͤßlehren 
des Syenneſis von Cypern und des Dioges 
nes von Apollonia. J 

Philiſtion von.Lokt, Theomedon von 


Athen, berühmte Dogmatifer. 


Eudoruß von Knidus, Schälee Plato’s 

und Lehrer Chryſipp's von Knidus, wird mit 
diefem in die aͤghptiſche Priefterheillande eins 
geweiht. ‘ 
. Chrpfipp ‚von Knidus erneuert die aegypti⸗ 
ſche und Ppehagorifche Heilkunde; verbannt das 
Aderlaß fo wie die ſtarken Abführmittel, führt 
dad Binden der Glieder in Blutfläffen und Ent⸗ 
zuͤndungen, und firenges Saften in allen hitzigen 
Krankheiten ein. 

Medius, Eidam des Ariſtoteles, Ari⸗ 
ſtogenes. und Metrodorus (wahrſcheinlich 
Lehrer des, Eraſiſtratus) Schuͤler Chry⸗ 
ſipp's. 

In dieſer Zeit kommt der Glaube an 
die Schaͤdlichkeit des Trinkens in Fie 
bern und Waſſerſuchten auf. 

Diokles von Karyſtus, ein Asklepiade, bear: 
beitet die (Thier⸗) Anatomie wiſſenſchaftlich. 
Wende die Pythagorifche Zahlenlehre auf die 
Phyfiologie und Pathologie an; nähert ſich dy⸗ 


namiſchen Anfichten; erklärt zuerft Hippokrati⸗ 


335 


ſche Schriften. 


PDraragoras von Kos, der. legte gelchrts 


Asflepinde, bearbeitet die Anatomie mit Erfolg; 


⸗ 


d 


Fahre 
v. Ehr. Geb. 


367 
347 
345 


ı 322 


Chronologie der Heiltunde 888 


Schule der * Scue der Peripatetifer. 
2. Vertode 


entdegt den Unterſchied zwiſchen Bluts ud 
Schlagadern, und nennt dieſe Arterien; er 


kennt als ihren Urfprung das Merz, und wird 
der Urheber des Glaubens an bie Blutleerheit 
derſelben; hat wahrſcheinlich Kenntniß von den 
Nerven, fuͤr deren Urſprung er das Herz (nach 


Plato den Mittelpunkt der Empfindungen) ans 
‘Inimmt. Webertreibt die Humoralpathologie durch 


Unterfcheidung ‚von elf Schärfen; befchreibt 


wie Diofles,-bösartige Wechfelfieber, und be⸗ 


dient fich der firengen, aushungernden Diät. 


Schüler des Praragpras: Herophilue, 


Philotimus, Pliſtonicus, Dieuches, er 


fimahus (?) Mnefitheus (?) erſter Bears . 
‚beiter eines nofologifchen Syſtems. — Seitges 


noffen: Petron, der Anatem Antigenes. 


‘ 


2. Schule der Peripatetiker. 


Ariftoteles wird geboren, geht 
nady Achen und_wird Plato's Schüler. 
Verlaͤßt Achen nach Plato's Tode (348) wird 
nach Deacedonien als Lehrer Aleranders be⸗ 
rufen. 


die peripatetiſche Schule. 
Verlaͤßt Athen und ſtirbt in Chalcis. 
Verbindet mit ſtreng philoſophiſcher Forſchung 
die amfaffendftr Maturfunde; die Erfahrung al 
0] 


» 


Verlaͤßt Alerander’s.Hofund ſtiftet in Athen 


abre 


v. Chr. Geb. 
315 


37 


301 


312 


201 


281 — 262 
262 — 247 
247 — 227 


227 — 224 
224 — 187 


193 
187 — 176 


176 — 164 


r 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Aſiatiſche Reiche. Syrien 


‚Antigomus bemaͤchtigt ſich faſt aller aſiati⸗ 
ſchen Provinzen, nimmt 
den Titel eines Königs von Aſien an. Allge⸗ 
meines Buͤndniß gegen ihn zwiſchen Selew 
Eus, Kaffander, Prolemaeus und Lyſi⸗— 
machuss. 

Antigonus wird bei Ipſus geſchlagen. 

Bithynien, Pontus, Kappaborien, Syrien be; 
ſtehen als befondere Reiche. 

Seleukus Nikator, Statthalter von Bes 
bylonien, begrändet 
das Oyriſche Reich mit der Hauptſtadt Antie: 
dla; erobert auf Purze Zeit Macedonien umd 
Thrarten. + 281. 

Antiohus Soter. Verliert Pergamus und 
Galatien. 

Antiochus II. Theos. Bactrien und Par 
thien werben befondere Reiche. 

Seleukus li. Rallinitus. Geräch in bie 
Sefangenfchaft der Parther. 

Seleutus Ul. Keraunus. 

Antiochus II. der Große. Macht bedew 
tende Eroberungen. Nimmt 195 Hannibal 
auf, wird 
bei Magneſia von Glabrio und Scipio Afias 
tieus gefchlagen. Abhängigkeit von den Römern. 

Seleutus IV. Philopator. 

AntiohuslV. Epiphanes. Erobert Aegyp⸗ 
ten, das er ſogleich wieder abtreten muß. Ber 
folgung dee Juden. 


Ehronologie der Heilkunde. ı 387 


3 Fa Säule der Peripatetifer. 2. Periode, 
"Fein giebt Sicherheit der Erkenntniß. Fuͤhrt zus 
‚Teeft die Idee der koͤrperloſen Kräfte mit 

Sicherheit und folgerecht durch. Erweitert bie 
Lehre von den Elementarqualitäten. Widerlegt 
viele ſeiner Vorgaͤnger und beſtreitet die Plato⸗ 
niſche wie die Pythagoriſche Philoſophie. Be⸗ 
arbeitet die Pſychologie nach dem Princip der 
Einheit der Seele. Erkennt in der Seele 
das Princip des koͤrperlichen Lebens. 

lIUnterſcheidet in. der Seele das Denkvermögen 
(seiges dimrourızer), die Bewegungskraft (m. zırn- 
rıner), das Empfindungsvermögen (m. alederı- 
on »e»), das Begehtungsvermögen (s. seıxrınar) und ' 
‚Idie Ernährungskraft (4. Ierarızar). Giebt der 
Aetiologie eine neue Geftalt, — befördert durch 
fein Anfehn den dialektifchen Vortrag. Bears 
beitet die Ihiers Anatomie großartig und umfafs 
fend, ohne genaue Kenntniß der Menfchens Ana - 
tomie. Begruͤndet zuerft wiffenfchaftlich den Be⸗ 
griff von gleihartigem und ungleichartigen Theis 
len im Organismus; verbeffert: bie Geſaͤßlehre, 
erkennt das Herz als die Auelle des Blu⸗ 
tes und den Urfprung der Sefäße, fo 
wie den Unterſchied der (vom ihm micht Arterien‘ 
genannten) Schlagabern von den Blutadern ; — 
ſucht den Urfprung ber Sehnen und Bäus 
der, umd mithin der Bewegung im Herzen, 
lehrt die Verbindung der Schlagadern mit den , 
Sehnen; behält die Theorie des Aderlafles nach 
| den vorwiffenfchaftlichen Gefäßiehren bei; unters 
‚ 852 


rad 


* 


Weltgeſchichtliche Angaben. 








207 


301 


312 


301 


21 — 262 
262 — 247 
247 — 227 


227 — 224 
zu — 187 
193 


187 — 176 
176 — 164 


-Wfiatifche Reiche. Syrien. 






‚Antigomwüus bemaͤchtigt fich faft aller aſiati⸗ 
fyen Provinzen, nimmt 

den Titel eines Könige von Aſien an. Allge⸗ 
meines Buͤndniß gegen ihn zwiſchen Selen⸗ 
tus, Kaffander, Prolemaeus und Lyfis 
mahus. Zn 

Antigonug wird bei Ipſus gefchlagen. 

Bithynien, Pontus, Kappadocien, Syrien bes 
ſtehen als befondere Reiche. 

Seleukus Nikator, Statthalter von Ba⸗ 
bylonien, begruͤndet 
das Syriſche Reich mit der Hauptſtadt Antle: 
chia; erobert auf kutze Zeit Macedonien umd 
Thracien. + 281. 

Antiohus Soter. Verliert Pergamus unb 
Salatien. 

Antiohus ll. Theos. Bactrien und Par 
thien werben befonbere Reiche. 

Stleutusli. Kallinikus. Geräch in bie 
Gefangenſchaft der Parther. 

Seleutus IH. Keraunus. 

Antiohus Ill der Große. Macht beden⸗ 
tende Eroberungen. Nimmt 195 Hannibal 
auf, wird 
bei Magneſia von Slabrio und Scipio Afias 
ticus gefchlagen. Abhängigkeit von den Römern. 

Seleukus IV. Philopator. 

Antiochus IV. Epiphanes. Erobert Aegyp⸗ 
ten, das er ſogleich wieder abtreten muß. Ber 
folgung der Juden. 





Chronologie der Heilkunde.  : 387 


h 
u a eb. Schule der Peripatetiker. 2. Periode, 
"fein giebt Sicherheit der Erkenntniß. Fuͤhrt zus 
‚[erft die dee der koͤrperloſen Kräfte mit 
Sicherheit und folgerecht durch. Erweitert bie 
Lehre von den Elementarqualitaͤten. Widerlegt 
viele feiner Vorgänger und beftreitet die Plato⸗ 
nifche wie die Pythagoriſche Philofophie. Bes 
arbeitet die Pfychologie nach dem Princip der 
Einheit der Seele. Erkennt in der Seele 
: das Princip .des körperlichen Lebens. 
lUnterſcheidet in. der Seele das Denkvermögen 
(slgos Tarearıner), die Bewegungskraft (s. zırn- 
rıcer), das Empfindungsvermögen (m. aledar- 
_ wer), das Begehtungsvermögen (m. ögıxruner) und ' 
‚(die Ernährungsfraft (m. Igarınar), Giebt der 
Aetiologie eine neue Seftalt, — befürbert durch 
fein Anfehn den dinlektifchen Vortrag. Bears 
r beitet die Thier s Anatomie großartig und umfafs 
| fend, ohne genaue Kenntniß der Menſchen⸗Ana⸗ 
tomie. Begründer zuerft wiffenfchaftlic den Bes 
griff von gleichartigen und ungleichartigen Theis 
len im Organismus; verbeſſert die Sefäßlehre, 
'erfenut das Herz als die Auelle des Dius 
tes und den Urfprung der Gefäße, fo 
wie den Unterfchied der (von ihm micht Arterien‘ 
genannten) Schlagadbern von den Blutadern; — 
fucht den Urfprung der Sehnen und Bäns 
der, und mithin der Bewegung im Herzen, 
lehrt die Verbindung der Schlagadern mit den , 
Sehnen; behält die Theorie des Aderlaffes nad) 
den ‚vorwiffenfchaftlichen Sefäßlehren bei; unters 
85 2 


! 


. 


388 


Sabre 
v. Chr. Geh. 


164 — 161 


161 — 50 


N. 
283 
263 — 241 


41 — 197 


197 — 1581. 
1Antiohus faft ganz Afia dieſſeits des Taurus 


-. 158 — 1381. 


138 — 133 


130 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


— Pergamus. 


Antiochus V. Eupator, unter Vormund⸗ 
ſchaft der Roͤmer. 

Demetrius I. wird durch Alexander Bas 
las verdrängt. Verkleinerung bed Reiches durch 
die. Eroberungen der immer mächtiger werdenden 
Parther. Zortwährende Innere Spaltungen. 


Pergamus. 
Philetaerus macht ſich unabhaͤngig. 
Eumenes J. erweitert das anfangs kleine Ge 
biet der Stadt. . 

Attalus I. nimmt nach einem Siege über 
die Galater den Koͤnigstitel an. 
Eumenes il. befommt nach dem Siege über 


von den Römern. 

Attalus Il. beguͤnſtigt die Wiſſenſchaß 
ten mit großem Eifer. Legt eine große 
Bibliothek in Pergamus an. Erfin 
dung des Pergaments. 

Attalus III. vermacht den Roͤmern das Ks 
nigreich Pergamus. Ariſtonicus macht Ans 
ſpruͤche darauf, wird 
geſchlagen und das Land roͤmiſche Provinz. 

Andere Reihe: Salatien, Parthien un: 
ter den Arfaciden, Armenien. 


371 
332 


ſcheidet die Nerven ohne Kenntniß ihrer Vers 


Chronologie der Heilkunde. 389 






Schule ber Peripatetifer. 2. Periode. 





richtung, und- mit mangelhaften Begriffen von 


der Function des Gehirns. Stellt die Vers 
fhirdenheit der Thiere nah onatomis 


fhen Merkmalen dar, und. begründet bie 
Phyſiologie Hauptfächlich auf vergleichende Ana⸗ 
tomie. — Erweckt die wiſſenſchaftliche Pflanzens 
kunde. — Besründet die Lehre von der Anathy: 
miafis; ‘billige den allgemein verbreiteten Glau⸗ 
ben an das Bezaubern durch Blicke —W 
— Erweitert die Bildungsgeſchichte durch Beob⸗ 
achtung bebruͤteter Huͤhnereier, und gelangt zu 
dem Reſultat, daß das Herz zuerſt gebildet 
werde. — Dehnt die Graͤnzen feiner Natur⸗ 

kunde nur bis zum Anfang der Heilkunde aus. 
........... Menekrates, Kritobulus, 
MPhilippus von Akarnanien, 
Glaukias, Kritodemus, 
Androkydes, Alerippus, 
Pauſanias, beruͤhmte Aerzte 

des vierten Jahrhunderts. 

Theophra ſtus von Ereſus wird geboren, und 
Nachfolger des Ariftoteles im Lyceum. + 290. 


I Er erweitert mit Kalliſthenes von Olynch die 


von Ariftoteles begründete Botanik; bearbei⸗ 
tet zuerft die Pflanzenphufiologte und die Theo: 
rie des Seruchefinnes, fo wie andere Theile der 
Phyſiologie nach Erfahrungen; erkennt die, 


Punmerkliche Aus duͤnſtung. Befeſtigt das 


Anſehn der peripatetiſchen Schule. 


3% 
h 

v. Ei Beh. 
312 
312 
301 
203 — 167 
470 

| 
167 — 161 
143 
130 
107 
92 — 87 
79— 71 


63 


Weltgelchicheliche Angaben. 


Judda.- 


Subän. 


Ptolemaeus Lagi erobert Serufalem und 
führe viele Juden nach Aegypten. 

Unter Antigonus. 

Mieder unter Aegypten. 

Unter Syrien. 

Antiohas Epiphanes erobert Jeruſalem 
und behandelt die Juden hart. Die Masca 
baͤer vwiderfeßen fih den Seleuciden und den 
von ihnen eingefegten Hohenprieſtern mit gluͤck⸗ 
lichem Erfolge, beſonders 
Judas Maccabaeus. Jonathan 143. 

Simon Maccabaens erhält von dem Sp: 
riſchen König Demetrius IL den Titel Tre 
nach und. Befreiung vom-Tribut. + 135. 

Johannes Hyrkanus gan; unabhängig von 
Syrien. robert und zerftört Samaria 109. 
Sadducaͤer und Pharifäer entftehen, fo wie das 
Sanhedrium. +'107. 

Judas Ariſtobulus nimmt den Könige 
titel an. + 106. 

innerer Krieg gegen Alegander Jannaeng, 
deffen Wirtiwe 
Alerandra bioß den Titel einer Königin bes 
hält. 

Pompejus, Schiedsrichter zwifchen deren 
Söhnen Hyrkanus und Ariftobulus, erklärt 
ſich für jenen, erobert Sjerufalem und legt den 


Chronologie der Heilkunde. 391 


v. dr Se. Schule der Erafifiratier. 2. Periode | 
320 | Eudemus von Rhodus 
305] Primigenes von Mitylene 
2380| Strato von Lampfacus Peripatetifer. 
Dikaearchus 
/ Ariſtoxenus 
260 | Lykon von Troas 





. 3. Schule der Erafifiratder. 


A| Eraſiſtratus von Julis am Hofe des Se 
(eutus, bald darauf in Alerandrien. | 
Tr bearbeitet die praftifche Heilkunde nad 

Praragörifchen und Chryſippiſchen Lehrfägen, 

nimmt die Blutleerheit der Arterien an, 

‘ und gründet darauf eine pneumatiſche Krank 
heitslehre; verwirft bie Koiſche Humoralpa⸗ 
thologie, erkennt die Plethora als erſte 
Krankheitsurſache; bearbeitet die Lehre von 
der relativen Schwaͤche und der Krank 
beitsanlage, befchreibt die Synanaftomos 
fen der arteriellen mit den vendfen Sefüßenden, | 
und erkennt das Eindringen von Blut 
durch diefe in die Arterien als Urſache 
der Entzündung und des Fiebers, de 
gründet dadurch die Lehre von der Verirrung _ 
der Säfte (error loci); verwirft dag Adern; 

(aß, und behält dagegen das Ehrpfippifche Bin; 
den ber Glieder und das Faften bei; verbannt 
die fcharfen Abführmittel, und zieht die gelin: 


hd 


n 





392 


Sahre ı 
v. Chr. Geb. 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Judaͤa. Aegypten. 


Juden Tribut auf. Antipater aus Idumaea 
bemaͤchtigt ſich aller Gewalt; deſſen Sohn 


30 Herodes der Große wird von den Roͤmern 


323 — 284 


zum König ernannt, und rottet die Familie der 
Maccabaͤer aus. 
Unter ihm wird Chriftus geboren. 


Aegypten unter den Ptolemäern. 


Ptolemaeus Lagi nimmt 307 den Königs: 
titel an. Beherrſcht Arabien, Phönicien, Edle 
forien, Judda, Cyrene, Cypern. Aegypten wird 
unter feiner Herrſchaft blüßend, und Alerandrien 
erhält den Welthandel. Er begünftigt die Wiſ⸗ 
fenfchaften mehr, als die übrigen Feldherren 


-[ Alerander’s, legt 


284 — 246 
246 — Al 


21 — 204 


204 — 181 


die Aterandrinifhe Bibliothek an; be 
günftige die Zergliederung menſchlicher 


Leichen. Gründet das Muſe um in Alexan⸗ 


drien. 
Peolemaeus II. Phailadelphus, begäns 
ſtigt die Wiſſenſchaften mit gleichem Eifer. 
Ptolemaeus III. Euergetes. Macht in 
Aſien und Afrika große Eroberungen. 
Ptolemaeus IV. Philopator. Ueppig 
und grauſam. Die Wiſſenſchaften werben mes 
niger begünftigt. 
Ptolemaeus V. Epiphanes, minderjäh: 
rig, unter Bormnndfchaft der Römer. 


N 


Cbronologie der Heilkunde. 393 










Jahre 


v. Chr. Geb. Schule der Erafifratder. 2. Periode 





den dDiätetifchen Behandlungen vor; ers 
Jklaͤrt fih gegen das Durfien der Fieber 
franfen; beftreiter die Wirkſamkeit der Gele⸗ 
genheitsurfachen. — Zergliedert zugleich mit 
Herophilus und Eudemus zuerſt menfſch⸗ 
liche Leichen; macht die erſten Verſuche 
in der pathologiſchen Anatomie; begruͤn⸗ 
Idet mit Herophilus die Hirn⸗ und Nerven⸗ 
lehre; lehrt, daß die Nerven vom Gehirn aus⸗ 
gehen, und unterſcheidet theoretiſch Ems 
pfindungss und Bewegungsnerven; er: 
forfcht den Bau des Herzens und ftellt die er; 
fien Lehrfäge über die Bewegung des Blutes 
und Luftgeiftes auf. Begruͤndet die pneumas 
tifhe Lehre von den drei Hauptverrich⸗ 
tungen durch Annahme eines Lebenss (wreün« 
Zurınar) und Seelengeiſtes (=. Yuzımcr), und 
bringe damit die Lehre vom Athmen in Verbin: - 
dung. Erklaͤrt die. Leber für "ein Reinigungs 
organ, und entdeckt zugleich mit Herophilus, 
die Milchgefaͤße im Gekroͤſe. — Bearbeitet de ": 
Zahnheilkunde. 
2801 Strato von Verytus. 
— Apoemantes. 
—Niektas von iii, Leibarzt Pyrrhue IL 
von Epirus. (+ 272.) 
—| Apollophanes, Leibarzt des K. Antior- 
chus Soter von Syrien. (+ 262.) 
— J. Xenophon von Kos, Anatom 
— l Artemidorus von Sida. 


x &. 


994 


v. — | 


181 — 145 


145 —117 


116 — 81 


80— 61 


67 
S1— 31 


Weltgeſchicheliche Angaben. 
Aegurten. Pentus. 


Ptolemaeus VI. Philometor. Aegyp⸗ 
ten wird auf eine kurze Zeit von Antiochus 
Epiphanes erobert, und von den Römern iu 
Schutz genommen. 

PBeolemaeus VI. Physkon (Euerge 
tes IL). Despotifche Regierung. Vermacht ſei⸗ 
nem Sohne Apion Cyrenaica. 

Ptoſemaeus VIII. Lathyrus, muß (107 


Pbis 88) feinem Bruder Ptolemaeus Alerans 


der I. weichen. 

Apion vermacht Eyrenaica den Römern. 

Peolemarus IX. Auletes, muß feinem 
Bender Ptolemaeus Cypern überlaffen, def 
fen fi 
die Römer bemächtigen. 

Kleopatra regiert gemeinfchaftlich mit Ihrem 
älteren Bruder Ptolemaeus Dionyfos, der 
fie verdrängt, aber im Kriege mit ihr und Eds 


far umlommt; dann mie Ptolemaeus Neos 


‚steros, den fie 44 ermordet. Sie verbindet ſich 
141 mit Antonius, wied mit ihm von Dcte 


3l 


[ten wird roͤmiſche Provinz. - 


vian befiegt, und toͤdtet ſich ſelbſt. — Aegy p⸗ 


Pontus. 


| Pontus hat fon in’ ben früheren Zeiten von 
den Perſern abhängige Könige. 
Michridates IL unterwirft ſich Alexan 


Ader d. Sr. + 302. 





Sahre 
v. Chr. Geb. 


280 
250 
30 


1 — 


120 n. Chr. 
150 — 


305 v. Ehr. 


|] 1 
I) \ x 


Chronologie der Heilkunde, 395 


Schule der Eraſiſtrataͤer. "Schule der Herophileer. 
2. Periode. 


Charidemus von Trikka. 
Ptolemaeus. 


Apollonius von Memphis, erſter Beſchrei⸗ 


ber der Harnruhr. (Schuͤler Otrato's.) 
Hikeſius, gründet eine Schule von Eraſt⸗ 


flratäcen in Smyrna. Sein Nachfolger -— - 


Menodorus. Beide bearbeiten vorzugsweiſe 
die KHeilmittellehse und Nahrungsmittellkunde. 
Die Schule der Erafiftratäer dauert 


fort bis zu Ende bes zweiten Jabrhum 


derts n. Chr. 
Hermogenes in Rom. 
Martialis, Erafiftratätfcher Bearbeiter der 

Anatomie und Gegner Galen's in Rom. 


4. Schule der Heropbileer. 


Herophitus ‚von Chalcedon, Schüler bes 
Praragoras, bringt die Menſchenanatoinie zu 
hoher Vollendung in der Hirn⸗ und Nerven⸗ 
lehre und der Beſchreibung des Auges. Beob⸗ 
achtet die Milchgefaͤße im Gekroͤſe. Seine 
anatomiſchen Werke werden allen ſpaͤteren Bear⸗ 
beitungen der Anatomie zum Grunde gelegt. — 


JEr bearbeitet zuerſt die ſemiotiſche Puls: 


lehre, nimmt die Praxagoriſche Humoralpatho⸗ 
logie an, uͤberſchaͤtzt die vegetabiliſchen Heilmit⸗ 
tel, und veranlaßt die ſchnelle Vergrößerung und 


baldige Ueberladung der Heilmittellehre. 


® 





x 


396 


Jahre 
v. Chr. Geb. 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Vontus. 





301 — 266 


183 


179 


124 — 64 
88 

.. 85 
83 — 81 
75 — 64 
73 
69 — 68 
66 


Mithridares I. unabhängige. Erweitert 
das Reich durch Eroberungen. 

Pharnakes L macht das eroberte Sinope 
zur Refidenz. Tritt Eumenes Il von Perga⸗ 
mus Paphlagonien ab. + 154. 

Mithridates V. Bundesgenoß der Römer 
im dritten punifchen Kriege, erhält- von ihnen 
Sroßs Phrygien. + 124. 

Mithridates VE der Große beſiegt nad 
vielen Eroberungen - . 
die Römer, erobert ganz Klein⸗Aſien, wird 


von Sulla beflegt, und fein Neich verkleinert. " 


Zweiter Krieg mit Rom, durch einen Den 
gleich beigelegt. 

Dritter Krieg. . 

Mithridates wird gefchlagen und fliehe zu 
Tigranes II. von Armenien. | 

Beide beflegt von: Eucultus, ber feine Bor 
theile wieder verliert. 

Pompejus vollendet den Sieg Mithri— 
dates + 64. j 


% . \ AL 


{ 


7 Chronologie der Heiltund, 307 










Sabre 
v. Ehr. Geb. 





Schule der Herophileer. 2. Periode. 





201 Eudemns, berühmter Anatom in Alexan⸗ 
drien. Bearbeitet die Hirn⸗ und Nervenlehre. 
Die Schule der Herophileer giebt die Anato⸗ 
mie bald wieder auf, und bearbeitet deſto eifri⸗ 
ger die Heilmittellehre. Unter den Derophileern 
finden ſich nach Herophilus Beiſpiel mehre 
- I Rrititer und Gegner des Hippokrates. Die 
dialektiſche Form des Vortroget iſt dieſer Schule 
eigen en 
2701 Mantias, bearbeitet die oeimittilche ums 
foffend. . 

—| Demetrius von Apamea, begründet die Pas 

.Ithologie der Blutfluͤſſe. 

— J Bakchius von Tanagra, Ausleger Hiypotra⸗ 
tiſcher Schriften und Bearbeiter der Blutfluͤſſe. 

310 ... ........ Hippokratiſche Schriften werden 
in Alexandrien mit Eifer geſam⸗ 
melt, falſche untergeſchoben und  /- 
die Äächten verändert. Winemon 
von Sida bringt viele dieſer 
Schriften nach Alerandrien, und 

oo. giebt die erfte Veranlaffung zue .“ - 
Kritik derfelben. 
Mnemon’s Lehrer Kleophantus bearbeitet ‘ 
die Diäterit nach eigenthuͤmlichen Grundfägen.- 
Fuͤhrt den Gebrauch des Weins als 
Peitwietel ein, worin ihm Askleptades 
von Muſa nachahmt. 
250 Kallimachus. Kallianax. 


Chronologie ber Heilkunde. 


Scqhule der Herophileer. 2. Periode 
} 


Andreas von Karpfius, bearbeitet die Heil⸗ 
mittellebre weniger gediegen und mit Beimifchung 


von Aberglanben; erweitert die Lehre von ben 


398 
Sabre 
v. Chr. Geb. 
j 210 
180 
170 
40 
30 
40 n. Chr. 
60 — 


Nervenkrankheiten, erwirbt ſich einiges Verdienſt 
um die Chirurgie. (Scharfe Kritik des Hip⸗ 
pofrates.) (Andron.) 

Chryſermus. Schuͤler deſſelben. 

Apollonius Mys, Bearbeiter der Heilmit⸗ 

tellehre, und 

Heraklides von Erythraea, Bearbeiter ber 

Pulslehre und Hippokratiſcher Werke. 

Apollonius Ther, um die Kritik des Dips 

pokrates verdine 

Agatharchides befchreißt meſt den Faden⸗ 

wurm. (Gordius Medinensis. ) 

Dioskorides Phakas in Alerandeien, Auss 

leger des Hippoktates. 

Zu Ende des erften Jahrhunderts v. 
Chr. if der Hauptfig der Schule 
der Herophileer in Laobicea, wo ihr 

Zeu xis vorſteht. Aus dieſer Schule gehen 

hervor: 

Zeno von Laodicea, einer der geieheteften se 

rophileer; 

Alexander Philalethes, und feine Schuͤſtr 

„Demoſthenes Philalethes, Verfaäaſſer 


eines klaſſiſchen Lehrbuches über t Augenheiltunde, 


und 
Ariſtoxenus, Bearbeiter der Pu slehre. 


⸗ 


Jahre 
v. Chr. Geb. 


270]. 


! 


\ 


5. Alexandriniſche Chirurgen. 


Zu Anfang des dritten Jahrhunderts v. Che. 
werben bie einzelnen Zächer der Heilkunde mehe 


abgefondert hearbeitet, namentlich die Chirurgie, 


die Heilmittellehre und bie Diaͤtetik 

Die Chirurgie wird in Alepandrien in allen 
ihren Theilen vervollftändigt, die Verbände und ’ 
Maschinen versieffältigt. Von diefer Zeit an 
bleibt eine Vorliebe der griechifhen Chirurgen 
für zufammengefeßte Maſchinen und Verbaͤnde 
herrſchend. 


Philorxenus verfaßt ein vollftändiges eher. | 


buch der Chirurgie. Erkennt den Krebs der Ge⸗ 


F bärmutter und der Därme. 


Ammonins von Alexandrien, der Lithotan. 
Der Steinſchnitt (mit der kleinen Geraͤthſchaft) 
wird von Alexandriniſchen Chirurgen zuerſt wiſ⸗ 


ſenſchaftlich bearbeitet, und alle übrigen bekann⸗ 


ten Operationen verbefiert. 
Heron, Sorgias und 


Sofiratus führen genauere Unterfcheibungen, - 
der Kernien ein. | 


Merigenes, Amyntas und Nymphodos 
rus, um bie Verbands und Maſchinenlehre vers 
dient, eben fo Protarchus, (?) 

Nileus, Pafttrates und defien Sohn Ark 


‚flo n. BBiele Herophileer und Empiriker bear⸗ 


beiten einzelne Theile der Chirurgie. 





Chronologie der Heilkunde 399 | 


Aierondriniſche Chirurgen 2. Periode 


y 


—4 


[7 


400. 


Sabre 
v. Chr. Geb. 


270 


260 


| 


Chronologie der Heilkunde. 


Schule der Empiriker. 2 Veriode. 


6. Schule ber Empirifer. z 


Philinus von Kos, Schuͤler des Hera 
philus, bekämpft die hergebrachte Humoralpa⸗ 
thologie und dialektiſche Dogmatik; ſucht in ber 
praktiſchen Heilkunde die Erfahrung als erſte 
Schiedsrichterin geltend zu machen. Eben ſo 
und mit großem Eifer 

Serapion von Alerandrien. Die cheoreti⸗ 
ſchen Faͤcher mit Einſchluß der Anatomie und 
Phyſiologie werden von ihnen als unnoͤthig ver⸗ 
worfen, die Lehre von den naͤchſten Urſachen fuͤr 

berflüffig erklärt. Dagegen reine Grund 
fäße über die medicinifhe Erfahrung 
aufgeftelle, alle Bernunftfchlüfle auf reine That⸗ 
fachen begründet; an die Stelle ber dogmatis 
fhen Definitionen Eommen die Hypotypoſen. 
Der diagnoftifche Theil der Semiotik wird von 


jden Empirifern mehr ausgebildet, und bie Ge⸗ 


fegenheitsurfachen von thnen allein beachtet. 
Glaukigs befefkige die empirifche Heilkunde 
durch Hippokratifche Ausfprüche; bearbeitet die 
seilmittellehre und Chirurgte, führt eine mehr 
medicinifche Erklärungsweife des Hippofrates 
ein. Will die Heilkunſt nur auf Beobachtung, 
Geſchichte und Uebergang zum Achnlichen (Dreis 
fuß der Emptrie) begründet wiſſen. 
Heraklides von Tarent, Schuͤler des He⸗ 
rophileers Mantias, bearbeitet die Heilmittel⸗ 
lehre umfaffend und gründlich; behält die Chry⸗ 


+‘ 


Chronologie der Heilklunde.. 401 





v. Pa OR Schule ber Empirifer. 2. Verlode. 





fippifche aushungernde Diät bei, und erklärt ſich 
gegen das ruͤckſichtsloſe Durften der Fieberkran⸗ 
fen. Erwirbt ſich um die ‚Chirurgie und Aus 
genheilkunde bedeutende Verdienſte. Verbeſſert 
die Zahnheilkunde. 

Die Giftlehre kommt in diefer geit als ein 
von der Heilmittellehre abgefondertes Fach auf, ' 
- und wird von Nichtaͤrzten eifrig bearbeitet. 

138| Attalus IM. K. von Pergamus bearbeitet 

die Siftlehre und Naturkunde. | 
—Nitander von Kolophon bearbeitet die Gift⸗ 
fehre und die Naturgeſchichte der giftigen Thiere. 
Bei ihm die ältefte Erwähnung der Bluts 
egei und des trodenen Soroͤpfens ver⸗ 

| gifteter Wunden. 
1-64 Mithridates der Große, 8. von Dentus, 
| bearbeitet die Naturkunde und die Giftlehre; ers 
findet ein berühmtes Antidetum. Seine Werke 
werden von 

631 Pompejus Lenaeus ins cateiniſche uͤber⸗ 
ſetzt, wodurch die Naturkunde zuerſtbet den Rs 

[mern "eingeführt wird. 

TO Kratevas, berühmter Botaniker und Phars 
mafolog. Eigner dem K. Mithridares ein’ 
botanifhes Wert mit farbigen Abbiu 
dungen zu. 

— J Caſſius Dionyſius von Utica, beruͤhmter 

Rhizotom und Ueberſetzer des großen landwirth⸗ 
ſchaftlichen Werkes don Mago. Bearbeitet die 
Thierheilkunde. | 
nun. & 


[4 


\ 


Jahre . 
v. Ebr. Geb. 
754 
716 — 673 
673 — 640 | 
640 — 617 
617 —+ 578 
578 — 534 
534 — 508 
509 
493 
" 452 
389 
3066 
312 
275 
264 — 241 
IT. 
218 — 202 
218- 
217 
216 


215 — 204 


Welageſchichtliche Angaben. : 
Römer. 


- Romulus erbaut Rom. + 717. Inter: 
regnum. | 

Numa Dompilius. 

Tullus Hofilius Bau der Kloaken. 

Ancus Marcius. 

Targuinius Prisens. 

Servius Tulliue. 

Targuinius Superbug, 

Brutus Erſte Confuln. 

Volkotribunen. 

Decemvirn. Die zwölf Tafeln. 

Kom von den Galliern erobert. Camillus. 
Erſter Praͤtor oder Oberrichter. Alimählis 
ges Fortſchreiten der Geſetzgebung. 

Appiſche Landſtraße und Waſſerleitung. 

Pyrrhus U. von Epirus beſiegt. Die Eros 
berung von Italien wird vollendet. 

Erſter puniſcher Krieg. Die Karthagnien⸗ 
fen räumen Sicilien und alle umliegenden Inſeln 
außer Sardinien. 

Sardinien erobert. 

Zweiter punifcher Krieg. 

Hannibal geht über die Pyrenaͤen und AL 
peu; fiege am Teſſino und an der Trebia, 

am See Thrafimenus über Flaminius. 
Fabius Tunstator wird Dictator. 

Terentius Varro und Aemilius Pau 
lus verlieren die- Schlacht bei Cannae. 

Hannibal wird von Marcellus gefchlagen 
und von Karthago aus ſchlecht unterftügt. 


ng 






Sabre 


v. Chr. Seh. 





600 v. Chr. J. 


Chronologie der Leilkunde. 4083. 





Schule der Empirifer. Schule der Methodiker. 
u . 2. Periodẽ. 





Zopyras, Empiriker, Bearbeiter der Heil 
mittellehre und Toxikotogie. 

Die Königin Kleopatra bearbeitet neben der 
dehre von den Welherkrancheiten die Toritologie 
und Kosmetik. 

Heras von Kappadotien, Empiriker in Nom; 
Bearbeiter der Heilmittellehre. | 
Menodotus von Nikomedien, Empiriker — 





Rem, führt den Epilogismus ein. 


Theupas von Landicea. > 

Aeſchrion von Pergamus, Salen’s Lehrer. 

Die Säule der Empiriker behaupteß 
fih unter den hexrgebrachten Formen 
bis'zu Ende des zweiten Jahrhunderts 
n. Chr. und befördert fortwährend eine 
unfritifche Erweiterung der Heilmittel 
lehre. 


7. Schule der Methodiker. 


Die roͤmiſche Heilkunde gruͤndet 
ſich auf Aberglauben, und ent⸗ 
behrt aller Anlage zu wiſſenſchaft⸗ 
licher Ausbildung. 

.......... Muma giebt das Geſetz „de in- 
ferendo mortuo” (Lex regia) 
Schwangerverſtorbene zu Öffnen, 
um: das Kind. zu retten. (Der 
ältere Scipio Africanus, 

| € 2 


Sabre 
v. Ehr. Geb. 


Weltgeſchichtliche Angaben. 


Römer. 


2204| PB. Corn. Scipio gehe nach Afrika über. 


203 
202 


2001 


200 — 197 
191 


169 — 163 


150 — 146 


146 
133 
123 


106 
8 
82 


63 


: 49 


Hannibal folgt. 

Schlacht bei Zama. 

Friede. Die Karth. verlieren alle: Beſitzun⸗ 
gen in Europa und den größten Theil ihrer Flotte. 

Gluͤckliche Kriege mit Macedonien. 

Sieg Über Antiochus den Großen und bie 
Aetolier. 

Krieg mit Perſeus und Niederlage deffelben. 
Den römifchen Bürgern werden alle Abgaben 
erlaffen. 

Dritter Banifger Krieg. 

Karthago wird von Scipio Aemilianns 
(Africanus jun.) erobert und zerſtoͤrt. 

Tiberius Sracchus erneuert bie Lex agra- 
ria. + 131. 

Eben fo fein Bruder Eajus Gracechus. 
+ 221. 

Vollenderer Sieg über Jugartha 

Die Bundesgenofien erhalten das Bürgerrecht. 

Marius. Sulla Pompejus. 

Rom von Sulla erobert, die Marianifche 
Partei auf's: Haupt gefchlagen. Dictator 
auf unbeſtimmte Zeit. + 78. 

Cicero unterdrädt bie Befümbrung des 
Satilina. - _ 

Erſtes Triumvirat von Caefar, P om⸗ 
pejus und Craſſus. 

Caeſar geht Über den Rubicon. 


Chronologie der Heilkunde. | aos 


v. er ' Säule der Methodiler. 2. Periode. 
ine: . Manius Manilius und der 
| | fe Carfar, ber davon feinen 

.2 * Namen erhält, kommen fo zur 


Well. Der Kaiferfhnitt 
. ‚nach dieſem Carfar benannt.) 
2,20. Wesculap wird ken in Rom 
F J verehrt. | 
010 DR ;  Stöpllinifche Vuͤchir * in Km N 
| mediciniſche Orakel 
S51d ....... . Brutus wird wegen einer Peſt 
u in Rom nach Delphi gefchickt. 

467 P.......... Apollo Medicus befommt 
4. .einen Tempel. Desgleichen. 
460........... dar Epidauriſche Aesculap. u 

4882]..... ...... Die zwoͤlf Tafeln ſetzen feſt, das 
Kind im Mutterleibe ſei als lebend 
zu betrachten, und ſichern ihm alli 
41416 buͤrgerlichen Rechte. 
460 .......... Die Goͤttin Salus erhaͤlt einen 
4 Tempel. Viele andere medicinis 
ſche Sottheiten werben verehrt 
und zum: Theil in Tempeln an: 
= gerufen: Febris, Cloacina, Des 
verra, Lucina, Juno, Diana, 
Alemona, Nona, Decima, Par:. 
tula, Antevorta, Poſtverta, Eu: 
geria, Fluonia, Uterina, Inter⸗ 
cidona u. ſ. w. 
A00 ........... Erſtes Lectiſternium bei einer: Ent 
| deinie in Rom. | 


» . > 





206 


Sabre v 
n. Chr. Sc. 


48 
46 
45 
4 
43 


& 


"14-87 
‚37—4l 
al — 54 
.54—68 


ealegeſcihelide Angaben. 


Roͤmer. 


Alben mn 


SGiegt:!bei Pharfalus Über Pompejus, ber 


in Aegypten ermordet wird. 


WBerbeſſert nad vollendeten Sügen den Sa 
(ender, wird 
Dictator perpetuus, und 
ermordet. Brutus: Caſſius. 

Zweites Triumvirat von Antonius, 
Octavian und Lepidus. (Cteerv kommt 
um.) 

Oleg Aber’ Brutne md Caſſius bei Phi 
lippi. 

Lepidus wird verdraͤngt. 

Antonius von Dctavian be Aetium ge⸗ 
ſalaen. + 120, 


Kaifer. 
Dctavian, hält 27 den Titel Auguſtus. 
„un. cennen. Varus wird von den Deutfhen 
—. unter Hermann beflegt. 
Blauͤthe der Wiſſenſchaften in 
Rom. Das goldene Zeitalter 
der römifchen Litteratur. 
Tiberius. 
Ealigula. 
Claudius. 
Mero. ZZ 
........... Erſte Chriſtenverfolgung in Rom. 
........... Seneca wird hingerichtet. 


Salbe othe. Vitellius. 









Sahre 
v. Ebr. Geb. 







Chronologie der Heilkunde. ‚807 


Schule der Methodiker: . 8. Periode. 





j Arhagathus-tommt nah Rom; erhält das 


Jus Quiritium und eine - Wybicinbude (Medi- 


‚ feine). eine Chirurgie wird den Römern zus 
wider, amd er muß bald die Stadt verlaffen. 


Caro (geb.284, + 149), eifeigtr Miderfacher _ 


‚der griechiſchen Aerzte. - Der Gebrauch der mes 


dieiniſchen Hausbuͤcher und- alter Aberglaube wird 


von ihm beguͤnſtigt. In feinem landwirthſchaft⸗ 


ichen - Were einige rohe Anfänge von Thiers 


heilkunde. 

Asklepiades von Pruſa in our, bearbei⸗ 
tet die Heilkunde wach der Epifuriſchen Corpus⸗ 
eularphilofophie (Epikur 349 — 270) : Der 
Körper beſteht aus Atomen- (oder. eigentlich Syn; 
trifen zufammengefeßten Atomen.) und unſicht⸗ 
baren Kanaͤlen. Das Prineip der. Bewegung 


[der Atome iſt die Nothwendigkeit. Alte dyna⸗ 


miſchen und humoraltheoretiſchen Begriffe wer⸗ 
den ausgeſchloſſen. Die ſeinſten Atome (Lep- 
tomeres)) - vertreten. die: Stelle des dynamiſchen 
Prineips oder des Luftgeiſtes. (Die wiſſenſchaft⸗ 
liche Anatomie ift ausgefchlofien.) Geſundheit 
beftehe in der gleichmäßigen ungehindenteen Bes - 
mwegung ‚der Atome in den Kanaͤlen; Krank 
heit ift Hinderung ober Veränderung 
Diefer Bewegung Askllepicd)es ver: 


Ibannt den Ueberfluß an Arzn imitteln, 


und ſchraͤnkt die Herophileiſche emyirifche Heil: 
mittellehre ein; erkennt die Heilbefirebun 
gen der Natur und bekämpft dir Krankheiten 





48. .Weltsefbihrliche Angaben. 


on er "8. Römer. 
69 — 791 VBespafian. Erſte weiſe Regierung feit Au: 
zuſtus. 
. . . . Aα verliert ſeine Privilegien 
und Athen ſeine republikaniſche 
| Verfaflung- 
70 - 811 Titus. 
MW ........... Erſter Ausbruch des Vefuvs. 
Pompeji und Herculanum mer: 
den vperſchuͤttet. 
81 - 96) Domitianus. 
oo — 981 Nerva. 
988—117| Trajanus. 
117 —138 Hadrianus. 
1221........ ... Bezwingt alle abgefallenen Natio⸗ 
nen und bereift das ganze Reich. 
138 —161| T. Aurelins Antoninus Pius. 
161— 180] Marcus Aurelius Antoninus Phile 


N ſophus. 
———169| 2 Verus. 
| .. ........ .Nach Antonin's Tode wird das 
| vömifche Reich eine militaͤriſche 
. Defpotie. 


180 —193 Commodus. 
193 Helvius Pertinax. 87 Tage. Didius 
Sulianus. 66 Tage. 
93-211] Septimius Severus, 


Jahre 


v. Chr. Geb. 
hauptſaͤchlich durch Lebenserdnung verwirft die 


bu 10 — 


e 


+ 


I1118 


« 


Chronologie. der, Heilkunde. = 09 


Schule der Methodiker. 2. Periode. 


dogmatifche Krifenichre, fuͤhrt den Gebrauch des 
Weines nach Kleophantus ein; unterwirft bie 
Lehre vom Aderlaß und vom Brechen einer firen; 
gen Kritiß, verordnet die Bäder in Krank— 
heiten, läßt die Fieberkranken durften, vertraut 
viel auf Faſten und Frictionen, verbeffert bie 
Regeln über die paffive Bewegung, und if als 
der, Schöpfer einer allgemeinen Therapie 


zu betrachten. Befchreibt bögartige und verlarote, 
1 Wechfelfieber, die. Starrfucht unter dem Namen 


Katalepfie; empfichle die ſchon tefundene Tra⸗ 
cheotomie. Ordnet die Behandlung der 
Kranken nach der dreitaͤgigen Perivde 
an, Und macht den Anfang zu einer verbeffers 
ten Behandlung der chroniſchen Krank 
heiten. — Bearbeitet die Zahnheilkunde. 
Julius Baſſus 
Sextius Niger 
Niceratus 
Petronius 
Diodotus 
Metrodorus, ein Asklepiadeer, giebt (wie 
Kratevas) ein mediciniſch⸗botaniſches Werk 


Asklepiadeer und Schrift⸗ 


‚mit farbigen Abbildungen heraus. 


Mofhion Diorthotes. 
Alerander von Laodicen. 
Clodius, Chryſippus, Schriftfieller über 
Wurmkrankheiten. 


ſteller uͤber Heilmittellehre. 


\ 


Y 


DB * ‚Ehtonologie der Heilkunde. 


Mm 2 





- Jahre 
‚v. Ebr. Geb. 
60 





Schule der Methodiker. 3. Periode. 


Titus Aufidins, Schriftſteler über cheo⸗ 


niſche Krankheiten. 


Nikon von Agrigent. 
Philonides von Dyrrhachium, ſaͤmmtlich 


Anhaͤnger des Asklepiades. 


Themiſon von Laodicea, ein Asklepiadeer, 
gründet die methodiſche Schule, in der die 


weſentlichen Lehrfäße des Asklepiades beibes 


"I haften werden. Mach dem Zuftande der unfiche 


: I $aren Kanäle werden bie beiten Eommunitä 


46 1 





ten der Zufammenziehung und der Er: 
fhlaffung unterfejleden, und bie gemifchte 


I diefen als dritte zugeordnet. Hierauf wird bie 
geſammte praftifche Heilkunde zurückgeführt. Die 
"Chirurgie wird nach fünf nicht atomiftifhen Com; 


munitäten bearbeitet. Die dreitägige Periode in 
der Behandfung der Krankheiten wird beibehak 
ten, und die Lehre von den Stahien der Krank; 
heiten in Bezug auf Behandlung beſſer bearbei 
tet. Thamiſon giebt das erfie umfaffende 


Peehrbuch über die chroniſchen Rrankpei 


ten heraus, fuͤhrt den Gebrauch der (ſchon 


von Nikander benutzten) Blutegel cin, und 
empfiehlt das Brennen der geſchwollenen Milz 


mit dem Gluͤheiſen. 

........... Aultus Caeſar ertheilt den 
fremden Aerzten in Rom das 
Bürgerrecht. Bon jegt an fin: 


den fih Aerzte von alla Ne 


Sheoriofögte der Heilkunde. SH 
„sehr 1. Exhnle d PR RE 
v.Chr. Geb. . Schule der Methodiker. 2. Periode. 


ua ee) EEE Zu tionen, vorzüglich‘ griechiſche, in 
reden 0520 2 großer Anzahl in Rom ein. 
3* "I3l:-rn 22. 0 @tpton, Feldarzt des Con⸗ 
han a. Vibius Pahfa. In die 
.n Yfer, Zeit komimen bie. erften gries 
a Tine Sernätite, Get cömifchen 
. | Heeren voh 
P. ..... 4. ... Maͤbeus Abtoitne, Leibarzt 
. 2 .Orta d bans 4. 

20 Proenius, Schier⸗Themiſon's. 
— J. . . in  Megenvon @idon, Tryphon, 
.Mblegers, Euelpiftus, be 

— ruͤhmte Chwurgen. 
Mendo mach us von Aphrodiſias, (wahrſchein⸗ 
uch) Schuur Themiſom's, bearbeitet die Theo⸗ 
lrie · der Methodiker mit einigen Veränderungen, 
fo wie mehre ſpaͤtere Methodiker. 

102 er. 4 Antonius Mufa, Leibarzt des 
' Kaifers Augufuf, bearbeitet die 
Heilmittellehre, und fuͤhrt mit 
feinem ‚Bruder: Euphorbus 
den Geabrauch der kalten Bär 
der beiden. Roͤmern mehr und 
mehr cin. Auguſtus begüns 
ſtigt dem ärztlichen Stand durch 
‚Befreiung von Effentlichen Laften 
und Abgaben. Von jetzt an ers 
nennen die Kaiſer Leibaͤrzte. 
J Die ee derfelden: Caſſius, 


2 Edhronologie der Geikfiuite. 
n. eh, 0 Schnule ˖ der Methodiker. 2 Periode. 


Calpetanus, Arruntius, 
Albutius, Rubrius, Quin 


rn 0... a8. Stertinins, Charikles, 
. faͤmmtlich von 10 — 40. 
18 Eudemme, Methodiker. ’ 
45|- :Bectins Valens, Arzt am "Hofe bes 
Claudiuo. 


N J Secribonius Largus, beide Schüler des 
| Apulejus.Kelfus (10) eines Schriftſtellers 
..Aüber Heilmittellehre. Scrib. Largus giebt 
daB aͤlteſte Weifpiel der. mebicinifchen Anwen: 
. . Idung. der. Eleftricität im. Gebrauche des 
Zitterrochens. | 
60......... Andromachas von Kreta, der 
=. Aeltere, Erfinder des Therias, 
| ins wird vom Kelfer Nero zum 
Archiater ernannt. Unter den 
folgenden Regierungen wird bie 
Archiatria palatina von ber 
A. popularis getrennt. x 
— | Theſſalus von Tralles, Methodiker, führt 
keine Art von ambulatorifchs Elinifhem Unterricht 
ein; „erfindet die metafynfritifhe Kur, die 
aͤlteſte Umwandlungskur ‚in chroniſchen Krank: 
heiten, bearbeitet dieſe in einem eigenen Lehr⸗ 
buch, und verbeſſert die Lehre von den Ge⸗ 
ſchwuͤren. | 
701 Olympicus von Milee. “Schüler: 
1001 Apollonius von Eppern, Lehrer bes 
140 | Methodikers Julianus in Alerandrien. 


. Jahre . 
ni. Ehr. Geb. 


Cbhronologie der Heilkunde. | 48 


Schule der Methodiler.: 2. Periode, 


| Muaſeas, gemäßigter geehrter Methodiker; 


100 


130 
108 


modificirt die methodifche Dichotomie. 
Philumenos, ein gelehrter und um bie 
praftifche Heilkunde fehr verdienter Methodiker, 
bearbeitet mit Erfolg die Entbindungskunſt, die 
vor ihm in Mom nur von Kebanımen (Obste- . 
trices, Praesectrices umbilicorum, Medicae) 
ausgeübt wird. - Erkennt die Enge des Bedens 
als ein Haupthinderniß der Geburt, und bes 
ſtimmt die Anzeigen zur Zerſtuͤckelung bes Kins 
des genaner. Die Abtreibung ber Frucht bei. 
feterhöfer Gebaͤrmutter nach Aspafia iſt in dies 
fer Zeit allgemein in Gebrauch. — Hebammen 
werden ſchon früher von den Prätoren jur ges 


rihtlihen Unterfuhnng von Schwan - 


gern aufgefordert. — Philumenos erkennt 
den gaftrifchen Charakter von Krenkheiten (Cra- : 
pula Philumeni). - | 
- Dionyfius, Philo, Rheginus, Metho⸗ 
dite. 
Soranus von Epheſus der Aeltere, der Ge⸗ 
lehrteſte aller Methodiker, bearbeitet die chronis 
ſchen Krankheiten in klaſſiſchen Werken. Führt 
zuerft die Diagnoftit im Sinne der Neuern ein. 
Attalus, Schuͤler des Soranus. 
.......... In den römifchen Lagern befteht 
das Baletudinarium und das 
Beterinarium, Sammelpläge 
für Eranfe und vermundete Sol; 
daten und Pferde. 


⸗ 


44 


Cboroadlogie der Hallunde. 





Jahre 
n. Chr. Geb. 





160 


..-...1n1n —0 


Schule der Methodiker. 2. Periode. 





Antonin der Fromme Be 
ſchraͤnkt die von Hadrian ber 
willigten übermäßigen Beguͤn⸗ 


ſtigungen der Aerzte, und erlaͤßt 


ein Geſetz über die Zahl der 
Archiatri populares in den gro⸗ 
Ben, Mittel: und kleinen Staͤd⸗ 


- ten. 
. Regelmäßig. wechelle roͤmiſche 


Feldaͤrze werben erwähnt. 


‚ -Medic; legionum, medici co- 


horuum; Antisonus, % 


Cael. Arrianus, ©. Titus 
- Alerander und mehre andere 


Schörtens Aerzte kommen fchon 
um 90 vor. 


165 Antipater, Methodiker zu Ran. - 

Caelius Aurelianus, lateiniſcher Ueber⸗ 
ſetzer des Soranus. 

Soranus der Jüngere, merhabifcher Bear: 
beiter dee Geburtshuͤlfe, und nach dem Hero⸗ 
phileeer Andreas einer. Art von Geſchichte 
der Heilkunde.. 

Mofhion, Verfaffer des erften- Hebam⸗ 


210 


220 


menbuces. 


Von beiden werden die weiblis 


den Geſchlechtstheile (wahrſcheinlich nach Un⸗ 
terſuchungen menſchlicher Leichen) richtiger, als 
von allen Fruͤheren beſchrieben. 


Jahre 


n. Chr. Geb 


N 


10 


Thromogie:der. Selfunde: a1 


Bearbeitung der Heiltunde außer den Schulen. 
ung 2. Periode 


8 Bearbeitung ber Heilkunde außer. 
"den Schulen. 

Aulus Eorneliug Celſus, encyclopaͤdiſch⸗ 

eklektiſcher Bearbeiter der. geſammten Heilkunde 


und der. der Landwirthſchaft untergeordneten 


Thierheilkunde. Beſchreibt mehre, ben primärs 


ſyphilitiſchen durchaus ähnliche Krankheiten der 


Sefchlechtsiheile; die Angiologie und aͤhn⸗ 
lie Operationen: als Allgemein gebräuchliche 
Mittel gegen Augenfchleimfläffe- — / Viele dis 


- Frusgifche Operationen (Steinfepnitt, Niederdruͤk⸗ 


| 50 
23 — 719 


— 


tung des Staars) find trefflich angegeben. Rohe 
Operation dee Bruſtſcirrhen durch ‚Schneiden 
und Brennen. — Es giebt in Rom eigene Aus 


genaͤrzte (N:edici ocularii), Gajus, Quelpis, 


Ohrenärzte (Medici auricularii), und- Zahnärzte 
(Medici dentarii). 

„Philo von Tarfus, Bearbeiter der Heilmit⸗ 
tellehre, fuͤhrt zuerſt die Arzneivorſchriften 
in Verſen ein. Erfindet das. berühmte Phi; 
fonium. — Menius Rufus 

Juſtus, berühmter Augenarzt in Rom. , 

Caius Plinius Secundus, Enchyclopaͤ⸗ 
diſt dee Naturwiſſenſchaften, liefert, das erſte la⸗ 
teiniſche Werk Über dieſelben ſeit deu Ueberſetzung 
der Mithridatiſchen Werke durch Pompejus 
Lenaeus. 

Menekrates von Zeophleta, Leibatzt am 
Hofe des Tiberius, Caligula und Elaus 


416 


| Jahre 
. Chr. Geb. 


100 


Chronologie der Hellkunde. W— 


Bearbeitung der Heiffunde außer den — 

2. Penrtode. 
dius, bearbeitet die Heilmittellehre gruͤndlich 
und umfaſſend. 

Servilius Damokrates, Verfaſſer von 
Arzneibuͤchern in‘ Jamben. 

XRkenokrates von Aphrodiſias, bearbeitet die 
Nahrungsmittelkunde. Der Pharmakopol Pam 
philus. 

Asttepiades Pharmacion, Bearbeiter der 
Heilmittellehre. — Der ältere und jüngere Ans 
dromahus. Der ältere bearbeitet die Zahn⸗ 
heilkunde. 

Pedacius Dioskorides von Anazarba 
bringe bie Heilmittellehre und die phar⸗ 
maceutifche Naturkunde zur hoͤch ſten 
Vollendung. 

Krito, Bearbeiter der Heilmittellehre, der 
Kosmetik und der Zahnheilkunde. 

Rufus von Ephefys erneuert die Anatomie 
des Herophilus nad eigener Zergliederung 
von Affen. (Später werden in Kom bie 
umgelommenen ausgeſetzten Kinder 
zum Zergliedern benugt.) Laͤßt alle 


Berrihtungen des Körpers von den Ders 


ven abhängig fein. Liefert die vollſtaͤndigſte 
Zufammenftellung der alterthuͤmlichen Abführs 
mittel, und bearbeitet die Krankheiten der Harn⸗ 
werkzeuge. 

Marinus bearbeitet die Muskel⸗ und Ner⸗ 
venlehre. Unterſucht den getheilten Nerven 
mit größerer Sorgfalt als alle Fruͤheren, und 


i.“ 


: 130 
‚120 


140 1: 


150 


0 


\ 


Chronologie der Hellkunde. 417 






Bearbeitung der Heiltunde außer den: Schulen. 
chule der Pneumatiker. 2. Periode, 


beſchreibt ihn als zwei Paare. Giebt ein um: 


faſſendes Lehrbuch der Anatomie (in 20 Büchern) 


heraus. : Deffen Schüler 
Quintus, berähmter Anatom. | 
‚Artemidorus Capito und Dioskurides, 
geiehrte Bearbeiter und Verderber der Hippo⸗ 
kratifchen Schriften. 
Marcelius, medicinifcher Lehrdichter, bes 
ſchreibt zuerfi die Lykanthropie. 
Lykus von Macedonien 
Satyrus, beide in Pergamus | berühmte 
Numefionusu. defien Schüler | Anatomen. 
Pelops in Korinth 


t 


. 
er 


9. Schute der Preumatiter. 


Athenaeus von Attalia bearbeitet die Heil⸗ 


kunde nach den. pneumatifchen Grundſaͤtzen ber 


ſtoiſchen Naturphiloſophie (Zeno von Kittium, 


F2601 v. Chr. Stifter der Sta); mit Beibe⸗ 


‚haltung der Humoralpathologie; du Verrichtuns 


gen des Koͤrpers zerfallen. in die pſychiſchen, des 
nen das wruäuen Aluzasdss die Lebens verrichtun⸗ 
gen, denen dab -wrsönu Lorıwers uud die natuͤr⸗ 
lichen, denen das wruüun Yarınar als materiell; 
donamiſches Princip zum Grunde liegt; bildet 


die herkoͤmmliche Elementetlehre zu einer mehr 


"I dynamifchen uw; ‚beftimmt ben Abrgeif der vor: 
Dd 


a 


418 


Eßronologie der Heilkunde. 


nn eh, | Schule der. Pneumatiker. | 2. Yeriode. 
—— rr Tee 


beteitenden (weoryersire) und der Gelegenheits: 
urfache (weonurzenrns).: Deffen Schüler 
Agathinus von Scedaͤmon nimmt die Grund⸗ 


[füge anderer Schulen mit auf, wonach die Pen: 


100 


matiker Eklektiker oder Epiſynthetiker ge 
nannt werden. 

Aretaeus von Kappabocien, bearbeitet die 
Krankheiten muſterhaft nach Hippokrates 
Vorbild. Begruͤndet pathologiſch die Lehre 
von der Nervenkreuzung, vergleicht die 
anſteckenden Krankheiten mit Bergiftun: 
gen, beſchreidt die brandige Bräune unter 
dem Namen der aͤghptiſchen und fyrifchen Ge⸗ 
ſchwuͤre, und fuͤhrt den Sebraud der Cam 
tharidensPflafter ein. 

Archigenes von Apamen, der größte Pneu⸗ 
matifer, bearbeitet dis gefammte Heilkunde fol⸗ 
gerecht und vielfeitig; fichtet und erweitert bie 


Semiotik mit-Einfchlaß der Pulslehre, unter 


ſcheidet am genaneften die Idiopachifchen von 
ven ſympathiſchen Krankheiten, erweitert die 


IJ pachologiſche Aetiologie durch Aunahme ber 
J durchſtroͤmenden Urſache⸗ (alrier Jedıser), 


bearbeitet‘ uͤberhaupt am fcharfiinnigften allges 


meinspathofsgifche Begriffe; befeftigt die Caus 


"fat Indication;-fucht den Grund aller Fie⸗ 


ber in Saͤfteverderbniß, giebt Veranlaſſung zur 
unziemlichrn Erwoiterung des Bugriifes von Faͤul⸗ 
niß, verordnet eine muſterhafte einfache Behand⸗ 


lung der vorgiſteten Wunden; beſchreibt Dem 


Sabre . 
m. Ebr. Geb. 


120 


Ih des Chryfippifhen Bindens der. 


7 


Chronologie der. Heilkunde, ‘419 


Schule der Pneumatiker. 2. Periode, 


wahren Semitritäus (H. Galeni); ſich⸗ 


tet. die Unterleibskrankheiten; verrichtet die Abs 
(öfung der Stieder nach der -volllomntenften 
Methode, mit vorheriger Zufammenfhnd 
rung, und Unterbindung der Gefäße, nach 


genau beftimmten Indicationen. enrbeitet die 


Zahnheilkunde. — Verſucht zuerſt eine Ein⸗ 
theilung der Mineralquellen nach ihren 


chemiſchen Beſtandtheilen: Soda, Koch—⸗ 


ſalz, Alaun, Schwefel, Feoder, Kupfer und 
Eifen. 
Sin diefer Zeit empfehlen einige Aerzte die 
Eaftration gegen den Ausfaß. 
..... ...... Heliodorus, berühmter Chi⸗ 
rurg in Rom, verwirft die Un⸗ 
terbindung der Gefaͤße bei der 
Amputation. Verbeffert die Vers 
bands und Maſchinenlehre. 
Hetodotus, Schüler des Agathinus, bes 


Iſchreibt ein pockenaͤhnliches Exanthem. 
Erklaͤrt ſich gegen die von Archigenes ausge⸗ 


gangene chemiſche Eintheilung der Mineralquel⸗ 
len; bearbeitet die Wurmkrankheiten; bedient 


Glieder zur Linderung heftiger Schmer— 
zen, und verbeſſert dieſe Verfahrungsweiſe durch 


die gleichmaͤßige Einwickelung der Glieder -mit 


Wolle von oben nach unten. 
Poſidonius bearbeiter mit Erfolg die Phy⸗ 
fiologte des Gehirns, und begruͤndet die 
Du 2 


? 


20 Cheonologie ver Heilkunde. 









abre 
br. Web, " 
Idee von Organen. der Geiſteskräffte im 
PGehirn. Seine Lehre von den Nervenfranf: 
‚heiten und Nervenzufuͤllen dient ben Spaͤteren 
sur. Fundgrube. . 

Der Sateofophift Caſſſus ahmt die Ariſto⸗ 
telifchen Probleme nach. 

Philippus, preumatifcher Bearbeiter der 
Heilmittellehre. 

Magnus von Epheſus, Arehiaier palatınus, 
‚I giebt eine Ueberſicht der ‚ Erfindungen nah The 
mifon. 
enaeernee.. Demetrius, Archiater pala- 

. tinus. 

: Leonides von Alerandrien, berühmter epis 
fonthetifcher Chirurg. Seine Operationsweiſen 
ſind durchweg ſchwerfaͤllig; er bedient ſich bei 
der Abtöfung der Erebshaften Bruft des Gluͤh⸗ 
eifens, und verwirft die Unterbindung bei der 
Ampusarlon. 










Schule der Yinenmatiker. Bat. 






10. Heilkunde Gatens. 


Claudius Galenus, Sohn des Architekten 
Nikon, wird‘ in Pergamus: geboren: zeigt ſchon 
in der Jugend Vorliebe für die peripate ti⸗ 
[he Philofophie, wird von Satyrus, 
Stratonitug, Aeſchrion, Pelops, Nume 
‚Ifianus,: und in Alexandrien von Heraklia⸗ 


. 
ru. — 





Chronolodie der Heiland: . AH 





Sabre 
n. Chr. Geb. 


.Inus in ber Anatomie und Seimieteliche uns 


159 


169 
1% 





Galen. 2 Periode. 













terrichtet, wird 
Arzt der Gladidtoren in Perganiue, 

kommt: nach Rom, hält Affentäice Vorträge 
über Phyſiologik, 


kehrt nach Pergamus zuräch, wird vom Kaiſer 


Antonin nach Rom zuruͤckberufen, hält wie 
derum Vorleſungen, und ſtirbt um 200. 
: Bearbeitet die geſammte Heilkunde nach der 
Elementarlehre vorwaltend humoraltheoretiſch, 
mit Beibehaltung der Ariſtotteliſchen Lehre von 
den Kräften und’ der pneumatifchen Eintheilung 
der Vorrichtungen, mit Ausſchluß aller mecha: 
nifchsatomiftifchen Anſichten. 
Vervollſtaͤndigt die gefammte Anatomie nad 
Thierzergliederungen. Beſchreibt fieben Ner⸗ 
venpaarg; unterfcheidet theoretiſch die harten 
Bemwegungsnerven (größtentheils vom Ruͤk—⸗ 
fenmarf), von den weihen Empfindungs 
nerven (vom vorbern Theile des Gehirns) und 
den mittleen (vom verlängerten Mark), die beis 
den Verrichtungen. vorftehen. Erkennt die Ver; 
zweigung beider Kinnbacennerven in die Zahn: 
wurzein. / Befchreibt den Bau des: Herzens und 
der Gefäße mit Ausſchiuß der Venenklappen, 
und die Blutbewegung durch Herz und Gefäße 
durchweg naturgemäß. Er ift der erfte Ent: 
beifer des Kreislaufes. \ 
Verbeffert die Lehre vom Athmen, das 


ee mit einem Verbrennungsptozeffe ver 


422 


Jahre 


n. Chr. Geb. 


Ehronologie der Heilkaude. 
Galen. 3 Periode. 


gleicht, und für eine Erhaltung der thierifchen 
Wärme erflärt, mit Unterfcheidung des arteriek 
(en vom vendfen Blute, und beftimmter Abs 
nung ber Lebensluft in der Atmofphäre. 

Der Seefingeift iſt das Organ der unkoͤrper⸗ 
lien Seele, die Leber das Centralergan ber 
natürfichen, Herz und Lungen der Lebensverrich 
tungen. 

Kommt nice auf den Begriff einer allgemel⸗ 
nen Lebenskraft, “ungeachtet der Ariftotelifchen 


Vorarbeiten. 


Mache feine Lehren großentheils unklar durch 
peripatetifch sdiafektifchen Wortrag und ſpitzfin⸗ 
dige Zerfplitterung ber Eleinentarqualitäten. Bes 
feftigt die hergebrachte Lehre von den vier Tem; 
peramenten, und erweitert fie durch Annahme 
der Eufrafie. 

Unterſcheidet in der Pathologie die Krankhei⸗ 
ten ber gleichartigen Theile, die der Organe und 


die allgemeinen, bereichert die Fieberlehre nicht 


mwefentlich; bearbeitet die Pulsiehre nach dem 


1 orhandenen weitſchichtig und fpigfindig; befe⸗ 


fligt die Lehre von den Anzeigen nach dogmati⸗ 
ſchen Srundfägen, und bearbeitet die Heilmit 
tellehre theoretifch nach gradweiſe unterfchiedenen 
und vielfach verbundenen Eliementarqualitäten. 
Erkennt (wie Plato) die Auſteckungskraſt 
der epidemiſchen Augenentzändung. Beſchreibt 


| die Aneurysmen zuerft unter diefem Namen. 


TU 
. 


— — ——— — — — 22 


Chronologie der Heilkunde 423 


Dritte Periode. 

Von Begruͤndung der Galeniſchen Theorie bie sum Ent 

ſtehen der chemiſchen Schulen. Von Galen bis 
Paracelſus, 200 — 1317. 


Erfier Theil Griechiſche Heilkunde von Balen bis zum 
Untergange des ofirdmifchen Kaiſerthums. 






Jabre 
n. Ehr. Geb. 






Heilkunde des Abendlandes. 3. Periode. 


1. Heilkunde des Abendlande⸗ ſeit 
dem dritten Jahrhundert 





Quintus Serenus Samonscus ber Bas 
ter, medicinifcher Lehrbichter. (+ 212.) Sein 
Sohn gleiches Namens vermacht die große vom 
Vater everbte Bibliothek dem jüngern Gordia⸗ 
nu 6 (+ 337). 
..... sonen. Diocletian erlaͤßt eine Ver⸗ 

ordnung gegen die Alchymie. 
Nach Conſtantin's des Großen 
Verardnungen über die Rang: 
verhältniffe werden Verleihungen 
von Titeln. für Aerzte, befonders 
für Leibaͤrzte häufig: das Der: 
feetiffimat, das Clariſſi— 
mat, das Illuſtrat, bie Eos 
mitiva m a. 

Vindicianus, Comes archiatrorum Valen⸗ 
tinians 1 Bearbeiter der Heilmittellehre. 


Fa 


370 


! N 


42 BWeltgeſchichtliche Angaben. 


a. er Geb. | Roͤmiſche Kaifer. . 





211 — 217 


217 — 218 


218 — 222 
222 — 235 


253 — 273 
270 — 275 
275 — 276 
276 — 282 
282 — 283 


"284 — 305 


" 306 — 337 
313 


330 


Saracalla. 212 Seta wird ermordet. 
Macrinne. : - _ 


Heliogabalus. 


Alexander Severus. — Ulpian. 

Mariminns Shrar + 337. 

Sordianus 1.1.4237. 

Pupienus und Bulbinus 238. 

Sordianus TI. 244. 

Philippus Arabs: 248. 

Decius 251. 

Sallus, Hoftilianus und Volufianus 
253. 

Negierung ber fogenannten 30 Tyrannen. 


. Aurelianus. ‚ 


Tacitus. 
M Aurelius Probus. 


- Carus und defien Söhne Carinus und Nu 


merianus. f | 
Diocletianus. Mitkaiſer feit 285 Maris 
mianus; 


291 Salerius und Eonftantins 
Chlorus, fpäter Severus, Mas 
xentius und Licinius F 324. 
Eonftantin der Eroße, von 324 an allein. 
Minimt das Chriftenchum an. 
Allgemeines Duldungsgeſetz zum Beten der 


Chriften. 
Eonftantin macht Byzanz zur Nefidenz, und 


Jerlaͤßt firenge und genaue Beſtimmungen über 


bie Rangverhältniffe. 


Ehronologie der Heilkunde. 405 














Jahre 


n. Ebr. Geb. Heillunde des Abendlandeß. 3, Peribde. 


..... an +, Balentinian änd - Valens 
. geben ein Geſetz ; über die Auf . 


. „nahme. der Archiatri palatini in 


390] Theodorus Drisctanus (Detavianus 
befördert eine niedrige Empirie, die in dieſer 
abendländifchen Heilkunde durchweg vorberrfcht. 
‚Die von Aspafia:amfgeftelite Anzeige zur Ab: 
treibung ber Frucht bei feierhöfee Gebärmutter 
wird beibehalten... N 

Sertus Placitus. von Popyta, bearbeitet 
die Heilmittel aus dem. Thierreich. Alle diefe 

Scheiftfteller benutzen ohne eigene wifienfchaft: 


'360 


als Fundgrube. 
‚ Der: falfbe Plinius vetanſtaltet eine has: 
fe mebdicinifche: Sammlung aus ber Plinias 
nifchen Daturgefhigee. Anwendung bes 
Zitterrochens gegen Milzkrankheiten. 
Lucius Apulsjus; verfaßt eine . werthlofe 
Aufzaͤhlung der Pflanzenmittel aus Plinius 
und Dioskorides. 


IM 


Cer,-Magister offhiciorum des K. Theodofius 
..4 befdzbert. die, niedrigke Empitie und den Exor⸗ 
cismus. 

d 


„die ſtaͤdtiſchen Archiater: Collegien. 


Horatianus), Schuͤler des Vindicianus, 


liche Kenntniſſe die Maturgeſchichte des Plinius | 


Marcellus von Bordeaur, der Empitk 


. 


Fahre 
n. Chr.’ Geb. 
315 


337 — 361 


350 — 352 


353 — 361 


361 — 363 


Weltgefchichtliche Angaben. 
Romiſche Kaiſer. 


Artus, Prieſter in Alexandrien, leugnet die 


Gottheit Chriſti und erregt große Spaltungen 


in der chriſtlichen Kirche. 
Die Kirchenverſammlung zu Nicaͤa ver⸗ 
dammt bie Lehre des Artus. 
Tonftantin IL. + 340 Conftantin’s 
5* + 350 ı Söhne, theilen fich 
Conftantius IL. F 361,) in das Reid. 
Magneutius. 
Konftantins allein. 


Julianus Apoftata, feit 335 Caeſar und 
Statthalter von Sallin, 360 zum Augufius 


ausgerufen; geht Öffentlich zum Heidenthum über, 


363 — 364 |: 


364 — 375 
375 — 383 


376 


379 — 395 
383 — 388 


395 


395 — 423 
395 — 408 


und ſtirbt 363 auf einem Zuge gegen die Perſer. 

Jovtanus. 

Valentinianus I. und Valens + 378. 

Sratianns u. Balentinianus ll. + 398. 

Die Weftgothen werden in Moͤſien und Das 
cien ‚aufgenommen. Beſtegen 378 den Kaifer 
Valens bei Mice. 

Theodoſitus L., fett 394 allein. 

Maximus, Gegenkaiſer Valentinian's u. 
in Britannien. 

Theodoſius I. theilt das —* unter ſeine 
Soͤhne: 

Hono rius, der die abenblind ſchen, und 

Arcadius, der die morgenlänbifgen Pro⸗ 
vinzen erhaͤlt. 


m 


Sabre 


n, Ebr. Geb. 


Ehronologie der Heilfunde: + 49 


Griechiſche Heilkunde von 200 — 550. 
3. Periode. 
2. Heilkunde der Griechen nach Galen 
/bis zur Mitte des feöften Jahrhun⸗ 
derts. 


Die griechiſche Haitunde nach dem zweiten 
Jahrhundert behaͤlt die Galeniſchen Grundleh⸗ 
ren bei. Die Aerzte entſagen mehr und mehr 
der ſelbſtſtaͤndigen Forſchung. 

Alexander von Aphrodiſias, peripatetiſcher 
Philoſoph in Athen, bearbeitet die Fieberlehre 
nad) hergebrachten Begriffen, 

Antyllus beſchreibt zuerft die Ausziehung 
des grauen Staars, deren Erfinder unbe 
kannt iſt; nad ihm. übt (je Lathyrion aus; 
bearbeitet die Augenheillunde mit genauer Un⸗ 
terfcheidung der Krankheitsformen; empfiehlt die 
Traheotpmie nah Asklepiades; erweitert 
die pathologifche Aetiologie mit Kennenig und 
Scharſſinn, eben fo die Diätetif und allgemeine 


Therapie. 


Theodotius Severus (vor Autyllus?), 
ein berühmter Augenarzt, entdecdt die Horne 
bautplatten, und unterfcheidbet danach die Eis 


| terungen im Auge genauer. Erklaͤrt das Trans 


benauge aus Anfammlung von Fläffigs 
keit zwifchen ben Hornhautplatten, bears 


beitet die entzündlichen Augenfchleimflüfle (gegen 


die von jeher der Periſcythismus und der Hy 
pofpatbismus in Gebrauch geweſen find) mus 
fterhaft und erfahrungsgemäß, und unterfcheidet 


428 Weltgeſchichtliche Angabe: 


|.  Wenblänbiices Reich 
Abendlaͤndiſches Reid. 
409 ....... Alarich erobert Rom. + 410. 


Ataulph, Nachfolger. Placibia 
421. Conſtantius Mitkaiſer. 


3 — 425....... JIohannes. 

425 — 455....... Vafentinianus II. 
Fa ........... Die Hunnen fommen unter 

. Balamir über die Wolga. 

433 —4531........... Attila, wird bei 

451 ........... Chalons ſur Marne von Astin⸗ 

geſchlagen. 

454 — 472. ..... . Ricimer, Befehlshaber der Trup⸗ 


pen in Sjtalien, feßt eine Reihe Kai: 
ſer ein und ab. 
476 ....... Oreſtes und fein minderjähriger 
, Sohn Romulus Auguftus. 
AI61....... Ende des abendlaͤndiſchen Kai⸗ 


ſerthums. 
476 —491:...... Odoacer, Koͤnig von Italien. — 
Italien kommt unter die Oſtgothen. 
493 — 526....... Theoderich der Große. Beherrſcht 


Stalien. Sucht die wiſſenſchaftliche 
Bildung zu erhalten. 
526 —53U1....... Amalafuntbe, Borminderin über 
ben minderjährigen Achalarih (+ 
834). | 
2... 84018....... Belifar erobert Rom. 


\ 


Sabre 
n. Chr. Geb. 


Chronelogte der Heilkunde. aug 


realer, Heilfunde von 200 550. J 
— 


Lihre Grade nad der Größe der Unebens 


heiten auf :der fhon früher Stan Bin 
dehaut. 

Philagrtus weſchreibt. ein. ſauig aaſriſcher 
Fieber, und eroͤrtert hierbei zuerſt den Begriff 
der Febris gastrica venosa. . (Uebelrie⸗ 
chende Dormausleerungen entfichen - von den vers 


-. Ifühffigten: feſten. Theilen und den aus: dem gan⸗ 


zen Körper, den Daͤrmen zuſtroͤmenden Saͤften.) 


4 — SBefchreibt. die Krankheiten der deser und der 


: 330 


360 


Milz. Erfinder eine. goedmäßlge Öpeasion der 


Pulsadergefchruffte . er 
Seo von Copa; Gechfmtet Jatrolophiſt in 


Alexandrten. Deſſen Schuͤler 


Jonicus von Sardes, und. 

Magnus von Antiochien, Alepandrinifcher 
Jatroſophiſt und ſyſtematiſcher Bearbeiter der 
Uroſcopie. ou. 

Theon .von Alexandrien, Ardjiater und 
Schriftsteller. in Gallien. 

In diefer Zeit wird das Bedärfnig 
medicinifcher Sammlungen rege. 
Oribaſius, Schuͤler Zenio’s und Leibarzt 
des Kaiſers Julian, liefert die erſte umfaffende 
Sammlung für alle. Fächer der Heilkunde; bes 


. T arbeitet die Lehre von den Dlutentziehungen voll: 


ftändig und umfichtig, eben fo die allgemeine 
Therapie, die Heilmitteliehre, die Diaͤtetik und 


| [die praktiſche Heilkunde. nach Galeniſchen Prins | 





‘430 Welegeſchichtliche Augaben. 


Griechiſche Kaiſer. 






J. ...... Totilas entreißt den Griechen ihre 

—Eroberungen. Wird 562 von Nar⸗ 
ſes beſiegt. 

.. nenn — unter griechlſcher Herrſchaſt. 





Griediſaes Kalſerthum. 


8450| ‚Sheopofinent Deirothet Aa Eudocta 
©. hen: Neſtorius, Biſchoff von Conſtanti⸗ 
EEE BEE nopef, ſciftet die nach ihm benannte 
0. Sette: - 
450 — 4561 Marcianus::- 
457 —A74| . Leo der Große. - 
1. 474 | Leo der Jüngere, + in demfelben Jahre. 
474— 491] Zeno der Saurier 
ML—518| Anaftafins. 
518 — 5271 Suftinus I. 
527 — 5651 SJuftinianus IL. 
9 —534|....... Die roͤmiſchen Geſetze werden "unter 


Aufſicht des Tribonianus geordnet 
und befannt gemacht. 

Die Krankenhaͤuſer und milden Stif 
tungen in Conftantinopel werben ver 
größere und vermehrt. 

Die nicht⸗chriſtliche Platoniſche Schule 
in Achen aufgehoben. Die vertriebenen 
Philofopher fliehen zu Cosrhoẽs. 
....... Juſtintan ſchickt dem König Eos: 
rrhoses auf Berlangen den Arzt Tri: 
bunus. 


⸗ 


551 


Sabre 
n.. Ehr. Geb. 


Chrouologie der Heilkunde. | 31 ' 


Griechifche Heiltunde von 200 — 550. 


cipien, mit Benutzung der meiften alterthamu⸗ 


chen Werke. 


Adamantius, Jatroſophiſt in Alerandrien, 


bearbeitet die Zahnheilkunde und die Heilmittel⸗ 


lehre; bildet die Ariſtoteliſche Phyſiognomik nach. 

Nemaſius, Biſchoff von Emeſa, verſucht 
eine Annaͤherung der altgriechiſchen Naturphilo⸗ 
ſophie zur chriſtlichen Religion; bearbeitet bie 


Serlenlehre nach den beſten alterthuͤmlichen Mu⸗ 
ſtern, mit beibehaltener Annahme von Seelen 


organen im Geſhirn, nah Poſidonius. 


Faßt die Idee einer Senſerſeize der Geſchoͤpfe 


auf 


430 
460 


400 
440 


488.1: Die eforianifge Schule in Edeſſa, 


Deſy chius von Damaskus) beruͤhmter Arzt 
in Conſtantinopel. Defien Sohn 

Jakob Pſhchteſtus, mit dem Beinamen 
Spter. 

Asttepiodotus, Schüler Jacobs. 


Pen Eudocia, Gemahlin des Kai⸗ 


fer Theodoſius, baut in Ses 

' rufalem Kirchen, Klöfter , und 
Krankenhaͤuſer. + 460. 

In .diefem Jahrhundert wer; 

den in den großen Städten viele 


3. Periode. 


milde Stiftungen und Kran . | 


tenhäufer errichtet. In diefen 


find die Aerzte von der Kranken 


. pflege ausgefchloffen. 


in der die Heilkunde getrieben und mit Kranken; 


ui 





432 Weltgeſchichtliche Angaben. 
n. Fa | | Griechiſche Kaifer. 
565 — 5781 Juſtinus I 
578 — 5821 Tiberius. 581. .Mauricins befiege bie 
Perſer und wird zum Cäfar erhoben. 
- 582— 602] Mauricins. ( Schriftſteller über Krieges 
ml.) ... .-.. 
602 — 610 | a Phokas. A 
610 — 6411 Heraklius. 
6411 Conſtantinus IM.. Bald darauf Here 
“ Jkleonas. 
642 — 6681 Conſtans II. 
668 — 6855| Conſtantinus IV. Pogonatus. Wehrt 
die Araber gluͤcklich ab. 
6855 — 695 | Juſtinianus II. Rhinotmetus. 
695 — 698 | Leontius. 
698 — 7705| Tiberius IIL . 
705 — 7118 SJuftinian IL kehrt zurück, beſteigt wieder 
den Thron, + 711. 
711 — 7131 Philippicus Bardanes. 
A13— 7171 Anafafius. 
Haus des Leo. 
717 —7411 &e I 1. aus, der Sklderfärmer. 
726'1..... 


. Berbietet den Bilderdienf, 
und giebt dadurch mittelbar Ver⸗ 
anlaſſung zur Unterdruͤckung der 
Schulen und zur Zerſtoͤrung der 
Bibliotheken. Dieſe Unruhen 
dauern mit Unterbrechungen fort 


IL. 


530 


“ 5831: 


. 6872 


Chronologie der Heilkunde. 433 






Griechiſche Heilkunde von 200 — 550. 
3. erde 
pflege verbunden ‚worden ift, wird vom Kalfer 
Zeno von Iſaurien aufgehoben. (431 Erfte 
Verfolgung Her Neftorianer in: Se) —5 
Die flüchtigen Briefter gründen unter Mars 
ſes eine neue zn Nifisis in Weefopdtamien. Ans 
dere Neftorianer : Schulen eriftivon sin verfchiedes 
nen Städten von Syrien ı.n&. Miſopotamien. 
Stephanu . Neftorianifcher‘ Arge aus 
Edefſſa. 
........ . . De geoße Saenq pet enel 
JIuſtin ian bricht Aus, und wuͤ⸗ 
thet 63 Jahre in aͤllen Provin⸗ 
zen des roͤmiſchen Reiches. “ 


....... .. .. Die Pocken zeigen ſich ih 
Arabien, und bald darauf 
........ ... im weſtlichen Europa. 


( Gallien.) (12 n. Chr. haben 
die Chineſen ſchon eine Art 
Pockenimpfung.) 

Astiu⸗ von Amida veranſtaltet die zweite 
große Sammlung fuͤr' die geſammte Heilkunde; 
verbeſſert die Fieberlehre, beſchraͤnkt die pneuma⸗ 
tiſchen Anfichten von der Faͤulniß der Säfte. 


[Erkennt den Urfprung von Ziebern aus 


rofenartiger Entzündung der Einge— 
weide; beſchreibt eine rofenartige Hirnentzuͤu⸗ 
dung, und die Encephalitis der Kinder. (Si- 
riasis.) 


234. Woleheſchichticche Angaben. 






Sabre 
n. Chr. Geb. 


‚75 


Griechiſche Kaifer. 


Konftantinus V. Kopronymos. Eifer 
. - noch mehr. gegen den Bilderdienft 
775 — 7801. 


Leo IV. Gemahlin Irene. 
780 — 7071 CEon ſtan tinus VL unter Regentfchaft feiner 
on. RUE Irene, die 787 den Bilderdienſt wie 
.. lder herſtellt. 
707 - 02 Srıne allein. 
SE -FGQII Micephorus 1. 
sl —813| Michael I. Kuropalates. 
8138.—8204 Leo V. ber Atmenier. Erläßt ‚Verordnungen 
“ ‚A gegen den Bilderdienfl. 
Tu Michael IE - 
829 — 8421. Theaphikus. 
28674 Michael HI. minderjährig, unter Bormunds 
ro e feiner Butter Theodora. 
842}... +. .Der.Bilderbienft wird voͤl⸗ 
lig wieder hergeſtellt. 
858 


unse enenn. Der Patriarch Photius (der 
:  gpößte- Gelehrte feines Jahrhun⸗ 

derts) wird vom Day Nice 

(ans L als unrechtmaͤßig er; 

"wählt excommunicirt, welches 

dieſar 867 erwiedert. Dies giebt 

Weranloffung zur Nnachberigen 

.. Trennung beider Kirchen. 
unteren. Bardas, Cuͤſar. 


Sahre 
n. Chr. Sch. 


570 


Efronblogie ber Heikfunbi. 435 


Griechiſche Heilkunde von 550 — 8x0. 
2. Vertode, 


3: Sellfunde der Griechen von der 
Mitte des ſechſten Sahrhunderts 
‚bis jur Einnahme von Aleran 
drien durch die Saracenen, 640. ° 


Alexander von Tralles, Sohn des Sie⸗ 
sdanus von Edeffa, bearbeiser bie praftifche 
Heilkunde felbftftändig und erfahrungsgemäß, 
kommt zuerft auf den Begriff siner.ah 
gemeinen Lebenskraft des Körpers, fat 
mit einigen Fruͤheren (Galen) den Sit des 
Fiebers im Herzen, kommt der Unterſchei“ 
dung ven Charakteren: der Fieber fehr 
nab, erferint den gaftrifhen Urfprang er 
ter . und chroniſchet Krankheiten, Kelle dia 
Wurmkrankhriten muſterhaft dar, beſchreibt 
die Hitnentzuͤndung treflend und ſgenauz 
erneuert die Vorſchriften des Asklepiabes 
über ben Gebrauch des Weins in hitzigen Kentıka 
heiten; bearbeitet die Geiftesfrankheiten, beob⸗ 
achtet die Steinbildung in den Lungen, 


behandelt die Epilepſie durch Aufaͤtzen der 


Aus gangsſtelle ber Aura, ſetzt der Gicht 
eine eigenthuͤmliche Ummanblungsbur entgegen; 
erkennt den :entzündlihen Charakter von Waſſer⸗ 


ſuchten. — Cantharidenpflaſter find in dieſer 
Zeit allgemein gebräuchlich. | 


- Balleninz, Jatroſophiſt in Alerandeien, ber 


Ee 2 


436 Weltgeſchichtliche Angaben. 






= Ür on. Griechiſche Kaifer. 





"Haus der Macebonier. 


867 8861 Wartttus 1. Maredo. 

Leo VI. der Philoſoph, mit ſeinem & 
der Alexander, 866 — 913. 

Louſtantinus VIL Porphprogenitu 
minderjäßrig, unter feiner Mutter Zo2. Eis 
Mitregenten. 


959-963] Romanus II. 

63 — 969 | Nicephorus U. 

9996| Johannes I. Tzimisces. 

976-1028 | Baſilius IL. Conftantinus VIIL 
1088-1034 | Romanus HL. Argyrus. 

1634—1041|. Michael IV. der Paphlagonier. 
3041-1042 |. Michael V. Kalaphates. Z0ẽ u. The— 


dora, Kaiſerinnen. 
Conſtantinus IX. Mensmagus. 
Theodora. 
Michael VI. Otratioticus | 


Haus der Komnenen and der Dutas. 


Iſaak I. Eomnenus. 

Conſtantinus X. Ducas. Deſſen Söhne 
Mich ael VL. Parapinaces. (Androni⸗ 
us und Conſtantinus XL), unter Regent: 
Saft ihrer Mutter Eubocte, Dieſe — 
Romanus IV. Diogenes. | 








weia Chronologie der Heilkunde. 437. 












Jahre 


i eilkunde von 550 — 640. 
He .; Chr. Geb, ieciche Yethunde von 


3. Periode. 






arbeitet die Fieberlehre und. legt Hippokratiſche 
Werke aus, eben ſo: 


cedin 
. 590) Johannes, cr Aterendrintſcher Jatro⸗ 

ſophiſt. 

hai 590...... ..... Der Kaiſer Mauricius macht 

ꝛ Einrichtungen zur Sicherung det 

Mn u Verwundeten auf den Schlacht: 

I feldern, (Deputaß) die in der 
| Folge beibehalten werden. 

6201 Theophilus (Protoſpatherins), beruͤhmter 
IJJatroſophiſt in Confantinopel, bearbeitet Die 
wi Anatomie und Phyſiologie teleolagifch nah Ga⸗ 

(enifhen Sreundfägen, trägt die Galeniſchen 

- I Renneniffe vom Kreislauf und vom Ath; 

Mr men vor; ftellt den Lehrſatz auf, daß Hirn: 
nn ſchaͤdel und Wirbelſaͤule von dem Hirn 
us und Ruͤckenmark ihre Seftaltung erhat 


ten; feßt zuerft bie Geruchsnerven als 
ein eigenes Nervenpaar ein, und erkennt 
ihre Verrichtungen; bearbeitet mehre Theile der 
Semiotik; nimmt haarfoͤrmige Kanaͤle 
3 zwiſchen Pfortader und Nieren an, ers. 
laͤutert Hippokratiſche Schriften nach Salenis 
fcher Weiſe. Sein Schüler 


Gi Stephanus von Athen, Sjatrofophift in 

JAlexandrien, huldigt der Alchymie und der 

.1Aſtrologie, und fließt die Kitteratur der Alexan⸗ 
driniſchen Schule mit einem Arzneibuche. 


U 


48,  BWeltsefihichdlice Angaben. 






abre 
u. Chr. Geb. 
1078—1081 
1081—1118 
1095 


Griechiſche Kaifer. 






Nicephorus u. 
Alexius L Comnenus. 
u... .....Erfter Kreuzzug. 109 
©treitigfeiten des Kaiſers mit 
den Rreuzfährern. 
....... ... Antiochia und 
ernennen Sjerufalem werden von den Sreay 
fahrern unter Gottfried von 
Bouillon erobert. 


1118—1143 Gohannes II. aomnenns, Salos Je 
hannes. on 
11431180] Manuell. Eomnenus. 
MAT I:.20....... Ungluͤckticher Kreuzzug Kaifer 


Konrad's IH, 
Alexius U. Comnenns. 
Andronicus J. Comnenus. 
f ü 


Haus ber Angeli. 


Iſaac IL 1189 Feindfeeligfeiten gegeu Frie⸗ 
deich I. beim Durchzuge nach Aflen. 
Alexius II. 

....... Ein Krenzheer von Foanken und Flau⸗ 
dern unter Baldnin von Flandern 
erobert den 17. Jull Conſtantinopel 

Iſaac U. witd swigbder ringefeßt, und 
deffien Sohn. Alerius IV. Deitkaifer, 
aber 1204 von Alexias V. Dur 
zu phlus verdrängt und ermordet. 


1185-1195 


1185—1203 
1203 


Chronologie der Heilkunde. aa0 


Jahre Griechiſche Heilkunde non 640 — 1203. 
n. Chr. Geb. 3. Periode. 
640........ Die Alexandriniſche 
= Schule hört Auf nad 
der Eroberung Aegypten 
durch die Sqracenen. 





a Heilkunde der Griechen vom Fall 
der Alexandriniſchen Schule bis 
zum dreizehnten Jahrhundert. 


Paul won Aeginabearbeitet Die Chirurgie, 
die Geburtshilfe und die: Lehre von den Wels 
berkrankheiten wit: großem Erfolg; behält das 
Binden der Glieder zur Unterdruͤckung 
krankhafter Thätigfeiten und, zur Hemmung von 
Blutfluͤſſen bei, befchreibt die Krankheiten des 
J Uterus genügender, als ale Fruͤheren, führe zu⸗ 
erft den Gebrauch eines Murterfpiegels ein, 
rottet die Clitoris aus zur Befeltigung 
der Mymphontanie; heilt Darm: und Netz⸗ 
bruͤthe mit zuſammenziehenden Uriſchlaͤgen; be 
diene ſich der Bruchbander, erklaͤrt ſich ge⸗ 


chen; verbeſſert die Lehre von den Beinbruͤchen 
und Verrenkungen; giebt dem Gebrauche 
Pdes Glüheiſens größere Ausdehnung; 
"I fehvänkt das Abnehmen feirchöfer Bruͤſte ein; 
beſeitigt wie Antyllus die Pulsadergeſchwulſt 
darch doppelte-Unterbindung, und beſchreibt Die 





- 


gen das Wiedetabbrechen ſchiefgeheilter And: . " 


430 Weltgeſchichtliche Angaben. 


n. Fa Griechiſche Kaifer. . 





1204 |....... 12. Aprit, wiederholte Erſtuͤrmung und 
Pluͤnderung von Conftantinopel durch 
‚ bie Kreuzfahrer. 


Eateinifhe Kaifer in Conſtantinopel. 


1204—1206]......... ..Balduin L von Flandern. 
1206-1216] ......... ..SenigL 
1217........... Peter von Courtenay. 
1221—12238]........... Robert von Courtenay. 
1228-1237. ....... . . Johann von Brienne, Ti 
tular-Koͤnig von Jeruſalem. 
1237 1261...... 1... Balduin AL 
I2611..... yo...» 25. Juli, Michael Palaeolo⸗ 


gus erobert Konfantinopel. 


Griechiſche Kaiſer in Nicaea 


1203- 1222 Theodorus Lascaris J. 


1222—1255 1 Sohannes IL. Ducas Vatatzes. 
1255—1258 | Theodorus Lascaris I. 

1258-1260 1 Johannes 111. minderjährig. 
1260—1282 | Michael VII. Palaeologus. Minmt 


feinen 
- 132611 Sig in Conſtantinopel. 
1274J........... Bewirkt die Bereinigung der grie⸗ 
u chiſchen mis der roͤmiſchen Kirche. 
1382-1328 | Andronicus I. Dalaeslogus. Hebt 
\ 1285 1....... „00. Die SKirchegvegeinigung wieder 
‚ auf. 


n. Chr. Geb. 


| Ebtonologie der Heiltunde. —X 






Jahre 








Griechiſche Heillunde von 640 — 1203. 
3. Periode. 






falſche Pulsadergeſchwulſt deutlicher als Gaten; 


behandelt Blaſenkrankheiten durch Ein⸗ 
ſpritzung fluͤſſiger Arzneien durchiden 


Katheter; trägt eine naturgemäße Aetiologie 


.726 — 860 


800 (?) 


der Gicht vor, und empfiehle Opium gegen 

den Starrframpf. 

... ........ Die Wiſſenſchaften liegen waͤh⸗ 

| send des Kampfes. um den Bil 
derdienft gänzlich danieder. 

' De Minh Meletius liefert eine geiſtloſe 

phyſiologiſche Anthropologie. 


850 ........... ·Photius befoͤrdert zuerſt wie⸗ 


der wiſſenſchaftliche Bildung und 
(paffive) Gelehrſamkeit. 
....... 00. Der Caͤſar Bardas beguͤnſtigt 
die Wiſſenſchaften. Nach ihm 
die Kaiſer des macedoniſchen 
Hauſes, mit groͤßerem Erfolge. 
........... Leo der Philoſoph und Con⸗ 
ſtantin Porphyrogenetus 
erneuetn die Verordnungen des 
Kaiſers Maaricius uͤber die 
Deputati dei den Kriege: 
heeren. 


960........... Conſtantin Porphyrogene—⸗ 


tus veranſtaltet encyclopaͤbdiſche 
' Sammlungen für mehre Wiſſen⸗ 
ſchaften. 


950 Theophanes Monnus bearbeitet auf feis 


nen Befehl die praktifche Heilkunde und bie Diaͤ⸗ 


22 | Weltgeſchicheliche ‚Angaben: 


2. — | = Griechiſche Kaifer. 
un 


1381341] Andronicus III. Palatologus. 

12341-130141 Johannes V. Palatelogus- 

489114255 Manuel II. 

1425—14481 . Johannes -VII. Palaediogus. 

AIA49 - 145231 Conſtantin XII. Dalacologus. 

1453........... 20. Mai, Conſtantinopel wird 

von. den. Tuͤrken unter Muha⸗ 
med II. erobert. 


Sabre 
‚u. Ebr. Geb. 


Chronologie der Heilkunde. 443. 


Griechiſche von 640 — 1208. 
3. Beriode. 


tetik in marflofen Auszügen aus den Alten. Chl⸗ 


rurgie und Augenheilkunde liegen in diefer Zeit 


950 (?) 


1057-1203 |... 


1060 


völlig danieber. 

Dr Ting Mercurius erdenkt eine Bulk 

lehre. 
Michael Pſellus (as. 1020) bearbeitet 

ſaͤmmtliche gangbare Wiſſenſchaften, mit Eins 

ſchluß der Natur: und Heilkunde, führt die 

alterthuͤmliche Piatonifchsperipatetifche 


Philoſophie wieder ein, und’begründet 


dadurch die Scholaftif des Mittelalters, 


‚wird (vor 1057) Vorſteher der Phitofophen; 
bearbeitet die Diätetif, fo wie bie Naturwiffens 


fchaften nach Dioskorides; pflanzt- den Staus 
ben an die Heilkraft der Edelſteine fort. 
.. .......Die Komnenen und Dukas 


fentlichen Unterricht. 

Bimesn Seth bearbeitet die Nahrungemit⸗ 
telkunde und Heitmittellehre, und macht bie Srigs 
hen mit der arabifchen Litteratur befannt, - die 
jege mehr und mehr Eingang findet. Seine 
Heilmittellehre neigt zum Geifte der argbifchen., 

Spnefius überfegt "das Reifehandbuch des 
Abu Digafar Ahmad ins Griechifche. 
Gicht Nachricht nos den. Pocken, und bes 


ſchraibt das sentzhmbliche Bieber (wugırds Prey 


Fans) natuegetreu ‚unter dieſem Namen. 


ſind den Wiſſenſchaften günftig,/ 
und befördern mie Eifer den öf: 


[ 


am Chronologie ber Heilkunde. 


Griechiſche Deittunde von 640 — 1203. 





1081-1118 | ......:.... Alertus I. verbefiert die Kraus 
Eenpflege in den öffentlichen Ans 
falten; legt in Eenftantinopel das 

j große Orphanotropheum an. 

‚ 110 (?)| Niketas veranftaltet die beſte chirurgifche 

Sammlung aus den Werfen der Alten. 
21105 Dikolaus Kallikles und Pantechnes 
Michael, berühmte Aerzte in Conftantinopel. 
. 1143--11861...... re Der Kaiſer Manuel verbefiert 
De Krankenpflege durch eigenes 
Beifpiel. In diefer Zeit nähert 
ſich die griechifche Heilkunde mehr 
x und mehr der arabifchen. 

1283 ]........... Plünderung und Zerſtoͤ— 

rung von Conftautinopel 

durch die. Kreuzfahrer un: 
ter Balduin von Flandern. 
Ä Saft alle Bibliochefen in Eons 
flantinopel werden zerfiürt, und 
"die Wilfenfchaften liegen bis 1261 

danieder. 


5. Thierheiikunde des Alterthums. 


Im zweiten Jahrhundert vor Chr. iſt die 
Thierheilkunde noch durchweg mit der Landwirth⸗ 

Pr Haft verbunden. Es fehlt ‚nicht an empiriſchen 
Kenatniffen ‚Über die Kraukheiten der Haus- 


Jahre v. u. 
n. Chr. Geb. 


1%0 v. Chr. 


70 — 


Chrounologie der Heillande: 445 
Thierheilkunde bes Auterthums. 3. Periode. 


thiere, von denen einige fon vor Ariftoteles 
unter gebraͤuchlichen Namen bokannt ſind, und 
von dieſem treffend beſchrieben werden. 

Moh empiriſche Thierheilkunde in dem land⸗ 


wirchſchaſtlichen Werke Cato's. Siehe oben 


©: 407. | 
Caſſius Dienvſiue von Utica, Rhizotom 


I(ſ oben S. 401) uͤberſetzt das große landwirth⸗ 


—-60) 


ſchaftliche Werk Mago's von Karthago, worin 


eine umfaſſendere Thierheilkunde enthalten gewe⸗ 
fen il. 


Bolus Mendefius, Verfaffer ſatſcher De⸗ 


mokritiſcher Schriften über Natur⸗ und Thier⸗ 
heilkunde. 


Diophanes von micien, Epitomator- des 


Dionyfius. 


Hiero von Sicilien, ‚Bearbeiter der land⸗ 


wirthſchaftlichen Thierheilkunde. 


Paranıns, landwirthſchaftlicher Sqriftſtel⸗ 
‚ter, benutzt die puniſchen Werke von Mago 


und Hamilcar. Veſchreibt einige Krankheiten 
der Huͤhner. 
Der Salmiak iſt ſchont in dieſer Zeit in der 


LChierheilkunde allgemein gebräuchlich. 


10 n. Chr. 


A.. Corn. Celſus bearbeitet die Thierheil⸗ 
kunde encyclopaͤdiſch, in ſeinem landwirthſchaft⸗ 
lichen Werke. 

J. Moderatus Columella liefert die um⸗ 
faſſendſte Abhandlung uͤber die Rindviehkrankhei⸗ 


— — 


446 


Sabre. 


n. Chr. Geb. 


340 


Chronologie der Heilkaude. 


Zhierbeiffunde des Alterihums. 3. Periode. 


ten, und bearbeitet in feinens landwirthſchaft⸗ 


lichen Werke die geſammte Thierheilkunde erfah⸗ 
inganewit 
Das Abfondern ber Franken 
Thiene Het Vichfeuchen iſt 
fhon in diefer Zeit allge 
mein uͤblich, und bleibt es in 
den fpäteren Jahrhunderten. 
Sargitins Martiatis, fateinifher Schkift⸗ 
Bellen: über die Rindviechkrankheiten and die übrige 
Thierheilkunde. 

Sexrtus Juſius Africanus aus Libyen, 
Geſchichtſchreiber and Bearbeiter der landwirth« 
fchaftlichen Thierheilkunde. 

Eumelns von Theben, angefehener Sceift 
ftellee über Roßarzneifunde. 

Stratonicus und Hieronymus, chier⸗ 


Jaͤrztliche Schriftſteller. 


Demetricus, Roßargt, Großvater des 
Apſyrtus, des Hauptſchriftſtellers uͤber die 
Krankheiten der Pferde 

In Alexandrien und Laodicea wird vor und 
in diefer Zeit die Thierhellkunde eifrig ber 
trieben. 

Hippokrates, Hemerius, berühmte Ref; 
ärzte. - 

Delagoniug . 

N Theemnepus R rohe Empiriker. 

Vindanius Anatolius von Berytus, Di: 
dymus von Alerandrien u. m. a. 


x 


Sabre 


n.:&br, Geb. 


Ehrenolagie: der. Heilkunde. a 


Griechiſche Heilfunde von 1203 — 14563. 
3 Vertobe, 


400 | Higrokles ( Rechtsgelehrter) bearbeitet die 


Beobachtungen des Apſyetus in einem gebil⸗ 


| detern Vortrage und mit eigener Erfahrung. 


4107 
| heiten der Pferde erfaheumgsganäß, größtentheilg 


mm 


12% 


Publius Vegetius Searheitet die Krank 


nach Apſyrtus, und die Krankheiten des Kinds 
virhes vollſtaͤndiger, als Eofumelda. 
Der Kaiſer Conſt antin Porphyrogene⸗ 


tus sweranftaltet: eine thieraͤrztliche Gammlung, 


jedoch nur fuͤr die Krankheiten der Pferde. | 
Demetrins Pepagomenus, Leibarzt des 
Kaiſers Michael Palaeolegus bearbeitet die 


| Krankheiten der Sapfalen mit Lenntnig und 


| Erfahrung. 


PB, 


6. Heilkunde der Griechen von der 
Einnahme Confantinopels durch 
die Frauken bis zum Untergang 
des grichifhen Kaiſerthums. 
(1203 — 1453.) 


Bis 1261 wird. griehifche Bildung faft nur 


noch am Hofe der griechifchen Kaifer zu Nicaea .'- 


Isepflegt. 


Nicephorus Blemmydag, deſſen Schuͤler 
Georgius Akropolites, Georgius Pachy— 
meres und Racendytes ſind die erſten grie⸗ 
chiſchen Gelehrten im dreizehnten Jahrhundert. 


= Jahre 
m’ Chr: Geb. 


18 






Chronologie Ber: Heilknude 


Griechiſche Heilkunde von 1203 — 1453. 
3. Periode. 









12204 Der Titel Actuarius fuͤr kaiſerliche Leib⸗ 


12660 


. 1270 


aͤrzte? kommt in Gebranch. 


Nikolaus Myrepfus verfaßt ein weitſchich⸗ 
tiges Arzueibuch. Nimmt das Queckſilber 
in Die Heilmittellehre auf . 

Demerrius Pepagomenug, gelehrter Arzt 


‚am griechiſchen Hofe, bearbeitet die Sig bei: 


fallswuͤrdig. 
Manusl Philes, Lehrdichter über natur⸗ 
wiſſenſchaftiche Gegenſtaͤnde. 
Johannes (Actuarius), Schüler des Ru 
cendptes, bearbeitet. mit Geiſt die gefammte 
praktiſche Heilkunde, und bie Uroſcopie am gründs 


“ Jüichften von allen Griechen; befsrbert die aͤu⸗ 


1453 


Bere Anwendung der Abführmittel. — 
Stellt die alterthuͤmliche pneumatiſche Pſycholo⸗ 
gie wieder her. 
Bald nach ihm gaͤnzlicher Verfall der griechi⸗ 
ſchen Heillunde. 
Untergang des griechiſchen Kaifer: 
thums. 





Namen-Kegiftern 





Abreha 159. 
Abu Diafar Ahmad, 313. 315. 316. 


317. “ 
Heruarins, f. Johannes. 
Kramantiud, 214. 218. 219. 
Aelianus, 327. 
Aemilius, 248. 255- 
Hörius von Amida, 86. 88-' 89. 90. 
91. 93. 94. 96. 99. 100. 103. 105. 


106. 107. 312. 114. 115. 116, 121. 


123. 155.'199. 206. goß. 214. 216. 
219. 237. 238. 
Africanus, Sertus Julius, 255. 256. 
Agaperus, 182. 
Agatharchides, 105, 
Agarbinut, 71. 
Agarborucus 255. 
Atropolites, Georgius, 326. 
Alerander, 234. 
Alerander von Aphrodifias, 45. 46. 
ı_. 2397. 
Alerander d. Br. 274. 
Alerander Severus, 27. 28. 256. 


294. 

Alerander von Traffes, 112. 154. 
155. rs 167. 158..159. 160. 161. 
162. 103. 164..166. ı63. ı6g. 170. 
177. 372. 173. 174. 175. 176 177. 
278. 179. 180. 181. 182. 183: 184. 
206. 208. 212. 214. 221. 237. 238. 
240. 3223. 323. 325. * 339 350. 

Alerippus, 274. 

Aierius 1., 305. 306. 307. 309. 318. 

Alexius 11., 323. 

Amalafuntbe, 144. 146. 

Amafid, 108. 

Anagolius, 255. 256. 260. 

Unaragoras, 297- 

Andreas, 99- 

Androcydes, 274 ‘ 

Andromachus, 3. 5. 15. arı. 216, 
276. 333. 338. 

. Andronicus Palaesloguf, 328. 348- 

Angelevas, 193. 

Anna Comnena, 309. 

Anthemius, 156. 

Antigonus, 277. ' 

Antonin d. Fr., 6. 9 10. 77. 278. 

Antonius Mufa, 2. 3. 38. 84- 


I. 


Antyllus, Go. 6r. O2. 63. 64. 66. 


67. 68. 71. 717. 226. 239. 
Apocaucus, 348. ° , 
Apollinaris, 4r. \ 
Ayollonius von Menphie 2191. 
Apollophanes, 69. 

Apſyrtus, 245. 246. 247. 248. 249. 
250. 251. 252 253. 254. 262. 270. 

Hputetus, f.- Fuctus Ap. 

Archedemus, 255. 

Archigenes, 43. 62. 66. 68. gr. 93% 
gß. 99. 100. 102. ‚105. 126. 121. 
122. 156. 164. 178. 216. 223. 226. 

Hretaeut, 157. 178. Zt. 

Ariftofled, 46 

Arlitoreleß, 44- 45. 72. 78. 113. 127. 
132. 156. 181. 183: 189. 219. 242. 
247. 293. 296. 

Astieptades, 246. 

Astleplades, 31. 55. 84. 97° 17% 
216. 275- 

Aefleptodoruf, 82. 84. 85. 

Ascpaſia, 126. 

Arhalarich, 144. 145 

Athene, 108. 

Auguftinus, 2 

Auguſtus, 2. 8. 9- 258. 260. 276. 

Auſtrigildis, 149. N 

Balduin von Flandern, 318. 

Balduin II., 310. 

Dardat, 232: 233. 

Bafilius J., 233. 234. 319. 

Bafilius Fi., 292- 

Bafllius, der Detlige, 236. 

Dererius, 255. 256. 

Bernard, 317. 318. 

Blemmydas, Nicephorud, 320. 

Bolus Mentefius, 256. 

Brutus, 275. 

Bupbatus, 192. N 

Cabades, 134- 

Caelius Aurellanus, 249. 

Gaefar, 20: 

Eaefar, Julius, 2. 235. 275 

Caius Plinius Beier, y Min. 4 

Caracalla, 27. 28 

Eaffius Dieugfius, ſ. Dlonvſtus. 

Cato, 257. 


Aufonius, yo 


ẽ | 


Celſus, 170. 


450 
112° 196, ais. 27. 
‚258. 259. 276. 297. 
Childebert, 150. . 
Ediren, 262. 
Chosroeſs, 134. 135. 155. 
Ehryfippuß, 79 . .. . 
Eicero, 256. X 
Claudius, 276. 
Claudius Hymnus, 278. 
Claudius Inlianus, 279. 281. 
Colum eila. 267. 248. 259. abo. 26r. 
262. 263. 204. 205..269. 
Commedus, 279. 


Conſtantin d. Sr... 16. 22. 40. 4. 


5% 445 270. . 


' Eonitanıin von Maike, 314. 348. 


Eonftentinuß, 


Conſtautinus X, 293. 300. , 
Conftantinus Copronymus, 231. 


Conſtantinus Dufas, 301. 


Conſtantinus Monomachus, 293. 296. 


Conſtontinus Pogonatus, 108. 


Conſtantinus Porphyrogenetus, 234. 


235. 241. 243. 254. 270. 290. 291. 


Eonſtantius, 54. 218. 
Cornelius, 34. 


—— a36. 
‚gruß, 108. . - 
Dejotarud, 256. . 


‚ Demetriuß, 247. 


Demerrius von Apamta, 191. 347. 

Demerriuß, der Archlater, 276. 

Demetriuß Pepagomenus, 266. 267. 
269. 270. 318. 321. 322. 323. 324. 
325. 326. 327. 340. 

Demofritus, 255. 256. 297. 

Demopken«s von Maſſilien, 225. ° 

Demoithensd Philalethes, 206. zog. 
210. 117. 

Defiguatianns, Ax. 


Diagoras, 177. 


Didgmus, 96. 170. 255..265. 
Dieudes, 67. 69. 

Diofied von Karyſtus, æ71. 
Dionyfius, 255. 256. 

Diophanes, 255. 256. 
Dlosforides, 37. 38. 68. 122. 164. 
296. 297. 302. 328. 329. 334 . 

Dios korus, 155. 
Domitianus, 279 J 


: Doruß, 277. 


EI Hamiſh, 152. * 
Empedotitd, 297. 
Erafiittatu®, 68. 79. 81. 213. 
Euagriuß, 143. 
Eugamius, 34 
Eumelud, 244. 250. 
Eufebius, 34. 
Euſtathius, 57. 73. 


\ } 


Li 


* 


Eutrepins, 4: 41. 
Fabius, 283. 
Felix von Nantes, 149. 


.Friedrtich II., 321. 


Galen, 39. 42. 43. 56. 57. 60. 68 


21. 72. 79 B. 88. 92. 96. 


Sippofrates, 21. 43. 


106. 
112. tıß. 120. 156. 157- 158. 165. 
165. 178. 195. 286. 188. 190. 191. 
392. 193. 206. 208. 2t1. 215. 216. 
217. 218. 220. 229. 240. 242. 277. 
335- 324. 340. 341. 343. 346. 346 


.._ Böt 
Bargitins Martiafid, 260. 


Germanicus, 283; 
Geta, ag. 

Sibbon, 151. 
Blauce, 183. 
Glaufias, 17% 
Glyfkon, 275- 
Bordianus, 27.  - 


‚Sratlen,. 13. 


Gregotius, 255. 

Sunthram, 149. 

Buti fa Zofurent, 253. 
Dadrian, 9. 243. 

SDamtlcar, 257. 

Harvey, Bi. 

Hellodernd, 67. 
Hemeriuß, 2523. 

Deralles, 87. 

Deraflides von Pontus, 18T. 
Heraflides non Tarent, 226. 21T. 
Heraklius, 185. 194. 

Deras, 69. 

Herminius, 46. 


Derodotus, Go. 62. 66. 67. 68. Tı. 


10% 169. 214. 
Deropbilus, 43. 72. 217. 330. 331. 
Seiyhiud von Damastus, 82. 33 
Diere, 255- 256. 
Ditrefles, 251, 253. 
Dieronymus, 245.. 
53. 85. Tom. 
112. 119. 195. 186. 160, 168. 189 
2 192, 901. 2233. 872. 273- 30R. 


iahefrates, der Thierarzt, 853- 

Koratius, 25. _ 

Jakobus Soter, 83. 84. 

Jkẽfus, 73. 

Fobannes, Aetuarius, 335. 336. 337. 
338. 339. 340. 342 343. 344: 345. 
- 346. 347. 348- 349. 350. 351. 358. 
353. 354. 356. 35 

Johannes von Wicrandelen, 165. 168. 


169, 
Sohannes Dufas ‚Batateb, 200 
Jonicus, 50. 169. 
Irene, 239. J 


Iſaae Ars:in⸗ 308. " 

Italus 

Julia ma, 48. 

Julian, 48. 49. 50. 52. 54 50. 276. 

Jultanus, Diaconus, 182. 

Julius Caeſar, 2. 

JInſtinian, 22. 87. 128. 129. 134. 
135. 145. 156. 296. 289 

Juſtus, HB. 215. 

Kabaſilas, 326. 

Katlitich, Nicolaus, zB. 309. 

Katlirthenes, 27% 

Karl d. Gr., 131. 

Konrad IH., 310. 

Kratevas, 296. 

Krito 99. 216, 

"Kritsdemns, 27%. 

Lathyrion, 61. 

2eo, der Armenier, 238. 

Leo, der Erzbiſchoff, 233. 

Leo d. Gr., 83. 

Leo, der Zfaurier, 230. 231. 

Leo VL, des Philofoph, 234. 270. 
By. 2 


4 


290. 
Leonides, 61. 100. 105. 119. 220, 


202. 226. 227. 
Leonttus, 248. 
Lirorius, 248. 255. 
Zuchus Xputelus, 31. 38. 39- 
Luctus Apuleius von Diadaura, 39. 
Lucias Caelius Arrianus, 278- 
Lucrertus, 25. . 
Lyfurgus, 108. 272. 
Lpfus, 68-7 
Lofi onius, ig 
Madaon, 271. 
. Magnus von Antioqhien, 50. 51. 
191. 343. 
Magnus von Ephefus, 69. 
Mayo, 255. 256 257- 
Manius Manilius, 20. 
Manuel ẽennenns, 305. 309. 310. 
Manuel Philes, f. Philes. 


Marcellus, der Empiriker, 37. 39. 


40. 41. 42. 254. > 
Marcellus von Bilde, 76. 77. 225. 
Marcud Aureliuß, 276. 277. 338, 
Marcus Julius, 279. 
Mareleif, 149. 
Mariatale, 153. 
Marinuf, 72. 
Marfinuf, 178. 
Marius, BB. . 
Martin, 148. 
Mafudi, 152. 
Mauricius, 287. 288. 89. 
Melerius, 235. ' . 
Menemadus, 65. TI. 
Mercurius, 340. 341. 


Meffenius, 46.' 
Mefne, 332. 334. 
Metzedorns, 155. 
Michael III. 332. - 
dar, Krit, 308. on 
Michael Dukas, 296. 298. 902. 
3132 Paolaeslogus, 267. 301. 326. 
tbaef’Dfelins, f. Pſellus. 
Mirbridares, 68. . 
Mnafeat, 69. Zr 


- Moore, 153% 


Moſchion, 126. 18 

Mufa, Antonius; . E 

Narſes, 333. | 

Nechepfus, 871. 

Nemeltus, 77: 78. 79. do. 8. 95. 
Nephon, 255- 

Nero, 3 


Meenhorus Botonlates, 205. 
Nicetas, 307. 308. ” 


Nicolaus Myrepfus, 306. 329. 33: 
332. 33% 334. 336. 336. 331. 

Nicolaus Praepofitus, 33a. 334." 

Nikander von Rolephon, 122. 223 
296.' 327. 

Numa, 30. 

Detavianus Soratdanus, ſ. Theodo⸗ 

us ide tanrııf. 

Diympins, 34 156. 

Dmar,'ı96. 

Dribafiuß, 49. 50. Sr. 52. 83. 54. 
55.56. 57: 58. 59. 60.66. BB. 69. 
70 71: 72. 73. 74- 75. $6. HB. 206, 

"209. 219. 237.244. 246. 276. 302. 
308. 339. 


Oſtanes, 179. 


Pachymeres, Georgius, 326. 
Palladius,; +65. 100. 167- 108. 169. 


208. 
Pampblius, 255. 


Panſa, 275 . 


—— Michael, 308. 
Partagali, 153. 


Paul von Aegina, 196. 197. 201. 
202. 203. 204. 205. 206. 207. 20%. 
- 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 
220. 231. 242. 223. 224. 226. 226. 
227. 228. 229, 230. 237. "239. 322. 
323. 350. 

Paufanias, 274. 

Poramus, 257. 269. 

Pelagius, 147. 

Pelagonius, 254. 262, 

. Zeueen zır. 
eroged, 134» 

Berruf, 149. vr 


Phidias, 83. 
\hllagrius, 69. 9%. 105. 218.5 
hilacetus, f. Theophilus. 


52° 





3 


Phifophionus, 34. 


y 


402 


Philes, Manuel, 38. 327. 388. 
Phiſippuſ, 97- 
Phitippus von Akarnanien, 274. 
Phllodotus, 174. 
Pbilotheus, f. Tbeophilud. 
Phil⸗timus, 68. 

biloxrenus, 219. 108 


Mhilumenos, 68. 92. 102. 300, 123. 


124. 135. 199. 


Photius, 253. 290. 292. 

Piſterius, 248- 255- 

Mato, 44. 156. 836. 293 299. 

Plinius, 85 27. 35- 36. 37. 39- 

Plinius, 25. 27. 35: 3% 3% 3% - 

Minius (Catut) Valerianus, 36. 

Plinius, der falſche, 34. 36. 37- 

Modalirius, 271. 

Doleme, 219. _ _ 

Pompejus Seneca, 280. 

Morpbyrius, 34. 

Pofidoniuf, 79- 94: 95, 96..97- 9 
172. 188 ne 355. 

Drasageras, 

Prifetanus, Pu Rheodorus Pr. 

Prodikus, 73. 

Pſellus, 290. 892- 293. 294. 295. 296. 
200 299. ‚300. 302. 304. 305. 312. 


318. 327 
Nubriud Degetius, ſ. Vegetius. 
Pythagoras, 21. 
QDuintus Gerenuß gumontenf, 24 
25. 86. 97. 28. 
Rasenbyich, —* Eu 335. 353. 


Mhazes, 313. 315. 316. 
Rufinus, 279: 
Rafadı 67. 68. 7@. 74. 94. 105 215 


Sabtunf, 71. 
Satrius Longinus, 280. 


Selpio Africanus, zo. 


Seribonius Largut, 39. 41. 276. 
Septimius Severus, 46. 279- 
Gerapion, 334. 
Serenus Samoulens, 24. 25- 26. 27. 


28. 30. 
Sererus, Theodoriuß, f. Theod. 
Sertus Arrius, 280. 
Sertus Julius Africanus, f. Afric 
Gertus Placitus, 34. 35. 
Sertus_ Titius Nlerander, 279. 


Simeon Seth, 300. 301. 302. 303. 


304. 305. 312. 318. 325. 
Eimon, 243. 
Goranus, 36.43. 73. 85. 108. 123. 
188. 


Geflgeneb, 46. 

Gofttatuß, 198. 

Stephanus um Athen, 191. 198. 
193. 194. I 

Ste phanus vn Edeſa, 130. 133- 
134. 155. 

Strato, 178. 

Stratonicus, 245, 

Sydenham, 89. - 

Gynefins, 311. 313 314 815. 318. 

Terentiuß Eutychiauus, 34. . 

Terentius Velpiſtus, 41. 

Theoderich d. Gr., 144 

Theodorus, 141. 169. 

Tesdorud heisien. Diorthotes, 


zpeodornt Priſcianus, 28. 30. 31. 
32. 33. 34. 126. 
Theodoſtus, 40. 
Theodotius, 182. 
Thestorind ©Geveruß, 107. 110. LIT. 


Theomneftus, 250. 254. 
Theon von Alerandrien, 51. 52. 
Tpeoftifius, 51. . 

‚Theophanes Nonnus, 235. 236. 237. 
338. 239. 240» 241. 292. 307- 
Theophitus, 185. 286. 187. 188. 289. 

390. 191. 192. 193. 194. 207. 209 

315. 340. 343. 344. 

Theophrait, 45 

Theuderich, 150. 

Thomds, 309. 

Tiberius, 283. 287. 

Tiberius, der hieratit, 255. 
Timotheus, 34 

Trajanus, 99- 283- 
&Krifidgemon, 169. 

Valens, 7. 13- 55» 
Valentinian, 7. 33 15. 28. 55 
Varus, 28% 

Vegetius, 2 

Menerius; auue, 261. 262. 263. 
DVerus, 2., 30. 

Veſpaſian, 9- 

Vibius Rufus, 279- i 
Dicroria, 32. 34- 

Vindanius Anarolins, f. Anatolins. 
Vindicianus, 28. 29. 30. 

Kenofrated 34, 

Kenspben, 199. 243. 254. 272. 273. 

283 
Zalacht es, 179. 
Zeno, von Cype 
Zens von Iſaur 
Zeunris, 82. 
Zopyrus, 58. 


X 


47. 50. 53. 
' 133. . 


— — 


— 


‘ 
: 





Msergtause, mediciniſcher, Beifpiele davon, 96. 338. — Us ” 
fprung deffelben, 35. — Erorcismus, 40. — ©, Amutete, 
Bejauberung, 

Abführmittel, Bearbeitung derfelben bei den Alten, 67. — 
Aeußere Anwendung derſelben, 337. 


Ablöôſung des männlichen Gliedes, nah Paulus, 207. 


Abſonderung der kranken Thiere in anſteckenden Epizootien, 
bei den Alten üblich, 248. 258. 

. Abtreibung der Frucht, Anzeige derfelben bei Gebärmutter 
Franfheiten, 32. 126, 

—— ärztlicher Titel, Bedeutung deſſelben, 326. 

Aderlaß, ſ. Blutentziehung. — Anzeigen dazu nach Ori⸗ 
bafius, 58. — Derivation und Revulſion, 59. — Vorſchrif—⸗ 
ten des Antyllus, 64. — Aleranders, 173.175. — Des 
Paulus, 209. — Blutceinigung durch das Aderlaß, von den 
Alten angenonımen, 238. — Aderlaß bei den Pferden, 252. — 
Lehre vom Aderlaß bei Johannes, 351. 

YAetiologie, pathologifche des Antyllus, 63. 

Alerandrien, Zuftand der dortigen Eehranflalten im vierten 
Jahrhundert, 49. , 

Ambra, zuerit von Simeon Geth erwähnt, 303. 

Amulete, medicinifhe, mit dem Worte Abracadabra, 26. — 
Alerander's zur Vertreibung der Wechſelßeber, 164 — ©. 
Edelſteine. 

Anagallis arvensis, von Poſidonius zuerſt als Heilmittel 
gegen Wafferfheu angegeben, 98. 

Anatomie, ? .s.Dribafius, 70. — Des Theophilus, 184 

Ancurysma, f. Pulsadergeſchwulſt. 

Angiologie, Operation zur Heilung chroniſcher Augenentzün« 

‚ Dupgen und des halbfeitigen Kopfſchmerzes, 116. 





454 


Anftelungskraft der Lrankheiten, ältere Anſichten darüber, 
74. — Der epidemifchen Augenentzündungen, von den Alten 
erkannt, 111. 183. 351. — Der Schwindſucht und Kräge, 
ebend. — Des Ausfages, 204. — ©. Abfonderung. 

Anthelminthica, f. Wurmmittl, 

Anthropologie des Nemefins, 77. Phufiologifdye des 
Meletius, 235. 

Archiater, Ernennung des eeften, 3. — Archiatri popula- 


res, Zahl derfelben,, 6. — Art ihrer Anftelung, 7. — Beſol⸗ 


dung, 8. — Andere Begünftigungen, 8. — Dienftverrichtungen, 
Ir. — Archiatri palatini, 14. — Verhaltniß derfelben zu 
den ftädtifchen, 15. — Comites archiatrorum, 18... 
Arhiaterwürde, ſtaͤdtiſche, 5. — ' Am Hofe, 14, — ©. Au 
chiater. 
Arteriotomie, Regeln des Antyllus über diefelbe, 65. — Ger 
"Brauch derfelben in Yugenentzündungen, 116. 
Arzneibud des Nicolaus NMyrepfus, 329. - 
Arzt, Urfprung dieſes Wortes von Archiater, 150. Anm. 2. 
Asclepiasmus, Denennung des Boldaderfliffes, 189. 
Atrefie des Afters, Verfahren des Paufus dagegen, 227. 
Augenenfzündungen, epidemifche, Nachrichten über das erſte 
Vockommen derfelben, 109. — Diagnoftif derfelben bei Geve 
rus, 110. — Anftelungefraft der epidemifchen Ophthalmieen, 
von den Alten erkannt, 111. — Aetiologie diefer Krankheiten, 
112. — Dperationen zur Borbauung derfelben, 113. — ©, 
Periscythismus, Hypospathismus, Angiologie. 
Augenheillunde des Alterthums, 106. — ©. die einzefuen 
" Artikel. — Des Paulus, 214. 
Augenfdleimflüffe, anftediende, f. Augenentzändüngen, 
Ausziehung des grauen Staars, f. Staar. 
Badefieber, von Syneſius befchrieben, 316, 
Bäder, verfhiedene Arten derfelben, 71.— Bergl. Heilquellen. 
Bandwurm, Herodot's Anſicht Über die Entfiehung deffelben, 
‚03. — Wurzelrinde des Granatbaumes dagegen empfohlen, 
. ebend,. — ©. Wurmkrankheiten. . 
Bauch ſtich, Berfahren des Paulus, 229. _ 
Beinbrüche und Berrenfungen, Bearbeitung derfelben bei 
Paulus, 223. — Behandlung verafteter Berrenlungen mit 
dem Glüheiſen, ebend. 
Betonica, den 4. Mufa zugefihriebene Abhandlung dar 
über, 38. 
Bezauberung dur Blicke, von den Alten geglaubt, 183. 


.’ > 


m 





— —— — — — 


— — —— —2—— 


\ 466 


| 

Bindehaut, Beſchreibung detfelben bei den Alten, 107. 

Binden der Blixder, nad Ehryfipp, zuc GStillung eines 
übermäßigen Erbrechens und ſtarker Schmerzen, 67.— Hero 
dot's Derbefferungen diefer Mlethode, ebend. — Gebrauch der 
felben zuc Behandlung der Ballenruhr, 163. — Zur Hemmung 
des Mutterblutfluffes und hyſteriſcher Zufälle, 2oo. zor. 

Blafenfrankpeiten, bei Astius, 102. — Behandlung dere 
felben durch Einfprigung flüffiger Arzneien in die Blaſe, nad) 
Paulus, 230, 

Dlafenfräge, Psoriasis, von Archigenes benannt, 108. 

Bleimiftel gegen chroniſche Ausſchlaͤge, bei den Alten gebraͤuch⸗ 
lid, 33. 75. 179. ↄ21. 

Blutegel, Vorſchriften des An tylius über den Gebrauch dere 
felben, 65. 

Biutentziehung, Örundfäge des Dribafins über dieſelbe, 
57. — ©, Aderlaß, Arteriotomie, Blutegel. 

Dräune, brandige, von den Alten befihrieben, 103. — Betr 
muthungen über das Alter Derfelben, 104. 

Bredmittel, im Alterthum gebräudliche, 176. — Wirkfamfeie 
derſelben in gichtiſchen und theumatifchen Leiden, von den Alten 
anerkannt, 324. a 

Brennfieber, von Alerander befchrieben,. 161. 

Brudband, Gebrauch deffelben bei Paulus, aaı. 

Brüde, (Hernien) Radicalkur derfelben ohne Operation, durch 
Umſchlaͤge von Galläpfeln und Branatapfelfcdhafe, aat. 

Bruftfeierhen, Operation derfelben. Bei. den Alten, 119. 226. 

Bubonenpeft, f. Seuden. 

Bürgerrecht, roͤmiſches, den Aerzten von Yulius Caeſar er 
theilt, 2. 

Eachexie, Begriffbeftimmung derfelben nad) Archigenes, 105, J 

Canthariden, Gebrauch derſelben zu Umſchlägen und Pfla— 

. ftern, 146. 

Caftration, Berbote derfelben, f. Staatsarzneilunde — 
Als Mittel gegen den Ausſatz, 100. — Verfahren des daw 
lus, 228. 

-Gataracta, f. Staar. 

Causus, f. Örennfieber, 

Charaktere der Krankheiten, von Alerander aufgefaßt, 160. 

Chirurgie, des Antyllus, 60. — Des Oribafius, 70. — 
Des Paulus, 205. 220, — Zuftand der Chirurgie im fechften 
Jahrhundert, 117. — 6. die einzelnen Artikel. — Berfall der 
Chirurgie‘ im zehnten Jehehundert, sig - .. 


x 


4566 

Ehriſtenthum, Einfluß deſſelbern auf die Heilkunde, 47. ’ 

Clades glandolaria, f. Geugen. 

Glariffimat, f. Titel. 

Clitoris, Erftirpaticıt derſelben zur Befeifigung der Mutter 
muth, von Pauſus zuerfl ausgeführt, 202. 

Eohortenärzte, f. Geldärzee. 

Comes archiatrorum, f. Archiater. 

@amitiva, f. Titel, 

Conjunctiva, f. Bindehaut. 

Contagium, ſ. Anſtekkungokraft. 

Gornea, ſ. Hornhqut. 

Depreſſion des grauen Staars, ſ. Staar. 

Deputati, Commandirte zur erfien Pflege und Aufnahım dee 
Bermwunödeten, 287. 

Deripation, f. Aderläß. ' 

Diacodion, Gebraud und Bereltung deſſelben, 16r. 

Diarchöe, f. Durchfall: 

Diätetif des Dribafius, 70, — ©. Nahrungemittelkunde — 
Des Johannes, 357. 

Dreigad des Ma reellus, ein Brennwerkzeug bei Milzkrank- 
heiten, 205. 

Drufe der Pferde, von den’ Alten erkannt, 249. 

Durdfall, potholdgiſche Anfihten äber denſethen bei Aztius, 
102. - ’ 

Dofenterie, f. Ruhr. 

Edelfteine, Glaube an die Heilkraft derfelben, 297. 

Einimpfang der Poden, chineſiſche, 153. 

Entbindungskunit, fe Geburtshülfe. 

Entzündliches Kieber, von Alerander befgrieben, 160. — . 
. Don Palladius, 167. — Bon Gynefius, 316, 

Entzündung, rofenartige der Eingemweide, von Az tins als in; 
nere Urſache von Fiebern angegeben, 3. 

Epilepfie, f. Fallſucht. 

Epomphalia, Gebrauch derfelben ber den Atten, 324. 338. 
enährung, Eintheilung derfelben in dreizehn Abfchnitte, nach 
Theophilus, 187. 

Erziehung, phyſiſche der Kinder, Grundfäge des Oribafius 
. darüber, 70, 

Erorcismus, medicinifher, do. — S. Aberglaube, 

Ertraction des grauen Ötaars, f. Staar. 


"Ballen, Krankheiten und Behandlung derfelben nach Deme⸗ 


N 


trius Pepagomenus, 267. ' 
Balle 


437. ° 


Kallf ußt, eigenthiimliche Behandlung derſelben duch Aufägen 
der Ausgangsftelle der Aura, 178. 206. 
Säulnig, pathologifcher Begriff derfelben nad; Aatius und’ 
Achigenes, gt. — Alerander's Ansichten, 159, 
Febris gasırica venosa, -eıfte Begriffbeſtimmung derſelben 
durch Philagrius, ga. 
Feldärzte im Alterthum, 270. — Bon Lokurg bei den Spar. 
tanern verordnet, 272. — Im Heere Kenophon's, 972. — 
Bei Alerander, 273. — Bei den Römern, 274 — Legion 
- ärzte, 278. — Eohortenärzte, 279. — Deputatz des Mauris 
cius, 287. 
. Seldlazarethe, bei den Alten nicht —— 280. 
Fettheit der männlichen Bruͤſte, von Paulus urch Operation 
veſeitigt, 227. 


Bieberlehre, Prifcian's, 31. — Aeranders von Aphrodie ’ 


fias, 45. — Des Dribajius, 74. — Des Aztius, 89. — 

Alexander's, 157. — Des Palladius, 165. — Des Jo⸗ 

hannes, 350. 

Gaſtriſche Krankheiten, Erkenntniß derſelben bei den Alten 
(Cruditas Galeni, Crapula Philumeni), 106. — Er⸗ 
fohrungsgemäße Beſchteibung gafteifcher Fieber bei Aleran«' 
der, 159. — Behandlung derfelben, 161. — ©. Zurgefcenz. 

Gebärmutterkrankheiten, von Paulus bearbeiter, 199. 

Geburtshälfe, Bearbeitung derfelben durch — BR 
133. — Durch Paulus, 199. 

' Generatio aequivoca, der Eingeweidewärmer,. von Aleram - 
der erkannt, 170. , 

‚Gerudsnerven, Einfegung ‚derfelben als eines. eigenen Ner⸗ 
“ venpaares dur Theophilus, 187. , 

Geſchlechtstheile, unreine, den ſhphilitiſchen ähnliche Uebel 
derſelben, bei Beonides, 100. — Bei Paulus, 202. 

Bidet, Aleranders Behandlungsmweife derfelben, 179. — Aes 
‚tiologie und Behandlung diefer Krankheit bei Paulus, ara, 
— Bei Demetrius Pepagomenus, Zar. 

Biftlehre des Oribafius, 69. — Des Johannes, 339. 

Glüheifen, vielfältiger Gebrauch deffelben bei Paulus, 203. 
— Zur Befeitigurig. der Nedbruͤche, 224. — Gegen chroniſche 
Unterleibsũbel, 2235. 

Hämpechoiden, umfaffende Sehne des Dribafius über dieſel⸗ 
ben, 75. . 

Harnruhr, Anfichten des Johannes über dieſelbe, 347. 

1. — Gg 


x 


x 


458 


Harnfgau des Theophilus, 189. — Ausfuhrliche Bearbeir 
tung derſelben durch Johannes, 342. 

Heilkunde, praktiſche, des Dribafius, 70. — Des Johan 
nes, 348. 

Heilmittel aus dem Thierreich, von Gertus Placitus 
abgehandelt, 34. — Aus dem Zifdyreidy, bei Marcellus von 
Gida, 77. 

Heilmittellehre, des Lucius Apuleius, 37. — Des Dris 
bafius, 66. — Des Stephbanus von Athen, 194. — Des 
Paylus, 20. — Des Simeon Geth, 302. — Des Nico 
laus Mprepfus, 329. — Des Johannes, 335. 

Heilquellen, chemiſche @intheilung, weefäben nah Ardige - 
nes, 62. 

‚Helleborus, f. Nieswurz. 

Hernien, f. Brüde. 

Herz, ale Sig des Giebers betrachtet, 158. 167. 

Herzkrankheiten, erſter Berfud des Paulus über die Pa⸗ 
thologie derfelben, 207.- 

Hirnentzündung, Defcreibung derfelben bei Aztius, 9. — 
©. Siriafis, — Bei Alerander, 171. 

Hirnorgane, Annahme derfelben nad Pofidenius, 79. 5 

Hirnwuch, f. Phrenitis. 

Hornhaut, von Geverus befdrieben, 107. 

Hüftweh, gichtiſches, von Paulus beſchrieben, 213. 

Hydrophobie, ſ. Waſſerſcheu, Wuthkrankheit. 

Hypospathismus, Operation zur Vorbauung epidemiſcher Au- 
genentzündungen, 115. 

Ileus, Unterſcheidung der Urſachen deſſelben von Archigenes, 
100. 

Sftuftcat, ſ. Titel. 

Irreſein, Alexander's Anſichten darüber, 174. 

Ischias, f. Hüftweh. 

Kaiferfhnitt, an Berftorbenen, f. Staatsarzneilunde, 

Kampher, erfte Erwähnung deffelben von Simeon Geth, 302. 

Kinfliere, fharfe, gegen Seitenſtich von Paulus verordnet, 
‘on. 

Kolik, epidemiſche ini fiebenten Jahrhundert, 210. 

Kothbrechen, f. Ileus. 

Krankenhäuſer, von Yuftinian angelegt, 129. — ©. Va- 
letudinaria. — Sehlen im nidtchriftligen Alterchum, 285. — 
Erfte Errichtung derfelben unter den chriſtlichen Kaifern, 286. 

Krebs, Kenntniß deffelben bei den Alten, zıg. 


\ 


„! 


459 


Kiebsafde gegen Waſſerſcheu, 70 rt 

Kreislauf des Dlutes, fälfchliche ? Dorausfegung einer Annahme 
deffelben bei: Nemefius, 81. — Beldhreibung deſſelhen nad 
WBalen bei Theophikus, 186. Er 

Lateinifche Aerzte feit dem dritten Jahchundert, Pr — 6e 
renus Gamonicus, ebend. — Bindicianws, Theodorue 
-Priscianus, 28. — Gertus Placitus von Papyra,. der 
falfhe Plinius, 34, — Lucius Apulejus, Marcellus 
der Empirifer, 37. 4 u. 

Legionärzte, ſ. Seldärzte, 

Lehrgedicht, medicinifyes, des Gerenus Samonicus, 24, 
— Des Marcellus von Sida, 77. — - Behrgedichte des Ra 
nuel Philes, 127. 

Leibärzte, die erſten der römifchen, Kaiſer, a. 

Lexopyreta, äußere Siebermittel, 334. - 

Bienterie, Pathologie derfelben nad Paulus, 211. 

Luftröhrenfhnitt, f. Tracheotomie. 

£ylanthropie, von Marcellus von Sida zuerſt beſchrie⸗ 
ben, 76. 

Magie, ſ. Staatsarzneikunde. 

Magnetftein in Kopfkrankheiten angewandt, 33; 

Manna, Bebraud) derfelben von den Arabern eingeführt, 339. 

Mofern, Befhreibung derfelben. bei Synefius, 315. 

Materia alimentaria, f. Nahrungsmittellunde, 

Medicinalverfaffung, römifche, 1. 

Netaftafe, eitrige nad) den Stieren, von Paulus erkannt, 207. 

Mineralmwäffer, f. Heilquellen. 

Mohnfaft, f. Opium. 25. 

Moſchus, zuerſt von Simeon Seth erwähnt, 303. 

Mutterfpiegel, von Paulus erfunden, 201. 

. Rahrungsmittellunde des Dribafius, 71. — Des Pfel- 
Ius, 296. .— Des Gimeon Geth, 302. 

Tervenfranfpeiten, pneumatiſche Bearbeitung derfelben dar 
Pofidonius, 96. 

Neftorianer, Schulen derfelben in Afien, 130. — Gtudium der 
Heiltunde in denfelben,, 132. 

Niederdrüdung des gtauen Staars, f. Staar. 

Nieren: und Blaſenkrankheiten; bei Astius, 102. 

Nieswurz, weiße, als Bredjmittel, 67. - 

Ohnmagt, Aetiologie un} Behandlung derfelben nach Aleran⸗ 
der, 163., 


x 


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‚ 860 
Ohrkrankheiten, Bearbeitung derfelben im Alterthum, ars. 
.Opbthalmie, f. Augenentzündung, \ 

Opium, gegen Starrkrampf von Paulus verordnet, arı. 

Orphanotropheum Alerius J., 306. — Beſchteibung deſſel⸗ 
ben, 306. -“ 

Poracentefe des Unterleibs, f. Bauchſtich. 

Peitfhenwärmer (Trichocephalus dispar), von Johanues 
angedeutet, 350. 

Perfectiffimat, f. Titel. 

Periſcythismus, Operation zur Vorbauung epidemiſchet Au⸗ 
genentzündungen, 114. 

Peſt, die Juſtinianiſche, ſ. Seuchen. 

Philoſophie, Wiedererweckung derſelben durch Pfellus im 
elften Jahrhundert, aga. 

Phrenitis, von Pofidonius für Entzündung der Hitnhäute 
erflärt, 94.  Sür Hirnentzündung von Alegander, 172. — 
Mittheilungen des Paulus über diefe Krankheit, 208. 

Phoyfiognomiß, Bearbeitung derfelben im Alterchum, 219. 

Phyfiologie im fiebenten Jahrhundert, 184. . 

Poden, erftier Ausbruch derfelben in Europa, 145. — Kommen 
unter den Namen Pustulae und Corales por, 147. 148. — Aug 
bruch der Poden in Arabien, im Elephantenfriege, 152. — In 
Oſtindien und China, 153. — Beſchreibung derſelben bei Sy 
nefius, 315.. ı 

PDodenimpfung, f. Einimpfung der Poden, 

Privilegien. dee Aerzte unter den römifchen Kaifern, 2. f. — 
©. Archiater, Arhiaterwürde, 

Probleme, Alerander's ı82. 

Psilothrum, Gebrauch deffelben bei den x ten, 71. 

Pſychologie des Nemeſius, 78. — ©. Hirnorgane. — Wis 
dererweckung der pueumatiſchen durch Johannes, 353. 

Pulsadergefhmwulft, von Philagrius angegebene Operation 
derfelben, 118. — Operation nah Paulus, 229.- 

Pulslehre, des Theophilus, 188, — Des Johannes und 
Merrurius, 340. - 

Puftularpeit, f. Poden, 

Quedfilber, von Nicolaus Myrepfus in die Heilmittellehre 

aufgenommen, 334. 

Rehfrankfpeit der Pferde, von den Alten befäjrieben, 251. 263. 

Revulfion, f. Aderlaß. 

Rindviehkrankpeiten, von den Alten beſchrieben, e59. abo. 


284. 


L z 


Rot der. Pferde, von den Alten ackannt, a5o, 
Ruhe, Pathogmie derfelben nad Archigenes, 105. 
.Galmiot, in der Thierheilkunde gebeauchlich, 259. — Su Die 
CTherapie eingeführt, 334. 

‘ Galze, fehlen unter den Abführmitteln der Alten, 68, — &- 

braud) derjelben bei Nicolaus Myrepfus, 334. j 
gantonicum, I. Zitewerfaamen, ! 
Schwangere, gerichtliche Unterfugungen derſelben bei den Rs 
mern, f. Staatsarzneilunde, 

Geelenlehre, ſ. Pſychologie, 

Seewaſſerhonig, Thalassomeli, von Serenus Samenicus 
empfohlen, 25. 

Gehen, durch die Platoniſche Eorradiation erflärt, 200. 

Semibdtik des Theophilus, 188. \ 

Senna, zuerit als Heilmittel benugt, 324, 

Geuden, im fehften Jahrhundert, 127, — Geſchiche⸗ der Dur 
ſtinianiſchen Bubonen:Peft, 135. — Verbreitung derfelben nach 
Italien und Gallien, 145. — ©. Pocken. — Ciades slandels- 
ria, 147. — Puftularpeft, 147. . 

Siriasis, Sirnentzündung der Kinder, Tefsreibung derſelben bei 
Aëtius, 909. 

Gpertabilität, ſ. Titel. ' 

Staar, grauer, erfte Angabe über die Aussiehung deſſelben bei 
Antyllus, 60. — Deſſen Depreffionsmethode, 61. 

Staatsarzneilunde, römiſche, Bruchſtücke derſelben, 19. — 
Verordnungen gegen die Magie, ebend, — Numas Verord⸗ 
nung über das Auffchneiden Schwangerverſtorbener, ao, — 
Gerichtliche Unterfuhungen von Schwangeren, ebend. — Ber: 

” ordnungen über IBahnfinnige, gi. — Verbote des Caſtrirens, 


92. — Der Päderaftie, 23. — Beſtimmungen über die Bergife ' 


tung, ebend, 

©taphylom, f. Traubenauge. 

Starrtrampf der Pferde, Behandlung deffelben bei den Alten, 
351. — Bei Menſchen, naturgemäße Artiologie des Johan 
nes, 349g. — ©. Opium, 

Starrfudt, Erörterung derfelben bei Artins, 97. 
Gteinbildung in den Lungen, von Alerander zuerft beob⸗ 

aachtet, 198. — Erfahrungen des Paulus hierüber, 907. 

Stimme, Uebung derfelben als Erhaltungsmittel der Befund 
heit, nah Antyllus, 64. 

Stuhlgang, Semiotik deffelben nach Sheopbilus, 188. 

Sophiloide, f. BGeſchlechtstheile. 


. 


N 


408 


Therapie, allgemeine, des Dribafius,.57..66. — Des Ans 


tylTus, Gf.:: -' 
Shirerbad, von GSerenus Samonicus empfohlen, 25 
Tpierheillunde der Alten, 241. — Erſter Urfprung derfelben, 
243. —. Weitere Bearbeitung, 244. — ©. die einzelnen Artikel, 
Titel, den Aerzten verliehene, 15. — Das Perfectiffimat, ebend. 


— Das Juuſtrat, die Spectabilität, das Blariffimat, die Eos * 


3 tnitisa, 6. Re 

Toricologie, f. Giftlehre.. 

Tradertomie, Empfehlung derfelben durch Antyllus, 66. 226. 
Scanbenakge,-Astiolögie- deffelben, 108. 

Trichiasis conjunctivae, von den Alten beobadhtet, u. 


Turgeſcenz, gaſiciſcher Unreinigkeiten, von Alexander er⸗ 


kannt, 161. 
Unterbindung der Gefäße bei Operationen, 120, 
» Weofcopie, f. Harnſchau. 
Uterintrankheiten; f Gebaͤ rmutterkrankheiten. 
Vialetudinaria, Kranfenanftalten im den. neſtorianiſchen Klö« 
flern, 132. — Gammelplag der Kranken und Berwundeten im 
1. 'römifchen Lager, 284. 


"Bergiftung, f. Staatsargneilunde, Wunden, 


Berrentungen, f. Beinbrüde. . 
Bermundete, Verpflegung derfelben bei den Alten, 283. 


- Veterinarium, Platz zur Beandfung kranker Pferde im römi« 


fen Lager 270. 


Viac clandestinae (unfiötbare Harnwege) von Theophilus 


angenommen, 190. 
Wahnſinn, f. Irreſein. 
Wahnſinnige, roͤmiſche Berordnungen über diefelben, ſ.S taatk 
arzneilunde, 


Waſſerbruch, Behandlung deffelben nad) Paulus, 997. 


- 


MWafferkopf, Angaben über denfelben bei Antyllus, 6r. 


Waſſerſcheu, Krebsafhe dagegen, 70. — Bearbeitung diefer 


Krankheit bei. Dribafius, 75. — Bei Pofidonius, 97. — 
Anagallis arvensis, ale Heilmittel dagegen, 98. — Giftpsobe 
der Bißwunde, 38. 98. 

Waſſer ſucht, Erkenntniß der entzündlichen bei Alefander, 
179. — Bei Paulus, aız, 

Wechſel fieber, Behandlung derſelben nach Azanden, 164. 
— Erklärung der Intermiſſion, 165. 

Weibertrankheiten, nad) methodifchen Vrundſaten von des 


n 


- 


463 


ſcian bearbeitet, 32. — Bon Dribafius abgehandelt, 75. — 
Bon Paulus, 199. 

Wein, Gebraudy deflelben in higigen Krankheiten, nad Alerans 
der, 173. 

Würmer unter den Augenliedern der Falken, von Demetrius 

angegeben, 268. 

Wunden, vergiftete, Behandlung derſelben im Alterthum, 
121. 222, — einfage Behandlung derfelben nah P.aufus, 
ebend. 

Wurm der Pferde, von den Alten befchrieben, 251. 

Wurmkrankheiten, von Herodot befhrieben, 103. — Bon 

* Alerander, 169. — Bon Yohannes, 350, 

PBurmmittel, im Alterchum gebräudjliche, 171. 

Bu thEcankheit der Hunde, mangelhafte Kenntniß ‚derfelben ° 
bei den Alten, 265. 

Zahnheillunde des Alterchums, 215. 

Zäpfchen, dirurgifche Behandlung des verlängerten, 225. 

Zeidhenlehre, f. Semiotik. \ 

Zitterrochen gegen Milzkrankheiten, 37. 

Zitewerfaamen gegen Würmer, 32. 


Gedructt bei A. W. Schade in Berlin. 


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