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Geschichte
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der
h e b r ä i sehen
Sprache und Schrift.
• Eine
philologisch- histoiische Einleitung
die Sprachlehren und Wörterbücher der
hebräischen Sprache.
Von
Wilhelm Gesenius,
der Theologie Doctor und ordentlicher Professor zu Halle.
Leipzig 1815»
bey Friedlich Christian Wilhelm Vogel.
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o r r e d e.
I }ic Ai'beit, Welche ich liier den Freunden der hebräi-
schen Sprache und Literatur übergebe, war ihrer ersten
Anlage nach zu eiuer historischen Einleitung in die von
mir zu bearbeitende ausführliche hebräische Sprachlehre
bestimmt. Da sich indessen die hier zu behandelnden Ge-
genstände mehr anhäuften, als mit jenem Plane verträg-
lichwar, so entschloß» ich mich, jene historischen Unter-
suchungen für sich und ausführlicher bearbeitet, der Her-
ausgabe der Grammatik vorangelm zu lassen.
Ich glaube, meinen Plan einer philologisch -histori-
schen Einleitung in das Grammatische und Lexicalische
der Sprache möglichst gehalten, nichts Wesentliches über-
gangen, nichts Fremdartiges beygemischt zu haben. Be-
sonders über einige Gegenstände, welche hier fast zuerst
zusammengestellt und zur Sprache gebracht worden , z. B.
§. 12. u. 2-t. 5o. 54 ff. wünschte ich das Urtheil unpar-
theyischer Kenner zu vernehmen. Vielleicht, dafs einige
derselben auch für die verwandten Fächer der biblischen
IV Vorrede.
Einleitung und Hermeneutik einige nicht unwillkommene
Beyträge enthalten.
Die Absonderung der Sprach -und Schriftgeschichte
hat, wie ich öfters bey der Ausarbeitung empfunden habe,
manche Unbequemlichkeit. Doch war sie unumgänglich,
findet sich auch in allen ähnlichen Werken, wiewohl die
meisten die Schriftgesclüchte ganz übergehn.
Statt des Registers ist eine etwas detaillirte Inhaltsan-
zeige vorausgeschickt worden.
Halle, im November 1814.
Der Verfasser.
n h a 1 t.
§. 1.3. Einleitung und Uebersicht. Seite 1
Erster Abschnitt. Geschichte der hebräischen Spra-
che bis zu ihrem Aussterben.
§. 4« Semitische Sprachen überhaupt. Name, Umfang, Cha-
rakter derselben. Seite \
5. 5. Hebräische Sprache* Verschiedene Namen derselben.
Ursprung, Orthographie, Sprachgebrauch des Namens:
Hebiiier. — 3
§. 6. Ursprung und Alter der hebräischen Sprache. — zj
§. 7. Vaterland. Verhaltnifs zur phünizischen Sprache. (Vgl.
Excna-s S. 225) — 16
5. 3. Alter der Sprache in ihrer gegenwärtigen Gestalt. — ig
§. g. Erstes Zeitalter der hebräischen Sprache. (Unterschied
der poet. und prosaischen Diction. Schriftsteller des er-
sten Zeitalters) — 2 z
§. 10. Zweytes Zeitalter. Spätere chaldaisirende Sprache — 25
§. 11. Idiotismen einzelner Schriftsteller und Schriften. Pen-
tateuch, Hiob, Ezechiel, Kohclst. — 30
§. 12. Bearbeitung älterer Abschnitte bey spätem Schriftstellern.
Philologisches Verhaltnifs der Parallelstellcn in den Bü-
chern Samuels, der Könige und der Chronik. — 37
5- 13. Aussterben der Sprache, wann es erfolgt sey? — 45
$. 14* Beieluhum und Umfang der alten Sprache (Ueuerbleibsel
derselben in den Nomm. propriis, dem Talmud u. s. w.) — 47
§. 15. Dialekte in der hebräischen Sprache selbst. Was dahin
zu rechnen sey? _ 54.
% 16. Verhaltnifs des Hebräischen zu dem Arabischen und Ara-
mäischen. — 56
§. 17. Aufnahme von einzelnen Wörtern aus nichtsemitischen
Sprachen (der ägyptischen , persischen ; ob aus der grie-
chischen?) _ 5g
i i Inhalt.
§. 13. Uebereinstimmmie mit den abendländischen Sprachen.
Causalzusammenhang. Seite 65
Zweyter Abschnitt. Geschichte der hebräischen
Sprache als einer ausgestorbenen, oder Geschichte der
hebräischen Sprachkunde.
Periode I. Traditionelle Spra-.hkunde bis zum Anfang der gramm.
Bearbeitung. {Von den LXX. bis uuj Saadia, See. X An f.)
%. 10. Uebersioht. Seite 69
§. 20. Palästinensische und babylonische Juden. Charakter ih-
rer Sprachknnde. Schulen derselben. — JO
§. 81. Targums, Talmud (philologischer Gebrauch desselben),
Masora (Charakter des Kri). — 72
§. 22. (JnvollkOmmuere Spraclikenntnifs der Hellenisten. Phi-
lolo^ischer Charakter der LXX. — ■ 76
§. 23. Josephus und Philo. Charakter und Proben ihrer Sprach-
kenntnifs. ■— ■ 3°
§. 24. Samaritaner. Philologisch -kritischer Charakter ihres
Pemntcuchs. — 34
§. 25. Syrer. Pcschito. — 87
§. '26. Christliche Kirchenväter. Ihre Unkunde de» Hebräi.
sehen. — 33
§. 27. Origeues und Ilicronymus insbesondere. — go
Periode II. Ursprung und Bhitho des grammatischen Studiums
bey den Juden. (See. A - A7 i).
§. 28- Uebersicht. Seite 93
§. 20. Grammatiker (Saadia, Jona, Dav.Kimchi, El. Levita). — 95
§. 50. LeJcicographen (Jona, Kimchi), Commentatoren (Aben
Esra, larcni), Versionen (Saadia). Charakter und Werth
dieser Auslegungen. — 99
§.51. Wenige Spuren bey den Christon. — 104
Periode III. Anfang des hebriiischen Sprachstudiums bey den
Christen O . A7 7-A7 U med.).
Ä. 52. Uebersicht. Charakter der hebräischen Philologie in die-
r Periode: Abhängigkeit von indischer Auctoritit. Seite tag
5. 35. Grammatiker (Reuchlin — Buxtort Glsssius). — .<">7
5. 5 (. 1 1 11 (Reuchlin — Btuttorf, Schindlet). — *»*
§• 35- Philologische CoinmentArien und Uebenetungeä (Li>
th. . ' — 1 ' j
1 n h a lt. vii
Periode IV. Blüthe der hebräischen Sprachkcnntnifs , besonders
durch Benutzung der veruaudten Dialekte (o>c_AA iL med.
bis auf unsere Zeit).
$.36. Anfang eines harmonischen Sprachstudiums bis aufSchul-
tens (Je Dicu, Castle, Bochart). Seite 116
$. 37. Andere Schulen hebräischer Philologie (Gappelle, Bux-
torf d. j. , Danz). Systema morarimi. — 120
§. 33. Holländische Schule seit Alb. Schultens. Charakter der-
selben. — 126
$. 3g. Neueste Bearbeitung der hebräischen Philologie, beson-
ders in Deutschland. — 13°
Dritter Abschnitt. Geschichte der hebräischen
Schrift.
5. 40. Semitische Schrift überhaupt. Charakter derselben.
Verschiedene Arten. Seite 137
A, Consonanten.
§. 41. Hebräische Schrift. Alter, verschiedene Charaktere
derselben ( Quadratschriit , Münzschrift , Samantani-
sche ). — i/jo
5. 42. Gegenseitiges Verhältnifs dieser Charaktere, a) Ver-
schiedene Hypothesen, — 145
§. 43« &) Wahrscheinliches Resultat. — 156
§. 44. Geschichte des Alphabets insbesondere. Anzahl, R.eihe,
Namen der Buchstaben. — 162
§. 45- Kannten die alten Hebräer Wortabtheilung, Abbrevia-
turen, Zahlzeichen? — 171
§. 46« Spätere Geschichte der Quadratschrift. — 175
§. 47> Schrieb man auch wohl Hebräisch mit griechischer
Schrift? — ißo
B. Vocale und Lesezeichen.
5. 48* Uebersicht. (Versch. Meinungen. Vocale in den an-
dern Schriftarten). — igS
§. 49. Zeitraum der lebenden Sprache. Ob man da Vocalzei-
chen kannte? — ij}5
5« 50. Vocalsetzung der LXX, des Josephus u. s. w. — 139
§.51. Spuren derselben in den Tantums und dem Tal-
mud. — » 195
vii i / n h a l l.
§. 52- Fernere Spuren bey Origer.es, Hieronymus. Ausspra-
che des Hebräischen bey den Kirchenvätern. Seite 196
§. 55. Entstehiui£;szeit der gegenwärtigen Punctation. Ein-
wüife dagegen. — 201
§• 54" 5^- Würdigung und Werth der masorethischen Vocal-
setzung. — 207
§. 57. Accente. — 219
Excurs zu §. 7. Bemerkungen über die phönizische und pu-
nischc Sprache und ihr Verhäluiifs zu der hebräischen. — 223
Nachtrüge. — 231
E
Einleitung.
ö. i.
ine Geschichte der hebräischen Sprache, wie sie in die-
sem Abrisse versucht worden ist, liefert in den frühern Zei-
ten eine Geschichte der Veränderungen und verschiedenen
Gestaltungen, welche die Sprache in dem freylich nicht
grofsen Zeiträume, den sie durchlebte, bey den verschiedenen
Schriftstellern annahm ; dabey die Untersuchung und Anga-
be dessen, was sich über ihren Ursprung, ihr Alter, ihren
ehemaligen Umfang, ihr Verhältnifs zu dem Phönizischen,
und einige verwandte Gegenstände festsetzen läfst. Nach.
dem Aussterben derselben wird sie eine Geschichte der alt-
hebräischen Sprachkunde, der grammatischen und lexicogra-
phischen Bearbeitung derselben; verschieden von der Ge-
schichte der alttestamentlichen Exegese, wie ein Theil vom
Ganzen, wiewohl jene die blofse Sprachkunde mehr voraus-
setzt, als einschliefst. Die Geschichte der neuern Gestal-
tungen der Sprache in den Schriften der Talmudisten und
Rabbinen bleibt hier, wo nur von einer Geschichte der alt-
hebräischen Sprache die Rede seyn soll, ausgeschlossen.
Man hat diesen Gegenstand theils in eigenen Schriften und
Abhandlungen, theils beyläufig in den Einleitungen zu he-
bräischen Sprachlehren oder theilweise in Literaturgeschich-
ten behandelt, aber vornehmlich bey Behandlung des erstem
Theils ist man zu sehr beym Aeufsern stchn geblieben, ohne
sich auf das Detail der Spracherscheinungen in grammati-
scher und lexicographischer Rücksicht einzulassen. Es soll
daher dieser Theil verhältnifsmäfsis am ausführlichsten be-
o
handelt werden, um so eine philologisch-historische Einlei-
A
& lil inleitu ng.
tung zu den Sprächlehren und Wörterbüchern dieser Spra-
che abzugeben. Belesenem Gelehrten überlasse ich, dassel-
be einst für die syrische und arabische Sprache zu leisten;
leider entbehren ja aber selbst die classischen Sprachen der
Giiechen und Römer einer eingehendem historischen Be-
handlung.
Unter den altern sind noch am genügendsten : Jf'ahoni Apjia-
ratus hihi. Proleg. HI. Vol. Em. Loescher da causis ling. hebr.
Cap. V — XII. V-ergl. Jo. Ch rfci diss. de liug. hehr. \'o. 1. i\ev
Prclc^g. in Pentateuchurii. Wenig brauchbar ist II. IV. Cleinm
Versuch einer kritischen Geschichte der hebräischen Sprache.
Heilbronn i75$i auch das bekannteste Werk: Ihneis Geschichte
der hebräischen Sprache r.nu Literatur, Halle i?"'>, beschrankt
sich blofs auf das AeuTsere, und enthält obendrein viele Mcrkraa-
]c von Flüchtigkeit. Durch eine ziemlich reiche Literatur zeich-
net sich aus: J. C lUuirimann hehraici Scrmorit elem'enta, cum
illius historiu brevhsima. Jrnae 1760 , wo die Geschichte lißS.
einnimmt. Aufserdem s. Hartmann s u. A- Sprachlehren. — Seit
dem Wiederaufleben der Wissenschaften vgl. Eichhorn $ Geschich-
te der neuein Sprachenkunde. Tli. I. S. .j57-
fi. 2.
Der Gegenstand zerfallt hiernach in zwev gröfsere Hälf-
ten. üeiGesehichte der lebenden, und der ausgestorbenen he-
bräischen Sprache. Die letztere behandeln wir in vier Zeit-
räumen. I. Periode des traditionellen Studiums bis zum /Er-
scheinen der ernten Grammatik^ vom Aussterben der Sprache
bis See. X. IT. Jilüt/te tles grammatisclten Studiums bey Jen
Juden, See. X — XIV. XV. III. Anfang desselben hey dm
Christen, gröfstentheils mit einseitiger Abhängigkeit 1 on Tra-
dition und Manier der Juden. See. XIV— W II. med. Seit-
dem IV. Bidlhe dimes S/udiums bey den Christen. Gelehrte
und vielseitige Benutzung der yeni'unditn Dialekte.
fi. .-•
Eine Geschichte der hebräischen Schrift, welche pas-
send mit dem vorigen Gegenstande verbunden wird, kann
Keinesweges ein« nur einigermaaiaen eingehende PsläogrSy
Einleitung. 3
phie der Schriftzüge und ihrer Veränderungen in der Zeit
enthalten, wozu es uns ganzlich an Datis fehlt. Sie liefert
daher nur die historischen Untersuchungen üher Alter und
Ursprung der gegenwärtigen Schrift, ihr Verhältnifs zu der
Münzschrift, und die wenigen Angaben über ihre nachheri-
gen Veränderungen ; vornehmlich aber die Entstehungsge-
schichte der Vocalsetzung, und die Würdigung der darin
enthaltenen Aussprache des Althebräischen.
A 2
Erster Abschnitt.
Geschichte der hebräischen Sprache bis zu ihrem
Aussterben.
6- 4-
Von den semitischen Sprachen überhaupt.
1. Die hebräische Sprache ist nur ein einzelner Dialekt
eines grofsen vorderasiatischen Sprach- und Völkerstammes,
welcher aufser Palästina ursprünglich noch Syrien , Phoni-
zien, Mesopotamien, Bsbylonien, Arabien und Aethiopien.
•umfafste. Man hat auch Assyrien und die kleinasiatischen
Provinzen Cappauozien und Pontus vom Halys an diesem
Sprachstamme beyzählen wollen, was aber mindestens noch
seht ungewifs ist: dagegen haben sich Zweige desselben zu
mehrern Zeiten weit über seine ursprünglichen Glänzen aus-
gedehnt, z. B. die phünizische Sprache schon im hohen Al-
terthum nach Karthago und in die auscrebreiteten Colonieen
o ö
•und Faktoreien dieses Ilandelsvolkes, und die arabische
Sprache im Mittelalter über die ganze Nordküste von Afiica
bis nach Spanien hin.
Ueber dio Frage, ob auch in Assyrien ein mit der hebrüisckcn
Sprache verwandter Dialekt geredet worden sey, «.unten §. 17,3.
Hiermit hängt auch die Untersuchung über die Sprache Klem-
aiiens bis an den Halys zusammen. Dochart (Canaan S. 535.).
Heeren (de Unguis imptrii persici, in den Comment. Soc Llrit.
T. I 111., Cl. -philol. et histor. p. 23 Jf.) U.A. nehmen hier einen
syrischen Dialekt an, und itÜtsen sich zugleich auf die Benen-
nung dieser Völker durch weifsc Syrer, Atmoavgci; allein i'trabo
(XII. am Anf.) schreibt den Cappadpziern ausdrücklich eine eige-
ne Sprache zu, deren Granzen er genau bezeichnet, und die noch
übrigen einzelnen Worte, welche entweder unbekannt sind, oder
als assyiisch-pcrsijch vorkommen (/.. B. mcv5„), inachen es, zu«
sainniengenommen mit dem Umstände, dafs sie persische heilige
Q. 4. Von den semitischen Sprachen überhaupt, 5
Gebräuche hatten (Stralu XV, p. 504 •"!. 1065) und dafs der Name
Kappadozien persisch sey {litrodot, 7, 72), wahrscheinlich, dafs
diese Provinzen der Abstammung und Sprache nnch zu dtm Assy-
rern, nicht Syrern, gehören. 5. Jablor.skii Opuscula ed, te Wa-
ter. T. II. pag. 126 S.
Auf der andern Seite finden sich allerdings Spuren, dafs in ein-
zelnen Gegenden Kleinasicns phönizisch geredet worden sey.
Von den Solymern, den Ureinwohnern Lyciens und Pisidiem,
sagt dieses Chörilus , ein Zeitgenosse Alexanders d. G. , in einem
Heldengedichte, das den Feldzng des Xerxes gegen Griechenland
beschrieb, bey Joseph, contra Apion, 1, 22:
Ykwjaav fjivj (£cr;;eeetv uto ffrofjtarwv £<pitvrtc.
Josephus selbst misdeutet zwar die ganze Stelle, indem er die
ZoXv/lcci von den Einwohnern von Jerusalem und den Juden versteht»
und man hat daher den Vers häufig zum Beweise gebraucht, dafs
die Juden phönizisch oder canaanitisch geredet (s. §. 7.); ande-
re haben dagegen den Irrthum längst gerügt, z. B. Bochart Ca-
naan. 1, 6. Havercamp zu d. St.
t 2. An einem passenden und erschöpfenden Namen für
diesen Völker- und Sprachstamm fehlt es. Schon die Kir-
chenväter, namentlich Hieronymus , nennen diese Sprachen,
vorzugsweise orientalische Sprachen; in neuern Zeiten hat
vorzüglich Eichhorn statt dessen die Benennung semitische
Sprachen empfohlen, weil nach der Völkertafel 1 Mos. iof
ai ff. die meisten jener Völker von Sem abgeleitet werden.
Indessen mufs man zugestehn, dafs auch dieser Name theila
zu weit, theils zu enge sey, mithin seinem Zwecke keines-
weges entspreche. Ist jedoch durch eine Erklärung diesem
Misverstande vorgebeugt, so mag man ihn immer beybe-
lialten.
S. Eichhorn! 's Allgem. Biblioth. d. bibl. Literatur. B. 6. St. 5.
S. 772 ff. Dagegen Stange^s theoloeischelä^mmicu. Th. s. No. 1.
letzterer erinnert mit Recht, dafs mehrere zu diesem Stamme ge-
hörige Völker, namentlich die Cuschäer in Arabien und Aethio-
pien (V. 7 it.) und die Canaaniter (V. 15 — 19.) auf Harn zurück-
geführt werden, dagegen von den Semiten (V. 22.) die Elamiter
gewifs, die Assyrer wahrscheinlich nicht dazu gehören. Da Lud
dunkel ist, so bleiben wirklich von den Abkömmlingen Sem* nur
zwey, Arjfhachsad (dessen Enkel Eber ist) und Arara, für uniorn
6 $• 4- f/'on den semitischen Sprachen überhaupt.
Sprachstamra übrig. Die Canaaniter betreffend wollte Eicliborn
zwar annehmen, dafssie, ursprüngliche Ilamiren, späterhin am
mittelländischen Meere die semitisclie Sprache angenommen hät-
ten , allein dieses ist blofse Vermuthung. Noch weniger erwie-
sen ist die Behauptung, dafs dem semitischen Stamme die Buch-
stabenschrift, den Hain i ton Uieioglyphensclnift, ursprünglich ei-
gen gewesen sey. — Da Verwandtschaft der Sprache einer der
untiiiglichsten Wegweiser für die Verwandtschaft der Völker ist,
so läfst sich vielmehr zweifeln, ob der Urheber jenes völkerhisto-
rischen Systems Recht hatte, wenn er einen Theil der arabischen
Stämme (V. 7.) für gänzlich verschiedenen Ursprungs mit andern,
den sogenannten Joctanidcn (V. 2.6 — 5>>.) erklärt , und eben so,
wenn er die Hebräer der Abstammung nach von den Canaani-
tern absondert,
3. Die verschiedenen Dialekte , in welche jener grofse
prachstamm zerfällt, theilen sich in drey Hauptzweige,
x) das Aramäische, in Syrien, Mesopotamien, Babylonien,
welches wiederum in West- und Ostaramäisch (Syrisch und
Chaldäisch) zerfällt. 2) Das Canaanitische oder Hebräische,
in Palästina und Phönizien, wovon das Punische ein Ab-
kömmling ist. 5) Das Arabische, wovon das Aethiopische
einen Nebenzweig ausmacht. Ein Gemisch aus dem Hebräi-
schen und Aramäischen ist das Samaiitanische.
Die Blüthe dieser Dialekte fällt in verschiedene Zeiten.
Die ältesten Spuren hat man von der Ausbildung des Hebrä-
ischen , in welchem uns überhaupt die ältesten Sprachdenk-
mäler aus dem Alterthume aufbewahrt sind. Mit seinem
Aussterben tritt allmählich das Ostaramäische oder Chaldäi-
sche hervor. Weit neuer noch ist, was wir aus dem Syri-
schen besitzen, und die Literatur der arabischen Sprache
reicht wenig über das Zeitalter des Muhammed hinauf, lie-
ber ihre frühere Zeit fehlen uns wenigstens die Notizen,
Wenn gleich ihre Bildung höher hinauf gehn mag.
Jetzt sind die meisten jener Dialekte ausgestorben oder
leben nur noch kümmerlich in unbedeutenden Districten;
das Arabische allein hat sie alle Überlebt, und ist nicht al-
lein als herrschende Landessprache duich ganz Syrien, Ae-
ß. 4. Kon den semitischen Sprachen überhaupt.
gypten, Arabien, und über die Nordküste von Africa, son-
dern aufserdem als Religionssprache durch Persien, die Tür-
key und so weit der Islam reicht, verbreitet. Dem religiö-
sen Interesse verdankt es insbesondere die hebräische Spra-
che, dafs die Kunde derselben nach ihrem Untergange un-
streitig weiter verbreitet worden ist, als sie es je bey ihrem
Leben gewesen, und dafs sie als Sprache der Reli.2;ionsur-
kunden bey zwey grofsen Religionspartheyen fortlebt, die
aus ihr hervorgegangen sind.
Einige n.ihere Notizen über Character, Geschichte und Litera-
tur dieser Dialekte, s. in Adelungs Mithridates. Th. 1. S. 299 ff.
Eichhornes Geschichte der neuern Sprachenkunde. Abtheil. 1.
S. 405 ff.
4. Die Verschiedenheit dieser Dialekte ist kaum so
«nrofs , als derer des slavischen oder germanischen Stammes,
wiewohl sie grölser und anderer Natur ist, als die der grie-
chischen Dialekte, welche man nicht ganz passend hier ver-
glichen hat. Einige der auffallendsten gemeinsamen Eigen-
tkümlichkeiten, worin sie alle von den abendländischen
Sprachen abweichen, sind: 1. Sie lieben Kehlhauche in
mehrern Abstufungen, die zum Theil für unser Organ un-
nachahmlich sind. 2. Die Stammwörter sind in der Regel
zweysylbig, und liegen gewöhnlicher im Verbo, als im No-
men. 5. Die Casus obliqui des Prt nomen und das gleichlau-
tende Pronomen possessivem werden immer an das Verbum,
das Nomen oder die Partikel angehängt. 4 Das Verbum hat
nur zwey Tempusforrnen , für den Optativ und Conjunctiv
sind sie kaum im Entstehen. Dagegen findet sich eine
durchgehende Analogie zum Ausdrucke der verschiedenen
TVIodificationen eines Verbalbegviffs. ,5. .Das Geschlecht ist
nur zwiefach, männlich und weiblich. Die Casus werden
nur durch Präpositionen bezeichnet, der Genitiv ganz eigen-
tümlich durch engere Verbindung mit dem Nolnen regen*.
Auch für den Comparativ und Superlativ gibt es keine be-
stimmte Formen. (Das Arabische macht hier eine Ausnah-
g g. 5. Jlcbräische Sprache.
me). 6. Composita bildet wieder das Nomen, noch das Ver-
bum, nur im Nomen proprium kommen sie vor. 7. Die Syn-
tax hat etwas Einfaches und die Diction ist höchst unperio-
disch, welches besonders an dem Mangel und dem unge-
schickten Gebrauch der Partikeln liegt.
C. G. Anton Versuch , das zuverlässigste Unterscheidungszei-
chen der orientalischen und occid «italischen Sprachen zu entdec-
ken. Leipzig 1792. $, ■
Hebräische Sprache. Verschiedene Namen derselben.
Nach diesem allgemeinen Ueberblick wenden wir uns
zur hebräischen Sprache selbst, mit welcher wir es von nun
an allein zu thun haben.
Der Name: hebräische Sprache (m*l3» I^S) kommt im
A.T. nicht vor, wiewohl er allerdings damals schon gebräuch-
lich gewesen seyn mag. Statt dessen heifst diese Sprache beym
Jes. ip^iß: 1^33 -naiy, Sprache Canaans, (wo aber der Aus-
druck mehr dichterisch, als der gewöhnliche, scheint), und
rmin'», auf jüdisch, 2 Kön. ig, 26. (vergl. Jes. 36, 11. 15.)
Nehem. 13, 24. Die letzteren Stellen folgen schon dem
Sprachgebrauche, welcher sogleich nach Wegführung der
10 Stämme entstand, wornach der Name Ja da , Juden auf
das ganze Land und Volk ausgedehnt wurde. Beym Te-
remias ist er schon als allgemeiner Volksname gewöhnlich
(32, 12. 38, 19. 40, 11. 43, 9.) und namentlich 34, 9 wird
Jude synonym mit Hebräer gebraucht x). Zuerst in den
Apocryphen (Prol. Sir.) und dann öfters im N. T. steht
l) Elias Levita in Tuisbi , v. i*lT"P. J'itringa ad Jes. 36, 11.
Dafs der Name Jude schon seit der Trennung des Reiches für
die ganze Nation stehe, behauptet fälschlich ßlanfcy zum Phi-
lo T. IL S. ß6- Vgl. Zimmermann Classification der Benen-
nung Juden, Hebräer u. ». vr. In Henke'« Museum. B. 2.
S. 638 tf-
Namen derselben. 9
ißnxisri oder ry tß^u'iii StxktKrq , aber hier in etwas
anderem Sinne von der damaligen aramäischen Landes-
sprache, welche an die Stelle des Althebräischen getreten
war. Joh. 5, 2. 19, 13. Apostelgesch. 21, 40. 22, 2. 26, 14.
Beym Josephus ist unter yXwffo-a ruv 'Eßgatiwv (Aichach \%/j.jm
2. u. öfter) stets die althebräische Sprache zu verstehn. r. /tfL4-)
Den Namen: heilige Sprache (Kt£>*i!!|2*l yüS) führt sie zuerst in .^
den Targg., z. B. 1 Mos. 11, 1. 31, 11. Targ. Hieros. 31, 47« ' '
45» 12. PseuJojon. Mjn bezeichnet sie damit als die Sprache der
heiligen Bücher im Gegensatz der Vn S der profanen Sprache,
d. i. der chaldaischen Landessprache.
Misbr.'uichsweise kommt einige Mal auch der Name: assyii-
o i J
sehe Sprache (ri'IWN) für die mit assyrischer Schrift geschriebene
hebräische Sprache vor. Tract. JVXegilla, Cap. 2. No. 1. T. II.
pag. 392. ed. Surer.h. Nlikne Abraham. Fol. 6. Gen Jakob. Fol.
142, col. 1.
Da es wohl Keines Beweises bedarf, dafs die hebräische
Sprache diesen Namen als Sprache des hebräischen T'olkes
(y\w<?ex tuv Eßoxtmv, D*n3»n }"i\üS) führe2), da der Sprachge-
brauch, Ursprung, die Bedeutung und. Schreibart dieses Na-
mens aber streitig zu seyn scheinen , so wird eine kurze Er-
läuterung dieser Puncte hier nicht am unrechten Orte
stehn.
1. Ueber den Unterschied des Namens: Hebräer 0*>3V,
fem. n% rp— , plur. er— , D*»") von Israelit, ergibt sich zu-
nächst folgendes : a) in den eigenen Schriften der He-
bräer steht dieser Name vorzüglich nur im Gegensatz ge-
gen andere Völker verschiedenen Stammes , z. B. Aegyp-
tier und Fhilistäer, oder wenn ein Nichthebräer redend
2) Doch hat Augusti (Einleit. in das A. T. S. 27.) eine andere ver-
sucht: ,,die Araber -werden (nach Abulpharadsch , s. Tococke
Spec. hist. Arabum. p. 3.) cingetheilt in die noch bestehenden
S > *
und die Erloschenen (gO^V.3% Zeigt ebrüisch vielleicht die
Sprache an, welche erloschen ("MV =.",2H interiit vergl. Iliob
34, 20. Ps. »44, 4 u. a.) ist?"
io Ö- 5- Hebräische Sprache.
eingeführt wird '). b) Die auswärtigen, griechischen
und römischen, Schriftsteller scheinen nur diese Namen
und den der Juden zu Kennen, den Namen Israeliten sar
nicht. So nennt sie Pau&ania.s rot/? 'Hßpumf (i, 6. 10,12.)
und ihr Land r,3;.«<ü,v xw?u (°\ 24*'> Tck itus {Bist. V, 2.);
und Josephus braucht ihn durchgehend». Dieses führt
auf ein Verhältmfs dieser beyden nebeneinander existiren-
den Namen, wie wir es von vielen 1 Ölkern hahen; Hebräer
ist der eigentliche Volksname, unter welchem es die. Aus-
wärtigen kennen, Israelit der patronymische oder genealo-
gische Name, der gewöhnlich nur bey dem \ olke herrschend
zu seyn pflegt.
Man vergl. die Namen Ungern (d. i. Fremdlinge) und Magya-
ren ; Germanen (Kriegsmänner) und Deutsche (verrnnthlicli p**
tronyroisch von Teilt); Phönizier und Canaaniter; Kdlmnck 1
(Zurückgebliebene) undOclots; Tsc!ierka>>seii (Wegabschneider,
Räuber) und Adige u. s. w. Es erhellt zugleich aus diesen Bcy.
spielen, dafs der erstere Name gewöhnlich appellativ sey, was wei-
ter unten zum Fingerzeige dienen mag.
Hiehex noch die Frage, ob der Name Hebräer im wei-
tem Sinne gebraucht werde, als Israelit?4) Allerdings
scheint diefs der Fall, nur dafs die Glänzen des Gebrauchs
nicht deutlich sind. Schon Abraham heilst der Hebräer (1 Mos.
14, 13.), worin die Andeutung li'gt, dafs man schon seinen
Stamm so genannt habe j 1 Mos. 10, ßi heißt Sem der \ ater
aller Söhne Kber'r., \;ü.s nicht ohne Nachdruck ist; im N.T.
endlich steht ffifuiffrt für svrochaldäisch (im Gegensatz von
griechisch und lateinisch), im A. T. dagegen n*"lVP 'im Gegen«.
▼ob aramäisch \ Durfte in letzterem Falle vielleicht nicht ein-
mal hebräisch stehn, insofern dieses im wcitei □ .^in-ic auch da«
Aramäische umfaUt hätte? — Indessen wiid doch nirgends
weder ein Abiahamit im weitem Sinne (/.. U. Ism.ielit, ldu-
3) S. mrin Krbr. Wörterb. ei. d. \Y. '«12V. Ausgenommen ist
* 1 llei( in uur 1 b.un. 1.3, 3. 7.
/j) Stuhlmumn's lln-b. 5. 8 j.
Namen derselben. i 1
niiier), noch ein Nachkomme des Eber (wozu auch die Joc-
tanitischen Araber und die Nahoriten gehören würden) mit
diesem Namen belegt, und der ursprünglich weitere Name
mag allmählich beschränkt worden seyn. In 2 Cor. n, 22.
Philipp. 3, 5 liegt wahrscheinlich gar kein Unterschied, son-
dern die Wiederholung ist hier Tautologie , wie aus axtqi*.*.
'Aßoxx/u. deutlich wird.
2. Den Ursprung des Namens führt die biblische Völ-
kertafel (1 Mos. 10, 24. 2']. ix, 14. 15.) auf einen Stammva-
ter las» C'P-5*?« Heber) zurück, und "\2V "»53 (10, 21), poe-
tisch I3i? (4 Mos. 2^, 24) steht für a*ipjj Hebräer, wel-
ches hiernach Patronymiaun von tay wäre. Allein schon
der Geist jener ganzen Völkertafel, in welcher überall Völ-
ker- Städte- und Ländernamen personiucirt werden , führt
darauf, jenen Eber nicht für eine historische, sondern für
eine mvthische Person zu halten, deren Name erst aus dem
Völkernamen gebildet -worden, wie dieses ohne Zweifel
auch mit Ion, JJorus, Aeolus der Fall ist.
Wie willkührlich die Morgenländer hier verfuhren,
zeigt dasBeyspiel der Araber, welche, wenn sie jene Stamm-
tafel wiederholen, statt des Heber einen ü*& oder 0%^
substituiren, welchen Namen sie aus 0*-ÄJ, !>-}*.& coli, die
Juden, abgeküizt haben s).
Welches der wahre Ursprung des Namens sey, ist na-
türlich schwerer zu sagen, dafs er aber ein ursprüngliches
s.!ppellatii-um sey, mag man wohl als entschieden annehmen.
Bey weitem am nächsten liegt die Ableitung von 13» =
"ynzn liP, das jenseitige Land, nämlich jenseit desEuphrat,
wornach D**i3V Jenseitige bedeutet, welchen Namen die Canaa-
niten sehr schicklich der einwandernden Horde des Abraham
gaben, oder welchen sie schon früher bey ihnen führen konnte.
Der Einwand, dafs ~\2V sonst nicht ohne Zusatz fiinnan ->3V
5) Uottingeri hist. Orient, p. 38 — 44.
12 $. 5« Hebräische Sprache. Namen derselben.
vorkomme, scheint unbedeutend. Der Name wäre dann etwa
gleichbedeutend mit Ungern (s. oben), oder D*ntfV& (von trHü
auswandern} 6\ Nach TJ'ahP^ war D^*OU ursprünglich ei-
nerlei mit D'2'i» Araber, in der Bedeutung : Nomaden, an-
dere haben die drey Yölkernaraen t3?*09, C31-» und 0"<ö^n
für ursprünglich einerley, und erst später getrennt ausge-
ben wollen (letzteres nach einer Verwechselung des n und y,
D und 3). Letzteres scheint zu kühn: erstere Vermuthung
hingegen liefee sich allenfalls durch den Umstand unterstüz-
zen, dafs 2 Sam. 15, 23 im Chethib misir wirk lieb, für
n"!3"ll> Steppen vorkommt.
5. Die deutsche und lateinische Orthographie schwankt
zwischen hebräisch und ebräisch; mit Unrecht, denn letzte-
res ist offenbar falsch. Aus dem hebräischen **OV ward im
Syrischen . rj^v, und daraus das griechische ijcsziof, lat. he-
braeus. Da wir einmal die Form aus dem Griechischen auf-
genommen haben, müssen wir sie auch in dieser Gestalt bey-
behalten, für die richtige Setzung des Spiritus asper zeugt
aber aufser den Codd. auch das Lateinische 8). Wollte man
6) So schon il. Bechai, Maimonides, Raschi, Luther. Nach ver-
schiedenen Gesichtspunkten s. darüber Bocharti Phaleg 1 1, 14.
Hottinger tlies. philol. p. 5- Löscher S, 53. P7 altern Prclegg.
111, 1. Hezöl S. 4 ff« Falsche Ableitungen unmittelbar von
*13!>, oder gar, wie Augustin (quaest. in Gewiss, lib. 1. <ju. 24.)
w;ll, von omni*.
7) Allgem. Geschichte der morgenlänclischen Sprachen. S. 453-
3) Die Spiiituaiion des hebräischen Nominis propra ist daher in
diesem Falle im Griechischen vollkommen gesichert, was sie
nicht immer ist, s. "Wlontfaucon zu Origenis TIexaplii T. IX»
S. 597. Mögen die Griechen sonst zwischen dem Spiritus /-••
mix und aspxr für V schwanken, hier ist clor Gebrauch fix für
den letzteren , wie z. B< bey 'Ap«ßt{ für den enteren. Auch
in» Lateinischen haben die Codd. nur hebräeut, and schwanken
nicht, vrle sonst wohl bcyni Ausdrucke semitischer Aspirationen,
t. B. Anmbal und Hannihul (Sl'U'On) , ygk lat. Sprach-
lehr« $. i<MO' Man dar! daher au fTerthei ei Schreib«
art ebraisch durchaus mcht auf die Aussprache des V selbst im
$. 6. Ursprung u. Alter d.hebr. Sprache überhaupt. 13
die hebräische Form nachahmen, so würde man ja das Volk
Ilibriten oder Ghibrüen nennen müssen.
ö- 6.
Ursprung und Alter der hebräischen Sprache überhaupt.
\. Die älteren Sprachforscher und Theologen hielten
sich bey Behandlung dieses Gegenstandes an die mythische
Geschichte der Genesis, welche bis zum babylonischen
Thurmbau Eine allgemeine Sprache herrschen, und aus die-
ser durch unmittelbare Einwirkung der zürnenden Gottheit
die verschiedenen Sprachen der Welt, mithin auch die he-
bräische, hervorgehn läfst ; in eine sinnige, bedeutungsvolle
Mythe ein Problem einhüllend, welches noch Keine Philoso-
phie befriedigend gelost hat.
Dem Mythus über die Sprachverwirrung (Gen. XI.) genau
analog ist eine griechische Fabel bey Philo (de confusione linguar.
p. 25 l* °d- Colon.), wo die Entstehung der verschiedenen Spra-
chen an das Ende des »oldenen Zeitalters versetzt und dem über
die Undankbarkeit der Menschen zürnenden Kronos zugeschrie-
ben wird : denn vorher redeten Menschen und Thiere Eine Spra-
che und verstanden sich wechselseitig. Vgl. Plato in Politico bey
Lochart (Phaleg S. 3).
2. Man ging aber noch weiter und erlaubte sich selbst
die Frage, welche Sprache denn jene ursprüngliche, allge-
meine (primaefa) gewesen sey. Nach dem\ organge der äl-
teren Juden 5) entschieden die Meisten zum Vortheile der
hebräischen Sprache, und suchten dieses durch mehrere Be-
weise zu unterstützen , namentlich 1. dafs die Namen vor
der Sprachverwirrung eine deutliche hebräische Etymologie
hätten, z. B. DIN Mensch, S^n Hauch, Vergänglichkeit
u. s. w. (nicht bedenkend, dafs diese Namen erst von He-
bräern gebildet oder umgebildet seyn könnten), 2. dafs fast
in allen Sprachen Spuren der hebräischen zu finden seyn,
Hebräischen zurückgehn. Vergl. Slevogt diss. acad. selectae.
p. 1467.
9) Onk. und Targ. Hieros. Gen. XI, 1« vgl. Jos. ArchäoL 1, 4.
10, 2.
14 ö- 6. Ursprung u. Aller d. heb/: Sprache überhaupt.
(was zumlheil sehr natürlich zugeht f(). iß.], zumTheil aher
durch einige zufällige Aehnlichkeiten gar nicht bewiesen
worden ist) IO ); 3. durch historische Auffassungen von Stel-
len, wie 1 Mos. 2, 23.
3. Suchen wir indessen unabhängig von jener mvthi-
»chen Ansicht etwas über das Alter und den Ursprung der-
selben auszumachen, so sehen wir uns von der Geschichte
gänzlich verlassen. Wir finden nämlich die Sprache in den
erwiesen ältesten Schriften schon auf dei jenigen Stufe der
Ausbildung und Vervollkommnung, welche sie überhaupt
erreicht hat, und wir können diese durchaus nicht verfolgen,
wie wir es z. B. bey der lateinischen und den germanischen
Sprachen können. Der Grad von grammatischer Bildung
aber, welchen sie besitzt, ist nicht gering, und setzt Jahr-
hunderte voraus I0t>). Auch darf man die Simplicität und
das Sinnliche, Poetische der Sprache11) nicht zu hoch in
Anschlag bringen, wenn von ihrem Alter die Rede ist, denn
jene Simplicität ist gröfstentheils Character des ganzen
Sprach stamm es , das Sinnliche und Poetische derselben aber
schwerlich bedeutender, als es in allen altern Original-Spra-
chen zu sevn pflegt. Der Onomatopotlica sind wirklieb we-
niger, als in den abendländischen, und als man erwaiten
sollte, und in der Aushildung der Radices Irilitterae liegt
eine Regelmäfsigkeit, wie sie wenige Sprachen aufzuweisen
haben.
10) Die altern Vorstellungen findet man zusammen in Steph. .~I7<>-
rini Exertitatt. de liti^ua primaeva. Lltraj. 1694. .\. C. //.
Jiode itiss. de -primaeva liuguae hebraeae antiquitate, praes. C B.
Michaelis. Halae 1740. 4. A. Pfeifferi Opera. S. (>[)(). , und
erneuert in sin ton de lingma primaeva eiusque in lingum hsbraea
reliquiis. l'it<b. ljjoo. 4.
1 1 '' ) Herder t Geist der hebr. Poesie. Tli. 1. ?. 54°' Eichliom's
Einleit. in das A. T. §. 10. Dali sie indessen in ihrem frühe-
ren Zeitalter hohe Dichtertprache gewesen s< \ . welche in un-
seren ältesten Urkunden schon in die Grinsen der Prosa herab»
^e7. , ist nicht nothwendig und nicht bey allen Spra-
i ben der lall.
11) Herder a. a. O. Th 1. S. 7 iL
g. 6. Ursprung u. Aller d. hebr. Sprache überhaupt. 15
Einige Onomatopoetii a sind : •»'ix, "»1n, M2X webe ! nN arh !
nNrt io! euge! n;M, n2N, p3M, pfp seufzen, ächz« n , %nh.
ppS lecken, p*YTÖ ffu^siy, iri turtur. Allein selbst die'meisten
Thicrlaute sind nicht nach dem Schalle gebildet, z. B. pn'i' la-
chen > Sn2£ wiehern, Dn3 brüllen.
4. Mehr als "wahrscheinlich ist, dafs es eine, Zeit gab, wo
die hebräische Sprache mit den verwandten Dialekten mehr
zusammenflofs, wo das Sprachgesetz der Trilittera noch nicht
ausgebildet war-*), allein wir können diese nicht nachweisen,
noch weniger reicht eine unserer hebräischen Schriften in jene
Zeit hinauf. Weil man den Stvl des Buches Hiob mit Ara-
mä Ismen und Arabismen versetzt fand, haben einige diesen
Umstand zu Hülfe nehmen wollen, um dem Buche jenes
Zeitalter anzuweisen, und sich auf die Mischung der grie-
chischen Dialekte im Homerischen Zeitalter berufen13), al-
lein jene Aramäismen und Arabismen sind keine anderen, als
die sich sonst in den poetischen Schriften des A. T., besonders
denen des zweyten Zeitalteis finden. Dieser Beweis für das
hohe Alter dieses Buches ist also nicht haltbarer, als alle
übrigen. (Vgl. §. xi, 2)
Die Angabe Gen. "1, 47> <^afc der lYTesopotamier Lnbrm einen
Ort auf Syrisch RnVlHW *U% Jacob denselben auf Hebräisch ivh^
(Hügel <!es Zeugnisses; genannt habe, setzt voraus , dafs schon
damals die Dialekte auf eiue ähnliche Weise, wie späterhin, ver-
theilt gew. .sen sevn. Genau genommen beweist diefs frevlich
blofs, d'fs es zur Zeit des Concipienten so der Fall war, und daft
dieser dasselbe im Patria rchenzeitalter annahm, allein die Sache
hat auch an sich gar nicht9 Unwahrscheinliches. Die Juden las-
sen auch den Abraham vor seiner Einwanderung in Canaan ara-
mäisch reden. Liier Cosri II, 6ß.
ii) S. Vorrede zu meinem Wörterb, Th. 2. S. XIV.» vgl. Simo-
nis Arinnum formarum. S. 140.
•3) H§en 'k J°ül' antiquissimi carminis h.ebraici natura et virtuti-
bus. S iß.
l<5 0. 7. Vaterland der selb. Verhältn.z.phöniz. Sprache.
<3- 7-
Vcterland derselben. Verhältnifs zur phönizischen Sprache.
Als dos Vaterland der hebräischen Sprache hat man ohne
Zweifel Palästina seihst anzusehn, und das ZusammentrefFen
deutlicher Erscheinungen vereinigt sich für die Behauptung,
dafs sie mit wenigen \ eränderungen schon die Sprache der
canaanitischen oder phönizischen Völkerstämme I4) war,
welche Palästina vor der Einwanderung der Abrahamiden
bewohnten, dafs sie von diesen angenommen ,y), nach Ae«
gypten verpflanzt, und wieder nach Canaan mitgebracht
wurde. Die wichtigsten Bestimmungsgründe sind folgende:
D Do O
1. Die Canaanitischen Personen- und Ortsnamen, sind
deutlich hebräisch, und gehen meistens eine sehr leicht auf-
findbare Etymologie, z. B. ^n^« (Vater des Königs),
pna ; •cSö (König der Gerechtigkeit) , ptar.*>*iM, CDttf, ~rp*lpJ
*l£D u. s. w. Man darf aber nicht etwa einwenden, dafs
man vielleicht den Ortschaften diese Namen erst später gege-
ben, oder Personen- und Ortsnamen mit einiger Verände-
rung hebraisirt habe, denn der Charakter derselben ist hier
zu durchgreifend, und man kann ja die persischen und ägyp-
tischen Namen (Q. 17, 1.2) veigleichen, an denen man sich
nur selten und geringe Veränderungen erlaubt hat. Einige-
mal, wo Namen geändert worden, ist dieses auch ausdrück-
lich angegeben. 4 Mos. 32, 3ß. Jos. 15, i5- 1% 47-
2. Derselbe Eall ist mit den phönizischen Eigennamen
und den theils aus Inschriften und Münzen entzifkrten,
14) 1^2» ,ü4j3 ist unstreitig der einheimische Nnmc des unter
dem Namen der Phönizier bekannten Volk.es. Selbst die Pa-
nier kannten ihn, nach ylugustiuus (expos. epist. od Romanos):
rusticos iuxla HippOtum intcrrpgatos, unde »Stent, punice rcsj>on-
disse Chanani 1. e. Chananaeos esss. Auch auf phönizischen
Münzen liest man J^'jD, s. Ekhel Doctrina uummor. T. IV.
S. 409.
lj) Nach Gen. 51, 47. würde mau iliescn zuvor eine aramäisch«
Mundart zuschreiben miusen. ( S. $. 0, 4 Aiuu.)
5.7. Vaterland dtrselb . Verhälln.z.phöniz.Spraclit. 17
theils her griechischen und römischen Schriftstellern erhal-
tenen phönizischen Wörtern, welche, so weit sie sieh wie-
dererkennen lassen, nach Form und Bedeutung mit dem He-
hiäischen entweder völlig coincidiren, oder doch sich ihm
mehr, als irgend einem andern verwandten Dialekte, selbst
dem Syrischen, nähern.
Sogar die punische Sprache Karthago's , welche früh
vom IVIutterstaate getrennt, in Africa gewifs viele fremd-
artige Theile aufgenommen hatte, kann ihren Ursprung
nicht verleugnen. Auch haben dieses unter den Alten na-
o
mentlich schon Augustin und Ilieronymus öfters ange-
merkt16).
Eine kleine Sammlung phönizischer und punischer Wörter mit
deutlicher Entzifferung- ist. weil sie hier zu weit erführt haben
würde, Exe. 1. zusammengestellt, und mit einigen Bemerkun-
gen über die Uebeneste des Phönizischen und Punischen begleitet
worden.
5. Die Canaaniter blieben nachher noch längere Zeit
mit den Hebräern zusammen im Lande wohnen, und es
wird nie einer Verschiedenheit der Sprache erwähnt. Die-
ses geschieht aber nicht allein in Bezug auf Aegypten (vgl.
Ps. ßi, 6. 1 1 4 , 1.), sondern auch auf solche Völker, welche
verwandte Mundarten redeten, z. B. das Aramäische im
Munde eines Assyrers (Jes. 36, 11.), das Ostaramäische der
Chaldäer (Jer. 5, 15).
4. Die hebräische Sprache selbst scheint gewisse Erschei-
nungen zu enthalten , die auf eine Ausbildung derselben in
Canaan führen. Z. B. f> Meer f. Meer d. i. Westseite, ohne
dafs es einen andern Ausdruck dafür gäbe. Man setzt hin-
l6) siu»ustin in cp. ad Rom. : Christus.... Hunc Hebraei di-
eunt JVIessiam , quod verbutn linguae punicae censonum est , ji-
cut alia Kebraea permulta et paene omnia. (Juaest. in Jud. 6,
16.: istae linguae non multum intet se diffwunk. Tract. KV,
in Joaiin. cognatae quippe sunt linguae isiae , ffbraca et punica,
Hieron. in Jes. 7. lingua punica , quae da Hebraeorurn foritibut
tnanare dicitur. Id. ad Jer. 5, 25. Vraef. in ep* ad Galat,
B
*6 §.J. Vaterland dersclb. Verhttlln. z. phöniz. Sprache.
2u17)-, dafs ihr innerer Bau für eine Ausbildung im Poly-
theismus beweise , allein die einzige Erscheinung, welche
hierauf bezogen zu werden pflegt, läfst sich auf ander«
Weise befriedigend und noch analoger erläutern ,8).
5. Sie heifst daher die Sprache Canaan's. Jes^ 19/ 0«
Eine Zusammenstellung der Beweise für diese Behauptung s.
in IVallon Aji-parut. bibl. Prolegomm. III, 14 — 19. BoJiarti Ca-
naan. Ii, 1. Clerlcus de lingua hehr. No. 5. Eellermunn Erklä-
rung der punischen Stellen im Pünnlus der Plautus. St. 1. S. 5 ff.
St. 3. S. 5 ff. Fälschlich berief man sich auf den Vers des Chü-
xilus (s. §.4, 1.). Unbedeutende, zum Theil selbst dogmatische,
Ceaengründ« s. in Aug. Pfeifferi Opp. S. 692. Füllen Miscell.
s. IV. 4.» und ohne weiteren Beweis nennt Herder (Geist d. ebr»
Poesie. Th. 1. S. 317.) diese Behauptung „eine der Fabeln unse-
rer Zeit, deren Sinn er nicht einmal begreife."
ö. 8-
Alter der Sprache in ihrer gegenwärtigen Gestalt.
Von der hebräischen Sprache in ihrer gegenwärtigen Ge-
stalt und den schriftstellerischen Producten derselben läfst
»ich mit gröfster Wahrscheinlichkeit behaupten, dafs sie
schwerlich über die davidisch -salomonische Periode hinauf-
reichen, und erst hier befinden wir uns bey einer Geschieh»
te der Sprache auf eigentlich historischem Boden.
>7) Eichhorns Einleit. in das A. T. Th. I. S. 50.
Iß) Von dem Plural D\"1-17M in der Singulavbedeufune Gott be-
hauptete zunächst Clericus (i/a lingua hebr. 1, 5. , und zu Gen,
1, 1. l», 5.) dem aber schon jüdische Ausleger vorangingen
(Cosri ed. Buxtvrf. S. 256.), daf» er polytheistischen Ursprungs,
aber nach Einführung des Monotheismus bevbehaltcn, und auf
den Gott bezogen worden sey, welcher an die Stelle aller Göt*
ter trat. Ihm folgten Herder (Geist der hebr. Poesie. Tln I.
S. 4Ö-)k GabUr (-11 Eichhorns Urgesch. Th. 1. S. 220. Th. 2.
ii. 1. S. 103 ff. B. 2. S. aiß iL), Eichhorn (zu Simonis Lex.
hubr. S. 120.). Allein dieser Mnjcstatsplin.il findet sich auch
hey andern Nominibus domiuü, X. B, c^l«, D^Sva, wd ein«
•olohe Eiklarung nicht zulassig ist. Der bedanke bi beult mit-
hin mehr ingcniuS, als in der Sprache selbst ^'gründet.
Q. ß. Alter der Sprache in ihrer gegenwärtigen Gestall. 1 9
In der Voraussetzung, dafs der Pentateuch ein Produet
des mosaischen Zeitalters sey, mufste man sonst den Termi-
nus a quo um ein Bedeutendes höher hin aufrücken; allein
60 gelehrte Vertheidiger diese noch in unseren Zeiten gefun-
den hat, so möchte sie doch kaum mehr vor dem Forum
einer unparteyischen Kritik bestehn.
Wären dafür auch keine historischen Gründe, so wür-
de schon, was uns hier allein angeht, die Sprache ein
sehr bedeutendes Moment in die Wagschaale legen. Es ist
Thatsache, dafs die Sprache des Pentateuchs vollkommen
mit der der übrigen altern historischen Bücher, und in den
poetischen Abschnitten mit den übrigen Poesien des ersten
Zeitalters der Sprache coincidire x*). Lägen diese Schrif-
ten beynahe 1000 Jahre auseinander, wie man behauptet,
indem man jene dem Mose zuschreibt, so würden wir eine
Erscheinung vor uns haben, die in der ganzen Spracho-e^
schichte ihres Gleichen nicht hat, nämlich, dafs die lebende
Sprache und der Ideenkreis eines Volkes in einem solchen
Zeiträume so unverändert geblieben sey. Man hat dieses
zwar dadurch zu erklären gesucht20), dafs sich theils die
morgenländischen Sprachen, gleich ihren Sitten und Gebräu-
chen, weniger veränderten, als die abendländischen , theils
dafs Mose's Schriften, als die classischen der Nation, Norm
und Regulativ für die folgenden Schriftsteller geworden
seyn. Allein es läfst sich leicht zeigen, wie unzureichend
diese Angaben zur Erklärung unseres Gegenstandes seyn. Die
erstere wird keinesweges in einem solchen Grade von der Ge-
schichte, unterstützt, denn alle bekannten morgenländischen
Sprachen, die wir während eines Zeitraums von 1O0Ö Jah-
ren übersehen können, haben während dessen sehr sichtbare
19) Die unbedeutenden Idiotismen (§. 12, t.) können liier nicht
in Betracht kommen.
20) Michaelis Einleit. in das A. T. S. 166 IT. Jahns Einleit.
Th. 1. S. 266. Eckermanns theol. Beiträge. B. £. St. 1,
8. 92 ff.
B a
£0 Ö- 8» -Alter der Sprache in ihrer gegenwärtigen Gestalt.
Veränderungen erlitten21); die letztere hat noch weniger
Bedeutung.
Man behauptet damit entweder, dafs nur die Schrift*
Stellersprache sich den alten Urkunden nachgebildet habe,
oder dafs selbst die lebende Sprache durch einen solchen
Classiker gleichsam festgehalten worden sev. In dem ersteren
Falle beruft man sich auf das Beyspiel der griechischen und
römischen Classiker, des Koran und der Lutherischen Bibel,
und nur dieser hat einen Schein für sich. Allein zunächst
widerspricht es andern deutlichen Anzeigen, dafs die mosai-
schen Schriften nicht allein so früh existirten, sondern auch,
wie jene Classiker, in Aller Händen waren. Ferner tragen die
übrigen historischen Bücher keinesweges den Charakter der
Nachahmung an sich, wie etwa die spätem nachahmenden
Psalmen. Sie verhalten sich keinesweges zum Pentateuch,
wie etwa die Poesien der Alexandriner zu Homer, sondern
sie erscheinen nach Sprache und Charakter als Producte des*
seihen oder eines sehr ähnlichen Zeitgeistes. Endlich be-
weisen jene Analogieeu gar nicht, was sie sollen. Die der
Classiker gehört nicht dahin, denn es ist hier von einer le-
benden, nicht todten Sprache die Rede: die beyden übrigen
aber beweisen dagegen; denn weder unsere, noch der Ara-
ber Schriftsprache ist mehr die des Koran oder der Lutheri-
schen Bibel. — Der letztere Fall widerlegt sich von selbst.
Selbst in unserem Zeitalter des Studirens ist es undenkbar,
dafs ein Schriftsteller, sey er noch so classisch, den Drang
der lebenden Sprache im geringsten aufhalte, geschweige im
2i) Am scheinbarsten beruft sich Jahn a. a. (). auf «.las Bcvspiel
des Syrischen in Her PeschitO (See. II.), welches von dem de»
Abnllaragins (See. XIII.) im Wesentlichen nicht vei schieden
sey. Allein es scheint hier ein Hailptutastaiid üb« reehn KU seyn,
dafs nämlich die syrische Sprache s ül d< i ral istheri Ilerrscli.lt
eine absterbende , knurr neuen Bildungen Iah ige Sprach* war.
Der Sprachvoirath ist .iber in bi'vdtii allerdings merklich vir-
schieden.
Q. o. Erstes Zeitaller derselbe Poetische Sprache. 21
Alterthume, wo so ohne Vergleich weniger gelesen und ge-
schrieben, desto mehr geredet und gehandelt wurde. Eher
ist es der Fall, dafs die Sprache ihre älteren Urkunden selbst
in ihrem Wechsel mit sich fortreifset, und sie zwinget, mit
den Zungen späterer Zeitalter zu reden. Liegen also auch
wirklich im Pentateuch hie und da weit ältere Urkunden zu
Grunde (was z. B. beym Decalogus grofse Wahrscheinlich-
keit hat), so mufs man doch nothwendig eine spätere Ueber-
arbeitung und Einkleidung derselben in die Sprache der Zeit
annehmen. Für die Sprachgeschichte bleibt das Resultat
dasselbe, nämlich, dafs die schriftstellerischen Producte des
A. T. vor dem Exil in ihrer gegenwärtigen Gestalt der Zeit
nach nicht weit aus einander liegen können, und nur dieses
sollte hier behauptet werden22,).
ß. 9-
Erstes Zeitalter der hebräischen Sprache.
1. Wie die Sprache uns gegenwärtig in den Schriften
des A. T. erscheint, lassen sich nur zwey durch ihren Cha-
rakter merklich geschiedene Zeitalter derselben unterschei-
den, wovon das eine die Schriften vor dem Exil, das zwey-
te die Schriften während und nach demselben umfafst.
Nicht unpassend hat man jenes das goldene, dieses das sil-
berne Zeitalter derselben genannt.
2. Es bestehen hier vornehmlich zweyClassen der Dic-
tion nebeneinander, die Prosa der gemeinen Geschichtser-
zählung und die poetische Diction, welche letztere mit allen
ihren Eioenthümlichkeiten auch in den historischen Büchern
eintritt, sobald Prophezeiungen, Segnungen, Lobgesänge
äich zur Poesie erheben. Diese Dichtersprache, welche sich
2 2) Gegen die (Note 20) angegebenen Schriftsteller 8. unter an-
dern Fulda in Paulus N. Repert. Tb. 3. S. iQ5. Othmar (NacJi-
ticr.ll; jn Henke's Magazin. Th. 2. S. 471. Vergl. Adelurg's
jNl.tliridat. Th. 1. S. 559. Meyers Hermeneutik des A. T.
Tb. 1. tf. 124. 126.
Jf£ 5< 9. Erstes Zeitalter derselb. Poetische Sprache.
auch äufserlich, zwar nicht durch Sylbenmessung, aber doch
durch rythmische Abmessung der Perioden und des Paralle-
lismus derselben bezeichnet, hat aufserdem in Rücksicht auf
Sprachgebrauch, Wortformen und Wortbedeutungen, gram-
matische Fügungen u. s. w. mancherley Eigentümlichkei-
ten , welche nicht immer hinlänglich beobachtet worden
sind. Die meisten dieser Eigenthümlichkeiten sind in an-
dern Dialekten , namentlich im Syrischen, gerade das Ge-
wöhnliche, womit es zusammenhängt, dafs sich Einzelne»
auch in der spätem aramäisch- gefärbten Diction des silber-
nen Zeitalters wieder hndet. Die Propheten stehn in Rück-
sicht auf Rvthmus und Sprache in der Mitte zwischen Poe-
sie und Prosa ; doch schliefsen sich die des goldenen Zeital-
ters beynahe völlig den Dichtern an , erst die jungem,
z. B. Jeremia, und Ezechiel , nahein sich der prosaischen
Diction 23).
Ueber den Rythmus s. de PVette's Commentar über die Psal-
men. Einleit. $. 7. Ueber die Eigenthümlichkeiten der Dichter-
sprache G. I. L. Vogel lib. sing, de dialecto poStica V. T. Heimst.
1784. 4'» die Vorrede zu meinem Worterb. Th. 1. S. XXV-XXVII.
und die Nachträge dazu. Th. 2. S. 1535. Hier nur .eine kleine
.Auswahl, wodurch das Obige hier und da vervollständigt wer-
den kann.
Eigentümliche TT'örter, wofür die Prosa gTüfstentheils andere
hat, sind; «rl3N Mensch, f. DIN; nn*« kommen, f. Ni3; n*n
anzeigen, f. V3n; n^?ö Wort, f. *0"i; dp Vorzeit, f. oMv;
C1nn rluth, f. D^B Wasser.
Zu den JJ'ortbifdeutungen gehurt besonders der Gebrauch ge-
wisser Ad\ectivn als Sahst, für ein bestimmtes Subject, z. B. V3N
der Starke, d. i. Gott; *>*M der Starke, f. Stier; nvrp J.is Ein-
a^;e, Liebste, f. das Leben u. s. w. Aufserdem ^&1*, -j~"*,
l'iVV als Volksnamen für Reich Israel, laxaäl überhaupt, Edom
U. 8. W.
*5) Abaibenel zu Exod. XV. sagt, nachdem rr auf mehrere poc"ti-
»che rönnen aufmerksam gemacht hat: non existimtunluni, prin-
tipem j>ropii<.'tarum errasse circa aecuratam literarum ratio:i?m et
frdinem tcrtp(ionis Warum: vertun carnfinii ratio et tr.eioJiaa ne-
»etutas sie yostularunt.
5.9. Erstes Zeitaller der selb. Poetische Sprache. *3
M'ort formen: nShü f. QVIVm Gott; Hin f. nrn seyn; tä"1»»^
Völker, nUtt) Jahre, nto* Tage', für B*Q9t b*3W, 0*»»' ; V®»
•»SO für ]C; "30 für *1§33 von mir; Ij'SlT' für ^V eewirdgehen.
Grammatische Formen und Fügungen: Die parao-ogischen Buch-
staben ftv- 1 und *»-r- am Nomen, ersteres am St. ahsol. , letzte-
res am Xomen regens; die Sujjfixa auf 1ö, z. B. 1ö— , 1öS,
1»^— (für d— , cnb, n.-r— ), nrp-77-, *n1 für ■n— , *3>s- fa*
^i__; die Pluralformen p^ und *>-=- für C^-;— ; der Gebraucli
von PL und Hiph. als Intransitivum, des abgekürzten Futuri für
das gewöhnliche, der h.iufiee Gebrauch des Participii fürs Verbum
finitum, häufigere Unreselmäfsislceiten iiu Numerus und Genus, Er-
Jipse der Präpositionen u. s. w.
3. Eine strenge Bestimmung dessen, was diesem oder
dem folgenden Zeitalter angehört, wird durch die Beschaf-
fenheit der hehräischen Literatur unmöglich, wäre auch
nicht dieses Orts. Im Allgemeinen läfst sich nur Folgendes
mit einiger Wahrscheinlichkeit hehaupten, Von den grö-
fsern historischen Schriften können der Pentateuch, die Bü-
cher Josua und der Richter, Samuels und der Könige hieher
gerechnet werden , wenigstens sind gewifs ihre Hauptbe-
standteile in dieser Periode abgefafst, wenn gleich die Ar>
tiahme einer spätem Redaction, nebst Hinzufügung einzel-
ner Theile nothwendig bleibt24). Die Psalmensammlung
enthält, besonders in den ersten Büchern, ohne Zweifel vie-
le alte, achtdavidische, oder aus seiner Schule hervorgegan-
gene Stücke, indessen die Mehrzahl derselben bezeichnet
sich als Erzeugnifs der spätem Zeit. Die Beurtheilung im
Einzelnen hat nicht selten bedeutende Schwierigkeiten, da
spätere Dichter oft die Sprache der frühern sehr glücklich
nachahmen, und, wie die korachitischen Lieder , sie am
poetischen Werthe vielleicht übertreffen. Indessen ist sie
von höchster Wichtigkeit, und mit Recht hat man die Be-
hauptung aufgestellt, dafs insbesondere eine gewisse
24) Z B. vom Pentateuch der Segen Bfose's Deut. 33, dessen
V. 7. schwerlich irgendwo anders als im Exil geschrieben seyn
kann.
14 5- 9' Erstes Zeitalter de? selb. Poetische Sprache.
Schwerfälligkeit, Gedrungenheit und Kühnheit, ein Ringen
mit Stoff und Sprache, als ein Merkmal der Alieithümlich-?
keit angesehn werden könne 2S\ Spätere Dichter beweg-
ten sich in gewohnten Formen , während ältere die Bahn
erst brechen mufsten. Die Sammlung der Proverbien,
in welcher mehr Einheit des Charakters und der Sprache
ist, enthält keine Theile , hey denen die Annahme späterer
Abfassung nothwendig wäre. Zunächst an diese schliefst
sich das Buch Hiob , wiewohl es sich in anderer Rücksicht
wiederum zu dem spätem Charakter hinneigt. (S. Q. 12, 2).
Am sichersten ist noch die Zeitbestimmung und Aecht-
heit der Propheten, bey denen nur ihr relatives Alter zuweilen
Schwierigkeit macht. Den Anfang machen die vier Zeitgenos-
sen Arnos, Hosea, Micha, Jesaia26), von denen sich besonders
Hosea durch alterthümliche Schwerfälligkeit und Inconcinni-
tilt des Ausdrucks auszeichnet ; an sie schliefsen sich zunächst
Joel, Nahum undllabacuc, gleich ausgezeichnet durch hohen
poetischen Schwung ;, lebhaftes Colorit, und eine gewisse
classische Concinnität, worin sie Joel alle übertrifft27);
25) Z.B. Ps, io, 6ß. Dathes Psalmen übers. S. 147. de Wette1 %
Comment. über die Psalmen. S. 23 ff. Derselbe lall ist bey den
altern Propheten.
26) Hier müssen nur die vielen spätem unächten Stücke, die
sich in seiner Sammlung befinden, namentlich Cap. \0 — 66
abgerechnet werden. Letztere Capp. machen übrigens wieder-
um ein Ganzes aus, welches am Ende des babylonischen Exils
abgefafst, wiewohl gedehnt und wiederholend 1 nicht geringe
Vorzüge der Sprache besitzt. Es mufs bey dieser Operation
vielleiekt über die Hälfte dem Jcsaias abgesprochen weiden,
so dafs man fragen könnte, wie die Sammlung zu dem Collcc-
livnamcn des Jesaia gekommen sev. Wohl nach dem bekann-
ten • a potiori — - welclies die Hebräer so häufig leitete. Wer
Weifa aber nicht, nie unkritisch die l'ebevschnften morgenlän-
difchcr Werke und Sammlungen gewählt sind?
$7) Mehrere Parallelen, besonders historischer Art, zwischen
lo.l und Arnos, weisen dielen beyden Propheten ungefähr ein
Q. 10. Zu-pytes Zeitalter. Spätere ■u.chcildaisir. Sprache. %$
beynahe gleichzeitige Zeugen der Zerstörung Jerusalems
durch die Chaldäer und der Wegführung" waren Qbadia,
Zephanja , und Jeremia , welcher letztere auf den Trüm-
mern Jerusalems seine Elegieen sang; Ezechiel endlich
sprach seine Orakel schon im Exil an den Ufern des Chabo-
ras aus. Zwar der originellste der Dichter, dessen üppige
Phantasie in neuen gigantisch- grotesken Bildern schwelgt,
besitzt er doch zu wenig Geschmack und Concinnität, um
den Namen eines classischen Schriftstellers zu verdienen.
Einige wenige Notizen über veränderten Sprachgebrauch gibt
die Bibel selbst, z. B. 1 Sam. g, 9 die Bemerkung, dafs für N"OS
(Prophet) fnilicrhin d. i. zu Samuels Zeit ,-|N*l (Seher) gewöhnli-
cher gewesen scy, welchen Namen auch Samuel vorzugsweise führt.
2 Sam. 9, 9 ff. 1 Chron. 9, 22. 26, 2Q. 29, 29 (aber auch ein weit
späterer Prophet Chanani. 2 Chron. iß, 7. 10). In Exod. 5, 14
land man sonst die Notiz, dafs erst hier der Name mn* an die
Stelle de» altern 1V25 getreten sey, allein den wahren Sinn der
Stelle zeigte schon J. C. Bonnet (Biblioth. Hagan. CI. IV. p. 205.)
vergl. de JT'ette Beytr. IL S. 177-83« Die Notizen über verän-
derte Ortsnamen sammelt z. B. Vater (Comment. über den Penta-
teuch. Th. 3. S. 651). Spuren älterer Sprache enthalten auch die
Nomina propria.
0. 10.
Zweytes Zeitalter. Spätere und chaldaisirende Sprache.
1. Mit dem Exil beginnt eine neue Epoche für Sprache
und Literatur, welche sich vornehmlich durch Annäherung
der Sprache an den verwandten ostaramaischen Dialekt be-
zeichnet, an welchen sich die Juden in den Ländern des
Exils gewöhnten. Dieser Dialekt diente ihnen anfangs nur
neben der hebräischen Sprache als Volkssprache, verdrängte
aber nach der Rückkehr den altern Dialekt allmählich völ-
lig aus dem Munde des Volkes , so dafs er sich nur noch als
gleiches Zeitalter an. S. RosenmMler Scholia in V. T. P.VII. Vol. I.
S. 433« nach Vitringa. Nur um etwas später sind Nahum und
Habacnc, wovon der erste des Einfalls der Assyrer, der letzte
der Cualdäer erwähne.
fl6 Q. to. Zweytes Zeitalter. Spätere u.chaldaisir. Sprache.
Büchersprache his an das Ende der makkabäischen Periode
erhielt, auf welche übrigens der Einflufs der verwandten
Volkssprache ganz unvermeidlich war. Dieser Einflufs ist
übrigens nicht bey allen schriftstellerischen Productea die-
ser Epoche gleich grofs , und mehrere Stücke, welchen hi-
storische Beziehungen ein spätes Zeitalter anweisen, geben
in Ansehung auf Reinheit der Sprache den Werken des vo-
rigen Zeitalters nichts nach28).
2. Wie an Reinheit der Sprache, so steht diese« Zeital-
ter auch an historischer und poetischer Composition im All-
gemeinen dem vorigen nach. Die Jüngern Propheten Jlag-
gai, Maleachi und mehrere späte Psahnisten dichten meist
kraftlos und wässerig, und tragen arm an Erfindung älter«
Phrasen zusammen29); die Bücher Daniel, Esther, Jona
enthalten Legenden in einem gesunkenen jüdischen Ge-
«chmacke; die Chronik endlich ist eine von spätem Prie»
stein und in ihrem Geiste verfafste unkritische Compila-
tion älterer Geschichtswerke. Indessen darf dieses Ur-
theil nicht zu allgemein ausgesprochen werden , da zumal
die makkabäische Periode zeigt , dafs der alte Geist noch
nicht ganz von der hart gedrückten Nation gewichen, im
Ge^entheil in Einzelnen lebendiger, als je, erwacht und
schöner aufgeblüht war. Warum hätte aber ein religiöser
28) So t. B, Pseudojesaias (Cap. 40 — 66), die koracliitischen Lie-
der, welche meistens in das Exil oder die Zeiten nach dem-
selben gehören (Psalm 44. 84* 85)» die meisten sogenannten
Stufcnlieder (Psalm 120 ff.) aus derselben Zeit, »elbst Ps. 74.
70 und einige andere, in denen wir mit Paulus, IiosenmuU
ler , ds Wette das makkab.iische Zeitalter erkennen. Rein-
heit der Sprache kann also nie zu einem sichern Kriterium
des Alterthums dienen, wiewohl umgekehrt eiiio chaldaisirenJo
Sprache sicher auf ein spateres Zeitalter fuhrt. Vgl. 4f 17 ctte
a. a. O. S. 16. 86.
29) Z. 1). Ps. <iq. (vgl. 2a.) 25. 35. 88- So die Liedes in der
Chronik, das Danklied dei Jona (C»p. 2).
ß. io. Zi-veyLes Zeitalter. Spätere u. chaldaisir. Sprache'. 27
Enthusiasmus, wie dieser, nicht auch zu etwas anderem,
als Waffen und Kampf begeistern sollen? 30) Nun aber ge-
bührt wirklich nicht allein den meisten obenerwähnten Stük*
ken (s. Anm. 23) ein hoher poetischer Werth, von Seiten des
Geschmacks, der Gedanken und der Darstellung, sondern
derselbe Fall ist auch bey solchen Büchern, wo die Sprache
schon jung und chaldaisirend ist, welches ihrem poetischen
Werthe ohnehin keinen Eintrag thun könnte. Dahin gehören
der schöne Psalm 139, das Buch Koheleth , .die Idyllen des
Hohenliedes, einzelne erhabene Visionen des Daniel (z. B.
Cap.7.) u. s. w. Man hat diesen Umstand zu sehr übersehn,
und z.B. bey den Untersuchungen über den Hiob einen ganz
unrichtigen Gebrauch davon gemacht.
5. Diejenigen Bücher, in welchen diese spätere ehal-
däisch- gefärbte Sprache am bestimmtesten hervortritt ma-
chen einen sich wechselseitig erläuternden Cvclus von
Schriften aus , zu deren Auslegung das Chaldäische der
Targg., hier und da auch die gleichzeitigen aus aramäischen
Originalen übersetzten Apokryphen noch nicht genucr benutz-
te Dienste leisten. Dieses sind Esther, Koheleth, die Chro-
nik, Daniel, Jona, einzelne Psalmen. Eine etwas reinere
Sprache findet sich im Esra, Nehemia, Zacharia, Maleachi
und dem Hohenliede, welchem sich Hiob anschliefst. Die
Bücher Daniel und Esra enthalten aber bekanntlich schon
ganz chaldäische Stücke.
4. Unter den Bestandteilen dieser spätem Diction mag
man die eigentlichen Chaldaismen von den übrigen Ei<rcn-
thümlichkeiten des jüngeren Hebraismus unterscheiden.
Die ersteren zahlreicheren sind doppelter Art. Entweder
hat man das aramäische Wort geradezu nach Form und Be-
deutung aufgenommen, und dieses ist meistens der Fall
50) Vgl. C. G. Banget Supplcm. ad introd. in libr. Psalmorum.
(Tub. 1Q06), der sich sehr treffend auch auf Sirach beruft.
28 5- l0' Zitiertes Zeitalter. Später eu.chaldaisir. Sprache.
oder man hat den aramäischen Sprachgehrauch, die dort ge-
wöhnliche Wendung und Bedeutung u. s. w. mit Beybehal-
tung der hebräischen Form nachgebildet.
Z B. n» im Altbebr. nur was? cbaldaisirend : ty'-n»t ? v^O
das, was; *m'JSI tt/"» wiederholt für: quidam, quidam, ist Nachbil-
dung des arain. 5 h*\ ; das pleonastiscbe 1ÜN DipO an dem Orte,
wo, für wo, ist das syr. 5 hl\ *^\ÜM Slü3 Koliel. ß> X7J das
aram. i S^13 u. s. w,
Die Jüngern Hebraismen, welche sich nicht im Aramäi-
schen nachweisen lassen, machen sich besonders dann kennt-
lich, wenn in den altern Schriften für denselben Begriit* ein
andeier Ausdruck herrschend war, z.B. ro^y^n DnS Schau-
brot f. Ü"33n cnb. Da die Sprache des Talmud und derRab-
binen sich an diesen Jüngern Sprachgebrauch an*chliefst, so
ist Mehreres davon bey diesen gewöhnlich geblieben, und
läfst sich aus ihnen mit Nutzen erläutern. S. Q. 14 , 5-
21, 2.
5. Da mir noch kein Versuch bekannt ist, die Hauptmo-
mente dieser spätem Diction zusammenzustellen31), so mag-
hier eine Auswahl des Wichtigsten zur Uebersicht stehn.
Zur Ersparung des Raumes sind die belegenden Citate und
Parallelen aus dem Aramäischen weggelassen worden, wel-
che man durch Nachschlagen meines Wörterbuchs leicht er-
gänzen kann. Damit man zugleich das Yrrhältnifs dessen,
was Chaldaismus ist, oder sonst der jungem Sprache ange-
hört, übersehe, sind die Idiotismen, wozu sich im Chaldäi-
schen Parallelen finden, mit einem Sternchen bezeichnet.
Spätere JTörtrr sind: y>2* liyssus (sonst tt/ttf), MV! Rurg,
yoia* Grube, T33* Schatz, \ri* Zeit, D*»Vr» Edle, Vornehme,
vy~n Geschlecht, Stamm, nebst dem /Vr/'oCT^n a-royQatyfjZat ;
B«h II. ausstrecken, 133* nivov, ljn_,$t, 13* Ucuaideniaafs, s.
51) Einen gtfingen Anfang machte Löscher de causis ling. hehr.
S. 63.
$), 10. Zmeytes Zeitalter. Spätere u. chaldaisir . Sprache. 25/
v. a. 1»'n, 1W3* recht, glücklich seyn, ")31*n und itÖ«Ü Tem-
pelzimnier, n3*>*JÖ* Provinz, tt'Tl» Auslegung* rOTVttri DPlS
Schaubrot (•• D*05n 0n*>), nKj/vorstebn , pjlO Ei.ue^f. -fj3)i
*)30, SdO, n ^30*' Thor," Thorrjeit; -t2V, "^V.»* Arbeit, W< rk •
m.i/* Vörhof (t. *iin) i nsi?, rrft^brsnv bes; gkic-hwie; rrtH>*
jemandes gedenken ; *pVX Bedürfnils; *)ÄpJ ==npVhebjrien, m-
pfangen; 13:&* bemerken Fi. warien, hoKen; X2-Ü, "litt?, 35tff
grofs seyn; Wttf- Einsicht, Verstand, und b'Oiun — habei ■ n'att/
loben, preisen ; üVl)" hellsehen, nebst *2*-W> und ]1wSt' ; IIB
Reihe, töfl gerade seyn, -werden; flpn stark; tnächtig ktyxi,
nebst t]pFi und *|*j3fli Fast alle Monatsnamen, z. ß. *0*O , ibcS ,
Oefters zieht die spätere Sprache nur gewisse Formen vor, wo-
für in der altern verwandte gebräuchlich waten. Sie liebt die
Substantive auf *— , *1 und n**, z. B. "«*i2* Gebäude, ■•Ol* Ge-
schäft; *S3^n Verstand, * 1 in*;* Vorzug , |1*Hü'2 Glück ,' ]1*y~l
Streben," llttVjtt Herrschaft; n"^»* M^ÖO* mrir'r, t^JH
u.s. w. Ferner die Formen, wie 3 P 3 Bucls, liCT Zeit, Ins sonst.
« t : ■ t : t :
die Adjectiva, wie tä^ttfj p^fliJ, "ppH. Andere einzelnere Bcv-
spiele Bind: i'^ll« für "EjHN Purpur; n35 = 13 Garten, ni3*i
1 '•»::- ' t t : - * t • ' - ^ r . •
= 131 Ursache; mi*- Vortheil und adv. mehr ; IftNtt Wort,
Befehl; »>-tJ0* = M**1 Kenntnifs; Ni31 = n331 zehntausend;
piy»1l f. piy»-i Damascus; mn = rpn seyn. Statt des altern
r ■• r T T TT
JSom. propr. Vl/i"*» substituirt die jüngere Sprache 5,,'tt.'*<.
Spätere Bedeutungen und Gebrauchsweisen: 1£N befehlen,
ClSIN die (andern, heidnischen) Länder; ysn Angelegenheit,
Geschäft; 31ü glücklich, fröhlich; HE was? ohne Frage für :
dasjenige, mit folgendem Relalivo, auch zur Umschreibung; der
Negation; ISO Schnftgelelirler ; 1JDS7:±=Dqp aufstehn, auftre-
ten, mit hi> beystchn (auch in Hiph. = D-*-p und D"pn); H3J** an-
heben zureden; hv IpS: auftragen, befehlen; lUS* freylassen*
pV.» und ftplX Heil, Rettung; 3*1*= Ity Oberster ; oSttf ergeben,
Gott ergeben; lißp = *t*»n t,\lV das tägliche Opfer. Einige
derselben hängen zugleich mit spätem Rellgicxusbegrifien zusam-
men, z. B. in f. Engelfürst, Erzengel; "eiü als böser Elidel;
fa^linp die Heiligen f. die Engel, auch: die Juden; On'un Frev-
ler und C'-'Oy fromme Dulder, so dafs unter den erstem die be-
drängenden Heiden, unter den letztem die Juden gedacht werden.
Daran schliefsen sich ferner:
Spätere Compositionen und Phrasen: CEti; *oSht Gott des
Himmels f, das ältere P1N32J Hl nvit* NU.*3 ein Weib nehmen
T : ' v -i ♦
3<> ö« l0- Ztveytes Zeitalter. Spätere u.chaldaisir. Sprache.
(sonst mit nf^) 5 rib 1S^ Kraft haben, behalten; 1i1s*l5 fltoS
er thut, was ihm gelüstet, als Boschreibung uneingeschränk-
ter Macht; 's M3«J ZW) die Gefangenen jem. zurückfüh-
ren für: seinen Wohlstand wieder herstellen; -ny'i* tt» ■. Di^tt
*)tvtt s. oben No. z.
Spätere Orthographie : die scriptio pZena der Vocalbuchstaben,
Selbst, wo sie gegen die Analogie ist, z.B. *5*Ti, D'CliE f.
(3'ä"l1a (Dresch wägen), jin f. ]n st. constr. ron ]n (Anmiuh),
tt'-lip*, nl3*, 3"h* f. Tülp, n'2, ih; die Verwechselung des
N-^- und n^r am Ende , z. B. die Feminalendung N~^~, und das
Alterniren der Verba nS und nVj das otiirende M z. B. in D^NJC,
SlN» f. Dlö, Slö u. s. w.
Eigentümlichkeiten der Flexion und Syntax : Das Wegwerfen
und Hinzusetzen des H am Anfange, z. B. "in f. "»HM ; ty f. Vwtf
(wo zugleich das *i assimilirt ist}, daher Sw für \ "l^N, b*°\*Ön
(Kohel. 4, 14) f. D*n!)DNn, dagegen "<1Ö,<N f. **ft, VllfM f. Vint";
Zusammenziehungen wie n3*?JJ für n2n IV, t)\l2 für t)^MO, und
Dehnungen, wie »itfln** für 2TOH*; der Gebrauch des D als Re-
lativum, des IHN als Einheitsartikel, des Participii und Inj. last, als
J'erbum ßnituni', die Vernachlässigung; des älteren Unterschieds
zwischen dem gewöhnlichen Futuro und dem Fut. apoc. und pa-
rag. (dal), rtlijkl , und äftylrf)* die Häufung des *3 vor dem
Accus. , dass. vor dem Nomihativ u. s. w.
Auch die Aufnahme der persischen Wörter (Q. 17, 2)
gehört in diese Periode, und ist im Aramäischen häufiger;
Idiotismen einzelner Schriftsteller und Schriften. Pentateuch. Hiob.
Ezechiol.
An die bisherigen Bemerkungen über den abweichenden
Sprachgebrauch der heyden Zeitalter mögen sich noch eini-
ge speziellere über einzelne Schriftsteller heyder Perioden
anschlicfsen. Wir beschränken uns dabey, wie unser Zweck
erfordert, wiederum auf die Sprache im engeren Sinne, d. i.
den Sprachvorrath, die eigenthiimlichen Formen und Gestal-
tungen derselben. Vielleicht, daf* einige dieser Zusammen-
stellungen etwa» zur Ergänzung der Einleitungsschiiften
$.11. Idiotismen einzelner Schriftsteller* 3*
fceytrögen, in welchen diese spezielle Rücksicht weniger
eindringend behandelt werden konnte»
l. Dafs Sprache und Sprachgebrauch des Pentateuch 's
in den historischen Abschnitten vollkommen mit denen der
übrigen historischen Bücher übereinstimme, ist oben erin«-
nert worden und allgemein eingestanden3 lb). Indessen hat
der Pentateuch allerdings einige Eigentümlichkeiten. Nin
steht auch als Fein, für: sie (wofür nur umal ton vor-
kommt (s. Mas. ad Gen. 38, 25) und nVJ Jüngling steht auch
als Fem. für Dirne, wofür nur 5 Mos. 02, 19, wie in den
übrigen Büchern, nnv.3 vorkommt32); letzterer Gebrauch
findet sich jedoch höchst wahrscheinlich auch Ruth 2, 3133).
Man hat diese beyden Formen gewöhnlich für Archaismen
gehalten'4) und sie daher zum Beweise eines höhern Alter»
dieser Bücher gebraucht. Dieses kann man zugeben, und
sie mit den lateinischen Formen: Tulliy ierrai, Seitatuis, dies
31*") Vgl. noch f'aters Coftiment. üb. den Pentateuch. S. 66g.
32) Die Masorethen und der Sara. Taxt haben beyde Ei°;enthümlich-
keiten verwischt, indem sie dafür jedesmal ton und n*il.*2 substi-
tuirt haben, allein diefs ist beyden eigene unkritische Substitui-
rung des Gewöhnlichen (§. ji, 3. 24. 1). Michaiiis rechnet noch
die defective Schreibart des s vor den Sujfixis dahin ; allein man
kann sich aus derZusammenstellun£; bey Hiller (slrcan.Keri et Che-
thib S. 46) leicht vom Gegentheil überzeugen. Richtiger wird
man das Pron. S«, Snh für n%M$ nVt<n anführen, welches häu-
fig im Pentateuch und aufserdem nur 1 Chron. £g, Q vorkommt.
53) Was V. 2i heifst i\ *vtiH b*"l»Jjh b9, ist V. ß. 22. 25.
durch Plntti ausgedrückt, und besonders V. 8« unu 23 machen
nüthig, es als Fem. zunehmen. LXX. daher: fAtr*rwvy.oqa<Tiiuv.
Dathe, der ebenfalls die Noth wendigkeit sähe, es als Fem. auf-
zufassen, wollte, sehr unkritisch, nlni^ emendiren. Richti.
ger Mich. a. a. O. Die Masorethen liefsen es wahrscheinlich
nur deshalb unangetastet, weil allenfalls noch ein Sinn damit
4u verbinden war.
34) J. D. Michatlis Einleit. §.31. EiJihoni's Einleit. §. 406
Dagegen f'ater\ Comment. üb. den Pent, Th. 3. S. 6»'i.
52 (j. 11. Idiotismen einzelner Schriftsteller.
(als Genit.) vergleichen, die etwas älter zwar, bev einigen
Schriftstellern aber auch noch neben den gewöhnlic' cn ge-
braucht wurden; immer folgt nur ein geringer Grad des hö-
hein Alters, den man ohnehin gern zugesteht, oriei auch
nur Eigentümlichkeit des Schriftstellers und Sammk:s.
Dafs eine confonnirende Hand thätig gewesen sey , ist aber
aus dem Umstände höchstwahrscheinlich, dafs diese Idiotis-
roen sich auch in dem spatern Deuteronomium zeigen. Dafs
übrigens Sparsamkeit der Sprache nicht nothwendig auf hö-
heres Alterthum führe, zeigt das Beyspiel des Chaldäischen,
in welchem häufig früher geschiedene Formen wieder zu-
sammenfiiefsen , z. B. rm für nn« und PN.
Eine merklich verschiedene Diction herrscht aber im
Deuteronomium. Ihr Hauptcharakter besteht in einem ge-
wissen breiten, rhetorisirenden und moralisirenden Tone,
und der steten Rückkehr beliebter Phrasen. Der Sprach-
gebrauch nähert sich schon dem spätere
S. Faters Comment. üb. den Pent. Th. 5. S. 493. de tVelle
Dhs. de Deuteronomio (Jenae it;o5. 4) S. 7 — 10. Einige belieb-
te Wolter und Phrasen sind: ni.TO p3_T Jehova anhingen, Slil
= lta3 Grüfsc, Majestät Gottes; d«t» nhnhD Geschäft; mV3
t J • -T - : • p T : - •
?p*>pl2 V*\~ du sollst das Böse wegschaden aus deiner Mitte, spä«
tcic 1 .'iiutl für die sonstige: dessen Seele soll ausgerottet weiden;
die ;*cliauften Synonymen sprnj-rn SpttMto *|*& **3U3« das rhetori-
sche: Himmel der lliuuncl, Gott uei Gutter ( 1 o, 14. 1 7>vgl. 1 Kon.
g, 27. 2 Chron. 2, 5) u. s. \v. Ein entschieden spateres Wort ist
r\n Gesetz Deut. 53» 2, welches ganze Kapitel auch historischer Be-
zieh linken we^en (namentlich V7. 7) niebt leicht vor dem Exil ab-
gefafst seyn kann. Jnstructiv ist insbesondere die Vergleicbung
von Kap. 2(] U. 33 mit 5 Mos. 2ri. und 1 Mos. 49. Am meisten
schliclscn sich Ton und Sprachgebrauch an gewisse Propheten an,
namentlich hat dieses Buch mehrere fast eigenthümUch« Phrasen
mit Jeremia gemein, /. B. \ ■WJjV |M (Preis geben) 2J}. 25
Vgl, Jer. 15, .|. 24, 9. 2<). i£j- 54i »7» aufserdem nur 2 Cbron.
20, ;',; D^lt (freu.: Götter) 52, 16, vgl. Jer. 5, 15. j, 19;
S»N fllO ian* Abfall leinen 13, 5, vgl. Jer. HQ, 16. 89, 52;
*):•■_• die junge Mannschaft wflrgen 52, «5, TgL Jer. 15. 7,
g6, j 5 — 1 "). Kl. igel. 1, 20; aS m*P*iu? Verstockthail des Her*
fttna 29, 181 v»l. Jer. 3. i7. 7, B \. >j, »5- n»8-
(J. ii. Idiotismen einzelner Schriftsteller. 35
2. Bey dem Buch Hiob drängt sich der Beobach-
tung die doppelte Erscheinung auf, dafs sich Sprachge-
hrauch und Ideenkreis dieses Gedichts einerseits an viele
der vortrefflichsten Psalmen, hesonders auffallend aher an
die salomonischen Gnomen anschliefsen; andererseits aher,
dafs es sich entschieden zu den Jüngern Schriften des zWey-
ten Zeitalters hinneigt. Man hat ihm aufserdem viele Ära-
hismen zuschreiben wollen. Darauf gilt zur Antwort : Al-
lerdings findet sich in dem Buche manches dem Arabischen
Analoge oder was aus dieser Sprache erläutert seyn will;
allein dieses ist entweder auch hebräisch und gehört zur
poetischen Diction, oder es ist zugleich aramäisch und von
dem Dichter aus der aramäischen Volkssprache entlehnt,
erscheint also hier als Aramäismus , nicht Arabismus 3?),
Ohnehin ist aber dessen verhältnifsmäfsig nicht mehr, als in
andern poetischen Buchern und Abschnitten. Ganz unrich-
tig würde man daraus auf einen unmittelbaren Zusammen-
hang unseres Dichters mit Arabien und dessen Literatur
schliefsen.
Die oben bezeichneten Eigenschaften der Sprache wer»
den wohl allein dadurch begreiflich, dafs man die Abfas-
sung des Buches auf dem Grenzpuncte der beyden Zeitalter,
d. i. im Exil annimmt, welches auch andere Umstände wahr*
icheinlich machen 36).
Verbal- und Realparallelen zwischen Hiob und den Spruch*
wörtern s. am besten in Rosenmiiller* Schoben zum Hiob (Pro*
Jegg. S. 32 — 54). Folgendes diene zum Theil als Nachtrag.
Ganz eigenthümliche Worter und Bedeutungen: ]U3 f. Herz,
Brust; )143K Unterwelt; Tpr, f. Werk Gottes; !jn als W'eikzeug
der Rede (nicht des Geschmacks), 1 zwischen zu vergleichenden
Sätzen 5, 7. »2, 11, vgl. Spr. 25, 25 u. s. w. ; nlnS'in Beweise«
55) Hieron. (Praef. in Dan.) Jobum cum arahica lingua plurimant
habere societatem. Da^esen schon Clericus in den Sentimens de
quelques theologiens de Hollande sur Vhistoire crit. du V. T. S. ifc.3'
36) Vergl. Bernstein in Keils und Tzschirner» Analekten. St« 3.
S. 57 ff. S. 48.
c
34 Abschn. I. Gesch. d. hcbr. Spr. bis zu ihrem, Aussterben.
Warnungen; iWjftfl Heil, Weisheit; nlSann kluge Leitung,
Maafsregel ; i*pP durch Handschlag verbürgen; Vater, Bruder,
Schwester, trop. gebraucht 17, 14. 30, 29, vgl. Spr. 7, 4. 13, 9,
(Die Belege giebt das Wörterb.)
Parallele Phrasen und Ausdrucks weisen : Hiob V, 4 vgl. Spr. 2 2,
23; XV, 7, vgl.ebend.8,24.25; XVIII, 5. 6. XXI, 14. vgl. 3,8.
15, 20. 17, 22. XXI, 17, vgl. 13, 9. 20, 20. 24, 20. XXIV, 2,
vgl. 22, 28- 23. 10. XXVIII, 28, vgl. 1, 7. XXVIII, 18, vgl.
5, 15. xxxvni, 4.5. vgl. 30,4.
Auf den jungem Sprachgebrauch des Buchs glaube
ich3') zuerst mit einiger Vollständigkeit aufmerksam ge-
macht zu haben. Hierauf ist anderswo38) eine nützliche
Induction von Beyspielen versucht worden, wobey nur das
vermifst werden dürfte, dafs die Reden des Elihu, der Prolog
und Epilog von der Untersuchung aufgeschlossen sind, da
sie in Rücksicht auf die Sprache offenbar ein Ganzes mit dem
librigen Gedicht bilden. Auf der andern Seite ist nicht sel-
ten zuviel geschehn , wenn Formen , die zwar aus dem
Syrischen erläutert werden können, aber nichts destoweni-
ger schon dem älteren Hebraismus angehören, z.B. das n pa-
rag. der Nomina, zu Beweisen gebraucht werden, oder
wenn der Verfasser Parallelstellen aus angeblich Jüngern
Psalmen entlehnt, deren spätes Alter nicht vollkommen ge-
sichert ist.
Folgendes eine Auswahl von Beyspielen , welche a. a. O. nicht
angemerkt worden sind. Spätere Wörter und Bedeutungen :
\uS&7\ 1, 7. 2, 2 fF. als Name eines bösen Engels, vgl. 1 Chron.
21, 1; niV anheben 3, 1. 34, 1; D^VU? 4» *3- £0» 2 Gedan-
ken, von Nachtgesichtern, Träumen, vgl. 33, 15. Dan. 2, 29.30.
4, 16; n*0^ causa fi, 8; HS» anordnen, bestellen 7, 3 ; QU
gleichwie 9, 26. 21, 8« vgl. Kohel. 2, 16. 7, 11; 1CN befeh-
len 9, 7 (vgl. mein Wb. u. d. VV. no. 3); no quodeunque 13, 13,
zur Umschreibung der Negation 16, 6. 31, 1; 13V empfangen
21. 10; yan Studium, negotium Bl, 21. 22, 3; *ita bestimmen,
37) In vielen dahin gehörigen Art. meines hcbr. Wörtei'b. , vgl.
Vorrede txx Th. I. S. XXVII.
38) Von Bernstein a. a. 0. S. 4y &
(J. xi. Idiotismen einzelner Schriftsteller. 35
beschließen ; in nicht 22, 30 ; niV = lit» 28» 8 1 tnyTh Weise
TT - T • 1
34» 2, vgl. Koliel. 9, 1 1 ; IpÖ befehlen 34, 13. 56, 25, vgl.
2 Chron. 36, 23. Esra 1, 2; ia»Ö das Thun 54, 25, vgl'. Dan.
4» 34» ganz aramäisch ist 56, 2: T»Vt VJTlflS harre mir ein
wenig; rn1ö = *Ofc, j^ Herr 36, 22. Wo keine Parallelen
beygesetzt worden sind , mufs ich auf mein Wörterbuch ver-
weisen.
Spätere Phrasen: 9, 12 : wer sagt zu ihm: was machst du?
Vgl. 2i, 22. Koliel. g, 4, stärker Dan. 4, 32; b*B l"V1 14, 9
Vgl. *iW ni*i Dan. 3, 27; Di^a mitten im Frieden f. plötzlich,
15. 21, vgl. niWa Dan. Q, 25. ix* 21.24; ^** ^ nicht durch
(Menschen). Hand 34, 2o , vgl. T" B5*0 Dan. g, 25, und
V.V* **\ 2* 34' 35 J 27> 8 ^"35 ^"iVk Vttf* '•S wenn Gott seine
Seele (aus dem Körper) herauszieht, vgl. das Bild der Scheide
I vom menschlichen Körper Dan. 7, 15, und Buxtorf JLex. tal-
tnud. S. 1507.
Spätere Orthographie und grammatische Formen: JJil f- J>1
6,27; övyf. btO 39. 9. 10; J1W-1 8, 85 BWÖ3ii.6; )T\ 1 f.
|n, jn 41, 4; .«?■£ *)tt?M 19, 29; p^öS t2c:p f. % *S£ 18. x;
•15», sm^JD f. W»».
3. Auf der Gränze beyder Zeitalter steht auch Ezechiel.
Dieses Buch gehört zu den nicht sehr zahlreichen, welche
vom Anfang bis zu Ende eine durch Lieblingsausdiücke und
eigenthüinliche Phrasen bezeichnete Einheit des Tons be-
haupten, wodurch allein jeder Verdacht der Unechtheit von
einzelnen Abschnitten abgewandt werden dürfte39). Nicht
wenige eigentümliche Wendungen und chaldaisirende Aus-
drücke theilt er mit seinem Zeitgenossen Jeremia, aber bey
ihm sind sie zahlreicher, und unter allen alttestamentlichen
Schriftstellern hat er vielleicht verhältnifsmä'fsig die meisten
grammatischen Abnormitäten und Incorrectheiten.
Mit Jeremia gemein hat Ezechiel die Form ip», "»nScp für
PN, flStp (s. Hilleri Arcan. Keri et Kethib S. 380 , <ias Suffi.
xum ■»*>, "O*— für *Jj Tp— 5 die Schreibart *ftW, DMN f. iPN,
DiHM (mit mir, ihnen), letzteres auch in den Büchern der Könige.
Dieblingsausdrücke desselben : D"»M~J3 Menschensohn! als An-
rede des Propheten 2, 1. 18- 3> x. 17 tu s.w.] die Hand Jehova'i
39) Eichhorn» Einleit. Th. 3. S. coo.
C 2
5 6 Ah sehn. [. Gesch. d. hebr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
kam über ihn 1, 3. 5, 14.22. 37, 1, vgl. 11, 5. 35, 32; siehe!
ich will an euch 13, ß. 21, ß. 34, 10, vgl. 5, ß; den Stab des
Brotes brechen 4« 1^. 5» *6. *4» l2J SlWDö cv.av8aXov in ver-
schiedenen Wendungen 3, £0. 7, 19. 14, 3. 7. iß, 30. 21, 2ß.
44, 12 tu s. vv.40)
Grammatische Anomalieen : Im Pronomen Nn*» — für n*» — äi,
»5, nscrp— , nirr'-rr 40,16. 1, 11 für orn— , ^n*— ; T—
fiir 1\— 5, 12. imVerbo: Nnsa f. flflflä 311 3; n3\"l2.3n f.
n3n23n \6, 50; ^a.'h f. ^2x^42, 5; ta>?J *"• S'Oijn 21,' 33;
133W3 f. "»aittJa 47, 7. Im Nomen DnS*1*« ^Chethib) f. D*—
46, 19; vnx'sa und vn^-ib für n*ni*a, twis 47. n. 31,
ß. Incorrectheiten durch Mifsverstandnifs und Vermischung der
Formen: D^ni^n 6, ß; ?pnl233 16, 31; DrPinnvÜö ß, 16.
4. Von den Büchern des zweyten Zeitalters ist das Buch
Kohelet am auffallendsten aramäisch gefärbt, und die mei-
sten darin stets wiederkehrenden Ausdrücke 6ind ihm gan»
eigentümlich. Einiges nähert sich stark dem talmudisch-
rabbinischen Sprachgebrauche.
Z. B. der herrschende Gebrauch des \ti für T^'M , selbst \vi
für \ *it;H ß, 17; |*>3» Geschäft, Sache, Ding; n3"P2N Kapper,
Beere 12, 9; pH abwägen, prüfen 12, 9; JJD yin aufser 2, 25
(vgl. Mischna tract. Kilaim 2, 5 T. I. p. 117 ed. Surenh. und das
chald. JO "13); UJ^n sinnlich geniefsen, empfinden 2, 25; *»n
wehe! 4» 10* 10» x^*
*. *
Andere Ararndismen sind: 3^N ö^| 6, 6; tt7"HD das, was;
r '
"\~nr i, 9. 3. »5« 22. 6, 10. 7, 24; "i33, iZio 1, 11. 2, 12.
16; DÄpa Wort, Sache.
Jüngere Hebraismen und Lieblingsausdrücke : ni*i MX.") eite-
les Streben 1, 14. 2, 1 1. 17. 26. 4,4. 6,9, auch rni ]1*»xn i.»7.
4,16; urjpttjn nnn 1,3.9.14. 2,13.19.22. 4,1.5.7.15
u. s.w. und D"«JO\t.'n nnn 1,14. 2,3. 3,1; SßV Mühe, Mühsal
*-▼--- ' TT
40) Ueber die Eigentümlichkeiten des Jeremia und Ezechiel t.
Eichhorns Einlcit. Th. 3. S. 120-125. 196-193. Einige»
dort Angegebene dürfte übrigens der Grammatiker in Anspruch
nehmen, z. B. wenn S. 125 eine Eigcnthümlichkcit der Punc-
tation im Jeremia genannt wird, ,,dafs statt TySn im Imperativ
immer "jv^n punetirt ist." Jenes 7]'Y"i kommt nämlich KM vor,
da der Imperativ bekanntlich *]S ist, "JjlSn ist der Inf. absol.»
der im Jeremia und anderwärts häufig für den Imperativ steht.
§. 1 2. Bearbeit. älter. Ab&chn. beyspät. Schriftstellern. 37
4, 4, mit dem Verbo hl2V hüV 2, 11. iß. 19. 20; lfetf3ttj D'Ül'Hn
die Dinge, die da vorgehn 2, 17. 4» 3 5 ^Vy 5» 1 1 vermuthlich
wie Kovfxog zuweilen im N.T. YVehsinn ; *j2,"l DV»2rt S^H u. s. w.
Besonders häufig sind die Nomina auf Jll unQ ]■> (s- oben 5. 29).
ö- 12.
Bearbeitung älterer Abschnitte bey späteren Schriftstellern. Philo-
logisch-kritisches Verhältnifs der Parallelstellen in den Büchern Sa-
muels, der Könige und in der Chronik.
1. Schon oben (Q. 9> 3) *8t bemerkt worden, dafs die»
Sprache in den Producten der zweyten Periode im Allgemei-
nen leichter, fiiefsender und verständlicher zu seyn pflege,
als in den älteren Compositionen , und der nächste Grund
davon liegt offenbar darin, dafs man eine Sprache, die schon
allmählich aufhört, die Sprache des Lebens zu seyn, nicht
mehr mit der Originalität und Freyheit gebrauchen könne,
aus welcher Härten und Sprachschwierigkeiten entstehen,
auch auf Leichtigkeit und Verständlichkeit zu sehn habe41).
Diese Beobachtung, und dafs mancher Ausdruck älterer
Schriftsteller dem spätem Zeitalter theils hart, theils nicht
verständlich (oder auch richtig) genug schien, bewährt
»ich sehr deutlich an denjenigen Parallelstellen, wo jünger©
Schriftsteller Stellen eines älteren Textes in den ihrigen auf-
nehmen und darin verarbeiten. In den letzteren sind ge-
wöhnlich die Schwierigkeiten und Härten des erstem getilgt.
So z. B. Jes. 15, 5 vgl. Jer. 48, 5 (für das schwierige 11 VV*
»teht ein Quid -pro quo iy»ü?); Jes. 16, 6. 7 vgl. Jer. 48, 29-51
(für *ttfatrM steht *ttiK**)); 4 Mos. 24, 17 vgl. Jer. 48» 45
(wo für das schwierige Iplp die erleichternde Verbesserung
•Jpnp, die dort auch der Samaritaner hat; für TN-2, den St.
constr. des Duals, der häufigere Singular riNS).
2. Da» instructiveste Beyspiel dieser Art geben die Pa-
41) de M^ettei Comment. üb. die Psalmen. S. 25.
42) Ob dieses eine wirklich philologisch richtige Erläuterung
sey. bleibt mir wegen der sonstigen Beschaffenheit dieser Pa-
rallelen zweifelhaft, und mochte ich hierauf nicht zu Tiel Gt-
wicut legen. Vgl. licsenmüller zum Jes. 16, 7.
38 Abschn. I. Gesch. d. hebt'. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
rallelstellen in den Büchern 'Samuels, der Könige und der
Chronik 4J). Mögen die Verfasser der Chronik unsere Bü-
cher Samuels und der Könige oder den Text derselben in ei-
ner anderen Anordnung vor sich gehabt haben, so viel ist
klar, dafs die Chronik uns eine mehrere Jahrhunderte
spätere Ueberarbeitung der Parallelstellen in den Bü-
chern Samuels und der Könige liefert. Bey derselben
werden nicht allein öfters die spätem Ausdrücke und Or-
thographieen für die früheren substituirt, sondern auch
schwere und seltene Formen gegen die gewöhnlichen ver-
tauscht, schwere Wörter erläutert, und andere Schwierig-
keiten , Härten und dergl. so aufgelöst und erleichtert, dafs
die Lesarten des Bearbeiters häufig das Ansehn von Glossen
haben44),
Spätere Orthographieen und Formen : rüD^O für HD1? CO
2 Chron. 7, iß. 1 Kön. 9, 5; pTÜ»*n f. ptt»3/i 1 Chron. ig, 5, 6';
fiiÖIH f. D^ßlMn 2 Chron. 22, 5. 2 Kön. ß, aq; vorzüglich die
herrschende Scriptio plena, z. B. 1*V», D^ömVh, D">»2»*fl f. *n*
U. 3. W., in*'N f. *»PN 1 Chron. ji, 31. 2 Sam. 23, o; D*3*"lU3
f. D^aifc l Chron. 21, 23. 2 Sam. 24, 12; h^npl f. hnfi* 2 Chron.
5, 2. i Kön. ß. 1; DIpNI, D*tt»n f. DpNl, DUmi 2 Chron. 6,
»o. ix. 1 Kön 8t 20.21. Dahin gehört auch wohl fe'ttl' 2 Chron.
A4, beständig für tt/Nln* 2 Kön. 12, und lOiSs P^P 1 Chron,
5, 6.2.6. 2 Chron. 28, 20 für *iDn\>2 vb_ST\.
Wörter des späteren Sprachgebrauches, welche für ältere sub«
etituirt werden: na!)i Leichnam f. n»13 1 Chron. 10, 12. 1 Sam.
31, 12; 2 Sam. 6, 16 heifst David T3 Ti3N ll^n angethan mit §i>
nem leinenen Leibrock , 1 Chron. 15, 27: y« bTOM Vai.3?3, aber,
wie öfter bey Glossen geschieht, auch die Worte des Originals
•ind geblieben, daher folgt: 3 M 1*nn \'J ; dahin gehört auch
wohl nncm f. rrhrn Flöfse 1 Kön. 5/23.
43) Die bequemste Uebersicht liefert Jahn» hebräische Bibel.
Th. 2. S. 157 bis zu Ende.
44) Der Charakter dieser philologischen Bearbeitung, mit wel-
cher wir es hier allein zu thun haben, lauft in mehrerer Rück-
sicht parallel mit der historischen, wovon da IVette (Ueytra;;©
zur Einleit. in das A.T. B. 1. S. 42 iL)
(J. 12. Bearbeit. älter. Ahschn. b'ey spät. Schriftstellern. 39
Grammatische Glossen , Erleichterungen und vermeintliche
Verbesserungen: K^B f. M>23 * Chron. n, 2. 2 Sam. 5, 2;
Cin'SNn ?|Srl (von Jehov.i) f. DWSn •IsSn 1 Chvon. '17, 21.
2 Sam. 7, 23 (damit ÖTHM nicht mit dem Plural construirt wer-
de, vgl. die Emendatioit des Samaritaners 1 Mos. 20, 13. 31, 53.
35, 7. 2 Mos. 22, 9); Ha»! für das anomale 12-M 2 Chron. io,
12. iKön. 12, 12; t£1, Sl>rn f. das seltenere rt3M, nSvPI
2 Chron. iß, 34- 35. 1 Kon. 22, 34. 35. 2 Chron. 21, 9. 2 Kon. g,
21 ; 3310 f. 3*00 2 Chron. 21, 9. 2 Kün. ß, 2i ; niNö f. m"wo
(vgl. das arab. &JV..C) 2 Chron. 23, 1. 2 Kon. 11, 4.
Exegetische Glossen und Verdeutlichungen des älteren Textes :
2 Sam. 5, iQ. 22: }\yt33»1 sie breiteten sich aus, 1 Chron. 14, 9.
13: SttttfS»1; — 2 Sam. 6, 16: *i3*l3ö') tSSJO hüpfend und tan-
zend (2 «t«5 ktyofAsvot) , 1 Chron. 15, 29: pn^öl I^JO. —
2 Sam. 7, 5: War» HPNn, x Chron. 17, 4: Pliäf» rittN rib (rieh-
tig! denn die Frage enthält dort eine Verneinung). — 23. 8:
USt'n iO'Hy.» 1 Chron. Mi 11 In^ifT-tlftt Y^ISJ erschwang seine
Lanze (Erklärung aus 23, iß)- "" ~ 23 » *9: *3fl vere, fehlt
1 Chron. 11, 21 ganz. — 24, 12: 5p bi* Sttta "OJiJ» ich lege dir
vor, 1 Chron. 21, 10: SpS.H MM *flfc« — 1 Köm 8» 7: 120«!
siedeckten, 2 Chron. 5, 8 : =103 n. — 8> 3°- 3 '• 54- 39- 43- 45*
Cö^n Sn in» Himmel, 2 Chron. 6, 2i IT. D^JDUJn ]» rwi/i Hirn-
mel herab. — 10, 18 : tfilö geläutert, 2 Chron. 9, 17: *ii,"iT3.
— 10, 26: SS"! D1M» 1>3"1N «^N 1400 bespannte Wagen,
2 Chron. 9, 25 : 4°°° Gespann Pferde und Wagen (nur die Zahl
istUebertreibung, die Glosse richtig). — 10, 2g wird der schwie-
rige Theil des Verses ganz ausgelassen. — 12, 6: *02 DN *l»V
vor jem. stehen, dienen, 2 Chron. 10, 6: "OöS V, — 22, 32:
l^hv •lO-'O sie wandten sie zu ihm, weil aber *itd gewöhnlich re-
cedere bedeutet, 2 Chron. 1Q, 31: "nSs? ^C*!. — 2 Kon. 15,
36. 20, 20. 21, 17. 23, 2g: B'ÖMPlS Dn ttSn siehe! dieses steht
geschrieben, die Chronik beständig: D'OnnS DDH, 2 Chron. 27,
7. 32, 32. 33, iß. 35, 27. Text und Glosse zusammen stehen
2 Chron. 24, 27 : Dan [ i^Vn. — »6,3: TüN2 V31>n, 2 Chron.
£8» 3: ^2 1V3»V — 2i, 3: 'ptn *7JN ^M nician die Höhen
(Altäre), welche Hiskia zerstört, 2 Chron. 33, 3: yp3 , weil
•J2N gewöhnlicher nur von Personen vorkommt. — 21, Q:
n»nM ]K> ^N")^? Sil W« *l*Anl> V0.** ^^ *cn w'^ nicnt wieder
irren lassen den Fufs Israels fern von dem Lande, 2 Chron. 33» 8:
Dö*mn hw .. ..1"»0nS — verdrängen aus dem Lande45).
45) Ziemlich häufig werden für geographische Namen des älte-
ren Textes andere substituirt , vou denen sich aber nur zum
40 Absclin. I. Gesch. d. hebr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
Euphemismen: 2 Sam. 10, 4: ört*MHtü 1!J bis an ihr Gesäfs,
> Chron. 19, 4: nVtyann ny bis an den Schritt.
Vermuthungen über einen schwierigen oder misverstandenen
Text: 2 Sam. 6, 5: Di£;i13 t^V-Ssa allerley tannenen (Instru-
menten), 1 Chron. 15, g: Dn^a. — 6, 7 : Sfc'n \V Vul*.
propter tsmeritattm , 1 Chron. 15, 10: i"P nW *\^N hV- —
81 3 : 3 t*l> i^'i'nS um seine Macht wieder auszubreiten, 1 Chron.
18« 3: 3 f*»*» SHEnV — io, 8: IVttn nna an der Oeflnung de»
Thors, der Chronist (welcher bey diesen Ausdrücken anstiefs) :
-\">Vn nna, 1 Chron. »9, 9. 46).
3. Schon unter den bisherigen , besonders den letzten,
Beyspielen sind mehrere, aus denen es klar ist, dafs die im
Aussterben begriffene Sprache zu der Zeit des Chronisten
dem Verständnifs älterer Urkunden hier und da Schwierig-
keiten in den Weg legte. Einige andere Beyspiele, wo
der Chronist statt eines schwierigen Textes eine wahrschein-
lich falsche Glosse, eine Vermuthung oder ein Quid pro quo
gibt, mögen dieses noch deutlicher ins Licht setzen47).
Theil zeigen läfst , dafs sie späterhin und überhaupt bekannter
waren, als jene. Die Analogie läfst jedoch dasselbe auch von den
übrigen voraussetzen. 2 Sam. Q, 8 : TiSa , Cbron. }»2 ; 21,
>8: Sit [1], 1 Chron. 20, 4 das bekanntere 1T3 , ; 2 Sam.fi, 6:
|1M pi, 1 Chron. 13, 9: Jinis pjj 1 Kön. 9^ 18: "lOH, Kri
und 2 Chron. 8» 4 i Ibin.
46) Unten ($. 2 1, 3) ist gezeigt worden, dafs die Urheber der Les-
art Kri ähnliche Berichtigungen und Erleichterungen des Textes
beabsichtigten. Daher stimmen die Lesarten der Chronik häufig
mit dem Kri in den Biichern Samuels und der Koniire überein.
Das Kri kann hier aus der Parallelstelle der Chronik entlehnt seyn,
vielleicht enthält es aber auch in einzelnen Fällen eine erleich-
ternde Lesart, die älter als die Chronik, von dieser aufgenom-
men wurde. Vgl. 1 Kön. g, iß. 2 Chron. 8. 4; 1 Kon. 12, 12.
2 Chron. 10, i1\ 1 Kön. 1 2, 2 1. 2 Chron. 11,1; 2 Kön. 11,2.
2 Chron. 22, 1 1 ; 2 Kon. 11,4. 2 Chron. 25, 1 ; 2 Kön. 14, 3,
2 Chron. £5, 1 ; 2 Kön. \.\, 21. 2 Chron. 25, 22.
47) Schon de JJ'elte (Beyträgc. B. 1. S. 67) wurde durch einig«
Beyspiele dieser Art zu dem Unheil bewogen : „Ich mochte fast
vermuthon, dafs der Verfasser der Chronik des Hebräischen
picht recht kundig gewesen sey. Gewifs schreibt er das
§. 12. Bearbeit. älter. Abschn. bey spät. Schriftstellern. 41
1 Sam. 31, 13: Wxn. Wiewohl auch gelehrte Rabbinen (21.
Jona, Michh-.l Jophi zu 1 Mos. 21, 33. i Sam. 22, 6) richtig das
arabische y-5) tamariscus vergleichen, so ist doch dieses eins von
den Wörtern j deren Bedeutung früh zweifelhaft geworden oder
unter£e°rangen zu sevn scheint. Daher das Schwanken der Vei--
sionen hier und in den angeführten Parallelstellen. Die meisten
o
itimraen für Baum oder Wald überhaupt, so Aqu. 5sv5ftuv<x.
Symnu 0utcv. Vulg. nemus , (welches auch Celsii Hierobotan.
i, 555 ff. vertheidigt) , andere für spezielle Baumarten, z. B,
Syr. amygdalus, Theod. rac hrv;. Aehnlich 1 Chron. 10, 12, wo
dafür hSnh Terehinthe steht. Ein bekanntes Quidproquo für ein
«chwereres Wort, gewifs weder richtige Glosse, noch aus ande-
rer Quelle geschöpfte Relation, wie Michaelis (Supplem. ad JLexx.
hehr. S. 136) meint.
2 Sam. 5, 17 : da es David hörte TttSVil *7« 1*1*1 zog er hin-
ab an der Berghohe. Statt der allerdings dunkeln Worte hat der
Chronist: D,~l*OEb NXn 1 Chron. 14, g, was auf keine Weise
den Sinn der älteren Lesart richtig wieder gibt, vgl. de TTrette%
Beyträge. B. 1. S. 67-
2 Sam. 5, 24: y*inn TN dann spute dich, vgl. yiin fleifsig,
betriebsam. Dia nur hier vorkommende Bedeutung des .Verbi
mochte früh aufhören, geläufig zu seyn, daher die Uebersetzer
den Sinn nur rathen. LXX. tuxTißyffq •*■<?<>$ ixCtovc. Vulg. tunc
inihis praelium. Chcld. Syr. confortaberis , sumes animos. — So
1 Chron. 14» i5-" nonStti Nun IN , welches Einige unrichtig alt
genaue Erklärung des ersteren ansehn.
2 Sam. fi, 1 : David nahm HTpN.T 3H5D DN den Armzaum von der
Hand der Philister, d. i. brachte sie unter seine Botmäfsigkeit.
Vgl. die arabischen Phrasen bey Schultens zu Hiob 30, 11. —
1 Chron. iß, 1 steht dafür nTlISa*) TS (die Stadt) Gath und die
umliezenden Dörfer; wie dieses aber eine richtige Deutuilg von
n*3Nn ine seyn könne, ist noch keinem Ausleger zu zeigen ge-
lungen. S. Glassii Philologia Sacra ed. Dathii. pag. 785«
2 Sam. 8» ^8 werden die Söhne Davids Q*Onb Priester genannt,
welches wahrscheinlich von nicht -levitischen Haus- und Pallast-
priestern des Königs zu verstehn ist, die offenbar als höhere Kron-
beamten vorkommen. Vgl. über Ahimelech V. 17 niit 1 Sam.
$1, 2. 22, g. -— Die Chronik, welche keine nichtlevitische Prie-
schlechteste Hebräisch, das wir haben. Wahrscheinlich war zu
seiner Zeit die Sprache schon ganz ausgestorben." Die obi_t.i
Beyspiele werden dieses Unheil theil» bestätigen , theils ruudi-
ficiren.
42 Abschn. I. Gesch. d. hcbr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
ster duldet (vgl. auch über Samuel 1 Sam. i, 1 mit 1 Chron. 6, ig),
gibt zur Erklärung: ?|Snn- I^J BSJfcH#*1!l i Chron. 18, 17, wie
auch der Chaldäer 1 Mos. 41, 45. Ps. 110, 4 jnS durch N3*l prin~
ceps übersetzt, was sich schwerlich vertheidijjen lafst. Hier leite-
te den Erklärer zugleich eine seiner herrschenden Ansichten, vgl.
de Wettet Beiträge zurEinleit. in dasA. T. B. 1. S. Qi. ß2.
2 Sam. 23, 11 : rff» Stück Feld voll Ü*W1V Linsen. 1 Chron.
11, 15: D'H'iVii' Gerste. Sollte das letzte auch keine (falsche)
Glosse für das erstere seyn, so ist es doch ein Quid pro quo, ein
Substituiren des Bekannteren für das Unbekanntere. Auch der
Samaritaner 1 Mos. 25, 54 verändert das ihm unbekannte Wort
Qtuny in CU) IV, welches der sam. Ueberi. , mir Unverstand.
lieh, durch ÜVV IV übersetzt.
Nach lKon. 10, 21 bringt ein Tarsisschiff (ttJ*ttf-tP •Om) ä. i.
ein grofses Meerschiff alle drey Jahre Gold und Silber, Ellenbein,
Affen und Pfauen (wie aus 9, 2ß erhellet) aus Ophir: und nach
2 Kön. 22, 49 gehn Tarsisschiffe von Eziongeber aus nach Ophir.
— Der Chronist , dem es unbekannt war , dafs Tarsisschiff für
grofses Kauffartheyschiff überhaupt stehe, lost jenen Ausdruck auf
in: Schiffe, die nach Tarsis gehen ttJitthB Plr>Sh MOM, und läfst
an beyden Stellen die Schiffe nach Tarsis gehen; da aber an der
zweyten Stelle ausdrücklich Ophir angegeben war, wird dieses,
um keinen Widerspruch zu erregen, — ausgelassen. S. Bredcw über
Ophir und Tarsis, in dessen Untersuchungen über einzelne Ge-
genstände der alten Geschichte, Chronologie und Geographie. St. 2.
S. 260-303, bes. 293-95«
Ebend. 10, 13: Salomo gab der Königin von Saba alles, uas sia
wünschte und hegehrte, außer dem was er ihr gab fltthti T|S>3n "PS
wie es dem Koni« Salomo zukam d. i. aufscr den eines Salomo
würdigen Gastgeschenken. Die Chronik gibt für den letzten
wahrscheinlich nufsvcrstandenen Ausdruck etwas, obendrein Un-
passendes : ,nSra,5 WOB -\V)t* 13^ außer dem, was sie dem
Könige brachte.
Ebend. V. 14: 3"lBi1 *oSö wahrscheinlich nach dem Cbald.
Könige der Hülfs- oder Bundeivülker. fi Chron. 9, 14 dafiir:
ra*1t* *oStt Konige Arabiens. Diese passen aber hier, wo nur von
Untei tlianen Salomo's die Rede zu seyn »cheim, schwerlich. Vgl.
«nein hcbr. Wörterb. u. d. W. 3")V S. Qgo.
2 Kön. 2fl, 13. 17 steht für den etwas ungebräuchlichen Aus-
druck: in»n nrivO mein Zorn ist entzündet, 2 Chron. 54, 2i der
gewöhnlichere n "^PP mein Zorn iit ausgegossen, an der letzten
Stelle aber «o unpassend, Jafs der Zuiatz P33P K*|l und uird nicht
Q. 1 2 . Bearbeit. älter. Abschn. bey spät, Schriftstellern. 43
auslöschen geblieben ist. Der Chronist roufs die etymologische
Bedeutung der letzteren Phrase nicht mehr gekannt haben.
Ebend. V. 13: M"hv aWS-h**ba3 nach allein, was um (.farin)
vorgeschrieben. 2 Chion 34, 21: rtfil *»B02 SinSn - ^DS nach
allem, was in diesem Burhe geschrieben stand. Der Ausdruck
\V an3 vorschreiben war dem Ueberarbeiter vermuthlich fremd,
4. Jene unvollkommene und unkritische Kenntnifs ei-
ner Sprache , die doch noch nicht einmal ganz aufgehört
hatte , Muttersprache zu seyn , könnte auf den eisten An-
blick befremden. Allein sie wird dieses weniger, wenn man
erwägt, dafs grammatisch- kritische Kenntnifs der Mutter-
sprache und ihrer Etymologie nie die Sache der Alten war,
selbst nicht, so lange die Sprache lebte. Cicero's und Var-
ro's verunglückte Etymologieen lateinischer Wörter sind be-
kannt genug. In dieselbe Kategorie gehören eine Anzahl
etymologischer Angaben, die schon in den altern historischen
Büchern vorkommen, und die man eben so wenig für rich-
tig erkennen oder rechtfertigen wollen muh , als man sie
den Verfassern als grobe Fehler anrechnen darf.
i Mos. 5» 29: er nannte seinen Namen nj, denn er sprach: die-
ser wird uns trösten (!|Jcn3i). 19, 37 wird 3N1» durch 2Nö
vom Vater erklärt. 22, y. 14 wird auf den Namen nob, milE
so angespielt, dafs man sieht, der Verlasser wolle ihn von nN"i
ableiten, dasselbe geschieht deutlich 2 Chron. 3, 2. t Alos. 29,
32 heifst es zur Etymologie von pWl (d. i. sehet ein Sohn! ):
sie nannte seinen Namen Rüben, denn sie sprach: •»•»jya Hin1' nN*l
Jehova hat mein Elend angesehn, 2 M^s. 2, 2 2 wird Diu"! 3 -iurch
*l3 Fremdling erklärt, und auf 0& wahrscheinlich gar keine Rück-
sicht genommen. Die übrigen Etymologieen des Pentateuchs
S. in Vater 's Comment. üb. den Pent, Th. 3. S. 666".
Am gezwungensten sind solche Etymologieen, wenn
der Geschicbtschreiber gewisse Nomina propria mit Mythen
in Verbindung setzt, von denen sie ursprünglich unabhän-
gig waren, oder überhaupt, wenn er ihrer zu mythisch-histo-
rischen Zwecken gebraucht. In demselben Fälle sind auch
griechische und römische Dichter und Mythographen am
kühnsten.
44 Abachn.I. Gesch. d.hebr. Spr. bis zuihrem Aussterben.
Vgl. z. B. die Etymologieen von Janus Ovid. Fast. 1, 125-127.
Ton Maius ehend,$, uno, Lcmuria §, 4#i, Agonalia 1, 320 ff.
Ö- «3-
Aussterben der Sprache.
1. Das Verhältnifs der in der letzten Epoche neben ein-
ander bestehenden und verwandten Volks- und Schiiftspra»
che kann man sich mehr oder weniger durch die Analogie
des Altgriechischen bey den Neugriechen, des Slavisciien
bey den Russen, selbst durch die deutschen Volksdialekte
neben der hochdeutschen Schriftsprache verdeutlichen , nur
dafs in dem letzteren Falle der Schriftdialekt der neuere ist.
Die letztere Vergleichung pafst aber vorzüglich, insofern min-
dersorgfältige deutsche Schriftsteller, besonders schwäbische,
schweizerische , hier und da auch die Eigenthümlichkeiten
ihrer Volkssprache durchblicken lassen; auch zeigt das Bey-
spiel unseres Volkes, wie man einen Dialekt (den hochdeut-
schen) ziemlich gut verstehn könne, ohne ihn selbst zu
reden.
Wie lange übrigens da» Althebräische noch nebenbey
lebende Sprache blieb, ob dieses vielleicht in einzelnen Ge-
genden und bey den Vornehmern, Gebildeteren länger der
Fall war, kurz das Mehr und Weniger läfst sich nicht näher
bestimmen; nur soviel ist gewifs, dafs zu Nehemia's Zeit
das Volk noch hebräisch redete (rmirp Nehem. 13, Cß), dafs
man zu Antiochus Epiphanes und der Makkabäer Zeiten ne-
ben dem Aramäischen noch herrschend hebräisch schrieb
(vgl. Daniel und die Münzen des makkabäischen Zeitalters),
dal» dagegen um jene Zeit und schon kurz nach Alexander
d. Gr. das Aufholen der lebenden Sprache, selbst einem ge-
lehrteren Hebräer bey dem Verständnils schwieriger Stellen
älterer Schlitten im Wege war (S. %. 12, 3 über di« Chronik).
Die Herrschaft der Seleucidcn und der neue Einflufs eines
aramäischredtiiuen Volkes scheint allmählich die letzten
Spuicn vertilgt zu haben.
$. 13. Aussterben der Sprache. 45
S. Auf jeden Fall übertrieben und unricbtig ist die Vor-
stellung der Talmudisten4b) und der jüdischen Grammati-
ker, z.B. des Ephodaeus, Elias Leuita, J^imchi49"), welchen
Hottinger, Walton, Buxtorf u. A. s°) folgen, dafs die Ju-
den schon im Exil die ältere Sprache völlig vergessen hätten
und sie schon unmittelbar nach demselben als gelehrte Sprache
von Priestern und Schriftkundigen hätten erlernen müssen.
Sie alle stützen sich vorzüglich, wie es scheint, auf eine
falsche Auslegung von Nehem. ß, Q. Dort heilst es: und
sie (die Priester und Leviten) lasen im Buche, im Gesetze Got-
tes 'iJni2ö wörtlich oder treulich, genau, und gaben das Ver-
ttändnifs , und erklärten das Gelesene. Dafs das Wort fc'ISC,
auf welchem hier das Meiste beruht, so aufgefafst werden
müsse, zeigt zunächst die Parallelstelle Esra 4» x8' Dort
sagt der König von Persien: der Brief, den ihr an mich ge-
sandt habt, ^"O i*^ enac ist wörtlich vor mir gelesen wor-
den. Für die Bedeutung des Wortes cns genau, bestimmt
angeben, vgl. aufserdem 3 Mos. 24, 21. 4 Mos. 15, 3>51).
Man hat sich hiernach ein wörtliches Vorlesen der Schrift
zu denken, mit Erläuterungen des Schwierigen und wahr-
scheinlich mit religiösen Anwendungen , alles in derselben
Sprache.
Anders die jüdischen Ausleger. Sie fassen tfisc nach
48) Gtmara, tr. Megilla Fol. 3, col. 1. Nedarim Fol. 37,
col. 2.
49) Ephodaei grammat. c. 7. Eliae praef. lib. Methurgeman. Kim-
chi praef. ad Michlol. Buxtorf diss. philol. pag. 157.
50) Hottingeri thes. philol. p. 279. PValtOn Prolegg. III. §. 24,
Buxtorf L C.
51) In den Targg. daher öfter für 3p2 (s. Buxtorf Lex. chald.)
besonders aber Exod. 2ß, 11. Jes. #, 1 : t;"12ö 2H3 deutliche
Schrift. Unter den alten Uebersetzern drückt der Syrer beym
Esra den Sinn am Besten aus durch Aj(r*r.» fideliter , denn
das distineto, manifeste der Vulg. konnte auch auf deutliche
Stimme geh».
46 Abstlui. 1. Gesch. d. heb/ . Sjjr. bis zu ihren* Aussterben.
rabbinischem Sprachgebrauch: erklärt, mit Erklärung 52),
und verstehn dieses von einer hinzugefügten Uebersetzung
in die chaldäische Sprache. Ihnen folgen unter den neuern
auch Rambach (in /. H. Michaelis not. uber.)t Clericus, Da-
the, welche es selbst aufEsra4, 18 ausdehnen, und dort von
einer Uebersetzung des Briefes in die persische Sprache ver-
stehn. Allein dagegen ist i) der eben erläuterte Sprachge-
brauch von ttha, welches selbst im Rabbinischen nicht von
- T
Uebersetzungen in eine andere Sprache vorkommt. Dieses
ist b3°lt1 Esra 4, 7. 18- 2) Die ausdrückliche Angabe, dais
die Juden damals noch hebräisch redeten, Neh. 15, 2ß.
Elias J-evita a. a. O. Cum ex terra sua emigrassent et in Baby-
loniam venissent , penitus obliti Juerunt linguae sua», sicut scri-
ptum est in libro iV ehemiae.
Die Talmudisten a. a. O. erklaren : DlilD Nin \y*naa. Eben
so Bertholdt (Einleit. in das A. und N. T. S. 992). Das Buch Co-
svi (P. Hf. S. 15) setzt aber hinzu: Interim tarnen manebat in quo-
rundam animis cognitio legis et lingua conservata fuit in corde
sacerdoturn et judicum, ut docerent judicia justitiae. Selbst TJ al-
ton, wiewohl er im Ganzen der Meinung der Juden folgt, gibt
doch zu : non tantum sacerdoies et Levitae linguum sanctam reti-
vuere, sed et inter populum multi ex primoril.us Omnibus postea
temporibus lin^uam anüquam coluerunt. Imo reliquias ejus quas-
dam apud populum remansisse haud invitus concessero. Die rich-
tigere Ansicht haben auch Pfcijfer , Löscher u. A. bey Simonis
(Introduct. in ling. Kehr. S. 33). Vgl. Carpzor Critica Sacra S. 215.
Ueber die palästinensische Landessprache im Zeitalter Jesu,
a. Pfannkuche in Eichhorn's allgeni. Bibliothek der bibL Litera-
tur. Th. 3. S. 560 ff. Nebenher ward auch Griechisch geredet,
wodurch aber die Landessprache, zumal bey den Eingebornen
keinesvveges verdian^t wurde, wie Einige wollten. S. Paulus:
l'erosimilia de Judaeis palaestinensibus Jesu et /-Ipostolorum tempore
non aramaea dialecio , sed graeca quoque locutis, gegen Diodati
(de Christo graece loquaue) und de Rossi della lingua proprio di
Lhristo. Parma 1772. 4*
Auf welche Weise sich die Kunde der althebräischen
Sprache nach ihrem Aussterben fortpilanzte und wie diese
5O Mau erinnere sich des U'^SJOT Ottf, und des O^IBÜ"! tth
sunt, qui explicent auf j^ier Seite dor hebräischen Ausleger.
$. i^. Reichtkum und Umfang der alten Sprache. 47
beschaffen war, suchen wir unten (Abschn. 2. Periode 1) zu
zeigen. Jetzt benutzen wir denRuhepunct, welchen der Ge-
genstand gewährt, um noch einige allgemeine Untersuchungen
über Reichthum und Umfang der alten Sprache, dialektische
Verschiedenheiten derselben, Aufnahme fremder Wörter
und Uebereinstimmung mit anderen Sprachen herzubringen.
Reichthum und Umfang der alten Sprache53).
Dafs in unsern Ueberresten der althebräischen Litera-
tur nicht der ganze Vorrath der alten Sprache enthalten
seyn könne, versteht sich von selbst. Indessen darf man
das Verlorengegangene doch nicht allzuhoch anschlagen,
am wenigsten durch Berechnung aller möglichen Zusammen-
setzungen zu Radicibus trilitterls ; wornach wir freylich kaum
den sechsten Theil der ehemals vorhandenen Stammwörter üb-
rig haben würden 54). Die erhaltenen Reste der Sprache rei-
53) Einige, aber wenig erschöpfende, Bemerkungen enthält:
Com. van JS[raenen de linguae hebraeae pomoeriis ampiian-
dis , praes. J. J. Schaltens. Leid. 1759, m ^er ^Y^Oge dis-
sert. suh praesidio Schuhensii et Schroederi editarum, S. 7 1 9 ff.
54) Alb. Schul tens de defectibus hodiernis linguae hebraea»
§. i2: Omnes qui aliquid in literatura Hebraica vident, mecum
consciscunt , magnam veteris linguae partem intercidisse, atqv.s in
uno codice sacro , liaud sane voluminoso , neutiquam omnrm ejus
amplitudinem seso conspiciendam pracbere. Er berechnet hierauf,
dafs, die radices quadrilitteras abgerechnet, ungefähr 12000 ra-
dices trilitterae möglich seyn, von denen nur »egen 2000 vor-
kommen, und dafs daher, wenn man auf jeden Stamm nur 30
Derivata rechne, mindestens gerechne»:, 300000 hebräische
Wörter verloren wären. Vgl. Simonis introd. in linguain hehr.
S. 16. Welch1 ein Schlufs von der Möglichkeit so vieler Zu-
eammensetzungen auf ihre Wirklichkeit! Die ohne Vergleich
reichere arabische Sprache hat kaum die Hallte der möglichen
Stammwörter; auch müssen ganze Reihen abgerechnet werden,
insofern gewisse verwandte Buchstaben sich nicht unmittelbar
hinter einander dulden, z. B. VH. S. Michaelis Supplem.
S. 109. Vgl. über da» Arabische Sacy gramm.arab. T. I. S. 30.
40 Abschn. I. Gesch. cl. hehr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
chen hin, uns beurtheilen zu lassen, dafs das Volk, in wel-
chem diese Sprache lebte, sich in einem ziemlich beschränk-
ten Kreise von Ideen bewegte, unter denen die religiösen
Ideen die ausaebildetsten waren , und dasselbe zeijjt sich in
der Sprache, die in der Bezeichnung religiöser Begriffe noch
am meisten Reichthum und Gewandtheit hat. Einen gro-
fsen Reichthum an sinnverwandten "Wörtern gewann sia>
auch durch die Beschaffenheit der Poesie, wo der Paralle-
lismus der Glieder oft verschiedenartige Ausdrücke dessel-
ben Gedankens verlangte **). Vergleichungsweise läfst sich
behaupten, dafs sie, wie überhaupt, so auch in Rücksicht
auf ihren Reichthum, in der Mitte stehen möge zwischen
der reichern arabischen und der noch armem syrischen
Sprache.
Es lassen sich indessen selbst noch einige Quellen aus-
findig machen, welche mehr oder weniger bedeutende Bey-
träge zu dem in der Bihel enthaltenen Sprachgute, liefern,
und aus welchen Grammatik und Wörterbuch noch einige
Bereicherungen oder Erläuterungen schöpfen können. Da-
hin gehören
i. die Nomina propria, welche hier, wie in allen Spra-
chen, ursprüngliche Appellativa sind, und in denen sich be-
sonders viel aus der ältesten Sprache vor ihrer uns vorlie-
genden Ausbildung derselben erhalten haben mag5*5). Wir
gewinnen daraus eine ganze Reihe grammatischer Formen,
Die in der Bibel vorkommenden hebr. (und chald.) Worter
zählt Leusden auf 564a, im Griechischen nimmt man gegen
ßo.ooo an.
55) So hat man bemerkt, dafs es an 16 Verha frangendi, 10 />r-
ba quaerendi, i.\ für den Begriff des Vertrauens auf Goit n. s. \v.
gebe. In Gegenständen , welche dem roorgenlandischen Hir-
ten nahe liegen, ist die Sprache sehr begreiflieh reicher, als
die gebildeteste der europäischen j 1. B, an Bezeichnung für dio
verschiedenen Alter das Vich's, der wilden Thiere. Vgl. Gmrp*
zov Critica Sacra. S. 201.
56; Vgl. VuttT"» Comment. üb. d«n Peuutcuch. Tb. 5. S. 67a.
(J. 14. Reich thum und Umfang der alten Sprache. 40
neue Verba und Nomina, welche wir aus dem Arabischen
und Syrischen kennen, die gewiis aber auch hebräisch wa-
ren; Urformen, wovon nur noch Derivata da sind, und wel-
che dadurch verdeutlicht werden u. s. w.
In andern Dialekten sehr bekannte slppellativa sind: Vtt?"»
(Brücke), pn'i (zwey Brunnen), ]12 (Fisch), ,~|2D (Gesetz),
» ? " *
HIO^C, |ZjüiAiß (Schlachtordnung), }*p (Schmidt); besonders
die Thiernamen : ]*}H (Gemse), n»*^ (Taube), nhln (Rebhuhn),
]f\V (Löwe), D^Slttö (Füchse). Aus den Nomm. provr. mit N
allein lassen sich über 30 solcher Stammwörter sammeln. Ge-
schehn ist dieses in Ev. Scheidii Lex. hebr. ed. Gronenoud, jedoch
noch nicht ganz vollständig.
Bey mehrern ist die Etymologie allerdings dunkel, allein ge-
nauere Betrachtung kann noch manches aufhellen. So ist dV^IT»
gewifs nicht componirt aus cbu? WY> Besitz des Friedens, son-
5 ^ /
defn s. v. a. Leute, Volk des Friedens, **l "? = (C «» gleichbedeutend
J o5
mit Vjbf» DTDÖ» vielleicht sogar : Zelt, Wohnung des Friedens,
wenn 11S im Hebräischen diese modificirte Bedeutung hatte (vgl.
*jnk Zelt, arab. Vibf Leute, auch rPS Haus, Leute). Eben so
ist Sm*^V ^"H* Wohnung Gottes (Name einer Wüste). Man-
che schwierige Namen erklären die Schriftsteller selbst, z. B. Dni3K
1 Mos. 17, 5 > YHV 25> 25» bey andern gelingt ihnen aber die
Etymologie nicht s.§. 12,4; ähnlich Sn;e\£7 nach 1 Sam. 1, 20 von
!?CW und Sn (besser: Name Gottes, JiOttJ st. constr. von Qiy, wie
^N, "ON von 3N); D^lXB Sdn nach \ Mos. 50, 11 Trauer Ae-
gyptens (besser: Platz, Tenne Aegyptens). Anderswo reicht aber
auch wohl unsere Kenntnifs nicht hin, eine Anspielung auf die Ety-
mologie ganz zu verstehn, z. B. Jer. 20, 3 bey "|!)rV£'3 , -welche»
TVohlseyn zu bedeuten scheint. Vgl. J. D. Michaelis Comment.
zu d. St.
Grammatische Formen, die in der gewöhnlichen Sprache selten
oder gar nicht vorkommen, sind: der St. emphat. der Aramäer,
in mn*V (Stadt), xhy (Joch); die Dualformen auf D— , J— und
Ht (vg'l. $.21,5); die arabische Form der Nom. segol. wie in n*iN ;
die chaldäische Form des Tut. wie »*JH (er räth), VJr&n (er versam-
melt) ; das Part, wie S^lN (Kameeihirt), v°l. *l*:cin haltend,
Ps. 16, 5 ; das häufige Jod compaginis, wie in ^^O ^2"ilrt u. s. w.
Besonders wichtig sind aber die alten Singularformen, wovon
jetzt nur der Plural vorkommt, z. B. *ih = *iri Berg (vgl. 1 Mos.
ü T
ÖO Abachn. I. Gesch. d. hebr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
4pf 26), -|1? Stadt, wovon der Plur. C*»*ii-*; endlich mehrere von
der Form 13 H , wovon nur Plurale, wie n*Oi* vorkommen, als
*3N?KP (Ts°; Gottes), wo 5ö*»=?nBi», D' der Sing, von Q'TZ' ist;
nStynnö, SMUhn&t wo Wo — 110 oder n» (äthiop. met) M Tili
und Sing, von Q^nü ist. Von derselben Form sind SN1JJT,
bM^IÖSf, wo !)öty = Dvy, ffif\ === T\V1 , in ist57).
2. Eine andere, nicht immer hinlänglich berücksichtig-
te und henutzte Quelle für einzelne ältere Sprachfonnen
liegt in den Varianten des Chethib , da die Urheber des Kri
Unter dem, was ihnen incorrect schien ((). 21,3) und eini-
gen wirklichen Schreibfehlern auch manches alte und ech-
te Sprachgut heraus conigirt haben. Schon nach dem al-
ten kritischen Canon, dais bey gleicher Auctorität der
schwierigem Lesart der Vorzug gebühre, würde das Ueber-
gewicht auf Seiten des Chethib seyn, wozu hier noch häu-
fig die Analogie verwandter Dialekte kommt, und das be-
kannte Streben der IVIasorethen nach ihren Grundsätzen
zu berichtigen58).
Einige seltenere PVörter und Formen des Chethib, welche das
Kri getilgt hat, und sonst nicht vorkommen , sind: Sna wahr-
57) Die Literatur zur Erklärung der Komm, prOpr. s. in TJ'olfii
Biblioth. hehr. II, 565. llist. Lex. p. 219 IL Doch ist noch
aufseist viel zu ihun übrig. Am brauchbarsten sind Simonis
Onomast. V, T. Halae 1741- 4* -^ Hilleri Onomast, sa-
crum. Tubingao 1706. /\.
53) Eine alphabetische Zusammenstellung des Chethib und Kri
gibt : Jo. Simonis analysis lectionum masoretliiiarum Kethihan
et Krijan vulgo Jiclarum. Ilalae ir,52, 8- ^n gewisse Klassen
sind sie geordnet von J\I. I filier: de Aromt, K*thib et Kcri libri
duo. Tubingae 1692. ß. lieber den Vorrang der Chethib und
cur Erklärung derselben: J. A. Damit sinceritas scriptarao
V . T. praevalcnte Kri racillans. Jenaej.713. 4., wieder ab-
gedruckt in J. Ikenii tlies. philol. novus. F. Tsepregi
tliss. de aut hent ia stlcctiorum Chetlubim, Partei II. Francqucrae
1725, wiederabgedruckt in der Jfj tlog* Jissertatt. (No. 50)
T. I. No. '2. 3. J. F. Froriep Jiss. de utilitate linguae am*
in defendendu nunnulus fofctl rei Chiihil. Lips. 1767. 4«
§. 14« Reichlhum und Umfang der allen Sprache'. 51
sclieiiilich V2E13 »eizig seyn, er°eizen Sprüchw. 20, 2i (vgl.
A. Schultern zu d. St.) ; nTÖMSErV)** Feuer Jer. 6, 29; pin — pTl
Busen Fs. 74, 11; D"hTJ = D*U2 noch nicht Ruth 3, 14; Dil""
gesetzt werden, Neutr. von Ü^'Ü) (wie -njf, 12f) 1 Mos. 24, 33.
Rieht. 12, 5 (ohne Kri nur 1 Mos. 50, 26); DMlia f. Qina Dör-
fer Esth. 9, 19, und nach derselben Analogie D^ttflN Syrer 2 Kon.
16, 6, DVTiin Walder Ezech. 34, 2.5, •ll'SMJ'IÄÜJ Jer. 49, 2Q.
Esra 2, 1, für B*a*TJ*f 0V"}S*.'!, ^SMa/lSÜ*) j Sll^X f. "PS«« klein
Jer.' 14, 3. 4ß, 4; jlttrun sr= ^1TÖH*1 Hiob iS.V- Jos. 21, 10
(herrschend im Sain. Texte) ; rniNIO f. niNC 2 Kön. n, 4.9. 10.
15» vgl. das arab. ^w u. s. w. In grammatischer Rücksicht:
Imperative, wie "»311*1 =r "»El*! fs. 5,3, 21; I'articipia, wie
D^lii'J* 1 Sam. 2-">, iß. 2 Kön. 23, 4; doppelte Plurale oder
Duale, wie Cninat» 2 Cliron. 54, 5; «»nläM*» 1 Kun. 6, 16;
Duale auf 0— Ezech. 25, 9. 46, 19.
Der Zahl nach weit mehrere Sprachbereicherungen bie-
ten die Varianten des samaritanischenrentateuchs. Bey dem
durchaus correctorischen Charakter dieses Textes kann aber
selbst das, was nicht offenbar das Gepräge aramäisch -sama-
ritanischerForm, mithin jüngerer Umgestaltung trägt, auf die-
se Auctorität allein nicht für altes echtes Hebräisch genom-
men werden (Q. 24). Derselbe Fall ist mit den Varianten
der hebräischen Manuscripte , deren etwanige Abweichun-
gen mehr das Schwere und Seltene der Texteslesart zu he-
ben suchen , als dafs darin etwas Neues und sonst Unbe-
kanntes zu finden wäre.
Einige Aufmerksamkeit verdient die Variante fitnlllttr **<3 Hiob
24, 11 f. DnlllttJ **0 , nach der Analogie von D^n1»H. In ei-
nem eingeschobenen Verse nach Ps, 14» 3 steht das ««; As-yo/ug-
vov *j"iö Gestirn f. Geschick.
3. Auf den jüdischen Münzen des makkabäischen
Zeitalters kommen keine Glossen vor, welche man nicht
auch im altern Hebraismus fände, aufser auf einigen:
p*^ ninS oder minS auf die Befreyung Zlons, lies: minS.
Bayer de nummis hebr. pag. 21. Ekhel doctrina numm. vete-
Tum. Vol. III. S. 469. In der Mischna und den Targg. ist "iVn
M*V**n, PVin häufiger, und verwandt mit *l1n über, in"enuus.
Falsch ist die Ableitung von nin swlpsit.
D a
52 Ab sehn. I. Gesch. d. hehr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
4. Einige wenige Wörter des spätesten Hebraismus fin-
den sich in den griechischen Apocryphen , wo jedoch, da
sie mit griechischen Buchstaben geschrieben sind, schon die
EntziiFerung meistens groise Schwierigkeit macht. So z. B.
die Ueberschrift des ersten Buches der Makkabäer: TBugßvS
Tugßocvit^ d. i. Sm "0 3 "»liö naitt? Geschichte der Fürsten der
Söhne Gottes y9); MuKiußccto; , wahrscheinlichst *0£» Häm-
merer, vgl. Carl ÄIarte/lSo) ; 'AitkLigi = D**pön die from-
men Anhänger Jehova's (vgl. Ps. 70, 2) ; Avo*v oder Av*f«y
i Makkab. 2, 5 als Beyname des Eleazar (Jbramen, podex
brutorum, vgl. 1 Makkab. 6, 43-46?61)); 'hn(povs, ebend.,
Beyname des Jonathan (yj'&n libertus?)6-). Einigen an*
dem, z. B. den Sectennamen <£af>/9-«»or, 'Etrtrxtos sieht man die
Entstehung aus dem syrisch- chaldäischen Landesdialekte
an; ersteres ist aus \.M.jtd separatus, letzteres wahrsch. ^<Am
piuSi
5. Nicht wenig althebräischer Sprachvorrath hat sich
ohne Zweifel in der Sprache des Talmud , insbesondere der
Mischna, erhalten, die sich nach Alter und Sprache zunächst
an die jüngsten Bücher des Canons anschliefst. Wer mag
es indessen unternehmen, das Alte von dem Neuhinzuge-
kommenen zu scheiden? Wenn man jedoch aus der Ana-
logie anderer ausgestorbenen Sprachen schliefsen darf, so
mag man annehmen , dafs zwar sehr viele Derivata alter
Stammwörter und neue Bedeutungen derselben späteren Ur-
sprungs seyn mögen, (natürlich alle, welche sich auf später
aufgekommene Ideen bezichn) ; allein neue Stammwörter
59) Michaelis Orient. Bibl. Th. 12. S. 11 2. Auilere gezwun-
genere Erklärungen von lluctius und 11 enisdcrf s. in liertholdts
Einleit. in das A. und N. T. S. 10 .)".
(k>) BertholJt a. a. O. S. 10/(3.
61) J. D. Michailis Suyplem. ad Ltx. Iicbr. S. CgG.
<>2") Hie Komm, propr. findet nun in Ja, SitHOnU OnOmmt, A". T.
IIA*': l?Ö2, .).
Q. 14. Keichtlium und Umfang der alten Sprache. 53
zu bilden, ist nicht die Sache derer, die eine ausgestorbene
Sprache handhaben, und hier mag daher meistens etwas Al-
tes zum Grunde liegen, zumal, wenn der Gebrauch des
Wortes vom Syrischen abweicht. Mit einiger Sicherheit
mag man z. B. ein gewisses Alterthum von den zahlreichen
Bezeichnungen von Thieren, Pflanzen u. dgl. annehmen,
welche in der Mischna vorkommen, und deren Bedeutung
sobald verloren ging, dafs sie schon in der Gemara63) einer
Erklärung bedurften, meistens auch nur mit dem Arabischen
übereinstimmen. Der negative Beweis, welchen man aus
dem Nichtvorkommen derselben im A. T. führen möchte,
hat wenig Gewicht, weil es bey der Beschaffenheit jener
Bücher an Gelegenheit dazu fehlte.
Eine grofse Anzahl derselben liefert z. B. der Tractat Kilaim,
Surenliusii Mischna, T. I. S. 109, von denen, die fremden abge-
rechnet, viele in Palastina eiuheiniisch und alt zu seyn scheinen.
Z. B. t^CJN arnb. (J^V^-f , (JoV^.f , auch ^JoVsnJf Bir-
5 * o *
nen (in andern Dialekten des Arab. : Pflaumen); b*l*in, jO/A»
Senf; nySl, syr. ]A:^2 Kürbis; n*1t Salat; nWüp Hülsen-
fruchte u. s. w.
6. Wortbedeutungen ) welche im Althebräischen Statt
fanden , auch durch die Analogie der verwandten Dialekte
bestätigt sind, wofür aber jetzt keine Beyspiele mehr vor-
kommen, finden sich hier und da in den ältesten Ueberset-
zungen , besonders den L/XX ($. 22, 2).
7. Bey der sehr engen Verwandtschaft des Hebräischen
undPhönizischen mag endlich auch unter denUeberbleibseln
dieses Dialekts (Excurs 1) Einiges erhalten seyn, was zu-
gleich Hebräisch war, aber in den uns erhaltenen Urkunden
nicht vorkommt.
63) Ueber das Alter dieser beyden Theile des Talmud s. unten
§. 21, 2.
54 Jibschn. I. Gesch. d. hebr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
0. 15-
Dialekte in Her hebräischen Sprache selbst64).
I. Dafs in der hebräischen Sprache, während sie eine
lebende war, einige dialektische Verschiedenheit Statt ge-
funden haben möge, würde schon die Analogie fast aller
Sprachen wahrscheinlich machen, wenn sich auch keine be-
stimmten Spuren davon fänden. Uebrigens darf diese» in ei-
ner armen Sprache, welche selbst erst Dialekt eines grö-
fsern Sprachstammes ist, nicht zu hoch angeschlagen wer-
den. Die Vergleichung der griechischen Dialekte ist also
ganz unpassend; auch gehen alle wirkliche Spuren blofs auf
Verschiedenheit der Aussprache. In der Büchersprache fin-
det sich nichts, was mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
für Provinzialismus zu halten ist6y); noch weniger darf
man die Eigentümlichkeiten des zweyten Zeitalters auf die
Rechnung provinzieller Idiotismen setzen wollen66).
64) Jo. Kiessling de dialectis Hebraeorum -puris diss. 11. Eich-
horns Einleit. in das AT. §. 11. Tb. 1. S. 48 (51). Nachti.
gall in Eiclihorn's Biblioth. der bibl. Literatur. B. 9. S. 235.
65) Eichhorn a. a. O. ». Bey alle dem ist doch ein zusam-
mentreffender Charakter im Ausdruck bey Schriftstellern aus
Einem Canton unverkennbar , der sie von Schriftstellern aus an-
deren Cantonen deutlich (?) absondert." ,,Man vergleiche die
Samaritanismen im Arnos und Iloseas, z. B. Arnos 6, 3 2NPÖ
Statt 2VTV2. Ho». Vif ß "JNDNÖN, in dem männlichen Suflixurn
der zweyten Person, d::s der samaritanische Pentatcuch oft *jn
schreibt." Wie wenig die erste Behauptung aus solchen Bev-
spielen hervorgehe, bedarf keiner Erinnerung; und wo sind
beweisende«? Uebrigens bildete sich das Saniaiitanische und
dessen Einfluf» auf den Pentatcuch viel zu ipäl , um hier An-
wendung zu leiden. — - Spuren eines inoabitischen Dialekts
wollte Pereser im Buch P«uth linden; am weitesten aber gebt
Jiiestlin™ (No. 61), der eine Menge anomaler Flexionen dial« k-
tisch seyn htfst, z.B. die Kcmininalendung R-r- pliilistaisch und
idumaisch, vgl» tY»nH, T\*\l% nS,»M .; ]Z für p nach d. Dialekt
v. Inda u. s. w. Vgl. Simonis Unomast. CT. S. 40.
CO) So re.let Kathtigall (So. 61) von einer ost- und nordjorda-
niieheu Mundart, welche sich vornehmlich durch den Idiotie
5.15. Dui'ehte in der hebräischen Sprache selbst. 55
£. Die vorkommenden Spuren sind: Rieht. 12, 6, wor-
nach die Ephraimiten sich durch eine habituell gewordene
Aussprache des ty als ty auszeichnen (wie etwa die Xieder-
sachsen Stuhl und Swein f. das obersächsische Schtuhl,
Schwein aussprechen); Nehem. 1J, 23. 24, wo der eifrig pa-
triotische Landpfleger zürnt, dafs sich statt des ächtjüdi-
schen ein asdoditischer Dialekt in Jerusalem eingeschlichen
habe; nach einigen endlich Facht, iß, 3> wo es heilst, dafs
die Daniten die Stimme (Slp) eines levitischen Jünglings er-
kannt hätten. .Allein Ausdruck und Zusammenhang machen
es wahrscheinlich , dafs keineswege6 von einem Dialekt
(?.*>.<a) 67_), sondern der individuellen Stimme des sonst
schon bekannten Jünglings die Rede sey.
Da die als philisiaisch vorkommenden Orts- Personen- und
Götteraamen ganz hebräisch gestaltet sind (z.B. rtfi*, 313? Sl?3,
^^ö^3K), so mag sich dns Dialektische liier auch vornehmlich
auf die Aussprache bezogen haben. Ein eigcntliüinliches Wort
scheint z. ß. |12 Fürst. Syrisch ist der Name eines Idols von
Gaza Mocgvxs (Steph. Byz. s. v. VxZ,*) d. i. *^'3 *iö dominus /iOhii-
num, allein di-^cs kann auch aus späterer Zeit seyn. S. Bocharti
Geogr. s. lib. I. c. XV. p. 60. 68)
3. Dafs neben der Schriftsprache in der ganzen zwey-
ten Periode eine davon verschiedene, aber verwandte, Vul-
gärsprache herrschte, ist oben ($. 10. 15, l) gezeigt worden.
Indefs mag schon früher die Sprache des gemeinen Debens
in einzelnen Formen abgewichen seyn , und es findet sich
mus -VJ =: *V- N bezeichne, und wohin er die meisten Eigen-
tümlichkeiten des zw eyten Zeitalters rechnet. Auf diese Wei-
se vindizirt er Koheleth, das Hohelied, einen Theil des Jona
dem ersten Zeitalter; aber ohne irgend befriedigenden Beweis.
67) S. Drusius zu d. St. u. A.
63) Dafs sich Petrus (nach Matth. 26, 73) durch die Sprache
verräth, geht auf die unreine Aussprache der Galiläer, gehört
aber nicht hierher, da von der svrisch-chaldäischen Landesspra-
che die Rede ist. — Von einer vermuthlich verschiedenen
Aussprache des Althebräischen bey den palästinensischen und
alexandrinischeu Juden, s. unte.n die Geschichte der Schrift.
56 Ahschn. I. Gesch. d. hehr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
manches, was minder aus dem Einflufs des Syrischen, als
solchen Incorrectheiten des gemeinen Lebens zu erklären
ist, welche denn auch wohl in die Büchersprache ein-
schlichen.
Dahin gehören wahrscheinlich die vielfachen Incorrectheiten
und Nachlässigkeiten eines Ezechiel (§. n, 3); der zuweilen nach-
lässige Gebrauch des Genus, besonders bevm Pronomen, z. B. PN
als fi'Iasc, t3PH als Fem. (so gebraucht der gemeine Araber
£_jXj| auch als Masc.)69"); das Verwechseln und Verschmelzen
verwandter Formen, wie DTil3ty1n f. DTOtüin Zach. 10, 67°),
die Conj. Nithpael, der häufige Gebrauch des überflüssigen Dat.
commedi *»b , l£p (vgl. die Umgangssprache des Terenz und das
Horazische : quid mihi Celsus agis?), vielleicht die abgekürzten
* c y c * c ^ yo ,
Formen, wie JNIjD (vgl. im Arabischen ^L»,£), »mig. • . aX/JL))
u. s.w.71). Manches dahin gehörige scheint im Rabbinischen
aufoewahrt zu seyn, 2. B. -VJ , SttJ, die Conjugation JSitlipa'al
u. 5. w.
<5. 16.
Verhältnifs der hebräischen Sprache zu den verwandten Dialekten.
Für die einem jeden, welcher über die Anfangsgründe
hinausgehn will, unerläfsliche Benutzung der verwandtenDia-
lekte (Q. 4> 3) ist es sehr wichtig, sich einen richtigen Be-
griff von der Art des Verhältnisses zwischen denselben zu
machen. Es ist dieses zwar mehr Sache der Hermeneutik,
in deren Gränzen wir hier nicht eingreifen wollen, indessen
wird hier eine doppelte Bemerkung nicht am unrechten Orte
stehen.
1. Die hebräische Sprache steht in aller Rüchsicht
(;iuch geographisch) in der Mitte zwischen dem reichen ara-
bischen und dem ungleich ärmern aramäischen Sprachstam-
me. Dieses zeigt sich in der Orthographie, der Vocalset-
zung, und dem gröfsern oder geringeren Ileichthum an gram-
6p) S. mein hehr. Wörterb. u. d. W. nrN.
70) S. meint hehr. Grammatik, ft. <>u, 2 über Jörn ae mixtas,
71; ll'eikherlins hebt. Lesebuch. £>. '
$. i6. Verhällnifs ders. zu den verwandten Dialekten. 57
matischen Formen und Sprachvorrath. Der Araber hat
schon im Alphabet 6 Buchstaben mehr, indem er gewisse
.Nuancen in der Aussprache des *i (t), n, E, i.', s, n durch
die Schrift bezeichnet, der Syrer hat noch das ty weniger,
als der Hebräer, indem er dafür immer o schreibt; der Ara-
ber ist reicher an Vocalen als der Hebräer, der Syrer ärmer,
vgl. VX3, 'rtfrpi ^hO'-< im Arabischen ist der Reichthum an
grammatischen Formen viel gröfser , es hat i o regelmäfsige
Conjugationen mit ihren Passiven, aufser den seltenern, ei-
nen Dual imVerbo, eine bestimmtere Trennung der\erba ^3
und 19, ">h und iS u. s. w. Der Syrer hat noch die Conj.
JVip/ial weniger, keine Veränderungen des Futur i , und im
unregelmäfsijjen Verbo fliefsen die Verba nS und PiH, 11* und
*•», "'s beyder Classen, die im Hebräischen noch geschieden
waren, in einander.
Oft hat ferner das Hebräische eigenthümliche Bildun-
gen der beyden übrigen Stämme vereinigt. Der Araber bil-
det alle Passiva durch dunklere Vocale, der Syrer durch
Vorsetzung der Sylbe on, der Hebräer bildet Pyal und Ho-
phal auf die erste, das Reflex, Hithpael auf die andere
Weise.
2. Das Hebräische trägt den Charakter einer altern Spra-
che , als das Arabische und Syrische in ihrer gegenwärtigen
Gestalt. Daher ist im Hebräischen die Etymologie öfters noch
sichtbar, wo sie in den andern Dialekten verwischt ist, und
man kann darin mehrere Bildungen und Bedeutungen entstehn
sehn , welche in dem gegenwärtigen Syrischen und Arabi-
schen schon feststehn. So ist im Hebräischen die Entste-
hung der Personen des Praei. aus angehängten Pronomm. deut-
lich, in beyden übrigen Dialekten viel verwischter und kaum
noch erkennbar; nc was? wird in Wendungen gebraucht,
wo es eine Negation umschreibt (Hiob iö, 6. gl, i. Sprüchw.
20, 24), dann geradezu negativ (Dan. 1, 10), so im Syri-
schen und Arabischen ; der Hebräer sagt löWJ n« iWti sei-
58 Abschn. I. Gesch. d. hehr. Spr. bis zu ihrem aussterben.
nen Verstand verstellen, sich wahnsinnig stellen, der Syrer
7
kürzt die Phrase ah: }i* wahnsinnig seyn; im Hebr. ist
nVn irren, abgeirrt seyn, besonders in religiöser Hinsiclit,
daher r\Vp Götzendienst treiben, \^, Vxls ketzerisch
seyn. Es wird hiermit nicht geleugnet, dafs die Bildung
der arabischen Sprache an die der hebräischen oder selbst
höber hinaufreichen könne, auch finden sich umgekehrt im
Arabischen Grundbedeutungen zu hebräischen Wörtern
(z. B. j-V-C das Wasser trüben, hebr. betrüben; vHä»
verfehlen, hebr. sündigen), indessen ist das Aufsuchen der
Grundbedeutungen im Arabischen von der holländischen
Schule sehr übertrieben worden , und mufs man hier vor-
sichtig seyn , um nicht etymologische Combinationen für
Thatsache zu nehmen.
3. Am meisten Ausbeute für den Sprachforscher mag
allerdings verhältnifsmäfsig das Arabische gehen, wegen sei-
nes Reichthums, und der Reichhaltigheit der Quellen, für
die Kenntnifs der Sprache; indessen ist nicht zu verkennen,
dais das Aramäische dem Hebräischen oft näher liegt, wie
sich durch Geschichte und Geographie eine engere Berüh-
rung der Hebräer mit den aramäisch-, als mit arabisch- re-
denden Völkern beurkundet.
Interessant ist öfter tlie r,eobaclitun:i der Modificationen , wo-
mit aramäische Wörter in das Hebr.üsclie aufgenommen worden
sind. So bezieht der Hebräer alle Wörter« die der Syrer auf
Gottesdienst bezieht, auf Götzendienst, weil der Gottesdienst der
Syrer ihm als Abgötterey und falsche Religion erschien. Z. 1>.
D^IES svr. Priester, hebr. Götzenptiester ; *J3D niederfallen, im
Hebr. vor Götzen; DOp syr. /O^ß weissen, hebr. wahrsagen,
von falschen Propheten ; fj" SVI- beten, hebr. zaubern; U-'^T.
DtJlp Geweihter, Geweihte, behr. imhlcr, in. Daher in der
lYschito r^EIN BTtMcfa f. htydu
5.17. Aufnahme voti Glossen aus fremden Sprachen. 59
<5- 17.
Aufnahme von Glossen aus fremden, nicht semitischen Sprachen.
/
Da die Israeliten, während die hebräische Sprache leb-
te, mit mehrern auswärtigen Nationen, in deren Ländern
sie «um Theil lebten, in eno;er Verbindung standen, so konn-
te es kaum fehlen, dafs nicht einzelne Wörter aus den sonst
nicht verwandten Sprachen derselben in das Hebräische auf-
genommen wurden , und , zuweilen mit leichter Umgestal-
tung , Bürgerrecht darin erhielten.
1. Vornehmlich während des Aufenthalts in Aegypten
mag man wohl eine kleine Anzahl von ägyptischen Wör-
tern aufgenommen haben, namentlich Bezeichnungen dort
einheimischer Gegenstände. Zur Erklärung derselben dient
uns die heutige koptische Sprache, eine Tochter der alt-
ägyptischen, aber jetzt ebenfalls schon ausgestorben, und
nur noch als Kirchensprache üblich72 ). Mit den semitischen
Sprachen steht sie durchaus in keiner Verwandtschaft73).
Bcyspiele: VM* ägypt. <*X' Nilgras; 1H*| ägypt. hxqo, ttqo Flufs,
Nil; die Npmm. propr. z.B. ntt"lQ kopt. (J>au<?9 Kunig, vielleicht
. einige Monatsnamen, z. B. näfi kopt. ruß/. Man hat auch die
Namen der Edelsteine für ägyptisch ausgeben wollen, aber ohne
es nachweisen zu können. Auch hat man zufällige Uebereinstim-
mung für Verwandtschaft genommen , z. B. "OiN kopt. «vox. ich,
D^ kopt. iw/a Meer; D^SIP und D^3*1UJ Serapis u. A.
Mehrere solcher Wörter gaben denn auch mit leichter Verän-
72) S. Ouatremere recherches sur la languc et les antiquith de VEgyp-
te. lftoQ. 4. Adelungs Mithridates. Th. 5. Ign. Rossii (eines ge-
lehrten italienischen Mönchs) Etyrnologiue aegyptiacae. Romae
i8<>8- 4«
75) Man hat diese Behauptung häufig dem Ilierontmus zuge-
schrieben, welcher (im Comment. zu Jes. 19, ig, lib. Vif,
cap. 19) die canaanitische Sprache in die Mirte zwischen die
ägyptische und hebräische stellt. Allein Michaelis (Orient.
Bibl. Th. 5. S. 50 ff.) hat genügend gezeigt, dafs man die Stel-
le nur aus ihrem Zusammenhange gerissen und mifsveistandeu
habe. Deutlich unterscheidet diese Sprachen schon 7rigenes
(contra Celsum III. p. 115 al. 451)«
60 Abschn. I. Gesch. d. hebr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
derung im Hebräischen eine Etymologie, so dafs man ihren wah-
ren Ursprung nachmals übersah. Z. ß. OH kopt. XHMI Aegvp-
ten, wobey der Hebräer wohl an Südland dachte; MOD3 Nil-
pferd (wahrscheinlich p-ehe- mout der Wasserochs); ?p3N d.i.
Ape-rcih bücket das Haupt.
Schon die Rabbinen geben manches Wort für ägyptisch aus,
aber blofs nach vagen, meistens falschen Vcrmuthungen , z. B.
*inb s. Aben Esra zu 1 Mos. 39, 20; ]JD was i Ilascuni zu 2 Mos»
16» 15; n1Süit3 nach den Talmudisten, s.Kinichi Lex. u. d.W.
5JT1SS nach Aben Esra zu Exod. g, 1 im Aegypt. das Krokodil.
Auch bey HTt'O »oll nach Josephus , r/ülo und einigen Kirchen-
vätern eine ägyptische Etymologie zum Grunde liegen.
Von neuem SchTiftauslegem haben sich Bochart und Pfeiffer
(Dubia Vcy.nta) , vorzüglich aber P. E. .Jubionski durch Anwcn-
düng des Koptischen auf die Erklärung solcher Ausdrücke ausge-
zeichnet. Minder gefällig sind die Erklärungen von J. R. Ernster
(Mantissae aegypt. ad Uhr um dp bytSO antiquorum ; epist. ad J. D.
JVlichaeletn) , vgl. auch J<J/ahi,s Magazin für alte, besonders nior-
genländische mül biblische Literatur. Th. 1 — 5.
Die beste Zusammenstellung und Erläuterung aller wirklichen
und vermeintlichen ägyptischen Glossen gibt P. E. Jablonski in
seinen Opusc. ed. te Waler. T. I, aus dessen Papieren schon S<. holz
(Repert. für bibl. und morgenländische Literatur. Th. 15. S. 1 —
51) seine Erläuterungen entlehnt hatte.
2. Tri eine weit spätere Periode, die der persischen
Herrschaft, fallt die Aufnahme der persischen Wörter. Es
sind besonders solche, die sich auf von dorther entlehnte
Gegenstände, auf persische Nationalämtef , Würden u. dgl.
beziehen. Der im eigentlichen Persien damals herrschende
Dialekt heifst Parsi ; aus ihm sind auch die im Hebräischen
und in den gleichzeitigen griechischen und römischen Schrift-
stellern erhaltenen Wörter entlehnt; indessen stimmen auch
die älteren Dialekte Zcnd und PchL-i häufig bey, und in
den meisten Fällen mufs die nicht allzuveränderte neupersi-
sche Sprache den Mangel älterer Quellen ersetzen.
Ueber die Sprache des titCH Perstans: Anquetil du Perron im
Zend-Avesta, deutsch von Kicuker. Th. 2. S. 21/ ff., vorzüglich
die Wörterbücher von Zend und Pehlvi Th. 3. S. 13- EL, vgl.
Kleuktrt Anhang zu Zcnd-Avc.ua, B. 1. Th. 2. Ein rolUtlndige-
nd- und Pehlyiwöiteibuch soll OuseUy mitgebracht haben.
(J. 17. Aufnahme von Glossen ans fremden Sprachen. 61
Um die Erklärung dieser Wörter haben sich in neuern
o
Zeiten Bochart, JJ. Pfeiffer, de Dien, Hottinger, Rehoid74),
in den neuesten Jahn und Lorsbach15} verdient gemacht.
Noch immer aber ist Mehreres dunkel, und bleibt der
Wunsch, dafs ein der persischen Sprache vorzüglich kundi-
ger Gelehrter diese Glossen nochmals seiner Untersuchung
unterwerfe.
Man findet die Appellativa zusammen in Simonis. Arcanum
Form. S. 659, die Nom. propria in dessen Onomast. V. T.
C s * i,c£
S. 567. Beyspiele sind: n*mN Brief, vgl. 8rA>Oj etwas Ge-
c • ^
schriebenes; rn» ota Gesetz, Pelhvi Dadha, Zend Daetie ; S^ölS
\[ , ' . wurmroth d. i. karmesin; D">ErH3, Parsi pardo-
mim die Vornehmen, vgl. pardom in Pehlvi der eTSte ; DJtnS pers.
pedam, peigham Wort, Spruch, Edict; nn£, NPlüin Statthalter,
11. s. w., welche letztere Worte noch nicht hinlänglich erklärt sind.
Nomina proprio: NPtrt'nW^N Artaxerxcs d.i. im Zend: Arta
Schetrao grofser König ; tt/T)2 Sonne; DIIDD von der Mithra
gegeben u. s. w.
Einige Wörter hat zwar das Hebräische mit dem Persischen
gemein, aber sie können dessen ungeachtet semitischen Ursprungs
seyn, z. B. M3, ti» Schatz, peis. (^IA=D, Pehlvi gan d). Strei-
tig ist DH'ia.
Im älteren Hebraismus sind persische Wörter zweifelhaft, z. B.
pttJEi eine Art Zeug, arab. K-£*»*Kü, iW*^CJ Arnos 5, 12,
vielleicht von *<_> Faden, und i3, 1 , .> Seide, vielleicht aber
von piysn Damascus.
74) Bocharti Phaleg 1 , 15; A. Pfeiffer! Dubia vexatu zu vielen
Stellen, besond. der Bücher Daniel und Esther, überhaupt in 5.
Opp. philol. L'ltraj. 1674« 4« de Dieu Critica sacra; Hottinger
smegma Orient, p. 75 — ßo ; lleland de vetcri lingua pers. in Jen
dissert. miscell. Vol. II. p. 97.
75) Jahns Einleit. in d.is A. T. und Biblische Archäologie, an
vielen Stellen. LorshaiK 's Archiv f. morgenlänciische Litera-
tur. Th, 1, 2, und iu andern zerstreuten Abhandlungen.
6z Abschn. 1. Gesch. d. hebr. Spr. bU zu ihrem Aussterben.
5i .Schwieriger ist die Untersuchuno;, welcher Spracht
die assyrisch- bubyluni >chen Götter- und Personen-, beson-
ders Königsnamcn •' .\ebo, Xebueadneza?-} angehören, die
schon in den Schriften vor dem Exil, und aufserdem bey
den Profanschriflstellem vorkommen76). Fast einstimmig
erkennt man darin Ueberbleibsel der eigentlich assyrischen
Sprache, und es fragt sich nur, welchem asiatischen Sprach-
stamm diese angehöre.
Mehrere ältere Sprachforscher, denen Adelung, Heeren,
Eichhorn7"' ') wiederum gefolgt sind, halten sie für einen
semitischen Dialekt, welcher sich an das Ostaramäische der
Bahylonier angeschlossen habe. Man stützt sich hev die-
ser Behauptung auf Jes. 56, 11, wo der Assyrer Rabsake
aufgefordert wird, aramäisch zu reden; auf die Benennung:
assyrische Schrift für: chaldäische Quadratschrift; endlich
auf die öftere Verwechselung von Syrien und Assyrien bey
den Klassikern, und hat in Folge dieser Annahme jene Na-
men ans den semitischen Dialekten erklärt78). Allein
schon das völlig Fremdartige dieser Namen, und jene mifs-
lungenen Erklärungsversuche können hinreichen, diese An-
nahme zu verwerfen, um so mehr, da sich den übrigen
Gründen leicht begegnen läfst. Dafs nämlich Rabsake auf-
gefordert wird, aramäisch zu reden, beweist nicht, dafs die-
ses seine Muttersprache war; denn auch der persische Hof
bediente sich dieses Dialekts als Vehikel der Mittheilung an
die Provinzen diesseit des Euphrat (Esra j, 7). Die Benen-
nung: assyrische Schrift beweist nur für eine wahrscheinli-
76) Man findet sie zusammen im Kanon des Ptolemäati v^l.
Semler in den Erläuterungsschriften zur allgemeinen Weltlii-
storie. T. III. S. 105 ff.
77) Löscher de causis ling. hebr. S. 41- Simonis Onomast. V. T.
p. 567. Adelungs Mitlnidai. Tu. 1. S. 330. Heeren Com-
meut. (s. §. 4, j) §. 15. L'uhhorns Gc»clucht« der neuern
Spraclienkuiule. Th. 1. S. 4l7»
78) S. Löscher, Simonis, Adelung a. a. O.
§. 17. Aufnahme pon Glossen ans fremden Sprachen. 63
che Identität der Schriftzüge. Die unkritische Verwechse-
lung jener in den motgenländischen Sprachen gar nicht ähn-
lichen Namen im Griechischen und Lateinischen (Syria, As~
syria) kann aber gar nicht in Betracht kommen.
Noch unglücklicher und verwerflicher ist ein anderer
auf /. D. Michaelis Veranlassung von /. R. Forster gemachte
Versuch, diese Namen aus den slavischen Dialekten zu er-
läutern79). Ei geht von der ganz grundlosen Meinung aus,
dafs die D*nii>S der Bibel die nordischen Chaldäer des Xeno-
phon und Sirabo seyn , wobey der Zusammenhang zwischen
der assyrischen und babylonischen Dynastie ganz übersehn
ist80).
Als höchst wahrscheinlich kann dagegen angenommen
werden, dafs diese Namen und überhaupt die assyrische
Sprache dem medisch- persischen Stamme angehören81).
Aeufserst ansprechend und gefällig sind wenigstens die Deu-
tungen, welche Lorsbach82'') nur aus der abgeleiteten Quel-
le der neupersischen Sprache zu geben wufste, und aus der
Geschichte und Erdbeschreibung, in welcher Assyrien und
Medien stets eng verbunden sind, wird man schwerlich ge-
gründete Einwendungen hernehmen können.
Götternamen sind: iü, *>3*T2), "H^llö (}2)Of^0 homunculus ?\
Die Königsnaruen sind mit diesen meistens zusammengesetzt, als:
ISiOnms:] ( /-*m J I vAl^ *A J Nepu deorum prineeps) , \Z1ui^5
- - ■■ ;J ^ 1...- .
(^vama^.*.-*..) Nebo's "Verehrer), Nebusaradan, Nabortassar, Na-
bopolussar U. S. w. ; IMerodacli Jialadan, Evilmerodach , Mardo-
cempadus ; *l2fV» wahrscli. r»*J \sQ Schatzmeister. Für d
J
79) Michaelis Spicileg. Geogr. Hebt; exterae. T. II. S. 102.
ßo) Gegen Michaelis und Sehlözer, s. Adelungs Mithridat a. a. O.
Mein hebr. Wörterb. u. d. W. DPI«». Vgl. liosenmiiller zu
Habac. 1, 3.
31) Jablonskii Opusc. ed. te Wflter, T. III. S. 12Q.
82) a. a. Q. (not, 72) Th. 2. S. 247.
ÖA Ah sehn. I. Gesch. d. hehr. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
persischen Charakter dieser Namen zeugt sehr evident die- Art der
Zusammensetzung, nach welcher der Genitiv den eisten Theil de»
Comvositi ausmacht, wie z.B. in Nebuschasban, Melzar.
A. Da nach den Siegen Alexanders d. Gr. ein so bedeu-
tender Verkehr zwischen Griechenland und Vorderasien ein-
trat so ist hiebt zu verwundern, dafs bald auch einzelne
griechische Wörter in die dortigen Landessprachen aufge-
nommen wurden. Ohne Widerspruch ist dieses in den
chaldäischen Abschnitten des Daniel geschehen, und es er-
scheint hiernach als sehr möglich, dafs dasselbe in den
gleichzeitigen hebräischen Schriften der Fall sey. Wirklich
haben auch mehrere Ausleger theils griechische Glossen,
theils Gräcisinen oder aus dem Griechischen entlehnte Wen-
dungen und Bedeutungen darin entdecken wollen. Allein
beydes hält keine genauere Prüfung aus.
Für griechische Wörter im jüngeren Hebraismus halten viele
Erklärer die schon oben für persisch erklarten: D^on*V2 =t£ot<-
uoi , -rot(>ccTi[j.oi , und DiinS (pStyixot Wort, Sache. Allein man
hat mit Recht erinnert, dafs beyde Wörter im Griechischen selbst
nicht in den Bedeutungen gewöhnlich sind, welche im hebräi-
schen Sprachgebrauche Statt finden83).
Gräcismen in nicht geringer Zahl, analog denen der Peschito im
N. T. , wollte Zirkel (Untersuchungen über den Prediger. Würz-
bur<* 1792- S. 46 — 56) im Kohelet nachweisen, und aus dersel-
ben Quelle nimmt Bertholdt einige Erläuterungen zum Daniel,
z. B. 11» 20. Den ersteren haben Eichhorn (Riblioth. der bibl.
Literatur. B. 4. S. 904 ff.) und J.E.Chr. Schmidt (Salomo's Pre-
diger. i7Q4« S« 283 "*•) im Allgemeinen genügend widerlegt,
und auch bey dem letztern ist diese Annahme, genauer erwogen,
nicht zulässig. Er übersetzt die Worte : niD^W Ylfl tolJ "Patf»
der einen Beytreiber der Reichsabgaben aussenden wird, so dals
•^-,-1 —^ tx/üi>) Tribut, Abgabe wäre, und von ir'13 regiert wurde.
ß3) Drusius zu Esth. 1, 3, Simonis (im Lex.), Eichhorns EinUit.
§.614, 2. Dagegen Jahns Einleit. in das A. T. Th. 2. S. <>27,
mein Wb. 11. d. W. Am mindesten zulässig ist, was Bertholdt
zu Dan. 1, 3 behauptet, dafs Pardumim in l'^rsi erst von dem
griechischen irgoTtfJioi entlehnt sey.
g. 17. Aufnahme von Glossen aus fremden Sprachen. 6j
Allein uniJ bedarf keines Nomrnis recti, wohl aber "TOI?» , wel-
ches die älteren Ausleger richtig mit 10 l^fl verbanden. D.iher:
i?er £i'«<?ra [Tribut-") Beytreiher die Krone des Reiches durchzieht
läfst, wo 'ü "n.1 = 0 V. «6 ist. Vgl Zach. 9,3. So wol-
len es auch die Aecente. Dafs in demselben Verse O^SNa ohne
Beyhülfe des griechischen ofyjj klar sey, 'sieht man von selbst.
Mit rnelirerem Grunde hat man zwey schon im ältesten
Hebraismus vorkommenden Wörtern einen griechischen Ur-
sprung zugeschrieben: "PS1?, syr. |j-j.£iL^_i Äa^^af, und
B^Vä, WlVa chald. Xnp;.V»ä, *aXX«#, n«X"kt;i, nxWecxis , pel-
tex* Beyde sollen früh von den Griechen zu den Phöniziera
übergegangen seyn84). Allein '^^S scheint wirklich viel-
mehr aus dem polygamistischen Morgenlande zit den Grie-
chen gekommen zu seyn (wogegen die von Michaelis benutz-
te Nachricht des Herod. 1. ö- l2- wenig Gewicht hat),
auch sind die etymologischen Gründe nicht ganz über-
Eeujiend.
tyuSs hat zwar keine einleuchtende Etymologie; allein diefs
ist bey vielen Quadrilüterii der Fall. Das griechische *äl\\et%,
Tr<xkk^~ hat sie dagegen eben sowenig, und pellex ist nicht apeU
licendo , sondern unmittelbar aus dem Griechischen. Bey VS1?
hat der griechische Ursprung mehr für sich, doch ist im Arabi
sehen vA+J splenduit.
ö- 10.
Uebereinstimmung des Hebräischen mit den abendländischen
Sprachen.
Schon oben (§. 6, 2) ist bemerkt worden , wie die alte*
ren Sprachforscher einen Hauptgrund für die Ursprün^lich-
keit der hebräischen Sprache aus dem Urnstande hernahmen,
dafs sich Spuren davon in den meisten bekannten Sprachen,
namentlich den abendländischen, erhalten halten. Vieles
davon beruht auf sehr gezwungenen und schiefen Combina-
tionen. Was davon wahr oder sehr wahrscheinlich ist,
84) Michaelis Supplem. ad Lex. hehr. U. d. W.W,, dessen Ei»
leit. in das A. T. S. 166.
E
66 Abschn. I. Gesch. d. hehr. Spr, bis zu ihrem Aussterben.
nebst dem Grunde der Uebereinstimmung wird man unter
folgenden Rubriken übersehn.
a
i. Aus dem Hebräischen oder Phönizischen sind in das
Griechische, und aus diesem in mehrere oder wenigere
abendlandische Sprachen übergegangen :
a. Eine bedeutende Anzahl von Pflanzen- oder Gewürz-
namen und ähnlichen Produkten, welche mit der bezeichne-
ten Sache von den Morgenländern zu den Griechen kamen,
al» : DiSriN »y «.Wovor, 21TN v^o-u^cw, nSi2 ßdtXktov. v?3 ySvs-aw,
(nSsn *«/«5>7?), D^an I/Sevcs-, niaSn ^«Xß«^, J1ß3 xvuwv,
isb xvxgos, b913 carbasus, nibS yjruv (leinener) Rock, Un-
terkleid, miS "KtßotvoTti, rot, C'S \v$ov, 113 vagjor, )» Manna,
IC pvccu, iro i-arfof, nitrum (wiewohl die verwandte Form
X/7pov auch eine griechische Etymologie gibt), n3£ canna,
r\V*Xp casia, l"i»3p. xnyufttufiov (vgl. ausdrücklich Herod. 3,
m), JttfattJ o-ovaov.
b. Die-Buchstabennamen, s. unten.
c. Die Namen einiger musikalischen Instrumente und
Edelsteine, als: b22 vußXu, nablium , ii32 xiyvpx (*}hf tv,«.**-
>ov?), nEVL)'', na\L^ Jaspis, V50 trurHptipet , liötü r/«j><f (?).
c/. Einige andere sind: S»3 xupi{kos} 13 xk^ji, cadus, fi5
x«vav (Opfei buchen) , ^nb^ xXwßor, xXovßos Käfich, OC $
(Kornwurm), S31C vugxßx^oc^ Saraballa , Oberhose; li--,-
Kftjußwv (Handgeld), wahrscheinlich ein Ilandelsausdruck
der Phönizier, *]1p xnxos Affe, 13 Weideplatz, Weideland,
eben so x«f, x«j>a, xapvoi bey den Jonicrn, pc.* rotxxof (grobes,
härnes Zeug, dah. Sack, Durchschlag), tSc^aX^, maltha
Mörtel; r\3jz j)inna Mauerspit/.e u. s. w.
e. Nur die "iiechischredenden Juden haben auch die
Bezeichnungen Cur Maafs und Gewicht uufgenommeu, z. B.
ff<x>.6f, xofof, r«™», auch /S«^>k = nV3 Burg.
Andere Wörter lind ml im Mittelalter und aus d«m .Arabi-
schen in die abend Kindischen Sprachen gekommen, z.B. ;:rv
§. 1 8- Uebereinstimm. de« Hehr, mit den abendl. Sprach. 6"J
c *&£
arab. y.AXj*»^ arm, daher mesquino, mesquin; /\ XAl^i^
/'./J2.S cotton, Kattun (vgl. ytr-^v").
2. Folgende Beyspiele von Uebereinstimmung tbeils
mit mehrern, theils mit einzelnen abendländischen Sprachen
gehören entweder zu den wenigen noch übrigen Spuren ei-
nes dereinstigen näheren Zusammenhanges zwischen jetzt
völlig getrennten Sprachstämmen, oder sind in einzelnen
Fällen Spiele des Zufalls :
YV*t ^jf^ Erde; \>*, o/vo?, n'nam, Wein; *ie*3, 3?B (auch
im Syr. und Arab.), fxiayto, misceo, mischen, pers. /". AAdbl..C|
amichten, pöbln« mieszam; rp*i riechen; yv\l) kz , sex, sechs;
5 c/.
V3ü; Septem, sieben; lity p *$ rave-o; ; *iö umarus u. s. w.
3. Wenn die Identität dieser Glossen, besonders der
unter No. i, nicht zu bezweifeln ist, so ist man dagegen
viel zu weit gegangen, wenn man aus ähnlichen Wendun-
gen und Phrasen in der griechischen Dichtersprache und
der hebräischen auf einen wirklichen Zusammenhang zvvi-
sehen denselben hat schliefsen wollen. Alle Sprachen, die
auf einer ähnlichen Stufe der Kultur stehn, pflegen in ein-
zelnen Puncten sich zu ähneln.
Jo. A. Ernesti de vestigiis Ungnae hebraicae in lingua graeca
(Opusc. philologica et critica. p. 17g) sagt sogar: „Neque vald«
repu»naverim , si quis Homerum doctissimum horninem, et aliot, da
tnore illorum temporum, pcre°rinatos per Asiam, ineidisse in libros
Hebraicos, et inde hausisse , putet." Aehnlich Hezel in: Grie-
chenlands älteste Geschichte und Sprache. Weifsenfeis 1795 3»
Die Aehnlichkeiten des Griechischen und Hebräischen in Rück-
sicht auf Spiachgebranch und Stiuctur zeigen: P. M. (Jgerii Zi«
hellus de graecae et latinae Unguae cum hebraica aßinitate. Venet.
17^3- 8« (Bo gani) Homerus cbraizatis. Ox.f"rd. i6$Q. Lake-
mac her observatt. philol. P. III. p. 500. Bauer Hermeneuti.a
sacra V.T. S. »38« Rink de linguarum Orientalium cum graeca-
mira convenientia, Regiomonti, 4.
E a
6Q Abschn. 1. Gesch. d. hebt. Spr. bis zu ihrem Aussterben.
Bej-spiele von griechischen Ausdrücken , die Ilebraismen ähn-
lich sehn, findet mau (nur für einen andern Zweck) auch in P/o-
cheiiii Diatr. de linguae graecae N. T. -puritate, z. B. yivwexut, lat.
cos>wsco, als Euphemismus f. coeo, wie V*n ; wi«{ 'Ajja/cuv, 5ycr>ju)v
-rai&t? f. Achäer, Unglückliche überhaupt, wie im Hebr. Söhne
der Reichen, Armen f. Reiche, Arme; rt^nfxt setzen f. zu etwas
machen , wie OWt rPUJ ', iöwv *;6wy ich habe gar wohl gesehn
U. 8. W.
69
Zweyter Abschnitt,
Geschichte der hebr. Sprache als einer ausgestorbenen,
oder
Geschichte der hebräischen Sprachkunde.
Erste Periode.
Traditionelle Sprachkunde bis zum Anfang der gramma-
tischen Bearbeitung.
ö- 19-
Uebersicht.
J_Jie hebräische Sprachkunde dieser Periode hat den eigen-
thümlichen Charakter, dafs sie ohne grammatisches System
und lexicographische Sammlungen, lediglich durch Tradi-
tion der gelehrtern Juden fortgepflanzt wurde. Von diesen
lernterj auch die wenigen Christen, welche einige Kenntnifs
von dem Urtext des A. T. nahmen. Aus Mangel an gram-
matischer Bearbeitung der Sprache fehlt es den Uebersetzern
und Auslegern dieser Periode vorzüglich an grammatischer
Gründlichkeit und Kritik, aber besonders die altem und die
Palästinenser erhalten ein bedeutendes Gegengewicht durch
den geringen Zeitraum, der zwischen ihnen und dem Aus-
sterben der Sprache verflossen war, mithin durch das Un-
mittelbare und Reinere ihrer Tradition1). Die letzten Jahr-
hunderte dieser Periode, das Qte und (pte , sind die dunkel-
sten, in welchen eigentliches Sprachstudium des A. T. nicht
allein ganz ruhete, sondern auch gewifs bedeutende Rück-
schritte that.
l) Clerici diss. de Hng. hehr. No. VII. Michaelis Orient. Biblioth.
Tu. 5- S- 22 2.
7<i Abschn. IL Gesch. d. hebr. Sprachhunde. Per. I. Tradit.
ß. 20.
Palästinensische und babylonische Juden.
l. Beyde weiden am füglichsten mit einander verbun-
den, weil sie bey geringer Verschiedenheit die gröfste
Aehnlichkeit an Charakter und Gelehrsamkeit offenbaren.
Wiewohl sie geistlos und ängstlich an den Buchstaben und
ihren Ueberliefcrungen klebten, deren viele auch philolo-
gisch-exegetischer Art waren, und wiewohl sie bald das
Studium gesetzlicher Ueberlieferungen zum Nachtheil fies
Bibelstudiums mit unverhältnifsmä'fsigem Fleifse und be-
schränkter Einseitigkeit betrieben, so haben doch ihre Schu-
len leicht auf die gewissenhafte Erhaltung und das richtige
Verständnifs der althebräischen Urkunden am woLlthätig-
sten eingewirkt z). Besonders förderlich waren ihnen bey
dem Studium derselben ihre verwandten Landessprachen,
zuerst das Syrochaldäische, dann nach den Eroberungen der
Chalifen das Arabische. Ein mehr oder minder mit Chaldais-
men gemischtes Hebräisch ist ihre Gelehrtensprache , nir-
gends mehr Sprache des Lebens 3).
Jene jüdischen Schulen oder Akademieen (nltrilE *P3,
J33*l •'»na, nla^ttrO blühten schon kurz vor und zu Christi Zeit
in Jerusalem, wo sich die des Hillcl, welcher von Tlabylo-
nien herübergewandert war, und des Schammai wechselsei-
tig den Rang streitig machten *). Nach der Zerstörung der
Hauptstadt bildeten sie sich von Neuem in Jabne (Jainuia),
2) Ueber ihre abweichenden Gewohnheiten s. II ot tinger thes.
-plülül. pag. 21. Salinas. de lingua hellenistica. p<lg« -30.
5) Theodoret : ra aß^arixa ira/bi« o\j tv| 'Eßja/uwv tvnv IUMIV ti^if
MiX?>'/jtsl,a ^P0UV5J » <*XXa tvj sxsiViuv , irxq QU i'ysvv>)5>j!TAv • um
fAttq&Kta ytvofxEva, 5ibaev.6T«< rwv y£aft/4ftTwv rouj j^apaxT^pn;*
/jiavB'iwii hs lux rtjv yQOtfAfiaTnv t>jv Dtiav •ypavp-.jv rv; sß^at&t ■y*-
yoa/x[AlVi)v iQwvy.
4) Geigßt Commrnt. de Hillel et Schammni , in Ugolini tlirs. anti-
quit. heb). XXI* No. 16. Il'olf Ihblivth. hebr. 11. S. 0*4.
Spracht;. $.20. Palästinensische und babylonische Juden. 71
Ziphoria, Lydda, Cäsarea, vornehmlich aher zu Tiberias f ).
Die Mitglieder der letzteren Schule waren in dem Rufe der
reinsten Ueberlieferung, namentlich auch in Rücksicht auf
die Aussprache6). Ihre höchste Blüthe dauerte bis zum
Jahr 250 vor Christi, wo die gröfste Zierde derselben,
R. Juda der Heilige, starb, und zwey seiner vornehmsten
Schüler Rab und Samuel, denen der Ruhm ihres Lehrers
folgte, nach Babylonien übergingen. Von nun an blühten
dort am Euphrat die Academieen von Sora, Pumpeditlia,
Nahardea. Neben ihnen erhielten sich aber auch die palä-
stinensischen in verdientem Rufe; nicht ohne wechselseitige
Eifersucht. Von palästinensischen Juden lernte im 4ten
Jahrhundert Hieronymus, und Tiberias wird noch in der fol-
genden Periode erwähnt7). Indessen klagte man besonders
das ßte und ote Jahrhundert des vernachlässigten Sprach-
und Bibelstudiums an, im loten gerieth auch Sora in Ba-
bylonien in allmählich immer tiefern Verfall.
Die Verfassung jener Schulen war den Zünften ähn-
lich, mit Graden (D^sn socii d. i. Schüler und jüngere Rab-
binen, D"031, o^jenn Lehrer), zu welchen man mit gewis-
sen Feyerlichkeiten befördert wurde, Vorstehern oderRecto-
ren (rfiMthri ''ttrWI 1 *arf<«f>;c«t) , Privilegien und Dotationen,
die zum Theil durch Beyträge der ganzen Judenschaft zu-
sammengebracht wurden 8).
5) Buxtorfii Tiberias. Cap. V.
6) R. Jona bey Elias L.evita de accent. Cap. II.
7) Vorzüglich wichtig ist Epiphanius contra liaares. T. 2. p. 60.
Zu Aben Esra's Zeit wird es genannt Schalschtlet Hakkabala.
41» «•
8) Ursini antiquitates hehraicae scholastico- academicae. Heub-
neri diss. de academiis Hebraeorum ; beyde in Ugulini thes.
XXI, No. 12. 13. Alting historia academiarum judaicarum,
Opp. T.V. S. 240. PVolf Bibl. Kehr, II, S. 919 ff. H ot-
tin g er i hist. eccles. N. T. Saec. 1-X. Verschiedene Genera-
tionen: Gannaei, Seburaei, Geonaei,
72 Abschn. II. Gesch. d. hehr. Sprachlunde. Per. I. Tradit.
Den gemeinsamen Bemühungen dieser Schriftgelehrten
verdanken wir die Targums, den Talmud, die Masora und
die Vocalsetzung des Textes,
Ö. 21.
T a r g ii in s , Talmud, M a s 0 r a.
i. Als die hebräische Sprache sich unter dem Volke
gänzlich verloren hatte, mit der Einrichtung der Synagogen
aber die Vorlesung de» A. T. Sitte geworden war, machten
es sich die Schriftselebrten zunächst zum Geschäft, der Vor-
lesung des Originals Uebersetzungen in der Landessprache
folgen zu lassen, welche anfänglich aus dem Stegreife gege-
ben, nachher aber schriftlich entworfen wurden9). Dieses
der Ursprung der Targums , oder der sogenannten chaldäi-
schen Paraphrasen, welche in ihrer fragmentarischen Gestalt
gewils über Chr. Geburt hinaufreichen, wenn gleich die
Sammlung und Redaction derselben zum Theil viel später
angesetzt werden mufs. Aus ihnen ersieht man die bey den
Palästinensern und Babyloniern- reeipirte Erklärung des
Grundtextes, welcher man in vieler Hinsicht das Lob treu
bewahrter Tradition nicht streitig machen kann, und vorzüg-
lich von ihnen gehen auch die Rabbinen des Mittelalters bey
der Bestimmung ihrer Bedeutungen aus. Besonders die jiin-
gern sind freylich auch sehr reich an geschmacklosen Gril-
len. Der Preis unter ihnen gebührt dem Onkelos über den
Pentateucli, der vielleicht noch vor Chr. Geb. gesammelt
ist; Jonathan, ben Usiel über die Propheten kann dagegen
erst im 2 teil bis "5ten Jahrhundert, Pseudojouathan über d< n
Pentateucli erst im tften bis oten seine gegenwärtige Gestalt
erhalten haben. Die letzteren beyden und \\.\i Tnrgum von
Jerusalem sind palästinensischen Ursprungs, das Targnin
des Onkelos dagegen wird allgemein für ein babylonische«
oj VittingA d >ja vetere. S. 1015. Batholdt Eiuloit,
in das A. und N. T. S. 671.
Sprach künde. <3- 21. Targums, Talmud, Jlfasora. 73
Product gehalten. Die Uebereinstimmung der Receptlon ist
jedoch im Allgemeinen sehr grofs.
Zu Christi Zeit waren diese Targums in Palästina gleich-
sam als kirchliche Uebersetzungen reeipht. (Matth. 27, 46).
Bey der persischen Ueb< rsetzung, die etwa im Qten Jahrhun-
dert zu Tus in Pcrsien von Jacob ben Joseph mit ängstlicher
Wurtlichkeit nus dem Grundtexte verfafst ist, liegt vorzüglich
Onkeios zum Grunde, zum Beweis«, dafs die persischen Juden
sich der Abstammung und Manier nach an die palästim nsischen
und babylonischen ansclilossen. & Rosenmüllori do version»
Pentateuchi persica Cüinmentutio. lipsiac 1Q1 5. 4.
2. Eine zweyte Arbeit, velcher sich diese Gelehrten
unterzogen, bestand in der Sammlung und Aufzeichnung der
mündlichen pharisäischen Sitzungen in ein aus mehrern
Theilen bestehendes Ganze, den Talmud. Der ältere Theil
desselben, die MiscJma, u-ard um das Jahr 190 oder 220 n.
Chr. zu Tiberias durch R. Juda den Heiligen redigirt lü).
Für unsern Zweck ist dieselbe vornehmlich von Seiten der
Sprache wichtig, da viele ihrer Fragmente über Christi Ge-
buit hi.iaufjiehn, und sie in einer noch ziemlich rein hebräi-
sehen Sprache verfafst ist, in welcher ohne Zweifel mehre-
res althebräische Sprachgut enthalten ist (§. 14, 5). Ihr Styl
hat dabey etwas Concises , wodurch ihre Auslegung selbst
dunkel wird.
Den Wortvorrath derselben findet man (wiewohl nicht ganz
vollständig, und nicht ganz befriedigend erläutert) in liuxtorfii
Lex. cliald. et talmudi um: bey weitem reichhaltigere und gelehr-
* J DD
tere Erläuterungen liegen aber in der trefflichen Ausgabe von Su-
renhusiuK, Amstelod. 1605 - 1702. 6 Voll. Fol. Bey Bestimmung
der Bedeutung seltener Wörter und überhaupt zur Erläuterung
des alten llebraismus ir-t sie ein noch keineswegs erschöpfte?
Hülismittel ? *). Die neueste Probe davon liefern J. Th. Hart'
mannt Supplementa in Oeseuii Lexicon hehr. 0 JMischna petita. Ro«
stochii i U 1 3. 16 S. 4.
10) pVotfii Biblioth. hebr. P. IL p. 674.
11) Vgl. Faber zu Harmars Beobachtungen. Th. 2. S. 17a u. öfter.
74 Abschn. II. Gesch. d. hebr. Sprachkunde. Per. I. Tradit.
Ein<* der schätzbarsten, auch in meinem Wörterbuche übersehe-
nen, Bemerkungen dieser Schrift, dafs das biblische ni3U7N ps. 113,
7. 1 Sam. 2, 6 nicht Singular, sondern ein Plural von nat^N sey,
welches besonders T. IV- p- 155 der Mischna ed. Surenh. entschie-
den für fimetum steht, hat schon Faber (zu Harmnrs Beobachtun-
gen. Th. 1. S. 232) hergebracht, doch ohne sie zu benutzen.
Minder wichtig i&t uns der zweyte spätere Theil des
Talmud, die Gemara, welche Erläuterungen und Ergän-
zungen der Mischna enthilt. Die erste Abtheilun^ dersel-
ben, die Gemara von Jeru-.alem, soll um das Jahr 230 oder
270 von Rabbi Jochanan zuTerusalem gesammelt seyn, nach
andern beynahe ein Jahrhundert später ,2). Die Redaction
der zwevten, der babylonischen Gemara, soll von R. Jose
(See. VI. init.) herrühren1 3 ). Die Sprache in beyden ist schon
weit verderbter, und einzelne Zusätze scheinen in ein noch
tieferes Zeitalter herabzugehn. In andern jüdischen Schrif-
ten, welche um jene Zeit verfafst seyn mögen, z. B. Pirke
Abot , Seder Olam u. s. w. ist der Styi bald mehr bald min-
der rein und dem biblischen nachgebildet14). Die Gemara
hat wenigstens einige Spuren von grammatischer Bearbei-
tung der hebräischen Sprache1*), und den Anfang der kri-
tischen Bearbeitung des Textes, die wir vollständiger in der
Masora besitzen.
3. Auch diese ist das Werk der palästinensischen, vor-
nehmlich aber der tiberiadischen Schriftgelehrten. Wie
schon von den Talmudisten geschehen war, verglichen diese
fortdauernd Handschriften der Bibel, urtheiltcn über Les-
arten, merkten seltene Formen an, oder erlaubten sich Con-
jeeturen über schwierige Worter, die mit ihren Begriffen
von Sprachrichtigkeit nicht zu vereinigen waren; anderer
spielenden Beschäftigungen nicht zu gedenken.
12) Wolf a. a. O. S. 68 j.
15) ebend. S. 6$6.
l/f) Luscher S. 87-
»5) ö. §. 28, 2.
Sprachkunde. Q. 2i. Targums, Talmud, Masora. 75
Die vorgezogene Lesart wurde, da sich schon ein Tex-
tus receptus gebildet hatte, zwar nur an den Rand gesetzt,
erhielt aber den Namen "»"ip lectum oder legendum , die Tex-»
teslesart dagegen 3Ti2 .scriptum. Die einzelnen Bemerkun-
gen dieser Art sind zum Theil älter, als der Talmud, allein
zu einem Ganzen wurde sie eist im sechsten Jahrhunderte
verbunden. Auch hier aber galt die Sammlung nicht für ge-
schlossen, und noch immer kamen neue Bemerkungen hin-
zu. Sie erhielt den Namen Jfasora (mira d. i. Ueberliefe-
rung. oder vielleicht mbo correctorium), den jedoch die spa-
teren Juden mehrfach mifsdeuteten. Die Verfasser dersel-
ben heifsen Masoreihen (nvfcn "»Vtfa).
Die sogenannte grofse Masora s. in Buxtorfs rabb. P.ibel am
Rande und am Ende; die kleine, welche sich vorzüglich auf das
Kri und Chethib beschrankt, an dem Rande fast aller BibtLus.
gaben.
Wichtig für die Sprachgeschichte ist vornehmlich das Ver-
fahren der IMasorethen bey Auswahl und Beurtlieilung der
Lesarten. Offenbar verfuhren sie dabey nach gewissen
grammatischen Prinzipien, die sie sich, wenn sie gleich nir-
gends zusammengestellt sevn mochten, abgezogen hatten,
und hiernach conformirten sie den Text, und suchten seine
Unregelmäfsigkeiten und vermeintlichen Fehler zu entfer-
nen. Sie legen dadurch ein in derThat genaues Studium an
den Tag, setzen aber alle Rücksicht auf Verschiedenheit der
Schriftsteller, und manches Schwankende in der Orthogra-
phie und Grammatik einer lebenden Sprache aus den Augen,
auch war ihnen manche jetzt bekanntere Spracherscheinung
nicht klar geworden.
Beyspiele sind: Wo die Wörter >nn und it'J im Pentateuch
als Fem. »lehn, wird NTl und mj>3 daffir substituirt ; eben so
für die Pionomina 1— , n\. TtM du f. , -C , V3M (Jer. 42, 6) be-
ständig die gewöhnlichen Formen V—, i, PN, 1, im;«16);
16) Hiller Arcanum Kethib et Kri. S. 47« 74* * 75«
j6 Abschn. II. Gesch. d. hebr. Sprachkunde. Per. I. Tradit.
wenn nS für \xS steht, wird dieses hergestellt, und umgeKehrt1 7) ;
ungewöhnliche Lesemüttcr werden getilgt , z.B. D^STn Ezech.
s7> *5> M"OV« 2 Chron. g, 16 ; statt ungewöhnlicher Genera wird
das gewöhnliche gesetzt 2 Sam. 17, 12. 23, g. lEün. 19, 4. IIo-
hesl. 4, 10 u. s.w. Besonders waren ihnen gewisse syntaktische
Abweichungen fremd, z. B. wenn ein Land für die Bewohner,
und duch mit dem Sing. Fem. steht Jer. 13, 20. 48' 20« 50, 11,
wenn der Plural distributiv steht Prov. 3, 2g. 24, 17. Kohel. 4,
g. Ezech. y, 5 u. a. m. Ueberall wird die leichtere gewöhnli-
chere Form vorgezogen, z.B. D'^'"'' f. DÄF»* 1 Mos. 24, 55, N"0»
f. "OJD 2i, 11, auch Gl ossen werden aufgenommen z.B. Prov. 20,
20 nS"»S IVVX Zeit der Nacht f. nVb li'i^S* Augapfrl der Nacht.
Als (Quelle dieser erleichternden und LOiris.irenJ.en Lesarten des
Kri müssen theils schon emendirte Cudd., theils grammatische Con-
jeeturen angesehn werden. Auf jeden Fall hielt man das Che-
thib für felilerhafr, mochte man den Fehler (wie Abarhanel will)
auf die Schriftsteller selbst, oder auf die Abschreiber schieben18).
Die Kii's anderer Art gehören nicht hieher.
4. Eine Anzahl von Bemerkungen der Masora beziehen
sich auf die Punctation , und zwar auf die volle Yocalset«
zung der heutigen Ausgaben. Gehören diese auch gleich
zu den jüngsten Beyträgen zu dieser Sammlung, so ist doch
auch anders woher klar, dafs diese gegen das sechste Jahr-
hundert Ichhaft betrieben, und im gten oder c;ten schon auf
die heutige "Weise fixirt gewesen seyn müsse. (S. unten Gesch.
der Schrift).
ö- 22.
Hellenisten, vorzüglich Alexandriner.
1. Bey weitem unvollkommner erscheint die Sprach-
kunde der griechischredenden Juden, von welchen die ägyp-
tischen und alexandrinisohen einen vorzüglichen Theil aus-
machten I9). Das wichtigste Document darüber liegt uns
17"; Ebend. S. 61.
ig) lue verschiedenen Vor«ielliingen über das Kri und Chetlüb
s. in 11 ol f Bibl, hebr. 11 . C''")- Carpxov Critica smera S. 3 1 ~>.
ig) Ueber die dortigen Schulen s. die N- .1 üi 11 ot-
tin g, thes. philo!. S, 28. Vgl. RcmatuTs Geschichte der Aus-
breitung des Judcnlhums. $. 10. 11.
Sprachk. (J. 22. Hellenistan, vorzüglich Alexandriner. JJ
in der alexandrinischenUebersetzung vor, welche von meh-
rein Uebersetzern herrührend, unter PtolemäusLagi mindern
Pentateuch begonnen, aber erst bedeutend spater vollendet
und zu einem Ganzen geordnet wurde. Dafs bey ihrer Ab-
fassung palästinensiscbe Juden zuRathe gezogen worden20),
oJer dafs man gar chaldaische Targums dabey benutzt
habe21), ist schon deswegen ganz unwahrscheinlich, weil
sie wenig Spuren von der kritischen und exegetischen Ge-
nauigkeit der Palästinenser enthält, und in ihren Worter-
klärungen sehr wesentlich von der Reception derselben ab-
weicht. Da die alexandrinischen Uebersetzer jedoch dem
Leben der hebräischen Sprache, wenigstens als Schriftspra-
che, noch gar nicht fern waren, so mufste bey ihnen viel Rich-
tiges und Wahres aufbewahrt sevn, nur wird ihr Mangel
an grammatischem Sinn, an Vorarbeiten aller Art u. dgl. oft
nur zu sichtbar.
Eine sehr brauchbare Uebersicht der Bedeutungen, welche die
Alexandriner den hebräischen Wörtern an den verschiedenen Or-
ten geben, s. in Trommii Concore!, paecis LXX. intpp. T. II.
und in dem Lexico hebraeo ad Origenis Hexapla ed. IMontfau-
con. T. II. p. 401 ff- J^iß abweichenden Deutungen der an
Sprachkenutnifs sehr verschiedenen UebexsetzeT der einzelnen Bü-
cher S. in Hody de bibliorum Textibus criginalibus p. 204 ff.
Die Vergleichung der erstem Lexica lehrt, dafs sie öfter seltene Wür-
ter nach censtanter und fichtiger Tradition deuten, (s. unter Aleph,
h^t*. 1K)N , ritt}"««?*«, nätTN), dao,e°cn bey bekanntern häufi»
schwanken, (z.B. V2N , JÜÖ^N). Schwierige YYürter bleiben
öfters ganz unübersetzt, z. B. b^N (als architektonischer Aus-
druck) CClX.
2. Eine bedeutende Anzahl von Wörtern übersetzen
die Alexandriner so, dafs sie eine wenigstens jetzt nicht
20) S. Bertholdt Einleit. in das A. und N.T. S. 526. Dagegen
Houy de bibl. textibus origin. S. 1Q0. II olf a. a. O. II, 441,
2i) Diese Vermuthune; haben einige Piabbinen (s. Schalschelet
Hakkabala. Fol. 24, 6), unter den Neuern rjaiuikuche (in
Eichhorns Bibl. Th. 8. S. 427).
78 Ahschn.I], Gesch. d.hebr.S/.rachkunde. Per. I. Tradit.
mehr als hebräisch vorkommende Bedeutung, die sich aber
in den verwandten Dialekten findet, ausdrucken. Es sind
hier zwey Fälle denkbar, die aber auch nebeneinander be-
stehn können. Entweder waren den alexandrinischen Ju-
den diese Bedeutungen anderswoher als hebräisch bekannt,
oder sie besaisen einige Kenntnils der Dialekte, was beson-
deis in Betreff des Aramäischen sehr nahe liegt. Sehr häu-
fig sind solche Bedeutungen am unrechten Orte angebracht,
welches aber um so beweisender ist22).
Beyspiele aramiiischer Bedeutungen sind : Ps. 60, 10 : "<2Sn*i *i*iD
Afß*)? t>)$ sXti&o? ijlov (vgl. yn*l hoiTen) ; Jes. 53, 10: IJOT KaSa-
qiaou avro'j (vgl. NDT=:nDJ rein seyn); Jes. 4, 2: P!OX ,"Pn tx<-
Xa^a (vgl. l^^C* Glanz, Abglanz); 1 Mos. 1, 6 ff. X^pl en-
qtw//.a, mehr nacli dem aram. Vp_"l compressit, als dem hebr. Vp*1
expansit.
Beyspiele arabischer Bedeutungen : Ilobesl. 4, 1 "jna^S IVSö
tvtroj t>jj ff>)u)7n)ff£w; cov (vgl. .jo taub seyn, schweigen); Je«.
7, 6 n3aCp3 f;uXXaX>)ffavTS5 avroi; (vgl. /vaAaJ erzählen) ; Arnos
0, 13 D*23>> I^T Tf^Kaffsi ij aratpvXi} die Traube habt sich (vgl,
^5pO reiten, s. Faber zu Harmars Beobachtungen Th. 1. S. 92);
1I3& ygixfjifxaTivi (nach -i2.w- scripsit ) richtiger: Vorsteher
kl/
.a.m/ vorstehn); 1 Mos. 23, 16 12» tjj^
inoS «fytfiov ooy.tfxov zp-wogots (vgl. /•££ examinavit nummos,
allerdings passend!); 2 Kön. 11, 6'. Ps. 90, 10 u. s. w.
3. Die bey weitem schwächste Seite ihrer Sprachkennt-
nifs zeigt sich in Hinsicht auf Etymologie, Grammatik und
Orthographie, wovon sie ebensowenig genaue Kenntnils
besitzen, als sie auch nur Sinn dafür offenbaren.
22) Ho 1 1 in n er 1 (lies, phllol. S. 566. Olear ius de JAy/ß N.
T. ed. Schwarz (Coburg 17Ä») S. 503 ff. IWichailit Beurthei-
lung der Mittel, die hebr. Sprache KU lernen. S. 1 »9 ff. 1 26 ff.
*3}JU- 32i« *« £> lubi'r detcriptio commentmrü in JLXX iiu
idfs. Uiss. 1. II. Gott. t"H',i. (J 11 a l> diiiutieattO aniii/ua'
tum liuseue vtruü.iuin. V. I. II. Tubingac i^i£,
Spracht. (J. 22. Hellenisten, vorzüglich Alexandriner. 79
Daher vielfältige Verwechselungen verwandter Verba, z. B.
NV und HN1 Malach. 1, 13 23), überhaupt ähnlicher Wörter,
z. B. "inSN^öD sv tvj ß(x<Ti\i«x txvrov (im^So^) 1 Chron. 4, 23;
MW« «?X*10? (ifl"»«) Jcs. 23, 17 ; ntt?>t ™p Ps. 58, 9 (vgl. jedoch
Jer. 6, 2y im Cbethib); "ll,»ni.*T< Eiro<//avcv a* ("pn^S?*l, wo zugleich
eine Verwechselung des "1 und *i Statt hat); ähnlicher Buchsta-
ben z. B. Wii fft/xßoiXsuffa? (Vyi^) Jes- 53» 19' <"12£VN svicr^ttrut
(wie von VJi = 17J>) Ps. 52, ß; D^nSÜ /wayt/^o« (DTOü) Klagel.
2, 20; -pn j».oA.tcj «utwv (cpiri) Hos. y, 1 ; t3tt?p to?ov (nwp)
Ps. 60, 6; 2a\ü und BDtt; 1 Chron. 17, 6. £8> *• 2 San». 7, 7.
Micha 4» *4> insbesondere der qiiiescirenden Buchstaben, z. B.
PI^ÖN «Dfijffc/xsv (NJfEN oder N2££3) Zacli. 1 2, 5 ; der Gutturalen,
als T2nS s<< SouAs/av (n^V1?) Estli. 7, 4; nNI ßoffnt (njn) 1 Kon.
12, 16; nnJJ <ru 2 Sani, ig, 15 u. s.w.
Ganz falsch haben Cappell us (Crit. sacra ed. Vogel- Schar-
fenberg lib. IV. cap. 4 sc{-) u« A. diese xind ähnliche Fälle auf
Rechnung von Varianten gebracht. Richtiger Grabe diss. de
LXX interpretibus cap. 1, Carpzoo Crit. sacra S. 516.
4. Der geschickte Hermeneutiker wird aus solchen Be-
obachtungen leicht ersehen, von welcher Seite vorzüglich
Gewinn von dieser Uehersetzung zu hoffen, von welcher sie
mit Mistrauen und besonderer Vorsicht zu gehrauchen sey.
Eine sehr richtige Miuelstrafse zwischen den Ueberschätzungen
dieser Version durch ls. I ofs , und eine ungerechte Zurückset-
zung derselben durch Andere treffen R. Simon (Jiist. crit. du V. T.
S. 237 ff.) und Cltricus de lingua hebraea no. 7, vorzüglich
letzterer.
Von der eigenthümlichen Aussprache der Vocale, die
bey den Nomm. propriis der LXX zum Grunde liegt,
s. unten.
5. Von den griechischen Uebersetzern Aquila, Symma~
ehus , Thevdolion, welche See. 2 n. Chr. blühten, und nur
in Fragmenten enthalten sind , verräth der erstere am mei-
23_) D;diin gehört auch, dafs sie D^lö 1 Mos. 22, 6 und n*Tlö
lS, ü durch -Jif>j/te? fibersetzen. Sie leiten es von nx*) oder
n*T»=nN"! ab, und geben ihm den Sinn ueit^esehn, welchen
Aqu. etymologischer durch noTa(f)«v>jj ausdrückt.
&o Absclin. II. Gesch. d. hebr. Sprachhunde. Per. I. Tracht.
sten etymologische Sprachkenntnifs , die er auch in seiner
Uehersetzung ausdrückt. Seine ängstlich wörtliche Manier
gehört weniger hieher.
S. die Lexica von Tromm und Moni faucon , welche auf diese
Fragmente zugleich Rücksicht nehmen, vg\. Dathe de Aqui-
lae reliquiis iuterpretationis Hoseae, in dessen Opusculis ed. Rosen^
midier, no. 1. §.7. g. Auch er ist indessen nicht fiey von gro-
ben Verwechselungen ähnlicher Wörter, z.B. Hos. 5, 1 iü^M
irakocia (vjynyi), welches Dathe a. a. O. S. 51 fälschlich für ein©
Variante halt.
5. 23.
J o s e p h u s und Philo.
Nach der Verbreitung dieser griechischen Versionen
wurde da» Studium des Originaltextes bey den griechischen
Juden immer seltener, und verlor sich bey dem \ olkc ganz-
lich. Las man auch in einigen Synagogen, wie zu Alexan-
drien , neben den LXX den hebräischen Text vor24\ so
verstand ihn doch das Volk so wenig, als das chiistl che
jetzt die lateinische Messe. Selbst von der Mrschria scheint
eine griechische Uehersetzung (ksurtfutTtf) exSstirt eü ha-
ben25). Wie unvollkommen die hebräische Sprachkunde
selbst der gelehrtesten unter den griechischredcndcn Juden
beschallen war, zeigt Joscphus, und noch mehr Philo.
1. Der erste, ein gelehrter Pharisäer von pri. stei liebem
Geschlechte aus Jerusalem, lebte in dem Zeiträume, in wel-
chem in seinem Vaterlande nächst der. aramäischen Landes-
sprache auch die griechische bedeutenden Eingang gewon-
nen hatte20), und neben den ai.iin lischeu TargUttM auch
der Gebrauch der LXX gewöhnlich geworden war27 . Er
a,^) Simon hist. crit. liv. 2, cliap. lj. Ci-rpzovii Crit. sa»
cra S. 522.
ß/}) Juttinian. Novell. i.'|6. Vgl« l ÖSchef S. (jr).
S.t>) Vgl. Paulus an oben (3. i< ) Ulgef. Oite.
47) Eine gewisse Herabsetzung derselben brv den Jaden gehört
ju eine spalcic Zeit der 1'oleiuik »wichen ihnen und den Chii*
Sprachhinde. Q. 23- Joseplius und Philo. Qi
legt die letztere daher bey seiner Archäologie verhältnifsmä-
fsig am meisten zum Grunde, wiewohl er daneben allerdings
auch den hebräischen Text befragt, und nach der bey ihm
üblichen philologisch-exegetischen Tradition wiedersieht28 ).
Aufser seiner aramäischen Muttersprache wird man ihm auch
einige althebräische 5prachkenntnifs nicht streitig machen
können29), indessen fehlt es ihm , wie den Alexandrinern,
vornehmlich an etymologischer Kenntnifs, an Genauigkeit
und Gründlichkeit, vorzüglich grammatischer Art. Auch
sein patriotisch - apologetischer Hauptzweck mochte eine ge-
wisse Oberflächlichkeit in dem alterthümlichen Theile sei-
ner Werke hervorbringen.
Die erwähnte schwache Seite seiner philologischen Kenntnifs
zei^t sich namentlich in den ziemlich zahlreichen Deutungen he-
bräischer Nomina propria, auch anderer gleichsam technischen
Wörter in der Archäologie (vgh Hieron. Opp. ed. Martian. T. II.
S. 170 ff.
Da findet man
ä) mehrere nur nach dem Griechischen ohne Kenntnifs derhebr.
Orthographie ersonnene Etymologieen , z. B. I, 5 'AßgA. (San),
*£v5o? (nach b^N, oder SäK) ; I, »9. §-8 ^ovßtjkog (hebr. fiäÜn.
aber LXX. Pouß*jÄ, syr. VSOi) , hi" ort x«-' iktaw ivrvj tsu äiovi
sten. Breitingeri Trolegg* zu den LXX. T. II. no. 5. Wolf
bibl. hehr. T. IL S. 441.
23) Die Beweise für beydes s. in Spittler de usu versionis alexan*
drinae apudJosephum. Gott. ljjg. 4. Schar fenberg de Josephi
et versionis alexandrinae consensu. Lips. 1 7$o. Vgl. Ernesti
Opusc. philol. crit. ed. II. JLugd. Batavorum 1776. S. 365 ff.
Michaelis or. Bibl. Th. 5. S. 221 ff. Th. 7. S. iQq. Benutzung
gewisser (verloren gegangenen) Targums vermuthen aufserdem
Pfannkuche a. a. O. und Bertholdt (Einleit. in das A. und N. T.
§• 219>
£p) Dieses thaten z. B. Salmasius, Capellus (crit. defens.") „in lin-
quu hebraica plane inJans fuit* si modo quid onfpino hebraieb
seivisse dicendus est." Dagegen 11 ol\; Bibl. hebr. T. I. S. 547.
Jiody a. n. O*. S. 222. Michaelis a. a. ü. und Vorrede zu dorn
Spicileg. Geogr. Hebr, externe. S. X.
82 Absc/in. IL Gesch. d. hebr. Sprachhunde. Per. I. Tradlt.
ytvcito, wobev er wahrscheinlich an hi*5 i"!N1 (angesebn von
Gott) dachte30);
b) and< re wenigstens sehr ungenaue, auch wohl auf Mifsver-
Btändjnisse beruhende , z. B I, i §. 4: Aiy kaS (d. i. nbjn, chal«
däischer Nan.e des Tigerstroms), ro /^sr« ertvsTjjrof o^v (eine
Etymologie, die zum '1 heil auf das hebräische Sp^tn, gar nicht
auf jenen Namen pafst); I, iß: c>)f if«{ (l'^c) r^r/vi^x ^ncii«
ti^tr: behaaret); T, t q : Htviecpiv, hia ryv pevvqv, eine Ver«
Wechselung mit •OlM-p Sohn des Schmerzes (i Mos. 55, »8)»
V, 2. §. 2 i 5 w v i, xusiec (st. mein Herr); Ilf, |o: T>; Tsvrsiie«
(rr'fl, >jv Eßf aic/ äcraf Sa (NrnifXJ) HSfAevfli, <r /) /u a i v t / (.') ö£ mr$
*f>rs zoctijv;
c) wahrscheinlich ganz falsch« und aus dem Zusammenhang«
geratheiie, als III, 12. §. 5 iwßykcc (S3i\ Jubeljahr) ikivStfi*;
V, g. §. 4 c«yuy wvj loyup«?; V, 1. §. n -yaX-yaX O'c?^)"
eXiuSjpioc (vielleicht nach einer Verwechselung mit SfO, wie die
I.XX Rieht. i,ii n^3 durch kvroMd; ausdrückt, sonst n^Nfl) ;
^aßouAwn, ^va^u^ftffjttevD$ , oppignorätus (Verwechselung mit
pb2n?). Vgl. Carj'zovii Crit. Sacra S. 9>i.
Michaelis (Orient, Biblioth. Th. 5. S. 221) meint zwar, dafs
Josephüs, wie die LXX, als dem Alissterben der hebräischen
Spruche näher, Bedeutung«) gekannt habe, die zwar nicht bib-
lisch, aber doch alt und richtig, und umch die Auetoritat d i"
verwandten Dialekte bestätigt wären; allein durch das einzige
von ihm angeführte Beyspiel (s. Note 3;), ist dieses nicht wanr-
scheinlich zu machen. Man hat auch den Josephüs zur Unter-
stützung gewisser neuen Erklärungen aus den Dialekten ange-
führt, die er offenbar nicht kennt. So z. F>. Ffil atr'ö 1 Mosi
6. 1 1 77 eiileland , vgl. Archäol. 2, 7. §.6. (Jahrfs Arclu.l.
Th. 1. B. 1. S. 103) Aber enthält denn so diese Stelle eine Erklä-
rung von o ?
Nichtbiblische Wöi ter, die er als hebräisch anführt, und die es
ohne Zweifel auch waren, sind z.B. die Monatsnamen mpp£ov«lU|
5= pumo (I, 4)'tind ffaßß«, viell. ißßa*=2H, DSM (IV, 4) vgl.
Bemurä und Spanheim eu d. St. Aus seiner aramäischen Landes-
sprache ist es aber genommen, wenn es III, 7. $. 3 heilst:
X * S 0 v tc A«vov yfxtie v.akcv/jtt*, was vomgjiischen ^JlA3, nicht
m> genau von njr>2 ^ilt.
50J Bernard zu d. St. veimnthet, dafs Josephüs sich Sm 3^m =
hu oim gedacht habe. MuhaUu (Orient, ßibl. Th. y. c. itft\
* .c *
denkt au \t\ rp^i f vgl. das arab. O* r sich erbarmen.
Sprachluncle. Q. 23, Josephus und Philo. 83
2. Tief unter Josephus steht in dieser Hinsicht sein ge-
lehrter Zeitgenosse , der denkende Religionsphilosoph Philo
von Alexandrien. IMan hat noch keine Stelle mit einiger
Wahrscheinlichkeit angeführt, wo er aufser den Siebenzig
auch den hebräischen Text benutzt hat31). Aus den Deu-
tungen aber, welche er den hebräischen Nominibus pro-
priis theils hier und da in seinen Werken32), theils in ei-
nem eigenen zum Theil verloren gegangenen Onomasticoni
Li'.wtix cßgxncuiv oiofxuru,v 33 ' giebt, erhellet, dafs er sich zwar
einige Wort- und etymologische Kenntnifs zutrauet, nicht.
minder aber, wie aufseist schlecht diese beschaffen sey, und
zuweilen unter aller Kritik stehe34).
Neben einzelnen richtigen Deutungen (selbst da, wo Josephus"
irrte, z.B. Hftautv, u/o? •/j/ugftw) finden sich hüclist gewaltsame,
dem Zusammenhange widersprechende , z. B. Dni^N, irtxr^n
Iv.Xekto? v)X0V'S Cvon a^' *1-3, 2ü); llyy, voiy/xoc 11. s.w.; andere
ohne Kenntnifs der hebräischen Orthographie errathene, z. ß.
"Xa^av (pn) epimrif (wie von n*l3 graben) ; selbst griechische
Wörter mit liebräischen Etymologiecn und umgekehrt, z. B.
Tldukog, $avutx7To<; (wie von iihü) i <f> 1 \ it tt c s , <tto/xx k«fx-
iroibo; (wie VHlb s3) '■> Mavts&wv, Orientalin (mpo); dagegen
31) Was ttody (de hihliorum Textibus original, p. 223) anführt,
beweist nichts weniger als dieses. Uebri^ens ist er weit ent*
fernt, dem Philo eine grofse hebräische Sprachkenntnifs virulU
ziren zu wollen, wofür er von Eichhorn (Einleit. in das A. T.
Tli. 2. S. 2) zitirt wird.
32) Eine Zusammenstellnn^ nach dem Alphabete s. in Hieron.
Off. ed. IMartianay T. II. S. 95.
55) Von dem griechischen Original sind nur noch Fragmenio
vorhanden. Martianay a. a. O. S. 110 ff. Origmus und Hu*
ronymus haben es nachmals vervollständigt und verbessert (a. ,1.
O. S. 1 ff. u. S. ß"7 ff-) jedoch nrit wenigem Fleifs. Aus diesem
Werke sind übrigens auch die Deutungen hebräischer Wörter
bey llesychius und Suidas geflossen*
34) Vgl die Urtheile von Scaliger, Cupellut, Morinus u, Ä. bey
llody a. a. O. Vgl. Euhhorns Emleu. in das A. T. Th. *.
S. x. a,
F 0
tf 4 Abschn. IL Gesch. d. hehr. Sprachhunde. Per. I. Tradit.
(Jjjktjwv Qlüfa). §<■* t&v tynciaSxt , andere abgerechnet, wo man
den Brklärungsgruad durchaus nicht absieht, z.B. ai5iwn«i
T«Ti<»Wff(J '*)•
Ö- 24.
Samaritaner.
x. Ton der Kunde und Gestaltung des Althebräischen
bey den Sainaritanern haben wir ein merkwürdiges Denk-
mal an ihrem Peutateuch , bekanntlich der einzigen Schrift
des A. T. , welche diese Separatisten anerkennen. Sie er-
hielten ihn wahrscheinlich gleichzeitig mit der eigentlichen.
Entstehung der SeCte, und der Errichtung ihres INational-
cultus auf Garizim, nach einer Recension , welche von der
gegenwärtigen abweichend, derjenigen sehr ähnlich war,
welche bald darauf in Alexandrien ins Griechische übersetzt
wurde , und sich im .Allgemeinen durch erleichternde Ver-
besserungen schwieriger Lesarten bezeichnete36). In die-
sem Geiste fuhren sie fort, ihren Text zu behandeln. Sie
vertauschten schwierige Wörter und Formen gegen die ge-
wöhnlichen, nahmen Glossen in den Text auf, conformir-
ten und vervollständigten ihn aus Parallelstellen, und er-
laubten sich selbst gewaltsame Aenderungen zum Besten ih-
res Nationalcultus 37). Hierzu kommt die merkwürdigere
Eigentümlichkeit, dafs sie, fast unbewufst, das Althebräi-
sche ihres Pentateuchs mit den Formen und Woltern ihrer
aramaisirenden Landessprache versetzten; fast auf ähnliche
Weise, wie sie auch in ihren übrigen hebräisch geschriebe-
nen Briefen beständig solche Formen einfliefsen lassen38),
35) Vgl. auch Cterici Quaestiones Hieronymianae. S. 396.
36) Es sey mir erlaubt, mich iu diesem Abschnitte ein für alle
Mal auf eine gleichzeitig erscheinende Schrift: Jr Verität: uJ .>
Samaritano, ejusque indole et auetoritate. llalae lfti .j. .j. /.u be-
rufen. Ueber die oben ausgedrückte Meinung s. §. £. 3.
37) S. a. a. O. § 9- i.f. 16.
3'ö) EyUtolae Sichemitwum ad Job. LuJoljum al. C. Ceüariut,
Cixae 1653. I- l'"(>'ii. iur bibl. und inorgeuUndische Lit*p
ntor, lh. 13. ö. 877.
Sprachhin de. (j. 2^. Samaritaner. 85
und wie neuere Rabbinen das Althebrä'ische nur selten ohne
Einflufs von Chaldaismen und Rabbinismen schreiben, nur
mit dem Unterschiede, dafs die»e ihren Text davon rein er.
halten haben.
Die Verbesserungen vermeintlicher Fe'iler, die Glossen und
erleichternden Conjucturen haben Aehnlichkcit mit den Lesarten
des Kri, nur sind sie willkührliclier und ohne Vergleich häufiger.
Sie schreiben meist pleno, wo der gew. Text defectiv ist; bcvm
Pronomen vertauschen sie regelmäfsio; die seltenem Formen "Ons,
Hin (m.), on, ?Nn, rj gegen die gewöhnlichen 13H3M, N\1, "150 1,
~S>*"1, 1 ; im Verbo wird das Futurum apoc. gegen das gewöhn-
liche vertauscht, z. B. Mö'l, fW?»'" für nn, MI*!; paragogi-
«che Buchstaben werden gestrichen, z. ß. MO?M f. WO*?M 2 Mos.
»5, 16 u. s. w. Meine Comment. §. q. Für |1'i'MT steht im-
mer das etymologische p'i'*-N**i ; für *3 Qneia Mundj "»^a ; für
^caa — D-»-^D (Sohn der Tage); ein neugebildet. s Wort ist
mSbnn laudrs 5 Mos. 32, 10.
Für die Anerkennung und Erläuterung der wirklich sa-
maritanischen Formen ist bisher von den Kritikern und Aus-
legern äufserst wenig geschehn, nur hier und da hat man dar-
auf aufmerksam gemacht. Unsere mangelhafte Kenntnifs
des Samaritanischen macht, dafs nicht alle Formen, die
wahrscheinlich dahin gehören, im Samaritanischen nachge-
wiesen werden können, indessen erkennt man diese wenig-
stens sogleich als aramäisch an, wodurch es höchst wahr-
scheinlich wird, dafs sie einst auch samaritanisch waren.
Die Orthographie bezeichnet sich im Allgemeinen durch höchst
nachlässigen Gebrauch der Gutturalen , auch der quieseireuden
Buchstaben, z.B. t*m f. 131*1«; 3n3, SrO f. iH3, bn3 u. s w.
11. s. w. Aufserdem werden öfter zwey zusammengehörige Wor-
ter in eins verbunden, besonders UT'UI'l 5 Mo». 11, 29. 27,
4. 12.
Im Tronomen kommen als abweichend vor: *ON du f., 'Vii*
ihr, und die Siifftxa "\Ht T,*< für ?]— , "1—, HO einige Mal für O.
Im l'erho ähnlich •OpnX für PpnX (z. B. 1 Mos. 13, iß),
*j*tniWV fiir (n^ifftf (2 Mos. 1, iß). Im Futum und Imp. der r\h
stellt gern 1 statt n , und wird nicht apocopirt , daher *<"jrU'rW*<1
für ,»nr»c*M.
In den Formen der Nomina weichen manche durchgehends,
{)ö Abschn. IJ. Gesch. d. hehr. Sprachkunde. Per. I. Tradit,
anuere häufig ab, z.B. T^lp, S'np, Ü\"in für ttfltp , Slip,
Dnin; VSN, JoSö für Ssn, nS». Andere Bey spiele samaritani-
scher Formen sind rO.TO f. p2h3 1 Mos. 3, 22 und immer, eben-
so "iö*n f. nc'n 11, 3j jrnN f. |1dn 49, 11 ; *lV f« iS » Mos. 17,
iß; *nbtt> f. iSiy 2 Mos. 16, 15.
Samaritanische Wörter oder Bedeutungen sind: ppT mustern
1 Mos. 14, 14; in ob 34, 21; ]n wenn, ob 30,34« 5 Mos 4*82!
JJDT beginnen, vornehmen 1 Mos. 11,7; *1QSJ Wein 5 Mos. 32,
%£; nniiJ, wovon nntyo starr 1 Mos. 24, 21 u. s- w.
Deutlich aramiüsche sind: riöV Tage 5 Mos. 32, 7; 2UJ3 bla-
sen 2 Mos. 15, 10 ; *13V£? Schönheit 1 Mos. 40, 21; 2N1Ö "»DD
Ebenen Moabs 4 Mos. 24, 17 (vgl. das chah!. NTtia). Nur im
Arabischen findet sich dagegen D','"|2, ftj.r^* osse^s 1 Mos. 49» J4»
Formen, die sich wenigstens jetzt Hiebt mehr nachweisen las-
sen, sind: RfTp wahisclieinlich : versammeln 1 Mos- 40, 10; rfVJfl
f. *<Sn Köcher u. s. w. Ausführlicher in meiner Comnuntutio
%i 13.
Nur ein Jo. Mor'mus, voll Eingenommenheit für die von ihm
bekannt gemachte Abschrift, konnte hiernach wohl behaupten:
„Samaritanorum fiebern liebraicae livguae idiotna sincerius iudaicii
servasse" 39).
2. Die Aussprache des unpunetirten Textes bey den heu-
tigen Samaritanern ist reicher an Vocalen, als die in der ge-
genwärtigen Punctation, und nähert sich dem Arabischen.
Vielleicht ist diefs jedoch mehr dem Einflufs der dortigen
arabischen Landessprache, als altem Herkommen zuzu-
schreiben. Poslellus erwähnt einer hebräischen Grammatik
jn arabischer Sprache mit samatitanischer Sein if t, die er von
den Samaritanern erhalten, und mit nach Frankreich ge-
bracht habe; es scheint indessen nichts weiter davon be-
kannt geworden zu seyn40).
In dem Briefe an Lmlolf schreiben die Sichcmiten : *VJtO MM3M
59) Fxercitatt. eccles, in uirumquc Sani. Tentateuihum, exenit. !\ ,
r. 10.
40) Alphabet*!* dual, linguurum, vgl. Simon, hist. ait. du l . I .
S. 8$.
Sprachkunde. fj. 25. Syrer. Peschito. 87
mus Barasch ith per Fatha, Uli autem ( Tuduei) Bereschit per,
Chutli-ph. Für Diy sprechen sie S.hima*1 ).
5. Von eigener, selbstständiger Schriftforschung findet
sich bey ihnen keine Spur. Im Gegeutheil mufsten die \ er-
fasse!* beyder aus dem Sam. Text verfaisten Uebersetzunaen
jüdische Vorarbeitungen benutzen; wie denn bev der ei-
gentlich samaritanischen Uebersetzung das Targum des On-
kelos, bey der arabischen des Abusaid die des Saadias zum
Grunde liegt, wenn gleich beyde auch ihr Eigenthümliches
haben. Zum Verständnifs der von ihnen ühersetzten l\e-
cension thun beyde noch nicht genug benutzte Dienste,
wenn sie gleich in einzelnen Fällen oifenbar auch ihre ei-
genthümlichen Lesarten niifsverstehn.
Z. B. 1 Mos. 4.9» x4 2**1^ IIOD, nach der Sam. Uebersetzung
D^'in asinus peregrihorum, statt: asinus osseus.
S- 25.
Syrer. Peschito.
Von dem Sprach- und Bibelstudium der Syrer besitzen
wir ein treuliches Zeugnifs an der aus dem Hebräischen ver-
fertigten Version (Peschito), welche schon im 3ten Jahrh. all-
gemeines kirchliches Ansehn bey den syrischen Christen
hatte. Bekanntlich ist es noch problematisch, ob sie ein
Werk der jüdischen Schulen in Syrien und Mesopota-
mien42) sey, oder von den ältesten syrischen Christen her-
rühre, welche bis Ephräin ' gegen die Gewohnheit der übri-
gen Christen der hebräischen Sprache kundig gewesen seyn
sollen43). Sollten sich aber nicht aus ihrem Charahter
noch nähere Entscheidungsgründe ausfindig macheu lasse.i?
41) Epist. sam. Siohemifarmn ad Job. Ludolfam. Cizae 1688- 4*
S. 5. 12.
42) Brucker hist. philos. 11, S. 486. Bartoloccii biblioth. rab'
bin. T. III. p. 6r.5.
45) Sie sollen das \. T. in hebräischer Sprach" vcnrg< 1 »«I 1 abeo,
was eist durch Bphräm abbestellt wurde, ö. i o>uJic yruef. ad
Joe/, aus Alta.riti.
ftß Abschn. II. Gesch. d. hehr. Sprachkunde. Per. I. Tradit.
Für eine Abfassung von jüdischer Hand ist Simon hitt. crit. p.
272 , von christlicher fast alle übrigen Critiker. Eichhorn will
die verschiedenen Bücher unterschieden wissen.
Die Annäherung an die LXX kann von Benutzung derselben
oder von Interpolation aus derselben herrühren. Wahrscheinliche!
fast erstens. Ihr exegetisches Verdienst ist nicht gering, vgl. vor-
züglich J. G. Carpzovii Critica Sacra S. 61 6 ff. Verwechselungen
verwandter Verba sind seltener, als in den LXX, aber kommen
doch vor, z. B. Gen. 3, 10 NVN1 A*V**0 et vidi; dagegen 42, 1
•5N*inn timetis (wie INVnn), 49j 24 113^1 et dissipata sunt (wie
0. BÖ,
Christliche Schriftsteller.
Den christlichen Schriftstellern dieser Periode ist he-
brä'ische Sprachkenntnifs in der Regel ganz fremd. In der
griechischen Kirche hielt man sich an die griechische, in der
lateinischen später an die lateinischen Uebersetzungen, wel-
che dem Grundtexte gewöhnlich gleichgeachtet, von einigen
ihm selbst vorgezogen wurden*4). Die meisten gestehn da-
her ihre Unkunde offen4'), andere berufen sich zwar, be-
sonders zum Behuf der Folemik mit den Juden, hier und da
auf den Grundtext („hebraica veritas"), und setzen diesen
den L.XX entgegen, aber sie bedienten sich hierbey mei-
stens nur der wörtlicheren Uebersetzung des Aquila 4<s ); las-
44) Z. B. von Epiphanias, vgl. Hody da hihliorum Textihus
Qrig. S. 311, der überhaupt S. 277 ff. vollständige Sammlun-
gen für den Gegenstand enthält, wiewohl er die Kenntnifs des
Grundtextes bey den Vätern im Allgemeinen zu hoch an-
schlägt.
45) A u « u s t i n. Locut. sarrar. ad Ger?. ,",. 9: locutio est, quam
■propterea llehraeam puto, quia et l'unirae lin°uue familiari<ü-
ma est, in qua multa invenimus Hebraeis verbis consnnantia.
Confess. ii, 3: si Imbrar.ä VOCJ ioqueretur , frustra pulsaret sen~
tum meum , nee inde meutern mram quidquam tangeret, Epist.
131: .\eque enim <\ ] • a,d lin^uä , quam ignOrO cet,
Uebcf Origenes s. Anm, 5t*
/J6) Daher 6 'Eß^ioq. So Jmiin in dial. c, Tryphone. Eben
Sprachkunde. Q. 2.6. Christliche Schriftsteller. 89
sen sie sich auf Spracherläuterungen ein, so geht gerade dar-
aus ihre Unkunde hervor47).
Hier und da pflegte sich wohl einer hey gelehrten Rab-
hinen Raths zu erholen, was aher von andern wieder gemis-
billigt wurde48). Auch wird manchen von anderen Schrift-
stellern eine Kunde der hebräischen Sprache zugeschrieben,
die sie nach andern Anzeigen nicht besafsen49 \ Charakte-
ristisch ist, dafs selbst diejenigen, welche alsProselyten aus
dem Judenthume einige Kenntnifs des Hebräischen besafsen
und besitzen mufsten, wie Epiphanius 5°), oder deren Mut-
SO kennt Eusehius die Abweichungen der Chronologie (Gen.
V. XI) bey den Samaritanern gewifs nur aus der griechisch-
6amaritanischen Version. S. Hody S. 504. kk okenius de Sa-
maritanis Eusebiunis. Viteb. 1731» 4*
47) Justin d. Märtyrer (dial. c. Trypb. Opp. p. 277. eil. Sylb.)
erklärt Si**!^ : I ff % a vj A. avS-ourroc, viv.wv Svva/xtv. ro yxo 1 c q *
ttvSpaiirof teri , to hk II X owatnig. Ueber Theodoret s. Hosen-
muller hist. interpretationis librorum sacrorum. Tli. 4« S. 39.
Doch scheint diesem, bey manchen Irrthümern, die Grundspra-
che nicht ganz fremd zu seyn,
48) Zu seiner Rechtfertigung sagt Hieronymus {adi\ Rufinum 1,
3) : Origenes et Clemens et Eusehius, atque alii complures, quem-
do de Script uris aliqua disputant, et volunt approhare quod di-
eunt , sie solent scribere : referebat jlühi Hebraeus ; et audivi ab
Hebraeo , et, Htbraeorum ista sententia est. Harte Vorwürfe
gegen diese Erkenntnifsquelle von Theodorus Mopsuest. s. bey
Phot. cod. 177. Auch Origenes vermied Berufung auf das He-
bräische in populären Schriften. Hieron. praef. ad Ouaest. hebr.
40) Schon von den apostolischen Vätern behauptet Hiaron. (ibid.) :
apostolici viri scripturis utuntur Hebraeis : was sieb aus ihren
Schriften nicht bestätigt, und zu jener Selbstapologie gehurt.
Ueber Lucianus Murtyr und Apollinarius s. Hody a. a. O. S.
502. 318; über Origenes unten. Aufserdem werden Julius
slfricanus (Hieran, de Script, eccles.) und Eusebius von Emesa
(Cat. ad Gen. 4» 26) genannt.
50) S. Hody a. a. O. S. 312.313. Seine hier und da vorkom-
menden Etymologieen ( z. B. baeres. x/\. 16.) sind rich-
tig. Eine Aufmerksamkeit verdienende Erklärung; von dS 2
90 uibschn. IL Gesell, d. hebr. Sprachkunde. Per. I. Tradit.
tersprache die verwandte syrische war, wie Theodoret** ) und
JL'vhräm der Syrer, von ihrer hebräischen und syrischen
Sprachkenntniis fast gar keinen Gebrauch bey ihren exegeti-
schen Arbeiten machen, die sich der Sitte geuiäfs lediglich
auf Erklärung der Versionen beschränken.
5. 27.
Origencs. Hieronymus.
Von diesem allgemeinen Urtheil pflegt man gewöhnlich
zwey Männer als Kenner und Erklärer des Grundtextes ausr
zunehmen, Origcnes und Hieronymus , aber nur den letzte-
ren mit vollem Recht. Von beyden hier etwas Näheres.
1. Origenes widmete bey seiner vorzüglich zu polemi-
schen Zwecken entworfenen Zusammenstellung der griechi-
schen Bibelversionen in den Ilexaplis zwey Spalten dem he-
bräischen Grundtexte (Ißouty.ov fJ*(£o$) , wovon die eine mit
hebr j'ischen Charakteren, die andere in den griechischen um-
geschrieben war. Auch bey seinen Erklärungen beruft er
sich öfter, als andere christliche Ausleger, auf denselben,
und auf die Erklärungen, welche ihm darüber befragte Ju-
den, namentlich ein jüdischer Vorsteher (,,**Tpi«^»;«") Huil-
lus, gegeben hatten f2). Dieses in seinem Zeitalter unge-
wöhnliche Zuriickaehn auf das Hebräische erwarb ihm zwar
bey seinen solche Kenntnifs anstaunenden Nachkommen ei-
nen gewissen Ruf in diesem Fache53); aber thcils seine ei»
m
Ps. 139, 16 6. haeres. XXX. §.31. vgl. JlluJia'Jlis Supplcm.
S. 5'5-
ßi) Eine ganz willkommene Anwendung des Syrischen auf das
11 braisclie findet sich jedoch z. ß. zu Dur. ß, 13.
62) Hit'ion. adv. Rufm. I, 3. Vgl. Body a. a. O. S. i85-
53) Euteb.'K. Gesch. 6, i(i: TOf-xury ös H<>jyiT0 r«p Slfiysvtt twv
Stiwv AcyjjJ awqnat&Wßtvy isCraffif, ü>; k.u t>jv t^aiSa yk»TTa*
t/'x-> UV i ra; ts wa»a rzi; Isiö.iisk suifncufva< too/Totvitouc
«ur«ic E3«fttwv öto.'/S'C;; yooi(f^m(, xtijuä i&ic ro< }?,<$m. Jli?-
1 Kpl ', 0 i /'.( .. ■••;. Ol 1 ein lota in Orig na iniriUur, in
pnu.is nun duam uuwibui , sed dtebui, vfctfj'0 Hcbraaaa lin»uae
Sprach künde. Q. 27. Origenes. Hieronymus. 91
genen Aussagen54), tlieils die Proben, die er davon ableg-
te ' 5 ) , machen diesen Ruf sehr zweydeutig. Huetius und
Clericus 55) haben ibin hiernacb jede Kenntnifs der hebräi-
schen Sprache , selbst des Schrift -Charakters, absprechen
wollen , und meinen , dafs er bey jener Umschreibung des
hebräischen Textes in den griechischen Charakter, so wie
bey den Etymologieen seines Ono/nastici sich sclavisch der
Hülfe eines Juden bedient habe; vielleicht besals er aber
wirklich eine ganz oberflächliche Kunde der Sprache , wie
sie der Unterricht von einigen Wochen geben mag 57), be-
diente sich dessen ungeachtet gewifs bey jener Umschrei-
bung des Textes, auch sonst zuweilen, der unmittelbaren
Hülfe eines Juden oder Judenchristen58). Auf jeden Fall
hat man in neuern Zeiten zuweilen sein Lob, als eines kri-
tischen Schriftkenneis, viel zu sehr übertrieben59).
dijficultates. Idem in Catalog. Script, eccles. et quod tantum
in Scripturls divinis habuerit studii, ut etiarn hebraeem linguam
contra aetatis gentisque suaa naturam edisceret. Das Wort
aetas in dieser Stelle ist beyru Suidas dahin gedeutet, als ob er
erst im buhern Alter hebräisch erlernt habe.
54) Homil. in Num. XIV. ahmt ergo, qui hebranas literas le-
S.unt , in hoc loco, Deus rton sub signo tetraoramitiaii esse pesi-
tum : de quo, qxii potest, requirat. Contru Cetsum I,
Opp. T. 1. S. 552 ed. Ruaei : v) /ugv \iii$ v) ak/xcc xsitjk,
»5 (paci, m«i ev rw &rjTtqo'JopnM^ ovrjjf iy_z\.cx' tav n -y^v^-ra«
trat; (22, 25) n. r. k. Am a. O. steht aber nS"ir>3 mVJ, und
nöSl? kommt im ganzen 5 R. M. nicht vor.
55) Vorzüglich gehört dahin seine Erklärung der neutestamerit-
lichen Namen als roitsetzung des pailonianischen Werks
(§. 25, 2). Etvmolojieen, wie xoXsbvi«, avsv.svtaXv/fuEvvj
(rplSi?), y.oXofftxsi; (fwvvj; ysvo/UEV>j; (*"\pV Olp ? ) 1 sind
darin nicht selten.
56) Iluetii Origeniana , lib. II. cap. 1. Clerici quaest. Hierony-
mianae II, S. 2g-Jj3. Vgl. Löscher S. 77.
67) Vgl. Anm. 53.
58) Tychsens PIvpothese, dafs Orig. nur einen cod. hebraeo-graecus
abgeschrieben habe, würde dieses freilich noch leichter erklaren.
59) Erncrti opusc. philol, crit. p. 2yy. JVhsIiäUh Beurteilung
92 Abachn. II. Gesch. d. hebr, SpracMunde. Per. I. Tradit%
2. Weit über ihm und allen altern christlichen Gelehr-
ten steht in dieser Rücksicht f ■' ieronymus60"). Inrlem er das
schon als Jüngling nach Anleitung eines Judenchristen be-
gonnene Studium der hebräischen Sprache lebenslang mit
grofsem Eifer fortsetzte, hat er darin in der That geleistet,
Was sich nur überhaupt bey jenem gänzlichen Mangel an
Vorarbeiten leisten liefs. Zu Quellen der Worterklärungen
dienten ihm die griechischen Versionen der Hcxa/Ja , mehr
noch der mündliche Unterricht gelehrter Juden aus Tiberias
und Lydda, die er zum Theil theuer erkaufte, namentlich
eines Barabbas oder Barabbanus, der, um den Verfolgungen
«einer Landsleute zu entgehn, sich des Nachts zu ihm stahl,
und den er vorzugsweise seinen Lehrer nennt61). Später
erlernte er auch die chaldäische Sprache, Kenntnifs der ara-
bischen und syrischen aber hat er nie besessen , wenn sich
gleich eine Stelle seiner Schriften den Schein davon geben
möchte62'). Er wurde hierdurch das Orakel der ganzen
christlichen Welt, und weit und breit, selbst aus dem fern-
sten Norden gelangten Anfragen an ihn63), die er in sei-
nen zahlreichen Briefen beantwortet.
Seine in der lateinischen Uebcrsetzung ausgedrückten
und in den Commentarien weiter ausgeführten Erklärungen,
schliefsen sich hiernach eng an die Reception der Juden an,
und haben Vieles aufbewahrt, was sonst verloren gesangen
S. 152, Hezels Gesch. der hebr. Spr. S. 66. Da^e^en Rosen-
muller hist. interpretationis librorum sauorum l\l , S. 21 II.
61 IT.
60) (Engelstoft) Hieronymus Crit'uus, exegeta etc. Hauniae 1797.
g. Rosenmidlcr .1. a. O. 1 1 f, S. 329.
.61) S. die Stelle seiner Schriften b. y HoJy a. a. O. S. 359 und
Moritiut (ixrrcitatt. bibl, 111. Cap. 2. S. il).
62) Vrarf. in Job.
63) Opp- T. 2. S. 190. ed. JMartian. Unter seinen Anhängern,
denen er Vorliebe fnr den Urtext und einige Keuatnifa dessel-
ben, beygebTMUt hatte, waren auch einige gelehrte I'raueJiziin-
111 er, Paula, Suiua, l'retelu.
Sprachkunde. ß. 27. Origenes. Hieronymus. 95
sevn wurde. SeineYerdienste um dieses Fach bleiben daher auf
jeden Fall grofs , v\ enn gleich nicht selten Inconsequenzen,
YViderspi iiche und ungenaue, voreilige Angaben in seinen
Schriften gerügt werden können, welche eines Theils einer
gewissen \ ergeishchkeit des gelehrten Polygraphen , ande-
ren Iheilb seiner Condescendenz zu herrschenden, orthodo-
xen iNieinungen und einer gewissen Ostentation, wovon et
nicht iiey war, zugeschiieben werden müssen64).
AU Belege d*s obigen Tadels mögen dienen: Zu Zeph. 2, 14!
im Urbraeo ponitur 2*in , qued seeundum Lectionis diversitatem vel
siccitast Pel °ladius, vel corvus aeeipitur. (Verwechse-
lung mit 2-\V). Zu Z pii. 5, ig übersetzt er "Oi3 durch nugae (!).
Epist. ad Fabiouuti! verbutn iam suph ex mari et rubro compo'
situm t-it, Suph emm et rubrum (?) et scirpus vocatur. Zu
Jes. 2, ig wird bemerkt, dafs ttHW*W das hebräische Wort für
IVleer, C aber eigentlich Syrisch sey. Manches rührt oilenbar
von drillen seiner Lehrer her, z. B. die Bemeikung zu Galat. if
dafs nSiy (mit Vau) oeternitas', dS*I? die Zeit des Jobeljahres be-
deute, «tie Erklärung d« s ^C"! Hab. 3,4 durch diabolus u. s. w*
Von üer Vocalsetzun-* ues Hieron. s. unten die Gesch. d. Schrift.
Zweyte Periode.
Ursprung und Blüthe des grammatischen Studiums bey
den Juden.
Uebev sieht.
1. Tm loten und 1 rten Jahrhundert eilten die jüdischen
Schulen des Üiients mit schnellen Schritten ihrem Untergän-
ge entgegen, welchen ihnen besonders die "\ erfolgungen
64) Zu grofses Lob seiner Sprachgelehrsarnkeit s. in Mariianay
Proltfgg. zu tlieron. Opp. 1. 11. Dagegen Cler'ui quaest. Hie
ronyntiunae. IV-Vll, der ihn aber nach zu überspannten For-
dtiungen beurtheilt, Vgl. Lii-u^u philol. Sacra p. 524 (ed.
Buddei j. huber zu ilarmai-'s Beobachtungen. Th. 1. S. 39. 14g.
94 uäbschn.II. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per. II. Gramm.
von Seiten der Christen und Muhammedaner bereiteten«
Zeugen desselben waren R. Saadia, R. Hai, besonders Ren
yf scher und Ren Naphtcdi, welche letztere im i iten Jahrhun-
dert den Texius receplus in Palastina und Babylonien mit ein-
ander verglichen. Jüdische Chroniken führen die Namen
der babylonischen Lehrer bis zum Jahr iojo fort1*. Der
Hauptsitz rabbinischer Gelehrsamkeit wurde nun auf beyna-
he 4 Jahrhunderte Spanien, wo sich die Schulen von Gra-
nada, Toledo, Barcellona u. s. vv. bildeten, daneben die Kü-
ste von Africa , auch Frankreich, erst späterhin Deutsch-
land. Nach dem Beyspiel der Araber, in deren Gebiet jet^t
bey weitem die meisten Juden lebten, und deren Sprache
sie als Muttersprache redeten, legten sie sich hier auf man-
cherley Wissenschaften, namentlich auf Philosophie, Astro-
logie, Arzneywissenschaft, u. dgl.
2. Für unseren Zweck ist es am wichtigsten, dafs ih-
nen die Araber auch mit ihrem Eifer für die Bearbeitung der
Muttersprache vorangingen, und ihnen Lehrer eines me-
thodischeren Studiums wurden , welches die vorige Periode
nichtkannte. Vermischte grammatische Bemerkungen hegen
zwar in der Masora (ö-2i, 3)> auch die Punctation des Tex-
tes, die in jener Periode vollendet worden war, setzt gram-
matische Begriffe voraus; allein in dem Zeiträume zwischen
Vollendung der Punctation und Masora und der eisten syste-
matischen Grammatik waren unstreitig durch allgemeine
liaibarey und übermäfsige Verehrung des Talmud viele
Rückschritte geschehn, und die späteren Grammatiker reden
nicht mit Unrecht von einer formlichen Wiederherstellung
desselben im loten Jahihuiulert z). Die Spuren von gram-
i) Zemach David, ad anntun ']~0~' Schalschelet HukLabbala.
Ful. 59.
2) Ktmchi praef. od MiJttcl. Lüschcr Ö. ".;. Hot tinger Smeg-
ma Orient. . S. Ol« Wenn Js. I ofs uml li. Simo ' Sefrx
iiruMvn, if I 1 sie il.:i lim 1 neu ; sliel en l ntergang, der seinem
Tradition folgern t so bftbsn &ic d.'.s Beyspiel eines SamiÄ* (.'«»
Studium. Q. 29. Grammatiker <. $$
inatischen und lexicographischen Zusammenstellungen aus
jener Feriode sind theils ungewifs, theils unbedeutend. , Von
den Christen kann hier fast nur negativ die Rede seyn.
Die babylonische Gemara erwähnt die Namen einiger Pinbbi-
nen, welche über einzelne Partikeln geschrieben haben sollen (i^ö-
scher S. 91). Nach IWoses Kaehmanides (Lomment. super Jezira»
Iol. 61) soll ferner Rabbi Asse im 4ten Jahrhundert ein Buch ds
arcanis punetationis verfafsc haben. Eine, jedoch sehr vage Nach-
richt von einem Lexicographen J. Juda um das J. 400 s. in Bar'
toloccii bibl. robb. P. III. S. 71, Vgl. aber J-J o'f bist. Lex. habr.
S. 29.
Bey den Arabern finden sich grammatische Schriftsteller schon
kurz nach MuliammeJ. Zuerst wird genannt slbul-eswed HLuli;
der berühmteste scheint Saibujah (st. 79^) i Vf. des ersten Lexici
ist Alzobaidi (st. 941). Den Pieidithnm Üet Araber an »ramraa.
tischen Schriften ersieht man z. B. ans Casui bibl. Escurial. T. 1.
S- l-53- Für die Juden war es wohlthatig , Grammatiker eines
30 verwandten Dialekts als Muster vor sich zu haben. Den er-
sten Aiabern, die nur die Griechen zu Vorgängern hatten, war es
nicht so gut geworden, daher sie auch fremdartige Bestimmui _ n
£z. B. die Declination der Nomina durch Einiformen) in die Spra-
che brachten.
Um die Verdienste der Juden als ein Ganzes zu übersehn , ist
Elias Levita aus See. XV mit hieher gezogen worden ; der noch
etwas frühere Reuchlin u. a. Restauratoren der hebräischen Lite-
ratur unter den Christen sind dagegen aus demselben Grunde erst
bey der folgenden Periode abgehandelt worden,
Grammatiker3).
1. Als den ersten, welcher grammatische Gegenstände
mit einiger Vollständigkeit zusammenstellte, nennt man //.
loten J.ihrh.) und die Ucbereinstimmung der rabbinischen Aus-
legungen im Mittelalter mit denen der tibeiiadischen Juden bey
Ilieronymus gegen sich.
3) Ueber die älteren s, die Vorreden des Aben-Esra, Kimcbi und
Ephodüus zu ihren gramm. Werken. Ein ei-enes Verzeichnifs
von 55 älteren Grammatikern, nach einem hebr. Mamisc. s. in
Simon bist. crit. du V. T. S. igg. Woij. Bibl. hebr. II , S.
595. David Kimdü ist hier der üiste. Ein anderes vollstän-
o(S Abschn.II. Gesch. d. hehr, Sprachkunde. Per. II. Gramm.
Saadia Gaott , den berühmten Verfasser einer arabischen Bi-
belübersetzung ((). 30, 4). Er und der fast ein Jahrhundert
spätere R. JudaCiäug, den die Juden gewöhnlich den ersten
ihrer Grammatiker (o-'plp"^:! tt»o) nennen, unifdiste die
Gegenstände eines grammatischen Systems in meinem ara-
bisch verfafsten Schriften, aber noch ohne Einheit, Voll-
ständigkeit und Methode. In allen diesen Rücksichten
übertraf sie R. Jona ben Gannach, Welcher ganz nach dem
Muster der Araber, deren Eifer für die Muttersprache er
seinen Landsleuten empfiehlt , zuerst System und Methode
eingeführt zu haben scheint, und an welchen sich nachmal»
vornehmlich die Gebrüder Kimchi anschlössen. Jarchl und
Abbti Esra sind berühmter als Commentatoren , denn als
Grammatiker,
B. Saadia Gaon aus Phitom in Aegypten , Vorsteher der Aca-
demie zu Sora (geh. 892. gest. 942) schrieb 1) über collectionis,
fi) /. linguae Sanct., 3) liber elcgantiae, die mir noch aus den An-
führungen der Rabbinen bekannt sind. Sie scheinen indessen
nicht tiey von kabbalistischen Subtilitäten. fl elf LibL hebr. I,
S. 933^ IV, 936. .
iL Juda Cliiug (eig. Bar David Passi) Arzt aus Fes (um das J.
10A0). Seine Schriften de literis quiescentibus, "eminatis, de pun-
etatione u. s. w. liegen noch im Ms. zu Paris und Oxford. Mose
Gekatilia (um 1148) übersetzte sie aus dem Arabischen in das
Hebräische. Auszüge und Anführungen daraus S. in Simon bist,
erit. I, cap. 31, Morini Exercitatt. bibl. p. 45 * ""•» vgl Opusc.
hebr. Sam. p. 10. /? olf I, ,'f25- UIj 307.
Ü. Jona ben Gannach (auch sJbu-ualid Martin), Arzt zu Cor-
dova (um 1121)« Seine Grammatik (ncpl.T 15D opus ph/ygio*
nicum) wurde von 4 verschiedenen Rabbinen ins Hebräische über-
setzt, am bekanntesten von Aben Tibbnn (See. .XIII) einem arhr
thatigen Uebersct/er aus dem Arabischen. Sie ist schon nach den
3 Redetheilen geordnet. Mss- davon liegen zu Rom , Paris und
Oxford, z. ß. No. 5377 der P.oJleyisclien Mss. Proben und Aus-
züge bey Simon a. a. O. Morin&S S. 527« Vgl. Pococke piatf.
ad portam Mosis p. £< // olj I, S. 47*}. III, 371. IV, 8 le-
digeres von U olf in dessen hibl. Leb;. T. II. S. 59-. T. IV-
S. 271. Vgl. Morini Exercitatt. fahL S. 10O il. 4~<i iL
5
v Studium. (J. 29. Grammatiker. 97
\^
^ > Jarchfs (§. 30, 2) Grammatik: lingua eruditorum ist ebenfalls
eingedruckt. Die von Äben Esra (§.30, 2): State/ a liäguao San-
\.~^tae erschien dagegen Veiiet. i5-f6. Q. Auch seine Cormnen tauen
Enthalten viel nützliches für Grammatik
V ii. Joseph Kimchi (Vater zweyer berühmten Söhne, lebte zu
■Jarbonne um 1160): liber memoriae , ist nur noch im Ms. auf
*^er Oppenheimerschen Bibliothek in Hamburg.
R. Mose Kimchi, dessen älterer Sohn (um lipo). Seine
Grammatik, die sich den neuern schon weit mehr nähert, ist öf-
^er gedruckt, am besten unter dem Tite! oboiircptx, mit den Erläu-
terungen von Elias Levita , und Noten von VEmpereur. Leiden
.1631. Auch von Minister 1531. 1536. Vgl. Wolf I, 5. 892.
U, 810.
2. Alle jene Vorgänger verdrängte aber am Ende öVs
Cvölften Jahrhunderts David Kimchi, indem er ihr Gutes zu
ereinigen, und es ihnen an Vollständigkeit und lichtvoller
)rdnung zuvorzutliun wufste. Als Grammatiker und Lexi-
ograph erlangte er bey den Juden ein beynahe klassisches
knsehn, und es ward sprichwörtlich: min p« nop p,y.
Vuch bey den ältesten christlichen Grammatiken liegt er
jielir oder weniger zum Grunde. Mehrere Jahrhunderte
lang hatte er keinen bedeutenden Nachfolger , erst später
fand er einen fast erklärten Bestreiter an Ephodaeus. Der
Preis von allen jüdischen Grammatikern gebührt aber wohl
dem Elias Levita , einem Deutschen, welcher mit vorur-
theilsfreyem Geiste Scharfblick und Gelehrsamkeit verband.
Er lehrte zuerst unter den Juden die Neuheit der Vocalzei-
chen, wurde aber für solche Neuerungen und den Umgang
mit Christen auch von seinen Eandsleuten verketzert.
R. David Kimchi (pT"0 um HQO Sein grammatisches Werk
Voö umfafst Grammatik und Wörterbuch (D^"^)» wiewohl
: ■ tt\
man gewöhnlich nur die erstere so nennt. Sie erschienen zusam-
men Constp. 1513.31. Venet. 1529. 45.46. Wolf I, 2yg. III,
lß9- IV, 8°5« Köcheri nova bibl. hebr. I, 40.
Ephodaeus (eig. R. Isaac ben Mote , auch |NTn Ü3**lS d. i.
■perprtuo durans, letzteres wahrsch. als Proselyt) fuhrt gewohnl. je-
nen Namen von seinem Werke: *ll£)M nit'l'O 1 welches noch im»
gedruckt, aber von Morinus und ßuxtorj häufig benutzt worden
G
98 Abschn. IL Gesch. d. hehr. Sprachhunde. Per. II. Gramm.
ist. Man warf ihm Neucrungssucht vor. Löscher S. »05.
Wolf I, S. 994.
Abraham de Bulmes , ein neapol. Arzt, schrieb peculium Abra-
hami, Venet. 1523. 4, mit einer lat. Uebers., die von ihm selbst
herrühren soll, aber dunkel ist. Wolf III, 45.
Elias JLciita (geb. 1469 im Baireuthischen , lehrte zu Rom,
Venedig und Pauua, war -der Lehrer von Fa^ius, Münster u. A.
st. 154g). Aufser Commentarien über Mose Kimchi gehört hie-
lier : sein V.rOn ISO, eine vollständ. Gramm., mit Münsters Ver-
sion, Basel 1525. g.; ini^X "»p*l£) eepita Eliae, genauere gramm.
Abhandlungen; rä2>*lhn ISO Über compositienis , ein erklärendes
Verzeichniis der anomalischen Formen, alphabetisch geordnet und
herausgegeben r. Münster 1536« 8-J Masoreth Hammasoreth,
übers, von Semler 1772, in deren 31er Vorrede er die Neuheit
der Vocal/.eichen behauptet. (Vgl. Sei. Münster §. 33). S. H'olf
I, S. 153. III, S. 97. Köcher i novo. bibl. htbr, I, iß. Simon
Jiist. crit. S. 199.
3. Da die ersten hebräischen Grammatiker sich ganz
nach dem Muster der arabischen bildeten , ist es kein Wun-
der, dafs sich auch der Zuschnitt und die Methode derselben,
selbst in willkührlichen Dingen, eng an jene anschliefsen.
Daher die Eintheilung in Nomen, Verbum und Partikel, die
meisten grammatischen Kunstausdrücke, die vocts memoria-
/es, wie ln^N, nS0*T33 u. s. w. Manches, was man als min-
der passend erkannte, wurde auch bald wieder abgeschafft.
So hat schon Moses Kimchi statt Vl>3 das Paradigma ips;
auch schickte man aus guten Gründen die Lehre vom Verbo
der vom Nomen voran, was erst Neuere mit Unrecht wie-
der aboestellt haben. Eben so scheinen schon die ältesten
o
Grammatiker die Conjugationen auf die heutige Weise, mit.
hin verschieden von den Arabern, zu ordnen.
Allerdings hat die grammatische Behandlung der hebräi-
schen Sprache nachmals durch klassisch -gebildete und mit
oelehrter Kcnntni/s der Dialekte ausgerüstete christliche Gc-
lehrte gewonnen ; allein gar nicht selten hat man auch nicht
zum Vortheil des Studiums die früheren Bestimmungen mit
andern vertauscht, die dem Charakter der hebräischen Spra.
die weit minder angemessen sind. Auf jeden Fall wird der
Slud. {J.30. Lexicographen}Commeniatoren,Uebersetzer. 99
gelehrte Grammatiker und Exeget die Lesung eines Kimcfii
und Elias Levita , die ihm schon zur vollständigen Umsicht
nothwcndig ist, in mehreren Rücksichten, als der blofs hi-
storischen, unterrichtend finden.
Uebev ihre von den Arabern entlehnte Methode s. Hoaing.
Smegma Orient. S.- 110.
Grammatische Ausdrücke, die den arabischen nachgebildet
* * . , r
sind: Suis , \*-* Verb um , ^22, *V-0 Conjugation , 121CH,
5 «>.-' -> . 5 - c 3
*XX»A*-/ I der Anredende, d.i. erste Person, inci, &Q^ ^er
Verborgene, d. i. dritte Person, liplD, pO^ta.* (Quelle) Infini-
tiv u. s. w. Andere Ausdrücke sind aber älter und kommen
schon in der Masura häufig vor.
6- 3o.
Lexicograpben , Commentatoren, Uebersetzer.
1. Die zuvorgenannten ersten Grammatiker legten auch
den Grund zur Lexicographie. Diese bestand Anfangs nur
in Zusammenstellung auserlesener schwerer Wörter, mit
beygesetzter arabischer Bedeutung. Die ersten Zusammen-
stellungen aller Stammwörter kennt man von Menahem ben
Sarug , und Salorno Parchon. Auf ihre Schultern trat vor-
züglich David Kimchi , ■welcher auch als Lexicograph eben
so sehr den Ruhm seiner Vorgänger verdunkelte, als ihn
keiner seiner Nachfolger zu verdrängen vermochte4).
Erklärungen einzelner schwierigen Wörter von Saadia und
Juda Chiug hegen im Ms. zu Oxlord (cod. Huntington S. 73,
394).
R. Jona (29, 1) erklärt in seinem mit der Grammatik verbun*
denen 0*tth\ü "\ZD vorzüglich Namen aus der Naturgeschichte,
Ton Maafs und Gewicht u. dgl. nach der Meinung älterer Lehrer
(namentlich der Geonaeer).
R. Juda ben Karis>.h in Fes sab vorzüglich Erläuterungen auf?
dem Arabischen, deren mehrere recht glücklich sind, ff elf bibl.
4) Wolf hist. lexicorum hebraicorum. Viteb. 1707. 8- Biblioth.
hebr. 11, S. 546. IV» S. 231.
6 a
»oo Abschn.II. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per. II. Gramm.»
hehr. III, 311. Auszüge aus einem Oxforder Ms. von Schnurrer
s. in Eichhorns Biblioth. der bibl. Literatur. B. 3. S. 951 ff.
JWenahem ben Saruk lebte See. XI. Anf. in Spanien. Sein Wör-
terb. ni^anE findet sich im Ms. zu Wien, Rom, Berlin. S. M^olf
I, 771. III» 6921 woselbst auch eine Probe.
R: Salomo Parchon schrieb ein Wörterbuch, unter dem Titel
des vorigen, wovon unter andern Je Rossi ein Ms. besitzt, aus
welchem er in seinen Fmrüs lectionibus hier und da Auszüge ge-
geben hat. Wolf I, S. 1057.
R. David Kimclii (§. £9, 2). Sein Dittnty ISO erschien zuerst
zu Neapel 1490, auch Venet. 1522 ; dann öfter mit der Gramma-
tik zusammen. Das Verzeichnifs der aufser den Targumisten und
Talmudisten von ihm benutzten älteren Ausleger s. vor Pugnini
thes. Vgl Wolf hist. Lex. hehr. S. 35 ff.
R. Joseph Caspi : Catenae argenteae , noch ungedruckt. Er
suchte Grundbedeutungen zu bestimmen, aber nicht immer mit
Glück. Löscher S. 109. Simon S. 198. Wolf bibl. I, 540.
IV, 855- hist. Lex. S. 49.
R. Mardochai oder Isaac Nathan ist Verf. der ersten hebr. Con-
cordanz , die bey Calasio und Buxtorf zum Grunde liegt. S.
Buxtorfs Vorrede zur Concordanz. Wolf bibl. 1,631. 111,607.
Elias Levita (§. 29, 2) : sein UWf) enthält eine ausführliche
Erläuterung (712) schwerer Wörter der Bibel und des Talmud.
Basel 1529. Mit Fagius latein. Uebers. 1541. 4. Wolf hist.
lex. S. 57.
Ueber Synonymen der hebräischen Sprache schrieben Abraham
Bedersensis, Salomo Meschullam, s. Wolf I, 34. 1079.
3. Andere gleichzeitige Ausleger legten ihre Worterklä'-
vungen in Commentarien y) nieder, in welchen sie sich frey-
lich oft in einem geschmacklosen Schwalle von Sacherläute-
vungen gröfstentheils 'allegorischer, kabbalistischer Art ver-
lieren. Die geschätztesten Commentatoren sind:
R. Salomo Jarchi (richtiger R. S. Isaac, gewöhnl. abgek. *\y^
Ras^hi) zu Troycs in Frankreich, st. um 1170, dunkel durch
Kürze und Piäcision, und neuer Erklärungen bedürftig. Seinen
Comment. über die ganze Pibel s. in Buxtorfs rabb. Bibel, lat. mit
Anm. von Breithaupt, Gotha 1710-1 4, 4. 3 Bände. Wolf bibl.
I» »o57. Hl» »042. Bayle dut. u. d. \Y.
5) 1. F. Euddti Isagog« ad thool. univ. S. 1433 ff. Simon ÜB»
urit. III, c. 5. 6.
Stud. 5.30. Lexicographen,Commentatoren,Uebersetzer. 101
Aben Esra (eig- Abraham ben Meir A. £.) „der grofse Weise",
zu Toledo (st. 1167), durch Reisen gebildet, in vielen Wissen,
schaffen erfahren , aufgeklärter als viele seiner Zeitgenossen , und
daher oft Vorgänger des Elias Levita. Sein Comment. (dSiU 1*10)
ist oft noch dunkler, als der des Raschi. JVolf i, S. 7i-ßi.
III, 46. IV, 764. Simon a. a. O. üb. III, chap. iß.
Von David Kimchi ist besonders der Comraentar über die Pro-
pheten häufig gedruckt.
R. Tanchum v^on Jerusalem (Ungewissen Zeitalters, aber -nach
JVlaimonides) , schrieb arabische Commentarien über das A. T. ,
welche angedruckt auf der Bodleyanischen Bibliothek liegen.
Eine Probe daraus gab Schnurrer. Tübingen 179L 4*
R. Bechai ben Ascher (um 1291): Comment. über den Penta-
teuch.
L.evi ben Gerson aus der Provence (st. 1370), schrieb Ausle-
gungen über die meisten Bücher des A. T. (in der rabb. Bibel).
Auch einen Comment. über Aben Esra zum Pentateuch.
Isaac Abarbeitet aus Lissabon (st. l^oß), mehr Sach- als Wort-
erklärung. Seine Comment. sind einzeln gedruckt, s. IVolf I,
627. III, 54o. IV, 375. Köcher nova bibl. I, 72.
R. Salomo ben Melech aus Fes (See. 16), schrieb *3l* SS3Ö,
die Quintessenz der Worterklärungen von Kimchi und A. in ge-
drängter Kürze mit vieler Klarheit vorgetragen. Beste Ausgabe
Cst. 1635. Fol. mit Abendanas Zusätzen. fPotf IV, p87« Kö-
cher I, 123. Der Jonas als Probe mit einer lat. Uebers. von Fa-
bricius erschien zu Gottingen 1792. ß.
Von Moses Maimonides , dem gröfsten Denke/ der jüdischen
Nation (st. 1205), kann nur sein D*Ol22 ,~HlO (Lehrer der Her-
umirrenden) wegen vieler brauchbaren hermeneutischen Bemer-
kungen hieher gerechnet werden. S. Simon a. a. O. S. 421 ff.
Rosenmidier s Handbuch der Kritik und Exegeso des A. T. Th. 4.
S. 124 ff.
3. Der Werth, welcher diesen Worterklärungen zu-
kommt, ist abhängig von den Quellen, aus welchen jene
Rabbinen schöpften. Dieses sind folgende: a) dieTarguins,
b) das Chaldäische und Talmudische, dessen sie Alle und c) das
Arabische, dessen wenigstens dieAelteren als Muttersprache
mächtig waren, und welches sie fleilsig benutzten. Dazu
kam d) Tradition , deren Constanz (selbst in willkührlichen
102 Ab sehn. II. Gesch. d.hebr. Sprachhunde. Per. II. Gramm.
Erklärungen) bey Wieronymus, Saadias und den Neuern Auf-
merksamkeit verdient. Wo diese nicht ausreichten, mufs-
te endlich e) Conjectur zu Hülfe kommen. Allerdings ist
es hier übel, dafs das Errathene nicht immer sicher vom Tra-
ditionellen zu scheiden ist, und die Conjectur eines Aeltern
auch wohl bey den Spätem schon den Schein einer gewissen
traditionellen Auctorität hat; allein die Vergleichung der
verschiedenen Rabbinen unter sich, und der älteren jüdi-
schen Auctoritäten (als LXX, Targg. , auch mittelbar des
Hleronymus) werden hier meist das Urtheil richtig leiten, und
man hat diesen Punct zum Nachtheil der rabbinischen Wort-
bestimmungen wohl zu sehr urgirt6).
Der vorsichtige Ausleger wird aus ihnen unbestreitbar
viel Wahres und Gutes zu nutzen wissen ; und Fertigkeit
im Yerstehn dieser Quelle sollte wohl jeder Interpret
von Fach ganz unerlüfslich besitzen. Unter den vorhande-
nen ist Sal. ben Me/ech, auch als Einleitung zu diesem Stu-
dio, ganz vorzüglich zu empfehlen; einige ältere, z. B. H.
Jona, Tanchum , Parchon verdienten aber noch näher ans
Licht gezogen zu werden.
U^ber die Beschaffenheit der damals möglichen Sprachkenntnifs
urtheilt sehr richtig und bescheiden Maimonides in JVlore nebo-
dum I, c. 67.
Am tiefsten stehn alle Erklärungen der Rabbinen, weiche Sach-
kenntnisse voraussetzen, z. B. geographische, historische, nntur-
historisohe, daher wirklich traditionelle und allgemein reeipirte
Erklärungen, wie i33ttJN Deutschland , n£nx Frankreich, *nso
Spanien.
4. Vorzüglich im Anfange dieser Periode, wo die ara-
bische Muttersprache die Kenntnifs des Hebräischen bey
vielen .luden so sehr verdrängt hatte, dafs man selbst eine
arabische Uebersetzung des Talmud wünschte7), wurde
6) Mihailis Bcurtheilung der Mittel S. 38» Jahns Einleit. in
das A. T. Th. 1. S. »53«
7) PocOihe praej. ml JVlaimonidis portam Alosls.
Stud. {J. 30. Lexicograplien, CommenCaloren, Ueberselzer. 105
auch eine arabische Bibelübersetzung Bedürfnifs. Ihm ge-
nügte R. Saadia Gaon (g. 29,1) auf eine Weise, welche
hinlänglich zeigt, dafs selbst in jenem dunkelsten Zeitalter
gelehrtes Studium und brauchbare Tradition noch nicht er-
loschen war8). Minder wichtig, aber nicht ohne Sprach-
kenntnifs verfafst, und nicht ohne eigentümliche Erklärun-
gen ist auch der sogenannte Erpenische Penlateuch (London
1622. 4.) von der Hand eines maurischen Juden im i3ten
Jahrhundert.
Noch gehört hieher die griechische Uebersetzung der
Marcus-Bibliothek zu Venedig (wovon der Pentateuch und
mehrere Hagiographa gedruckt sind) , die einzige Probe der
Schriftgelehrsamkeit bey den griechischen Juden dieser Pe-
riode. Der sich an die rabbinische Reception anschliefsen-
de Charakter ihrer Exegese9 , ihre ängstliche 'Wörtlichkeit
und die widerlich geschmacklose Anwendung griechischer
Wortgelehrsamkeit spricht für die Abfassung derselben von
einem, vielleicht byzantinischen, Juden des ßten bis uten
Jahrhunderts.
Alle bisher genannte Arbeiten geboren der herrschenden Secte
der Rabbaniten. Von denen der Karaiten kennt man einen unge-
d ruckten Commentar von Abraham ben Juda , und Gramm, und
Comment. von Aharon ben Joseph, deren Inhalt noch genauer«
Untersuchung verdiente. S. IVolf Bibl. hebr. I, 121. III, 36.
74. Ejusd. notitia Karaeurum praef. p. 13. In manchen Ausle-
gungen weichet die ganze Sekte von der der Rabbaniten ab, so ist
z. B. 00*1!? p3 nach den Karaiten (und Samaritancrn) die Zeit
zwischen Sonnenuntergang und dem Dunkelwerden, nach den
Rabbaniten die von dem Neigen der Sonne bis zum wirklichen
Untergänge.
Ein besonderes Verdienst um die Verbreitung de3 A. T. haben
g) Ueber den Umfang dieser Uebersetzung s. die Einleitung?-
Schriften von Eichhorn und Beriholdi. Mehrcres zu ihrer War-
digung in Carpzov Crilica sacra V. T. S. 646 ff«
g) Amnion diss. de versionit V. T. graeeae Venetae usu , in-
dole et aetate, Sect. II.
104 Ahschn. II. Gesch. d. hebr. Sprachkunde. Per. II. Gramm.
die Juden dieser Periode noch durch die Besorgung der ersten
Drucke desselben. Das erste gedruckte biblische Buch ist ein
Psalti-r (zu Bologna) 1477» die erste vollständige hebr. Bibel er.
schien zu Soncino 1488*
Ö- 3x.
Christliche S ehr i fts tel ler.
1. Bey den Christen lag die Kenntnifs des Hebräischen,
wo möglich, noch tiefer darnieder, als in der vorigen Perio-
de. Den scholastischen Theologen war selbst der griechi-
sche Urtext fremd, und den unwissenden Mönchen galt he-
bräische Sprachkunde fast für jüdische Ketzerey 10).
Charakteristisch, auch für die excerpirten Schriftsteller, ist die
Erklärung der hebräischen Wörter des N. T. , die man aus lat.
Vätern ^!) schöpfte, wovon hier eine Pmbe stehn mag. Duran-
dus gibt zu Apoc. 19, 1 folgende Erklärungen von Halleluja : Aw
°i"tinus sie exponit : al i. e. salvum, le i. e. me, lu i. e. fac, ia
Domine. Hieronymus sie : alle i. e. cantate , lu i. e. laudem , ia
ad Dominum. (Unrichtig ! denn H. erklärt das Wort ganz rich-
tig: T. 5. S. 64 (ed. Fiancof.) Gregorius sie: Alle pater, lu
ßlius, ia spir. S. vel alle lux, lu vita, ia Salus. M. Petrus
antisidorensis sie: al altisnmus, le levatus in cruce , l u lugebant
apoitoli, i a iam returra7.it.
2. Einzelne des Hebräischen (aber freylich mehr des
Rabbinischen, als der Bibelsprache) Kundige, wie Roymi'iid
Martini , benutzten es vornehmlich zum Behuf der Polemik
mit den Juden, und der Bekehrung derselben, zu welchem
Zwecke auch zunächst 1311 auf dem Concilio zu Vienne die
Errichtung morgenländischer Professuren auf den Universi-
täten verordnet wurde * '). Auf die Schriftauslegung wurde
es nur von 6ehr wenigen angewandt, besonders von Aicolaus
(/c Iyray der zur Auslegung des A. T. aus dem Grundtexte
bey den Christen den Ion angab.
10) Claudius Lspencaeus (Commcnt. ad 2 Tim. 3): in aueferibut
latinis graece nnste suspectutn , hebraice autem paene Interet'u um
fuit. Vgl. Schudt del'uine hebr. philologieao p. 2{Ji. Hut-
tinncr Snu-gma Orient. S. iq IT.
11) Cf. Sixti simamae Antibarb. bibl. p. 23c/ ff.
Studium. Q. 31. Christliche Schriftsteller. io,5
Raymundws Martini, ein spanischer Dominicaner (früher Jude?
tt. 1 2#4)« Sein Werk : pugio fidei adv. Mauros et Judaeos, zeugt
von vieler Belesenheit in jüdischen Schriften, ed. Carpzov. 1637«
Fol. Vgl. Wolf I, roi 6. III, güg. Bayle dict. 11. d. W.
Nicolaus de Lyra, ein Exjude (woran andere noch zweifeln),
Franziskaner zu Paris, doctor planus et utilis (um 1520), schrieb
Postilla perpetua in universa bihlia. Sprichwort : nisi lyra ly
rastet, totus mundus dclirasset, nach andern : Lutherus non saltas-
set. Letzterer hat ihn nämlich sehr benutzt. Wolf I, 963.
Zusätze dazu lieferte
Paulus Burgensis, ebenfalls ein bekehrter Jude (um d. J. 1390).
Als einzelne Kenner des Hebräischen zu verschiedenen Zwek-
ken nennt man im i5ten Jahrhundert: Jo. PT^essel in Köln, Hei-
delberg, Basel (st. 1489); Pico, Graf von Mirandola (st. 1494);
M'ilhelm Raymund und Conrad Summenhart in Tübingen, lie-
ber letztere , die Lehrer von Pellicanus , s. Schnurrer biographi-
eche und literarische Nachrichten von ehemaligen Lehrern der he-
braischen Sprache in Tübingen. S. 2.
Dritte Periode.
Anfang des hebräischen Sprachstudiums bey den Christen.
{See. XVI -XV II med.)
5- 32.
Uebersicht. Charakter der Periode.
1. Mit dem Anfange des sechszehnten Jahrhunderts
ging das Studium der hebräischen Sprache zu den Christen
über, und die Juden, die mit einem Elias Leuita ihren Cul-
minationspunet erreichten, treten von nun an fast ganz in
den Hintergrund. Aufser dem allgemeinen Geiste der Zeit,
welcher auf Hervorziehung der Kenntnisse und Schätze des
Alterthums drang, fand die hebräische Sprachkunde ein
Hauptbeförderungsmittel an der Reformation mit ihrem
Grundsatze, die Schrift aus der Ursprache zu erläutern').
Dabey hatten aber die ersten Lehrer des Hebräischen unter,
den Christen noch mit mehrern Schwierigkeiten zu kämpfen.
1 ) Meyers Geschichte der Schrifteiklärung. II, S. 1 fh
io6 Abschn.II. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per. 1 IT. Anfang
Sie mufsten ihre Kenntnifs erst aus dem mündlichen Unter-
richte habsüchtiger und geheimnifs voller Rabhinen schö-
pfen2), um sich dann aus den ohnehin schwer habhaften
grammatischen Schriften der Juden weiter belehren zu kön-
nen, und einigen, z.B. Reuchlin, wurde wohl obendrein
noch Verfolgung und Verketzerung zum Lohne. Auf ihren
Grund baueten aber andere um so schneller und leichter
fort.
Schon zu Luthers Zeit (1517-46) war hebräische Sprachkun-
de, vornehmlich unter den Protestantischgesinnten , nicht mehr
selten, und dieser empfiehlt sie zum Behuf der Exegese und Polemik
mit seiner eigenthürolichen Kraftsprache (Comment. in Ps. 45) :
Sacpe mortui, ut linguam hehraeam disceretis , nee eam ita neglige-
retis. Arbitror nos habitüros religionis nostrae hoste* Hispanos,
Gallos, Ilalos, Turcas etiam , ibi certe cognitione linguae hebreeae
opus erit. Scio enim, quantum mihi contra hostes meos profuerit,
quare hac quantulaeunque cognitione inßnitis aurcorum mülibus ca-
rere noliin. Et vos ergo dabitis operam, ut harte quoque linguam
discatis , si non pecora campi et indoctum vulgus haberi inltis.
Nach 15*70, liefs sich selbst Churffirst August von Sachsen durch
llutter im Hebräischen unterrichten.
Bey den KathoUken gaben die obscurar.tischen Mönche noch hier
und da eine hemmende Potenz ab. Noch in der Mitte des löten
Jahrhunderts hörte Conr. He r es b ach (Orat. de laudihus Ute-
rar, graec. Fol. 26) einen Mönch von der Kanzel sagen : man hat
eine neue Sprache aufgebracht, die heifst die griechische, vor
dieser hat man sich sorgfältig zu baten, sie veranlafst lauter Ke-
tzereyen ; hier und da haben auch die Leute in dieser Sprache ein
Euch, das N.T. genannt, dieses Bach ist voll Steine und Ottern ;
es trill noch eine andere Sprache aufkommen, die hebräische ; die
diese lernen, werden Juden. Aehnliche Stimmen heften sich selbst
xu Trident vernehmen. Im Ganzen ist auch die Zahl der hebr.
Puilologen unter den Katholiken in dieser Periode verhältnifsmä-
fsig nur gering.
S. Im Allgemeinen besteht der Charakter der hebräi-
schen Philologie in dieser Periode in Anhänglichkeit an
Tradition und Manier der jüdischen Ausleger, und das Ver-
2) Vgl. Reuchlini Rudimenla. S. 670. JJ'olf bist. Lex. S. 79.
d. hebr. Sprachstud. hey d. Christ, §. 32. Charakter d. Per. 1 07
dienst der meisten Gelehrten beschränkt sich darauf, das
aus den Rabbinen Geschöpfte zugänglich, geniefsbar ge-
macht und weiter verbreitet zu haben. Nächst ihnen wur-
de höchstens noch die Vulgata , seltener die LXX, benutzt.
Kur an Anordnung, Klarheit und Methode thun es Viele
ihren jüdischen Vorgängern zuvor. Einige, die sich zur
Unzeit von jenen Führern losmachen wollten, geriethen auf
noch gröfsere Abwege; die wenigen aber, welche durch
Empfehlung der verwandten Dialekte der folgenden Periode
vorangingen , hatten wenigstens noch keinen Einflufs auf
die herrschende Methode. Nach dieser allgemeinen Anga-
he hielten der Anbau der Grammatik, der Lexicographie
und der philologischen Erläuterung ziemlich gleichen
Schritt.
Die Juden machten sich fortdauernd am verdientesten durch
Ausgaben des A. T. Jacob ben Chajjim (aus Tunis, st.
1525): biblia Bombergiana II. Venet. 1515; Juda Arje (Leo
JVIutinensis) zu Venedig , st. 1612; Joseph Athias (in Am-
sterdam): Biblia hebr. Amstelod. 1661 . g. Unter den christli-
chen Ausgaben sind am berühmtesten : die v. Seb. Münster 1536",
V. El. Hutter (zuletzt Inhaber einer hebr. Druckerey in Nürnb.)
1587! Buxtorfs rabbin. Bibel 16 iß« ^Gxg. Polyglotten: die
Complutensische von Fr. Ximenes 1514-»?; die Antwerpische
von Ar ias Montanas 1569-72; die Pariser (von le Jay}
1629-45.
Grammatiker3).
Als den Vater der hebräischen Sprachkunde bey den
Christen verehrt die Geschichte den auch sonst um sein
Zeitalter hochverdienten Reuchlin , -wiewohl er, genau ge-
nommen, nicht der erste Grammatiker ist. Seine vornehm-
lich auf Kimch'Cs Mlchlol gebaueten Rudimenta linguae he~
3) Alphabetisches Vcrzeichnifs der christlichen Grammatiker bi»
1730 s. in U'olfii Biblioth. hebr. II, 600 ff. IV. 260 fl. Dazu
Köcher II. 139 IT.
loß AbscJin.IL Gesch. d. hebr.Sprac?ihunde. Per. III. Anfang
braicae (1,506) wurden bey aller Unvollkommenheit die
Hauptquelle für die Hebiäischlernenden in Deutschland;
bis sie (seit 1556) durch .Seb, Munster 's, und (seit 1609) durch
ßuxtorf's allerdings weit vollkom innere grammatische Arbei-
ten verdrängt wurden. Nur etwas später, als Reuchlin in
Deutschland, lehrte in Italien Santes Phgninua , dessen Ar-
beiten zwar auch nur Auszüge aus den Rabbinen enthalten,
aber die Reuchlinschen an Vollständigkeit und Belesenheit
in denselben weit übertreffen. Aufser diesen stellten auch
die übrigen europäischen Länder ihre Grammatiker auf, die
jedoch, wenn gleich für ihre Zeit und ihren Wirkungskreis
nützlich, zu keiner dauernden Celebrität gelangt sind4).
Vorzügliche Auszeichnung verdient noch gegen das
Ende der Periode Sal. Glafs wegen seiner noch heut von
wenigen übertroffenen biblischen Syntax: ein um so wichti-
geres Werk, weil die bisherigen Grammatiker diesen Theil
ganz übergangen, oder ihn nur bey der Formenlehre stück-
weise und unbefriedigend abgefertigt hatten.
Die erste, aber sehr unvollkommene und -wenig bekannt ge-
wordene, Grammatik unter den Christen schrieb : Conrad PeL
ii can in: de modo legendi et intelli^endi Hebraea. Basil. 1503.
4. Der Verf., damals ein 22jähriger Mönch zu Tübingen, hatte
sie ohne irgend ein Hülfsmittel, als hebräische Bibel und lat. Ue-
berset/.iui^ , zusammen gestellt. Eben so hatte er ein Wortregi-
ster entworfen. Vgl. M. Adami vitae germanorum Theologo-
rum (1620). S. 262. Björnstahls Briefe B. 5. S. 543. Schnur-
rer a. a. O. S. 4-
J o. Reuchlin (geb. 1454, st. 1511) ward erst von einem
jüdischen Arzt Loans Üi Wien, dann zu Born von Obadja Jacob-
son Sphomo, einem genannten jüdischen Gelehrten 5), im Hebräi-
schen unterrichtet 6) , wo er jede Stunde mit einem aureus be-
4) Pauli Colomesii Gallia orientalis. Haag i66"5- 4« B.iusd.
Ilalia et Ilispania orientalis, ed. J o. Chr. II olf. llamb.
1730. 4.
5) II olf bibl. hebr. I, 939- IH QB6. IV, 939.
6) Nach Melanchthon zuerst von // Mt$l in Basel, wovon er ab«r
seihst (Pracf. ad iiudimcnta) nichts erwähnt.
d.hebr.Sprachstud.bey d. Christ. §. 33. Grammatiker. 109
zahlte. Als schwäbischer Bundesrichter schrieb er hierauf seine
lib. HI. de rudimentis hebraicis ad Dionysium fratrem iuum ger.
manum. 1506. 62 1S. gr. 4. oder kl. Fol.» am Schlafs mit den
Worten: exegi monumentum , aere perennius. (Verb. Ausg. von
Seb. Munster. Basel 1537. Fol.) Auf eine kurze Anweisung zu
den Elementen folgt ein Wörterbuch in 2 Büchern, dann als
3tes Buch eine Grammatik. In der Zuschrift an seinen Bruder
nennt er sich den Gründer dieser Literatur unter den Christen.
In der Grammatik erkennt man leicht die rabbinischen Muster,
aber er hat nicht soviel Schule als jene, dagegen sucht er manches
durch classische Analogieen deutlich zu machen. Von ihm sind
o
ohne Zweifel die meisten grammatisch- technischen Ausdrücke,
als conjugatio (in dem Sinne des hebr. pJ3), Status absolutus und
Status regiminis, ajjixum u. s. w. ; wahrscheinlich auch die we-
nigstens in Deutschland reeipirteste Aussprache des Hebräischen,
des t durch „a obliquum" , dos Kibbuz durch ü.t das gänzliche
Ausbissen des V. Manches schon von den Rabbinen richtig Vor-
getragene war ihm allerdings nicht klar geworden, so rechnet er
(S. 7 und öfter) mit Hieronymus PI und if zu den Vocalen, und
nimmt (S. 559) die Dualendung D*'-=- eben so gut für einen un-
regelmäfsigen Plural , alsNin, OD; tl%tf DT13. In Rücksicht
auf lange und kurze Vocale ist er überhaupt sehr nachlässig.
Vom Wörterbuch unten. Aufserdem: de accentibus et nrthogra-
phia. 1518. 4» Einige andere Schriften zeugen von Anhänglich-
keit an kabbalistische Philosophie. Sein Eifer für die hebräische
Literatur wurde besonders von den Cölnischen Obscuranten ver-
ketzert. Vgl, Meiners Lebensbeschreibungen berühmter Männer
ans den Zeiten der Wiederherstellung der Wissenschaften I, 97 ff.
Jo. Reuchlini vita descripta a J. H. Aiaio. 16QJ. Q. Adami
und Schnurr er a. a. O.
J o. B ö sehen stein, Prof. zu Wittenberg ( Prosely t ? geb.
»472, st. nach 1530). Elementale introd. Augsb. 1514* 4« Hebr.
grammat. institutiones. Viteb. 15 13- 4* ^n ^er er*ten von Me-
lanchthon besorgten Ausgabe sind aus Mangel an Typen die he-
bräischen Wörter im Drucke ausgelassen und nachher mit rother
Dinte an den Rand geschrieben. Vgl. Hirt's Orient. Bibliothek.
Th. 6. no. 21. Meusels lit. Magazin. St. 1. S. 103. Er heifsc
bey Luther apostata, weil er zur römischen Kirche übertrat,
nicht als Exjude l
Seb. Münster (geb. 1489» gest. 1552 als Prof. in Heidel-
berg, auch Geograph und Mathematiker, daher Germanorum
Esdras Straboquc'). Er schliefst sich ganz an Elias Levila an, den
er sehr verehrt, und mit Recht allen übrigen Grammatikern vor-
na Abschn.II. Gesch. d. hebr.Spraohkunde. Per. III. Anfang
rieht. Er übersetzte dessen grammatische Schriften in das Latei-
nische (§. 29, 2) und stellte nach mehreren kürzen* Versuchen
(15^5. 5*') eine vollständige Grammatik daraus zusammen:
öS'iin pllpin rDS<Sp opus grammaticum ccnsummaium ex variis
libris Elfanis concmnatmm. Basil. i544* 19° S. 4. Die Lehre von
der Flexion des Nomen ist schon sehr klar und genau. Die Vor-
rede erzählt seine Bildungsgeschichte und den damaligen Zustand
der hebr. Gelehrsamkeit. Lieber die Frage, ob er, wie E. Levita,
die Neuheit der Vocalzeichen angenommen habe, s. StangSs theo-
logische Symmikta. Th. 2. S. 553 ff.
Otto Gualtper zu Marpurg (st. 1 624) erwarb sich einige Ver-
dienste um die Syntax. Grammut. hebr. Viteb- 159c.
• Jo. Buxtorf d. Aelt. , seit 1591 Prof. zu Basel, st. 162g,
verdient und berühmt durch die ausgebreitetste Belesenheit in der
hebräischen Literatur im weitesten Umfange. Sein thesaurus
grammaticus linguae Sanctae. Basil. 1609. 8- und rifter (19. 29.
63) übertrifft an Ausführlichkeit, Genauigkeit und Methode alle
frühem und die rabbinischen Grammatiken weit, wenn man
gleich an Materie und Form die Bildung des Vfs. nach den letz-
tern erkennt. Die Syntax ist schon ausführlich behandelt, aber
vieles dahin gezogen, was der Formenlehre geholt. Kürzere Ab«
risse erschienen 1605. 13- 16.29.
Jo. Buxtorf d. J. s. unten.
Jo. Drusius (eig. i'cm der Driefsche , Prof. zu Franecker, sr.
1616): Gramnwt. hebr. Franeck. 1612. Opuscula, quae ad
grammaticam spcctant 1609' 4"
IVilh. Schickard (Prof. zu Tübingen, geb. 1592, gest.
1635) denkender Mathematiker, und Kenner der verwandten Dia-
lekte, fast am bekanntesten durch seine unbedeutendeste Arbeit:
Horologium hebraeum zuerst 1623. l2» dann über 30m.1l wieder
gedruckt. Sie wurde besonders wegen fruchtbarer Kürze ge-
schätzt. Vgl. Schnurrer a. a. O. S. »60 ff.
Matth. PT^asmuth, Prof. zu Kiel (geb. 1625, gest. 168Ö)
ein Schüler Buxtorf s, an dessen Grundsätze und Manier er sich
anschließt. Sein Hebraismus facilitati et in.'egritati restitutms.
Kilon. 1 666. 4. und öfter, enthält besonders vollständige und
brauchbare Beobachtungen und Sammlungen über die Voealvcrän-
derung und Accentuation. Vgl. Thiefs biographische Nachrich-
ten von den Lehrern der Theologie in Kiel (Kiel i^oo). S. 50 IT.
Sal. Glafs (geb. 1593* Prof. zu Jena, st. zu Gotha 1656):
Philologfa sacra, Lips. 1623 4* ^10 Graminatica tacra. welch«
B. 3 u. 4 einnimmt, ist für die syntaktische Beobachtung der bi-
blischen Diction klassisch . und setzte zuerst die Analogie der alt*
d. hebr. Sprachstud. bey d. Christ. Q. 34. Lexicographen. 111
und neutestamentlichen Sprache in ein deutliches Licht. Neuere
Ausgaben c. praef. Buddei 1713. 43« 'n ^er Umarbeitung de»
Werkes von Dathe ( — ÄjV temporibus accommodata) Lips. 1776.
2 Bde. g. ist nebst manchem Ueberfliissigen auch ßraucbbares
ausgelassen, und dns Eigenthum des Vis. von dem des Herausge-
bers nicht geschieden.
Unter den erstem Kennern und Bearbeitern der hebr. Sprache
unter den Deutschen , die jedoch ohne besondern Eiuflufs auf die
Wissenschaft als solche blieben, nennen wir noch Zwingli, Oeco-
lampadius und Aurogallus (st. »543)» Carito (st. »542), Schrek-
kenfuchs (st. 1.579), Bibliander (st. 1564), Luc. Oslander (st.
1604). S darüber Löscher Sr 109 ff. Hezel S. 158 IT. 212 ff.
Von Luther S. §. 35, 2.
Aufser Deutschland wurden am berühmtesten: in Italien: San-
tes Pagninus (Dominicaner aus Lucca, (jeb. 1471 > st. 1541 zu
Lyon): Institutionum hehraicarum, libri IV. Lugd. 1526. 4. Paris
1.549.56. Kern der jüdischen Grammatiken von Jona, Ahen Esra,
Kimchi, Ephodiius.
In Frankreich: Ant. Rud. Chevalier (Prof. zu Strasburg, st.
1572): gramm. liebr. 1559. Q.
In den Niederlanden : Jo. van den Campen (Prof. zu Löven 8t.
1538) Gramm, hebr. Lovan. i52ß. 4*
In England: Rud. Baine (Bischof zu Coventry, 31.1564) Com-
pendium Jvlichlol Kimchii. Paris 1 554* 4*
* *
#
Von Juden , aufser Elias Levita und de Balmes (§. 2g, £) : R.
Asaria zu Feirara. Sein JVIeor Enaim, enthält mehrere philol , be-
sond. paläographische Beobachtungen, wobey der Vf. Studium der
Classiker und d. christlichen Ausleger vevräth. S. Kücheri n. bibl.
hebr. I» 109.
5- 54-
Lexicographe n7).
Ungefähr gleichen Schritt mit der Grammatik hielt auch
die Lexicographie , und die meisten der oben genannten
Grammatiker bearbeiteten auch diesen Zweig der hebräi-
schen Spiachkunde. \ on Reuchlln bis Buxtorf blieben
zwar die Bestimmungen der Rabbinen und die Vulgata die
7) Wolf bist. Lexicorum hebr. p. 73 ff. Biblioth. hebr. II, S.
548 ff. IV» 233 ff. Vgl. Köcheri aova bibl. hebr. II, 129 ff.
Ai2 Ab sehn. II. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per. III. Anfang
alleinige Quelle der Wörterbücher, allein in Rücksicht auf
Vollständigkeit und Methode ist schon ein erfreuliches Fort-
schreiten sichtbar. Vornehmlich fehlte es nur an geschick-
ter Anordnung der Bedeutungen, und Ableitung derselben au*
einander.
Trotz der Mangelhaftigkeit und Einseitigkeit jenes
Principii cognoscendi führte es doch der Wahrheit unendlich
näher, als die Hypothesen eines Forster und Buhle, welche
die Auetoritat der Rabbinen verwarfen , aber nur den Zu-
sammenhang und die willkührlichsten etymologischen Phan-
tasieen an deren Stelle zu setzen wufsten. Weit gemäfsig-
ter ist 31. Marino , der zugleich den ersten Versuch durch-
aus alphabetischer Anordnung machte.
Benutzung der verwandten Dialekte für Wortforschung
findet sich zuerst bey Postellus und Guichard , nur höchst
vag * Und unkritisch; aufserdem bietet aber diese Periode
schon an Schindlers Pentaglutlon das erste Beyspiel einer
vollständigen Durchführung dieser Vergleichung durch das
ganze Wörterbuch. Das Zeitalter wulste aber dieses Ver-
dienst noch nicht zu würdigen, und das Buxtrßsvlie Wör-
terbuch erhob sich zu weit gröfserem Ansehn.
Unsichere Spuren von hebr. Lexicis der Christen vor Reuchlin
s. Flolf bist. Lex. hebr. S. 73. — Holocke (um 1410); Hono-
rius , tin Cistercienser (um 1452); Jo. Jleham zu Ulm, er soll um
1490 e.'m Lexicou und andere grammatische Schriften aus dem He-
bräischen ins Deutsche übersetzt haben, deren sich Pellicanus und
Reuchlin bedient haben.
J o. Reue hl in (s. §. 33). Der lexicographische Theil seiner
RuJimenta enthält nur die Stammwörter vollständig, die Deriva-
ta fehlen meist; seltene Citate und nur nach Capiteln ; die Bedeu-
tungen nach Kimchi ungeordnet neben einander, nicht ohne rab-
binische Grillen, z.B. S. 3. rOl^aM voluptas , inJe per apocopen
ultima« literae ]iON pauper , eo quod, qui caret fine voluptalis,
d'uitur pauper. i\eue Ausgabe von S. Münster «537. Fol.
Seb. Mtinsfr: Lexicon hebraeo-chalJanum- Basil. 1 523-
25. und öfter. 8- Lexicon trilingue 1550. 35- (beyde selten).
Er nimmt auch den biblischen Chaldaismus in den Plan auf, hat
aber auch zuerst den verkehrten Titel L,. lubraeo-clutlJaium. Zu-
d.hebr. Sprachslud.beyd. Christ. Q. 54. Lexicographen. 113
erst vollständige Angabe der Derivata. Uebrigens seine erste un-
vollkommenste Arbeit.
S. Pagninus: Thesaurus linzuae sanetae, in quo Judaeos spe-
ciatimque JLimchium in libro radicum secutus est. Lu^d. 152g. Fol.
Nene Ausgabe von Robert Stephanur, Paris 1548- 4' von JVIerce-
rus u. A. 1575. 1614. Fol. Quintessenz der wichtigsten rabbi-
nischen Ausleger mit Angabe der Auctoritäten , genauen Citaten,
Erklärung schwieriger Stellen.
J o. B ux torf : Lcxicon hebraicum et chaldaicum. Basil. 1607.
Fol. Vieie Ausgaben, die cilfte 1 710. 8- Auszog 161 Ä. 12. u.
öfter. Es empfiehlt sich durch zweckmäßige Anordnung und
Co
Auswahl; hier und da ist das Syrische benutzt. Aufserdem :
Concordantiae bibliorum hebraicae , ed. Jo. Duxtorf Fil. Basil.
1652. Fol.
Phil. Aquinas: rO"li?ö T»"U?D. Paris 1629. Fol. umfafst
auch das Chahiaische und Rabbinische.
J o. Forst er, Schüler Remhlins (»eb. i495> st. 1556 als Prof.
zu Wittenberg) : dict. hebr. novum, non ex Rabbinorum commen.~
tis , nee nostratium Doctorum stulta imitatione descriptum, sed ex,
ipsis thesauris s. Bibliorum. ... depromtum. Basil. 1557. Fol. Mit
Beseitigung der Rabbinen sey die BibeL aus sich selbst zu erklä-
ren. YYiilkührliche Versetzung und Verwechselung verwandter,
auch nur der Figur nach ähnlicher (!) Buchstaben. Uebrigens
manche Vorzüge, z. B. Aufmerksamkeit auf Synonymen. VgL
Hirt orient. Biblioth. I, S. 45 R- Schultens origg. hebraeae. p. 291.
Löscher S. 155. *3l« Dagegen Caloiii bibl. illust. proleg. pag. 16.
Noch einen Schritt weiter «ins;
J o. Avenarius : lib. radicum, 1568- Fol., indem er auch
griechische, lateinische und deutsche Wörter auf solche Weise mit
den hebräischen verglich.
Sam. Bohle (st. 1639 zu R°stock) : XIII diss. de formali si°--
nißcatione S. S. eruenda. 163"7. Er suchte die verschiedenen Be-
deutungen der Worter unter eine allgemeine, meistens abstracte
zu ordnen; mifsbrauchte dabey oft willkührlich den Zusammen-
hang.
M. Marino, aus Brixen : Area Koae. Venet. 1593. Fol.
Er ordnet alphabetisch, ab^r übertrieben z.B. alle Hiphil unter n,
Niphal unter 3, versäumt aber die etymologische Rücksicht nicht.
Et achtet ferner auf Phrasen, nimmt die Nomm. propria auf u.
t. W. TVolf bist, lexic. hebr. S. 112.
* "
H
n4 -Abschn.ll. Gesch. d.hebr.Spraohhunde. Per. III. Anfang
T-Vilh, Po stellus (gelehrter Abentheurer, st. zu Paris 1 53 1)
de originibus s. de linguao hebraeue et arabicae antiquitatc, uFFmita-
te cet. 1553. 4-
St. Guichard: V harmonie etymologique des langues hebrai-
que , chaidaique , syriaque, grecque , latine , franpoise etc, Paris
1606. Q.
Val. Schindler (Prof. zu Wittenberg , dann zu Hclmstädt,
st. 1610): L-exkon -pentaglotto;i. Hruinov. 1612. 49. FoL Der
liebr. Theil des Werkes enthalt zuerst durchgängige, wenn gleich
noch nicht vollkommene, Benutzung aller Quellen der Lerdcogra-
phie, der Dialekte, der Versionen, wenigstens der LXX. f'ulg.
Targg., bessere Anordnung der Bedeutungen, Piücksicht auf Con-
struetion der Wörter u. s. vr. Vgl. Andenken an Schindler von
Brun?, in Stäudl'uu theol. Bibliothek. B. 4« S. 1.
Eine Zusammenstellung und Erläuterung der Synonymen ent-
hält:
J o. Plantavitiux (Bischof in der Narbonne) : thes. synony-
micus hebr. chald. rabbinicus. Lodovae i6/L£. Fol.
5- 55.
Philologische Commentarien und Ucbersetznngen aus dem
Grundtexte.
1. Welt weniger kommt es verhältnifsmäfsig in Be-
tracht, was durch Commentarien in philologischer Rück-
sicht geleistet wurde. Zwar besafsen fast alle protestanti-
sche Exegeten von einigem Namen (als Luther t Zwingli,
Oecolampadius , Calrin , noch mehr Brenz, Pelikan, Bu/lin-
ger") Kenntnifs des Hebräischen, aber sie machten sie nicht
zur Hauptsache, und die philologische Auslegung tritt in ih-
ren Commentarien zu sehr in den Hintergrund8). Unter
denen, welche vorzüglich auf Spracherlauterung sahen, nen-
nen wir:
Fr. Vatablus eig. Vatable (st. zu Paris 1547): Anmerkk.
aus seinen Vorlesungen nach seinem Tode gesammelt, hinter der
Vulgata von Hob. Supkaaut 1557. 2 Voll. Fol.
ß) Vgl. Meyers Geschichte der Schrifterklärung. B. 2. S. i-f> ff.
355 ff« Eichhorns Gesch. der neuem Spruchenkunde. Ablli. I.
S. 539 ^
d. hehr. Sprachstud. bey d. Christ. Q. 35. Philol. Comment. 1 15
Seb. Münster (§. 5 j) : kurze Anmerkungen zur lat. Ueber-
setzung des A. T.
Paul Fagius (Prediger und Inhaber einer liebr. Diuckerey
zu Jsny in Schwaben, wobey ilirn Elias Levita hülfieiche Hand
leistete, st. 1550): Comment. über den Pentuteuch, über die
Targg.
J o. le Mercier (zu Paris, st. 1570): Comment. in Gen. 1598«
über Hiob, Proverbb. etc. 1675. Fol., über mehrere kleine Pro-
pheten. 1698. 4.
J o. Drusius: über schwierige Stellen des Pentateuchs. 1617.
4-, der bis torischen Bücher 1618- 4* Ueber die LXX.
Wie die Lexicographen , beschränken sich auch diese
Erklärer fast lediglich auf die Rabhinen, nur Merctrus und.
Drusius machen einen ausgebreitetem Gebrauch von den
^ ersionen, ersterer auch schon von den Dialekten.
Das Wichtigste von den angefühlten Auslegern ist zusammen,
gedruckt in den Criticis sacris. Lond. 1660. 9 Voll. Fol. (v. loh.
und R. Pearson, Scattergood , und Gouldmami). Diese und an.
dere , auch die altern, in eine Uebersicht gebracht von Matth.
Polus (Poole) : Synopsis Criticorum. London 1669. 5 Voll. Fol.
2. Uehersetzungen gehören hieher nur, in sofern sie
mit Kenntnifs des Grundtextes und aus ihm verfertigt, ein
Zeugnifs von der hebräischen Gelehrsamkeit ihrer Urheber
ablegen.
Santes Pagninus: Riblia. Lugd. 1528. 4* Vgl. Simon
hist. crit. du V. T. 2, 20. Carpzov Critica Sacra, p. 7i2. — Bey
JVL. Luthers Uebersetzung (von 1522-54) liegt der hebr. Text
nach der Brescer Ausg., die LXX. Vulg. und die hebr. Ausleser
(nach Xicolaus von Lyra) zum Grunde. L.'s Lehrer im Hebräi-
schen war Aurogallus , sein späterer Ratbgeber in Piücksicht auf
genauere Sprachkenn tnifs Creuziger, Melan<lnl:nn mehr im Griechi-
schen. Er verwarf die Auctorität der Vocalzeichen, aber deshalb
nicht die der Fiabbinen überhaupt in philol. Rücksicht, wie ihm
R. Simon (hist. crit. III, 2.) vorwirft. Beyspiele von bald voll-
kommnerer, bald mangelhafterer Sprachkcnntnifs, auf die er aber
grolsen Wcrth legte (s. oben §. 52, 1), geben die Anmerk. zur
deutschen Uebersetzung. Vgl. Meyers Gesch. der Schrifterklärung
II, 206 ff. 547 ff. — Seb. Munster 's lat. Uebers. bey der hebr. Bi-
bel (§. 52, 2). Carpzov S. 721. — Em. Tr emellius (Exjiule,
H 2
II 6 Abschn.II. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per.lV. Blidlie
st. i5ßo zu Heidelberg), und Franc, lunius (st. zu Leiden 1602):
Libri canonici V. T. latini recens ex Ilebr. facti. Francof. 1579.
Fol.
Vierte Periode.
Bliilhe des hebräischen Sprachstudiums , besonders durch Be-
nutzung der verwandten Dialekte.
(See. Xf^II. med. bis auf unsere Zeit).
ß. 36.
Anfang eines barmoriischen Sprachstudiums bis auf Scbultens.
1. Ein vielseitigeres und fruchtbareres Studium der he-
bräischen Sprache begann erst um die Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts , wo mehrere treuliche Gelehrte sich um die
Wette beeiferten, die indessen immer mehr bekannt gewor-
denen verwandten Dialekte mit dein Hebräischen in Harmo-
nie zu setzen, und zur Erläuterung desselben anzuwenden,
ohne dafs sie deshalb (wie Schulte?^-) das Wahre in den bis-
herigen Erkenntnifscjuellen verkannt und dieselben über Ge-
bühr vernachlässigt hätten. Vorzüglich war es die Benu-
tzung des arabischen Sprachstammes, welche hier als neu
(vgl. jedoch Q. 30, 3) hinzukam.
Das Bekanntwerden der arabischen Sprache unter den Christen
fällt ungefähr mit dem der hebräischen Sprache zusammen. Nach
den unvollkoinnmcn Versuchen eines Posiellus (1550O u. A. er-
hielt dieses Studium im Anlange des 17. See. einen vorzüglichen
Anstofs durch die Missionsanstalten , welche eiiigebohine, zum
Thed gelehrte Morgenlander (slsseniani, Amira, Gabriel Sionila)
nach Europa brachten, die dann die Lehrer europäischer Gelehrten
wurden. Von solchen leinte z. B. van Erpe (VI. der geschätztesten
arabischen Grammatik. 1615. 5O) ; Poi.cii.ke und Golius erwarben
eich ihre Kenntnisse in Syrien und Arabien selbst. Der letztere
und Giagei bearbeiteten ihre berühmten Wörterbuch» aus ein-
heimischen Lexicogt.iphen. Auf den Bibliotheken zu Paris, Rum,
Oxford, Leyden , war auch ein Schatz von Handschriften zusam-
mengebracht, die nun zum Theü durch den Druck bekannt zu
d. hehr. Spraclisiucl. b. d. Christ. %. 3<5. Harmon .Spraehslud. 1 17
raach?n anfing. — Wenigere Bearbeiter fand die angleich ärmer«
syrische Literatur. Im Aethiopisclien blieb Hiob Ludolf bis auf
die npuesten Zeiten der einzige tiefere Kenner, der aber auch nicht
Versäumte, die erforderliche Anwendung auf das Hebr.iisclie zu
machen. Lexicon aethiopico-latinum. 1661. 4« Ccmmcnt. ad
hist. acihiop. S. 202 ff. — Vgl. überhaupt Schnurr er bibl.cra-
bica S. 3 ff. Eichhorns Gesch. der neuem Sprachenkuude. Th. I.
S. 452 ff. 60,-5 ff-
Zu den schon erwähnten Polyglotten , durch welche beson-
ders der Gebrauch der \ ersionen allgemeiner Gemacht und er-
leichtert wurde , kam 1657 die (mit Zuziehung von Hyde,
JLightfoot, Pococke u. A.) von PZalton besorgte Londner hinzu.
6 Voll. Fol.
2. Der Nutzen der Dialekte für die grammatische Be-
handlung wurde am schicklichsten dadurch ins Licht ge-
setzt, dafs man die Grammatiken einiger oder aller Dialekte
ganz in einander verwehte und harmonisch darstellte, oder
wenigstens in derselben Manier gearbeitet mit einander ver-
band. Der gründliche und selbstdenkende de Dien ging
durch Zusammenstellung des Hebräischen und Aramäischen
voran, ihm folgten Hol tinger, Senheri u. A. ; alle Dialekte,
selbst das nichtverwandte Persische verband Castelhcs vor
seinem Heptaglotto zu einer grammatischen Uebersicht.
Der Einflufs, den dieses alles auf die Gestaltung der hebräi-
schen Grammatik hatte , war indessen noch nicht so grofs,
als man erwarten sollte.
Lud. de Dieu (zu Leiden, st. 1642): grammatica linguarum
orientaliuni Htbraeorum, Chaldaeorum et Syrorum inter se collata-
rum. Lugd.Bat. 1628. 4« ex 1CC- CLodii, Francof. ad M. 1683. 4*
1. H. Hottinger (gelehrter Orientalist und Kirchenhistoriker,
zu Züich und Heidelberg, st. 1667): grammatica- c/uatuor lingua-
rum, hehr, chald. syr. et arab. harmonica. Tiguri 1649. 4#
Andr. Sennert (in Wi:tenborg, st. 1689): hypotypous har-
monica linguarum orientaliuni, cliald. syr. et arab. cum matre he-
braea. 1653. 4.
Georg. Othonis (iu Marpurg;, st. 1715): Synopsis institu-
tionum samaritanarum , rabbin. arab. aethiop. et persicarum. Alt
Anbang zu Altings Grammatik. Francof. 1717.
i?8 Abschn.II, Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per, IV. Bülthe
,5. Fühlbarer war dieser Einflufs auf das Lexicalische
der Sprache. Die Ausheilte, die schon der Zeitraum vor
Schaltens in dieser Rücksicht gewährt, ist ungemein grofs,
wenn oleich gerade nicht Viele ihren Forschungen eine ei-
gentlich lexicalische Gestalt gaben. Nach Schindler (Q. 34)
geschah dieses zuerst von Hottinger mit manchen eigentüm-
lichen Bemerkungen, dann mit gröfserer Vollkommenheit
v»n Edrii. Castle, einem Manne von Talent, umfassendem
Blick und einer wahren Fülle von Sprachgelehrsamkeit, der
in seinem Reptaglotton, einem Werke 17jährigen ange-
strengten Fleifses , das Hebräische mit den 5 verwandten
Dialekten zusammenstellte, und die Erläuterung aus densel-
ben theils selbst gab, theils durch jene Zusammenstellung
dem künftigen Forscher erleichterte. Nicht blofs im He-
bräischen , sondern fast in allen übrigen hier vereinigten
Wörterbüchern trug er den Preis vor seinenVorgängern davon.
Vorzüglich aus den hier gesammelten Materialien gab Cel-
larius einige Beobachtungen über den lexicographischen Ge-
brauch des Arabischen, und Kroinayer brachte den Nutzen
desselben in eine Art von Theorie, deren Anwendung er am
Buche Hiob zeigte. Eine nützliche Ergänzung der Wörter-
bücher lieferte, auch ISolde durch sein Spezialwörterbuch,
über die Partikeln.
I. II. Hottinger: Smegma Orient ale (MeidelbeTgae 1653). S.
116 iL Etymologicum Orientale s. Lexicon hannonicunx heptäglot*
ton. Francof. 1661. 4. Er beschrankt sich blofs auf die Stamm-
wörter.
Edm. Castle, gew. Cas tellus (zu Cambridge, st. 1635):
Lexicon Hepta°lottont hehr, chald. syr. sam. csthiop. arab. con-
iunctim et persicum separat im. Lond. 1669. 2 Voll. Fol. ein An-
hang zur Loudner Polyglotte. Sieben sprach<;elehrte Gchillfen,
unter denen Light f 00t war, unterstützten ihn bev der fast herku-
lischen Arbeit, die ilim den Gebrauch seines Gesichts und oben-
drein den gröfsten Tlnäl seines Vermögens kostete. Die benutz-
ten Schriftsteller s. in der Vorrede. Eine Würdigung des Wer-
kes s. in jyiichailii Abhandlung von der syrischen Sprache S. 1 19.
Auf desselben Veranstaltung ist der hebräische Theil wieder abge-
d. hehr. Sprachstud. b. d.Christ. §. 36. Harmon.Sprachslud. 1 19
druckt (od. Trier) Heimst. 1*790. 92. 2 Voll. 4« Da» Ganze soll
vor Kurzem in England wieder herausgekommen seyn.
Christ. C c llarius (zu Zeiz und Halle, st. 1707): sciagra-
■phid -philologiae sacrae , ed. II, usu Arubismi etymciogico aucta.
Jenae iß/78« 4-
J 0. Ab rah. Kr o may er (zu Ohrdruf in Thüringen, st. 1733):
filia inntri obstetricans s. de usu linguae arabicae in addiscenda Lin-
gua tbrara. Francof. et Lips. 1707. 4.
Christ. Nolde (zu Latul-cron und Kopenhagen, st. 1633):
Concordantiae -particularum ebraeo •chaldaicarum V. T. 1679. 4*
In den Annotatt. und Vindiciis am Ende des Werkes liegen gute
Bemerkungen zu schweren Stellen. Neue Ausgabe mit Anmer-
kungen nach Danzens Grundsätzen von J. Tympe. Jenaci734«
6r- 4-
* *
*
Dan. Fessel (in Ciistrin, st. 1673): Advcrsaria Sacra. T. I.
II. 1650.53. 4* Vermischte philologische Untersuchungen, fast
durch<rehends lexicogrnphischer Art, in denen vorzüglich der
Sprachgebrauch des A. und N. T. gut parallelisirt wird.
4. Andere legten ihre philologischen Untersuchungen
theils in fortlaufenden Commentarien oder in Erklärungen
einzelner schwerer Stellen nieder, theils in Werken, worin
sie gewisse, besonders schwielige, Partieen der alttesta-
ra entliehen Sprach- und Sachkenntnifs, mit erschöpfender
Gelehrsamkeit zu erläutern suchten. Unter diesen ist der
grofse Scijii. B oc hart , dessen Ilierozoicon einen seltenen
Schatz von philologischen Materialien enthält, besonders
insofern die Worteiklärung durch Natur- und Sachkenntnis-
se des Alterthums bedingt ist. An Fülle klassischer und
morgenländischer Gelehrsamkeit thaten es ihm wenige
gleich, und selbst, wenn er irrt, gewährt er oft reiche Ee-
lehrung.
Ed. rococke (gebildet durch einen 6jährigen Aufenthalt zu
Aleppo, seit 1656 Prof. zu Oxford, st. 1691): conwyntaries ort
Hosea, Jo'il, Micah and Malachi. Oxf. 1635. Fol. Notae mis-
cellaneae ad Maimor.idis fOrtam Mosis. Oxon. 1655. 4*
de Dieu: Cvitica sacra s. animadversioncs in lom quaedam dif-
ßcilicra V. et N. T. Amstelod, 1693.
120 Abschn. II. Gesch. d. hehr. Sprachkunde. Per. IV. Bliiihe
■dug. Pfeiffer (zu Leipzig und Lübeck, st. 1693) : Dubia
vexata S. S. Lips. i685- 1715- 4« Die Bemerkungen zu einzel-
nen Stellen zeugen von ausgebreiteter Keimtnifs, selbst des Kopti-
sehen und Persischen, gelm aber greisen Tbeils auch von dogma-
tischen Vorurtheilen aus.
Die Commentarien des Clericus, wiewohl nicht ohne Sprach-
kenntnifs und richtigen exegetischen Tact £.eschrieben , zeichnen
sich doch mehr von Seiten der Sacherläuterung und kritischen An-
sichten aus. S. jedoch die lndd,
* *
*
Sam. Bochart (Schüler von Erpenius , Prediger zu Caen,
St. 1667): Geographia sacra s. Phaleg et Canaan. Caen. 1646.
Fol. Hierozoicon s. de animalibus S. S. Lond. 1663. Fol. (Letz-
teres vollendeter und minder reich an Hypothesen). Opp. omnia.
1692. 1707. 1712. Das Hierozoicon wieder abgedruckt mit An-
merkungen von Roser.midler. 4- Lips. 1 795 - 95-
J o. Braun (zu Grüningen, st. 1709): de vestitu sacerdot. He-
hraeorum. Amstelod. i6ßo. 4«
Hadr. Relund (zu Utrecht, st. 1713): dissertatt. miscella-
neae. T. I-III. 1707. 1708- 8* Palaestina ex monumentis vett.
illustren a. Ultraj. 1714«
Ö- 37-
Andere Schulen hebräischer Philologie (Cappelle, Buxtorf, Danz).
So ausgebreiteten Eingang die eben beschriebene Me-
thode auch im Ganzen bey allen bessern hebräischen Philo-
logen gefunden hatte, so bestanden dessen ungeachtet
gleichzeitig mit denselben noch mehrere zum Theil sehr an-
gesehene Schulen hebräischer Philologie, welche die in den
Dialekten neu hinzugekommene Erkenntnifsquelle tbeils
verschmähten, tbeils zur Seit ■ liefsen, indem sie ihre Aui-
merksamkeit auf andere Gegenstände der hebräischen Sprach-
kundc lenkten.
1. Da die von Elias l.cviht (■$. 29, 2) angeregten Zwei-
fel an dem Alter des heutigen Punctationssysteins in der vo-
rigen Periode im Ganzen wenig Eindruck gemacht, wenig-
stens auf die Behandlung der Grammatik und Lexikographie
keinen Einflüfs gehabt hatten, so machte es nicht geringes
d. hehr. Sprachsturf. b.d. Christ. (3- 57. C.appellc, Buxiorf. 121
Aufsehn, als Lud. Cappelle zu Saumur (1624) mit Elias Levi-
ta den neuern Ursprung desselben behauptete, und , somit
auch die Richtigkeit desselben, wenigstens in einzelnen Fäl-
len, in Anspruch zu nehmen schien. Trotz vielfachen, aber
meist einseitigen, Widerspruches traten ihm viele bey, vor-
züglich sein Landsmann 7t». Morinus , und es bleibt ihm das
Verdienst, die entgegengesetzte , selbst zum religiösen Vor-
urtheil gewordene Meinung mit siegenden Gründen bestrit-
ten zu haben, wenn gleich die Wahrheit gewissermaafsen
in der Mitte liegen mochte (s. Abschn. 3. Kap. 2 '. "Vor Ue-
bertreibung und Tvlisbrauch ist freylich nichts gesichert, und
allerdings -war es diels , wenn mehrere seiner spätem An-
hänger unter den Franzosen so 'weit gingen, die ganze Punc-
tation als neue willkiihrliche Erfindung der jüdischen Gram-
matiker, die ohnehin das Erlernen der Sprache erschwere,
zu verwerfen, und sowohl in Grammatik und Wörterbuch,
als in der Kritik des Textes gar nicht zu berücksichtigen.
Zu den letztern gehören Masclef und der beynahe berüch-
tigte Kritiker lloubigant.
Lud. Cappelle (zu Saumur, geb. i5S^> st- x^58): -Arca-
nurn punctationis revelatum ed. Erprn. Lugd. Bat. 1O24. 4.
Zweyte Ausgabe an den Comment. in V. T. ed. Jac. C'uppeilus.
Amstelod. i6gg. Fol,
J o. JVloTini E±ercitatt. bibl. (Paris. 1669, Fol.) lib. IT.
exercit. 1 2 ü .
Orammat. hebr. a punctis aliisque inventis masorethicis libera.
Paris. 1716. 1731. ß. Statt der hergebrachten Vocale -wählt der
Vf. (Fr. JMasclt'f zu Amiens) für jeden Consonanten den Vocal,
mit welchem er nach seinem Namen im Alphabet ausgesprochen
wird , z. B. Bera Alaitn ut esimim u. s. w.
C. Fr. Houbi gant (zu Paris, geb. 1636, st. 1733): racines
hebraiques saus powts voyelles, ou d'utionnaire liehruique. Pari»
t-IS2' 3' Vgl. dessen Biblia liebr. c. not. tritt, et vers. lat. Paris,
1753. 4 Voll. Toi.
Noch Neuere, die sich zu dieser Schule bekennen, s. unten.
2. Einen erklärten Bestreiter fand Cappelle an dem jun-
gem Buxiorf, welcher aber nur einen schon von seinem
122 Abschn. II. Gesch. d. hebr. Sprachkunde. Per. IV. Bliithe
Vater entworfenen Plan ausführte. Er behauptete Untrüg-
lichkeit, selbst Inspiration des Vocalsystems, so wie über-
haupt des jüdischen lexlus repepim , und bezeichnet so den
Character einer Schule, die sich an die erste Periode an-
schliefsend, noch geraume Zeit fortdauerte. Aufser IFas-
niutk (6 Q. 33.) und A. kann namentlich Coccejas als Lexi-
cograph hieher gerechnet werden. Er hat sehr grofse Ver-
dienste um die vollständige lexicalische Darstellung des alt-
testamentlichen Sprachgebrauchs , benutzt aber unter den
Versionen nur die LXX und die Targg. , die Dialekte fast
gar nicht.
J o. Bux tor f d. j. (st. lßß.j): de punctorum voealium et ac-
centuum in libris V. 2\ origine , antiquitate et anctoritate. Basil.
16/jß. 4. Dissertatt. philol. theologicae. 1662. 4. Anhänger
Buxtorfs £;egen Cappellus : Sirwon de JVIuis, de Boot, Stcph. I\lo~
rinus.
J o. Coccejus (eig. Coch, «ins Bremen, st. 1699 zu Leiden):
I^exicon et commentarius serm. hebr. Lugd. Bat. 1669. Fol. Die
Vergleichung der Dialekte wurde in eüier neuen Ausgabe nachge-
tragen von J. H. JVlajus, 1714- Fol. » zum Theil umgearbeitet
mit vielen Nachträgen von J. C. F. Schulz. Lips. 1777. ed. IT.
1795. g6. 2 Voll. ß. Die ihm eigenthümliche typisch-mystische
Auslegungsart , die in der ersten Ausgabe viel Plats wegnimmt,
ohne gerade der eigentlich philologischen Auslegung zu schaden,
ist in den folgenden immer mehr weggeschnitten.
3. An jene Euxtorfische Schule schliefst sich endlich
eine dritte, welche man am zweckmäfsigsten die systemati-
sche oder philosophisch- demonstrative nennen dürfte. Ihr
Jlauptcharacter bestellt darin, das in grammatisch-kritischer
und lexicalischer Hinsicht von jener Schule Recipirte als ein
Gegebenes zum Grunde zu legen, und nur durch mancher-
ley Hypothesen zu beweisen und zudemonstriren. In gram-
matischer Hinsicht gehört dahin vorzüglich Danz (seit 1636),
•welcher in Rüchsicht auf Ansehn und Einfluls in Deutsch-
land das wurde, was Alling (seit 16J4) ^ur die niederländi-
schen Schulen gewesen war. Bevde besafsen niorgculäu-
dische Gelehrsamkeit uud Kenntniis der Dialekte , aber sie
d.hebr. Sprachstud. b.d. Christ. Q. 57. Alling, Banz. 123
machten zu wenig; Gebrauch davon, und besonders Danz
schadete durch seine pedantische ?»Iethode einer liberalern
Behandlung des hebräischen Sprachstudiums ungemein, und
mehr noch, als er selbst, geistlose Schüler und Nachahmer,
die an dem Buchstaben seiner Regeln klebten. Ueber ein
halbes Jahrhundert konnten sich die deutschen Schulen der
hebräischen Sprache nicht von seinen lähmenden Fesseln
losmachen.
Jac. Alt 'mg (zu Groningen, st. 1679): fundamenta puncta-
tionis linguae sunctae. Gronin°;ae 1 654. 8- ecb H» 1675> dann öf-
ter, zuletzt 1717 mit des Vfs. institutt. chald. et tyr. und Othonis
Synopsis (ft. 36, 2). Am Ende der Grammatik eine sehr brauch-
bare U'bersicht der Syrinsmen, in derselben grofse Aufmerksam-
keit auf Ton und Accentuaticm.
J. A. Danz (geb, 1654, aller semitischen Dialekte, auch des
Persischen kundig, im Arabischen ein Schüler von Pococke, st.
zu Jena 1727): Nucifrangibulum. Jenae i6q6. Q; darauf unter
dem Titel: pTpT50 s. litoator ebraeo-chaldaeus, plenam utriusque
linguae l\ T. institutionem harmonice ita tradens, ut cuncta fir-
mis supcrstructa fundamentis innotescant seien tifice. 161)6.
8- Die Syntax unter dem Titel: ]»3Tin s. interpres ebraeo-chal-
daeus. 1696. Q. Beyde öfter. Die Syntax ed. Tympe. 17 55. 4«
Auszug ans beyden ed. Zopf. 1773. 8« Andere Bearbeitungen
und Uebersetzune,en von J. F. /law, Kypke , Zenkel u. A, Der-
selben Methode fol^t
Spinozae compend. gramm. hehr. 1677« 8*
H.tB. Stark (zu Leipzig): Lux grammaticae hebraicae. 1705.
ed. Bosseck. 17G4. Q.
Eine gemeinschaftliche Eigenthümlichkeit dieser Lehr-
bücher ist das zuerst von Alling vorgetragene, und von
Danz weiter ausgeführte syslema morarum, welches bey der
Wahl der langen und kurzen Vocale des hebräischen Textes
zum Grunde liegen soll. Nach der einfachem Darstellung
von Alling macht jede Sylbe einen Takt von zwey einfachen
Zeiträumen (morae) au6 , mit der Ausnahme, dafs die Ton-
sylbe einen mehr und einen weniger haben kann. Ein lan-
ger Vocal nimmt zwey irwras , ein kurzer oder ein Conso-
nant am Ende der Sylbe nimmt eine ein , daher £ 2 morae,
124 Ab sehn. IL Gesch. d. hehr. Sprachkunde. Per.IV. Bliithe
^ü 2 morae. Danz zählt auch den einen oder die zwey Con-
sonanten im Anfange der Sylbe als eine tnora , und setzt
hiernach drey Moren als Eifordernifs einer Sylbe fest (sj-
stema triwn moraruin). Indem er dieses durch alle Formen
und Ausnahmen der Grammatik durchführt, gibt er dersel-
ben einen Schein von Einfachheit, Notlnvendigkeit und
Consequenz, der ihm viele Anhänger verschaffen mufste.
Wenn alle unbefangene Beiutheiler schon damals zweifelten,
dafs ein so künstliches System, wie Danz voraussetzt, der leben-
den hebräischen Sprache zum Grunde gelegen haben könne (Carp-
zovii Crit. Sacra V. T. S. ip?), so hat dasselbe neuerlich an Bei'
lermann (Versuch über die Metrik der Hebräer. Berlin igi^. 80
wieder einen scharfsinnigen Verteidiger gefunden , welcher es
wenigstens als Grundprinzip der masorethiseben Prmctation gel-
tend zu machen und die dagegen erhobenen Einwürfe (s. Vaters
hebr. Sprachlehre, Vorrede S. 31 ff.) zu entkräften gesucht hat.
S. a. a. O. S. 6 ff. 22 ff. Alhin es kann noch immer bezweifelt
werden, oh 1) ein solches Prinzip die iYIasorethen geleitet habe,
oder 2) ob durch die Annahme desselben auch nur als t^otz; irai'
Ist*; etwas gewonnen werde. Ein bedeutendes Argument £egen
das Erste kann wohl davon hergenommen werden , dafs keiner
der älteren jüdischen Grammatiker auch nur mit einem Worte ei-
nes Systems und seiner Terminologie eedenkt, das doch ein Grund-
prinzip der von ihren Vorfahren aufgestellten Vocaüsation gewe-
sen seyn soll. An dem andern läfst sich zweifeln , weil a) die
Kenntnifs, wenn ein langer oder ein kurzer Vocal zu setzen sev,
immer nur einen ganz unbedeutenden Theil der Formenlehre aus-
macht, und b) nicht einmal diese durch das systema morarum
vollständig erreicht wird, denn die Ausnahme, dafs die Tonsylbe
eine Mora mehr oder weniger haben künne, hebt wieder alle Re-
gel auf. Die formae segclatae lauten, wie TjSö (mit einem kur-
zen Vocale in der Tonsylbe), aber auch wie MO, "ISO, K7*tp (mit
einem langen), ohne dafs ich diese MD , \t)"ip schreiben darf.
Nach dem Morensystem ginge diefs ebenfalls an, aber eben des-
halb reichen seine Bestimmungen nicht aus, und kann es nicht
als ein alle Erscheinungen erklärendes Prinzip angesebn werden.
D3n und Q3n, Se[t3 und St3j:3 sind beyde nach dem Morensy-
■tern richtig, aber ich gewinne dadurch wenig, wenn ich nicht
erfahre, dafs das eine die Form des Praeteriti, das andere die des
Participü* oder Adjectivi veibalis se\ .
Solche Ausstellungen heften sich aber in Menge machen.
d. fiebr. Sprachstud. b. d. Christ, $• 37. Gousset, Neumann. 125
Noch stärker und wirklich nachtheiliger zeigt sich jene
Vernachlässigung der Dialekte, mit vvillkührlichen Hypo-
thesen verkünden, in der gleichzeitigen Bearbeitung, des le-
xicographischen Gebiets. Wie früher Forster und Buhle
(Ö- 34)5 so verwarf Gousset ("1702) nicht blofs die Rabbinen,
sondern auch Dialekte und Versionen, und wollte alles
(selbst «*■«£ biyojutMotl') aus dem Zusammenhange und Paral-
lelstellen dechifriren; im Grunde wurde aber doch häufig nur
das dechifrirt und bewiesen, was die Reception des Buxtor-
fischen "Wörterbuchs , über welches er commentirt , an die
Hand gab. Um Beobachtung des biblischen Sprachge-
brauchs, sofern er aus sich selbst erkannt werden kann, hat
er dessen ungeachtet sein Verdienst. Eben so Stock (171 7),
dessen streng logische Anordnung der verschiedenen Ge-
brauchsweisen eines jeden Wortes noch jetzt in gewissen
Fällen beym Nachschlagen willkommen seyn kann.
Kühner und fast abentheuerlich war die Theorie, wel-
che um dieselbe Zeit JSeumann aufstellte, und durch einen
Theil des Wörterbuchs durchrührte. Er ging Anfangs von
der vollkommen, richtigen Bemerkung aus, dafs bey vielen
zwevsylbigen Stammwörtern nur Eine wesentliche Stamm-
svlbe gewesen sev, und dafs diese der Form und Bedeutung
nach verwandt oder dieselben seyn, wie Diu, 3c*< ; it^E,
U-'il'C u. s. w. *). Eine übertriebene Ausdehnung derselben
führte ihn aber zu der Behauptung, dals alle zweysylbige
Stämme auf einsylbige zurückgeführt werden müfsten, und
aus diesen und durch Zusammensetzung derselben entstan-
den seyn; und vollkommen abentheuerlich wurde sein Ver-
such, als er noch weiter, auf die ersten Elemente zurück-
gehen wollte, und die Bedeutung der Wörter aus denen der
einzelnen Buchstaben ^welche er nach ihrem Namen , ihrer
1) Mein hebr. Wörterb. Vorrede zum 2ten Tli. S. XIII. XIV.
Hebr. Grammat. S. 110 ff. Vgl. Loscher p. 139 ff. 256 ff.
Carpzovii Crit. sacra S. lßy.
12(5 Ahsc1in.lL Gesch. cl. hehr. Sprachkunde. Per. IV. Bllilhe
Gestalt, ihrem Laute u. s. w. bestimmte) zu deduciren an-
fing. Die hebräischen Buchstaben wurden nach diesem hie-
roglyphischen System nach Art der sinesischen decbifrirt.
Abgesehn von der letzten Operation gleicht ihm Rümelin,
der durch mancherley Versetzung und Verwandlung der
Buchstaben den ganzen Sprachschatz auf 15 Grundwörter
zurückführt.
Jac. Gousset (7.11 Poitiers und Groningen, st. x^o^: Com-
mentarii ling. ebraicae. Amstelod. i7o2. Fol. (~d. Clcdius Lips.
1745- g1- "fO- ^er Ir°rm Iirich ein Commentar aber huxto f\s
kleines hebr. Wb., 3111 Werk ^oj^brigen, aber nicbt zyyeckaiäfsig
verwandten, Fleifses. Vgl. Michaelis Beurtbeil. S. 53.
Chr. Stock (zu Jena, st. 1755): Clavis linguae sanetae f. T.
Jenae 1717. Q. und öfter, zuletzt ed. J.F.Fischer. Lips. 1753. g.
Casjy. Neumann (in Breslau, st. 1715): Genesis linguae
sanetae V. T. Norimb. 1696. 4- Exodus ting. s. 1697-1700 in
4 Stücken. Clavis domus Hebttr. P. I-I1I. 1712-15. 4. Nach
ihm ist N Zeicben der Activität, Bewegung, 3 bildet den Cubus
und dessen dreyfacbe Messung, dali. 2N der Raum, aus welchem
sich ein innerer Trieb ausbreitet, Liebe, Valerliebe. Da^e^en
Chr. B. Jfflchß'elis de seminibus bilitteris et significatu vocum hiero-
glyphico. Halae 170p. 4. TkhYAa^/i'j Beurtheilung S. QQ. Schon
vor ihm lehrte ähnlich Chr. Fiave (delineatio analogiae hebraicae.
Amst. 1647. '[•)•
G. Burch. Rämelin (im Wirternbergischen, st. 1746): £.«•
xivon critico - sacrum. Tubingne 1750.
Unter solchen Bizarrerieen mag auch tan der Hardt's
Hypothese genannt werden, der die hebräische Sprache aus
der griechischen abstammen liefs.
Herrn, v. d. llardt (zu Helmstädt , st. 1746): dissert. da
graecae et Orient alium linguarum harmonia. 1714. sirabia graeca
— Syria graeca. 1715. Dagegen Chr. B. Michaelis in nichrcrn
Disseriatt. Vgl- Brunt Verdienste der Helmstadter Professoren.
S. 29.
ö- 50-
Ho 1 1 ä n d i s cho Schule seit Alb. Schultens.
1. Schon durch van Erpe , Golius und deren Schüler
waren am Ende des siebenzehntcu und im Auf. des acht-
d. hebr. Sprachslud. b. d. CJirist. Q- 58- ffol/änd. Schule. \2J
zehnten Jahrhunderts die niederländischen Academieen ein
vorzüglicher Sitz , wie griechischer und römischer , so' auch
morgenländlscher Sprachgelehrsamkeit geworden. Noch
mehr wurde dieses der Fall, seit Albert Schultena (von 1713 an
zu Franecker, seit 1729 zu Leiden, st. 1750) durch Lehre
und Schrift den Eifer für hebräische und arabische Literatur
von Neuem zu beleben wufste. Unterstützt durch die Schä-
tze der Leydner Bibliothek an arabischen Scholiasten, Gram-
matikern und Lexicographen widmete er sein ganzes thäti-
ges Leben dem grammatisch-etymologischen Studium der se-
mitischen Sprachen, vornehmlich der arabischen und he-
bräischen, und machte es sich zum Geschäfte, auf ein harmo-
nisches Studium derselben zu dringen, welches Männer, wie
Gousset , Driefsen , in Verfall gebracht hatten. Es mufste
seiner Polemik bald gelingen , solche Gegner zu stürzen.
DO7 o »
und er ward so der Gründer einer neuen Schule hebräischer
Philologie, die durch eine eigentümliche Manier bezeich-
net, gewöhnlich die holländische genannt wird.
2. Für das grammatische Studium lieferte Schultens das
erste ausführliche, mit tiefer Einsicht in den Bau der semi-
tischen Sprachen, besonders der arabischen, zugleich mit
richtiger Sprachphilosophie abgefafste Werk, auf den Grund
der Altingschen Grammatik gebaut. Seine zahlreichen lexi-
cographiscben Untersuchungen dagegen liegen in seinen ver-
schiedenen Schriften und Commentarien , die meist nur die-
sen Zweck haben, zerstreut, da die Verarbeitung derselben
zu einem eigenen Wörterbuche durch seinen Tod verhindert
wurde. Sie sind aus einer reichen Belesenheit in grofsen-
theils ungedruckten, arabischen Schriftstellern und Gram-
matikern geschöpft, und haben zum Hauptzweck, mit Hül-
fe des Arabischen überall die sinnliche, oft specielle, Grund-
bedeutung auszumitteln, welche in den wenigen Ueberbleib-
selu des Althebräischen nur selten erhalten seyn könne,
aus diesen die übrigen herzuleiten, und überhaupt die Bil-
123 Absclai.il. Gesch. d. hehr. Sprachkunde. Per. IV. Blütlie
der, Phrasen, Tropen des hebräischen Sprauchgebrauchs
aus der verwandten Sprachweise der Araber zu eil aUfin.
Wenn das Verdienstliche einer solchen Behandlungsart
leicht in die Augen fällt, so mufs man sich auf der andern
Seite die individuellen "Mangel der Schultensischen Methode
um so mehr vergegenwärtigen, weil nur so ein walner
Gewinn von dem Studium jener Schriften zu erwarten ist.
Dahin gehören zu einseitige Benutzung des arabischen Dia-
lekts auf Kosten der übrigen , namentlich des aramäischen ;
Vernachlässigung des Zusammenhanges und des individuel-
len hebräischen Sprachgebrauchs (welchen \ ersionen und
Rabbinen oft richtig wiedergeben), um arabische Bedeutun-
gen anzubringen, daher oft gezwungene, uallkührliche, ge-
schmacklose Auffassung einzelner Stellen; zu w eit herge-
holte etymologische Hypothesen und Combinafcionen ; e.ni-
lich übertriebene Emphasen, insofern man sich den Grund-
begriff immer auch noch zu den abgeleiteten hinzudenken
soll, was doch in einer lebenden Sprache durchaus undenk-
bar ist. Dazu kommt noch ungemeine Weitschweifigkeit
und Geschmacklosigkeit des Vortrags. Mehreres Uebertiie-
bene und Verbildete seiner Manier scheint mit der Zeit zu-
zunehmen , weshalb seine curae secimdae (z. B. beym liiob)
selten wahre Verbesserungen enthalten.
Seine Grammatik : Institutiones ad fundamenta ling. hehr. Lugd.
Lat. 1737. 4- Auszug daraus, holländisch 175O) Ut Bremen
1753. Theorieen der hebr. Philologie: de utiiiiati' ling. urab,
in interpretanda S. S. 1706. De defa.tibus hodiernu Lingua» lubr.
1753. Vetus et regia via hebraixandi. i7.5b- Llw is dialeito-
rum. 1633 ( hinter der Ausg. von Erpen. «ramm. «/-«/>.). O'igi-
nes hebraeae. P. I. 1723. P. II. 1737- ed. II. 17:11, nebst den
v'mdiciis dieses Werkes liegen Driefsen. — Comnit-iitniit-n : ani-
madversiones philol. in Job um. »7°8' Animadverss. ad iana loca
y, 2*. 1700 (beyde in den Opp. minoribus »76g. 4\ Comnunt*
in Jobum 1737. 4' '" i'r<"'"/'"J ,748« ■)• — LexicOH /.:■/'/•. (nur
einige Bogen in 4). lYIehreres auch in den Noten 7:1 lh- i 11t.cn.
sessus und den poet. Exccrpten hinter Erpen. arab. Grammatik.
C»748)-
d. hebr. Sprachstud.b.d. Christ. Ö.3Ö« Holland. Schule. 129
3 Alle diese Vorzüge und Mängel erbten auch auiSchul-
tens Schüler fort, wiewohl sie sich natürlich bey einem jeden
auf eine individuelle Art modifizirten. Während Einige
o
(wie Venema, Lette) oft nur die Schattenseite der Schulten-
sischen Methode ergriffen, und dem hebräischen Sprachge-
brauche gesuchte arabische Bedeutungen, Etymologieen und
Emphasen aufdrangen, wufsten Andere (wie Schröder, Seb.
JR.au) die Einseitigkeit ihres berühmten Vorgängers glück-
lich zu vermeiden, und nur das Gute desselben beyzubehäl-
ten. Ein fast allgemeiner Vorzug der Schulen bleibt eine
Fülle ausgebreiteter Gelehrsamkeit in der klassischen, rab-
binischen und morgenländischen Literatur.
Als Grammatiker hatte Schultens einen trefflichen Nach-
folger an Schröder, welcher seine Institutionen in einen
freyern Auszug brachte, und mit einer vorzüglichen Syntax
bereicherte. Die lexicalischen Bemerkungen liegen in vie-
len Commentarien zu biblischen (auch arabischen) Schrift-
stellern und in Monographieen zerstreut. Eine von Sc/ieid
angefangene, von Gronewoud vollendete kurze Uebersicht
der lexicographischen Resultate (ohne alle Nachweisung der
Quellen undHülfsmittel), kann nur für eine Andeutung zum
Theil sehr unhaltbarer etymologischer Hypothesen gelten,
lind hat keinen bedeutenden Werth.
Grammatik: N. lVt Schroetter (zu Groningen, st. 179g) in*
stitutt. ad /und. ling. hehr.' Groningae 1766 und öfter, zuletzt
Ulm 1792. 8.
Lexica: Schroeder observatt. ad origines hebr. Gron. 1755.
56. 62. Ev. Scheidii observatt. ad ling. hebr. stirpes, Spec.
I-V. Härder. 1772. 4. Lex. hebr. et chaid. manuale in cod. sa»
crum V. T., cura Ev. Scheidii et J; J. Gr oenewoud. P. I. II.
igo5. 10. Bis paj von Scheid.
Commentarien und pbilol. Observationen : Lette observatt. in
Deborae et mosis Cantica. 1 748» Eius d. animadv. ad text. hebr*
1759« Observatt. in loca selecta S. cod. 1765. 8- Herrn*
Venemae Comment. ad Psalmos. Leovard. 1762-67. 6 Voll. 4.
in Jeremiam. T. II. 1765. Ev. Scheidii diss. ad cant. Hiskiae.
1769» N, G. Schroederi comment. de vestitu mulier um hebr*
I
»30 Abschn. II. Geach. d. hebr* Sprach Lunde. Per. IV. Bliitke
ad Jes. in. 1748« 4« «S^k üöu Exercitatt. philol. ad Honhi-
gantii Prolegg. und a. m. — Sammlungen von Monogra-
phieen : Sylloge diss. ph'dol. exeget. sub praesidio Alh. et J. J.
Schulten* et SJiroederi edltarum. P. I. IL 1772. 75. 4. Balgii
literati opuscula tust, philol. theoL ed. Oelrichs. T. I. IL 1774« 76.
u. s. w.
6- 39-
Neueste Bearbeitung der hebräischen Philologie in Deutschland.
1. Während jene Holländer sich um die Belebung eine*
gründlichen Sprachstudiums die entschiedensten Verdienste
erwarben, bildeten sich auch in Deutschland einzelne Schu-
len für hebräische Sprachforschung. Wenn gleich ihren
Mitgliedern oft die Fülle holländischer Gelehrsamkeit ab-
ging, so vermieden sie doch auf der andern Seite auch die
Fehler derselben, und indem sie das Wahre, welches bey
den so divergirenden Methoden eines Buxtorf , Gousset und
Schidtens zum Grunde lag, zu vereinigen suchten, gelang
es ihnen, die verschiedenen Erkenntnilsquellen zur Erläu-
terung des Hebräischen (jüdische Tradition in Versionen
und Rabbinischen Commentaren , Dialekte, Context und
Parallelsteilen) in ein richtigeres Verhältnifs zusetzen, als
jene. Einen schönen Grund dazu legte die Hallische Schu-
le unter /. H. und Clir. B. Michaelis. Aus ihr ging ( um
1750) /. JJ. Michaelis hervor, der durch vieljährige Vorträge
(seit I73y zu Halle, seit 1745-1791 zu Göttingen) und zahl-
reiche Schriften, die ausgebreitetste Aufmerksamkeit für das
biblisch-morgenländische Sprachstudium zu erregen wufste,
und noch jetzt in berühmten Schülern fortlebt. Mehrere
derselben, wie Eicfihorn und Herder, wufsten dieses Studium
vornehmlich auch von Seiten des Geschmacks zu empfehlen.
£. Grofse Verdienste um den Anbau der Grammatik er-
warb sich zunächst der gründliche ihr. B. Michaelis , der in
seinen ungemein schätzbaren Dissertationen die sorgfältigste
und feinste Beobachtung des hebräischen Sprachgebrauchs
mit umfassender Anwendung der Dialekte, besonders de*
d. hehr. Sprachstud. b. d. Christ. Q. 39. Neue deutsche Bearb. 13 1
Syrischen, für Formenlehre und Syntax verbindet. Die
grammatischen Monographieen von Simonis und Hirt stehen
diesen an Werth gar sehr nach. Der letztere schliefst sich
noch an die Danzische Methode, eben so Meiner, der dem
sjstema morururn eine eigenthüinliche Wendung zu geben
versuchte. Dagegen lieferte Storr (1779) ein ideenreiches
grammatisches Werk für Formenlehre und Syntax, ganz im
Geschmacke der Holländer, mit den Vorzügen, aber auch
mit manchen eigenthümlichen Mängeln jener Schule. Au-
fserdem machten sich noch Ilezel (1777) durch passende Be-
nutzung der Dialekte, Vater (1797) insbesondere durch An-
ordnung der Declination , IVeckherlin (ißo5) durch eine
brauchbare Syntax verdient. Wie sehr eine gründliche
Kenntnifs der Grammatik vor unvorsichtigen Versuchen in
der Kritik bewahrt, zeigte Stange in mehreren kritisch-pole-
mischen Schriften und Aufsätzen, gröfstentheils gegen Mi-
chaelis und dessen Schule.
Chr. Beiied. Michaelis (der Väter von J. D. , st. 1764):
lumina syriaca pro illustrando Hebraismo sacro. 1756. (wieder
abgedruckt in Pott sylloge comment. theo!. P. I. S. 170). Diss.
qua solcdcismus casuuni ab ebruismo s. cod. depellitur. 1757. Diss.
qua soloecismus generis ab syntaxi cod. ehr. depellitur. 1737.
Diese und mehrere andere verdienten noch einmal zusammen ge-
druckt zu werden. — J o. Simonis (zu Halle, st. 176$): htm
trod. gramm. crit. in ling. hebt: 1 753» Arcanum formarum nomi-
num linguae fiebraeae. 1735» 4* •?• Fr. Hirt (zu Jena, st.
*783): synt. observatt. philvl. crit. ad linguam V. T. pertinentium.
Jenae 1771. 8* J» I? ' Mainer (zu Langensalze) die wahren
Eigenschaften der hebr. Sprache. Leipz. 1743. Dess. Auflösung
der vornehmsten Schwierigkeiten der hebr. Sprache. 1757. (Vgl.
Vaters hebr. Sprachlehre, Vorrede S. 20 ). Gottl. Christ.
Storr (st. zu Stuttgardt 1804): Observatt. ad analogiam et syn»
taxin hebr. pertinentes. Tubing. 1779. 8» PV. Fr. üeze/j aus-
führliche hebr. Sprachlehre, mit Ver£leichun£ der übrigen mor-
genländischen Dialekte. Halle 1777. (Auszug 1787 »nd öfter).
/. S. Vaters hebr. Sprachlehre. Leipzig 1797. (Auszug 1798.
48°7)' C C. Fr. TVeckh erlin s hebr. Gramm, für Anfang.
Ausg. a. 1798« ater Theil, Syntax. i8°5- i Th, Stange (io
1 2
ij2 Absehn. II, Gesch. d. hebr. Sprachsünde. Per.IP» Blüiht
Halle): Anticritka in locos quosdam Psalmorum a C.itkis sollicita-
tos. P. I, II. »791- 94- 8-
Andere neuere Grammatiken, nicht ohne einzelne eigenthümli«
che Vorzüge, hat man von Hasse (i7S6)> !• M- Hartmann
(*79ö)» 3°' I ann (5te Ausgabe, in lat. Sprache, Viennae iß09)
u. A. Des VJs. (kleinere) Grammatik, die Grundlage eines bald
nachfolgenden ausführlichen grammatisch -kritischen Werkes, er-
schien in Halle igr 3. 8-
3. Verhältnifsmäfsig noch wichtiger möchte die Aus-
beute seyn, welche für richtige Auffassung und Bestimmung
des JLexicallschen gewonnen wurde. Einen nicht unbedeu-
tenden Vortheil gewährte es hier unter andern, dafs man
sich durch Studium morgenländischer Reisebe^chreibungen
eine möglichst lebendige Anschauung von dem physischen
und gesellschaftlichen Leben des biblischen Schauplatzes zu
erwerben gesucht hatte, und die genauere Kenntnifs der
Sachen nun auf die Erklärung anzuwenden wufste.
In Anwendung der Naturkunde auf Schrift; rklärung gingen
(nach Bochart, §. 5G, 4) mehrere schwedische Gelehrte voran, vor-
züglich Ol. Celsius (geb. 1670, gebildet durch Reisen in
Deutschland, Holland, Frankreich, Italien, st. 1756 zu Upsala)
bekannt durch sein Hitrohotanicon. Upsal. 1745. 47« 2 Voll. Q.,
und Sum. O edmann (zu Upsala): Vermischte Sammlungen aus
der Naturkunde zur Erklärung der heil. Schrift. Aus d. Schwe-
dischen. 1786-95. 6 Hefte. 8- — 1° archäologis her Rücksicht
sind am reichhaltigsten: J o. Jahns biblische Archäologie. 5
Theile in 5 Bänden. Wien 1797- »8°5- 8« ^c ll'ette's Lehr-
buch der hebräisch -jüdischen Archäologie. Leipz. i8x4- S.
Meyer s Gesch. der Schrifterklarnng. Th. 5. S. 16. Eichhorn s
Gesch. der neuern Sprachkunde. Th. \. S. 502 ff.
Der aufsern Form nach müssen wir die Worterklärung
in Com.nent arten und in eigentlichen Jf'örterbüchern unter-
scheiden. Den Character der erstem kann man im Ganzen
eklektisch nennen, aber in einem Sinne, wo dieser Ausdruck
keinen Tadel einschliefst, sondern die gleichförmige und
prüfende Benutzung aller für acht erkannten Erkenntnils-
quellen bezeichnet. Dieses gilt schon von den beyden Hai-
fischen Michaelis f deren giölstes Verdienst jedoch in glück-
d. hebr. Sprachstud. b. d. Christ, ß. 39. Neue deutsche Bearb. 133
licher Benutzung der Parallelstellen und älteren Ausleger
besteht, bey gewissen für den unterrichteten Leser unschäd-
lichen Mängeln. Ihnen voran gingen Geier und Seb. Schmidt,
ebenfalls sorgfältige Beobachter des Sprachgebrauchs. Nach
der Schultensischen Periode machte /. D. Michaelis Epo-
che, der aber wenig eigentlich philologische Commentarien
hinterliefs; und Männer, wie Schnurrer und Roeenmüller
wissen holländische Gelehrsamkeit mit deutscher Vielsei-
tigkeit, Umsicht und Geschmack zu vereinigen. Erste-
rer in wenigen , aber ausgesuchten, exegetischen Arbeiten,
letzterer in einer ganzen Reihe gehaltreicher Commentarien.
Vater nützte vornehmlich durch exegetische Skepsis. Zu
kühne Benutzung des Arabischen auf Kosten des Zusam-
xnenhangs und eigentlich hebräischen Sprachgebrauchs ent-
halten einige Commentarien von Paulus.
Mart. Geier (st. zu Dresden 1 6go) : Comment. in Psalmos.
ed. II. 170g. Fol. Scb. Schmidt (st. 1696 zu Strafsbur^) :
Commentarien über die meisten BB. d. A. T. 168 f - 9 3 . 4. /. //.
Michaelis (st. zu Halle 1738): Biblia hebr, c. not. (bes. zu den
Propheten) 1720. Q. dazu: Annotatt. uberiores philo!, exeget. in
Hagiographos V. T. lihb. Voll. III. Halae 1720. 4. (v. Chr. ß.
Michaelis sind dieAnmerkk. zu Jerem., Daniel, Arnos, Micha und
den Proverbien). J. D. Michaelis: Observatt. in Jeremiae va-
ticinia et threnos, ed. Schleusner. 1793. Chr. Fr. von Schnur'
rer: Observatt. ad vat. Jeremiae. Tub. 1703-97. (auch in Veit-
husen commentatt. theol. P. I-III). Desselben disserlatt. philol.
crit. 1793. £. F. C. Rosen m älller: Scholia in V. T. Voll.
VN. (Pentateuch, Jesaias, Psalmen, Hiob, EzechieL. kl. Prophe-
ten). 1797-1814« de TJ'ette Commcntar über die Psalmen,
Heidelberg lßi». Vater s Comment. über den Pentateuch. 3
Bde. Halle 1503. 5. H. E. G. P a.ulus philul. Clavis über da»
A. T. Die Psalmen 1791. Jesaias 1793.
Andere mehr oder minder eigenthümliche und scharfsinnige
Beyträge zur philologischen Auslegung enthalten aufserdem die
philologisch - exegetischen Schriften von Arnoldi , G. L. Bcu?r,
Dathe , J. E. Faber, Gaab , J. Th. und J. M. Hartmann , Hasse,
Hensler, Hezel, llgen, Justi, Koppe, Pfeiffer, Ruperti, S.hleufsner,
J. C. F. Schulz , Ziegler und A. , welche namentlich aufzurühren
der Raum verbietet.
134 '-dbschn.il. Gesch. d.hebr. Sprachkunde. Per.IV. Blilthe
Die ersten lexicallschen Arbeiten von Wichtigkeit ka-
men von zwey Zöglingen der Hallischen Schule, Simonis
und /. D. Michaelis. Der erstere suchte besonders nach,
dem Beyspiel der holländischen Schule die Grundbedeutung
der Stammwörter zu erforschen, und die der Derivata ge-
schickt davon abzuleiten , wobey er die Analogie der Dia-
lekte und anderer alten Sprachen oft glücklich benutzte, und
den Gebrauch der holländischen Vorarbeiten mit eigenen,
etymologischen Versuchen verband. Dazu kam eine sorg,
fältige Aufstellung und Erklärung aller wirklich vorkom-
menden grammatischen Formen (nach Buxiorf) , und eine
reiche Literatur, wodurch aber der Raum zu der eigentlich
lexicalischen Darstellung und Belegung der Bedeutungen ei-
nes Worts versperrt -wurde. Der andere sammelte die ein-
zelnen philologischen Bemerkungen, die er sich während
eines 52jährigen schriftstellerischen Lebens selbst abstrahirt
hatte, oder einer neuen Empfehlung bedürftig hielt, zu ei-
ner Sammlung von Ergänzungen der Wörterbücher, und lie-
ferte hier manche schöne Untersuchungen, wiewohl man in
Materie und Form des Werkes hier und da die consequente
Haltung der Grundsätze vermifst, die der Verfasser selbst
in der Theorie aufgestellt hatte. In der neuen Ausgabe des
Simonis von Eichhorn wurden die Arbeiten von Michaelis
und mehrern Holländern excerpirt, und in den ersten Buch-
staben manches für Phraseologie und Construction nachge-
tragen, was aber weiterhin aus Mangel an Raum unterblieb.
Moser 's kleines Wörterbuch gibt manche selbstständige ety-
mologische Ansicht , aber zuviel Willkührlichcs , und alles
zu kurz angedeutet. Dindorf'a unvollendet gebliebenesWerk
enthält endlich eine Compilation aus vielen Wörterbüchern
und Commentarien, aber ohne festen Plan und alles Eigen-
thümliche. Von welchen Gesichtspunkten der 7 rerftu ser be>
Abfassung seines Wörterbuchs ausging, ist in den Vorreden
zu Th. 1 und 2 kürzlich dargelegt worden. Es waren vor-
nehmlich folgende: möglichst richtige Schätzung und prü-
d. hehr. Sprachstud. b. d. Christ. Q, 39. JSleue deutsche Bettrb. 135
fende Benutzung aller Quellen der Lexicographie ; richtige
Auflassung des Verhältnisses zwischen dem Hebräischen und
den verwandten Dialekten , um jenem nicht einen ihm frem-
den Sprachgebrauch anzudichten ; vollständige Angabe und
Erläuterung der Constructionen und Phrasen, die mit einem
Worte gebildet werden ; strengere Scheidung dessen, was
in das Gebiet des Wörterbuches, oder in die Grammatik,
oder in exegetische Commentarien gehört; Aufmerksamkeit
auf die verschiedenen Classen der Diction (poetische, spä-
tere) ; vollständige Aufnahme der Nomin. propria.
J o. Simonis (zu Halle» st. 1768): Lexicon manuale hehr, et
chald. Halae 1752. ed. II. 1771. ed. III. ed. J. G. Eichhorn.
1795. 8- Onnmasticon V. T. Halae 1741- 4«
/. D. Michaelis (geb. 1717 zu Halle, st. zu Göttingen
1791): Supplementa ad Lexx. hebraica. Partes VI. Gottingae
1792. 4. (eig. 178.5-92. Die letzten Bogen von Chr. Th. Tych-
sen, aus M.'s Papieren). Andere Sprachbemerkungen in dessen
Alter und Neuer Orient. Bibliothek (24 und 8 Theile) , Spicile-
gium Geographiae Hebraeorum exterae , und in dessen verschiede-
nen Commentatt. Vgl. seine Leben sbesclueibunü von ihm selbst,
herausgegeben von Hassencamp. Rinteln und Leipz. 1793; über
seinen literarischen Character von Eichhorn in der Bibliothek der
bibl. Literatur. Th. 3. S. 8^7.
P h. U. Moser (j.u Ulm, st. i7q2) Lexicon manuale hebr. et
chald. praef. est Gottl. Chr. Storr. Ulmae 1795. 8-
G. J. Dindorj (st. zu Leipzig 1812): novum Lexicon lin\-
guae hebr. et chald. , commentario in libros V. T. , dialectorum in-
primis cognatarum ope, animadi-ersionibus praestantissimorum inter-
pretum locupletatum. P. I. II. Lipsiae 1801. i8°4> 8« (**-3).
VTT. Ge seniu s hebr. deutsches Handwörterbuch über die
Schriften des A. T. 2 Theile. 8» Leipzig 18 10. 12.
Eine grofsentheils unrichtige Anwendung der Dialekte für die
Etymologie machte Boysen (Beyträge zu einem richtigen System
der hebräischen Philologie. 3 Bände. Chemnitz 1762), so wie
Hczel (Kritisches Wörterbuch der hebr Sprache. Halle 1795,
[Buchstab N j ) einen übertriebenen Gebrauch von der Buchsta-
benversetzung und Verwechselung machte. Etymologische De«
duetionen in holländischer Manier enthalten Funk symbolae ad
interpretationem s. cod. Hafniae 1768. 8»
136 Abschn. IL Gesch. d. hebr. Sprachk. Per. IV. Bliithe etc.
Theorieen der Worterklärung enthalten: J. D. Michaelis
Beurtheilung der Mittel, welche man anwendet, die ausgestor-
bene hebräische Sprache zu lernen. Göttingen 1753. L F-
Schellin g Abhandlung vom Gebrauch der arabischen Sprache
zu einer gründlichen Einsicht in da3 Hebräische. Stuttg. 1771. 8«
G. IV. Meyer s Versuch einer Hermeneutik des A. T. Th. t,
Lübeck 1799.
*37
Dritter Abschnitt.
Geschichte der hebräischen Schrift.
ö. 40.
Von der Schrift der Semiten überhaupt *).
I. Öo sehr der erste Ursprung der Buchstabenschrift über-
haupt sich im Dunkel des Alterthums verliert und dadurch
jeder genauem Untersuchung entzieht, so ist doch soviel
un bezweifelt, dafs das Alphabet eines semitischen (oder we-
nigstens semitisch- redenden) Volkes, der Phönizier, die
Mutter vieler rnorgenländischen, und aufserdem durch das
Griechische aller abendländischen Alphabete geworden ist2).
Aus den semitischen Buchstabennamen und der Natur dieses
Alphabetes erhellt es ferner deutlich , dafs dieses auch von.
einem semitischen Volke erfunden sey, und schon hierdurch
1) Wir besitzen darüber kein vollständiges und befriedigendes
Werk, wiawohl hier noch Vieles zu untersuchen wäre.
Vgl. Ed. Ber nar di literatura orbis eruditi a characters Santa*
ritico dedueta. 1689. ec^ Carl Mortem. 1759. Pf alt an Ap-
parat bibl. Proleg. II. Biit tner figurae variaeque fonnae li-
terarum hebr. syr. arab. Gott. 1769. Fol. Desselben Verglei-
chungstafeln der Schriftarten verschiedener Völker. St. 1. Göt-
tingen 1771. St. 2. 1779. 4. (unvollendet). Die 3 Kupfcr-
tafeln nachjrestochen in Eichhorns Einleit. in das A. T. Th. f.
PVahV s Skizze einer rnorgenländischen Graphik in dessen all-
gem. Geschichte der rnorgenländischen Sprachen. S. 585 ß- taD«
7-10. Paulus archäologische Beobachtungen und Vluthma-
fsun^en über semitische, besonders hebräische Lesezeichen, in
o
dessen Memorabilien. St. 6. S. 102 ff. Neues Lehrgebäude der
Diplomatik. Aus dem Franz. (mehrerer Benediktiner) von /.
Chr. Adelung. 4. Th. 2. S. 90 ff.
ß) Zu den Gründen, die in der Sache selbst liegen (§. 43), kom-
men die einstimmigen historischen Zeugnisse von Herodot
(5. 98). PHnius (N.G. 7, 56), Tacitus (Amul. XI, 14)-
I3Ö Absehn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
erhalten die beyden Sagen des Alterthumsj welche diese Er-
findung den Phöniziern selbst3) oder den Aramaern4) zu-
schreiben, ein entschiedenes Uebergewicht über eine andere,
aber auch weit minder verbreitete, welche diese Ehre den
Aegypliem zueignen will5).
2. Bey aller Verschiedenheit der vielen älteren und
neuern semitischen Alphabete haben sie doch alle zwey
Hauptcharactere gemeinschaftlich, dafs t) nur die Konsonan-
ten und die drey langen Hauptvocale (n, ■>, *) in der Reihe
stehen , die kurzen Vocale aber durch kleine Zeichen über,
unter oder an den Buchstaben bezeichnet, oder ganz wegge-
lassen werden ; und dafs 2) von der Rechten nach der Lin-
ken zu gelesen wird. Von der letzten Eigenschaft, "wel-
che allen alten morgenländischen Schriftarten eigen ist 6),
macht hier nur das Aethiopische eine Ausnahme, welches
aber auch gewifs nicht zu diesem Stamme gehört, und eine
offenbar spätere durch griechische Einflüsse gebildete Schrift
ist7). Von Bustrophedon kommt keine sichere Spur vor.
Das Aethiopische ist eine mc/itsemitische Schrift, so wie um-
gekehrt semitische Alphabete oft auf nichtsemitische Sprachen
übergetragen wurden. 80 im Alteithume das fhonizijche auf
3) Plin. H. N. V, 12. Lucan. Pharsal. 3, 220.
4) Diod. Sic. V. 24. und Wesseling zu dieser St. Plin. 7, 56.
Vgl. Th. Chr. Tychsen in der Bibliothek der alten Literatur.
St. 5. S. x ff.
5) Plin. a. a. O. Cic. de nat. deor. 3, 23. Plut. quaest. sym*
pos. 20, 3. Vgl. Walton II, 3. Buttner a. a. O. S. 12.
6) Ueber die Aegyptier s. Herodot. 2, 36, über die Griechen
Montfaucon palaeogr, gr. S. llQ, über die Hetrusker die
eugubinischen Tafeln mit altgriechischer Schrift in Gruteri
Thes. inscript. T. I. S. 143. Vgl. Clüshull antiqu. asiat. S.
24» und (Fahricy) Censoris thtologi diatribe, qua l'ibliographiae
antiquariae et sacrae critices aliquot capita illusti antur , hinter
de hossi Spec. variar. lectionum (ed. Schnurrer). S. 26g ff.
Nur die Keilschrift und ägyptische Bildersehlift machen eine
Ausnahme, s. Grotrfend in Heerens Ideen. Th. 1. S. 937. 56.
7) LudolJ hist. aethiop. üb. II. c II. Wahl a. a. O. S. 632.
(). 4°» f^ü}i wtr Schrift der Semilen überhaupt. 13p
das Griechische, später die arabische Schrift auf das Persische,
Türkische und Aegyptische.
3. An den altsemitischen Alphabeten, wiewohl sie aus
Einer gemeinschaftlichen Quelle geflossen sind, läfst sich
vornehmlich ein zwiefacher Character unterscheiden:
1) Der phönizische Schriftcharacter. Dazu gehört a) die
eigentlich phönizische Schrift auf den Inschriften zu Cy-
pern, Malta, Carpentras und den Münzen von Phönizien
und seinen Colonieen. Sie hat keine Vocale, bald Wortab-
theilung, bald nicht8), h) Die jüdische Münzschrift Q. 41,
2). c) Die phönizisch- ägyptische Schrift, welche Cayhis
auf Mumienbandagen entziffert hat, mit drey Vocalr.ei-
chen9) Von der ersten stammen cf) die samaritanische
Schrift (Q. 41, 3), und e) mit Uebertragung auf einen ganz
andern Spraciistamin die altgriechische Schrift, bald von der
Hechten zur Linken, bald umgekehrt, bald ßovrrgo^tj^o» ge-
schrieben *° }.
ß) Nach den frühern mangelhaften Versuchen, dieses Alphabet
zu entziffern, von Scaliger, Rlienjerd, liochart und Montjaucon
(Palaeogr. gr. S. 122 ff.) machten sich vorzüglich Barthelemy
und Swinton um dieses Geschäft verdient, und Dutens und Butt'
ner (tab. 2. no. 1.) brachten das von ihnen Erforschte in eine
leichte kritische Uebersicht. Die vollständige Literatur 8. in
Ekhel doctrina nummorum vett. T. III. S. 403. Das Alphabet
von Dutens (Expiration de quelques medailles grecques et
phenkietmes. 1776) ist nachgestochen in Michaelis Orient. Bib-
lioth. Th. Q. S. 17., Jahns Einleit. in das A. T. Th. 1, und
dessen Gramm, hebr. ed. III. Noch ist Manches zu verbessern
und zu ergänzen übrig. Einige Versuche dieser Art , welche
Anfangs hier mitgetheilt werden sollten, hat des Vf. zurückge-
halten, um ihnen noch mehr Pveife zu geben, da sie ohnehin
hier nicht hinlänglich an ihrer Stelle gewesen wären. Um
nicht schon nachgestochene Copieen nochmals, ohne dafs etwas
Bedeutendes dafür geleistet werde , zu wiederholen , ist auch
die Anfangs für dieses Buch bestimmte Tafel semitischer Al-
phabete weggeblieben.
9) Caylus Recueil d'Antiquites egypt. T. I. S. 65 ff. T. V. S.
77 ff. Buttner tab. 2, no. 2. Th. Chr. Tychsen a. a. O. (Anro.4).
10) Montjaucon ». a. O. S, 122 ff.
140 \Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
2) Der hebräisch- chaldaische Schriftcharacter. Dazu
gehört a) die Quadratschrift KQ. 41, 1), &) die palmyrenische
Schrift, wie es scheint, eine Art von Cursivschrift der er-
stehen, ohne Vocale und "Wortabtheilung, aher mit Ligatu-
ren1 * ). Nur etwas entfernter verwandt sind die ganz gebun-
denen Schriftarten, c) die altsyrische Schrift, Estrangelo12),
und d) die altarabische, Kufische, eine Tochter der vorher-
gehenden, nicht die älteste Schrift der Araber (das Alphabet
der Jlamjaren), welche vielleicht eine mit der hebräischen
oder phönizisenen warI3\
fi. 4*-
Hebräische Schrift. Alter und verschiedene Charactere derselben.
Die Relationen der Genesis enthalten noch nicht die
mindeste Spur von Schreibkunst; nicht einmal die Tradition
(die sonst so gern wichtige Erfindungen höher hinaufsetzt,
als die historische Kritik zugeben kann) scheint also jener
Kunst ein solches Alter angewiesen zu haben14). Im Ge-
gentheil finden sich dort dieselben Mittel, das Andenken an
merkwürdige Begebenheiten zu erhalten , welche man auch
sonst hey uncultivirten Völkern vor Erfindung der Schreib-
kunst antrifft, als Steinhaufen, Bäume, Altäre u. s. w. , die
von einer Begebenheit benannt werden (1 Mos. 21, 33. 3i>
11) liartheletny reßexions sur V aiphabet et la langue , dont an so
servoil autrefois ä l'almyre. Paris 1754. Suinton in den Phi-
lo*, transactions. Vol. ^tf. T. I. p. 690 ff. Büttner tab. 1.
iio. 1. Die Kupfertafel bey Michaelis gramm. syr. Die älte-
ste Inschrift gehört ins Jahr Chr. 49, die jüngste ins 3te Jahr-
hundert nach Chr., die Sprache ist syrisch.
12) Mihadit grammat. syr. S. 14.
13) Niebülls Arabien. S. 94 ^ Fococke spec. hist. Arabum.
S. i55-
14) Von der rabbinischen Fabel, welche diese und andere Künste
■choq Ad.im iuid den Patriarchen zuschreibt (s. Munster ad
Gen. 2) kann hier nicht die Rede seyn.
5 . 4 l • ~düer u- verschied. Charaktere d. hebr. Schr;ft. 1 4 1
4ö. 35, 7. 5o, 11) **). Die erste Spur hebräischer Schrift
ist in den steinernen Gesetztafeln Mose's (2 Mos. 51, 13)
enthalten, aber auch zugleich so beschaffen, dafs sie die
Gewähr historischer "Wahrheit in sich selbst zu tragen
scheint. Hierauf folgen dann immer häufigere Erwähnungen
von Schrift; die Inschriften am hohenpriesterlichen Schmuck
(2 Mos. 2ß, 9.), auf dem Berge Ebal (5M0S. 27, »2 ff Jos.
8, 52), selbst gröfsere schriftstellerische Aufzeichnungen
(4 Mos. 35, 2. 5 Mos. 31, 24. Jos. 18, 9. 24, 26), weiche
letztere aber, so wie einige frühere (2 Mos. 17, 14. 24, 4)
von der historischen Skepsis besonders deswegen in An-
spruch genommen werden dürfen16), weil die Analogie an-
derer alten Volker lehrt, wie vonKenntnifs und erstem noth-
dürftigen Gebrauch der Buchstabenschrift bis zu fertiger
Handhabung derselben und zur Schriftstellerey ein sehr wei-
ter Schritt sey, zu dem oft Jahrhunderte er; orderlich sind17).
An den letzteren Angaben dürfte also die Ansicht der spä-
teren Concipienten bedeutenden Antheil haben.
Eine frühere Spur hat man in den Namen gewisser Beamten
der Hebräer in Acgypten , 0">*lwU>» zu entdecken geglaubt, da
die LXX. dieses durch Schreiber übersetzen, vgl. das arab. ,V\tM
schreiben (MichaZlis mos. R.echt Th. 1. $.51)» allein die Verbin-
dung, in welcher sie überall vorkommen, führt durchaus nicht
auf ein Geschäft des Schreibens, sondern unterstützt eine andere
Etymologie, wornach das Wort Vorsteher, Beamter heifst. V"e;l.
Vaters Comment. über den Pentat. Th. 3. S. 537. Mein Wör-
terb. u. d. W. Weit eher möchte der ausdrücklich als alt ange-
führte canaanitische Städtename ISO TP^p (Bücherstadt) Jos. 15,
15 für den frühen häufigen Gebrauch der Schreibkunst bey den
Phöniziern angeführt werden.
Da die erste sichere Spur von Schreibkunst sonach erst
15) Vgl. Goguet Ursprung der Gesetze. Tb. 1. S. 17a der
deutschen Uebers.
16) Vaters Comment. über den Pentateuch. Th. 3. S. 522 ff.
de Wette Lehrbuch der hebr. jüdischen Archäologie. S. 546.
17) Wolf Prolegomm. ad Homerum. p. L\IU sq. LXVI ^
142 Absclin. III. Geschieh e der hebräischen Schrift.
nach, der ägyptischen Periode fällt, so lag allerdings die
Vermuthung nahe, dafs die Hebräer ihre Buchstabenschrift
in Aegypten erhalten hätten, besonders wenn man dieses
Land für die Wiege der Buchstabenschrift, oder wenigstens im
frühen Besitz derselben hielt. Man war daher geneigt, die
obenerwähnte phönizisch- ägyptische Schrift für das älteste
Alphabet der Hebräer zu halten18). Allein der Gebrauch
jener Buchstabenschrift in Aegypten ist vor dein persischen
Zeitalter durchaus unerweislich, bey der herrschenden Hiero-
glyphenschrift selbst unwahrscheinlich19); und es ist daher
bey weitem glaublicher, dafs die Buchstabenschrift um diesel-
be Zeit von den auch der Sprache nach verwandten Stämmen
der Ararnäer oder Canaaniter zu den Hebräern übeieing,
zumal da es nicht unwahrscheinlich ist, dafs während
der Dienstbarkeit in Aegypten andere Stämme der Hebräer
mit nomadischer Freyheit an den Glänzen jener Völker
streiften (1 Chron. 7, 21). 20)
Der Schriftzüge, in welchen wir heut zu Tage althe-
bräische Denkmäler besitzen, gibt es drev, wovon einer
zum hebräisch- chaldäischen , zwey zum phönizischen Cha-
rakter gehören. Einige allgemeine Notizen darüber mögen
der Untersuchung über ihr gegenseitiges \ erhält nifs voran-
rj.ehn. Es sind folgende :
1. Der gewöhnliche Charakter der jüdischen Bibelhand-
schriften, von der Form der Buchstaben rain ans Quaurul-
schrift , gewöhnlicher n**lNE)M SHÄ assyrische Schrift, ge-
nannt21). Als Grund dieser Benennung gibt der Talmud
(Gem. Sanhediin Fol. 21, col. 2) richtig an: Dn»y iSvitf
ig) Nach R. Simon, Deyling und A. i. Eichhorns Einleit. in das
A. T. Tlu 1. S. 147.
19) Dessen Geschichte der Literatur (1 805). Th. 1. S. 14.
ao) Bertholdt Einleit. in das A. und N. T. S. 160, vgl. S. 4.
de PJ etto^s Archäologie S. 31.
•21) Buxtorf Lex. talmud. p. 241. Dessen diss. philol. theoh
S. 335-
$.41. Alter u. verschied. Charaktere d. hehr. Schrift. 143
*Mtyxö weil sie (diese Buchstaben^ mit ihnen (den Hebräern)
aus Assyrien heraufkamen. Assyrien ist aber hier inrwei-
tern Sinne von Chaldäa und Babylonieh zu verstehn , wie
öfter in der Bibel und den Classikern22,), daher ebenfalls
richtig: chaldäische Quadratschrift. Neuere Juden, z. B.
R. Juda der Heilige23) , misdeuteten die : enennung durch
n^NK beata, beatificata, welches ebensowenig zulässig ist,
als jede andere etymologische Auffassung, z. B. d;e von Mi-
chaelis versuchte, ob es nicht gerade, geradlinichte Schrift
bedeuten könne (von -ittJN gerade seyn , mithin eben soviel
als Quadratschrift24). In den jetzigen Handschriften er-
scheint sie theils mit einem sehr zusammengesetzten Vocal-
system, theils ohne alle Vocale.
2. Der Schriftzug der hebräischen Inschriften auf den
unter dem maccabäischen Fürsten Simon (aer. Seleücid. 170.
71. 72) geschlagenen jüdischen Münzen; ohne Vocale; der
Aehnlichkeit wegen mit No. 3. oft fälschlich samaritanische
Schrift genannt, richtiger jüdische Münzschrift. Die Ent-
zifferung des Alphabets ist erst seit Barihelemy und Swinton
zu wahrer Vollständigkeit und Sicherheit gediehen ; indessen
2a) 4 Mos. 24, 22. 24 (vgl. Bertholdt a. a. O. S. 793). Herod.
if 78- 105* Strabo V» p. 743. Selbst Persien wird von spä-
tem Schriftstellein darunter begriffen, z. B. Esra 6, 26. Hier-
durch hebt sich der Einwurf von Michaelis (Orient. Biblioth.
Th. 22, S. 117) und Seb. hau (Exercitatt. in Houbigantii Pro*
leg. S. i2ö)- "~ * A<Tffvf<« und ^«ASam« y^<x/j.fji,aTa. kommtauch
bey den Alten promiscue von demselben (von unserem ?) Schrift-
zuge vor. So heifsen die Buchstaben einer Inschrift am Grabe
des Sardanapal chuldäisih (Athen. XII, p. 529), dieselben aber
assyrisch (Athen. XII, p. 469. Arrian. expedit. Alex. II, 5.
§. 4). Die assyrische Schrift auf den Säulen am Bosporus
(Herodot. \, ß7) heifst aber beym Strabo (XV, p. 502) per.
sisch. Vgl. Jablonskü Opusc. ed. te Water T. III. p. 130.
23) Buxtorf a. a. O.
24) Orient. Biblioth. Tb. 22. S. 153.
144 Abschn.III. Geschichte der hebräischen Schrift.
kommen die Figuren von 4 Buchstaben (», e, 0, ö) nicht vor,
die von 3 ist zweifelhaft2,5 }.
S. Der Schriftzug der Samaritaner, womit diese nicht
hlofs den hebräischen Pentateuch, sondern auch ihre eigent-
lich samaritanischen und arabischen Texte schreiben. Man
erkennt darin eine Abart des vorigen, in einzelnen Zügen
verkünstelt , was aber auch in dem handschriftlichen Cha-
rakter26) weniger der Fall ist, als in dem gedruckten. Die
Samaritaner nennen diese Schrift hebräische Schrift, im Ge-
gensatz der Quadratschrift, welche sie die Schrift Esras
nennen 27). Denselben Sprachgebrauch kennen aber auch
die Rabbinen, bey welchen sie ri;a» S.JJ3 heifst28). Ein
anderer Name desselben Charakters nioa^b aro ^Gein. San-
25) Der altern Meinung von dem vorexilischen Alter dieser
Münzen begegneten schon Hottinger und lieland. Die beson-
ders von O. G. Tychsen (die Unächtheit der jüdischen Mün-
zen. Rostock 1779) angefochtene Aechtheit derselben veithei-
digt mit siegenden Gründen F. R. Beyer, der Hauptschi iftstel-
ler über diesen Gegenstand : de iiummis hebraeo - Samaritanis.
Valentiae 178'« 4* Nummorum hebraeo -Sam. vindicatio. 1790«
A. Legitimidad de las monedas hebraeo • samaritanas. 1793«
"Vgl. Ekhel doUrina nummor. vett. T. III. S. 458 fF. und Th.
Chr. Tychsen in den Comment. Soc. Gotting. Vol. VIII. (1786).
Vol. XI (1789). (Vollständige Literatur bey Rasche a. a. O.
S. 1729» auch in pT^ahVs Erdbeschreibung von Ostindien.
S. 404). Das erste Alphabet aus denselben sammelte R. Asa»
ria (in Montfaucon Palaeographia gr. S. 122 (i.), unter den
Neuern nach Frühlich, Barthelemy, Suinton am besten.
Beyer de nummis hebr. Sunt. p. 224. (nachgestochen in hasch»
Lex. rei nummariae T. IV. P. I. p. 17» 5 &J uncI in der ^ ''""
die. p. 120 (woraus der Nachstich bey Ekhel a. a. O. S. 4°4)*
Das Alphabet von Fröhlich (Annales Syriae tab. iS) ist nach-
gestochen in Jahns Archäologie I, 2 , tab. 1 , dessen Gramm,
hebr. ed. III. Einleit. in das A. T. Th. 1.
2G) Proben s. z. B. in Cellarii epist. samarit. S. 1. i^an lloten Specim.
cod. sam. Lugd. i 8°5- Blanihini eraiigel. quadrupl. p. 60 j, tab. 2.
27) Jntiquitatt. eccles. Orient, p. 125. 130. Repertorium für
bibl. und morgenldudisclie Literatur. Th. 13. S. 288-
28) Buxtorf dissertatt. p. 828.
(}. 42. Gegenseitiges Verh<nifs der Charaktere. 145
iedrin, Fol. 21, 2) ist dunkel; R. Salomo in einer Glosse
erklärt es aber durch eine grofse Schrift, die von der assyri-
schen ganz verschieden, auch von Juden zu Anmieten und
Mesusoth gehraucht werde29). Sie hat keine Vocale, aber
ein diakritisches Zeichen , und Abtheilung der Wörter und
Sätze.
Bey den nun folgenden Untersuchungen über die Ge-
schichte der Schrift und der Alphabete, verlangt die Natur
des Gegenstandes , dafs die Lehre von den Consonanten
von der von den Yocalen getrennt werde.
ö- 42.
Gegenseitiges Verliältnifs jener Cbaiaktere. Verschiedene Meinungen.
Nach dem Bisherigen entsteht nun die für alttestament*
liehe Kritik nicht unwichtige Frage, welches von jenen Al-
phabeten das ältere und ursprüngliche der Hebräer, und
von welcher Art überhaupt ihr gegenseitiges Verliältnifs ge-
wesen seyn möge? Da man den Schriftzug der samaritani-
schen Handschriften als eine blofse Spielart der IYT ünzschrifb
für eine mit derselben ansehn kann, oder nach unten anzuge-
benden Gründen vielmehr von der Untersuchung ganz aus-
zuschliefsen hat, so bleibt nur noch das Verhältnifs der Qua-
dratschrift und der Münzschrift zu berücksichtigen übrig.
Es wird nicht unzweckmälsig seyn , diesen ehedem vielfach
bestrittenen Gegenstand30), den einige Neuere mit Unrecht
2q) Buxtcrf a. a. O. S. 220. Löscher {de causis ling. hebr. S,
2io) erklärt dieses durch scripeura gentium Libanum adhabi-
tantium. Eine noch ungeniefsba-rere Etymologie gibt Buxtorf
aus Schihe Haggibborim.
50) S. die darüber gewechselten Schriften in TVolfBibl. hebr.
II, 420. IV, 164. Rosenmiiller Lit. der bibl. Kritik und Exe-
gese. Th. 1. S. 564. Andere Schriftsteller bey Löscher S.
200. 215. Carpzovii Crit. Sacra V. T. S. 227. 253. Die mei.
sten stellten den (sehr unkritiseben) Streitpunct: ob das chal-
däische oder das samavitanische Alphabet das Uralpbabet oder
wenigsten* das Alphabet Mo-e's gewesen sey? wo sie wohl
K
1^6 Abschn.III. Geschichte der hebräischen Schrift.
für gauz abgethan anzusehn scheinen, nochmals naher zu
betrachten, und die verschiedenen möglichen Ansichten dar-
über nach ihren Gründen, (doch mit Uebergehung des vie-
len Unkritischen , was hier von den streitenden Parteyen
vorgebracht worden ist) dem Urtheil des Lesers vorzufüh-
ren. Die verschiedenen Meinungen lassen sich auf folgen-
de drey zurückführen :
1. Ging man von der sich leicht darbietenden Erschei-
nung aus, dafs die Quadratschrift nur als Schrift von Reli-
gionsurkunden, die Münzschrift nur in einem mehr profa-
nen, bürgerlichen Gebrauche vorkommt, so lag die Vorstel-
lung sehr nahe, den Hebräern eine neben einander bestehende
doppelte Schrift zuzuschreiben, eine heilige, priesterliche
(die Quadratschrift), und eine andere für Gegenstände des
bürgerlichen Lebens (die Münzschrift). Nach dem Vorgange
einiger jüdischen Gelehrten31 ) wurde diese besonders von
denjenigen christlichen Kritikern begierig ergriffen , welche
es für apologetische Pflicht hielten , jede noch so unbedeu-
tende Außenseite der heiligen Bücher als heilig und uralt
darzustellen. Dahin gehört vorzüglich der jüngere liitx-
torfiZ)y welcher diese Meinung mit dem hohen Alter der
Quadratschrift auf folgende Weise in Verbindung setzt. Die
Quadratschrift sey zwar die älteste, und das Uralphabet der
Hebräer j schon vor dem Exil sey aber neben derselben auch
der samaritanische Charakter in Gebrauch gewesen , erste-
rer für heilige Dinge, letzterer für das gemeine Leben. Im
Exil kultivirten hierauf die Priester und der gelehrtere Theil
des Volkes vornehmlich die heilige Schrift, während die iu
beydo Unrecht hatten, und zum Theil mit sehr stumpfen Waf-
fen kämpf len.
31) übad. Bartrnora ad Mischnam trat. Jadaim , Cap, 4, 110. 5.
R. Jacob in En Israel, fol. 413» Gedalja in ScJialschelet Hak-
kabbtda, l'ol. $y.
32) De liierarum hvbraicarum genuina antiijuitate, in seinen disser»
tatt. yhilol. th*ol. (Hasileac 1062. 4.) no. 4,
$. 42- Gegenseitiges Verhältnifs der Charaktere. 147
Palästina Zurückgebliebenen, aus denen die Samaritaner
hervorgingen, sich an die gewöhnliche Schrift hielten. Esra
brachte jene aus dem Exil mit, und verbreitete sie immer
mehr, daher sie den Namen assyrische d. i. chaldaische
Schrift führt; diese erhielt sich vorzüglich bey den Samari-
tanern, ward aber auch noch bey den Juden hier und da,
z.B. auf den Münzen, gebraucht. Von den Chaldäern
ward nie eine Schrift angenommen, sondern nur die Spra-
che; die eigentliche chaldaische Schrift kennen wir nicht.
— Diesem Vorgänger folgten \iele33); Sleph. Morinus aber
und Löscher'**} gaben der Hypothese nachmals noch eine
eigenthümliche Wendung, indem sie die Münzschrift für
einen, lediglich aus der Quadratschrift entstandenen tachy-
graphischen Charakter erklärten, was aber wegen des ganz
phönizischen Charakters fast aller Buchstaben , wohl gera-
dehin verwerflich ist. Man vgl. nur 2, 1, n, 1, V, *) u. s. \v.
"Wie gewisse lüeblingsmeinungen und judaisirende Vor-
urtheile von einer Heiligkeit des Quadratalphabets auf jene
Büxtorfische Ansicht wirkten, ist nur zu sichtbor. Dessen.
ungeachtet Heise sich vielleicht die einfach gefafsre Mei»
nung, dals neben dem gewöhnlichen (heiligen) Charakter,
noch ein anderer (profaner) in Gebrauch gewesen sey, viel-
leicht noch durch einige Gründe empfehlen. 1) Durch die
Analogie anderer morgenländischer Schriftarten. .So hatten
die Aegypter späterhin eine doppelte Schrift, eine heilige
und eine Ivpistolarschrift , nach andern eine dreyfache, eine
33) Alling fund. punetationis §. 2. 7Jrasmuthi vbulicuw s. hehr*
Script, pag. 35 ff. Cussetii Comment. ting. hrbr.s.i. *)SlO pa£.
567. llottinger Exercitatt. Antimor. pag. 33 iL Fröhlich An-
riales Syriae, Pi olegomm. p. 75. G. O. Tysbsen tentamen S. 63.
54) Steph. Jl'lorinus de lins;ua primaeva p- 271. Löscher de cau-
sis ling. litbr. S. 207. 20g. Vgl. Curpzov Crit. s. V. T. S. 236.
Eben so J. E. Faber in einer nachgelassenen iingedriiclsten hebr.
Grammatik, die ich durch die Güie des Hrn. Prof. liosenmüller
besitze. S. 176,
K 2
l4S "jibschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
priesterliche, heilige und Epistolarschrift'5 ); die Keilschrift
der alten Perser und Meder ist wahrscheinlich eine heilige
Schrift für Denkmäler, neben welcher die Zendschrift für
das gewöhnliche Leben gebräuchlich war36); und über»
liaupt ist es Sitte der Morgenländer, sich verschiedener
Schriftzüge neben einander für verschiedene Zwecke zu be-
dienen. So schreiben die Araber, Perser und Türken gern
mit anderem Charakter Briefe , mit anderem Poesieen , mit
noch anderem historische Schriften37). Allein eine Analo-
gie dieser Art kann nur ein sonst schon wahrscheinliche*
oder gesichertes Factum erläutern, nichts beweisen. 2.) Durch
die Stelle Jes. 8» i • nimm dir eine grofse Tafel und schreib
darauf JiMON B*ll?ä mit menschlichem Griffel , d. i. mit gemei-
ner, jeder Menschenart lesbaren Schrift. Vgl. uoßftos av-fy»-
ttov Offenb. 13, iß» fAirgov uvSgwnuv 2i, 17. Nicht ohne Schein
hat man dieses im Gegensatz einer nicht jedermann lesbaren,
etwa heiligen oder Priesterschi ift verstanden38. Allein
die Parallelstelle Hab. 2, 2 : *|*$M JlT.n 3h2 schreib das Ge-
sieht auf, und zwar deutlich, führt darauf, es auch dort von
deutlichen , genau und kalligraphisch gezeichneten Buchsta-
ben zu verstehn, die auch der Ungeübtere lesen könne.
So auch der Chaldäer: uns» aro deutliche Schriß , auf
die obige Art. Noch weniger könnte man sich 31 auf
eine Stelle des Irenäus10) berufen, welche von einer Prie-
35) Für eine zwiefache Schrift Bicd. Sic. III, c. 4. T. I. p. 176
ed. JVesseling (vgl. HelioJ. Aethiop. IV, p. l74)« F"1" em«
dreyfache Clemens Alex. Stiomat. i'. T. II. p. 057 ed. Voller.
Vier verschiedene Charaktere statuirt nach einem arab. Schrift«
Steller Kircher (Obelisc. Pamphilian. II, 1).
363 Grotefend in Iherens Ideen über Politik und Handel der
Alten (i.te Ausg.) Th. 1. S. 956.
37) Kämpfen Amotmitatt. exet. p. 145. "Wohls arabisches Ele-
iir iii.ii buch S. 76 IT.
38) Michaelis Supplem. ad Lsxx. hehr. S. 919. Jihns bibl.
Aicha. >1. I. 1. S. 413* Ftkber a. a. Ol
39) Adi\ havrts. II, 2.j ; Ipsae omni aiitiquae et prima 6 He-
$.42. Gegenseitiges Verhältnifs der Charaktere. ifä
sterschrift zu reden scheint. Diese Angabe steht dort ne-
ben zwey andern, eben so zweifelhaften, die zum Theil die
Natur der Sache gegen sich haben, und die Auctorität eine»
der hebräischen Sprache unkundigen Kirchenvaters kann
nicht hinreichen, solche sonst einzeln stehende Nachrichten
zu der Glaubwürdigkeit eines historischen Zeugnisses zu er-
heben. Es bliebe hiernach als einziger Grund dieser An-
nahme der Umstand übrig, dafs die einzige aus dem bürger-
lichen Leben erhaltene Schriftprobe der Hebräer einen von,
den Bibelhandschriften verschiedenen Charakter habe ; auf
welchen einen allgemeinen Schlufs zu bauen, doch voreilig
seyn würde. Selbst jener Grund kann aber zweifelhaft er-
scheinen, -wenn man bedenkt, dafs die Sekel von Priester-
fürsten geschlagen sind, und auch dem Gewicht nach heili-
ge Sekel zu sevn scheinen, auf welchen die heilige Tempel-
und Priesterschrift nichts Unerwartetes seyn würde.
2. Auf eine andere Vermuthung mufste die Betrachtung
führen, dafs wir die Quadratschrift als ausschliefsliches Ei-
genthum der Juden, den andern Charakter vornehmlich bey
den Samaritanern, den Abkömmlingen des alten Reichs
Israel, antreifen. Es könnte nämlich schon vor dem Exil
zwischen den Reichen Juda und Israel jene Differenz in An-
sehung der Schriftzüge Statt gefunden haben40), wobey sich
allenfalls die Bemerkung zu Hülfe nehmen liefse, dafs sich
das Reich Israel auch in anderer Hinsicht öfter zu der Sitte
der benachbarten Phönizier hinneigte. Allein, wie ist dann
zu erklären, dafs derselbe Charakter auf den zu Jerusalem
braeorum literae sacer do tale s nuneupatar decem qu'nlem sunt
nume.ro , scribuntur autern quoque per quindeeim novissima litera
copulata primae. Et ideo quaedani seeundum suhsequentiam scri-
bunt , sicuti et nos : quaedani uutem retrorsum a dextra parte in
sinistram retorquentes literas. Vgl. §• 44» »■
40) Paulus a. a. O. S. 114.
l5<> Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
geprägten Münzen erscheint? Woher die Namen hebräische,
assyrische Schrift (9.41» *• 3)?
3. Es bleibt hiernach vornehmlich nur eine dritte An-
sicht übrig;, nach welcher jene Schriftarten bey den He-
bräern nach einander bestanden, so dafs eine die andere äl-
tere allmählich verdrängte, wie dieses z. B. im Arabischen
mit der altern Cufischen und der heutigen INischischrift, im
Syrischen mit der Estrangelo und der jetzt gewöhnlichen
Schrift der Fall ist. Hier stehn sich nun zwey Parteyen
gerade entgegen, wovon die eine dem Quadratcharakter,
die andere der phönizisch- Samaritanischen Schrift den A or-
rang zuschreiben will. Die Vorstellung der ersteren , wel-
che die Auctorität der meisten spätem jüdischen Gelehrten
für sich hat, ist schon oben angegeben worden; ihr steht
aber eine andere, ältere rabbinische Ansicht oder Sage ent-
gegen, welche dahin geht, dafs die Hebräer sich vor dem
Exil einer alten, und zwar der samaritanischen Schrift be-
dient hatten , welche aber nach demselben durch Esra mit
der gegenwärtigen Schrift, welche einen assyrisch- chaldäi-
schen Ursprung habe, vertauscht worden sey.
Betrachten wir zuerst die Sage selbst in ihren Quellen,
um sie dann einer unparteyischen Prüfung zu unterwerfen.
Sie findet sich theils im Talmud von Babylon und Jerusalem,
theils bey Qrigenea und Hieronymus s welche sie von ihren
rabbinischen Ecbrem erhielten. In dem ersteren heilst es
(Gem. Sanhedr. Sect. 2. Fol. 21, col. 2. Fol. 22, col. 1):
prineipio data est lex Israeli tis scriptum hebraea et lingua san-
cla: Uterum vero iis data est diebua F.srae scriptum assyriaca
st lingua aramaea (?); elegernnt atitcni sibi Jsraelitae scriptu-
rani assyriacam et linguam sanetam et reliqueritnt idivlis .scrip-
turam hebracam et linguam aramaeam. Quin am idiotae. R.
Chasda inquil : Samarilani. Ibid. cap. 1: licet non data est
lex per nuinuni eins (£srae) , mutata Linien est per tnanum
eius scriptnra , ejuu/n vueatur nonien eins r>**HWM , quia ascen-
dit cum iis ex Assyria. Vgl. Gem. Hieros. 3Iegilla, Fol. 71,
ß. 42. Gegenseitiges Verhältnifs der Charakter*. i^I
col. 2. Aus derselben Quelle sagt Origcnes (zu Ezech. 9^
A ) : TOC U^X,uiX VTOf/JHOt IptptflS t%ttV T0 TKV TW TOV (TTti'jpCV ^UQOIX*
mgt , und anderswo41) erzählt er, dafs in gewissen Hand-
schriften der LXX. das Wort nifP mit althebräischer Schrift
geschrieben stehe, mit dem Zusätze: <p<xtrt y«g rov EcrSgoiv tn-
gots (jygotjit/u.xffi) xfWXvSctt /uitu ryv ui%,uothü)<Tia.r. Ist es gleich
ein Irrthum des in hebräischer Sprache und Schrift nicht
sonderlich bewanderten Kircbenvaters (9.27, 1), dafs nin>
hier mit der alten d. i. 6amaritanischen Schrift geschrieben
war (Q. 46,1), so bestätigt doch die Stelle die Bekannt-
schaft des Verfassers mit jener Sage. Deutlicher und
kecker spricht diese Hieronymus aus, der sie entweder aus
Origenes oder unmittelbar von seinen rabbinischen Lehrern
entlehnte. }>Ce?tum est, ÜJsrani Scribam legisque doctorem
pusl captam Hierosolymam et instaurationem templi sub Zoro-
babel alias litcras repe risse } quibus nunc uiiinur } cum ad
illud usque tempus iidem Samariianorum et Hebraeorum fue~
rint characteres4Z). Dieselbe Tradition liegt endlich zum
Grunde, wenn die Samaritaner die Quadratschrift scripturd-
Esrae nennen ($• 41, 3).
Abgesehn davon , dafs Hieronymus nach seiner bekann-
ten Manier43), für gewifs ausgibt, was Origenes nur als
Sage und Meinung erwähnt, und den Esra eine Schrift er-
finden läfst, die er nach der Meinung der Juden nur einge-
führt haben soll, enthält die Sage, so wie er sie ausdrückt,
noch einen Widerspruch in sich selbst, indem die alte Schrift
41) Hexapla T. I. S. Q6. ed. Montfaucon, T. II. S. 94 ech
Bahrdt.
42) Prolog, galeat. ad Hb. Regum, Opp. T. IV. p. 7. Eine Stel-
le in Eusebii Chronicon ad a. m. 474°» welche dasselbe aus-
sagt, findet sich nicht im griech. Original, und scheint ein Zu-
satz des lat. Bearbeiters. S. Siullger zu d. St. SpanJiem. de
usu numism. Opp. T. I. S. 65. Vobrowsky a. a. O. (Not. 44)
§. 6.
43) §• 27> 2. Vgl. Faier zu Tiarmars Beobachtungen. Th. I. S.
39. 148.
15* Ahschn. III. Geschichte der hebräischen Schriß.
ein kreuzförmiges n haben, und doch auch die der Samari-
taner seyn soll, von deren n dieses keinesweges gilt. Man
sieht daraus, so wie aus andern Aeufserungen, dafs er seihst
die samaritanische Schrift nicht kannte, und nur etwas halb
Verstandenes nachsprach. Der Widerspruch hebt sich aber,
sobald man an die Münzschrift denkt, welche die Juden
auch samaritanische Schrift nennen, und welcher die Schrift
der samaritanischen Handschriften damals noch näher kom-
men mochte. Dieses mufs also wohl als der Sinn der jüdischen
Referenten angesehn werden; und es fragt sich nun blofs,
in wiefern die Relation nach jenen nothwendigen Modifica-
tionen, durch anderweite Bestimmungsgründe bestätigt oder
zweifelhaft gemacht werde. Nähere Prüfung wird zeigen,
dafs Mehrere, deren man sich häufig bedient hat, nichts we-
niger als beweisend sind, doch möchte das Resultat seyn,
dafs sie verhältnifsmäfsig noch am meisten Wahrheit enthal-
te, wenn sich gleich bey der Unvollständigkeit der vor uns
liegenden Akten offenbar nie zu einer historischen Thatsache
kommen läfst, und der Eeyfall, -welchen sie bey vielen
neuem Kritikern gefunden hat, zu unbedingt und ent-
schieden, zuweilen voreilig und unkritisch gewesen seya
mag 44).
44) I^er erste jüdische Gelehrte, welcher sich in neuem Zeiten
wieder dafür erklärt«, ist 21. Joseph Alba (um 1400) im Se-
ylicr ILkarim III, 16. Fol. fyl, 2, dann wurde es eine Lieblings-
aoeinung der antibuxtorfUchen Schule (§. 37, 1), welche sich für
starke Corruption des hebr. textus reeeptus und den Vorzug des
sam. T. und der Versionen erklärte, s. Jo. jVIorini Exercit. in Pent.
sam. p. g t ff. Jos. Scaliger animadverss. ad Euseb. Chron. p. 62.
Lud. Capelli arcanum punet. I, (). diatribe de veris et amiquis He-
hrueorum literis. Amstelod. 1645. II alton Prolegomm. III,
3° f. Kennicot diss. I. S. 527. Houbigantii Prolegomm. S. /jo.
Jo. Dobrotvsky de a'itiquis Hebrat; omni charaetcribus. Pragae
l7ÖÖ« 8- Unter den Neuem s. Eichhorns Einleit. in das A. T.
$. 64. Jugustis Einleit. 3. 35. Bertholdfs F.inleit. $. 49.
50. Hugs Geschichte der Buchstabenschrift. S. 0.
§. 4-- Gegenseitiges J'erhällnijs der Charaktere. i^3
a. Einen Hauptbeweis entlehnten gleich die ersten Ver-
theidiger dieser Meinung von dem samaritanischen Penta-
teuch, welcher in gerader Linie von Mose abstammend, und
seit Rehabeam von allem jüdischen Einflüsse entfernt, die
alte Schrift am treuesten bewahrt habe. Allein wir können
aus anderswo näher entwickelten Gründen45) die Existenz
des samaritanischen Pentateuchs vor dem Exil nicht anneh-
men, und müssen denselben für eine (.um die Stixrtungszeit
des samaritanischen Cultus) in samaritanischer Schrift um-
geschriebene Kopie eines jüdischen Originals halten. Die
Samaritaner schrieben den hebräischen Codex in ihre heimi-
sche Schrift um, wie sie noch heut zu Tage auch das Arabi-
sche in diesem Charakter schreiben, wie die Syrer das Ara-
bische mit syrischer Schrift, und die Juden von jeher ara-
bisch, persisch, selbst spanisch und deutsch in ihrem Cha-
rakter schreiben46). Dessen ungeachtet erklärt sich das
Daseyn dieser Schrift bey den Samaritauern verhältnifsmä-
fsig am leichtesten, wenn diese schon die. Schrift ihrer he-
bräischen Vorältern war, welche bey den Zurückgebliebe-
nen treuer bewahrt wurde, als bey den aus der Fremde zu-
rückkehrenden Juden.
Mehrere haben hiermit noch die Hypothese in Verbin-
dung gesetzt, dafs den LXX im Pentateuch ein mit samari-
tanischer d. i. der alten Schrift geschriebenes Original zum
Grunde liege, und dieses vornehmlich aus der Verwechse-
lung von Buchstaben zu erweisen gesucht, die nur im sa-
maritanischen, nicht im chaldäischen Alphabete ähnlich
sind47). Allein man darf diese Beyspiele nur mit geringer
Aufmerksamkeit prüfen, um zu sehen, dafs auch kaum Ei-
45) S. meine Comiv.ent. de Yentateucho sam. §. 2. Vgl. diese
Geschichte. %. 2.f\, 1.
46) Simon hist. crit. du V. T. I, 10. S. 75.
47) Hassencamp diss. dp Tentctcucho IjXX. intpp. graeco von ex
Jiehraco, sc-d ram. te'xiu crr.re,<o. 1765- 4« LiüMonCs Einleit.
in das A. T. §. 3^ß, 5. 'Ih. 2. S. 170.
15 > Abxchn. III. Geschichte der hebräischen Schifft.
nes die mindeste Beweiskraft habe. Ein ■xgmTov ^tvios liegt
hier vornehmlich auch darin, dafs die neuern samaritani»
scheu Buchstaben zum Grunde gelegt sind. Nach des Ver-
fassers Untersuchungen führen die Varianten der LXX, wel-
che aus Verwechselung ähnlicher Buchstaben entstanden zu
seyn scheinen, im Pentateuch, wie in den übrigen Büchern,
auf Quadratschrift48). Von einem (noch nichtigem) Grun-
de s. unten $. 46, *■■
b. Mehrere Buchstabennamen erklären sich nur, wenn
man die Figur derselben im phönizisch-samaritanischen Al-
phabete vor Augen hat, nicht durch die Figur des Quadrat-
alphabets , zeigen also, dafs dieses älter und dem Uralpha-
bete näher sey. So offenbar Ain (o) Auge, Resch (P, ?)
Kopf. Allein dieselbe Bemerkung läfst sich bey andern
Buchstaben, als Vau Nagel, Sain YV äffe, Caph Krümmung,
hohle Hand, zu Gunsten des Quadratalphabets machen49);
bey noch andern pafst weder die eine noch die andere Figur
zu dem Namen. Der Umstand beweiset also lediglich, dafs
beyde Alphabete in verschiedenen Linien von dem Uralpha-
bete abstammen, bey welchem ohne Zweifel jene Ueberein-
stimmung fast durchgängig war; und dafs beyde gewisse
Ueberbleibsel davon erhalten haben, die dem andern feh-
len yo). Für den frühem Gebrauch des einen oder des an-
dern Alphabets bey den Hebräern folgt daraus wenig.
Wichtiger für das Alter des phönifcischen Charakters ist
c. dafs wir denselben in der Geschichte weit höher hin-
auf verfolgen können, als den Quadratcharakter. Einen
sehr frühen und sichern Zeugen dafür besitzen wir an der
davon abstammenden und sich eng an die phönizische Schrift
4fj) S. nieine Comment. S. i2.
40) In Ansehung des Van macht sie schon die Gemara (.VTe^illa,
cap. 1), zu weit -wird sie ausgedehnt von lihcnferd (U/>p.phi-
loU ed. Millius 1722. 4. p. 225 iL)
50) Simon Inst, crit. du V. T. I, 13. Michail*, Orient. Btblioth.
XXII, Ö. 122 II. Paulus a. a. 0. S. 117.
$. 42. Gegenseitig?* VerhäUnifs der Charaktere. 155
anschliefsenden altgriechischen Schrift auf den Inschriften
von Sigeu/n, Amyclae u. s. f.51). Dagegen kann man den
hebniisch-chaldäischen Charakter auf historischen Monumen-
ten (hier den palmvrenischen Inschriften) nicht über Chri-
sti Geburt, durch Comhination nicht über das Zeitalter der
LXX hinaus verfolgen (s. unten Seite 158). Für das höhe-
re Alter jenes Charakters entsteht hieraus eine bedeutende
Wahrscheinlichkeit, wiewohl Stillschweigen historischer
Zeugnisse auch noch nicht gegen den Gebrauch der Quadrat-
schrift bcy den Hebräern beweisen könnte.
Offenbar konnten alle bisherige Gründe, besonders a
und c höchstens den frühern Gebra.uch des phönizisch- sa-
maritanischen Charakter bey den Hebräern eine allgemeine
Wahrscheinlichkeit geben. Etwas näher führt
d. eine Beleuchtung der Sage selbst. In Rücksicht auf
die äufsere Auctorität steht ihr zwar eine andere entgegen,
für welche sich der Zahl nach weit mehrere jüdische Lehrer
erklärt zu haben scheinen (s. oben no. 1}; allein diese ist
die ältere, welche zu Origenes und Hieronymus Zeit herr-
schend gewesen zu seyn scheint: die bestimmte Notiz über
die Gestalt des n enthält ein historisches Factum , -welches,
wenn gleich entstellt, nicht wohl aus der Luft gegriffen
seyn kann: die andere jüngere rabbinische Sage dagegen hat
mehr ein apologetisches Ansehn, und scheint das Erzeugnifs
einer Zeit, wo man schon einen Werth darauflegte, auch
in der äufsern Gestalt der Bibel etwas Heiliges und Uraltes
zu finden.
e. Vielleicht das wichtigste Moment liegt aber endlich in
den Namen der beyden Schriftarten (assyrische Schrift,
Schrift Esra's von der Quadratschrift, hebräische Schrift von
der samarkanischen\ Bevde sind wahrscheinlich älter, als
51) S. Chithull antlquit. asiat. p. 2. Nenes Lehrgebäude der
Diplomatik. Tli. 2. S. 66. Andere Schriftsteiler in Ut/llcr-
mannt Archäologie. S. 60.
I5<5 Äbschn. 111. Geschichte der hebräisrfien Schrift.
jene Tradition, und unabhängig von derselben, wie in Rück*
sieht auf rp*i1^N schon aus dem Umstände erhellt, dafs die
Talmudisten (Q. 41, O das Wort ausdeuteten , was bey ei-
nem neuentstandenen Namen gewifs nicht der Fall gewesen
seyn würde. Jn solchen Namen liegen häufig die einzigen
lind nicht zu verachtenden historischen Spuren : und sie er-
klären sich in diesem Falle nur dann vollkommen, wenn
man die assyrische Schrift für die eigentlich assyrische d. i.
chaldäische, die andere für die ursprünglich hebräische hält.
Dafs man wirklich aramäisch ursprünglich mit diesem Cha-
rakter schrieb, zeigen die palmyrenischen Inschriften. Die
Veranlassung jener Namen, die bey Buxtorf angenommen
wurde, ist aber zu gezwungen, um auf Beyfall Anspruch zu
haben. Sollte man die alte, von jeher und echt hebräische
Schrift deswegen assyrisch genannt haben, weil sie der aus
Chaldäa zurückkehrende Esra weiter verbreitete? Wie viel
■wahrscheinlicher, wenn sie die Schrift der Assyrer und
Chaldäer selbst war? Sollte die samaritanische Schrift des-
halb die hebräische heifsen , weil sie die des gemeinen Vol-
kes bey den Hebräern war? Waren die übrigen weniger He-
bräer, und wo bliebe der Gegensatz?
0- 43-
W ahrscheinliches Resultat.
Nehmen wir das, was sich aus dem Bisherigen ergeben
hat, zusammen mit einigen andern Umständen, so glauben
wir folgende Vorstellung als wahrscheinlich annehmen zu
können.
1. Mehrere der obigen Grunde vpreinigen sich dahin,
dafs wirklich eine solche Schriftveränderung, und zwar durch
den Einflufs des Exils und der chaldäischen Schrift, vorge-
gangen sey, wie sich eine ähnliche mit der Sprache zutrug
(Q. 10. i)). Diese Begebenheit, die ihrer Natur nach nur
allmählich vor sich gehen kann, und einem ganzen Zeitalter
angehöre» muis, schreibt die individualisirende Sage dem
<J. 43« Uebcr die verschiedenen Schriftzüge. 157
Esra zu, welcher in mehreren jüdischen Sagen (z. B. von
der Synagoga magna) als ein Collectivname erscheint-, auf
welchen alles zurückgeführt wird, was in jenem Zeitalter
für Schriftgelehrsamkeit geschehen seyn soll. In der Sage
Von Esra mag die Wahrheit liegen , dafs die neue Schrift
von Chaldäa kam , wie in der Sage von Cadmus der phöni-
zische Ursprung der griechischen Schrift liegt. Oh die neue
Schrift geradezu die chaldäische ist, oder ein Gemisch aus
alterer und chaldä'ischer, darüber läfst sich freylich strei-
ten, aber das erstere ist viel wahrscheinlicher sz). Gewifs
ist wohl, dafs vor und nach dieser Veränderung in der noch
lebenden mit Freyheit gebrauchten Schrift viele Buchstaben-
figuren zum Vorschein kommen mochten, welche aus dem
jetzt feststehenden, todten Typus nicht erklärlich sind. Die
grofse Varietät und Freyheit des phonizischen Schriftzugs
kann dieses hinlänglich verdeutlichen.
Daher erklärt es sich denn auch, dafs die Varianten, -welche
sich in den Parallelstellen der verschiedenen biblischen Bücher
finden, sofern es wahrscheinlich ist, dals sie aus Verwechselung
ähnlicher Buchstaben beym Abschreiben entstanden sind, sich
bald ans der jet7i<ren Qundratschrift, bald scheinbar mehr aus der
Münzschrift, ol't aus keiner von beyden passend erklären lassen.
Capcllus (Crir. Sacra V. T. cd. Vogel- Schar fenherg T. II. S. 70),
welcher mehrere Beyspiele gibt, thut sehr Unrecht, und wider-
spricht sogar seiner eigenen Meinung, wenn er überall nur den.
.Maafsstab der jetzigen Quadratscbrift anlegt.
M. Aus der Quadratschrift erklären sich die Verwechselungen:
von 3 und 0 z.B. n*03W und PPJJDttJ Nehem. 12,3. 14, ^im und
*»12t 1 Chron. 9, 15. Nehem. 1 1, 17; von 1 und "i (die in der al-
tern Quadratschrift fast gleich lang waren, §. 46) |pi?T und Iplf*
1 Mos. 56, 27. 1 Chron. 1, 42, Capellus S. Qi; von o und o,
n1V2 1 Kun. 7, 41 , und fii-PD 2 Chron. 4, 1 1. iß; von 5 und
*U Ps. 18» 12. 2 Sam. 22, 12; von T und ] (welcher I'inalbuch-
stabe doch später scheint), i1i?£ P». 31, 3, |Ufla Ps. 71,3.
52) Dieselbe Ansicht s. im Allgemeinen bey Jahn (Einleit. in das
A. T. Th. i, S. 326), vgl. Eichhorn (Einleit. Th. 1, S. 151,
Auru. ♦ ),
158 Abschn. III. Gesc/iic/iW der hebräischen Schrijf.
2. In beyden Alphabeten gleichen sich die am häufigsten ver-
wechselten n und 1 ( 1 und CJ), z. B. p£i^ und n£n i Mo«.
10, 3. 1 Chron. 1, 6; D"OT*l und D\3tt 1 Mos. 10, 4. 1 Ciiron.
1» 7; rün und n«1 3 Mos. ii, 14. 4 Mos. 14, 13; NV"» und
KVJ Ps. iß, *»• 2 Sam. 22, 11. Capellus S. 79.
3. Nur im phonizischen Charakter ähnlich sind die Buchstaben
3 und 1 (3 und "*{), daher ubn 2 Sam. 23, 39; l^n 1 Chron.
ii, 30. 1 und w (K, W), daher vielleicht ^l> Jos. 21, 16»
Vgl. I&'SJ 1 Chron. 6, 44.
•7. In keinen von beyden, 2 und *i , z. B. DTPI3 und Din^
Esra 7, 7. Neh. 7, 7 ; 3 und S, i-\V) und *1J>a 2 Sam. 23, 35.
1 Chron. 1 1, 37; Q und n, rinn und }nn 4 Mos. 26,35. * Chron.
7, 20, }1»n und man Jos. 21, 32, 1 Chron. 6, 61.
Das Uebercrewicht ist hier auf Seiten der Quadratschrift, wie
man nicht anders erwarten kann, da doch wohl die meisten Va-
rianten erst nach dem Exil entstanden sind , und das meiste der
übrigen mag auf R.echnung anderer Züge desselben Charakters
kommen (vgl. §.46"). Ob die Eeyspiele unter Jj auf eine Zeit
zurückgehn , wo man noch phonizische Schrift hatte , und etwas
beweisen, oder ob es andere beweisendere gibt, wage ich nicht
zu entscheiden.
2. Im Zeitalter der LXX war die Schrift schon im "We-
sentlichen der gegenwärtigen Quadratschrift ähnlich, und
mit einer solchen waren, den Pentateuch nicht ausgenom-
men (S. 155), die Codd. geschrieben, aus welchen diese
Uebersetzung genossen ist. Unter andern fehlten noch die
Finalbuchstaben (Q. 45, 2). Der Beweis liegt darin, dafs
die vielfachen Abweichungen des Textes der LiX.X vom ge-
wöhnlichen Texte, sofern sie wahrscheinlich auf Bachsta-
benverwechselung beruhen, durch den Quadratcbarakter
erklärbar sind53). Auch Matth. 5, i) kann allerdings tut
die Behauptung zu Hülfe genommen werden, dafs zu Chri-
sti Zeit das Jod schon der kleinste Buchstabe, mithin Qua-
dratschrift herrschend , war.
Wahrscheinlich ist auch der samaritanische Feutatcuch aus ei-
53) Cappelli Crlt. sacra ed. Vo°el- Scharfenberg T. II. S. 58» tf.
St. Morinus de lin^ita primasva S. 236 GEL, welche nur viele
Uliächte Beyspicle dahin ziehen (§. 2 2, 1).
g. 43. Ueber die verschiedenen Schriftzüge. 1^9
ner jüdischen Abschrift mit Qnadratschrift hervorgegangen. S.
St. Morinus de lingua -primaeva S. Zog ff. Meine Commentt S. 16.
Hiernach kann die Meinung von Plhiston (tentamen restaurandi
gen. text. I". T. p. i45) una Bauer (Grit. Sacra V. T. S. 126)
nicht wohl bestehen, dafi die Münzschrift noch zur Zeit der
Makkabäer die allgemeine gewesen , und erst dann mit der Qua-
dratschrift vertauscht, oder in sie übergegangen sey.
3. Die Makkabäer wählten für ihre Münzen den wahr-
scheinlich noch nicht ganz verdrängten alten Charakter, wie
sich auch bey den Arahern die cufische Schrift noch einige
Jahrhunderte nach Einführung der Nischi als Münzschrift
erhielt54), aus Anhänglichkeit an das Alte, vielleicht auch
als einen dem phünizischen Charakter verwandten mit Rück-
sicht auf Handel und Wandel. Die Tendenz dieses Zeital-
ters zur Erhaltung, Nachahmung und Wiedererweckung des
alten Hebraismus ist bekannt und offenbar (vgl. S. 26) : hier
zeigt sie sich namentlich in dem Gebrauch des althebräi-
schen Dialekts in den Aufschriften, selbst in dem alten Na-
men Israel für den neuern Juda55\
4. Ob die assyrische Schrift zur Zeit der LXX und spä-
ter noch kleiner und flüssiger war (etwa nach Art der pal-
myrenischen), aus welcher sich erst nachher die Quadrat-
schrift, eine Art von Fractur, unter den Händen hiblischer
Kalligraphen bildete, mag dahin gestellt seyn5<s). Wahr
ist, dafs noch Hieronymus das Hebräische als eine kleine,
die Augen zerstörende, Schrift bezeichnet57). Dafs in die-
sem Zeiträume auch andere kalligraphische Aenderungen da-
mit vorgingen, zeigt das Hinzukommen der Finalbuchstaben
54) Eichhorns Einleit. Th. I. S. 149. Derselbe Tall ist bey den
Russen und Engländern.
55) Vgl. denselben Sprachgebrauch in der Chronik (Michaelis
Supplem. ad Lexx. hebr. S. 1 183- Mein YVörterb. um. d. \V.
Sn-i*^), und in den Büchern der Makkabäer, als 1 B. 3, 35.
4, 11. 30. 31. 9, 11 u. s. w.
56) Michaelis oiient. Bibliothek. XXII, S. 117.
$7) Proleg. ad Eieelu XX. Qpp. Tom. III. col. Q'[2.
1 60 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
(§. 45, 2), und Melireres unten Anzuführende. Indessen ist
dieses nicht der gewöhnliche Gang, welchen die Schriftzü-
ge zu nehmen pflegen, und man darf nicht mit JTichac-lis be-
haupten, dafs das Fracturartige, Steife bey einer alten Schrift
nicht wohl gedacht werden könne, besonders, wenn sie
Schrift des gemeinen Lebens ist. Man bedenke nur, wie
lau °e sich die Griechen und Römer, welche ohne \ erhältnifs
mehr schreiben mochten, als die Hebräer, mit ihrer Uncial-
«chrift behalfen, ehe sich daraus eine Cursiv bildete.
5. In einem wesentlichen Puncte verschieden ist die
gegenwärtige Vorstellung von einer ihr in andern Stücken
ähnlichen, dafs die Quadratschrift allmählich durch kalligra-
phische Künsteley aus dem alten phönizischen Charakter
selbst, etwa nach der Makkabäerzeit hervorgegangen
sey58). Dafs bevde Alphabete nämlich sich wirklich we-
sentlich, als zu zwey verschiedenen Linien gehörig, unter-
scheiden, zeigen mehrere Buchstaben, wie z. B. *», 1, *», 1,
insbesondere aber der Umstand, dafs mehrere Quadratzüge
dem Originalalphabet wirklich näher zu kommen scheinen,
als die phönizischen. Eine Art von Quadratfractur aus dem
phönizischen Alphabete enthalt vielmehr das altgriechische.
Es treffen daher diese Meinung ungefähr dieselben Gründe,
welche oben derLöscherschen entgegengesetzt worden sind,
und wir können ihr aus denselben Gründen nicht bey-
treten.
6. Die Einwendungen, welche man gegen jene Schrift-
änderung erhoben hat, widerlegen sieb, besonders bey einer
solchen Wendung, leicht. ,, Es sey nicht wohl denkbar,
s.agt man, dafs Esra, der so pedantisch am Alten hing, diese
58) Deyling Observatt. s. P. Nif p- 242 sq. Bianconi a. a. O.
S. 24-26. Ccnring^paradoxa de nummis hehr. caj). Vf p. 4-.
Kcnnicott dlss. IL super rat. textus J . T. p. 147. Fabruy .1. ...
O. S. 516. Michaelis a. a. ü. da IVanc litbtaisch jüdisch©
Archäologie. S. 347*
ß. 4j- Ueber die verscJäedencn Schriftzüge. \6l
heue Schrift von den profanen, verhafsten Chaldnern ange-
nommen haben solle"59'. Allein nicht Esra that diefs,
sondern sein Zeitalter und die Verhältnisse brachten es so
mit sich; er konnte dieses aber so wenig hindern, als er
den Einflufs der chaldäischen Sprache hemmen konnte,
Weimer es auch gewollt hätte. ,,Aber ältere Relationen, z. B.
das Buch Esra, Josephus, schweigen davon"50). Als ob wir
eine so detaillirte Geschichte jener Zeit besäfsen. Es konn-
te dieses auch so allmählich geschehen, dafs es durchaus kein
Gegenstand historischer Aufmerksamkeit werden konnte.
,,Eine Umschreibung der Codd. sey doch ..eben so mühsam
als unnütz gewesen." An eine solche mufs man auch oar
nicht denken. Bey allmähliger Aenderung der Schriftzüge
kommen die früheren nie so schnell in Vergessenheit, dafs so
etwas Bedürfnifs würde.
Bev allen bisherigen Ansichten wurde als sicher angenommen^
dafs der Münzcharakter eine wirklich hebräische Schrift, und bey
dsn Hebräern zu irgend einer Zeit in weiterem Gebrauch gewesen
Sey. Dagegen gibt Seb. Hau ( Exercicatt. in Houbigantii Frole-
gomm. in S. S. S. 127) die Vermuthung, dafs dieser phünizische
Schriftzug vielleicht nie bey den Hebräern einheimisch war, und
Von den Hasmoniiern nur zum Behuf der Münze gewählt wurde,
weil er auf phönizischeri Münzen gewöhnlich, und auch den Ju-
den :ils Schriftzug dieses benachbarten Handelsvolkes nicht unbe-
kannt war. Er beruft sich dabev auf die spätein Münzen der
Herodianer mit griechischer Schrift. Manche Schwierigkeiten
wurden durch diese Ansicht auf einmal gehoben, allein auch an-
dere desto gröfsere geknüpft. Etwas g;mz anderes ist es doch
tun Münzen, die unter römischem Einflüsse mit Inschriften in
griechischer Sprache und Schrift versehn wurden , und ächthe-
bräischeu in alt hebräischer Sprache, von Fürsten geschlagen, dia
mit einer gewissen Eifersucht auf Nationalitat und alterthiimli-
che Sitte hielten. Ein solcher ganz unerwarteter und mächtiger
Einflufs phönizischer Sitte läfst sich aber am allerwenigsten in ei-
nem Zeitalter erwarten, wo die Blüthe des phönizischen Staates
und Handelsverkehrs längst vorüber war. Die ganze Deductiort
59) Löscher S. 213. Carpzov Crit. s. V. T. S. 231.
60) Bauer Crit. s. S. 124*
t
1Ö2 Alheim. III. Ge.se/uc/itf der htbräi-.v.heji Schrift.
dieses Verfassers zu Gunsten der Ursprünglichkeit des Qmdratal.
phabets ist nicht die befriedigendste Partie de» sonst schätzbaren
Werkchens.
$• 44.
Geschichte des Alphabets. Ursprüngliche Anzahl, Anordnung und
Namen der Buchstaben.
Das älteste Zeugnifs über das hebräische Alphabet, als
solches , besitzen wir an den alttestamentlichen Poüsieen
mit alphabetischer Anordnung der Verse, Halbverse oder
Strophen (Ps. 2.5. 34. 37« ni. 112. 119. 145. Sprüchw. 51,
10 iT. Klagel. 1 — 4.)
1. Die Anzahl der Buchstaben ist hier schon die heuti-
ge von 22 , und mehr hatte auch ursprünglich das arabische
Alphabet nicht, welches erst seit Einführung der iNischi-
schrift einen Zuwachs an Buchstaben und eine andere An-
ordnung erhalten hat; während jedoch auch die alte noch
im Ziffersystem beibehalten wird. Indessen ist man in
neuem Zeiten häufig der Meinung gewesen, dafs das ur-
sprüngliche phönizische Alphabet aus wenigeren , walu-
scheinlich nur aus 16, Buchstaben bestanden habe61).
Man stützt sich dabey a) auf die Nachricht der CLissi-
lier62), dafs Kadmus nur 16 Buchstaben mit nach Griechen-
land gebracht habe, woraus denn natürlich folge, dafs er
im Morgenlande selbst noch nicht mehr vorfand. Die feh-
lenden sollen im phonizischen Alphabete T, t:, 0, c, S, X ge-
wesen seyn, woher denn im Griechischen aufsei T-Xl auch
Z, U, 0, H, II erst später hinzugekommen wären. AlUin
die ältesten Relationen von Kadmus (Herod. ö, 53. Diodor
5, 24) erwähnen nichts von der Zahl der Kadmischen
61) Chiahull antiqnit. tisiat. p. 26. Bianconi de antiquls lit. Hrhr.
et Graecor. (eilit. 2) pag. 41. Bcllarinamis Handbuch der
bibl. Literat. Th. 1. S. 65 iL Paulus a. a. O. S. 110. 'An.
guit'is Einleit. in das A. T. S. 35. Nach Hug a.a.O. nur 15.
62) Min. H. N. 7, 50". Taut. Annttl. XI. if
Q. 44« Geschichte des Alphabets. 165
Buchstaben, und die späteren Angaben darüber weichen
von einander ab. So nahm Aristoteles nur iQ an, eine an-
dere Sage 17 63). Aus diesem Schwanken macht schon D/o
jiysius von Halicarnafs 64) den sehr treiFenden Schlufs, <!afs
jene verschiedenen Angaben auf keinem historischen Grunde
beruhen, sondern nur gelehrte Meinung seyn dürften, bey
welcher man von der allerdings richtigen Nachricht aus^incr,
dals man nicht alle Buchstaben aus Phönizien empfangen
habe, und auf eine Analyse des Alphabets weitere Schlüsse
bauete. Dafs aber die Griechen gleich Anfangs alle 22
Buchstaben des heutigen morgenländischen Alphabets erhiel-
ten, zeigt der Umstand, dafs sich diese dem altgriechischen
Alphabete, welches von A-T mit Einschiebungen dreyer
(nachher nur als Zahlzeichen beybehaltenen) Buchstaben
ebenfalls 22 zählte, auf das Genaueste gegenüber stellen las-
sen. Dieses geschieht am Richtigsten auf folgende Weise:
« A
3 B
a r
1 A
n E
1 iirtrtiftcv B«v (/, Digam-
na, lat. F )
1 z
n H
13 0
1 I
3 K
Nachdem späterhin noch die Buchstaben T-J2 hinzuge-
kommen waren, warf man aus der frühern Reihe drey (B«w,
S«vt/, Konna) heraus, behielt sie aber als Zahlzeichen Or<a>y-
h
A
ö
M
J3
N
0
S (£,*<»)
V
O
2
n
s
tlHftffAOV ^XVTft
p
tTftJituo* Yionxcc (9 )
1
P
IV
2 (S«y, Herod. 1, 139)
n
T.
63) Aristot. beym Plin. a. a. O. P/"'. Sympos. Vlll. quaest. 5.
/«'</or. Oi™. I, 3. Vgl. Potters griech. Arcliäol. Tli. 3. S..3J
64) n*g« ffvv^£(rsw5 ov»^aT«.y, Cfy>p. «/• Oxon. T. II. p. 21.
L 2
»Ö4 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Sclirift..
ftu) bey, weil einmal das Ziffersystem auf die alte Reihe ge-
stützt war. Zwey derselben (B«w und Konxu) gingen als F
und Q in das lateinische Alphabet über. Auch das erste S,
das aus Samech entstandene Sigmä , wurde als überflüssig
herausgeworfen, Sigma und San als Namen Eines Buchsta-
ben angesehn (Herodot. I, 139), und an die Stelle des Sigma
der componirte Buchstabe Z gesetzt. Mit der Bedeutung
der Buchstaben wurde nach den Bedürfnissen der griechi-
schen Sprache nur die Aenderung gemacht, dafs den 4 Gut-
turalen (n, n, n, V) die Geltung von Vocalen (A, E, II, O) ge-
geben wurde, mit denen man eiue gewisse Analogie bemerk-
te. Der Gestalt nach wurde der phönizische Buchstabe (der
verschiedenen Richtung der griechischen Schrift wegen) mei-
stens umgediehet, daher 3 (das phönizische n) im Griechi-
schen E ; *! (das phönizische *i)griech. P, fw6* ) u.s. w. Woll-
te man, um jener Sage treu zu bleiben, annehmen, dafsKad-
mus Anfangs nur 16 herübergebracht habe , und dafs man
einst das abendländische Alphabet wieder aus dem indefs
vollständiger gewordenen phönizischen vervollständigt habe,
wodurch allererst jene Uebereinstimmung hervorgebracht
wurde66), so würde man einen fast undenkbaren Fall setzen.
Wie unwahrscheinlich, dafs die Griechen, nachdem ihnen
einmal durch ein, wenn gleich unvollkommenes, Alphabet
diese Erfindung , und mit ihr der Keim zu allen möglichen
Vervollkommnungen derselben mitgetheilt worden war, ihr
Alphabet späterhin nochmals aus dem morgenländischcn
65) Uebcr die Vergleichung diesev Alphabete s. Bocharti Canaan
1, 20. JWoutfaucon palaeogrr.j'lila ?,r. S. 125» und (J>ou/nVr)
dissert. de priscis Graecoium et Uätinomm litcris hinter JHont-
fautun S. 554 iL Fischer slnimadverss. ad 11 eilen : grammat.
gr. T. I. p. 12 sq. Jahns Eiuleit. in das A. T. Th. I. S. 52Q.
Grammat. hebr. S. 5 IT. 1 welchem letztem wir nur darin nicht
bevstinnr.en können, dafs er dem 1 dns T, dem p das \ .
riber stellt, welches schon Bouhfer a. n. O. S. 5Ö0 an St. .1A>-
rinus {de Lingua primaria exenit. II, u») halt gerügt hat.
66) Hug a. a. O. S. 1 1 fi.
§.44- Geschichte d. AlpJiabets. ZTrspr. Anzahl d. Buchstab. 165
ängstlich vervollständigt, und die neuen Buchstaben an die
Stelle gestellt haben sollten , wo sie bey den Phöniziern
standen !
Einen zweyten Grund findet man b) darin, dafs gerade
diese Buchstaben auf den phönizischen Documenten zum
Tlieil fehlen. Allein, diese Denkmäler sind ohne Zweifel
aus Zeiten, wo das Alphabet längst vervollständigt war;
dieser Umstand würde also, wenn er richtig wäre, zuviel
beweisen. Allein T, 0, 'S fehlen nur auf einigen, und ö, 3
(nach Büttner) auf allen bis jetzt entzifferten. Aber ist auch
die Entzifferung und jene Zusammenstellung schon vollstän-
dig und sicher? Das 3 möchten wir mit Sicherheit (aus den
maltesischen Denkmälern , namentlich Inscript. melit. HI.)
nachtragen, die Figur des ta haben wahrscheinlich mehrere
citieische Inschriften. Endlich hat man
c) jene Sage durch die Analyse bestätigen wollen. Mit
16 Lautzeichen, meint man, können alle Wörter geschrie-
ben werden, schon deswegen dürfe dos IJralphabet nicht
vollständiger angenommen werden. Allein bcurtheilt man
hier nicht die Sache gröfstentheils aus dem ganz falschen
Gesichtspuncte unseres Organs? Bey diesem mag die Di-
stinetion von B und n , von 3 und 2, von 7, 1', o und c* fein
und dem ungebildeten Ohre kaum hörbar erscheinen. Al-
lein war denn derselbe Fall bey dem alten Semiten, den jene
Unterschiede noch in seinem und jedes Umgebenden Munde
klar und lebendig ansprechen mufsten?67)
Aus der oben angeführten Stelle des Irenüus würde man ein
altes Alphabet von nur zehn Buchstaben folgern müssen. Allein
die ganze Nachricht scheint schon von dem Ucbersetzer entstellt.
Auch nach der ingeniösen Herstellung des muthmalslichen griechi-
schen Textes durch Hug (Gesell, der Buchstabenschrift S. 1G)
können wir ihr keinen historischen YVerth beylegen.
67) Vgl Lehrgebäude der Diplorr.r.tik. II, S. r>4- Fuhri-y a. a.
O. S. 323 fF. Jahns Archäol. I, S. 411. Dessen Einleit. in
das A. T. a. a. O.
1 66 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
2. In Rücksicht auf die Anordnung des Alphabets fin-
den sich in mehrern jener alphabetischen Gedichte einzelne
Unregelmäfsigkeiten und Abweichungen. Klagel. 2. 3. 4«
steht das a vor dem V; Ps. 57 steht S vor 3 und fehlt V; Ps.
25 u"d 54 fehlt 1, beyde aber haben nach dem n noch einen
Vers mit S. Man hat hieraus verschiedene paläographische
Resultate ziehen wollen, insbesondere aber das s am Ende
des Alphabets mit dem <5 der Griechen verglichen, welches
aus diesem morgenländischen Buchstaben abzuleiten sey68),
die Umstellung des V und x aber aus der Verwechselung
beyder Buchstaben im Aramäischen erklärt69). Allein Er-
scheinungen anderer Art, z. B. dafs Ps. 25 zwey Verse mit
H anfangen, keiner mit 3, Ps. 54 zwey Verse mit 1 , u. dgl.
machen es höchst wahrscheinlich, dafs man schwerlich ir-
gend ein Datum für die Geschichte des Alphabets dahinter
suchen dürfe ; und man mochte der Wahrheit am nächsten
kommen, wenn man alle jene Abweichungen theils für Nach-
lässigkeiten des Dichters selbst hält70), theils auf Rech-
nung früherer Corruptionen setzt.
Dafs auch Kritik hier an ihrer Stelle sey, zeigt das Bcyspiel
von Ps. 37, 23 deutlich. Nach der durchgängigen Oeconomie
dieses Psalmes kommen auf jeden Buchstaben vier Versglieder.
V« 27 scheint dieses Gesetz sowohl, als die alphabetische Reihe
auf einmal unterbrochen; allein beydes wild hergestellt, wenn,
man entweder mit DSlvb einen neuen Vers anfangt (man konnte
dabcy h in der alphabetischen Reihe übergehn , wie das 1 S. 3p),
oder besser mit LXX. Symm. J'ulg. hier noch ein Vcrsglied ein-
schiebt, welches gerade mit 37 anfängt. Denn die Worte avc/uoi
it sx5jvo^S>)<Toyra« geben die natürliche Uebersetzung flTETyj cS"!»*.
wie schon Cappellus , Datlie u. A. annehmen.
6Q) Hasse in Eichhorns Biblioth. der bibl. Liter. B. 8« S> 4" ff>
Hug a. a. O. S. 39. 71. Andere haben es auf die doppelte
Aussprache durch x und (J> beziehn wollen. Lehrgebäude der
Diplomatik. II, S. 97.
69J Bengul Sujrplem. ad introduet. in Psalmos. S. 14»
70) de Weile % Comment. über die Psalmen. S. 82'84'
5- 41- Gesell, des Alphabets. Anordn.u. Namen d. Buchslab. 167
5. Die Namen der Buchstaben bezeichnen gewisse sinn-
liche Gegenstände, die eine Aehnlichkeit hatten mit der ur-
sprünglichen Gestalt derselben, welche sich zum Tlieil im
Quadratalphabet, zum Tlieil im Phönizischen , zum Theil
wohl in keinem von beyden erhalten hat (Seite 15 -V)» wo-
bey aber zugleich der Gesichtspunct genommen wurde, dafs
das Wort selbst mit dem Buchstaben anfing, welchen es be-
zeichnet. Ingeniös ist dabey Hug's Hypothese 7I ), (deren
Haltbarkeit wir dahin gestellt seyn lassen), dafs mehrere
Zuge erst dadurch klar würden, wenn man sich dieselben in
Aegypten denke (r,. B. A ein pyramidalischesHaus), welches
ihn, zusammengenommen mit den originell phönizischen INa-
men , auf die Erfindung der Schreibkunst durch einen Phö-
nizier in Aegypten führt. In den abgeleiteten Alphabeten,
wie im Arabischen, hat man diese Namen nachher verstüm-
melt (z.B. Lam aus Damed, Dschim aus Gimel), auch wohl
nur den Laut des Consonanten durch einen \ ocal hörbar ge-
macht (wie Be, Je, The). Da sich nun im hebräischen Al-
phabete ebenfalls mehrere Namen finden , die sich gegen
etymologische Deutung sträuben (z. B. Mein, He), so bliebe
hiernach die Vermuthung offen, ob sie nicht gleich jenen
verstümmelte Appellativa oder lediglich technische Wörter
wären. Indessen ist derSchlufs noch nicht sicher, dafs das,
was uns zu deuten schwer fällt, keine Bedeutung gehabt
haben solle, und es kann uns nur an Kenntnifs des, aller-
dings sehr alten, phönizischen Sprachgebrauchs fehlen72).
71) a. a. O. S. 21. 56. Gegen die Entstehung der Buchstaben
schrift aus Hieroglyphen, Eichhorn Geschichte der Literatur.
Th. I. S. 14.
72) Für ursprünglich technisch, nicht appellativ, hält alle Buch«
stahen Dat\ Uericus (quaest. sacrue S. 59) , Alb. Schaltens (in-
stitnt. hfhr. p. 10.12), einen Thcil derselben Aug. Pfeiffer
(introd. in Orient em S. 55), llug a. a. O. S. 2/j. Letzterer
nimmt nur von den Namen der 15 „ursprünglichen" Buchsta-
ben eine Bedeutung an. Zuerst stehen diese iNamen (ir.it grie.
einsehen Buchstaben ausgeschrieben) in der LXX. Klagel. 2-4.
l6Q Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
EineUehersicht der wahrscheinlichsten Erklärungen ist;
p(Sn = >;)17N (Se^olatform , wie hyj = h"\V , vgL hebt. Gram-
matik S. 157) Rind, wie schon Plutarch (quaest. symp. Q, §. 2)
erklärt: hta rovs (pomstaj aCrw nakttv rov fiow. Die rohe Gestalt
eines gehörnten Stierkopfes geben die phönizischen Figuren ^, <£,
besond. umgekehrt V". Hieraus wurde das altgriechische A.
Paulus erklärt *|Si* durch tausend, welches man durch einen
Strich mit 2 Queerstrichen bezeichnet habe, ab?r dann müfstc das)
Ziffersysteni älter seyn, als die Buchstabenschrift.
res, Bi}$ Haus, wahrscheinlich in Beziehung auf eine der
Quadratschrift ähnliche Figur.
S»3 oder S»>^ (wieder Segolatform für S»3 » wahrscheinlich
auf phönizische Art) = SüJ Kameel. In der ältesten Figur
(//, ~I) hat man wohl zunächst den rohen Zu» eines Kameelhal-
ses zu suchen. Aus jenem phönizischen Zuge ward umgekehrt
das griechische T.
nS* = nS'n Thiir, welches mehr zu der Quadratfigur, als
zur phönizischen (9> 9 » *\) pafst. Wegen letzterer gibt Paulus
die (unwahrscheinliche) Erklärung, dafs nbl = H^*l (vielmehr
M '•" •
*»Vl, ^h^)> Ö2/0 Schöpfeimer bedeute, hier ein Eimer an,
einem Stricke. ,
NH ohne wahrscheinliche Bedeutung, vielleiclit verstümmelt,
oder blofs technisch.
11, (M. Kimchi VI . bey Jarchi INI ) Na gel, Haken, wel-
ches am besten der Quadratfigur entspricht. Im altgriechischen
Alphabete Bxv , dessen Gestalt F sich an die phönizische /^ an-
schliefst, Montfuucon palaeogr. »r. S. i0.$. ö^S-
y*% wahrsch. == J.J-J1 Waffe, Schwert (Ps. 44, 7 Pcsch.),
vgl. die Quadratfigur, der mehrere phönizische entsprechen. Mit
Weglassung des ) sagte man auch iT, Plur. ]^T (Mischna Seitab*
beult Xlf, 5, T. IT. S. 47 ed. Surenhus.), griechisch Za'i (Mont<-
faueon ad Hexapla II. S. 3^5)« daher das griechische Zvjra.
{I^n , wahrsch. Umzäunung von .bv.^., *-iQ-w umgeben,
Deutungen derselben gaben schon Euseb. praep. evang. X. ,
Hieron. epist. 115, unter den Neuern Jo. Ihusii Alphabetum
hebtaicum vetus. Franeq. »587i vermehrt 1609, 4. C. J.
Trommann de causis uominum literarum hebraicarum. Coburgi
1758, wieder abgedruckt in dessen Opusculis philol. et bist,
ai gumenti , no. 4. Simonis introd. in ling. lubr. S. 60, Jac.
J'tlwttferd Opufc. philol. S, £2$ IT, Uug a. a. O. S. 21 tf,
Paulus a. a. 0. S. 1 1 Q ff,
g. 4/.. Geschichte des Alphab eis, JS amen der Buchslaben. 169
umzäunen, wovon mehrere Derivata Zaun, Mauer bedeuten.
n wäre denn mit 13 verwechselt. Der phönizischen Figur (0,0)
entspricht dieses sehr.
Bio oder n*»E, griechisch t>jS, noch am wahrscheinlichsten =
i2.^.Jb Schlange. Nach Paulus und A. Laut ein es Hör nes,
Hörn (?).
Th, Icuä oder Tu& am passendsten s. v. a. *n Hand (wie D1>,
Plur. D^C von 0',)> nach der phönizischen und samaritanischen
Figur (m, rrt), worin man drey verbundene Finger, die rohe
Zeichnung einer Hand erkennen mag. Die Quadratfigur scheint
früherhin länger gewesen zu seyn (§. 46, *)» an eine solche schliefst
sich die griechische (I).
t]3 hohle Hand, nur zur Quadratfigur passend.
*11dS wahrsch. Knüttel, von (A.».3 := *OV schlagen, wo-
von "ipan TeHei Ochsenknüttel Rieht. 5,51. Mehrere phönizi-
sche Figuren sind gerader als die hebräischen, einige stellen
(L,, h) vielleicht genau die Gestalt eines Reiteis dar.
DC. Dafs dieser Name etwas verstümmelt sey, läfst wohl
schon das griechische /xu vermuthen, welches eine andere phöni-
zische Form voraussetzt. Die gewöhnliche Erklärung durch D^O
Wasser soll sich auf die samaritanischo Figur (^3) beziehen,
welche oben etwas Wellenförmiges hat, aber aus den altern Al-
phabeten sieht man , dafs dieses eigentlich drey Zacken sind
(|JJ, V/). Bezeichnet es den Dreyzar.k, als Symbol des Meeres?
}13 (woraus NJ abgekürzt ist, wie it, Ztxi aus }•<*) im Chald.,
Syr. , Arab. Fisch. Fast in allen phönizischen Alphabeten ist
die Figur gekrümmt (L.) , nur auf den maltesischen Inschriften
ist sie beynahe gerade (^), und zu der Benennung passend. Am,
Wenigsten darf man an die (spätere) Finalfigur denken.
■qED wahrsch. s. v. a. das syr. {.üia£D consessus , triclinium,
vgl. die Quadratfigur. Die Griechen machten aus Samech, JOiDD
ttansp. 'Eiy/jLa , nahmen aber dieses nachher gleichbedeutend mit
\iV Sav (*s. unten). Die phönizische Figur des Samech (^7) er-
hielt sich aber für das H.
]*V An»e, im Phönizischen O, daher das griechische O.
HS, LXX dpij , wahrsch. = na Mund. Nur auf den maltesi-
schen Inschriften erscheint sicher die 1 igur ^i, in £rman»elun»
C? DD
mehrerer Figuren läfst sich über die Uebereinstimmung des Na-
mens nicht uitheilen.
•HS (LXX Tffft&v)) nach andern lyify vV£t nach Simonis: Jagd-,
Fischerinstrumcnt, von niS = l^Ä jagen, fischen. Die phöni-?
170 Abschn.III. Ce schichte der hebräischen Schrift.
zische Figur (}v) kann mit einem Fischerhaken verglichen
•werden.
%.\ f. $A
*|ip, chald. fppt arab. L-X3, &J.3 Loch, Oehr einer Nadel
oder Axt. Dem entsprechen alle alte Figuren. Aus dem mor-
£;enländischen P wurde das griechische Ex/<r>)/uev ^ Koiriror, nach
den Grammatikern ein umgekehrtes Pou. Schal, zu sirist. nub. £3.
Fischer ad J<Vellsr. I, 17. IWazochi ad tob. heracl. p. 122.
ttJ"1*! = TI5N1 , ÖH*1 Kopf, vgl. die phönizische Figur (<! > 9).
■woraus umgekehrt die griechische wurde. Pw entstand ans Pw?.
Weshalb di« LXX (Klagel. cap. 2) P>lXf » unc^ ^,ir ^en folgenden
Buchstaben Xcev schreiben , was schon Chr. B. Michaelis (Miscel-
lanea Lipsiensia nova Vol. VII. S. 560) fragt, wünschte ich von ei-
nem der griechischen Orthographie genauer kundigen Gelehrten
beantwortet zu sehn.
pit5 = ]vi Zahn. Die Figur mit drey aufstehenden Zacken
findet sich in allen Alphabeten. Die alteren Griechen nannten
es hiernach £av, wovon £a/;.iri (für St), 2*/x(fi;j«5. Hcrodot
I, 139. Athen. Deipnos. XI, 5. p. 467«
13, bey JMoso Kimclii l^p, d.i. Zeichen (Ezech. g, 3), ins-
//
bes. wohl s. v. a. (__C ±3 kreuzförmiges Zeichen, welches man
dem Zugvieh an die Hüfte oder den Hals brannte. Ein solches
Kreuz ("{"> X» 1") ',at namentlich die jüdische IMünzschrift
(§. 42, 5); aus einem solchen entstand auch das griechische T.
Die griechischen Buchstabennamen 'AXcpa, B;jra u. s. w. grün-
den sich entweder auf eine Femininalform oder eine Art stat. em-
■plmticus NsSNt 50*0. Eben so auch andere aus dem Fhönizi-
»chen übergegangene Wörter, als hZ2, vaßXa, ttSc , /u*A.S«
(vgl. S. 66). "
4. Dafs die Hebräer die Buchstaben je anders als von
der Rechten zur Linken gereihet, ist unwahrscheinlich.
Bustrophedonschrift findet sich nur bey den Griechen, als
Uebergang zu der abendländischen Schriftart, bey den Mor-
genländern nie sicher; um so weniger kann eine Stelle des
Justin d. Märtyrer als gültiges Zeugnifs dafür argefühit
werden75). Ein vage6 Paradoxon ist aber die Meinung von
73) Vgl. Hug a. a. O. S. 18- Paulut S. 103. Auf die Rich-
tung der Schrift in den jüdischen und phonizisjhen Münzen
darf man sich mit ersterem wohl nicht berufen.
§. 45- JVortabÜi., Finalbiichst., Abbreviatur., Zahlreich. 171
fiianconi7*), dafs die Hebräer vor dem Exil, wie die Grie-
chen, von der Linken zur Rechten geschrieben hätten.
ö. 45.
"Wortabtheilung und Finalbuchstabcn , Abbreviaturen, Zahlzeichen.
1. Dafs die Alten überhaupt, und namentlich auch die
Hebräer, gewöhnlich ohne Zwischenräume Wort und Wort
geschrieben, ist eine bekannte Sache75), welche auch hier
nicht geleugnet weiden soll , aber doch einer Beschränkung
bedarf. Wahr ist, dafs verhältnifsmäfsig die meisten grie-
chischen Inschriften conlinua serie geschrieben sind ; aber
mehrere der ältesten, namentlich die eugubinischen Tafeln,
die Jnscriptio sigea , haben einen oder r.wey, noch andere
drey Punkte als Wortabtheiler 7ß), ausgenommen am Ende
der Zeile, und wenn Wörter sehr eng zusammen gehören,
wie Partikeln und Präpositionen zum Nomen. Richtig mag
es seyn, dafs die allgemeine Einführung der Wortabtheilung
in den griechischen und lateinischen 3Iss. von den Gramma-
tikern herrührt; aber bekannt war sie schon den Schriftstel-
lern selbst, und wurde auch von einzelnen angewandt77).
Derselbe Fall ist auch bey den Morgenländern. Die mei-
sten phönizischen Inschriften haben keine Wortabtheilung,
aber andere haben allerdings, und zwar, wie jene, durch
einen Punkt, nur mit Ausnahme eng verbundener Wör-
ter78). Denselben Punkt hat die Keilschrift und die sama-
ritanische, Zwischenräume hat auch die kufische oder alt-
arabische Schrift79). Dafs die Bibelhandschriften zur Zeit
74) a. a. O. S. 25. 29,
75) IMorini Esiercit. bibl. T, 6. cap. 2. Simon Jiist. crit. I, 23.
Jablcnski praef. ad bibl. hebr. §. 37. Eiclihonis Einleit. in das
A. T. Tb. I. S. 172.
76) Censor theol. S. 291. Hlontfaucon palaeogr. gr. S. 134 ^'
77) Aristot. Rhetor. II T, 5. Cic. de orat. 3, 45. 46. pro Mur.
2. Ser.ecne epist. 40. Censor theol. I. c.
78) Vorzfigl. Inscript. Cit. II.
79) Niebuhrs Beschr. von Arabien, tab. 4 "9* Reisebeschr. II,
tab. 30,
172 Absehn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
der LXX keine durchgängige Worttheilung hatten, zeigea
die zahlreichen Abweichungen dieser Versionen von der ge-
genwärtigen Abtheilung 8°); allein fast ohne Ausnahme ist
dieses nur bey ohnehin eng verbundenen Wörtern der Fall,
und die Annahme gewisser Zeichen, die den Uebergang zur
Interpunktion machen, wird noch nicht ganz ausgeschlos-
sen. Auffallend ist, dafs die Synagogenrollen und der sa-
maritanischePentateuch zwar keine Vocalej aber dockWort-
abtheiluns haben, auch dafs der samaritanische Pentateuch
in Rücksicht auf Worttheilung nur selten von dem jüdi-
schen abweicht81).
2. Erst nach der allgemeinen Einführung der Wortab-
theilung konnten auch wohl die Finalbuchstaben entstehen.
Der phönizische Charakter kennt gar nichts dem Aehnliches.
Auch im Quadratcharakter können sie zur Zeit der LXX
noch nicht gewesen seyn , denn die Wortabtheilungen der-
selben widersprechen zuweilen den Finalbuchstaben82).
Nur fälschlich hat man sie den palmyrenischen Inschriften
zugeschrieben , auf welchen ich weder Wortabtheilung,
noch Finalbuchstaben entdecken kann. Dagegen kennen
sie der Talmud, Hicronyniussz) und Epiphanias5*). Dafs
ihre Bestimmung zu Finalbuchstaben die erste und ursprüng-
liche sey , ist schwer zu verkennen , und die Vermuthung,
dafs sie schon früher zu Zahlfiguren dienten, ist wohl nichts
weniger, als erwiesen, ja sehr unwahrscheinlich,
go) Cappclli Crit. s. ed. Vogel* Scharf fnberg. üb. II, 13.
gl) Vgl. überhaupt Jahns bibl. Archäologie. Th. I. B. I. S. 451.
Jh'Sien Ktnleit. in das A. T. Th. 1. S. 354 und die daselbst an-
geführten Schriftsteller. Man set/.e hinzu : Jo. Gottjr. Tym.
pH progr. quo indistinctam ant'njuorum Ebracorum scriptionem
esse rccens commcntum Morinianum, ostendit. Jcnaei75r). 4«
ga) Eichhorn a. fh O. S. 177.
g5) Leusdsn ph'dol. hehr. S. i2g. Tychsnt im Repertorium für
bibl. und mor^enl. Literatur. Th. 5. S. j4o.
g j) de youd^nbus et mettwns. §. 6,
§. 45- IVortablh., Finalbuchst., Abbreviatur., Zahlzeich. 173
3. Dafs die althebräische Schüft Abkürzungen ganzer Wör-
ter durch wenige oder die Anfangs-Buchstaben gekannt habe,
zeigen die jüdischen Münzen85). Auch in Handschriften
finden sich häufig vorkommende Worter (z. B. mrp) abbreviirt,
und die neueren Juden haben sie so sehr vervielfältigt, dafs
die Kenntniis derselben ein ordentliches Studium erfordert.
Man hat auf jene Annahme kritische Conjekturen gebaut,
die aber nur dann Wabrscheinlichkeit haben, wenn sie häu-
fige oft wiederkehrende Wörter betreffen 36). Von dem
musikalischen Terminus nSö , den Einige als Abbreviatur
erklären, würde dieses allerdings gelten.
4. Zu den Abkürzungen gehören gewissermafsen auch
die Bezeichnungen der Zahlen durch Buchstaben oder Ziffern,
Beyde Arten finden sich sicher in der semitischen Scbrift.
Ein ZifFersystem haben die phönizischen Münzen 8?) und
palmyrenischen Inschriften88), vielleicht die phönizisch-
ägvptische Schrift89), selbst unsere Ziffern sind bekannt-
lich von den Arabern entlehnt, die sie von den Indern er-
hielten. Buchstaben dagegen als Zahlzeichen finden sich
auf den jüdischen Münzen 9°), bey den Arabern, und der
sehr frühe Gebrauch derselben bey den Griechen macht e*
fast wahrscheinlich, dafs ihnen auch die Phönizier hierin
35) Auf mehrern derselben steht ZW d. i. Sn^ im zwryteit Jah-
re ; auf anderen vollständiger rinN niW. S. ELhel da doctrina
numm. vett. III, S. 463. Ebendaselbst SN"lt£n zuweilen abge-
kürzt in \yt. Statt rinnS haben einige blofs *irV7, wahrseb.
auch durch Abbreviatur. Ebend. S. ^6g.
g6) ELhhom Th. I. S. 237. Tb. II. 3. 56. de Wette zu Ps.
152, 6.
37) lihenferd -pericul. ri;oen. p. 47. Suinton in Philos. Trans-
actione. T. 50. S. 791. Ekhel a. a. O. S. 410.
88) Philos. Transactions. T. 43. p. 721. 728 » andere Figuren
p. 741.
3p) Ueber die Entzifferung ist man noch nicht einig. Vgl. Cay-
lus liecueil d'Antiquitis. T. I. S. 65-76. Gatterer's Diplom»
Th. I. S. 71.
90) 8. Anm. 35.
X 74 Ahschn. III. Gescliichte der licbralschen Schrift.
vorangingen. Man hat hiernach aucli den Hebräern theils
Ziffern21), theils den Gebrauch der Consonanten als Zahl-
buchstaben zugeschrieben, und aus dieser Hypothese meh-
rere auffallende Erscheinungen in Rücksicht auf die bibli-
schen Zahlen, vorzüglich die aufserordentliche Varietät der
Lesarten zu erklären gesucht92), indem man annimmt, dafs
die Ziffern oder Zahlbuchstaben erst später in Zahlwörter
ausgeschrieben worden seyn.
Einige Beyspiele, die sich am besten durch Ziffern erklären
licfsen , sind folgende. Nach i Snm. 6, ig sterben 50,070 Phili-
ster, nach der syr. Version nur 5070. Nach 1 Kon. 4, 26 (5, 6)
hat Salomo 40»000 Rosse, nach der Parallelstelle 2 Chron. 9, 25
nur 4000' Nach 2 Sam. 10, 1Q zerstört David 700 Wagen der
Ammoniter, nach 1 Chron. 10, iß 7000. Andere dagegen er-
klären sich leichter durch Zahlbuchstaben. Nach 2 Sam. 24, 13
dauert die Hungersnoth unter David sieben (?) Jahre, nach den
J,XX und 1 Chron. 21, 12 nur drey (3>). Nach 2 Chron. 21, 10.
22, 2 stirbt Joram im 40ste" Jahre, und hiiuerläfst einen Sohn
von 42 Jahren! Nach 2 J£ün. Q, 26 ist offenbar zu lesen 22 (33
Für 3E).
Die unverhältnifsmäfsig grofse Menge von Varianten
dieser Art93) macht diese Hypothese allerdings wahrschein-
lich, und das Uebergewicht der Beyspiele, so wie die Ana-
logie der jüdischen Münzen mochte auf Seiten der Zahl-
0 '
buchstaben seyn, nur hat man ohne Zweifel gefehlt, indem
man daraus zuviel erklärt hat, nämlich a) die enormen, und
zuweilen offenbar unhistorischen Zahlen bey der Angabe
von Menschenmassen, von Schätzen u. dgl.94). Diese ge-
91) l'ignole Chronologie de Vlüstoire saline. I, §. 29. Cappelli
Crit. sacra ed. Vogel- Schar fenberg. T. I. S. 104. Wahrt Ge-
schichte der morgenländ. Sprachen. S. 657.
92) Kennicqtt diss. I, p. 521* »«*• Ir» p. 801-13. diss. gene-
ral. §. 27. J. AI. Faber progr. II. litcras olim pro voeibus in
numerando a scriptoribus V. T. esse adhibitas. Onoldi 1775. 4.
Eichhorns Einleit. Th. J. S. 203. Dagegen Ik.ueri Crit. s. V.
T. S. ltfß« Dessen Einleit. in das A. T. S. 117.
93) Vgl. Esra 2 und Neh. 7. Vorzüglich Cappcllus a. a. O.
S. 102 ff.
94) Eichhorn a. a, O. S. 204.
$. 4<5. Spätere Geschichte der QtiaJralscJirift. 175
hören zu dem alles übertreibenden Charakter der morgen-
ländischen Geschichtschreibung, und dürfen von Seiten der
Wortkritik schwerlich angetastet werden. &) Die Verschie-
denheiten der LiXX, des Sam, und des hebr. Textes in Stel-
len wie 1 Mos. 5, 1195). Hier ist jeder Text nach einem
bestimmten System bearbeitet, und die Abweichungen sind
absichtlich, nicht zufällig. Derselbe Fall mag c) zuweilen
bey der Chronik und den Versionen seyn, wenn sie Zahlen
des älteren Textes bald übertreiben, bald, wenn sie un-
glaublich scheinen, mildern. Eine so unkritische Behand-
lung ist dem Geiste dieser späteren Bearbeiter wenigstens
nicht fremd (Q. 12, 2). Ganz unwahrscheinlich scheint mir
d) der Gebrauch der 5 Finalbuchstaben als Zahlzeichen, ehe
sie zu jenem Zwecke gebraucht wurden, da ihre Gestalt
ganz für die Ursprünglichkeit jener Bestimmung, mithin ihre
spätere Entstehung spricht.
Eine eigene Hypothese, welche jene Unordnung des hebräi-
schen Textes In den Zahlen erklären soll, hat Hug (Gesch. der
Buchstabenschrift S. ao) auf die Annahme eines frühem Alpha.
bets von 15 Buchstaben gebaut, oder vielmehr kurz angedeutet.
Schon aus jener Ursache mochte sie keine Durchführung aus-
halten.
Spätere Geschichte der Quadratschrift.
Dafs die Quadratschrift schon von ihrer Einführung bis
auf Origenes und IJieronyimts mancherley Veränderung er-
litten haben möge , läfst sich leicht denken , wiewohl nicht
nachweisen. Selbst für die spätere Zeit, aus welcher unse-
re Codices herrühren, ist es noch nicht gelungen, irgend
eingehende paläographische Bemerkungen über die Verän-
derung des Schriftcharakters in der Zeit zu abstrahlten, und
selbst Männer von der engsten Vertrautheit mit diesen Ge-
genständen, wie Kennicott, Bruns, de Roasi scheinen es nicht
95) Cappellus a. a. O. S. 437,
ij6 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
über ein dunkeles Gefühl hinaus gebracht zu haben96).,
Für unseren Zweck niag eine kurze Zusammenstellung des
his jetzt Ergründeten hinreichen97).
l. Ein sehr merkwürdiges, nur zu oft misverstandenes*
Zeugnifs über alte Züge der Quadratschrift enthält eine
Nachricht des Origenes und Hieronymm, dafs in gewissen al-
ten Exemplaren der LXX das Wort n^n"1 aus Superstition der
Abschreiber unübersetzt hebräisch beybehalten worden sey$
und zwar mit alter hebräischer Schrift98). Der Zusam-
menhang lehrt, dafs dieses Origenes , aus welchem Hierony-
mus erst die Nachricht entlehnt, von der altjüdischen d. i.
samaritanischen Schrift verstanden wissen will99); zum
Glück belehrt uns aber eine andere Nachricht eines Bessern.
Hieronymus meldet, dafs diese 4 Buchstaben von unwissen-
den griechischen Abschreibern für griechisch gehalten und
Pipi gelesen worden seyn. Sie mufsten also den griechi-
schen Buchstaben mm gleichen100). Bey dem samarita-
nischen Alphabete ist dieses durchaus unerklärlich, und es
ist zu bewundern, wie man diese Stelle lange Zeit als Be-
weis für den Gebrauch der samaritanischen Schrift bey den
Juden hat gehrauchen können101); sehr begreiflich aber
96) de Rossi prole gomm. ad J'ar. lect. V. T. pag. 17.
97) Vgl. den musterhaften Abschnitt in Eichhorn s Einleit. Th. 2.
S. 13-130 über Beschreibung der Handschriften.
93) Montfaucon praelim. ad Olivettis Hexapla T. I. S. g6 : x«i
tv rote «Kgißsct twv •HjTiVP*<pWV ißgaiy.cic aqjtaioic yr>a{Xf*aat
ys Y£>«~t<*' , ük)C o'j^i roig vuv. Hieron. praef. ad lib. l\c°um.
99) tjegcn TyiKijhCs Teniamen S. 173 behauptet dieses mit Recht
Hassencamp (der entdeckte wahre Ursprung det alten Bibel-
übersetzungen S. 55).
100) Hieran, epist. 156 ad JMarcellam. Vgl. Hexapla ad Tx. 71»
20. Malach. 2, 15.
101) IMontfaucon palaeogr. §r. S. 120. Chishull antiquitatt. asiat.
S. 29. Kcnnicott diss. II. S. 150. Lehrgebäude der DiploHMh
tik Th. 2. S. 50. Letztere und Postrllus suchen sich so zu
helfen, dafs sie es für eine aus 2 s.uuaiitanischen Jod bestehen-
de Abbreviatur erklären (m m). S. dagegen Adelung in det
Q. 46. Spätere Gesc7iichte der Quadratsehriß. 177
bey dem Ouadratcharakter, zumal da nach mehreren Zeug-
nissen das r, zuweilen wie ein IT geschlossen, das 1 vQn blei-
cher Länge mit dem i gezeichnet wurde*). Kaum kann
es wohl zweifelhaft seyn, dafs Origenes , ein mittelmäfsiger
Sprachkenner, und wohl noch schlechterer Paläograph
(Ö- 27> O, die etwas ungewohnten verstellten Züge, welche
er vorfand, nur fälschlich für jene alte Schrift gehalten, und
diese Erscheinung mit der ihm anderweit zugekommenen
Sage von einer Schriftänderung in Yerhindung gesetzt hahe.
Den samaritanischen Charakter kannte er wohl noch weit
weniger, als der gelehrtere llieronymus , der diesen Irrthum
nachspricht und einen ähnlichen begeht (Q. 42» 3)«
Was sich sonst beym Origenes und llieronymus über Aehnlich-
keit und Verwandtschaft der Buchstaben findet, stimmt mit un.
Seren Fi°uren überein (Montjaucon praelim. ad Hexapla Origenis
T. I. S. 24), nur klagt er über Kleinheit des Charakters (s.
oben §. 45, 4).
2. Nicht ganz sicher, aber auch nicht geradehin ver-
werflich, sind die Data, welche einige alte in griechischen,
und lateinischen Handschriften gefundene hebräische Alpha-
bete geben , vorzüglich das sogenannte Alphabetum Jesuita-
rum, aus einem Codex der LXX bey Klagel. 2.'). Es ent-
hält nämlich Züge, welche man auch anderweit aus alten
Handschriften kennt, oder welche sonst in den Kreis semi-
tischer Schriftzüge gehören; und gerade bey einem griechi-
schen Abschreiber, der ängstlich Vorgefundenes nachmalt,
Anm. zu dem letzten Werke. Michaelis Orient. Bibliothek.
XXII. S. 124. Tychsen a. a. O. Meine Comment. de Vent.
Sam. S. 11. 12. Jenes M ist auch eine lediglich jüdische Ab-
breviatur.
2) Vom n sagt dieses Bahrclt in der Beschreibung des Dresdner
Codex; vom •» s. z. B. die Probe aus einem Cod. des i5ten
Jahrhunderts im Catalog. bibl. IMed. Laurent. Tab. 23. Bey-
de Figuren hat das alphabetum Jesmtarum.
5) Montfaucon ad Orig. Hexapla T. I. S. 22. Diplom. Lehr-
gebaude Tu. 2. tab. g. col. 1.
M
178 Ab sehn. III. Geschichle der hebräischen Schrift,
kann die? es nicht leicht zufällig seyn. Der letztere Um-
stand müchte ihm daher mehr zur Empfehlung dienen, als
zum Gegentheil. Es erscheint hier n wie IT; "■ und "5 fast
von gleicher Eiinge, letzteres zum Unterschiede mit zwey
Punkten; p wie Q , n wie H. Auffallend ist, dafs sich die
letzteren Züge gewissen phünizisch-samaritanischen nähern,
welches auch in einem von Treschoiv bekannt gemachten Al-
phahete aus dem pten oder ioten Jahrhundert der Fall ist4).
Oft mag allerdings die Abweichung vornehmlich in der Un-
geschicklichkeit des Schreihers ihren Grund haben 5 ).
Für alte Figuren der Quadratschrift hielt TVlontfaucon (a. a. O.
S. 2 2) auch die seltsamen Buchsraben auf den Talismanen der Ba-
silidianer, aber dann müfsteu sie doch zu lesen seyn, was noch
niemandem gelungen ist.
3. In dem Schriftzuge der Synagogenrollen unterschei-
den die Juden einen doppelten Charakter, nämlich a) die
TamschriJ't (STD En), vermuthlich von Tarn, einem Enkel
des TAaschi6), im i£tcn Jahrhunderte benannt, von wel-
chem auch eine besondere Art von Gebetriemen den Namen
Tamtephillin führt. Die Buchstaben haben spitzige Ecken,
und perpendiculäre Coronamente (TägginS. Der Charakter
befindet sich besonders in deutschen, auch wohl polni-
schen, Synagogenrollen. />) Die // tische Schrift (rSvn
Dro) , nach den Juden jünger als jene, mit runden Zügen,
und Coionamenten, die sich in einen Punct endigen. Sie
soll in den Synagogenrollen der spanischen und morgenlän-
dischen Juden gewöhnlich seyn ").
4) Trcschov. tent. descriptiouis coihl. Vimloh. J'. T. tab. 5. Vgl.
Büttner und Michaelis in des Letztem Orient. Biblioth. Th. 6.
S. 26.
5) Siehe die Alphabete im Diplom. Lehrgeb-ude a. a. O. cnl. 2.
3« 4- Löschor p. 224. Dagegen luchsen tentam.n 5.165 IT.
C) Wolf Biblioth. hehr. T. 1. S. 620.
7) Tychsen tentamen de var. coJd. S. 263. 6.j. und das Titel.
kupier litt. A. B. JhlLrmaim de usu yalacographiae hei*. S.
45 und die Kupfei tafeln.
5- t\6. Spätere Geschichte der Quadrat schrift. 179
Wie alt die *%3r1 oder pO^T d. i. die Striche oder Kronchen
über den 7 Buchstaben yHT^-Viy sind, wage ich nicht zu bestim-
men. Mainwnides erwähnt sie schon als Erfordevnifs einer nach
den Regeln geschriebenen Synägog^enrolle, Sie können eine neue-
re Spielerev seyn, aber unbezweifelt ist, dafs sich eine damit ana-
loge bedeutungslose Verzierung über mehreren Ruchstab n fies
phiinizischen Schriflzugs findet. Man v^l. das V, 2. *» (ij $ ^)
auf der 2ten citieischen Inschrift (ZVocÄ.«'s Reis n Tb. 2. t.ib. 53»
no. 2) mit der Figur derselben (o » Q, C]) auf den übrigen. Jü-
discher Aberwitz lafst den Jehova selbst mit der Verzierung einer
Handschrift durch Ta°gin beschäftigt s^vn , ehe er dem Mose
das Gesetz übergab. Buxtorf Lex. chald. coh 2575«
4. Wichtiger ist die Verschiedenheit des Schriftcharak-
ters nach Ländern, aufweiche neuere Kritiker in den he-
bräischen Handschriften überhaupt aufmerksam gemacht ha-
ben. Der .spanische Charakter ist der regelinäfsigste , ein-
fach, meistens grofs und stark aufgetragen, eine ächte Qua-
dratschrift. Der deutsche ist liegend, zusammengedrückt,
mit spitzigen Ecken, aber feiner aufgetragen. Der iialeni-
sche und französische Charakter steht in Rücksicht auf Grö-
fse und Stärke zwischen bevden in der Mitte {characUr in-
tcrmedius bey Kennicott) und hat mehr runde Schriftzüge 8).
Die Verschiedenheiten, welche sich an den Zügen einzelner
Buchstaben in Handschriften finden, b» sonders insofern dadurch
Verwechselung ähnlicher Cons« nauten und Varianten entstand,
sind vollständig zusammengestellt in Eichhorns Einleit. Tb. 2.
S. 41 ff.
5. Die ersten gedruckten Bibeln schlössen sich mög-
lichst genau an den handschriftlichen Charakter an. Der
Druck der Antwerper Polyglotte und der Stepkunischeu Bi-
g) Etwas verschiedene Bestimmungen haben Simon hist. crit. J,
cap. 2i. disquis. crit. cap. 2. Kennicott d:<s. gener. S. 340 ed.
Bruns, und das Kupfer hinter dieser Ausgabe. Bruns im Neuen
theol. Journal von Amnion, Hünlein und Paulus. B. 6. St. 7,
S- 755» Nachstiche von den Schriftzügen einzelner merkwür-
diger Handschriften s. außerdem in Michaelis Orient. Bibliotli.
c
Tb. I. Schcliing iUstript. cod. Slutt». u. s. W,
M 2
iQo Abschn. Hl. Geschichte der hebräischen Svhrift.
bei soll den spanischen, die Münstersche Bibel den deut-
schen Charakter am genauesten nachahmen. An erstem
schliefst sich der jetzt gewöhnliche Typus unserer Drucke-
reven an, wooe^en die Hasische Offizin in Basel durch Ver-
edlung des deutschen Charakters bey Münster grofstentheils
geschmackvollere und ansprechendere Figuren geliefert
hat9).
Aus der Quadratschrift bildete sich im Mittelalter allmählich
auch eine Cursivschrift (ü^Vö oder E^p^ö, Buxtorf Lex. cliald.
et talmud. col. 2513), besonders zum Behuf nichtbiblischer Hand-
schi uten. Man unterscheidet auch hier einen spanisch- italieni-
schen, einen deutschen Charakter, die Uaschischrift, Raschicursir
und a. m. Vgl. Tychsen tentamen S. 315. Bellermann de pa~
lacogr. hehr. S. 44« Sacy gramm. arab. T. I. tab. G.
ö. 47-
Schrieb man auch Hebräisch mit griechischer Schrift?
Origenes hatte bekanntlich in die zwcyte Columne sei-
ner Tlexapla den hebräischen Text mit griechischen Buch-
staben geschrieben gesetzt, wobey ihn vornehmlich wohl
der Zweck , die Aussprache des unpuuctirten Textes zu er-
leichtern, vorgeschwebt haben mag. Dafs aufserdem Juden
oder Christen jemals, früher oder später, hebräische Codi-
ces in diesem oder einem anderen nichthebräischen Schtift-
charahter (z.B. dem koptischen , persischen) geschrieben,
ist durch Icein einziges historisches Zeugnifs erweislich IO),
und gegen alle Analogie, da die Juden im Gegentheil von
jeher gern die Muttersprache der Länder, in welchen sie
lebten (das Arabische, Persische, selbst das Spanische, Deut-
en) Ueber den Ursprung und die älteste Geschichte der hebräischen
Buchdruckerey s. mehrere Schriften von de llossi : de hebr. ty-
pographiae orig. 1776. de typograph. hebr. Ferrariensi 178°'
Anuales hebr. typogr. See. XK» I7p5-
10) Die Stelle Gem. Schabbath Fol. 115, col. 1. lin. 29 handelt
offenbar von der ägyptischen, medischen, griechischen Spracht.,
nicht von der Schrift, auch nicht von der Fioniintialionswcisc.
(j. 47« Hebräisch mit griechischer Schrift. ifti
sehe), mit ihrem Schriftcharakter schrieben. Dessen un-
geachtet hat man das Paradoxon aufgestellt, dafs die 70
Dollrnetscher den hebräischen Text nicht übersetzt, sondern
nur auf diese Weise umgeschrieben, und dafs bey den grie-
chischen Juden und Christen schon um die Zeit von Chr.
Geb. der Gebrauch solcher Codices hebraeo-graeci so ausge-
breitet gewesen sey, dafs hebräisch geschriebene Codd. nur
auf den Gebrauch desTempels und der palästinensischen Syna-
gogen eingeschränkt waren II '). Die des Hebräischen unkun-
digen Juden in Griechenland wären erat dadurch in den Stand
gesetzt worden, das Gesetz zu lesen, was als opus operatum,
hinreichte, wenn sie es gleich nicht verstanden (ungefähr
w*ie das lateinische Brevier unserer Nonnen mit deutscher
Schrift!). Aus solchen Codd. hätten denn auch die L.XX,
Aquila , Symmachus , Theodction übersetzt, Josephus und
Philo hätten sich derselben bedient, und nur hieraus seyen
die Varianten dieser Uebersetzer zu erklären12). Auf dem
letzteren Umstand müfste der Beweis der ganzen Sache beru-
hen; allein von den angeführten Beyspielen können höch-
stens einige dazu dienen, zu zeigen, wie Scharfsinn und
Combination gar oft auch dem Unwahrscheinlichsten einen
Schein zu geben weifs ; die meisten erscheinen als höchst
gezwungen , und sind meistens auf andere Art weit leichter
zu lösen. Dessen ungeachtet hat die Hypothese, während
sie neu war, Anhänger gefunden x 3), die sich nun aber im-
mer mehr verloren haben dürften.
11) Tychsen tentamen S. 48 ff. bes. 62. 151 ff. Vgl Meisch
Btblioth. sacra T. II. Vol. II. S. 35 IT. Nach Letzterem sollen
solche monströse CodJ. obendrein Anfangs von der Rechten
zur Linken geschrieben woiden seyn (!). Ebendaselbst sind
auch die Gegenschriften aufgezahlt.
12) Tychsen S. 66 IT. Masch S. 54 ff.
13) Seniler apparat. ad liberal. 1 . T. Interpret. II, 248- Fab r
zu Harmars Beobachtungen. I, S. 250. Eichhorn (Einleit. in
das A. T. Tb. I. S. 248) scheint wenigstens die mögliche Exi
lß2 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
Dafs Hieronymus nach den ältesten Handschriften seiner Com-
iner.tare das Hebräische in denselben mit lateinischen Buchstaben
schrieb, ist richtig, beweist aber nichts für ganze Codd. mit
fremder Schrift.
B. Vocale und andere Lesezeichen»
,. 5- 48-
U e b e r s i c h t.
1. Als eine besondere Eigentümlichkeit der semiti-
schen Schrift ist schon oben berührt worden (Q. 4°> 2), (\a[s
in den meisten , wahrscheinlich allen, Charakteren dersel-
ben, ursprünglich nur die Consonanten (von denen aber
drey, n, 1, "*, auch als Vocale quiesciren konnten) geschrie-
ben wurden, alle übrige Bestimmungen der Töne, nament-
lich die kürzern Vocaltöne, dem Lesenden überlassen, und
erst später allmählich durch Vocale und diakritische Zei-
chen fixirt wurden. Es fragt sich hier, wie sich dieses her
der hebräischen Schrift verhielt? Der Mangel an histori-
schen Angaben hat einen langwierigen Streit der biblischen
Philologen und die verschiedensten Meinungen veranlafst,
wobey man vornehmlich die Gleichzeitigkeit derselben mit
der Schrift oder wenigstens die Einführung durch Esra der
spätem Erfindung derselben durch anonyme Juden (seit dem
See. V. nach Chr.) entgegensetzte.
Hier eine kurze Uebersicht der verschiedenen Ansichten mit
der allgemeinen Literatur. An ilie Gleichzeitigkeit- der Vocale
und C »nsönanten oder wenigstens die Einführung der erstereu
durch Esra und die Synagoga magna glaubten fast alle jüdische
Gelehrte des Mittelalters (s. ßuxtoif de vocal. P. I. cap. 1 — 4),
wenige Winke von Aben Esra {Üb. Zachut Toi. 138- l9%)> "n(l
eine zweifelhafte Stelle des Buches Cosri (P. III. §. 31 ed. Uuxtorf)
stcii/ einiger Codd. dieser Art zum Behuf des Lcscnlernens dor
Christen zuzugeben.
f'ücale und Lesezeichen. Q. 48« Ueber sieht. lßj
ausgenommen, (Vgl. Buxtorf de vocal. p. 26 IT., dag. JVTorini Exer-
cit. II, 1 3, 2). Auf solche eiitüeüengesetzte Meinungen und Zweifel
scheint das Buch Sohar (s. Buxtorf Liberias S. 76) bey seiner strengen
Apologie des Alters der Vocale Rücksicht zu nehmen. Besondern
Einga.ig fanden dergleichen begreiflich bey einigen gleichzeitigen
Christen, Raymund Martini (um 127Q pugio fidei p. III. distinet.
III. c. 19), Peraz de Valentin (um «450, introd. ad exposit. in
Psalmos , s. Semlers eigne bist, theol. Abhandlungen, Samml. I.
St. 4), Nicolaus von Lyra (zu Hos. 9), die es doch wahrschein-
lich erst aus jüdischem Unterrichte hatten. Ihnen folgen die
Reformatoren, Luther (zu Gen. 56. 353, 12. tract. de SJiampho-
rasch , dagegen vgl. llody de bibl. text. S. 56 1 , J'eumann consp.
reipubl. lit. cap. III, c. 14), Calvin (zu Zach. 9, 7 IL), auch Pelli-
canus (praef. ad Pentat. ) u. A. Ausführlicher und mit Gründen
wurde dieNeuheir der Vocale zuerst von Elias Levita (vgl. §. 29,
2) vorgetragen , gegen welchen sich schon der ältere Buxtorf er-
klarte. Zur Sprache kam die Sache vorzüglich, seit Lud. Cap-
pelle (§. 57, 1) mit dem arcano punet. revelato hervortrat, von
Buxtorf d. j. widerlegt winde (§. 37, 2), und darauf von Neuem
antwortete (in den l indiiiis arcani puiut. revelati). Die Meinung
des Letztem siegte allmählich, und ward von Vielen selbst über-
trieben (§. 37, 1), doch gelangte die Ursprünglichkeit , sogar
Inspiration der Vocalzeichen durch Buxtorfs Anhänger in der
Schweiz selbst zu symbolischem Ansehn (Formula consensus, can.
II.). Die neuesten Vertheidiger ihres vortalmudiscben Alters
sind G. O. Tychsen (über das Alter der hebräischen Punkte, im
Repert. L bibl. und morgenl. Literatur Th. 3. S. iu."), und Jac.
Robertson fdiss. de genuina punet. hebr. antiquitute , vor- dessen
Cialis Pentateuchi. Edinburgi 1770. g.)
Nur wenige betraten einen Mittelweg, indem sie den ITe-
bräern einige wenige alte Vocalzeichen zuschrieben, die man aber
nur in einzelnen schwierigen Wörtern hergesetzt habe. So
unter verschiedenen Modifikationen J. H. Hottingcr (thes. pliilol.
S. 401), Je. Prideaux (lect, de capit. relig. Oxon. 1648- S. 196,
Opp. omnia S. 168)1 vgl. Humphr. Prideaux das A. und N.T.
in Verbindung mit der Völkergeschichte Th. I. S. 408 der deut-
schen Uebers. (T. II. S. 1^7 der franz), und Alb. Schaltens (ln-
stit. ling. hebr. S. 43. 62 ff.), denen Michaelis (über das Alter der
hebr. Vocalzeichen, Vermischte Schriften Th. 2. no. 1, Orient.
Biblioth. Th. 9. S. 82. 83) und Eichhorn (Einleit. iiudas A. T.
Th. I. S. 157 ff.) und A. gefolgt sind.
Eine Zusammenstellung der verschiedenen Meinungen mit lite-
rarischen Nachweisungen s, in JJ olf bibl. hebr. II, 475 ff. IV»
iß4 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
£14 ff.» mit Anführung der Gründe für und wider in Carpzov
Crit. Sacra S. 242 ff., Löscher de causis ling. hehr. S. 275 ff.,
Welche für, in Vlalton Prolegomm. III, §. 59, Bauer Crit. sa-
cra S. rag ff. , welche gegen das Alter streiten.
2. Da die spätere und allmähliche Entstehung des jetzi-
gen Vocalsystems für ausgemacht angesehn werden kann,
so soll hier ohne weitere Polemik und mit Uehergehung un-
kritischer Gegengründe dasjenige zusammengestellt werden,
was sich üher Pronuntiation und Pronuntiationszeichen der.
Hebräer im Fortschreiten der Geschichte aufspüren läfst,
woran sich dann eine kurze Würdigung dieser Vocalsetzung
anschliefsen uia<r.
o
Zuvor noch als Vorbereitung der folgenden Untersu-
chung eine kurze Uebersicht der Entstehung der Lesezei-
chen in den übrigen semitischen Schriftarten.
1. Gar keine Lesezeichen findet man auf den ältesten der vor-
handenen Denkmäler, den jüdischen Münzen, den palmvrenischen
Inschriften, und bey weitem den meisten Uebeibleibseln. phönizi-
scher Schrift. (Aber doch nicht auf allen. Die maltesischen Inschrif-
ten no. 7. 3. 9. 11. 15. in Castelli, Com. de Torremuzza: Siciliae
0t obiacenlium insularum vett. inscriptionum nova collectio , ed. II.
1734. Fol. S. 5iQ. 32. haben allerdings dergleichen Zeichen, die
man für nichts anderes halten kann. Wir glauben fnnf derglei-
chen unterschieden zu haben. Möchte man ihrer Entzifferung
einige Aufmerksamkeit widmen!)
Derselbe Fall war ursprünglich in der alten syrischen und ara-
bischen Schrift (der Estrangelo und dem cufischen), wozu in der
letztern noch der Mangel an diakritischen 'Zeichen der ähnlichen
Consonanten kam (z. B. des Be, Nun, The, Thse), so dafs man
für 22 Consonantenlaute nur 16 Zeichen hatte. (S. Herbelot bibl.
Orient. S. 87. Chr. Th. Tychsen über das Alter der arabischen
Vocalpunkte und übrigen diakritischen Zeichen, in Paulus Neuem
Eepertorium Th. 2. S. 247 IT.).
2. In der syrischen Schrift findet sich dann zuerst der Ge-
brauch Eines diakritischen Zeichens, von äufserst ausgedehnter
Bedeutung (s. de Dieu grammat. ling. Orient. S. 36. Scliultens in-
stit. arum. S. 2Q. 29. Istnbiehl Beobachtungen von dem Ge-
brauch des syrischen puneti diacritici bey den Verbis. Göttingrn
1773. 4. Michail» gramm. fyr. §.13"), auf welches ohne Zwei-
Vocale u. Lesezeichen. {). 49. Zeitraum d. lebend. Sprache. 185
fei auch die bekannte Stelle des Ephräm (Opp. T. I. p. »84 zu
1 Mos. 36, 24} geht. Um wie viel dieses älter ist, als Ephräm,
LifsL sich nicht bestimmen; zunächst verwandt ist aber die dia-
kritische Linie der Samnritaner , marhetono genannt. (S. IMorini
antiquit. eccles. Orient. S. 200. 2x7. epist. 19. 2r. Cellarii her.
samarit. S. 65).
3. Der Gebrauch dreyer Vocalzeichen nach den Hauptvocaltü-
nen findet sich mit Sicherheit zuerst bey den Arabern , und die
Einführung derselben, welche dem Gebrauche der diakritischen
Zeichen noch vornno-ino-, wird aufser andern Traditionen (s. Her-
helot hibl. Orient. S. 5) dpm Ali, Sohn des Abuthalleb, einem be-
rühmten Korangelehrten (st. im J. 4° der Hedschra) zugeschrie-
ben. Die Annahme, dafs sie die Araber mit der Schrift von den
Syrern empfingen , scheint auf einem Ziikelbeweise zu beruhen
(s. Tychsen a. a. O. S. 2-52).
Auch die sabische Schrift, deren Alter jedoch nicht sicher ist,
hat drey Vocale. Die älteste Spur läge ohne Zweifel in der phö«
nizisch- ägyptischen Schrift, wenn man darüber mehr im Reinen
wäre.
4. Fünf Vocal - und mehrere Lesezeichen führten nach dem
Muster der griechischen Schrift Theophilus und Jacob von Edessa
im Syrischen ein. Das heulige diakritische System der Araber
kam erst mit Einführung der JNischischrift durch Ebn Mokla (9t.
939) auf.
ö- 49-
Zeitraum der lebenden Sprache.
I. Unpartheyisch erwogen spricht ein Uebergewicht der
Gründe für die Behauptung, dafs die hebräische Schrift ur-
sprünglich und wahrscheinlich während des ganzen Zeit-
raums der lebenden Sprache, ohne alle Vocale und diakri-
tischeZeichen geschrieben wurde. Namentlich d) dieNatur
und Analogie der verwandten semitischen Schriftarten. Der.
Einwurf, dafs die Erfindung eines aus blofsen Consonanten
bestehenden Alphabets höchst unnatürlich und undenkbar
sey14), kann hier, woThatsachen sprechen, wenig Gewicht
haben, b) Die jüdische Tradition. Dahin gehört die unmittel-
14) Herder's Geist der hebr. Focsie. Th. I. S. 28«
iQ6 Absehn. HL Geschichte der hebräischen Schrift.
bare Behauptung der meisten jüdischen Gelehrten, rlafs die
\ orale von Mose an nur mündlich fortgepflanzt, und dann
durch Esra und die grofse Synagoge in Zeichen gebracht und
festgestellt seyn15). Eben so wichtig ist aber das mittelbare
Zeugnifs der Synagogalcodices, bey welchen die strenge
Vorschrift, sie unpunctirt zu lassen, unter einer Nation, wo
alles heilige Wissen und Thun Traditionsache ist, auf dem
Glauben oder Wissen beruht, dafs es von jeher so gewesen.
Der Araber schrieb gerade zum Behuf der Anaguosten dein
Koian zuerst Vocalzeichen bey; der Hebräer wagte es aber
nicht, das göttliche Buch durch menschlichen Zusatz zu ent-
stellen, und wies späterhin den Anagnosten nur zur Vorbe-
reitung auf punctirte Texte an16). Dazu kommen c) eini-
ge Stellen des A. T. selbst, die nur dann vollkommen be-
greiflich -werden, wenn der Concipient ohne Yocale las
und schrieb.
i Mos, lq, 37 wird 3Nto durch e -patre (SNE)) erklärt, wo au-
fser den Yocalzei«Jien auch die litera quiesteus gekillt zu haben
scheint.
1 Mos. 31, 47 erklärt der Concipient *?yS^ durch Hügel des
Zeugnisses (*1»VJ3,)» wobey die gewöhnliche Aussprache ganz
überselin ist.
1 Mos. 50, 11 wird D^SE S^N (Tenne od. Gau Aegyptens)
durch Trauer A'egyptens (ö'SsilS Sin) gedeutet. Die obige erste
Vocalsetzung ist aber ohne Zweifel vorzuziehn.
Rieht. 15, ig wird der Name *nh M31 (Höbe des Kinnba-
ckens) daher geleitet, dafs Simsoh den Kinnbacken ans seiner
Hand geworfen* also von nE"l werfen, Kinnbackenwurf. Aber
dieses wäre nur bey den Vocalen *nS nül. möglich, H)0*i setzt
eine Ableitung von Dil voraus.
15) S. §. 43, 1, besonders die angeführte Stelle des Buches Co*
sri Dann die talmiidischc Erzählung von J. ab (§. 5,1, 2).
16) Eine falsche Ansicht, als ob allererst die Kabbalisten die Sitte
aufgebracht hätten, das Gesetz unpunktirt zu lassen, um es
vieldeutig zu machen, geben einige spätere Juden, nach ihnen
Huxiaj de miiiij. vocalium S. 3'ill. Carpzov Crit. savra S. 267-
Dagegen Bauer Grit, s. V, T. S. 142.
7'ocale u. Lesezeichen. §. 49. Zeitraum d. lebend. Sprache. 137
2 Kon. 22, o Stylit jetzt 1SSTI }2ttJ N2S1 Und £$ /com Savhan
der Schreiber. Hatte der Chronist mit diesen Vocnlen gelesen, so
hätte er schwerlich ein PN eingeschoben, so dafs nun punklirt
Werden mufste : ISDn PN ]S'V »Öä"» und Saphan brachte das
Buch.
Man kann vielleicht dieses Argument durch die Erinne-
rung schwächen, dafs sich die Gewaltsamkeit der alttesta-
mentlichen Elvmologieen eben so häufig auf die Consonan-
ten erstreckt (Q 12, 4); eine desto festere Stütze erhält es
aber d durch den sicheren Ruckschlufs , der sich von dem
folgenden Zeitalter (Q. 50. 51. 52) auf das frühere machen
läfst.
2. Dafs eine solche Schrift schwierig zu lesen und
zweydeutig seyn muiste, ist nicht unwahr, kann aber nicht
zum Einwurf dienen. Die Kennlnifs der Sprache, beson-
ders der Muttersprache, ersetzt viel, ist ja auch zum Lesen
der etymologisch geschriebenen neuem Sprachen (des Franzö-
sischen, Englischen) unumgänglich. Ist uns doch die Le-
sung des Talmud und der Rabbinen nicht allzu schwer!
Leichtigkeit des Lesens mufs man aber überhaupt bey dem
Morgenländer nicht suchen; noch heut zu Tage lernt kaum
eiu \ olk länger und mühsamer lesen, wird weniger gelesen
und öfter mifsverstanden , als die Araber. Selbst einheimi-
sche Gelrhrten lesen selten unvorbereitet ein unbekanntes
Ms. ohne Punkte 17). Oeftere Mißverständnisse beym Le-
sen des Koran waren es aber vorzüglich, die die Einführung
der Vocalsetzung in denselben veranlafst haben sollen18).
5. Um jene Schwierigkeit einigermafsen zu heben, hat
man die \ ermuthung geäufsert, dafs sich die alten Hebräer
17) Elias Nisibensit (ap. Abrah. T-cchelleus. ad Ebedjesu catalc".
libr. chald. S. 173) '■ non possunt recte Irrere, r.isi tanquam diii-
nantes, aut ex traditione. Chr. Th. Tychsen a. a. U. S. 260.
) '■ olnry simplification des lansucs Orientale!. S, 20.
ig) Abrah, Ecchcllensis n. a. O. S. 227. Jo. JVforinns a. a. O.
S. 529»
1Ö8 Abschn, III. Geschichte der hebräischen Schrift.
vielleicht weit häufiger, als im gegenwärtigen Texte, der
matres lectionis iim bedient hätten , welche dann nach Ein-
führung der Punctation wieder getilgt worden wären, unge-
fähr so wie die unpunktirten Texte des Talmud, der Tar-
guraiin , und der Samaritaner auch weit häufigere "S ocal-
buchstaben haben19). Einiger unkritischen Gründe nicht
zu gedenken, hat man sich auf die hier und da im gewöhn-
lichen Texte befindlichen Lesemütter (Q. 55, 4) berufen, die
ein Ueberbleibsel jener alten Orthographie seyn sollen. Al-
lein die letzteren , die sich immer nur in gewissen Mss. fin-
den, und aus diesen in den textus receplus gekommen sind,
beweisen nicht das Geringste. Sie sind zum Theil neuer,
als die Vocalsetzung; alle aber sind Produkte einer schwan-
kenden Orthographie, die sich besonders die spätem Ab-
schreiber, wie ein Blick in KennicotCs \ariantensammlung
beweist, in Menge erlaubt haben. Die ganze Behauptung
ist aber, so sehr man sie beschränken mag, gegen alle Ana-
logie altsemitischer Schrift. Die ältesten phönizischen In-
schriften und Münzen beobachten eine ungemeine Sparsam-
keit der Lesemütter , und lassen sie fehlen , wo es im He-
bräischen fast nie geschieht20). Auch noch die jüdischen
Münzen schreiben bald plene , bald defective (z. B. dV^iv
und D^unT», mn und min). Derselbe Fall ist in den al-
tern hebräischen Schriften. Eist in dem zweyten Zeitalter,
iq) (Capelli) arcan. -punctationis I, iß. ig. Jo. JMoriuus a.a.O.
Exercitatt. bibl. II, excnit. XVIN, c. 3. Bauer mannt Handb.
der bibl. Literatur. Th. I. S. 8# iT. , und ander« bey Löscher
S. 297 ff. Uebertriebener und unkritischer wurde die Hypo-
these, als sie St. Morinms (de lin^ua prwtaeva S. 3.^0 ff., Vgli
Vitrine* obss. s. S. 73) tu A. auf die 5 Buchstaben ausdehnten,
welche llieronymus aus Mifsverslaml Gutturalen nennt (y^inn).
Die Widerlegung derselben s. in Dupuy sur les voyelles de la
langue hebraique , in den JVlenwires de Cacademie T. XXXVI.
S. 239. Mkhaelii verni. Schriften Th. 2. DO. 1. §. 15 — 22.
JaJuis Einleü, in das A. T. I, S. 357. Bauer Grit. s. S. 146.
jo) S. den Excurs üb. die puünisMche Sprache no. 3.
Vocale u. Losezeich. Q-50« Voeahctz.d. Septuoginta etc. igo,
wo die Sprache halb erstorben war, wurde die Script lo plena
herrschender (aus keinem andern Grunde, als um das Lesen
dadurch zu erleichtern, s. oben S. 53), und hieran schliefst
sich dann die Orthographie des Samaritaners , des Talmud,
des Neuhebräischen und Chaldäischen. Diese im masore-
thischen Texte sehr deutliche Stufenfolge ist aber eben so
gewifs acht, als sie in der Sache selbst und der Analogie
gegründet ist. "Wie hätten auch die spätem Punctatoren
sich, wie jene Vorstellung will, die Tilgung so ausnehmend
vieler Buchstaben des Textes erlauben sollen ? Wie wäre
dann ferner die durchgängige Abweichung der Vocalsetzung
bey den LXX (s. $. 50) erklärbar?
Vocalsetzung der Septunginta, des Josephus u. s. w.
1. Aus dem Zeitpunkte des gänzlichen Aussterbens des
alten Hebraismus haben wir einen wichtigen Zeugen über
die Beschaffenheit der hebräischen Schrift an den LXX.
Nach genauer Prüfung scheinen mir diese aus einem voll-
kommenen vocallosen Texte hervorgegangen zusevn, und
die "Vorstellung des vorigen Q. wird dadurch um so mehr be-
stätigt, da es gar keine Wahrscheinlichkeit hat, dafs man
"V ocalzeichen gehabt, aber nicht gekannt oder benutzt ha-
ben sollte.
Zahlreiche Sammlungen solcher Abweichungen aus allen bibli-
schen Büchern s. bey St. Morinus Je Lingua -primacva S. 385- 9&
Capelli Crit. Sacra ed. Vogel- Schar fenberg S. 5°°~ 5'i5- Vgl.
IVcflers philol. krit. Fragmente (Cassel 1785) H. 2. S. 10 ff.
Man hat eingewandt, dafs diese Uebersetzung dessen
ungeachtet so oft und zuweilen so auffallend mit dem jetzi-
gen punhtirten Texte übereinstimme, als nach dem blofsen
Zusammenhange und ohne gewisse Zeichen im Texte kaum
erklärlich sey, dafs sie namentlich «*«£ biyo/xcvx, die sich
lediglich durch die Vocale von andern bekannten Wörtern
unterscheiden, vollkommen richtig erkenne, was ohne einen
1 90 Absehn. III. Geschichte der hebräiscJien Schr/ff.
"Wink in derSchrft kaum denkbar sey u.s.w.2, ' ). Um dieStärke
oder Schwäche dieses Arguments zu übersehen, soll hier eine
kleine Zusammenstellung von Worterklärungen der L.XX,
zunächst aus dem Buchstaben n, folgen, aus welcher es
klar wird, dafs doch der Zusammenhang und die Tradition
ihre einzigen Führer gewesen seyn dürften, von denen sie
aber nicht selten verlassen wurden.
a. Sie unterscheiden allerdings beständig die Wörter : SN und
2n; bn.N, &>j«i hzx; ]fk und d-otn 5 Mos. 25, 14; cpn*<
und DTiJ* Jes. 13, 21; i>* (wo? ) und ^N (wehe! Insel); nS^H
(Maafs) und nii"*« (wo?); ]V2X und Ji»N Sprüchiw. 8> 3°»
]teH und l»N Ilohesl. 7, 2; n3"lH ^ Heuschrecke) und r;2*lN (Git-
ter); "|3N ^Asche) und ISN 1 Kün. 20, 5ß. 42; nrn« (Cara-
Vane) und nnlN (Portion); ntt'N (Opfer) und nTH u. s. w.
Aber in allen diesen Beyspielen entscheidet wnklich der Con-
text augenfällig und eben so richtig unterscheiden sie
b. ganz gleichtonende Worter, z. B. nN x$eX$os und nN i^xu'
cot ; 3iM (Schlauch) und DiN (Zauberer); t\n (auch, aber) und
t\H (Nase), wo also doch lediglich der Zusammenhang Richter
seyn rnufstc. Auf der andern Seite aber
c. verwechseln sie auch Wörter, die sie sonst wohl zu unter-
scheiden wissen, wo nämlich der Context schwankt, oder der
Uebersetzer ungewandt und unaufmerksam ist. Z. f>. Jes. 1 7, 1 1 ;
UJiaN 2N2 w* x«T>ig u&gurto'j (U,'i;N 3JO) Viil. Jer. 1 7, 9. 16;
B*Sp** aXoj; Ps. 45, 10, aber aKijvut (CP~>nN) ^ Mos. £4, 6.
Sprüchw. 7, 17; 1»K gew. iXocQos, aber Klaget. 1, 6 xpios (S^N);
rViN gevv. eXxtpos f aber Plur. ni?"»N Holiesl. 1, 2 *V^vf (wie
n^S"'«) ; nViH 1 Mos. 49, 21 crtltxos (hVm); Sn ^r (Sn) Ps.
7, iT2; Ifl* * jyjgo (Tiii) Ilohesl. 4 . ö J ^R** »/u«* Ö-HN) Ps.
74. 9- ... >
Durchgehends unterscheiden sie PnM (Schwur), rnN (diese),
fi'^Ni (Gott), aber nicht r\hü , n^N , weil beydes Namen von
Bäumen sind, die der Zusammenhang nicht schied22).
Aufser dem Context, der in den angefühlten Stellen
2i) Bu\torf de punet. orig. S. 116 IT. Pococke im Comment. zn
Jlosea. Eichhorns Einleit. II, i5{3 not. m, BertholtWs Ein-
leit. S. 176.
22) Die Beweisstellen s. in Trommii Lex. hehr, hinter den Con*
torä. grueeis c JLXA intvp.
J'ocaleu. Lesezeich. Ö- 5°- Vocahetz.d.Septuaginia etc. 191
zur Entscheidung hinreicht, mochte auch exegetische Tra-
dition und Reception das ihrige thun. WJan denke nur an
die Versionen aus dem sicher unpunktirten sam. Codex.
So namentlich an mehreren Stellen, wo das Daseyn gewis-
ser Fingerzeige im Texte auf den ersten Anblick sehr an-
nehmlich scheint, aber die Abweichung anderer Versionen
wieder gegen sich hat.
1 Mos. li, 3 unterscheiden alle Versionen ißn (Asphalt) und
das allgemeinere *lt5fl (Lehm, Kiu); aber eben so auch der Sama-
ritaner, der doch zweymal "\X3Tl liest, ohne Zweifel auf den
Grund einer Tradition.
Ebend. 22, 14 fol^t die LXX der heutigen Vocalsetzung nNT'-
n^t'^, , ilfov - dfySt]. Aber Vulg. Syr. Sam. haben beydemal das
Activum.
Ebend. 36, 2/j. behalten die LXX das dunkele D^y zwar bey,
verwechseln es also nicht mit dem gewöhnlichen D^TD* (Meere),
aber sie schreiben lot/uitv (nicht etwa Itfitiv^ , und der Syrer hat
aquae. Dafs man verschiedene exegetische Traditionen darüber
hatte, zeigen der Sam. (d^k), der Araber (mulij.
2. Dasselbe Resultat gibt die Art, wie die zahlreichen
Nomina proprio, des hebräischen Textes im Griechischen
wiedergegeben sind. Theils hat man sie mit ganz andern
Vocalen ausgesprochen, theils nur nach andern Regeln der
Vocalisation , welche von der masorethischen abweichend,
zum Theil der arabischen und syrischen analog sind23).
a. Ganz abweichende Vocalisation haben z. II. ifiEN A«t«5/
n^j»i Po«?X/«f, rpjss i;o$ovtus, "Oaö "Eoßox** U.A.
b. öofern die Pronunziation der L.XX als eine von der masore-
thischen verschiedene Mundart erscheint, bringen wir sie in fol-
gende vergleichende Uebersicht :
u) Für das Schwa mobile im Anfange der Wörter stellt ein
Vocal, in den meisten Fällen u, ZotpovyX, 2ußcca,5, Zußw'Xmv,
selten g , B?X«xX , X*£ot//3</c* , vor 1 und •» auch wohl 0 und v,
"EooofAot , SoXo^tuv, ro.tto^«, ZopoßxßiX, ^vXiar, it/u , vgl. die
Regel vieler jüdischen Grammatiker, dafs das Schua mobile töne.
23) Vgl. Hilleri Onomast, sacrum, pag. 706 ff. Mäfch biblioth.
sacra. P. II. Vol. II. S. 35 If. V^b unteu J. 54, 2.
192 jibschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
wie der folgende Vocal. (Im Arabischen ist bekanntlich die rol-
lere Aussprache mit einem Vocal der Schriftsprache , die kürzere
" V
wie triek für K^K}r^2 der gewöhnlichen Umgangssprache eigen.
Im N. T. wird das aram. ^*^^ Stxkirec ausgesprochen). In
der Mitte wird es selten ausgesprochen, wie m-iiSSn akk-.)koiu\,
aber doch zuweilen ; so selbst das sogenannte Sc luv a quiescens,
1V3W "Eivvixotq, hw^VC* Yafxxkiyk, Hpi*1 V&ßtv.v.ot.
ß) Für Patach , welches gewöhnlich bleibt , steht zuweilen
auch s, z. B. MfX^jffeSi/t, TtSos/xavy (■OEtynil)» Ns(£>SaX£</x
(••Snas), nVnttf^N EkiffajStD. (So liest der Araber das Fatha
vor n> und V£5 wie ä, e).
•y) Statt des Patach. furtivi unter Gutturalen am Ende steht ein
kurzes s (wie im Arab. 0* % J nu?!ih , 'pzl+MA+J I almesiehh),
Sterin «n.*>jj, vaSs rEXßcue, JMpn 0***8, nia: Zavws.
6) Das aus zwey Schioa entstandene Chirek im Anfange der
Wörter, ist meistens « (nach Art der Syrer und Araber), selte-
ner 8, z. B. DVSa BaXaa/*, ]**7£ Mahiav , ]1lüEtt> Iä^^wv,
|1Y|J> Ks&pwv, fast einzig ist ]1i*c» Ev/jlswv.
tj ¥~- ist häufig ai (wie im Syrischen und Arabischen), und
^-r- t< (was aber mehr an der griechischen Aussprache liegen
mag), daher ]2*p Kaivav, |ß*r» ©a^av, D^NBI. P«(Jli»ijU.
<j) i und !) sind zuweilen au , ]31n Atvav, 133 N«ßau (nach
syrischer Weise), vgl. y*V Aveirtf.
>)) Kibbuz ist immer o, ^M**** 0£<>)X, MfflN O/xya-jui?, n1~D
5) vund * im Anfange der Wörter lauten gewöhnlich wie r,
tVlVP ISovrovv, fltW^ Ioui«, prüf Icaarv. ; letzteres selten wie
18, WD*"*1 Isfs/M««f. (Derselbe Fall ist im Syrischen, und im
T : : V
vulgären Arabisch, wo . «OO icum lautet. Auch fiir das He-
bräische gibt diese Regel Salomo ben Melech zu Micha <5, 8)«
«) Die Verdoppelung ist häufig beym Resch, als pn Xa^pav,
rHUJ E«f f« , Dlfcy To/xc^a, auf die Gesetze des Dagcsch len»
wird nicht geachtet, daher ^a^aw, <bvktorst/x u. s. v\\
*t) Die Segolatformen (wie 1|Sb) haben häufig «, AßiX, lafyiü,
Aa/xsx, te^aßik, doch auch wie Aßi/ueXt^, Eß*£ ; die von der
Form ^Sfc lauten wie MeXo^. Mo<rox> Boo£.
3. Von derselben Beschaffenheit, wie die bisherigen
Reyspiele, sind auch die in den Fragmenten der übrigen
Vocale u. Lesezeich, (j. 5 1 . in den Tai-gums u. dem Talmud 193
griechischen Versionen, und beym Josephus. Letzterer ver-
räth auch dadurch einen unpunetirten Text, dafs er gewöhn-
lich von der Orthographie der LXX abweicht, so oft er
nicht diese , sondern den hebräischen Text selbst benutzt
(5-*3, i).
Einige Bevspiele sind : «0 Nomina -proprio, als *lSü33 Na3£>u&q$
(LXX Neߣ>wdj, nl^ÖJD Kairoi.^«, pi2^ taßar.yjg , aber |Dp*
LXX lav.rav Jos. Icly.tÄs. b) Andere Appellativa : V32H_ aßavvjS,
JiINn Jtupwv, jtön sffer^v (wie ]tfn), r>2£3*£)ö /xac-uaßailavvjf,
D33SÖ yu«<rv«gu(pS>j? , 1D3323 /Jiava^otffyf , ntt'N JJffff«. Zu dem
Mangel au Vocalen kommt hier zuweilen auch noch das Bestre-
ben, die Form der Wörter in etwas <m liellenisiren.
4. Fände man sich ungeachtet des Bisherigen bewogen,
mit Sehultens , Michaelis , Eichhorn und A. ($). 4tf, 1) schon
in diesem Zeitalter gewisse Fingerzeige für den Leser anzu-
nehmen, so würde man zunächst wohl an einen diakriti-
schen Punkt oder Strich zu denken haben. Dafür ist der
Samaritanische Pentateuch, welcher noch vor den LXX von
jüdischen Abschriften ausging , und wenigstens jetzt dieses
Zeichen hat (wiewohl nicht dargethan werden kann, ob er
es schon so früh hatte;; ferner die altsyrische Schrift, wel-
che doch sicher ein Abkömmling der Quadratschrift ist. -—
Die Lesemütter des samaritanischen Codex geben eiu ähn-
liches Resultat, wie die LXX (s. Q. 55, 4).
& 51.
Spuren derselben in den Targums und dem Talmud.
1. Sehr auffallend ist hiernach, wie sehr sich schon die
ältesten Targums an die gegenwärtige "\ oealsetzung an-
schließen. 3Ian würde zu der Yermuthung hingezogen
werden, dafs wenigstens palästinensische Schnftgelehrte
schon damals punetirte Texte gehabt hätten, wenn nicht
Jusephus und Jiieronymns dagegen sprächen; jene Ueberein-
stimmung erklärt sich daher richtiger dadurch, dafs man
umgekehrt die Lrklärungen der Targums bey der spätem
N
ig4 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
Punctation zum Grunde gelegt bat. Einige ganz spate
können allerdings auch schon punctirte Texte vor Augen
gehabt haben.
Die Abweichungen von der jetzigen Punctation sind unbe-
trächtlich. Z. B. 1 IVIos. lA. 5 Dn3 Tut", in eis (uns). Hos.
ii, 12. Jes. 56, 11. Vgl. «St. Morinus de ling. primaeva
S. 399.
2. Ausnehmend schwierig und dunkel sind die Aussa-
gen des Talmud über diesen Gegenstand24). Dafs keine
namentliche und ausdrückliche Erwähnung der Puncte dar-
in vorkomme, ist sicher und allgemein eingestanden zs\
aber Stillschweigen von einer Sache, die man als bekannt
voraussetzen konnte, ist allerdings nicht ganz beweisend.
Die zahlreichen hier in Frage kommenden Stellen, beson-
ders aus der Gemara, zerfallen in zwey Classen, a) solche,
Wo man über den Sinn gewisser Bibelstellen streitet, inso-
fern dieser von verschiedener Pronuntiation abhängt. Z.B.
ob Hohesl. 1, 2 5p*j1l oder tp/ill zu lesen sey, 2 Mos. 21, 8
flÄi oder 1133, 3 Mos. 10, 25 Diittlttj oder B^atf, Jes. 54, 13
n»3 oder n»326). Eine rabbinische Legende läfst äogar den
Joab seinen Lehrer tödten , weil er ihn 2 Mos, 14, 17 statt
13» aussprechen gelehrt habe *Ot27). Letztere setzt we-
nigstens klar voraus, dafs sich die Talmudisten zu Davids
Zeit eine ganz unpunetirte Schrift gedacht haben, und ist da-
her analog mit ähnlichen Streitigkeiten , welche über den
unpunetirten Koran entstanden seyn sollen28). Beydes
24) Für die Erwähnung der Vocale im Talmud streiten Buxtorf
de orig. -punetor. vocal. S. 76 IT. 101 ff. G. O. Tychsen im
Repevtor. Th. 3. S. 105 ff., dagegen Jo. Morini Exercit. bibl.
II, exercit. XU, cap. 3-5. exercit. XV, c. 3-5.
25) Buxtorf (d. alt.) Tiberias p. 8°'
26) Mischna Aboda sara 2. §. 4- Gem. Kiduschin c. 1, Fol. iQ.
Sänke drin c. 1. Fol. 4» A. Sota cap. 1. Fol. 4- B«
27) Baba bathra cap. 2. Fol. 21. A. B.
2Q) S. Note jtf.
Vocale u. Lesezeich. Q. 5 1 . in den Targums u. dem Talmud. 195
aber, namentlich jene Streitigkeiten, versetzt uns in eine
Zeit, wo man die Zweydeutigkeit eines unpunctirten Tex-
tes immer dringender zu fühlen anfing, und wo sich zu-
gleich schon eine Reception der Aussprache in einzel-
nen schwierigen Stellen gebildet hatte, an welche man sich
gewöhnlich beym Vorlesen hielt. Auf diese scheint sich
die Phrase zu beziehen, welche bey solchen Streitigkeiten
häufig vorkommt, und verschieden erklärt worden ist29):
rn/iOJcS DN «hl Nlp.E.V C« & est maier i. e. ratio s. funda-
mentum lectioni , sed est etiam mater Masorae. Nipo be-
zeichnet hier wahrscheinlich die recipirte Art, den Text
zu lesen, mic» eine traditionelle Erklärung des Textes,
welche in diesem Falle in Widerspruch mit jener Aus-
sprachsweise steht30). In unseren Ausgaben des Talmud
ist der Text selbst in so entscheidenden Stellen unpunctirt,
so dafs die Pointe aus dem Zusammenhange errathen wer-
den mufs31). Indessen sollte man glauben, dafs ein Lese-
zeichen gerade in solchen Stellen fast unentbehrlich gewe-
sen wäre. — Eine andere Classe bilden Z>) die Stellen, in
welchen gewisse Zeichen im Texte genannt weiden, näm-
lich min i!01>t3 (Gem. Berachoth Fol. 62), D^»I?t3 pio^a (Ne-
£9) ßuxtorf a. a. O. S. 103. Jo. Mor'mus S. 456. Tychsen
S. 106.
30) Jo. JVIorinus a. a. O. : Hinter lecthnis est usitata lectio et die
tionum eo loco pronuntiatio vulgaris, qua dictiones ex pluribus
significationibus , quas textus seu IMasora ferre -potest, ad unam
contrahuntur. Unter nilDÖ verstellt derselbe hier den von
Mose überlieferten unpunctirten Text, aber dieses kann nicht
in Widerspruch mit der Klp» gerathen, auch nicht wülkühr-
lich angenommen und verworfen werden. Buxtorf und Tych-
sen verstehn unter Nlpö den schon punetirten Text.
31) Z. B. Baba bathra a. a. O. Cum venit (Joab) ante David
dixit ei , quare sie fecisci ? Respondit ei , quia scriptum est
pS»y 131 PN nnön. Regessit David, sed non legimus 12T.
Dixit ei Joab : docuerunt me legere IDT. Ivit et interrogavit
praeeeptorem suum, dixit Uli; quomodo doeuisti me legere?
Dixit ei; 13t cet»
N a
\tj§ Ab sehn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
darim c. 4. Fol. 37. Megiüa c. I. Fol. 3 ad NeJiem. Q, Q IIa-
giga c. 1. Fol. 6) und D*OSi& (Nedarim FoL 53)3i). Der
Ausdruck D^ßVE , welcher späterhin der gewöhnliche für
Accente ist, ist vielleicht hier im weitern Sinne von Vocal-
und Interpunctionszeichen überhaupt genommen33), wie-
wohl die Verbindung mit pio^a und der Zusammenhang der
heyden letzteren Stellen lediglich auf Wort- Sinn- und Vers-
abtheilung zu führen scheint. Der letztere (c^e^d) wird
schon von liaschi durch V.p3 d. i. A oealpunete erklärt, wel-
ches auch in den Zusammenhang pafst34), kommt aber al-
lerdings sonst nicht in dieserBedeutung vor. Die Auslegung
bleibt zweifelhaft; am Gezwungensten ist, mit Elias Levita,
Jo. Morinus u. A. in diesen Stellen gar keine Zeichen , son-
dern blofs die bezeichnete Sache, die richtige Tonsetzung
und Abtheilung verstefm zu wollen.
3. Gar leine Spur von \ ocalbezeichnung erscheint bey
den ungefähr gleichzeitigen ältesten Bibelkritikern, den
Urhebern oder Sammlern des Kri und Chethib (Q. 21, ",).
Alle diese Lesarten beziehn sich nämlich lediglich auf die
Consonanten.
ö. 52-
Fernere Spuren bey Origencs , Ilieronynius u. s. w.
Deutlicher, als der Talmud, führen einige ausdrückliche
Aussagen des Hieronymus auf das nunmehrige Dascyn ge-
32) Euxtorf S. 76. Morinus S.
33) Tychsen a.a.O. S. 10Q.
34) Die Stelle lautet: "inS in3!VDl tOW*) Ipwn mir.* "»M nVn
Dva ]rmn rTO**pna nS D^icc lnb lnane. dafs, weil die
Juden ihre Sprache sorgfältig bearbeiteten , und die Zeichen
unterlegten, sie das Gesetz, in ihren Händen bestätigt erhielten,
die Culil.ivr aber, weil sie die Spiathc- nicht bearbeiteten a und
die Zeichen nicht untersetzten, ihr Gesetz nicht bestätigt er-
halten haben.
Vocale ii. Lesez. Q. ,52. Spuren bey Origen., Hieran. u. s. n>. 197
wisser Lesezeichen35). Auch die Aussprache der hebräischen
Wörter in den Hexaplis des Origenes , bey Hieronymus und
einigen Gleichzeitigen ist zwar ebenfalls noch schwankend,
und der Pronuntiation der Alexandriner analog, jedoch, wie»
es scheint, schon etwas fixirter, als jene96). Ueber beyde
Gegenstande hier insbesondere.
1. Die heutigen "Vocalzeichen und ihre Namen kennt
Hieronymus so wenig, als irgend einen technischen Aus-
druck der hebräischen Grammatik. Er erwähnt vielmehr
ausdrücklich und als Eigentümlichkeit der hebräischen
Schrift, dafs sie in der ]Mitte der Wörter nur selten Vocale
habe (so nennt er die Buchstaben i'ii.ix), sondern dafs die
Consonanten derselben nach Willkühr der Leser und Ver-
schiedenheit der Provinzen unterschiedlich ausgesprochen
■wurden37). Daher die häufige Bemerkung, dafs ein Wort
bey verschiedener Aussprache Verschiedenes bedeuten kön-
ne38). Er bedient sich aber dabey des Ausdrucks accentus.
35) Lapelli Arcaru -punct. revel, I, 10. Jo. Uforwus a. a. O.
S. 465« St. üMorinus S. 404 ff. Dagegen Buxtorf de punctor.
vocalium origine S. i45 ff* &> O. Tychsen a. a. O. S. 127.
Vgl- (Dupuy) über die Vocale in der hebr. Handschrift des Hie-
ronymus, im Repert. Th. 2. S. 270. Jalins Einleit. in das
A. T. I, S. 340 ff.
36) Jllontfaucon quomodo vet. mterpretes hcbraice legerint, in
Orig. Hexaplis. T. II. S. 397 ff., wieder abgedruckt in TJ'ol-
fti Bibl. hebr. II, S. 655 ff. Jahn grammat. hebr. ed. III, S.
443 ff. Ueber eine Stelle des Clemens Alexand. (Strom. III,
p, 529. ed. Botter), welche einige von hebr. Vocalcn erklärten,
s. Bibl. Bremensis. T. II. S. i47*
37) Epist. 126 ad Evagr. Kon refert, utrum Salem, an Sa-
lim nomine tur , cum vocalibus in medio lilteris perraro utantur
Hebraei et pro voluntate lectorum atqus varietats
regio n um eadem verba diversis s onis et accentibus pro-
ferantur.
38) Comment. ad Habac. 3, 5: pro eo, quod nos transtulimuJ
mortem, in Hebraeo eres literae sunt po sitae , Daleth, Beth,
Resch, absque ulla vocali, quae si legantur dabar* verbunt
198 Abschn.lll. Geschichte der hebräischen Schrift.
welcher zuweilen zwar nur die Pronuntiation selbst39), zh-
weilen aber wirklich ein Zeichen derselben im Texte anzei-
gen mufs, vielleicht als Uebersetzung des talmudischen Aus-
drucks Dl>£40).
Die Uebersetzung des Hieronymus schliefst sich weit
mehr, als die LXX, an die jetzige Vocalisation an4').
2. Die Aussprache der hebräischen Appellativa bey
Origenes , Hieronymus und einigen andern, ist analog der
signißcant , si de her pestem. Comment. ad Hos. 13, 3: ....
«"OIN; quod si legatur arba, locusta dicitur , si aruha fuma-
rifun. Vgl. zu 1 Mos. 26, 12. 56, 24. 38, 12. Hab. 3, 4.
Jes- 31, 9.
39) Zu der Stelle unter no. 37 vgl. noch Comment. ad Tit. 3, 6:
si forte erraverimus inaccentu, in extensione et breiitate syl-
labae , vel brevia producentes , vel -producta bre.viantes , söhnt
Judaei irridere 110s maxime in aspirationibus et quibusdam cum
rasura gulae proferendi!,
40) Comment. in Jes. 65, 15 £nS>92Hd)j pro saturitate , quae he-
braice sabaa, caeteri iuramentum interpretati sunt, quod rer-
bum multas habet intelligentias et pro diver si tat e accen-
tuum variatur. Vgl. ad Arnos 8, * 2« Eccles. 12, 5. Jon. 3,
4 : miror, cur ita translatum sit, cum in Hebraeo, nee literarum,
nee syllabarum , nee ac centuum, nee verbi sit ulla communi-
tas. Gen. 33, 29: utrumque enim [consunimata, paeißca] ac-
centu paululum declinato hacc vox (oVty) signißcat.
Der Gebrauch in den Druckereyen, die Vocale Accente zu nen-
nen, rührt vielleicht von den sonst oft gebrauchten jüdischen
Setzern her. Aehnlich sagt Chardin {Voyages vol. III. p. 14?)
von den arabischen Vocalen : leurs voyelles sont proprement des
accens. — Für das Dnseyn gewisser Zeichen im Texte spre-
chen vornehmlich wohl Stollen, wie Comment. ad Jes. 32, 2
(]VX5): Verbum hebraicum LXX. et Theodolion in Sion inter-
pretati sunt: pro Sa jon i. e. siti legentes Sion, quae iisdem
literis scribitur. Vgl. zu Jes. 5, 9. 30, 26. Ps. 90, 8- 4 ^Ios>
48. u. a. Stellen bey Buxtorf S. 147 ff. Denkbar bleibt übri-
gens, dafs die mündliche Anweisung seines Lehrers hier ofe
zum Fingerzeige diente.
41) Capelli Crit. s. ed. Vogel Schar fenberg T. II, S. 858-
Vocale u. Lesez. §. 52. Spuren bey Origen., Hieron, u. s. w. 199
oben (Q. 50, 2*) aus den LXX beschriebenen, nähert sich
aber doch mehr der gegenwärtigen 42).
a. Ganz abweichende Vocalsetzung findet sich z. B. in l^H eX8
Ps. 49, 2, *3pl? ctKOvßctsi Chrysost. ad Ps. 49, 6, V\L'*h lajesua
Hieron. Hab. 5, 15. V^ iare Hieron. Jer. 15, 12 u.s.w.
b. Insofern die Pronuntiation im Allgemeinen dialektisch ab-
weicht, ordnen wir sie unter folgende Fuibriken :
«. Das Schwa mobile im Anfange der Wörter wird selten über-
gangen, wie ßgviztS- (Orig. Gen. 1, 1), sondern ist gew. ein kurzes
<*, besonders wenn noch ein solches folgt, D^U sababim, D">"i33
jihagarim, Tijj2 phacud, S^CS chasil, ödere, bethula, berith, ge-
bura, vor s auch i, pnv' siin (Jer. 53, 21). Das Schwa quietcens
wird nicht ausgedrückt.
ß. Für Vatach im Anfange der Wörter steht zuweilen e , ri3
geth, Sab 5 Selsel> ^^[l li?yß^ (Ps- 48> z)> Vgl. n3ttj ffevv«
(£pi>Ä.)
-y. Eben so für das Patach furtivum m*l rae, nate ^cc<7ßi)tfi
l'l'i', JMp *"«» c«e (Ezecli. 23, 23), und das Patach unter Guttu-
ralen nt:D iefe (Gen. 56, 25), ]H3 fo?e;z, 5*3ty P3 ß^traSts.
5. Statt des Chirek im Anfange der Wörter ("aus zwey Schwa)
steht a: VrCC magdal, mjrjbo pakaux, ]i*y anian, noch häufiger
aber e, 1i3ä ysßßwj, ni?j;n Sj/xu, ]3 men, D"H2CB mesraim, D3H
ennom, c*V) seddim.
s. Für Kibhuz ist häufig 0, -I^S chollo (andere codd. chullo"),
nV.tC sgolla, Q*4VZ) maoziin, ]r\iyn'h vcocSa/x,
<. 1 und * lauten wie 1, sinaia"; ibarcheu, liSC e0Vuß«uv«s
niV"" illave , ebenso 1 und T wie u, N*"ipft,l ponif«, la'pl e-j<Sa»
ß>)5>, WtW>1 ou«ffff«KJji dagegen in den jetzigen Ausgaben de*
Hieronymus auch vajomer, vaithen , vaibarcchehu (s. JVlont faueon
a. a. O. S. 599» Jß^« S. 466. So wird in der arabischen Vul-
/
gärsprache 5 auch wie n gelesen).
v). Pronominalformen von etwas abweichender Aussprache
sind: w* aa , fq und ?]— 7- beyde ac7i Arnos 4, 12. 44» 8* 47»
10, '"-rr eu, "P— <*v, au, TP— a/i , M^IStf ctfxovla Ps. 75, 4»
5. Die Aussprache der Verbalformen gleicht im Ganzen der
gewöhnlichen, und. -weicht nur durch vollere Vocale (*lp.*T. raka-
42) Vollständiger mit Belegen s. bey Montfauc.on und Jahn a. a.
O. Die lateinisch geschriebenen hebräischen Wörter sind
nach der Aussprache des Hieronymus, die griechisch geschrie-
benen aus den HexapHs,
£00 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
du, Jnin htdalu, }JO rau) und zuweilige Unbestimmtheit ab.
(Jahn 3. 47 °)«
i. Die Seijolatformen des Nomen erscheinen im Griecbisclien
meist einsylbig, als "|*ip v.<xq<j (/Itju. und Symm.j , T[T\\ ^e^X»
rHDS xoSapS, bey Hiercnymus aber zweysylbig und nach der
jetzigen Pnnctation, *i3i d<ber, *)U/1 reseph , 1p3 bocer , ebenso
Origenes pSnp nwaXs5 (Jahn S. 452)#
3. Will man hiernach noch die Frage nach der etwani-
gen Beschaffenheit der im Talmud und bey Hicronvmus er-
wähnten Lesezeichen (D^JD^t: , accenlus) wagen, so würde
hier die Hypothese von dem frühen Gebrauch dreyer Vocal-
zeichen im Hebräischen am meisten an ihrer Stelle seyn43).
Der sonst dafür versuchte historische Beweis imifs zwar auf-
gegeben werden44), auch ist das Alter dieser Vocalbezeich-
nung nicht ganz gesichert*5), allein der Umstand ist be-
merkenswerth , dafs fast alle eben genannte Abweichungen
hey einer so einfachen und immer zweydeiuigen Vocalbe-
zeichnung begreiflich bleiben würden, da sie sich fast nur
innerhalb der verschiedenen Nuancen der Hauptvocallaute
tewegen. Dafs sich überhaupt die ganze Vocalisation auf
diese drey Hauptlaute zurückführen läfst, und nur das
Schwankende derselben näher fixirt, dafs auch die Lehre
von der \ ocalverandeiung (der Umlaut) in der hebräischen
43) ^ OSSÜ Aristarclius I, C. 32. Jo. Morinus S. 544* Schulten*
Jnstit. ling hehr. p. 4ß. 62 JT. Michaelis comment. de Syro-
rum,rocalibus (in dessen Comment. Gotting. Biemae 1774) P«
174. §. 6. 7. Eichhorns Einleit. in das A. T. Th. 1. S. 162.
Dagegen Lauer Crit. sacra S. 146« Dess. Einleit« in das A. T.
S. 88-
44) £)ie Stelle des Buches Cosri p. i43- e<k Buxtorf, welche von
JMicha'Clis u A. dahin «edeutet winde, enthält nur eine Zu-
rflckfflhrung der 7 hebräischen Vocnle auf die drey Ilauptlaute,
welche in den arabischen Zeichen liegen. S. Dresde Vorrede
zur hebr. Grammat. Trendclenhurg Einige aus dem Hebräi-
siliin selbst hergenommene Gründe für das dereinstige Dascyn
dreyer Vocalzeichen , im Rcpertorium Th, 13. S. #0.
45) S. oben $. 4Q, 2.
Voccdetaid Lesezeichen, Ö-55- Gegenwärtige Punctation. 201
Sprache sich fast lediglich in den Gr.'inzcn derselhen hält, ist
längst heinerkt und gründlich durchgeführt worden46). An-
dere denken zunächst nur an den diakritischen Punkt47),
auch ist richtig, dafs sich der Ausdruck accenius im Sprachge-
brauch des Hieronymus nicht hlofs auf die Vocalsetzung be-
schränkt48). — Die Meinung, dafs man Anfangs auch
nur einzelne schwere Stellen punetirt habe, bestätigt sich
durch die Analogie arabischer und rabbinischer Codd.
Michaelis (Orient. Biblioth. B. 4, S. 2 2ß ff.) und J. IM. Jlartmann
(Eichhorn1 s Biblioth. VIII. S. 205) aufsein die Vfnnuthwtig , ob
nicht das sogenannt? Dag. neutrum mehrerer Handschriften ein
früheres diakritisches Zeichen sey, welches dann nach der voll-
ständigen Punctation faßlicher ausgelassen wurde. Die Beobach-
tungen dcä ersteren fuhren aber mehr auf ein Zeichen, wie das
w c
Tesdid conjuncliiuni der Araber, z. B. 3k. <~\3 « Ä- !«A3.
S- 53-
Entstehungszeit der gegenwärtigen Punctation. Einwürfe dagegen.
1. Unsichere Nachrichten aus dem vierten Jahrhundert
abgerechnet49), finden sich vom fünften Jahrhundert an
mehrere sichere Spuren der jetzigen Vocale Die Masora,
um diese Zeit gesammelt, wenn gleich noch nicht geschlos-
46) S. Trendelenlnirg a. a. O.
47) Clerici auaest. Hieron. S. 95. Dupuy a. a. O. S. 276. Vgl.
Jahn granunat. hehr. ed. HL S. 19.
43) Quaest. in Genes. 2, 23: -potest quippe Issa (n^'N) seeun-
dum varietatem accentus et assumtio intelligi.
49) Nach ihnen soll schon ü. Asse (See. IV) in Babylonien de
urcanis rwnetationis geschrieben haben (IMoses Kachmanides ad
Üb. Jrzira, bey Buxtorf S. 55). Allein es ist zu bekannt, wie
bereitwillig und unkritisch die Juden spätere Schriften altern
berühmten Verfassern zuschreiben, als daf;- eine solche Nach-
richt die sonst nicht wahrscheinliche Existenz der vollständi-
gen Vocalsetzung (denn diese wird in der daraus angeführten
Stelle vorausgesetzt) vor der Gemara begründen konnte.
£02 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
sen, nennt schon die meisten namentlich50), und bemerkt
ihre Abweichungen ; die Vergleichung der palästinensischen
und babylonischen Lesarten (See. Q~) bezieht sich wenig-
stens in zwey Stellen auf das IMoppik im TZe51), die Ver-
gleichung aber, welche Ben Asser und Ben Naphthali (um
das Jahr 1034) anstellten, geht ausschliefslich auf Vocale und
Lesezeichen. Ferner setzt die Version des Saadias und die
griechische der Marcusbibliothek (Q 30, 4) einen punetir-
ten Text voraus; die jüdischen Grammatiker endlich (von
See. XI an, s. $. 29) scheinen gröfstentheils nicht anders
gewufst zu haben, als dafs die Vocale von jeher geschrie-
ben worden (f>. 48» O- $IC müssen also keine Codd. ge-
kannt haben, die eine unvollkommene Punctation und das
Entstehen derselben zeigten52). Ueber die Karaiten s.
unten.
2. Soll hiernach die Zeit angegeben werden, in welcher
die jetzige Vocalisation gebildet und vollendet worden , so
sprechen in derThat mehrere Gründe dafür dieses schon im
6ten bis O^n Jahrhundert53), als von da bis zum loten an-
zunehmen f4), wenn sie gleich erst gegen die letztere Zeit
50) Nicht blos einige, gegen Capelli Arcan. punet. I, 12 s.
Buxtarf S. 189-
51) Eichhorns Einleit. I, S. £74«
52) Auch neuere Kenner hebr. Codd. reden nicht von einer sol-
chen Erscheinung. Uocli finden sich allerdings welche, in
welchen die Vocalsetzung nicht immer vollkommen gramma-
tisch geregelt ist. ( S. Michaelis Orient. Bibliothek. Tk. 4>
S. 219).
53) Für den Anfang des See. VI erklärt sich Elias Levita, für
See. VIT, u;id zwar für Nachahmung der Araber Jo. IMorinus
(Exercit. bibl. S. 525 IT.), R. Simon (hisl. crit. du F. T. I,
chap. 27), St. Morinus (de lin°ua primaria S. 420 ff.). Vgl.
J. JL Hart mann in Eichhorns Biblioth. d. bibl. Lit. B. Q. S.
109. — Hie ins Griechische umgeschriebenen Verse 1 Mos. 1,
2.6. 31 , bev Jo. Pliiloponus (um 610) befolgen ganz die jetzi-
ge. Aussprache. S. Tychsetn tentamen S. 153.
54) Tür den Zeitraum zwischen See. VIII und X spricht Eich-
f'ocale und Lesezeichen. Q-6). Gegenwärtige Punctation. 203
ganz allgemein verbreitet worden sern mag. Zwischen See.
VIII und X erwähnen die jüdischen Chroniken fast einzig
und allein babylonischer Gelehrten55), da doch diese gram-
matisch-masorethischen Arbeiten allgemein den Tiberien-
sern zugeschrieben werden,- ferner sehen die Arbeiten, die
wir aus diesen Jahrhunderten kennen, z.B. die spätem Tar-
gums, einen viel zu nachtheiligen Betriff von der ausgearte-
te ' öd r>
ten Beschaffenheit der Schriftgelehrsamkeit im Allgemeinen,
als dafs man diese Arbeit so weit hinabsetzen dürfte; endlich
war das Bedürfnifs in jener frühern Zeit ohne Zweifel schon
dasselbe, wie späterhin, und die Schwierigkeit der traditio-
nellen Fortpflanzung stieg immer mehr. Zugleich erklärt es
sich um so leichter, wie der wahre Ursprung der A oeale den
jüdischen Grammatikern schon ganz unbekannt seyn konnte,
wenn einige, gerade sehr dunkle, Jahrhunderte dazwischen
liegen. Dabcy hat es viel Wahrscheinlichkeit, dais die Vo-
calbezeichnung früher in den Schulen der Bibelkritiker gäng
und gäbe war, ehe sie in allgemeinen Gebrauch kam50).
Bestimmte Traditionen über jenen Ursprung der V orale, wie
sie die Araber haben57), fehlen ganz; denn Einiges, was
man dafür gehalten hat, verschwindet bey näherer Prü-
fung58).
hörn (Einleit. in das A. T. Tli. 1. S. 275), für See. VIII
Loivth Qhaiali, Lond. 1773) S. LV. Andere ncnnexi unbe-
stimmter See. VI »XI (Michaelis Orient. Biblioth. Vorr. Th. 7),
oder VII -X (Berthol dt Einleit. S. 175). Keine Rücksicht ver-
dienen Basnage (hist. des Juifs III, S. 705) und Calmet (dict.
hibl. S. 35), welche die Vocalsctzung erst durch Ben Asser und
Ben Kaphthali (See. XI) erfinden lassen.
55) Hottingcr hist. eccl. X. T. T. 1. S. 421 ff. 523 ff. 660 IT.
56) Humphr. Frideaux a. a. O. (S. §. /j8> -)•
57) §• 48» *■ Anm.
$0) Eine merkwürdige Stelle darüber glaubten Fourmont (Me-
moires de literature T. XX. S. 222-49), und Semmler (eigne
theol. Abhandlungen Th. 1. S. lyi tf.) in einem Pari er Cod.
{Kennkot. 204) gefunden zu haben. Allein schon houbl^ant
204 Ahsclm. III. Geschichte der hehräiachen Schrift.
3. Unter den Einwürfen, welche man gegen die spatere
Entstehung der Vocale überhaupt erhohen hat, scheinen
manche nicht unwichtig, doch lassen sie sich heben, ohne
irgend der Sache Gewalt anzuthun. ,,Es sey kaum denkbar,
sa»t man, dafs die Geschichte von einer für die Gestalt
der heiligen Scbriften so merkwürdigen Begebenheit schwei-
gen sollte."59) Allein sie schweigt von andern noch wich-
tigem Dingen in der jüdischen Literärgeschichte , von der
Sammlung des Kanon, von der Abfassung so vieler anony-
mer Schriften, und derselbe Fall ist bey ähnlichen Einrich-
tungen der griechischen und lateinischen Grammatiker. Die
Männer aber, die sich um das Geschäft am verdientesten
machten, rühmten sich wohl schon deswegen ihrer Erfin-
dung nicht, weil ihnen daran lag, den Schein der Neuheit
zu meiden, und ihrer Arbeit bald die Auctorität des Alter-
thums zu verschallen. Wie sehr dieses im Geiste der Juden
und des Zeitalters sey, weifs die Literaturgeschichte50).
Dazu kommt das Dazwischenliegen dunkler Jahrhunderte.
, Nirgends fände man Streitigkeiten über die Materie, die
man bey den streitsüchtigen Juden durchaus erwarten soll-
te?" Aber die oben genannten Stellen der Talmudisten
(ö- 31» 2) können allerdings für historische Spuren aus einer
Zeit der Beratschlagung über diesen Gegenstand genommen
werden. Späterhin fehlt es aber überhaupt an Acten über
die grammatisch-kritische Bearbeitung des Textes. Wie we-
nig wissen wir vom Entstehen der Masora ? „Die Masore-
(Not. crit. T. 1. S. 77. ed. Trancof.) zeigt, dafs sie sich auf die
Masora bezieht. Sie findet sich auch in einem Ms. der Masora
des Hrn. I). ßruns, wo das von Founnont falsch gelesene Wort
•lIOO Hs ont pomtue TOSü lautet, d. i. mnnerarunt (was auch
der Goutext verlangt). Auch die Angabe des Terez <le l'alen»
tiu (s. Scmmler a. a. O.), der die Sammler des Talmud dafür
halt, kommt nicht in Betracht.
59) Buxtorf S. 598- Robertson S. 65.
60) Jo. Morinus S. 421.
Vocale und Lesezeichen. <Q. 55- Gegenwärtige Punctation. 205
tlien bemerken schon häufig anomale und seltene Punctatio-
nen. Wie könnten sie dieses, wenn die Functation von ih-
nen selbst herrührte i Würden sie nicbt die Anomalie ver-
bessert haben, statt sie als solche zu bezeichnen4161). Al-
lein es ist bekannt, wie diese Bearbeitungen des Textes
nicht mit einem Male, sondern allmählich vor sich gingen.
Eine Einrichtung früherer Grammatiker konnte nach Ablauf
eines oder einiger Jahrhunderte schon eine solche Achtung
und Superstition für sich haben, dafs man nichts daran zu
ändern wagte, und in einer anfangs zufälligen Anomalie ein
Geheimnils suchte. Ein ähnlicher Fall ist ja mit den lilteris
maiusculis und minusculis , den aufserordentlichen Puncten
u. s. w. ,>Die Karaiten , heilst es endlich, die sich schon
vor dem Talmud von den Rabbaniten getrennt haben, ha-
ben die vollständige Punctation, die sie nicht von dieser
Gegenpartey angenommen haben würden, wenn sie erst spä-
ter entstanden wäre6z). Diese behaupten daher auch
selbst das hohe Alter der Vocalpuncte " 63). Allein über
das hohe Alter dieser Partey, als einer vollkommen getrenn-
ten und abgeschlossenen, läist sich sehr streiten64), wenn
sie auch der Sache nach früh existirte. Wenn aber die Karai-
ten selbst das Alter ihrer Partey und die Existenz der Vocal-
puncte hoch hinaufsetzen, so ist dieses Räsonnement, Folge-
rung und Alterthumsprätension , nicht Thatsache. Dafs
sie sich kein Bedenken machen, selbst aus gedruckten punc-
tirten Büchern vorzulesen, zeigt aber deutlich, dal» diese
61) Carpzov Grit. Sacra S. 252. Beyspiele s. in Leusden philol.
hehr. S. 124.
62) Jac. Robertson S. 54 fr. Sie lesen selbst aus puncthten Bü-
chern vor (s. Tychsen in Eichhorns Repertorium Th. 5. S.
103). Ucber die frühe Entstehung der Sekte, l'J'ölf notiüa
Kxtrueorum S. 111. Triglandus de secta Karaeorum S. 20.
63) Mardochaeus Karaeus bey TJ olf a. a. O. S. 152 ff.
64) S. Jo. IWorini exercitatt. bibl. lib. II. exeicit. VII» der die
förmliche Trennung erst in das ßte Jahrhuodert hinabsotzt.
2o6 Absclm. III. Geschichle der hebräischen Schrift.
Sekte überhaupt nicht wie die Rabbaniten, jede unwesent-
liche Neuerung als profan verschmäht. I
4. Die Namen der hebräischen Vocale entsprechen der Ety-
mologie nach gröfstentheils den arabischen (und syrischen),
wodurch ein historischer Zusammenhang zwischen densel-
ben wahrscheinlich wird. Die Vervielfältigung der ersteren
zeugt vielleicht für ein relativ jüngeres Zeitalter. Dafs die-
se Vervielfältigung allmählich geschah, zeigt wohl der Um-
stand, dafs mehrere noch spätere Vocale zuweilen unter Ei-
nem Namen begriffen werden.
So heifst Zeve zuweilen das kleine Kamez, und Segol das klei-
ne Patach, auch Patach geradehin. Schurek scheint auch das
Kihbuz zu umfassen. Raphe steht vielleicht auch für Schwa
(Starkii lux gramm. S. 29. Jo. Morinus S. 537). Bis auf Kim-
chi, welcher die Eintheilung in 5 lange und 5 kurze Vocale
machte, giht man gewöhnlich sieben an (o^bö ni>2UJ), wo Chi~
iek parvum , Kamez chatupli, und Kibbuz fehlten. Allein man
mufs deshalb nicht glauben , dafs auch die Zeichen für dieselben
gefehlt hätten, und noch eine Pieforni der Punctatiou vorgenom-
neu sey. Kamez chatupli und Kibbuz wurden ohne Zweifel mit
unter Kamez und Schurek begriffen.
Den arabischen Vouilzeichen entsprechen die hebräischen auf
folgende Weise :
f t ° l
Für Tatha ('^>n't't OeiTnung sc. des Mundes) d. i. a, ii ha-
ben die Hebräer das kürzere nn5=&2ElÄJ, ur>d aas längere
Y»p constrictio sc. oris , mit Bezug auf die ( aramaisirende ) Aus-
sprache durch o.
Dem Kesre (Ö-m*^ distractio oris) d. i. e, 1 entsprechen **ix
ruptio, diremtio, SiiD (uva, mit Bezug auf die Gestalt), und pl^n
Stridor, für letzteres auch *12V' fractio = '^5^*M.^.
Für Damma (&*AO , collectio , contractio sc. oris) d.i. o, u:
D^in (1. i. integritas, quod integro Ore pronuntiatur, auch N'Stt
BIS plenitudo oris, p*).1U> sibilus , und y*ljD contractio = &+*0.
Aehulich entsprechen sich der Etymologie nach die Namen
\^Z^ und nmsn motio d. i. Vocal, C\J<-\mäJ und Wi (Vcr-
J T " r • vr
häitung, Verstärkung) "• $• W«
Vocaleu. Lesezeich. Ö-54- TT erth d.masor.Vocalselzung. 207
ö- 54-
Wurdifituae und Wcrtli der inasorethischen Vocalsetzmin;.
Ist die Aussprache des .Althebräischen hiernach eine
bedeutende Zeit lang in der Tradition fortgepflanzt worden,
ehe sie durch Schrift fixirt wurde, so entsteht nun die wich-
tige Frage, was haben wir an derselben? Gibt sie die rich-
tige Pronuntiation des Althebräischen, wenigstens im Gan-
zen und Grofsen wieder? oder ist sie ein Werk der Conjec-
tur und Willkühr? Kommt ihr auch im Einzelnen einige
Auctorität zu, oder darf sie der Exeget willkührlich verlas-
sen und abändern? Wir glauben, dafs man sich diese Fra-
gen zum Vortheil der Vocalsetzung zu beantworten habe6*),
und versuchen in Folgendem den Beweis dafür. Prüfen wir
zuvor die hauptsächlichsten Gründe dagegen:
1. ,,Schon das Subtile und Pedantische des Systems le-
gitimiren dasselbe als eine Erfindung gewisser Grammatiker,
welche aus Mangel richtigerer Kenntnifs das Aramäische
dabey zur Richtschnur nahmen." Jene Subtilität , die in
einer lebenden Sprache fast undenkbar ist, führt allerdings
sicher auf ein Werk ängstlicher Grammatiker, hebt aber
die Richtigkeit der Tradition, worauf das System beruht,
nicht auf. Von der Differenz der chaldäischen und hebräi-
schen Pronuntiation weiter unten.
2. ,,Die Pronuntiation der Ä^omm. proprla in den LXX
(Ö- 5o) > welche zum Theil andern Grundsätzen folgen, sey
darwider, und führe auf eine vollere, vocalreichere , dem
Arabischen ähnliche Pronuntiation"66). Wir antworten
65) So Elias Levita, Eich. Simon (I, chap. 27. in, 20, vgl.
pref.) , unter den Neuern Eichhorn (an mehrern Orten seiner
Schriften), de TVette (Comment. üb. die Psalmen S. 59), Bel-
lermann (Metrik der Hebräer, Vorrede).
66) Jo. Morinus S. 509 ff. St. Hlurinus, dessen verschiedene
Aeufserungen S. 5go. 583. 597« 437 aber nicht consequent
sind, ls. f'ossius respons. ad Sim. ob). S. 192. Capelli J'imli-
ciae S. 84a (dagegen 926). — Durchgeführt ist eiue solche
20ß Absdin. III. Gcschlcliie der hebräischen $ dir iß. ..
hierauf: Allerdings weichen nach der obigen Darstellung
beyde Aussprachsweisen wie zwey Mundarten von einander
ab, ohne dafs aber deshalb eine derselben geradehin ver-
werflich seyn niufs. Wir haben darin ohne Zweifel zwey
Pronuutiationsweisen des Hebräischen, wovon die eine in
Alexandrien, die andere in Palastina gewöhnlich war, wel-
che verschieden sind wie zwey Mundarten, und in einem ähn-
lichen Verhältnifs stehen, wie die an Vocal'en reiche, voll-
tönende Schriftsprache der Araber, und die dem Hebräi-
schen und Syrischen ähnlichere Volkssprache derselben67).
Tsoch Hieronymus lernte ausdrücklich68), dafs man die he-
bräischen Vocale pro parietale regionum verschieden spreche,
und gerade in der Vocalsetzung besteht auch die meiste Dif-
ferenz der arabischen Mundarten Air die alexandrinische
Pronuntiation schliefst sich auch Origcnes an ($. 52, 2); die
palästinensische der Masorethen hat aber ein bedeutendes
Vorurtheil für sich, theils weil die Tradition doch an Ort
und Stelle reiner zu seyn pflegt, theils weil die palästinen-
sischen Juden überhaupt in Rücksicht auf gewissenhafte Be-
wahrung des Traditionellen es den griechischen bey weitem
und in aller Rücksicht zuvorthun 69 ). Ueber die ähnliche
Pronuntiation der Samaritaner und deren Quelle ist schon
oben (fj. 24, 2) das iSöthige bemerkt worden.
arabisirende Pronuntiation von Greve (lraticinia Nahnmi et IIa-
baeuci. Anibtaelod. 1795. 4. Ultima capita Jobi. P. F. II. 1788*
91. 4). Vgl. Eichhorns Biblioth. der bibl. Literatur. B. 6.
S. 584-
67) Die Vorstellung von einer alexandrinischen Mundart des
Hebräischen j;ibt schon O. G. Tychscn (Tintamen S. ij-ö'O»
sucht auch historische Beweise da.iir herzubringen , welche
aber die Prüfung nicht aushalten (S. 153). Ihm folgt JMasch
(biblioth. saaa P. II. Vol. II. S. 5j).
f;g) S. Anm. 37.
69) S. oben $. 20. Jo. Morinus (S. f,ot). 510) macht den Tibe-
riensern unter andern zum Vorwurfe ( dafs sie eigentlich (.Tali-
laer waren, welche schon früh durch coirupte Aussprache be-
Vocaleu. Lesezeich. 5- 54« JVerlhd.masor.Vocalselzung. 209
5. „Die jetzige Vocalisation der Nomina proprio., na-
mentlicli der nichthebräischen, widerspricht der Ausspräche
derselben, die wir aus andern Quellen, und zum Theil zuver-
lässig kennen, z.B. das griechische |V eig. luv (]•)■») Griechenland,
das pers. w'*ii2 Kfgor (fc^lS), •^'H A«^f(0f (iypin), das ägyp-
tische ]u.;y, richtiger nach den LXX und den koptischen Ver-
sionen Testv (^2), das hebr. p*p IoöJavj/c (pV) , dS^J Eo-
Xi/jct« ^oStr) u. s w.70)." Allein, wer weifs nicht, wie sehr
und bis zur Unkenntlichkeit die Form der Nomina proprio,
oft verändert wird, wenn sie. in fremde Sprachstämme über-
tragen werden ? Dieser Fall ist hier namentlich mit dem
morgenländischen pi Griechenland , welches auch Araber
und Syrer (wie unsere Punctaloren) Japan aussprechen; an-
derswo kommt ohne Zweifel die hebräische Aussprache der
einheimischen näher, z. B. in den persischen Woltern ttöfl'lil
wahrsch. (pü,~> I pJ Darabesch, tf*il3 wahrsch. />0 n*£»-71),
wogegen die gewöhnliche griechische Form kein Gegenge-
wicht gibt. — Noch sicherer dürfte man sich auf die ur-
sprünglich hebräischen Wörter berufen, die die Griechen
von ihnen erhielten ;S. 66~) , und von denen mehrere anders
lauten, als in der jetzigen Punctation , z. ß. aiTM vvaureor.
Ep33.n eßaoij j1ß3 xvy.ivov. Allein wer ist uns auch hier gut
dafür, dafs das Wort nicht im .Munde der Griechen Aende-
rungen erlitten hat? Schwanken nicht die lebenden mor^en-
ländischen Sprachen gerade in ß_ücksicht auf die Vocale so
rüchtigt waren. Allein mufste denn diese nachlässige Aus-
sprache des ainmäischen Volksdialekts einen Einflufs auf die
Fronnntiation des Althebiäischen bey den Schriftgelehrten ha-
ben? Stauden diese niclit mit denen zu Jerusalem in Verbin dun»
und Stammten zum Theil von ihnen ab? Findet sich denn fer-
ner in der jetzigen Punctation eine Spur von Galilaismus?
70) Mehr angedeutet als ausgeführt, wird das Argument von
Hyde de relig. vet. Persarum S. 45. 65-67. und QBright) praef.
ad Lightfooti Opera T. I. S. 6,
71) S. das VVörterb. unt. diesen WW". , über ersteres im Nach-
trage.
o
21.0 Abachn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
sehr? Vor allen aber, erhielten die Griechen nicht diese
Worte unmittelbar von den Phöniziern, deren Dialekt doch
nicht in allen Kleinigkeiten coincidirte? Dafs die Ausspra-
che des Schwa mobile:, wie ein Vocal, gewifs schon bey den
alten Hebräern vorkam , lernen wir allerdings aus Beyspie-
len, wie rons xnwv, n2bS "kitSocvuris, ni^mp casia.
4. ,,Sie sey der Analogie der hebräischen Sprache in
mehreren Stücken zuwider. Diese nämlich schlicfse sich,
nach den Consonanten zu urtheilen , mehr an das Arabische
an, die Punctation aber an das Aramäische " 72). Es wäre
sehr zu wünschen, dafs irgend einer von den Urhebern die-
ser Behauptung einen einigermafsen eingehenden Beweis
derselben versucht hätte. Wie wenig bündig ein solcher
ausfallen dürfte , zeigt wohl die entgegengesetzte Behaup-
tung eines nicht minder gelehrten Forschers, dafs die
Punctatoren ihre Pronuntiation von der arabischen ent-
lehnt hätten73). Die unten folgende Darstellung wird
zeigen, dafs sie beyden, der arabischen und aramäischen,
gleiche und gleichen müsse, ohne deshalb von einer der-
selben nothwendig abhängig zu seyn. Am wenigsten Rück-
72) Hutchinson Vl'orks T. VII. S. 256 ff. Ihm folgten viele
englische Grammatiker, Sharp, ParkJmrst, Batss, unter den
Deutschen Adelung (Mithrhlaies Th. I. S. 363 ). Aehnlich
1 1 ald (allgeni. Gesch. der niorgenländischen Sprachen) S. 492:
„ so kann das syrochald.usche Punctationssysteiu uns nimmer-
mehr berechtigen, cbräisch zu den platten Mundarten 7.11 zäh-
len, "oder seine Verwandtschaft mit dem Syrischen über die nut
dem Arabischen zu erheben — so neiden wir an einem an-
dern Orte (wo? kann der Vf. nicht nachweisen) g&ns uner-
wartet zeigen, dafs z. B. der masorethischc Untcischied des tf
und jy nach aramäischer Aussprache angesehen ist, und dafs
die alten Ebräer wie die Araber aussprachen, wir also s zu
pronunziren haben, wenn im Tcxto ir , und seh, wenn \y
steht — . (S. dagegen §. 55, 1, Anru. a).
73) Jo. Morini exercitatt. bibl. S. 535. Ex vergleicht ihre Pro-
niuitiaiion des Ilebraisclicii mit der französischen und engli-
schen Aussprache des Latein.
Vocale u. Lesezeich. §. 55- TJ'erth d.masor.Vocnlselzung. 211
sieht verdienen die Urtheile eines Hutchinson und Mcts-
clef, welche unter andern die ganze Conjugation./Yf/ ein
Hirngespinnst der Punctatoren nennen. Als ob sich die
eigenthümliche Flexion derselben nicht eben so gut in den
Consonanten offenbarte (z, li. im Participhnn ) ?
ö«
:yj-
Fortsetzung.
Die positiven Gründe, welche für die Richtigkeit der
masorethischen Vocalsetzung wenigstens im Ganzen spre-
chen, liegen auf der einen Seite in der analogen Aussprache
beyder zunächst verwandten Sprachstümme, des Arabischen
und Aramäischen, ohne dals sie sich der einen derselben
vorzugsweise näherte, und von ihr copirt zu seyn schiene;
auf der andern Seite in der Consequenz und Selbstständig-
keit derselben in den Stücken, wo sie von beyden abweicht.
Dazu kommt die häufige Uebereinstimmung der Lesemütter
in den samaritanischen und hebräischen Manuscriptcn. Als
Quellen derselben denken wir uns dabey im Allgemeinen die
Tradition der palästinensisch -babylonischen Schulen, und
eine, wenn gleich unbewufste , Grammatik; in einzelnen
Stellen Zusammenhang, lange Reception der Auslegung auf
den jüdischen Academieen, und. Versionen, besonders die
Targums. Gehen wir jene Gründe einzeln und näher durch.
I. Nach einer längst gemachten und sehr fruchtbaren
Bemerkung steht die hebräische Sprache in Rücksicht auf
ihren ganzen Bau, und in grammatischer sowohl als lexica-
lischer Hinsicht in der Mitte zwischen der aramäischen
und arabischen ($. iö, 1). Genau dasselbe Verhältnifs, wel-
ches schon die Consonanten an die Hand geben würden, of-
fenhält sich aber auch in der Vocalsetzung und dem masore-
thischen System, welches sich bald durch durchgehende
Analogie beyder Stämme, bald durch Anschliefsen an den
einen oder den andern bestätigt. Der Grund dieser Ueber-
einstimmung liegt aber sicherlich nicht in vergleichender
O a
2 12 Absehn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
Kenntnifs jener zwey Sprachstamme , sondern in constanter
Tradition.
Da eine vollständige Durchführung durch Grammatik
und Wörterbuch zu weit führen würde, und ohnehin die
Akten dazu in jeder vergleichenden Grammatik und jedem
bessern Wörterbuche vorliegen , heben wir nur einiges aus,
besonders aus der grammatischen Formation74).
a. In Rücksicht auf die Aussprache des U) schliefst sich die ma-
sorethische Bezeichnung an das Aramäische an, und hat meist
ein MJ , wo dasselbe auch im Syrischen und Chaldäischen ist, wo
das Ai'abische hingegen ein (& hat. Die Gewähr der Richtig-
keit liegt in der zuweiligen Verwechselung des iL' in solchen Wor-
ten mit 0. als OVS und WV2 , t£?£^ und 00*1 niedertreten u. s.
w. (S. mein hebr. Worterb. S. j6Q).
b. Das Schwa compositum und verstohlne PataJi kennen auch
die Araber der Sache nach, wenn sie es gleich nicht bezeichnen.
vAÄ/tf ist maena, und j*^J luehh, beyde mit diesen unwill-
kührlichen Hülfsvocalen , die der Masoreth zu bezeichnen nicht
verfehlen wollte. (Im Syrischen vgl. man Aussprachen, wie
&£ °zozo);
c. Das einfache Schwa sollte nach der Absicht der Punctatoren
wahrschcmlich gar nicht gesprochen werden, wie in der arabi-
sehen Vulgärsprachc selbst VaÄ^ nicht anders lautet als St5p£
} / J
mkaltel, emkattal, V_^».Al > wie 2 ,~» S . (Sacy «ramm, arabe S. 52)-
Aber die Hebräer kannten ohne Zweifel auch eine vollere Aus-
sprache (s. oben S. lpi. 19-) 1 welche die Grammatiker mit der
masorethischen Punctation zu vereinigen suchen, wenn sie "i*a bi-
jad, inp kikit nfc'SttJ salumv oder solomo u. s.w. zu lesen vor-
schreiben (s. z.B. Kimchi bey Löscher de causis ling.hebr. S. 320).
d. Das Danesch lern kenneu in denselben Fällen die Syrer.
Die Regel, dafs das Dag. forte in den aspiratis zugleich Imo sey,
belegen Wörter, wio N22, N3p xcczxoc, xorexet.
e. Dafs der Gutturalbuchstabe gern einen A-Ton neben sich hat,
74) Dabey versteht es sich, dafs im Arabischen zugleich auf die
lebende Aussprache Rücksicht genommen worden ist, und dafs
diese den Mangel genau bezeichneter Schrift ersetzen nmfs.
Vocaleu. Lesezeich. Q.55- TVerLhd.inasor.Vovalsetzung. 215
findet sich, wie im Hebräischen, so im Aramäischen und Arabi-
schen, wo man ^.^AX^J iktob, aber V.ÄÄJ iphal, ^/.AAfc3n3
iachseb aussprechen lernt (Sacy grarnm. S. 4).
/. Die Punctation des Artikels -fl und des Pron. nftX, DP«
erklärt sich aus hn, ^j), V»>Jf> MV^f«
g. Die drcyfache und consequent unterschiedene Form der
Sujfixa, z. B. U, *3— , to— » findet sich ganz ähnlich im Syri-
7 v P
sehen, ,""> ^*~~> ^*»
h. Der Gebrauch der g praet. h*£p mit dem Fat. hvp'* für J«.
transitiva ist in dem masorethischen Texte nicht minder durch-
gängig und consequent, als im Syrischen und Arabischen. (S. C.
B. Michaelis lum. syr. §. 22V Sogar dieselben Verba unterschei-
den die transitive und intransitive Bedeutung durch das Fut. O
und A. (S. die Vorrede zu meinem Wörterb. Th. 1. S. XVir.
Grammat. S. 49. 50). — Das Fut. Sbp*| steht gerade in der.
Mitte zwischen VÄXJ un^ 17",~'i, U.£\.Q.J.
i. Die Verbalformen mit SuJJixis entsprechen im Allgemeinen
den syrischen, nur, wie natürlich , nicht im Einzelnen, vgl. Va~
ters Handb. der hebr. syr. und arab. Sprache S. 43. 44. 115.
k. Die drey Segolatformen, wie^Sö, 13C, Ur'np, finden sich
eben so (nur ohne furtives SegoV) im Arabischen, nämlich ^X»Wf
-Ä***, (^j^wtAJ. Selbst die Schreibart SjSo für ^a bestätigt
sich durch die Aussprache vieler Araber durch mlilch. Im Syri-
«».7 ^ * o *.
sehen entsprechen die Formen |.:u_^£ P«^ t*?QI3. Selbst
in den einzelnen Wörtern stimmt meist die Wahl des Hauptvo-
cals überein, z. B. häjS plur. constr. *\at% Schmerz (syr. Päm),
^an mit Suff. i\in Strick, syr. pü*#.
I. Die Nomina der Formen 202 (Buch), nVtt (Schiffer), rftVa
(Exil) (mit Kamez impuro) entsprechen genau den arabischen
y^J\X'=>, 7"VLc, syr. t3fia? _.>*_ii.2>j |Za_^ ., und zwar
häufigst in denselben Wörtern (s. die Zusammenstellung bey C. B.
Michaelis a. a. O. §. 30. 51). Aus der syr. und arab. Form
5 > ', .. * 0
^OVJJ, "Q^fl erklärt sich ferner, dafs viele Wörter, wie
"3133, inattf ein Kamez hnpurum haben.
»14 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
m. Dafs die Adjectiva der Farben häufig nach der Form OhN,
DSIN; *ip3, 0*»^p3 gestaltet sind, bestätigt sich durch die Ana»
lovi'e der Goni. 1J£ im Arabischen. Die Adjectivendung * —
DJ •> D^j
Fem. ,l.i-r-, Plur. D^i— entspricht genau der arabischen (_£~7~>
5 JL p
Fem. &j$,~J~ (nur analog ist da9 arara. ''-r-, >-»•—)• Das Zera
impurum in vielen Adjectiven der Form ^35* (Gramm. S. 137),
erklärt sich durch die arabische Schreibart derselben , wie jV*^'»
w. Die Dualendung B^-rr» welche kein anderer Dialekt hat,
bestätigt sich durch das Samaritauische, wo sie zuweilen zum Un-
terschied vom Plurale pleno geschrieben wird, D^N z.B. 1 Mos.
27, 36. 41» 32> — ^er st' constr. des Plural •<-7y- weicht vom
7
Arabischen und Syrischen ab (tjp 1 j *-* — )• hat aber das Chal-
däische für sich.
o. Das Lexicalische der Sprache gibt dieselben Fiesultate,
kann aber nur angedeutet werden.' Man vgl. z. B. DEN , &>cj
Magd, nßM, syr. 1^1 Elle, nöK, &.<> f, |AißO| Volk; n3EM
arab. ^jV/C j Bündnifs, und n3»N Wahrheit, roci* Pfeiler; v*>
5W 5 / /
-jj.C Eselfüllen, und VJ? Stadt; 1B1*, £2 Staub, und "isV,
Xt Hirschkalb; Sll> P^Iä Uebcithat, hrV, P«^ Uebelthätcr,
SWj Uo^Kind. Sehr viel einzeln stehende anomale Punctatio-
nexi bestätigen sich auf diese Weise, z. B. 3^n <f. constr. sbn
$ / / 5 \l
Sprüchw. 27, 27. Jes. 60, 17 (Milch), vgl. ^_^.X^> und C^^^^J
" /■
nV33 st. constr. nS33 und nVoa (Leichnam), vgl; M.*a3 dass. ;
ni»Si (mit Kamez impuro) Zweige, vgl. |Aa^»J ; r,»M (mit
Kamez impuro) \£\*0\ Ecke u. s, w.
2. Wie auf der andern Seite jeder Dialekt in dem Ver-
hältmfs zu andern verwandten seine Selbstständigkeit und
Eigenthüinlicliheit behauptet, und dieses namentlich auch
bey dem Hebräischen in Rücksicht auf grammatischen Bau,
Vocale u. Lesezeich. Q. 55. 71 'erth d. ma&or. J^ocaketzung. 2 15
Sprachgebrauch u. s.- w. der Fall ist7?), so zeigt sich dassel-
be Yerhältnifs in der Punctation , indem sie im Ganzen und
Einzelnen in manchen wesentlichen Stücken von der Punc-
tation der verwandten Stämme abweicht, aber mit einer
Consequenz und Selbstständigkeit, die nur Folge sicherer
Kenntnifs, nicht vager Conjectur und Willkühr, seyn kann.
Bey den meisten dieser Erscheinungen lälst sich ohnehin
wenigstens eine Analogie in dem Kreise der semitischen
Sprachen nachweisen.
a. Die NichtVerdoppelung der Gutturalen und des 1 ist gegen
das Arabische und die Aussprache der LXX; allein die feineren
Dialekte des Syrischen kennen bekanntlich gar keine Buchstaben-
verdoppelung.
b. Die Betonung der letzten Svlbe ist gegen das Arabische und
Syrische, wo der Ton gewöhnlich auf permliima ruht; aber das
Chaldäische hat dieselbe.
c. Manche Regeln der hebräischen Vocalverwechselung (des
Umlauts) kennt kein Dialekt, z. B. Qiinn für ü",*inn (Grammar.
§. 17, Anm. 1); r\hl2 plur. CO1?» , ^"]'p plur. DMÖnD» "OS
plur. D*"OIC; das Quiesciren des l'uturi gewisser Verba N3 in
Cholem, als lüTM1», *ON> u. s.w. Ferner die Unterscheidung
des Inf. absol. *jt3ö und cotistr. Si3p (Hebr. Wörterb. Vorr. zu
Th. 1. S. XIX, Gramm. S. 47), des Fat. Hiph. ^tlp* und Vt!p;>
(ebend. S. 60).
d. Eben so weicht die Vocalsetzung einzelner Wörter ab, z.B.
}th, (jjf, k?l Ohr; DM, .( Mutter; nN, -f Feuertopf;
H*5' H' IIirscn; a1?.« C*J Herz; Ci, .,j Blut; VJ Stär-
ke, arab. -C, -C ; «Wl, *■•■■»?, (j^ f p KoPf (vgl. Jas gvie'
chische (.m, wahrsch. von t>u:f, wie llesch i= CP1 ).
Einer Auctorität, die nach dem Bisherigen so viel Ach-
tung für ihre Sprachkenntnifs eingeflöfst hat, würde man
75) Vorrede zum hebr. Wörterb. Th. 1. S. V-
ft\6 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Sclnift.
sich auch ohne Beweis, der in vielen Fällen nicht möglich
ist, mit einiger Sicherheit anvertrauen können , allein für
manche dieser Bestimmungen finden sich auch noch posi-
tive Bestätigungsgründe , nämlich
3. in der Analogie des Hebräischen seihst, so weit sie
aus den Consonanten erkennbar ist.
Z. B. die Flexion t^, E"2S ; *»*i3 , D^a bestätigt sich
durch die Orthographie "OS, Ü^i*J3X, JllMiSX; *»?n -pl. QiNbn,
»ab, o-uoS.
Der Beweis für die Formen ICK5», litfi liegt in den Stellen,
WO N mit 1 verwechselt ist, als ^"lto* od. 5p*i»1i Ps. 139, 10,
<i und umgekehrt ^fifONP f. JlS^Clfi 2 Mos. 5, 7, ferner im chald.
Aph. TOliT, vgl. im Hebr. b'OiN Hos. 11, 4, endlich im Ver-
bale, als *iDiÖ für "iDN'ö vincutum ; eben so DIO, vgl. D*»*1 ;
JlttftO,. vgl. flu**) Hiob 8,8; ttJfril (Gift), vgl. U?i*i; CM.'l
(Zwilling), vgl. nein 1 iYlos. 25, 34; *1JÖ (Zisterne), vgl. 113
£ s-
arab. «O verschieden von *(N3 (Brunnen), arab. ».> U. s/w.
Dafs xhlh (nicht N'blbj Nb^b (arab. aS)) zu lesen sey, zeigt das
syr. iblb.
4. In den sogenannten Lesemüttern einzelner hebräi-
schen und der samaritanischen Handschriften, die doch we-
nigstens zum Theil alt sind.
a. Lesemütter liebräischer CoJJ.
Für die Suff. "O— , "H— , 13—, ?}— zeugen z. B. l3»2l*trtl
x K(in. 2, 24, ?pWStt) Ezech. 5, 12, 13"OHy Ps. 85» 5» J^nM
Hiob 22, 25 (theils bey Kettnicott , thoils in den meisten Edd.).
Für den Plur. D*Obtt zeugt B"ONb» 2 Sam. 11,1, für JJ*5 (Freund,
zum Unterschied von V\ ) S?"*"! Hiob 6, 27, für das tut. JS,iph.
ntyyn die volle Schreibart fHtfJ>*TI 2 Mos. 25, 31.
Eben so bey einzelnen Wörtern, z. B. COüri, Cheth. D^iSirr
Ezech. 27, 15, rtaiK. Choth. iVOIM 2 Chron. #, iß, robo, in
vielen CoJd. rO*OE Jer. 7, 13. 44, 17. Diese AuetOritit gilt
nur dann wenig oder nichts, wenn es sich zeigt, dafs die Lese-
xnutter jüngtr als die Vocalsctzung ist, und dann von nachlassi-
gen Abschreibern herrührt, die die genauere Orthographie ver-
nachlässigten.
b. Lescmulter samaritanisclier CodJ.
Bekanntlich sind diese in den s.im. Mss. ungemein hlufig, weil
es Charakter dieser Textesbcarbeitun£ ist, die Lesung erleichtern
^Vocale u. Leseieich. (j. 55. // 'crtJi d. masor. Vocahcizung. 217
zu -wollen (§. 24)- Sie zeugen indessen nicht alle für die rnaso
reihische Vocnlisnlion , manche für eine davon abweichende, vie-
le sind Sarnaritanismen (s. meine Comrnent. §. 15).
01) Für die gewöhnliche Vocalsetzung: p^it-H durchgehends
für |1«|i«^; PJWI £** \1*Z 1 Mos- 4?-> 38- 44» 3m mSnu für
T\\\y 1 Mos. 53, 13, eben so CöMp 5 Mos. 23, 7, B*rPö 2 Mos.
*2J 53> V"«a« 1 Mos. 57, 35, N-rbÜ 41» 7- 23» COSN für Sa*.
«Sc, ü32N (mit Zcre impuro)', "»«OSin für 1*3fln 3 Mos. 16, 12,
rw£iM f. htaM 5 Mos. 28, 68; *r»b, 1>friN f. 7]S, qnlK.
ß) Für eine davon verschiedene, die aber meist die LXX für
sich hat, "fTttHö 1 Mos. 10, 3 für *|ttJto (LXX. Mocox), *p*11P
1 Mos. 10, 7 für *»j3*W (LXX. AfdDxaibc), h^V für Ssii? 10, 23
(LXX. Fai|3«A.). Doch sind dieses alles Komm, proprio, deren
Aussprache mit der Sprache selbst wenig zu thun hat.
<y) Zu den Sarnaritanismen gehören die Schreibarten M3*n*l
1 Mos. 26, 22 für nin'm, D12n und D'2n für EDn weise,
**V»&713 für "»i^tya 5 Mos. 3,14 (vgl. ( jAi^oni) u. s. w.
Dafs bey einer Sache, die blofs von Tradition und Re-
zeption abhing , hier und da noch eine Spur von Differenz
und Uneinigkeit der Ansicht erscheinen müsse, ist begreife
lieh76), doch greift dergleichen nicht tief in das ganze Sy-
stem ein, und schadet nicht der Consequenz desselben, da
Ueberlegungen der Art vielmehr der Bildung des Systems
vorangingen.
Wir rechnen dahin z. JB. einige sogenannte punetatieves mixtae,
als tfifV* Ps. 7, 6 (wahrsch. aus «plf und *pT» entstanden), fer-
ner die widersprechenden Ansichten, die die Functatoren von der
Etymologie mancher Wörter gehabt zu haben scheinen. So füh-
ren die Formen D^nn, Di^nno , ferner das Piel SPfl'1 auf die
Annalnne eines Verbi Snn tauschen, wozu auch alle übrige Formen
den Consonanten nach stimmen. Aber nach einer andern Ansicht
hat man mehrere derselben so ptmetirt, als ob sie Hiph. von SSn
■wären, dah. *>.nn :, Snn*;, 3^ rinn (vgl. Vater zu 1 Mos. 31, 7).
riN (Pfiugschaar) hat in der Flexion intt, D^nN I Sam. 13, 10.21,
und QiflN Jes. 2, 4. Joel 4> x° u- s.w.
Bey grammatischen Anomalien ähnlicher Art, wo eine
76) J. M. Hartmann in Eichhorns Biblioth. der bibi. Literatur.
B. 8- 8- 201.
213 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
abnorme grammatische Form ganz allein zu stehn scheint,
haben sich selbst voi sichtige Grammatiker mancherley Zwei-
fel und Aenderungen erlaubt. Allein auch hier kann nicht
genug Vorsicht empfohlen werden, da viele jener Anonia-
lieen die Analogie der Sprache selbst, oder wenigstens der
Dialekte, für sich haben, wodurch jede Aenderung mifslich
wird.
S. z. B. Vaters liebr. Sprachlehre S. 564 , dagegen meine hehr.
Gramm. §. 57, Antn. 4.
C). 56.
Fortsetzung.
c
Alle bisherige Betrachtungen über die Vocalisatiön be-
trafen das Linguistische derselben, den allgemeinen Werth
der durch sie fixirten Pronuntiation des Althebräischeu.
INoch bleibt die Frage übrig: wie es um die Wahl der ver-
schiedenen möglichen Punctationen Eines Wortes an einzel-
nen Stellen stehe, wo mehr die exegetische Rücksicht ein-
tritt? Der Fall ist hier offenbar ein anderer, die Beantwor-
tung der Frage ist aber abhängig von dem Werthe, den
man den altern exegetischen Traditionen der palästinensi-
schen Juden, insbesondere in den Targums, beylegt. Wir
haben schon oben (Q. £0. 21, 1) erklärt, dafs wir dieselbe
etwas höher anschlagen zu müssen glauben, als von man-
chen Bibelforschern geschehen ist; dasselbe Resultat gibt
auch die Prüfung der Vocalsetzung (und Wortabtheilung)
in exegetischer Rücksicht, und im Allgemeinen läfst sich
wohl behaupten, dafs jene Punctatoren ihren Text meistens
mit mehr Wahrheit aufgefafst haben, als viele neuere Er-
klärer desselben, die bey ihren zahlreichen Veränderungen
der Punctation häufig weder festes Uitheil noch Geschmack
und exegetischen Tact bewährt haben77). In sehr vielen
77) S. Cappelli Crit. sacra ed. Vogel » Scharf enberg T. TT. S. 937-
•}(; , dagegen Scharf enbvrgs Anmeikiui^en. Michae'lis krir.
Tocale und Lesezeichen. 0. 57«' Accente. 219
Fällen würde schon eine etwas feinere Kenntnifs der Gram-
matik den kritischen Versuch erspart haben78). Dessen un-
geachtet versteht es sich von selbst, dafs jene Reception
durcbaus keine unerläfsliche Norm abgebe, und dafs auch
hier das Uebergewicht der Gründe entscheiden müsse.
Für ein Beyspiel, wo die Punctaiion auf falscher Reception der Er-
klärung beruht, halte ich 1 Mos. 49> »6: die Segnung deines Vaters
sey kräftiger als die Segnungen obil> n1l?2ä t)f]W\ IV '»S'Jn d. i.
nach denTargg. meiner Eltern, als die JLust der ewigen Hii«el.
Nach dem Sinn des Punctators soll Vl1n*rs DV^1n (c. Si/Jf.~) conci-
■pientes = genitores , Eltern seyn , und *\V zum folgenden Henn-
stich gehören. Aber gegell die Sprache und den Parallelismus,
woinach 15.' "Hin eicige Berge zu verbinden , und *yin für eine
alte Form von in zu halten ist, die noch als Komm, propr. meh-
rerer Gebirge vorkommt. Entscheidend sind die Parallelste! len
5 Mos. 35, 16. Hab. 5, 6. So die LXX. Eben daliin gehört
die Punctation PlSSrt Ps. 10, 3. i/j. und Plur. D^ioSn, welche von
der rabbinischen Erklärung: dein Heer, und Heer der V ertasten
(Q"*>0 Sn ) ausgeht. Die richtigere Erklärung : Unglücklicher
Unglücklicher , fordert einen kurzen Vocal in der eisten Sylbe
(n^bn, roSn wie n?*lH u. dgl.). Auch anderswo leitet der Pa-
raluiismus zuweilen glücklich, z.B. Jes. ig, 10, wo "D*^ (be-
rauschendes Getränk) besser als 1DU? (Lohn), Ps. 63, 73 w.iliisch.
!)bbin für "M-in, Jes. 41, 7 oVin für nSin, u. s. w. Inconse-
queut ist, dafs die Punctatoren Jos. ig, 33 Ji^N, und in der Pa«
rallelstelle Rieht. 4,11 }ibN schreiben, u. s. w.
$• 57-
A c c e n t e.
Von dem bisher behandelten Alter des Vocalsystems ist
Anmerk. zu allen Schriften des A. T. , in der Orient. Biblioth.,
dagegen unter Andern Stange Antricritica in locos quosdam Psal-
morum; mehreres in den kritisch- exegetischen Schriften von
Reiske (Conjedurae in Jobum et Proverbio), Ziegler (dage-
gen Stange theol. Symmikta Th. 1. S. 66.), Dathe, Faber,
Ilensler (z.B. zu Jesaias S. 270), u. A. Anders Rosenmül-
Lr, de Wette.
73) Man sehe z. B. Michaelis zu Ps. g, 7 (Supj'Jemm. ad Lexx.
helfr. P. II. S. 551)» vgh Schultens avimadveiss. zu d. St.
£20 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
auch das der Accentuation abhangig, welche ihrer jetzigen
Gestaltung nach eng mit demselben zusammenhängt.
Der Zweck derselben ist jetzt ein zweyfacher, i) Bezeich-
nung der Tonsylbe und zugleich der Interpunction oder des
Verhältnisses jedes Wortes zur Rede. Insofern heilsen sie
D^VB sensus , rationes"79). 2) Bezeichnung der Modulation
oder des Tons, nach welchen das A. T. in den Synagogen
halb singend recitirt oder intonirt -wird, ähnlich dem cantil-
lirenden S oilesen des Koran in den Moscheen80). Inso-
fern heifsen sie nl.S'Oi, die prosaische Accentuation ist denn
verschieden von der poetischen, und der Schlüssel dazu fin-
det sich in den sogenannten Sarga's81).
Es fragt sich zunächst, welche von beyden Bestimmun-
gen a^s die ;ütere gedacht werden könne? Mehrere neuere
Forscher82) haben für die letztere entschieden, und das
Alter gewisser Accente als Musikzeichen bis in die Zeit der
althebräischen Tempelmusik hinaufsetzen wollen, wornach
man selbst den Versuch gewagt hat, die wahre alte Bedeu-
tung derselben zu entziffern83). Aehnlich läfst die Gemara
70) Sie dienen dann dem Grammatiker und Hermenputen, we-
nigstens als' (guter) Commentar, gleich den Vocalen. Hirt sy-
stema accentuationis hebr. Jenae 1752. 4. J. D. Michaelis Un-
terricht von den Accentibus hebr. Halle 1755. 8* Dachselii
Biblia accentuata. Lips. 1729. 4.
80) C. B. Michaelis de ritiudilms S. S. ex Alcorano illustrandis.
§. i5« (in Potts Sylloge Qomment. theolog. II, S. 110). Das
technische Wort für dieses singende Rezitiren ist .Y^p > Cor.
Sur. XXV, 34- 73. 4-
gi) Jablov.skii Praef. ad Bibl. hebr. §. 24. Kircher. Musurg.
T. I. hb. 11» c- 5-
82) Vl'alton Prolegomm. III, §. 45. 56. Eichhorns Einleitung
Th. 1. S. 170. taulus Blemorabilien VI, S. 133. Botholdt
Einleit. S. 179- Dagegen Jahns Einleit. I, S. 555.
83) Speidel Sputen der alten Davidischen Singkunsr , s. in For-
kels Gesch. der Musik I, S. 156, Jnton 111 l'aulus N. Re-
gelt. I, S. 160. II, S. Öo if.
T'ocale und Lesezeichen. §. 57. Accenie. 221
schon zu Nehemia's Zeit die Leviten nach den Acccnten re-
chnen84). Allein der einzige Grund , den man dafüi an-
führt, die Unentbehrlichkeit von I\Iusikzeichen bey einem
gewissen Grade von Ausbildung der hebräischen Musik hat
doch kein hinlängliches Gewicht : besonders zu einer Zeit,
wo die Schrift noch der ungleich nothwendigern Vocale ent-
behrte. Man denkt sich auch ohne Zweifel den Zustand
der Tempelmusik (nach den Relationen der Chronik) weit
vollkommner und prächtiger, als er seyn mochte: das Be-
halten und Fortpflanzen gewisser, besonders kunstloser und
wenig geregelter, Melodieen, ist aber ohne Musikzeichen
vollkommen denkbar. "Wäre also auch der musikalische
Gebrauch der Accente der ursprüngliche, so würde ich doch
geneigt seyn, ihn in eine spätere Zeit des Synagogalwesens
herabzusetzen, wo es Sitte wurde, alles durch Tradition
Aufbewahrte allmählich in Zeichen zu bringen, und da-
durch zu fixiren.
Indessen, ohne mich zum Schiedsrichter aufweifen zu
wollen in einem fast bodenlosen Streite , scheint mir doch
die Betonung und lnterpunction der frühere Zweck der Ac-
cente zu seyn. Auf diesen beziehen sich die eisten Erwäh-
nungen der Accente im Talmud (§. 51,2) und bey Hierony-
musss), zu derselben Zeit, wo auch die griechische Accen-
tuation und lnterpunction regulirt wurde86); und die über-
triebene Ausbildung, die man diesem Interpunctionssystera
gegeben hat, kann bey Grammatikern nicht befremden, die
es auch sonst an Subtilität und Kleinlichkeit allen andern
zuvorthaten. Daher die Subdistinctiven (gleichsam halbe
und Yiertelscommata) , und Conjunctiven ; wie man in der
£4) Nedarim c. 4, Fol. 57. b. Megilla c. 1, Fol. 5, zu Neh.
8> 8-
25^ Der Name accentus bedeutet etwas ganz anderes (v5- 52, 1).
Die Sache wird z. E. erwähnt (Ejjist. ad Cypr. zu Ps. go, 11):
„inter hebraicum et LÄA diversa est distinetic."
gü") Berthuldt's FJnleir. S. itj6.
222 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
Vocalisation halbe Vocale und Zeichen für die Abwesenheit
derselben hat. Bey der singenden Art des Vorlesens, wel-
ches allen Morgenländern eigen ist, war dann der Ueber-
»an<T von Ton- und Verbindungszeichen zu Declamations-
zeichen, gleichsam Recitativnoten, sehr leicht87).
Die Schriften über das Alter der Accente verzeichnet JVolf in
Biblioth hebt: II, S. 492. IV, S. 2*g, Vgl. Köcher Biblioth. II,
S. 122 ff.
Die Namen derselben sind zum Theil schwieriger Auslegung,
doch chalüäiseh gestaltet. Schon Elias Levita (pya 2^13 cjp. 2)
gesteht, dafs ihm die Bedeutung von niedrem unbekannt sey.
Erklärungen s. bey Löscher S. 345« Buxtorf thes. grammat. I,
5. Genauere Notizen sparen wir für die grüfsere Grammatik
auf.
87") Auch die Muhammedaner bestimmen ihr Cantilliren ( V+3->)
blofs durch „observer les pauses et donncr ä chaque lettre sa
juste articulation" (Sacy nach einem pers. Ms. traite des pauses
dans la lecture de V Alcoran, in den Notices et Extraits des IMa-
nuscrits de la biblioth. imperiale T. IX. no. 5, welchem Nach-
richten über das von Sedsrhawendi erfundene Interpunctions-
System des Koran vorangehn). Nicht das Singende des Vor-
trags scheint die Hauptsache, sondern die richtige Abtheihuig.
Jenes ist Manier, die vom Vortrag der Morgenländer fast um
aertreiinlich ist.
Excurs zu ö- 7> 223
E x c u r s
zu g. 7.
Bemerkungen über die phönizische und punische Sprache und ihr
Verhältnifs zu der hebräischen.
Bey dem gänzlichen Untergänge der phbnizisch-puni-
schen Literatur83) bleibt uns zur Beurtheilung dieser Spra-
chen nichts übrig, als O die in alten Schriftstellern verein-
zelten Wörter, vornehmlich das gröfsere Stück bey Plautus
(Act. V, sc. 1. 2). 2) Die grüfstcntheils in phönizischen
Colonieen gefundenen Inschriften und Münzen. 3) Die
Nomina proprio, von Personen und Ortschaften, insofern sie
appellative Bedeutung und Etymologie in der Landesspra-
che haben. Ueber eine jede dieser Quellen insbesondere.
1. \on den phönizisch-punischen Glossen bey alten
Schriftstellern89) ist kaum die Hälfte im Hebräischen er-
kennbar, und eben so wenig in einem andern Dialekte
88) Sie war vielleicht nicht unbedeutend, wenigstens weifs Vil-
nius (H. N. XVIII, 5) von Bibliotheken zu Karthago. AI9
phönizische Schriftsteller nennt man Sanchuniathon (Vgl. Bo-
charti Chanaan, cap. 17), Moschus (Jos. Archiiol. 1, 5. Stra-
bo iG, p. 757), l'heodot (Tatiani orat. c. gent. 110.37), Dios
(Jos. Apion. i, 17), lauter Geschichtschreiber. Von Karthagi-
nensern Mago üb. den Ackerbau (Plin. a. a. O.), und Hanno,
Vf. des Periplus. Vgl. Liv. XXVIII, 46 über die Ära Uanni-
balis im Tempel der Juno Lacinia, worauf dessen Thaten i»
punischer und griechischer Sprache beschrieben waren.
89) Sie sind zuerst alphabetisch zusammengestellt von Beruh. Al-
drete Antiquid. espan. S. 180 IT., dann vollständiger nach den
Schriftstellern (von Sanchuniathon bis zu den Kirchenvätern
und Grammatikern herab) von Bochart (Clutnaan II, il-16).
224 Abschn. III. Geschichte der hebräischen Schrift.
nachzuweisen , was man sich aus folgenden Ursachen er«
klären mag. 1) Fast alle Angahen rühren von Schriftstel-
lern her, die des Phonizischen selbst unkundig, ihre Noti-
zen von anderu entlehnt, und häufigst mifsverstanden ha-
ben. In Sprachen, die ihnen und den meisten Lesern un-
bekannt sind, machen sich aber die alten Schriftsteller kein
Gewissen, Worteiklärungen auf gut Glück zu geben90).
So erklärt das Etym. M. ß;pxyxv (pin rTO) durch Hgevo; (st.
ciko; Kaovov); yotXwvs; (d. i. grofse Schiffe der Phönizier) durch
mottyqoiyux (d. i, yahsigx, n*Tl3); civäwv durch: von SiJon.
jJJach Servius ist byrsa phon. Ltder, dido /'. q. rirago , letzteres
nach dem Etym. JVL irXavijrij (alies offenbar nach Conjectur).
2) Die Wörter sind theils Yon den Schriftstellern selbst,
theils von den Abschreibern , denen sie fremd waren , viel-
fach verändert und so gemifshandelt worden, dafs sie selbst
hey bekannten Gegenständen schwer zu errathen sind9').
5) Das entsprechende hebräische Wort kann für uns verlo-
ren seyn. 4) Bey dem Punischen mufs vorzüglich erwogen
werden, dafs es ohne Zweifel aus der libyschen Landes-
sprache viele fremdartigeBestandtheile aufgenommen habe92).
Auch hat man 5) Mehreres für punisch gehalten, was wahr-
scheinlicher altägyptisch und aus dein Koptischen zu erklä-
ren ist95).
Folgendes sind eine Anzahl phönizischer und punischer
Glossen , deren Entzifferung deutlich ist. Die letztern sind
mit einem Sternchen bezeichnet.
90) Man vgl. Philo §. 25, 2.
V1) Vgl. über Joscplius S. 193.
oc) Wtättm Prolegomnu IIb 14. So ist Ma-palia, 1\ Togal la (N o-
rnaden/.elte) nach h'ustus punisch, wahr seh. tigentl. nunüJisch.
V^l. Eabtsrs Arch.iol. der Hebräer S. 110.
cjj) So die afrikanischen PiLinzennanirn bey Dlcscorides und
jlpulcjns, Btröharl a. a. O. c. 15, d.igegcn liossii Etymologia»
ttegypt, u. d. il. VV« VV.
Hxczos zu $. 7.
£25
'A5«, <teix Hesych. (p^X tal-
mud),
Sycll.
Alma (neVl>) j-Zr^o. Hieron,
in Jes. VII."
*Alon (p^X?) <Imm. riur. ^/o-
n 1 m, Fem, Alonuth. Plaut.
Poen. V, i, 1. Cf. Sisenna
ad h. I.
'A >.<$>* (naS«) Po«?. P/af.
quaest. sympos. y. §. 2.
AuScv/?, * Avo dovni. ( 1ln
*OTNÜ, derpunisclieGrufs, ;1/V-
leagri Epigr. III, 25, 110. 70.
I'W. V, 2. 34. 58-
AraSz/x (TE»*) fa/xvoj, Diosco-
rid.
* Baal, dominus. Baal - Sa-
min, dominus coeli , Augu-
stin. ad Jud. 16. Vgl, Plaut.
V» 2. 67. und BssA.rcx/x-.jv, xu.
guo? cy^avou. Philo Bybl. ap.
Euseb. praep, evang, 1, io«
Vgl. Assemani bibl. Orient. T.
III. p»g. 327.
*Chanani («OS^D), Phoenix.
Augustin. (S. oben S. i( >),
*Cussimezara (m^Q N£'p)
cucumis syluatkus , Apulej. de
herbar. virtutibus , 115.
*Edom ( 0*1 , rabb. D~m) jan-
guis , August, ad Ps. 156.
EAiotv (p^Sy) ifyiffrof. Phi-
lo Bybl. a. a. O.
E X Mr. 1 /j. (cnS^) K^ov/cf, eben-
da!.
Hei, Hai, 'Uk (*>*) Deus,
Serv. und Danu.scius ap. 1 ho-
tium.
Itcvh Cnnt^t^nM //ovoysv^,
Philo Bybl. ap. Euseb. praep.
evang. 4, 16.
K'W^w/xov (p'ö2p) Zimmt,
Herodot 5,111. Die Endung
ist giäcisirt, nach a/aw/uov,
amamum.
7/op (wVa Pythagorae) ap. Pho-
tium.
Mammon QlEö) lucrum. Au-
gustiiu de sermone domini m
matte IT, 22.
v(oc. i'Ai'/o Bybl.
*Messias (nt'^K) unztus. Aw
gust. contra Petil. IT, 104.
Mou5(niö)S«»aTc;, IIAoutcuv,
JPAi/o By*I Z. c.
N«<r/ß/f (^2iSJ) Aa&oi cvyxu-
fJVJOt. Steph. Byz.
*Rufen (D">N£n) meAtr. I'W.
Poe/». V, 2, 46.
2aAw,u (ttlW), als Grnfs, Me-
leager Am hol. gr. III, 25, 70.
*Salus (ttMSttj) tres. Augustin.
ad epist. ad Rom. 7, 3.
*Suffes> etis (1:21'^) consul,
Eiv. Paul. ap. Ftstum, Lisa:
Grut.
2 v 8 v h ( p^ix ) htv.ctto f. Philo
Bybl. I. c.
Hovaa. (-junty) Ktiqix. Etym.
M.
Zv:<i)tx<7ocfxyjv (ü^Mf ""ais) ov
favoü v.a.ro-KT&i. Philo Bybl.
©w? (litif, sj-r. lin) ßoüf.
Plut. Sylla.
s.2.6 JSxcws zu 0. 7.
Bey dem Punischen läfst sich namentlich beobachten,
dafs man dunkele Töne (die Vocale u und i) geliebt, und
das 1 meist durch u ausgedrüc' t bat. Z. B. Sujfetes, Salus,
rufen, vgl. Guddubal , Mulhutnballes. Dasselbe zeigt sich
auch in dem Wenigen, was in jener berühmten Scene des
Plautus (Poen. V, 1. 2) eine sichere Deutung hat. Bey der
Concurrenz aller obigen Ursachen kann dessen nicht viel
seyn, doch ist sie bey meinem Worten hintereinander fast
augenfällig, und wobl nicht zu bezweifeln.
Z.B. Sc. 1. V. 1. Alonim valonuth rTOvSttl D'OV1}!*, V. 2.
tlbariim BVttft. V. 3, hyth (r\H) bynathii "iniia. V. 5. l'yih-
lym muthyn DTT5Ö □"1C3. V. Q. hili guhylim lasibit tliym (1:1
hisce habitare regionibus) DH JnHwh D^S^iJ nStt. Sc. 2. V. 50.
Milpho lechianna, roy "]h isS» (Milpho wird es deuten). V. 67.
Gunnebel bahammlerasun ]0*1"> D^BÜ 7*2 7D3 }1frO pctular.tiani
stoliäl deus coelorum capistret.
2. Eine reinere und sicherere Quelle liegt uns aller-
dings in den Inschriften auf Steinen und Münzen vor.
Wir erhalten hier zugleich die richtige Orthographie, allein
es treten auch neue Schwierigkeiten anderer Art ein. Die-
se liegen theilS in einer noch immer nicht befriedigenden
Kenntnifs der oft sehr verschiedenen, auch wohl zuweilen
unvollkommen gezeichneten Schriftzüge, theils in der Be-
schaffenheit der Denkmäler selbst. Die Münzen94) ent-
halten meistens nur ein, höchstens zwey Worte, wahr-
scheinlich zuweilige Abkürzungen, und können daher we-
nig Ausbeute geben; die Steinschriften95) enthalten weit
94) S. die Beschreibungen und Deutungen derselben gesammelt
nüt Literatur in Ekhel duetr. nummor. vett. III, S. 396 iL
Husche Lex. rel nummariae s. V. Fhoenke. Vgl» BeUermanii
Bemerkungen über pUunizischc und uunische Münzen. St. 1.
igi2. St. 2. lßi.j..
<j5) Eine (ziemlich vollständige) Nnchweisting der bis jetzt be-
kannten, uud dessen, was darüber geschrieben ist, ». in Bei-
Exciers zu Q. 7.
«27
mehr Text, aber, da sie gröistcntheils Grabschriflen sind,
«laiunter sehr viele Nomina proprio t wodurch sie unfrucht-
barer werden, als sie ohne dieses seyn würden. Wie viel
ist aber noch bey ihrer Entzifferung zu thun übrig? Fol-
gendes ist eine kleine Sammlung sicher entzifferter Appella-
tiva und Nomina proprio, von Inschriften und Münzen.
TUN» *l*Un auf o.aditanischen
Münzen {Ekhel S. 403) = "nS,
r«5«if«, Gades.
pN = |inN Herr.
P"jnS unserem Herrn. Inscr.
Melit.
riN Bruder. TiMl und mein
Bruder. Ebend.
ÖN Mutter, Mnttc-rstndt. ÖM
]V352 Mutterstadt in Canaan.
CiTS CM isS TyrOt matri Si.
doniorum. Ekhel S. 4°8«
DDN = «qiN ich. Inscr. Cit. IT.
*10E> "ION A7. propr. griech. 2h-
qccT'.wv. Inscr. Athen.
HVX Weib. Instr. Cit. II. XXX.
Xr-Xtt N. propr. Cit. V, vgl.
'Ecp.ovvo;, Name des Aescu-
lap bey den Phöniziern. Da-
masc. ap. Phot. p. 1074» ed.
Schott.
P Sohn. Cit. II. XXIII.
S"3 Herr, Schutzgott.
12 hV2 mpSö Mclkertus, deus
Tyri. Inscr. Melit.
TIS seecnen. n3TJ*» od. DDTJ"»
ibid. "
T^ö*0 A7. propr. fil'uis regit.
Mdit. III.
TOT Andenken. Inscr. Athen.
Ttn Gemach. Melit. III.
Win Leben. "»TIS in meinem
Leben. Cit. II.
7*3 3 n Hannihal (*ratia BaaUst
cf. hehraeum Sn^D). Inscr.
Melit. III.
DTpSo Melicertes i. e. riTp "jb»
rex urhis. Inscr. Melit. I.
Im Griechischen steht dafür
'Hpax>.<jf. Vgl. Bocharti Geo»
gr. s. p. 709.
n3ia Säule, s. Grabstein. Cit.
II. XXIII. Athen.
iT.^DO Marathus, Stadt in Syrien.
Num. ap. Ekhel p. 4°4*
i23ty)0 Lager. Cit. II.
TU Gelübde. Inscr. Melit. I.
TON 12V AT. 7?r&^;-. Inscr. Cit. IL
Melit. I. In dem Griech. der
Letztoren steht dafür Aiovy
<r/o{. TON, welches auch in
den assyrischen Namen "| DI"»
tjn3oW, noK^a-roSn, p*»N>
vorkommt, scheint ein Gütter-
name, welchen man dem Ato*
vvtroc elsichachtete.
"^DIÄtt A7. propr. (Diener des
l ermann de Phoenicum et Tocnorum inscriptionihus. Bcrolini
iß10- 8* Einige eigene Ent7.ifferungsvers.1che des Vfs. mü.
ge-n für cino andere Gelegenheit aufgespart seyn.
V e
S2ß
JExöfirs zu Q. 7.
Königs d. i. des Hercules). Dienerin der Astarte) Fraueri-
Cit. V. zimmeruame. Cit. II.
JÖ12V Cit. TV, vgl. Ahdemonus, p* , Q31X Sidon, Sidonier, auf
J seph. c. Apionem I, p. )^Q.^g.
ODD W» AT. propr. Cit. IL
XyOtt/ liU N. propr. Inscr. Athen.
Im Griech. 'HA<o5wg>of.
nbn lil' üi'J. Im Griechischen
AgrffjLihw^o;. Inwiefern nbn
ein Gwttername sey, welcher
der Artemis entspreche, l.ifst
sich nicht gewifs zeigen. .
071« Ewigkeit. Cit. II. O^y D3
für nSi:? n*0 ewiges Haus
(vom Grabe), /We/rt. JflL
V-* auf, an. Cit. II.
mntyy oder mnrr mön (Magd,
mehrern Münzen, s. £/JieZ S.
4°5-
•OlS /rwr. Athen.
IS Tyr«5. S. EMeZ S. 405.
13f3 Grab. Mrfif. II.
D*1p Stadt, z.B. IS rnjd Stadt
Tvrus. Lkhel a. a. O.
Dirnn n*1p (neue Stadt) Kartha-
go, auf Münzen bey hkhcL S.
416.
03*lU>p Cossurael. Auf Münzen,
s. Ekhtl S. 417. ig. Beller'
mann S. 22 - 9 \.
QSO JV. propr. Cit. II. (Zwil-
ling) ©clyuaj, Bidy mus.
3. Bey den Eigennamen der Phönizier und Punier tritt
die doppelte Schwierigkeit ein, dafs theils häufig in der le-
benden Landessprache selbst die Etymologie unkenntlich
ist, theils dals sie von fremden Schriftstellern häufig un-
treu wiedergegeben und verunstaltet sind 9S). Am schwie-
rigsten sind die Ortsnamen, besonders die karthaginensi-
schen , welche altem Ursprungs seyn müssen. Die Perso-
nennamen wreiden dadurch leichter, dafs sie meistens mit
bekannten Götternamen zusammen gesetzt sind.
Ahdalonimus , Konig von Tyrus,
□ •Ovbv *I2:>. (S. oben A\o>
nun).
Ahdustartus , n*lsV^l> lUV.
Abdelimus , D"»Sn 121'.
sllnLi.nenus , Ahdemonus (Jos.
Arch. Q , 2. contra Apion. I,
p. 443). pM *OV. S. no. 2.
Abibai, hv* "*ZH,
* Adherhal (StO V"IN?).
Adonis, piN.
* Adramyltum (niö^Sn ).
* Anna , Schwester der Diclo.
nsn.
96) S. z. II. die phünizischen Konigsnamen. AUgcm. Wehhi-
storie. Tb. 2. S. 233.
Azehnic, Küni» von Tvrus (iV
'A4<45f> Name des Mars in Emes-
sa. Julian. Ürat. in Solem
Astarirnus , D 1 1 7 "_' V.
Astarte, p*ir.".l'".
Baaltis, Name einer Göttin.
Balutor , 11SH bl*2?
*ßarca, Barcas, Binder des Pt£;.
malion, auch Beyname des Ha-
milcar. (p*l3 Biitz, oder bli-
tzendes Schwert, arab. L3r«-^
der Blitzende, als Bcynanie
von Hehlen.)
* Byrsa , Bar;; von Karthago,
NHVD. S. Valckenaer </
ia , phoenicio arcis Carthagi-
nensium nomine. In dessen
Opusc. T. 1. S. 103.
*Dido (Geliebte), von ■jt1=:T*»j
verwandt mit in.
* Elissa (Frohlockende von BW|
nach Andern rri'N Sn\
Gadeira, Gadir, Gades , n*1*i3,
nach Hesycli. Tigi(pja- ,'u»ta.
JSxcurs zu Cj. 7« Ä29
Hannibal, \'J2 *2n.
Hannon, filxfn , sj r. ,-ijj gfi.
Hasdruhal, St*3 1*>W (Hülfe des
Baal). Auf einer Inschr.i/cz-
llhöbal, hV2 tlW, vgl. das bill.
..lalus, *}Jf2*l''«
Karthago , nach Solin. Karthada
(flttftn mp neue Staat).
JMälicevtes , mp ""jSft , s. oben.
7>Ierbal, Meherbal (h'J2 IVtÖ?).
'Pygmalion (pVJJJ DnS ei^. Fin-
_ r. Daum Gottes, D.ii arab.
S & J
*^i^r= ]~:i). Die Griechen
scheinen an ruy/uij gedacht zu
haben.
Scnchuniathon (nach Bochart
. ~ - 30 das Gesetz [ist]
sein Eifer, prrrr.SO).
•SiJoh (liT1* Fischfang).
Ar (lü, Fels).
Für das Verhältnifs des Hebräischen und Phöaizischen
ergeben sich hieraus folgende Resultate: 1) die meisten si-
cher entzifferten phönizischen Wörter eoineidiren genau mit
dem Althebräischen selbst in Wörtern und Formen , die
dem Hebräischen ganz eigenthümlich sind, und namentlich
im Aramäischen anders lauten. Z. B. p*TN, EmSn, rv^N, p,
O^lS? , die Pluralendung 0^. 2) Nur selten erscheinen Ab-
weichungen , welche für provinziell gehalten werden mö-
gen, z. B. die Buchstabennamen t\h(p* (mit einer Art st. em-
p/iat. oder Femininalform) , JSdom fiir Ol Blut: der häutige
Gebrauch der Vocale u und i im Punischen. Vornehmlich
2$o Ex cur s zu ß. 7.
in den Vocalen wird man die meisten Abweichungen zu
suchen haben. 5) Die nicht kenntlichen Wörter sind es
in der Regel in den übrigen Dialekten eben so wenig , als
im Hebräischen97).
97) Wir unterschreiben hiernach mit geringen Einschränkungen
das Urtheil von 4 kerb lad Qlnscr. phoeniciae Oxoniensis nova
interpretatio. Parisiis ißo2. S. 2.6): Jure igitur statuere licet lin-
guain phoeniciam antiquis temporibus eandem prorsus fuisse ac
hebraeam, quae in libris hodie super stitibus exstal , quod proba-
re conatus est Bochartus argumentis aliunde petitis , quibus nunc
novam vim ac robur addunt haec monumenta , eius aevo nondum
cognita : quamvis haud inficiandum Lochartum eiusque sequaces
Clericum, JVIazOchium caeterosque , cmnes Orientis dialectos,
prout coniecturis eorum inservire posse videbantur , commiscendo,
linguam quandam phoeniciam sibi ßnxisse a vera , sine dubio,
longe ulienam.
£3i
Nachträge.
o
Zu §. 5- S. 9 oben. Jospphus braucht hebräisch nicht allein
von der althebräischen, sondern auch, wie das N. T. , von der ara-
mäiscben Landessprache Paiastina's. Z. B. jüd. Kr. 7, cap. Q (S.
948- ed. Colon.). Dagegen nennt Philo (de vita Mosis lib. II,
Opp. S. 509. ed. Colon. ) dis Ursprache des A. T. , aus welcher die
LXX übersetzten, chalduisAi. To iraAouov &ygot(py)<Tocv 01 vo/xot x«k»
Saivtyj , und bald darauf: 0 S>) (TLroks/xato?) — tig skktxhx ykiurrav
tjjv j^ctX5«r/.>jv /juSaq/xo^zeSai hievoeiro. Doch bliebe hier die Mög-
lichkeit offen, dafs Philo, wie li. Asaria (H'ieor Enaim cap. 5, Fol.
33 ed. Mantuan.) zunächst ein chaldäisches Original der LXX ange-
nommen wissen wollte.
Zu S. 88- §• 26« Nur bey judaisirenden Sekten war der
Grundtext zu finden, z. B. den Nazarenern. Hieron. zu Matth.
27, 9-
Zu S. 92. §. 27, 1. Hieronymus kennt durchaus noch kei-
nen technischen Ausdruck der hebräischen Grammatik. Morini Exer-
citatt. S. 429. Rabbi Jejiiel (See. XIII) lafst den Hieron. auch im
Talmud belesen seyn (s. Tychsen Anhang zum befreyten l'entamen
S. 48) > was aber nicht glaublich ist.
Zu S. 97. §. 29, 1. Hier fehlen Aben Esras grammatische
Schriften: mnx (elegantia), und |1tt7^ii "OT^D (statera linguae').
Zusammengedruckt mit ftl. Kimchit Schriften Venet. 1546.
Zu S. 121. V or Masclef schrieb in demselben Geiste: Vin-
sobre mathodus htbrai^a , per quam lingua hebiaica sine punetis fa-
cilliine simul et aecuratissime disci potest. Ultraj. 1658. Später schlie»
fsen sich hieran mehrere englische Grammatiker, S. 209. 10, zu de-
ren Grundsätzen sich auch Kennkott bekannte.
Zu S. 226. Nach No. 1. fehlt folgender Absatz : Auch nach
den besten Erklärungen von Bochar t (^Lanaan S. 721), und Bel-
lermann £ Versuch einer Erklärung der punischen Stellen im Po-
nulus des Plautus. rßoö. 8) ist dem entziffernden Scharfsinne ein
weites Feld offen. Man sollte dabey die alte (plautinische) Version
nicht ohne Noth verlassen. Der Meinung, dafs das Ganze oder ein
Theil desselben nur ein erdichteter Jargon seyn künne (s. AdAuno^s
Mithridat Th. 1. S. 350) wird jetzt keiu Kenner mehr Raum
geben.
Druckfehler.
S. 2. Z. 6 von unten 1. XVI st. XIV.
S. /|o. Z. 5 von oben 1. D«i*n\ö3!| Üf-Vw f. D*rötf3.
S. 7g. Z. 24 von oben 1. einer ungerechten f. eine ungerechte.
S. 145» über §. 42 fehlt die Ueberschrift : A. Comonanten.
S. i/j7« Z. 22 von oben streich aus: vielleicht.
Leipzig,
.gedruckt bey Fr. Chr. Wilh. Vogel.
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