Skip to main content

Full text of "Geschichte der hebräischen Sprache und Schrift"

See other formats


ttJfc 


/  Ä 


7t  ) 


I 'jF 


;/^v 


i 


W 


Geschichte 

i 
der 

h  e  b  r ä  i  sehen 

Sprache  und  Schrift. 

•  Eine 

philologisch- histoiische  Einleitung 


die   Sprachlehren    und  Wörterbücher    der 
hebräischen  Sprache. 


Von 
Wilhelm    Gesenius, 

der  Theologie  Doctor   und   ordentlicher   Professor  zu  Halle. 


Leipzig    1815» 
bey  Friedlich  Christian  Wilhelm  Vogel. 


M 


U<\0 


o     r     r     e     d     e. 


I  }ic  Ai'beit,  Welche  ich  liier  den  Freunden  der  hebräi- 
schen Sprache  und  Literatur  übergebe,  war  ihrer  ersten 
Anlage  nach  zu  eiuer  historischen  Einleitung  in  die  von 
mir  zu  bearbeitende  ausführliche  hebräische  Sprachlehre 
bestimmt.  Da  sich  indessen  die  hier  zu  behandelnden  Ge- 
genstände mehr  anhäuften,  als  mit  jenem  Plane  verträg- 
lichwar, so  entschloß»  ich  mich,  jene  historischen  Unter- 
suchungen für  sich  und  ausführlicher  bearbeitet,  der  Her- 
ausgabe der  Grammatik  vorangelm  zu  lassen. 

Ich  glaube,  meinen  Plan  einer  philologisch -histori- 
schen Einleitung  in  das  Grammatische  und  Lexicalische 
der  Sprache  möglichst  gehalten,  nichts  Wesentliches  über- 
gangen, nichts  Fremdartiges  beygemischt  zu  haben.  Be- 
sonders über  einige  Gegenstände,  welche  hier  fast  zuerst 
zusammengestellt  und  zur  Sprache  gebracht  worden ,  z.  B. 
§.  12.  u.  2-t.  5o.  54  ff.  wünschte  ich  das  Urtheil  unpar- 
theyischer  Kenner  zu  vernehmen.  Vielleicht,  dafs  einige 
derselben  auch  für  die  verwandten  Fächer  der  biblischen 


IV  Vorrede. 

Einleitung  und  Hermeneutik  einige  nicht  unwillkommene 
Beyträge  enthalten. 

Die  Absonderung  der  Sprach -und  Schriftgeschichte 
hat,  wie  ich  öfters  bey  der  Ausarbeitung  empfunden  habe, 
manche  Unbequemlichkeit.  Doch  war  sie  unumgänglich, 
findet  sich  auch  in  allen  ähnlichen  Werken,  wiewohl  die 
meisten  die  Schriftgesclüchte  ganz  übergehn. 

Statt  des  Registers  ist  eine  etwas  detaillirte  Inhaltsan- 
zeige vorausgeschickt  worden. 

Halle,  im  November  1814. 

Der  Verfasser. 


n      h      a      1      t. 


§.    1.3.      Einleitung  und  Uebersicht.  Seite  1 

Erster  Abschnitt.     Geschichte  der  hebräischen  Spra- 
che bis  zu  ihrem  Aussterben. 

§.  4«  Semitische  Sprachen  überhaupt.  Name,  Umfang,  Cha- 
rakter derselben.  Seite  \ 

5.  5.  Hebräische  Sprache*  Verschiedene  Namen  derselben. 
Ursprung,  Orthographie,  Sprachgebrauch  des  Namens: 
Hebiiier.  —      3 

§.  6.   Ursprung  und  Alter  der  hebräischen  Sprache.  —    zj 

§.  7.     Vaterland.    Verhaltnifs  zur  phünizischen  Sprache.    (Vgl. 

Excna-s  S.  225)  —    16 

5.   3.      Alter  der  Sprache  in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt.  —    ig 

§.  g.  Erstes  Zeitalter  der  hebräischen  Sprache.  (Unterschied 
der  poet.  und  prosaischen  Diction.  Schriftsteller  des  er- 
sten Zeitalters)  —   2  z 

§.   10.     Zweytes  Zeitalter.   Spätere  chaldaisirende  Sprache       —   25 

§.   11.     Idiotismen  einzelner  Schriftsteller  und  Schriften.    Pen- 

tateuch,  Hiob,  Ezechiel,  Kohclst.  —  30 

§.  12.  Bearbeitung  älterer  Abschnitte  bey  spätem  Schriftstellern. 
Philologisches  Verhaltnifs  der  Parallelstellcn  in  den  Bü- 
chern Samuels,   der  Könige  und  der  Chronik.  —   37 

5-  13.    Aussterben  der  Sprache,  wann  es  erfolgt  sey?  —   45 

$.  14*   Beieluhum  und  Umfang  der  alten  Sprache  (Ueuerbleibsel 

derselben  in  den  Nomm.  propriis,  dem  Talmud  u.  s.  w.)   —  47 

§.  15.    Dialekte  in  der  hebräischen  Sprache  selbst.      Was  dahin 

zu  rechnen  sey?  _   54. 

%  16.  Verhaltnifs  des  Hebräischen  zu  dem  Arabischen  und  Ara- 
mäischen. —  56 

§.  17.  Aufnahme  von  einzelnen  Wörtern  aus  nichtsemitischen 
Sprachen  (der  ägyptischen ,  persischen ;  ob  aus  der  grie- 
chischen?) _   5g 


i  i  Inhalt. 

§.  13.    Uebereinstimmmie   mit   den  abendländischen  Sprachen. 

Causalzusammenhang.  Seite   65 

Zweyter  Abschnitt.  Geschichte  der  hebräischen 
Sprache  als  einer  ausgestorbenen,  oder  Geschichte  der 
hebräischen  Sprachkunde. 

Periode   I.       Traditionelle  Spra-.hkunde  bis  zum  Anfang  der  gramm. 
Bearbeitung.    {Von  den  LXX.  bis  uuj  Saadia,    See.  X  An  f.) 

%.   10.     Uebersioht.  Seite   69 

§.  20.  Palästinensische  und  babylonische  Juden.  Charakter  ih- 
rer Sprachknnde.      Schulen  derselben.  —   JO 

§.  81.    Targums,  Talmud  (philologischer  Gebrauch  desselben), 

Masora   (Charakter  des  Kri).  —   72 

§.  22.    (JnvollkOmmuere  Spraclikenntnifs  der  Hellenisten.     Phi- 

lolo^ischer  Charakter  der  LXX.  — ■   76 

§.  23.  Josephus  und  Philo.  Charakter  und  Proben  ihrer  Sprach- 
kenntnifs. ■— ■  3° 

§.  24.     Samaritaner.      Philologisch -kritischer   Charakter   ihres 

Pemntcuchs.  —   34 

§.  25.      Syrer.     Pcschito.  —   87 

§.  '26.     Christliche  Kirchenväter.      Ihre   Unkunde   de»   Hebräi. 

sehen.  —    33 

§.  27.     Origeues   und  Ilicronymus  insbesondere.  —   go 

Periode   II.      Ursprung   und  Bhitho   des  grammatischen   Studiums 
bey   den  Juden.     (See.  A  -  A7  i). 
§.   28-      Uebersicht.  Seite  93 

§.  20.    Grammatiker  (Saadia,  Jona,  Dav.Kimchi,  El.  Levita).  —      95 
§.  50.    LeJcicographen  (Jona,  Kimchi),    Commentatoren  (Aben 
Esra,  larcni),   Versionen  (Saadia).     Charakter  und  Werth 
dieser  Auslegungen.  —     99 

§.51.     Wenige  Spuren  bey  den  Christon.  —    104 

Periode    III.      Anfang   des    hebriiischen  Sprachstudiums   bey    den 
Christen  O   .  A7  7-A7  U  med.). 
Ä.  52.    Uebersicht.    Charakter  der  hebräischen  Philologie  in  die- 

r  Periode:   Abhängigkeit  von  indischer  Auctoritit.    Seite  tag 
5.  35.   Grammatiker  (Reuchlin  —  Buxtort  Glsssius).  —   .<">7 

5.  5  (.    1  1  11  (Reuchlin  —  Btuttorf,  Schindlet).       —  *»* 

§•  35-    Philologische  CoinmentArien  und  Uebenetungeä  (Li> 

th.    .  '  —   1  '  j 


1  n  h  a  lt.  vii 

Periode  IV.  Blüthe  der  hebräischen  Sprachkcnntnifs ,  besonders 
durch  Benutzung  der  veruaudten  Dialekte  (o>c_AA  iL  med. 
bis  auf  unsere  Zeit). 

$.36.    Anfang  eines  harmonischen  Sprachstudiums  bis  aufSchul- 

tens   (Je  Dicu,  Castle,  Bochart).  Seite  116 

$.  37.    Andere  Schulen  hebräischer  Philologie  (Gappelle,   Bux- 

torf  d.  j. ,   Danz).      Systema  morarimi.  —    120 

§.  33.  Holländische  Schule  seit  Alb.  Schultens.  Charakter  der- 
selben. —    126 

$.  3g.  Neueste  Bearbeitung  der  hebräischen  Philologie,  beson- 
ders in  Deutschland.  —    13° 

Dritter  Abschnitt.     Geschichte  der  hebräischen 
Schrift. 

5.  40.      Semitische    Schrift    überhaupt.      Charakter   derselben. 

Verschiedene  Arten.  Seite  137 

A,      Consonanten. 

§.  41.  Hebräische  Schrift.  Alter,  verschiedene  Charaktere 
derselben  ( Quadratschriit ,  Münzschrift ,  Samantani- 
sche  ).  —    i/jo 

5.  42.  Gegenseitiges  Verhältnifs  dieser  Charaktere,  a)  Ver- 
schiedene Hypothesen,  —    145 

§.  43«      &)    Wahrscheinliches  Resultat.  —    156 

§.  44.      Geschichte  des  Alphabets  insbesondere.    Anzahl,  R.eihe, 

Namen  der  Buchstaben.  —    162 

§.  45-      Kannten  die  alten  Hebräer  Wortabtheilung,  Abbrevia- 
turen,   Zahlzeichen?  —    171 
§.  46«      Spätere  Geschichte  der  Quadratschrift.                            —    175 
§.  47>      Schrieb    man   auch    wohl  Hebräisch   mit   griechischer 

Schrift?  —   ißo 

B.      Vocale    und  Lesezeichen. 

5.  48*  Uebersicht.  (Versch.  Meinungen.  Vocale  in  den  an- 
dern Schriftarten).  —    igS 

§.  49.      Zeitraum  der  lebenden  Sprache.      Ob  man  da  Vocalzei- 

chen  kannte?  —    ij}5 

5«  50.      Vocalsetzung  der  LXX,   des  Josephus  u.  s.  w.  —    139 

§.51.  Spuren  derselben  in  den  Tantums  und  dem  Tal- 
mud. — »    195 


vii i  /  n  h  a  l  l. 

§.  52-  Fernere  Spuren  bey  Origer.es,  Hieronymus.  Ausspra- 
che des  Hebräischen  bey  den  Kirchenvätern.  Seite   196 

§.  55.      Entstehiui£;szeit  der  gegenwärtigen  Punctation.      Ein- 

wüife  dagegen.  —   201 

§•  54"  5^-     Würdigung  und  Werth  der  masorethischen  Vocal- 

setzung.  —  207 

§.  57.     Accente.  —  219 

Excurs  zu  §.  7.      Bemerkungen  über   die  phönizische  und  pu- 

nischc  Sprache  und  ihr  Verhäluiifs  zu  der  hebräischen.    —  223 

Nachtrüge.  —  231 


E 


Einleitung. 

ö.    i. 

ine  Geschichte  der  hebräischen  Sprache,  wie  sie  in  die- 
sem Abrisse  versucht  worden  ist,  liefert  in  den  frühern  Zei- 
ten eine  Geschichte  der  Veränderungen  und  verschiedenen 
Gestaltungen,  welche  die  Sprache  in  dem  freylich  nicht 
grofsen  Zeiträume,  den  sie  durchlebte,  bey  den  verschiedenen 
Schriftstellern  annahm ;  dabey  die  Untersuchung  und  Anga- 
be dessen,  was  sich  über  ihren  Ursprung,  ihr  Alter,  ihren 
ehemaligen  Umfang,  ihr  Verhältnifs  zu  dem  Phönizischen, 
und  einige  verwandte  Gegenstände  festsetzen  läfst.  Nach. 
dem  Aussterben  derselben  wird  sie  eine  Geschichte  der  alt- 
hebräischen Sprachkunde,  der  grammatischen  und  lexicogra- 
phischen  Bearbeitung  derselben;  verschieden  von  der  Ge- 
schichte der  alttestamentlichen  Exegese,  wie  ein  Theil  vom 
Ganzen,  wiewohl  jene  die  blofse  Sprachkunde  mehr  voraus- 
setzt, als  einschliefst.  Die  Geschichte  der  neuern  Gestal- 
tungen der  Sprache  in  den  Schriften  der  Talmudisten  und 
Rabbinen  bleibt  hier,  wo  nur  von  einer  Geschichte  der  alt- 
hebräischen Sprache  die  Rede  seyn  soll,  ausgeschlossen. 

Man  hat  diesen  Gegenstand  theils  in  eigenen  Schriften  und 
Abhandlungen,  theils  beyläufig  in  den  Einleitungen  zu  he- 
bräischen Sprachlehren  oder  theilweise  in  Literaturgeschich- 
ten behandelt,  aber  vornehmlich  bey  Behandlung  des  erstem 
Theils  ist  man  zu  sehr  beym  Aeufsern  stchn  geblieben,  ohne 
sich  auf  das  Detail  der  Spracherscheinungen  in  grammati- 
scher und  lexicographischer  Rücksicht  einzulassen.  Es  soll 
daher  dieser  Theil  verhältnifsmäfsis  am  ausführlichsten  be- 

o 

handelt  werden,  um  so  eine  philologisch-historische  Einlei- 

A 


&  lil  inleitu  ng. 

tung  zu  den  Sprächlehren  und  Wörterbüchern  dieser  Spra- 
che abzugeben.  Belesenem  Gelehrten  überlasse  ich,  dassel- 
be einst  für  die  syrische  und  arabische  Sprache  zu  leisten; 
leider  entbehren  ja  aber  selbst  die  classischen  Sprachen  der 
Giiechen  und  Römer  einer  eingehendem  historischen  Be- 
handlung. 

Unter  den  altern  sind  noch  am  genügendsten :  Jf'ahoni  Apjia- 
ratus  hihi.  Proleg.  HI.  Vol.  Em.  Loescher  da  causis  ling.  hebr. 
Cap.  V —  XII.  V-ergl.  Jo.  Ch  rfci  diss.  de  liug.  hehr.  \'o.  1.  i\ev 
Prclc^g.  in  Pentateuchurii.  Wenig  brauchbar  ist  II.  IV.  Cleinm 
Versuch  einer  kritischen  Geschichte  der  hebräischen  Sprache. 
Heilbronn  i75$i  auch  das  bekannteste  Werk:  Ihneis  Geschichte 
der  hebräischen  Sprache  r.nu  Literatur,  Halle  i?"'>,  beschrankt 
sich  blofs  auf  das  AeuTsere,  und  enthält  obendrein  viele  Mcrkraa- 
]c  von  Flüchtigkeit.  Durch  eine  ziemlich  reiche  Literatur  zeich- 
net sich  aus:  J.  C  lUuirimann  hehraici  Scrmorit  elem'enta,  cum 
illius  historiu  brevhsima.  Jrnae  1760  ,  wo  die  Geschichte  lißS. 
einnimmt.  Aufserdem  s.  Hartmann  s  u.  A-  Sprachlehren.  —  Seit 
dem  Wiederaufleben  der  Wissenschaften  vgl.  Eichhorn  $  Geschich- 
te der  neuein  Sprachenkunde.   Tli.  I.    S.  .j57- 

fi.       2. 

Der  Gegenstand  zerfallt  hiernach  in  zwev  gröfsere Hälf- 
ten. üeiGesehichte  der  lebenden,  und  der  ausgestorbenen  he- 
bräischen Sprache.  Die  letztere  behandeln  wir  in  vier  Zeit- 
räumen.  I.  Periode  des  traditionellen  Studiums  bis  zum  /Er- 
scheinen der  ernten  Grammatik^  vom  Aussterben  der  Sprache 
bis  See.  X.  IT.  Jilüt/te  tles  grammatisclten  Studiums  bey  Jen 
Juden,  See.  X  —  XIV.  XV.  III.  Anfang  desselben  hey  dm 
Christen,  gröfstentheils  mit  einseitiger  Abhängigkeit  1  on  Tra- 
dition und  Manier  der  Juden.  See.  XIV—  W  II.  med.  Seit- 
dem IV.  Bidlhe  dimes  S/udiums  bey  den  Christen.  Gelehrte 
und  vielseitige  Benutzung  der  yeni'unditn  Dialekte. 

fi.    .-• 

Eine  Geschichte  der  hebräischen  Schrift,  welche  pas- 
send mit  dem  vorigen  Gegenstande  verbunden  wird,  kann 
Keinesweges  ein«   nur  einigermaaiaen   eingehende  PsläogrSy 


Einleitung.  3 

phie  der  Schriftzüge  und  ihrer  Veränderungen  in  der  Zeit 
enthalten,  wozu  es  uns  ganzlich  an  Datis  fehlt.  Sie  liefert 
daher  nur  die  historischen  Untersuchungen  üher  Alter  und 
Ursprung  der  gegenwärtigen  Schrift,  ihr  Verhältnifs  zu  der 
Münzschrift,  und  die  wenigen  Angaben  über  ihre  nachheri- 
gen Veränderungen  ;  vornehmlich  aber  die  Entstehungsge- 
schichte der  Vocalsetzung,  und  die  Würdigung  der  darin 
enthaltenen  Aussprache  des  Althebräischen. 


A  2 


Erster  Abschnitt. 

Geschichte  der  hebräischen  Sprache  bis  zu  ihrem 
Aussterben. 

6-    4- 

Von  den  semitischen  Sprachen   überhaupt. 

1.  Die  hebräische  Sprache  ist  nur  ein  einzelner  Dialekt 
eines  grofsen  vorderasiatischen  Sprach-  und  Völkerstammes, 
welcher  aufser  Palästina  ursprünglich  noch  Syrien ,  Phoni- 
zien,  Mesopotamien,  Bsbylonien,  Arabien  und  Aethiopien. 
•umfafste.  Man  hat  auch  Assyrien  und  die  kleinasiatischen 
Provinzen  Cappauozien  und  Pontus  vom  Halys  an  diesem 
Sprachstamme  beyzählen  wollen,  was  aber  mindestens  noch 
seht  ungewifs  ist:  dagegen  haben  sich  Zweige  desselben  zu 
mehrern  Zeiten  weit  über  seine  ursprünglichen  Glänzen  aus- 
gedehnt, z.  B.  die  phünizische  Sprache  schon  im  hohen  Al- 
terthum  nach  Karthago  und  in  die  auscrebreiteten  Colonieen 

o  ö 

•und  Faktoreien  dieses  Ilandelsvolkes,  und  die  arabische 
Sprache  im  Mittelalter  über  die  ganze  Nordküste  von  Afiica 
bis  nach  Spanien  hin. 

Ueber  dio  Frage,  ob  auch  in  Assyrien  ein  mit  der  hebrüisckcn 
Sprache  verwandter  Dialekt  geredet  worden  sey,  «.unten  §.  17,3. 
Hiermit  hängt  auch  die  Untersuchung  über  die  Sprache  Klem- 
aiiens  bis  an  den  Halys  zusammen.  Dochart  (Canaan  S.  535.). 
Heeren  (de  Unguis  imptrii  persici,  in  den  Comment.  Soc  Llrit. 
T.  I  111.,  Cl.  -philol.  et  histor.  p.  23  Jf.)  U.A.  nehmen  hier  einen 
syrischen  Dialekt  an,  und  itÜtsen  sich  zugleich  auf  die  Benen- 
nung dieser  Völker  durch  weifsc  Syrer,  Atmoavgci;  allein  i'trabo 
(XII.  am  Anf.)  schreibt  den  Cappadpziern  ausdrücklich  eine  eige- 
ne Sprache  zu,  deren  Granzen  er  genau  bezeichnet,  und  die  noch 
übrigen  einzelnen  Worte,  welche  entweder  unbekannt  sind,  oder 
als  assyiisch-pcrsijch  vorkommen  (/..  B.  mcv5„),  inachen  es,  zu« 
sainniengenommen  mit  dem  Umstände,  dafs  sie  persische  heilige 


Q.  4.    Von  den  semitischen  Sprachen  überhaupt,  5 

Gebräuche  hatten  (Stralu  XV,  p.  504  •"!.  1065)  und  dafs  der  Name 
Kappadozien  persisch  sey  {litrodot,  7,  72),  wahrscheinlich,  dafs 
diese  Provinzen  der  Abstammung  und  Sprache  nnch  zu  dtm  Assy- 
rern,  nicht  Syrern,  gehören.  5.  Jablor.skii  Opuscula  ed,  te  Wa- 
ter.  T.  II.   pag.  126  S. 

Auf  der  andern  Seite  finden  sich  allerdings  Spuren,  dafs  in  ein- 
zelnen Gegenden  Kleinasicns  phönizisch  geredet  worden  sey. 
Von  den  Solymern,  den  Ureinwohnern  Lyciens  und  Pisidiem, 
sagt  dieses  Chörilus ,  ein  Zeitgenosse  Alexanders  d.  G. ,  in  einem 
Heldengedichte,  das  den  Feldzng  des  Xerxes  gegen  Griechenland 
beschrieb,  bey  Joseph,  contra  Apion,   1,   22: 

Ykwjaav  fjivj  (£cr;;eeetv  uto  ffrofjtarwv  £<pitvrtc. 
Josephus  selbst  misdeutet  zwar  die  ganze  Stelle,  indem  er  die 
ZoXv/lcci  von  den  Einwohnern  von  Jerusalem  und  den  Juden  versteht» 
und  man  hat  daher  den  Vers  häufig  zum  Beweise  gebraucht,  dafs 
die  Juden  phönizisch  oder  canaanitisch  geredet  (s.  §.  7.);  ande- 
re haben  dagegen  den  Irrthum  längst  gerügt,  z.  B.  Bochart  Ca- 
naan.    1,    6.      Havercamp  zu  d.  St. 

t  2.  An  einem  passenden  und  erschöpfenden  Namen  für 
diesen  Völker-  und  Sprachstamm  fehlt  es.  Schon  die  Kir- 
chenväter, namentlich  Hieronymus ,  nennen  diese  Sprachen, 
vorzugsweise  orientalische  Sprachen;  in  neuern  Zeiten  hat 
vorzüglich  Eichhorn  statt  dessen  die  Benennung  semitische 
Sprachen  empfohlen,  weil  nach  der  Völkertafel  1  Mos.  iof 
ai  ff.  die  meisten  jener  Völker  von  Sem  abgeleitet  werden. 
Indessen  mufs  man  zugestehn,  dafs  auch  dieser  Name  theila 
zu  weit,  theils  zu  enge  sey,  mithin  seinem  Zwecke  keines- 
weges  entspreche.  Ist  jedoch  durch  eine  Erklärung  diesem 
Misverstande  vorgebeugt,  so  mag  man  ihn  immer  beybe- 
lialten. 

S.  Eichhorn! 's  Allgem.  Biblioth.  d.  bibl.  Literatur.  B.  6.  St.  5. 
S.  772  ff.  Dagegen  Stange^s  theoloeischelä^mmicu.  Th.  s.  No.  1. 
letzterer  erinnert  mit  Recht,  dafs  mehrere  zu  diesem  Stamme  ge- 
hörige Völker,  namentlich  die  Cuschäer  in  Arabien  und  Aethio- 
pien  (V.  7  it.)  und  die  Canaaniter  (V.  15  — 19.)  auf  Harn  zurück- 
geführt werden,  dagegen  von  den  Semiten  (V.  22.)  die  Elamiter 
gewifs,  die  Assyrer  wahrscheinlich  nicht  dazu  gehören.  Da  Lud 
dunkel  ist,  so  bleiben  wirklich  von  den  Abkömmlingen  Sem*  nur 
zwey,  Arjfhachsad  (dessen  Enkel  Eber  ist)  und  Arara,  für  uniorn 


6  $•  4-   f/'on  den  semitischen  Sprachen  überhaupt. 

Sprachstamra  übrig.  Die  Canaaniter  betreffend  wollte  Eicliborn 
zwar  annehmen,  dafssie,  ursprüngliche  Ilamiren,  späterhin  am 
mittelländischen  Meere  die  semitisclie  Sprache  angenommen  hät- 
ten ,  allein  dieses  ist  blofse  Vermuthung.  Noch  weniger  erwie- 
sen  ist  die  Behauptung,  dafs  dem  semitischen  Stamme  die  Buch- 
stabenschrift, den  Hain  i  ton  Uieioglyphensclnift,  ursprünglich  ei- 
gen gewesen  sey.  —  Da  Verwandtschaft  der  Sprache  einer  der 
untiiiglichsten  Wegweiser  für  die  Verwandtschaft  der  Völker  ist, 
so  läfst  sich  vielmehr  zweifeln,  ob  der  Urheber  jenes  völkerhisto- 
rischen Systems  Recht  hatte,  wenn  er  einen  Theil  der  arabischen 
Stämme  (V.  7.)  für  gänzlich  verschiedenen  Ursprungs  mit  andern, 
den  sogenannten  Joctanidcn  (V.  2.6  —  5>>.)  erklärt ,  und  eben  so, 
wenn  er  die  Hebräer  der  Abstammung  nach  von  den  Canaani- 
tern  absondert, 

3.  Die  verschiedenen  Dialekte ,  in  welche  jener  grofse 
prachstamm  zerfällt,  theilen  sich  in  drey  Hauptzweige, 
x)  das  Aramäische,  in  Syrien,  Mesopotamien,  Babylonien, 
welches  wiederum  in  West-  und  Ostaramäisch  (Syrisch  und 
Chaldäisch)  zerfällt.  2)  Das  Canaanitische  oder  Hebräische, 
in  Palästina  und  Phönizien,  wovon  das  Punische  ein  Ab- 
kömmling ist.  5)  Das  Arabische,  wovon  das  Aethiopische 
einen  Nebenzweig  ausmacht.  Ein  Gemisch  aus  dem  Hebräi- 
schen und  Aramäischen  ist  das  Samaiitanische. 

Die  Blüthe  dieser  Dialekte  fällt  in  verschiedene  Zeiten. 
Die  ältesten  Spuren  hat  man  von  der  Ausbildung  des  Hebrä- 
ischen ,  in  welchem  uns  überhaupt  die  ältesten  Sprachdenk- 
mäler aus  dem  Alterthume  aufbewahrt  sind.  Mit  seinem 
Aussterben  tritt  allmählich  das  Ostaramäische  oder  Chaldäi- 
sche  hervor.  Weit  neuer  noch  ist,  was  wir  aus  dem  Syri- 
schen besitzen,  und  die  Literatur  der  arabischen  Sprache 
reicht  wenig  über  das  Zeitalter  des  Muhammed  hinauf,  lie- 
ber ihre  frühere  Zeit  fehlen  uns  wenigstens  die  Notizen, 
Wenn  gleich  ihre  Bildung  höher  hinauf  gehn  mag. 

Jetzt  sind  die  meisten  jener  Dialekte  ausgestorben  oder 
leben  nur  noch  kümmerlich  in  unbedeutenden  Districten; 
das  Arabische  allein  hat  sie  alle  Überlebt,  und  ist  nicht  al- 
lein als  herrschende  Landessprache  duich  ganz  Syrien,  Ae- 


ß.  4.    Kon  den  semitischen  Sprachen  überhaupt. 

gypten,  Arabien,  und  über  die  Nordküste  von  Africa,  son- 
dern aufserdem  als  Religionssprache  durch  Persien,  die  Tür- 
key und  so  weit  der  Islam  reicht,  verbreitet.  Dem  religiö- 
sen Interesse  verdankt  es  insbesondere  die  hebräische  Spra- 
che, dafs  die  Kunde  derselben  nach  ihrem  Untergange  un- 
streitig weiter  verbreitet  worden  ist,  als  sie  es  je  bey  ihrem 
Leben  gewesen,  und  dafs  sie  als  Sprache  der  Reli.2;ionsur- 
kunden  bey  zwey  grofsen  Religionspartheyen  fortlebt,  die 
aus  ihr  hervorgegangen  sind. 

Einige  n.ihere  Notizen  über  Character,  Geschichte  und  Litera- 
tur dieser  Dialekte,  s.  in  Adelungs  Mithridates.  Th.  1.  S.  299  ff. 
Eichhornes  Geschichte  der  neuern  Sprachenkunde.  Abtheil.  1. 
S.  405  ff. 

4.  Die  Verschiedenheit  dieser  Dialekte  ist  kaum  so 
«nrofs ,  als  derer  des  slavischen  oder  germanischen  Stammes, 
wiewohl  sie  grölser  und  anderer  Natur  ist,  als  die  der  grie- 
chischen Dialekte,  welche  man  nicht  ganz  passend  hier  ver- 
glichen hat.  Einige  der  auffallendsten  gemeinsamen  Eigen- 
tkümlichkeiten,  worin  sie  alle  von  den  abendländischen 
Sprachen  abweichen,  sind:  1.  Sie  lieben  Kehlhauche  in 
mehrern  Abstufungen,  die  zum  Theil  für  unser  Organ  un- 
nachahmlich sind.  2.  Die  Stammwörter  sind  in  der  Regel 
zweysylbig,  und  liegen  gewöhnlicher  im  Verbo,  als  im  No- 
men. 5.  Die  Casus  obliqui  des  Prt  nomen  und  das  gleichlau- 
tende Pronomen  possessivem  werden  immer  an  das  Verbum, 
das  Nomen  oder  die  Partikel  angehängt.  4  Das  Verbum  hat 
nur  zwey  Tempusforrnen ,  für  den  Optativ  und  Conjunctiv 
sind  sie  kaum  im  Entstehen.  Dagegen  findet  sich  eine 
durchgehende  Analogie  zum  Ausdrucke  der  verschiedenen 
TVIodificationen  eines  Verbalbegviffs.  ,5.  .Das  Geschlecht  ist 
nur  zwiefach,  männlich  und  weiblich.  Die  Casus  werden 
nur  durch  Präpositionen  bezeichnet,  der  Genitiv  ganz  eigen- 
tümlich durch  engere  Verbindung  mit  dem  Nolnen  regen*. 
Auch  für  den  Comparativ  und  Superlativ  gibt  es  keine  be- 
stimmte Formen.   (Das  Arabische  macht  hier  eine  Ausnah- 


g  g.  5.      Jlcbräische  Sprache. 

me).  6.  Composita  bildet  wieder  das  Nomen,  noch  das  Ver- 
bum,  nur  im  Nomen  proprium  kommen  sie  vor.  7.  Die  Syn- 
tax hat  etwas  Einfaches  und  die  Diction  ist  höchst  unperio- 
disch, welches  besonders  an  dem  Mangel  und  dem  unge- 
schickten Gebrauch  der  Partikeln  liegt. 

C.  G.  Anton  Versuch ,  das  zuverlässigste  Unterscheidungszei- 
chen der  orientalischen  und  occid  «italischen  Sprachen  zu  entdec- 
ken.   Leipzig  1792.   $,  ■ 

Hebräische  Sprache.      Verschiedene  Namen  derselben. 

Nach  diesem  allgemeinen  Ueberblick  wenden  wir  uns 
zur  hebräischen  Sprache  selbst,  mit  welcher  wir  es  von  nun 
an  allein  zu  thun  haben. 

Der  Name:  hebräische  Sprache  (m*l3»  I^S)  kommt  im 
A.T.  nicht  vor,  wiewohl  er  allerdings  damals  schon  gebräuch- 
lich gewesen  seyn  mag.  Statt  dessen  heifst  diese  Sprache  beym 
Jes.  ip^iß:  1^33 -naiy,  Sprache  Canaans,  (wo  aber  der  Aus- 
druck mehr  dichterisch,  als  der  gewöhnliche,  scheint),  und 
rmin'»,  auf  jüdisch,  2  Kön.  ig,  26.  (vergl.  Jes.  36,  11.  15.) 
Nehem.  13,  24.  Die  letzteren  Stellen  folgen  schon  dem 
Sprachgebrauche,  welcher  sogleich  nach  Wegführung  der 
10  Stämme  entstand,  wornach  der  Name  Ja  da ,  Juden  auf 
das  ganze  Land  und  Volk  ausgedehnt  wurde.  Beym  Te- 
remias  ist  er  schon  als  allgemeiner  Volksname  gewöhnlich 
(32,  12.  38,  19.  40,  11.  43,  9.)  und  namentlich  34,  9  wird 
Jude  synonym  mit  Hebräer  gebraucht  x).  Zuerst  in  den 
Apocryphen  (Prol.   Sir.)    und    dann  öfters    im  N.  T.    steht 

l)  Elias  Levita  in  Tuisbi ,  v.  i*lT"P.  J'itringa  ad  Jes.  36,  11. 
Dafs  der  Name  Jude  schon  seit  der  Trennung  des  Reiches  für 
die  ganze  Nation  stehe,  behauptet  fälschlich  ßlanfcy  zum  Phi- 
lo T.  IL  S.  ß6-  Vgl.  Zimmermann  Classification  der  Benen- 
nung Juden,  Hebräer  u.  ».  vr.  In  Henke'«  Museum.  B.  2. 
S.   638  tf- 


Namen  derselben.  9 

ißnxisri  oder  ry  tß^u'iii  StxktKrq ,  aber  hier  in  etwas 
anderem  Sinne  von  der  damaligen  aramäischen  Landes- 
sprache, welche  an  die  Stelle  des  Althebräischen  getreten 
war.  Joh.  5,  2.  19,  13.  Apostelgesch.  21,  40.  22,  2.  26,  14. 
Beym  Josephus  ist  unter  yXwffo-a  ruv  'Eßgatiwv  (Aichach  \%/j.jm 
2.  u.  öfter)  stets  die  althebräische  Sprache  zu  verstehn.     r.    /tfL4-) 

Den  Namen:    heilige  Sprache  (Kt£>*i!!|2*l  yüS)  führt  sie  zuerst  in      .^ 
den  Targg.,    z.  B.   1   Mos.  11,  1.    31,  11.     Targ.  Hieros.  31,  47«      '  ' 
45»  12.   PseuJojon.     Mjn  bezeichnet  sie  damit  als  die  Sprache  der 
heiligen    Bücher   im   Gegensatz    der   Vn    S  der  profanen   Sprache, 
d.  i.   der  chaldaischen  Landessprache. 

Misbr.'uichsweise  kommt   einige   Mal    auch   der   Name:   assyii- 

o  i     J 

sehe  Sprache  (ri'IWN)  für  die  mit  assyrischer  Schrift  geschriebene 
hebräische  Sprache  vor.  Tract.  JVXegilla,  Cap.  2.  No.  1.  T.  II. 
pag.  392.  ed.  Surer.h.  Nlikne  Abraham.  Fol.  6.  Gen  Jakob.  Fol. 
142,   col.  1. 

Da  es  wohl  Keines  Beweises  bedarf,  dafs  die  hebräische 
Sprache  diesen  Namen  als  Sprache  des  hebräischen  T'olkes 
(y\w<?ex  tuv  Eßoxtmv,  D*n3»n  }"i\üS)  führe2),  da  der  Sprachge- 
brauch, Ursprung,  die  Bedeutung  und.  Schreibart  dieses  Na- 
mens aber  streitig  zu  seyn  scheinen ,  so  wird  eine  kurze  Er- 
läuterung dieser  Puncte  hier  nicht  am  unrechten  Orte 
stehn. 

1.  Ueber  den  Unterschied  des  Namens:  Hebräer  0*>3V, 
fem.  n%  rp— ,  plur.  er— ,  D*»")  von  Israelit,  ergibt  sich  zu- 
nächst folgendes :  a)  in  den  eigenen  Schriften  der  He- 
bräer steht  dieser  Name  vorzüglich  nur  im  Gegensatz  ge- 
gen andere  Völker  verschiedenen  Stammes ,  z.  B.  Aegyp- 
tier   und  Fhilistäer,     oder   wenn    ein  Nichthebräer   redend 

2)  Doch  hat  Augusti  (Einleit.  in  das  A.  T.  S.  27.)  eine  andere  ver- 
sucht: ,,die  Araber  -werden  (nach  Abulpharadsch ,  s.  Tococke 
Spec.  hist.  Arabum.  p.  3.)   cingetheilt  in  die  noch  bestehenden 

S  >     * 
und   die  Erloschenen   (gO^V.3%      Zeigt  ebrüisch  vielleicht  die 

Sprache  an,  welche  erloschen  ("MV  =.",2H  interiit  vergl.  Iliob 
34,  20.  Ps.  »44,  4  u.  a.)  ist?" 


io  Ö-  5-      Hebräische  Sprache. 

eingeführt  wird  ').  b)  Die  auswärtigen,  griechischen 
und  römischen,  Schriftsteller  scheinen  nur  diese  Namen 
und  den  der  Juden  zu  Kennen,  den  Namen  Israeliten  sar 
nicht.  So  nennt  sie  Pau&ania.s  rot/?  'Hßpumf  (i,  6.  10,12.) 
und  ihr  Land  r,3;.«<ü,v  xw?u  (°\  24*'>  Tck  itus  {Bist.  V,  2.); 
und  Josephus  braucht  ihn  durchgehend».  Dieses  führt 
auf  ein  Verhältmfs  dieser  beyden  nebeneinander  existiren- 
den  Namen,  wie  wir  es  von  vielen  1  Ölkern  hahen;  Hebräer 
ist  der  eigentliche  Volksname,  unter  welchem  es  die. Aus- 
wärtigen kennen,  Israelit  der  patronymische  oder  genealo- 
gische Name,  der  gewöhnlich  nur  bey  dem  \  olke  herrschend 
zu  seyn  pflegt. 

Man  vergl.  die  Namen  Ungern  (d.  i.  Fremdlinge)  und  Magya- 
ren ;  Germanen  (Kriegsmänner)  und  Deutsche  (verrnnthlicli  p** 
tronyroisch  von  Teilt);  Phönizier  und  Canaaniter;  Kdlmnck  1 
(Zurückgebliebene)  undOclots;  Tsc!ierka>>seii  (Wegabschneider, 
Räuber)  und  Adige  u.  s.  w.  Es  erhellt  zugleich  aus  diesen  Bcy. 
spielen,  dafs  der  erstere  Name  gewöhnlich  appellativ  sey,  was  wei- 
ter unten  zum  Fingerzeige  dienen  mag. 

Hiehex  noch  die  Frage,  ob  der  Name  Hebräer  im  wei- 
tem Sinne  gebraucht  werde,  als  Israelit?4)  Allerdings 
scheint  diefs  der  Fall,  nur  dafs  die  Glänzen  des  Gebrauchs 
nicht  deutlich  sind.  Schon  Abraham  heilst  der  Hebräer  (1  Mos. 
14,  13.),  worin  die  Andeutung  li'gt,  dafs  man  schon  seinen 
Stamm  so  genannt  habe  j  1  Mos.  10,  ßi  heißt  Sem  der  \  ater 
aller  Söhne  Kber'r.,  \;ü.s  nicht  ohne  Nachdruck  ist;  im  N.T. 
endlich  steht  ffifuiffrt  für  svrochaldäisch  (im  Gegensatz  von 
griechisch  und  lateinisch),  im  A.  T.  dagegen  n*"lVP  'im  Gegen«. 
▼ob  aramäisch  \  Durfte  in  letzterem  Falle  vielleicht  nicht  ein- 
mal hebräisch  stehn,  insofern  dieses  im  wcitei  □  .^in-ic  auch  da« 
Aramäische  umfaUt  hätte?  —  Indessen  wiid  doch  nirgends 
weder  ein  Abiahamit  im  weitem  Sinne  (/..  U.  Ism.ielit,   ldu- 

3)  S.   mrin  Krbr.  Wörterb.  ei.   d.  \Y.   '«12V.      Ausgenommen  ist 
*  1  llei(  in   uur  1  b.un.  1.3,  3.  7. 

/j)  Stuhlmumn's  lln-b.    5.  8  j. 


Namen   derselben.  i 1 

niiier),  noch  ein  Nachkomme  des  Eber  (wozu  auch  die  Joc- 
tanitischen  Araber  und  die  Nahoriten  gehören  würden)  mit 
diesem  Namen  belegt,  und  der  ursprünglich  weitere  Name 
mag  allmählich  beschränkt  worden  seyn.  In  2  Cor.  n,  22. 
Philipp.  3,  5  liegt  wahrscheinlich  gar  kein  Unterschied,  son- 
dern die  Wiederholung  ist  hier  Tautologie ,  wie  aus  axtqi*.*. 
'Aßoxx/u.  deutlich  wird. 

2.  Den  Ursprung  des  Namens  führt  die  biblische  Völ- 
kertafel  (1  Mos.  10,  24.  2'].  ix,  14.  15.)  auf  einen  Stammva- 
ter las»  C'P-5*?«  Heber)  zurück,  und  "\2V  "»53  (10,  21),  poe- 
tisch I3i?  (4  Mos.  2^,  24)  steht  für  a*ipjj  Hebräer,  wel- 
ches hiernach  Patronymiaun  von  tay  wäre.  Allein  schon 
der  Geist  jener  ganzen  Völkertafel,  in  welcher  überall  Völ- 
ker- Städte-  und  Ländernamen  personiucirt  werden ,  führt 
darauf,  jenen  Eber  nicht  für  eine  historische,  sondern  für 
eine  mvthische  Person  zu  halten,  deren  Name  erst  aus  dem 
Völkernamen  gebildet  -worden,  wie  dieses  ohne  Zweifel 
auch  mit  Ion,  JJorus,  Aeolus  der  Fall  ist. 

Wie  willkührlich  die  Morgenländer  hier  verfuhren, 
zeigt  dasBeyspiel  der  Araber,  welche,  wenn  sie  jene  Stamm- 
tafel wiederholen,  statt  des  Heber  einen  ü*&  oder  0%^ 
substituiren,  welchen  Namen  sie  aus  0*-ÄJ,  !>-}*.&  coli,  die 
Juden,  abgeküizt  haben  s). 

Welches  der  wahre  Ursprung  des  Namens  sey,  ist  na- 
türlich schwerer  zu  sagen,  dafs  er  aber  ein  ursprüngliches 
s.!ppellatii-um  sey,  mag  man  wohl  als  entschieden  annehmen. 
Bey  weitem  am  nächsten  liegt  die  Ableitung  von  13»  = 
"ynzn  liP,  das  jenseitige  Land,  nämlich  jenseit  desEuphrat, 
wornach  D**i3V  Jenseitige  bedeutet,  welchen  Namen  die  Canaa- 
niten  sehr  schicklich  der  einwandernden  Horde  des  Abraham 
gaben,  oder  welchen  sie  schon  früher  bey  ihnen  führen  konnte. 
Der  Einwand,  dafs  ~\2V  sonst  nicht  ohne  Zusatz  fiinnan  ->3V 

5)    Uottingeri  hist.  Orient,   p.  38 — 44. 


12  $.  5«    Hebräische  Sprache.    Namen  derselben. 

vorkomme,  scheint  unbedeutend.  Der  Name  wäre  dann  etwa 
gleichbedeutend  mit  Ungern  (s.  oben),  oder  D*ntfV&  (von  trHü 
auswandern}  6\  Nach  TJ'ahP^  war  D^*OU  ursprünglich  ei- 
nerlei mit  D'2'i»  Araber,  in  der  Bedeutung :  Nomaden,  an- 
dere haben  die  drey  Yölkernaraen  t3?*09,  C31-»  und  0"<ö^n 
für  ursprünglich  einerley,  und  erst  später  getrennt  ausge- 
ben wollen  (letzteres  nach  einer  Verwechselung  des  n  und  y, 
D  und  3).  Letzteres  scheint  zu  kühn:  erstere  Vermuthung 
hingegen  liefee  sich  allenfalls  durch  den  Umstand  unterstüz- 
zen,  dafs  2  Sam.  15,  23  im  Chethib  misir  wirk  lieb,  für 
n"!3"ll>  Steppen  vorkommt. 

5.  Die  deutsche  und  lateinische  Orthographie  schwankt 
zwischen  hebräisch  und  ebräisch;  mit  Unrecht,  denn  letzte- 
res ist  offenbar  falsch.  Aus  dem  hebräischen  **OV  ward  im 
Syrischen  .  rj^v,  und  daraus  das  griechische  ijcsziof,  lat.  he- 
braeus.  Da  wir  einmal  die  Form  aus  dem  Griechischen  auf- 
genommen haben,  müssen  wir  sie  auch  in  dieser  Gestalt  bey- 
behalten,  für  die  richtige  Setzung  des  Spiritus  asper  zeugt 
aber  aufser  den  Codd.  auch  das  Lateinische  8).     Wollte  man 

6)  So  schon  il.  Bechai,  Maimonides,  Raschi,  Luther.  Nach  ver- 
schiedenen  Gesichtspunkten  s.  darüber  Bocharti  Phaleg  1 1,  14. 
Hottinger  tlies.  philol.  p.  5-  Löscher  S,  53.  P7  altern  Prclegg. 
111,  1.  Hezöl  S.  4  ff«  Falsche  Ableitungen  unmittelbar  von 
*13!>,    oder  gar,   wie  Augustin  (quaest.  in  Gewiss,  lib.  1.  <ju.  24.) 

w;ll,  von  omni*. 

7)  Allgem.  Geschichte  der  morgenlänclischen  Sprachen.    S.  453- 

3)  Die  Spiiituaiion  des  hebräischen  Nominis  propra  ist  daher  in 
diesem  Falle  im  Griechischen  vollkommen  gesichert,  was  sie 
nicht  immer  ist,  s.  "Wlontfaucon  zu  Origenis  TIexaplii  T.  IX» 
S.  597.  Mögen  die  Griechen  sonst  zwischen  dem  Spiritus  /-•• 
mix  und  aspxr  für  V  schwanken,  hier  ist  clor  Gebrauch  fix  für 
den  letzteren  ,  wie  z.  B<  bey  'Ap«ßt{  für  den  enteren.  Auch 
in»  Lateinischen  haben  die  Codd.  nur  hebräeut,  and  schwanken 
nicht,  vrle  sonst  wohl  bcyni  Ausdrucke  semitischer  Aspirationen, 
t.  B.  Anmbal  und  Hannihul  (Sl'U'On) ,  ygk  lat.  Sprach- 

lehr« $.  i<MO'     Man  dar!  daher  au  fTerthei  ei  Schreib« 

art  ebraisch  durchaus  mcht  auf  die  Aussprache  des  V  selbst  im 


$.  6.    Ursprung  u. Alter  d.hebr.  Sprache  überhaupt.         13 

die  hebräische  Form  nachahmen,   so  würde  man  ja  das  Volk 
Ilibriten  oder  Ghibrüen  nennen  müssen. 

ö-     6. 
Ursprung   und   Alter   der  hebräischen   Sprache   überhaupt. 

\.  Die  älteren  Sprachforscher  und  Theologen  hielten 
sich  bey  Behandlung  dieses  Gegenstandes  an  die  mythische 
Geschichte  der  Genesis,  welche  bis  zum  babylonischen 
Thurmbau  Eine  allgemeine  Sprache  herrschen,  und  aus  die- 
ser durch  unmittelbare  Einwirkung  der  zürnenden  Gottheit 
die  verschiedenen  Sprachen  der  Welt,  mithin  auch  die  he- 
bräische, hervorgehn  läfst ;  in  eine  sinnige,  bedeutungsvolle 
Mythe  ein  Problem  einhüllend,  welches  noch  Keine  Philoso- 
phie befriedigend  gelost  hat. 

Dem  Mythus  über  die  Sprachverwirrung  (Gen.  XI.)  genau 
analog  ist  eine  griechische  Fabel  bey  Philo  (de  confusione  linguar. 
p.  25 l*  °d-  Colon.),  wo  die  Entstehung  der  verschiedenen  Spra- 
chen an  das  Ende  des  »oldenen  Zeitalters  versetzt  und  dem  über 
die  Undankbarkeit  der  Menschen  zürnenden  Kronos  zugeschrie- 
ben wird  :  denn  vorher  redeten  Menschen  und  Thiere  Eine  Spra- 
che und  verstanden  sich  wechselseitig.  Vgl.  Plato  in  Politico  bey 
Lochart  (Phaleg  S.  3). 

2.  Man  ging  aber  noch  weiter  und  erlaubte  sich  selbst 
die  Frage,  welche  Sprache  denn  jene  ursprüngliche,  allge- 
meine (primaefa)  gewesen  sey.  Nach  dem\  organge  der  äl- 
teren Juden 5)  entschieden  die  Meisten  zum  Vortheile  der 
hebräischen  Sprache,  und  suchten  dieses  durch  mehrere  Be- 
weise zu  unterstützen  ,  namentlich  1.  dafs  die  Namen  vor 
der  Sprachverwirrung  eine  deutliche  hebräische  Etymologie 
hätten,  z.  B.  DIN  Mensch,  S^n  Hauch,  Vergänglichkeit 
u.  s.  w.  (nicht  bedenkend,  dafs  diese  Namen  erst  von  He- 
bräern gebildet  oder  umgebildet  seyn  könnten),  2.  dafs  fast 
in  allen    Sprachen   Spuren  der  hebräischen  zu  finden  seyn, 

Hebräischen   zurückgehn.       Vergl.    Slevogt  diss.  acad.   selectae. 
p.  1467. 
9)   Onk.  und  Targ.  Hieros.  Gen.  XI,  1«    vgl.  Jos.  ArchäoL  1,  4. 
10,  2. 


14         ö-  6.   Ursprung  u.  Aller  d.  heb/:  Sprache  überhaupt. 

(was  zumlheil  sehr  natürlich  zugeht  f().  iß.],  zumTheil  aher 
durch  einige  zufällige  Aehnlichkeiten  gar  nicht  bewiesen 
worden  ist)  IO  );  3.  durch  historische  Auffassungen  von  Stel- 
len,   wie  1  Mos.  2,  23. 

3.  Suchen  wir  indessen  unabhängig  von  jener  mvthi- 
»chen  Ansicht  etwas  über  das  Alter  und  den  Ursprung  der- 
selben auszumachen,  so  sehen  wir  uns  von  der  Geschichte 
gänzlich  verlassen.  Wir  finden  nämlich  die  Sprache  in  den 
erwiesen  ältesten  Schriften  schon  auf  dei  jenigen  Stufe  der 
Ausbildung  und  Vervollkommnung,  welche  sie  überhaupt 
erreicht  hat,  und  wir  können  diese  durchaus  nicht  verfolgen, 
wie  wir  es  z.  B.  bey  der  lateinischen  und  den  germanischen 
Sprachen  können.  Der  Grad  von  grammatischer  Bildung 
aber,  welchen  sie  besitzt,  ist  nicht  gering,  und  setzt  Jahr- 
hunderte voraus  I0t>).  Auch  darf  man  die  Simplicität  und 
das  Sinnliche,  Poetische  der  Sprache11)  nicht  zu  hoch  in 
Anschlag  bringen,  wenn  von  ihrem  Alter  die  Rede  ist,  denn 
jene  Simplicität  ist  gröfstentheils  Character  des  ganzen 
Sprach  stamm  es ,  das  Sinnliche  und  Poetische  derselben  aber 
schwerlich  bedeutender,  als  es  in  allen  altern  Original-Spra- 
chen zu  sevn  pflegt.  Der  Onomatopotlica  sind  wirklieb  we- 
niger, als  in  den  abendländischen,  und  als  man  erwaiten 
sollte,  und  in  der  Aushildung  der  Radices  Irilitterae  liegt 
eine  Regelmäfsigkeit,  wie  sie  wenige  Sprachen  aufzuweisen 
haben. 

10)  Die  altern  Vorstellungen  findet  man  zusammen  in  Steph.  .~I7<>- 
rini  Exertitatt.  de  liti^ua  primaeva.  Lltraj.  1694.  .\.  C.  //. 
Jiode  itiss.  de  -primaeva  liuguae  hebraeae  antiquitate,  praes.  C  B. 
Michaelis.  Halae  1740.  4.  A.  Pfeifferi  Opera.  S.  (>[)().  ,  und 
erneuert  in  sin  ton  de  lingma  primaeva  eiusque  in  lingum  hsbraea 
reliquiis.    l'it<b.  ljjoo.    4. 

1 1 ''  )  Herder  t  Geist  der  hebr.  Poesie.  Tli.  1.  ?.  54°'  Eichliom's 
Einleit.  in  das  A.  T.  §.  10.  Dali  sie  indessen  in  ihrem  frühe- 
ren Zeitalter  hohe  Dichtertprache  gewesen  s<  \ .  welche  in  un- 
seren ältesten  Urkunden  schon  in  die  Grinsen  der  Prosa  herab» 
^e7.  ,    ist   nicht  nothwendig   und  nicht  bey  allen  Spra- 

i  ben  der  lall. 

11)  Herder  a.  a.  O.    Th    1.  S.  7  iL 


g.  6.    Ursprung  u.  Aller  d.  hebr.  Sprache  überhaupt.  15 

Einige  Onomatopoetii  a  sind  :  •»'ix,  "»1n,  M2X  webe  !  nN  arh  ! 
nNrt  io!  euge!  n;M,  n2N,  p3M,  pfp  seufzen,  ächz« n ,  %nh. 
ppS  lecken,  p*YTÖ  ffu^siy,  iri  turtur.  Allein  selbst  die'meisten 
Thicrlaute  sind  nicht  nach  dem  Schalle  gebildet,  z.  B.  pn'i'  la- 
chen  >    Sn2£  wiehern,    Dn3   brüllen. 

4.  Mehr  als  "wahrscheinlich  ist,  dafs  es  eine,  Zeit  gab,  wo 
die  hebräische  Sprache  mit  den  verwandten  Dialekten  mehr 
zusammenflofs,  wo  das  Sprachgesetz  der  Trilittera  noch  nicht 
ausgebildet  war-*),  allein  wir  können  diese  nicht  nachweisen, 
noch  weniger  reicht  eine  unserer  hebräischen  Schriften  in  jene 
Zeit  hinauf.  Weil  man  den  Stvl  des  Buches  Hiob  mit  Ara- 
mä  Ismen  und  Arabismen  versetzt  fand,  haben  einige  diesen 
Umstand  zu  Hülfe  nehmen  wollen,  um  dem  Buche  jenes 
Zeitalter  anzuweisen,  und  sich  auf  die  Mischung  der  grie- 
chischen Dialekte  im  Homerischen  Zeitalter  berufen13),  al- 
lein jene  Aramäismen  und  Arabismen  sind  keine  anderen,  als 
die  sich  sonst  in  den  poetischen  Schriften  des  A.  T.,  besonders 
denen  des  zweyten Zeitalteis  finden.  Dieser  Beweis  für  das 
hohe  Alter  dieses  Buches  ist  also  nicht  haltbarer,  als  alle 
übrigen.   (Vgl.  §.  xi,  2) 

Die  Angabe  Gen.  "1,  47>  <^afc  der  lYTesopotamier  Lnbrm  einen 
Ort  auf  Syrisch  RnVlHW  *U%  Jacob  denselben  auf  Hebräisch  ivh^ 
(Hügel  <!es  Zeugnisses;  genannt  habe,  setzt  voraus ,  dafs  schon 
damals  die  Dialekte  auf  eiue  ähnliche  Weise,  wie  späterhin,  ver- 
theilt  gew. .sen  sevn.  Genau  genommen  beweist  diefs  frevlich 
blofs,  d'fs  es  zur  Zeit  des  Concipienten  so  der  Fall  war,  und  daft 
dieser  dasselbe  im  Patria rchenzeitalter  annahm,  allein  die  Sache 
hat  auch  an  sich  gar  nicht9  Unwahrscheinliches.  Die  Juden  las- 
sen auch  den  Abraham  vor  seiner  Einwanderung  in  Canaan  ara- 
mäisch reden.    Liier  Cosri  II,  6ß. 

ii)   S.  Vorrede  zu  meinem  Wörterb,   Th.  2.   S.  XIV.»    vgl.  Simo- 
nis Arinnum  formarum.    S.   140. 

•3)   H§en  'k  J°ül'    antiquissimi  carminis  h.ebraici   natura  et  virtuti- 
bus.    S    iß. 


l<5      0.  7.  Vaterland  der  selb.   Verhältn.z.phöniz.  Sprache. 

<3-      7- 
Vcterland  derselben.      Verhältnifs  zur  phönizischen  Sprache. 

Als  dos  Vaterland  der  hebräischen  Sprache  hat  man  ohne 
Zweifel  Palästina  seihst  anzusehn,  und  das  ZusammentrefFen 
deutlicher  Erscheinungen  vereinigt  sich  für  die  Behauptung, 
dafs  sie  mit  wenigen  \  eränderungen  schon  die  Sprache  der 
canaanitischen  oder  phönizischen  Völkerstämme I4)  war, 
welche  Palästina  vor  der  Einwanderung  der  Abrahamiden 
bewohnten,  dafs  sie  von  diesen  angenommen  ,y),  nach  Ae« 
gypten  verpflanzt,  und  wieder  nach  Canaan  mitgebracht 
wurde.     Die  wichtigsten  Bestimmungsgründe  sind  folgende: 

D  Do  O 

1.  Die  Canaanitischen  Personen- und  Ortsnamen,  sind 
deutlich  hebräisch,  und  gehen  meistens  eine  sehr  leicht  auf- 
findbare Etymologie,  z.  B.  ^n^«  (Vater  des  Königs), 
pna ;  •cSö  (König  der  Gerechtigkeit)  ,  ptar.*>*iM,  CDttf,  ~rp*lpJ 
*l£D  u.  s.  w.  Man  darf  aber  nicht  etwa  einwenden,  dafs 
man  vielleicht  den  Ortschaften  diese  Namen  erst  später  gege- 
ben, oder  Personen-  und  Ortsnamen  mit  einiger  Verände- 
rung hebraisirt  habe,  denn  der  Charakter  derselben  ist  hier 
zu  durchgreifend,  und  man  kann  ja  die  persischen  und  ägyp- 
tischen Namen  (Q.  17,  1.2)  veigleichen,  an  denen  man  sich 
nur  selten  und  geringe  Veränderungen  erlaubt  hat.  Einige- 
mal, wo  Namen  geändert  worden,  ist  dieses  auch  ausdrück- 
lich angegeben.  4  Mos.  32,  3ß.   Jos.  15,  i5-   1%  47- 

2.  Derselbe  Eall  ist  mit  den  phönizischen  Eigennamen 
und    den    theils    aus  Inschriften    und  Münzen    entzifkrten, 

14)  1^2»  ,ü4j3  ist  unstreitig  der  einheimische  Nnmc  des  unter 
dem  Namen  der  Phönizier  bekannten  Volk.es.  Selbst  die  Pa- 
nier kannten  ihn,  nach  ylugustiuus  (expos.  epist.  od  Romanos): 
rusticos  iuxla  HippOtum  intcrrpgatos,  unde  »Stent,  punice  rcsj>on- 
disse  Chanani  1.  e.  Chananaeos  esss.  Auch  auf  phönizischen 
Münzen  liest  man  J^'jD,  s.  Ekhel  Doctrina  uummor.  T.  IV. 
S.   409. 

lj)  Nach  Gen.  51,  47.  würde  mau  iliescn  zuvor  eine  aramäisch« 
Mundart  zuschreiben  miusen.    (  S.   $.  0,   4  Aiuu.) 


5.7.  Vaterland  dtrselb .    Verhälln.z.phöniz.Spraclit.       17 

theils  her  griechischen  und  römischen  Schriftstellern  erhal- 
tenen phönizischen  Wörtern,  welche,  so  weit  sie  sieh  wie- 
dererkennen lassen,  nach  Form  und  Bedeutung  mit  dem  He- 
hiäischen  entweder  völlig  coincidiren,  oder  doch  sich  ihm 
mehr,  als  irgend  einem  andern  verwandten  Dialekte,  selbst 
dem  Syrischen,  nähern. 

Sogar  die  punische  Sprache  Karthago's ,  welche  früh 
vom  IVIutterstaate  getrennt,  in  Africa  gewifs  viele  fremd- 
artige Theile  aufgenommen  hatte,  kann  ihren  Ursprung 
nicht  verleugnen.      Auch  haben   dieses  unter   den  Alten  na- 

o 

mentlich  schon  Augustin  und  Ilieronymus  öfters  ange- 
merkt16). 

Eine  kleine  Sammlung  phönizischer  und  punischer  Wörter  mit 
deutlicher  Entzifferung-  ist.  weil  sie  hier  zu  weit  erführt  haben 
würde,  Exe.  1.  zusammengestellt,  und  mit  einigen  Bemerkun- 
gen über  die  Uebeneste  des  Phönizischen  und  Punischen  begleitet 
worden. 

5.  Die  Canaaniter  blieben  nachher  noch  längere  Zeit 
mit  den  Hebräern  zusammen  im  Lande  wohnen,  und  es 
wird  nie  einer  Verschiedenheit  der  Sprache  erwähnt.  Die- 
ses geschieht  aber  nicht  allein  in  Bezug  auf  Aegypten  (vgl. 
Ps.  ßi,  6.  1 1 4 ,  1.),  sondern  auch  auf  solche  Völker,  welche 
verwandte  Mundarten  redeten,  z.  B.  das  Aramäische  im 
Munde  eines  Assyrers  (Jes.  36,  11.),  das  Ostaramäische  der 
Chaldäer  (Jer.  5,  15). 

4.  Die  hebräische  Sprache  selbst  scheint  gewisse  Erschei- 
nungen zu  enthalten  ,  die  auf  eine  Ausbildung  derselben  in 
Canaan  führen.  Z.  B.  f>  Meer  f.  Meer  d.  i.  Westseite,  ohne 
dafs  es  einen  andern  Ausdruck  dafür  gäbe.     Man  setzt  hin- 

l6)  siu»ustin  in  cp.  ad  Rom. :  Christus....  Hunc  Hebraei  di- 
eunt  JVIessiam ,  quod  verbutn  linguae  punicae  censonum  est ,  ji- 
cut  alia  Kebraea  permulta  et  paene  omnia.  (Juaest.  in  Jud.  6, 
16.:  istae  linguae  non  multum  intet  se  diffwunk.  Tract.  KV, 
in  Joaiin.  cognatae  quippe  sunt  linguae  isiae ,  ffbraca  et  punica, 
Hieron.  in  Jes.  7.  lingua  punica ,  quae  da  Hebraeorurn  foritibut 
tnanare  dicitur.      Id.  ad  Jer.   5,  25.       Vraef.   in   ep*  ad  Galat, 

B 


*6      §.J.  Vaterland  dersclb.   Verhttlln.  z.  phöniz.  Sprache. 

2u17)-,    dafs  ihr  innerer  Bau  für  eine  Ausbildung  im  Poly- 
theismus beweise ,    allein   die  einzige  Erscheinung,   welche 
hierauf  bezogen   zu  werden  pflegt,    läfst  sich    auf  ander« 
Weise  befriedigend  und  noch  analoger  erläutern  ,8). 
5.   Sie  heifst  daher  die  Sprache  Canaan's.   Jes^  19/ 0« 

Eine  Zusammenstellung  der  Beweise  für  diese  Behauptung  s. 
in  IVallon  Aji-parut.  bibl.  Prolegomm.  III,  14 — 19.  BoJiarti  Ca- 
naan.  Ii,  1.  Clerlcus  de  lingua  hehr.  No.  5.  Eellermunn  Erklä- 
rung der  punischen  Stellen  im  Pünnlus  der  Plautus.  St.  1.  S.  5  ff. 
St.  3.  S.  5  ff.  Fälschlich  berief  man  sich  auf  den  Vers  des  Chü- 
xilus  (s.  §.4,  1.).  Unbedeutende,  zum  Theil  selbst  dogmatische, 
Ceaengründ«  s.  in  Aug.  Pfeifferi  Opp.  S.  692.  Füllen  Miscell. 
s.  IV.  4.»  und  ohne  weiteren  Beweis  nennt  Herder  (Geist  d.  ebr» 
Poesie.  Th.  1.  S.  317.)  diese  Behauptung  „eine  der  Fabeln  unse- 
rer Zeit,  deren  Sinn  er  nicht  einmal  begreife." 

ö.     8- 
Alter  der  Sprache  in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt. 

Von  der  hebräischen  Sprache  in  ihrer  gegenwärtigen  Ge- 
stalt und  den  schriftstellerischen  Producten  derselben  läfst 
»ich  mit  gröfster  Wahrscheinlichkeit  behaupten,  dafs  sie 
schwerlich  über  die  davidisch -salomonische  Periode  hinauf- 
reichen, und  erst  hier  befinden  wir  uns  bey  einer  Geschieh» 
te  der  Sprache  auf  eigentlich  historischem  Boden. 

>7)  Eichhorns  Einleit.  in  das  A.  T.    Th.  I.  S.  50. 

Iß)  Von  dem  Plural  D\"1-17M  in  der  Singulavbedeufune  Gott  be- 
hauptete zunächst  Clericus  (i/a  lingua  hebr.  1,  5.  ,  und  zu  Gen, 
1,  1.  l»,  5.)  dem  aber  schon  jüdische  Ausleger  vorangingen 
(Cosri  ed.  Buxtvrf.  S.  256.),  daf»  er  polytheistischen  Ursprungs, 
aber  nach  Einführung  des  Monotheismus  bevbehaltcn,  und  auf 
den  Gott  bezogen  worden  sey,  welcher  an  die  Stelle  aller  Göt* 
ter  trat.  Ihm  folgten  Herder  (Geist  der  hebr.  Poesie.  Tln  I. 
S.  4Ö-)k  GabUr  (-11  Eichhorns  Urgesch.  Th.  1.  S.  220.  Th.  2. 
ii.  1.  S.  103  ff.  B.  2.  S.  aiß  iL),  Eichhorn  (zu  Simonis  Lex. 
hubr.  S.  120.).  Allein  dieser  Mnjcstatsplin.il  findet  sich  auch 
hey  andern  Nominibus  domiuü,  X.  B,  c^l«,  D^Sva,  wd  ein« 
•olohe  Eiklarung  nicht  zulassig  ist.  Der  bedanke  bi  beult  mit- 
hin mehr  ingcniuS,   als  in  der  Sprache  selbst  ^'gründet. 


Q.  ß.  Alter  der  Sprache  in  ihrer  gegenwärtigen  Gestall.      1 9 

In  der  Voraussetzung,  dafs  der  Pentateuch  ein  Produet 
des  mosaischen  Zeitalters  sey,  mufste  man  sonst  den  Termi- 
nus a  quo  um  ein  Bedeutendes  höher  hin  aufrücken;  allein 
60  gelehrte  Vertheidiger  diese  noch  in  unseren  Zeiten  gefun- 
den hat,  so  möchte  sie  doch  kaum  mehr  vor  dem  Forum 
einer  unparteyischen  Kritik  bestehn. 

Wären  dafür  auch  keine  historischen  Gründe,  so  wür- 
de schon,  was  uns  hier  allein  angeht,  die  Sprache  ein 
sehr  bedeutendes  Moment  in  die  Wagschaale  legen.  Es  ist 
Thatsache,  dafs  die  Sprache  des  Pentateuchs  vollkommen 
mit  der  der  übrigen  altern  historischen  Bücher,  und  in  den 
poetischen  Abschnitten  mit  den  übrigen  Poesien  des  ersten 
Zeitalters  der  Sprache  coincidire  x*).  Lägen  diese  Schrif- 
ten beynahe  1000  Jahre  auseinander,  wie  man  behauptet, 
indem  man  jene  dem  Mose  zuschreibt,  so  würden  wir  eine 
Erscheinung  vor  uns  haben,  die  in  der  ganzen  Spracho-e^ 
schichte  ihres  Gleichen  nicht  hat,  nämlich,  dafs  die  lebende 
Sprache  und  der  Ideenkreis  eines  Volkes  in  einem  solchen 
Zeiträume  so  unverändert  geblieben  sey.  Man  hat  dieses 
zwar  dadurch  zu  erklären  gesucht20),  dafs  sich  theils  die 
morgenländischen  Sprachen,  gleich  ihren  Sitten  und  Gebräu- 
chen, weniger  veränderten,  als  die  abendländischen ,  theils 
dafs  Mose's  Schriften,  als  die  classischen  der  Nation,  Norm 
und  Regulativ  für  die  folgenden  Schriftsteller  geworden 
seyn.  Allein  es  läfst  sich  leicht  zeigen,  wie  unzureichend 
diese  Angaben  zur  Erklärung  unseres  Gegenstandes  seyn.  Die 
erstere  wird  keinesweges  in  einem  solchen  Grade  von  der  Ge- 
schichte, unterstützt,  denn  alle  bekannten  morgenländischen 
Sprachen,  die  wir  während  eines  Zeitraums  von  1O0Ö  Jah- 
ren übersehen  können,  haben  während  dessen  sehr  sichtbare 

19)  Die  unbedeutenden  Idiotismen  (§.  12,  t.)  können  liier  nicht 
in  Betracht  kommen. 

20)  Michaelis  Einleit.  in  das  A.  T.  S.  166  IT.  Jahns  Einleit. 
Th.  1.  S.  266.  Eckermanns  theol.  Beiträge.  B.  £.  St.  1, 
8.  92  ff. 

B  a 


£0      Ö-  8»  -Alter  der  Sprache  in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt. 

Veränderungen  erlitten21);    die  letztere  hat  noch  weniger 
Bedeutung. 

Man  behauptet  damit  entweder,  dafs  nur  die  Schrift* 
Stellersprache  sich  den  alten  Urkunden  nachgebildet  habe, 
oder  dafs  selbst  die  lebende  Sprache  durch  einen  solchen 
Classiker  gleichsam  festgehalten  worden  sev.  In  dem  ersteren 
Falle  beruft  man  sich  auf  das  Beyspiel  der  griechischen  und 
römischen  Classiker,  des  Koran  und  der  Lutherischen  Bibel, 
und  nur  dieser  hat  einen  Schein  für  sich.  Allein  zunächst 
widerspricht  es  andern  deutlichen  Anzeigen,  dafs  die  mosai- 
schen Schriften  nicht  allein  so  früh  existirten,  sondern  auch, 
wie  jene  Classiker,  in  Aller  Händen  waren.  Ferner  tragen  die 
übrigen  historischen  Bücher  keinesweges  den  Charakter  der 
Nachahmung  an  sich,  wie  etwa  die  spätem  nachahmenden 
Psalmen.  Sie  verhalten  sich  keinesweges  zum  Pentateuch, 
wie  etwa  die  Poesien  der  Alexandriner  zu  Homer,  sondern 
sie  erscheinen  nach  Sprache  und  Charakter  als  Producte  des* 
seihen  oder  eines  sehr  ähnlichen  Zeitgeistes.  Endlich  be- 
weisen jene  Analogieeu  gar  nicht,  was  sie  sollen.  Die  der 
Classiker  gehört  nicht  dahin,  denn  es  ist  hier  von  einer  le- 
benden, nicht  todten  Sprache  die  Rede:  die  beyden  übrigen 
aber  beweisen  dagegen;  denn  weder  unsere,  noch  der  Ara- 
ber Schriftsprache  ist  mehr  die  des  Koran  oder  der  Lutheri- 
schen Bibel.  —  Der  letztere  Fall  widerlegt  sich  von  selbst. 
Selbst  in  unserem  Zeitalter  des  Studirens  ist  es  undenkbar, 
dafs  ein  Schriftsteller,  sey  er  noch  so  classisch,  den  Drang 
der  lebenden  Sprache  im  geringsten  aufhalte,  geschweige  im 

2i)  Am  scheinbarsten  beruft  sich  Jahn  a.  a.  ().  auf  «.las  Bcvspiel 
des  Syrischen  in  Her  PeschitO  (See.  II.),  welches  von  dem  de» 
Abnllaragins  (See.  XIII.)  im  Wesentlichen  nicht  vei  schieden 
sey.  Allein  es  scheint  hier  ein  Hailptutastaiid  üb«  reehn  KU  seyn, 
dafs  nämlich  die  syrische  Sprache  s  ül  d<  i  ral  istheri  Ilerrscli.lt 
eine  absterbende ,  knurr  neuen  Bildungen  Iah  ige  Sprach*  war. 
Der  Sprachvoirath  ist  .iber  in  bi'vdtii  allerdings  merklich  vir- 
schieden. 


Q.  o.    Erstes  Zeitaller  derselbe   Poetische  Sprache.  21 

Alterthume,  wo  so  ohne  Vergleich  weniger  gelesen  und  ge- 
schrieben, desto  mehr  geredet  und  gehandelt  wurde.  Eher 
ist  es  der  Fall,  dafs  die  Sprache  ihre  älteren  Urkunden  selbst 
in  ihrem  Wechsel  mit  sich  fortreifset,  und  sie  zwinget,  mit 
den  Zungen  späterer  Zeitalter  zu  reden.  Liegen  also  auch 
wirklich  im  Pentateuch  hie  und  da  weit  ältere  Urkunden  zu 
Grunde  (was  z.  B.  beym  Decalogus  grofse  Wahrscheinlich- 
keit hat),  so  mufs  man  doch  nothwendig  eine  spätere  Ueber- 
arbeitung  und  Einkleidung  derselben  in  die  Sprache  der  Zeit 
annehmen.  Für  die  Sprachgeschichte  bleibt  das  Resultat 
dasselbe,  nämlich,  dafs  die  schriftstellerischen  Producte  des 
A.  T.  vor  dem  Exil  in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt  der  Zeit 
nach  nicht  weit  aus  einander  liegen  können,  und  nur  dieses 
sollte  hier  behauptet  werden22,). 

ß.     9- 

Erstes  Zeitalter  der  hebräischen  Sprache. 

1.  Wie  die  Sprache  uns  gegenwärtig  in  den  Schriften 
des  A.  T.  erscheint,  lassen  sich  nur  zwey  durch  ihren  Cha- 
rakter merklich  geschiedene  Zeitalter  derselben  unterschei- 
den, wovon  das  eine  die  Schriften  vor  dem  Exil,  das  zwey- 
te  die  Schriften  während  und  nach  demselben  umfafst. 
Nicht  unpassend  hat  man  jenes  das  goldene,  dieses  das  sil- 
berne Zeitalter  derselben  genannt. 

2.  Es  bestehen  hier  vornehmlich  zweyClassen  der  Dic- 
tion  nebeneinander,  die  Prosa  der  gemeinen  Geschichtser- 
zählung und  die  poetische  Diction,  welche  letztere  mit  allen 
ihren  Eioenthümlichkeiten  auch  in  den  historischen  Büchern 
eintritt,  sobald  Prophezeiungen,  Segnungen,  Lobgesänge 
äich  zur  Poesie  erheben.     Diese  Dichtersprache,   welche  sich 

2  2)  Gegen  die  (Note  20)  angegebenen  Schriftsteller  8.  unter  an- 
dern Fulda  in  Paulus  N.  Repert.  Tb.  3.  S.  iQ5.  Othmar (NacJi- 
ticr.ll;  jn  Henke's  Magazin.  Th.  2.  S.  471.  Vergl.  Adelurg's 
jNl.tliridat.  Th.  1.  S.  559.  Meyers  Hermeneutik  des  A.  T. 
Tb.  1.  tf.  124.  126. 


Jf£  5<  9.  Erstes  Zeitalter  derselb.  Poetische  Sprache. 

auch  äufserlich,  zwar  nicht  durch  Sylbenmessung,  aber  doch 
durch  rythmische  Abmessung  der  Perioden  und  des  Paralle- 
lismus derselben  bezeichnet,  hat  aufserdem  in  Rücksicht  auf 
Sprachgebrauch,  Wortformen  und  Wortbedeutungen,  gram- 
matische Fügungen  u.  s.  w.  mancherley  Eigentümlichkei- 
ten ,  welche  nicht  immer  hinlänglich  beobachtet  worden 
sind.  Die  meisten  dieser  Eigenthümlichkeiten  sind  in  an- 
dern Dialekten ,  namentlich  im  Syrischen,  gerade  das  Ge- 
wöhnliche, womit  es  zusammenhängt,  dafs  sich  Einzelne» 
auch  in  der  spätem  aramäisch- gefärbten  Diction  des  silber- 
nen Zeitalters  wieder  hndet.  Die  Propheten  stehn  in  Rück- 
sicht auf  Rvthmus  und  Sprache  in  der  Mitte  zwischen  Poe- 
sie und  Prosa ;  doch  schliefsen  sich  die  des  goldenen  Zeital- 
ters beynahe  völlig  den  Dichtern  an ,  erst  die  jungem, 
z.  B.  Jeremia,  und  Ezechiel ,  nahein  sich  der  prosaischen 
Diction  23). 

Ueber  den  Rythmus  s.  de  PVette's  Commentar  über  die  Psal- 
men. Einleit.  $.  7.  Ueber  die  Eigenthümlichkeiten  der  Dichter- 
sprache G.  I.  L.  Vogel  lib.  sing,  de  dialecto  poStica  V.  T.  Heimst. 
1784.  4'»  die  Vorrede  zu  meinem  Worterb.  Th.  1.  S.  XXV-XXVII. 
und  die  Nachträge  dazu.  Th.  2.  S.  1535.  Hier  nur  .eine  kleine 
.Auswahl,  wodurch  das  Obige  hier  und  da  vervollständigt  wer- 
den kann. 

Eigentümliche  TT'örter,  wofür  die  Prosa  gTüfstentheils  andere 
hat,  sind;  «rl3N  Mensch,  f.  DIN;  nn*«  kommen,  f.  Ni3;  n*n 
anzeigen,  f.  V3n;  n^?ö  Wort,  f.  *0"i;  dp  Vorzeit,  f.  oMv; 
C1nn  rluth,   f.  D^B  Wasser. 

Zu  den  JJ'ortbifdeutungen  gehurt  besonders  der  Gebrauch  ge- 
wisser Ad\ectivn  als  Sahst,  für  ein  bestimmtes  Subject,  z.  B.  V3N 
der  Starke,  d.  i.  Gott;  *>*M  der  Starke,  f.  Stier;  nvrp  J.is  Ein- 
a^;e,  Liebste,  f.  das  Leben  u.  s.  w.  Aufserdem  ^&1*,  -j~"*, 
l'iVV   als  Volksnamen   für   Reich   Israel,   laxaäl   überhaupt,  Edom 

U.   8.   W. 

*5)  Abaibenel  zu  Exod.  XV.  sagt,  nachdem  rr  auf  mehrere  poc"ti- 
»che  rönnen  aufmerksam  gemacht  hat:  non  existimtunluni,  prin- 
tipem  j>ropii<.'tarum  errasse  circa  aecuratam  literarum  ratio:i?m  et 
frdinem  tcrtp(ionis  Warum:  vertun  carnfinii  ratio  et  tr.eioJiaa  ne- 
»etutas  sie  yostularunt. 


5.9.  Erstes  Zeitaller  der  selb.  Poetische  Sprache.  *3 

M'ort  formen:  nShü  f.  QVIVm  Gott;  Hin  f.  nrn  seyn;  tä"1»»^ 
Völker,  nUtt)  Jahre,  nto*  Tage',  für  B*Q9t  b*3W,  0*»»' ;  V®» 
•»SO  für  ]C;    "30  für  *1§33  von  mir;   Ij'SlT'  für  ^V  eewirdgehen. 

Grammatische  Formen  und  Fügungen:  Die  parao-ogischen  Buch- 
staben ftv-  1  und  *»-r-  am  Nomen,  ersteres  am  St.  ahsol. ,  letzte- 
res   am    Xomen  regens;     die    Sujjfixa  auf  1ö,    z.  B.    1ö— ,    1öS, 

1»^—  (für  d— ,  cnb,  n.-r— ),  nrp-77-,  *n1  für  ■n— ,  *3>s-  fa* 

^i__;  die  Pluralformen  p^  und  *>-=-  für  C^-;— ;  der  Gebraucli 
von  PL  und  Hiph.  als  Intransitivum,  des  abgekürzten  Futuri  für 
das  gewöhnliche,  der  h.iufiee  Gebrauch  des  Participii  fürs  Verbum 
finitum,  häufigere  Unreselmäfsislceiten  iiu  Numerus  und  Genus,  Er- 
Jipse  der  Präpositionen  u.  s.  w. 

3.  Eine  strenge  Bestimmung  dessen,  was  diesem  oder 
dem  folgenden  Zeitalter  angehört,  wird  durch  die  Beschaf- 
fenheit der  hehräischen  Literatur  unmöglich,  wäre  auch 
nicht  dieses  Orts.  Im  Allgemeinen  läfst  sich  nur  Folgendes 
mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  hehaupten,  Von  den  grö- 
fsern  historischen  Schriften  können  der  Pentateuch,  die  Bü- 
cher Josua  und  der  Richter,  Samuels  und  der  Könige  hieher 
gerechnet  werden ,  wenigstens  sind  gewifs  ihre  Hauptbe- 
standteile in  dieser  Periode  abgefafst,  wenn  gleich  die  Ar> 
tiahme  einer  spätem  Redaction,  nebst  Hinzufügung  einzel- 
ner Theile  nothwendig  bleibt24).  Die  Psalmensammlung 
enthält,  besonders  in  den  ersten  Büchern,  ohne  Zweifel  vie- 
le alte,  achtdavidische,  oder  aus  seiner  Schule  hervorgegan- 
gene Stücke,  indessen  die  Mehrzahl  derselben  bezeichnet 
sich  als  Erzeugnifs  der  spätem  Zeit.  Die  Beurtheilung  im 
Einzelnen  hat  nicht  selten  bedeutende  Schwierigkeiten,  da 
spätere  Dichter  oft  die  Sprache  der  frühern  sehr  glücklich 
nachahmen,  und,  wie  die  korachitischen  Lieder ,  sie  am 
poetischen  Werthe  vielleicht  übertreffen.  Indessen  ist  sie 
von  höchster  Wichtigkeit,  und  mit  Recht  hat  man  die  Be- 
hauptung    aufgestellt,     dafs     insbesondere     eine     gewisse 

24)  Z  B.  vom  Pentateuch  der  Segen  Bfose's  Deut.  33,  dessen 
V.  7.  schwerlich  irgendwo  anders  als  im  Exil  geschrieben  seyn 
kann. 


14  5-  9'    Erstes  Zeitalter  de? selb.  Poetische  Sprache. 

Schwerfälligkeit,  Gedrungenheit  und  Kühnheit,  ein  Ringen 
mit  Stoff  und  Sprache,  als  ein  Merkmal  der  Alieithümlich-? 
keit  angesehn  werden  könne  2S\  Spätere  Dichter  beweg- 
ten sich  in  gewohnten  Formen ,  während  ältere  die  Bahn 
erst  brechen  mufsten.  Die  Sammlung  der  Proverbien, 
in  welcher  mehr  Einheit  des  Charakters  und  der  Sprache 
ist,  enthält  keine  Theile ,  hey  denen  die  Annahme  späterer 
Abfassung  nothwendig  wäre.  Zunächst  an  diese  schliefst 
sich  das  Buch  Hiob ,  wiewohl  es  sich  in  anderer  Rücksicht 
wiederum  zu  dem  spätem  Charakter  hinneigt.   (S.  Q.  12,  2). 

Am  sichersten  ist  noch  die  Zeitbestimmung  und  Aecht- 
heit  der  Propheten,  bey  denen  nur  ihr  relatives  Alter  zuweilen 
Schwierigkeit  macht.  Den  Anfang  machen  die  vier  Zeitgenos- 
sen Arnos,  Hosea,  Micha,  Jesaia26),  von  denen  sich  besonders 
Hosea  durch  alterthümliche  Schwerfälligkeit  und  Inconcinni- 
tilt  des  Ausdrucks  auszeichnet ;  an  sie  schliefsen  sich  zunächst 
Joel,  Nahum  undllabacuc,  gleich  ausgezeichnet  durch  hohen 
poetischen  Schwung ;,  lebhaftes  Colorit,  und  eine  gewisse 
classische  Concinnität,     worin    sie   Joel  alle  übertrifft27); 

25)  Z.B.  Ps,  io,  6ß.  Dathes  Psalmen  übers.  S.  147.  de  Wette1  % 
Comment.  über  die  Psalmen.  S.  23  ff.  Derselbe  lall  ist  bey  den 
altern  Propheten. 

26)  Hier  müssen  nur  die  vielen  spätem  unächten  Stücke,  die 
sich  in  seiner  Sammlung  befinden,  namentlich  Cap.  \0 —  66 
abgerechnet  werden.  Letztere  Capp.  machen  übrigens  wieder- 
um ein  Ganzes  aus,  welches  am  Ende  des  babylonischen  Exils 
abgefafst,  wiewohl  gedehnt  und  wiederholend  1  nicht  geringe 
Vorzüge  der  Sprache  besitzt.  Es  mufs  bey  dieser  Operation 
vielleiekt  über  die  Hälfte  dem  Jcsaias  abgesprochen  weiden, 
so  dafs  man  fragen  könnte,  wie  die  Sammlung  zu  dem  Collcc- 
livnamcn  des  Jesaia  gekommen  sev.  Wohl  nach  dem  bekann- 
ten •  a  potiori  — -  welclies  die  Hebräer  so  häufig  leitete.  Wer 
Weifa  aber  nicht,  nie  unkritisch  die  l'ebevschnften  morgenlän- 
difchcr  Werke  und  Sammlungen  gewählt  sind? 

$7)  Mehrere  Parallelen,  besonders  historischer  Art,  zwischen 
lo.l  und  Arnos,  weisen  dielen  beyden  Propheten  ungefähr  ein 


Q.  10.   Zu-pytes  Zeitalter.  Spätere ■u.chcildaisir.  Sprache.     %$ 

beynahe  gleichzeitige  Zeugen  der  Zerstörung  Jerusalems 
durch  die  Chaldäer  und  der  Wegführung"  waren  Qbadia, 
Zephanja ,  und  Jeremia ,  welcher  letztere  auf  den  Trüm- 
mern Jerusalems  seine  Elegieen  sang;  Ezechiel  endlich 
sprach  seine  Orakel  schon  im  Exil  an  den  Ufern  des  Chabo- 
ras  aus.  Zwar  der  originellste  der  Dichter,  dessen  üppige 
Phantasie  in  neuen  gigantisch- grotesken  Bildern  schwelgt, 
besitzt  er  doch  zu  wenig  Geschmack  und  Concinnität,  um 
den  Namen  eines  classischen  Schriftstellers  zu  verdienen. 

Einige  wenige  Notizen  über  veränderten  Sprachgebrauch  gibt 
die  Bibel  selbst,  z.  B.  1  Sam.  g,  9  die  Bemerkung,  dafs  für  N"OS 
(Prophet)  fnilicrhin  d.  i.  zu  Samuels  Zeit  ,-|N*l  (Seher)  gewöhnli- 
cher gewesen  scy,  welchen  Namen  auch  Samuel  vorzugsweise  führt. 
2  Sam.  9,  9  ff.  1  Chron.  9,  22.  26,  2Q.  29,  29  (aber  auch  ein  weit 
späterer  Prophet  Chanani.  2  Chron.  iß,  7.  10).  In  Exod.  5,  14 
land  man  sonst  die  Notiz,  dafs  erst  hier  der  Name  mn*  an  die 
Stelle  de»  altern  1V25  getreten  sey,  allein  den  wahren  Sinn  der 
Stelle  zeigte  schon  J.  C.  Bonnet  (Biblioth.  Hagan.  CI.  IV.  p.  205.) 
vergl.  de  JT'ette  Beytr.  IL  S.  177-83«  Die  Notizen  über  verän- 
derte Ortsnamen  sammelt  z.  B.  Vater  (Comment.  über  den  Penta- 
teuch.  Th.  3.  S.  651).  Spuren  älterer  Sprache  enthalten  auch  die 
Nomina  propria. 

0.       10. 
Zweytes  Zeitalter.      Spätere  und  chaldaisirende  Sprache. 

1.  Mit  dem  Exil  beginnt  eine  neue  Epoche  für  Sprache 
und  Literatur,  welche  sich  vornehmlich  durch  Annäherung 
der  Sprache  an  den  verwandten  ostaramaischen  Dialekt  be- 
zeichnet, an  welchen  sich  die  Juden  in  den  Ländern  des 
Exils  gewöhnten.  Dieser  Dialekt  diente  ihnen  anfangs  nur 
neben  der  hebräischen  Sprache  als  Volkssprache,  verdrängte 
aber  nach  der  Rückkehr  den  altern  Dialekt  allmählich  völ- 
lig aus  dem  Munde  des  Volkes ,  so  dafs  er  sich  nur  noch  als 

gleiches  Zeitalter  an.  S.  RosenmMler  Scholia  in  V.  T.  P.VII.  Vol.  I. 
S.  433«  nach  Vitringa.  Nur  um  etwas  später  sind  Nahum  und 
Habacnc,  wovon  der  erste  des  Einfalls  der  Assyrer,  der  letzte 
der  Cualdäer  erwähne. 


fl6     Q.  to.   Zweytes Zeitalter.  Spätere  u.chaldaisir.  Sprache. 

Büchersprache  his  an  das  Ende  der  makkabäischen  Periode 
erhielt,  auf  welche  übrigens  der  Einflufs  der  verwandten 
Volkssprache  ganz  unvermeidlich  war.  Dieser  Einflufs  ist 
übrigens  nicht  bey  allen  schriftstellerischen  Productea  die- 
ser Epoche  gleich  grofs ,  und  mehrere  Stücke,  welchen  hi- 
storische Beziehungen  ein  spätes  Zeitalter  anweisen,  geben 
in  Ansehung  auf  Reinheit  der  Sprache  den  Werken  des  vo- 
rigen Zeitalters  nichts  nach28). 

2.  Wie  an  Reinheit  der  Sprache,  so  steht  diese«  Zeital- 
ter auch  an  historischer  und  poetischer  Composition  im  All- 
gemeinen dem  vorigen  nach.  Die  Jüngern  Propheten  Jlag- 
gai,  Maleachi  und  mehrere  späte  Psahnisten  dichten  meist 
kraftlos  und  wässerig,  und  tragen  arm  an  Erfindung  älter« 
Phrasen  zusammen29);  die  Bücher  Daniel,  Esther,  Jona 
enthalten  Legenden  in  einem  gesunkenen  jüdischen  Ge- 
«chmacke;  die  Chronik  endlich  ist  eine  von  spätem  Prie» 
stein  und  in  ihrem  Geiste  verfafste  unkritische  Compila- 
tion  älterer  Geschichtswerke.  Indessen  darf  dieses  Ur- 
theil  nicht  zu  allgemein  ausgesprochen  werden ,  da  zumal 
die  makkabäische  Periode  zeigt ,  dafs  der  alte  Geist  noch 
nicht  ganz  von  der  hart  gedrückten  Nation  gewichen,  im 
Ge^entheil  in  Einzelnen  lebendiger,  als  je,  erwacht  und 
schöner  aufgeblüht  war.     Warum  hätte  aber  ein  religiöser 


28)  So  t.  B,  Pseudojesaias  (Cap.  40  —  66),  die  koracliitischen  Lie- 
der, welche  meistens  in  das  Exil  oder  die  Zeiten  nach  dem- 
selben gehören  (Psalm  44.  84*  85)»  die  meisten  sogenannten 
Stufcnlieder  (Psalm  120  ff.)  aus  derselben  Zeit,  »elbst  Ps.  74. 
70  und  einige  andere,  in  denen  wir  mit  Paulus,  IiosenmuU 
ler ,  ds  Wette  das  makkab.iische  Zeitalter  erkennen.  Rein- 
heit der  Sprache  kann  also  nie  zu  einem  sichern  Kriterium 
des  Alterthums  dienen,  wiewohl  umgekehrt  eiiio  chaldaisirenJo 
Sprache  sicher  auf  ein  spateres  Zeitalter  fuhrt.  Vgl.  4f  17  ctte 
a.  a.  O.   S.  16.  86. 

29)  Z.  1).  Ps.  <iq.  (vgl.  2a.)  25.  35.  88-  So  die  Liedes  in  der 
Chronik,   das  Danklied  dei  Jona  (C»p.  2). 


ß.  io.   Zi-veyLes Zeitalter.  Spätere  u.  chaldaisir.  Sprache'.     27 

Enthusiasmus,  wie  dieser,  nicht  auch  zu  etwas  anderem, 
als  Waffen  und  Kampf  begeistern  sollen?  30)  Nun  aber  ge- 
bührt wirklich  nicht  allein  den  meisten  obenerwähnten  Stük* 
ken  (s.  Anm.  23)  ein  hoher  poetischer  Werth,  von  Seiten  des 
Geschmacks,  der  Gedanken  und  der  Darstellung,  sondern 
derselbe  Fall  ist  auch  bey  solchen  Büchern,  wo  die  Sprache 
schon  jung  und  chaldaisirend  ist,  welches  ihrem  poetischen 
Werthe  ohnehin  keinen  Eintrag  thun  könnte.  Dahin  gehören 
der  schöne  Psalm  139,  das  Buch  Koheleth ,  .die  Idyllen  des 
Hohenliedes,  einzelne  erhabene  Visionen  des  Daniel  (z.  B. 
Cap.7.)  u.  s.  w.  Man  hat  diesen  Umstand  zu  sehr  übersehn, 
und  z.B.  bey  den  Untersuchungen  über  den  Hiob  einen  ganz 
unrichtigen  Gebrauch  davon  gemacht. 

5.  Diejenigen  Bücher,  in  welchen  diese  spätere  ehal- 
däisch- gefärbte  Sprache  am  bestimmtesten  hervortritt  ma- 
chen einen  sich  wechselseitig  erläuternden  Cvclus  von 
Schriften  aus ,  zu  deren  Auslegung  das  Chaldäische  der 
Targg.,  hier  und  da  auch  die  gleichzeitigen  aus  aramäischen 
Originalen  übersetzten  Apokryphen  noch  nicht  genucr  benutz- 
te Dienste  leisten.  Dieses  sind  Esther,  Koheleth,  die  Chro- 
nik, Daniel,  Jona,  einzelne  Psalmen.  Eine  etwas  reinere 
Sprache  findet  sich  im  Esra,  Nehemia,  Zacharia,  Maleachi 
und  dem  Hohenliede,  welchem  sich  Hiob  anschliefst.  Die 
Bücher  Daniel  und  Esra  enthalten  aber  bekanntlich  schon 
ganz  chaldäische  Stücke. 

4.  Unter  den  Bestandteilen  dieser  spätem  Diction  mag 
man  die  eigentlichen  Chaldaismen  von  den  übrigen  Ei<rcn- 
thümlichkeiten  des  jüngeren  Hebraismus  unterscheiden. 
Die  ersteren  zahlreicheren  sind  doppelter  Art.  Entweder 
hat  man  das  aramäische  Wort  geradezu  nach  Form  und  Be- 
deutung aufgenommen,    und   dieses  ist  meistens  der  Fall 

50)   Vgl.    C.  G.   Banget   Supplcm.   ad  introd.   in   libr.   Psalmorum. 
(Tub.  1Q06),  der  sich  sehr  treffend  auch  auf  Sirach  beruft. 


28     5-  l0'  Zitiertes  Zeitalter.  Später eu.chaldaisir.  Sprache. 

oder  man  hat  den  aramäischen  Sprachgehrauch,  die  dort  ge- 
wöhnliche Wendung  und  Bedeutung  u.  s.  w.  mit  Beybehal- 
tung  der  hebräischen  Form  nachgebildet. 

Z  B.  n»  im  Altbebr.  nur  was?  cbaldaisirend :  ty'-n»t  ?  v^O 
das,  was;  *m'JSI  tt/"»  wiederholt  für:  quidam,  quidam,  ist  Nachbil- 
dung des  arain.   5  h*\ ;   das  pleonastiscbe  1ÜN  DipO  an  dem  Orte, 

wo,   für  wo,    ist   das   syr.   5  hl\     *^\ÜM  Slü3   Koliel.  ß>   X7J     das 
aram.  i  S^13   u.  s.  w, 

Die  Jüngern  Hebraismen,  welche  sich  nicht  im  Aramäi- 
schen nachweisen  lassen,  machen  sich  besonders  dann  kennt- 
lich, wenn  in  den  altern  Schriften  für  denselben  Begriit*  ein 
andeier  Ausdruck  herrschend  war,  z.B.  ro^y^n  DnS  Schau- 
brot f.  Ü"33n  cnb.  Da  die  Sprache  des  Talmud  und  derRab- 
binen  sich  an  diesen  Jüngern  Sprachgebrauch  an*chliefst,  so 
ist  Mehreres  davon  bey  diesen  gewöhnlich  geblieben,  und 
läfst  sich  aus  ihnen  mit  Nutzen  erläutern.  S.  Q.  14 ,  5- 
21,   2. 

5.  Da  mir  noch  kein  Versuch  bekannt  ist,  die  Hauptmo- 
mente dieser  spätem  Diction  zusammenzustellen31),  so  mag- 
hier  eine  Auswahl  des  Wichtigsten  zur  Uebersicht  stehn. 
Zur  Ersparung  des  Raumes  sind  die  belegenden  Citate  und 
Parallelen  aus  dem  Aramäischen  weggelassen  worden,  wel- 
che man  durch  Nachschlagen  meines  Wörterbuchs  leicht  er- 
gänzen kann.  Damit  man  zugleich  das  Yrrhältnifs  dessen, 
was  Chaldaismus  ist,  oder  sonst  der  jungem  Sprache  ange- 
hört, übersehe,  sind  die  Idiotismen,  wozu  sich  im  Chaldäi- 
schen  Parallelen  finden,   mit  einem  Sternchen  bezeichnet. 

Spätere  JTörtrr  sind:  y>2*  liyssus  (sonst  tt/ttf),  MV!  Rurg, 
yoia*  Grube,  T33*  Schatz,  \ri*  Zeit,  D*»Vr»  Edle,  Vornehme, 
vy~n  Geschlecht,  Stamm,  nebst  dem  /Vr/'oCT^n  a-royQatyfjZat ; 
B«h    II.  ausstrecken,     133*  nivov,  ljn_,$t,     13*    Ucuaideniaafs,  s. 

51)  Einen  gtfingen  Anfang  machte  Löscher    de  causis  ling.  hehr. 
S.  63. 


$),  10.  Zmeytes  Zeitalter.  Spätere  u.  chaldaisir .  Sprache.     25/ 

v.  a.  1»'n,  1W3*  recht,  glücklich  seyn,  ")31*n  und  itÖ«Ü  Tem- 
pelzimnier,  n3*>*JÖ*  Provinz,  tt'Tl»  Auslegung*  rOTVttri  DPlS 
Schaubrot  (••  D*05n  0n*>),  nKj/vorstebn ,  pjlO  Ei.ue^f.  -fj3)i 
*)30,   SdO,    n ^30*' Thor,"  Thorrjeit;    -t2V,   "^V.»*  Arbeit,  W<  rk  • 

m.i/*  Vörhof  (t.  *iin) i  nsi?,  rrft^brsnv  bes;  gkic-hwie;  rrtH>* 

jemandes  gedenken  ;  *pVX  Bedürfnils;  *)ÄpJ  ==npVhebjrien,  m- 
pfangen;  13:&*  bemerken  Fi.  warien,  hoKen;  X2-Ü,  "litt?,  35tff 
grofs  seyn;  Wttf- Einsicht,  Verstand,  und  b'Oiun  — habei  ■  n'att/ 
loben,  preisen ;  üVl)"  hellsehen,  nebst  *2*-W>  und  ]1wSt'  ;  IIB 
Reihe,  töfl  gerade  seyn,  -werden;  flpn  stark;  tnächtig  ktyxi, 
nebst  t]pFi  und  *|*j3fli      Fast  alle  Monatsnamen,   z.  ß.  *0*O  ,  ibcS  , 

Oefters  zieht  die  spätere  Sprache  nur  gewisse  Formen  vor,  wo- 
für  in  der  altern  verwandte  gebräuchlich  waten.  Sie  liebt  die 
Substantive  auf  *— ,  *1  und  n**,  z.  B.  "«*i2*  Gebäude,  ■•Ol*  Ge- 
schäft; *S3^n Verstand,  *  1  in*;*  Vorzug  ,  |1*Hü'2  Glück  ,'  ]1*y~l 
Streben,"  llttVjtt  Herrschaft;  n"^»*  M^ÖO*  mrir'r,  t^JH 
u.s.  w.     Ferner  die  Formen,  wie  3 P  3  Bucls,  liCT  Zeit,  Ins  sonst. 

«  t    :  ■    t  :  t    : 

die  Adjectiva,  wie  tä^ttfj  p^fliJ,  "ppH.  Andere  einzelnere  Bcv- 
spiele  Bind:   i'^ll«    für  "EjHN  Purpur;    n35  =  13  Garten,  ni3*i 

1  '•»::-  '    t  t    :   -  *  t    •  '  -  ^  r    .    • 

=  131  Ursache;  mi*-  Vortheil  und  adv.  mehr ;  IftNtt  Wort, 
Befehl;  »>-tJ0*  =  M**1  Kenntnifs;  Ni31  =  n331  zehntausend; 
piy»1l    f.  piy»-i    Damascus;    mn  =  rpn  seyn.      Statt  des  altern 

r   ■•  r  T   T  TT 

JSom.  propr.  Vl/i"*»  substituirt  die  jüngere  Sprache  5,,'tt.'*<. 

Spätere  Bedeutungen  und  Gebrauchsweisen:  1£N  befehlen, 
ClSIN  die  (andern,  heidnischen)  Länder;  ysn  Angelegenheit, 
Geschäft;  31ü  glücklich,  fröhlich;  HE  was?  ohne  Frage  für : 
dasjenige,  mit  folgendem  Relalivo,  auch  zur  Umschreibung;  der 
Negation;  ISO  Schnftgelelirler ;  1JDS7:±=Dqp  aufstehn,  auftre- 
ten, mit  hi>  beystchn  (auch in  Hiph.  =  D-*-p  und  D"pn);  H3J**  an- 
heben zureden;  hv  IpS:  auftragen,  befehlen;  lUS*  freylassen* 
pV.»  und  ftplX  Heil,  Rettung;  3*1*=  Ity Oberster ;  oSttf  ergeben, 
Gott  ergeben;  lißp  =  *t*»n  t,\lV  das  tägliche  Opfer.  Einige 
derselben  hängen  zugleich  mit  spätem  Rellgicxusbegrifien  zusam- 
men, z.  B.  in  f.  Engelfürst,  Erzengel;  "eiü  als  böser  Elidel; 
fa^linp  die  Heiligen  f.  die  Engel,  auch:  die  Juden;  On'un  Frev- 
ler und  C'-'Oy  fromme  Dulder,  so  dafs  unter  den  erstem  die  be- 
drängenden Heiden,  unter  den  letztem  die  Juden  gedacht  werden. 
Daran  schliefsen  sich  ferner: 

Spätere    Compositionen    und   Phrasen:      CEti;   *oSht     Gott  des 
Himmels    f,    das  ältere    P1N32J   Hl     nvit*   NU.*3    ein  Weib   nehmen 

T    :  '  v  -i    ♦ 


3<>     ö«  l0-  Ztveytes Zeitalter.  Spätere u.chaldaisir. Sprache. 

(sonst  mit  nf^)  5  rib  1S^  Kraft  haben,  behalten;  1i1s*l5  fltoS 
er  thut,  was  ihm  gelüstet,  als  Boschreibung  uneingeschränk- 
ter Macht;  's  M3«J  ZW)  die  Gefangenen  jem.  zurückfüh- 
ren für:  seinen  Wohlstand  wieder  herstellen;  -ny'i*  tt»  ■.  Di^tt 
*)tvtt    s.  oben  No.  z. 

Spätere  Orthographie :  die  scriptio  pZena  der  Vocalbuchstaben, 
Selbst,  wo  sie  gegen  die  Analogie  ist,  z.B.  *5*Ti,  D'CliE  f. 
(3'ä"l1a  (Dresch  wägen),  jin  f.  ]n  st.  constr.  ron  ]n  (Anmiuh), 
tt'-lip*,  nl3*,  3"h*  f.  Tülp,  n'2,  ih;  die  Verwechselung  des 
N-^-  und  n^r  am  Ende ,  z.  B.  die  Feminalendung  N~^~,  und  das 
Alterniren  der  Verba  nS  und  nVj  das  otiirende  M  z.  B.  in  D^NJC, 
SlN»  f.  Dlö,   Slö  u.  s.  w. 

Eigentümlichkeiten  der  Flexion  und  Syntax :  Das  Wegwerfen 
und  Hinzusetzen  des  H  am  Anfange,  z.  B.  "in  f.  "»HM ;  ty  f.  Vwtf 
(wo  zugleich  das  *i  assimilirt  ist},  daher  Sw  für  \  "l^N,  b*°\*Ön 
(Kohel.  4,  14)  f.  D*n!)DNn,  dagegen  "<1Ö,<N  f.  **ft,  VllfM  f.  Vint"; 
Zusammenziehungen  wie  n3*?JJ  für  n2n  IV,  t)\l2  für  t)^MO,  und 
Dehnungen,  wie  »itfln**  für  2TOH*;  der  Gebrauch  des  D  als  Re- 
lativum,  des  IHN  als  Einheitsartikel,  des  Participii  und  Inj.  last,  als 
J'erbum  ßnituni',  die  Vernachlässigung;  des  älteren  Unterschieds 
zwischen  dem  gewöhnlichen  Futuro  und  dem  Fut.  apoc.  und  pa- 
rag.  (dal),  rtlijkl ,  und  äftylrf)*  die  Häufung  des  *3  vor  dem 
Accus.  ,   dass.  vor  dem  Nomihativ  u.  s.  w. 

Auch   die  Aufnahme  der  persischen  Wörter  (Q.  17,  2) 
gehört  in  diese  Periode,  und  ist  im  Aramäischen  häufiger; 


Idiotismen  einzelner  Schriftsteller  und  Schriften.    Pentateuch.    Hiob. 

Ezechiol. 

An  die  bisherigen  Bemerkungen  über  den  abweichenden 
Sprachgebrauch  der  heyden  Zeitalter  mögen  sich  noch  eini- 
ge speziellere  über  einzelne  Schriftsteller  heyder  Perioden 
anschlicfsen.  Wir  beschränken  uns  dabey,  wie  unser  Zweck 
erfordert,  wiederum  auf  die  Sprache  im  engeren  Sinne,  d.  i. 
den  Sprachvorrath,  die  eigenthiimlichen  Formen  und  Gestal- 
tungen derselben.  Vielleicht,  daf*  einige  dieser  Zusammen- 
stellungen   etwa»    zur  Ergänzung    der    Einleitungsschiiften 


$.11.    Idiotismen  einzelner  Schriftsteller*  3* 

fceytrögen,     in  welchen  diese  spezielle  Rücksicht  weniger 
eindringend  behandelt  werden  konnte» 

l.  Dafs  Sprache  und  Sprachgebrauch  des  Pentateuch 's 
in  den  historischen  Abschnitten  vollkommen  mit  denen  der 
übrigen  historischen  Bücher  übereinstimme,  ist  oben  erin«- 
nert  worden  und  allgemein  eingestanden3  lb).  Indessen  hat 
der  Pentateuch  allerdings  einige  Eigentümlichkeiten.  Nin 
steht  auch  als  Fein,  für:  sie  (wofür  nur  umal  ton  vor- 
kommt (s.  Mas.  ad  Gen.  38,  25)  und  nVJ  Jüngling  steht  auch 
als  Fem.  für  Dirne,  wofür  nur  5  Mos.  02,  19,  wie  in  den 
übrigen  Büchern,  nnv.3  vorkommt32);  letzterer  Gebrauch 
findet  sich  jedoch  höchst  wahrscheinlich  auch  Ruth  2,  3133). 
Man  hat  diese  beyden  Formen  gewöhnlich  für  Archaismen 
gehalten'4)  und  sie  daher  zum  Beweise  eines  höhern  Alter» 
dieser  Bücher  gebraucht.  Dieses  kann  man  zugeben,  und 
sie  mit  den  lateinischen  Formen:    Tulliy  ierrai,  Seitatuis,  dies 

31*")   Vgl.  noch  f'aters  Coftiment.  üb.  den  Pentateuch.  S.  66g. 

32)  Die  Masorethen  und  der  Sara.  Taxt  haben  beyde  Ei°;enthümlich- 
keiten  verwischt,  indem  sie  dafür  jedesmal  ton  und  n*il.*2  substi- 
tuirt haben,  allein  diefs  ist  beyden  eigene  unkritische  Substitui- 
rung  des  Gewöhnlichen  (§.  ji,  3.  24.  1).  Michaiiis rechnet  noch 
die  defective  Schreibart  des  s  vor  den  Sujfixis  dahin  ;  allein  man 
kann  sich  aus  derZusammenstellun£;  bey  Hiller  (slrcan.Keri  et  Che- 
thib  S.  46)  leicht  vom  Gegentheil  überzeugen.  Richtiger  wird 
man  das  Pron.  S«,  Snh  für  n%M$  nVt<n  anführen,  welches  häu- 
fig im  Pentateuch  und  aufserdem  nur  1  Chron.  £g,  Q  vorkommt. 

53)  Was  V.  2i  heifst  i\  *vtiH  b*"l»Jjh  b9,  ist  V.  ß.  22.  25. 
durch  Plntti  ausgedrückt,  und  besonders  V.  8«  unu  23  machen 
nüthig,  es  als  Fem.  zunehmen.  LXX.  daher:  fAtr*rwvy.oqa<Tiiuv. 
Dathe,  der  ebenfalls  die  Noth wendigkeit  sähe,  es  als  Fem.  auf- 
zufassen, wollte,  sehr  unkritisch,  nlni^  emendiren.  Richti. 
ger  Mich.  a.  a.  O.  Die  Masorethen  liefsen  es  wahrscheinlich 
nur  deshalb  unangetastet,  weil  allenfalls  noch  ein  Sinn  damit 
4u  verbinden  war. 

34)    J.  D.  Michatlis   Einleit.    §.31.       EiJihoni's   Einleit.    §.  406 
Dagegen  f'ater\  Comment.  üb.  den  Pent,   Th.  3.   S.  6»'i. 


52  (j.  11.   Idiotismen  einzelner  Schriftsteller. 

(als  Genit.)  vergleichen,  die  etwas  älter  zwar,  bev  einigen 
Schriftstellern  aber  auch  noch  neben  den  gewöhnlic'  cn  ge- 
braucht wurden;  immer  folgt  nur  ein  geringer  Grad  des  hö- 
hein Alters,  den  man  ohnehin  gern  zugesteht,  oriei  auch 
nur  Eigentümlichkeit  des  Schriftstellers  und  Sammk:s. 
Dafs  eine  confonnirende  Hand  thätig  gewesen  sey ,  ist  aber 
aus  dem  Umstände  höchstwahrscheinlich,  dafs  diese  Idiotis- 
roen  sich  auch  in  dem  spatern  Deuteronomium  zeigen.  Dafs 
übrigens  Sparsamkeit  der  Sprache  nicht  nothwendig  auf  hö- 
heres Alterthum  führe,  zeigt  das  Beyspiel  des  Chaldäischen, 
in  welchem  häufig  früher  geschiedene  Formen  wieder  zu- 
sammenfiiefsen ,    z.  B.  rm  für  nn«  und  PN. 

Eine  merklich  verschiedene  Diction  herrscht  aber  im 
Deuteronomium.  Ihr  Hauptcharakter  besteht  in  einem  ge- 
wissen breiten,  rhetorisirenden  und  moralisirenden  Tone, 
und  der  steten  Rückkehr  beliebter  Phrasen.  Der  Sprach- 
gebrauch nähert  sich  schon  dem  spätere 

S.  Faters  Comment.  üb.  den  Pent.  Th.  5.  S.  493.  de  tVelle 
Dhs.  de  Deuteronomio  (Jenae  it;o5.  4)  S.  7 — 10.  Einige  belieb- 
te Wolter  und  Phrasen  sind:  ni.TO  p3_T  Jehova  anhingen,  Slil 
=  lta3    Grüfsc,    Majestät  Gottes;    d«t»  nhnhD  Geschäft;     mV3 

t  J  •  -T  -  :        •  p  T    :    -    • 

?p*>pl2  V*\~  du  sollst  das  Böse  wegschaden  aus  deiner  Mitte,  spä« 
tcic  1  .'iiutl  für  die  sonstige:  dessen  Seele  soll  ausgerottet  weiden; 
die  ;*cliauften  Synonymen  sprnj-rn  SpttMto  *|*& **3U3«  das  rhetori- 
sche: Himmel  der  lliuuncl,  Gott  uei  Gutter  (  1  o,  14.  1  7>vgl.  1  Kon. 
g,  27.  2  Chron.  2,  5)  u.  s.  \v.  Ein  entschieden  spateres  Wort  ist 
r\n  Gesetz  Deut.  53»  2,  welches  ganze  Kapitel  auch  historischer  Be- 
zieh linken  we^en  (namentlich  V7.  7)  niebt  leicht  vor  dem  Exil  ab- 
gefafst  seyn  kann.  Jnstructiv  ist  insbesondere  die  Vergleicbung 
von  Kap.  2(]  U.  33  mit  5  Mos.  2ri.  und  1  Mos.  49.  Am  meisten 
schliclscn  sich  Ton  und  Sprachgebrauch  an  gewisse  Propheten  an, 
namentlich  hat  dieses  Buch  mehrere  fast  eigenthümUch«  Phrasen 
mit  Jeremia  gemein,  /.  B.  \  ■WJjV  |M  (Preis  geben)  2J}.  25 
Vgl,  Jer.  15,  .|.  24,  9.  2<).  i£j-  54i  »7»  aufserdem  nur  2  Cbron. 
20,  ;',;  D^lt  (freu.:  Götter)  52,  16,  vgl.  Jer.  5,  15.  j,  19; 
S»N    fllO    ian*  Abfall    leinen    13,   5,     vgl.   Jer.    HQ,  16.     89,  52; 

*):•■_•  die  junge  Mannschaft  wflrgen  52,  «5,  TgL  Jer.  15.  7, 
g6,  j  5 — 1  ").  Kl. igel.  1,  20;  aS  m*P*iu?  Verstockthail  des  Her* 
fttna  29,  181    v»l.   Jer.  3.  i7.    7,  B  \.   >j,  »5-    n»8- 


(J.  ii.    Idiotismen  einzelner  Schriftsteller.  35 

2.  Bey  dem  Buch  Hiob  drängt  sich  der  Beobach- 
tung  die  doppelte  Erscheinung  auf,  dafs  sich  Sprachge- 
hrauch und  Ideenkreis  dieses  Gedichts  einerseits  an  viele 
der  vortrefflichsten  Psalmen,  hesonders  auffallend  aher  an 
die  salomonischen  Gnomen  anschliefsen;  andererseits  aher, 
dafs  es  sich  entschieden  zu  den  Jüngern  Schriften  des  zWey- 
ten  Zeitalters  hinneigt.  Man  hat  ihm  aufserdem  viele  Ära- 
hismen  zuschreiben  wollen.  Darauf  gilt  zur  Antwort :  Al- 
lerdings findet  sich  in  dem  Buche  manches  dem  Arabischen 
Analoge  oder  was  aus  dieser  Sprache  erläutert  seyn  will; 
allein  dieses  ist  entweder  auch  hebräisch  und  gehört  zur 
poetischen  Diction,  oder  es  ist  zugleich  aramäisch  und  von 
dem  Dichter  aus  der  aramäischen  Volkssprache  entlehnt, 
erscheint  also  hier  als  Aramäismus ,  nicht  Arabismus  3?), 
Ohnehin  ist  aber  dessen  verhältnifsmäfsig  nicht  mehr,  als  in 
andern  poetischen  Buchern  und  Abschnitten.  Ganz  unrich- 
tig  würde  man  daraus  auf  einen  unmittelbaren  Zusammen- 
hang unseres  Dichters  mit  Arabien  und  dessen  Literatur 
schliefsen. 

Die  oben  bezeichneten  Eigenschaften  der  Sprache  wer» 
den  wohl  allein  dadurch  begreiflich,  dafs  man  die  Abfas- 
sung des  Buches  auf  dem  Grenzpuncte  der  beyden  Zeitalter, 
d.  i.  im  Exil  annimmt,  welches  auch  andere  Umstände  wahr* 
icheinlich  machen  36). 

Verbal-  und  Realparallelen  zwischen  Hiob  und  den  Spruch* 
wörtern  s.  am  besten  in  Rosenmiiller*  Schoben  zum  Hiob  (Pro* 
Jegg.    S.  32 —  54).      Folgendes  diene  zum  Theil  als  Nachtrag. 

Ganz  eigenthümliche  Worter  und  Bedeutungen:  ]U3  f.  Herz, 
Brust;  )143K  Unterwelt;  Tpr,  f.  Werk  Gottes;  !jn  als  W'eikzeug 
der  Rede  (nicht  des  Geschmacks),  1  zwischen  zu  vergleichenden 
Sätzen  5,  7.  »2,  11,  vgl.  Spr.  25,  25  u.  s.  w. ;    nlnS'in  Beweise« 


55)  Hieron.  (Praef.  in  Dan.)  Jobum  cum  arahica  lingua  plurimant 
habere  societatem.  Da^esen  schon  Clericus  in  den  Sentimens  de 
quelques  theologiens  de  Hollande  sur  Vhistoire  crit.  du  V.  T.  S.  ifc.3' 

36)  Vergl.  Bernstein  in  Keils  und  Tzschirner»  Analekten.  St«  3. 
S.  57  ff.  S.  48. 

c 


34     Abschn.  I.   Gesch.  d.  hcbr.  Spr.  bis  zu  ihrem,  Aussterben. 

Warnungen;  iWjftfl  Heil,  Weisheit;  nlSann  kluge  Leitung, 
Maafsregel ;  i*pP  durch  Handschlag  verbürgen;  Vater,  Bruder, 
Schwester,  trop.  gebraucht  17,  14.  30,  29,  vgl.  Spr.  7,  4.  13,  9, 
(Die  Belege  giebt  das  Wörterb.) 

Parallele  Phrasen  und  Ausdrucks  weisen  :  Hiob  V,  4  vgl.  Spr.  2  2, 
23;  XV,  7,  vgl.ebend.8,24.25;  XVIII,  5.  6.  XXI,  14.  vgl.  3,8. 
15,  20.  17,  22.  XXI,  17,  vgl.  13,  9.  20,  20.  24,  20.  XXIV,  2, 
vgl.  22,  28-  23.  10.   XXVIII,  28,  vgl.  1,  7.    XXVIII,  18,  vgl. 

5,  15.  xxxvni,  4.5.  vgl.  30,4. 

Auf  den  jungem  Sprachgebrauch  des  Buchs  glaube 
ich3')  zuerst  mit  einiger  Vollständigkeit  aufmerksam  ge- 
macht zu  haben.  Hierauf  ist  anderswo38)  eine  nützliche 
Induction  von  Beyspielen  versucht  worden,  wobey  nur  das 
vermifst  werden  dürfte,  dafs  die  Reden  des  Elihu,  der  Prolog 
und  Epilog  von  der  Untersuchung  aufgeschlossen  sind,  da 
sie  in  Rücksicht  auf  die  Sprache  offenbar  ein  Ganzes  mit  dem 
librigen  Gedicht  bilden.  Auf  der  andern  Seite  ist  nicht  sel- 
ten zuviel  geschehn ,  wenn  Formen ,  die  zwar  aus  dem 
Syrischen  erläutert  werden  können,  aber  nichts  destoweni- 
ger  schon  dem  älteren Hebraismus  angehören,  z.B.  das  n  pa- 
rag.  der  Nomina,  zu  Beweisen  gebraucht  werden,  oder 
wenn  der  Verfasser  Parallelstellen  aus  angeblich  Jüngern 
Psalmen  entlehnt,  deren  spätes  Alter  nicht  vollkommen  ge- 
sichert ist. 

Folgendes  eine  Auswahl  von  Beyspielen ,  welche  a.  a.  O.  nicht 
angemerkt  worden  sind.  Spätere  Wörter  und  Bedeutungen  : 
\uS&7\  1,  7.  2,  2  fF.  als  Name  eines  bösen  Engels,  vgl.  1  Chron. 
21,  1;  niV  anheben  3,  1.  34,  1;  D^VU?  4»  *3-  £0»  2  Gedan- 
ken, von  Nachtgesichtern,  Träumen,  vgl.  33,  15.  Dan.  2,  29.30. 
4,  16;  n*0^  causa  fi,  8;  HS»  anordnen,  bestellen  7,  3 ;  QU 
gleichwie  9,  26.  21,  8«  vgl.  Kohel.  2,  16.  7,  11;  1CN  befeh- 
len 9,  7  (vgl.  mein  Wb.  u.  d.  VV.  no.  3);  no  quodeunque  13,  13, 
zur  Umschreibung  der  Negation  16,  6.  31,  1;  13V  empfangen 
21.  10;    yan  Studium,   negotium  Bl,  21.   22,  3;    *ita  bestimmen, 


37)  In  vielen   dahin   gehörigen  Art.    meines  hcbr.  Wörtei'b. ,    vgl. 
Vorrede  txx  Th.  I.  S.  XXVII. 

38)  Von  Bernstein  a.  a.  0.   S.  4y  & 


(J.  xi.  Idiotismen  einzelner  Schriftsteller.  35 

beschließen  ;   in  nicht  22,  30  ;   niV  =  lit»  28»  8  1  tnyTh  Weise 

TT  -     T  •     1 

34»  2,  vgl.  Koliel.  9,  1 1  ;  IpÖ  befehlen  34,  13.  56,  25,  vgl. 
2  Chron.  36,  23.  Esra  1,  2;  ia»Ö  das  Thun  54,  25,  vgl'.  Dan. 
4»  34»  ganz  aramäisch  ist  56,  2:  T»Vt  VJTlflS  harre  mir  ein 
wenig;    rn1ö  =  *Ofc,    j^  Herr  36,  22.      Wo  keine  Parallelen 

beygesetzt  worden  sind ,  mufs  ich  auf  mein  Wörterbuch  ver- 
weisen. 

Spätere  Phrasen:  9,  12  :  wer  sagt  zu  ihm:  was  machst  du? 
Vgl.  2i,  22.  Koliel.  g,  4,  stärker  Dan.  4,  32;  b*B  l"V1  14,  9 
Vgl.  *iW  ni*i  Dan.  3,  27;  Di^a  mitten  im  Frieden  f.  plötzlich, 
15.  21,  vgl.  niWa  Dan.  Q,  25.  ix*  21.24;  ^**  ^  nicht  durch 
(Menschen).  Hand  34,  2o ,  vgl.  T"  B5*0  Dan.  g,  25,  und 
V.V*  **\  2*  34'  35  J  27>  8  ^"35  ^"iVk  Vttf*  '•S  wenn  Gott  seine 
Seele  (aus  dem  Körper)  herauszieht,  vgl.  das  Bild  der  Scheide 
I  vom  menschlichen  Körper  Dan.  7,  15,  und  Buxtorf  JLex.  tal- 
tnud.    S.   1507. 

Spätere  Orthographie  und  grammatische  Formen:  JJil  f-  J>1 
6,27;  övyf.  btO  39.  9. 10;  J1W-1  8,  85  BWÖ3ii.6;  )T\ 1  f. 
|n,  jn  41,  4;  .«?■£  *)tt?M  19,  29;  p^öS  t2c:p  f.  %  *S£  18.  x; 
•15»,    sm^JD  f.  W»». 

3.  Auf  der  Gränze  beyder  Zeitalter  steht  auch  Ezechiel. 
Dieses  Buch  gehört  zu  den  nicht  sehr  zahlreichen,  welche 
vom  Anfang  bis  zu  Ende  eine  durch  Lieblingsausdiücke  und 
eigenthüinliche  Phrasen  bezeichnete  Einheit  des  Tons  be- 
haupten, wodurch  allein  jeder  Verdacht  der  Unechtheit  von 
einzelnen  Abschnitten  abgewandt  werden  dürfte39).  Nicht 
wenige  eigentümliche  Wendungen  und  chaldaisirende  Aus- 
drücke theilt  er  mit  seinem  Zeitgenossen  Jeremia,  aber  bey 
ihm  sind  sie  zahlreicher,  und  unter  allen  alttestamentlichen 
Schriftstellern  hat  er  vielleicht  verhältnifsmä'fsig  die  meisten 
grammatischen  Abnormitäten  und  Incorrectheiten. 

Mit  Jeremia  gemein  hat  Ezechiel  die  Form  ip»,  "»nScp  für 
PN,  flStp  (s.  Hilleri  Arcan.  Keri  et  Kethib  S.  380  ,  <ias  Suffi. 
xum  ■»*>,  "O*—  für  *Jj  Tp— 5  die  Schreibart  *ftW,  DMN  f.  iPN, 
DiHM  (mit  mir,  ihnen),    letzteres  auch  in  den  Büchern  der  Könige. 

Dieblingsausdrücke  desselben  :  D"»M~J3  Menschensohn!  als  An- 
rede des  Propheten  2,  1.  18-   3>  x.  17  tu  s.w.]   die  Hand  Jehova'i 

39)   Eichhorn»  Einleit.   Th.  3.   S.  coo. 

C    2 


5  6      Ah  sehn.  [.   Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

kam  über  ihn  1,  3.  5,  14.22.  37,  1,  vgl.  11,  5.  35,  32;  siehe! 
ich  will  an  euch  13,  ß.  21,  ß.  34,  10,  vgl.  5,  ß;  den  Stab  des 
Brotes  brechen  4«  1^.  5»  *6.  *4»  l2J  SlWDö  cv.av8aXov  in  ver- 
schiedenen Wendungen  3,  £0.  7,  19.  14,  3.  7.  iß,  30.  21,  2ß. 
44,   12  tu  s.  vv.40) 

Grammatische  Anomalieen :  Im  Pronomen  Nn*» —  für  n*» —  äi, 
»5,  nscrp— ,  nirr'-rr  40,16.  1,  11  für  orn— ,  ^n*— ;  T— 
fiir  1\—  5,  12.      imVerbo:    Nnsa  f.  flflflä  311  3;    n3\"l2.3n   f. 

n3n23n  \6,  50;  ^a.'h  f.  ^2x^42,  5;   ta>?J  *"•  S'Oijn  21,' 33; 

133W3  f.  "»aittJa  47,  7.      Im   Nomen   DnS*1*«  ^Chethib)   f.    D*— 

46,  19;    vnx'sa  und  vn^-ib  für  n*ni*a,    twis  47.  n.  31, 

ß.  Incorrectheiten  durch  Mifsverstandnifs  und  Vermischung  der 
Formen:    D^ni^n  6,  ß;    ?pnl233  16,  31;    DrPinnvÜö  ß,  16. 

4.  Von  den  Büchern  des  zweyten  Zeitalters  ist  das  Buch 
Kohelet  am  auffallendsten  aramäisch  gefärbt,  und  die  mei- 
sten darin  stets  wiederkehrenden  Ausdrücke  6ind  ihm  gan» 
eigentümlich.  Einiges  nähert  sich  stark  dem  talmudisch- 
rabbinischen  Sprachgebrauche. 

Z.  B.  der  herrschende  Gebrauch  des  \ti  für  T^'M ,  selbst  \vi 
für  \  *it;H  ß,  17;  |*>3»  Geschäft,  Sache,  Ding;  n3"P2N  Kapper, 
Beere  12,  9;  pH  abwägen,  prüfen  12,  9;  JJD  yin  aufser  2,  25 
(vgl.  Mischna  tract.  Kilaim  2,  5  T.  I.  p.  117  ed.  Surenh.  und  das 
chald.   JO   "13);     UJ^n   sinnlich  geniefsen,  empfinden  2,   25;     *»n 

wehe!    4»  10*  10»  x^* 

*.    * 

Andere  Ararndismen  sind:    3^N  ö^|    6,  6;    tt7"HD  das,  was; 

r  ' 

"\~nr  i,  9.  3.  »5«  22.  6,  10.  7,  24;    "i33,  iZio  1,  11.  2,  12. 

16;    DÄpa   Wort,  Sache. 

Jüngere  Hebraismen  und  Lieblingsausdrücke :  ni*i  MX.")  eite- 
les  Streben  1,  14.  2,  1 1.  17.  26.  4,4.  6,9,  auch  rni  ]1*»xn  i.»7. 
4,16;  urjpttjn  nnn  1,3.9.14.  2,13.19.22.  4,1.5.7.15 
u.  s.w.   und  D"«JO\t.'n  nnn   1,14.  2,3.  3,1;    SßV   Mühe,   Mühsal 

*-▼---  '  TT 


40)  Ueber  die  Eigentümlichkeiten  des  Jeremia  und  Ezechiel  t. 
Eichhorns  Einlcit.  Th.  3.  S.  120-125.  196-193.  Einige» 
dort  Angegebene  dürfte  übrigens  der  Grammatiker  in  Anspruch 
nehmen,  z.  B.  wenn  S.  125  eine  Eigcnthümlichkcit  der  Punc- 
tation  im  Jeremia  genannt  wird,  ,,dafs  statt  TySn  im  Imperativ 
immer  "jv^n  punetirt  ist."  Jenes  7]'Y"i  kommt  nämlich  KM  vor, 
da  der  Imperativ  bekanntlich  *]S  ist,  "JjlSn  ist  der  Inf.  absol.» 
der  im  Jeremia  und  anderwärts  häufig  für  den  Imperativ  steht. 


§.  1 2.  Bearbeit.  älter.  Ab&chn.  beyspät.  Schriftstellern.      37 

4,  4,  mit  dem  Verbo  hl2V  hüV  2,  11.  iß.  19.  20;  lfetf3ttj  D'Ül'Hn 
die  Dinge,  die  da  vorgehn  2,  17.  4»  3  5  ^Vy  5»  1 1  vermuthlich 
wie  Kovfxog  zuweilen  im  N.T.  YVehsinn  ;  *j2,"l  DV»2rt  S^H  u.  s.  w. 
Besonders  häufig  sind  die  Nomina  auf  Jll  unQ  ]■>  (s-  oben  5.  29). 

ö-      12. 

Bearbeitung  älterer  Abschnitte  bey  späteren  Schriftstellern.     Philo- 
logisch-kritisches Verhältnifs  der  Parallelstellen  in  den  Büchern  Sa- 
muels,  der  Könige  und  in  der  Chronik. 

1.  Schon  oben  (Q.  9>  3)  *8t  bemerkt  worden,  dafs  die» 
Sprache  in  den  Producten  der  zweyten  Periode  im  Allgemei- 
nen leichter,  fiiefsender  und  verständlicher  zu  seyn  pflege, 
als  in  den  älteren  Compositionen ,  und  der  nächste  Grund 
davon  liegt  offenbar  darin,  dafs  man  eine  Sprache,  die  schon 
allmählich  aufhört,  die  Sprache  des  Lebens  zu  seyn,  nicht 
mehr  mit  der  Originalität  und  Freyheit  gebrauchen  könne, 
aus  welcher  Härten  und  Sprachschwierigkeiten  entstehen, 
auch  auf  Leichtigkeit  und  Verständlichkeit  zu  sehn  habe41). 
Diese  Beobachtung,  und  dafs  mancher  Ausdruck  älterer 
Schriftsteller  dem  spätem  Zeitalter  theils  hart,  theils  nicht 
verständlich  (oder  auch  richtig)  genug  schien,  bewährt 
»ich  sehr  deutlich  an  denjenigen  Parallelstellen,  wo  jünger© 
Schriftsteller  Stellen  eines  älteren  Textes  in  den  ihrigen  auf- 
nehmen und  darin  verarbeiten.  In  den  letzteren  sind  ge- 
wöhnlich die  Schwierigkeiten  und  Härten  des  erstem  getilgt. 

So  z.  B.  Jes.  15,  5  vgl.  Jer.  48,  5  (für  das  schwierige  11 VV* 
»teht  ein  Quid  -pro  quo  iy»ü?);  Jes.  16,  6.  7  vgl.  Jer.  48,  29-51 
(für  *ttfatrM  steht  *ttiK**));  4  Mos.  24,  17  vgl.  Jer.  48»  45 
(wo  für  das  schwierige  Iplp  die  erleichternde  Verbesserung 
•Jpnp,  die  dort  auch  der  Samaritaner  hat;  für  TN-2,  den  St. 
constr.  des  Duals,  der  häufigere  Singular  riNS). 

2.  Da»  instructiveste  Beyspiel  dieser  Art  geben  die  Pa- 


41)  de  M^ettei  Comment.  üb.  die  Psalmen.  S.  25. 

42)  Ob  dieses  eine  wirklich  philologisch  richtige  Erläuterung 
sey.  bleibt  mir  wegen  der  sonstigen  Beschaffenheit  dieser  Pa- 
rallelen zweifelhaft,  und  mochte  ich  hierauf  nicht  zu  Tiel  Gt- 
wicut  legen.      Vgl.  licsenmüller  zum  Jes.  16,  7. 


38     Abschn.  I.   Gesch.  d.  hebt'.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

rallelstellen  in  den  Büchern 'Samuels,  der  Könige  und  der 
Chronik  4J).  Mögen  die  Verfasser  der  Chronik  unsere  Bü- 
cher Samuels  und  der  Könige  oder  den  Text  derselben  in  ei- 
ner anderen  Anordnung  vor  sich  gehabt  haben,  so  viel  ist 
klar,  dafs  die  Chronik  uns  eine  mehrere  Jahrhunderte 
spätere  Ueberarbeitung  der  Parallelstellen  in  den  Bü- 
chern Samuels  und  der  Könige  liefert.  Bey  derselben 
werden  nicht  allein  öfters  die  spätem  Ausdrücke  und  Or- 
thographieen  für  die  früheren  substituirt,  sondern  auch 
schwere  und  seltene  Formen  gegen  die  gewöhnlichen  ver- 
tauscht, schwere  Wörter  erläutert,  und  andere  Schwierig- 
keiten ,  Härten  und  dergl.  so  aufgelöst  und  erleichtert,  dafs 
die  Lesarten  des  Bearbeiters  häufig  das  Ansehn  von  Glossen 
haben44), 

Spätere  Orthographieen  und  Formen  :  rüD^O  für  HD1? CO 
2  Chron.  7,  iß.  1  Kön.  9,  5;  pTÜ»*n  f.  ptt»3/i  1  Chron.  ig,  5,  6'; 
fiiÖIH  f.  D^ßlMn  2  Chron.  22,  5.  2  Kön.  ß,  aq;  vorzüglich  die 
herrschende  Scriptio  plena,  z.  B.  1*V»,  D^ömVh,  D">»2»*fl  f.  *n* 
U.  3.  W.,  in*'N  f.  *»PN  1  Chron.  ji,  31.  2  Sam.  23,  o;  D*3*"lU3 
f.  D^aifc  l  Chron.  21,  23.  2  Sam.  24,  12;  h^npl  f.  hnfi*  2  Chron. 
5,  2.  i  Kön.  ß.  1;  DIpNI,  D*tt»n  f.  DpNl,  DUmi  2  Chron.  6, 
»o.  ix.  1  Kön  8t  20.21.  Dahin  gehört  auch  wohl  fe'ttl'  2  Chron. 
A4,  beständig  für  tt/Nln*  2  Kön.  12,  und  lOiSs  P^P  1  Chron, 
5,  6.2.6.  2  Chron.  28,  20  für  *iDn\>2  vb_ST\. 

Wörter  des  späteren  Sprachgebrauches,  welche  für  ältere  sub« 
etituirt  werden:  na!)i  Leichnam  f.  n»13  1  Chron.  10,  12.  1  Sam. 
31,  12;  2  Sam.  6,  16  heifst  David  T3  Ti3N  ll^n  angethan  mit  §i> 
nem  leinenen  Leibrock ,  1  Chron.  15,  27:  y«  bTOM  Vai.3?3,  aber, 
wie  öfter  bey  Glossen  geschieht,  auch  die  Worte  des  Originals 
•ind  geblieben,    daher  folgt:    3   M  1*nn  \'J ;    dahin  gehört  auch 

wohl  nncm  f.  rrhrn  Flöfse  1  Kön.  5/23. 


43)  Die  bequemste  Uebersicht  liefert  Jahn»  hebräische  Bibel. 
Th.  2.  S.  157   bis  zu  Ende. 

44)  Der  Charakter  dieser  philologischen  Bearbeitung,  mit  wel- 
cher wir  es  hier  allein  zu  thun  haben,  lauft  in  mehrerer  Rück- 
sicht parallel  mit  der  historischen,  wovon  da  IVette  (Ueytra;;© 
zur  Einleit.  in  das  A.T.  B.  1.  S.  42  iL) 


(J.  12.  Bearbeit.  älter.  Ahschn.  b'ey  spät.  Schriftstellern.      39 

Grammatische  Glossen ,  Erleichterungen  und  vermeintliche 
Verbesserungen:  K^B  f.  M>23  *  Chron.  n,  2.  2  Sam.  5,  2; 
Cin'SNn  ?|Srl  (von  Jehov.i)  f.  DWSn  •IsSn  1  Chvon. '17,  21. 
2  Sam.  7,  23  (damit  ÖTHM  nicht  mit  dem  Plural  construirt  wer- 
de, vgl.  die  Emendatioit  des  Samaritaners  1  Mos.  20,  13.  31,  53. 

35,  7.  2  Mos.  22,  9);  Ha»!  für  das  anomale  12-M  2  Chron.  io, 
12.  iKön.  12,  12;  t£1,  Sl>rn  f.  das  seltenere  rt3M,  nSvPI 
2  Chron.  iß,  34-  35.  1  Kon.  22,  34.  35.  2  Chron.  21,  9.  2  Kon.  g, 
21  ;  3310  f.  3*00  2  Chron.  21,  9.  2  Kün.  ß,  2i  ;  niNö  f.  m"wo 
(vgl.  das  arab.  &JV..C)  2  Chron.  23,  1.   2  Kon.  11,  4. 

Exegetische  Glossen  und  Verdeutlichungen  des  älteren  Textes : 
2  Sam.  5,  iQ.  22:  }\yt33»1  sie  breiteten  sich  aus,  1  Chron.  14,  9. 
13:  SttttfS»1;  —  2  Sam.  6,  16:  *i3*l3ö')  tSSJO  hüpfend  und  tan- 
zend (2  «t«5  ktyofAsvot) ,  1  Chron.  15,  29:  pn^öl  I^JO.  — 
2  Sam.  7,  5:  War»  HPNn,  x  Chron.  17,  4:  Pliäf»  rittN  rib  (rieh- 
tig!  denn  die  Frage  enthält  dort  eine  Verneinung).  —  23.  8: 
USt'n  iO'Hy.»  1  Chron.  Mi  11  In^ifT-tlftt  Y^ISJ  erschwang  seine 
Lanze  (Erklärung   aus   23,  iß)-    "" ~     23  »  *9:    *3fl   vere,    fehlt 

1  Chron.  11,  21  ganz.  —  24,  12:  5p  bi*  Sttta  "OJiJ»  ich  lege  dir 
vor,  1  Chron.  21,  10:  SpS.H  MM  *flfc«  —  1  Köm  8»  7:  120«! 
siedeckten,  2  Chron.  5,  8  :  =103  n.  —  8>  3°-  3  '•  54-  39-  43-  45* 
Cö^n  Sn  in»  Himmel,  2  Chron.  6,  2i  IT.  D^JDUJn  ]»  rwi/i  Hirn- 
mel  herab.  —  10,  18  :  tfilö  geläutert,  2  Chron.  9,  17:  *ii,"iT3. 
—     10,    26:     SS"!   D1M»   1>3"1N   «^N    1400    bespannte  Wagen, 

2  Chron.  9,  25  :  4°°°  Gespann  Pferde  und  Wagen  (nur  die  Zahl 
istUebertreibung,  die  Glosse  richtig).  —  10,  2g  wird  der  schwie- 
rige Theil  des  Verses  ganz  ausgelassen.  —  12,  6:  *02  DN  *l»V 
vor  jem.  stehen,  dienen,  2  Chron.  10,  6:  "OöS  V,  —  22,  32: 
l^hv  •lO-'O  sie  wandten  sie  zu  ihm,  weil  aber  *itd  gewöhnlich  re- 
cedere   bedeutet,    2  Chron.   1Q,   31:    "nSs?  ^C*!.   —    2  Kon.   15, 

36.  20,  20.  21,  17.  23,  2g:  B'ÖMPlS  Dn  ttSn  siehe!  dieses  steht 
geschrieben,  die  Chronik  beständig:  D'OnnS  DDH,  2  Chron.  27, 
7.  32,  32.  33,  iß.  35,  27.  Text  und  Glosse  zusammen  stehen 
2  Chron.  24,  27  :  Dan [  i^Vn.  —  »6,3:  TüN2  V31>n,  2  Chron. 
£8»  3:  ^2  1V3»V  —  2i,  3:  'ptn  *7JN  ^M  nician  die  Höhen 
(Altäre),  welche  Hiskia  zerstört,  2  Chron.  33,  3:  yp3 ,  weil 
•J2N    gewöhnlicher   nur   von    Personen  vorkommt.     —      21,  Q: 

n»nM  ]K>  ^N")^?  Sil  W«  *l*Anl>  V0.**  ^^  *cn  w'^  nicnt  wieder 
irren  lassen  den  Fufs  Israels  fern  von  dem  Lande,  2  Chron.  33»  8: 
Dö*mn  hw  ..  ..1"»0nS  —  verdrängen  aus  dem  Lande45). 


45)  Ziemlich  häufig  werden  für   geographische  Namen   des   älte- 
ren Textes  andere  substituirt ,   vou  denen  sich  aber  nur  zum 


40      Absclin.  I.   Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

Euphemismen:  2  Sam.  10,  4:  ört*MHtü  1!J  bis  an  ihr  Gesäfs, 
>  Chron.  19,  4:   nVtyann  ny  bis  an  den  Schritt. 

Vermuthungen  über  einen  schwierigen  oder  misverstandenen 
Text:  2  Sam.  6,  5:  Di£;i13  t^V-Ssa  allerley  tannenen  (Instru- 
menten), 1  Chron.  15,  g:  Dn^a.  —  6,  7 :  Sfc'n  \V  Vul*. 
propter  tsmeritattm ,  1  Chron.  15,  10:  i"P  nW  *\^N  hV-  — 
81  3  :  3  t*l>  i^'i'nS  um  seine  Macht  wieder  auszubreiten,  1  Chron. 
18«  3:  3  f*»*»  SHEnV  —  io,  8:  IVttn  nna  an  der  Oeflnung  de» 
Thors,  der  Chronist  (welcher  bey  diesen  Ausdrücken  anstiefs) : 
-\">Vn   nna,   1  Chron.  »9,  9.  46). 

3.  Schon  unter  den  bisherigen ,  besonders  den  letzten, 
Beyspielen  sind  mehrere,  aus  denen  es  klar  ist,  dafs  die  im 
Aussterben  begriffene  Sprache  zu  der  Zeit  des  Chronisten 
dem  Verständnifs  älterer  Urkunden  hier  und  da  Schwierig- 
keiten in  den  Weg  legte.  Einige  andere  Beyspiele,  wo 
der  Chronist  statt  eines  schwierigen  Textes  eine  wahrschein- 
lich falsche  Glosse,  eine  Vermuthung  oder  ein  Quid  pro  quo 
gibt,  mögen  dieses  noch  deutlicher  ins  Licht  setzen47). 


Theil  zeigen  läfst ,  dafs  sie  späterhin  und  überhaupt  bekannter 
waren,  als  jene.  Die  Analogie  läfst  jedoch  dasselbe  auch  von  den 
übrigen  voraussetzen.  2  Sam.  Q,  8 :  TiSa  ,  Cbron.  }»2  ;  21, 
>8:  Sit  [1],  1  Chron.  20,  4  das  bekanntere  1T3 , ;  2  Sam.fi,  6: 
|1M  pi,  1  Chron.  13,  9:  Jinis  pjj  1  Kön.  9^  18:  "lOH,  Kri 
und  2  Chron.  8»  4  i    Ibin. 

46)  Unten  ($.  2  1,  3)  ist  gezeigt  worden,  dafs  die  Urheber  der  Les- 
art Kri  ähnliche  Berichtigungen  und  Erleichterungen  des  Textes 
beabsichtigten.  Daher  stimmen  die  Lesarten  der  Chronik  häufig 
mit  dem  Kri  in  den  Biichern  Samuels  und  der  Koniire  überein. 
Das  Kri  kann  hier  aus  der  Parallelstelle  der  Chronik  entlehnt  seyn, 
vielleicht  enthält  es  aber  auch  in  einzelnen  Fällen  eine  erleich- 
ternde Lesart,  die  älter  als  die  Chronik,  von  dieser  aufgenom- 
men wurde.  Vgl.  1  Kön.  g,  iß.  2  Chron.  8.  4;  1  Kon.  12,  12. 
2  Chron.  10,  i1\  1  Kön.  1 2,  2 1.  2  Chron.  11,1;  2  Kön.  11,2. 
2  Chron.  22,  1 1  ;  2  Kon.  11,4.  2  Chron.  25,  1  ;  2  Kön.  14,  3, 
2  Chron.  £5,  1  ;    2  Kön.  \.\,  21.    2  Chron.  25,  22. 

47)  Schon  de  JJ'elte  (Beyträgc.  B.  1.  S.  67)  wurde  durch  einig« 
Beyspiele  dieser  Art  zu  dem  Unheil  bewogen  :  „Ich  mochte  fast 
vermuthon,  dafs  der  Verfasser  der  Chronik  des  Hebräischen 
picht    recht    kundig    gewesen    sey.      Gewifs    schreibt    er   das 


§.  12.  Bearbeit.  älter.  Abschn.  bey  spät.  Schriftstellern.       41 

1  Sam.  31,  13:  Wxn.  Wiewohl  auch  gelehrte  Rabbinen  (21. 
Jona,  Michh-.l  Jophi  zu  1  Mos.  21,  33.  i  Sam.  22,  6)  richtig  das 
arabische  y-5)  tamariscus  vergleichen,  so  ist  doch  dieses  eins  von 
den  Wörtern j  deren  Bedeutung  früh  zweifelhaft  geworden  oder 
unter£e°rangen  zu  sevn  scheint.  Daher  das  Schwanken  der  Vei-- 
sionen   hier   und  in  den  angeführten  Parallelstellen.      Die  meisten 

o 

itimraen  für  Baum  oder  Wald  überhaupt,  so  Aqu.  5sv5ftuv<x. 
Symnu  0utcv.  Vulg.  nemus ,  (welches  auch  Celsii  Hierobotan. 
i,  555  ff.  vertheidigt) ,  andere  für  spezielle  Baumarten,  z.  B, 
Syr.  amygdalus,  Theod.  rac  hrv;.  Aehnlich  1  Chron.  10,  12,  wo 
dafür  hSnh  Terehinthe  steht.  Ein  bekanntes  Quidproquo  für  ein 
«chwereres  Wort,  gewifs  weder  richtige  Glosse,  noch  aus  ande- 
rer Quelle  geschöpfte  Relation,  wie  Michaelis  (Supplem.  ad  JLexx. 
hehr.  S.  136)   meint. 

2  Sam.  5,  17  :  da  es  David  hörte  TttSVil  *7«  1*1*1  zog  er  hin- 
ab an  der  Berghohe.  Statt  der  allerdings  dunkeln  Worte  hat  der 
Chronist:  D,~l*OEb  NXn  1  Chron.  14,  g,  was  auf  keine  Weise 
den  Sinn  der  älteren  Lesart  richtig  wieder  gibt,  vgl.  de  TTrette% 
Beyträge.  B.  1.  S.  67- 

2  Sam.  5,  24:  y*inn  TN  dann  spute  dich,  vgl.  yiin  fleifsig, 
betriebsam.  Dia  nur  hier  vorkommende  Bedeutung  des  .Verbi 
mochte  früh  aufhören,  geläufig  zu  seyn,  daher  die  Uebersetzer 
den  Sinn  nur  rathen.  LXX.  tuxTißyffq  •*■<?<>$  ixCtovc.  Vulg.  tunc 
inihis  praelium.  Chcld.  Syr.  confortaberis ,  sumes  animos.  —  So 
1  Chron.  14»  i5-"  nonStti  Nun  IN  ,  welches  Einige  unrichtig  alt 
genaue  Erklärung  des  ersteren  ansehn. 

2  Sam.  fi,  1  :  David  nahm  HTpN.T  3H5D  DN  den  Armzaum  von  der 
Hand  der  Philister,  d.  i.  brachte  sie  unter  seine  Botmäfsigkeit. 
Vgl.  die  arabischen  Phrasen  bey  Schultens  zu  Hiob  30,  11.  — 
1  Chron.  iß,  1  steht  dafür  nTlISa*)  TS  (die  Stadt)  Gath  und  die 
umliezenden  Dörfer;  wie  dieses  aber  eine  richtige  Deutuilg  von 
n*3Nn  ine  seyn  könne,  ist  noch  keinem  Ausleger  zu  zeigen  ge- 
lungen.     S.  Glassii  Philologia  Sacra  ed.  Dathii.   pag.  785« 

2  Sam.  8»  ^8  werden  die  Söhne  Davids  Q*Onb  Priester  genannt, 
welches  wahrscheinlich  von  nicht -levitischen  Haus-  und  Pallast- 
priestern des  Königs  zu  verstehn  ist,  die  offenbar  als  höhere  Kron- 
beamten vorkommen.  Vgl.  über  Ahimelech  V.  17  niit  1  Sam. 
$1,  2.   22,  g.  -—  Die  Chronik,  welche  keine  nichtlevitische  Prie- 


schlechteste  Hebräisch,  das  wir  haben.  Wahrscheinlich  war  zu 
seiner  Zeit  die  Sprache  schon  ganz  ausgestorben."  Die  obi_t.i 
Beyspiele  werden  dieses  Unheil  theil»  bestätigen ,  theils  ruudi- 
ficiren. 


42     Abschn.  I.   Gesch.  d.  hcbr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

ster  duldet  (vgl.  auch  über  Samuel  1  Sam.  i,  1  mit  1  Chron.  6,  ig), 
gibt  zur  Erklärung:  ?|Snn-  I^J  BSJfcH#*1!l  i  Chron.  18,  17,  wie 
auch  der  Chaldäer  1  Mos.  41,  45.  Ps.  110,  4  jnS  durch  N3*l  prin~ 
ceps  übersetzt,  was  sich  schwerlich  vertheidijjen  lafst.  Hier  leite- 
te den  Erklärer  zugleich  eine  seiner  herrschenden  Ansichten,  vgl. 
de  Wettet  Beiträge  zurEinleit.  in  dasA.  T.  B.  1.  S.  Qi.  ß2. 

2  Sam.  23,  11  :  rff»  Stück  Feld  voll  Ü*W1V  Linsen.  1  Chron. 
11,  15:  D'H'iVii'  Gerste.  Sollte  das  letzte  auch  keine  (falsche) 
Glosse  für  das  erstere  seyn,  so  ist  es  doch  ein  Quid  pro  quo,  ein 
Substituiren  des  Bekannteren  für  das  Unbekanntere.  Auch  der 
Samaritaner  1  Mos.  25,  54  verändert  das  ihm  unbekannte  Wort 
Qtuny  in  CU)  IV,  welches  der  sam.  Ueberi. ,  mir  Unverstand. 
lieh,  durch  ÜVV  IV  übersetzt. 

Nach  lKon.  10,  21  bringt  ein  Tarsisschiff  (ttJ*ttf-tP  •Om)  ä.  i. 
ein  grofses  Meerschiff  alle  drey  Jahre  Gold  und  Silber,  Ellenbein, 
Affen  und  Pfauen  (wie  aus  9,  2ß  erhellet)  aus  Ophir:  und  nach 
2  Kön.  22,  49  gehn  Tarsisschiffe  von  Eziongeber  aus  nach  Ophir. 
—  Der  Chronist ,  dem  es  unbekannt  war ,  dafs  Tarsisschiff  für 
grofses  Kauffartheyschiff  überhaupt  stehe,  lost  jenen  Ausdruck  auf 
in:  Schiffe,  die  nach  Tarsis  gehen  ttJitthB  Plr>Sh  MOM,  und  läfst 
an  beyden  Stellen  die  Schiffe  nach  Tarsis  gehen;  da  aber  an  der 
zweyten  Stelle  ausdrücklich  Ophir  angegeben  war,  wird  dieses, 
um  keinen  Widerspruch  zu  erregen,  —  ausgelassen.  S.  Bredcw  über 
Ophir  und  Tarsis,  in  dessen  Untersuchungen  über  einzelne  Ge- 
genstände der  alten  Geschichte,  Chronologie  und  Geographie.  St.  2. 
S.  260-303,  bes.  293-95« 

Ebend.  10,  13:  Salomo  gab  der  Königin  von  Saba  alles,  uas  sia 
wünschte  und  hegehrte,  außer  dem  was  er  ihr  gab  fltthti  T|S>3n  "PS 
wie  es  dem  Koni«  Salomo  zukam  d.  i.  aufscr  den  eines  Salomo 
würdigen  Gastgeschenken.  Die  Chronik  gibt  für  den  letzten 
wahrscheinlich  nufsvcrstandenen  Ausdruck  etwas,  obendrein  Un- 
passendes :  ,nSra,5  WOB  -\V)t*  13^  außer  dem,  was  sie  dem 
Könige  brachte. 

Ebend.  V.  14:  3"lBi1  *oSö  wahrscheinlich  nach  dem  Cbald. 
Könige  der  Hülfs-  oder  Bundeivülker.  fi  Chron.  9,  14  dafiir: 
ra*1t*  *oStt  Konige  Arabiens.  Diese  passen  aber  hier,  wo  nur  von 
Untei  tlianen  Salomo's  die  Rede  zu  seyn  »cheim,  schwerlich.  Vgl. 
«nein  hcbr.  Wörterb.  u.  d.  W.  3")V  S.  Qgo. 

2  Kön.  2fl,  13.  17  steht  für  den  etwas  ungebräuchlichen  Aus- 
druck: in»n  nrivO  mein  Zorn  ist  entzündet,  2  Chron.  54,  2i  der 
gewöhnlichere  n  "^PP  mein  Zorn  iit  ausgegossen,  an  der  letzten 
Stelle  aber  «o  unpassend,  Jafs  der  Zuiatz  P33P  K*|l  und  uird  nicht 


Q.  1 2 .  Bearbeit.  älter.  Abschn.  bey  spät,  Schriftstellern.      43 

auslöschen  geblieben   ist.      Der  Chronist  roufs   die  etymologische 
Bedeutung  der  letzteren  Phrase  nicht  mehr  gekannt  haben. 

Ebend.  V.  13:  M"hv  aWS-h**ba3  nach  allein,  was  um  (.farin) 
vorgeschrieben.  2  Chion  34,  21:  rtfil  *»B02  SinSn  -  ^DS  nach 
allem,  was  in  diesem  Burhe  geschrieben  stand.  Der  Ausdruck 
\V  an3  vorschreiben  war  dem  Ueberarbeiter  vermuthlich  fremd, 

4.  Jene  unvollkommene  und  unkritische  Kenntnifs  ei- 
ner Sprache ,  die  doch  noch  nicht  einmal  ganz  aufgehört 
hatte ,  Muttersprache  zu  seyn ,  könnte  auf  den  eisten  An- 
blick befremden.  Allein  sie  wird  dieses  weniger,  wenn  man 
erwägt,  dafs  grammatisch- kritische  Kenntnifs  der  Mutter- 
sprache und  ihrer  Etymologie  nie  die  Sache  der  Alten  war, 
selbst  nicht,  so  lange  die  Sprache  lebte.  Cicero's  und  Var- 
ro's  verunglückte  Etymologieen  lateinischer  Wörter  sind  be- 
kannt genug.  In  dieselbe  Kategorie  gehören  eine  Anzahl 
etymologischer  Angaben,  die  schon  in  den  altern  historischen 
Büchern  vorkommen,  und  die  man  eben  so  wenig  für  rich- 
tig erkennen  oder  rechtfertigen  wollen  muh ,  als  man  sie 
den  Verfassern  als  grobe  Fehler  anrechnen  darf. 

i  Mos.  5»  29:  er  nannte  seinen  Namen  nj,  denn  er  sprach:  die- 
ser  wird  uns  trösten  (!|Jcn3i).  19,  37  wird  3N1»  durch  2Nö 
vom  Vater  erklärt.  22,  y.  14  wird  auf  den  Namen  nob,  milE 
so  angespielt,  dafs  man  sieht,  der  Verlasser  wolle  ihn  von  nN"i 
ableiten,  dasselbe  geschieht  deutlich  2  Chron.  3,  2.  t  Alos.  29, 
32  heifst  es  zur  Etymologie  von  pWl  (d.  i.  sehet  ein  Sohn!  ): 
sie  nannte  seinen  Namen  Rüben,  denn  sie  sprach:  •»•»jya  Hin1'  nN*l 
Jehova  hat  mein  Elend  angesehn,  2  M^s.  2,  2  2  wird  Diu"!  3  -iurch 
*l3  Fremdling  erklärt,  und  auf  0&  wahrscheinlich  gar  keine  Rück- 
sicht genommen.  Die  übrigen  Etymologieen  des  Pentateuchs 
S.  in  Vater 's  Comment.  üb.  den  Pent,   Th.  3.   S.  666". 

Am  gezwungensten  sind  solche  Etymologieen,  wenn 
der  Geschicbtschreiber  gewisse  Nomina  propria  mit  Mythen 
in  Verbindung  setzt,  von  denen  sie  ursprünglich  unabhän- 
gig waren,  oder  überhaupt,  wenn  er  ihrer  zu  mythisch-histo- 
rischen Zwecken  gebraucht.  In  demselben  Fälle  sind  auch 
griechische  und  römische  Dichter  und  Mythographen  am 
kühnsten. 


44     Abachn.I.   Gesch.  d.hebr. Spr.  bis zuihrem  Aussterben. 

Vgl.  z.  B.  die  Etymologieen  von  Janus  Ovid.  Fast.  1,  125-127. 
Ton  Maius  ehend,$,  uno,   Lcmuria  §,  4#i,   Agonalia  1,  320  ff. 

Ö-     «3- 
Aussterben    der    Sprache. 

1.  Das  Verhältnifs  der  in  der  letzten  Epoche  neben  ein- 
ander bestehenden  und  verwandten  Volks-  und  Schiiftspra» 
che  kann  man  sich  mehr  oder  weniger  durch  die  Analogie 
des  Altgriechischen  bey  den  Neugriechen,  des  Slavisciien 
bey  den  Russen,  selbst  durch  die  deutschen  Volksdialekte 
neben  der  hochdeutschen  Schriftsprache  verdeutlichen ,  nur 
dafs  in  dem  letzteren  Falle  der  Schriftdialekt  der  neuere  ist. 
Die  letztere  Vergleichung  pafst  aber  vorzüglich,  insofern  min- 
dersorgfältige deutsche  Schriftsteller,  besonders  schwäbische, 
schweizerische ,  hier  und  da  auch  die  Eigenthümlichkeiten 
ihrer  Volkssprache  durchblicken  lassen;  auch  zeigt  das  Bey- 
spiel  unseres  Volkes,  wie  man  einen  Dialekt  (den  hochdeut- 
schen) ziemlich  gut  verstehn  könne,  ohne  ihn  selbst  zu 
reden. 

Wie  lange  übrigens  da»  Althebräische  noch  nebenbey 
lebende  Sprache  blieb,  ob  dieses  vielleicht  in  einzelnen  Ge- 
genden und  bey  den  Vornehmern,  Gebildeteren  länger  der 
Fall  war,  kurz  das  Mehr  und  Weniger  läfst  sich  nicht  näher 
bestimmen;  nur  soviel  ist  gewifs,  dafs  zu  Nehemia's  Zeit 
das  Volk  noch  hebräisch  redete  (rmirp  Nehem.  13,  Cß),  dafs 
man  zu  Antiochus  Epiphanes  und  der  Makkabäer  Zeiten  ne- 
ben dem  Aramäischen  noch  herrschend  hebräisch  schrieb 
(vgl.  Daniel  und  die  Münzen  des  makkabäischen  Zeitalters), 
dal»  dagegen  um  jene  Zeit  und  schon  kurz  nach  Alexander 
d.  Gr.  das  Aufholen  der  lebenden  Sprache,  selbst  einem  ge- 
lehrteren Hebräer  bey  dem  Verständnils  schwieriger  Stellen 
älterer  Schlitten  im  Wege  war  (S.  %.  12,  3  über  di«  Chronik). 
Die  Herrschaft  der  Seleucidcn  und  der  neue  Einflufs  eines 
aramäischredtiiuen  Volkes  scheint  allmählich  die  letzten 
Spuicn  vertilgt  zu  haben. 


$.  13.    Aussterben  der  Sprache.  45 

S.  Auf  jeden  Fall  übertrieben  und  unricbtig  ist  die  Vor- 
stellung der  Talmudisten4b)  und  der  jüdischen  Grammati- 
ker, z.B.  des  Ephodaeus,  Elias  Leuita,  J^imchi49"),  welchen 
Hottinger,  Walton,  Buxtorf  u.  A.  s°)  folgen,  dafs  die  Ju- 
den schon  im  Exil  die  ältere  Sprache  völlig  vergessen  hätten 
und  sie  schon  unmittelbar  nach  demselben  als  gelehrte  Sprache 
von  Priestern  und  Schriftkundigen  hätten  erlernen  müssen. 
Sie  alle  stützen  sich  vorzüglich,  wie  es  scheint,  auf  eine 
falsche  Auslegung  von  Nehem.  ß,  Q.  Dort  heilst  es:  und 
sie  (die  Priester  und  Leviten)  lasen  im  Buche,  im  Gesetze  Got- 
tes 'iJni2ö  wörtlich  oder  treulich,  genau,  und  gaben  das  Ver- 
ttändnifs ,  und  erklärten  das  Gelesene.  Dafs  das  Wort  fc'ISC, 
auf  welchem  hier  das  Meiste  beruht,  so  aufgefafst  werden 
müsse,  zeigt  zunächst  die  Parallelstelle  Esra  4»  x8'  Dort 
sagt  der  König  von  Persien:  der  Brief,  den  ihr  an  mich  ge- 
sandt habt,  ^"O  i*^  enac  ist  wörtlich  vor  mir  gelesen  wor- 
den. Für  die  Bedeutung  des  Wortes  cns  genau,  bestimmt 
angeben,  vgl.  aufserdem  3  Mos.  24,  21.  4  Mos.  15,  3>51). 
Man  hat  sich  hiernach  ein  wörtliches  Vorlesen  der  Schrift 
zu  denken,  mit  Erläuterungen  des  Schwierigen  und  wahr- 
scheinlich mit  religiösen  Anwendungen ,  alles  in  derselben 
Sprache. 

Anders  die  jüdischen  Ausleger.     Sie  fassen  tfisc  nach 


48)  Gtmara,  tr.  Megilla  Fol.  3,  col.  1.  Nedarim  Fol.  37, 
col.  2. 

49)  Ephodaei  grammat.  c.  7.  Eliae  praef.  lib.  Methurgeman.  Kim- 
chi  praef.  ad  Michlol.  Buxtorf  diss.  philol.    pag.  157. 

50)  Hottingeri  thes.  philol.  p.  279.  PValtOn  Prolegg.  III.  §.  24, 
Buxtorf  L  C. 

51)  In  den  Targg.  daher  öfter  für  3p2  (s.  Buxtorf  Lex.  chald.) 
besonders  aber  Exod.  2ß,  11.  Jes.  #,  1  :  t;"12ö  2H3  deutliche 
Schrift.      Unter  den  alten  Uebersetzern  drückt  der  Syrer  beym 

Esra  den  Sinn  am  Besten  aus  durch  Aj(r*r.»  fideliter ,  denn 
das  distineto,  manifeste  der  Vulg.  konnte  auch  auf  deutliche 
Stimme  geh». 


46    Abstlui.  1.  Gesch.  d.  heb/ .  Sjjr.  bis  zu  ihren* Aussterben. 

rabbinischem  Sprachgebrauch:  erklärt,  mit  Erklärung 52), 
und  verstehn  dieses  von  einer  hinzugefügten  Uebersetzung 
in  die  chaldäische  Sprache.  Ihnen  folgen  unter  den  neuern 
auch  Rambach  (in  /.  H.  Michaelis  not.  uber.)t  Clericus,  Da- 
the,  welche  es  selbst  aufEsra4,  18  ausdehnen,  und  dort  von 
einer  Uebersetzung  des  Briefes  in  die  persische  Sprache  ver- 
stehn. Allein  dagegen  ist  i)  der  eben  erläuterte  Sprachge- 
brauch von  ttha,  welches  selbst  im  Rabbinischen  nicht  von 

-  T 

Uebersetzungen  in  eine  andere  Sprache  vorkommt.  Dieses 
ist  b3°lt1  Esra  4,  7.  18-  2)  Die  ausdrückliche  Angabe,  dais 
die  Juden  damals  noch  hebräisch  redeten,  Neh.  15,  2ß. 

Elias  J-evita  a.  a.  O.  Cum  ex  terra  sua  emigrassent  et  in  Baby- 
loniam  venissent ,  penitus  obliti  Juerunt  linguae  sua»,  sicut  scri- 
ptum  est   in  libro  iV ehemiae. 

Die  Talmudisten  a.  a.  O.  erklaren  :  DlilD  Nin  \y*naa.  Eben 
so  Bertholdt  (Einleit.  in  das  A.  und  N.  T.  S.  992).  Das  Buch  Co- 
svi  (P.  Hf.  S.  15)  setzt  aber  hinzu:  Interim  tarnen  manebat  in  quo- 
rundam  animis  cognitio  legis  et  lingua  conservata  fuit  in  corde 
sacerdoturn  et  judicum,  ut  docerent  judicia  justitiae.  Selbst  TJ  al- 
ton,  wiewohl  er  im  Ganzen  der  Meinung  der  Juden  folgt,  gibt 
doch  zu  :  non  tantum  sacerdoies  et  Levitae  linguum  sanctam  reti- 
vuere,  sed  et  inter  populum  multi  ex  primoril.us  Omnibus  postea 
temporibus  lin^uam  anüquam  coluerunt.  Imo  reliquias  ejus  quas- 
dam  apud  populum  remansisse  haud  invitus  concessero.  Die  rich- 
tigere Ansicht  haben  auch  Pfcijfer ,  Löscher  u.  A.  bey  Simonis 
(Introduct.  in  ling.  Kehr.  S.  33).  Vgl.  Carpzor  Critica  Sacra  S.  215. 
Ueber  die  palästinensische  Landessprache  im  Zeitalter  Jesu, 
a.  Pfannkuche  in  Eichhorn's  allgeni.  Bibliothek  der  bibL  Litera- 
tur. Th.  3.  S.  560  ff.  Nebenher  ward  auch  Griechisch  geredet, 
wodurch  aber  die  Landessprache,  zumal  bey  den  Eingebornen 
keinesvveges  verdian^t  wurde,  wie  Einige  wollten.  S.  Paulus: 
l'erosimilia  de  Judaeis  palaestinensibus  Jesu  et  /-Ipostolorum  tempore 
non  aramaea  dialecio  ,  sed  graeca  quoque  locutis,  gegen  Diodati 
(de  Christo  graece  loquaue)  und  de  Rossi  della  lingua  proprio  di 
Lhristo.    Parma  1772.    4* 

Auf  welche  Weise  sich  die   Kunde   der  althebräischen 
Sprache  nach  ihrem  Aussterben  fortpilanzte  und  wie  diese 

5O     Mau   erinnere   sich   des   U'^SJOT    Ottf,     und    des    O^IBÜ"!    tth 
sunt,   qui  explicent   auf  j^ier  Seite  dor  hebräischen  Ausleger. 


$.  i^.  Reichtkum  und  Umfang  der  alten  Sprache.        47 

beschaffen  war,  suchen  wir  unten  (Abschn.  2.  Periode  1)  zu 
zeigen.  Jetzt  benutzen  wir  denRuhepunct,  welchen  der  Ge- 
genstand gewährt,  um  noch  einige  allgemeine  Untersuchungen 
über  Reichthum  und  Umfang  der  alten  Sprache,  dialektische 
Verschiedenheiten  derselben,  Aufnahme  fremder  Wörter 
und  Uebereinstimmung  mit  anderen  Sprachen  herzubringen. 

Reichthum  und  Umfang  der  alten  Sprache53). 

Dafs  in  unsern  Ueberresten  der  althebräischen  Litera- 
tur nicht  der  ganze  Vorrath  der  alten  Sprache  enthalten 
seyn  könne,  versteht  sich  von  selbst.  Indessen  darf  man 
das  Verlorengegangene  doch  nicht  allzuhoch  anschlagen, 
am  wenigsten  durch  Berechnung  aller  möglichen  Zusammen- 
setzungen zu  Radicibus  trilitterls ;  wornach  wir  freylich  kaum 
den  sechsten  Theil  der  ehemals  vorhandenen  Stammwörter  üb- 
rig haben  würden  54).     Die  erhaltenen  Reste  der  Sprache  rei- 


53)  Einige,  aber  wenig  erschöpfende,  Bemerkungen  enthält: 
Com.  van  JS[raenen  de  linguae  hebraeae  pomoeriis  ampiian- 
dis ,  praes.  J.  J.  Schaltens.  Leid.  1759,  m  ^er  ^Y^Oge  dis- 
sert.  suh  praesidio  Schuhensii  et  Schroederi  editarum,  S.  7 1 9  ff. 

54)  Alb.  Schul  tens  de  defectibus  hodiernis  linguae  hebraea» 
§.  i2:  Omnes  qui  aliquid  in  literatura  Hebraica  vident,  mecum 
consciscunt ,  magnam  veteris  linguae  partem  intercidisse,  atqv.s  in 
uno  codice  sacro ,  liaud  sane  voluminoso ,  neutiquam  omnrm  ejus 
amplitudinem  seso  conspiciendam  pracbere.  Er  berechnet  hierauf, 
dafs,  die  radices  quadrilitteras  abgerechnet,  ungefähr  12000  ra- 
dices  trilitterae  möglich  seyn,  von  denen  nur  »egen  2000  vor- 
kommen, und  dafs  daher,  wenn  man  auf  jeden  Stamm  nur  30 
Derivata  rechne,  mindestens  gerechne»:,  300000  hebräische 
Wörter  verloren  wären.  Vgl.  Simonis  introd.  in  linguain  hehr. 
S.  16.  Welch1  ein  Schlufs  von  der  Möglichkeit  so  vieler  Zu- 
eammensetzungen  auf  ihre  Wirklichkeit!  Die  ohne  Vergleich 
reichere  arabische  Sprache  hat  kaum  die  Hallte  der  möglichen 
Stammwörter;  auch  müssen  ganze  Reihen  abgerechnet  werden, 
insofern  gewisse  verwandte  Buchstaben  sich  nicht  unmittelbar 
hinter  einander  dulden,  z.  B.  VH.  S.  Michaelis  Supplem. 
S.  109.      Vgl.  über  da»  Arabische  Sacy  gramm.arab.  T.  I.  S.  30. 


40     Abschn.  I.   Gesch.  cl.  hehr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

chen  hin,  uns  beurtheilen  zu  lassen,  dafs  das  Volk,  in  wel- 
chem diese  Sprache  lebte,  sich  in  einem  ziemlich  beschränk- 
ten Kreise  von  Ideen  bewegte,  unter  denen  die  religiösen 
Ideen  die  ausaebildetsten  waren ,  und  dasselbe  zeijjt  sich  in 
der  Sprache,  die  in  der  Bezeichnung  religiöser  Begriffe  noch 
am  meisten  Reichthum  und  Gewandtheit  hat.  Einen  gro- 
fsen  Reichthum  an  sinnverwandten  "Wörtern  gewann  sia> 
auch  durch  die  Beschaffenheit  der  Poesie,  wo  der  Paralle- 
lismus der  Glieder  oft  verschiedenartige  Ausdrücke  dessel- 
ben Gedankens  verlangte  **).  Vergleichungsweise  läfst  sich 
behaupten,  dafs  sie,  wie  überhaupt,  so  auch  in  Rücksicht 
auf  ihren  Reichthum,  in  der  Mitte  stehen  möge  zwischen 
der  reichern  arabischen  und  der  noch  armem  syrischen 
Sprache. 

Es  lassen  sich  indessen  selbst  noch  einige  Quellen  aus- 
findig machen,  welche  mehr  oder  weniger  bedeutende  Bey- 
träge  zu  dem  in  der  Bihel  enthaltenen  Sprachgute,  liefern, 
und  aus  welchen  Grammatik  und  Wörterbuch  noch  einige 
Bereicherungen  oder  Erläuterungen  schöpfen  können.  Da- 
hin gehören 

i.  die  Nomina  propria,  welche  hier,  wie  in  allen  Spra- 
chen, ursprüngliche  Appellativa  sind,  und  in  denen  sich  be- 
sonders viel  aus  der  ältesten  Sprache  vor  ihrer  uns  vorlie- 
genden Ausbildung  derselben  erhalten  haben  mag5*5).  Wir 
gewinnen  daraus  eine  ganze  Reihe  grammatischer  Formen, 


Die  in  der  Bibel  vorkommenden  hebr.  (und  chald.)  Worter 
zählt  Leusden  auf  564a,  im  Griechischen  nimmt  man  gegen 
ßo.ooo   an. 

55)  So  hat  man  bemerkt,  dafs  es  an  16  Verha  frangendi,  10  />r- 
ba  quaerendi,  i.\  für  den  Begriff  des  Vertrauens  auf  Goit  n.  s.  \v. 
gebe.  In  Gegenständen ,  welche  dem  roorgenlandischen  Hir- 
ten nahe  liegen,  ist  die  Sprache  sehr  begreiflieh  reicher,  als 
die  gebildeteste  der  europäischen  j  1.  B,  an  Bezeichnung  für  dio 
verschiedenen  Alter  das  Vich's,  der  wilden  Thiere.  Vgl.  Gmrp* 
zov   Critica  Sacra.     S.  201. 

56;    Vgl.  VuttT"»  Comment.  üb.  d«n  Peuutcuch.  Tb.  5.  S.  67a. 


(J.  14.    Reich  thum  und  Umfang  der  alten  Sprache.  40 

neue  Verba  und  Nomina,  welche  wir  aus  dem  Arabischen 
und  Syrischen  kennen,  die  gewiis  aber  auch  hebräisch  wa- 
ren; Urformen,  wovon  nur  noch  Derivata  da  sind,  und  wel- 
che dadurch  verdeutlicht  werden  u.  s.  w. 

In    andern   Dialekten   sehr    bekannte  slppellativa  sind:     Vtt?"» 

(Brücke),     pn'i   (zwey  Brunnen),     ]12    (Fisch),     ,~|2D    (Gesetz), 

»      ?  "  * 
HIO^C,    |ZjüiAiß  (Schlachtordnung),    }*p  (Schmidt);     besonders 

die  Thiernamen  :  ]*}H  (Gemse),  n»*^  (Taube),  nhln  (Rebhuhn), 
]f\V  (Löwe),  D^Slttö  (Füchse).  Aus  den  Nomm.  provr.  mit  N 
allein  lassen  sich  über  30  solcher  Stammwörter  sammeln.  Ge- 
schehn  ist  dieses  in  Ev.  Scheidii  Lex.  hebr.  ed.  Gronenoud,  jedoch 
noch  nicht  ganz  vollständig. 

Bey  mehrern  ist  die  Etymologie  allerdings  dunkel,  allein  ge- 
nauere Betrachtung  kann  noch  manches  aufhellen.  So  ist  dV^IT» 
gewifs  nicht  componirt  aus   cbu?  WY>  Besitz  des  Friedens,   son- 

5  ^  / 
defn  s.  v.  a.  Leute,  Volk  des  Friedens,  **l "?  =  (C  «»    gleichbedeutend 

J  o5 
mit  Vjbf»  DTDÖ»  vielleicht  sogar :  Zelt,  Wohnung  des  Friedens, 
wenn  11S  im  Hebräischen  diese  modificirte  Bedeutung  hatte  (vgl. 
*jnk  Zelt,  arab.  Vibf  Leute,  auch  rPS  Haus,  Leute).  Eben  so 
ist  Sm*^V  ^"H*  Wohnung  Gottes  (Name  einer  Wüste).  Man- 
che schwierige  Namen  erklären  die  Schriftsteller  selbst,  z.  B.  Dni3K 
1  Mos.  17,  5  >  YHV  25>  25»  bey  andern  gelingt  ihnen  aber  die 
Etymologie  nicht  s.§.  12,4;  ähnlich  Sn;e\£7  nach  1  Sam.  1,  20  von 
!?CW  und  Sn  (besser:  Name  Gottes,  JiOttJ  st.  constr.  von  Qiy,  wie 
^N,  "ON  von  3N);  D^lXB  Sdn  nach  \  Mos.  50,  11  Trauer  Ae- 
gyptens  (besser:  Platz,  Tenne  Aegyptens).  Anderswo  reicht  aber 
auch  wohl  unsere  Kenntnifs  nicht  hin,  eine  Anspielung  auf  die  Ety- 
mologie ganz  zu  verstehn,  z.  B.  Jer.  20,  3  bey  "|!)rV£'3  ,  -welche» 
TVohlseyn  zu  bedeuten  scheint.  Vgl.  J.  D.  Michaelis  Comment. 
zu  d.  St. 

Grammatische  Formen,  die  in  der  gewöhnlichen  Sprache  selten 
oder  gar  nicht  vorkommen,  sind:  der  St.  emphat.  der  Aramäer, 
in  mn*V  (Stadt),  xhy  (Joch);  die  Dualformen  auf  D— ,  J—  und 
Ht  (vg'l.  $.21,5);  die  arabische  Form  der  Nom.  segol.  wie  in  n*iN  ; 
die  chaldäische  Form  des  Tut.  wie  »*JH  (er  räth),  VJr&n  (er  versam- 
melt) ;  das  Part,  wie  S^lN  (Kameeihirt),  v°l.  *l*:cin  haltend, 
Ps.  16,  5  ;   das  häufige  Jod  compaginis,   wie  in  ^^O  ^2"ilrt  u.  s.  w. 

Besonders  wichtig  sind  aber  die  alten  Singularformen,  wovon 
jetzt  nur  der  Plural  vorkommt,  z.  B.  *ih  =  *iri  Berg  (vgl.  1  Mos. 

ü    T 


ÖO      Abachn.  I.   Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

4pf  26),  -|1?  Stadt,  wovon  der  Plur.  C*»*ii-*;  endlich  mehrere  von 
der  Form  13 H ,  wovon  nur  Plurale,  wie  n*Oi*  vorkommen,  als 
*3N?KP  (Ts°;  Gottes),  wo  5ö*»=?nBi»,  D'  der  Sing,  von  Q'TZ'  ist; 
nStynnö,  SMUhn&t  wo  Wo  — 110  oder  n»  (äthiop.  met)  M  Tili 
und  Sing,  von  Q^nü  ist.  Von  derselben  Form  sind  SN1JJT, 
bM^IÖSf,   wo  !)öty  =  Dvy,   ffif\  ===  T\V1 ,  in  ist57). 

2.  Eine  andere,  nicht  immer  hinlänglich  berücksichtig- 
te und  henutzte  Quelle  für  einzelne  ältere  Sprachfonnen 
liegt  in  den  Varianten  des  Chethib ,  da  die  Urheber  des  Kri 
Unter  dem,  was  ihnen  incorrect  schien  (().  21,3)  und  eini- 
gen wirklichen  Schreibfehlern  auch  manches  alte  und  ech- 
te Sprachgut  heraus  conigirt  haben.  Schon  nach  dem  al- 
ten kritischen  Canon,  dais  bey  gleicher  Auctorität  der 
schwierigem  Lesart  der  Vorzug  gebühre,  würde  das  Ueber- 
gewicht  auf  Seiten  des  Chethib  seyn,  wozu  hier  noch  häu- 
fig die  Analogie  verwandter  Dialekte  kommt,  und  das  be- 
kannte Streben  der  IVIasorethen  nach  ihren  Grundsätzen 
zu  berichtigen58). 

Einige  seltenere  PVörter  und  Formen  des  Chethib,  welche  das 
Kri  getilgt  hat,   und  sonst  nicht  vorkommen ,  sind:    Sna   wahr- 


57)  Die  Literatur  zur  Erklärung  der  Komm,  prOpr.  s.  in  TJ'olfii 
Biblioth.  hehr.  II,  565.  llist.  Lex.  p.  219  IL  Doch  ist  noch 
aufseist  viel  zu  ihun  übrig.  Am  brauchbarsten  sind  Simonis 
Onomast.  V,  T.  Halae  1741-  4*  -^  Hilleri  Onomast,  sa- 
crum.   Tubingao  1706.    /\. 

53)  Eine  alphabetische  Zusammenstellung  des  Chethib  und  Kri 
gibt :  Jo.  Simonis  analysis  lectionum  masoretliiiarum  Kethihan 
et  Krijan  vulgo  Jiclarum.  Ilalae  ir,52,  8-  ^n  gewisse  Klassen 
sind  sie  geordnet  von  J\I.  I filier:  de  Aromt,  K*thib  et  Kcri  libri 
duo.  Tubingae  1692.  ß.  lieber  den  Vorrang  der  Chethib  und 
cur  Erklärung  derselben:  J.  A.  Damit  sinceritas  scriptarao 
V .  T.  praevalcnte  Kri  racillans.  Jenaej.713.  4.,  wieder  ab- 
gedruckt in  J.  Ikenii  tlies.  philol.  novus.  F.  Tsepregi 
tliss.  de  aut hent ia  stlcctiorum  Chetlubim,  Partei  II.  Francqucrae 
1725,  wiederabgedruckt  in  der  Jfj  tlog*  Jissertatt.  (No.  50) 
T.  I.  No.  '2.  3.  J.  F.  Froriep  Jiss.  de  utilitate  linguae  am* 
in  defendendu  nunnulus  fofctl  rei  Chiihil.  Lips.  1767.  4« 


§.  14«  Reichlhum  und  Umfang  der  allen  Sprache'.         51 

sclieiiilich  V2E13  »eizig  seyn,  er°eizen  Sprüchw.  20,  2i  (vgl. 
A.  Schultern  zu  d.  St.)  ;  nTÖMSErV)**  Feuer  Jer.  6,  29;  pin  —  pTl 
Busen  Fs.  74,  11;  D"hTJ  =  D*U2  noch  nicht  Ruth  3,  14;  Dil"" 
gesetzt  werden,  Neutr.  von  Ü^'Ü)  (wie  -njf,  12f)  1  Mos.  24,  33. 
Rieht.  12,  5  (ohne  Kri  nur  1  Mos.  50,  26);  DMlia  f.  Qina  Dör- 
fer Esth.  9,  19,  und  nach  derselben  Analogie  D^ttflN  Syrer  2  Kon. 
16,  6,  DVTiin  Walder  Ezech.  34,  2.5,  •ll'SMJ'IÄÜJ  Jer.  49,  2Q. 
Esra  2,  1,  für  B*a*TJ*f  0V"}S*.'!,  ^SMa/lSÜ*)  j  Sll^X  f.  "PS««  klein 
Jer.'  14,  3.  4ß,  4;  jlttrun  sr=  ^1TÖH*1  Hiob  iS.V-  Jos.  21,  10 
(herrschend  im  Sain.  Texte) ;  rniNIO  f.  niNC  2  Kön.  n,  4.9.  10. 
15»  vgl.  das  arab.  ^w  u.  s.  w.  In  grammatischer  Rücksicht: 
Imperative,  wie  "»311*1  =r  "»El*!  fs.  5,3,  21;  I'articipia,  wie 
D^lii'J*  1  Sam.  2-">,  iß.  2  Kön.  23,  4;  doppelte  Plurale  oder 
Duale,  wie  Cninat»  2  Cliron.  54,  5;  «»nläM*»  1  Kun.  6,  16; 
Duale  auf  0—  Ezech.  25,  9.  46,  19. 

Der  Zahl  nach  weit  mehrere  Sprachbereicherungen  bie- 
ten die  Varianten  des  samaritanischenrentateuchs.  Bey  dem 
durchaus  correctorischen  Charakter  dieses  Textes  kann  aber 
selbst  das,  was  nicht  offenbar  das  Gepräge  aramäisch -sama- 
ritanischerForm,  mithin  jüngerer  Umgestaltung  trägt,  auf  die- 
se Auctorität  allein  nicht  für  altes  echtes  Hebräisch  genom- 
men werden  (Q.  24).  Derselbe  Fall  ist  mit  den  Varianten 
der  hebräischen  Manuscripte ,  deren  etwanige  Abweichun- 
gen mehr  das  Schwere  und  Seltene  der  Texteslesart  zu  he- 
ben suchen ,  als  dafs  darin  etwas  Neues  und  sonst  Unbe- 
kanntes zu  finden  wäre. 

Einige  Aufmerksamkeit  verdient  die  Variante  fitnlllttr  **<3  Hiob 
24,  11  f.  DnlllttJ  **0  ,  nach  der  Analogie  von  D^n1»H.  In  ei- 
nem eingeschobenen  Verse  nach  Ps,  14»  3  steht  das  ««;  As-yo/ug- 
vov   *j"iö   Gestirn  f.  Geschick. 

3.  Auf  den  jüdischen  Münzen  des  makkabäischen 
Zeitalters  kommen  keine  Glossen  vor,  welche  man  nicht 
auch  im  altern  Hebraismus  fände,  aufser  auf  einigen: 
p*^  ninS  oder  minS  auf  die  Befreyung  Zlons,  lies:  minS. 

Bayer  de  nummis  hebr.   pag.  21.      Ekhel  doctrina  numm.  vete- 
Tum.   Vol.  III.   S.  469.      In  der  Mischna  und  den  Targg.  ist  "iVn 
M*V**n,   PVin   häufiger,    und  verwandt   mit  *l1n  über,  in"enuus. 
Falsch  ist  die  Ableitung  von  nin  swlpsit. 

D  a 


52      Ab  sehn.  I.   Gesch.  d.  hehr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

4.  Einige  wenige  Wörter  des  spätesten  Hebraismus  fin- 
den sich  in  den  griechischen  Apocryphen ,  wo  jedoch,  da 
sie  mit  griechischen  Buchstaben  geschrieben  sind,  schon  die 
EntziiFerung  meistens  groise  Schwierigkeit  macht.  So  z.  B. 
die  Ueberschrift  des  ersten  Buches  der  Makkabäer:  TBugßvS 
Tugßocvit^  d.  i.  Sm  "0  3  "»liö  naitt?  Geschichte  der  Fürsten  der 
Söhne  Gottes  y9);  MuKiußccto; ,  wahrscheinlichst  *0£»  Häm- 
merer, vgl.  Carl  ÄIarte/lSo)  ;  'AitkLigi  =  D**pön  die  from- 
men Anhänger  Jehova's  (vgl.  Ps.  70,  2) ;  Avo*v  oder  Av*f«y 
i  Makkab.  2,  5  als  Beyname  des  Eleazar  (Jbramen,  podex 
brutorum,  vgl.  1  Makkab.  6,  43-46?61));  'hn(povs,  ebend., 
Beyname  des  Jonathan  (yj'&n  libertus?)6-).  Einigen  an* 
dem,  z.  B.  den  Sectennamen  <£af>/9-«»or,  'Etrtrxtos  sieht  man  die 
Entstehung    aus    dem  syrisch- chaldäischen   Landesdialekte 

an;   ersteres  ist  aus  \.M.jtd  separatus,  letzteres  wahrsch.  ^<Am 
piuSi 

5.  Nicht  wenig  althebräischer  Sprachvorrath  hat  sich 
ohne  Zweifel  in  der  Sprache  des  Talmud ,  insbesondere  der 
Mischna,  erhalten,  die  sich  nach  Alter  und  Sprache  zunächst 
an  die  jüngsten  Bücher  des  Canons  anschliefst.  Wer  mag 
es  indessen  unternehmen,  das  Alte  von  dem  Neuhinzuge- 
kommenen  zu  scheiden?  Wenn  man  jedoch  aus  der  Ana- 
logie anderer  ausgestorbenen  Sprachen  schliefsen  darf,  so 
mag  man  annehmen ,  dafs  zwar  sehr  viele  Derivata  alter 
Stammwörter  und  neue  Bedeutungen  derselben  späteren  Ur- 
sprungs seyn  mögen,  (natürlich  alle,  welche  sich  auf  später 
aufgekommene  Ideen  bezichn) ;     allein  neue  Stammwörter 


59)  Michaelis  Orient.  Bibl.  Th.  12.  S.  11 2.  Auilere  gezwun- 
genere Erklärungen  von  lluctius  und  11  enisdcrf  s.  in  liertholdts 
Einleit.  in  das  A.  und  N.  T.   S.  10 .)". 

(k>)    BertholJt  a.  a.  O.  S.  10/(3. 

61)   J.  D.  Michailis  Suyplem.  ad  Ltx.  Iicbr.    S.  CgG. 

<>2")   Hie  Komm,  propr.  findet  nun  in  Ja,  SitHOnU  OnOmmt,  A".  T. 

IIA*':   l?Ö2,    .). 


Q.  14.    Keichtlium  und  Umfang  der  alten  Sprache.  53 

zu  bilden,  ist  nicht  die  Sache  derer,  die  eine  ausgestorbene 
Sprache  handhaben,  und  hier  mag  daher  meistens  etwas  Al- 
tes zum  Grunde  liegen,  zumal,  wenn  der  Gebrauch  des 
Wortes  vom  Syrischen  abweicht.  Mit  einiger  Sicherheit 
mag  man  z.  B.  ein  gewisses  Alterthum  von  den  zahlreichen 
Bezeichnungen  von  Thieren,  Pflanzen  u.  dgl.  annehmen, 
welche  in  der  Mischna  vorkommen,  und  deren  Bedeutung 
sobald  verloren  ging,  dafs  sie  schon  in  der  Gemara63)  einer 
Erklärung  bedurften,  meistens  auch  nur  mit  dem  Arabischen 
übereinstimmen.  Der  negative  Beweis,  welchen  man  aus 
dem  Nichtvorkommen  derselben  im  A.  T.  führen  möchte, 
hat  wenig  Gewicht,  weil  es  bey  der  Beschaffenheit  jener 
Bücher  an  Gelegenheit  dazu  fehlte. 

Eine  grofse  Anzahl  derselben  liefert  z.  B.  der  Tractat  Kilaim, 
Surenliusii  Mischna,  T.  I.  S.  109,  von  denen,  die  fremden  abge- 
rechnet,  viele  in  Palastina  eiuheiniisch  und  alt  zu  seyn  scheinen. 

Z.  B.    t^CJN     arnb.    (J^V^-f ,     (JoV^.f ,     auch    ^JoVsnJf    Bir- 

5  *  o  * 
nen   (in  andern  Dialekten  des  Arab. :   Pflaumen);     b*l*in,      jO/A» 

Senf;    nySl,  syr.  ]A:^2  Kürbis;    n*1t   Salat;     nWüp  Hülsen- 
fruchte  u.  s.  w. 

6.  Wortbedeutungen )  welche  im  Althebräischen  Statt 
fanden ,  auch  durch  die  Analogie  der  verwandten  Dialekte 
bestätigt  sind,  wofür  aber  jetzt  keine  Beyspiele  mehr  vor- 
kommen, finden  sich  hier  und  da  in  den  ältesten  Ueberset- 
zungen ,  besonders  den  L/XX  ($.  22,  2). 

7.  Bey  der  sehr  engen  Verwandtschaft  des  Hebräischen 
undPhönizischen  mag  endlich  auch  unter  denUeberbleibseln 
dieses  Dialekts  (Excurs  1)  Einiges  erhalten  seyn,  was  zu- 
gleich Hebräisch  war,  aber  in  den  uns  erhaltenen  Urkunden 
nicht  vorkommt. 


63)    Ueber  das  Alter  dieser  beyden  Theile  des  Talmud  s.  unten 
§.  21,  2. 


54     Jibschn.  I.   Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

0.      15- 

Dialekte  in  Her  hebräischen  Sprache  selbst64). 

I.  Dafs  in  der  hebräischen  Sprache,  während  sie  eine 
lebende  war,  einige  dialektische  Verschiedenheit  Statt  ge- 
funden haben  möge,  würde  schon  die  Analogie  fast  aller 
Sprachen  wahrscheinlich  machen,  wenn  sich  auch  keine  be- 
stimmten Spuren  davon  fänden.  Uebrigens  darf  diese»  in  ei- 
ner armen  Sprache,  welche  selbst  erst  Dialekt  eines  grö- 
fsern  Sprachstammes  ist,  nicht  zu  hoch  angeschlagen  wer- 
den. Die  Vergleichung  der  griechischen  Dialekte  ist  also 
ganz  unpassend;  auch  gehen  alle  wirkliche  Spuren  blofs  auf 
Verschiedenheit  der  Aussprache.  In  der  Büchersprache  fin- 
det sich  nichts,  was  mit  überwiegender  Wahrscheinlichkeit 
für  Provinzialismus  zu  halten  ist6y);  noch  weniger  darf 
man  die  Eigentümlichkeiten  des  zweyten  Zeitalters  auf  die 
Rechnung  provinzieller  Idiotismen  setzen  wollen66). 


64)  Jo.  Kiessling  de  dialectis  Hebraeorum  -puris  diss.  11.  Eich- 
horns Einleit.  in  das  AT.  §.  11.  Tb.  1.  S.  48  (51).  Nachti. 
gall  in  Eiclihorn's  Biblioth.  der  bibl.  Literatur.   B.  9.   S.  235. 

65)  Eichhorn  a.  a.  O.  ».  Bey  alle  dem  ist  doch ein  zusam- 
mentreffender Charakter  im  Ausdruck  bey  Schriftstellern  aus 
Einem  Canton  unverkennbar ,  der  sie  von  Schriftstellern  aus  an- 
deren Cantonen  deutlich  (?)  absondert."  ,,Man  vergleiche  die 
Samaritanismen  im  Arnos  und  Iloseas,  z.  B.  Arnos  6,  3  2NPÖ 
Statt  2VTV2.  Ho».  Vif  ß  "JNDNÖN,  in  dem  männlichen  Suflixurn 
der  zweyten  Person,  d::s  der  samaritanische  Pentatcuch  oft  *jn 
schreibt."  Wie  wenig  die  erste  Behauptung  aus  solchen  Bev- 
spielen  hervorgehe,  bedarf  keiner  Erinnerung;  und  wo  sind 
beweisende«?  Uebrigens  bildete  sich  das  Saniaiitanische  und 
dessen  Einfluf»  auf  den  Pentatcuch  viel  zu  ipäl  ,  um  hier  An- 
wendung zu  leiden.  — -  Spuren  eines  inoabitischen  Dialekts 
wollte  Pereser  im  Buch  P«uth  linden;  am  weitesten  aber  gebt 
Jiiestlin™  (No.  61),  der  eine  Menge  anomaler  Flexionen  dial«  k- 
tisch  seyn  htfst,  z.B.  die  Kcmininalendung  R-r-  pliilistaisch  und 
idumaisch,  vgl»  tY»nH,  T\*\l%  nS,»M .;  ]Z  für  p  nach  d.  Dialekt 
v.   Inda   u.  s.  w.       Vgl.  Simonis  Unomast.   CT.    S.  40. 

CO)  So  re.let  Kathtigall  (So.  61)  von  einer  ost-  und  nordjorda- 
niieheu  Mundart,  welche  sich  vornehmlich  durch  den  Idiotie 


5.15.   Dui'ehte  in  der  hebräischen  Sprache  selbst.  55 

£.  Die  vorkommenden  Spuren  sind:  Rieht.  12,  6,  wor- 
nach  die  Ephraimiten  sich  durch  eine  habituell  gewordene 
Aussprache  des  ty  als  ty  auszeichnen  (wie  etwa  die  Xieder- 
sachsen  Stuhl  und  Swein  f.  das  obersächsische  Schtuhl, 
Schwein  aussprechen);  Nehem.  1J,  23.  24,  wo  der  eifrig  pa- 
triotische Landpfleger  zürnt,  dafs  sich  statt  des  ächtjüdi- 
schen ein  asdoditischer  Dialekt  in  Jerusalem  eingeschlichen 
habe;  nach  einigen  endlich  Facht,  iß,  3>  wo  es  heilst,  dafs 
die  Daniten  die  Stimme  (Slp)  eines  levitischen  Jünglings  er- 
kannt hätten.  .Allein  Ausdruck  und  Zusammenhang  machen 
es  wahrscheinlich ,  dafs  keineswege6  von  einem  Dialekt 
(?.*>.<a)  67_),  sondern  der  individuellen  Stimme  des  sonst 
schon  bekannten  Jünglings  die  Rede  sey. 

Da  die  als  philisiaisch  vorkommenden  Orts-  Personen-  und 
Götteraamen  ganz  hebräisch  gestaltet  sind  (z.B.  rtfi*,  313?  Sl?3, 
^^ö^3K),  so  mag  sich  dns  Dialektische  liier  auch  vornehmlich 
auf  die  Aussprache  bezogen  haben.  Ein  eigcntliüinliches  Wort 
scheint  z.  ß.  |12  Fürst.  Syrisch  ist  der  Name  eines  Idols  von 
Gaza  Mocgvxs  (Steph.  Byz.  s.  v.  VxZ,*)  d.  i.  *^'3  *iö  dominus  /iOhii- 
num,  allein  di-^cs  kann  auch  aus  späterer  Zeit  seyn.  S.  Bocharti 
Geogr.  s.  lib.  I.   c.  XV.  p.  60.  68) 

3.  Dafs  neben  der  Schriftsprache  in  der  ganzen  zwey- 
ten  Periode  eine  davon  verschiedene,  aber  verwandte,  Vul- 
gärsprache herrschte,  ist  oben  ($.  10.  15,  l)  gezeigt  worden. 
Indefs  mag  schon  früher  die  Sprache  des  gemeinen  Debens 
in  einzelnen  Formen  abgewichen  seyn ,  und  es  findet  sich 


mus  -VJ  =:  *V- N  bezeichne,  und  wohin  er  die  meisten  Eigen- 
tümlichkeiten des  zw eyten  Zeitalters  rechnet.  Auf  diese  Wei- 
se vindizirt  er  Koheleth,  das  Hohelied,  einen  Theil  des  Jona 
dem  ersten  Zeitalter;    aber  ohne  irgend  befriedigenden  Beweis. 

67)   S.  Drusius  zu  d.  St.  u.  A. 

63)  Dafs  sich  Petrus  (nach  Matth.  26,  73)  durch  die  Sprache 
verräth,  geht  auf  die  unreine  Aussprache  der  Galiläer,  gehört 
aber  nicht  hierher,  da  von  der  svrisch-chaldäischen  Landesspra- 
che die  Rede  ist.  —  Von  einer  vermuthlich  verschiedenen 
Aussprache  des  Althebräischen  bey  den  palästinensischen  und 
alexandrinischeu  Juden,    s.  unte.n  die  Geschichte  der  Schrift. 


56     Ahschn.  I.   Gesch.  d.  hehr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

manches,  was  minder  aus  dem  Einflufs  des  Syrischen,  als 
solchen  Incorrectheiten  des  gemeinen  Lebens  zu  erklären 
ist,  welche  denn  auch  wohl  in  die  Büchersprache  ein- 
schlichen. 

Dahin  gehören  wahrscheinlich  die  vielfachen  Incorrectheiten 
und  Nachlässigkeiten  eines  Ezechiel  (§.  n,  3);  der  zuweilen  nach- 
lässige Gebrauch  des  Genus,  besonders  bevm  Pronomen,  z.  B.  PN 
als  fi'Iasc,  t3PH  als  Fem.  (so  gebraucht  der  gemeine  Araber 
£_jXj|  auch  als  Masc.)69");  das  Verwechseln  und  Verschmelzen 
verwandter  Formen,  wie  DTil3ty1n  f.  DTOtüin  Zach.  10,  67°), 
die  Conj.  Nithpael,  der  häufige  Gebrauch  des  überflüssigen  Dat. 
commedi  *»b ,  l£p  (vgl.  die  Umgangssprache  des  Terenz  und  das 
Horazische  :   quid  mihi  Celsus   agis?),    vielleicht   die  abgekürzten 

*  c y c *  c  ^ yo  , 

Formen,  wie  JNIjD  (vgl.  im  Arabischen  ^L»,£),   »mig.  •  .  aX/JL)) 

u.  s.w.71).  Manches  dahin  gehörige  scheint  im  Rabbinischen 
aufoewahrt  zu  seyn,  2.  B.  -VJ ,  SttJ,  die  Conjugation  JSitlipa'al 
u.  5.  w. 

<5.    16. 

Verhältnifs   der  hebräischen  Sprache  zu  den  verwandten  Dialekten. 

Für  die  einem  jeden,  welcher  über  die  Anfangsgründe 
hinausgehn  will,  unerläfsliche  Benutzung  der  verwandtenDia- 
lekte  (Q.  4>  3)  ist  es  sehr  wichtig,  sich  einen  richtigen  Be- 
griff von  der  Art  des  Verhältnisses  zwischen  denselben  zu 
machen.  Es  ist  dieses  zwar  mehr  Sache  der  Hermeneutik, 
in  deren  Gränzen  wir  hier  nicht  eingreifen  wollen,  indessen 
wird  hier  eine  doppelte  Bemerkung  nicht  am  unrechten  Orte 
stehen. 

1.  Die  hebräische  Sprache  steht  in  aller  Rüchsicht 
(;iuch  geographisch)  in  der  Mitte  zwischen  dem  reichen  ara- 
bischen und  dem  ungleich  ärmern  aramäischen  Sprachstam- 
me. Dieses  zeigt  sich  in  der  Orthographie,  der  Vocalset- 
zung,   und  dem  gröfsern  oder  geringeren  Ileichthum  an  gram- 


6p)  S.   mein  hehr.  Wörterb.  u.  d.  W.  nrN. 

70)   S.  meint  hehr.  Grammatik,   ft.  <>u,   2    über  Jörn  ae  mixtas, 

71;    ll'eikherlins   hebt.  Lesebuch.    £>.    ' 


$.  i6.    Verhällnifs  ders.  zu  den  verwandten  Dialekten.       57 

matischen  Formen  und  Sprachvorrath.  Der  Araber  hat 
schon  im  Alphabet  6  Buchstaben  mehr,  indem  er  gewisse 
.Nuancen  in  der  Aussprache  des  *i  (t),  n,  E,  i.',  s,  n  durch 
die  Schrift  bezeichnet,  der  Syrer  hat  noch  das  ty  weniger, 
als  der  Hebräer,  indem  er  dafür  immer  o  schreibt;  der  Ara- 
ber ist  reicher  an  Vocalen  als  der  Hebräer,   der  Syrer  ärmer, 

vgl.  VX3,  'rtfrpi  ^hO'-<  im  Arabischen  ist  der  Reichthum  an 
grammatischen  Formen  viel  gröfser ,  es  hat  i  o  regelmäfsige 
Conjugationen  mit  ihren  Passiven,  aufser  den  seltenern,  ei- 
nen Dual  imVerbo,  eine  bestimmtere  Trennung  der\erba  ^3 
und  19,  ">h  und  iS  u.  s.  w.  Der  Syrer  hat  noch  die  Conj. 
JVip/ial  weniger,  keine  Veränderungen  des  Futur i ,  und  im 
unregelmäfsijjen  Verbo  fliefsen  die  Verba  nS  und  PiH,  11*  und 
*•»,  "'s  beyder  Classen,  die  im  Hebräischen  noch  geschieden 
waren,  in  einander. 

Oft  hat  ferner  das  Hebräische  eigenthümliche  Bildun- 
gen der  beyden  übrigen  Stämme  vereinigt.  Der  Araber  bil- 
det alle  Passiva  durch  dunklere  Vocale,  der  Syrer  durch 
Vorsetzung  der  Sylbe  on,  der  Hebräer  bildet  Pyal  und  Ho- 
phal  auf  die  erste,  das  Reflex,  Hithpael  auf  die  andere 
Weise. 

2.  Das  Hebräische  trägt  den  Charakter  einer  altern  Spra- 
che ,  als  das  Arabische  und  Syrische  in  ihrer  gegenwärtigen 
Gestalt.  Daher  ist  im  Hebräischen  die  Etymologie  öfters  noch 
sichtbar,  wo  sie  in  den  andern  Dialekten  verwischt  ist,  und 
man  kann  darin  mehrere  Bildungen  und  Bedeutungen  entstehn 
sehn ,  welche  in  dem  gegenwärtigen  Syrischen  und  Arabi- 
schen schon  feststehn.  So  ist  im  Hebräischen  die  Entste- 
hung der  Personen  des  Praei.  aus  angehängten  Pronomm.  deut- 
lich, in  beyden  übrigen  Dialekten  viel  verwischter  und  kaum 
noch  erkennbar;  nc  was?  wird  in  Wendungen  gebraucht, 
wo  es  eine  Negation  umschreibt  (Hiob  iö,  6.  gl,  i.  Sprüchw. 
20,  24),  dann  geradezu  negativ  (Dan.  1,  10),  so  im  Syri- 
schen und  Arabischen ;    der  Hebräer  sagt  löWJ  n«  iWti  sei- 


58     Abschn.  I.   Gesch.  d.  hehr.  Spr.  bis  zu  ihrem  aussterben. 
nen  Verstand  verstellen,  sich  wahnsinnig  stellen,   der  Syrer 

7 

kürzt  die  Phrase  ah:  }i*  wahnsinnig  seyn;  im  Hebr.  ist 
nVn  irren,  abgeirrt  seyn,  besonders  in  religiöser  Hinsiclit, 
daher  r\Vp  Götzendienst  treiben,  \^,  Vxls  ketzerisch 
seyn.  Es  wird  hiermit  nicht  geleugnet,  dafs  die  Bildung 
der  arabischen  Sprache  an  die  der  hebräischen  oder  selbst 
höber  hinaufreichen  könne,  auch  finden  sich  umgekehrt  im 
Arabischen  Grundbedeutungen  zu  hebräischen  Wörtern 
(z.  B.  j-V-C  das  Wasser  trüben,  hebr.  betrüben;  vHä» 
verfehlen,  hebr.  sündigen),  indessen  ist  das  Aufsuchen  der 
Grundbedeutungen  im  Arabischen  von  der  holländischen 
Schule  sehr  übertrieben  worden ,  und  mufs  man  hier  vor- 
sichtig seyn ,  um  nicht  etymologische  Combinationen  für 
Thatsache  zu  nehmen. 

3.  Am  meisten  Ausbeute  für  den  Sprachforscher  mag 
allerdings  verhältnifsmäfsig  das  Arabische  gehen,  wegen  sei- 
nes Reichthums,  und  der  Reichhaltigheit  der  Quellen,  für 
die  Kenntnifs  der  Sprache;  indessen  ist  nicht  zu  verkennen, 
dais  das  Aramäische  dem  Hebräischen  oft  näher  liegt,  wie 
sich  durch  Geschichte  und  Geographie  eine  engere  Berüh- 
rung der  Hebräer  mit  den  aramäisch-,  als  mit  arabisch-  re- 
denden Völkern  beurkundet. 

Interessant  ist  öfter  tlie  r,eobaclitun:i  der  Modificationen ,  wo- 
mit aramäische  Wörter  in  das  Hebr.üsclie  aufgenommen  worden 
sind.  So  bezieht  der  Hebräer  alle  Wörter«  die  der  Syrer  auf 
Gottesdienst  bezieht,  auf  Götzendienst,  weil  der  Gottesdienst  der 
Syrer  ihm  als  Abgötterey  und  falsche  Religion  erschien.  Z.  1>. 
D^IES    svr.  Priester,    hebr.  Götzenptiester ;    *J3D    niederfallen,   im 

Hebr.  vor  Götzen;  DOp  syr.  /O^ß  weissen,  hebr.  wahrsagen, 
von  falschen  Propheten  ;  fj"  SVI-  beten,  hebr.  zaubern;  U-'^T. 
DtJlp  Geweihter,  Geweihte,  behr.  imhlcr,  in.  Daher  in  der 
lYschito  r^EIN  BTtMcfa  f.  htydu 


5.17.  Aufnahme  voti  Glossen  aus  fremden  Sprachen.       59 

<5-    17. 

Aufnahme  von  Glossen  aus  fremden,   nicht  semitischen  Sprachen. 
/ 

Da  die  Israeliten,  während  die  hebräische  Sprache  leb- 
te, mit  mehrern  auswärtigen  Nationen,  in  deren  Ländern 
sie  «um  Theil  lebten,  in  eno;er  Verbindung  standen,  so  konn- 
te es  kaum  fehlen,  dafs  nicht  einzelne  Wörter  aus  den  sonst 
nicht  verwandten  Sprachen  derselben  in  das  Hebräische  auf- 
genommen wurden ,  und ,  zuweilen  mit  leichter  Umgestal- 
tung ,    Bürgerrecht  darin  erhielten. 

1.  Vornehmlich  während  des  Aufenthalts  in  Aegypten 
mag  man  wohl  eine  kleine  Anzahl  von  ägyptischen  Wör- 
tern aufgenommen  haben,  namentlich  Bezeichnungen  dort 
einheimischer  Gegenstände.  Zur  Erklärung  derselben  dient 
uns  die  heutige  koptische  Sprache,  eine  Tochter  der  alt- 
ägyptischen, aber  jetzt  ebenfalls  schon  ausgestorben,  und 
nur  noch  als  Kirchensprache  üblich72  ).  Mit  den  semitischen 
Sprachen  steht  sie  durchaus  in  keiner  Verwandtschaft73). 

Bcyspiele:  VM*  ägypt.  <*X'  Nilgras;  1H*|  ägypt.  hxqo,  ttqo  Flufs, 
Nil;  die  Npmm.  propr.  z.B.  ntt"lQ  kopt.  (J>au<?9  Kunig,  vielleicht 
.  einige  Monatsnamen,  z.  B.  näfi  kopt.  ruß/.  Man  hat  auch  die 
Namen  der  Edelsteine  für  ägyptisch  ausgeben  wollen,  aber  ohne 
es  nachweisen  zu  können.  Auch  hat  man  zufällige  Uebereinstim- 
mung  für  Verwandtschaft  genommen ,  z.  B.  "OiN  kopt.  «vox.  ich, 
D^  kopt.  iw/a  Meer;    D^SIP  und  D^3*1UJ  Serapis  u.  A. 

Mehrere  solcher  Wörter  gaben  denn  auch  mit  leichter  Verän- 


72)  S.  Ouatremere  recherches  sur  la  languc  et  les  antiquith  de  VEgyp- 
te.  lftoQ.  4.  Adelungs  Mithridates.  Th.  5.  Ign.  Rossii  (eines  ge- 
lehrten italienischen  Mönchs)  Etyrnologiue  aegyptiacae.   Romae 

i8<>8-  4« 

75)  Man  hat  diese  Behauptung  häufig  dem  Ilierontmus  zuge- 
schrieben, welcher  (im  Comment.  zu  Jes.  19,  ig,  lib.  Vif, 
cap.  19)  die  canaanitische  Sprache  in  die  Mirte  zwischen  die 
ägyptische  und  hebräische  stellt.  Allein  Michaelis  (Orient. 
Bibl.  Th.  5.  S.  50  ff.)  hat  genügend  gezeigt,  dafs  man  die  Stel- 
le nur  aus  ihrem  Zusammenhange  gerissen  und  mifsveistandeu 
habe.  Deutlich  unterscheidet  diese  Sprachen  schon  7rigenes 
(contra  Celsum  III.  p.  115  al.  451)« 


60     Abschn.  I.  Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

derung  im  Hebräischen  eine  Etymologie,  so  dafs  man  ihren  wah- 
ren Ursprung  nachmals  übersah.  Z.  ß.  OH  kopt.  XHMI  Aegvp- 
ten,  wobey  der  Hebräer  wohl  an  Südland  dachte;  MOD3  Nil- 
pferd (wahrscheinlich  p-ehe-  mout  der  Wasserochs);  ?p3N  d.i. 
Ape-rcih   bücket  das  Haupt. 

Schon  die  Rabbinen  geben  manches  Wort  für  ägyptisch  aus, 
aber  blofs  nach  vagen,  meistens  falschen  Vcrmuthungen  ,  z.  B. 
*inb  s.  Aben  Esra  zu  1  Mos.  39,  20;  ]JD  was  i  Ilascuni  zu  2  Mos» 
16»  15;  n1Süit3  nach  den  Talmudisten,  s.Kinichi  Lex.  u.  d.W. 
5JT1SS  nach  Aben  Esra  zu  Exod.  g,  1  im  Aegypt.  das  Krokodil. 
Auch  bey  HTt'O  »oll  nach  Josephus ,  r/ülo  und  einigen  Kirchen- 
vätern eine  ägyptische  Etymologie  zum  Grunde  liegen. 

Von  neuem  SchTiftauslegem  haben  sich  Bochart  und  Pfeiffer 
(Dubia  Vcy.nta) ,  vorzüglich  aber  P.  E.  .Jubionski  durch  Anwcn- 
düng  des  Koptischen  auf  die  Erklärung  solcher  Ausdrücke  ausge- 
zeichnet. Minder  gefällig  sind  die  Erklärungen  von  J.  R.  Ernster 
(Mantissae  aegypt.  ad  Uhr  um  dp  bytSO  antiquorum  ;  epist.  ad  J.  D. 
JVlichaeletn)  ,  vgl.  auch  J<J/ahi,s  Magazin  für  alte,  besonders  nior- 
genländische  mül  biblische  Literatur.    Th.  1 — 5. 

Die  beste  Zusammenstellung  und  Erläuterung  aller  wirklichen 
und  vermeintlichen  ägyptischen  Glossen  gibt  P.  E.  Jablonski  in 
seinen  Opusc.  ed.  te  Waler.  T.  I,  aus  dessen  Papieren  schon  S<. holz 
(Repert.  für  bibl.  und  morgenländische  Literatur.  Th.  15.  S.  1  — 
51)   seine  Erläuterungen  entlehnt  hatte. 

2.  Tri  eine  weit  spätere  Periode,  die  der  persischen 
Herrschaft,  fallt  die  Aufnahme  der  persischen  Wörter.  Es 
sind  besonders  solche,  die  sich  auf  von  dorther  entlehnte 
Gegenstände,  auf  persische  Nationalämtef ,  Würden  u.  dgl. 
beziehen.  Der  im  eigentlichen  Persien  damals  herrschende 
Dialekt  heifst  Parsi ;  aus  ihm  sind  auch  die  im  Hebräischen 
und  in  den  gleichzeitigen  griechischen  und  römischen  Schrift- 
stellern erhaltenen  Wörter  entlehnt;  indessen  stimmen  auch 
die  älteren  Dialekte  Zcnd  und  PchL-i  häufig  bey,  und  in 
den  meisten  Fällen  mufs  die  nicht  allzuveränderte  neupersi- 
sche Sprache  den  Mangel  älterer  Quellen  ersetzen. 

Ueber   die  Sprache   des   titCH   Perstans:    Anquetil  du  Perron   im 

Zend-Avesta,   deutsch  von  Kicuker.    Th.  2.   S.  21/  ff.,    vorzüglich 

die  Wörterbücher  von  Zend  und  Pehlvi  Th.  3.  S.  13-  EL,    vgl. 

Kleuktrt  Anhang  zu  Zcnd-Avc.ua,  B.  1.  Th.  2.     Ein  rolUtlndige- 

nd-  und  Pehlyiwöiteibuch  soll  OuseUy  mitgebracht  haben. 


(J.  17.   Aufnahme  von  Glossen  ans  fremden  Sprachen.       61 

Um  die  Erklärung  dieser  Wörter  haben  sich  in  neuern 

o 

Zeiten  Bochart,  JJ.  Pfeiffer,  de  Dien,  Hottinger,  Rehoid74), 
in  den  neuesten  Jahn  und  Lorsbach15}  verdient  gemacht. 
Noch  immer  aber  ist  Mehreres  dunkel,  und  bleibt  der 
Wunsch,  dafs  ein  der  persischen  Sprache  vorzüglich  kundi- 
ger Gelehrter  diese  Glossen  nochmals  seiner  Untersuchung 
unterwerfe. 

Man  findet   die  Appellativa   zusammen    in    Simonis.  Arcanum 
Form.    S.    659,     die    Nom.  propria   in  dessen    Onomast.    V.    T. 

C  s  *  i,c£ 
S.  567.       Beyspiele   sind:    n*mN  Brief,    vgl.   8rA>Oj   etwas  Ge- 

c    •  ^ 

schriebenes;   rn»  ota  Gesetz,  Pelhvi  Dadha,  Zend  Daetie ;  S^ölS 

\[    ,    '       .    wurmroth  d.  i.  karmesin;     D">ErH3,    Parsi  pardo- 

mim  die  Vornehmen,  vgl.  pardom  in  Pehlvi  der  eTSte ;  DJtnS  pers. 
pedam,  peigham  Wort,  Spruch,  Edict;  nn£,  NPlüin  Statthalter, 
11.  s.  w.,  welche  letztere  Worte  noch  nicht  hinlänglich  erklärt  sind. 
Nomina  proprio:  NPtrt'nW^N  Artaxerxcs  d.i.  im  Zend:  Arta 
Schetrao  grofser  König ;  tt/T)2  Sonne;  DIIDD  von  der  Mithra 
gegeben    u.  s.  w. 

Einige  Wörter  hat   zwar   das  Hebräische   mit   dem  Persischen 
gemein,  aber  sie  können  dessen  ungeachtet  semitischen  Ursprungs 

seyn,  z.  B.  M3,  ti»  Schatz,  peis.  (^IA=D,  Pehlvi  gan d).  Strei- 
tig   ist  DH'ia. 

Im  älteren  Hebraismus  sind  persische  Wörter  zweifelhaft,  z.  B. 
pttJEi   eine  Art  Zeug,    arab.   K-£*»*Kü,    iW*^CJ    Arnos   5,    12, 

vielleicht  von  *<_>  Faden,  und  i3,  1  ,  .>  Seide,  vielleicht  aber 
von  piysn    Damascus. 


74)  Bocharti  Phaleg  1 ,  15;  A.  Pfeiffer!  Dubia  vexatu  zu  vielen 
Stellen,  besond.  der  Bücher  Daniel  und  Esther,  überhaupt  in  5. 
Opp.  philol.  L'ltraj.  1674«  4«  de  Dieu  Critica  sacra;  Hottinger 
smegma  Orient,  p.  75  —  ßo ;  lleland  de  vetcri  lingua  pers.  in  Jen 
dissert.  miscell.    Vol.  II.   p.  97. 

75)  Jahns  Einleit.  in  d.is  A.  T.  und  Biblische  Archäologie,  an 
vielen  Stellen.  LorshaiK 's  Archiv  f.  morgenlänciische  Litera- 
tur.  Th,  1,  2,   und  iu  andern  zerstreuten  Abhandlungen. 


6z     Abschn.  1.   Gesch.  d.  hebr.  Spr.  bU  zu  ihrem  Aussterben. 

5i  .Schwieriger  ist  die  Untersuchuno;,  welcher  Spracht 
die  assyrisch- bubyluni >chen  Götter-  und  Personen-,  beson- 
ders Königsnamcn  •'  .\ebo,  Xebueadneza?-}  angehören,  die 
schon  in  den  Schriften  vor  dem  Exil,  und  aufserdem  bey 
den  Profanschriflstellem  vorkommen76).  Fast  einstimmig 
erkennt  man  darin  Ueberbleibsel  der  eigentlich  assyrischen 
Sprache,  und  es  fragt  sich  nur,  welchem  asiatischen  Sprach- 
stamm diese  angehöre. 

Mehrere  ältere  Sprachforscher,  denen  Adelung,  Heeren, 
Eichhorn7"' ')  wiederum  gefolgt  sind,  halten  sie  für  einen 
semitischen  Dialekt,  welcher  sich  an  das  Ostaramäische  der 
Bahylonier  angeschlossen  habe.  Man  stützt  sich  hev  die- 
ser Behauptung  auf  Jes.  56,  11,  wo  der  Assyrer  Rabsake 
aufgefordert  wird,  aramäisch  zu  reden;  auf  die  Benennung: 
assyrische  Schrift  für:  chaldäische  Quadratschrift;  endlich 
auf  die  öftere  Verwechselung  von  Syrien  und  Assyrien  bey 
den  Klassikern,  und  hat  in  Folge  dieser  Annahme  jene  Na- 
men ans  den  semitischen  Dialekten  erklärt78).  Allein 
schon  das  völlig  Fremdartige  dieser  Namen,  und  jene  mifs- 
lungenen  Erklärungsversuche  können  hinreichen,  diese  An- 
nahme zu  verwerfen,  um  so  mehr,  da  sich  den  übrigen 
Gründen  leicht  begegnen  läfst.  Dafs  nämlich  Rabsake  auf- 
gefordert wird,  aramäisch  zu  reden,  beweist  nicht,  dafs  die- 
ses seine  Muttersprache  war;  denn  auch  der  persische  Hof 
bediente  sich  dieses  Dialekts  als  Vehikel  der  Mittheilung  an 
die  Provinzen  diesseit  des  Euphrat  (Esra  j,  7).  Die  Benen- 
nung:  assyrische  Schrift  beweist  nur  für  eine  wahrscheinli- 


76)  Man  findet  sie  zusammen  im  Kanon  des  Ptolemäati  v^l. 
Semler  in  den  Erläuterungsschriften  zur  allgemeinen  Weltlii- 
storie.    T.  III.    S.  105  ff. 

77)  Löscher  de  causis  ling.  hebr.  S.  41-  Simonis  Onomast.  V.  T. 
p.  567.  Adelungs  Mitlnidai.  Tu.  1.  S.  330.  Heeren  Com- 
meut.  (s.  §.  4,  j)  §.  15.  L'uhhorns  Gc»clucht«  der  neuern 
Spraclienkuiule.    Th.  1.  S.  4l7» 

78)  S.  Löscher,  Simonis,   Adelung  a.  a.  O. 


§.  17.  Aufnahme  pon  Glossen  ans  fremden  Sprachen.       63 

che  Identität  der  Schriftzüge.  Die  unkritische  Verwechse- 
lung jener  in  den  motgenländischen  Sprachen  gar  nicht  ähn- 
lichen Namen  im  Griechischen  und  Lateinischen  (Syria,  As~ 
syria)  kann  aber  gar  nicht  in  Betracht  kommen. 

Noch  unglücklicher  und  verwerflicher  ist  ein  anderer 
auf  /.  D.  Michaelis  Veranlassung  von  /.  R.  Forster  gemachte 
Versuch,  diese  Namen  aus  den  slavischen  Dialekten  zu  er- 
läutern79). Ei  geht  von  der  ganz  grundlosen  Meinung  aus, 
dafs  die  D*nii>S  der  Bibel  die  nordischen  Chaldäer  des  Xeno- 
phon  und  Sirabo  seyn ,  wobey  der  Zusammenhang  zwischen 
der  assyrischen  und  babylonischen  Dynastie  ganz  übersehn 
ist80). 

Als  höchst  wahrscheinlich  kann  dagegen  angenommen 
werden,  dafs  diese  Namen  und  überhaupt  die  assyrische 
Sprache  dem  medisch- persischen  Stamme  angehören81). 
Aeufserst  ansprechend  und  gefällig  sind  wenigstens  die  Deu- 
tungen, welche  Lorsbach82'')  nur  aus  der  abgeleiteten  Quel- 
le der  neupersischen  Sprache  zu  geben  wufste,  und  aus  der 
Geschichte  und  Erdbeschreibung,  in  welcher  Assyrien  und 
Medien  stets  eng  verbunden  sind,  wird  man  schwerlich  ge- 
gründete Einwendungen  hernehmen  können. 

Götternamen  sind:   iü,   *>3*T2),  "H^llö   (}2)Of^0  homunculus ?\ 

Die  Königsnaruen  sind  mit  diesen  meistens  zusammengesetzt,  als: 

ISiOnms:]     (  /-*m J  I  vAl^  *A J    Nepu   deorum   prineeps) ,      \Z1ui^5 
-         -       ■■     ;J  ^  1...-        . 

(^vama^.*.-*..)  Nebo's  "Verehrer),  Nebusaradan,  Nabortassar,  Na- 
bopolussar  U.  S.  w. ;  IMerodacli  Jialadan,  Evilmerodach ,  Mardo- 
cempadus ;     *l2fV»    wahrscli.    r»*J  \sQ    Schatzmeister.       Für    d 


J 


79)   Michaelis   Spicileg.  Geogr.  Hebt;  exterae.   T.  II.  S.  102. 
ßo)   Gegen  Michaelis  und  Sehlözer,   s.  Adelungs  Mithridat  a.  a.  O. 

Mein  hebr.  Wörterb.  u.  d.  W.  DPI«».      Vgl.  liosenmiiller  zu 

Habac.  1,  3. 

31)    Jablonskii  Opusc.  ed.  te  Wflter,    T.  III.   S.  12Q. 
82)  a.  a.  Q.   (not,  72)  Th.  2.  S.  247. 


ÖA     Ah  sehn.  I.   Gesch.  d.  hehr.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

persischen  Charakter  dieser  Namen  zeugt  sehr  evident  die-  Art  der 
Zusammensetzung,  nach  welcher  der  Genitiv  den  eisten  Theil  de» 
Comvositi  ausmacht,    wie  z.B.  in  Nebuschasban,   Melzar. 

A.  Da  nach  den  Siegen  Alexanders  d.  Gr.  ein  so  bedeu- 
tender Verkehr  zwischen  Griechenland  und  Vorderasien  ein- 
trat so  ist  hiebt  zu  verwundern,  dafs  bald  auch  einzelne 
griechische  Wörter  in  die  dortigen  Landessprachen  aufge- 
nommen wurden.  Ohne  Widerspruch  ist  dieses  in  den 
chaldäischen  Abschnitten  des  Daniel  geschehen,  und  es  er- 
scheint hiernach  als  sehr  möglich,  dafs  dasselbe  in  den 
gleichzeitigen  hebräischen  Schriften  der  Fall  sey.  Wirklich 
haben  auch  mehrere  Ausleger  theils  griechische  Glossen, 
theils  Gräcisinen  oder  aus  dem  Griechischen  entlehnte  Wen- 
dungen und  Bedeutungen  darin  entdecken  wollen.  Allein 
beydes  hält  keine  genauere  Prüfung  aus. 

Für  griechische  Wörter  im  jüngeren  Hebraismus  halten  viele 
Erklärer  die  schon  oben  für  persisch  erklarten:  D^on*V2  =t£ot<- 
uoi  ,  -rot(>ccTi[j.oi ,  und  DiinS  (pStyixot  Wort,  Sache.  Allein  man 
hat  mit  Recht  erinnert,  dafs  beyde  Wörter  im  Griechischen  selbst 
nicht  in  den  Bedeutungen  gewöhnlich  sind,  welche  im  hebräi- 
schen Sprachgebrauche  Statt  finden83). 

Gräcismen  in  nicht  geringer  Zahl,  analog  denen  der  Peschito  im 
N.  T. ,  wollte  Zirkel  (Untersuchungen  über  den  Prediger.  Würz- 
bur<*  1792-  S.  46 — 56)  im  Kohelet  nachweisen,  und  aus  dersel- 
ben Quelle  nimmt  Bertholdt  einige  Erläuterungen  zum  Daniel, 
z.  B.  11»  20.  Den  ersteren  haben  Eichhorn  (Riblioth.  der  bibl. 
Literatur.  B.  4.  S.  904  ff.)  und  J.E.Chr.  Schmidt  (Salomo's  Pre- 
diger. i7Q4«  S«  283  "*•)  im  Allgemeinen  genügend  widerlegt, 
und  auch  bey  dem  letztern  ist  diese  Annahme,  genauer  erwogen, 
nicht  zulässig.  Er  übersetzt  die  Worte  :  niD^W  Ylfl  tolJ  "Patf» 
der  einen  Beytreiber  der  Reichsabgaben  aussenden  wird,  so  dals 
•^-,-1  —^  tx/üi>)  Tribut,   Abgabe  wäre,    und  von  ir'13  regiert  wurde. 


ß3)  Drusius  zu  Esth.  1,  3,  Simonis  (im  Lex.),  Eichhorns  EinUit. 
§.614,  2.  Dagegen  Jahns  Einleit.  in  das  A.  T.  Th.  2.  S.  <>27, 
mein  Wb.  11.  d.  W.  Am  mindesten  zulässig  ist,  was  Bertholdt 
zu  Dan.  1,  3  behauptet,  dafs  Pardumim  in  l'^rsi  erst  von  dem 
griechischen  irgoTtfJioi  entlehnt  sey. 


g.  17.  Aufnahme  von  Glossen  aus  fremden  Sprachen.       6j 

Allein  uniJ  bedarf  keines  Nomrnis  recti,  wohl  aber  "TOI?» ,  wel- 
ches die  älteren  Ausleger  richtig  mit  10  l^fl  verbanden.  D.iher: 
i?er  £i'«<?ra  [Tribut-")  Beytreiher  die  Krone  des  Reiches  durchzieht 
läfst,  wo  'ü  "n.1  =  0  V.  «6  ist.  Vgl  Zach.  9,3.  So  wol- 
len es  auch  die  Aecente.  Dafs  in  demselben  Verse  O^SNa  ohne 
Beyhülfe  des  griechischen  ofyjj  klar  sey,  'sieht  man  von  selbst. 

Mit  rnelirerem  Grunde  hat  man  zwey  schon  im  ältesten 
Hebraismus  vorkommenden  Wörtern  einen  griechischen  Ur- 

sprung  zugeschrieben:  "PS1?,  syr.  |j-j.£iL^_i  Äa^^af,  und 
B^Vä,  WlVa  chald.  Xnp;.V»ä,  *aXX«#,  n«X"kt;i,  nxWecxis ,  pel- 
tex*  Beyde  sollen  früh  von  den  Griechen  zu  den  Phöniziera 
übergegangen  seyn84).  Allein  '^^S  scheint  wirklich  viel- 
mehr aus  dem  polygamistischen  Morgenlande  zit  den  Grie- 
chen gekommen  zu  seyn  (wogegen  die  von  Michaelis  benutz- 
te Nachricht  des  Herod.  1.  ö-  l2-  wenig  Gewicht  hat), 
auch  sind  die  etymologischen  Gründe  nicht  ganz  über- 
Eeujiend. 

tyuSs  hat  zwar  keine  einleuchtende  Etymologie;  allein  diefs 
ist  bey  vielen  Quadrilüterii  der  Fall.  Das  griechische  *äl\\et%, 
Tr<xkk^~  hat  sie  dagegen  eben  sowenig,  und  pellex  ist  nicht  apeU 
licendo ,  sondern  unmittelbar  aus  dem  Griechischen.  Bey  VS1? 
hat  der  griechische  Ursprung  mehr  für  sich,  doch  ist  im  Arabi 
sehen  vA+J  splenduit. 

ö-    10. 

Uebereinstimmung  des  Hebräischen  mit   den   abendländischen 
Sprachen. 

Schon  oben  (§.  6,  2)  ist  bemerkt  worden ,  wie  die  alte* 
ren  Sprachforscher  einen  Hauptgrund  für  die  Ursprün^lich- 
keit  der  hebräischen  Sprache  aus  dem  Urnstande  hernahmen, 
dafs  sich  Spuren  davon  in  den  meisten  bekannten  Sprachen, 
namentlich  den  abendländischen,  erhalten  halten.  Vieles 
davon  beruht  auf  sehr  gezwungenen  und  schiefen  Combina- 
tionen.      Was   davon    wahr    oder    sehr   wahrscheinlich    ist, 

84)    Michaelis  Supplem.  ad  Lex.  hehr.  U.  d.  W.W,,    dessen  Ei» 
leit.  in  das  A.  T.  S.  166. 

E 


66     Abschn.  I.   Gesch.  d.  hehr.  Spr,  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

nebst  dem  Grunde   der  Uebereinstimmung  wird  man  unter 
folgenden  Rubriken  übersehn. 

a 

i.  Aus  dem  Hebräischen  oder  Phönizischen  sind  in  das 
Griechische,  und  aus  diesem  in  mehrere  oder  wenigere 
abendlandische  Sprachen  übergegangen : 

a.  Eine  bedeutende  Anzahl  von  Pflanzen-  oder  Gewürz- 
namen  und  ähnlichen  Produkten,  welche  mit  der  bezeichne- 
ten Sache  von  den  Morgenländern  zu  den  Griechen  kamen, 
al»  :  DiSriN  »y  «.Wovor,  21TN  v^o-u^cw,  nSi2  ßdtXktov.  v?3  ySvs-aw, 
(nSsn  *«/«5>7?),  D^an  I/Sevcs-,  niaSn  ^«Xß«^,  J1ß3  xvuwv, 
isb  xvxgos,  b913  carbasus,  nibS  yjruv  (leinener)  Rock,  Un- 
terkleid, miS  "KtßotvoTti,  rot,  C'S  \v$ov,  113  vagjor,  )»  Manna, 
IC  pvccu,  iro  i-arfof,  nitrum  (wiewohl  die  verwandte  Form 
X/7pov  auch  eine  griechische  Etymologie  gibt),  n3£  canna, 
r\V*Xp  casia,  l"i»3p.  xnyufttufiov  (vgl.  ausdrücklich  Herod.  3, 
m),    JttfattJ  o-ovaov. 

b.  Die-Buchstabennamen,  s.  unten. 

c.  Die  Namen  einiger  musikalischen  Instrumente  und 
Edelsteine,  als:  b22  vußXu,  nablium ,  ii32  xiyvpx  (*}hf  tv,«.**- 
>ov?),    nEVL)'',    na\L^  Jaspis,    V50  trurHptipet ,  liötü  r/«j><f  (?). 

c/.  Einige  andere  sind:  S»3  xupi{kos}  13  xk^ji,  cadus,  fi5 
x«vav  (Opfei buchen) ,  ^nb^  xXwßor,  xXovßos  Käfich,  OC  $ 
(Kornwurm),  S31C  vugxßx^oc^  Saraballa ,  Oberhose;  li--,- 
Kftjußwv  (Handgeld),  wahrscheinlich  ein  Ilandelsausdruck 
der  Phönizier,  *]1p  xnxos  Affe,  13  Weideplatz,  Weideland, 
eben  so  x«f,  x«j>a,  xapvoi  bey  den  Jonicrn,  pc.*  rotxxof  (grobes, 
härnes  Zeug,  dah.  Sack,  Durchschlag),  tSc^aX^,  maltha 
Mörtel;    r\3jz  j)inna  Mauerspit/.e   u.  s.  w. 

e.  Nur  die  "iiechischredenden  Juden  haben  auch  die 
Bezeichnungen  Cur  Maafs  und  Gewicht  uufgenommeu,  z.  B. 
ff<x>.6f,    xofof,  r«™»,    auch  /S«^>k  =  nV3  Burg. 

Andere  Wörter  lind  ml    im    Mittelalter   und    aus   d«m   .Arabi- 
schen  in   die  abend  Kindischen   Sprachen   gekommen,    z.B.    ;:rv 


§.  1 8-   Uebereinstimm.  de«  Hehr,  mit  den  abendl.  Sprach.     6"J 

c  *&£ 

arab.    y.AXj*»^  arm,    daher   mesquino,    mesquin;       /\  XAl^i^ 
/'./J2.S   cotton,   Kattun  (vgl.  ytr-^v"). 

2.  Folgende  Beyspiele  von  Uebereinstimmung  tbeils 
mit  mehrern,  theils  mit  einzelnen  abendländischen  Sprachen 
gehören  entweder  zu  den  wenigen  noch  übrigen  Spuren  ei- 
nes dereinstigen  näheren  Zusammenhanges  zwischen  jetzt 
völlig  getrennten  Sprachstämmen,  oder  sind  in  einzelnen 
Fällen  Spiele  des  Zufalls  : 

YV*t  ^jf^  Erde;  \>*,  o/vo?,  n'nam,  Wein;  *ie*3,  3?B  (auch 
im  Syr.  und  Arab.),   fxiayto,   misceo,   mischen,    pers.    /".  AAdbl..C| 

amichten,    pöbln«    mieszam;      rp*i    riechen;     yv\l)   kz ,  sex,   sechs; 

5  c/. 
V3ü;  Septem,  sieben;     lity    p  *$  rave-o;  ;    *iö  umarus   u.  s.  w. 

3.  Wenn  die  Identität  dieser  Glossen,  besonders  der 
unter  No.  i,  nicht  zu  bezweifeln  ist,  so  ist  man  dagegen 
viel  zu  weit  gegangen,  wenn  man  aus  ähnlichen  Wendun- 
gen und  Phrasen  in  der  griechischen  Dichtersprache  und 
der  hebräischen  auf  einen  wirklichen  Zusammenhang  zvvi- 
sehen  denselben  hat  schliefsen  wollen.  Alle  Sprachen,  die 
auf  einer  ähnlichen  Stufe  der  Kultur  stehn,  pflegen  in  ein- 
zelnen Puncten  sich  zu  ähneln. 

Jo.  A.  Ernesti  de  vestigiis  Ungnae  hebraicae  in  lingua  graeca 
(Opusc.  philologica  et  critica.  p.  17g)  sagt  sogar:  „Neque  vald« 
repu»naverim ,  si  quis  Homerum  doctissimum  horninem,  et  aliot,  da 
tnore  illorum  temporum,  pcre°rinatos  per  Asiam,  ineidisse  in  libros 
Hebraicos,  et  inde  hausisse ,  putet."  Aehnlich  Hezel  in:  Grie- 
chenlands älteste  Geschichte  und  Sprache.    Weifsenfeis  1795    3» 

Die  Aehnlichkeiten  des  Griechischen  und  Hebräischen  in  Rück- 
sicht auf  Spiachgebranch  und  Stiuctur  zeigen:  P.  M.  (Jgerii  Zi« 
hellus  de  graecae  et  latinae  Unguae  cum  hebraica  aßinitate.  Venet. 
17^3-  8«  (Bo gani)  Homerus  cbraizatis.  Ox.f"rd.  i6$Q.  Lake- 
mac her  observatt.  philol.  P.  III.  p.  500.  Bauer  Hermeneuti.a 
sacra  V.T.  S.  »38«  Rink  de  linguarum  Orientalium  cum  graeca- 
mira  convenientia,     Regiomonti,     4. 

E  a 


6Q     Abschn.  1.   Gesch.  d.  hebt.  Spr.  bis  zu  ihrem  Aussterben. 

Bej-spiele  von  griechischen  Ausdrücken ,  die  Ilebraismen  ähn- 
lich sehn,  findet  mau  (nur  für  einen  andern  Zweck)  auch  in  P/o- 
cheiiii  Diatr.  de  linguae  graecae  N.  T.  -puritate,  z.  B.  yivwexut,  lat. 
cos>wsco,  als  Euphemismus  f.  coeo,  wie  V*n  ;  wi«{  'Ajja/cuv,  5ycr>ju)v 
-rai&t?  f.  Achäer,  Unglückliche  überhaupt,  wie  im  Hebr.  Söhne 
der  Reichen,  Armen  f.  Reiche,  Arme;  rt^nfxt  setzen  f.  zu  etwas 
machen ,  wie  OWt   rPUJ ',    iöwv   *;6wy  ich  habe  gar  wohl  gesehn 

U.   8.   W. 


69 


Zweyter  Abschnitt, 

Geschichte  der  hebr.  Sprache  als  einer  ausgestorbenen, 

oder 

Geschichte  der  hebräischen  Sprachkunde. 
Erste    Periode. 

Traditionelle  Sprachkunde  bis  zum  Anfang  der  gramma- 
tischen Bearbeitung. 

ö-      19- 
Uebersicht. 

J_Jie  hebräische  Sprachkunde  dieser  Periode  hat  den  eigen- 
thümlichen  Charakter,  dafs  sie  ohne  grammatisches  System 
und  lexicographische  Sammlungen,  lediglich  durch  Tradi- 
tion der  gelehrtern  Juden  fortgepflanzt  wurde.  Von  diesen 
lernterj  auch  die  wenigen  Christen,  welche  einige  Kenntnifs 
von  dem  Urtext  des  A.  T.  nahmen.  Aus  Mangel  an  gram- 
matischer Bearbeitung  der  Sprache  fehlt  es  den  Uebersetzern 
und  Auslegern  dieser  Periode  vorzüglich  an  grammatischer 
Gründlichkeit  und  Kritik,  aber  besonders  die  altem  und  die 
Palästinenser  erhalten  ein  bedeutendes  Gegengewicht  durch 
den  geringen  Zeitraum,  der  zwischen  ihnen  und  dem  Aus- 
sterben der  Sprache  verflossen  war,  mithin  durch  das  Un- 
mittelbare und  Reinere  ihrer  Tradition1).  Die  letzten  Jahr- 
hunderte dieser  Periode,  das  Qte  und  (pte ,  sind  die  dunkel- 
sten, in  welchen  eigentliches  Sprachstudium  des  A.  T.  nicht 
allein  ganz  ruhete,  sondern  auch  gewifs  bedeutende  Rück- 
schritte that. 


l)    Clerici   diss.  de  Hng.  hehr.  No.  VII.      Michaelis  Orient.  Biblioth. 
Tu.  5-    S-  22  2. 


7<i     Abschn.  IL   Gesch.  d.  hebr.  Sprachhunde.   Per.  I.  Tradit. 

ß.     20. 
Palästinensische   und  babylonische  Juden. 

l.  Beyde  weiden  am  füglichsten  mit  einander  verbun- 
den,    weil    sie    bey    geringer   Verschiedenheit    die    gröfste 
Aehnlichkeit  an    Charakter   und   Gelehrsamkeit    offenbaren. 
Wiewohl  sie  geistlos  und  ängstlich  an  den  Buchstaben  und 
ihren  Ueberliefcrungen  klebten,    deren   viele  auch  philolo- 
gisch-exegetischer  Art  waren,    und  wiewohl  sie   bald   das 
Studium   gesetzlicher  Ueberlieferungen  zum   Nachtheil   fies 
Bibelstudiums    mit    unverhältnifsmä'fsigem  Fleifse    und    be- 
schränkter Einseitigkeit  betrieben,  so  haben  doch  ihre  Schu- 
len leicht  auf  die  gewissenhafte  Erhaltung  und  das  richtige 
Verständnifs   der   althebräischen  Urkunden    am   woLlthätig- 
sten  eingewirkt z).      Besonders  förderlich  waren  ihnen  bey 
dem   Studium    derselben  ihre    verwandten  Landessprachen, 
zuerst  das  Syrochaldäische,   dann  nach  den  Eroberungen  der 
Chalifen  das  Arabische.      Ein  mehr  oder  minder  mit  Chaldais- 
men  gemischtes  Hebräisch  ist  ihre  Gelehrtensprache ,     nir- 
gends mehr  Sprache  des  Lebens  3). 

Jene  jüdischen  Schulen  oder  Akademieen  (nltrilE  *P3, 
J33*l  •'»na,  nla^ttrO  blühten  schon  kurz  vor  und  zu  Christi  Zeit 
in  Jerusalem,  wo  sich  die  des  Hillcl,  welcher  von  Tlabylo- 
nien  herübergewandert  war,  und  des  Schammai  wechselsei- 
tig den  Rang  streitig  machten  *).  Nach  der  Zerstörung  der 
Hauptstadt  bildeten  sie  sich  von  Neuem  in  Jabne  (Jainuia), 


2)  Ueber  ihre  abweichenden  Gewohnheiten  s.  II ot  tinger  thes. 
-plülül.    pag.  21.      Salinas.   de  lingua  hellenistica.    p<lg«  -30. 

5)  Theodoret :  ra  aß^arixa  ira/bi«  o\j  tv|  'Eßja/uwv  tvnv  IUMIV  ti^if 
MiX?>'/jtsl,a  ^P0UV5J »  <*XXa  tvj  sxsiViuv  ,  irxq  QU  i'ysvv>)5>j!TAv  •  um 
fAttq&Kta  ytvofxEva,  5ibaev.6T«<  rwv  y£aft/4ftTwv  rouj  j^apaxT^pn;* 
/jiavB'iwii  hs  lux  rtjv  yQOtfAfiaTnv  t>jv  Dtiav  •ypavp-.jv  rv;  sß^at&t  ■y*- 
yoa/x[AlVi)v    iQwvy. 

4)  Geigßt  Commrnt.  de  Hillel  et  Schammni ,  in  Ugolini  tlirs.  anti- 
quit.  heb).   XXI*   No.  16.       Il'olf  Ihblivth.  hebr.    11.   S.  0*4. 


Spracht;.    $.20.  Palästinensische  und  babylonische  Juden.    71 

Ziphoria,  Lydda,  Cäsarea,  vornehmlich  aher  zu  Tiberias  f ). 
Die  Mitglieder  der  letzteren  Schule  waren  in  dem  Rufe  der 
reinsten  Ueberlieferung,  namentlich  auch  in  Rücksicht  auf 
die  Aussprache6).  Ihre  höchste  Blüthe  dauerte  bis  zum 
Jahr  250  vor  Christi,  wo  die  gröfste  Zierde  derselben, 
R.  Juda  der  Heilige,  starb,  und  zwey  seiner  vornehmsten 
Schüler  Rab  und  Samuel,  denen  der  Ruhm  ihres  Lehrers 
folgte,  nach  Babylonien  übergingen.  Von  nun  an  blühten 
dort  am  Euphrat  die  Academieen  von  Sora,  Pumpeditlia, 
Nahardea.  Neben  ihnen  erhielten  sich  aber  auch  die  palä- 
stinensischen in  verdientem  Rufe;  nicht  ohne  wechselseitige 
Eifersucht.  Von  palästinensischen  Juden  lernte  im  4ten 
Jahrhundert  Hieronymus,  und  Tiberias  wird  noch  in  der  fol- 
genden Periode  erwähnt7).  Indessen  klagte  man  besonders 
das  ßte  und  ote  Jahrhundert  des  vernachlässigten  Sprach- 
und  Bibelstudiums  an,  im  loten  gerieth  auch  Sora  in  Ba- 
bylonien in  allmählich  immer  tiefern  Verfall. 

Die  Verfassung  jener  Schulen  war  den  Zünften  ähn- 
lich, mit  Graden  (D^sn  socii  d.  i.  Schüler  und  jüngere  Rab- 
binen,  D"031,  o^jenn  Lehrer),  zu  welchen  man  mit  gewis- 
sen Feyerlichkeiten  befördert  wurde,  Vorstehern  oderRecto- 
ren  (rfiMthri  ''ttrWI  1  *arf<«f>;c«t) ,  Privilegien  und  Dotationen, 
die  zum  Theil  durch  Beyträge  der  ganzen  Judenschaft  zu- 
sammengebracht wurden  8). 


5)  Buxtorfii  Tiberias.   Cap.  V. 

6)  R.  Jona  bey  Elias  L.evita  de  accent.   Cap.  II. 

7)  Vorzüglich  wichtig  ist  Epiphanius  contra  liaares.  T.  2.  p.  60. 
Zu  Aben  Esra's  Zeit  wird  es  genannt  Schalschtlet  Hakkabala. 
41»    «• 

8)  Ursini  antiquitates  hehraicae  scholastico- academicae.  Heub- 
neri  diss.  de  academiis  Hebraeorum  ;  beyde  in  Ugulini  thes. 
XXI,  No.  12.  13.  Alting  historia  academiarum  judaicarum, 
Opp.  T.V.  S.  240.  PVolf  Bibl.  Kehr,  II,  S.  919  ff.  H ot- 
tin g  er  i  hist.  eccles.  N.  T.  Saec.  1-X.  Verschiedene  Genera- 
tionen:   Gannaei,  Seburaei,   Geonaei, 


72      Abschn.  II.   Gesch.  d.  hehr.  Sprachlunde.   Per.  I.  Tradit. 

Den  gemeinsamen  Bemühungen  dieser  Schriftgelehrten 
verdanken  wir  die  Targums,  den  Talmud,  die  Masora  und 
die  Vocalsetzung  des  Textes, 

Ö.     21. 
T  a  r  g  ii  in  s  ,    Talmud,     M  a  s  0  r  a. 

i.  Als  die  hebräische  Sprache  sich  unter  dem  Volke 
gänzlich  verloren  hatte,  mit  der  Einrichtung  der  Synagogen 
aber  die  Vorlesung  de»  A.  T.  Sitte  geworden  war,  machten 
es  sich  die  Schriftselebrten  zunächst  zum  Geschäft,  der  Vor- 
lesung des  Originals  Uebersetzungen  in  der  Landessprache 
folgen  zu  lassen,  welche  anfänglich  aus  dem  Stegreife  gege- 
ben, nachher  aber  schriftlich  entworfen  wurden9).  Dieses 
der  Ursprung  der  Targums ,  oder  der  sogenannten  chaldäi- 
schen  Paraphrasen,  welche  in  ihrer  fragmentarischen  Gestalt 
gewils  über  Chr.  Geburt  hinaufreichen,  wenn  gleich  die 
Sammlung  und  Redaction  derselben  zum  Theil  viel  später 
angesetzt  werden  mufs.  Aus  ihnen  ersieht  man  die  bey  den 
Palästinensern  und  Babyloniern-  reeipirte  Erklärung  des 
Grundtextes,  welcher  man  in  vieler  Hinsicht  das  Lob  treu 
bewahrter  Tradition  nicht  streitig  machen  kann,  und  vorzüg- 
lich von  ihnen  gehen  auch  die  Rabbinen  des  Mittelalters  bey 
der  Bestimmung  ihrer  Bedeutungen  aus.  Besonders  die  jiin- 
gern  sind  freylich  auch  sehr  reich  an  geschmacklosen  Gril- 
len. Der  Preis  unter  ihnen  gebührt  dem  Onkelos  über  den 
Pentateucli,  der  vielleicht  noch  vor  Chr.  Geb.  gesammelt 
ist;  Jonathan,  ben  Usiel  über  die  Propheten  kann  dagegen 
erst  im  2 teil  bis  "5ten  Jahrhundert,  Pseudojouathan  über  d< n 
Pentateucli  erst  im  tften  bis  oten  seine  gegenwärtige  Gestalt 
erhalten  haben.  Die  letzteren  beyden  und  \\.\i  Tnrgum  von 
Jerusalem  sind  palästinensischen  Ursprungs,  das  Targnin 
des  Onkelos  dagegen  wird  allgemein  für  ein  babylonische« 


oj   VittingA   d  >ja  vetere.    S.  1015.       Batholdt  Eiuloit, 

in  das  A.  und  N.  T.  S.  671. 


Sprach  künde.     <3-  21.    Targums,   Talmud,  Jlfasora.      73 

Product  gehalten.     Die  Uebereinstimmung  der  Receptlon  ist 
jedoch  im  Allgemeinen  sehr  grofs. 

Zu  Christi  Zeit  waren  diese  Targums  in  Palästina  gleich- 
sam als  kirchliche  Uebersetzungen  reeipht.    (Matth.  27,  46). 

Bey  der  persischen  Ueb< rsetzung,  die  etwa  im  Qten  Jahrhun- 
dert zu  Tus  in  Pcrsien  von  Jacob  ben  Joseph  mit  ängstlicher 
Wurtlichkeit  nus  dem  Grundtexte  verfafst  ist,  liegt  vorzüglich 
Onkeios  zum  Grunde,  zum  Beweis«,  dafs  die  persischen  Juden 
sich  der  Abstammung  und  Manier  nach  an  die  palästim  nsischen 
und  babylonischen  ansclilossen.  &  Rosenmüllori  do  version» 
Pentateuchi  persica  Cüinmentutio.   lipsiac   1Q1 5.    4. 

2.  Eine  zweyte  Arbeit,  velcher  sich  diese  Gelehrten 
unterzogen,  bestand  in  der  Sammlung  und  Aufzeichnung  der 
mündlichen  pharisäischen  Sitzungen  in  ein  aus  mehrern 
Theilen  bestehendes  Ganze,  den  Talmud.  Der  ältere  Theil 
desselben,  die  MiscJma,  u-ard  um  das  Jahr  190  oder  220  n. 
Chr.  zu  Tiberias  durch  R.  Juda  den  Heiligen  redigirt  lü). 
Für  unsern  Zweck  ist  dieselbe  vornehmlich  von  Seiten  der 
Sprache  wichtig,  da  viele  ihrer  Fragmente  über  Christi  Ge- 
buit  hi.iaufjiehn,  und  sie  in  einer  noch  ziemlich  rein  hebräi- 
sehen  Sprache  verfafst  ist,  in  welcher  ohne  Zweifel  mehre- 
res  althebräische  Sprachgut  enthalten  ist  (§.  14,  5).  Ihr  Styl 
hat  dabey  etwas  Concises ,  wodurch  ihre  Auslegung  selbst 
dunkel  wird. 

Den  Wortvorrath  derselben  findet  man  (wiewohl  nicht  ganz 
vollständig,  und  nicht  ganz  befriedigend  erläutert)  in  liuxtorfii 
Lex.  cliald.  et  talmudi  um:   bey  weitem  reichhaltigere  und  gelehr- 

*  J  DD 

tere  Erläuterungen  liegen  aber  in  der  trefflichen  Ausgabe  von  Su- 
renhusiuK,  Amstelod.  1605  - 1702.  6  Voll.  Fol.  Bey  Bestimmung 
der  Bedeutung  seltener  Wörter  und  überhaupt  zur  Erläuterung 
des  alten  llebraismus  ir-t  sie  ein  noch  keineswegs  erschöpfte? 
Hülismittel ? *).  Die  neueste  Probe  davon  liefern  J.  Th.  Hart' 
mannt  Supplementa  in  Oeseuii  Lexicon  hehr.  0  JMischna  petita.  Ro« 
stochii  i  U 1 3.    16  S.  4. 


10)  pVotfii  Biblioth.  hebr.   P.  IL   p.  674. 

11)  Vgl.  Faber  zu  Harmars  Beobachtungen.  Th.  2.  S.  17a  u.  öfter. 


74     Abschn.  II.   Gesch.  d.  hebr.  Sprachkunde.   Per.  I.   Tradit. 

Ein<*  der  schätzbarsten,  auch  in  meinem  Wörterbuche  übersehe- 
nen, Bemerkungen  dieser  Schrift,  dafs  das  biblische  ni3U7N  ps.  113, 
7.  1  Sam.  2,  6  nicht  Singular,  sondern  ein  Plural  von  nat^N  sey, 
welches  besonders  T.  IV-  p-  155  der  Mischna  ed.  Surenh.  entschie- 
den für  fimetum  steht,  hat  schon  Faber  (zu  Harmnrs  Beobachtun- 
gen.  Th.  1.   S.  232)  hergebracht,    doch  ohne  sie  zu  benutzen. 

Minder  wichtig  i&t  uns  der  zweyte  spätere  Theil  des 
Talmud,  die  Gemara,  welche  Erläuterungen  und  Ergän- 
zungen der  Mischna  enthilt.  Die  erste  Abtheilun^  dersel- 
ben,  die  Gemara  von  Jeru-.alem,  soll  um  das  Jahr  230  oder 
270  von  Rabbi  Jochanan  zuTerusalem  gesammelt  seyn,  nach 
andern  beynahe  ein  Jahrhundert  später  ,2).  Die  Redaction 
der  zwevten,  der  babylonischen  Gemara,  soll  von  R.  Jose 
(See.  VI.  init.)  herrühren1 3  ).  Die  Sprache  in  beyden  ist  schon 
weit  verderbter,  und  einzelne  Zusätze  scheinen  in  ein  noch 
tieferes  Zeitalter  herabzugehn.  In  andern  jüdischen  Schrif- 
ten, welche  um  jene  Zeit  verfafst  seyn  mögen,  z.  B.  Pirke 
Abot ,  Seder  Olam  u.  s.  w.  ist  der  Styi  bald  mehr  bald  min- 
der rein  und  dem  biblischen  nachgebildet14).  Die  Gemara 
hat  wenigstens  einige  Spuren  von  grammatischer  Bearbei- 
tung der  hebräischen  Sprache1*),  und  den  Anfang  der  kri- 
tischen Bearbeitung  des  Textes,  die  wir  vollständiger  in  der 
Masora  besitzen. 

3.  Auch  diese  ist  das  Werk  der  palästinensischen,  vor- 
nehmlich aber  der  tiberiadischen  Schriftgelehrten.  Wie 
schon  von  den  Talmudisten  geschehen  war,  verglichen  diese 
fortdauernd  Handschriften  der  Bibel,  urtheiltcn  über  Les- 
arten, merkten  seltene  Formen  an,  oder  erlaubten  sich  Con- 
jeeturen  über  schwierige  Worter,  die  mit  ihren  Begriffen 
von  Sprachrichtigkeit  nicht  zu  vereinigen  waren;  anderer 
spielenden  Beschäftigungen  nicht  zu  gedenken. 


12)  Wolf  a.  a.  O.   S.  68  j. 

15)  ebend.   S.  6$6. 

l/f)  Luscher   S.  87- 

»5)  ö.  §.  28,  2. 


Sprachkunde.     Q.  2i.    Targums,    Talmud,  Masora.        75 

Die  vorgezogene  Lesart  wurde,  da  sich  schon  ein  Tex- 
tus  receptus  gebildet  hatte,  zwar  nur  an  den  Rand  gesetzt, 
erhielt  aber  den  Namen  "»"ip  lectum  oder  legendum ,  die  Tex-» 
teslesart  dagegen  3Ti2  .scriptum.  Die  einzelnen  Bemerkun- 
gen dieser  Art  sind  zum  Theil  älter,  als  der  Talmud,  allein 
zu  einem  Ganzen  wurde  sie  eist  im  sechsten  Jahrhunderte 
verbunden.  Auch  hier  aber  galt  die  Sammlung  nicht  für  ge- 
schlossen, und  noch  immer  kamen  neue  Bemerkungen  hin- 
zu. Sie  erhielt  den  Namen  Jfasora  (mira  d.  i.  Ueberliefe- 
rung.  oder  vielleicht  mbo  correctorium),  den  jedoch  die  spa- 
teren Juden  mehrfach  mifsdeuteten.  Die  Verfasser  dersel- 
ben heifsen  Masoreihen  (nvfcn  "»Vtfa). 

Die  sogenannte  grofse  Masora  s.  in  Buxtorfs  rabb.  P.ibel  am 
Rande  und  am  Ende;  die  kleine,  welche  sich  vorzüglich  auf  das 
Kri  und  Chethib  beschrankt,  an  dem  Rande  fast  aller  BibtLus. 
gaben. 

Wichtig  für  die  Sprachgeschichte  ist  vornehmlich  das  Ver- 
fahren  der  IMasorethen  bey  Auswahl  und  Beurtlieilung  der 
Lesarten.       Offenbar    verfuhren    sie    dabey    nach    gewissen 
grammatischen  Prinzipien,    die  sie  sich,   wenn  sie  gleich  nir- 
gends  zusammengestellt  sevn  mochten,    abgezogen  hatten, 
und  hiernach  conformirten  sie  den  Text,   und  suchten  seine 
Unregelmäfsigkeiten  und  vermeintlichen  Fehler  zu   entfer- 
nen.     Sie  legen  dadurch  ein  in  derThat  genaues  Studium  an 
den  Tag,   setzen  aber  alle  Rücksicht  auf  Verschiedenheit  der 
Schriftsteller,    und  manches  Schwankende  in  der  Orthogra- 
phie und  Grammatik  einer  lebenden  Sprache  aus  den  Augen, 
auch  war  ihnen  manche  jetzt  bekanntere  Spracherscheinung 
nicht  klar  geworden. 

Beyspiele  sind:  Wo  die  Wörter  >nn  und  it'J  im  Pentateuch 
als  Fem.  »lehn,  wird  NTl  und  mj>3  daffir  substituirt ;  eben  so 
für  die  Pionomina  1— ,  n\.  TtM  du  f. ,  -C ,  V3M  (Jer.  42,  6)  be- 
ständig die  gewöhnlichen  Formen  V—,   i,  PN,    1,    im;«16); 


16)    Hiller  Arcanum  Kethib  et  Kri.    S.  47«  74*  *  75« 


j6     Abschn.  II.   Gesch.  d.  hebr.  Sprachkunde.   Per.  I.  Tradit. 

wenn  nS  für  \xS  steht,  wird  dieses  hergestellt,  und  umgeKehrt1  7) ; 
ungewöhnliche  Lesemüttcr  werden  getilgt ,  z.B.  D^STn  Ezech. 
s7>  *5>  M"OV«  2  Chron.  g,  16  ;  statt  ungewöhnlicher  Genera  wird 
das  gewöhnliche  gesetzt  2  Sam.  17,  12.  23,  g.  lEün.  19,  4.  IIo- 
hesl.  4,  10  u.  s.w.  Besonders  waren  ihnen  gewisse  syntaktische 
Abweichungen  fremd,  z.  B.  wenn  ein  Land  für  die  Bewohner, 
und  duch  mit  dem  Sing.  Fem.  steht  Jer.  13,  20.  48'  20«  50,  11, 
wenn  der  Plural  distributiv  steht  Prov.  3,  2g.  24,  17.  Kohel.  4, 
g.  Ezech.  y,  5  u.  a.  m.  Ueberall  wird  die  leichtere  gewöhnli- 
chere Form  vorgezogen,  z.B.  D'^'"''  f.  DÄF»*  1  Mos.  24,  55,  N"0» 
f.  "OJD  2i,  11,  auch  Gl ossen  werden  aufgenommen  z.B.  Prov.  20, 
20  nS"»S  IVVX  Zeit  der  Nacht  f.  nVb  li'i^S*  Augapfrl  der  Nacht. 
Als  (Quelle  dieser  erleichternden  und  LOiris.irenJ.en  Lesarten  des 
Kri  müssen  theils  schon  emendirte  Cudd.,  theils  grammatische  Con- 
jeeturen  angesehn  werden.  Auf  jeden  Fall  hielt  man  das  Che- 
thib  für  felilerhafr,  mochte  man  den  Fehler  (wie  Abarhanel  will) 
auf  die  Schriftsteller  selbst,  oder  auf  die  Abschreiber  schieben18). 
Die  Kii's  anderer  Art  gehören  nicht  hieher. 

4.  Eine  Anzahl  von  Bemerkungen  der  Masora  beziehen 
sich  auf  die  Punctation ,  und  zwar  auf  die  volle  Yocalset« 
zung  der  heutigen  Ausgaben.  Gehören  diese  auch  gleich 
zu  den  jüngsten  Beyträgen  zu  dieser  Sammlung,  so  ist  doch 
auch  anders  woher  klar,  dafs  diese  gegen  das  sechste  Jahr- 
hundert Ichhaft  betrieben,  und  im  gten  oder  c;ten  schon  auf 
die  heutige  "Weise  fixirt  gewesen  seyn  müsse.  (S.  unten  Gesch. 
der  Schrift). 

ö-     22. 
Hellenisten,   vorzüglich  Alexandriner. 

1.  Bey  weitem  unvollkommner  erscheint  die  Sprach- 
kunde der  griechischredenden  Juden,  von  welchen  die  ägyp- 
tischen und  alexandrinisohen  einen  vorzüglichen  Theil  aus- 
machten I9).     Das  wichtigste  Document  darüber  liegt  uns 


17";   Ebend.  S.  61. 

ig)  lue  verschiedenen  Vor«ielliingen  über  das  Kri  und  Chetlüb 
s.  in  11  ol  f  Bibl,  hebr.   11 .  C''")-    Carpxov  Critica  smera  S.  3  1  ~>. 

ig)   Ueber  die  dortigen  Schulen   s.  die  N-  .1    üi   11  ot- 

tin g,  thes.  philo!.  S,  28.  Vgl.  RcmatuTs  Geschichte  der  Aus- 
breitung des  Judcnlhums.   $.  10.  11. 


Sprachk.     (J.  22.  Hellenistan,  vorzüglich  Alexandriner.     JJ 

in  der  alexandrinischenUebersetzung  vor,  welche  von  meh- 
rein  Uebersetzern  herrührend,  unter  PtolemäusLagi  mindern 
Pentateuch  begonnen,  aber  erst  bedeutend  spater  vollendet 
und  zu  einem  Ganzen  geordnet  wurde.  Dafs  bey  ihrer  Ab- 
fassung palästinensiscbe  Juden  zuRathe  gezogen  worden20), 
oJer  dafs  man  gar  chaldaische  Targums  dabey  benutzt 
habe21),  ist  schon  deswegen  ganz  unwahrscheinlich,  weil 
sie  wenig  Spuren  von  der  kritischen  und  exegetischen  Ge- 
nauigkeit der  Palästinenser  enthält,  und  in  ihren  Worter- 
klärungen sehr  wesentlich  von  der  Reception  derselben  ab- 
weicht. Da  die  alexandrinischen  Uebersetzer  jedoch  dem 
Leben  der  hebräischen  Sprache,  wenigstens  als  Schriftspra- 
che, noch  gar  nicht  fern  waren,  so  mufste  bey  ihnen  viel  Rich- 
tiges und  Wahres  aufbewahrt  sevn,  nur  wird  ihr  Mangel 
an  grammatischem  Sinn,  an  Vorarbeiten  aller  Art  u.  dgl.  oft 
nur  zu  sichtbar. 

Eine  sehr  brauchbare  Uebersicht  der  Bedeutungen,  welche  die 
Alexandriner  den  hebräischen  Wörtern  an  den  verschiedenen  Or- 
ten geben,  s.  in  Trommii  Concore!,  paecis  LXX.  intpp.  T.  II. 
und  in  dem  Lexico  hebraeo  ad  Origenis  Hexapla  ed.  IMontfau- 
con.  T.  II.  p.  401  ff-  J^iß  abweichenden  Deutungen  der  an 
Sprachkenutnifs  sehr  verschiedenen  UebexsetzeT  der  einzelnen  Bü- 
cher S.  in  Hody  de  bibliorum  Textibus  criginalibus  p.  204  ff. 
Die  Vergleichung  der  erstem  Lexica  lehrt,  dafs  sie  öfter  seltene  Wür- 
ter  nach  censtanter  und  fichtiger  Tradition  deuten,  (s.  unter  Aleph, 
h^t*.  1K)N  ,  ritt}"««?*«,  nätTN),  dao,e°cn  bey  bekanntern  häufi» 
schwanken,  (z.B.  V2N ,  JÜÖ^N).  Schwierige  YYürter  bleiben 
öfters  ganz  unübersetzt,  z.  B.  b^N  (als  architektonischer  Aus- 
druck)   CClX. 

2.    Eine  bedeutende  Anzahl    von  Wörtern    übersetzen 
die  Alexandriner  so,     dafs  sie  eine   wenigstens   jetzt  nicht 


20)  S.  Bertholdt  Einleit.  in  das  A.  und  N.T.  S.  526.  Dagegen 
Houy  de  bibl.  textibus  origin.    S.  1Q0.       II  olf  a.  a.  O.    II,  441, 

2i)  Diese  Vermuthune;  haben  einige  Piabbinen  (s.  Schalschelet 
Hakkabala.  Fol.  24,  6),  unter  den  Neuern  rjaiuikuche  (in 
Eichhorns  Bibl.    Th.  8.   S.  427). 


78     Ahschn.I],   Gesch.  d.hebr.S/.rachkunde.  Per.  I.  Tradit. 

mehr  als  hebräisch  vorkommende  Bedeutung,  die  sich  aber 
in  den  verwandten  Dialekten  findet,  ausdrucken.  Es  sind 
hier  zwey  Fälle  denkbar,  die  aber  auch  nebeneinander  be- 
stehn  können.  Entweder  waren  den  alexandrinischen  Ju- 
den diese  Bedeutungen  anderswoher  als  hebräisch  bekannt, 
oder  sie  besaisen  einige  Kenntnils  der  Dialekte,  was  beson- 
deis  in  Betreff  des  Aramäischen  sehr  nahe  liegt.  Sehr  häu- 
fig sind  solche  Bedeutungen  am  unrechten  Orte  angebracht, 
welches  aber  um  so  beweisender  ist22). 

Beyspiele  aramiiischer  Bedeutungen  sind  :  Ps.  60,  10  :  "<2Sn*i  *i*iD 
Afß*)?  t>)$  sXti&o?  ijlov  (vgl.  yn*l  hoiTen)  ;  Jes.  53,  10:  IJOT  KaSa- 
qiaou  avro'j  (vgl.  NDT=:nDJ  rein  seyn);    Jes.  4,  2:   P!OX  ,"Pn  tx<- 

Xa^a  (vgl.  l^^C*  Glanz,  Abglanz);  1  Mos.  1,  6  ff.  X^pl  en- 
qtw//.a,  mehr  nacli  dem  aram.  Vp_"l  compressit,  als  dem  hebr.  Vp*1 
expansit. 

Beyspiele  arabischer  Bedeutungen  :    Ilobesl.  4,  1  "jna^S  IVSö 

tvtroj  t>jj  ff>)u)7n)ff£w;  cov  (vgl.  .jo  taub  seyn,  schweigen);  Je«. 
7,  6  n3aCp3  f;uXXaX>)ffavTS5  avroi;  (vgl.  /vaAaJ  erzählen)  ;  Arnos 
0,  13  D*23>>  I^T  Tf^Kaffsi  ij  aratpvXi}  die  Traube  habt  sich  (vgl, 
^5pO   reiten,   s.  Faber  zu  Harmars  Beobachtungen   Th.  1.  S.  92); 

1I3&  ygixfjifxaTivi    (nach     -i2.w-     scripsit )      richtiger:     Vorsteher 

kl/ 
.a.m/    vorstehn);     1  Mos.   23,  16   12»  tjj^ 

inoS    «fytfiov    ooy.tfxov   zp-wogots    (vgl.    /•££    examinavit   nummos, 

allerdings  passend!);     2  Kön.  11,  6'.    Ps.  90,  10  u.  s.  w. 

3.  Die  bey  weitem  schwächste  Seite  ihrer  Sprachkennt- 
nifs  zeigt  sich  in  Hinsicht  auf  Etymologie,  Grammatik  und 
Orthographie,  wovon  sie  ebensowenig  genaue  Kenntnils 
besitzen,  als  sie  auch  nur  Sinn  dafür  offenbaren. 


22)  Ho  1 1  in  n er  1  (lies,  phllol.  S.  566.  Olear  ius  de  JAy/ß  N. 
T.  ed.  Schwarz  (Coburg  17Ä»)  S.  503  ff.  IWichailit  Beurthei- 
lung  der  Mittel,  die  hebr.  Sprache  KU  lernen.  S.  1  »9  ff.  1  26  ff. 
*3}JU-   32i«      *«  £>  lubi'r  detcriptio  commentmrü  in  JLXX  iiu 

idfs.    Uiss.  1.  II.    Gott.  t"H',i.      (J  11  a  l>   diiiutieattO   aniii/ua' 
tum  liuseue  vtruü.iuin.    V.  I.  II.    Tubingac  i^i£, 


Spracht.     (J.  22.  Hellenisten,  vorzüglich  Alexandriner.     79 

Daher  vielfältige  Verwechselungen  verwandter  Verba,  z.  B. 
NV  und  HN1  Malach.  1,  13  23),  überhaupt  ähnlicher  Wörter, 
z.  B.  "inSN^öD  sv  tvj  ß(x<Ti\i«x  txvrov  (im^So^)  1  Chron.  4,  23; 
MW«  «?X*10?  (ifl"»«)  Jcs.  23,  17  ;  ntt?>t  ™p  Ps.  58,  9  (vgl.  jedoch 
Jer.  6,  2y  im  Cbethib);  "ll,»ni.*T<  Eiro<//avcv  a*  ("pn^S?*l,  wo  zugleich 
eine  Verwechselung  des  "1  und  *i  Statt  hat);  ähnlicher  Buchsta- 
ben z.  B.  Wii  fft/xßoiXsuffa?  (Vyi^)  Jes-  53»  19'  <"12£VN  svicr^ttrut 
(wie  von  VJi  =  17J>)  Ps.  52,  ß;  D^nSÜ  /wayt/^o«  (DTOü)  Klagel. 
2,  20;  -pn  j».oA.tcj  «utwv  (cpiri)  Hos.  y,  1  ;  t3tt?p  to?ov  (nwp) 
Ps.  60,  6;  2a\ü  und  BDtt;  1  Chron.  17,  6.  £8>  *•  2  San».  7,  7. 
Micha  4»  *4>  insbesondere  der  qiiiescirenden  Buchstaben,  z.  B. 
PI^ÖN  «Dfijffc/xsv  (NJfEN  oder  N2££3)  Zacli.  1  2,  5 ;  der  Gutturalen, 
als  T2nS  s<<  SouAs/av  (n^V1?)  Estli.  7,  4;  nNI  ßoffnt  (njn)  1  Kon. 
12,  16;    nnJJ  <ru   2  Sani,  ig,  15   u.  s.w. 

Ganz  falsch  haben  Cappell  us  (Crit.  sacra  ed.  Vogel- Schar- 
fenberg  lib.  IV.  cap.  4  sc{-)  u«  A.  diese  xind  ähnliche  Fälle  auf 
Rechnung  von  Varianten  gebracht.  Richtiger  Grabe  diss.  de 
LXX  interpretibus  cap.   1,    Carpzoo  Crit.  sacra   S.  516. 

4.  Der  geschickte  Hermeneutiker  wird  aus  solchen  Be- 
obachtungen leicht  ersehen,  von  welcher  Seite  vorzüglich 
Gewinn  von  dieser  Uehersetzung  zu  hoffen,  von  welcher  sie 
mit  Mistrauen  und  besonderer  Vorsicht  zu  gehrauchen  sey. 

Eine  sehr  richtige  Miuelstrafse  zwischen  den  Ueberschätzungen 
dieser  Version  durch  ls.  I  ofs ,  und  eine  ungerechte  Zurückset- 
zung derselben  durch  Andere  treffen  R.  Simon  (Jiist.  crit.  du  V.  T. 
S.  237  ff.)  und  Cltricus  de  lingua  hebraea  no.  7,  vorzüglich 
letzterer. 

Von  der  eigenthümlichen  Aussprache  der  Vocale,  die 
bey  den  Nomm.  propriis  der  LXX  zum  Grunde  liegt, 
s.  unten. 

5.  Von  den  griechischen  Uebersetzern  Aquila,  Symma~ 
ehus ,  Thevdolion,  welche  See.  2  n.  Chr.  blühten,  und  nur 
in  Fragmenten  enthalten  sind ,   verräth  der  erstere  am  mei- 


23_)  D;diin  gehört  auch,  dafs  sie  D^lö  1  Mos.  22,  6  und  n*Tlö 
lS,  ü  durch  -Jif>j/te?  fibersetzen.  Sie  leiten  es  von  nx*)  oder 
n*T»=nN"!  ab,  und  geben  ihm  den  Sinn  ueit^esehn,  welchen 
Aqu.  etymologischer  durch  noTa(f)«v>jj  ausdrückt. 


&o      Absclin.  II.   Gesch.  d.  hebr.  Sprachhunde.  Per.  I.   Tracht. 

sten  etymologische  Sprachkenntnifs ,  die  er  auch  in  seiner 
Uehersetzung  ausdrückt.  Seine  ängstlich  wörtliche  Manier 
gehört  weniger  hieher. 

S.  die  Lexica  von  Tromm  und  Moni faucon ,  welche  auf  diese 
Fragmente  zugleich  Rücksicht  nehmen,  vg\.  Dathe  de  Aqui- 
lae  reliquiis  iuterpretationis  Hoseae,  in  dessen  Opusculis  ed.  Rosen^ 
midier,  no.  1.  §.7.  g.  Auch  er  ist  indessen  nicht  fiey  von  gro- 
ben Verwechselungen  ähnlicher  Wörter,  z.B.  Hos.  5,  1  iü^M 
irakocia  (vjynyi),  welches  Dathe  a.  a.  O.  S.  51  fälschlich  für  ein© 
Variante  halt. 

5.      23. 
J  o  s  e  p  h  u  s     und     Philo. 

Nach  der  Verbreitung  dieser  griechischen  Versionen 
wurde  da»  Studium  des  Originaltextes  bey  den  griechischen 
Juden  immer  seltener,  und  verlor  sich  bey  dem  \  olkc  ganz- 
lich. Las  man  auch  in  einigen  Synagogen,  wie  zu  Alexan- 
drien ,  neben  den  LXX  den  hebräischen  Text  vor24\  so 
verstand  ihn  doch  das  Volk  so  wenig,  als  das  chiistl  che 
jetzt  die  lateinische  Messe.  Selbst  von  der  Mrschria  scheint 
eine  griechische  Uehersetzung  (ksurtfutTtf)  exSstirt  eü  ha- 
ben25). Wie  unvollkommen  die  hebräische  Sprachkunde 
selbst  der  gelehrtesten  unter  den  griechischredcndcn  Juden 
beschallen  war,  zeigt  Joscphus,  und  noch  mehr  Philo. 

1.  Der  erste,  ein  gelehrter  Pharisäer  von  pri.  stei  liebem 
Geschlechte  aus  Jerusalem,  lebte  in  dem  Zeiträume,  in  wel- 
chem in  seinem  Vaterlande  nächst  der.  aramäischen  Landes- 
sprache auch  die  griechische  bedeutenden  Eingang  gewon- 
nen hatte20),  und  neben  den  ai.iin  lischeu  TargUttM  auch 
der  Gebrauch  der  LXX   gewöhnlich  geworden  war27   .     Er 


a,^)    Simon    hist.  crit.   liv.  2,    cliap.  lj.       Ci-rpzovii    Crit.  sa» 

cra   S.  522. 
ß/})   Juttinian.  Novell.   i.'|6.    Vgl«   l  ÖSchef   S.  (jr). 
S.t>)    Vgl.  Paulus  an  oben   (3.    i<  )  Ulgef.  Oite. 
47)    Eine   gewisse  Herabsetzung    derselben    brv  den  Jaden  gehört 

ju  eine  spalcic  Zeit  der  1'oleiuik  »wichen  ihnen  und  den  Chii* 


Sprachhinde.     Q.  23-   Joseplius  und  Philo.  Qi 

legt  die  letztere  daher  bey  seiner  Archäologie  verhältnifsmä- 
fsig  am  meisten  zum  Grunde,  wiewohl  er  daneben  allerdings 
auch  den  hebräischen  Text  befragt,  und  nach  der  bey  ihm 
üblichen  philologisch-exegetischen  Tradition  wiedersieht28  ). 
Aufser  seiner  aramäischen  Muttersprache  wird  man  ihm  auch 
einige  althebräische  5prachkenntnifs  nicht  streitig  machen 
können29),  indessen  fehlt  es  ihm ,  wie  den  Alexandrinern, 
vornehmlich  an  etymologischer  Kenntnifs,  an  Genauigkeit 
und  Gründlichkeit,  vorzüglich  grammatischer  Art.  Auch 
sein  patriotisch  -  apologetischer  Hauptzweck  mochte  eine  ge- 
wisse Oberflächlichkeit  in  dem  alterthümlichen  Theile  sei- 
ner Werke  hervorbringen. 

Die  erwähnte  schwache  Seite  seiner  philologischen  Kenntnifs 
zei^t  sich  namentlich  in  den  ziemlich  zahlreichen  Deutungen  he- 
bräischer Nomina  propria,  auch  anderer  gleichsam  technischen 
Wörter  in  der  Archäologie  (vgh  Hieron.  Opp.  ed.  Martian.  T.  II. 
S.  170  ff. 

Da  findet  man 
ä)  mehrere  nur  nach  dem  Griechischen  ohne  Kenntnifs  derhebr. 
Orthographie  ersonnene  Etymologieen  ,   z.  B.    I,  5   'AßgA.  (San), 
*£v5o?  (nach  b^N,  oder  SäK) ;   I,  »9.  §-8  ^ovßtjkog  (hebr.  fiäÜn. 

aber  LXX.  Pouß*jÄ,   syr.    VSOi) ,    hi"  ort  x«-'  iktaw  ivrvj  tsu  äiovi 


sten.  Breitingeri  Trolegg*  zu  den  LXX.  T.  II.  no.  5.  Wolf 
bibl.  hehr.  T.  IL  S.  441. 
23)  Die  Beweise  für  beydes  s.  in  Spittler  de  usu  versionis  alexan* 
drinae  apudJosephum.  Gott.  ljjg.  4.  Schar fenberg  de  Josephi 
et  versionis  alexandrinae  consensu.  Lips.  1 7$o.  Vgl.  Ernesti 
Opusc.  philol.  crit.  ed.  II.  JLugd.  Batavorum  1776.  S.  365  ff. 
Michaelis  or.  Bibl.  Th.  5.  S.  221  ff.  Th.  7.  S.  iQq.  Benutzung 
gewisser  (verloren  gegangenen)  Targums  vermuthen  aufserdem 
Pfannkuche  a.  a.  O.   und  Bertholdt  (Einleit.  in  das  A.  und  N.  T. 

§•  219> 
£p)  Dieses  thaten  z.  B.  Salmasius,  Capellus  (crit.  defens.")  „in  lin- 
quu  hebraica  plane  inJans  fuit*  si  modo  quid  onfpino  hebraieb 
seivisse  dicendus  est."  Dagegen  11  ol\;  Bibl.  hebr.  T.  I.  S.  547. 
Jiody  a.  n.  O*.  S.  222.  Michaelis  a.  a.  ü.  und  Vorrede  zu  dorn 
Spicileg.  Geogr.  Hebr,  externe.   S.  X. 


82     Absc/in.  IL   Gesch.  d.  hebr.  Sprachhunde.  Per.  I.  Tradlt. 

ytvcito,    wobev   er  wahrscheinlich  an  hi*5  i"!N1    (angesebn  von 
Gott)   dachte30); 

b)  and<  re  wenigstens  sehr  ungenaue,  auch  wohl  auf  Mifsver- 
Btändjnisse  beruhende ,  z.  B  I,  i  §.  4:  Aiy kaS  (d.  i.  nbjn,  chal« 
däischer  Nan.e  des  Tigerstroms),  ro  /^sr«  ertvsTjjrof  o^v  (eine 
Etymologie,  die  zum  '1  heil  auf  das  hebräische  Sp^tn,  gar  nicht 
auf  jenen  Namen  pafst);  I,  iß:  c>)f  if«{  (l'^c)  r^r/vi^x  ^ncii« 
ti^tr:  behaaret);  T,  t  q :  Htviecpiv,  hia  ryv  pevvqv,  eine  Ver« 
Wechselung  mit  •OlM-p  Sohn  des  Schmerzes  (i  Mos.  55,  »8)» 
V,  2.  §.  2  i  5  w  v  i,  xusiec  (st.  mein  Herr);  Ilf,  |o:  T>;  Tsvrsiie« 
(rr'fl,  >jv  Eßf  aic/  äcraf Sa  (NrnifXJ)  HSfAevfli,  <r /) /u  a  i  v  t  /  (.')  ö£  mr$ 
*f>rs  zoctijv; 

c)  wahrscheinlich  ganz  falsch«  und  aus  dem  Zusammenhang« 
geratheiie,  als  III,  12.  §.  5  iwßykcc  (S3i\  Jubeljahr)  ikivStfi*; 
V,  g.  §.  4  c«yuy  wvj  loyup«?;  V,  1.  §.  n  -yaX-yaX  O'c?^)" 
eXiuSjpioc  (vielleicht  nach  einer  Verwechselung  mit  SfO,  wie  die 
I.XX  Rieht.  i,ii  n^3  durch  kvroMd;  ausdrückt,  sonst  n^Nfl) ; 
^aßouAwn,  ^va^u^ftffjttevD$ ,  oppignorätus  (Verwechselung  mit 
pb2n?).       Vgl.   Carj'zovii  Crit.  Sacra   S.  9>i. 

Michaelis  (Orient,  Biblioth.  Th.  5.  S.  221)  meint  zwar,  dafs 
Josephüs,  wie  die  LXX,  als  dem  Alissterben  der  hebräischen 
Spruche  näher,  Bedeutung«)  gekannt  habe,  die  zwar  nicht  bib- 
lisch, aber  doch  alt  und  richtig,  und  umch  die  Auetoritat  d  i" 
verwandten  Dialekte  bestätigt  wären;  allein  durch  das  einzige 
von  ihm  angeführte  Beyspiel  (s.  Note  3;),  ist  dieses  nicht  wanr- 
scheinlich  zu  machen.  Man  hat  auch  den  Josephüs  zur  Unter- 
stützung gewisser  neuen  Erklärungen  aus  den  Dialekten  ange- 
führt, die  er  offenbar  nicht  kennt.  So  z.  F>.  Ffil  atr'ö  1  Mosi 
6.  1  1  77  eiileland ,  vgl.  Archäol.  2,  7.  §.6.  (Jahrfs  Arclu.l. 
Th.  1.  B.  1.  S.  103)  Aber  enthält  denn  so  diese  Stelle  eine  Erklä- 
rung von    o  ? 

Nichtbiblische  Wöi  ter,  die  er  als  hebräisch  anführt,  und  die  es 
ohne  Zweifel  auch  waren,  sind  z.B.  die  Monatsnamen  mpp£ov«lU| 
5=  pumo  (I,  4)'tind  ffaßß«,  viell.  ißßa*=2H,  DSM  (IV,  4)  vgl. 
Bemurä  und  Spanheim  eu  d.  St.  Aus  seiner  aramäischen  Landes- 
sprache   ist    es   aber   genommen,     wenn    es    III,   7.    $.    3    heilst: 

X  *  S  0  v  tc  A«vov  yfxtie  v.akcv/jtt*,    was  vomgjiischen  ^JlA3,   nicht 
m>  genau  von  njr>2  ^ilt. 


50J    Bernard  zu  d.  St.  veimnthet,  dafs  Josephüs  sich  Sm  3^m  = 
hu  oim  gedacht  habe.    MuhaUu  (Orient,  ßibl.  Th.  y.  c.  itft\ 

*  .c  * 
denkt  au  \t\  rp^i  f    vgl.  das  arab.  O*  r  sich  erbarmen. 


Sprachluncle.     Q.  23,  Josephus  und  Philo.  83 

2.  Tief  unter  Josephus  steht  in  dieser  Hinsicht  sein  ge- 
lehrter Zeitgenosse ,  der  denkende  Religionsphilosoph  Philo 
von  Alexandrien.  IMan  hat  noch  keine  Stelle  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  angeführt,  wo  er  aufser  den  Siebenzig 
auch  den  hebräischen  Text  benutzt  hat31).  Aus  den  Deu- 
tungen aber,  welche  er  den  hebräischen  Nominibus  pro- 
priis  theils  hier  und  da  in  seinen  Werken32),  theils  in  ei- 
nem eigenen  zum  Theil  verloren  gegangenen  Onomasticoni 
Li'.wtix  cßgxncuiv  oiofxuru,v  33  '  giebt,  erhellet,  dafs  er  sich  zwar 
einige  Wort-  und  etymologische  Kenntnifs  zutrauet,  nicht. 
minder  aber,  wie  aufseist  schlecht  diese  beschaffen  sey,  und 
zuweilen  unter  aller  Kritik  stehe34). 

Neben  einzelnen  richtigen  Deutungen  (selbst  da,  wo  Josephus" 
irrte,  z.B.  Hftautv,  u/o?  •/j/ugftw)  finden  sich  hüclist  gewaltsame, 
dem  Zusammenhange  widersprechende ,  z.  B.  Dni^N,  irtxr^n 
Iv.Xekto?  v)X0V'S  Cvon  a^'  *1-3,  2ü);  llyy,  voiy/xoc  11.  s.w.;  andere 
ohne  Kenntnifs  der  hebräischen  Orthographie  errathene,  z.  ß. 
"Xa^av  (pn)  epimrif  (wie  von  n*l3  graben)  ;  selbst  griechische 
Wörter  mit  liebräischen  Etymologiecn  und  umgekehrt,  z.  B. 
Tldukog,  $avutx7To<;  (wie  von  iihü)  i  <f>  1  \  it  tt  c  s ,  <tto/xx  k«fx- 
iroibo;  (wie   VHlb  s3)  '■>      Mavts&wv,    Orientalin   (mpo);     dagegen 


31)  Was  ttody  (de  hihliorum  Textibus  original,  p.  223)  anführt, 
beweist  nichts  weniger  als  dieses.  Uebri^ens  ist  er  weit  ent* 
fernt,  dem  Philo  eine  grofse  hebräische  Sprachkenntnifs  virulU 
ziren  zu  wollen,  wofür  er  von  Eichhorn  (Einleit.  in  das  A.  T. 
Tli.  2.  S.  2)  zitirt  wird. 

32)  Eine  Zusammenstellnn^  nach  dem  Alphabete  s.  in  Hieron. 
Off.  ed.  IMartianay    T.  II.    S.  95. 

55)  Von  dem  griechischen  Original  sind  nur  noch  Fragmenio 
vorhanden.  Martianay  a.  a.  O.  S.  110  ff.  Origmus  und  Hu* 
ronymus  haben  es  nachmals  vervollständigt  und  verbessert  (a.  ,1. 
O.  S.  1  ff.  u.  S.  ß"7  ff-)  jedoch  nrit  wenigem  Fleifs.  Aus  diesem 
Werke  sind  übrigens  auch  die  Deutungen  hebräischer  Wörter 
bey  llesychius  und  Suidas  geflossen* 

34)  Vgl  die  Urtheile  von  Scaliger,  Cupellut,  Morinus  u,  Ä.  bey 
llody  a.  a.  O.  Vgl.  Euhhorns  Emleu.  in  das  A.  T.  Th.  *. 
S.  x.  a, 

F  0 


tf  4       Abschn.  IL   Gesch.  d.  hehr.  Sprachhunde.  Per.  I.  Tradit. 

(Jjjktjwv  Qlüfa).    §<■*  t&v  tynciaSxt ,  andere  abgerechnet,    wo  man 
den  Brklärungsgruad   durchaus  nicht  absieht,  z.B.   ai5iwn«i 

T«Ti<»Wff(J  '*)• 

Ö-    24. 

Samaritaner. 
x.  Ton  der  Kunde  und  Gestaltung  des  Althebräischen 
bey  den  Sainaritanern  haben  wir  ein  merkwürdiges  Denk- 
mal an  ihrem  Peutateuch ,  bekanntlich  der  einzigen  Schrift 
des  A.  T. ,  welche  diese  Separatisten  anerkennen.  Sie  er- 
hielten ihn  wahrscheinlich  gleichzeitig  mit  der  eigentlichen. 
Entstehung  der  SeCte,  und  der  Errichtung  ihres  INational- 
cultus  auf  Garizim,  nach  einer  Recension ,  welche  von  der 
gegenwärtigen  abweichend,  derjenigen  sehr  ähnlich  war, 
welche  bald  darauf  in  Alexandrien  ins  Griechische  übersetzt 
wurde  ,  und  sich  im  .Allgemeinen  durch  erleichternde  Ver- 
besserungen schwieriger  Lesarten  bezeichnete36).  In  die- 
sem Geiste  fuhren  sie  fort,  ihren  Text  zu  behandeln.  Sie 
vertauschten  schwierige  Wörter  und  Formen  gegen  die  ge- 
wöhnlichen, nahmen  Glossen  in  den  Text  auf,  conformir- 
ten  und  vervollständigten  ihn  aus  Parallelstellen,  und  er- 
laubten sich  selbst  gewaltsame  Aenderungen  zum  Besten  ih- 
res Nationalcultus  37).  Hierzu  kommt  die  merkwürdigere 
Eigentümlichkeit,  dafs  sie,  fast  unbewufst,  das  Althebräi- 
sche ihres  Pentateuchs  mit  den  Formen  und  Woltern  ihrer 
aramaisirenden  Landessprache  versetzten;  fast  auf  ähnliche 
Weise,  wie  sie  auch  in  ihren  übrigen  hebräisch  geschriebe- 
nen  Briefen  beständig  solche  Formen  einfliefsen  lassen38), 


35)  Vgl.  auch  Cterici  Quaestiones  Hieronymianae.   S.  396. 

36)  Es  sey  mir  erlaubt,  mich  iu  diesem  Abschnitte  ein  für  alle 
Mal  auf  eine  gleichzeitig  erscheinende  Schrift:  Jr  Verität:  uJ  .> 
Samaritano,  ejusque  indole  et  auetoritate.  llalae  lfti .j.  .j.  /.u  be- 
rufen.     Ueber  die  oben  ausgedrückte  Meinung   s.  §.  £.  3. 

37)  S.  a.  a.  O.    §    9-  i.f.  16. 

3'ö)  EyUtolae  Sichemitwum  ad  Job.  LuJoljum  al.  C.  Ceüariut, 
Cixae  1653.  I-  l'"(>'ii.  iur  bibl.  und  inorgeuUndische  Lit*p 
ntor,  lh.  13.  ö.  877. 


Sprachhin  de.      (j.  2^.     Samaritaner.  85 

und  wie  neuere  Rabbinen  das  Althebrä'ische  nur  selten  ohne 
Einflufs  von  Chaldaismen  und  Rabbinismen  schreiben,  nur 
mit  dem  Unterschiede,  dafs  die»e  ihren  Text  davon  rein  er. 
halten  haben. 

Die  Verbesserungen  vermeintlicher  Fe'iler,  die  Glossen  und 
erleichternden  Conjucturen  haben  Aehnlichkcit  mit  den  Lesarten 
des  Kri,  nur  sind  sie  willkührliclier  und  ohne  Vergleich  häufiger. 
Sie  schreiben  meist  pleno,  wo  der  gew.  Text  defectiv  ist;  bcvm 
Pronomen  vertauschen  sie  regelmäfsio;  die  seltenem  Formen  "Ons, 
Hin  (m.),  on,  ?Nn,  rj  gegen  die  gewöhnlichen  13H3M,  N\1,  "150 1, 
~S>*"1,  1 ;  im  Verbo  wird  das  Futurum  apoc.  gegen  das  gewöhn- 
liche vertauscht,  z.  B.  Mö'l,  fW?»'"  für  nn,  MI*!;  paragogi- 
«che  Buchstaben  werden  gestrichen,  z.  ß.  MO?M  f.  WO*?M  2  Mos. 
»5,  16  u.  s.  w.  Meine  Comment.  §.  q.  Für  |1'i'MT  steht  im- 
mer  das  etymologische  p'i'*-N**i  ;  für  *3  Qneia  Mundj  "»^a  ;  für 
^caa  —  D-»-^D  (Sohn  der  Tage);  ein  neugebildet. s  Wort  ist 
mSbnn  laudrs  5  Mos.  32,  10. 

Für  die  Anerkennung  und  Erläuterung  der  wirklich  sa- 
maritanischen  Formen  ist  bisher  von  den  Kritikern  und  Aus- 
legern äufserst  wenig  geschehn,  nur  hier  und  da  hat  man  dar- 
auf aufmerksam  gemacht.  Unsere  mangelhafte  Kenntnifs 
des  Samaritanischen  macht,  dafs  nicht  alle  Formen,  die 
wahrscheinlich  dahin  gehören,  im  Samaritanischen  nachge- 
wiesen werden  können,  indessen  erkennt  man  diese  wenig- 
stens sogleich  als  aramäisch  an,  wodurch  es  höchst  wahr- 
scheinlich wird,   dafs  sie  einst  auch  samaritanisch  waren. 

Die  Orthographie  bezeichnet  sich  im  Allgemeinen  durch  höchst 
nachlässigen  Gebrauch  der  Gutturalen ,  auch  der  quieseireuden 
Buchstaben,  z.B.  t*m  f.  131*1«;  3n3,  SrO  f.  iH3,  bn3  u.  s  w. 
11.  s.  w.  Aufserdem  werden  öfter  zwey  zusammengehörige  Wor- 
ter in  eins  verbunden,  besonders  UT'UI'l  5  Mo».  11,  29.  27, 
4.   12. 

Im  Tronomen  kommen  als  abweichend  vor:  *ON  du  f.,  'Vii* 
ihr,    und  die  Siifftxa  "\Ht   T,*<  für  ?]— ,    "1—,    HO  einige  Mal  für  O. 

Im  l'erho  ähnlich  •OpnX  für  PpnX  (z.  B.  1  Mos.  13,  iß), 
*j*tniWV  fiir  (n^ifftf  (2  Mos.  1,  iß).  Im  Futum  und  Imp.  der  r\h 
stellt  gern  1   statt  n ,    und  wird  nicht   apocopirt ,    daher   *<"jrU'rW*<1 

für  ,»nr»c*M. 

In  den  Formen    der  Nomina  weichen   manche  durchgehends, 


{)ö     Abschn.  IJ.   Gesch.  d.  hehr.  Sprachkunde.  Per.  I.  Tradit, 

anuere  häufig  ab,  z.B.  T^lp,  S'np,  Ü\"in  für  ttfltp ,  Slip, 
Dnin;  VSN,  JoSö  für  Ssn,  nS».  Andere Bey spiele  samaritani- 
scher  Formen  sind  rO.TO  f.  p2h3  1  Mos.  3,  22  und  immer,  eben- 
so "iö*n  f.  nc'n  11,  3j  jrnN  f.  |1dn  49,  11 ;  *lV  f«  iS  »  Mos.  17, 
iß;    *nbtt>  f.  iSiy  2  Mos.  16,  15. 

Samaritanische  Wörter  oder  Bedeutungen  sind:  ppT  mustern 
1  Mos.  14,  14;  in  ob  34,  21;  ]n  wenn,  ob  30,34«  5  Mos  4*82! 
JJDT  beginnen,  vornehmen  1  Mos.  11,7;  *1QSJ  Wein  5  Mos.  32, 
%£;   nniiJ,   wovon  nntyo  starr  1  Mos.  24,  21  u.  s-  w. 

Deutlich  aramiüsche  sind:  riöV  Tage  5  Mos.  32,  7;  2UJ3  bla- 
sen 2  Mos.  15,  10 ;  *13V£?  Schönheit  1  Mos.  40,  21;  2N1Ö  "»DD 
Ebenen  Moabs  4  Mos.  24,  17  (vgl.  das  chah!.  NTtia).  Nur  im 
Arabischen  findet  sich  dagegen  D','"|2,    ftj.r^*  osse^s  1  Mos.  49»  J4» 

Formen,  die  sich  wenigstens  jetzt  Hiebt  mehr  nachweisen  las- 
sen, sind:  RfTp  wahisclieinlich :  versammeln  1  Mos- 40,  10;  rfVJfl 
f.  *<Sn   Köcher    u.  s.  w.       Ausführlicher   in   meiner    Comnuntutio 

%i  13. 

Nur  ein  Jo.  Mor'mus,  voll  Eingenommenheit  für  die  von  ihm 
bekannt  gemachte  Abschrift,  konnte  hiernach  wohl  behaupten: 
„Samaritanorum  fiebern  liebraicae  livguae  idiotna  sincerius  iudaicii 
servasse"  39). 

2.  Die  Aussprache  des  unpunetirten Textes  bey  den  heu- 
tigen Samaritanern  ist  reicher  an  Vocalen,  als  die  in  der  ge- 
genwärtigen Punctation,  und  nähert  sich  dem  Arabischen. 
Vielleicht  ist  diefs  jedoch  mehr  dem  Einflufs  der  dortigen 
arabischen  Landessprache,  als  altem  Herkommen  zuzu- 
schreiben. Poslellus  erwähnt  einer  hebräischen  Grammatik 
jn  arabischer  Sprache  mit  samatitanischer  Sein  if  t,  die  er  von 
den  Samaritanern  erhalten,  und  mit  nach  Frankreich  ge- 
bracht habe;  es  scheint  indessen  nichts  weiter  davon  be- 
kannt geworden  zu  seyn40). 

In  dem  Briefe  an  Lmlolf  schreiben  die Sichcmiten  :   *VJtO  MM3M 


59)    Fxercitatt.  eccles,  in  uirumquc  Sani.  Tentateuihum,  exenit.  !\  , 

r.    10. 
40)    Alphabet*!*  dual,  linguurum,    vgl.  Simon,  hist.  ait.  du  l  .   I  . 

S.  8$. 


Sprachkunde.      fj.  25.   Syrer.  Peschito.  87 

mus    Barasch  ith    per    Fatha,     Uli  autem   (  Tuduei)   Bereschit  per, 
Chutli-ph.      Für  Diy  sprechen  sie  S.hima*1  ). 

5.  Von  eigener,  selbstständiger  Schriftforschung  findet 
sich  bey  ihnen  keine  Spur.  Im  Gegeutheil  mufsten  die  \  er- 
fasse!* beyder  aus  dem  Sam.  Text  verfaisten  Uebersetzunaen 
jüdische  Vorarbeitungen  benutzen;  wie  denn  bev  der  ei- 
gentlich samaritanischen  Uebersetzung  das  Targum  des  On- 
kelos,  bey  der  arabischen  des  Abusaid  die  des  Saadias  zum 
Grunde  liegt,  wenn  gleich  beyde  auch  ihr  Eigenthümliches 
haben.  Zum  Verständnifs  der  von  ihnen  ühersetzten  l\e- 
cension  thun  beyde  noch  nicht  genug  benutzte  Dienste, 
wenn  sie  gleich  in  einzelnen  Fällen  oifenbar  auch  ihre  ei- 
genthümlichen  Lesarten  niifsverstehn. 

Z.  B.  1  Mos.  4.9»   x4    2**1^  IIOD,   nach  der  Sam.  Uebersetzung 
D^'in  asinus  peregrihorum,  statt:   asinus  osseus. 

S-  25. 
Syrer.  Peschito. 
Von  dem  Sprach-  und  Bibelstudium  der  Syrer  besitzen 
wir  ein  treuliches  Zeugnifs  an  der  aus  dem  Hebräischen  ver- 
fertigten  Version  (Peschito),  welche  schon  im  3ten  Jahrh.  all- 
gemeines kirchliches  Ansehn  bey  den  syrischen  Christen 
hatte.  Bekanntlich  ist  es  noch  problematisch,  ob  sie  ein 
Werk  der  jüdischen  Schulen  in  Syrien  und  Mesopota- 
mien42) sey,  oder  von  den  ältesten  syrischen  Christen  her- 
rühre, welche  bis  Ephräin ' gegen  die  Gewohnheit  der  übri- 
gen Christen  der  hebräischen  Sprache  kundig  gewesen  seyn 
sollen43).  Sollten  sich  aber  nicht  aus  ihrem  Charahter 
noch  nähere  Entscheidungsgründe  ausfindig  macheu  lasse.i? 


41)  Epist.  sam.  Siohemifarmn  ad  Job.  Ludolfam.  Cizae  1688-  4* 
S.  5.  12. 

42)  Brucker  hist.  philos.  11,  S.  486.  Bartoloccii  biblioth.  rab' 
bin.    T.  III.   p.  6r.5. 

45)  Sie  sollen  das  \.  T.  in  hebräischer  Sprach"  vcnrg<  1  »«I  1  abeo, 
was  eist  durch  Bphräm  abbestellt  wurde,  ö.  i  o>uJic  yruef.  ad 
Joe/,    aus  Alta.riti. 


ftß     Abschn.  II.   Gesch.  d.  hehr.  Sprachkunde.  Per.  I.  Tradit. 

Für  eine  Abfassung  von  jüdischer  Hand  ist  Simon  hitt.  crit.  p. 
272 ,  von  christlicher  fast  alle  übrigen  Critiker.  Eichhorn  will 
die  verschiedenen  Bücher  unterschieden  wissen. 

Die  Annäherung  an  die  LXX  kann  von  Benutzung  derselben 
oder  von  Interpolation  aus  derselben  herrühren.  Wahrscheinliche! 
fast  erstens.  Ihr  exegetisches  Verdienst  ist  nicht  gering,  vgl.  vor- 
züglich  J.  G.  Carpzovii  Critica  Sacra  S.  61  6  ff.  Verwechselungen 
verwandter  Verba  sind  seltener,    als  in  den  LXX,    aber  kommen 

doch  vor,  z.  B.  Gen.  3,  10  NVN1  A*V**0   et  vidi;    dagegen  42,  1 
•5N*inn  timetis  (wie  INVnn),    49j  24  113^1  et  dissipata  sunt  (wie 

0.      BÖ, 
Christliche    Schriftsteller. 

Den  christlichen  Schriftstellern  dieser  Periode  ist  he- 
brä'ische  Sprachkenntnifs  in  der  Regel  ganz  fremd.  In  der 
griechischen  Kirche  hielt  man  sich  an  die  griechische,  in  der 
lateinischen  später  an  die  lateinischen  Uebersetzungen,  wel- 
che dem  Grundtexte  gewöhnlich  gleichgeachtet,  von  einigen 
ihm  selbst  vorgezogen  wurden*4).  Die  meisten  gestehn  da- 
her ihre  Unkunde  offen4'),  andere  berufen  sich  zwar,  be- 
sonders zum  Behuf  der  Folemik  mit  den  Juden,  hier  und  da 
auf  den  Grundtext  („hebraica  veritas"),  und  setzen  diesen 
den  L.XX  entgegen,  aber  sie  bedienten  sich  hierbey  mei- 
stens nur  der  wörtlicheren  Uebersetzung  des  Aquila  4<s  );   las- 

44)  Z.  B.  von  Epiphanias,  vgl.  Hody  da  hihliorum  Textihus 
Qrig.  S.  311,  der  überhaupt  S.  277  ff.  vollständige  Sammlun- 
gen für  den  Gegenstand  enthält,  wiewohl  er  die  Kenntnifs  des 
Grundtextes  bey  den  Vätern  im  Allgemeinen  zu  hoch  an- 
schlägt. 

45)  A  u  «  u  s  t  i  n.  Locut.  sarrar.  ad  Ger?.  ,",.  9:  locutio  est,  quam 
■propterea  llehraeam  puto,  quia  et  l'unirae  lin°uue  familiari<ü- 
ma  est,  in  qua  multa  invenimus  Hebraeis  verbis  consnnantia. 
Confess.  ii,  3:  si  Imbrar.ä  VOCJ  ioqueretur  ,  frustra  pulsaret  sen~ 
tum  meum ,  nee  inde  meutern  mram  quidquam  tangeret,  Epist. 
131:  .\eque  enim  <\  ]  •  a,d  lin^uä  ,  quam  ignOrO  cet, 
Uebcf  Origenes    s.  Anm,  5t* 

/J6)    Daher   6  'Eß^ioq.      So   Jmiin    in    dial.  c,  Tryphone.      Eben 


Sprachkunde.      Q.  2.6.    Christliche  Schriftsteller.  89 

sen  sie  sich  auf  Spracherläuterungen  ein,   so  geht  gerade  dar- 
aus ihre  Unkunde  hervor47). 

Hier  und  da  pflegte  sich  wohl  einer  hey  gelehrten  Rab- 
hinen  Raths  zu  erholen,  was  aher  von  andern  wieder  gemis- 
billigt  wurde48).  Auch  wird  manchen  von  anderen  Schrift- 
stellern eine  Kunde  der  hebräischen  Sprache  zugeschrieben, 
die  sie  nach  andern  Anzeigen  nicht  besafsen49  \  Charakte- 
ristisch ist,  dafs  selbst  diejenigen,  welche  alsProselyten  aus 
dem  Judenthume  einige  Kenntnifs  des  Hebräischen  besafsen 
und  besitzen  mufsten,  wie  Epiphanius  5°),  oder  deren  Mut- 


SO  kennt  Eusehius  die  Abweichungen  der  Chronologie  (Gen. 
V.  XI)  bey  den  Samaritanern  gewifs  nur  aus  der  griechisch- 
6amaritanischen  Version.  S.  Hody  S.  504.  kk  okenius  de  Sa- 
maritanis  Eusebiunis.    Viteb.  1731»   4* 

47)  Justin  d.  Märtyrer  (dial.  c.  Trypb.  Opp.  p.  277.  eil.  Sylb.) 
erklärt  Si**!^ :  I  ff  %  a  vj  A.  avS-ourroc,  viv.wv  Svva/xtv.  ro  yxo  1  c  q  * 
ttvSpaiirof  teri ,  to  hk  II  X  owatnig.  Ueber  Theodoret  s.  Hosen- 
muller  hist.  interpretationis  librorum  sacrorum.  Tli.  4«  S.  39. 
Doch  scheint  diesem,  bey  manchen  Irrthümern,  die  Grundspra- 
che nicht  ganz  fremd  zu  seyn, 

48)  Zu  seiner  Rechtfertigung  sagt  Hieronymus  {adi\  Rufinum  1, 
3) :  Origenes  et  Clemens  et  Eusehius,  atque  alii  complures,  quem- 
do  de  Script uris  aliqua  disputant,  et  volunt  approhare  quod  di- 
eunt ,  sie  solent  scribere :  referebat  jlühi  Hebraeus ;  et  audivi  ab 
Hebraeo ,  et,  Htbraeorum  ista  sententia  est.  Harte  Vorwürfe 
gegen  diese  Erkenntnifsquelle  von  Theodorus  Mopsuest.  s.  bey 
Phot.  cod.  177.  Auch  Origenes  vermied  Berufung  auf  das  He- 
bräische in  populären  Schriften.     Hieron.  praef.  ad  Ouaest.  hebr. 

40)  Schon  von  den  apostolischen  Vätern  behauptet  Hiaron.  (ibid.) : 
apostolici  viri  scripturis  utuntur  Hebraeis  :  was  sieb  aus  ihren 
Schriften  nicht  bestätigt,  und  zu  jener  Selbstapologie  gehurt. 
Ueber  Lucianus  Murtyr  und  Apollinarius  s.  Hody  a.  a.  O.  S. 
502.  318;  über  Origenes  unten.  Aufserdem  werden  Julius 
slfricanus  (Hieran,  de  Script,  eccles.)  und  Eusebius  von  Emesa 
(Cat.  ad  Gen.  4»  26)  genannt. 

50)  S.  Hody  a.  a.  O.  S.  312.313.  Seine  hier  und  da  vorkom- 
menden Etymologieen  ( z.  B.  baeres.  x/\.  16.)  sind  rich- 
tig.     Eine  Aufmerksamkeit  verdienende   Erklärung;    von   dS 2 


90     uibschn.  IL  Gesell,  d.  hebr.  Sprachkunde.  Per.  I.  Tradit. 

tersprache  die  verwandte  syrische  war,  wie  Theodoret**  )  und 
JL'vhräm  der  Syrer,  von  ihrer  hebräischen  und  syrischen 
Sprachkenntniis  fast  gar  keinen  Gebrauch  bey  ihren  exegeti- 
schen Arbeiten  machen,  die  sich  der  Sitte  geuiäfs  lediglich 
auf  Erklärung  der  Versionen  beschränken. 

5.    27. 

Origencs.      Hieronymus. 

Von  diesem  allgemeinen  Urtheil  pflegt  man  gewöhnlich 
zwey  Männer  als  Kenner  und  Erklärer  des  Grundtextes  ausr 
zunehmen,  Origcnes  und  Hieronymus ,  aber  nur  den  letzte- 
ren mit  vollem  Recht.      Von  beyden  hier  etwas  Näheres. 

1.  Origenes  widmete  bey  seiner  vorzüglich  zu  polemi- 
schen Zwecken  entworfenen  Zusammenstellung  der  griechi- 
schen Bibelversionen  in  den  Ilexaplis  zwey  Spalten  dem  he- 
bräischen Grundtexte  (Ißouty.ov  fJ*(£o$) ,  wovon  die  eine  mit 
hebr  j'ischen  Charakteren,  die  andere  in  den  griechischen  um- 
geschrieben war.  Auch  bey  seinen  Erklärungen  beruft  er 
sich  öfter,  als  andere  christliche  Ausleger,  auf  denselben, 
und  auf  die  Erklärungen,  welche  ihm  darüber  befragte  Ju- 
den, namentlich  ein  jüdischer  Vorsteher  (,,**Tpi«^»;«")  Huil- 
lus,  gegeben  hatten  f2).  Dieses  in  seinem  Zeitalter  unge- 
wöhnliche Zuriickaehn  auf  das  Hebräische  erwarb  ihm  zwar 
bey  seinen  solche  Kenntnifs  anstaunenden  Nachkommen  ei- 
nen gewissen  Ruf  in  diesem  Fache53);  aber  thcils  seine  ei» 

m 

Ps.   139,  16    6.   haeres.   XXX.    §.31.    vgl.    JlluJia'Jlis  Supplcm. 

S.  5'5- 
ßi)   Eine   ganz  willkommene  Anwendung   des  Syrischen   auf  das 
11   braisclie  findet  sich  jedoch  z.  ß.  zu  Dur.  ß,  13. 

62)    Hit'ion.  adv.  Rufm.  I,  3.       Vgl.   Body  a.  a.  O.   S.  i85- 
53)    Euteb.'K.  Gesch.  6,  i(i:    TOf-xury  ös  H<>jyiT0  r«p  Slfiysvtt  twv 
Stiwv  AcyjjJ  awqnat&Wßtvy  isCraffif,    ü>;  k.u  t>jv   t^aiSa  yk»TTa* 

t/'x->  UV  i  ra;  ts  wa»a  rzi;  Isiö.iisk  suifncufva<  too/Totvitouc 
«ur«ic  E3«fttwv  öto.'/S'C;;  yooi(f^m(,  xtijuä  i&ic  ro<  }?,<$m.  Jli?- 
1         Kpl  ',   0  i  /'.( ..  ■••;.     Ol  1   ein  lota  in   Orig   na  iniriUur,    in 

pnu.is  nun  duam  uuwibui ,    sed  dtebui,   vfctfj'0  Hcbraaaa  lin»uae 


Sprach künde.      Q.  27.    Origenes.    Hieronymus.  91 

genen  Aussagen54),  tlieils  die  Proben,  die  er  davon  ableg- 
te '  5  ) ,  machen  diesen  Ruf  sehr  zweydeutig.  Huetius  und 
Clericus  55)  haben  ibin  hiernacb  jede  Kenntnifs  der  hebräi- 
schen Sprache ,  selbst  des  Schrift -Charakters,  absprechen 
wollen ,  und  meinen ,  dafs  er  bey  jener  Umschreibung  des 
hebräischen  Textes  in  den  griechischen  Charakter,  so  wie 
bey  den  Etymologieen  seines  Ono/nastici  sich  sclavisch  der 
Hülfe  eines  Juden  bedient  habe;  vielleicht  besals  er  aber 
wirklich  eine  ganz  oberflächliche  Kunde  der  Sprache ,  wie 
sie  der  Unterricht  von  einigen  Wochen  geben  mag  57),  be- 
diente sich  dessen  ungeachtet  gewifs  bey  jener  Umschrei- 
bung des  Textes,  auch  sonst  zuweilen,  der  unmittelbaren 
Hülfe  eines  Juden  oder  Judenchristen58).  Auf  jeden  Fall 
hat  man  in  neuern  Zeiten  zuweilen  sein  Lob,  als  eines  kri- 
tischen Schriftkenneis,  viel  zu  sehr  übertrieben59). 


dijficultates.  Idem  in  Catalog.  Script,  eccles.  et  quod  tantum 
in  Scripturls  divinis  habuerit  studii,  ut  etiarn  hebraeem  linguam 
contra  aetatis  gentisque  suaa  naturam  edisceret.  Das  Wort 
aetas  in  dieser  Stelle  ist  beyru  Suidas  dahin  gedeutet,  als  ob  er 
erst  im   buhern  Alter  hebräisch  erlernt  habe. 

54)  Homil.  in  Num.  XIV.  ahmt  ergo,  qui  hebranas  literas  le- 
S.unt ,  in  hoc  loco,  Deus  rton  sub  signo  tetraoramitiaii  esse  pesi- 
tum :    de   quo,    qxii  potest,    requirat.      Contru    Cetsum    I, 

Opp.  T.  1.    S.  552    ed.  Ruaei :    v)  /ugv  \iii$  v)  ak/xcc xsitjk, 

»5  (paci,  m«i  ev  rw  &rjTtqo'JopnM^  ovrjjf  iy_z\.cx'  tav  n  -y^v^-ra« 
trat;  (22,  25)  n.  r.  k.  Am  a.  O.  steht  aber  nS"ir>3  mVJ,  und 
nöSl?  kommt  im  ganzen  5  R.  M.  nicht  vor. 

55)  Vorzüglich  gehört  dahin  seine  Erklärung  der  neutestamerit- 
lichen  Namen  als  roitsetzung  des  pailonianischen  Werks 
(§.  25,  2).  Etvmolojieen,  wie  xoXsbvi«,  avsv.svtaXv/fuEvvj 
(rplSi?),  y.oXofftxsi;  (fwvvj;  ysvo/UEV>j;  (*"\pV  Olp  ? )  1  sind 
darin  nicht  selten. 

56)  Iluetii  Origeniana  ,  lib.  II.  cap.  1.  Clerici  quaest.  Hierony- 
mianae   II,    S.  2g-Jj3.       Vgl.    Löscher   S.  77. 

67)   Vgl.  Anm.  53. 

58)  Tychsens  PIvpothese,  dafs  Orig.  nur  einen  cod.  hebraeo-graecus 
abgeschrieben  habe,  würde  dieses  freilich  noch  leichter  erklaren. 

59)  Erncrti  opusc.  philol,  crit.    p.  2yy.      JVhsIiäUh   Beurteilung 


92     Abachn.  II.  Gesch.  d.  hebr,  SpracMunde.  Per.  I.  Tradit% 

2.  Weit  über  ihm  und  allen  altern  christlichen  Gelehr- 
ten steht  in  dieser  Rücksicht  f  ■'  ieronymus60").  Inrlem  er  das 
schon  als  Jüngling  nach  Anleitung  eines  Judenchristen  be- 
gonnene Studium  der  hebräischen  Sprache  lebenslang  mit 
grofsem  Eifer  fortsetzte,  hat  er  darin  in  der  That  geleistet, 
Was  sich  nur  überhaupt  bey  jenem  gänzlichen  Mangel  an 
Vorarbeiten  leisten  liefs.  Zu  Quellen  der  Worterklärungen 
dienten  ihm  die  griechischen  Versionen  der  Hcxa/Ja ,  mehr 
noch  der  mündliche  Unterricht  gelehrter  Juden  aus  Tiberias 
und  Lydda,  die  er  zum  Theil  theuer  erkaufte,  namentlich 
eines  Barabbas  oder  Barabbanus,  der,  um  den  Verfolgungen 
«einer  Landsleute  zu  entgehn,  sich  des  Nachts  zu  ihm  stahl, 
und  den  er  vorzugsweise  seinen  Lehrer  nennt61).  Später 
erlernte  er  auch  die  chaldäische  Sprache,  Kenntnifs  der  ara- 
bischen und  syrischen  aber  hat  er  nie  besessen ,  wenn  sich 
gleich  eine  Stelle  seiner  Schriften  den  Schein  davon  geben 
möchte62').  Er  wurde  hierdurch  das  Orakel  der  ganzen 
christlichen  Welt,  und  weit  und  breit,  selbst  aus  dem  fern- 
sten Norden  gelangten  Anfragen  an  ihn63),  die  er  in  sei- 
nen zahlreichen  Briefen  beantwortet. 

Seine  in  der  lateinischen  Uebcrsetzung  ausgedrückten 
und  in  den  Commentarien  weiter  ausgeführten  Erklärungen, 
schliefsen  sich  hiernach  eng  an  die  Reception  der  Juden  an, 
und  haben  Vieles  aufbewahrt,  was  sonst  verloren  gesangen 


S.  152,      Hezels  Gesch.  der  hebr.  Spr.   S.  66.      Da^e^en  Rosen- 

muller    hist.    interpretationis   librorum   sauorum      l\l  ,    S.    21    II. 

61   IT. 
60)   (Engelstoft)  Hieronymus  Crit'uus,   exegeta  etc.    Hauniae  1797. 

g.      Rosenmidlcr  .1.  a.  O.    1 1  f,   S.  329. 
.61)    S.  die  Stelle  seiner  Schriften  b.  y  HoJy  a.  a.  O.   S.  359    und 

Moritiut  (ixrrcitatt.  bibl,    111.   Cap.  2.    S.   il). 

62)  Vrarf.  in  Job. 

63)  Opp-  T.  2.  S.  190.  ed.  JMartian.  Unter  seinen  Anhängern, 
denen  er  Vorliebe  fnr  den  Urtext  und  einige  Keuatnifa  dessel- 
ben, beygebTMUt  hatte,  waren  auch  einige  gelehrte  I'raueJiziin- 
111  er,    Paula,   Suiua,   l'retelu. 


Sprachkunde.      ß.  27.    Origenes.  Hieronymus.  95 

sevn  wurde.  SeineYerdienste  um  dieses  Fach  bleiben  daher  auf 
jeden  Fall  grofs  ,  v\  enn  gleich  nicht  selten  Inconsequenzen, 
YViderspi  iiche  und  ungenaue,  voreilige  Angaben  in  seinen 
Schriften  gerügt  werden  können,  welche  eines  Theils  einer 
gewissen  \  ergeishchkeit  des  gelehrten  Polygraphen ,  ande- 
ren Iheilb  seiner  Condescendenz  zu  herrschenden,  orthodo- 
xen iNieinungen  und  einer  gewissen  Ostentation,  wovon  et 
nicht  iiey  war,   zugeschiieben  werden  müssen64). 

AU  Belege  d*s  obigen  Tadels  mögen  dienen:  Zu  Zeph.  2,  14! 
im  Urbraeo  ponitur  2*in  ,  qued  seeundum  Lectionis  diversitatem  vel 
siccitast  Pel  °ladius,  vel  corvus  aeeipitur.  (Verwechse- 
lung mit  2-\V).  Zu  Z  pii.  5,  ig  übersetzt  er  "Oi3  durch  nugae  (!). 
Epist.  ad  Fabiouuti!  verbutn  iam  suph  ex  mari  et  rubro  compo' 
situm  t-it,  Suph  emm  et  rubrum  (?)  et  scirpus  vocatur.  Zu 
Jes.  2,  ig  wird  bemerkt,  dafs  ttHW*W  das  hebräische  Wort  für 
IVleer,  C  aber  eigentlich  Syrisch  sey.  Manches  rührt  oilenbar 
von  drillen  seiner  Lehrer  her,  z.  B.  die  Bemeikung  zu  Galat.  if 
dafs  nSiy  (mit  Vau)  oeternitas',  dS*I?  die  Zeit  des  Jobeljahres  be- 
deute,  «tie  Erklärung  d«  s  ^C"!    Hab.  3,4   durch  diabolus  u.  s.  w* 

Von  üer  Vocalsetzun-*  ues  Hieron.  s.  unten  die  Gesch.  d.  Schrift. 


Zweyte  Periode. 

Ursprung  und  Blüthe  des  grammatischen  Studiums  bey 
den  Juden. 

Uebev  sieht. 
1.  Tm  loten  und  1  rten  Jahrhundert  eilten  die  jüdischen 
Schulen  des  Üiients  mit  schnellen  Schritten  ihrem  Untergän- 
ge  entgegen,     welchen  ihnen  besonders    die  "\  erfolgungen 

64)  Zu  grofses  Lob  seiner  Sprachgelehrsarnkeit  s.  in  Mariianay 
Proltfgg.  zu  tlieron.  Opp.  1.  11.  Dagegen  Cler'ui  quaest.  Hie 
ronyntiunae.  IV-Vll,  der  ihn  aber  nach  zu  überspannten  For- 
dtiungen  beurtheilt,  Vgl.  Lii-u^u  philol.  Sacra  p.  524  (ed. 
Buddei j.      huber  zu  ilarmai-'s  Beobachtungen.  Th.  1.  S.  39. 14g. 


94     uäbschn.II.  Gesch.  d.hebr.  Sprachkunde.  Per.  II.  Gramm. 

von  Seiten  der  Christen  und  Muhammedaner  bereiteten« 
Zeugen  desselben  waren  R.  Saadia,  R.  Hai,  besonders  Ren 
yf scher  und  Ren  Naphtcdi,  welche  letztere  im  i  iten  Jahrhun- 
dert den  Texius  receplus  in  Palastina  und  Babylonien  mit  ein- 
ander verglichen.  Jüdische  Chroniken  führen  die  Namen 
der  babylonischen  Lehrer  bis  zum  Jahr  iojo  fort1*.  Der 
Hauptsitz  rabbinischer  Gelehrsamkeit  wurde  nun  auf  beyna- 
he  4  Jahrhunderte  Spanien,  wo  sich  die  Schulen  von  Gra- 
nada, Toledo,  Barcellona  u.  s.  vv.  bildeten,  daneben  die  Kü- 
ste von  Africa  ,  auch  Frankreich,  erst  späterhin  Deutsch- 
land. Nach  dem  Beyspiel  der  Araber,  in  deren  Gebiet  jet^t 
bey  weitem  die  meisten  Juden  lebten,  und  deren  Sprache 
sie  als  Muttersprache  redeten,  legten  sie  sich  hier  auf  man- 
cherley  Wissenschaften,  namentlich  auf  Philosophie,  Astro- 
logie, Arzneywissenschaft,   u.  dgl. 

2.  Für  unseren  Zweck  ist  es  am  wichtigsten,  dafs  ih- 
nen die  Araber  auch  mit  ihrem  Eifer  für  die  Bearbeitung  der 
Muttersprache  vorangingen,  und  ihnen  Lehrer  eines  me- 
thodischeren Studiums  wurden ,  welches  die  vorige  Periode 
nichtkannte.  Vermischte  grammatische  Bemerkungen  hegen 
zwar  in  der  Masora  (ö-2i,  3)>  auch  die  Punctation  des  Tex- 
tes, die  in  jener  Periode  vollendet  worden  war,  setzt  gram- 
matische Begriffe  voraus;  allein  in  dem  Zeiträume  zwischen 
Vollendung  der  Punctation  und  Masora  und  der  eisten  syste- 
matischen Grammatik  waren  unstreitig  durch  allgemeine 
liaibarey  und  übermäfsige  Verehrung  des  Talmud  viele 
Rückschritte  geschehn,  und  die  späteren  Grammatiker  reden 
nicht  mit  Unrecht  von  einer  formlichen  Wiederherstellung 
desselben   im  loten  Jahihuiulert  z).     Die  Spuren  von  gram- 


i)  Zemach  David,  ad  anntun  ']~0~'  Schalschelet  HukLabbala. 
Ful.  59. 

2)  Ktmchi  praef.  od  MiJttcl.  Lüschcr  Ö.  ".;.  Hot  tinger  Smeg- 
ma  Orient. .  S.  Ol«      Wenn  Js.  I  ofs  uml  li.  Simo  '  Sefrx 

iiruMvn,  if  I 1  sie  il.:i  lim  1  neu  ;  sliel  en  l  ntergang,  der  seinem 
Tradition  folgern  t  so  bftbsn  &ic  d.'.s  Beyspiel  eines  SamiÄ*  (.'«» 


Studium.     Q.  29.  Grammatiker <.  $$ 

inatischen  und  lexicographischen  Zusammenstellungen  aus 
jener  Feriode  sind  theils  ungewifs,  theils  unbedeutend.  ,  Von 
den  Christen  kann  hier  fast  nur  negativ  die  Rede  seyn. 

Die  babylonische  Gemara  erwähnt  die  Namen  einiger  Pinbbi- 
nen,  welche  über  einzelne  Partikeln  geschrieben  haben  sollen  (i^ö- 
scher  S.  91).  Nach  IWoses  Kaehmanides  (Lomment.  super  Jezira» 
Iol.  61)  soll  ferner  Rabbi  Asse  im  4ten  Jahrhundert  ein  Buch  ds 
arcanis  punetationis  verfafsc  haben.  Eine,  jedoch  sehr  vage  Nach- 
richt von  einem  Lexicographen  J.  Juda  um  das  J.  400  s.  in  Bar' 
toloccii  bibl.  robb.  P.  III.  S.  71,  Vgl.  aber  J-J  o'f  bist.  Lex.  habr. 
S.  29. 

Bey  den  Arabern  finden  sich  grammatische  Schriftsteller  schon 
kurz  nach  MuliammeJ.  Zuerst  wird  genannt  slbul-eswed  HLuli; 
der  berühmteste  scheint  Saibujah  (st.  79^)  i  Vf.  des  ersten  Lexici 
ist  Alzobaidi  (st.  941).  Den  Pieidithnm  Üet  Araber  an  »ramraa. 
tischen  Schriften  ersieht  man  z.  B.  ans  Casui  bibl.  Escurial.  T.  1. 
S-  l-53-  Für  die  Juden  war  es  wohlthatig ,  Grammatiker  eines 
30  verwandten  Dialekts  als  Muster  vor  sich  zu  haben.  Den  er- 
sten Aiabern,  die  nur  die  Griechen  zu  Vorgängern  hatten,  war  es 
nicht  so  gut  geworden,  daher  sie  auch  fremdartige  Bestimmui  _  n 
£z.  B.  die  Declination  der  Nomina  durch  Einiformen)  in  die  Spra- 
che brachten. 

Um  die  Verdienste  der  Juden  als  ein  Ganzes  zu  übersehn  ,  ist 
Elias  Levita  aus  See.  XV  mit  hieher  gezogen  worden  ;  der  noch 
etwas  frühere  Reuchlin  u.  a.  Restauratoren  der  hebräischen  Lite- 
ratur unter  den  Christen  sind  dagegen  aus  demselben  Grunde  erst 
bey  der  folgenden  Periode  abgehandelt  worden, 

Grammatiker3). 
1.  Als   den  ersten,  welcher  grammatische  Gegenstände 
mit  einiger  Vollständigkeit  zusammenstellte,  nennt  man  //. 


loten  J.ihrh.)  und  die  Ucbereinstimmung  der  rabbinischen  Aus- 
legungen im  Mittelalter  mit  denen  der  tibeiiadischen  Juden  bey 
Ilieronymus  gegen  sich. 
3)  Ueber  die  älteren  s,  die  Vorreden  des  Aben-Esra,  Kimcbi  und 
Ephodüus  zu  ihren  gramm.  Werken.  Ein  ei-enes  Verzeichnifs 
von  55  älteren  Grammatikern,  nach  einem  hebr.  Mamisc.  s.  in 
Simon  bist.  crit.  du  V.  T.  S.  igg.  Woij.  Bibl.  hebr.  II  ,  S. 
595.      David  Kimdü  ist  hier  der  üiste.      Ein  anderes  vollstän- 


o(S    Abschn.II.   Gesch.  d.  hehr,  Sprachkunde.  Per.  II.  Gramm. 

Saadia  Gaott ,  den  berühmten  Verfasser  einer  arabischen  Bi- 
belübersetzung (().  30,  4).  Er  und  der  fast  ein  Jahrhundert 
spätere  R.  JudaCiäug,  den  die  Juden  gewöhnlich  den  ersten 
ihrer  Grammatiker  (o-'plp"^:!  tt»o)  nennen,  unifdiste  die 
Gegenstände  eines  grammatischen  Systems  in  meinem  ara- 
bisch verfafsten  Schriften,  aber  noch  ohne  Einheit,  Voll- 
ständigkeit und  Methode.  In  allen  diesen  Rücksichten 
übertraf  sie  R.  Jona  ben  Gannach,  Welcher  ganz  nach  dem 
Muster  der  Araber,  deren  Eifer  für  die  Muttersprache  er 
seinen  Landsleuten  empfiehlt ,  zuerst  System  und  Methode 
eingeführt  zu  haben  scheint,  und  an  welchen  sich  nachmal» 
vornehmlich  die  Gebrüder  Kimchi  anschlössen.  Jarchl  und 
Abbti  Esra  sind  berühmter  als  Commentatoren ,  denn  als 
Grammatiker, 

B.  Saadia  Gaon  aus  Phitom  in  Aegypten ,  Vorsteher  der  Aca- 
demie  zu  Sora  (geh.  892.  gest.  942)  schrieb  1)  über  collectionis, 
fi)  /.  linguae  Sanct.,  3)  liber  elcgantiae,  die  mir  noch  aus  den  An- 
führungen der  Rabbinen  bekannt  sind.  Sie  scheinen  indessen 
nicht  tiey  von  kabbalistischen  Subtilitäten.      fl  elf  LibL  hebr.   I, 

S.  933^    IV,  936.      . 

iL  Juda  Cliiug  (eig.  Bar  David  Passi)  Arzt  aus  Fes  (um  das  J. 
10A0).  Seine  Schriften  de  literis  quiescentibus,  "eminatis,  de  pun- 
etatione  u.  s.  w.  liegen  noch  im  Ms.  zu  Paris  und  Oxford.  Mose 
Gekatilia  (um  1148)  übersetzte  sie  aus  dem  Arabischen  in  das 
Hebräische.  Auszüge  und  Anführungen  daraus  S.  in  Simon  bist, 
erit.  I,  cap.  31,  Morini  Exercitatt.  bibl.  p.  45  *  ""•»  vgl  Opusc. 
hebr.  Sam.    p.  10.      /?  olf  I,  ,'f25-    UIj  307. 

Ü.  Jona  ben  Gannach  (auch  sJbu-ualid  Martin),  Arzt  zu  Cor- 
dova  (um  1121)«  Seine  Grammatik  (ncpl.T  15D  opus  ph/ygio* 
nicum)  wurde  von  4  verschiedenen  Rabbinen  ins  Hebräische  über- 
setzt, am  bekanntesten  von  Aben  Tibbnn  (See.  .XIII)  einem  arhr 
thatigen  Uebersct/er  aus  dem  Arabischen.  Sie  ist  schon  nach  den 
3  Redetheilen  geordnet.  Mss-  davon  liegen  zu  Rom  ,  Paris  und 
Oxford,  z.  ß.  No.  5377  der  P.oJleyisclien  Mss.  Proben  und  Aus- 
züge bey  Simon  a.  a.  O.  Morin&S  S.  527«  Vgl.  Pococke  piatf. 
ad  portam  Mosis  p.  £<      //  olj    I,  S.  47*}.   III,  371.   IV,  8  le- 


digeres von   U  olf  in  dessen   hibl.  Leb;.    T.  II.    S.  59-.     T.  IV- 
S.  271.     Vgl.  Morini  Exercitatt.  fahL    S.  10O  il.  4~<i  iL 


5 

v  Studium.     (J.  29.    Grammatiker.  97 

\^ 

^    >     Jarchfs  (§.  30,  2)   Grammatik:   lingua  eruditorum   ist  ebenfalls 

eingedruckt.      Die   von  Äben  Esra  (§.30,  2):    State/ a  liäguao  San- 
\.~^tae  erschien  dagegen  Veiiet.  i5-f6.  Q.     Auch  seine  Cormnen  tauen 
Enthalten  viel  nützliches  für  Grammatik 

V     ii.  Joseph  Kimchi   (Vater    zweyer   berühmten  Söhne,   lebte   zu 
■Jarbonne  um  1160):    liber  memoriae ,    ist   nur  noch   im    Ms.   auf 
*^er  Oppenheimerschen  Bibliothek  in  Hamburg. 

R.  Mose  Kimchi,  dessen  älterer  Sohn  (um  lipo).  Seine 
Grammatik,  die  sich  den  neuern  schon  weit  mehr  nähert,  ist  öf- 
^er  gedruckt,  am  besten  unter  dem  Tite!  oboiircptx,  mit  den  Erläu- 
terungen von  Elias  Levita ,  und  Noten  von  VEmpereur.  Leiden 
.1631.  Auch  von  Minister  1531.  1536.  Vgl.  Wolf  I,  5.  892. 
U,  810. 

2.    Alle  jene  Vorgänger  verdrängte  aber  am  Ende  öVs 

Cvölften  Jahrhunderts  David  Kimchi,  indem  er  ihr  Gutes  zu 

ereinigen,  und  es  ihnen  an  Vollständigkeit  und  lichtvoller 

)rdnung  zuvorzutliun  wufste.     Als  Grammatiker  und  Lexi- 

ograph  erlangte  er  bey  den  Juden   ein  beynahe  klassisches 

knsehn,     und  es   ward    sprichwörtlich:    min   p«  nop    p,y. 

Vuch   bey  den    ältesten   christlichen   Grammatiken   liegt   er 

jielir    oder    weniger    zum   Grunde.      Mehrere    Jahrhunderte 

lang   hatte  er  keinen   bedeutenden  Nachfolger ,    erst  später 

fand  er  einen  fast  erklärten  Bestreiter  an  Ephodaeus.     Der 

Preis  von  allen  jüdischen  Grammatikern  gebührt  aber  wohl 

dem   Elias  Levita ,    einem  Deutschen,    welcher  mit   vorur- 

theilsfreyem  Geiste  Scharfblick  und  Gelehrsamkeit  verband. 

Er  lehrte  zuerst  unter  den  Juden  die  Neuheit  der  Vocalzei- 

chen,  wurde  aber  für  solche  Neuerungen  und  den  Umgang 

mit  Christen  auch  von  seinen  Eandsleuten  verketzert. 

R.  David  Kimchi  (pT"0  um  HQO       Sein  grammatisches  Werk 

Voö   umfafst  Grammatik  und  Wörterbuch   (D^"^)»   wiewohl 

:  ■  tt\ 

man  gewöhnlich  nur  die  erstere  so  nennt.  Sie  erschienen  zusam- 
men Constp.  1513.31.  Venet.  1529.  45.46.  Wolf  I,  2yg.  III, 
lß9-    IV,  8°5«      Köcheri  nova  bibl.  hebr.    I,  40. 

Ephodaeus  (eig.  R.  Isaac  ben  Mote ,  auch  |NTn  Ü3**lS  d.  i. 
■perprtuo  durans,  letzteres  wahrsch.  als  Proselyt)  fuhrt  gewohnl.  je- 
nen Namen  von  seinem  Werke:  *ll£)M  nit'l'O  1  welches  noch  im» 
gedruckt,   aber  von  Morinus  und  ßuxtorj  häufig  benutzt  worden 

G 


98     Abschn.  IL  Gesch.  d.  hehr.  Sprachhunde.  Per.  II.  Gramm. 

ist.  Man  warf  ihm  Neucrungssucht  vor.  Löscher  S.  »05. 
Wolf  I,   S.  994. 

Abraham  de  Bulmes ,  ein  neapol.  Arzt,  schrieb  peculium  Abra- 
hami,  Venet.  1523.  4,  mit  einer  lat.  Uebers.,  die  von  ihm  selbst 
herrühren  soll,  aber  dunkel  ist.      Wolf  III,  45. 

Elias  JLciita  (geb.  1469  im  Baireuthischen ,  lehrte  zu  Rom, 
Venedig  und  Pauua,  war -der  Lehrer  von  Fa^ius,  Münster  u.  A. 
st.  154g).  Aufser  Commentarien  über  Mose  Kimchi  gehört  hie- 
lier  :  sein  V.rOn  ISO,  eine  vollständ.  Gramm.,  mit  Münsters  Ver- 
sion, Basel  1525.  g.;  ini^X  "»p*l£)  eepita  Eliae,  genauere  gramm. 
Abhandlungen;  rä2>*lhn  ISO  Über  compositienis ,  ein  erklärendes 
Verzeichniis  der  anomalischen  Formen,  alphabetisch  geordnet  und 
herausgegeben  r.  Münster  1536«  8-J  Masoreth  Hammasoreth, 
übers,  von  Semler  1772,  in  deren  31er  Vorrede  er  die  Neuheit 
der  Vocal/.eichen  behauptet.  (Vgl.  Sei.  Münster  §.  33).  S.  H'olf 
I,  S.  153.  III,  S.  97.  Köcher i  novo.  bibl.  htbr,  I,  iß.  Simon 
Jiist.  crit.   S.  199. 

3.  Da  die  ersten  hebräischen  Grammatiker  sich  ganz 
nach  dem  Muster  der  arabischen  bildeten ,  ist  es  kein  Wun- 
der, dafs  sich  auch  der  Zuschnitt  und  die  Methode  derselben, 
selbst  in  willkührlichen  Dingen,  eng  an  jene  anschliefsen. 
Daher  die  Eintheilung  in  Nomen,  Verbum  und  Partikel,  die 
meisten  grammatischen  Kunstausdrücke,  die  vocts  memoria- 
/es,  wie  ln^N,  nS0*T33  u.  s.  w.  Manches,  was  man  als  min- 
der passend  erkannte,  wurde  auch  bald  wieder  abgeschafft. 
So  hat  schon  Moses  Kimchi  statt  Vl>3  das  Paradigma  ips; 
auch  schickte  man  aus  guten  Gründen  die  Lehre  vom  Verbo 
der  vom  Nomen  voran,  was  erst  Neuere  mit  Unrecht  wie- 
der aboestellt  haben.      Eben  so  scheinen  schon   die  ältesten 

o 

Grammatiker  die  Conjugationen  auf  die  heutige  Weise,  mit. 
hin  verschieden  von  den  Arabern,  zu  ordnen. 

Allerdings  hat  die  grammatische  Behandlung  der  hebräi- 
schen Sprache  nachmals  durch  klassisch -gebildete  und  mit 
oelehrter  Kcnntni/s  der  Dialekte  ausgerüstete  christliche  Gc- 
lehrte  gewonnen  ;  allein  gar  nicht  selten  hat  man  auch  nicht 
zum  Vortheil  des  Studiums  die  früheren  Bestimmungen  mit 
andern  vertauscht,  die  dem  Charakter  der  hebräischen  Spra. 
die  weit  minder  angemessen  sind.     Auf  jeden  Fall  wird  der 


Slud.  {J.30.  Lexicographen}Commeniatoren,Uebersetzer.    99 

gelehrte  Grammatiker  und  Exeget  die  Lesung  eines  Kimcfii 
und  Elias  Levita ,  die  ihm  schon  zur  vollständigen  Umsicht 
nothwcndig  ist,  in  mehreren  Rücksichten,  als  der  blofs  hi- 
storischen,  unterrichtend  finden. 

Uebev  ihre    von   den   Arabern   entlehnte  Methode   s.    Hoaing. 
Smegma  Orient.    S.-  110. 

Grammatische    Ausdrücke,     die    den    arabischen     nachgebildet 

*  * .  ,  r 

sind:  Suis  ,  \*-*  Verb  um  ,  ^22,  *V-0  Conjugation ,  121CH, 
5 «>.-'  ->  .  5  -  c  3 

*XX»A*-/ I    der  Anredende,  d.i.  erste  Person,    inci,   &Q^  ^er 

Verborgene,  d.  i.  dritte  Person,  liplD,  pO^ta.*  (Quelle)  Infini- 
tiv u.  s.  w.  Andere  Ausdrücke  sind  aber  älter  und  kommen 
schon  in  der  Masura  häufig  vor. 

6-    3o. 

Lexicograpben ,   Commentatoren,  Uebersetzer. 

1.  Die  zuvorgenannten  ersten  Grammatiker  legten  auch 
den  Grund  zur  Lexicographie.  Diese  bestand  Anfangs  nur 
in  Zusammenstellung  auserlesener  schwerer  Wörter,  mit 
beygesetzter  arabischer  Bedeutung.  Die  ersten  Zusammen- 
stellungen aller  Stammwörter  kennt  man  von  Menahem  ben 
Sarug ,  und  Salorno  Parchon.  Auf  ihre  Schultern  trat  vor- 
züglich David  Kimchi ,  ■welcher  auch  als  Lexicograph  eben 
so  sehr  den  Ruhm  seiner  Vorgänger  verdunkelte,  als  ihn 
keiner  seiner  Nachfolger  zu  verdrängen  vermochte4). 

Erklärungen  einzelner  schwierigen  Wörter  von  Saadia  und 
Juda  Chiug  hegen  im  Ms.  zu  Oxlord  (cod.  Huntington  S.  73, 
394). 

R.  Jona  (29,  1)  erklärt  in  seinem  mit  der  Grammatik  verbun* 
denen  0*tth\ü  "\ZD  vorzüglich  Namen  aus  der  Naturgeschichte, 
Ton  Maafs  und  Gewicht  u.  dgl.  nach  der  Meinung  älterer  Lehrer 
(namentlich  der  Geonaeer). 

R.  Juda  ben  Karis>.h  in  Fes  sab  vorzüglich  Erläuterungen  auf? 
dem  Arabischen,  deren  mehrere  recht  glücklich  sind,      ff  elf  bibl. 


4)    Wolf  hist.  lexicorum  hebraicorum.   Viteb.  1707.   8-      Biblioth. 
hebr.    11,  S.  546.    IV»  S.  231. 

6  a 


»oo  Abschn.II.   Gesch.  d.hebr.  Sprachkunde.  Per.  II.  Gramm.» 

hehr.  III,  311.  Auszüge  aus  einem  Oxforder  Ms.  von  Schnurrer 
s.  in  Eichhorns  Biblioth.  der  bibl.  Literatur.    B.  3.    S.  951  ff. 

JWenahem  ben  Saruk  lebte  See.  XI.  Anf.  in  Spanien.  Sein  Wör- 
terb.  ni^anE  findet  sich  im  Ms.  zu  Wien,  Rom,  Berlin.  S.  M^olf 
I,  771.   III»  6921  woselbst  auch  eine  Probe. 

R:  Salomo  Parchon  schrieb  ein  Wörterbuch,  unter  dem  Titel 
des  vorigen,  wovon  unter  andern  Je  Rossi  ein  Ms.  besitzt,  aus 
welchem  er  in  seinen  Fmrüs  lectionibus  hier  und  da  Auszüge  ge- 
geben hat.      Wolf  I,  S.  1057. 

R.  David  Kimclii  (§.  £9,  2).  Sein  Dittnty  ISO  erschien  zuerst 
zu  Neapel  1490,  auch  Venet.  1522  ;  dann  öfter  mit  der  Gramma- 
tik zusammen.  Das  Verzeichnifs  der  aufser  den  Targumisten  und 
Talmudisten  von  ihm  benutzten  älteren  Ausleger  s.  vor  Pugnini 
thes.      Vgl  Wolf  hist.  Lex.  hehr.   S.  35  ff. 

R.  Joseph  Caspi :  Catenae  argenteae ,  noch  ungedruckt.  Er 
suchte  Grundbedeutungen  zu  bestimmen,  aber  nicht  immer  mit 
Glück.  Löscher  S.  109.  Simon  S.  198.  Wolf  bibl.  I,  540. 
IV,  855-    hist.  Lex.  S.  49. 

R.  Mardochai  oder  Isaac  Nathan  ist  Verf.  der  ersten  hebr.  Con- 
cordanz ,  die  bey  Calasio  und  Buxtorf  zum  Grunde  liegt.  S. 
Buxtorfs  Vorrede  zur  Concordanz.      Wolf  bibl.  1,631.  111,607. 

Elias  Levita  (§.  29,  2)  :  sein  UWf)  enthält  eine  ausführliche 
Erläuterung  (712)  schwerer  Wörter  der  Bibel  und  des  Talmud. 
Basel  1529.  Mit  Fagius  latein.  Uebers.  1541.  4.  Wolf  hist. 
lex.  S.  57. 

Ueber  Synonymen  der  hebräischen  Sprache  schrieben  Abraham 
Bedersensis,   Salomo  Meschullam,    s.  Wolf  I,  34.  1079. 

3.  Andere  gleichzeitige  Ausleger  legten  ihre  Worterklä'- 
vungen  in  Commentarien  y)  nieder,  in  welchen  sie  sich  frey- 
lich oft  in  einem  geschmacklosen  Schwalle  von  Sacherläute- 
vungen  gröfstentheils 'allegorischer,  kabbalistischer  Art  ver- 
lieren.    Die  geschätztesten  Commentatoren  sind: 

R.  Salomo  Jarchi  (richtiger  R.  S.  Isaac,  gewöhnl.  abgek.  *\y^ 
Ras^hi)  zu  Troycs  in  Frankreich,  st.  um  1170,  dunkel  durch 
Kürze  und  Piäcision,  und  neuer  Erklärungen  bedürftig.  Seinen 
Comment.  über  die  ganze  Pibel  s.  in  Buxtorfs  rabb.  Bibel,  lat.  mit 
Anm.  von  Breithaupt,  Gotha  1710-1 4,  4.  3  Bände.  Wolf  bibl. 
I»  »o57.   Hl»  »042.      Bayle  dut.  u.  d.  \Y. 


5)    1.  F.  Euddti  Isagog«  ad  thool.  univ.   S.  1433  ff.      Simon  ÜB» 
urit.    III,   c.  5.  6. 


Stud.  5.30.  Lexicographen,Commentatoren,Uebersetzer.   101 

Aben  Esra  (eig-  Abraham  ben  Meir  A.  £.)  „der  grofse  Weise", 
zu  Toledo  (st.  1167),  durch  Reisen  gebildet,  in  vielen  Wissen, 
schaffen  erfahren ,  aufgeklärter  als  viele  seiner  Zeitgenossen ,  und 
daher  oft  Vorgänger  des  Elias  Levita.  Sein  Comment.  (dSiU  1*10) 
ist  oft  noch  dunkler,  als  der  des  Raschi.  JVolf  i,  S.  7i-ßi. 
III,  46.    IV,  764.      Simon  a.  a.  O.   üb.  III,   chap.  iß. 

Von  David  Kimchi  ist  besonders  der  Comraentar  über  die  Pro- 
pheten häufig   gedruckt. 

R.  Tanchum  v^on  Jerusalem  (Ungewissen  Zeitalters,  aber  -nach 
JVlaimonides) ,  schrieb  arabische  Commentarien  über  das  A.  T. , 
welche  angedruckt  auf  der  Bodleyanischen  Bibliothek  liegen. 
Eine  Probe  daraus  gab  Schnurrer.   Tübingen  179L   4* 

R.  Bechai  ben  Ascher  (um  1291):  Comment.  über  den  Penta- 
teuch. 

L.evi  ben  Gerson  aus  der  Provence  (st.  1370),  schrieb  Ausle- 
gungen über  die  meisten  Bücher  des  A.  T.  (in  der  rabb.  Bibel). 
Auch  einen  Comment.  über  Aben  Esra  zum  Pentateuch. 

Isaac  Abarbeitet  aus  Lissabon  (st.  l^oß),  mehr  Sach-  als  Wort- 
erklärung. Seine  Comment.  sind  einzeln  gedruckt,  s.  IVolf  I, 
627.    III,  54o.   IV,  375.      Köcher  nova  bibl.  I,  72. 

R.  Salomo  ben  Melech  aus  Fes  (See.  16),  schrieb  *3l*  SS3Ö, 
die  Quintessenz  der  Worterklärungen  von  Kimchi  und  A.  in  ge- 
drängter Kürze  mit  vieler  Klarheit  vorgetragen.  Beste  Ausgabe 
Cst.  1635.  Fol.  mit  Abendanas  Zusätzen.  fPotf  IV,  p87«  Kö- 
cher I,  123.  Der  Jonas  als  Probe  mit  einer  lat.  Uebers.  von  Fa- 
bricius  erschien  zu  Gottingen  1792.  ß. 


Von  Moses  Maimonides ,  dem  gröfsten  Denke/  der  jüdischen 
Nation  (st.  1205),  kann  nur  sein  D*Ol22  ,~HlO  (Lehrer  der  Her- 
umirrenden) wegen  vieler  brauchbaren  hermeneutischen  Bemer- 
kungen hieher  gerechnet  werden.  S.  Simon  a.  a.  O.  S.  421  ff. 
Rosenmidier  s  Handbuch  der  Kritik  und  Exegeso  des  A.  T.  Th.  4. 
S.  124  ff. 

3.  Der  Werth,  welcher  diesen  Worterklärungen  zu- 
kommt, ist  abhängig  von  den  Quellen,  aus  welchen  jene 
Rabbinen  schöpften.  Dieses  sind  folgende:  a)  dieTarguins, 
b)  das  Chaldäische  und  Talmudische,  dessen  sie  Alle  und  c)  das 
Arabische,  dessen  wenigstens  dieAelteren  als  Muttersprache 
mächtig  waren,  und  welches  sie  fleilsig  benutzten.  Dazu 
kam  d)  Tradition ,  deren  Constanz  (selbst  in  willkührlichen 


102  Ab  sehn.  II.   Gesch.  d.hebr.  Sprachhunde.  Per.  II.  Gramm. 

Erklärungen)  bey  Wieronymus,  Saadias  und  den  Neuern  Auf- 
merksamkeit verdient.  Wo  diese  nicht  ausreichten,  mufs- 
te  endlich  e)  Conjectur  zu  Hülfe  kommen.  Allerdings  ist 
es  hier  übel,  dafs  das  Errathene  nicht  immer  sicher  vom  Tra- 
ditionellen zu  scheiden  ist,  und  die  Conjectur  eines  Aeltern 
auch  wohl  bey  den  Spätem  schon  den  Schein  einer  gewissen 
traditionellen  Auctorität  hat;  allein  die  Vergleichung  der 
verschiedenen  Rabbinen  unter  sich,  und  der  älteren  jüdi- 
schen Auctoritäten  (als  LXX,  Targg. ,  auch  mittelbar  des 
Hleronymus)  werden  hier  meist  das  Urtheil  richtig  leiten,  und 
man  hat  diesen  Punct  zum  Nachtheil  der  rabbinischen  Wort- 
bestimmungen  wohl  zu  sehr  urgirt6). 

Der  vorsichtige  Ausleger  wird  aus  ihnen  unbestreitbar 
viel  Wahres  und  Gutes  zu  nutzen  wissen ;  und  Fertigkeit 
im  Yerstehn  dieser  Quelle  sollte  wohl  jeder  Interpret 
von  Fach  ganz  unerlüfslich  besitzen.  Unter  den  vorhande- 
nen ist  Sal.  ben  Me/ech,  auch  als  Einleitung  zu  diesem  Stu- 
dio, ganz  vorzüglich  zu  empfehlen;  einige  ältere,  z.  B.  H. 
Jona,  Tanchum ,  Parchon  verdienten  aber  noch  näher  ans 
Licht  gezogen  zu  werden. 

U^ber  die  Beschaffenheit  der  damals  möglichen  Sprachkenntnifs 
urtheilt  sehr  richtig  und  bescheiden  Maimonides  in  JVlore  nebo- 
dum   I,  c.  67. 

Am  tiefsten  stehn  alle  Erklärungen  der  Rabbinen,  weiche  Sach- 
kenntnisse voraussetzen,  z.  B.  geographische,  historische,  nntur- 
historisohe,  daher  wirklich  traditionelle  und  allgemein  reeipirte 
Erklärungen,  wie  i33ttJN  Deutschland ,  n£nx  Frankreich,  *nso 
Spanien. 

4.  Vorzüglich  im  Anfange  dieser  Periode,  wo  die  ara- 
bische Muttersprache  die  Kenntnifs  des  Hebräischen  bey 
vielen  .luden  so  sehr  verdrängt  hatte,  dafs  man  selbst  eine 
arabische    Uebersetzung    des   Talmud    wünschte7),     wurde 


6)  Mihailis   Bcurtheilung   der  Mittel  S.  38»      Jahns  Einleit.   in 
das  A.  T.    Th.   1.   S.  »53« 

7)  PocOihe  praej.  ml  JVlaimonidis  portam  Alosls. 


Stud.  {J.  30.  Lexicograplien,  CommenCaloren,  Ueberselzer.   105 

auch  eine  arabische  Bibelübersetzung  Bedürfnifs.  Ihm  ge- 
nügte R.  Saadia  Gaon  (g.  29,1)  auf  eine  Weise,  welche 
hinlänglich  zeigt,  dafs  selbst  in  jenem  dunkelsten  Zeitalter 
gelehrtes  Studium  und  brauchbare  Tradition  noch  nicht  er- 
loschen war8).  Minder  wichtig,  aber  nicht  ohne  Sprach- 
kenntnifs  verfafst,  und  nicht  ohne  eigentümliche  Erklärun- 
gen ist  auch  der  sogenannte  Erpenische  Penlateuch  (London 
1622.  4.)  von  der  Hand  eines  maurischen  Juden  im  i3ten 
Jahrhundert. 

Noch  gehört  hieher  die  griechische  Uebersetzung  der 
Marcus-Bibliothek  zu  Venedig  (wovon  der  Pentateuch  und 
mehrere  Hagiographa  gedruckt  sind) ,  die  einzige  Probe  der 
Schriftgelehrsamkeit  bey  den  griechischen  Juden  dieser  Pe- 
riode. Der  sich  an  die  rabbinische  Reception  anschliefsen- 
de  Charakter  ihrer  Exegese9  ,  ihre  ängstliche 'Wörtlichkeit 
und  die  widerlich  geschmacklose  Anwendung  griechischer 
Wortgelehrsamkeit  spricht  für  die  Abfassung  derselben  von 
einem,  vielleicht  byzantinischen,  Juden  des  ßten  bis  uten 
Jahrhunderts. 

Alle  bisher  genannte  Arbeiten  geboren  der  herrschenden  Secte 
der  Rabbaniten.  Von  denen  der  Karaiten  kennt  man  einen  unge- 
d ruckten  Commentar  von  Abraham  ben  Juda ,  und  Gramm,  und 
Comment.  von  Aharon  ben  Joseph,  deren  Inhalt  noch  genauer« 
Untersuchung  verdiente.  S.  IVolf  Bibl.  hebr.  I,  121.  III,  36. 
74.  Ejusd.  notitia  Karaeurum  praef.  p.  13.  In  manchen  Ausle- 
gungen weichet  die  ganze  Sekte  von  der  der  Rabbaniten  ab,  so  ist 
z.  B.  00*1!?  p3  nach  den  Karaiten  (und  Samaritancrn)  die  Zeit 
zwischen  Sonnenuntergang  und  dem  Dunkelwerden,  nach  den 
Rabbaniten  die  von  dem  Neigen  der  Sonne  bis  zum  wirklichen 
Untergänge. 

Ein  besonderes  Verdienst  um  die  Verbreitung  de3  A.  T.   haben 


g)  Ueber  den  Umfang  dieser  Uebersetzung  s.  die  Einleitung?- 
Schriften  von  Eichhorn  und  Beriholdi.  Mehrcres  zu  ihrer  War- 
digung  in  Carpzov  Crilica  sacra  V.  T.   S.  646  ff« 

g)  Amnion  diss.  de  versionit  V.  T.  graeeae  Venetae  usu ,  in- 
dole  et  aetate,  Sect.  II. 


104  Ahschn.  II.   Gesch.  d.  hebr.  Sprachkunde.  Per.  II.  Gramm. 

die  Juden  dieser  Periode  noch  durch  die  Besorgung  der  ersten 
Drucke  desselben.  Das  erste  gedruckte  biblische  Buch  ist  ein 
Psalti-r  (zu  Bologna)  1477»  die  erste  vollständige  hebr.  Bibel  er. 
schien  zu  Soncino  1488* 

Ö-     3x. 

Christliche     S  ehr  i  fts  tel  ler. 

1.  Bey  den  Christen  lag  die  Kenntnifs  des  Hebräischen, 
wo  möglich,  noch  tiefer  darnieder,  als  in  der  vorigen  Perio- 
de. Den  scholastischen  Theologen  war  selbst  der  griechi- 
sche Urtext  fremd,  und  den  unwissenden  Mönchen  galt  he- 
bräische Sprachkunde  fast  für  jüdische  Ketzerey  10). 

Charakteristisch,  auch  für  die  excerpirten  Schriftsteller,  ist  die 
Erklärung  der  hebräischen  Wörter  des  N.  T. ,  die  man  aus  lat. 
Vätern  ^!)  schöpfte,  wovon  hier  eine  Pmbe  stehn  mag.  Duran- 
dus  gibt  zu  Apoc.  19,  1  folgende  Erklärungen  von  Halleluja :  Aw 
°i"tinus  sie  exponit :  al  i.  e.  salvum,  le  i.  e.  me,  lu  i.  e.  fac,  ia 
Domine.  Hieronymus  sie  :  alle  i.  e.  cantate ,  lu  i.  e.  laudem  ,  ia 
ad  Dominum.  (Unrichtig  !  denn  H.  erklärt  das  Wort  ganz  rich- 
tig: T.  5.  S.  64  (ed.  Fiancof.)  Gregorius  sie:  Alle  pater,  lu 
ßlius,  ia  spir.  S.  vel  alle  lux,  lu  vita,  ia  Salus.  M.  Petrus 
antisidorensis  sie:  al  altisnmus,  le  levatus  in  cruce ,  l u  lugebant 
apoitoli,    i  a  iam  returra7.it. 

2.  Einzelne  des  Hebräischen  (aber  freylich  mehr  des 
Rabbinischen,  als  der  Bibelsprache)  Kundige,  wie  Roymi'iid 
Martini ,  benutzten  es  vornehmlich  zum  Behuf  der  Polemik 
mit  den  Juden,  und  der  Bekehrung  derselben,  zu  welchem 
Zwecke  auch  zunächst  1311  auf  dem  Concilio  zu  Vienne  die 
Errichtung  morgenländischer  Professuren  auf  den  Universi- 
täten verordnet  wurde  * ').  Auf  die  Schriftauslegung  wurde 
es  nur  von  6ehr  wenigen  angewandt,  besonders  von  Aicolaus 
(/c  Iyray  der  zur  Auslegung  des  A.  T.  aus  dem  Grundtexte 
bey  den  Christen  den  Ion  angab. 


10)  Claudius  Lspencaeus  (Commcnt.  ad  2  Tim.  3):  in  aueferibut 
latinis  graece  nnste  suspectutn  ,  hebraice  autem  paene  Interet'u  um 
fuit.  Vgl.  Schudt  del'uine  hebr.  philologieao  p.  2{Ji.  Hut- 
tinncr  Snu-gma  Orient.    S.    iq  IT. 

11)  Cf.  Sixti  simamae  Antibarb.  bibl.   p.  23c/  ff. 


Studium.     Q.  31.   Christliche  Schriftsteller.  io,5 

Raymundws  Martini,  ein  spanischer  Dominicaner  (früher  Jude? 
tt.  1  2#4)«  Sein  Werk  :  pugio  fidei  adv.  Mauros  et  Judaeos,  zeugt 
von  vieler  Belesenheit  in  jüdischen  Schriften,  ed.  Carpzov.  1637« 
Fol.      Vgl.   Wolf  I,  roi 6.    III,  güg.      Bayle  dict.  11.  d.  W. 

Nicolaus  de  Lyra,  ein  Exjude  (woran  andere  noch  zweifeln), 
Franziskaner  zu  Paris,  doctor  planus  et  utilis  (um  1520),  schrieb 
Postilla  perpetua  in  universa  bihlia.  Sprichwort :  nisi  lyra  ly 
rastet,  totus  mundus  dclirasset,  nach  andern :  Lutherus  non  saltas- 
set.  Letzterer  hat  ihn  nämlich  sehr  benutzt.  Wolf  I,  963. 
Zusätze  dazu  lieferte 

Paulus  Burgensis,  ebenfalls  ein  bekehrter  Jude  (um  d.  J.  1390). 

Als  einzelne  Kenner  des  Hebräischen  zu  verschiedenen  Zwek- 
ken  nennt  man  im  i5ten  Jahrhundert:  Jo.  PT^essel  in  Köln,  Hei- 
delberg, Basel  (st.  1489);  Pico,  Graf  von  Mirandola  (st.  1494); 
M'ilhelm  Raymund  und  Conrad  Summenhart  in  Tübingen,  lie- 
ber letztere ,  die  Lehrer  von  Pellicanus ,  s.  Schnurrer  biographi- 
eche  und  literarische  Nachrichten  von  ehemaligen  Lehrern  der  he- 
braischen  Sprache  in  Tübingen.   S.  2. 


Dritte    Periode. 

Anfang  des  hebräischen  Sprachstudiums  bey  den   Christen. 
{See.  XVI -XV II med.) 

5-     32. 
Uebersicht.      Charakter  der  Periode. 

1.  Mit  dem  Anfange  des  sechszehnten  Jahrhunderts 
ging  das  Studium  der  hebräischen  Sprache  zu  den  Christen 
über,  und  die  Juden,  die  mit  einem  Elias  Leuita  ihren  Cul- 
minationspunet  erreichten,  treten  von  nun  an  fast  ganz  in 
den  Hintergrund.  Aufser  dem  allgemeinen  Geiste  der  Zeit, 
welcher  auf  Hervorziehung  der  Kenntnisse  und  Schätze  des 
Alterthums  drang,  fand  die  hebräische  Sprachkunde  ein 
Hauptbeförderungsmittel  an  der  Reformation  mit  ihrem 
Grundsatze,  die  Schrift  aus  der  Ursprache  zu  erläutern'). 
Dabey  hatten  aber  die  ersten  Lehrer  des  Hebräischen  unter, 
den  Christen  noch  mit  mehrern  Schwierigkeiten  zu  kämpfen. 

1 )  Meyers  Geschichte  der  Schrifteiklärung.    II,  S.  1  fh 


io6  Abschn.II.  Gesch.  d.hebr.  Sprachkunde.  Per.  1  IT.  Anfang 

Sie  mufsten  ihre  Kenntnifs  erst  aus  dem  mündlichen  Unter- 
richte habsüchtiger  und  geheimnifs voller  Rabhinen  schö- 
pfen2), um  sich  dann  aus  den  ohnehin  schwer  habhaften 
grammatischen  Schriften  der  Juden  weiter  belehren  zu  kön- 
nen, und  einigen,  z.B.  Reuchlin,  wurde  wohl  obendrein 
noch  Verfolgung  und  Verketzerung  zum  Lohne.  Auf  ihren 
Grund  baueten  aber  andere  um  so  schneller  und  leichter 
fort. 

Schon  zu  Luthers  Zeit  (1517-46)  war  hebräische  Sprachkun- 
de, vornehmlich  unter  den  Protestantischgesinnten ,  nicht  mehr 
selten,  und  dieser  empfiehlt  sie  zum  Behuf  der  Exegese  und  Polemik 
mit  seiner  eigenthürolichen  Kraftsprache  (Comment.  in  Ps.  45) : 
Sacpe  mortui,  ut  linguam  hehraeam  disceretis ,  nee  eam  ita  neglige- 
retis.  Arbitror  nos  habitüros  religionis  nostrae  hoste*  Hispanos, 
Gallos,  Ilalos,  Turcas  etiam ,  ibi  certe  cognitione  linguae  hebreeae 
opus  erit.  Scio  enim,  quantum  mihi  contra  hostes  meos  profuerit, 
quare  hac  quantulaeunque  cognitione  inßnitis  aurcorum  mülibus  ca- 
rere  noliin.  Et  vos  ergo  dabitis  operam,  ut  harte  quoque  linguam 
discatis ,  si  non  pecora  campi  et  indoctum  vulgus  haberi  inltis. 
Nach  15*70,  liefs  sich  selbst  Churffirst  August  von  Sachsen  durch 
llutter  im  Hebräischen  unterrichten. 

Bey  den  KathoUken  gaben  die  obscurar.tischen  Mönche  noch  hier 
und  da  eine  hemmende  Potenz  ab.  Noch  in  der  Mitte  des  löten 
Jahrhunderts  hörte  Conr.  He  r  es  b  ach  (Orat.  de  laudihus  Ute- 
rar,  graec.  Fol.  26)  einen  Mönch  von  der  Kanzel  sagen  :  man  hat 
eine  neue  Sprache  aufgebracht,  die  heifst  die  griechische,  vor 
dieser  hat  man  sich  sorgfältig  zu  baten,  sie  veranlafst  lauter  Ke- 
tzereyen ;  hier  und  da  haben  auch  die  Leute  in  dieser  Sprache  ein 
Euch,  das  N.T.  genannt,  dieses  Bach  ist  voll  Steine  und  Ottern  ; 
es  trill  noch  eine  andere  Sprache  aufkommen,  die  hebräische ;  die 
diese  lernen,  werden  Juden.  Aehnliche  Stimmen  heften  sich  selbst 
xu  Trident  vernehmen.  Im  Ganzen  ist  auch  die  Zahl  der  hebr. 
Puilologen  unter  den  Katholiken  in  dieser  Periode  verhältnifsmä- 
fsig  nur  gering. 

S.  Im  Allgemeinen  besteht  der  Charakter  der  hebräi- 
schen Philologie  in  dieser  Periode  in  Anhänglichkeit  an 
Tradition  und  Manier  der  jüdischen  Ausleger,  und  das  Ver- 


2)    Vgl.  Reuchlini  Rudimenla.   S.  670.      JJ'olf  bist.  Lex.  S.  79. 


d.  hebr.  Sprachstud.  hey  d.  Christ,  §.  32.  Charakter  d.  Per.     1 07 

dienst  der  meisten  Gelehrten  beschränkt  sich  darauf,  das 
aus  den  Rabbinen  Geschöpfte  zugänglich,  geniefsbar  ge- 
macht und  weiter  verbreitet  zu  haben.  Nächst  ihnen  wur- 
de höchstens  noch  die  Vulgata ,  seltener  die  LXX,  benutzt. 
Kur  an  Anordnung,  Klarheit  und  Methode  thun  es  Viele 
ihren  jüdischen  Vorgängern  zuvor.  Einige,  die  sich  zur 
Unzeit  von  jenen  Führern  losmachen  wollten,  geriethen  auf 
noch  gröfsere  Abwege;  die  wenigen  aber,  welche  durch 
Empfehlung  der  verwandten  Dialekte  der  folgenden  Periode 
vorangingen ,  hatten  wenigstens  noch  keinen  Einflufs  auf 
die  herrschende  Methode.  Nach  dieser  allgemeinen  Anga- 
he  hielten  der  Anbau  der  Grammatik,  der  Lexicographie 
und  der  philologischen  Erläuterung  ziemlich  gleichen 
Schritt. 

Die  Juden  machten  sich  fortdauernd  am  verdientesten  durch 
Ausgaben  des  A.  T.  Jacob  ben  Chajjim  (aus  Tunis,  st. 
1525):  biblia  Bombergiana  II.  Venet.  1515;  Juda  Arje  (Leo 
JVIutinensis)  zu  Venedig ,  st.  1612;  Joseph  Athias  (in  Am- 
sterdam): Biblia  hebr.  Amstelod.  1661 .  g.  Unter  den  christli- 
chen Ausgaben  sind  am  berühmtesten :  die  v.  Seb.  Münster  1536", 
V.  El.  Hutter  (zuletzt  Inhaber  einer  hebr.  Druckerey  in  Nürnb.) 
1587!  Buxtorfs  rabbin.  Bibel  16 iß«  ^Gxg.  Polyglotten:  die 
Complutensische  von  Fr.  Ximenes  1514-»?;  die  Antwerpische 
von  Ar  ias  Montanas  1569-72;  die  Pariser  (von  le  Jay} 
1629-45. 

Grammatiker3). 

Als  den  Vater  der  hebräischen  Sprachkunde  bey  den 
Christen  verehrt  die  Geschichte  den  auch  sonst  um  sein 
Zeitalter  hochverdienten  Reuchlin ,  -wiewohl  er,  genau  ge- 
nommen, nicht  der  erste  Grammatiker  ist.  Seine  vornehm- 
lich auf  Kimch'Cs  Mlchlol  gebaueten  Rudimenta  linguae  he~ 


3)  Alphabetisches  Vcrzeichnifs  der  christlichen  Grammatiker  bi» 
1730  s.  in  U'olfii  Biblioth.  hebr.  II,  600  ff.  IV.  260  fl.  Dazu 
Köcher  II.  139  IT. 


loß  AbscJin.IL  Gesch.  d.  hebr.Sprac?ihunde.  Per.  III.  Anfang 

braicae  (1,506)  wurden  bey  aller  Unvollkommenheit  die 
Hauptquelle  für  die  Hebiäischlernenden  in  Deutschland; 
bis  sie  (seit  1556)  durch  .Seb,  Munster 's,  und  (seit  1609)  durch 
ßuxtorf's  allerdings  weit  vollkom  innere  grammatische  Arbei- 
ten verdrängt  wurden.  Nur  etwas  später,  als  Reuchlin  in 
Deutschland,  lehrte  in  Italien  Santes  Phgninua ,  dessen  Ar- 
beiten zwar  auch  nur  Auszüge  aus  den  Rabbinen  enthalten, 
aber  die  Reuchlinschen  an  Vollständigkeit  und  Belesenheit 
in  denselben  weit  übertreffen.  Aufser  diesen  stellten  auch 
die  übrigen  europäischen  Länder  ihre  Grammatiker  auf,  die 
jedoch,  wenn  gleich  für  ihre  Zeit  und  ihren  Wirkungskreis 
nützlich,  zu  keiner  dauernden  Celebrität  gelangt  sind4). 

Vorzügliche  Auszeichnung  verdient  noch  gegen  das 
Ende  der  Periode  Sal.  Glafs  wegen  seiner  noch  heut  von 
wenigen  übertroffenen  biblischen  Syntax:  ein  um  so  wichti- 
geres Werk,  weil  die  bisherigen  Grammatiker  diesen  Theil 
ganz  übergangen,  oder  ihn  nur  bey  der  Formenlehre  stück- 
weise und  unbefriedigend  abgefertigt  hatten. 

Die  erste,  aber  sehr  unvollkommene  und  -wenig  bekannt  ge- 
wordene, Grammatik  unter  den  Christen  schrieb :  Conrad  PeL 
ii  can  in:  de  modo  legendi  et  intelli^endi  Hebraea.  Basil.  1503. 
4.  Der  Verf.,  damals  ein  22jähriger  Mönch  zu  Tübingen,  hatte 
sie  ohne  irgend  ein  Hülfsmittel,  als  hebräische  Bibel  und  lat.  Ue- 
berset/.iui^ ,  zusammen  gestellt.  Eben  so  hatte  er  ein  Wortregi- 
ster entworfen.  Vgl.  M.  Adami  vitae  germanorum  Theologo- 
rum (1620).  S.  262.  Björnstahls  Briefe  B.  5.  S.  543.  Schnur- 
rer a.  a.  O.   S.  4- 

J o.  Reuchlin  (geb.  1454,  st.  1511)  ward  erst  von  einem 
jüdischen  Arzt  Loans  Üi  Wien,  dann  zu  Born  von  Obadja  Jacob- 
son Sphomo,  einem  genannten  jüdischen  Gelehrten  5),  im  Hebräi- 
schen unterrichtet 6) ,    wo   er   jede  Stunde   mit  einem  aureus  be- 


4)  Pauli  Colomesii  Gallia  orientalis.  Haag  i66"5-  4«  B.iusd. 
Ilalia  et  Ilispania  orientalis,  ed.  J o.  Chr.  II  olf.  llamb. 
1730.    4. 

5)  II  olf  bibl.  hebr.   I,  939-    IH  QB6.    IV,  939. 

6)  Nach  Melanchthon  zuerst  von  //  Mt$l  in  Basel,  wovon  er  ab«r 
seihst  (Pracf.  ad  iiudimcnta)  nichts  erwähnt. 


d.hebr.Sprachstud.bey  d.  Christ.  §.  33.  Grammatiker.     109 

zahlte.      Als  schwäbischer  Bundesrichter  schrieb  er  hierauf  seine 

lib.  HI.    de    rudimentis   hebraicis  ad  Dionysium  fratrem    iuum  ger. 

manum.    1506.    62 1S.   gr.  4.  oder  kl.  Fol.»     am  Schlafs   mit   den 

Worten:    exegi  monumentum ,   aere  perennius.     (Verb.  Ausg.  von 

Seb.  Munster.  Basel  1537.    Fol.)      Auf  eine  kurze  Anweisung  zu 

den    Elementen  folgt  ein   Wörterbuch    in    2   Büchern,    dann   als 

3tes  Buch  eine  Grammatik.      In   der  Zuschrift   an   seinen    Bruder 

nennt  er   sich   den  Gründer  dieser  Literatur   unter   den  Christen. 

In  der  Grammatik   erkennt   man    leicht  die   rabbinischen    Muster, 

aber  er  hat  nicht  soviel  Schule  als  jene,  dagegen  sucht  er  manches 

durch   classische   Analogieen   deutlich  zu  machen.      Von  ihm  sind 
o 

ohne  Zweifel  die  meisten  grammatisch- technischen  Ausdrücke, 
als  conjugatio  (in  dem  Sinne  des  hebr.  pJ3),  Status  absolutus  und 
Status  regiminis,  ajjixum  u.  s.  w. ;  wahrscheinlich  auch  die  we- 
nigstens in  Deutschland  reeipirteste  Aussprache  des  Hebräischen, 
des  t  durch  „a  obliquum" ,  dos  Kibbuz  durch  ü.t  das  gänzliche 
Ausbissen  des  V.  Manches  schon  von  den  Rabbinen  richtig  Vor- 
getragene war  ihm  allerdings  nicht  klar  geworden,  so  rechnet  er 
(S.  7  und  öfter)  mit  Hieronymus  PI  und  if  zu  den  Vocalen,  und 
nimmt  (S.  559)  die  Dualendung  D*'-=-  eben  so  gut  für  einen  un- 
regelmäfsigen  Plural ,  alsNin,  OD;  tl%tf  DT13.  In  Rücksicht 
auf  lange  und  kurze  Vocale  ist  er  überhaupt  sehr  nachlässig. 
Vom  Wörterbuch  unten.  Aufserdem:  de  accentibus  et  nrthogra- 
phia.  1518.  4»  Einige  andere  Schriften  zeugen  von  Anhänglich- 
keit an  kabbalistische  Philosophie.  Sein  Eifer  für  die  hebräische 
Literatur  wurde  besonders  von  den  Cölnischen  Obscuranten  ver- 
ketzert. Vgl,  Meiners  Lebensbeschreibungen  berühmter  Männer 
ans  den  Zeiten  der  Wiederherstellung  der  Wissenschaften  I,  97  ff. 
Jo.  Reuchlini  vita  descripta  a  J.  H.  Aiaio.  16QJ.  Q.  Adami 
und  Schnurr  er  a.  a.  O. 

J  o.  B  ö  sehen  stein,  Prof.  zu  Wittenberg  ( Prosely  t  ?  geb. 
»472,  st.  nach  1530).  Elementale  introd.  Augsb.  1514*  4«  Hebr. 
grammat.  institutiones.  Viteb.  15 13-  4*  ^n  ^er  er*ten  von  Me- 
lanchthon  besorgten  Ausgabe  sind  aus  Mangel  an  Typen  die  he- 
bräischen Wörter  im  Drucke  ausgelassen  und  nachher  mit  rother 
Dinte  an  den  Rand  geschrieben.  Vgl.  Hirt's  Orient.  Bibliothek. 
Th.  6.  no.  21.  Meusels  lit.  Magazin.  St.  1.  S.  103.  Er  heifsc 
bey  Luther  apostata,  weil  er  zur  römischen  Kirche  übertrat, 
nicht  als  Exjude  l 

Seb.  Münster  (geb.  1489»  gest.  1552  als  Prof.  in  Heidel- 
berg, auch  Geograph  und  Mathematiker,  daher  Germanorum 
Esdras  Straboquc').  Er  schliefst  sich  ganz  an  Elias  Levila  an,  den 
er  sehr  verehrt,   und  mit  Recht  allen  übrigen  Grammatikern  vor- 


na  Abschn.II.  Gesch.  d.  hebr.Spraohkunde.  Per.  III.  Anfang 

rieht.  Er  übersetzte  dessen  grammatische  Schriften  in  das  Latei- 
nische (§.  29,  2)  und  stellte  nach  mehreren  kürzen*  Versuchen 
(15^5.  5*')  eine  vollständige  Grammatik  daraus  zusammen: 
öS'iin  pllpin  rDS<Sp  opus  grammaticum  ccnsummaium  ex  variis 
libris  Elfanis  concmnatmm.  Basil.  i544*  19°  S.  4.  Die  Lehre  von 
der  Flexion  des  Nomen  ist  schon  sehr  klar  und  genau.  Die  Vor- 
rede erzählt  seine  Bildungsgeschichte  und  den  damaligen  Zustand 
der  hebr.  Gelehrsamkeit.  Lieber  die  Frage,  ob  er,  wie  E.  Levita, 
die  Neuheit  der  Vocalzeichen  angenommen  habe,  s.  StangSs  theo- 
logische Symmikta.   Th.  2.   S.  553  ff. 

Otto  Gualtper  zu  Marpurg  (st.  1 624)  erwarb  sich  einige  Ver- 
dienste um  die  Syntax.  Grammut.  hebr.  Viteb-  159c. 
•  Jo.  Buxtorf  d.  Aelt. ,  seit  1591  Prof.  zu  Basel,  st.  162g, 
verdient  und  berühmt  durch  die  ausgebreitetste  Belesenheit  in  der 
hebräischen  Literatur  im  weitesten  Umfange.  Sein  thesaurus 
grammaticus  linguae  Sanctae.  Basil.  1609.  8-  und  rifter  (19.  29. 
63)  übertrifft  an  Ausführlichkeit,  Genauigkeit  und  Methode  alle 
frühem  und  die  rabbinischen  Grammatiken  weit,  wenn  man 
gleich  an  Materie  und  Form  die  Bildung  des  Vfs.  nach  den  letz- 
tern erkennt.  Die  Syntax  ist  schon  ausführlich  behandelt,  aber 
vieles  dahin  gezogen,  was  der  Formenlehre  geholt.  Kürzere  Ab« 
risse  erschienen  1605.  13-  16.29. 

Jo.  Buxtorf  d.  J.  s.  unten. 

Jo.  Drusius  (eig.  i'cm  der  Driefsche ,  Prof.  zu  Franecker,  sr. 
1616):  Gramnwt.  hebr.  Franeck.  1612.  Opuscula,  quae  ad 
grammaticam  spcctant     1609'    4" 

IVilh.  Schickard  (Prof.  zu  Tübingen,  geb.  1592,  gest. 
1635)  denkender  Mathematiker,  und  Kenner  der  verwandten  Dia- 
lekte, fast  am  bekanntesten  durch  seine  unbedeutendeste  Arbeit: 
Horologium  hebraeum  zuerst  1623.  l2»  dann  über  30m.1l  wieder 
gedruckt.  Sie  wurde  besonders  wegen  fruchtbarer  Kürze  ge- 
schätzt.     Vgl.  Schnurrer  a.  a.  O.    S.  »60  ff. 

Matth.  PT^asmuth,  Prof.  zu  Kiel  (geb.  1625,  gest.  168Ö) 
ein  Schüler  Buxtorf s,  an  dessen  Grundsätze  und  Manier  er  sich 
anschließt.  Sein  Hebraismus  facilitati  et  in.'egritati  restitutms. 
Kilon.  1 666.  4.  und  öfter,  enthält  besonders  vollständige  und 
brauchbare  Beobachtungen  und  Sammlungen  über  die  Voealvcrän- 
derung  und  Accentuation.  Vgl.  Thiefs  biographische  Nachrich- 
ten von  den  Lehrern  der  Theologie  in  Kiel  (Kiel  i^oo).   S.  50  IT. 

Sal.  Glafs  (geb.  1593*  Prof.  zu  Jena,  st.  zu  Gotha  1656): 
Philologfa  sacra,  Lips.  1623  4*  ^10  Graminatica  tacra.  welch« 
B.  3  u.  4  einnimmt,  ist  für  die  syntaktische  Beobachtung  der  bi- 
blischen Diction  klassisch .  und  setzte  zuerst  die  Analogie  der  alt* 


d.  hebr.  Sprachstud.  bey  d.  Christ.  Q.  34.  Lexicographen.     111 

und  neutestamentlichen  Sprache  in  ein  deutliches  Licht.  Neuere 
Ausgaben  c.  praef.  Buddei  1713.  43«  'n  ^er  Umarbeitung  de» 
Werkes  von  Dathe  ( —  ÄjV  temporibus  accommodata)  Lips.  1776. 
2  Bde.  g.  ist  nebst  manchem  Ueberfliissigen  auch  ßraucbbares 
ausgelassen,  und  dns  Eigenthum  des  Vis.  von  dem  des  Herausge- 
bers nicht  geschieden. 

Unter  den  erstem  Kennern  und  Bearbeitern  der  hebr.  Sprache 
unter  den  Deutschen ,  die  jedoch  ohne  besondern  Eiuflufs  auf  die 
Wissenschaft  als  solche  blieben,  nennen  wir  noch  Zwingli,  Oeco- 
lampadius  und  Aurogallus  (st.  »543)»  Carito  (st.  »542),  Schrek- 
kenfuchs  (st.  1.579),  Bibliander  (st.  1564),  Luc.  Oslander  (st. 
1604).  S  darüber  Löscher  Sr  109  ff.  Hezel  S.  158  IT.  212  ff. 
Von  Luther  S.   §.  35,  2. 

Aufser Deutschland  wurden  am  berühmtesten:  in  Italien:  San- 
tes  Pagninus  (Dominicaner  aus  Lucca,  (jeb.  1471  >  st.  1541  zu 
Lyon):  Institutionum  hehraicarum,  libri  IV.  Lugd.  1526.  4.  Paris 
1.549.56.  Kern  der  jüdischen  Grammatiken  von  Jona,  Ahen  Esra, 
Kimchi,    Ephodiius. 

In  Frankreich:  Ant.  Rud.  Chevalier  (Prof.  zu  Strasburg,  st. 
1572):    gramm.  liebr.    1559.    Q. 

In  den  Niederlanden  :  Jo.  van  den  Campen  (Prof.  zu  Löven  8t. 
1538)    Gramm,  hebr.    Lovan.  i52ß.   4* 

In  England:  Rud.  Baine  (Bischof  zu  Coventry,  31.1564)  Com- 
pendium  Jvlichlol  Kimchii.   Paris  1 554*   4* 

*  * 

# 

Von  Juden ,  aufser  Elias  Levita  und  de  Balmes  (§.  2g,  £) :  R. 
Asaria  zu  Feirara.  Sein  JVIeor  Enaim,  enthält  mehrere  philol ,  be- 
sond.  paläographische  Beobachtungen,  wobey  der  Vf.  Studium  der 
Classiker  und  d.  christlichen  Ausleger  vevräth.  S.  Kücheri  n.  bibl. 
hebr.  I»   109. 

5-      54- 
Lexicographe  n7). 

Ungefähr  gleichen  Schritt  mit  der  Grammatik  hielt  auch 
die  Lexicographie ,  und  die  meisten  der  oben  genannten 
Grammatiker  bearbeiteten  auch  diesen  Zweig  der  hebräi- 
schen Spiachkunde.  \  on  Reuchlln  bis  Buxtorf  blieben 
zwar  die  Bestimmungen  der  Rabbinen  und  die  Vulgata  die 

7)   Wolf  bist.   Lexicorum  hebr.     p.  73    ff.      Biblioth.  hebr.     II,    S. 
548  ff.   IV»  233  ff.     Vgl.  Köcheri  aova  bibl.  hebr.  II,  129  ff. 


Ai2  Ab  sehn.  II.  Gesch.  d.hebr. Sprachkunde.  Per.  III.  Anfang 

alleinige  Quelle  der  Wörterbücher,  allein  in  Rücksicht  auf 
Vollständigkeit  und  Methode  ist  schon  ein  erfreuliches  Fort- 
schreiten  sichtbar.  Vornehmlich  fehlte  es  nur  an  geschick- 
ter Anordnung  der  Bedeutungen,  und  Ableitung  derselben  au* 
einander. 

Trotz  der  Mangelhaftigkeit  und  Einseitigkeit  jenes 
Principii  cognoscendi  führte  es  doch  der  Wahrheit  unendlich 
näher,  als  die  Hypothesen  eines  Forster  und  Buhle,  welche 
die  Auetoritat  der  Rabbinen  verwarfen  ,  aber  nur  den  Zu- 
sammenhang und  die  willkührlichsten  etymologischen  Phan- 
tasieen  an  deren  Stelle  zu  setzen  wufsten.  Weit  gemäfsig- 
ter  ist  31.  Marino ,  der  zugleich  den  ersten  Versuch  durch- 
aus alphabetischer  Anordnung  machte. 

Benutzung  der  verwandten  Dialekte  für  Wortforschung 
findet  sich  zuerst  bey  Postellus  und  Guichard ,  nur  höchst 
vag  *  Und  unkritisch;  aufserdem  bietet  aber  diese  Periode 
schon  an  Schindlers  Pentaglutlon  das  erste  Beyspiel  einer 
vollständigen  Durchführung  dieser  Vergleichung  durch  das 
ganze  Wörterbuch.  Das  Zeitalter  wulste  aber  dieses  Ver- 
dienst noch  nicht  zu  würdigen,  und  das  Buxtrßsvlie  Wör- 
terbuch erhob  sich  zu  weit  gröfserem  Ansehn. 

Unsichere  Spuren  von  hebr.  Lexicis  der  Christen  vor  Reuchlin 
s.  Flolf  bist.  Lex.  hebr.  S.  73.  —  Holocke  (um  1410);  Hono- 
rius ,  tin  Cistercienser  (um  1452);  Jo.  Jleham  zu  Ulm,  er  soll  um 
1490  e.'m  Lexicou  und  andere  grammatische  Schriften  aus  dem  He- 
bräischen ins  Deutsche  übersetzt  haben,  deren  sich  Pellicanus  und 
Reuchlin  bedient  haben. 

J o.  Reue  hl  in  (s.  §.  33).  Der  lexicographische  Theil  seiner 
RuJimenta  enthält  nur  die  Stammwörter  vollständig,  die  Deriva- 
ta fehlen  meist;  seltene  Citate  und  nur  nach  Capiteln ;  die  Bedeu- 
tungen nach  Kimchi  ungeordnet  neben  einander,  nicht  ohne  rab- 
binische  Grillen,  z.B.  S.  3.  rOl^aM  voluptas ,  inJe  per  apocopen 
ultima«  literae  ]iON  pauper ,  eo  quod,  qui  caret  fine  voluptalis, 
d'uitur  pauper.      i\eue  Ausgabe  von  S.  Münster  «537.   Fol. 

Seb.  Mtinsfr:  Lexicon  hebraeo-chalJanum-  Basil.  1 523- 
25.  und  öfter.  8-  Lexicon  trilingue  1550.  35-  (beyde  selten). 
Er  nimmt  auch  den  biblischen  Chaldaismus  in  den  Plan  auf,  hat 
aber  auch  zuerst  den  verkehrten  Titel  L,.  lubraeo-clutlJaium.     Zu- 


d.hebr.  Sprachslud.beyd.  Christ.  Q.  54.  Lexicographen.     113 

erst  vollständige  Angabe  der  Derivata.  Uebrigens  seine  erste  un- 
vollkommenste Arbeit. 

S.  Pagninus:  Thesaurus  linzuae  sanetae,  in  quo  Judaeos  spe- 
ciatimque  JLimchium  in  libro  radicum  secutus  est.  Lu^d.  152g.  Fol. 
Nene  Ausgabe  von  Robert  Stephanur,  Paris  1548-  4'  von  JVIerce- 
rus  u.  A.  1575.  1614.  Fol.  Quintessenz  der  wichtigsten  rabbi- 
nischen  Ausleger  mit  Angabe  der  Auctoritäten ,  genauen  Citaten, 
Erklärung  schwieriger  Stellen. 

J  o.  B  ux  torf :  Lcxicon  hebraicum  et  chaldaicum.  Basil.  1607. 
Fol.  Vieie  Ausgaben,  die  cilfte  1  710.  8-  Auszog  161 Ä.  12.  u. 
öfter.       Es    empfiehlt    sich  durch   zweckmäßige   Anordnung  und 

Co 

Auswahl;  hier  und  da  ist  das  Syrische  benutzt.  Aufserdem : 
Concordantiae  bibliorum  hebraicae ,  ed.  Jo.  Duxtorf  Fil.  Basil. 
1652.    Fol. 

Phil.  Aquinas:  rO"li?ö  T»"U?D.  Paris  1629.  Fol.  umfafst 
auch  das  Chahiaische  und  Rabbinische. 


J  o.  Forst  er,  Schüler  Remhlins  (»eb.  i495>  st.  1556  als  Prof. 
zu  Wittenberg)  :  dict.  hebr.  novum,  non  ex  Rabbinorum  commen.~ 
tis ,  nee  nostratium  Doctorum  stulta  imitatione  descriptum,  sed  ex, 
ipsis  thesauris  s.  Bibliorum. ...  depromtum.  Basil.  1557.  Fol.  Mit 
Beseitigung  der  Rabbinen  sey  die  BibeL  aus  sich  selbst  zu  erklä- 
ren. YYiilkührliche  Versetzung  und  Verwechselung  verwandter, 
auch  nur  der  Figur  nach  ähnlicher  (!)  Buchstaben.  Uebrigens 
manche  Vorzüge,  z.  B.  Aufmerksamkeit  auf  Synonymen.  VgL 
Hirt  orient.  Biblioth.  I,  S.  45  R-  Schultens  origg.  hebraeae.  p.  291. 
Löscher  S.  155.  *3l«  Dagegen  Caloiii  bibl.  illust.  proleg.  pag.  16. 
Noch  einen  Schritt  weiter  «ins; 

J  o.  Avenarius  :  lib.  radicum,  1568-  Fol.,  indem  er  auch 
griechische,  lateinische  und  deutsche  Wörter  auf  solche  Weise  mit 
den  hebräischen  verglich. 

Sam.  Bohle  (st.  1639  zu  R°stock)  :  XIII  diss.  de  formali  si°-- 
nißcatione  S.  S.  eruenda.  163"7.  Er  suchte  die  verschiedenen  Be- 
deutungen der  Worter  unter  eine  allgemeine,  meistens  abstracte 
zu  ordnen;  mifsbrauchte  dabey  oft  willkührlich  den  Zusammen- 
hang. 

M.  Marino,  aus  Brixen :  Area  Koae.  Venet.  1593.  Fol. 
Er  ordnet  alphabetisch,  ab^r  übertrieben  z.B.  alle  Hiphil  unter  n, 
Niphal  unter  3,  versäumt  aber  die  etymologische  Rücksicht  nicht. 
Et  achtet  ferner  auf  Phrasen,  nimmt  die  Nomm.  propria  auf  u. 
t.  W.      TVolf  bist,  lexic.  hebr.    S.  112. 

*  " 

H 


n4  -Abschn.ll.  Gesch.  d.hebr.Spraohhunde.  Per.  III.  Anfang 

T-Vilh,  Po stellus  (gelehrter  Abentheurer,  st.  zu  Paris  1  53 1) 
de  originibus  s.  de  linguao  hebraeue  et  arabicae  antiquitatc,  uFFmita- 
te  cet.    1553.   4- 

St.  Guichard:  V  harmonie  etymologique  des  langues  hebrai- 
que ,  chaidaique ,  syriaque,  grecque ,  latine ,  franpoise  etc,  Paris 
1606.      Q. 

Val.  Schindler  (Prof.  zu  Wittenberg ,  dann  zu  Hclmstädt, 
st.  1610):  L-exkon  -pentaglotto;i.  Hruinov.  1612.  49.  FoL  Der 
liebr.  Theil  des  Werkes  enthalt  zuerst  durchgängige,  wenn  gleich 
noch  nicht  vollkommene,  Benutzung  aller  Quellen  der  Lerdcogra- 
phie,  der  Dialekte,  der  Versionen,  wenigstens  der  LXX.  f'ulg. 
Targg.,  bessere  Anordnung  der  Bedeutungen,  Piücksicht  auf  Con- 
struetion  der  Wörter  u.  s.  vr.  Vgl.  Andenken  an  Schindler  von 
Brun?,   in  Stäudl'uu  theol.  Bibliothek.    B.  4«   S.  1. 

Eine  Zusammenstellung  und  Erläuterung  der  Synonymen  ent- 
hält: 

J o.  Plantavitiux  (Bischof  in  der  Narbonne)  :  thes.  synony- 
micus  hebr.  chald.  rabbinicus.    Lodovae  i6/L£.    Fol. 

5-      55. 

Philologische  Commentarien   und   Ucbersetznngen    aus  dem 
Grundtexte. 

1.  Welt  weniger  kommt  es  verhältnifsmäfsig  in  Be- 
tracht, was  durch  Commentarien  in  philologischer  Rück- 
sicht geleistet  wurde.  Zwar  besafsen  fast  alle  protestanti- 
sche Exegeten  von  einigem  Namen  (als  Luther t  Zwingli, 
Oecolampadius ,  Calrin ,  noch  mehr  Brenz,  Pelikan,  Bu/lin- 
ger")  Kenntnifs  des  Hebräischen,  aber  sie  machten  sie  nicht 
zur  Hauptsache,  und  die  philologische  Auslegung  tritt  in  ih- 
ren Commentarien  zu  sehr  in  den  Hintergrund8).  Unter 
denen,  welche  vorzüglich  auf  Spracherlauterung  sahen,  nen- 
nen wir: 

Fr.  Vatablus  eig.  Vatable  (st.  zu  Paris  1547):  Anmerkk. 
aus  seinen  Vorlesungen  nach  seinem  Tode  gesammelt,  hinter  der 
Vulgata  von  Hob.  Supkaaut    1557.    2  Voll.   Fol. 


ß)    Vgl.  Meyers  Geschichte  der  Schrifterklärung.    B.  2.   S.  i-f>  ff. 
355  ff«      Eichhorns  Gesch.  der  neuem  Spruchenkunde.     Ablli.  I. 

S.  539  ^ 


d.  hehr.  Sprachstud.  bey  d.  Christ.   Q.  35.  Philol.  Comment.     1 15 

Seb.  Münster  (§.  5  j)  :  kurze  Anmerkungen  zur  lat.  Ueber- 
setzung des  A.  T. 

Paul  Fagius  (Prediger  und  Inhaber  einer  liebr.  Diuckerey 
zu  Jsny  in  Schwaben,  wobey  ilirn  Elias  Levita  hülfieiche  Hand 
leistete,  st.  1550):  Comment.  über  den  Pentuteuch,  über  die 
Targg. 

J o.  le  Mercier  (zu  Paris,  st.  1570):  Comment.  in  Gen.  1598« 
über  Hiob,  Proverbb.  etc.  1675.  Fol.,  über  mehrere  kleine  Pro- 
pheten.  1698.   4. 

J  o.  Drusius:  über  schwierige  Stellen  des  Pentateuchs.  1617. 
4-,   der  bis  torischen  Bücher  1618-   4*      Ueber  die  LXX. 

Wie  die  Lexicographen ,  beschränken  sich  auch  diese 
Erklärer  fast  lediglich  auf  die  Rabhinen,  nur  Merctrus  und. 
Drusius  machen  einen  ausgebreitetem  Gebrauch  von  den 
^  ersionen,  ersterer  auch  schon  von  den  Dialekten. 

Das  Wichtigste  von  den  angefühlten  Auslegern  ist  zusammen, 
gedruckt  in  den  Criticis  sacris.  Lond.  1660.  9  Voll.  Fol.  (v.  loh. 
und  R.  Pearson,  Scattergood ,  und  Gouldmami).  Diese  und  an. 
dere ,  auch  die  altern,  in  eine  Uebersicht  gebracht  von  Matth. 
Polus  (Poole) :   Synopsis  Criticorum.  London  1669.   5  Voll.  Fol. 

2.  Uehersetzungen  gehören  hieher  nur,  in  sofern  sie 
mit  Kenntnifs  des  Grundtextes  und  aus  ihm  verfertigt,  ein 
Zeugnifs  von  der  hebräischen  Gelehrsamkeit  ihrer  Urheber 
ablegen. 

Santes  Pagninus:  Riblia.  Lugd.  1528.  4*  Vgl.  Simon 
hist.  crit.  du  V.  T.  2,  20.  Carpzov  Critica  Sacra,  p.  7i2.  —  Bey 
JVL.  Luthers  Uebersetzung  (von  1522-54)  liegt  der  hebr.  Text 
nach  der  Brescer  Ausg.,  die  LXX.  Vulg.  und  die  hebr.  Ausleser 
(nach  Xicolaus  von  Lyra)  zum  Grunde.  L.'s  Lehrer  im  Hebräi- 
schen war  Aurogallus ,  sein  späterer  Ratbgeber  in  Piücksicht  auf 
genauere  Sprachkenn tnifs  Creuziger,  Melan<lnl:nn  mehr  im  Griechi- 
schen. Er  verwarf  die  Auctorität  der  Vocalzeichen,  aber  deshalb 
nicht  die  der  Fiabbinen  überhaupt  in  philol.  Rücksicht,  wie  ihm 
R.  Simon  (hist.  crit.  III,  2.)  vorwirft.  Beyspiele  von  bald  voll- 
kommnerer,  bald  mangelhafterer  Sprachkcnntnifs,  auf  die  er  aber 
grolsen  Wcrth  legte  (s.  oben  §.  52,  1),  geben  die  Anmerk.  zur 
deutschen  Uebersetzung.  Vgl.  Meyers  Gesch.  der  Schrifterklärung 
II,  206  ff.  547  ff. —  Seb.  Munster 's  lat.  Uebers.  bey  der  hebr.  Bi- 
bel (§.  52,  2).    Carpzov  S.  721.   —   Em.   Tr emellius  (Exjiule, 

H  2 


II 6  Abschn.II.  Gesch.  d.hebr.  Sprachkunde.  Per.lV.  Blidlie 

st.  i5ßo  zu  Heidelberg),  und  Franc,  lunius  (st.  zu  Leiden  1602): 
Libri  canonici  V.  T.  latini  recens  ex  Ilebr.  facti.  Francof.  1579. 
Fol. 


Vierte    Periode. 

Bliilhe  des  hebräischen  Sprachstudiums ,   besonders  durch  Be- 
nutzung der  verwandten  Dialekte. 

(See.  Xf^II.  med.  bis  auf  unsere  Zeit). 

ß.      36. 

Anfang  eines  barmoriischen  Sprachstudiums  bis  auf  Scbultens. 

1.  Ein  vielseitigeres  und  fruchtbareres  Studium  der  he- 
bräischen Sprache  begann  erst  um  die  Mitte  des  siebzehnten 
Jahrhunderts ,  wo  mehrere  treuliche  Gelehrte  sich  um  die 
Wette  beeiferten,  die  indessen  immer  mehr  bekannt  gewor- 
denen verwandten  Dialekte  mit  dein  Hebräischen  in  Harmo- 
nie zu  setzen,  und  zur  Erläuterung  desselben  anzuwenden, 
ohne  dafs  sie  deshalb  (wie  Schulte?^-)  das  Wahre  in  den  bis- 
herigen Erkenntnifscjuellen  verkannt  und  dieselben  über  Ge- 
bühr vernachlässigt  hätten.  Vorzüglich  war  es  die  Benu- 
tzung des  arabischen  Sprachstammes,  welche  hier  als  neu 
(vgl.  jedoch  Q.  30,  3)   hinzukam. 

Das  Bekanntwerden  der  arabischen  Sprache  unter  den  Christen 
fällt  ungefähr  mit  dem  der  hebräischen  Sprache  zusammen.  Nach 
den  unvollkoinnmcn  Versuchen  eines  Posiellus  (1550O  u.  A.  er- 
hielt dieses  Studium  im  Anlange  des  17.  See.  einen  vorzüglichen 
Anstofs  durch  die  Missionsanstalten ,  welche  eiiigebohine,  zum 
Thed  gelehrte  Morgenlander  (slsseniani,  Amira,  Gabriel  Sionila) 
nach  Europa  brachten,  die  dann  die  Lehrer  europäischer  Gelehrten 
wurden.  Von  solchen  leinte  z.  B.  van  Erpe  (VI.  der  geschätztesten 
arabischen  Grammatik.  1615.  5O)  ;  Poi.cii.ke  und  Golius  erwarben 
eich  ihre  Kenntnisse  in  Syrien  und  Arabien  selbst.  Der  letztere 
und  Giagei  bearbeiteten  ihre  berühmten  Wörterbuch»  aus  ein- 
heimischen Lexicogt.iphen.  Auf  den  Bibliotheken  zu  Paris,  Rum, 
Oxford,  Leyden ,  war  auch  ein  Schatz  von  Handschriften  zusam- 
mengebracht, die  nun  zum  Theü  durch  den  Druck   bekannt   zu 


d.  hehr.  Spraclisiucl.  b.  d.  Christ.  %.  3<5.  Harmon  .Spraehslud.    1 17 

raach?n  anfing.  —  Wenigere  Bearbeiter  fand  die  angleich  ärmer« 
syrische  Literatur.  Im  Aethiopisclien  blieb  Hiob  Ludolf  bis  auf 
die  npuesten  Zeiten  der  einzige  tiefere  Kenner,  der  aber  auch  nicht 
Versäumte,  die  erforderliche  Anwendung  auf  das  Hebr.iisclie  zu 
machen.  Lexicon  aethiopico-latinum.  1661.  4«  Ccmmcnt.  ad 
hist.  acihiop.  S.  202  ff.  —  Vgl.  überhaupt  Schnurr  er  bibl.cra- 
bica  S.  3  ff.  Eichhorns  Gesch.  der  neuem  Sprachenkuude.  Th.  I. 
S.  452  ff.  60,-5  ff- 

Zu  den  schon  erwähnten  Polyglotten ,  durch  welche  beson- 
ders der  Gebrauch  der  \  ersionen  allgemeiner  Gemacht  und  er- 
leichtert  wurde ,  kam  1657  die  (mit  Zuziehung  von  Hyde, 
JLightfoot,  Pococke  u.  A.)  von  PZalton  besorgte  Londner  hinzu. 
6  Voll.    Fol. 

2.  Der  Nutzen  der  Dialekte  für  die  grammatische  Be- 
handlung wurde  am  schicklichsten  dadurch  ins  Licht  ge- 
setzt, dafs  man  die  Grammatiken  einiger  oder  aller  Dialekte 
ganz  in  einander  verwehte  und  harmonisch  darstellte,  oder 
wenigstens  in  derselben  Manier  gearbeitet  mit  einander  ver- 
band. Der  gründliche  und  selbstdenkende  de  Dien  ging 
durch  Zusammenstellung  des  Hebräischen  und  Aramäischen 
voran,  ihm  folgten  Hol  tinger,  Senheri  u.  A. ;  alle  Dialekte, 
selbst  das  nichtverwandte  Persische  verband  Castelhcs  vor 
seinem  Heptaglotto  zu  einer  grammatischen  Uebersicht. 
Der  Einflufs,  den  dieses  alles  auf  die  Gestaltung  der  hebräi- 
schen Grammatik  hatte ,  war  indessen  noch  nicht  so  grofs, 
als  man  erwarten  sollte. 

Lud.  de  Dieu  (zu  Leiden,  st.  1642):  grammatica  linguarum 
orientaliuni  Htbraeorum,  Chaldaeorum  et  Syrorum  inter  se  collata- 
rum.  Lugd.Bat.  1628.  4«   ex  1CC-  CLodii,  Francof.  ad  M.  1683.  4* 

1.  H.  Hottinger  (gelehrter  Orientalist  und  Kirchenhistoriker, 
zu  Züich  und  Heidelberg,  st.  1667):  grammatica-  c/uatuor  lingua- 
rum,    hehr,  chald.   syr.  et  arab.  harmonica.    Tiguri  1649.   4# 

Andr.  Sennert  (in  Wi:tenborg,  st.  1689):  hypotypous  har- 
monica linguarum  orientaliuni,  cliald.  syr.  et  arab.  cum  matre  he- 
braea.    1653.    4. 

Georg.  Othonis  (iu  Marpurg;,  st.  1715):  Synopsis  institu- 
tionum  samaritanarum ,  rabbin.  arab.  aethiop.  et  persicarum.  Alt 
Anbang  zu  Altings  Grammatik.    Francof.  1717. 


i?8     Abschn.II,  Gesch.  d.hebr. Sprachkunde.  Per,  IV.  Bülthe 

,5.  Fühlbarer  war  dieser  Einflufs  auf  das  Lexicalische 
der  Sprache.  Die  Ausheilte,  die  schon  der  Zeitraum  vor 
Schaltens  in  dieser  Rücksicht  gewährt,  ist  ungemein  grofs, 
wenn  oleich  gerade  nicht  Viele  ihren  Forschungen  eine  ei- 
gentlich lexicalische  Gestalt  gaben.  Nach  Schindler  (Q.  34) 
geschah  dieses  zuerst  von  Hottinger  mit  manchen  eigentüm- 
lichen Bemerkungen,  dann  mit  gröfserer  Vollkommenheit 
v»n  Edrii.  Castle,  einem  Manne  von  Talent,  umfassendem 
Blick  und  einer  wahren  Fülle  von  Sprachgelehrsamkeit,  der 
in  seinem  Reptaglotton,  einem  Werke  17jährigen  ange- 
strengten Fleifses ,  das  Hebräische  mit  den  5  verwandten 
Dialekten  zusammenstellte,  und  die  Erläuterung  aus  densel- 
ben theils  selbst  gab,  theils  durch  jene  Zusammenstellung 
dem  künftigen  Forscher  erleichterte.  Nicht  blofs  im  He- 
bräischen ,  sondern  fast  in  allen  übrigen  hier  vereinigten 
Wörterbüchern  trug  er  den  Preis  vor  seinenVorgängern  davon. 
Vorzüglich  aus  den  hier  gesammelten  Materialien  gab  Cel- 
larius  einige  Beobachtungen  über  den  lexicographischen  Ge- 
brauch des  Arabischen,  und  Kroinayer  brachte  den  Nutzen 
desselben  in  eine  Art  von  Theorie,  deren  Anwendung  er  am 
Buche  Hiob  zeigte.  Eine  nützliche  Ergänzung  der  Wörter- 
bücher lieferte,  auch  ISolde  durch  sein  Spezialwörterbuch, 
über  die  Partikeln. 

I.  II.  Hottinger:  Smegma  Orient ale  (MeidelbeTgae  1653).  S. 
116  iL  Etymologicum  Orientale  s.  Lexicon  hannonicunx  heptäglot* 
ton.  Francof.  1661.  4.  Er  beschrankt  sich  blofs  auf  die  Stamm- 
wörter. 

Edm.  Castle,  gew.  Cas tellus  (zu  Cambridge,  st.  1635): 
Lexicon  Hepta°lottont  hehr,  chald.  syr.  sam.  csthiop.  arab.  con- 
iunctim  et  persicum  separat  im.  Lond.  1669.  2  Voll.  Fol.  ein  An- 
hang zur  Loudner  Polyglotte.  Sieben  sprach<;elehrte  Gchillfen, 
unter  denen  Light  f  00t  war,  unterstützten  ihn  bev  der  fast  herku- 
lischen Arbeit,  die  ilim  den  Gebrauch  seines  Gesichts  und  oben- 
drein den  gröfsten  Tlnäl  seines  Vermögens  kostete.  Die  benutz- 
ten Schriftsteller  s.  in  der  Vorrede.  Eine  Würdigung  des  Wer- 
kes s.  in  jyiichailii  Abhandlung  von  der  syrischen  Sprache  S.  1  19. 
Auf  desselben  Veranstaltung  ist  der  hebräische  Theil  wieder  abge- 


d.  hehr.  Sprachstud.  b.  d.Christ.  §.  36.  Harmon.Sprachslud.  1 19 

druckt  (od.  Trier)  Heimst.  1*790.  92.  2  Voll.  4«  Da»  Ganze  soll 
vor  Kurzem  in  England  wieder  herausgekommen  seyn. 

Christ.  C  c  llarius  (zu  Zeiz  und  Halle,  st.  1707):  sciagra- 
■phid  -philologiae  sacrae ,  ed.  II,  usu  Arubismi  etymciogico  aucta. 
Jenae  iß/78«    4- 

J  0.  Ab  rah.  Kr  o  may  er  (zu  Ohrdruf  in  Thüringen,  st.  1733): 
filia  inntri  obstetricans  s.  de  usu  linguae  arabicae  in  addiscenda  Lin- 
gua tbrara.     Francof.  et  Lips.  1707.     4. 

Christ.  Nolde  (zu  Latul-cron  und  Kopenhagen,  st.  1633): 
Concordantiae  -particularum  ebraeo •chaldaicarum  V.  T.  1679.  4* 
In  den  Annotatt.  und  Vindiciis  am  Ende  des  Werkes  liegen  gute 
Bemerkungen  zu  schweren  Stellen.  Neue  Ausgabe  mit  Anmer- 
kungen  nach  Danzens  Grundsätzen  von  J.  Tympe.    Jenaci734« 

6r-  4- 

*  * 

* 

Dan.  Fessel  (in  Ciistrin,  st.  1673):  Advcrsaria  Sacra.  T.  I. 
II.  1650.53.  4*  Vermischte  philologische  Untersuchungen,  fast 
durch<rehends  lexicogrnphischer  Art,  in  denen  vorzüglich  der 
Sprachgebrauch  des  A.  und  N.  T.  gut  parallelisirt  wird. 

4.  Andere  legten  ihre  philologischen  Untersuchungen 
theils  in  fortlaufenden  Commentarien  oder  in  Erklärungen 
einzelner  schwerer  Stellen  nieder,  theils  in  Werken,  worin 
sie  gewisse,  besonders  schwielige,  Partieen  der  alttesta- 
ra entliehen  Sprach-  und  Sachkenntnifs,  mit  erschöpfender 
Gelehrsamkeit  zu  erläutern  suchten.  Unter  diesen  ist  der 
grofse  Scijii.  B oc hart ,  dessen  Ilierozoicon  einen  seltenen 
Schatz  von  philologischen  Materialien  enthält,  besonders 
insofern  die  Worteiklärung  durch  Natur-  und  Sachkenntnis- 
se des  Alterthums  bedingt  ist.  An  Fülle  klassischer  und 
morgenländischer  Gelehrsamkeit  thaten  es  ihm  wenige 
gleich,  und  selbst,  wenn  er  irrt,  gewährt  er  oft  reiche  Ee- 
lehrung. 

Ed.  rococke  (gebildet  durch  einen  6jährigen  Aufenthalt  zu 
Aleppo,  seit  1656  Prof.  zu  Oxford,  st.  1691):  conwyntaries  ort 
Hosea,  Jo'il,  Micah  and  Malachi.  Oxf.  1635.  Fol.  Notae  mis- 
cellaneae  ad  Maimor.idis  fOrtam  Mosis.    Oxon.  1655.    4* 

de  Dieu:  Cvitica  sacra  s.  animadversioncs  in  lom  quaedam  dif- 
ßcilicra  V.  et  N.  T.    Amstelod,  1693. 


120    Abschn.  II.   Gesch.  d.  hehr.  Sprachkunde.  Per.  IV.  Bliiihe 

■dug.  Pfeiffer  (zu  Leipzig  und  Lübeck,  st.  1693) :  Dubia 
vexata  S.  S.  Lips.  i685-  1715-  4«  Die  Bemerkungen  zu  einzel- 
nen Stellen  zeugen  von  ausgebreiteter  Keimtnifs,  selbst  des  Kopti- 
sehen  und  Persischen,  gelm  aber  greisen  Tbeils  auch  von  dogma- 
tischen Vorurtheilen  aus. 

Die  Commentarien  des  Clericus,  wiewohl  nicht  ohne  Sprach- 
kenntnifs  und  richtigen  exegetischen  Tact  £.eschrieben  ,  zeichnen 
sich  doch  mehr  von  Seiten  der  Sacherläuterung  und  kritischen  An- 
sichten aus.    S.  jedoch  die  lndd, 

*  * 

* 

Sam.  Bochart  (Schüler  von  Erpenius ,  Prediger  zu  Caen, 
St.  1667):  Geographia  sacra  s.  Phaleg  et  Canaan.  Caen.  1646. 
Fol.  Hierozoicon  s.  de  animalibus  S.  S.  Lond.  1663.  Fol.  (Letz- 
teres vollendeter  und  minder  reich  an  Hypothesen).  Opp.  omnia. 
1692.  1707.  1712.  Das  Hierozoicon  wieder  abgedruckt  mit  An- 
merkungen von  Roser.midler.   4-   Lips.  1 795  -  95- 

J o.  Braun  (zu  Grüningen,  st.  1709):  de  vestitu  sacerdot.  He- 
hraeorum.    Amstelod.  i6ßo.    4« 

Hadr.  Relund  (zu  Utrecht,  st.  1713):  dissertatt.  miscella- 
neae.  T.  I-III.  1707.  1708-  8*  Palaestina  ex  monumentis  vett. 
illustren  a.    Ultraj.  1714« 

Ö-    37- 

Andere  Schulen  hebräischer  Philologie   (Cappelle,   Buxtorf,  Danz). 

So  ausgebreiteten  Eingang  die  eben  beschriebene  Me- 
thode auch  im  Ganzen  bey  allen  bessern  hebräischen  Philo- 
logen gefunden  hatte,  so  bestanden  dessen  ungeachtet 
gleichzeitig  mit  denselben  noch  mehrere  zum  Theil  sehr  an- 
gesehene Schulen  hebräischer  Philologie,  welche  die  in  den 
Dialekten  neu  hinzugekommene  Erkenntnifsquelle  tbeils 
verschmähten,  tbeils  zur  Seit  ■  liefsen,  indem  sie  ihre  Aui- 
merksamkeit  auf  andere  Gegenstände  der  hebräischen  Sprach- 
kundc  lenkten. 

1.  Da  die  von  Elias  l.cviht  (■$.  29,  2)  angeregten  Zwei- 
fel an  dem  Alter  des  heutigen  Punctationssysteins  in  der  vo- 
rigen Periode  im  Ganzen  wenig  Eindruck  gemacht,  wenig- 
stens auf  die  Behandlung  der  Grammatik  und  Lexikographie 
keinen  Einflüfs  gehabt  hatten,  so  machte  es  nicht  geringes 


d.  hehr.  Sprachsturf.  b.d. Christ.  (3- 57.  C.appellc,  Buxiorf.      121 

Aufsehn,  als  Lud.  Cappelle  zu  Saumur  (1624)  mit  Elias  Levi- 
ta  den  neuern  Ursprung  desselben  behauptete,  und  , somit 
auch  die  Richtigkeit  desselben,  wenigstens  in  einzelnen  Fäl- 
len, in  Anspruch  zu  nehmen  schien.  Trotz  vielfachen,  aber 
meist  einseitigen,  Widerspruches  traten  ihm  viele  bey,  vor- 
züglich sein  Landsmann  7t».  Morinus ,  und  es  bleibt  ihm  das 
Verdienst,  die  entgegengesetzte ,  selbst  zum  religiösen  Vor- 
urtheil  gewordene  Meinung  mit  siegenden  Gründen  bestrit- 
ten zu  haben,  wenn  gleich  die  Wahrheit  gewissermaafsen 
in  der  Mitte  liegen  mochte  (s.  Abschn.  3.  Kap.  2 '.  "Vor  Ue- 
bertreibung  und  Tvlisbrauch  ist  freylich  nichts  gesichert,  und 
allerdings  -war  es  diels ,  wenn  mehrere  seiner  spätem  An- 
hänger unter  den  Franzosen  so  'weit  gingen,  die  ganze  Punc- 
tation  als  neue  willkiihrliche  Erfindung  der  jüdischen  Gram- 
matiker, die  ohnehin  das  Erlernen  der  Sprache  erschwere, 
zu  verwerfen,  und  sowohl  in  Grammatik  und  Wörterbuch, 
als  in  der  Kritik  des  Textes  gar  nicht  zu  berücksichtigen. 
Zu  den  letztern  gehören  Masclef  und  der  beynahe  berüch- 
tigte Kritiker  lloubigant. 

Lud.  Cappelle  (zu  Saumur,  geb.  i5S^>  st-  x^58):  -Arca- 
nurn  punctationis  revelatum  ed.  Erprn.  Lugd.  Bat.  1O24.  4. 
Zweyte  Ausgabe  an  den  Comment.  in  V.  T.  ed.  Jac.  C'uppeilus. 
Amstelod.  i6gg.    Fol, 

J o.  JVloTini  E±ercitatt.  bibl.  (Paris.  1669,  Fol.)  lib.  IT. 
exercit.  1  2  ü . 

Orammat.  hebr.  a  punctis  aliisque  inventis  masorethicis  libera. 
Paris.  1716.  1731.  ß.  Statt  der  hergebrachten  Vocale  -wählt  der 
Vf.  (Fr.  JMasclt'f  zu  Amiens)  für  jeden  Consonanten  den  Vocal, 
mit  welchem  er  nach  seinem  Namen  im  Alphabet  ausgesprochen 
wird ,    z.  B.  Bera  Alaitn  ut  esimim  u.  s.  w. 

C.  Fr.  Houbi gant  (zu  Paris,  geb.  1636,  st.  1733):  racines 
hebraiques  saus  powts  voyelles,  ou  d'utionnaire  liehruique.  Pari» 
t-IS2'  3'  Vgl.  dessen  Biblia  liebr.  c.  not.  tritt,  et  vers.  lat.  Paris, 
1753.    4  Voll.    Toi. 

Noch  Neuere,   die  sich  zu  dieser  Schule  bekennen,   s.  unten. 

2.  Einen  erklärten  Bestreiter  fand  Cappelle  an  dem  jun- 
gem Buxiorf,    welcher  aber  nur   einen  schon  von  seinem 


122    Abschn.  II.  Gesch.  d.  hebr. Sprachkunde.  Per.  IV.  Bliithe 

Vater  entworfenen  Plan  ausführte.  Er  behauptete  Untrüg- 
lichkeit, selbst  Inspiration  des  Vocalsystems,  so  wie  über- 
haupt des  jüdischen  lexlus  repepim ,  und  bezeichnet  so  den 
Character  einer  Schule,  die  sich  an  die  erste  Periode  an- 
schliefsend,  noch  geraume  Zeit  fortdauerte.  Aufser  IFas- 
niutk  (6  Q.  33.)  und  A.  kann  namentlich  Coccejas  als  Lexi- 
cograph  hieher  gerechnet  werden.  Er  hat  sehr  grofse  Ver- 
dienste um  die  vollständige  lexicalische  Darstellung  des  alt- 
testamentlichen  Sprachgebrauchs ,  benutzt  aber  unter  den 
Versionen  nur  die  LXX  und  die  Targg. ,  die  Dialekte  fast 
gar  nicht. 

J o.  Bux  tor  f  d.  j.  (st.  lßß.j):  de  punctorum  voealium  et  ac- 
centuum  in  libris  V.  2\  origine ,  antiquitate  et  anctoritate.  Basil. 
16/jß.  4.  Dissertatt.  philol.  theologicae.  1662.  4.  Anhänger 
Buxtorfs  £;egen  Cappellus :  Sirwon  de  JVIuis,  de  Boot,  Stcph.  I\lo~ 
rinus. 

J o.  Coccejus  (eig.  Coch,  «ins  Bremen,  st.  1699  zu  Leiden): 
I^exicon  et  commentarius  serm.  hebr.  Lugd.  Bat.  1669.  Fol.  Die 
Vergleichung  der  Dialekte  wurde  in  eüier  neuen  Ausgabe  nachge- 
tragen von  J.  H.  JVlajus,  1714-  Fol. »  zum  Theil  umgearbeitet 
mit  vielen  Nachträgen  von  J.  C.  F.  Schulz.  Lips.  1777.  ed.  IT. 
1795.  g6.  2  Voll.  ß.  Die  ihm  eigenthümliche  typisch-mystische 
Auslegungsart ,  die  in  der  ersten  Ausgabe  viel  Plats  wegnimmt, 
ohne  gerade  der  eigentlich  philologischen  Auslegung  zu  schaden, 
ist  in  den  folgenden  immer  mehr  weggeschnitten. 

3.  An  jene  Euxtorfische  Schule  schliefst  sich  endlich 
eine  dritte,  welche  man  am  zweckmäfsigsten  die  systemati- 
sche oder  philosophisch- demonstrative  nennen  dürfte.  Ihr 
Jlauptcharacter  bestellt  darin,  das  in  grammatisch-kritischer 
und  lexicalischer  Hinsicht  von  jener  Schule  Recipirte  als  ein 
Gegebenes  zum  Grunde  zu  legen,  und  nur  durch  mancher- 
ley  Hypothesen  zu  beweisen  und  zudemonstriren.  In  gram- 
matischer Hinsicht  gehört  dahin  vorzüglich  Danz  (seit  1636), 
•welcher  in  Rüchsicht  auf  Ansehn  und  Einfluls  in  Deutsch- 
land das  wurde,  was  Alling  (seit  16J4)  ^ur  die  niederländi- 
schen Schulen  gewesen  war.  Bevde  besafsen  niorgculäu- 
dische  Gelehrsamkeit  uud  Kenntniis  der  Dialekte ,  aber  sie 


d.hebr.  Sprachstud.  b.d.  Christ.   Q.  57.  Alling,  Banz.  123 

machten  zu  wenig;  Gebrauch  davon,  und  besonders  Danz 
schadete  durch  seine  pedantische  ?»Iethode  einer  liberalern 
Behandlung  des  hebräischen  Sprachstudiums  ungemein,  und 
mehr  noch,  als  er  selbst,  geistlose  Schüler  und  Nachahmer, 
die  an  dem  Buchstaben  seiner  Regeln  klebten.  Ueber  ein 
halbes  Jahrhundert  konnten  sich  die  deutschen  Schulen  der 
hebräischen  Sprache  nicht  von  seinen  lähmenden  Fesseln 
losmachen. 

Jac.  Alt 'mg  (zu  Groningen,  st.  1679):  fundamenta  puncta- 
tionis  linguae  sunctae.  Gronin°;ae  1 654.  8-  ecb  H»  1675>  dann  öf- 
ter, zuletzt  1717  mit  des  Vfs.  institutt.  chald.  et  tyr.  und  Othonis 
Synopsis  (ft.  36,  2).  Am  Ende  der  Grammatik  eine  sehr  brauch- 
bare U'bersicht  der  Syrinsmen,  in  derselben  grofse  Aufmerksam- 
keit auf  Ton  und  Accentuaticm. 

J.  A.  Danz  (geb,  1654,  aller  semitischen  Dialekte,  auch  des 
Persischen  kundig,  im  Arabischen  ein  Schüler  von  Pococke,  st. 
zu  Jena  1727):  Nucifrangibulum.  Jenae  i6q6.  Q;  darauf  unter 
dem  Titel:  pTpT50  s.  litoator  ebraeo-chaldaeus,  plenam  utriusque 
linguae  l\  T.  institutionem  harmonice  ita  tradens,  ut  cuncta  fir- 
mis  supcrstructa  fundamentis  innotescant  seien  tifice.  161)6. 
8-  Die  Syntax  unter  dem  Titel:  ]»3Tin  s.  interpres  ebraeo-chal- 
daeus. 1696.  Q.  Beyde  öfter.  Die  Syntax  ed.  Tympe.  17  55.  4« 
Auszug  ans  beyden  ed.  Zopf.  1773.  8«  Andere  Bearbeitungen 
und  Uebersetzune,en  von  J.  F.  /law,  Kypke ,  Zenkel  u.  A,  Der- 
selben Methode  fol^t 

Spinozae  compend.  gramm.  hehr.    1677«   8* 

H.tB.  Stark  (zu  Leipzig):  Lux  grammaticae  hebraicae.  1705. 
ed.  Bosseck.    17G4.    Q. 

Eine  gemeinschaftliche  Eigenthümlichkeit  dieser  Lehr- 
bücher ist  das  zuerst  von  Alling  vorgetragene,  und  von 
Danz  weiter  ausgeführte  syslema  morarum,  welches  bey  der 
Wahl  der  langen  und  kurzen  Vocale  des  hebräischen  Textes 
zum  Grunde  liegen  soll.  Nach  der  einfachem  Darstellung 
von  Alling  macht  jede  Sylbe  einen  Takt  von  zwey  einfachen 
Zeiträumen  (morae)  au6  ,  mit  der  Ausnahme,  dafs  die  Ton- 
sylbe  einen  mehr  und  einen  weniger  haben  kann.  Ein  lan- 
ger Vocal  nimmt  zwey  irwras ,  ein  kurzer  oder  ein  Conso- 
nant  am  Ende  der  Sylbe  nimmt  eine  ein ,  daher  £  2  morae, 


124    Ab  sehn.  IL  Gesch.  d. hehr.  Sprachkunde.  Per.IV.  Bliithe 

^ü  2  morae.  Danz  zählt  auch  den  einen  oder  die  zwey  Con- 
sonanten  im  Anfange  der  Sylbe  als  eine  tnora ,  und  setzt 
hiernach  drey  Moren  als  Eifordernifs  einer  Sylbe  fest  (sj- 
stema  triwn  moraruin).  Indem  er  dieses  durch  alle  Formen 
und  Ausnahmen  der  Grammatik  durchführt,  gibt  er  dersel- 
ben  einen  Schein  von  Einfachheit,  Notlnvendigkeit  und 
Consequenz,  der  ihm  viele  Anhänger  verschaffen  mufste. 

Wenn  alle  unbefangene  Beiutheiler  schon  damals  zweifelten, 
dafs  ein  so  künstliches  System,  wie  Danz  voraussetzt,  der  leben- 
den hebräischen  Sprache  zum  Grunde  gelegen  haben  könne  (Carp- 
zovii  Crit.  Sacra  V.  T.  S.  ip?),  so  hat  dasselbe  neuerlich  an  Bei' 
lermann  (Versuch  über  die  Metrik  der  Hebräer.  Berlin  igi^.  80 
wieder  einen  scharfsinnigen  Verteidiger  gefunden ,  welcher  es 
wenigstens  als  Grundprinzip  der  masorethiseben  Prmctation  gel- 
tend zu  machen  und  die  dagegen  erhobenen  Einwürfe  (s.  Vaters 
hebr.  Sprachlehre,  Vorrede  S.  31  ff.)  zu  entkräften  gesucht  hat. 
S.  a.  a.  O.  S.  6  ff.  22  ff.  Alhin  es  kann  noch  immer  bezweifelt 
werden,  oh  1)  ein  solches  Prinzip  die  iYIasorethen  geleitet  habe, 
oder  2)  ob  durch  die  Annahme  desselben  auch  nur  als  t^otz;  irai' 
Ist*;  etwas  gewonnen  werde.  Ein  bedeutendes  Argument  £egen 
das  Erste  kann  wohl  davon  hergenommen  werden  ,  dafs  keiner 
der  älteren  jüdischen  Grammatiker  auch  nur  mit  einem  Worte  ei- 
nes Systems  und  seiner  Terminologie  eedenkt,  das  doch  ein  Grund- 
prinzip der  von  ihren  Vorfahren  aufgestellten  Vocaüsation  gewe- 
sen seyn  soll.  An  dem  andern  läfst  sich  zweifeln ,  weil  a)  die 
Kenntnifs,  wenn  ein  langer  oder  ein  kurzer  Vocal  zu  setzen  sev, 
immer  nur  einen  ganz  unbedeutenden  Theil  der  Formenlehre  aus- 
macht, und  b)  nicht  einmal  diese  durch  das  systema  morarum 
vollständig  erreicht  wird,  denn  die  Ausnahme,  dafs  die  Tonsylbe 
eine  Mora  mehr  oder  weniger  haben  künne,  hebt  wieder  alle  Re- 
gel auf.  Die  formae  segclatae  lauten,  wie  TjSö  (mit  einem  kur- 
zen Vocale  in  der  Tonsylbe),  aber  auch  wie  MO,  "ISO,  K7*tp  (mit 
einem  langen),  ohne  dafs  ich  diese  MD ,  \t)"ip  schreiben  darf. 
Nach  dem  Morensystem  ginge  diefs  ebenfalls  an,  aber  eben  des- 
halb reichen  seine  Bestimmungen  nicht  aus,  und  kann  es  nicht 
als  ein  alle  Erscheinungen  erklärendes  Prinzip  angesebn  werden. 
D3n  und  Q3n,  Se[t3  und  St3j:3  sind  beyde  nach  dem  Morensy- 
■tern  richtig,  aber  ich  gewinne  dadurch  wenig,  wenn  ich  nicht 
erfahre,  dafs  das  eine  die  Form  des  Praeteriti,  das  andere  die  des 
Participü*  oder  Adjectivi  veibalis  se\ . 

Solche  Ausstellungen  heften  sich  aber  in  Menge  machen. 


d.  fiebr.  Sprachstud.  b.  d.  Christ,  $•  37.  Gousset,  Neumann.      125 

Noch  stärker  und  wirklich  nachtheiliger  zeigt  sich  jene 
Vernachlässigung  der  Dialekte,  mit  vvillkührlichen  Hypo- 
thesen verkünden,  in  der  gleichzeitigen  Bearbeitung,  des  le- 
xicographischen  Gebiets.  Wie  früher  Forster  und  Buhle 
(Ö-  34)5  so  verwarf  Gousset  ("1702)  nicht  blofs  die  Rabbinen, 
sondern  auch  Dialekte  und  Versionen,  und  wollte  alles 
(selbst  «*■«£  biyojutMotl')  aus  dem  Zusammenhange  und  Paral- 
lelstellen dechifriren;  im  Grunde  wurde  aber  doch  häufig  nur 
das  dechifrirt  und  bewiesen,  was  die  Reception  des  Buxtor- 
fischen  "Wörterbuchs ,  über  welches  er  commentirt ,  an  die 
Hand  gab.  Um  Beobachtung  des  biblischen  Sprachge- 
brauchs, sofern  er  aus  sich  selbst  erkannt  werden  kann,  hat 
er  dessen  ungeachtet  sein  Verdienst.  Eben  so  Stock  (171 7), 
dessen  streng  logische  Anordnung  der  verschiedenen  Ge- 
brauchsweisen eines  jeden  Wortes  noch  jetzt  in  gewissen 
Fällen  beym  Nachschlagen  willkommen  seyn  kann. 

Kühner  und  fast  abentheuerlich  war  die  Theorie,  wel- 
che um  dieselbe  Zeit  JSeumann  aufstellte,  und  durch  einen 
Theil  des  Wörterbuchs  durchrührte.  Er  ging  Anfangs  von 
der  vollkommen,  richtigen  Bemerkung  aus,  dafs  bey  vielen 
zwevsylbigen  Stammwörtern  nur  Eine  wesentliche  Stamm- 
svlbe  gewesen  sev,  und  dafs  diese  der  Form  und  Bedeutung 
nach  verwandt  oder  dieselben  seyn,  wie  Diu,  3c*< ;  it^E, 
U-'il'C  u.  s.  w.  *).  Eine  übertriebene  Ausdehnung  derselben 
führte  ihn  aber  zu  der  Behauptung,  dals  alle  zweysylbige 
Stämme  auf  einsylbige  zurückgeführt  werden  müfsten,  und 
aus  diesen  und  durch  Zusammensetzung  derselben  entstan- 
den seyn;  und  vollkommen  abentheuerlich  wurde  sein  Ver- 
such, als  er  noch  weiter,  auf  die  ersten  Elemente  zurück- 
gehen wollte,  und  die  Bedeutung  der  Wörter  aus  denen  der 
einzelnen  Buchstaben  ^welche  er  nach  ihrem  Namen  ,  ihrer 


1)  Mein  hebr.  Wörterb.  Vorrede  zum  2ten  Tli.  S.  XIII.  XIV. 
Hebr.  Grammat.  S.  110  ff.  Vgl.  Loscher  p.  139  ff.  256  ff. 
Carpzovii  Crit.  sacra    S.  lßy. 


12(5    Ahsc1in.lL   Gesch.  cl.  hehr.  Sprachkunde.  Per.  IV.  Bllilhe 

Gestalt,  ihrem  Laute  u.  s.  w.  bestimmte)  zu  deduciren  an- 
fing. Die  hebräischen  Buchstaben  wurden  nach  diesem  hie- 
roglyphischen System  nach  Art  der  sinesischen  decbifrirt. 
Abgesehn  von  der  letzten  Operation  gleicht  ihm  Rümelin, 
der  durch  mancherley  Versetzung  und  Verwandlung  der 
Buchstaben  den  ganzen  Sprachschatz  auf  15  Grundwörter 
zurückführt. 

Jac.  Gousset  (7.11  Poitiers  und  Groningen,  st.  x^o^:  Com- 
mentarii  ling.  ebraicae.  Amstelod.  i7o2.  Fol.  (~d.  Clcdius  Lips. 
1745-  g1-  "fO-  ^er  Ir°rm  Iirich  ein  Commentar  aber  huxto  f\s 
kleines  hebr.  Wb.,  3111  Werk  ^oj^brigen,  aber  nicbt  zyyeckaiäfsig 
verwandten,  Fleifses.   Vgl.  Michaelis  Beurtbeil.    S.  53. 

Chr.  Stock  (zu  Jena,  st.  1755):  Clavis  linguae  sanetae  f.  T. 
Jenae  1717.  Q.   und  öfter,   zuletzt  ed.  J.F.Fischer.   Lips.  1753.    g. 

Casjy.  Neumann  (in  Breslau,  st.  1715):  Genesis  linguae 
sanetae  V.  T.  Norimb.  1696.  4-  Exodus  ting.  s.  1697-1700  in 
4  Stücken.  Clavis  domus  Hebttr.  P.  I-I1I.  1712-15.  4.  Nach 
ihm  ist  N  Zeicben  der  Activität,  Bewegung,  3  bildet  den  Cubus 
und  dessen  dreyfacbe  Messung,  dali.  2N  der  Raum,  aus  welchem 
sich  ein  innerer  Trieb  ausbreitet,  Liebe,  Valerliebe.  Da^e^en 
Chr.  B.  Jfflchß'elis  de  seminibus  bilitteris  et  significatu  vocum  hiero- 
glyphico.  Halae  170p.  4.  TkhYAa^/i'j  Beurtheilung  S.  QQ.  Schon 
vor  ihm  lehrte  ähnlich  Chr.  Fiave  (delineatio  analogiae  hebraicae. 
Amst.  1647.     '[•)• 

G.  Burch.  Rämelin  (im  Wirternbergischen,  st.  1746):  £.«• 
xivon  critico - sacrum.    Tubingne  1750. 

Unter  solchen  Bizarrerieen  mag  auch  tan  der  Hardt's 
Hypothese  genannt  werden,  der  die  hebräische  Sprache  aus 
der  griechischen  abstammen  liefs. 

Herrn,  v.  d.  llardt  (zu  Helmstädt ,  st.  1746):  dissert.  da 
graecae  et  Orient alium  linguarum  harmonia.  1714.  sirabia  graeca 
—  Syria  graeca.  1715.  Dagegen  Chr.  B.  Michaelis  in  nichrcrn 
Disseriatt.  Vgl-  Brunt  Verdienste  der  Helmstadter  Professoren. 
S.  29. 

ö-      50- 
Ho  1 1  ä  n  d  i  s  cho    Schule    seit    Alb.    Schultens. 

1.  Schon  durch  van  Erpe ,  Golius  und  deren  Schüler 
waren  am  Ende   des  siebenzehntcu  und  im  Auf.  des  acht- 


d.  hebr.  Sprachslud.  b.  d.  CJirist.   Q-  58-  ffol/änd.  Schule.      \2J 

zehnten  Jahrhunderts  die  niederländischen  Academieen  ein 
vorzüglicher  Sitz ,  wie  griechischer  und  römischer ,  so' auch 
morgenländlscher  Sprachgelehrsamkeit  geworden.  Noch 
mehr  wurde  dieses  der  Fall,  seit  Albert  Schultena  (von  1713  an 
zu  Franecker,  seit  1729  zu  Leiden,  st.  1750)  durch  Lehre 
und  Schrift  den  Eifer  für  hebräische  und  arabische  Literatur 
von  Neuem  zu  beleben  wufste.  Unterstützt  durch  die  Schä- 
tze der  Leydner  Bibliothek  an  arabischen  Scholiasten,  Gram- 
matikern und  Lexicographen  widmete  er  sein  ganzes  thäti- 
ges  Leben  dem  grammatisch-etymologischen  Studium  der  se- 
mitischen Sprachen,  vornehmlich  der  arabischen  und  he- 
bräischen, und  machte  es  sich  zum  Geschäfte,  auf  ein  harmo- 
nisches Studium  derselben  zu  dringen,  welches  Männer,  wie 
Gousset ,  Driefsen ,  in  Verfall  gebracht  hatten.  Es  mufste 
seiner  Polemik  bald  gelingen ,     solche  Gegner    zu  stürzen. 

DO7  o  » 

und  er  ward  so  der  Gründer  einer  neuen  Schule  hebräischer 
Philologie,  die  durch  eine  eigentümliche  Manier  bezeich- 
net,  gewöhnlich  die  holländische  genannt  wird. 

2.  Für  das  grammatische  Studium  lieferte  Schultens  das 
erste  ausführliche,  mit  tiefer  Einsicht  in  den  Bau  der  semi- 
tischen Sprachen,  besonders  der  arabischen,  zugleich  mit 
richtiger  Sprachphilosophie  abgefafste  Werk,  auf  den  Grund 
der  Altingschen  Grammatik  gebaut.  Seine  zahlreichen  lexi- 
cographiscben  Untersuchungen  dagegen  liegen  in  seinen  ver- 
schiedenen Schriften  und  Commentarien ,  die  meist  nur  die- 
sen Zweck  haben,  zerstreut,  da  die  Verarbeitung  derselben 
zu  einem  eigenen  Wörterbuche  durch  seinen  Tod  verhindert 
wurde.  Sie  sind  aus  einer  reichen  Belesenheit  in  grofsen- 
theils  ungedruckten,  arabischen  Schriftstellern  und  Gram- 
matikern geschöpft,  und  haben  zum  Hauptzweck,  mit  Hül- 
fe des  Arabischen  überall  die  sinnliche,  oft  specielle,  Grund- 
bedeutung auszumitteln,  welche  in  den  wenigen  Ueberbleib- 
selu  des  Althebräischen  nur  selten  erhalten  seyn  könne, 
aus  diesen  die  übrigen  herzuleiten,  und  überhaupt  die  Bil- 


123    Absclai.il.   Gesch.  d.  hehr.  Sprachkunde.  Per.  IV.  Blütlie 

der,  Phrasen,  Tropen  des  hebräischen  Sprauchgebrauchs 
aus  der  verwandten  Sprachweise  der  Araber  zu  eil  aUfin. 
Wenn  das  Verdienstliche  einer  solchen  Behandlungsart 
leicht  in  die  Augen  fällt,  so  mufs  man  sich  auf  der  andern 
Seite  die  individuellen  "Mangel  der  Schultensischen  Methode 
um  so  mehr  vergegenwärtigen,  weil  nur  so  ein  walner 
Gewinn  von  dem  Studium  jener  Schriften  zu  erwarten  ist. 
Dahin  gehören  zu  einseitige  Benutzung  des  arabischen  Dia- 
lekts auf  Kosten  der  übrigen  ,  namentlich  des  aramäischen  ; 
Vernachlässigung  des  Zusammenhanges  und  des  individuel- 
len hebräischen  Sprachgebrauchs  (welchen  \  ersionen  und 
Rabbinen  oft  richtig  wiedergeben),  um  arabische  Bedeutun- 
gen anzubringen,  daher  oft  gezwungene,  uallkührliche,  ge- 
schmacklose Auffassung  einzelner  Stellen;  zu  w  eit  herge- 
holte etymologische  Hypothesen  und  Combinafcionen ;  e.ni- 
lich  übertriebene  Emphasen,  insofern  man  sich  den  Grund- 
begriff immer  auch  noch  zu  den  abgeleiteten  hinzudenken 
soll,  was  doch  in  einer  lebenden  Sprache  durchaus  undenk- 
bar ist.  Dazu  kommt  noch  ungemeine  Weitschweifigkeit 
und  Geschmacklosigkeit  des  Vortrags.  Mehreres  Uebertiie- 
bene  und  Verbildete  seiner  Manier  scheint  mit  der  Zeit  zu- 
zunehmen ,  weshalb  seine  curae  secimdae  (z.  B.  beym  liiob) 
selten  wahre  Verbesserungen  enthalten. 

Seine  Grammatik  :  Institutiones  ad  fundamenta  ling.  hehr.  Lugd. 
Lat.  1737.  4-  Auszug  daraus,  holländisch  175O)  Ut  Bremen 
1753.  Theorieen  der  hebr.  Philologie:  de  utiiiiati'  ling.  urab, 
in  interpretanda  S.  S.  1706.  De  defa.tibus  hodiernu  Lingua»  lubr. 
1753.  Vetus  et  regia  via  hebraixandi.  i7.5b-  Llw  is  dialeito- 
rum.  1633  ( hinter  der  Ausg.  von  Erpen.  «ramm.  «/-«/>.).  O'igi- 
nes  hebraeae.  P.  I.  1723.  P.  II.  1737-  ed.  II.  17:11,  nebst  den 
v'mdiciis  dieses  Werkes  liegen  Driefsen.  —  Comnit-iitniit-n  :  ani- 
madversiones  philol.  in  Job  um.  »7°8'  Animadverss.  ad  iana  loca 
y,  2*.  1700  (beyde  in  den  Opp.  minoribus  »76g.  4\  Comnunt* 
in  Jobum  1737.  4'  '"  i'r<"'"/'"J  ,748«  ■)•  —  LexicOH  /.:■/'/•.  (nur 
einige  Bogen  in  4).  lYIehreres  auch  in  den  Noten  7:1  lh-  i  11t.cn. 
sessus   und   den  poet.  Exccrpten    hinter   Erpen.   arab.   Grammatik. 

C»748)- 


d.  hebr.  Sprachstud.b.d.  Christ.   Ö.3Ö«  Holland.  Schule.      129 

3    Alle  diese  Vorzüge  und  Mängel  erbten  auch  auiSchul- 

tens  Schüler  fort,  wiewohl  sie  sich  natürlich  bey  einem  jeden 

auf  eine  individuelle   Art    modifizirten.       Während   Einige 

o 

(wie  Venema,  Lette)  oft  nur  die  Schattenseite  der  Schulten- 
sischen  Methode  ergriffen,  und  dem  hebräischen  Sprachge- 
brauche gesuchte  arabische  Bedeutungen,  Etymologieen  und 
Emphasen  aufdrangen,  wufsten  Andere  (wie  Schröder,  Seb. 
JR.au)  die  Einseitigkeit  ihres  berühmten  Vorgängers  glück- 
lich zu  vermeiden,  und  nur  das  Gute  desselben  beyzubehäl- 
ten.  Ein  fast  allgemeiner  Vorzug  der  Schulen  bleibt  eine 
Fülle  ausgebreiteter  Gelehrsamkeit  in  der  klassischen,  rab- 
binischen  und  morgenländischen  Literatur. 

Als  Grammatiker  hatte  Schultens  einen  trefflichen  Nach- 
folger an  Schröder,  welcher  seine  Institutionen  in  einen 
freyern  Auszug  brachte,  und  mit  einer  vorzüglichen  Syntax 
bereicherte.  Die  lexicalischen  Bemerkungen  liegen  in  vie- 
len Commentarien  zu  biblischen  (auch  arabischen)  Schrift- 
stellern und  in  Monographieen  zerstreut.  Eine  von  Sc/ieid 
angefangene,  von  Gronewoud  vollendete  kurze  Uebersicht 
der  lexicographischen  Resultate  (ohne  alle  Nachweisung  der 
Quellen  undHülfsmittel),  kann  nur  für  eine  Andeutung  zum 
Theil  sehr  unhaltbarer  etymologischer  Hypothesen  gelten, 
lind  hat  keinen  bedeutenden  Werth. 

Grammatik:  N.  lVt  Schroetter  (zu  Groningen,  st.  179g)  in* 
stitutt.  ad  /und.  ling.  hehr.'  Groningae  1766  und  öfter,  zuletzt 
Ulm  1792.    8. 

Lexica:  Schroeder  observatt.  ad  origines  hebr.  Gron.  1755. 
56.  62.  Ev.  Scheidii  observatt.  ad  ling.  hebr.  stirpes,  Spec. 
I-V.  Härder.  1772.  4.  Lex.  hebr.  et  chaid.  manuale  in  cod.  sa» 
crum  V.  T.,  cura  Ev.  Scheidii  et  J;  J.  Gr  oenewoud.  P.  I.  II. 
igo5.  10.      Bis  paj  von  Scheid. 

Commentarien  und  pbilol.  Observationen :  Lette  observatt.  in 
Deborae  et  mosis  Cantica.  1 748»  Eius d.  animadv.  ad  text.  hebr* 
1759«  Observatt.  in  loca  selecta  S.  cod.  1765.  8-  Herrn* 
Venemae  Comment.  ad  Psalmos.  Leovard.  1762-67.  6  Voll.  4. 
in  Jeremiam.  T.  II.  1765.  Ev.  Scheidii  diss.  ad  cant.  Hiskiae. 
1769»      N,  G.  Schroederi  comment.    de  vestitu  mulier  um   hebr* 

I 


»30   Abschn.  II.  Geach.  d.  hebr*  Sprach Lunde.  Per.  IV.  Bliitke 

ad  Jes.  in.  1748«  4«  «S^k  üöu  Exercitatt.  philol.  ad  Honhi- 
gantii  Prolegg.  und  a.  m.  —  Sammlungen  von  Monogra- 
phieen :  Sylloge  diss.  ph'dol.  exeget.  sub  praesidio  Alh.  et  J.  J. 
Schulten*  et  SJiroederi  edltarum.  P.  I.  IL  1772.  75.  4.  Balgii 
literati  opuscula  tust,  philol.  theoL  ed.  Oelrichs.  T.  I.  IL  1774«  76. 
u.  s.  w. 

6-     39- 
Neueste  Bearbeitung  der  hebräischen  Philologie  in   Deutschland. 

1.  Während  jene  Holländer  sich  um  die  Belebung  eine* 
gründlichen  Sprachstudiums  die  entschiedensten  Verdienste 
erwarben,  bildeten  sich  auch  in  Deutschland  einzelne  Schu- 
len für  hebräische  Sprachforschung.  Wenn  gleich  ihren 
Mitgliedern  oft  die  Fülle  holländischer  Gelehrsamkeit  ab- 
ging, so  vermieden  sie  doch  auf  der  andern  Seite  auch  die 
Fehler  derselben,  und  indem  sie  das  Wahre,  welches  bey 
den  so  divergirenden  Methoden  eines  Buxtorf ,  Gousset  und 
Schidtens  zum  Grunde  lag,  zu  vereinigen  suchten,  gelang 
es  ihnen,  die  verschiedenen  Erkenntnilsquellen  zur  Erläu- 
terung des  Hebräischen  (jüdische  Tradition  in  Versionen 
und  Rabbinischen  Commentaren ,  Dialekte,  Context  und 
Parallelsteilen)  in  ein  richtigeres  Verhältnifs  zusetzen,  als 
jene.  Einen  schönen  Grund  dazu  legte  die  Hallische  Schu- 
le unter  /.  H.  und  Clir.  B.  Michaelis.  Aus  ihr  ging  ( um 
1750)  /.  JJ.  Michaelis  hervor,  der  durch  vieljährige  Vorträge 
(seit  I73y  zu  Halle,  seit  1745-1791  zu  Göttingen)  und  zahl- 
reiche Schriften,  die  ausgebreitetste  Aufmerksamkeit  für  das 
biblisch-morgenländische  Sprachstudium  zu  erregen  wufste, 
und  noch  jetzt  in  berühmten  Schülern  fortlebt.  Mehrere 
derselben,  wie  Eicfihorn  und  Herder,  wufsten  dieses  Studium 
vornehmlich  auch  von  Seiten  des  Geschmacks  zu  empfehlen. 

£.  Grofse  Verdienste  um  den  Anbau  der  Grammatik  er- 
warb sich  zunächst  der  gründliche  ihr.  B.  Michaelis ,  der  in 
seinen  ungemein  schätzbaren  Dissertationen  die  sorgfältigste 
und  feinste  Beobachtung  des  hebräischen  Sprachgebrauchs 
mit  umfassender  Anwendung  der  Dialekte,  besonders  de* 


d.  hehr.  Sprachstud.  b.  d.  Christ.  Q.  39.  Neue  deutsche  Bearb.   13 1 

Syrischen,  für  Formenlehre  und  Syntax  verbindet.  Die 
grammatischen  Monographieen  von  Simonis  und  Hirt  stehen 
diesen  an  Werth  gar  sehr  nach.  Der  letztere  schliefst  sich 
noch  an  die  Danzische  Methode,  eben  so  Meiner,  der  dem 
sjstema  morururn  eine  eigenthüinliche  Wendung  zu  geben 
versuchte.  Dagegen  lieferte  Storr  (1779)  ein  ideenreiches 
grammatisches  Werk  für  Formenlehre  und  Syntax,  ganz  im 
Geschmacke  der  Holländer,  mit  den  Vorzügen,  aber  auch 
mit  manchen  eigenthümlichen  Mängeln  jener  Schule.  Au- 
fserdem  machten  sich  noch  Ilezel  (1777)  durch  passende  Be- 
nutzung der  Dialekte,  Vater  (1797)  insbesondere  durch  An- 
ordnung der  Declination ,  IVeckherlin  (ißo5)  durch  eine 
brauchbare  Syntax  verdient.  Wie  sehr  eine  gründliche 
Kenntnifs  der  Grammatik  vor  unvorsichtigen  Versuchen  in 
der  Kritik  bewahrt,  zeigte  Stange  in  mehreren  kritisch-pole- 
mischen Schriften  und  Aufsätzen,  gröfstentheils  gegen  Mi- 
chaelis und  dessen  Schule. 

Chr.  Beiied.  Michaelis  (der  Väter  von  J.  D. ,  st.  1764): 
lumina  syriaca  pro  illustrando  Hebraismo  sacro.  1756.  (wieder 
abgedruckt  in  Pott  sylloge  comment.  theo!.  P.  I.  S.  170).  Diss. 
qua  solcdcismus  casuuni  ab  ebruismo  s.  cod.  depellitur.  1757.  Diss. 
qua  soloecismus  generis  ab  syntaxi  cod.  ehr.  depellitur.  1737. 
Diese  und  mehrere  andere  verdienten  noch  einmal  zusammen  ge- 
druckt zu  werden.  —  J o.  Simonis  (zu  Halle,  st.  176$):  htm 
trod.  gramm.  crit.  in  ling.  hebt:  1  753»  Arcanum  formarum  nomi- 
num  linguae  fiebraeae.  1735»  4*  •?•  Fr.  Hirt  (zu  Jena,  st. 
*783):  synt.  observatt.  philvl.  crit.  ad  linguam  V.  T.  pertinentium. 
Jenae  1771.  8*  J»  I? '  Mainer  (zu  Langensalze)  die  wahren 
Eigenschaften  der  hebr.  Sprache.  Leipz.  1743.  Dess.  Auflösung 
der  vornehmsten  Schwierigkeiten  der  hebr.  Sprache.  1757.  (Vgl. 
Vaters  hebr.  Sprachlehre,  Vorrede  S.  20 ).  Gottl.  Christ. 
Storr  (st.  zu  Stuttgardt  1804):  Observatt.  ad  analogiam  et  syn» 
taxin  hebr.  pertinentes.  Tubing.  1779.  8»  PV.  Fr.  üeze/j  aus- 
führliche hebr.  Sprachlehre,  mit  Ver£leichun£  der  übrigen  mor- 
genländischen  Dialekte.  Halle  1777.  (Auszug  1787  »nd  öfter). 
/.  S.  Vaters  hebr.  Sprachlehre.  Leipzig  1797.  (Auszug  1798. 
48°7)'  C  C.  Fr.  TVeckh erlin  s  hebr.  Gramm,  für  Anfang. 
Ausg.  a.    1798«    ater  Theil,  Syntax.  i8°5-      i  Th,  Stange  (io 

1    2 


ij2   Absehn.  II,   Gesch.  d.  hebr.  Sprachsünde.  Per.IP»  Blüiht 

Halle):   Anticritka  in  locos  quosdam  Psalmorum  a  C.itkis  sollicita- 
tos.   P.  I,  II.    »791-  94-   8- 

Andere  neuere  Grammatiken,  nicht  ohne  einzelne  eigenthümli« 
che  Vorzüge,  hat  man  von  Hasse  (i7S6)>  !•  M-  Hartmann 
(*79ö)»  3°'  I ann  (5te  Ausgabe,  in  lat.  Sprache,  Viennae  iß09) 
u.  A.  Des  VJs.  (kleinere)  Grammatik,  die  Grundlage  eines  bald 
nachfolgenden  ausführlichen  grammatisch  -kritischen  Werkes,  er- 
schien in  Halle  igr 3.   8- 

3.  Verhältnifsmäfsig  noch  wichtiger  möchte  die  Aus- 
beute seyn,  welche  für  richtige  Auffassung  und  Bestimmung 
des  JLexicallschen  gewonnen  wurde.  Einen  nicht  unbedeu- 
tenden Vortheil  gewährte  es  hier  unter  andern,  dafs  man 
sich  durch  Studium  morgenländischer  Reisebe^chreibungen 
eine  möglichst  lebendige  Anschauung  von  dem  physischen 
und  gesellschaftlichen  Leben  des  biblischen  Schauplatzes  zu 
erwerben  gesucht  hatte,  und  die  genauere  Kenntnifs  der 
Sachen  nun  auf  die  Erklärung  anzuwenden  wufste. 

In  Anwendung  der  Naturkunde  auf  Schrift; rklärung  gingen 
(nach  Bochart,  §.  5G,  4)  mehrere  schwedische  Gelehrte  voran,  vor- 
züglich Ol.  Celsius  (geb.  1670,  gebildet  durch  Reisen  in 
Deutschland,  Holland,  Frankreich,  Italien,  st.  1756  zu  Upsala) 
bekannt  durch  sein  Hitrohotanicon.  Upsal.  1745.  47«  2  Voll.  Q., 
und  Sum.  O edmann  (zu  Upsala):  Vermischte  Sammlungen  aus 
der  Naturkunde  zur  Erklärung  der  heil.  Schrift.  Aus  d.  Schwe- 
dischen. 1786-95.  6  Hefte.  8-  —  1°  archäologis  her  Rücksicht 
sind  am  reichhaltigsten:  J o.  Jahns  biblische  Archäologie.  5 
Theile  in  5  Bänden.  Wien  1797-  »8°5-  8«  ^c  ll'ette's  Lehr- 
buch der  hebräisch -jüdischen  Archäologie.  Leipz.  i8x4-  S. 
Meyer  s  Gesch.  der  Schrifterklarnng.  Th.  5.  S.  16.  Eichhorn  s 
Gesch.  der  neuern  Sprachkunde.    Th.  \.    S.  502  ff. 

Der  aufsern  Form  nach  müssen  wir  die  Worterklärung 
in  Com.nent  arten  und  in  eigentlichen  Jf'örterbüchern  unter- 
scheiden. Den  Character  der  erstem  kann  man  im  Ganzen 
eklektisch  nennen,  aber  in  einem  Sinne,  wo  dieser  Ausdruck 
keinen  Tadel  einschliefst,  sondern  die  gleichförmige  und 
prüfende  Benutzung  aller  für  acht  erkannten  Erkenntnils- 
quellen  bezeichnet.  Dieses  gilt  schon  von  den  beyden  Hai- 
fischen Michaelis f  deren  giölstes  Verdienst  jedoch  in  glück- 


d.  hebr.  Sprachstud.  b.  d.  Christ,  ß.  39.  Neue  deutsche  Bearb.   133 

licher  Benutzung  der  Parallelstellen  und  älteren  Ausleger 
besteht,  bey  gewissen  für  den  unterrichteten  Leser  unschäd- 
lichen Mängeln.  Ihnen  voran  gingen  Geier  und  Seb.  Schmidt, 
ebenfalls  sorgfältige  Beobachter  des  Sprachgebrauchs.  Nach 
der  Schultensischen  Periode  machte  /.  D.  Michaelis  Epo- 
che, der  aber  wenig  eigentlich  philologische  Commentarien 
hinterliefs;  und  Männer,  wie  Schnurrer  und  Roeenmüller 
wissen  holländische  Gelehrsamkeit  mit  deutscher  Vielsei- 
tigkeit, Umsicht  und  Geschmack  zu  vereinigen.  Erste- 
rer  in  wenigen ,  aber  ausgesuchten,  exegetischen  Arbeiten, 
letzterer  in  einer  ganzen  Reihe  gehaltreicher  Commentarien. 
Vater  nützte  vornehmlich  durch  exegetische  Skepsis.  Zu 
kühne  Benutzung  des  Arabischen  auf  Kosten  des  Zusam- 
xnenhangs  und  eigentlich  hebräischen  Sprachgebrauchs  ent- 
halten einige  Commentarien  von  Paulus. 

Mart.  Geier  (st.  zu  Dresden  1  6go)  :  Comment.  in  Psalmos. 
ed.  II.  170g.  Fol.  Scb.  Schmidt  (st.  1696  zu  Strafsbur^) : 
Commentarien  über  die  meisten  BB.  d.  A.  T.  168  f - 9 3 .  4.  /.  //. 
Michaelis  (st.  zu  Halle  1738):  Biblia  hebr,  c.  not.  (bes.  zu  den 
Propheten)  1720.  Q.  dazu:  Annotatt.  uberiores  philo!,  exeget.  in 
Hagiographos  V.  T.  lihb.  Voll.  III.  Halae  1720.  4.  (v.  Chr.  ß. 
Michaelis  sind  dieAnmerkk.  zu  Jerem.,  Daniel,  Arnos,  Micha  und 
den  Proverbien).  J.  D.  Michaelis:  Observatt.  in  Jeremiae  va- 
ticinia  et  threnos,  ed.  Schleusner.  1793.  Chr.  Fr.  von  Schnur' 
rer:  Observatt.  ad  vat.  Jeremiae.  Tub.  1703-97.  (auch  in  Veit- 
husen  commentatt.  theol.  P.  I-III).  Desselben  disserlatt.  philol. 
crit.  1793.  £.  F.  C.  Rosen  m  älller:  Scholia  in  V.  T.  Voll. 
VN.  (Pentateuch,  Jesaias,  Psalmen,  Hiob,  EzechieL.  kl.  Prophe- 
ten). 1797-1814«  de  TJ'ette  Commcntar  über  die  Psalmen, 
Heidelberg  lßi».  Vater  s  Comment.  über  den  Pentateuch.  3 
Bde.  Halle  1503.  5.  H.  E.  G.  P a.ulus  philul.  Clavis  über  da» 
A.  T.     Die  Psalmen  1791.    Jesaias  1793. 

Andere  mehr  oder  minder  eigenthümliche  und  scharfsinnige 
Beyträge  zur  philologischen  Auslegung  enthalten  aufserdem  die 
philologisch  -  exegetischen  Schriften  von  Arnoldi ,  G.  L.  Bcu?r, 
Dathe ,  J.  E.  Faber,  Gaab ,  J.  Th.  und  J.  M.  Hartmann ,  Hasse, 
Hensler,  Hezel,  llgen,  Justi,  Koppe,  Pfeiffer,  Ruperti,  S.hleufsner, 
J.  C.  F.  Schulz ,  Ziegler  und  A. ,  welche  namentlich  aufzurühren 
der  Raum  verbietet. 


134  '-dbschn.il.   Gesch.  d.hebr.  Sprachkunde.  Per.IV.  Blilthe 

Die  ersten  lexicallschen  Arbeiten  von  Wichtigkeit  ka- 
men von  zwey  Zöglingen  der  Hallischen   Schule,  Simonis 
und  /.  D.   Michaelis.      Der  erstere    suchte  besonders  nach, 
dem  Beyspiel  der  holländischen  Schule  die  Grundbedeutung 
der  Stammwörter   zu  erforschen,  und  die  der  Derivata   ge- 
schickt davon  abzuleiten ,  wobey  er  die  Analogie  der  Dia- 
lekte und  anderer  alten  Sprachen  oft  glücklich  benutzte,  und 
den  Gebrauch    der    holländischen  Vorarbeiten    mit  eigenen, 
etymologischen  Versuchen  verband.     Dazu   kam  eine  sorg, 
fältige  Aufstellung   und  Erklärung    aller  wirklich  vorkom- 
menden  grammatischen  Formen  (nach  Buxiorf) ,    und  eine 
reiche  Literatur,  wodurch  aber  der  Raum  zu  der  eigentlich 
lexicalischen  Darstellung  und  Belegung  der  Bedeutungen  ei- 
nes Worts  versperrt  -wurde.     Der  andere  sammelte  die  ein- 
zelnen philologischen  Bemerkungen,    die  er  sich  während 
eines  52jährigen  schriftstellerischen  Lebens  selbst  abstrahirt 
hatte,  oder  einer  neuen  Empfehlung  bedürftig  hielt,   zu  ei- 
ner Sammlung  von  Ergänzungen  der  Wörterbücher,  und  lie- 
ferte hier  manche  schöne  Untersuchungen,  wiewohl  man  in 
Materie  und  Form  des  Werkes  hier  und  da  die  consequente 
Haltung  der  Grundsätze  vermifst,   die   der  Verfasser  selbst 
in  der  Theorie  aufgestellt  hatte.     In  der  neuen  Ausgabe  des 
Simonis   von  Eichhorn  wurden  die  Arbeiten  von  Michaelis 
und  mehrern  Holländern  excerpirt,  und  in  den  ersten  Buch- 
staben manches  für  Phraseologie  und  Construction  nachge- 
tragen, was  aber  weiterhin  aus  Mangel  an  Raum  unterblieb. 
Moser 's  kleines  Wörterbuch  gibt  manche  selbstständige  ety- 
mologische Ansicht ,   aber  zuviel  Willkührlichcs ,   und  alles 
zu  kurz  angedeutet.  Dindorf'a  unvollendet  gebliebenesWerk 
enthält  endlich  eine  Compilation  aus  vielen  Wörterbüchern 
und  Commentarien,  aber  ohne  festen  Plan  und  alles  Eigen- 
thümliche.      Von  welchen  Gesichtspunkten  der  7  rerftu ser  be> 
Abfassung  seines  Wörterbuchs  ausging,  ist  in  den  Vorreden 
zu  Th.  1  und  2  kürzlich   dargelegt  worden.     Es  waren  vor- 
nehmlich folgende:  möglichst  richtige  Schätzung  und  prü- 


d.  hehr.  Sprachstud.  b.  d.  Christ.  Q,  39.  JSleue  deutsche  Bettrb.   135 

fende  Benutzung  aller  Quellen  der  Lexicographie ;  richtige 
Auflassung  des  Verhältnisses  zwischen  dem  Hebräischen  und 
den  verwandten  Dialekten ,  um  jenem  nicht  einen  ihm  frem- 
den Sprachgebrauch  anzudichten ;  vollständige  Angabe  und 
Erläuterung  der  Constructionen  und  Phrasen,  die  mit  einem 
Worte  gebildet  werden ;  strengere  Scheidung  dessen,  was 
in  das  Gebiet  des  Wörterbuches,  oder  in  die  Grammatik, 
oder  in  exegetische  Commentarien  gehört;  Aufmerksamkeit 
auf  die  verschiedenen  Classen  der  Diction  (poetische,  spä- 
tere) ;  vollständige  Aufnahme  der  Nomin.  propria. 

J o.  Simonis  (zu  Halle»  st.  1768):  Lexicon  manuale  hehr,  et 
chald.  Halae  1752.  ed.  II.  1771.  ed.  III.  ed.  J.  G.  Eichhorn. 
1795.   8-      Onnmasticon  V.  T.   Halae  1741-    4« 

/.  D.  Michaelis  (geb.  1717  zu  Halle,  st.  zu  Göttingen 
1791):  Supplementa  ad  Lexx.  hebraica.  Partes  VI.  Gottingae 
1792.  4.  (eig.  178.5-92.  Die  letzten  Bogen  von  Chr.  Th.  Tych- 
sen,  aus  M.'s  Papieren).  Andere  Sprachbemerkungen  in  dessen 
Alter  und  Neuer  Orient.  Bibliothek  (24  und  8  Theile) ,  Spicile- 
gium  Geographiae  Hebraeorum  exterae ,  und  in  dessen  verschiede- 
nen Commentatt.  Vgl.  seine  Leben sbesclueibunü  von  ihm  selbst, 
herausgegeben  von  Hassencamp.  Rinteln  und  Leipz.  1793;  über 
seinen  literarischen  Character  von  Eichhorn  in  der  Bibliothek  der 
bibl.  Literatur.    Th.  3.   S.  8^7. 

P h.  U.  Moser  (j.u  Ulm,  st.  i7q2)  Lexicon  manuale  hebr.  et 
chald.  praef.  est  Gottl.  Chr.  Storr.    Ulmae  1795.    8- 

G.  J.  Dindorj  (st.  zu  Leipzig  1812):  novum  Lexicon  lin\- 
guae  hebr.  et  chald. ,  commentario  in  libros  V.  T. ,  dialectorum  in- 
primis  cognatarum  ope,  animadi-ersionibus  praestantissimorum  inter- 
pretum  locupletatum.  P.  I.  II.    Lipsiae  1801.  i8°4>   8«   (**-3). 

VTT.  Ge seniu s  hebr.  deutsches  Handwörterbuch  über  die 
Schriften  des  A.  T.    2  Theile.    8»    Leipzig  18 10.  12. 

Eine  grofsentheils  unrichtige  Anwendung  der  Dialekte  für  die 
Etymologie  machte  Boysen  (Beyträge  zu  einem  richtigen  System 
der  hebräischen  Philologie.  3  Bände.  Chemnitz  1762),  so  wie 
Hczel  (Kritisches  Wörterbuch  der  hebr  Sprache.  Halle  1795, 
[Buchstab  N  j  )  einen  übertriebenen  Gebrauch  von  der  Buchsta- 
benversetzung und  Verwechselung  machte.  Etymologische  De« 
duetionen  in  holländischer  Manier  enthalten  Funk  symbolae  ad 
interpretationem  s.  cod.    Hafniae  1768.  8» 


136   Abschn.  IL   Gesch.  d.  hebr.  Sprachk.  Per.  IV.  Bliithe  etc. 

Theorieen  der  Worterklärung  enthalten:  J.  D.  Michaelis 
Beurtheilung  der  Mittel,  welche  man  anwendet,  die  ausgestor- 
bene hebräische  Sprache  zu  lernen.  Göttingen  1753.  L  F- 
Schellin  g  Abhandlung  vom  Gebrauch  der  arabischen  Sprache 
zu  einer  gründlichen  Einsicht  in  da3  Hebräische.  Stuttg.  1771.  8« 
G.  IV.  Meyer  s  Versuch  einer  Hermeneutik  des  A.  T.  Th.  t, 
Lübeck  1799. 


*37 


Dritter  Abschnitt. 
Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

ö.    40. 

Von    der    Schrift    der    Semiten    überhaupt  *). 

I.  Öo  sehr  der  erste  Ursprung  der  Buchstabenschrift  über- 
haupt sich  im  Dunkel  des  Alterthums  verliert  und  dadurch 
jeder  genauem  Untersuchung  entzieht,  so  ist  doch  soviel 
un bezweifelt,  dafs  das  Alphabet  eines  semitischen  (oder  we- 
nigstens semitisch- redenden)  Volkes,  der  Phönizier,  die 
Mutter  vieler  rnorgenländischen,  und  aufserdem  durch  das 
Griechische  aller  abendländischen  Alphabete  geworden  ist2). 
Aus  den  semitischen  Buchstabennamen  und  der  Natur  dieses 
Alphabetes  erhellt  es  ferner  deutlich ,  dafs  dieses  auch  von. 
einem  semitischen  Volke  erfunden  sey,   und  schon  hierdurch 

1)  Wir  besitzen  darüber  kein  vollständiges  und  befriedigendes 
Werk,  wiawohl  hier  noch  Vieles  zu  untersuchen  wäre. 
Vgl.  Ed.  Ber  nar  di  literatura  orbis  eruditi  a  characters  Santa* 
ritico  dedueta.  1689.  ec^  Carl  Mortem.  1759.  Pf  alt  an  Ap- 
parat bibl.  Proleg.  II.  Biit  tner  figurae  variaeque  fonnae  li- 
terarum  hebr.  syr.  arab.  Gott.  1769.  Fol.  Desselben  Verglei- 
chungstafeln der  Schriftarten  verschiedener  Völker.  St.  1.  Göt- 
tingen 1771.  St.  2.  1779.  4.  (unvollendet).  Die  3  Kupfcr- 
tafeln  nachjrestochen  in  Eichhorns  Einleit.  in  das  A.  T.  Th.  f. 
PVahV s  Skizze  einer  rnorgenländischen  Graphik  in  dessen  all- 
gem.  Geschichte  der  rnorgenländischen  Sprachen.  S.  585  ß-  taD« 
7-10.      Paulus  archäologische  Beobachtungen  und    Vluthma- 

fsun^en  über  semitische,   besonders  hebräische  Lesezeichen,    in 
o 

dessen  Memorabilien.  St.  6.  S.  102  ff.  Neues  Lehrgebäude  der 
Diplomatik.  Aus  dem  Franz.  (mehrerer  Benediktiner)  von  /. 
Chr.  Adelung.  4.  Th.  2.  S.  90  ff. 
ß)  Zu  den  Gründen,  die  in  der  Sache  selbst  liegen  (§.  43),  kom- 
men die  einstimmigen  historischen  Zeugnisse  von  Herodot 
(5.  98).  PHnius  (N.G.  7,  56),   Tacitus  (Amul.  XI,  14)- 


I3Ö       Absehn.  III.  Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

erhalten  die  beyden  Sagen  des  Alterthumsj  welche  diese  Er- 
findung den  Phöniziern  selbst3)  oder  den  Aramaern4)  zu- 
schreiben, ein  entschiedenes  Uebergewicht  über  eine  andere, 
aber  auch  weit  minder  verbreitete,  welche  diese  Ehre  den 
Aegypliem  zueignen  will5). 

2.  Bey  aller  Verschiedenheit  der  vielen  älteren  und 
neuern  semitischen  Alphabete  haben  sie  doch  alle  zwey 
Hauptcharactere  gemeinschaftlich,  dafs  t)  nur  die  Konsonan- 
ten und  die  drey  langen  Hauptvocale  (n,  ■>,  *)  in  der  Reihe 
stehen ,  die  kurzen  Vocale  aber  durch  kleine  Zeichen  über, 
unter  oder  an  den  Buchstaben  bezeichnet,  oder  ganz  wegge- 
lassen werden ;  und  dafs  2)  von  der  Rechten  nach  der  Lin- 
ken zu  gelesen  wird.  Von  der  letzten  Eigenschaft,  "wel- 
che allen  alten  morgenländischen  Schriftarten  eigen  ist 6), 
macht  hier  nur  das  Aethiopische  eine  Ausnahme,  welches 
aber  auch  gewifs  nicht  zu  diesem  Stamme  gehört,  und  eine 
offenbar  spätere  durch  griechische  Einflüsse  gebildete  Schrift 
ist7).     Von  Bustrophedon  kommt  keine  sichere  Spur  vor. 

Das  Aethiopische  ist  eine  mc/itsemitische  Schrift,  so  wie  um- 
gekehrt semitische  Alphabete  oft  auf  nichtsemitische  Sprachen 
übergetragen  wurden.      80  im   Alteithume  das  fhonizijche  auf 


3)  Plin.  H.  N.   V,  12.      Lucan.  Pharsal.   3,  220. 

4)  Diod.  Sic.  V.  24.  und  Wesseling  zu  dieser  St.  Plin.  7,  56. 
Vgl.  Th.  Chr.  Tychsen  in  der  Bibliothek  der  alten  Literatur. 
St.  5.    S.  x  ff. 

5)  Plin.  a.  a.  O.  Cic.  de  nat.  deor.  3,  23.  Plut.  quaest.  sym* 
pos.    20,  3.      Vgl.  Walton  II,  3.      Buttner  a.  a.  O.    S.  12. 

6)  Ueber  die  Aegyptier  s.  Herodot.  2,  36,  über  die  Griechen 
Montfaucon  palaeogr,  gr.  S.  llQ,  über  die  Hetrusker  die 
eugubinischen  Tafeln  mit  altgriechischer  Schrift  in  Gruteri 
Thes.  inscript.  T.  I.  S.  143.  Vgl.  Clüshull  antiqu.  asiat.  S. 
24»  und  (Fahricy)  Censoris  thtologi  diatribe,  qua  l'ibliographiae 
antiquariae  et  sacrae  critices  aliquot  capita  illusti antur ,  hinter 
de  hossi  Spec.  variar.  lectionum  (ed.  Schnurrer).  S.  26g  ff. 
Nur  die  Keilschrift  und  ägyptische  Bildersehlift  machen  eine 
Ausnahme,   s.  Grotrfend  in  Heerens  Ideen.    Th.  1.   S.  937.  56. 

7)  LudolJ  hist.  aethiop.  üb.  II.  c  II.     Wahl  a.  a.  O.  S.  632. 


().  4°»    f^ü}i  wtr  Schrift  der  Semilen  überhaupt.  13p 

das  Griechische,    später  die  arabische  Schrift  auf  das   Persische, 
Türkische  und  Aegyptische. 

3.  An  den  altsemitischen  Alphabeten,  wiewohl  sie  aus 
Einer  gemeinschaftlichen  Quelle  geflossen  sind,  läfst  sich 
vornehmlich  ein  zwiefacher  Character  unterscheiden: 

1)  Der  phönizische  Schriftcharacter.  Dazu  gehört  a)  die 
eigentlich  phönizische  Schrift  auf  den  Inschriften  zu  Cy- 
pern,  Malta,  Carpentras  und  den  Münzen  von  Phönizien 
und  seinen  Colonieen.  Sie  hat  keine  Vocale,  bald  Wortab- 
theilung, bald  nicht8),  h)  Die  jüdische  Münzschrift  Q.  41, 
2).  c)  Die  phönizisch- ägyptische  Schrift,  welche  Cayhis 
auf  Mumienbandagen  entziffert  hat,  mit  drey  Vocalr.ei- 
chen9)  Von  der  ersten  stammen  cf)  die  samaritanische 
Schrift  (Q.  41,  3),  und  e)  mit  Uebertragung  auf  einen  ganz 
andern  Spraciistamin  die  altgriechische  Schrift,  bald  von  der 
Hechten  zur  Linken,  bald  umgekehrt,  bald  ßovrrgo^tj^o»  ge- 
schrieben *° }. 


ß)  Nach  den  frühern  mangelhaften  Versuchen,  dieses  Alphabet 
zu  entziffern,  von  Scaliger,  Rlienjerd,  liochart  und  Montjaucon 
(Palaeogr.  gr.  S.  122  ff.)  machten  sich  vorzüglich  Barthelemy 
und  Swinton  um  dieses  Geschäft  verdient,  und  Dutens  und  Butt' 
ner  (tab.  2.  no.  1.)  brachten  das  von  ihnen  Erforschte  in  eine 
leichte  kritische  Uebersicht.  Die  vollständige  Literatur  8.  in 
Ekhel  doctrina  nummorum  vett.  T.  III.  S.  403.  Das  Alphabet 
von  Dutens  (Expiration  de  quelques  medailles  grecques  et 
phenkietmes.  1776)  ist  nachgestochen  in  Michaelis  Orient.  Bib- 
lioth.  Th.  Q.  S.  17.,  Jahns  Einleit.  in  das  A.  T.  Th.  1,  und 
dessen  Gramm,  hebr.  ed.  III.  Noch  ist  Manches  zu  verbessern 
und  zu  ergänzen  übrig.  Einige  Versuche  dieser  Art ,  welche 
Anfangs  hier  mitgetheilt  werden  sollten,  hat  des  Vf.  zurückge- 
halten, um  ihnen  noch  mehr  Pveife  zu  geben,  da  sie  ohnehin 
hier  nicht  hinlänglich  an  ihrer  Stelle  gewesen  wären.  Um 
nicht  schon  nachgestochene  Copieen  nochmals,  ohne  dafs  etwas 
Bedeutendes  dafür  geleistet  werde ,  zu  wiederholen ,  ist  auch 
die  Anfangs  für  dieses  Buch  bestimmte  Tafel  semitischer  Al- 
phabete weggeblieben. 

9)  Caylus  Recueil  d'Antiquites  egypt.    T.  I.    S.  65  ff.       T.  V.    S. 
77  ff.    Buttner  tab.  2,  no.  2.     Th.  Chr.  Tychsen  a.  a.  O.  (Anro.4). 

10)  Montjaucon  ».  a.  O.    S,  122  ff. 


140       \Abschn.  III.  Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

2)  Der  hebräisch- chaldaische  Schriftcharacter.  Dazu 
gehört  a)  die  Quadratschrift  KQ.  41,  1),  &)  die  palmyrenische 
Schrift,  wie  es  scheint,  eine  Art  von  Cursivschrift  der  er- 
stehen, ohne  Vocale  und  "Wortabtheilung,  aher  mit  Ligatu- 
ren1 * ).  Nur  etwas  entfernter  verwandt  sind  die  ganz  gebun- 
denen Schriftarten,  c)  die  altsyrische  Schrift,  Estrangelo12), 
und  d)  die  altarabische,  Kufische,  eine  Tochter  der  vorher- 
gehenden, nicht  die  älteste  Schrift  der  Araber  (das  Alphabet 
der  Jlamjaren),  welche  vielleicht  eine  mit  der  hebräischen 
oder  phönizisenen  warI3\ 

fi.    4*- 

Hebräische   Schrift.      Alter  und  verschiedene  Charactere   derselben. 

Die  Relationen  der  Genesis  enthalten  noch  nicht  die 
mindeste  Spur  von  Schreibkunst;  nicht  einmal  die  Tradition 
(die  sonst  so  gern  wichtige  Erfindungen  höher  hinaufsetzt, 
als  die  historische  Kritik  zugeben  kann)  scheint  also  jener 
Kunst  ein  solches  Alter  angewiesen  zu  haben14).  Im  Ge- 
gentheil  finden  sich  dort  dieselben  Mittel,  das  Andenken  an 
merkwürdige  Begebenheiten  zu  erhalten ,  welche  man  auch 
sonst  hey  uncultivirten  Völkern  vor  Erfindung  der  Schreib- 
kunst antrifft,  als  Steinhaufen,  Bäume,  Altäre  u.  s.  w. ,  die 
von  einer  Begebenheit  benannt  werden  (1  Mos.  21,  33.   3i> 


11)  liartheletny  reßexions  sur  V aiphabet  et  la  langue ,  dont  an  so 
servoil  autrefois  ä  l'almyre.  Paris  1754.  Suinton  in  den  Phi- 
lo*, transactions.  Vol.  ^tf.  T.  I.  p.  690  ff.  Büttner  tab.  1. 
iio.  1.  Die  Kupfertafel  bey  Michaelis  gramm.  syr.  Die  älte- 
ste Inschrift  gehört  ins  Jahr  Chr.  49,  die  jüngste  ins  3te  Jahr- 
hundert nach  Chr.,    die  Sprache  ist  syrisch. 

12)  Mihadit  grammat.  syr.    S.  14. 

13)  Niebülls  Arabien.  S.  94  ^  Fococke  spec.  hist.  Arabum. 
S.  i55- 

14)  Von  der  rabbinischen  Fabel,  welche  diese  und  andere  Künste 
■choq  Ad.im  iuid  den  Patriarchen  zuschreibt  (s.  Munster  ad 
Gen.  2)  kann  hier  nicht  die  Rede  seyn. 


5 . 4 l •   ~düer  u-  verschied.  Charaktere  d.  hebr.  Schr;ft.       1 4 1 

4ö.  35,  7.  5o,  11)  **).  Die  erste  Spur  hebräischer  Schrift 
ist  in  den  steinernen  Gesetztafeln  Mose's  (2  Mos.  51,  13) 
enthalten,  aber  auch  zugleich  so  beschaffen,  dafs  sie  die 
Gewähr  historischer  "Wahrheit  in  sich  selbst  zu  tragen 
scheint.  Hierauf  folgen  dann  immer  häufigere  Erwähnungen 
von  Schrift;  die  Inschriften  am  hohenpriesterlichen  Schmuck 
(2  Mos.  2ß,  9.),  auf  dem  Berge  Ebal  (5M0S.  27,  »2  ff  Jos. 
8,  52),  selbst  gröfsere  schriftstellerische  Aufzeichnungen 
(4  Mos.  35,  2.  5  Mos.  31,  24.  Jos.  18,  9.  24,  26),  weiche 
letztere  aber,  so  wie  einige  frühere  (2  Mos.  17,  14.  24,  4) 
von  der  historischen  Skepsis  besonders  deswegen  in  An- 
spruch genommen  werden  dürfen16),  weil  die  Analogie  an- 
derer alten  Volker  lehrt,  wie  vonKenntnifs  und  erstem  noth- 
dürftigen  Gebrauch  der  Buchstabenschrift  bis  zu  fertiger 
Handhabung  derselben  und  zur  Schriftstellerey  ein  sehr  wei- 
ter Schritt  sey,  zu  dem  oft  Jahrhunderte  er; orderlich  sind17). 
An  den  letzteren  Angaben  dürfte  also  die  Ansicht  der  spä- 
teren Concipienten  bedeutenden  Antheil  haben. 

Eine   frühere  Spur  hat  man  in  den  Namen  gewisser  Beamten 
der  Hebräer  in  Acgypten ,    0">*lwU>»    zu  entdecken  geglaubt,    da 

die  LXX.  dieses  durch  Schreiber  übersetzen,  vgl.  das  arab.  ,V\tM 
schreiben  (MichaZlis  mos.  R.echt  Th.  1.  $.51)»  allein  die  Verbin- 
dung, in  welcher  sie  überall  vorkommen,  führt  durchaus  nicht 
auf  ein  Geschäft  des  Schreibens,  sondern  unterstützt  eine  andere 
Etymologie,  wornach  das  Wort  Vorsteher,  Beamter  heifst.  V"e;l. 
Vaters  Comment.  über  den  Pentat.  Th.  3.  S.  537.  Mein  Wör- 
terb.  u.  d.  W.  Weit  eher  möchte  der  ausdrücklich  als  alt  ange- 
führte canaanitische  Städtename  ISO  TP^p  (Bücherstadt)  Jos.  15, 
15  für  den  frühen  häufigen  Gebrauch  der  Schreibkunst  bey  den 
Phöniziern  angeführt  werden. 

Da  die  erste  sichere  Spur  von  Schreibkunst  sonach  erst 

15)  Vgl.   Goguet  Ursprung  der  Gesetze.     Tb.   1.     S.  17a    der 
deutschen   Uebers. 

16)  Vaters  Comment.   über  den  Pentateuch.    Th.  3.    S.  522  ff. 
de  Wette  Lehrbuch  der  hebr.  jüdischen  Archäologie.  S.  546. 

17)  Wolf  Prolegomm.  ad  Homerum.    p.  L\IU  sq.   LXVI  ^ 


142        Absclin.  III.   Geschieh e  der  hebräischen  Schrift. 

nach,  der  ägyptischen  Periode  fällt,  so  lag  allerdings  die 
Vermuthung  nahe,  dafs  die  Hebräer  ihre  Buchstabenschrift 
in  Aegypten  erhalten  hätten,  besonders  wenn  man  dieses 
Land  für  die  Wiege  der  Buchstabenschrift,  oder  wenigstens  im 
frühen  Besitz  derselben  hielt.  Man  war  daher  geneigt,  die 
obenerwähnte  phönizisch-  ägyptische  Schrift  für  das  älteste 
Alphabet  der  Hebräer  zu  halten18).  Allein  der  Gebrauch 
jener  Buchstabenschrift  in  Aegypten  ist  vor  dein  persischen 
Zeitalter  durchaus  unerweislich,  bey  der  herrschenden  Hiero- 
glyphenschrift selbst  unwahrscheinlich19);  und  es  ist  daher 
bey  weitem  glaublicher,  dafs  die  Buchstabenschrift  um  diesel- 
be Zeit  von  den  auch  der  Sprache  nach  verwandten  Stämmen 
der  Ararnäer  oder  Canaaniter  zu  den  Hebräern  übeieing, 
zumal  da  es  nicht  unwahrscheinlich  ist,  dafs  während 
der  Dienstbarkeit  in  Aegypten  andere  Stämme  der  Hebräer 
mit  nomadischer  Freyheit  an  den  Glänzen  jener  Völker 
streiften  (1  Chron.  7,  21).  20) 

Der  Schriftzüge,  in  welchen  wir  heut  zu  Tage  althe- 
bräische Denkmäler  besitzen,  gibt  es  drev,  wovon  einer 
zum  hebräisch- chaldäischen  ,  zwey  zum  phönizischen  Cha- 
rakter gehören.  Einige  allgemeine  Notizen  darüber  mögen 
der  Untersuchung  über  ihr  gegenseitiges  \  erhält nifs  voran- 
rj.ehn.     Es  sind  folgende  : 

1.  Der  gewöhnliche  Charakter  der  jüdischen  Bibelhand- 
schriften, von  der  Form  der  Buchstaben  rain  ans  Quaurul- 
schrift ,  gewöhnlicher  n**lNE)M  SHÄ  assyrische  Schrift,  ge- 
nannt21). Als  Grund  dieser  Benennung  gibt  der  Talmud 
(Gem.  Sanhediin    Fol.  21,    col.  2)  richtig  an:    Dn»y  iSvitf 


ig)   Nach  R.  Simon,   Deyling  und  A.  i.  Eichhorns  Einleit.  in  das 

A.  T.    Tlu  1.   S.  147. 
19)    Dessen  Geschichte  der  Literatur  (1 805).   Th.  1.   S.  14. 
ao)   Bertholdt  Einleit.   in   das   A.  und  N.  T.    S.  160,    vgl.  S.  4. 

de  PJ  etto^s  Archäologie   S.  31. 
•21)    Buxtorf  Lex.   talmud.    p.  241.       Dessen   diss.  philol.  theoh 

S.  335- 


$.41.  Alter  u.  verschied.  Charaktere  d.  hehr.  Schrift.      143 

*Mtyxö  weil  sie  (diese  Buchstaben^  mit  ihnen  (den  Hebräern) 
aus  Assyrien  heraufkamen.  Assyrien  ist  aber  hier  inrwei- 
tern  Sinne  von  Chaldäa  und  Babylonieh  zu  verstehn ,  wie 
öfter  in  der  Bibel  und  den  Classikern22,),  daher  ebenfalls 
richtig:  chaldäische  Quadratschrift.  Neuere  Juden,  z.  B. 
R.  Juda  der  Heilige23) ,  misdeuteten  die  :  enennung  durch 
n^NK  beata,  beatificata,  welches  ebensowenig  zulässig  ist, 
als  jede  andere  etymologische  Auffassung,  z.  B.  d;e  von  Mi- 
chaelis versuchte,  ob  es  nicht  gerade,  geradlinichte  Schrift 
bedeuten  könne  (von  -ittJN  gerade  seyn  ,  mithin  eben  soviel 
als  Quadratschrift24).  In  den  jetzigen  Handschriften  er- 
scheint sie  theils  mit  einem  sehr  zusammengesetzten  Vocal- 
system,  theils  ohne  alle  Vocale. 

2.  Der  Schriftzug  der  hebräischen  Inschriften  auf  den 
unter  dem  maccabäischen  Fürsten  Simon  (aer.  Seleücid.  170. 
71.  72)  geschlagenen  jüdischen  Münzen;  ohne  Vocale;  der 
Aehnlichkeit  wegen  mit  No.  3.  oft  fälschlich  samaritanische 
Schrift  genannt,  richtiger  jüdische  Münzschrift.  Die  Ent- 
zifferung des  Alphabets  ist  erst  seit  Barihelemy  und  Swinton 
zu  wahrer  Vollständigkeit  und  Sicherheit  gediehen ;  indessen 


2a)  4  Mos.  24,  22.  24  (vgl.  Bertholdt  a.  a.  O.  S.  793).  Herod. 
if  78-  105*  Strabo  V»  p.  743.  Selbst  Persien  wird  von  spä- 
tem Schriftstellein  darunter  begriffen,  z.  B.  Esra  6,  26.  Hier- 
durch hebt  sich  der  Einwurf  von  Michaelis  (Orient.  Biblioth. 
Th.  22,  S.  117)  und  Seb.  hau  (Exercitatt.  in  Houbigantii  Pro* 
leg.  S.  i2ö)-  "~ *  A<Tffvf<«  und  ^«ASam«  y^<x/j.fji,aTa.  kommtauch 
bey  den  Alten  promiscue  von  demselben  (von  unserem  ?)  Schrift- 
zuge vor.  So  heifsen  die  Buchstaben  einer  Inschrift  am  Grabe 
des  Sardanapal  chuldäisih  (Athen.  XII,  p.  529),  dieselben  aber 
assyrisch  (Athen.  XII,  p.  469.  Arrian.  expedit.  Alex.  II,  5. 
§.  4).  Die  assyrische  Schrift  auf  den  Säulen  am  Bosporus 
(Herodot.  \,  ß7)  heifst  aber  beym  Strabo  (XV,  p.  502)  per. 
sisch.      Vgl.  Jablonskü  Opusc.  ed.  te  Water    T.  III.  p.  130. 

23)  Buxtorf  a.  a.  O. 

24)  Orient.  Biblioth.    Tb.  22.   S.  153. 


144       Abschn.III.  Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

kommen  die  Figuren  von  4  Buchstaben  (»,  e,  0,  ö)  nicht  vor, 
die  von  3  ist  zweifelhaft2,5  }. 

S.  Der  Schriftzug  der  Samaritaner,  womit  diese  nicht 
hlofs  den  hebräischen  Pentateuch,  sondern  auch  ihre  eigent- 
lich samaritanischen  und  arabischen  Texte  schreiben.  Man 
erkennt  darin  eine  Abart  des  vorigen,  in  einzelnen  Zügen 
verkünstelt ,  was  aber  auch  in  dem  handschriftlichen  Cha- 
rakter26) weniger  der  Fall  ist,  als  in  dem  gedruckten.  Die 
Samaritaner  nennen  diese  Schrift  hebräische  Schrift,  im  Ge- 
gensatz der  Quadratschrift,  welche  sie  die  Schrift  Esras 
nennen  27).  Denselben  Sprachgebrauch  kennen  aber  auch 
die  Rabbinen,  bey  welchen  sie  ri;a»  S.JJ3  heifst28).  Ein 
anderer  Name  desselben  Charakters  nioa^b  aro  ^Gein.  San- 


25)  Der  altern  Meinung  von  dem  vorexilischen  Alter  dieser 
Münzen  begegneten  schon  Hottinger  und  lieland.  Die  beson- 
ders von  O.  G.  Tychsen  (die  Unächtheit  der  jüdischen  Mün- 
zen. Rostock  1779)  angefochtene  Aechtheit  derselben  veithei- 
digt  mit  siegenden  Gründen  F.  R.  Beyer,  der  Hauptschi  iftstel- 
ler  über  diesen  Gegenstand :  de  iiummis  hebraeo  -  Samaritanis. 
Valentiae  178'«  4*  Nummorum  hebraeo -Sam.  vindicatio.  1790« 
A.  Legitimidad  de  las  monedas  hebraeo  •  samaritanas.  1793« 
"Vgl.  Ekhel  doUrina  nummor.  vett.  T.  III.  S.  458  fF.  und  Th. 
Chr.  Tychsen  in  den  Comment.  Soc.  Gotting.  Vol.  VIII.  (1786). 
Vol.  XI  (1789).  (Vollständige  Literatur  bey  Rasche  a.  a.  O. 
S.  1729»  auch  in  pT^ahVs  Erdbeschreibung  von  Ostindien. 
S.  404).  Das  erste  Alphabet  aus  denselben  sammelte  R.  Asa» 
ria  (in  Montfaucon  Palaeographia  gr.  S.  122  (i.),  unter  den 
Neuern  nach  Frühlich,  Barthelemy,  Suinton  am  besten. 
Beyer  de  nummis  hebr.  Sunt.  p.  224.  (nachgestochen  in  hasch» 
Lex.  rei  nummariae  T.  IV.  P.  I.  p.  17»  5  &J  uncI  in  der  ^ ''"" 
die.  p.  120  (woraus  der  Nachstich  bey  Ekhel  a.  a.  O.  S.  4°4)* 
Das  Alphabet  von  Fröhlich  (Annales  Syriae  tab.  iS)  ist  nach- 
gestochen in  Jahns  Archäologie  I,  2 ,  tab.  1  ,  dessen  Gramm, 
hebr.    ed.  III.      Einleit.  in  das  A.  T.   Th.  1. 

2G)  Proben  s.  z.  B.  in  Cellarii  epist.  samarit.  S.  1.  i^an  lloten  Specim. 
cod.  sam.  Lugd.  i  8°5-    Blanihini  eraiigel.  quadrupl.  p.  60  j,  tab.  2. 

27)  Jntiquitatt.  eccles.  Orient,  p.  125.  130.  Repertorium  für 
bibl.  und  morgenldudisclie  Literatur.   Th.  13.   S.  288- 

28)  Buxtorf  dissertatt.   p.  828. 


(}.  42.  Gegenseitiges  Verh&ltnifs  der  Charaktere.        145 

iedrin,  Fol.  21,  2)  ist  dunkel;  R.  Salomo  in  einer  Glosse 
erklärt  es  aber  durch  eine  grofse  Schrift,  die  von  der  assyri- 
schen ganz  verschieden,  auch  von  Juden  zu  Anmieten  und 
Mesusoth  gehraucht  werde29).  Sie  hat  keine  Vocale,  aber 
ein  diakritisches  Zeichen ,  und  Abtheilung  der  Wörter  und 
Sätze. 

Bey  den  nun  folgenden  Untersuchungen  über  die  Ge- 
schichte der  Schrift  und  der  Alphabete,  verlangt  die  Natur 
des  Gegenstandes ,  dafs  die  Lehre  von  den  Consonanten 
von  der  von  den  Yocalen  getrennt  werde. 

ö-     42. 

Gegenseitiges  Verliältnifs  jener  Cbaiaktere.    Verschiedene  Meinungen. 

Nach  dem  Bisherigen  entsteht  nun  die  für  alttestament* 
liehe  Kritik  nicht  unwichtige  Frage,  welches  von  jenen  Al- 
phabeten das  ältere  und  ursprüngliche  der  Hebräer,  und 
von  welcher  Art  überhaupt  ihr  gegenseitiges  Verliältnifs  ge- 
wesen seyn  möge?  Da  man  den  Schriftzug  der  samaritani- 
schen  Handschriften  als  eine  blofse  Spielart  der  IYT ünzschrifb 
für  eine  mit  derselben  ansehn  kann,  oder  nach  unten  anzuge- 
benden Gründen  vielmehr  von  der  Untersuchung  ganz  aus- 
zuschliefsen  hat,  so  bleibt  nur  noch  das  Verhältnifs  der  Qua- 
dratschrift und  der  Münzschrift  zu  berücksichtigen  übrig. 
Es  wird  nicht  unzweckmälsig  seyn  ,  diesen  ehedem  vielfach 
bestrittenen  Gegenstand30),  den  einige  Neuere  mit  Unrecht 


2q)  Buxtcrf  a.  a.  O.  S.  220.  Löscher  {de  causis  ling.  hebr.  S, 
2io)  erklärt  dieses  durch  scripeura  gentium  Libanum  adhabi- 
tantium.  Eine  noch  ungeniefsba-rere  Etymologie  gibt  Buxtorf 
aus  Schihe  Haggibborim. 

50)  S.  die  darüber  gewechselten  Schriften  in  TVolfBibl.  hebr. 
II,  420.  IV,  164.  Rosenmiiller  Lit.  der  bibl.  Kritik  und  Exe- 
gese. Th.  1.  S.  564.  Andere  Schriftsteller  bey  Löscher  S. 
200.  215.  Carpzovii  Crit.  Sacra  V.  T.  S.  227.  253.  Die  mei. 
sten  stellten  den  (sehr  unkritiseben)  Streitpunct:  ob  das  chal- 
däische  oder  das  samavitanische  Alphabet  das  Uralpbabet  oder 
wenigsten*  das  Alphabet  Mo-e's   gewesen  sey?    wo  sie  wohl 

K 


1^6       Abschn.III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

für  gauz  abgethan  anzusehn  scheinen,  nochmals  naher  zu 
betrachten,  und  die  verschiedenen  möglichen  Ansichten  dar- 
über nach  ihren  Gründen,  (doch  mit  Uebergehung  des  vie- 
len Unkritischen ,  was  hier  von  den  streitenden  Parteyen 
vorgebracht  worden  ist)  dem  Urtheil  des  Lesers  vorzufüh- 
ren.  Die  verschiedenen  Meinungen  lassen  sich  auf  folgen- 
de drey  zurückführen : 

1.  Ging  man  von  der  sich  leicht  darbietenden  Erschei- 
nung aus,  dafs  die  Quadratschrift  nur  als  Schrift  von  Reli- 
gionsurkunden, die  Münzschrift  nur  in  einem  mehr  profa- 
nen, bürgerlichen  Gebrauche  vorkommt,  so  lag  die  Vorstel- 
lung sehr  nahe,  den  Hebräern  eine  neben  einander  bestehende 
doppelte  Schrift  zuzuschreiben,  eine  heilige,  priesterliche 
(die  Quadratschrift),  und  eine  andere  für  Gegenstände  des 
bürgerlichen  Lebens  (die  Münzschrift).  Nach  dem  Vorgange 
einiger  jüdischen  Gelehrten31 )  wurde  diese  besonders  von 
denjenigen  christlichen  Kritikern  begierig  ergriffen ,  welche 
es  für  apologetische  Pflicht  hielten ,  jede  noch  so  unbedeu- 
tende Außenseite  der  heiligen  Bücher  als  heilig  und  uralt 
darzustellen.  Dahin  gehört  vorzüglich  der  jüngere  liitx- 
torfiZ)y  welcher  diese  Meinung  mit  dem  hohen  Alter  der 
Quadratschrift  auf  folgende  Weise  in  Verbindung  setzt.  Die 
Quadratschrift  sey  zwar  die  älteste,  und  das  Uralphabet  der 
Hebräer  j  schon  vor  dem  Exil  sey  aber  neben  derselben  auch 
der  samaritanische  Charakter  in  Gebrauch  gewesen ,  erste- 
rer  für  heilige  Dinge,  letzterer  für  das  gemeine  Leben.  Im 
Exil  kultivirten  hierauf  die  Priester  und  der  gelehrtere  Theil 
des  Volkes  vornehmlich  die  heilige  Schrift,  während  die  iu 


beydo  Unrecht  hatten,  und  zum  Theil  mit  sehr  stumpfen  Waf- 
fen kämpf  len. 

31)  übad.  Bartrnora  ad  Mischnam  trat.  Jadaim ,  Cap,  4,  110.  5. 
R.  Jacob  in  En  Israel,  fol.  413»  Gedalja  in  ScJialschelet  Hak- 
kabbtda,   l'ol.  $y. 

32)  De  liierarum  hvbraicarum  genuina  antiijuitate,  in  seinen  disser» 
tatt.  yhilol.  th*ol.  (Hasileac  1062.  4.)  no.  4, 


$.  42-    Gegenseitiges  Verhältnifs  der  Charaktere.         147 

Palästina  Zurückgebliebenen,  aus  denen  die  Samaritaner 
hervorgingen,  sich  an  die  gewöhnliche  Schrift  hielten.  Esra 
brachte  jene  aus  dem  Exil  mit,  und  verbreitete  sie  immer 
mehr,  daher  sie  den  Namen  assyrische  d.  i.  chaldaische 
Schrift  führt;  diese  erhielt  sich  vorzüglich  bey  den  Samari- 
tanern,  ward  aber  auch  noch  bey  den  Juden  hier  und  da, 
z.B.  auf  den  Münzen,  gebraucht.  Von  den  Chaldäern 
ward  nie  eine  Schrift  angenommen,  sondern  nur  die  Spra- 
che; die  eigentliche  chaldaische  Schrift  kennen  wir  nicht. 
—  Diesem  Vorgänger  folgten  \iele33);  Sleph.  Morinus  aber 
und  Löscher'**}  gaben  der  Hypothese  nachmals  noch  eine 
eigenthümliche  Wendung,  indem  sie  die  Münzschrift  für 
einen,  lediglich  aus  der  Quadratschrift  entstandenen  tachy- 
graphischen  Charakter  erklärten,  was  aber  wegen  des  ganz 
phönizischen  Charakters  fast  aller  Buchstaben ,  wohl  gera- 
dehin verwerflich  ist.      Man  vgl.  nur  2,  1,  n,  1,  V,  *)   u.  s.  \v. 

"Wie  gewisse  lüeblingsmeinungen  und  judaisirende  Vor- 
urtheile  von  einer  Heiligkeit  des  Quadratalphabets  auf  jene 
Büxtorfische  Ansicht  wirkten,  ist  nur  zu  sichtbor.  Dessen. 
ungeachtet  Heise  sich  vielleicht  die  einfach  gefafsre  Mei» 
nung,  dals  neben  dem  gewöhnlichen  (heiligen)  Charakter, 
noch  ein  anderer  (profaner)  in  Gebrauch  gewesen  sey,  viel- 
leicht noch  durch  einige  Gründe  empfehlen.  1)  Durch  die 
Analogie  anderer  morgenländischer  Schriftarten.  .So  hatten 
die  Aegypter  späterhin  eine  doppelte  Schrift,  eine  heilige 
und  eine  Ivpistolarschrift ,   nach  andern  eine  dreyfache,  eine 


33)    Alling  fund.  punetationis   §.  2.       7Jrasmuthi  vbulicuw  s.  hehr* 

Script,  pag.  35  ff.       Cussetii  Comment.  ting.  hrbr.s.i.  *)SlO    pa£. 

567.      llottinger  Exercitatt.  Antimor.   pag.  33  iL      Fröhlich  An- 

riales  Syriae,  Pi  olegomm.  p.  75.      G.  O.  Tysbsen  tentamen  S.  63. 
54)    Steph.  Jl'lorinus  de  lins;ua  primaeva   p-  271.      Löscher  de  cau- 

sis  ling.  litbr.   S.  207.  20g.      Vgl.  Curpzov  Crit.  s.  V.  T.  S.  236. 

Eben  so  J.  E.  Faber  in  einer  nachgelassenen  iingedriiclsten  hebr. 

Grammatik,   die  ich  durch  die  Güie  des  Hrn.  Prof.  liosenmüller 

besitze.   S.  176, 

K  2 


l4S       "jibschn.  III.    Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

priesterliche,  heilige  und  Epistolarschrift'5  );  die  Keilschrift 
der  alten  Perser  und  Meder  ist  wahrscheinlich  eine  heilige 
Schrift  für  Denkmäler,  neben  welcher  die  Zendschrift  für 
das  gewöhnliche  Leben  gebräuchlich  war36);  und  über» 
liaupt  ist  es  Sitte  der  Morgenländer,  sich  verschiedener 
Schriftzüge  neben  einander  für  verschiedene  Zwecke  zu  be- 
dienen. So  schreiben  die  Araber,  Perser  und  Türken  gern 
mit  anderem  Charakter  Briefe  ,  mit  anderem  Poesieen  ,  mit 
noch  anderem  historische  Schriften37).  Allein  eine  Analo- 
gie dieser  Art  kann  nur  ein  sonst  schon  wahrscheinliche* 
oder  gesichertes  Factum  erläutern,  nichts  beweisen.  2.)  Durch 
die  Stelle  Jes.  8»  i •  nimm  dir  eine  grofse  Tafel  und  schreib 
darauf  JiMON  B*ll?ä  mit  menschlichem  Griffel ,  d.  i.  mit  gemei- 
ner, jeder  Menschenart  lesbaren  Schrift.  Vgl.  uoßftos  av-fy»- 
ttov  Offenb.  13,  iß»  fAirgov  uvSgwnuv  2i,  17.  Nicht  ohne  Schein 
hat  man  dieses  im  Gegensatz  einer  nicht  jedermann  lesbaren, 
etwa  heiligen  oder  Priesterschi  ift  verstanden38.  Allein 
die  Parallelstelle  Hab.  2,  2 :  *|*$M  JlT.n  3h2  schreib  das  Ge- 
sieht  auf,  und  zwar  deutlich,  führt  darauf,  es  auch  dort  von 
deutlichen ,  genau  und  kalligraphisch  gezeichneten  Buchsta- 
ben zu  verstehn,  die  auch  der  Ungeübtere  lesen  könne. 
So  auch  der  Chaldäer:  uns»  aro  deutliche  Schriß ,  auf 
die  obige  Art.  Noch  weniger  könnte  man  sich  31  auf 
eine  Stelle  des  Irenäus10)  berufen,  welche  von  einer  Prie- 


35)  Für  eine  zwiefache  Schrift  Bicd.  Sic.  III,  c.  4.  T.  I.  p.  176 
ed.  JVesseling  (vgl.  HelioJ.  Aethiop.  IV,  p.  l74)«  F"1"  em« 
dreyfache  Clemens  Alex.  Stiomat.  i'.  T.  II.  p.  057  ed.  Voller. 
Vier  verschiedene  Charaktere  statuirt  nach  einem  arab.  Schrift« 
Steller  Kircher  (Obelisc.  Pamphilian.    II,  1). 

363  Grotefend  in  Iherens  Ideen  über  Politik  und  Handel  der 
Alten   (i.te  Ausg.)   Th.  1.   S.  956. 

37)  Kämpfen  Amotmitatt.  exet.  p.  145.  "Wohls  arabisches  Ele- 
iir iii.ii  buch  S.  76  IT. 

38)  Michaelis  Supplem.  ad  Lsxx.  hehr.  S.  919.  Jihns  bibl. 
Aicha. >1.    I.   1.   S.  413*      Ftkber  a.  a.  Ol 

39)  Adi\  havrts.  II,  2.j ;   Ipsae  omni  aiitiquae  et  prima 6  He- 


$.42.  Gegenseitiges  Verhältnifs  der  Charaktere.        ifä 

sterschrift  zu  reden  scheint.  Diese  Angabe  steht  dort  ne- 
ben zwey  andern,  eben  so  zweifelhaften,  die  zum  Theil  die 
Natur  der  Sache  gegen  sich  haben,  und  die  Auctorität  eine» 
der  hebräischen  Sprache  unkundigen  Kirchenvaters  kann 
nicht  hinreichen,  solche  sonst  einzeln  stehende  Nachrichten 
zu  der  Glaubwürdigkeit  eines  historischen  Zeugnisses  zu  er- 
heben. Es  bliebe  hiernach  als  einziger  Grund  dieser  An- 
nahme der  Umstand  übrig,  dafs  die  einzige  aus  dem  bürger- 
lichen Leben  erhaltene  Schriftprobe  der  Hebräer  einen  von, 
den  Bibelhandschriften  verschiedenen  Charakter  habe ;  auf 
welchen  einen  allgemeinen  Schlufs  zu  bauen,  doch  voreilig 
seyn  würde.  Selbst  jener  Grund  kann  aber  zweifelhaft  er- 
scheinen, -wenn  man  bedenkt,  dafs  die  Sekel  von  Priester- 
fürsten geschlagen  sind,  und  auch  dem  Gewicht  nach  heili- 
ge Sekel  zu  sevn  scheinen,  auf  welchen  die  heilige  Tempel- 
und  Priesterschrift  nichts  Unerwartetes  seyn  würde. 

2.  Auf  eine  andere  Vermuthung  mufste  die  Betrachtung 
führen,  dafs  wir  die  Quadratschrift  als  ausschliefsliches  Ei- 
genthum  der  Juden,  den  andern  Charakter  vornehmlich  bey 
den  Samaritanern,  den  Abkömmlingen  des  alten  Reichs 
Israel,  antreifen.  Es  könnte  nämlich  schon  vor  dem  Exil 
zwischen  den  Reichen  Juda  und  Israel  jene  Differenz  in  An- 
sehung der  Schriftzüge  Statt  gefunden  haben40),  wobey  sich 
allenfalls  die  Bemerkung  zu  Hülfe  nehmen  liefse,  dafs  sich 
das  Reich  Israel  auch  in  anderer  Hinsicht  öfter  zu  der  Sitte 
der  benachbarten  Phönizier  hinneigte.  Allein,  wie  ist  dann 
zu  erklären,  dafs  derselbe  Charakter  auf  den  zu  Jerusalem 


braeorum  literae  sacer do tale s  nuneupatar  decem  qu'nlem  sunt 
nume.ro ,  scribuntur  autern  quoque  per  quindeeim  novissima  litera 
copulata  primae.  Et  ideo  quaedani  seeundum  suhsequentiam  scri- 
bunt ,  sicuti  et  nos  :  quaedani  uutem  retrorsum  a  dextra  parte  in 
sinistram  retorquentes  literas.      Vgl.    §•  44»  »■ 

40)  Paulus  a.  a.  O.   S.  114. 


l5<>        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

geprägten  Münzen  erscheint?  Woher  die  Namen  hebräische, 
assyrische  Schrift  (9.41»  *•  3)? 

3.  Es  bleibt  hiernach  vornehmlich  nur  eine  dritte  An- 
sicht übrig;,  nach  welcher  jene  Schriftarten  bey  den  He- 
bräern nach  einander  bestanden,  so  dafs  eine  die  andere  äl- 
tere allmählich  verdrängte,  wie  dieses  z.  B.  im  Arabischen 
mit  der  altern  Cufischen  und  der  heutigen  INischischrift,  im 
Syrischen  mit  der  Estrangelo  und  der  jetzt  gewöhnlichen 
Schrift  der  Fall  ist.  Hier  stehn  sich  nun  zwey  Parteyen 
gerade  entgegen,  wovon  die  eine  dem  Quadratcharakter, 
die  andere  der  phönizisch-  Samaritanischen  Schrift  den  A  or- 
rang  zuschreiben  will.  Die  Vorstellung  der  ersteren ,  wel- 
che die  Auctorität  der  meisten  spätem  jüdischen  Gelehrten 
für  sich  hat,  ist  schon  oben  angegeben  worden;  ihr  steht 
aber  eine  andere,  ältere  rabbinische  Ansicht  oder  Sage  ent- 
gegen, welche  dahin  geht,  dafs  die  Hebräer  sich  vor  dem 
Exil  einer  alten,  und  zwar  der  samaritanischen  Schrift  be- 
dient hatten ,  welche  aber  nach  demselben  durch  Esra  mit 
der  gegenwärtigen  Schrift,  welche  einen  assyrisch-  chaldäi- 
schen  Ursprung  habe,   vertauscht  worden  sey. 

Betrachten  wir  zuerst  die  Sage  selbst  in  ihren  Quellen, 
um  sie  dann  einer  unparteyischen  Prüfung  zu  unterwerfen. 
Sie  findet  sich  theils  im  Talmud  von  Babylon  und  Jerusalem, 
theils  bey  Qrigenea  und  Hieronymus s  welche  sie  von  ihren 
rabbinischen  Ecbrem  erhielten.  In  dem  ersteren  heilst  es 
(Gem.  Sanhedr.  Sect.  2.  Fol.  21,  col.  2.  Fol.  22,  col.  1): 
prineipio  data  est  lex  Israeli  tis  scriptum  hebraea  et  lingua  san- 
cla:  Uterum  vero  iis  data  est  diebua  F.srae  scriptum  assyriaca 
st  lingua  aramaea  (?);  elegernnt  atitcni  sibi  Jsraelitae  scriptu- 
rani  assyriacam  et  linguam  sanetam  et  reliqueritnt  idivlis  .scrip- 
turam  hebracam  et  linguam  aramaeam.  Quin  am  idiotae.  R. 
Chasda  inquil :  Samarilani.  Ibid.  cap.  1:  licet  non  data  est 
lex  per  nuinuni  eins  (£srae) ,  mutata  Linien  est  per  tnanum 
eius  scriptnra ,  ejuu/n  vueatur  nonien  eins  r>**HWM ,  quia  ascen- 
dit  cum  iis  ex  Assyria.     Vgl.  Gem.  Hieros.  3Iegilla,   Fol.  71, 


ß.  42.    Gegenseitiges  Verhältnifs  der  Charakter*.         i^I 
col.  2.     Aus   derselben  Quelle  sagt   Origcnes  (zu  Ezech.  9^ 

A  )  :     TOC   U^X,uiX    VTOf/JHOt  IptptflS   t%ttV   T0    TKV  TW  TOV    (TTti'jpCV  ^UQOIX* 

mgt ,  und  anderswo41)  erzählt  er,  dafs  in  gewissen  Hand- 
schriften der  LXX.  das  Wort  nifP  mit  althebräischer  Schrift 
geschrieben  stehe,  mit  dem  Zusätze:  <p<xtrt  y«g  rov  EcrSgoiv  tn- 
gots  (jygotjit/u.xffi)  xfWXvSctt  /uitu  ryv  ui%,uothü)<Tia.r.  Ist  es  gleich 
ein  Irrthum  des  in  hebräischer  Sprache  und  Schrift  nicht 
sonderlich  bewanderten  Kircbenvaters  (9.27,  1),  dafs  nin> 
hier  mit  der  alten  d.  i.  6amaritanischen  Schrift  geschrieben 
war  (Q.  46,1),  so  bestätigt  doch  die  Stelle  die  Bekannt- 
schaft des  Verfassers  mit  jener  Sage.  Deutlicher  und 
kecker  spricht  diese  Hieronymus  aus,  der  sie  entweder  aus 
Origenes  oder  unmittelbar  von  seinen  rabbinischen  Lehrern 
entlehnte.  }>Ce?tum  est,  ÜJsrani  Scribam  legisque  doctorem 
pusl  captam  Hierosolymam  et  instaurationem  templi  sub  Zoro- 
babel  alias  litcras  repe risse }  quibus  nunc  uiiinur }  cum  ad 
illud  usque  tempus  iidem  Samariianorum  et  Hebraeorum  fue~ 
rint  characteres4Z).  Dieselbe  Tradition  liegt  endlich  zum 
Grunde,  wenn  die  Samaritaner  die  Quadratschrift  scripturd- 
Esrae  nennen  ($•  41,  3). 

Abgesehn  davon  ,  dafs  Hieronymus  nach  seiner  bekann- 
ten Manier43),  für  gewifs  ausgibt,  was  Origenes  nur  als 
Sage  und  Meinung  erwähnt,  und  den  Esra  eine  Schrift  er- 
finden läfst,  die  er  nach  der  Meinung  der  Juden  nur  einge- 
führt haben  soll,  enthält  die  Sage,  so  wie  er  sie  ausdrückt, 
noch  einen  Widerspruch  in  sich  selbst,  indem  die  alte  Schrift 


41)  Hexapla  T.  I.  S.  Q6.  ed.  Montfaucon,  T.  II.  S.  94  ech 
Bahrdt. 

42)  Prolog,  galeat.  ad  Hb.  Regum,  Opp.  T.  IV.  p.  7.  Eine  Stel- 
le in  Eusebii  Chronicon  ad  a.  m.  474°»  welche  dasselbe  aus- 
sagt, findet  sich  nicht  im  griech.  Original,  und  scheint  ein  Zu- 
satz des  lat.  Bearbeiters.  S.  Siullger  zu  d.  St.  SpanJiem.  de 
usu  numism.  Opp.  T.  I.  S.  65.  Vobrowsky  a.  a.  O.  (Not.  44) 
§.   6. 

43)  §•  27>  2.  Vgl.  Faier  zu  Tiarmars  Beobachtungen.  Th.  I.  S. 
39.  148. 


15*       Ahschn.  III.  Geschichte  der  hebräischen  Schriß. 

ein  kreuzförmiges  n  haben,  und  doch  auch  die  der  Samari- 
taner  seyn  soll,  von  deren  n  dieses  keinesweges  gilt.  Man 
sieht  daraus,  so  wie  aus  andern  Aeufserungen,  dafs  er  seihst 
die  samaritanische  Schrift  nicht  kannte,  und  nur  etwas  halb 
Verstandenes  nachsprach.  Der  Widerspruch  hebt  sich  aber, 
sobald  man  an  die  Münzschrift  denkt,  welche  die  Juden 
auch  samaritanische  Schrift  nennen,  und  welcher  die  Schrift 
der  samaritanischen  Handschriften  damals  noch  näher  kom- 
men mochte.  Dieses  mufs  also  wohl  als  der  Sinn  der  jüdischen 
Referenten  angesehn  werden;  und  es  fragt  sich  nun  blofs, 
in  wiefern  die  Relation  nach  jenen  nothwendigen  Modifica- 
tionen,  durch  anderweite  Bestimmungsgründe  bestätigt  oder 
zweifelhaft  gemacht  werde.  Nähere  Prüfung  wird  zeigen, 
dafs  Mehrere,  deren  man  sich  häufig  bedient  hat,  nichts  we- 
niger als  beweisend  sind,  doch  möchte  das  Resultat  seyn, 
dafs  sie  verhältnifsmäfsig  noch  am  meisten  Wahrheit  enthal- 
te, wenn  sich  gleich  bey  der  Unvollständigkeit  der  vor  uns 
liegenden  Akten  offenbar  nie  zu  einer  historischen Thatsache 
kommen  läfst,  und  der  Eeyfall,  -welchen  sie  bey  vielen 
neuem  Kritikern  gefunden  hat,  zu  unbedingt  und  ent- 
schieden,  zuweilen  voreilig  und  unkritisch  gewesen  seya 
mag  44). 


44)  I^er  erste  jüdische  Gelehrte,  welcher  sich  in  neuem  Zeiten 
wieder  dafür  erklärt«,  ist  21.  Joseph  Alba  (um  1400)  im  Se- 
ylicr  ILkarim  III,  16.  Fol.  fyl,  2,  dann  wurde  es  eine  Lieblings- 
aoeinung  der  antibuxtorfUchen  Schule  (§.  37,  1),  welche  sich  für 
starke  Corruption  des  hebr.  textus  reeeptus  und  den  Vorzug  des 
sam.  T.  und  der  Versionen  erklärte,  s.  Jo.  jVIorini  Exercit.  in  Pent. 
sam.  p.  g  t  ff.  Jos.  Scaliger  animadverss.  ad  Euseb.  Chron.  p.  62. 
Lud.  Capelli  arcanum  punet.  I,  ().  diatribe  de  veris  et  amiquis  He- 
hrueorum  literis.  Amstelod.  1645.  II  alton  Prolegomm.  III, 
3°  f.  Kennicot  diss.  I.  S.  527.  Houbigantii  Prolegomm.  S.  /jo. 
Jo.  Dobrotvsky  de  a'itiquis  Hebrat; omni  charaetcribus.  Pragae 
l7ÖÖ«  8-  Unter  den  Neuem  s.  Eichhorns  Einleit.  in  das  A.  T. 
$.  64.  Jugustis  Einleit.  3.  35.  Bertholdfs  F.inleit.  $.  49. 
50.      Hugs  Geschichte  der  Buchstabenschrift.  S.  0. 


§.  4--    Gegenseitiges  J'erhällnijs  der  Charaktere.        i^3 

a.  Einen  Hauptbeweis  entlehnten  gleich  die  ersten  Ver- 
theidiger  dieser  Meinung  von  dem  samaritanischen  Penta- 
teuch,  welcher  in  gerader  Linie  von  Mose  abstammend,  und 
seit  Rehabeam  von  allem  jüdischen  Einflüsse  entfernt,  die 
alte  Schrift  am  treuesten  bewahrt  habe.  Allein  wir  können 
aus  anderswo  näher  entwickelten  Gründen45)  die  Existenz 
des  samaritanischen  Pentateuchs  vor  dem  Exil  nicht  anneh- 
men, und  müssen  denselben  für  eine  (.um  die  Stixrtungszeit 
des  samaritanischen  Cultus)  in  samaritanischer  Schrift  um- 
geschriebene Kopie  eines  jüdischen  Originals  halten.  Die 
Samaritaner  schrieben  den  hebräischen  Codex  in  ihre  heimi- 
sche Schrift  um,  wie  sie  noch  heut  zu  Tage  auch  das  Arabi- 
sche in  diesem  Charakter  schreiben,  wie  die  Syrer  das  Ara- 
bische mit  syrischer  Schrift,  und  die  Juden  von  jeher  ara- 
bisch, persisch,  selbst  spanisch  und  deutsch  in  ihrem  Cha- 
rakter schreiben46).  Dessen  ungeachtet  erklärt  sich  das 
Daseyn  dieser  Schrift  bey  den  Samaritauern  verhältnifsmä- 
fsig  am  leichtesten,  wenn  diese  schon  die.  Schrift  ihrer  he- 
bräischen Vorältern  war,  welche  bey  den  Zurückgebliebe- 
nen treuer  bewahrt  wurde,  als  bey  den  aus  der  Fremde  zu- 
rückkehrenden Juden. 

Mehrere  haben  hiermit  noch  die  Hypothese  in  Verbin- 
dung gesetzt,  dafs  den  LXX  im  Pentateuch  ein  mit  samari- 
tanischer d.  i.  der  alten  Schrift  geschriebenes  Original  zum 
Grunde  liege,  und  dieses  vornehmlich  aus  der  Verwechse- 
lung von  Buchstaben  zu  erweisen  gesucht,  die  nur  im  sa- 
maritanischen, nicht  im  chaldäischen  Alphabete  ähnlich 
sind47).  Allein  man  darf  diese  Beyspiele  nur  mit  geringer 
Aufmerksamkeit  prüfen,  um  zu  sehen,   dafs  auch  kaum  Ei- 


45)  S.  meine  Comiv.ent.  de  Yentateucho  sam.  §.  2.  Vgl.  diese 
Geschichte.    %.  2.f\,    1. 

46)  Simon  hist.  crit.  du  V.  T.     I,   10.    S.  75. 

47)  Hassencamp  diss.  dp  Tentctcucho  IjXX.  intpp.  graeco  von  ex 
Jiehraco,  sc-d  ram.  te'xiu  crr.re,<o.  1765-  4«  LiüMonCs  Einleit. 
in  das  A.  T.    §.  3^ß,  5.    'Ih.  2.   S.  170. 


15  >        Abxchn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schifft. 

nes  die  mindeste  Beweiskraft  habe.  Ein  ■xgmTov  ^tvios  liegt 
hier  vornehmlich  auch  darin,  dafs  die  neuern  samaritani» 
scheu  Buchstaben  zum  Grunde  gelegt  sind.  Nach  des  Ver- 
fassers Untersuchungen  führen  die  Varianten  der  LXX,  wel- 
che aus  Verwechselung  ähnlicher  Buchstaben  entstanden  zu 
seyn  scheinen,  im  Pentateuch,  wie  in  den  übrigen  Büchern, 
auf  Quadratschrift48).  Von  einem  (noch  nichtigem)  Grun- 
de s.  unten  $.  46,  *■■ 

b.  Mehrere  Buchstabennamen  erklären  sich  nur,  wenn 
man  die  Figur  derselben  im  phönizisch-samaritanischen  Al- 
phabete vor  Augen  hat,  nicht  durch  die  Figur  des  Quadrat- 
alphabets ,  zeigen  also,  dafs  dieses  älter  und  dem  Uralpha- 
bete  näher  sey.  So  offenbar  Ain  (o)  Auge,  Resch  (P,  ?) 
Kopf.  Allein  dieselbe  Bemerkung  läfst  sich  bey  andern 
Buchstaben,  als  Vau  Nagel,  Sain  YV  äffe,  Caph  Krümmung, 
hohle  Hand,  zu  Gunsten  des  Quadratalphabets  machen49); 
bey  noch  andern  pafst  weder  die  eine  noch  die  andere  Figur 
zu  dem  Namen.  Der  Umstand  beweiset  also  lediglich,  dafs 
beyde  Alphabete  in  verschiedenen  Linien  von  dem  Uralpha- 
bete  abstammen,  bey  welchem  ohne  Zweifel  jene  Ueberein- 
stimmung  fast  durchgängig  war;  und  dafs  beyde  gewisse 
Ueberbleibsel  davon  erhalten  haben,  die  dem  andern  feh- 
len yo).  Für  den  frühem  Gebrauch  des  einen  oder  des  an- 
dern Alphabets  bey  den  Hebräern  folgt  daraus  wenig. 
Wichtiger  für  das  Alter  des  phönifcischen  Charakters  ist 

c.  dafs  wir  denselben  in  der  Geschichte  weit  höher  hin- 
auf verfolgen  können,  als  den  Quadratcharakter.  Einen 
sehr  frühen  und  sichern  Zeugen  dafür  besitzen  wir  an  der 
davon  abstammenden  und  sich  eng  an  die  phönizische  Schrift 


4fj)    S.  nieine    Comment.   S.   i2. 

40)    In  Ansehung  des  Van  macht  sie  schon  die  Gemara  (.VTe^illa, 

cap.  1),    zu  weit  -wird  sie  ausgedehnt  von  lihcnferd  (U/>p.phi- 

loU  ed.  Millius  1722.    4.    p.  225  iL) 
50)    Simon  Inst,  crit.  du  V.  T.    I,  13.      Michail*,  Orient.  Btblioth. 

XXII,   Ö.  122  II.      Paulus  a.  a.  0.    S.  117. 


$.  42.    Gegenseitig?*  VerhäUnifs  der  Charaktere.         155 

anschliefsenden  altgriechischen  Schrift  auf  den  Inschriften 
von  Sigeu/n,  Amyclae  u.  s.  f.51).  Dagegen  kann  man  den 
hebniisch-chaldäischen  Charakter  auf  historischen  Monumen- 
ten (hier  den  palmvrenischen  Inschriften)  nicht  über  Chri- 
sti Geburt,  durch  Comhination  nicht  über  das  Zeitalter  der 
LXX  hinaus  verfolgen  (s.  unten  Seite  158).  Für  das  höhe- 
re Alter  jenes  Charakters  entsteht  hieraus  eine  bedeutende 
Wahrscheinlichkeit,  wiewohl  Stillschweigen  historischer 
Zeugnisse  auch  noch  nicht  gegen  den  Gebrauch  der  Quadrat- 
schrift bcy  den  Hebräern  beweisen  könnte. 

Offenbar  konnten  alle  bisherige  Gründe,  besonders  a 
und  c  höchstens  den  frühern  Gebra.uch  des  phönizisch- sa- 
maritanischen  Charakter  bey  den  Hebräern  eine  allgemeine 
Wahrscheinlichkeit  geben.     Etwas  näher  führt 

d.  eine  Beleuchtung  der  Sage  selbst.  In  Rücksicht  auf 
die  äufsere  Auctorität  steht  ihr  zwar  eine  andere  entgegen, 
für  welche  sich  der  Zahl  nach  weit  mehrere  jüdische  Lehrer 
erklärt  zu  haben  scheinen  (s.  oben  no.  1};  allein  diese  ist 
die  ältere,  welche  zu  Origenes  und  Hieronymus  Zeit  herr- 
schend gewesen  zu  seyn  scheint:  die  bestimmte  Notiz  über 
die  Gestalt  des  n  enthält  ein  historisches  Factum ,  -welches, 
wenn  gleich  entstellt,  nicht  wohl  aus  der  Luft  gegriffen 
seyn  kann:  die  andere  jüngere  rabbinische  Sage  dagegen  hat 
mehr  ein  apologetisches  Ansehn,  und  scheint  das  Erzeugnifs 
einer  Zeit,  wo  man  schon  einen  Werth  darauflegte,  auch 
in  der  äufsern  Gestalt  der  Bibel  etwas  Heiliges  und  Uraltes 
zu  finden. 

e.  Vielleicht  das  wichtigste  Moment  liegt  aber  endlich  in 
den  Namen  der  beyden  Schriftarten  (assyrische  Schrift, 
Schrift  Esra's  von  der  Quadratschrift,  hebräische  Schrift  von 
der  samarkanischen\     Bevde  sind  wahrscheinlich  älter,  als 


51)  S.  Chithull  antlquit.  asiat.  p.  2.  Nenes  Lehrgebäude  der 
Diplomatik.  Tli.  2.  S.  66.  Andere  Schriftsteiler  in  Ut/llcr- 
mannt  Archäologie.    S.  60. 


I5<5       Äbschn.  111.   Geschichte  der  hebräisrfien  Schrift. 

jene  Tradition,  und  unabhängig  von  derselben,  wie  in  Rück* 
sieht  auf  rp*i1^N  schon  aus  dem  Umstände  erhellt,  dafs  die 
Talmudisten  (Q.  41,  O  das  Wort  ausdeuteten ,  was  bey  ei- 
nem neuentstandenen  Namen  gewifs  nicht  der  Fall  gewesen 
seyn  würde.  Jn  solchen  Namen  liegen  häufig  die  einzigen 
lind  nicht  zu  verachtenden  historischen  Spuren :  und  sie  er- 
klären sich  in  diesem  Falle  nur  dann  vollkommen,  wenn 
man  die  assyrische  Schrift  für  die  eigentlich  assyrische  d.  i. 
chaldäische,  die  andere  für  die  ursprünglich  hebräische  hält. 
Dafs  man  wirklich  aramäisch  ursprünglich  mit  diesem  Cha- 
rakter schrieb,  zeigen  die  palmyrenischen  Inschriften.  Die 
Veranlassung  jener  Namen,  die  bey  Buxtorf  angenommen 
wurde,  ist  aber  zu  gezwungen,  um  auf  Beyfall  Anspruch  zu 
haben.  Sollte  man  die  alte,  von  jeher  und  echt  hebräische 
Schrift  deswegen  assyrisch  genannt  haben,  weil  sie  der  aus 
Chaldäa  zurückkehrende  Esra  weiter  verbreitete?  Wie  viel 
■wahrscheinlicher,  wenn  sie  die  Schrift  der  Assyrer  und 
Chaldäer  selbst  war?  Sollte  die  samaritanische  Schrift  des- 
halb die  hebräische  heifsen ,  weil  sie  die  des  gemeinen  Vol- 
kes bey  den  Hebräern  war?  Waren  die  übrigen  weniger  He- 
bräer, und  wo  bliebe  der  Gegensatz? 

0-     43- 
W ahrscheinliches    Resultat. 

Nehmen  wir  das,  was  sich  aus  dem  Bisherigen  ergeben 
hat,  zusammen  mit  einigen  andern  Umständen,  so  glauben 
wir  folgende  Vorstellung  als  wahrscheinlich  annehmen  zu 
können. 

1.  Mehrere  der  obigen  Grunde  vpreinigen  sich  dahin, 
dafs  wirklich  eine  solche  Schriftveränderung,  und  zwar  durch 
den  Einflufs  des  Exils  und  der  chaldäischen  Schrift,  vorge- 
gangen sey,  wie  sich  eine  ähnliche  mit  der  Sprache  zutrug 
(Q.  10.  i)).  Diese  Begebenheit,  die  ihrer  Natur  nach  nur 
allmählich  vor  sich  gehen  kann,  und  einem  ganzen  Zeitalter 
angehöre»    muis,   schreibt  die  individualisirende  Sage  dem 


<J.  43«    Uebcr  die  verschiedenen  Schriftzüge.  157 

Esra  zu,  welcher  in  mehreren  jüdischen  Sagen  (z.  B.  von 
der  Synagoga  magna)  als  ein  Collectivname  erscheint-,  auf 
welchen  alles  zurückgeführt  wird,  was  in  jenem  Zeitalter 
für  Schriftgelehrsamkeit  geschehen  seyn  soll.  In  der  Sage 
Von  Esra  mag  die  Wahrheit  liegen ,  dafs  die  neue  Schrift 
von  Chaldäa  kam ,  wie  in  der  Sage  von  Cadmus  der  phöni- 
zische  Ursprung  der  griechischen  Schrift  liegt.  Oh  die  neue 
Schrift  geradezu  die  chaldäische  ist,  oder  ein  Gemisch  aus 
alterer  und  chaldä'ischer,  darüber  läfst  sich  freylich  strei- 
ten, aber  das  erstere  ist  viel  wahrscheinlicher  sz).  Gewifs 
ist  wohl,  dafs  vor  und  nach  dieser  Veränderung  in  der  noch 
lebenden  mit  Freyheit  gebrauchten  Schrift  viele  Buchstaben- 
figuren zum  Vorschein  kommen  mochten,  welche  aus  dem 
jetzt  feststehenden,  todten  Typus  nicht  erklärlich  sind.  Die 
grofse  Varietät  und  Freyheit  des  phonizischen  Schriftzugs 
kann  dieses  hinlänglich  verdeutlichen. 

Daher  erklärt  es  sich  denn  auch,  dafs  die  Varianten,  -welche 
sich  in  den  Parallelstellen  der  verschiedenen  biblischen  Bücher 
finden,  sofern  es  wahrscheinlich  ist,  dals  sie  aus  Verwechselung 
ähnlicher  Buchstaben  beym  Abschreiben  entstanden  sind,  sich 
bald  ans  der  jet7i<ren  Qundratschrift,  bald  scheinbar  mehr  aus  der 
Münzschrift,  ol't  aus  keiner  von  beyden  passend  erklären  lassen. 
Capcllus  (Crir.  Sacra  V.  T.  cd.  Vogel-  Schar fenherg  T.  II.  S.  70), 
welcher  mehrere  Beyspiele  gibt,  thut  sehr  Unrecht,  und  wider- 
spricht sogar  seiner  eigenen  Meinung,  wenn  er  überall  nur  den. 
.Maafsstab  der  jetzigen  Quadratscbrift  anlegt. 

M.  Aus  der  Quadratschrift  erklären  sich  die  Verwechselungen: 
von  3  und  0  z.B.  n*03W  und  PPJJDttJ  Nehem.  12,3.  14,  ^im  und 
*»12t  1  Chron.  9,  15.  Nehem.  1  1,  17;  von  1  und  "i  (die  in  der  al- 
tern Quadratschrift  fast  gleich  lang  waren,  §.  46)  |pi?T  und  Iplf* 
1  Mos.  56,  27.  1  Chron.  1,  42,  Capellus  S.  Qi;  von  o  und  o, 
n1V2  1  Kun.  7,  41  ,  und  fii-PD  2  Chron.  4,  1  1.  iß;  von  5  und 
*U  Ps.  18»  12.  2  Sam.  22,  12;  von  T  und  ]  (welcher  I'inalbuch- 
stabe  doch  später  scheint),   i1i?£  P».  31,  3,  |Ufla  Ps.  71,3. 


52)  Dieselbe  Ansicht  s.  im  Allgemeinen  bey  Jahn  (Einleit.  in  das 
A.  T.  Th.  i,  S.  326),    vgl.  Eichhorn   (Einleit.  Th.  1,  S.  151, 

Auru.  ♦  ), 


158        Abschn.  III.   Gesc/iic/iW  der  hebräischen  Schrijf. 

2.  In  beyden  Alphabeten  gleichen  sich  die  am  häufigsten  ver- 
wechselten n  und  1  (  1  und  CJ),  z.  B.  p£i^  und  n£n  i  Mo«. 
10,  3.  1  Chron.  1,  6;  D"OT*l  und  D\3tt  1  Mos.  10,  4.  1  Ciiron. 
1»  7;  rün  und  n«1  3  Mos.  ii,  14.  4  Mos.  14,  13;  NV"»  und 
KVJ   Ps.  iß,  *»•    2  Sam.  22,  11.    Capellus  S.  79. 

3.  Nur  im  phonizischen  Charakter  ähnlich  sind  die  Buchstaben 
3  und  1  (3  und  "*{),  daher  ubn  2  Sam.  23,  39;  l^n  1  Chron. 
ii,  30.  1  und  w  (K,  W),  daher  vielleicht  ^l>  Jos.  21,  16» 
Vgl.  I&'SJ  1  Chron.  6,  44. 

•7.  In  keinen  von  beyden,  2  und  *i ,  z.  B.  DTPI3  und  Din^ 
Esra  7,  7.  Neh.  7,  7  ;  3  und  S,  i-\V)  und  *1J>a  2  Sam.  23,  35. 
1  Chron.  1  1,  37;  Q  und  n,  rinn  und  }nn  4  Mos.  26,35.  *  Chron. 
7,  20,    }1»n  und  man  Jos.  21,  32,    1  Chron.  6,  61. 

Das  Uebercrewicht  ist  hier  auf  Seiten  der  Quadratschrift,  wie 
man  nicht  anders  erwarten  kann,  da  doch  wohl  die  meisten  Va- 
rianten erst  nach  dem  Exil  entstanden  sind ,  und  das  meiste  der 
übrigen  mag  auf  R.echnung  anderer  Züge  desselben  Charakters 
kommen  (vgl.  §.46").  Ob  die  Eeyspiele  unter  Jj  auf  eine  Zeit 
zurückgehn  ,  wo  man  noch  phonizische  Schrift  hatte  ,  und  etwas 
beweisen,  oder  ob  es  andere  beweisendere  gibt,  wage  ich  nicht 
zu  entscheiden. 

2.  Im  Zeitalter  der  LXX  war  die  Schrift  schon  im  "We- 
sentlichen der  gegenwärtigen  Quadratschrift  ähnlich,  und 
mit  einer  solchen  waren,  den  Pentateuch  nicht  ausgenom- 
men (S.  155),  die  Codd.  geschrieben,  aus  welchen  diese 
Uebersetzung  genossen  ist.  Unter  andern  fehlten  noch  die 
Finalbuchstaben  (Q.  45,  2).  Der  Beweis  liegt  darin,  dafs 
die  vielfachen  Abweichungen  des  Textes  der  LiX.X  vom  ge- 
wöhnlichen Texte,  sofern  sie  wahrscheinlich  auf  Bachsta- 
benverwechselung beruhen,  durch  den  Quadratcbarakter 
erklärbar  sind53).  Auch  Matth.  5,  i)  kann  allerdings  tut 
die  Behauptung  zu  Hülfe  genommen  werden,  dafs  zu  Chri- 
sti Zeit  das  Jod  schon  der  kleinste  Buchstabe,  mithin  Qua- 
dratschrift herrschend  ,    war. 

Wahrscheinlich   ist  auch  der  samaritanische  Feutatcuch  aus  ei- 


53)  Cappelli  Crlt.  sacra  ed.  Vo°el-  Scharfenberg  T.  II.  S.  58»  tf. 
St.  Morinus  de  lin^ita  primasva  S.  236  GEL,  welche  nur  viele 
Uliächte  Beyspicle  dahin  ziehen  (§.  2  2,  1). 


g.  43.    Ueber  die  verschiedenen  Schriftzüge.  1^9 

ner  jüdischen  Abschrift  mit  Qnadratschrift  hervorgegangen.  S. 
St.  Morinus  de  lingua  -primaeva  S.  Zog  ff.  Meine  Commentt  S.  16. 
Hiernach  kann  die  Meinung  von  Plhiston  (tentamen  restaurandi 
gen.  text.  I".  T.  p.  i45)  una  Bauer  (Grit.  Sacra  V.  T.  S.  126) 
nicht  wohl  bestehen,  dafi  die  Münzschrift  noch  zur  Zeit  der 
Makkabäer  die  allgemeine  gewesen ,  und  erst  dann  mit  der  Qua- 
dratschrift  vertauscht,   oder  in  sie  übergegangen  sey. 

3.  Die  Makkabäer  wählten  für  ihre  Münzen  den  wahr- 
scheinlich noch  nicht  ganz  verdrängten  alten  Charakter,  wie 
sich  auch  bey  den  Arahern  die  cufische  Schrift  noch  einige 
Jahrhunderte  nach  Einführung  der  Nischi  als  Münzschrift 
erhielt54),  aus  Anhänglichkeit  an  das  Alte,  vielleicht  auch 
als  einen  dem  phünizischen  Charakter  verwandten  mit  Rück- 
sicht auf  Handel  und  Wandel.  Die  Tendenz  dieses  Zeital- 
ters zur  Erhaltung,  Nachahmung  und  Wiedererweckung  des 
alten  Hebraismus  ist  bekannt  und  offenbar  (vgl.  S.  26) :  hier 
zeigt  sie  sich  namentlich  in  dem  Gebrauch  des  althebräi- 
schen Dialekts  in  den  Aufschriften,  selbst  in  dem  alten  Na- 
men Israel  für  den  neuern  Juda55\ 

4.  Ob  die  assyrische  Schrift  zur  Zeit  der  LXX  und  spä- 
ter noch  kleiner  und  flüssiger  war  (etwa  nach  Art  der  pal- 
myrenischen),  aus  welcher  sich  erst  nachher  die  Quadrat- 
schrift, eine  Art  von  Fractur,  unter  den  Händen  hiblischer 
Kalligraphen  bildete,  mag  dahin  gestellt  seyn5<s).  Wahr 
ist,  dafs  noch  Hieronymus  das  Hebräische  als  eine  kleine, 
die  Augen  zerstörende,  Schrift  bezeichnet57).  Dafs  in  die- 
sem Zeiträume  auch  andere  kalligraphische  Aenderungen  da- 
mit vorgingen,  zeigt  das  Hinzukommen  der  Finalbuchstaben 


54)  Eichhorns  Einleit.  Th.  I.  S.  149.  Derselbe  Tall  ist  bey  den 
Russen  und  Engländern. 

55)  Vgl.  denselben  Sprachgebrauch  in  der  Chronik  (Michaelis 
Supplem.  ad  Lexx.  hebr.  S.  1 183-  Mein  YVörterb.  um.  d.  \V. 
Sn-i*^),  und  in  den  Büchern  der  Makkabäer,  als  1  B.  3,  35. 
4,  11.  30.  31.    9,  11  u.  s.  w. 

56)  Michaelis  oiient.  Bibliothek.     XXII,   S.  117. 

$7)   Proleg.  ad  Eieelu  XX.      Qpp.   Tom.  III.  col.  Q'[2. 


1 60        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

(§.  45,  2),  und  Melireres  unten  Anzuführende.  Indessen  ist 
dieses  nicht  der  gewöhnliche  Gang,  welchen  die  Schriftzü- 
ge  zu  nehmen  pflegen,  und  man  darf  nicht  mit  JTichac-lis  be- 
haupten, dafs  das  Fracturartige,  Steife  bey  einer  alten  Schrift 
nicht  wohl  gedacht  werden  könne,  besonders,  wenn  sie 
Schrift  des  gemeinen  Lebens  ist.  Man  bedenke  nur,  wie 
lau °e  sich  die  Griechen  und  Römer,  welche  ohne  \  erhältnifs 
mehr  schreiben  mochten,  als  die  Hebräer,  mit  ihrer  Uncial- 
«chrift  behalfen,  ehe  sich  daraus  eine  Cursiv  bildete. 

5.  In  einem  wesentlichen  Puncte  verschieden  ist  die 
gegenwärtige  Vorstellung  von  einer  ihr  in  andern  Stücken 
ähnlichen,  dafs  die  Quadratschrift  allmählich  durch  kalligra- 
phische Künsteley  aus  dem  alten  phönizischen  Charakter 
selbst,  etwa  nach  der  Makkabäerzeit  hervorgegangen 
sey58).  Dafs  bevde  Alphabete  nämlich  sich  wirklich  we- 
sentlich, als  zu  zwey  verschiedenen  Linien  gehörig,  unter- 
scheiden, zeigen  mehrere  Buchstaben,  wie  z.  B.  *»,  1,  *»,  1, 
insbesondere  aber  der  Umstand,  dafs  mehrere  Quadratzüge 
dem  Originalalphabet  wirklich  näher  zu  kommen  scheinen, 
als  die  phönizischen.  Eine  Art  von  Quadratfractur  aus  dem 
phönizischen  Alphabete  enthalt  vielmehr  das  altgriechische. 
Es  treffen  daher  diese  Meinung  ungefähr  dieselben  Gründe, 
welche  oben  derLöscherschen  entgegengesetzt  worden  sind, 
und  wir  können  ihr  aus  denselben  Gründen  nicht  bey- 
treten. 

6.  Die  Einwendungen,  welche  man  gegen  jene  Schrift- 
änderung erhoben  hat,  widerlegen  sieb,  besonders  bey  einer 
solchen  Wendung,  leicht.  ,,  Es  sey  nicht  wohl  denkbar, 
s.agt  man,   dafs  Esra,   der  so  pedantisch  am  Alten  hing,   diese 


58)  Deyling  Observatt.  s.  P.  Nif  p-  242  sq.  Bianconi  a.  a.  O. 
S.  24-26.  Ccnring^paradoxa  de  nummis  hehr.  caj).  Vf  p.  4-. 
Kcnnicott  dlss.  IL  super  rat.  textus  J  .  T.  p.  147.  Fabruy  .1. ... 
O.  S.  516.  Michaelis  a.  a.  ü.  da  IVanc  litbtaisch  jüdisch© 
Archäologie.    S.  347* 


ß.  4j-    Ueber  die  verscJäedencn  Schriftzüge.  \6l 

heue  Schrift  von  den  profanen,  verhafsten  Chaldnern  ange- 
nommen haben  solle"59'.  Allein  nicht  Esra  that  diefs, 
sondern  sein  Zeitalter  und  die  Verhältnisse  brachten  es  so 
mit  sich;  er  konnte  dieses  aber  so  wenig  hindern,  als  er 
den  Einflufs  der  chaldäischen  Sprache  hemmen  konnte, 
Weimer  es  auch  gewollt  hätte.  ,,Aber  ältere  Relationen,  z.  B. 
das  Buch  Esra,  Josephus,  schweigen  davon"50).  Als  ob  wir 
eine  so  detaillirte  Geschichte  jener  Zeit  besäfsen.  Es  konn- 
te dieses  auch  so  allmählich  geschehen,  dafs  es  durchaus  kein 
Gegenstand  historischer  Aufmerksamkeit  werden  konnte. 
,,Eine  Umschreibung  der  Codd.  sey  doch  ..eben  so  mühsam 
als  unnütz  gewesen."  An  eine  solche  mufs  man  auch  oar 
nicht  denken.  Bey  allmähliger  Aenderung  der  Schriftzüge 
kommen  die  früheren  nie  so  schnell  in  Vergessenheit,  dafs  so 
etwas  Bedürfnifs  würde. 

Bev  allen  bisherigen  Ansichten  wurde  als  sicher  angenommen^ 
dafs  der  Münzcharakter  eine  wirklich  hebräische  Schrift,  und  bey 
dsn  Hebräern  zu  irgend  einer  Zeit  in  weiterem  Gebrauch  gewesen 
Sey.  Dagegen  gibt  Seb.  Hau  ( Exercicatt.  in  Houbigantii  Frole- 
gomm.  in  S.  S.  S.  127)  die  Vermuthung,  dafs  dieser  phünizische 
Schriftzug  vielleicht  nie  bey  den  Hebräern  einheimisch  war,  und 
Von  den  Hasmoniiern  nur  zum  Behuf  der  Münze  gewählt  wurde, 
weil  er  auf  phönizischeri  Münzen  gewöhnlich,  und  auch  den  Ju- 
den :ils  Schriftzug  dieses  benachbarten  Handelsvolkes  nicht  unbe- 
kannt war.  Er  beruft  sich  dabev  auf  die  spätein  Münzen  der 
Herodianer  mit  griechischer  Schrift.  Manche  Schwierigkeiten 
wurden  durch  diese  Ansicht  auf  einmal  gehoben,  allein  auch  an- 
dere desto  gröfsere  geknüpft.  Etwas  g;mz  anderes  ist  es  doch 
tun  Münzen,  die  unter  römischem  Einflüsse  mit  Inschriften  in 
griechischer  Sprache  und  Schrift  versehn  wurden ,  und  ächthe- 
bräischeu  in  alt  hebräischer  Sprache,  von  Fürsten  geschlagen,  dia 
mit  einer  gewissen  Eifersucht  auf  Nationalitat  und  alterthiimli- 
che  Sitte  hielten.  Ein  solcher  ganz  unerwarteter  und  mächtiger 
Einflufs  phönizischer  Sitte  läfst  sich  aber  am  allerwenigsten  in  ei- 
nem Zeitalter  erwarten,  wo  die  Blüthe  des  phönizischen  Staates 
und  Handelsverkehrs   längst  vorüber  war.      Die  ganze  Deductiort 


59)  Löscher    S.  213.      Carpzov    Crit.  s.  V.  T.    S.  231. 

60)  Bauer  Crit.  s.   S.  124* 

t 


1Ö2        Alheim.  III.    Ge.se/uc/itf  der  htbräi-.v.heji  Schrift. 

dieses  Verfassers  zu  Gunsten  der  Ursprünglichkeit  des  Qmdratal. 
phabets  ist  nicht  die  befriedigendste  Partie  de»  sonst  schätzbaren 
Werkchens. 

$•      44. 

Geschichte  des  Alphabets.      Ursprüngliche  Anzahl,  Anordnung  und 
Namen   der  Buchstaben. 

Das  älteste  Zeugnifs  über  das  hebräische  Alphabet,  als 
solches  ,  besitzen  wir  an  den  alttestamentlichen  Poüsieen 
mit  alphabetischer  Anordnung  der  Verse,  Halbverse  oder 
Strophen  (Ps.  2.5.  34.  37«  ni.  112.  119.  145.  Sprüchw.  51, 
10  iT.    Klagel.  1  —  4.) 

1.  Die  Anzahl  der  Buchstaben  ist  hier  schon  die  heuti- 
ge von  22 ,  und  mehr  hatte  auch  ursprünglich  das  arabische 
Alphabet  nicht,  welches  erst  seit  Einführung  der  iNischi- 
schrift  einen  Zuwachs  an  Buchstaben  und  eine  andere  An- 
ordnung erhalten  hat;  während  jedoch  auch  die  alte  noch 
im  Ziffersystem  beibehalten  wird.  Indessen  ist  man  in 
neuem  Zeiten  häufig  der  Meinung  gewesen,  dafs  das  ur- 
sprüngliche phönizische  Alphabet  aus  wenigeren ,  walu- 
scheinlich  nur  aus  16,  Buchstaben  bestanden  habe61). 

Man  stützt  sich  dabey  a)  auf  die  Nachricht  der  CLissi- 
lier62),  dafs  Kadmus  nur  16 Buchstaben  mit  nach  Griechen- 
land gebracht  habe,  woraus  denn  natürlich  folge,  dafs  er 
im  Morgenlande  selbst  noch  nicht  mehr  vorfand.  Die  feh- 
lenden sollen  im  phonizischen  Alphabete  T,  t:,  0,  c,  S,  X  ge- 
wesen seyn,  woher  denn  im  Griechischen  aufsei  T-Xl  auch 
Z,  U,  0,  H,  II  erst  später  hinzugekommen  wären.  AlUin 
die  ältesten  Relationen  von  Kadmus  (Herod.  ö,  53.  Diodor 
5,   24)     erwähnen    nichts    von    der    Zahl    der    Kadmischen 


61)  Chiahull  antiqnit.  tisiat.  p.  26.  Bianconi  de  antiquls  lit.  Hrhr. 
et  Graecor.  (eilit.  2)  pag.  41.  Bcllarinamis  Handbuch  der 
bibl.  Literat.  Th.  1.  S.  65  iL  Paulus  a.  a.  O.  S.  110.  'An. 
guit'is  Einleit.  in  das  A.  T.    S.  35.    Nach  Hug  a.a.O.  nur  15. 

62)  Min.  H.  N.   7,  50".       Taut.  Annttl.    XI.  if 


Q.   44«      Geschichte  des  Alphabets.  165 

Buchstaben,  und  die  späteren  Angaben  darüber  weichen 
von  einander  ab.  So  nahm  Aristoteles  nur  iQ  an,  eine  an- 
dere Sage  17  63).  Aus  diesem  Schwanken  macht  schon  D/o 
jiysius  von  Halicarnafs  64)  den  sehr  treiFenden  Schlufs,  <!afs 
jene  verschiedenen  Angaben  auf  keinem  historischen Grunde 
beruhen,  sondern  nur  gelehrte  Meinung  seyn  dürften,  bey 
welcher  man  von  der  allerdings  richtigen  Nachricht  aus^incr, 
dals  man  nicht  alle  Buchstaben  aus  Phönizien  empfangen 
habe,  und  auf  eine  Analyse  des  Alphabets  weitere  Schlüsse 
bauete.  Dafs  aber  die  Griechen  gleich  Anfangs  alle  22 
Buchstaben  des  heutigen  morgenländischen  Alphabets  erhiel- 
ten, zeigt  der  Umstand,  dafs  sich  diese  dem  altgriechischen 
Alphabete,  welches  von  A-T  mit  Einschiebungen  dreyer 
(nachher  nur  als  Zahlzeichen  beybehaltenen)  Buchstaben 
ebenfalls  22  zählte,  auf  das  Genaueste  gegenüber  stellen  las- 
sen.    Dieses  geschieht  am  Richtigsten  auf  folgende  Weise: 

«     A 

3     B 

a    r 

1     A 
n     E 

1      iirtrtiftcv  B«v  (/,  Digam- 
na,  lat.  F  ) 

1    z 

n     H 

13       0 

1        I 

3     K 

Nachdem  späterhin  noch  die  Buchstaben  T-J2  hinzuge- 
kommen waren,  warf  man  aus  der  frühern  Reihe  drey  (B«w, 
S«vt/,  Konna)  heraus,  behielt  sie  aber  als  Zahlzeichen  Or<a>y- 


h 

A 

ö 

M 

J3 

N 

0 

S  (£,*<») 

V 

O 

2 

n 

s 

tlHftffAOV  ^XVTft 

p 

tTftJituo*  Yionxcc  (9  ) 

1 

P 

IV 

2  (S«y,  Herod.  1,  139) 

n 

T. 

63)  Aristot.  beym  Plin.   a.  a.  O.       P/"'.  Sympos.  Vlll.  quaest.  5. 
/«'</or.  Oi™.  I,  3.    Vgl.  Potters  griech.  Arcliäol.  Tli.  3.  S..3J 

64)  n*g«  ffvv^£(rsw5  ov»^aT«.y,    Cfy>p.  «/•  Oxon.   T.  II.   p.  21. 

L  2 


»Ö4        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Sclirift.. 

ftu)  bey,  weil  einmal  das  Ziffersystem  auf  die  alte  Reihe  ge- 
stützt war.  Zwey  derselben  (B«w  und  Konxu)  gingen  als  F 
und  Q  in  das  lateinische  Alphabet  über.  Auch  das  erste  S, 
das  aus  Samech  entstandene  Sigmä ,  wurde  als  überflüssig 
herausgeworfen,  Sigma  und  San  als  Namen  Eines  Buchsta- 
ben angesehn  (Herodot.  I,  139),  und  an  die  Stelle  des  Sigma 
der  componirte  Buchstabe  Z  gesetzt.  Mit  der  Bedeutung 
der  Buchstaben  wurde  nach  den  Bedürfnissen  der  griechi- 
schen Sprache  nur  die  Aenderung  gemacht,  dafs  den  4  Gut- 
turalen (n,  n,  n,  V)  die  Geltung  von  Vocalen  (A,  E,  II,  O)  ge- 
geben wurde,  mit  denen  man  eiue  gewisse  Analogie  bemerk- 
te. Der  Gestalt  nach  wurde  der  phönizische  Buchstabe  (der 
verschiedenen  Richtung  der  griechischen  Schrift  wegen)  mei- 
stens umgediehet,  daher  3  (das  phönizische  n)  im  Griechi- 
schen E ;  *!  (das  phönizische  *i)griech.  P,  fw6*  )  u.s.  w.  Woll- 
te man,  um  jener  Sage  treu  zu  bleiben,  annehmen,  dafsKad- 
mus  Anfangs  nur  16  herübergebracht  habe ,  und  dafs  man 
einst  das  abendländische  Alphabet  wieder  aus  dem  indefs 
vollständiger  gewordenen  phönizischen  vervollständigt  habe, 
wodurch  allererst  jene  Uebereinstimmung  hervorgebracht 
wurde66),  so  würde  man  einen  fast  undenkbaren  Fall  setzen. 
Wie  unwahrscheinlich,  dafs  die  Griechen,  nachdem  ihnen 
einmal  durch  ein,  wenn  gleich  unvollkommenes,  Alphabet 
diese  Erfindung ,  und  mit  ihr  der  Keim  zu  allen  möglichen 
Vervollkommnungen  derselben  mitgetheilt  worden  war,  ihr 
Alphabet    späterhin    nochmals    aus    dem    morgenländischcn 


65)  Uebcr  die  Vergleichung  diesev  Alphabete  s.  Bocharti  Canaan 
1,  20.  JWoutfaucon  palaeogrr.j'lila  ?,r.  S.  125»  und  (J>ou/nVr) 
dissert.  de  priscis  Graecoium  et  Uätinomm  litcris  hinter  JHont- 
fautun  S.  554  iL  Fischer  slnimadverss.  ad  11  eilen :  grammat. 
gr.  T.  I.  p.  12  sq.  Jahns  Eiuleit.  in  das  A.  T.  Th.  I.  S.  52Q. 
Grammat.  hebr.  S.  5  IT.  1  welchem  letztem  wir  nur  darin  nicht 
bevstinnr.en  können,  dafs  er  dem  1  dns  T,  dem  p  das  \  . 
riber  stellt,  welches  schon  Bouhfer  a.  n.  O.  S.  5Ö0  an  St.  .1A>- 
rinus  {de  Lingua  primaria  exenit.    II,  u»)    halt  gerügt  hat. 

66)  Hug  a.  a.  O.   S.  1 1  fi. 


§.44-  Geschichte  d.  AlpJiabets.  ZTrspr.  Anzahl d.  Buchstab.  165 

ängstlich  vervollständigt,  und  die  neuen  Buchstaben  an  die 
Stelle  gestellt  haben  sollten ,  wo  sie  bey  den  Phöniziern 
standen  ! 

Einen  zweyten  Grund  findet  man  b)  darin,  dafs  gerade 
diese  Buchstaben  auf  den  phönizischen  Documenten  zum 
Tlieil  fehlen.  Allein,  diese  Denkmäler  sind  ohne  Zweifel 
aus  Zeiten,  wo  das  Alphabet  längst  vervollständigt  war; 
dieser  Umstand  würde  also,  wenn  er  richtig  wäre,  zuviel 
beweisen.  Allein  T,  0,  'S  fehlen  nur  auf  einigen,  und  ö,  3 
(nach  Büttner)  auf  allen  bis  jetzt  entzifferten.  Aber  ist  auch 
die  Entzifferung  und  jene  Zusammenstellung  schon  vollstän- 
dig und  sicher?  Das  3  möchten  wir  mit  Sicherheit  (aus  den 
maltesischen  Denkmälern  ,  namentlich  Inscript.  melit.  HI.) 
nachtragen,  die  Figur  des  ta  haben  wahrscheinlich  mehrere 
citieische  Inschriften.      Endlich  hat  man 

c)  jene  Sage  durch  die  Analyse  bestätigen  wollen.  Mit 
16  Lautzeichen,  meint  man,  können  alle  Wörter  geschrie- 
ben werden,  schon  deswegen  dürfe  dos  IJralphabet  nicht 
vollständiger  angenommen  werden.  Allein  bcurtheilt  man 
hier  nicht  die  Sache  gröfstentheils  aus  dem  ganz  falschen 
Gesichtspuncte  unseres  Organs?  Bey  diesem  mag  die  Di- 
stinetion  von  B  und  n  ,  von  3  und  2,  von  7,  1',  o  und  c*  fein 
und  dem  ungebildeten  Ohre  kaum  hörbar  erscheinen.  Al- 
lein war  denn  derselbe  Fall  bey  dem  alten  Semiten,  den  jene 
Unterschiede  noch  in  seinem  und  jedes  Umgebenden  Munde 
klar  und  lebendig  ansprechen  mufsten?67) 

Aus  der  oben  angeführten  Stelle  des  Irenüus  würde  man  ein 
altes  Alphabet  von  nur  zehn  Buchstaben  folgern  müssen.  Allein 
die  ganze  Nachricht  scheint  schon  von  dem  Ucbersetzer  entstellt. 
Auch  nach  der  ingeniösen  Herstellung  des  muthmalslichen  griechi- 
schen Textes  durch  Hug  (Gesell,  der  Buchstabenschrift  S.  1G) 
können  wir  ihr  keinen  historischen  YVerth  beylegen. 


67)  Vgl  Lehrgebäude  der  Diplorr.r.tik.  II,  S.  r>4-  Fuhri-y  a.  a. 
O.  S.  323  fF.  Jahns  Archäol.  I,  S.  411.  Dessen  Einleit.  in 
das  A.  T.  a.  a.  O. 


1 66        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

2.  In  Rücksicht  auf  die  Anordnung  des  Alphabets  fin- 
den sich  in  mehrern  jener  alphabetischen  Gedichte  einzelne 
Unregelmäfsigkeiten  und  Abweichungen.  Klagel.  2.  3.  4« 
steht  das  a  vor  dem  V;  Ps.  57  steht  S  vor  3  und  fehlt  V;  Ps. 
25  u"d  54  fehlt  1,  beyde  aber  haben  nach  dem  n  noch  einen 
Vers  mit  S.  Man  hat  hieraus  verschiedene  paläographische 
Resultate  ziehen  wollen,  insbesondere  aber  das  s  am  Ende 
des  Alphabets  mit  dem  <5  der  Griechen  verglichen,  welches 
aus  diesem  morgenländischen  Buchstaben  abzuleiten  sey68), 
die  Umstellung  des  V  und  x  aber  aus  der  Verwechselung 
beyder  Buchstaben  im  Aramäischen  erklärt69).  Allein  Er- 
scheinungen anderer  Art,  z.  B.  dafs  Ps.  25  zwey  Verse  mit 
H  anfangen,  keiner  mit  3,  Ps.  54  zwey  Verse  mit  1 ,  u.  dgl. 
machen  es  höchst  wahrscheinlich,  dafs  man  schwerlich  ir- 
gend ein  Datum  für  die  Geschichte  des  Alphabets  dahinter 
suchen  dürfe ;  und  man  mochte  der  Wahrheit  am  nächsten 
kommen,  wenn  man  alle  jene  Abweichungen  theils  für  Nach- 
lässigkeiten des  Dichters  selbst  hält70),  theils  auf  Rech- 
nung früherer  Corruptionen  setzt. 

Dafs  auch  Kritik  hier  an  ihrer  Stelle  sey,  zeigt  das  Bcyspiel 
von  Ps.  37,  23  deutlich.  Nach  der  durchgängigen  Oeconomie 
dieses  Psalmes  kommen  auf  jeden  Buchstaben  vier  Versglieder. 
V«  27  scheint  dieses  Gesetz  sowohl,  als  die  alphabetische  Reihe 
auf  einmal  unterbrochen;  allein  beydes  wild  hergestellt,  wenn, 
man  entweder  mit  DSlvb  einen  neuen  Vers  anfangt  (man  konnte 
dabcy  h  in  der  alphabetischen  Reihe  übergehn  ,  wie  das  1  S.  3p), 
oder  besser  mit  LXX.  Symm.  J'ulg.  hier  noch  ein  Vcrsglied  ein- 
schiebt, welches  gerade  mit  37  anfängt.  Denn  die  Worte  avc/uoi 
it  sx5jvo^S>)<Toyra«  geben  die  natürliche  Uebersetzung  flTETyj  cS"!»*. 
wie  schon  Cappellus ,   Datlie  u.  A.  annehmen. 


6Q)   Hasse  in  Eichhorns  Biblioth.  der  bibl.  Liter.     B.  8«   S>  4"  ff> 
Hug   a.  a.  O.    S.  39.  71.      Andere   haben    es   auf  die   doppelte 
Aussprache  durch  x  und  (J>  beziehn  wollen.     Lehrgebäude  der 
Diplomatik.    II,    S.  97. 
69J   Bengul   Sujrplem.  ad  introduet.  in  Psalmos.     S.    14» 
70)   de  Weile  %  Comment.  über  die  Psalmen.    S.  82'84' 


5- 41-  Gesell,  des  Alphabets.  Anordn.u.  Namen  d.  Buchslab.  167 

5.  Die  Namen  der  Buchstaben  bezeichnen  gewisse  sinn- 
liche Gegenstände,  die  eine  Aehnlichkeit  hatten  mit  der  ur- 
sprünglichen Gestalt  derselben,  welche  sich  zum  Tlieil  im 
Quadratalphabet,  zum  Tlieil  im  Phönizischen ,  zum  Theil 
wohl  in  keinem  von  beyden  erhalten  hat  (Seite  15 -V)»  wo- 
bey  aber  zugleich  der  Gesichtspunct  genommen  wurde,  dafs 
das  Wort  selbst  mit  dem  Buchstaben  anfing,  welchen  es  be- 
zeichnet. Ingeniös  ist  dabey  Hug's  Hypothese  7I  ),  (deren 
Haltbarkeit  wir  dahin  gestellt  seyn  lassen),  dafs  mehrere 
Zuge  erst  dadurch  klar  würden,  wenn  man  sich  dieselben  in 
Aegypten  denke  (r,.  B.  A  ein  pyramidalischesHaus),  welches 
ihn,  zusammengenommen  mit  den  originell  phönizischen  INa- 
men ,  auf  die  Erfindung  der  Schreibkunst  durch  einen  Phö- 
nizier  in  Aegypten  führt.  In  den  abgeleiteten  Alphabeten, 
wie  im  Arabischen,  hat  man  diese  Namen  nachher  verstüm- 
melt (z.B.  Lam  aus  Damed,  Dschim  aus  Gimel),  auch  wohl 
nur  den  Laut  des  Consonanten  durch  einen  \  ocal  hörbar  ge- 
macht (wie  Be,  Je,  The).  Da  sich  nun  im  hebräischen  Al- 
phabete ebenfalls  mehrere  Namen  finden ,  die  sich  gegen 
etymologische  Deutung  sträuben  (z.  B.  Mein,  He),  so  bliebe 
hiernach  die  Vermuthung  offen,  ob  sie  nicht  gleich  jenen 
verstümmelte  Appellativa  oder  lediglich  technische  Wörter 
wären.  Indessen  ist  derSchlufs  noch  nicht  sicher,  dafs  das, 
was  uns  zu  deuten  schwer  fällt,  keine  Bedeutung  gehabt 
haben  solle,  und  es  kann  uns  nur  an  Kenntnifs  des,  aller- 
dings sehr  alten,  phönizischen  Sprachgebrauchs  fehlen72). 

71)  a.  a.  O.  S.  21.  56.  Gegen  die  Entstehung  der  Buchstaben 
schrift  aus  Hieroglyphen,  Eichhorn  Geschichte  der  Literatur. 
Th.   I.    S.  14. 

72)  Für  ursprünglich  technisch,  nicht  appellativ,  hält  alle  Buch« 
stahen  Dat\  Uericus  (quaest.  sacrue  S.  59) ,  Alb.  Schaltens  (in- 
stitnt.  hfhr.  p.  10.12),  einen  Thcil  derselben  Aug.  Pfeiffer 
(introd.  in  Orient em  S.  55),  llug  a.  a.  O.  S.  2/j.  Letzterer 
nimmt  nur  von  den  Namen  der  15  „ursprünglichen"  Buchsta- 
ben eine  Bedeutung  an.  Zuerst  stehen  diese  iNamen  (ir.it  grie. 
einsehen  Buchstaben  ausgeschrieben)  in  der  LXX.  Klagel.  2-4. 


l6Q        Abschn.  III.  Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

EineUehersicht  der  wahrscheinlichsten  Erklärungen  ist; 

p(Sn  =  >;)17N  (Se^olatform ,  wie  hyj  =  h"\V ,  vgL  hebt.  Gram- 
matik S.  157)  Rind,  wie  schon  Plutarch  (quaest.  symp.  Q,  §.  2) 
erklärt:  hta  rovs  (pomstaj  aCrw  nakttv  rov  fiow.  Die  rohe  Gestalt 
eines  gehörnten  Stierkopfes  geben  die  phönizischen  Figuren  ^,  <£, 
besond.  umgekehrt  V".  Hieraus  wurde  das  altgriechische  A. 
Paulus  erklärt  *|Si*  durch  tausend,  welches  man  durch  einen 
Strich  mit  2  Queerstrichen  bezeichnet  habe,  ab?r  dann  müfstc  das) 
Ziffersysteni  älter  seyn,   als  die  Buchstabenschrift. 

res,  Bi}$  Haus,  wahrscheinlich  in  Beziehung  auf  eine  der 
Quadratschrift  ähnliche  Figur. 

S»3  oder  S»>^  (wieder  Segolatform  für  S»3 »  wahrscheinlich 
auf  phönizische  Art)  =  SüJ  Kameel.  In  der  ältesten  Figur 
(//,  ~I)  hat  man  wohl  zunächst  den  rohen  Zu»  eines  Kameelhal- 
ses  zu  suchen.  Aus  jenem  phönizischen  Zuge  ward  umgekehrt 
das   griechische  T. 

nS*  =  nS'n  Thiir,  welches  mehr  zu  der  Quadratfigur,  als 
zur  phönizischen  (9>  9 »  *\)  pafst.  Wegen  letzterer  gibt  Paulus 
die  (unwahrscheinliche)   Erklärung,    dafs   nbl  =  H^*l    (vielmehr 

M  '•"       • 

*»Vl,   ^h^)>    Ö2/0   Schöpfeimer  bedeute,    hier  ein  Eimer  an, 

einem  Stricke.  , 

NH  ohne  wahrscheinliche  Bedeutung,  vielleiclit  verstümmelt, 
oder  blofs  technisch. 

11,  (M.  Kimchi  VI .  bey  Jarchi  INI )  Na  gel,  Haken,  wel- 
ches am  besten  der  Quadratfigur  entspricht.  Im  altgriechischen 
Alphabete  Bxv ,  dessen  Gestalt  F  sich  an  die  phönizische  /^  an- 
schliefst,      Montfuucon  palaeogr.  »r.     S.   i0.$.  ö^S- 

y*%  wahrsch.  ==  J.J-J1  Waffe,  Schwert  (Ps.  44,  7  Pcsch.), 
vgl.  die  Quadratfigur,  der  mehrere  phönizische  entsprechen.  Mit 
Weglassung  des  )  sagte  man  auch  iT,  Plur.  ]^T  (Mischna  Seitab* 
beult  Xlf,  5,  T.  IT.  S.  47  ed.  Surenhus.),  griechisch  Za'i  (Mont<- 
faueon  ad  Hexapla   II.  S.  3^5)«   daher  das  griechische  Zvjra. 

{I^n  ,    wahrsch.  Umzäunung  von  .bv.^.,   *-iQ-w   umgeben, 


Deutungen  derselben  gaben  schon  Euseb.  praep.  evang.  X. , 
Hieron.  epist.  115,  unter  den  Neuern  Jo.  Ihusii  Alphabetum 
hebtaicum  vetus.  Franeq.  »587i  vermehrt  1609,  4.  C.  J. 
Trommann  de  causis  uominum  literarum  hebraicarum.  Coburgi 
1758,  wieder  abgedruckt  in  dessen  Opusculis  philol.  et  bist, 
ai gumenti ,  no.  4.  Simonis  introd.  in  ling.  lubr.  S.  60,  Jac. 
J'tlwttferd  Opufc.  philol.  S,  £2$  IT,  Uug  a.  a.  O.  S.  21  tf, 
Paulus  a.  a.  0.   S.  1 1 Q  ff, 


g.  4/..  Geschichte  des  Alphab  eis,    JS amen  der  Buchslaben.   169 

umzäunen,  wovon  mehrere  Derivata  Zaun,  Mauer  bedeuten. 
n  wäre  denn  mit  13  verwechselt.  Der  phönizischen  Figur  (0,0) 
entspricht  dieses  sehr. 

Bio  oder  n*»E,  griechisch  t>jS,   noch  am  wahrscheinlichsten  = 

i2.^.Jb  Schlange.  Nach  Paulus  und  A.  Laut  ein  es  Hör  nes, 
Hörn   (?). 

Th,  Icuä  oder  Tu&  am  passendsten  s.  v.  a.  *n  Hand  (wie  D1>, 
Plur.  D^C  von  0',)>  nach  der  phönizischen  und  samaritanischen 
Figur  (m,  rrt),  worin  man  drey  verbundene  Finger,  die  rohe 
Zeichnung  einer  Hand  erkennen  mag.  Die  Quadratfigur  scheint 
früherhin  länger  gewesen  zu  seyn  (§.  46,  *)»  an  eine  solche  schliefst 
sich  die  griechische  (I). 

t]3  hohle  Hand,   nur  zur  Quadratfigur  passend. 

*11dS  wahrsch.  Knüttel,  von  (A.».3  :=  *OV  schlagen,  wo- 
von "ipan  TeHei  Ochsenknüttel  Rieht.  5,51.  Mehrere  phönizi- 
sche  Figuren  sind  gerader  als  die  hebräischen,  einige  stellen 
(L,,  h)   vielleicht  genau  die  Gestalt  eines  Reiteis  dar. 

DC.  Dafs  dieser  Name  etwas  verstümmelt  sey,  läfst  wohl 
schon  das  griechische  /xu  vermuthen,  welches  eine  andere  phöni- 
zische  Form  voraussetzt.  Die  gewöhnliche  Erklärung  durch  D^O 
Wasser  soll  sich  auf  die  samaritanischo  Figur  (^3)  beziehen, 
welche  oben  etwas  Wellenförmiges  hat,  aber  aus  den  altern  Al- 
phabeten sieht  man ,  dafs  dieses  eigentlich  drey  Zacken  sind 
(|JJ,  V/).      Bezeichnet  es  den  Dreyzar.k,   als  Symbol  des  Meeres? 

}13  (woraus  NJ  abgekürzt  ist,  wie  it,  Ztxi  aus  }•<*)  im  Chald., 
Syr. ,  Arab.  Fisch.  Fast  in  allen  phönizischen  Alphabeten  ist 
die  Figur  gekrümmt  (L.) ,  nur  auf  den  maltesischen  Inschriften 
ist  sie  beynahe  gerade  (^),  und  zu  der  Benennung  passend.  Am, 
Wenigsten  darf  man  an  die  (spätere)  Finalfigur  denken. 

■qED  wahrsch.  s.  v.  a.  das  syr.  {.üia£D  consessus ,  triclinium, 
vgl.  die  Quadratfigur.  Die  Griechen  machten  aus  Samech,  JOiDD 
ttansp.  'Eiy/jLa ,  nahmen  aber  dieses  nachher  gleichbedeutend  mit 
\iV  Sav  (*s.  unten).  Die  phönizische  Figur  des  Samech  (^7)  er- 
hielt sich  aber  für  das  H. 

]*V   An»e,   im  Phönizischen  O,    daher  das  griechische  O. 

HS,  LXX  dpij ,  wahrsch.  =  na  Mund.  Nur  auf  den  maltesi- 
schen Inschriften  erscheint  sicher  die  1  igur   ^i,    in  £rman»elun» 

C?  DD 

mehrerer  Figuren  läfst   sich  über   die  Uebereinstimmung  des  Na- 
mens  nicht  uitheilen. 

•HS  (LXX  Tffft&v))  nach  andern  lyify  vV£t  nach  Simonis:  Jagd-, 
Fischerinstrumcnt,  von  niS  =  l^Ä  jagen,  fischen.      Die  phöni-? 


170         Abschn.III.   Ce schichte  der  hebräischen  Schrift. 

zische  Figur  (}v)  kann  mit  einem  Fischerhaken  verglichen 
•werden. 

%.\     f.  $A 

*|ip,  chald.  fppt  arab.  L-X3,  &J.3  Loch,  Oehr  einer  Nadel 
oder  Axt.  Dem  entsprechen  alle  alte  Figuren.  Aus  dem  mor- 
£;enländischen  P  wurde  das  griechische  Ex/<r>)/uev  ^  Koiriror,  nach 
den  Grammatikern  ein  umgekehrtes  Pou.  Schal,  zu  sirist.  nub.  £3. 
Fischer  ad  J<Vellsr.    I,   17.      IWazochi  ad  tob.  heracl.    p.  122. 

ttJ"1*!  =  TI5N1  ,  ÖH*1  Kopf,  vgl.  die  phönizische  Figur  (<!  >  9). 
■woraus  umgekehrt  die  griechische  wurde.  Pw  entstand  ans  Pw?. 
Weshalb  di«  LXX  (Klagel.  cap.  2)  P>lXf »  unc^  ^,ir  ^en  folgenden 
Buchstaben  Xcev  schreiben ,  was  schon  Chr.  B.  Michaelis  (Miscel- 
lanea  Lipsiensia  nova  Vol.  VII.  S.  560)  fragt,  wünschte  ich  von  ei- 
nem der  griechischen  Orthographie  genauer  kundigen  Gelehrten 
beantwortet  zu  sehn. 

pit5  =  ]vi  Zahn.  Die  Figur  mit  drey  aufstehenden  Zacken 
findet  sich  in  allen  Alphabeten.  Die  alteren  Griechen  nannten 
es  hiernach  £av,  wovon  £a/;.iri  (für  St),  2*/x(fi;j«5.  Hcrodot 
I,  139.      Athen.  Deipnos.  XI,  5.    p.  467« 

13,   bey  JMoso  Kimclii  l^p,   d.i.  Zeichen   (Ezech.  g,  3),    ins- 
// 
bes.  wohl   s.  v.  a.      (__C ±3   kreuzförmiges  Zeichen,    welches  man 

dem  Zugvieh  an  die  Hüfte  oder  den  Hals  brannte.  Ein  solches 
Kreuz  ("{">  X»  1")  ',at  namentlich  die  jüdische  IMünzschrift 
(§.  42,  5);    aus  einem  solchen  entstand  auch  das  griechische  T. 

Die  griechischen  Buchstabennamen  'AXcpa,  B;jra  u.  s.  w.  grün- 
den sich  entweder  auf  eine  Femininalform  oder  eine  Art  stat.  em- 
■plmticus  NsSNt  50*0.  Eben  so  auch  andere  aus  dem  Fhönizi- 
»chen  übergegangene  Wörter,  als  hZ2,  vaßXa,  ttSc  ,  /u*A.S« 
(vgl.  S.  66).  " 

4.  Dafs  die  Hebräer  die  Buchstaben  je  anders  als  von 
der  Rechten  zur  Linken  gereihet,  ist  unwahrscheinlich. 
Bustrophedonschrift  findet  sich  nur  bey  den  Griechen,  als 
Uebergang  zu  der  abendländischen  Schriftart,  bey  den  Mor- 
genländern nie  sicher;  um  so  weniger  kann  eine  Stelle  des 
Justin  d.  Märtyrer  als  gültiges  Zeugnifs  dafür  argefühit 
werden75).      Ein  vage6  Paradoxon  ist  aber  die  Meinung  von 

73)  Vgl.  Hug  a.  a.  O.  S.  18-  Paulut  S.  103.  Auf  die  Rich- 
tung der  Schrift  in  den  jüdischen  und  phonizisjhen  Münzen 
darf  man  sich  mit  ersterem  wohl  nicht  berufen. 


§.  45-    JVortabÜi.,  Finalbiichst.,  Abbreviatur.,  Zahlreich.    171 

fiianconi7*),   dafs  die  Hebräer  vor  dem  Exil,  wie  die  Grie- 
chen,  von  der  Linken  zur  Rechten  geschrieben  hätten. 

ö.      45. 

"Wortabtheilung  und  Finalbuchstabcn ,   Abbreviaturen,  Zahlzeichen. 

1.  Dafs  die  Alten  überhaupt,  und  namentlich  auch  die 
Hebräer,  gewöhnlich  ohne  Zwischenräume  Wort  und  Wort 
geschrieben,  ist  eine  bekannte  Sache75),  welche  auch  hier 
nicht  geleugnet  weiden  soll ,  aber  doch  einer  Beschränkung 
bedarf.  Wahr  ist,  dafs  verhältnifsmäfsig  die  meisten  grie- 
chischen Inschriften  conlinua  serie  geschrieben  sind  ;  aber 
mehrere  der  ältesten,  namentlich  die  eugubinischen  Tafeln, 
die  Jnscriptio  sigea ,  haben  einen  oder  r.wey,  noch  andere 
drey  Punkte  als  Wortabtheiler  7ß),  ausgenommen  am  Ende 
der  Zeile,  und  wenn  Wörter  sehr  eng  zusammen  gehören, 
wie  Partikeln  und  Präpositionen  zum  Nomen.  Richtig  mag 
es  seyn,  dafs  die  allgemeine  Einführung  der  Wortabtheilung 
in  den  griechischen  und  lateinischen  3Iss.  von  den  Gramma- 
tikern  herrührt;  aber  bekannt  war  sie  schon  den  Schriftstel- 
lern selbst,  und  wurde  auch  von  einzelnen  angewandt77). 
Derselbe  Fall  ist  auch  bey  den  Morgenländern.  Die  mei- 
sten phönizischen  Inschriften  haben  keine  Wortabtheilung, 
aber  andere  haben  allerdings,  und  zwar,  wie  jene,  durch 
einen  Punkt,  nur  mit  Ausnahme  eng  verbundener  Wör- 
ter78). Denselben  Punkt  hat  die  Keilschrift  und  die  sama- 
ritanische,  Zwischenräume  hat  auch  die  kufische  oder  alt- 
arabische Schrift79).     Dafs  die  Bibelhandschriften  zur  Zeit 

74)  a.  a.  O.   S.  25.  29, 

75)  IMorini  Esiercit.  bibl.  T,  6.  cap.  2.  Simon  Jiist.  crit.  I,  23. 
Jablcnski  praef.  ad  bibl.  hebr.  §.  37.  Eiclihonis  Einleit.  in  das 
A.  T.   Tb.  I.   S.  172. 

76)  Censor  theol.   S.  291.      Hlontfaucon  palaeogr.  gr.   S.  134  ^' 

77)  Aristot.  Rhetor.   II T,  5.      Cic.  de  orat.    3,  45.  46.      pro  Mur. 

2.  Ser.ecne  epist.  40.      Censor  theol.   I.  c. 

78)  Vorzfigl.   Inscript.  Cit.  II. 

79)  Niebuhrs  Beschr.  von  Arabien,  tab.  4  "9*  Reisebeschr.  II, 
tab.  30, 


172         Absehn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

der  LXX  keine  durchgängige  Worttheilung  hatten,  zeigea 
die  zahlreichen  Abweichungen  dieser  Versionen  von  der  ge- 
genwärtigen Abtheilung  8°);  allein  fast  ohne  Ausnahme  ist 
dieses  nur  bey  ohnehin  eng  verbundenen  Wörtern  der  Fall, 
und  die  Annahme  gewisser  Zeichen,  die  den  Uebergang  zur 
Interpunktion  machen,  wird  noch  nicht  ganz  ausgeschlos- 
sen. Auffallend  ist,  dafs  die  Synagogenrollen  und  der  sa- 
maritanischePentateuch  zwar  keine  Vocalej  aber  dockWort- 
abtheiluns  haben,  auch  dafs  der  samaritanische  Pentateuch 
in  Rücksicht  auf  Worttheilung  nur  selten  von  dem  jüdi- 
schen abweicht81). 

2.  Erst  nach  der  allgemeinen  Einführung  der  Wortab- 
theilung konnten  auch  wohl  die  Finalbuchstaben  entstehen. 
Der  phönizische  Charakter  kennt  gar  nichts  dem  Aehnliches. 
Auch  im  Quadratcharakter  können  sie  zur  Zeit  der  LXX 
noch  nicht  gewesen  seyn ,  denn  die  Wortabtheilungen  der- 
selben widersprechen  zuweilen  den  Finalbuchstaben82). 
Nur  fälschlich  hat  man  sie  den  palmyrenischen  Inschriften 
zugeschrieben ,  auf  welchen  ich  weder  Wortabtheilung, 
noch  Finalbuchstaben  entdecken  kann.  Dagegen  kennen 
sie  der  Talmud,  Hicronyniussz)  und  Epiphanias5*).  Dafs 
ihre  Bestimmung  zu  Finalbuchstaben  die  erste  und  ursprüng- 
liche sey ,  ist  schwer  zu  verkennen ,  und  die  Vermuthung, 
dafs  sie  schon  früher  zu  Zahlfiguren  dienten,  ist  wohl  nichts 
weniger,   als  erwiesen,   ja  sehr  unwahrscheinlich, 


go)    Cappclli  Crit.  s.  ed.  Vogel* Scharf fnberg.   üb.  II,  13. 

gl)  Vgl.  überhaupt  Jahns  bibl.  Archäologie.  Th.  I.  B.  I.  S.  451. 
Jh'Sien  Ktnleit.  in  das  A.  T.  Th.  1.  S.  354  und  die  daselbst  an- 
geführten Schriftsteller.  Man  set/.e  hinzu :  Jo.  Gottjr.  Tym. 
pH  progr.  quo  indistinctam  ant'njuorum  Ebracorum  scriptionem 
esse  rccens  commcntum  Morinianum,   ostendit.    Jcnaei75r).   4« 

ga)    Eichhorn  a.  fh  O.    S.  177. 

g5)  Leusdsn  ph'dol.  hehr.  S.  i2g.  Tychsnt  im  Repertorium  für 
bibl.  und  mor^enl.  Literatur.   Th.  5.   S.  j4o. 

g  j)   de  youd^nbus  et  mettwns.    §.  6, 


§.  45-  IVortablh.,  Finalbuchst.,  Abbreviatur.,  Zahlzeich.    173 

3.  Dafs  die  althebräische  Schüft  Abkürzungen  ganzer  Wör- 
ter durch  wenige  oder  die  Anfangs-Buchstaben  gekannt  habe, 
zeigen  die  jüdischen  Münzen85).  Auch  in  Handschriften 
finden  sich  häufig  vorkommende  Worter  (z.  B.  mrp)  abbreviirt, 
und  die  neueren  Juden  haben  sie  so  sehr  vervielfältigt,  dafs 
die  Kenntniis  derselben  ein  ordentliches  Studium  erfordert. 
Man  hat  auf  jene  Annahme  kritische  Conjekturen  gebaut, 
die  aber  nur  dann  Wabrscheinlichkeit  haben,  wenn  sie  häu- 
fige oft  wiederkehrende  Wörter  betreffen  36).  Von  dem 
musikalischen  Terminus  nSö ,  den  Einige  als  Abbreviatur 
erklären,  würde  dieses  allerdings  gelten. 

4.  Zu  den  Abkürzungen  gehören  gewissermafsen  auch 
die  Bezeichnungen  der  Zahlen  durch  Buchstaben  oder  Ziffern, 
Beyde  Arten  finden  sich  sicher  in  der  semitischen  Scbrift. 
Ein  ZifFersystem  haben  die  phönizischen  Münzen  8?)  und 
palmyrenischen  Inschriften88),  vielleicht  die  phönizisch- 
ägvptische  Schrift89),  selbst  unsere  Ziffern  sind  bekannt- 
lich von  den  Arabern  entlehnt,  die  sie  von  den  Indern  er- 
hielten. Buchstaben  dagegen  als  Zahlzeichen  finden  sich 
auf  den  jüdischen  Münzen  9°),  bey  den  Arabern,  und  der 
sehr  frühe  Gebrauch  derselben  bey  den  Griechen  macht  e* 
fast  wahrscheinlich,   dafs   ihnen   auch  die  Phönizier  hierin 

35)  Auf  mehrern  derselben  steht  ZW  d.  i.  Sn^  im  zwryteit  Jah- 
re ;  auf  anderen  vollständiger  rinN  niW.  S.  ELhel  da  doctrina 
numm.  vett.  III,  S.  463.  Ebendaselbst  SN"lt£n  zuweilen  abge- 
kürzt in  \yt.  Statt  rinnS  haben  einige  blofs  *irV7,  wahrseb. 
auch  durch  Abbreviatur.      Ebend.   S.  ^6g. 

g6)  ELhhom  Th.  I.  S.  237.  Tb.  II.  3.  56.  de  Wette  zu  Ps. 
152,  6. 

37)  lihenferd  -pericul.  ri;oen.  p.  47.  Suinton  in  Philos.  Trans- 
actione.  T.  50.   S.  791.      Ekhel   a.  a.  O.   S.  410. 

88)  Philos.  Transactions.  T.  43.  p.  721.  728 »  andere  Figuren 
p.  741. 

3p)  Ueber  die  Entzifferung  ist  man  noch  nicht  einig.  Vgl.  Cay- 
lus  liecueil  d'Antiquitis.  T.  I.  S.  65-76.  Gatterer's  Diplom» 
Th.  I.  S.  71. 

90)  8.   Anm.  35. 


X  74        Ahschn.  III.   Gescliichte  der  licbralschen  Schrift. 

vorangingen.  Man  hat  hiernach  aucli  den  Hebräern  theils 
Ziffern21),  theils  den  Gebrauch  der  Consonanten  als  Zahl- 
buchstaben zugeschrieben,  und  aus  dieser  Hypothese  meh- 
rere auffallende  Erscheinungen  in  Rücksicht  auf  die  bibli- 
schen Zahlen,  vorzüglich  die  aufserordentliche  Varietät  der 
Lesarten  zu  erklären  gesucht92),  indem  man  annimmt,  dafs 
die  Ziffern  oder  Zahlbuchstaben  erst  später  in  Zahlwörter 
ausgeschrieben  worden  seyn. 

Einige  Beyspiele,  die  sich  am  besten  durch  Ziffern  erklären 
licfsen ,  sind  folgende.  Nach  i  Snm.  6,  ig  sterben  50,070  Phili- 
ster, nach  der  syr.  Version  nur  5070.  Nach  1  Kon.  4,  26  (5,  6) 
hat  Salomo  40»000  Rosse,  nach  der  Parallelstelle  2  Chron.  9,  25 
nur  4000'  Nach  2  Sam.  10,  1Q  zerstört  David  700  Wagen  der 
Ammoniter,  nach  1  Chron.  10,  iß  7000.  Andere  dagegen  er- 
klären sich  leichter  durch  Zahlbuchstaben.  Nach  2  Sam.  24,  13 
dauert  die  Hungersnoth  unter  David  sieben  (?)  Jahre,  nach  den 
J,XX  und  1  Chron.  21,  12  nur  drey  (3>).  Nach  2  Chron.  21,  10. 
22,  2  stirbt  Joram  im  40ste"  Jahre,  und  hiiuerläfst  einen  Sohn 
von  42  Jahren!  Nach  2  J£ün.  Q,  26  ist  offenbar  zu  lesen  22  (33 
Für  3E). 

Die  unverhältnifsmäfsig  grofse  Menge  von  Varianten 
dieser  Art93)  macht  diese  Hypothese  allerdings  wahrschein- 
lich, und  das  Uebergewicht  der  Beyspiele,  so  wie  die  Ana- 
logie  der   jüdischen  Münzen    mochte   auf  Seiten    der  Zahl- 

0  ' 

buchstaben  seyn,  nur  hat  man  ohne  Zweifel  gefehlt,  indem 
man  daraus  zuviel  erklärt  hat,  nämlich  a)  die  enormen,  und 
zuweilen  offenbar  unhistorischen  Zahlen  bey  der  Angabe 
von  Menschenmassen,  von  Schätzen  u.  dgl.94).     Diese  ge- 


91)  l'ignole  Chronologie  de  Vlüstoire  saline.  I,  §.  29.  Cappelli 
Crit.  sacra  ed.  Vogel- Schar fenberg.  T.  I.  S.  104.  Wahrt  Ge- 
schichte der  morgenländ.  Sprachen.   S.  657. 

92)  Kennicqtt  diss.  I,  p.  521*  »«*•  Ir»  p.  801-13.  diss.  gene- 
ral.  §.  27.  J.  AI.  Faber  progr.  II.  litcras  olim  pro  voeibus  in 
numerando  a  scriptoribus  V.  T.  esse  adhibitas.  Onoldi  1775.  4. 
Eichhorns  Einleit.  Th.  J.  S.  203.  Dagegen  Ik.ueri  Crit.  s.  V. 
T.   S.  ltfß«      Dessen  Einleit.  in  das  A.  T.   S.  117. 

93)  Vgl.  Esra  2  und  Neh.  7.  Vorzüglich  Cappcllus  a.  a.  O. 
S.  102  ff. 

94)  Eichhorn  a.  a,  O.    S.  204. 


$.  4<5.    Spätere  Geschichte  der  QtiaJralscJirift.  175 

hören  zu  dem  alles  übertreibenden  Charakter  der  morgen- 
ländischen Geschichtschreibung,  und  dürfen  von  Seiten  der 
Wortkritik  schwerlich  angetastet  werden.  &)  Die  Verschie- 
denheiten der  LiXX,  des  Sam,  und  des  hebr.  Textes  in  Stel- 
len wie  1  Mos.  5,  1195).  Hier  ist  jeder  Text  nach  einem 
bestimmten  System  bearbeitet,  und  die  Abweichungen  sind 
absichtlich,  nicht  zufällig.  Derselbe  Fall  mag  c)  zuweilen 
bey  der  Chronik  und  den  Versionen  seyn,  wenn  sie  Zahlen 
des  älteren  Textes  bald  übertreiben,  bald,  wenn  sie  un- 
glaublich scheinen,  mildern.  Eine  so  unkritische  Behand- 
lung ist  dem  Geiste  dieser  späteren  Bearbeiter  wenigstens 
nicht  fremd  (Q.  12,  2).  Ganz  unwahrscheinlich  scheint  mir 
d)  der  Gebrauch  der  5  Finalbuchstaben  als  Zahlzeichen,  ehe 
sie  zu  jenem  Zwecke  gebraucht  wurden,  da  ihre  Gestalt 
ganz  für  die  Ursprünglichkeit  jener  Bestimmung,  mithin  ihre 
spätere  Entstehung  spricht. 

Eine  eigene  Hypothese,  welche  jene  Unordnung  des  hebräi- 
schen Textes  In  den  Zahlen  erklären  soll,  hat  Hug  (Gesch.  der 
Buchstabenschrift  S.  ao)  auf  die  Annahme  eines  frühem  Alpha. 
bets  von  15  Buchstaben  gebaut,  oder  vielmehr  kurz  angedeutet. 
Schon  aus  jener  Ursache  mochte  sie  keine  Durchführung  aus- 
halten. 

Spätere  Geschichte   der   Quadratschrift. 

Dafs  die  Quadratschrift  schon  von  ihrer  Einführung  bis 
auf  Origenes  und  IJieronyimts  mancherley  Veränderung  er- 
litten haben  möge ,  läfst  sich  leicht  denken ,  wiewohl  nicht 
nachweisen.  Selbst  für  die  spätere  Zeit,  aus  welcher  unse- 
re Codices  herrühren,  ist  es  noch  nicht  gelungen,  irgend 
eingehende  paläographische  Bemerkungen  über  die  Verän- 
derung des  Schriftcharakters  in  der  Zeit  zu  abstrahlten,  und 
selbst  Männer  von  der  engsten  Vertrautheit  mit  diesen  Ge- 
genständen,   wie  Kennicott,  Bruns,  de  Roasi  scheinen  es  nicht 


95)   Cappellus  a.  a.  O.   S.  437, 


ij6        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

über  ein  dunkeles  Gefühl  hinaus  gebracht  zu  haben96)., 
Für  unseren  Zweck  niag  eine  kurze  Zusammenstellung  des 
his  jetzt  Ergründeten  hinreichen97). 

l.  Ein  sehr  merkwürdiges,  nur  zu  oft  misverstandenes* 
Zeugnifs  über  alte  Züge  der  Quadratschrift  enthält  eine 
Nachricht  des  Origenes  und  Hieronymm,  dafs  in  gewissen  al- 
ten Exemplaren  der  LXX  das  Wort  n^n"1  aus  Superstition  der 
Abschreiber  unübersetzt  hebräisch  beybehalten  worden  sey$ 
und  zwar  mit  alter  hebräischer  Schrift98).  Der  Zusam- 
menhang lehrt,  dafs  dieses  Origenes ,  aus  welchem  Hierony- 
mus  erst  die  Nachricht  entlehnt,  von  der  altjüdischen  d.  i. 
samaritanischen  Schrift  verstanden  wissen  will99);  zum 
Glück  belehrt  uns  aber  eine  andere  Nachricht  eines  Bessern. 
Hieronymus  meldet,  dafs  diese  4  Buchstaben  von  unwissen- 
den griechischen  Abschreibern  für  griechisch  gehalten  und 
Pipi  gelesen  worden  seyn.  Sie  mufsten  also  den  griechi- 
schen Buchstaben  mm  gleichen100).  Bey  dem  samarita- 
nischen Alphabete  ist  dieses  durchaus  unerklärlich,  und  es 
ist  zu  bewundern,  wie  man  diese  Stelle  lange  Zeit  als  Be- 
weis für  den  Gebrauch  der  samaritanischen  Schrift  bey  den 
Juden  hat  gehrauchen  können101);     sehr   begreiflich  aber 


96)  de  Rossi  prole  gomm.  ad  J'ar.  lect.  V.   T.   pag.  17. 

97)  Vgl.  den  musterhaften  Abschnitt  in  Eichhorn  s  Einleit.  Th.  2. 
S.  13-130  über  Beschreibung  der  Handschriften. 

93)  Montfaucon  praelim.  ad  Olivettis  Hexapla  T.  I.  S.  g6  :  x«i 
tv  rote  «Kgißsct  twv  •HjTiVP*<pWV  ißgaiy.cic  aqjtaioic  yr>a{Xf*aat 
ys Y£>«~t<*'  ,   ük)C  o'j^i  roig  vuv.       Hieron.  praef.  ad  lib.  l\c°um. 

99)  tjegcn  TyiKijhCs  Teniamen  S.  173  behauptet  dieses  mit  Recht 
Hassencamp  (der  entdeckte  wahre  Ursprung  det  alten  Bibel- 
übersetzungen S.  55). 

100)  Hieran,  epist.  156  ad  JMarcellam.  Vgl.  Hexapla  ad  Tx.  71» 
20.      Malach.   2,  15. 

101)  IMontfaucon  palaeogr.  §r.  S.  120.  Chishull  antiquitatt.  asiat. 
S.  29.  Kcnnicott  diss.  II.  S.  150.  Lehrgebäude  der  DiploHMh 
tik  Th.  2.  S.  50.  Letztere  und  Postrllus  suchen  sich  so  zu 
helfen,  dafs  sie  es  für  eine  aus  2  s.uuaiitanischen  Jod  bestehen- 
de Abbreviatur   erklären  (m  m).      S.  dagegen  Adelung  in  det 


Q.  46.  Spätere  Gesc7iichte  der  Quadratsehriß.  177 

bey  dem  Ouadratcharakter,  zumal  da  nach  mehreren  Zeug- 
nissen das  r,  zuweilen  wie  ein  IT  geschlossen,  das  1  vQn  blei- 
cher Länge  mit  dem  i  gezeichnet  wurde*).  Kaum  kann 
es  wohl  zweifelhaft  seyn,  dafs  Origenes ,  ein  mittelmäfsiger 
Sprachkenner,  und  wohl  noch  schlechterer  Paläograph 
(Ö-  27>  O,  die  etwas  ungewohnten  verstellten  Züge,  welche 
er  vorfand,  nur  fälschlich  für  jene  alte  Schrift  gehalten,  und 
diese  Erscheinung  mit  der  ihm  anderweit  zugekommenen 
Sage  von  einer  Schriftänderung  in  Yerhindung  gesetzt  hahe. 
Den  samaritanischen  Charakter  kannte  er  wohl  noch  weit 
weniger,  als  der  gelehrtere  llieronymus ,  der  diesen  Irrthum 
nachspricht  und  einen  ähnlichen  begeht  (Q.  42»  3)« 

Was  sich  sonst  beym  Origenes  und  llieronymus  über  Aehnlich- 
keit  und  Verwandtschaft  der  Buchstaben  findet,  stimmt  mit  un. 
Seren  Fi°uren  überein  (Montjaucon  praelim.  ad  Hexapla  Origenis 
T.  I.  S.  24),  nur  klagt  er  über  Kleinheit  des  Charakters  (s. 
oben   §.  45,  4). 

2.  Nicht  ganz  sicher,  aber  auch  nicht  geradehin  ver- 
werflich, sind  die  Data,  welche  einige  alte  in  griechischen, 
und  lateinischen  Handschriften  gefundene  hebräische  Alpha- 
bete geben  ,  vorzüglich  das  sogenannte  Alphabetum  Jesuita- 
rum,  aus  einem  Codex  der  LXX  bey  Klagel.  2.').  Es  ent- 
hält nämlich  Züge,  welche  man  auch  anderweit  aus  alten 
Handschriften  kennt,  oder  welche  sonst  in  den  Kreis  semi- 
tischer Schriftzüge  gehören;  und  gerade  bey  einem  griechi- 
schen Abschreiber,    der  ängstlich  Vorgefundenes  nachmalt, 


Anm.  zu  dem  letzten  Werke.  Michaelis  Orient.  Bibliothek. 
XXII.  S.  124.  Tychsen  a.  a.  O.  Meine  Comment.  de  Vent. 
Sam.  S.  11.  12.  Jenes  M  ist  auch  eine  lediglich  jüdische  Ab- 
breviatur. 

2)  Vom  n  sagt  dieses  Bahrclt  in  der  Beschreibung  des  Dresdner 
Codex;  vom  •»  s.  z.  B.  die  Probe  aus  einem  Cod.  des  i5ten 
Jahrhunderts  im  Catalog.  bibl.  IMed.  Laurent.  Tab.  23.  Bey- 
de  Figuren  hat  das  alphabetum  Jesmtarum. 

5)  Montfaucon  ad  Orig.  Hexapla  T.  I.  S.  22.  Diplom.  Lehr- 
gebaude   Tu.  2.   tab.  g.   col.  1. 

M 


178        Ab  sehn.  III.   Geschichle  der  hebräischen  Schrift, 

kann  die? es  nicht  leicht  zufällig  seyn.  Der  letztere  Um- 
stand müchte  ihm  daher  mehr  zur  Empfehlung  dienen,  als 
zum  Gegentheil.  Es  erscheint  hier  n  wie  IT;  "■  und  "5  fast 
von  gleicher  Eiinge,  letzteres  zum  Unterschiede  mit  zwey 
Punkten;  p  wie  Q ,  n  wie  H.  Auffallend  ist,  dafs  sich  die 
letzteren  Züge  gewissen  phünizisch-samaritanischen  nähern, 
welches  auch  in  einem  von  Treschoiv  bekannt  gemachten  Al- 
phahete  aus  dem  pten  oder  ioten  Jahrhundert  der  Fall  ist4). 
Oft  mag  allerdings  die  Abweichung  vornehmlich  in  der  Un- 
geschicklichkeit des  Schreihers  ihren  Grund  haben  5 ). 

Für  alte  Figuren  der  Quadratschrift  hielt  TVlontfaucon  (a.  a.  O. 
S.  2  2)  auch  die  seltsamen  Buchsraben  auf  den  Talismanen  der  Ba- 
silidianer,  aber  dann  müfsteu  sie  doch  zu  lesen  seyn,  was  noch 
niemandem  gelungen  ist. 

3.  In  dem  Schriftzuge  der  Synagogenrollen  unterschei- 
den die  Juden  einen  doppelten  Charakter,  nämlich  a)  die 
TamschriJ't  (STD  En),  vermuthlich  von  Tarn,  einem  Enkel 
des  TAaschi6),  im  i£tcn  Jahrhunderte  benannt,  von  wel- 
chem auch  eine  besondere  Art  von  Gebetriemen  den  Namen 
Tamtephillin  führt.  Die  Buchstaben  haben  spitzige  Ecken, 
und  perpendiculäre  Coronamente  (TägginS.  Der  Charakter 
befindet  sich  besonders  in  deutschen,  auch  wohl  polni- 
schen, Synagogenrollen.  />)  Die  //  tische  Schrift  (rSvn 
Dro)  ,  nach  den  Juden  jünger  als  jene,  mit  runden  Zügen, 
und  Coionamenten,  die  sich  in  einen  Punct  endigen.  Sie 
soll  in  den  Synagogenrollen  der  spanischen  und  morgenlän- 
dischen  Juden  gewöhnlich  seyn  "). 

4)  Trcschov.  tent.  descriptiouis  coihl.  Vimloh.  J'.  T.  tab.  5.  Vgl. 
Büttner  und  Michaelis  in  des  Letztem  Orient.  Biblioth.  Th.  6. 
S.  26. 

5)  Siehe  die  Alphabete  im  Diplom.  Lehrgeb-ude  a.  a.  O.  cnl.  2. 
3«  4-     Löschor  p.  224.     Dagegen  luchsen  tentam.n  5.165  IT. 

C)    Wolf  Biblioth.  hehr.   T.  1.   S.  620. 

7)    Tychsen   tentamen   de   var.   coJd.    S.  263.  6.j.     und    das   Titel. 

kupier    litt.  A.  B.      JhlLrmaim   de  usu  yalacographiae  hei*.   S. 

45  und  die  Kupfei  tafeln. 


5-  t\6.   Spätere  Geschichte  der  Quadrat schrift.  179 

Wie  alt  die  *%3r1  oder  pO^T  d.  i.  die  Striche  oder  Kronchen 
über  den  7  Buchstaben  yHT^-Viy  sind,  wage  ich  nicht  zu  bestim- 
men. Mainwnides  erwähnt  sie  schon  als  Erfordevnifs  einer  nach 
den  Regeln  geschriebenen  Synägog^enrolle,  Sie  können  eine  neue- 
re Spielerev  seyn,  aber  unbezweifelt  ist,  dafs  sich  eine  damit  ana- 
loge bedeutungslose  Verzierung  über  mehreren  Ruchstab  n  fies 
phiinizischen  Schriflzugs  findet.  Man  v^l.  das  V,  2.  *»  (ij  $  ^) 
auf  der  2ten  citieischen  Inschrift  (ZVocÄ.«'s  Reis  n  Tb.  2.  t.ib.  53» 
no.  2)  mit  der  Figur  derselben  (o »  Q,  C])  auf  den  übrigen.  Jü- 
discher Aberwitz  lafst  den  Jehova  selbst  mit  der  Verzierung  einer 
Handschrift  durch  Ta°gin  beschäftigt  s^vn  ,  ehe  er  dem  Mose 
das  Gesetz  übergab.      Buxtorf  Lex.  chald.    coh  2575« 

4.  Wichtiger  ist  die  Verschiedenheit  des  Schriftcharak- 
ters  nach  Ländern,  aufweiche  neuere  Kritiker  in  den  he- 
bräischen Handschriften  überhaupt  aufmerksam  gemacht  ha- 
ben. Der  .spanische  Charakter  ist  der  regelinäfsigste ,  ein- 
fach, meistens  grofs  und  stark  aufgetragen,  eine  ächte  Qua- 
dratschrift.  Der  deutsche  ist  liegend,  zusammengedrückt, 
mit  spitzigen  Ecken,  aber  feiner  aufgetragen.  Der  iialeni- 
sche  und  französische  Charakter  steht  in  Rücksicht  auf  Grö- 
fse  und  Stärke  zwischen  bevden  in  der  Mitte  {characUr  in- 
tcrmedius  bey  Kennicott)  und  hat  mehr  runde  Schriftzüge  8). 

Die  Verschiedenheiten,  welche  sich  an  den  Zügen  einzelner 
Buchstaben  in  Handschriften  finden,  b» sonders  insofern  dadurch 
Verwechselung  ähnlicher  Cons«  nauten  und  Varianten  entstand, 
sind  vollständig  zusammengestellt  in  Eichhorns  Einleit.  Tb.  2. 
S.  41  ff. 

5.  Die  ersten  gedruckten  Bibeln  schlössen  sich  mög- 
lichst genau  an  den  handschriftlichen  Charakter  an.  Der 
Druck  der  Antwerper  Polyglotte  und  der  Stepkunischeu  Bi- 


g)  Etwas  verschiedene  Bestimmungen  haben  Simon  hist.  crit.  J, 
cap.  2i.  disquis.  crit.  cap.  2.  Kennicott  d:<s.  gener.  S.  340  ed. 
Bruns,  und  das  Kupfer  hinter  dieser  Ausgabe.  Bruns  im  Neuen 
theol.  Journal  von  Amnion,  Hünlein  und  Paulus.  B.  6.  St.  7, 
S-  755»  Nachstiche  von  den  Schriftzügen  einzelner  merkwür- 
diger Handschriften  s.  außerdem  in  Michaelis  Orient.  Bibliotli. 
c 

Tb.  I.      Schcliing  iUstript.  cod.   Slutt».  u.  s.  W, 

M    2 


iQo        Abschn.  Hl.   Geschichte  der  hebräischen  Svhrift. 

bei  soll  den  spanischen,  die  Münstersche  Bibel  den  deut- 
schen Charakter  am  genauesten  nachahmen.  An  erstem 
schliefst  sich  der  jetzt  gewöhnliche  Typus  unserer  Drucke- 
reven an,  wooe^en  die  Hasische  Offizin  in  Basel  durch  Ver- 
edlung  des  deutschen  Charakters  bey  Münster  grofstentheils 
geschmackvollere  und  ansprechendere  Figuren  geliefert 
hat9). 

Aus  der  Quadratschrift  bildete  sich  im  Mittelalter  allmählich 
auch  eine  Cursivschrift  (ü^Vö  oder  E^p^ö,  Buxtorf  Lex.  cliald. 
et  talmud.  col.  2513),  besonders  zum  Behuf  nichtbiblischer  Hand- 
schi uten.  Man  unterscheidet  auch  hier  einen  spanisch- italieni- 
schen, einen  deutschen  Charakter,  die  Uaschischrift,  Raschicursir 
und  a.  m.  Vgl.  Tychsen  tentamen  S.  315.  Bellermann  de  pa~ 
lacogr.  hehr.   S.  44«      Sacy  gramm.  arab.   T.  I.    tab.  G. 

ö.    47- 

Schrieb  man   auch   Hebräisch   mit  griechischer  Schrift? 

Origenes  hatte  bekanntlich  in  die  zwcyte  Columne  sei- 
ner Tlexapla  den  hebräischen  Text  mit  griechischen  Buch- 
staben geschrieben  gesetzt,  wobey  ihn  vornehmlich  wohl 
der  Zweck ,  die  Aussprache  des  unpuuctirten  Textes  zu  er- 
leichtern, vorgeschwebt  haben  mag.  Dafs  aufserdem  Juden 
oder  Christen  jemals,  früher  oder  später,  hebräische  Codi- 
ces in  diesem  oder  einem  anderen  nichthebräischen  Schtift- 
charahter  (z.B.  dem  koptischen ,  persischen)  geschrieben, 
ist  durch  Icein  einziges  historisches  Zeugnifs  erweislich  IO), 
und  gegen  alle  Analogie,  da  die  Juden  im  Gegentheil  von 
jeher  gern  die  Muttersprache  der  Länder,  in  welchen  sie 
lebten  (das  Arabische,  Persische,  selbst  das  Spanische,  Deut- 


en) Ueber  den  Ursprung  und  die  älteste  Geschichte  der  hebräischen 
Buchdruckerey  s.  mehrere  Schriften  von  de  llossi :  de  hebr.  ty- 
pographiae  orig.  1776.  de  typograph.  hebr.  Ferrariensi  178°' 
Anuales  hebr.  typogr.    See.  XK»    I7p5- 

10)  Die  Stelle  Gem.  Schabbath  Fol.  115,  col.  1.  lin.  29  handelt 
offenbar  von  der  ägyptischen,  medischen,  griechischen  Spracht., 
nicht  von  der  Schrift,   auch  nicht  von  der  Fioniintialionswcisc. 


(j.  47«    Hebräisch  mit  griechischer  Schrift.  ifti 

sehe),  mit  ihrem  Schriftcharakter  schrieben.  Dessen  un- 
geachtet hat  man  das  Paradoxon  aufgestellt,  dafs  die  70 
Dollrnetscher  den  hebräischen  Text  nicht  übersetzt,  sondern 
nur  auf  diese  Weise  umgeschrieben,  und  dafs  bey  den  grie- 
chischen Juden  und  Christen  schon  um  die  Zeit  von  Chr. 
Geb.  der  Gebrauch  solcher  Codices  hebraeo-graeci  so  ausge- 
breitet gewesen  sey,  dafs  hebräisch  geschriebene  Codd.  nur 
auf  den  Gebrauch  desTempels  und  der  palästinensischen  Syna- 
gogen eingeschränkt  waren  II  ').  Die  des  Hebräischen  unkun- 
digen Juden  in  Griechenland  wären  erat  dadurch  in  den  Stand 
gesetzt  worden,  das  Gesetz  zu  lesen,  was  als  opus  operatum, 
hinreichte,  wenn  sie  es  gleich  nicht  verstanden  (ungefähr 
w*ie  das  lateinische  Brevier  unserer  Nonnen  mit  deutscher 
Schrift!).  Aus  solchen  Codd.  hätten  denn  auch  die  L.XX, 
Aquila ,  Symmachus ,  Theodction  übersetzt,  Josephus  und 
Philo  hätten  sich  derselben  bedient,  und  nur  hieraus  seyen 
die  Varianten  dieser  Uebersetzer  zu  erklären12).  Auf  dem 
letzteren  Umstand  müfste  der  Beweis  der  ganzen  Sache  beru- 
hen; allein  von  den  angeführten  Beyspielen  können  höch- 
stens einige  dazu  dienen,  zu  zeigen,  wie  Scharfsinn  und 
Combination  gar  oft  auch  dem  Unwahrscheinlichsten  einen 
Schein  zu  geben  weifs ;  die  meisten  erscheinen  als  höchst 
gezwungen ,  und  sind  meistens  auf  andere  Art  weit  leichter 
zu  lösen.  Dessen  ungeachtet  hat  die  Hypothese,  während 
sie  neu  war,  Anhänger  gefunden  x  3),  die  sich  nun  aber  im- 
mer mehr  verloren  haben  dürften. 


11)  Tychsen  tentamen  S.  48  ff.  bes.  62.  151  ff.  Vgl  Meisch 
Btblioth.  sacra  T.  II.  Vol.  II.  S.  35  IT.  Nach  Letzterem  sollen 
solche  monströse  CodJ.  obendrein  Anfangs  von  der  Rechten 
zur  Linken  geschrieben  woiden  seyn  (!).  Ebendaselbst  sind 
auch  die  Gegenschriften  aufgezahlt. 

12)  Tychsen  S.  66  IT.      Masch  S.  54  ff. 

13)  Seniler  apparat.  ad  liberal.  1  .  T.  Interpret.  II,  248-  Fab  r 
zu  Harmars  Beobachtungen.  I,  S.  250.  Eichhorn  (Einleit.  in 
das  A.  T.   Tb.  I.   S.  248)  scheint  wenigstens  die  mögliche  Exi 


lß2        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

Dafs  Hieronymus  nach  den  ältesten  Handschriften  seiner  Com- 
iner.tare  das  Hebräische  in  denselben  mit  lateinischen  Buchstaben 
schrieb,  ist  richtig,  beweist  aber  nichts  für  ganze  Codd.  mit 
fremder  Schrift. 


B.     Vocale  und  andere  Lesezeichen» 
,.  5-     48- 

U  e  b   e   r   s   i  c  h   t. 

1.  Als  eine  besondere  Eigentümlichkeit  der  semiti- 
schen Schrift  ist  schon  oben  berührt  worden  (Q.  4°>  2),  (\a[s 
in  den  meisten ,  wahrscheinlich  allen,  Charakteren  dersel- 
ben, ursprünglich  nur  die  Consonanten  (von  denen  aber 
drey,  n,  1,  "*,  auch  als  Vocale  quiesciren  konnten)  geschrie- 
ben wurden,  alle  übrige  Bestimmungen  der  Töne,  nament- 
lich die  kürzern  Vocaltöne,  dem  Lesenden  überlassen,  und 
erst  später  allmählich  durch  Vocale  und  diakritische  Zei- 
chen fixirt  wurden.  Es  fragt  sich  hier,  wie  sich  dieses  her 
der  hebräischen  Schrift  verhielt?  Der  Mangel  an  histori- 
schen Angaben  hat  einen  langwierigen  Streit  der  biblischen 
Philologen  und  die  verschiedensten  Meinungen  veranlafst, 
wobey  man  vornehmlich  die  Gleichzeitigkeit  derselben  mit 
der  Schrift  oder  wenigstens  die  Einführung  durch  Esra  der 
spätem  Erfindung  derselben  durch  anonyme  Juden  (seit  dem 
See.  V.  nach  Chr.)  entgegensetzte. 

Hier  eine  kurze  Uebersicht  der  verschiedenen  Ansichten  mit 
der  allgemeinen  Literatur.  An  ilie  Gleichzeitigkeit- der  Vocale 
und  C  »nsönanten  oder  wenigstens  die  Einführung  der  erstereu 
durch  Esra  und  die  Synagoga  magna  glaubten  fast  alle  jüdische 
Gelehrte  des  Mittelalters  (s.  ßuxtoif  de  vocal.  P.  I.  cap.  1  —  4), 
wenige  Winke  von  Aben  Esra  {Üb.  Zachut  Toi.  138-  l9%)>  "n(l 
eine  zweifelhafte  Stelle  des  Buches  Cosri  (P.  III.  §.  31  ed.  Uuxtorf) 


stcii/  einiger  Codd.  dieser  Art  zum  Behuf  des  Lcscnlernens  dor 
Christen  zuzugeben. 


f'ücale  und  Lesezeichen.    Q.  48«    Ueber sieht.  lßj 

ausgenommen,  (Vgl.  Buxtorf  de  vocal.  p.  26  IT.,  dag.  JVTorini  Exer- 
cit.  II,  1  3,  2).  Auf  solche  eiitüeüengesetzte  Meinungen  und  Zweifel 
scheint  das  Buch  Sohar  (s.  Buxtorf  Liberias  S.  76)  bey  seiner  strengen 
Apologie  des  Alters  der  Vocale  Rücksicht  zu  nehmen.  Besondern 
Einga.ig  fanden  dergleichen  begreiflich  bey  einigen  gleichzeitigen 
Christen,  Raymund  Martini  (um  127Q  pugio fidei  p.  III.  distinet. 
III.  c.  19),  Peraz  de  Valentin  (um  «450,  introd.  ad  exposit.  in 
Psalmos ,  s.  Semlers  eigne  bist,  theol.  Abhandlungen,  Samml.  I. 
St.  4),  Nicolaus  von  Lyra  (zu  Hos.  9),  die  es  doch  wahrschein- 
lich erst  aus  jüdischem  Unterrichte  hatten.  Ihnen  folgen  die 
Reformatoren,  Luther  (zu  Gen.  56.  353,  12.  tract.  de  SJiampho- 
rasch ,  dagegen  vgl.  llody  de  bibl.  text.  S.  56 1  ,  J'eumann  consp. 
reipubl.  lit.  cap.  III,  c.  14),  Calvin  (zu  Zach.  9,  7  IL),  auch  Pelli- 
canus  (praef.  ad  Pentat. )  u.  A.  Ausführlicher  und  mit  Gründen 
wurde  dieNeuheir  der  Vocale  zuerst  von  Elias  Levita  (vgl.  §.  29, 
2)  vorgetragen  ,  gegen  welchen  sich  schon  der  ältere  Buxtorf  er- 
klarte.  Zur  Sprache  kam  die  Sache  vorzüglich,  seit  Lud.  Cap- 
pelle  (§.  57,  1)  mit  dem  arcano  punet.  revelato  hervortrat,  von 
Buxtorf  d.  j.  widerlegt  winde  (§.  37,  2),  und  darauf  von  Neuem 
antwortete  (in  den  l  indiiiis  arcani  puiut.  revelati).  Die  Meinung 
des  Letztem  siegte  allmählich,  und  ward  von  Vielen  selbst  über- 
trieben (§.  37,  1),  doch  gelangte  die  Ursprünglichkeit ,  sogar 
Inspiration  der  Vocalzeichen  durch  Buxtorfs  Anhänger  in  der 
Schweiz  selbst  zu  symbolischem  Ansehn  (Formula  consensus,  can. 
II.).  Die  neuesten  Vertheidiger  ihres  vortalmudiscben  Alters 
sind  G.  O.  Tychsen  (über  das  Alter  der  hebräischen  Punkte,  im 
Repert.  L  bibl.  und  morgenl.  Literatur  Th.  3.  S.  iu."),  und  Jac. 
Robertson  fdiss.  de  genuina  punet.  hebr.  antiquitute ,  vor- dessen 
Cialis  Pentateuchi.    Edinburgi  1770.     g.) 

Nur  wenige  betraten  einen  Mittelweg,  indem  sie  den  ITe- 
bräern  einige  wenige  alte  Vocalzeichen  zuschrieben,  die  man  aber 
nur  in  einzelnen  schwierigen  Wörtern  hergesetzt  habe.  So 
unter  verschiedenen  Modifikationen  J.  H.  Hottingcr  (thes.  pliilol. 
S.  401),  Je.  Prideaux  (lect,  de  capit.  relig.  Oxon.  1648-  S.  196, 
Opp.  omnia  S.  168)1  vgl.  Humphr.  Prideaux  das  A.  und  N.T. 
in  Verbindung  mit  der  Völkergeschichte  Th.  I.  S.  408  der  deut- 
schen Uebers.  (T.  II.  S.  1^7  der  franz),  und  Alb.  Schaltens  (ln- 
stit.  ling.  hebr.  S.  43.  62  ff.),  denen  Michaelis  (über  das  Alter  der 
hebr.  Vocalzeichen,  Vermischte  Schriften  Th.  2.  no.  1,  Orient. 
Biblioth.  Th.  9.  S.  82.  83)  und  Eichhorn  (Einleit.  iiudas  A.  T. 
Th.  I.  S.  157  ff.)  und  A.  gefolgt  sind. 

Eine  Zusammenstellung  der  verschiedenen  Meinungen  mit  lite- 
rarischen Nachweisungen   s,  in  JJ  olf  bibl.  hebr.  II,  475  ff.  IV» 


iß4        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

£14  ff.»  mit  Anführung  der  Gründe  für  und  wider  in  Carpzov 
Crit.  Sacra  S.  242  ff.,  Löscher  de  causis  ling.  hehr.  S.  275  ff., 
Welche  für,  in  Vlalton  Prolegomm.  III,  §.  59,  Bauer  Crit.  sa- 
cra  S.  rag  ff. ,   welche  gegen  das  Alter  streiten. 

2.  Da  die  spätere  und  allmähliche  Entstehung  des  jetzi- 
gen Vocalsystems  für  ausgemacht  angesehn  werden  kann, 
so  soll  hier  ohne  weitere  Polemik  und  mit  Uehergehung  un- 
kritischer Gegengründe  dasjenige  zusammengestellt  werden, 
was  sich  üher  Pronuntiation  und  Pronuntiationszeichen  der. 
Hebräer  im  Fortschreiten  der  Geschichte  aufspüren  läfst, 
woran  sich  dann  eine  kurze  Würdigung  dieser  Vocalsetzung 
anschliefsen  uia<r. 

o 

Zuvor  noch  als  Vorbereitung  der  folgenden  Untersu- 
chung eine  kurze  Uebersicht  der  Entstehung  der  Lesezei- 
chen in  den  übrigen  semitischen  Schriftarten. 

1.  Gar  keine  Lesezeichen  findet  man  auf  den  ältesten  der  vor- 
handenen Denkmäler,  den  jüdischen  Münzen,  den  palmvrenischen 
Inschriften,  und  bey  weitem  den  meisten  Uebeibleibseln.  phönizi- 
scher  Schrift.  (Aber  doch  nicht  auf  allen.  Die  maltesischen  Inschrif- 
ten no.  7.  3.  9.  11.  15.  in  Castelli,  Com.  de  Torremuzza:  Siciliae 
0t  obiacenlium  insularum  vett.  inscriptionum  nova  collectio ,  ed.  II. 
1734.  Fol.  S.  5iQ.  32.  haben  allerdings  dergleichen  Zeichen,  die 
man  für  nichts  anderes  halten  kann.  Wir  glauben  fnnf  derglei- 
chen unterschieden  zu  haben.  Möchte  man  ihrer  Entzifferung 
einige  Aufmerksamkeit  widmen!) 

Derselbe  Fall  war  ursprünglich  in  der  alten  syrischen  und  ara- 
bischen Schrift  (der  Estrangelo  und  dem  cufischen),  wozu  in  der 
letztern  noch  der  Mangel  an  diakritischen 'Zeichen  der  ähnlichen 
Consonanten  kam  (z.  B.  des  Be,  Nun,  The,  Thse),  so  dafs  man 
für  22  Consonantenlaute  nur  16  Zeichen  hatte.  (S.  Herbelot  bibl. 
Orient.  S.  87.  Chr.  Th.  Tychsen  über  das  Alter  der  arabischen 
Vocalpunkte  und  übrigen  diakritischen  Zeichen,  in  Paulus  Neuem 
Eepertorium  Th.  2.  S.  247  IT.). 

2.  In  der  syrischen  Schrift  findet  sich  dann  zuerst  der  Ge- 
brauch Eines  diakritischen  Zeichens,  von  äufserst  ausgedehnter 
Bedeutung  (s.  de  Dieu  grammat.  ling.  Orient.  S.  36.  Scliultens  in- 
stit.  arum.  S.  2Q.  29.  Istnbiehl  Beobachtungen  von  dem  Ge- 
brauch des  syrischen  puneti  diacritici  bey  den  Verbis.  Göttingrn 
1773.  4.     Michail»  gramm.  fyr.  §.13"),  auf  welches  ohne  Zwei- 


Vocale  u.  Lesezeichen.  {).  49.  Zeitraum  d.  lebend.  Sprache.  185 

fei  auch  die  bekannte  Stelle  des  Ephräm  (Opp.  T.  I.  p.  »84  zu 
1  Mos.  36,  24}  geht.  Um  wie  viel  dieses  älter  ist,  als  Ephräm, 
LifsL  sich  nicht  bestimmen;  zunächst  verwandt  ist  aber  die  dia- 
kritische Linie  der  Samnritaner ,  marhetono  genannt.  (S.  IMorini 
antiquit.  eccles.  Orient.  S.  200.  2x7.  epist.  19.  2r.  Cellarii  her. 
samarit.    S.  65). 

3.  Der  Gebrauch  dreyer  Vocalzeichen  nach  den  Hauptvocaltü- 
nen  findet  sich  mit  Sicherheit  zuerst  bey  den  Arabern ,  und  die 
Einführung  derselben,  welche  dem  Gebrauche  der  diakritischen 
Zeichen  noch  vornno-ino-,  wird  aufser  andern  Traditionen  (s.  Her- 
helot  hibl.  Orient.  S.  5)  dpm  Ali,  Sohn  des  Abuthalleb,  einem  be- 
rühmten Korangelehrten  (st.  im  J.  4°  der  Hedschra)  zugeschrie- 
ben. Die  Annahme,  dafs  sie  die  Araber  mit  der  Schrift  von  den 
Syrern  empfingen ,  scheint  auf  einem  Ziikelbeweise  zu  beruhen 
(s.   Tychsen  a.  a.  O.    S.  2-52). 

Auch  die  sabische  Schrift,  deren  Alter  jedoch  nicht  sicher  ist, 
hat  drey  Vocale.  Die  älteste  Spur  läge  ohne  Zweifel  in  der  phö« 
nizisch- ägyptischen  Schrift,  wenn  man  darüber  mehr  im  Reinen 
wäre. 

4.  Fünf  Vocal  -  und  mehrere  Lesezeichen  führten  nach  dem 
Muster  der  griechischen  Schrift  Theophilus  und  Jacob  von  Edessa 
im  Syrischen  ein.  Das  heulige  diakritische  System  der  Araber 
kam  erst  mit  Einführung  der  JNischischrift  durch  Ebn  Mokla  (9t. 
939)   auf. 

ö-     49- 

Zeitraum   der  lebenden  Sprache. 

I.  Unpartheyisch  erwogen  spricht  ein  Uebergewicht  der 
Gründe  für  die  Behauptung,  dafs  die  hebräische  Schrift  ur- 
sprünglich und  wahrscheinlich  während  des  ganzen  Zeit- 
raums der  lebenden  Sprache,  ohne  alle  Vocale  und  diakri- 
tischeZeichen  geschrieben  wurde.  Namentlich  d)  dieNatur 
und  Analogie  der  verwandten  semitischen  Schriftarten.  Der. 
Einwurf,  dafs  die  Erfindung  eines  aus  blofsen  Consonanten 
bestehenden  Alphabets  höchst  unnatürlich  und  undenkbar 
sey14),  kann  hier,  woThatsachen  sprechen,  wenig  Gewicht 
haben,   b)  Die  jüdische  Tradition.  Dahin  gehört  die  unmittel- 

14)    Herder's  Geist  der  hebr.  Focsie.    Th.  I.  S.  28« 


iQ6        Absehn.  HL   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

bare  Behauptung  der  meisten  jüdischen  Gelehrten,  rlafs  die 
\  orale  von  Mose  an  nur  mündlich  fortgepflanzt,  und  dann 
durch  Esra  und  die  grofse  Synagoge  in  Zeichen  gebracht  und 
festgestellt  seyn15).  Eben  so  wichtig  ist  aber  das  mittelbare 
Zeugnifs  der  Synagogalcodices,  bey  welchen  die  strenge 
Vorschrift,  sie  unpunctirt  zu  lassen,  unter  einer  Nation,  wo 
alles  heilige  Wissen  und  Thun  Traditionsache  ist,  auf  dem 
Glauben  oder  Wissen  beruht,  dafs  es  von  jeher  so  gewesen. 
Der  Araber  schrieb  gerade  zum  Behuf  der  Anaguosten  dein 
Koian  zuerst  Vocalzeichen  bey;  der  Hebräer  wagte  es  aber 
nicht,  das  göttliche  Buch  durch  menschlichen  Zusatz  zu  ent- 
stellen, und  wies  späterhin  den  Anagnosten  nur  zur  Vorbe- 
reitung auf  punctirte  Texte  an16).  Dazu  kommen  c)  eini- 
ge Stellen  des  A.  T.  selbst,  die  nur  dann  vollkommen  be- 
greiflich -werden,  wenn  der  Concipient  ohne  Yocale  las 
und  schrieb. 

i  Mos,  lq,  37  wird  3Nto  durch  e  -patre  (SNE))  erklärt,  wo  au- 
fser  den  Yocalzei«Jien  auch  die  litera  quiesteus  gekillt  zu  haben 
scheint. 

1  Mos.  31,  47  erklärt  der  Concipient  *?yS^  durch  Hügel  des 
Zeugnisses  (*1»VJ3,)»  wobey  die  gewöhnliche  Aussprache  ganz 
überselin  ist. 

1  Mos.  50,  11  wird  D^SE  S^N  (Tenne  od.  Gau  Aegyptens) 
durch  Trauer  A'egyptens  (ö'SsilS  Sin)  gedeutet.  Die  obige  erste 
Vocalsetzung  ist  aber  ohne  Zweifel  vorzuziehn. 

Rieht.  15,  ig  wird  der  Name  *nh  M31  (Höbe  des  Kinnba- 
ckens) daher  geleitet,  dafs  Simsoh  den  Kinnbacken  ans  seiner 
Hand  geworfen*  also  von  nE"l  werfen,  Kinnbackenwurf.  Aber 
dieses  wäre  nur  bey  den  Vocalen  *nS  nül.  möglich,  H)0*i  setzt 
eine  Ableitung  von  Dil  voraus. 


15)  S.  §.  43,  1,  besonders  die  angeführte  Stelle  des  Buches  Co* 
sri       Dann  die  talmiidischc  Erzählung  von  J.  ab  (§.  5,1,  2). 

16)  Eine  falsche  Ansicht,  als  ob  allererst  die  Kabbalisten  die  Sitte 
aufgebracht  hätten,  das  Gesetz  unpunktirt  zu  lassen,  um  es 
vieldeutig  zu  machen,  geben  einige  spätere  Juden,  nach  ihnen 
Huxiaj  de  miiiij.  vocalium  S.  3'ill.  Carpzov  Crit.  savra  S.  267- 
Dagegen  Bauer  Grit,  s.  V,  T.  S.  142. 


7'ocale  u.  Lesezeichen.   §.  49.  Zeitraum  d.  lebend.  Sprache.    137 

2  Kon.  22,  o  Stylit  jetzt  1SSTI  }2ttJ  N2S1  Und  £$  /com  Savhan 
der  Schreiber.  Hatte  der  Chronist  mit  diesen  Vocnlen  gelesen,  so 
hätte  er  schwerlich  ein  PN  eingeschoben,  so  dafs  nun  punklirt 
Werden  mufste  :  ISDn  PN  ]S'V  »Öä"»  und  Saphan  brachte  das 
Buch. 

Man  kann  vielleicht  dieses  Argument  durch  die  Erinne- 
rung schwächen,  dafs  sich  die  Gewaltsamkeit  der  alttesta- 
mentlichen  Elvmologieen  eben  so  häufig  auf  die  Consonan- 
ten  erstreckt  (Q  12,  4);  eine  desto  festere  Stütze  erhält  es 
aber  d  durch  den  sicheren  Ruckschlufs ,  der  sich  von  dem 
folgenden  Zeitalter  (Q.  50.  51.  52)  auf  das  frühere  machen 
läfst. 

2.  Dafs  eine  solche  Schrift  schwierig  zu  lesen  und 
zweydeutig  seyn  muiste,  ist  nicht  unwahr,  kann  aber  nicht 
zum  Einwurf  dienen.  Die  Kennlnifs  der  Sprache,  beson- 
ders der  Muttersprache,  ersetzt  viel,  ist  ja  auch  zum  Lesen 
der  etymologisch  geschriebenen  neuem  Sprachen  (des  Franzö- 
sischen, Englischen)  unumgänglich.  Ist  uns  doch  die  Le- 
sung des  Talmud  und  der  Rabbinen  nicht  allzu  schwer! 
Leichtigkeit  des  Lesens  mufs  man  aber  überhaupt  bey  dem 
Morgenländer  nicht  suchen;  noch  heut  zu  Tage  lernt  kaum 
eiu  \  olk  länger  und  mühsamer  lesen,  wird  weniger  gelesen 
und  öfter  mifsverstanden ,  als  die  Araber.  Selbst  einheimi- 
sche Gelrhrten  lesen  selten  unvorbereitet  ein  unbekanntes 
Ms.  ohne  Punkte  17).  Oeftere  Mißverständnisse  beym  Le- 
sen des  Koran  waren  es  aber  vorzüglich,  die  die  Einführung 
der  Vocalsetzung  in  denselben  veranlafst  haben  sollen18). 

5.  Um  jene  Schwierigkeit  einigermafsen  zu  heben,  hat 
man  die  \  ermuthung  geäufsert,   dafs  sich  die  alten  Hebräer 

17)  Elias  Nisibensit  (ap.  Abrah.  T-cchelleus.  ad  Ebedjesu  catalc". 
libr.  chald.  S.  173)  '■  non  possunt  recte  Irrere,  r.isi  tanquam  diii- 
nantes,  aut  ex  traditione.  Chr.  Th.  Tychsen  a.  a.  U.  S.  260. 
) '■  olnry  simplification  des  lansucs  Orientale!.    S,   20. 

ig)    Abrah,   Ecchcllensis  n.  a.  O.    S.  227.       Jo.  JVforinns  a.  a.  O. 

S.  529» 


1Ö8        Abschn,  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

vielleicht  weit  häufiger,  als  im  gegenwärtigen  Texte,  der 
matres  lectionis  iim  bedient  hätten ,  welche  dann  nach  Ein- 
führung der  Punctation  wieder  getilgt  worden  wären,  unge- 
fähr so  wie  die  unpunktirten  Texte  des  Talmud,  der  Tar- 
guraiin ,  und  der  Samaritaner  auch  weit  häufigere  "S  ocal- 
buchstaben  haben19).  Einiger  unkritischen  Gründe  nicht 
zu  gedenken,  hat  man  sich  auf  die  hier  und  da  im  gewöhn- 
lichen Texte  befindlichen  Lesemütter  (Q.  55,  4)  berufen,  die 
ein  Ueberbleibsel  jener  alten  Orthographie  seyn  sollen.  Al- 
lein die  letzteren ,  die  sich  immer  nur  in  gewissen  Mss.  fin- 
den, und  aus  diesen  in  den  textus  receplus  gekommen  sind, 
beweisen  nicht  das  Geringste.  Sie  sind  zum  Theil  neuer, 
als  die  Vocalsetzung;  alle  aber  sind  Produkte  einer  schwan- 
kenden Orthographie,  die  sich  besonders  die  spätem  Ab- 
schreiber, wie  ein  Blick  in  KennicotCs  \ariantensammlung 
beweist,  in  Menge  erlaubt  haben.  Die  ganze  Behauptung 
ist  aber,  so  sehr  man  sie  beschränken  mag,  gegen  alle  Ana- 
logie altsemitischer  Schrift.  Die  ältesten  phönizischen  In- 
schriften und  Münzen  beobachten  eine  ungemeine  Sparsam- 
keit der  Lesemütter ,  und  lassen  sie  fehlen ,  wo  es  im  He- 
bräischen fast  nie  geschieht20).  Auch  noch  die  jüdischen 
Münzen  schreiben  bald  plene ,  bald  defective  (z.  B.  dV^iv 
und  D^unT»,  mn  und  min).  Derselbe  Fall  ist  in  den  al- 
tern hebräischen  Schriften.     Eist  in  dem  zweyten  Zeitalter, 


iq)  (Capelli)  arcan.  -punctationis  I,  iß.  ig.  Jo.  JMoriuus  a.a.O. 
Exercitatt.  bibl.  II,  excnit.  XVIN,  c.  3.  Bauer  mannt  Handb. 
der  bibl.  Literatur.  Th.  I.  S.  8#  iT. ,  und  ander«  bey  Löscher 
S.  297  ff.  Uebertriebener  und  unkritischer  wurde  die  Hypo- 
these, als  sie  St.  Morinms  (de  lin^ua  prwtaeva  S.  3.^0  ff.,  Vgli 
Vitrine*  obss.  s.  S.  73)  tu  A.  auf  die  5  Buchstaben  ausdehnten, 
welche  llieronymus  aus  Mifsverslaml  Gutturalen  nennt  (y^inn). 
Die  Widerlegung  derselben  s.  in  Dupuy  sur  les  voyelles  de  la 
langue  hebraique ,  in  den  JVlenwires  de  Cacademie  T.  XXXVI. 
S.  239.  Mkhaelii  verni.  Schriften  Th.  2.  DO.  1.  §.  15 — 22. 
JaJuis  Einleü,  in  das  A.  T.    I,  S.  357.      Bauer  Grit.  s.  S.  146. 

jo)  S.  den  Excurs  üb.  die  puünisMche  Sprache  no.  3. 


Vocale u.  Losezeich.   Q-50«  Voeahctz.d.  Septuoginta  etc.    igo, 

wo  die  Sprache  halb  erstorben  war,  wurde  die  Script lo  plena 
herrschender  (aus  keinem  andern  Grunde,  als  um  das  Lesen 
dadurch  zu  erleichtern,  s.  oben  S.  53),  und  hieran  schliefst 
sich  dann  die  Orthographie  des  Samaritaners ,  des  Talmud, 
des  Neuhebräischen  und  Chaldäischen.  Diese  im  masore- 
thischen  Texte  sehr  deutliche  Stufenfolge  ist  aber  eben  so 
gewifs  acht,  als  sie  in  der  Sache  selbst  und  der  Analogie 
gegründet  ist.  "Wie  hätten  auch  die  spätem  Punctatoren 
sich,  wie  jene  Vorstellung  will,  die  Tilgung  so  ausnehmend 
vieler  Buchstaben  des  Textes  erlauben  sollen  ?  Wie  wäre 
dann  ferner  die  durchgängige  Abweichung  der  Vocalsetzung 
bey  den  LXX  (s.  $.  50)  erklärbar? 

Vocalsetzung   der   Septunginta,    des  Josephus  u.   s.  w. 

1.  Aus  dem  Zeitpunkte  des  gänzlichen  Aussterbens  des 
alten  Hebraismus  haben  wir  einen  wichtigen  Zeugen  über 
die  Beschaffenheit  der  hebräischen  Schrift  an  den  LXX. 
Nach  genauer  Prüfung  scheinen  mir  diese  aus  einem  voll- 
kommenen vocallosen  Texte  hervorgegangen  zusevn,  und 
die  "Vorstellung  des  vorigen  Q.  wird  dadurch  um  so  mehr  be- 
stätigt,  da  es  gar  keine  Wahrscheinlichkeit  hat,  dafs  man 
"V  ocalzeichen  gehabt,  aber  nicht  gekannt  oder  benutzt  ha- 
ben sollte. 

Zahlreiche  Sammlungen  solcher  Abweichungen  aus  allen  bibli- 
schen Büchern  s.  bey  St.  Morinus  Je  Lingua  -primacva  S.  385-  9& 
Capelli  Crit.  Sacra  ed.  Vogel-  Schar fenberg  S.  5°°~  5'i5-  Vgl. 
IVcflers  philol.  krit.  Fragmente  (Cassel  1785)  H.  2.  S.  10  ff. 

Man  hat  eingewandt,  dafs  diese  Uebersetzung  dessen 
ungeachtet  so  oft  und  zuweilen  so  auffallend  mit  dem  jetzi- 
gen punhtirten  Texte  übereinstimme,  als  nach  dem  blofsen 
Zusammenhange  und  ohne  gewisse  Zeichen  im  Texte  kaum 
erklärlich  sey,  dafs  sie  namentlich  «*«£  biyo/xcvx,  die  sich 
lediglich  durch  die  Vocale  von  andern  bekannten  Wörtern 
unterscheiden,  vollkommen  richtig  erkenne,  was  ohne  einen 


1 90        Absehn.  III.   Geschichte  der  hebräiscJien  Schr/ff. 

"Wink  in  derSchrft  kaum  denkbar  sey  u.s.w.2, '  ).  Um  dieStärke 
oder  Schwäche  dieses  Arguments  zu  übersehen,  soll  hier  eine 
kleine  Zusammenstellung  von  Worterklärungen  der  L.XX, 
zunächst  aus  dem  Buchstaben  n,  folgen,  aus  welcher  es 
klar  wird,  dafs  doch  der  Zusammenhang  und  die  Tradition 
ihre  einzigen  Führer  gewesen  seyn  dürften,  von  denen  sie 
aber  nicht  selten  verlassen  wurden. 

a.  Sie   unterscheiden  allerdings   beständig  die  Wörter :   SN   und 

2n;    bn.N,  &>j«i  hzx;    ]fk  und  d-otn  5  Mos.  25,  14;    cpn*< 

und  DTiJ*  Jes.  13,  21;  i>*  (wo?  )  und  ^N  (wehe!  Insel);  nS^H 
(Maafs)  und  nii"*«  (wo?);  ]V2X  und  Ji»N  Sprüchiw.  8>  3°» 
]teH  und  l»N  Ilohesl.  7,  2;  n3"lH  ^  Heuschrecke)  und  r;2*lN  (Git- 
ter); "|3N  ^Asche)  und  ISN  1  Kün.  20,  5ß.  42;  nrn«  (Cara- 
Vane)  und  nnlN  (Portion);    ntt'N  (Opfer)  und  nTH  u.  s.  w. 

Aber  in  allen  diesen  Beyspielen  entscheidet  wnklich  der  Con- 
text  augenfällig  und  eben  so  richtig  unterscheiden  sie 

b.  ganz  gleichtonende  Worter,  z.  B.  nN  x$eX$os  und  nN  i^xu' 
cot ;  3iM  (Schlauch)  und  DiN  (Zauberer);  t\n  (auch,  aber)  und 
t\H  (Nase),  wo  also  doch  lediglich  der  Zusammenhang  Richter 
seyn  rnufstc.      Auf  der  andern  Seite  aber 

c.  verwechseln  sie  auch  Wörter,  die  sie  sonst  wohl  zu  unter- 
scheiden wissen,  wo  nämlich  der  Context  schwankt,  oder  der 
Uebersetzer  ungewandt  und  unaufmerksam  ist.  Z.  f>.  Jes.  1  7,  1  1  ; 
UJiaN  2N2  w*  x«T>ig  u&gurto'j  (U,'i;N  3JO)  Viil.  Jer.  1 7,  9.  16; 
B*Sp**  aXoj;  Ps.  45,  10,  aber  aKijvut  (CP~>nN)  ^  Mos.  £4,  6. 
Sprüchw.  7,  17;  1»K  gew.  iXocQos,  aber  Klaget.  1,  6  xpios  (S^N); 
rViN  gevv.  eXxtpos  f  aber  Plur.  ni?"»N  Holiesl.  1,  2  *V^vf  (wie 
n^S"'«) ;  nViH  1  Mos.  49,  21  crtltxos  (hVm);  Sn  ^r  (Sn)  Ps. 
7,  iT2;     Ifl* *  jyjgo  (Tiii)  Ilohesl.  4 .  ö  J     ^R**  »/u«*   Ö-HN)   Ps. 

74.   9-  ...  > 

Durchgehends   unterscheiden  sie  PnM   (Schwur),    rnN   (diese), 

fi'^Ni   (Gott),     aber   nicht    r\hü ,   n^N ,   weil   beydes    Namen   von 

Bäumen  sind,    die  der  Zusammenhang  nicht  schied22). 

Aufser   dem  Context,    der   in   den   angefühlten  Stellen 


2i)  Bu\torf  de  punet.  orig.  S.  116  IT.  Pococke  im  Comment.  zn 
Jlosea.  Eichhorns  Einleit.  II,  i5{3  not.  m,  BertholtWs  Ein- 
leit.   S.  176. 

22)  Die  Beweisstellen  s.  in  Trommii  Lex.  hehr,  hinter  den  Con* 
torä.  grueeis  c  JLXA  intvp. 


J'ocaleu.  Lesezeich.  Ö- 5°-  Vocahetz.d.Septuaginia  etc.    191 

zur  Entscheidung  hinreicht,  mochte  auch  exegetische  Tra- 
dition und  Reception  das  ihrige  thun.  WJan  denke  nur  an 
die  Versionen  aus  dem  sicher  unpunktirten  sam.  Codex. 
So  namentlich  an  mehreren  Stellen,  wo  das  Daseyn  gewis- 
ser Fingerzeige  im  Texte  auf  den  ersten  Anblick  sehr  an- 
nehmlich scheint,  aber  die  Abweichung  anderer  Versionen 
wieder  gegen  sich  hat. 

1  Mos.  li,  3  unterscheiden  alle  Versionen  ißn  (Asphalt)  und 
das  allgemeinere  *lt5fl  (Lehm,  Kiu);  aber  eben  so  auch  der  Sama- 
ritaner,  der  doch  zweymal  "\X3Tl  liest,  ohne  Zweifel  auf  den 
Grund  einer  Tradition. 

Ebend.  22,  14  fol^t  die  LXX  der  heutigen  Vocalsetzung  nNT'- 
n^t'^,  ,  ilfov  -  dfySt].  Aber  Vulg.  Syr.  Sam.  haben  beydemal  das 
Activum. 

Ebend.  36,  2/j.  behalten  die  LXX  das  dunkele  D^y  zwar  bey, 
verwechseln  es  also  nicht  mit  dem  gewöhnlichen  D^TD*  (Meere), 
aber  sie  schreiben  lot/uitv  (nicht  etwa  Itfitiv^ ,  und  der  Syrer  hat 
aquae.  Dafs  man  verschiedene  exegetische  Traditionen  darüber 
hatte,  zeigen  der  Sam.  (d^k),    der  Araber  (mulij. 

2.  Dasselbe  Resultat  gibt  die  Art,  wie  die  zahlreichen 
Nomina  proprio,  des  hebräischen  Textes  im  Griechischen 
wiedergegeben  sind.  Theils  hat  man  sie  mit  ganz  andern 
Vocalen  ausgesprochen,  theils  nur  nach  andern  Regeln  der 
Vocalisation ,  welche  von  der  masorethischen  abweichend, 
zum  Theil  der  arabischen  und  syrischen  analog  sind23). 

a.  Ganz    abweichende  Vocalisation    haben    z.  II.   ifiEN    A«t«5/ 

n^j»i  Po«?X/«f,  rpjss  i;o$ovtus,  "Oaö  "Eoßox**  U.A. 

b.  öofern  die  Pronunziation  der  L.XX  als  eine  von  der  masore- 
thischen verschiedene  Mundart  erscheint,  bringen  wir  sie  in  fol- 
gende vergleichende  Uebersicht : 

u)  Für  das  Schwa  mobile  im  Anfange  der  Wörter  stellt  ein 
Vocal,  in  den  meisten  Fällen  u,  ZotpovyX,  2ußcca,5,  Zußw'Xmv, 
selten  g ,  B?X«xX ,  X*£ot//3</c* ,  vor  1  und  •»  auch  wohl  0  und  v, 
"EooofAot ,  SoXo^tuv,  ro.tto^«,  ZopoßxßiX,  ^vXiar,  it/u ,  vgl.  die 
Regel  vieler  jüdischen  Grammatiker,   dafs  das  Schua  mobile  töne. 


23)   Vgl.    Hilleri  Onomast,  sacrum,   pag.  706  ff.      Mäfch  biblioth. 
sacra.  P.  II.   Vol.  II.   S.  35  If.      V^b  unteu  J.  54,  2. 


192       jibschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

wie  der  folgende  Vocal.  (Im  Arabischen  ist  bekanntlich  die  rol- 
lere Aussprache  mit  einem  Vocal  der  Schriftsprache ,  die  kürzere 

"    V 

wie  triek  für   K^K}r^2  der  gewöhnlichen  Umgangssprache  eigen. 

Im  N.  T.  wird  das  aram.  ^*^^  Stxkirec  ausgesprochen).  In 
der  Mitte  wird  es  selten  ausgesprochen,  wie  m-iiSSn  akk-.)koiu\, 
aber  doch  zuweilen  ;  so  selbst  das  sogenannte  Sc  luv  a  quiescens, 
1V3W  "Eivvixotq,   hw^VC*  Yafxxkiyk,    Hpi*1  V&ßtv.v.ot. 

ß)  Für  Patach ,  welches  gewöhnlich  bleibt ,  steht  zuweilen 
auch  s,  z.  B.  MfX^jffeSi/t,  TtSos/xavy  (■OEtynil)»  Ns(£>SaX£</x 
(••Snas),  nVnttf^N  EkiffajStD.  (So  liest  der  Araber  das  Fatha 
vor  n>  und  V£5    wie  ä,  e). 

•y)  Statt  des  Patach.  furtivi  unter  Gutturalen  am  Ende  steht  ein 
kurzes    s    (wie   im    Arab.    0*  % J  nu?!ih ,     'pzl+MA+J  I    almesiehh), 

Sterin  «n.*>jj,  vaSs  rEXßcue,  JMpn  0***8,  nia:  Zavws. 

6)  Das  aus  zwey  Schioa  entstandene  Chirek  im  Anfange  der 
Wörter,  ist  meistens  «  (nach  Art  der  Syrer  und  Araber),  selte- 
ner 8,  z.  B.  DVSa  BaXaa/*,  ]**7£  Mahiav ,  ]1lüEtt>  Iä^^wv, 
|1Y|J>  Ks&pwv,    fast  einzig  ist  ]1i*c»  Ev/jlswv. 

tj  ¥~-  ist  häufig  ai  (wie  im  Syrischen  und  Arabischen),  und 
^-r-  t<  (was  aber  mehr  an  der  griechischen  Aussprache  liegen 
mag),   daher   ]2*p  Kaivav,    |ß*r»  ©a^av,    D^NBI.  P«(Jli»ijU. 

<j)  i  und  !)  sind  zuweilen  au ,  ]31n  Atvav,  133  N«ßau  (nach 
syrischer  Weise),    vgl.  y*V  Aveirtf. 

>))   Kibbuz  ist  immer   o,    ^M****  0£<>)X,    MfflN  O/xya-jui?,    n1~D 

5)  vund  *  im  Anfange  der  Wörter  lauten  gewöhnlich  wie  r, 
tVlVP  ISovrovv,  fltW^  Ioui«,  prüf  Icaarv. ;  letzteres  selten  wie 
18,    WD*"*1   Isfs/M««f.      (Derselbe  Fall  ist  im  Syrischen,   und  im 

T : :  V 

vulgären  Arabisch,  wo  .  «OO  icum  lautet.  Auch  fiir  das  He- 
bräische gibt  diese  Regel  Salomo  ben  Melech  zu  Micha  <5,  8)« 

«)  Die  Verdoppelung  ist  häufig  beym  Resch,  als  pn  Xa^pav, 
rHUJ  E«f f« ,  Dlfcy  To/xc^a,  auf  die  Gesetze  des  Dagcsch  len» 
wird  nicht  geachtet,   daher  ^a^aw,   <bvktorst/x  u.  s.  v\\ 

*t)  Die  Segolatformen  (wie  1|Sb)  haben  häufig  «,  AßiX,  lafyiü, 
Aa/xsx,  te^aßik,  doch  auch  wie  Aßi/ueXt^,  Eß*£  ;  die  von  der 
Form  ^Sfc   lauten  wie  MeXo^.   Mo<rox>  Boo£. 

3.    Von   derselben  Beschaffenheit,     wie   die  bisherigen 
Reyspiele,    sind  auch  die  in  den  Fragmenten  der  übrigen 


Vocale  u.  Lesezeich,  (j.  5 1 .  in  den  Tai-gums  u.  dem  Talmud    193 

griechischen  Versionen,  und  beym  Josephus.  Letzterer  ver- 
räth  auch  dadurch  einen  unpunetirten  Text,  dafs  er  gewöhn- 
lich von  der  Orthographie  der  LXX  abweicht,  so  oft  er 
nicht  diese ,  sondern  den  hebräischen  Text  selbst  benutzt 
(5-*3,  i). 

Einige  Bevspiele  sind  :  «0  Nomina  -proprio,  als  *lSü33  Na3£>u&q$ 
(LXX  Neߣ>wdj,  nl^ÖJD  Kairoi.^«,  pi2^  taßar.yjg ,  aber  |Dp* 
LXX  lav.rav  Jos.  Icly.tÄs.  b)  Andere  Appellativa  :  V32H_  aßavvjS, 
JiINn  Jtupwv,  jtön  sffer^v  (wie  ]tfn),  r>2£3*£)ö  /xac-uaßailavvjf, 
D33SÖ  yu«<rv«gu(pS>j? ,  1D3323  /Jiava^otffyf ,  ntt'N  JJffff«.  Zu  dem 
Mangel  au  Vocalen  kommt  hier  zuweilen  auch  noch  das  Bestre- 
ben,   die  Form  der  Wörter  in  etwas  <m  liellenisiren. 

4.  Fände  man  sich  ungeachtet  des  Bisherigen  bewogen, 
mit  Sehultens ,  Michaelis ,  Eichhorn  und  A.  ($).  4tf,  1)  schon 
in  diesem  Zeitalter  gewisse  Fingerzeige  für  den  Leser  anzu- 
nehmen, so  würde  man  zunächst  wohl  an  einen  diakriti- 
schen Punkt  oder  Strich  zu  denken  haben.  Dafür  ist  der 
Samaritanische  Pentateuch,  welcher  noch  vor  den  LXX  von 
jüdischen  Abschriften  ausging ,  und  wenigstens  jetzt  dieses 
Zeichen  hat  (wiewohl  nicht  dargethan  werden  kann,  ob  er 
es  schon  so  früh  hatte;;  ferner  die  altsyrische  Schrift,  wel- 
che doch  sicher  ein  Abkömmling  der  Quadratschrift  ist.  -— 
Die  Lesemütter  des  samaritanischen  Codex  geben  eiu  ähn- 
liches Resultat,  wie  die  LXX  (s.  Q.  55,  4). 

&     51. 

Spuren  derselben  in   den  Targums   und   dem   Talmud. 

1.  Sehr  auffallend  ist  hiernach,  wie  sehr  sich  schon  die 
ältesten  Targums  an  die  gegenwärtige  "\  oealsetzung  an- 
schließen. 3Ian  würde  zu  der  Yermuthung  hingezogen 
werden,  dafs  wenigstens  palästinensische  Schnftgelehrte 
schon  damals  punetirte  Texte  gehabt  hätten,  wenn  nicht 
Jusephus  und  Jiieronymns  dagegen  sprächen;  jene  Ueberein- 
stimmung  erklärt  sich  daher  richtiger  dadurch,  dafs  man 
umgekehrt   die  Lrklärungen  der  Targums   bey  der  spätem 

N 


ig4         Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

Punctation  zum  Grunde  gelegt  bat.  Einige  ganz  spate 
können  allerdings  auch  schon  punctirte  Texte  vor  Augen 
gehabt  haben. 

Die  Abweichungen  von  der  jetzigen  Punctation  sind  unbe- 
trächtlich. Z.  B.  1  IVIos.  lA.  5  Dn3  Tut",  in  eis  (uns).  Hos. 
ii,  12.  Jes.  56,  11.  Vgl.  «St.  Morinus  de  ling.  primaeva 
S.  399. 

2.  Ausnehmend  schwierig  und  dunkel  sind  die  Aussa- 
gen des  Talmud  über  diesen  Gegenstand24).  Dafs  keine 
namentliche  und  ausdrückliche  Erwähnung  der  Puncte  dar- 
in vorkomme,  ist  sicher  und  allgemein  eingestanden  zs\ 
aber  Stillschweigen  von  einer  Sache,  die  man  als  bekannt 
voraussetzen  konnte,  ist  allerdings  nicht  ganz  beweisend. 
Die  zahlreichen  hier  in  Frage  kommenden  Stellen,  beson- 
ders aus  der  Gemara,  zerfallen  in  zwey  Classen,  a)  solche, 
Wo  man  über  den  Sinn  gewisser  Bibelstellen  streitet,  inso- 
fern dieser  von  verschiedener  Pronuntiation  abhängt.  Z.B. 
ob  Hohesl.  1,  2  5p*j1l  oder  tp/ill  zu  lesen  sey,  2  Mos.  21,  8 
flÄi  oder  1133,  3  Mos.  10,  25  Diittlttj  oder  B^atf,  Jes.  54,  13 
n»3  oder  n»326).  Eine  rabbinische Legende  läfst  äogar  den 
Joab  seinen  Lehrer  tödten ,  weil  er  ihn  2  Mos,  14,  17  statt 
13»  aussprechen  gelehrt  habe  *Ot27).  Letztere  setzt  we- 
nigstens klar  voraus,  dafs  sich  die  Talmudisten  zu  Davids 
Zeit  eine  ganz  unpunetirte  Schrift  gedacht  haben,  und  ist  da- 
her analog  mit  ähnlichen  Streitigkeiten  ,  welche  über  den 
unpunetirten   Koran    entstanden    seyn    sollen28).      Beydes 


24)  Für  die  Erwähnung  der  Vocale  im  Talmud  streiten  Buxtorf 
de  orig.  -punetor.  vocal.  S.  76  IT.  101  ff.  G.  O.  Tychsen  im 
Repevtor.  Th.  3.  S.  105  ff.,  dagegen  Jo.  Morini  Exercit.  bibl. 
II,    exercit.  XU,  cap.  3-5.    exercit.  XV,   c.  3-5. 

25)  Buxtorf  (d.  alt.)   Tiberias   p.  8°' 

26)  Mischna  Aboda  sara  2.  §.  4-  Gem.  Kiduschin  c.  1,  Fol.  iQ. 
Sänke  drin   c.  1.   Fol.  4»  A.      Sota   cap.  1.   Fol.  4-  B« 

27)  Baba  bathra   cap.  2.    Fol.  21.  A.  B. 

2Q)   S.  Note  jtf. 


Vocale  u.  Lesezeich.  Q.  5 1 .  in  den  Targums  u.  dem  Talmud.   195 

aber,  namentlich  jene  Streitigkeiten,  versetzt  uns  in  eine 
Zeit,  wo  man  die  Zweydeutigkeit  eines  unpunctirten  Tex- 
tes immer  dringender  zu  fühlen  anfing,  und  wo  sich  zu- 
gleich schon  eine  Reception  der  Aussprache  in  einzel- 
nen schwierigen  Stellen  gebildet  hatte,  an  welche  man  sich 
gewöhnlich  beym  Vorlesen  hielt.  Auf  diese  scheint  sich 
die  Phrase  zu  beziehen,  welche  bey  solchen  Streitigkeiten 
häufig  vorkommt,  und  verschieden  erklärt  worden  ist29): 
rn/iOJcS  DN  «hl  Nlp.E.V  C«  &  est  maier  i.  e.  ratio  s.  funda- 
mentum  lectioni ,  sed  est  etiam  mater  Masorae.  Nipo  be- 
zeichnet hier  wahrscheinlich  die  recipirte  Art,  den  Text 
zu  lesen,  mic»  eine  traditionelle  Erklärung  des  Textes, 
welche  in  diesem  Falle  in  Widerspruch  mit  jener  Aus- 
sprachsweise steht30).  In  unseren  Ausgaben  des  Talmud 
ist  der  Text  selbst  in  so  entscheidenden  Stellen  unpunctirt, 
so  dafs  die  Pointe  aus  dem  Zusammenhange  errathen  wer- 
den mufs31).  Indessen  sollte  man  glauben,  dafs  ein  Lese- 
zeichen gerade  in  solchen  Stellen  fast  unentbehrlich  gewe- 
sen wäre.  —  Eine  andere  Classe  bilden  Z>)  die  Stellen,  in 
welchen  gewisse  Zeichen  im  Texte  genannt  weiden,  näm- 
lich min  i!01>t3  (Gem.  Berachoth  Fol.  62),    D^»I?t3  pio^a  (Ne- 


£9)  ßuxtorf  a.  a.  O.  S.  103.  Jo.  Mor'mus  S.  456.  Tychsen 
S.  106. 

30)  Jo.  JVIorinus  a.  a.  O. :  Hinter  lecthnis  est  usitata  lectio  et  die 
tionum  eo  loco  pronuntiatio  vulgaris,  qua  dictiones  ex  pluribus 
significationibus ,  quas  textus  seu  IMasora  ferre  -potest,  ad  unam 
contrahuntur.  Unter  nilDÖ  verstellt  derselbe  hier  den  von 
Mose  überlieferten  unpunctirten  Text,  aber  dieses  kann  nicht 
in  Widerspruch  mit  der  Klp»  gerathen,  auch  nicht  wülkühr- 
lich  angenommen  und  verworfen  werden.  Buxtorf  und  Tych- 
sen verstehn  unter  Nlpö  den  schon  punetirten  Text. 

31)  Z.  B.  Baba  bathra  a.  a.  O.  Cum  venit  (Joab)  ante  David 
dixit  ei ,  quare  sie  fecisci  ?  Respondit  ei ,  quia  scriptum  est 
pS»y  131  PN  nnön.  Regessit  David,  sed  non  legimus  12T. 
Dixit  ei  Joab :  docuerunt  me  legere  IDT.  Ivit  et  interrogavit 
praeeeptorem  suum,  dixit  Uli;  quomodo  doeuisti  me  legere? 
Dixit  ei;  13t  cet» 

N  a 


\tj§       Ab  sehn.  III.  Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

darim  c.  4.  Fol.  37.   Megiüa  c.  I.  Fol.  3  ad  NeJiem.  Q,  Q  IIa- 
giga  c.  1.  Fol.  6)  und  D*OSi&  (Nedarim  FoL  53)3i).     Der 

Ausdruck  D^ßVE ,  welcher  späterhin  der  gewöhnliche  für 
Accente  ist,  ist  vielleicht  hier  im  weitern  Sinne  von  Vocal- 
und  Interpunctionszeichen  überhaupt  genommen33),  wie- 
wohl die  Verbindung  mit  pio^a  und  der  Zusammenhang  der 
heyden  letzteren  Stellen  lediglich  auf  Wort-  Sinn-  und  Vers- 
abtheilung zu  führen  scheint.  Der  letztere  (c^e^d)  wird 
schon  von  liaschi  durch  V.p3  d.  i.  A  oealpunete  erklärt,  wel- 
ches auch  in  den  Zusammenhang  pafst34),  kommt  aber  al- 
lerdings sonst  nicht  in  dieserBedeutung  vor.  Die  Auslegung 
bleibt  zweifelhaft;  am  Gezwungensten  ist,  mit  Elias  Levita, 
Jo.  Morinus  u.  A.  in  diesen  Stellen  gar  keine  Zeichen ,  son- 
dern blofs  die  bezeichnete  Sache,  die  richtige  Tonsetzung 
und  Abtheilung  verstefm  zu  wollen. 

3.  Gar  leine  Spur  von  \  ocalbezeichnung  erscheint  bey 
den  ungefähr  gleichzeitigen  ältesten  Bibelkritikern,  den 
Urhebern  oder  Sammlern  des  Kri  und  Chethib  (Q.  21,  ",). 
Alle  diese  Lesarten  beziehn  sich  nämlich  lediglich  auf  die 
Consonanten. 

ö.     52- 
Fernere  Spuren  bey  Origencs ,  Ilieronynius  u.  s.  w. 

Deutlicher,  als  der  Talmud,  führen  einige  ausdrückliche 
Aussagen  des  Hieronymus  auf  das  nunmehrige  Dascyn  ge- 


32)  Euxtorf  S.  76.      Morinus    S. 

33)  Tychsen    a.a.O.    S.  10Q. 

34)  Die  Stelle  lautet:    "inS  in3!VDl  tOW*)  Ipwn  mir.*  "»M  nVn 

Dva  ]rmn  rTO**pna  nS  D^icc  lnb  lnane.  dafs,  weil  die 
Juden  ihre  Sprache  sorgfältig  bearbeiteten ,  und  die  Zeichen 
unterlegten,  sie  das  Gesetz,  in  ihren  Händen  bestätigt  erhielten, 
die  Culil.ivr  aber,  weil  sie  die  Spiathc-  nicht  bearbeiteten  a  und 
die  Zeichen  nicht  untersetzten,  ihr  Gesetz  nicht  bestätigt  er- 
halten haben. 


Vocale ii.  Lesez.   Q.  ,52.  Spuren  bey  Origen.,  Hieran. u.  s.  n>.    197 

wisser  Lesezeichen35).  Auch  die  Aussprache  der  hebräischen 
Wörter  in  den  Hexaplis  des  Origenes ,  bey  Hieronymus  und 
einigen  Gleichzeitigen  ist  zwar  ebenfalls  noch  schwankend, 
und  der  Pronuntiation  der  Alexandriner  analog,  jedoch,  wie» 
es  scheint,  schon  etwas  fixirter,  als  jene96).  Ueber  beyde 
Gegenstande  hier  insbesondere. 

1.  Die  heutigen  "Vocalzeichen  und  ihre  Namen  kennt 
Hieronymus  so  wenig,  als  irgend  einen  technischen  Aus- 
druck  der  hebräischen  Grammatik.  Er  erwähnt  vielmehr 
ausdrücklich  und  als  Eigentümlichkeit  der  hebräischen 
Schrift,  dafs  sie  in  der  ]Mitte  der  Wörter  nur  selten  Vocale 
habe  (so  nennt  er  die  Buchstaben  i'ii.ix),  sondern  dafs  die 
Consonanten  derselben  nach  Willkühr  der  Leser  und  Ver- 
schiedenheit der  Provinzen  unterschiedlich  ausgesprochen 
■wurden37).  Daher  die  häufige  Bemerkung,  dafs  ein  Wort 
bey  verschiedener  Aussprache  Verschiedenes  bedeuten  kön- 
ne38).    Er  bedient  sich  aber  dabey  des  Ausdrucks  accentus. 


35)  Lapelli  Arcaru  -punct.  revel,  I,  10.  Jo.  Uforwus  a.  a.  O. 
S.  465«  St.  üMorinus  S.  404  ff.  Dagegen  Buxtorf  de  punctor. 
vocalium  origine  S.  i45  ff*  &>  O.  Tychsen  a.  a.  O.  S.  127. 
Vgl-  (Dupuy)  über  die  Vocale  in  der  hebr.  Handschrift  des  Hie- 
ronymus, im  Repert.  Th.  2.  S.  270.  Jalins  Einleit.  in  das 
A.  T.  I,  S.  340  ff. 

36)  Jllontfaucon  quomodo  vet.  mterpretes  hcbraice  legerint,  in 
Orig.  Hexaplis.  T.  II.   S.  397  ff.,    wieder  abgedruckt  in  TJ'ol- 

fti  Bibl.  hebr.  II,  S.  655  ff.  Jahn  grammat.  hebr.  ed.  III,  S. 
443  ff.  Ueber  eine  Stelle  des  Clemens  Alexand.  (Strom.  III, 
p,  529.  ed.  Botter),  welche  einige  von  hebr.  Vocalcn  erklärten, 
s.  Bibl.  Bremensis.   T.  II.   S.  i47* 

37)  Epist.  126  ad  Evagr.  Kon  refert,  utrum  Salem,  an  Sa- 
lim  nomine tur ,  cum  vocalibus  in  medio  lilteris  perraro  utantur 
Hebraei  et  pro  voluntate  lectorum  atqus  varietats 
regio  n  um  eadem  verba  diversis  s  onis  et  accentibus  pro- 
ferantur. 

38)  Comment.  ad  Habac.  3,  5:  pro  eo,  quod  nos  transtulimuJ 
mortem,  in  Hebraeo  eres  literae  sunt  po sitae ,  Daleth,  Beth, 
Resch,    absque  ulla  vocali,    quae  si  legantur  dabar*    verbunt 


198        Abschn.lll.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

welcher  zuweilen  zwar  nur  die  Pronuntiation  selbst39),  zh- 
weilen  aber  wirklich  ein  Zeichen  derselben  im  Texte  anzei- 
gen mufs,  vielleicht  als  Uebersetzung  des  talmudischen  Aus- 
drucks Dl>£40). 

Die  Uebersetzung   des  Hieronymus   schliefst   sich  weit 
mehr,    als  die  LXX,   an  die  jetzige  Vocalisation  an4'). 

2.    Die   Aussprache    der    hebräischen  Appellativa    bey 
Origenes ,  Hieronymus  und  einigen  andern,    ist  analog    der 


signißcant ,  si  de  her  pestem.  Comment.  ad  Hos.  13,  3:  .... 
«"OIN;  quod  si  legatur  arba,  locusta  dicitur ,  si  aruha  fuma- 
rifun.  Vgl.  zu  1  Mos.  26,  12.  56,  24.  38,  12.  Hab.  3,  4. 
Jes-  31,  9. 

39)  Zu  der  Stelle  unter  no.  37  vgl.  noch  Comment.  ad  Tit.  3,  6: 
si  forte  erraverimus  inaccentu,  in  extensione  et  breiitate  syl- 
labae ,  vel  brevia  producentes ,  vel  -producta  bre.viantes ,  söhnt 
Judaei  irridere  110s  maxime  in  aspirationibus  et  quibusdam  cum 
rasura  gulae  proferendi!, 

40)  Comment.  in  Jes.  65,  15  £nS>92Hd)j  pro  saturitate ,  quae  he- 
braice  sabaa,  caeteri  iuramentum  interpretati  sunt,  quod  rer- 
bum  multas  habet  intelligentias  et  pro  diver  si  tat  e  accen- 
tuum  variatur.  Vgl.  ad  Arnos  8,  *  2«  Eccles.  12,  5.  Jon.  3, 
4 :  miror,  cur  ita  translatum  sit,  cum  in  Hebraeo,  nee  literarum, 
nee  syllabarum ,  nee  ac  centuum,  nee  verbi  sit  ulla  communi- 
tas.  Gen.  33,  29:  utrumque  enim  [consunimata,  paeißca]  ac- 
centu  paululum  declinato  hacc  vox  (oVty)  signißcat. 
Der  Gebrauch  in  den  Druckereyen,  die  Vocale  Accente  zu  nen- 
nen, rührt  vielleicht  von  den  sonst  oft  gebrauchten  jüdischen 
Setzern  her.  Aehnlich  sagt  Chardin  {Voyages  vol.  III.  p.  14?) 
von  den  arabischen  Vocalen :  leurs  voyelles  sont  proprement  des 
accens.  —  Für  das  Dnseyn  gewisser  Zeichen  im  Texte  spre- 
chen vornehmlich  wohl  Stollen,  wie  Comment.  ad  Jes.  32,  2 
(]VX5):  Verbum  hebraicum  LXX.  et  Theodolion  in  Sion  inter- 
pretati sunt:  pro  Sa jon  i.  e.  siti  legentes  Sion,  quae  iisdem 
literis  scribitur.  Vgl.  zu  Jes.  5,  9.  30,  26.  Ps.  90,  8-  4  ^Ios> 
48.  u.  a.  Stellen  bey  Buxtorf  S.  147  ff.  Denkbar  bleibt  übri- 
gens, dafs  die  mündliche  Anweisung  seines  Lehrers  hier  ofe 
zum  Fingerzeige  diente. 

41)  Capelli  Crit.  s.  ed.  Vogel  Schar fenberg  T.  II,  S.  858- 


Vocale  u.  Lesez.   §.  52.  Spuren  bey  Origen.,  Hieron,  u.  s.  w.    199 

oben   (Q.  50,  2*)  aus   den  LXX  beschriebenen,    nähert  sich 
aber  doch  mehr  der  gegenwärtigen  42). 

a.  Ganz  abweichende  Vocalsetzung  findet  sich  z.  B.  in  l^H  eX8 
Ps.  49,  2,  *3pl?  ctKOvßctsi  Chrysost.  ad  Ps.  49,  6,  V\L'*h  lajesua 
Hieron.  Hab.  5,  15.    V^  iare  Hieron.  Jer.  15,  12  u.s.w. 

b.  Insofern  die  Pronuntiation  im  Allgemeinen  dialektisch  ab- 
weicht,  ordnen  wir  sie  unter  folgende  Fuibriken  : 

«.  Das  Schwa  mobile  im  Anfange  der  Wörter  wird  selten  über- 
gangen, wie  ßgviztS-  (Orig.  Gen.  1,  1),  sondern  ist  gew.  ein  kurzes 
<*,  besonders  wenn  noch  ein  solches  folgt,  D^U  sababim,  D">"i33 
jihagarim,  Tijj2  phacud,  S^CS  chasil,  ödere,  bethula,  berith,  ge- 
bura,  vor  s  auch  i,  pnv'  siin  (Jer.  53,  21).  Das  Schwa  quietcens 
wird  nicht  ausgedrückt. 

ß.  Für  Vatach  im  Anfange  der  Wörter  steht  zuweilen  e ,  ri3 
geth,    Sab  5    Selsel>    ^^[l    li?yß^    (Ps-  48>  z)>    Vgl.    n3ttj    ffevv« 

(£pi>Ä.) 

-y.  Eben  so  für  das  Patach  furtivum  m*l  rae,  nate  ^cc<7ßi)tfi 
l'l'i',  JMp  *"«»  c«e  (Ezecli.  23,  23),  und  das  Patach  unter  Guttu- 
ralen nt:D  iefe  (Gen.  56,  25),    ]H3    fo?e;z,   5*3ty   P3    ß^traSts. 

5.  Statt  des  Chirek  im  Anfange  der  Wörter  ("aus  zwey  Schwa) 
steht  a:  VrCC  magdal,  mjrjbo  pakaux,  ]i*y  anian,  noch  häufiger 
aber  e,  1i3ä  ysßßwj,  ni?j;n  Sj/xu,  ]3  men,  D"H2CB  mesraim,  D3H 
ennom,    c*V)  seddim. 

s.  Für  Kibhuz  ist  häufig  0,  -I^S  chollo  (andere  codd.  chullo"), 
nV.tC  sgolla,   Q*4VZ)  maoziin,   ]r\iyn'h  vcocSa/x, 

<.  1  und  *  lauten  wie  1,  sinaia";  ibarcheu,  liSC  e0Vuß«uv«s 
niV""  illave ,  ebenso  1  und  T  wie  u,  N*"ipft,l  ponif«,  la'pl  e-j<Sa» 
ß>)5>,  WtW>1  ou«ffff«KJji  dagegen  in  den  jetzigen  Ausgaben  de* 
Hieronymus  auch  vajomer,  vaithen ,  vaibarcchehu  (s.  JVlont faueon 
a.  a.  O.  S.  599»    Jß^«  S.  466.     So  wird  in  der  arabischen  Vul- 

/ 
gärsprache  5   auch  wie  n  gelesen). 

v).  Pronominalformen  von  etwas  abweichender  Aussprache 
sind:  w*  aa ,  fq  und  ?]— 7-  beyde  ac7i  Arnos  4,  12.  44»  8*  47» 
10,    '"-rr  eu,    "P—   <*v,  au,    TP—  a/i ,    M^IStf  ctfxovla  Ps.  75,  4» 

5.  Die  Aussprache  der  Verbalformen  gleicht  im  Ganzen  der 
gewöhnlichen,  und.  -weicht  nur  durch  vollere  Vocale  (*lp.*T.  raka- 

42)  Vollständiger  mit  Belegen  s.  bey  Montfauc.on  und  Jahn  a.  a. 
O.  Die  lateinisch  geschriebenen  hebräischen  Wörter  sind 
nach  der  Aussprache  des  Hieronymus,  die  griechisch  geschrie- 
benen aus  den  HexapHs, 


£00        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

du,    Jnin  htdalu,    }JO    rau)  und    zuweilige  Unbestimmtheit   ab. 
(Jahn   3.  47  °)« 

i.  Die  Seijolatformen  des  Nomen  erscheinen  im  Griecbisclien 
meist  einsylbig,  als  "|*ip  v.<xq<j  (/Itju.  und  Symm.j ,  T[T\\  ^e^X» 
rHDS  xoSapS,  bey  Hiercnymus  aber  zweysylbig  und  nach  der 
jetzigen  Pnnctation,  *i3i  d<ber,  *)U/1  reseph ,  1p3  bocer ,  ebenso 
Origenes  pSnp  nwaXs5    (Jahn  S.  452)# 

3.  Will  man  hiernach  noch  die  Frage  nach  der  etwani- 
gen  Beschaffenheit  der  im  Talmud  und  bey  Hicronvmus  er- 
wähnten Lesezeichen  (D^JD^t: ,  accenlus)  wagen,  so  würde 
hier  die  Hypothese  von  dem  frühen  Gebrauch  dreyer  Vocal- 
zeichen  im  Hebräischen  am  meisten  an  ihrer  Stelle  seyn43). 
Der  sonst  dafür  versuchte  historische  Beweis  imifs  zwar  auf- 
gegeben werden44),  auch  ist  das  Alter  dieser  Vocalbezeich- 
nung  nicht  ganz  gesichert*5),  allein  der  Umstand  ist  be- 
merkenswerth ,  dafs  fast  alle  eben  genannte  Abweichungen 
hey  einer  so  einfachen  und  immer  zweydeiuigen  Vocalbe- 
zeichnung  begreiflich  bleiben  würden,  da  sie  sich  fast  nur 
innerhalb  der  verschiedenen  Nuancen  der  Hauptvocallaute 
tewegen.  Dafs  sich  überhaupt  die  ganze  Vocalisation  auf 
diese  drey  Hauptlaute  zurückführen  läfst,  und  nur  das 
Schwankende  derselben  näher  fixirt,  dafs  auch  die  Lehre 
von  der  \  ocalverandeiung  (der  Umlaut)  in  der  hebräischen 


43)  ^  OSSÜ  Aristarclius  I,  C.  32.  Jo.  Morinus  S.  544*  Schulten* 
Jnstit.  ling  hehr.  p.  4ß.  62  JT.  Michaelis  comment.  de  Syro- 
rum,rocalibus  (in  dessen  Comment.  Gotting.  Biemae  1774)  P« 
174.  §.  6.  7.  Eichhorns  Einleit.  in  das  A.  T.  Th.  1.  S.  162. 
Dagegen  Lauer  Crit.  sacra  S.  146«      Dess.  Einleit«  in  das  A.  T. 

S.  88- 

44)  £)ie  Stelle  des  Buches  Cosri  p.  i43-  e<k  Buxtorf,  welche  von 
JMicha'Clis  u  A.  dahin  «edeutet  winde,  enthält  nur  eine  Zu- 
rflckfflhrung  der  7  hebräischen  Vocnle  auf  die  drey  Ilauptlaute, 
welche  in  den  arabischen  Zeichen  liegen.  S.  Dresde  Vorrede 
zur  hebr.  Grammat.  Trendclenhurg  Einige  aus  dem  Hebräi- 
siliin  selbst  hergenommene  Gründe  für  das  dereinstige  Dascyn 
dreyer  Vocalzeichen ,  im  Rcpertorium   Th,  13.   S.  #0. 

45)  S.  oben  $.  4Q,  2. 


Voccdetaid Lesezeichen,  Ö-55-  Gegenwärtige Punctation.  201 

Sprache  sich  fast  lediglich  in  den  Gr.'inzcn  derselhen  hält,  ist 
längst  heinerkt  und  gründlich  durchgeführt  worden46).  An- 
dere denken  zunächst  nur  an  den  diakritischen  Punkt47), 
auch  ist  richtig,  dafs  sich  der  Ausdruck  accenius  im  Sprachge- 
brauch des  Hieronymus  nicht  hlofs  auf  die  Vocalsetzung  be- 
schränkt48). —  Die  Meinung,  dafs  man  Anfangs  auch 
nur  einzelne  schwere  Stellen  punetirt  habe,  bestätigt  sich 
durch  die  Analogie  arabischer  und  rabbinischer  Codd. 

Michaelis  (Orient.  Biblioth.  B.  4,  S.  2  2ß  ff.)  und  J.  IM.  Jlartmann 
(Eichhorn1  s  Biblioth.  VIII.  S.  205)  aufsein  die  Vfnnuthwtig ,  ob 
nicht  das  sogenannt?  Dag.  neutrum  mehrerer  Handschriften  ein 
früheres  diakritisches  Zeichen  sey,  welches  dann  nach  der  voll- 
ständigen Punctation  faßlicher  ausgelassen  wurde.  Die  Beobach- 
tungen dcä  ersteren   fuhren  aber   mehr  auf  ein  Zeichen,  wie  das 

w  c 

Tesdid  conjuncliiuni  der  Araber,   z.  B.  3k.  <~\3  «  Ä-  !«A3. 

S-      53- 

Entstehungszeit  der  gegenwärtigen  Punctation.      Einwürfe  dagegen. 

1.  Unsichere  Nachrichten  aus  dem  vierten  Jahrhundert 
abgerechnet49),  finden  sich  vom  fünften  Jahrhundert  an 
mehrere  sichere  Spuren  der  jetzigen  Vocale  Die  Masora, 
um  diese  Zeit  gesammelt,  wenn  gleich  noch  nicht  geschlos- 


46)  S.    Trendelenlnirg  a.  a.  O. 

47)  Clerici  auaest.  Hieron.  S.  95.  Dupuy  a.  a.  O.  S.  276.  Vgl. 
Jahn  granunat.  hehr.   ed.  HL    S.  19. 

43)  Quaest.  in  Genes.  2,  23:  -potest  quippe  Issa  (n^'N)  seeun- 
dum  varietatem  accentus  et  assumtio  intelligi. 

49)  Nach  ihnen  soll  schon  ü.  Asse  (See.  IV)  in  Babylonien  de 
urcanis  rwnetationis  geschrieben  haben  (IMoses  Kachmanides  ad 
Üb.  Jrzira,  bey  Buxtorf  S.  55).  Allein  es  ist  zu  bekannt,  wie 
bereitwillig  und  unkritisch  die  Juden  spätere  Schriften  altern 
berühmten  Verfassern  zuschreiben,  als  daf;-  eine  solche  Nach- 
richt die  sonst  nicht  wahrscheinliche  Existenz  der  vollständi- 
gen Vocalsetzung  (denn  diese  wird  in  der  daraus  angeführten 
Stelle  vorausgesetzt)  vor  der  Gemara  begründen  konnte. 


£02        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

sen,  nennt  schon  die  meisten  namentlich50),  und  bemerkt 
ihre  Abweichungen ;  die  Vergleichung  der  palästinensischen 
und  babylonischen  Lesarten  (See.  Q~)  bezieht  sich  wenig- 
stens in  zwey  Stellen  auf  das  IMoppik  im  TZe51),  die  Ver- 
gleichung aber,  welche  Ben  Asser  und  Ben  Naphthali  (um 
das  Jahr  1034)  anstellten,  geht  ausschliefslich  auf  Vocale  und 
Lesezeichen.  Ferner  setzt  die  Version  des  Saadias  und  die 
griechische  der  Marcusbibliothek  (Q  30,  4)  einen  punetir- 
ten  Text  voraus;  die  jüdischen  Grammatiker  endlich  (von 
See.  XI  an,  s.  $.  29)  scheinen  gröfstentheils  nicht  anders 
gewufst  zu  haben,  als  dafs  die  Vocale  von  jeher  geschrie- 
ben worden  (f>.  48»  O-  $IC  müssen  also  keine  Codd.  ge- 
kannt haben,  die  eine  unvollkommene  Punctation  und  das 
Entstehen  derselben  zeigten52).  Ueber  die  Karaiten  s. 
unten. 

2.  Soll  hiernach  die  Zeit  angegeben  werden,  in  welcher 
die  jetzige  Vocalisation  gebildet  und  vollendet  worden ,  so 
sprechen  in  derThat  mehrere  Gründe  dafür  dieses  schon  im 
6ten  bis  O^n  Jahrhundert53),  als  von  da  bis  zum  loten  an- 
zunehmen f4),  wenn  sie  gleich  erst  gegen  die  letztere  Zeit 


50)  Nicht  blos  einige,  gegen  Capelli  Arcan.  punet.  I,  12  s. 
Buxtarf  S.  189- 

51)  Eichhorns  Einleit.    I,   S.  £74« 

52)  Auch  neuere  Kenner  hebr.  Codd.  reden  nicht  von  einer  sol- 
chen Erscheinung.  Uocli  finden  sich  allerdings  welche,  in 
welchen  die  Vocalsetzung  nicht  immer  vollkommen  gramma- 
tisch geregelt  ist.  ( S.  Michaelis  Orient.  Bibliothek.  Tk.  4> 
S.  219). 

53)  Für  den  Anfang  des  See.  VI  erklärt  sich  Elias  Levita,  für 
See.  VIT,  u;id  zwar  für  Nachahmung  der  Araber  Jo.  IMorinus 
(Exercit.  bibl.  S.  525  IT.),  R.  Simon  (hisl.  crit.  du  F.  T.  I, 
chap.  27),  St.  Morinus  (de  lin°ua  primaria  S.  420  ff.).  Vgl. 
J.  JL  Hart  mann  in  Eichhorns  Biblioth.  d.  bibl.  Lit.  B.  Q.  S. 
109.  —  Hie  ins  Griechische  umgeschriebenen  Verse  1  Mos.  1, 
2.6.  31  ,  bev  Jo.  Pliiloponus  (um  610)  befolgen  ganz  die  jetzi- 
ge. Aussprache.     S.   Tychsetn  tentamen     S.  153. 

54)  Tür  den  Zeitraum   zwischen  See.  VIII   und  X  spricht  Eich- 


f'ocale  und  Lesezeichen.   Q-6).  Gegenwärtige  Punctation.    203 

ganz  allgemein  verbreitet  worden  sern  mag.  Zwischen  See. 
VIII  und  X  erwähnen  die  jüdischen  Chroniken  fast  einzig 
und  allein  babylonischer  Gelehrten55),  da  doch  diese  gram- 
matisch-masorethischen  Arbeiten  allgemein  den  Tiberien- 
sern  zugeschrieben  werden,-  ferner  sehen  die  Arbeiten,  die 
wir  aus  diesen  Jahrhunderten  kennen,   z.B.  die  spätem  Tar- 

gums,  einen  viel  zu  nachtheiligen  Betriff  von  der  ausgearte- 
te '  öd  r> 

ten  Beschaffenheit  der  Schriftgelehrsamkeit  im  Allgemeinen, 
als  dafs  man  diese  Arbeit  so  weit  hinabsetzen  dürfte;  endlich 
war  das  Bedürfnifs  in  jener  frühern  Zeit  ohne  Zweifel  schon 
dasselbe,  wie  späterhin,  und  die  Schwierigkeit  der  traditio- 
nellen Fortpflanzung  stieg  immer  mehr.  Zugleich  erklärt  es 
sich  um  so  leichter,  wie  der  wahre  Ursprung  der  A  oeale  den 
jüdischen  Grammatikern  schon  ganz  unbekannt  seyn  konnte, 
wenn  einige,  gerade  sehr  dunkle,  Jahrhunderte  dazwischen 
liegen.  Dabcy  hat  es  viel  Wahrscheinlichkeit,  dais  die  Vo- 
calbezeichnung  früher  in  den  Schulen  der  Bibelkritiker  gäng 
und  gäbe  war,  ehe  sie  in  allgemeinen  Gebrauch  kam50). 
Bestimmte  Traditionen  über  jenen  Ursprung  der  V orale,  wie 
sie  die  Araber  haben57),  fehlen  ganz;  denn  Einiges,  was 
man  dafür  gehalten  hat,  verschwindet  bey  näherer  Prü- 
fung58). 


hörn  (Einleit.  in  das  A.  T.  Tli.  1.  S.  275),  für  See.  VIII 
Loivth  Qhaiali,  Lond.  1773)  S.  LV.  Andere  ncnnexi  unbe- 
stimmter See.  VI  »XI  (Michaelis  Orient.  Biblioth.  Vorr.  Th.  7), 
oder  VII -X  (Berthol dt  Einleit.  S.  175).  Keine  Rücksicht  ver- 
dienen Basnage  (hist.  des  Juifs  III,  S.  705)  und  Calmet  (dict. 
hibl.  S.  35),  welche  die  Vocalsctzung  erst  durch  Ben  Asser  und 
Ben  Kaphthali  (See.  XI)  erfinden  lassen. 

55)  Hottingcr  hist.  eccl.  X.  T.  T.  1.  S.  421  ff.  523  ff.   660  IT. 

56)  Humphr.  Frideaux   a.  a.  O.    (S.  §.  /j8>  -)• 

57)  §•  48»  *■   Anm. 

$0)  Eine  merkwürdige  Stelle  darüber  glaubten  Fourmont  (Me- 
moires  de  literature  T.  XX.  S.  222-49),  und  Semmler  (eigne 
theol.  Abhandlungen  Th.  1.  S.  lyi  tf.)  in  einem  Pari  er  Cod. 
{Kennkot.  204)  gefunden  zu  haben.     Allein  schon  houbl^ant 


204        Ahsclm.  III.   Geschichte  der  hehräiachen  Schrift. 

3.  Unter  den  Einwürfen,  welche  man  gegen  die  spatere 
Entstehung  der  Vocale  überhaupt  erhohen  hat,  scheinen 
manche  nicht  unwichtig,  doch  lassen  sie  sich  heben,  ohne 
irgend  der  Sache  Gewalt  anzuthun.  ,,Es  sey  kaum  denkbar, 
sa»t  man,  dafs  die  Geschichte  von  einer  für  die  Gestalt 
der  heiligen  Scbriften  so  merkwürdigen  Begebenheit  schwei- 
gen sollte."59)  Allein  sie  schweigt  von  andern  noch  wich- 
tigem Dingen  in  der  jüdischen  Literärgeschichte ,  von  der 
Sammlung  des  Kanon,  von  der  Abfassung  so  vieler  anony- 
mer Schriften,  und  derselbe  Fall  ist  bey  ähnlichen  Einrich- 
tungen der  griechischen  und  lateinischen  Grammatiker.  Die 
Männer  aber,  die  sich  um  das  Geschäft  am  verdientesten 
machten,  rühmten  sich  wohl  schon  deswegen  ihrer  Erfin- 
dung nicht,  weil  ihnen  daran  lag,  den  Schein  der  Neuheit 
zu  meiden,  und  ihrer  Arbeit  bald  die  Auctorität  des  Alter- 
thums  zu  verschallen.  Wie  sehr  dieses  im  Geiste  der  Juden 
und  des  Zeitalters  sey,  weifs  die  Literaturgeschichte50). 
Dazu  kommt  das  Dazwischenliegen  dunkler  Jahrhunderte. 
, Nirgends  fände  man  Streitigkeiten  über  die  Materie,  die 
man  bey  den  streitsüchtigen  Juden  durchaus  erwarten  soll- 
te?" Aber  die  oben  genannten  Stellen  der  Talmudisten 
(ö-  31»  2)  können  allerdings  für  historische  Spuren  aus  einer 
Zeit  der  Beratschlagung  über  diesen  Gegenstand  genommen 
werden.  Späterhin  fehlt  es  aber  überhaupt  an  Acten  über 
die  grammatisch-kritische  Bearbeitung  des  Textes.  Wie  we- 
nig wissen  wir  vom  Entstehen  der  Masora  ?     „Die  Masore- 

(Not.  crit.  T.  1.  S.  77.  ed.  Trancof.)  zeigt,  dafs  sie  sich  auf  die 
Masora  bezieht.  Sie  findet  sich  auch  in  einem  Ms.  der  Masora 
des  Hrn.  I).  ßruns,  wo  das  von  Founnont  falsch  gelesene  Wort 
•lIOO  Hs  ont  pomtue  TOSü  lautet,  d.  i.  mnnerarunt  (was  auch 
der  Goutext  verlangt).  Auch  die  Angabe  des  Terez  <le  l'alen» 
tiu  (s.  Scmmler  a.  a.  O.),  der  die  Sammler  des  Talmud  dafür 
halt,   kommt  nicht  in  Betracht. 

59)  Buxtorf  S.  598-      Robertson   S.  65. 

60)  Jo.  Morinus  S.  421. 


Vocale  und  Lesezeichen.  <Q.  55-  Gegenwärtige  Punctation.    205 

tlien  bemerken  schon  häufig  anomale  und  seltene  Punctatio- 
nen.  Wie  könnten  sie  dieses,  wenn  die  Functation  von  ih- 
nen selbst  herrührte  i  Würden  sie  nicbt  die  Anomalie  ver- 
bessert haben,  statt  sie  als  solche  zu  bezeichnen4161).  Al- 
lein es  ist  bekannt,  wie  diese  Bearbeitungen  des  Textes 
nicht  mit  einem  Male,  sondern  allmählich  vor  sich  gingen. 
Eine  Einrichtung  früherer  Grammatiker  konnte  nach  Ablauf 
eines  oder  einiger  Jahrhunderte  schon  eine  solche  Achtung 
und  Superstition  für  sich  haben,  dafs  man  nichts  daran  zu 
ändern  wagte,  und  in  einer  anfangs  zufälligen  Anomalie  ein 
Geheimnils  suchte.  Ein  ähnlicher  Fall  ist  ja  mit  den  lilteris 
maiusculis  und  minusculis ,  den  aufserordentlichen  Puncten 
u.  s.  w.  ,>Die  Karaiten ,  heilst  es  endlich,  die  sich  schon 
vor  dem  Talmud  von  den  Rabbaniten  getrennt  haben,  ha- 
ben die  vollständige  Punctation,  die  sie  nicht  von  dieser 
Gegenpartey  angenommen  haben  würden,  wenn  sie  erst  spä- 
ter entstanden  wäre6z).  Diese  behaupten  daher  auch 
selbst  das  hohe  Alter  der  Vocalpuncte "  63).  Allein  über 
das  hohe  Alter  dieser  Partey,  als  einer  vollkommen  getrenn- 
ten und  abgeschlossenen,  läist  sich  sehr  streiten64),  wenn 
sie  auch  der  Sache  nach  früh  existirte.  Wenn  aber  die  Karai- 
ten selbst  das  Alter  ihrer  Partey  und  die  Existenz  der  Vocal- 
puncte hoch  hinaufsetzen,  so  ist  dieses  Räsonnement,  Folge- 
rung und  Alterthumsprätension ,  nicht  Thatsache.  Dafs 
sie  sich  kein  Bedenken  machen,  selbst  aus  gedruckten  punc- 
tirten  Büchern  vorzulesen,  zeigt  aber  deutlich,   dal»  diese 


61)  Carpzov  Grit.  Sacra  S.  252.  Beyspiele  s.  in  Leusden  philol. 
hehr.   S.    124. 

62)  Jac.  Robertson  S.  54  fr.  Sie  lesen  selbst  aus  puncthten  Bü- 
chern vor  (s.  Tychsen  in  Eichhorns  Repertorium  Th.  5.  S. 
103).  Ucber  die  frühe  Entstehung  der  Sekte,  l'J'ölf  notiüa 
Kxtrueorum   S.  111.       Triglandus  de  secta  Karaeorum   S.  20. 

63)  Mardochaeus  Karaeus  bey  TJ  olf  a.  a.  O.   S.  152  ff. 

64)  S.  Jo.  IWorini  exercitatt.  bibl.  lib.  II.  exeicit.  VII»  der  die 
förmliche  Trennung  erst  in  das  ßte  Jahrhuodert  hinabsotzt. 


2o6       Absclm.  III.  Geschichle  der  hebräischen  Schrift. 

Sekte  überhaupt  nicht  wie  die  Rabbaniten,  jede  unwesent- 
liche Neuerung  als  profan  verschmäht.  I 

4.  Die  Namen  der  hebräischen  Vocale  entsprechen  der  Ety- 
mologie nach  gröfstentheils  den  arabischen  (und  syrischen), 
wodurch  ein  historischer  Zusammenhang  zwischen  densel- 
ben wahrscheinlich  wird.  Die  Vervielfältigung  der  ersteren 
zeugt  vielleicht  für  ein  relativ  jüngeres  Zeitalter.  Dafs  die- 
se Vervielfältigung  allmählich  geschah,  zeigt  wohl  der  Um- 
stand, dafs  mehrere  noch  spätere  Vocale  zuweilen  unter  Ei- 
nem Namen  begriffen  werden. 

So  heifst  Zeve  zuweilen  das  kleine  Kamez,  und  Segol  das  klei- 
ne Patach,  auch  Patach  geradehin.  Schurek  scheint  auch  das 
Kihbuz  zu  umfassen.  Raphe  steht  vielleicht  auch  für  Schwa 
(Starkii  lux  gramm.  S.  29.  Jo.  Morinus  S.  537).  Bis  auf  Kim- 
chi,  welcher  die  Eintheilung  in  5  lange  und  5  kurze  Vocale 
machte,  giht  man  gewöhnlich  sieben  an  (o^bö  ni>2UJ),  wo  Chi~ 
iek  parvum ,  Kamez  chatupli,  und  Kibbuz  fehlten.  Allein  man 
mufs  deshalb  nicht  glauben ,  dafs  auch  die  Zeichen  für  dieselben 
gefehlt  hätten,  und  noch  eine  Pieforni  der  Punctatiou  vorgenom- 
neu  sey.  Kamez  chatupli  und  Kibbuz  wurden  ohne  Zweifel  mit 
unter  Kamez  und  Schurek  begriffen. 

Den  arabischen  Vouilzeichen  entsprechen  die  hebräischen  auf 
folgende  Weise : 

f  t    °  l 

Für  Tatha  ('^>n't't  OeiTnung  sc.  des  Mundes)  d.  i.  a,  ii  ha- 
ben die  Hebräer  das  kürzere  nn5=&2ElÄJ,  ur>d  aas  längere 
Y»p  constrictio  sc.  oris ,  mit  Bezug  auf  die  ( aramaisirende )  Aus- 
sprache durch   o. 

Dem  Kesre  (Ö-m*^  distractio  oris)  d.  i.  e,  1  entsprechen  **ix 
ruptio,  diremtio,  SiiD  (uva,  mit  Bezug  auf  die  Gestalt),  und  pl^n 
Stridor,    für  letzteres    auch  *12V'  fractio  =  '^5^*M.^. 

Für  Damma  (&*AO  ,  collectio ,  contractio  sc.  oris)  d.i.  o,  u: 
D^in    (1.  i.   integritas,   quod   integro   Ore  pronuntiatur,    auch    N'Stt 

BIS   plenitudo  oris,    p*).1U>  sibilus ,   und  y*ljD   contractio  =  &+*0. 
Aehulich    entsprechen    sich   der  Etymologie    nach    die  Namen 

\^Z^  und  nmsn  motio  d.  i.  Vocal,    C\J<-\mäJ   und  Wi   (Vcr- 
J  T  "  r  •      vr 

häitung,    Verstärkung)   "•  $•  W« 


Vocaleu.  Lesezeich.   Ö-54-  TT  erth  d.masor.Vocalselzung.   207 

ö-     54- 
Wurdifituae  und  Wcrtli  der  inasorethischen  Vocalsetzmin;. 

Ist  die  Aussprache  des  .Althebräischen  hiernach  eine 
bedeutende  Zeit  lang  in  der  Tradition  fortgepflanzt  worden, 
ehe  sie  durch  Schrift  fixirt  wurde,  so  entsteht  nun  die  wich- 
tige Frage,  was  haben  wir  an  derselben?  Gibt  sie  die  rich- 
tige Pronuntiation  des  Althebräischen,  wenigstens  im  Gan- 
zen und  Grofsen  wieder?  oder  ist  sie  ein  Werk  der  Conjec- 
tur  und  Willkühr?  Kommt  ihr  auch  im  Einzelnen  einige 
Auctorität  zu,  oder  darf  sie  der  Exeget  willkührlich  verlas- 
sen  und  abändern?  Wir  glauben,  dafs  man  sich  diese  Fra- 
gen zum  Vortheil  der  Vocalsetzung  zu  beantworten  habe6*), 
und  versuchen  in  Folgendem  den  Beweis  dafür.  Prüfen  wir 
zuvor  die  hauptsächlichsten  Gründe  dagegen: 

1.  ,,Schon  das  Subtile  und  Pedantische  des  Systems  le- 
gitimiren  dasselbe  als  eine  Erfindung  gewisser  Grammatiker, 
welche  aus  Mangel  richtigerer  Kenntnifs  das  Aramäische 
dabey  zur  Richtschnur  nahmen."  Jene  Subtilität ,  die  in 
einer  lebenden  Sprache  fast  undenkbar  ist,  führt  allerdings 
sicher  auf  ein  Werk  ängstlicher  Grammatiker,  hebt  aber 
die  Richtigkeit  der  Tradition,  worauf  das  System  beruht, 
nicht  auf.  Von  der  Differenz  der  chaldäischen  und  hebräi- 
schen Pronuntiation  weiter  unten. 

2.  ,,Die  Pronuntiation  der  Ä^omm.  proprla  in  den  LXX 
(Ö-  5o)  >  welche  zum  Theil  andern  Grundsätzen  folgen,  sey 
darwider,  und  führe  auf  eine  vollere,  vocalreichere ,  dem 
Arabischen    ähnliche  Pronuntiation"66).      Wir    antworten 


65)  So  Elias  Levita,  Eich.  Simon  (I,  chap.  27.  in,  20,  vgl. 
pref.) ,  unter  den  Neuern  Eichhorn  (an  mehrern  Orten  seiner 
Schriften),  de  TVette  (Comment.  üb.  die  Psalmen  S.  59),  Bel- 
lermann  (Metrik  der  Hebräer,    Vorrede). 

66)  Jo.  Morinus  S.  509  ff.  St.  Hlurinus,  dessen  verschiedene 
Aeufserungen  S.  5go.  583.  597«  437  aber  nicht  consequent 
sind,  ls.  f'ossius  respons.  ad  Sim.  ob).  S.  192.  Capelli  J'imli- 
ciae  S.  84a  (dagegen  926).    —    Durchgeführt  ist  eiue  solche 


20ß        Absdin.  III.   Gcschlcliie  der  hebräischen  $  dir  iß.  .. 

hierauf:  Allerdings  weichen  nach  der  obigen  Darstellung 
beyde  Aussprachsweisen  wie  zwey  Mundarten  von  einander 
ab,  ohne  dafs  aber  deshalb  eine  derselben  geradehin  ver- 
werflich seyn  niufs.  Wir  haben  darin  ohne  Zweifel  zwey 
Pronuutiationsweisen  des  Hebräischen,  wovon  die  eine  in 
Alexandrien,  die  andere  in  Palastina  gewöhnlich  war,  wel- 
che verschieden  sind  wie  zwey  Mundarten,  und  in  einem  ähn- 
lichen Verhältnifs  stehen,  wie  die  an  Vocal'en  reiche,  voll- 
tönende Schriftsprache  der  Araber,  und  die  dem  Hebräi- 
schen und  Syrischen  ähnlichere  Volkssprache  derselben67). 
Tsoch  Hieronymus  lernte  ausdrücklich68),  dafs  man  die  he- 
bräischen Vocale  pro  parietale  regionum  verschieden  spreche, 
und  gerade  in  der  Vocalsetzung  besteht  auch  die  meiste  Dif- 
ferenz der  arabischen  Mundarten  Air  die  alexandrinische 
Pronuntiation  schliefst  sich  auch  Origcnes  an  ($.  52,  2);  die 
palästinensische  der  Masorethen  hat  aber  ein  bedeutendes 
Vorurtheil  für  sich,  theils  weil  die  Tradition  doch  an  Ort 
und  Stelle  reiner  zu  seyn  pflegt,  theils  weil  die  palästinen- 
sischen Juden  überhaupt  in  Rücksicht  auf  gewissenhafte  Be- 
wahrung des  Traditionellen  es  den  griechischen  bey  weitem 
und  in  aller  Rücksicht  zuvorthun  69 ).  Ueber  die  ähnliche 
Pronuntiation  der  Samaritaner  und  deren  Quelle  ist  schon 
oben  (fj.  24,  2)  das  iSöthige  bemerkt  worden. 


arabisirende  Pronuntiation  von  Greve  (lraticinia  Nahnmi  et  IIa- 
baeuci.  Anibtaelod.  1795.  4.  Ultima  capita  Jobi.  P.  F.  II.  1788* 
91.   4).      Vgl.    Eichhorns   Biblioth.  der  bibl.  Literatur.    B.  6. 

S.  584- 

67)  Die  Vorstellung  von  einer  alexandrinischen  Mundart  des 
Hebräischen  j;ibt  schon  O.  G.  Tychscn  (Tintamen  S.  ij-ö'O» 
sucht  auch  historische  Beweise  da.iir  herzubringen ,  welche 
aber  die  Prüfung  nicht  aushalten  (S.  153).  Ihm  folgt  JMasch 
(biblioth.  saaa   P.  II.    Vol.  II.   S.  5j). 

f;g)    S.  Anm.  37. 

69)  S.  oben  $.  20.  Jo.  Morinus  (S.  f,ot).  510)  macht  den  Tibe- 
riensern  unter  andern  zum  Vorwurfe (  dafs  sie  eigentlich  (.Tali- 
laer  waren,    welche  schon  früh  durch  coirupte  Aussprache  be- 


Vocaleu.  Lesezeich.  5- 54«  JVerlhd.masor.Vocalselzung.   209 

5.  „Die  jetzige  Vocalisation  der  Nomina  proprio.,  na- 
mentlicli  der  nichthebräischen,  widerspricht  der  Ausspräche 
derselben,  die  wir  aus  andern  Quellen,  und  zum  Theil  zuver- 
lässig kennen,  z.B.  das  griechische  |V  eig.  luv  (]•)■»)  Griechenland, 
das  pers.  w'*ii2  Kfgor  (fc^lS),  •^'H  A«^f(0f  (iypin),  das  ägyp- 
tische ]u.;y,  richtiger  nach  den  LXX  und  den  koptischen  Ver- 
sionen Testv  (^2),  das  hebr.  p*p  IoöJavj/c  (pV)  ,  dS^J  Eo- 
Xi/jct«  ^oStr)  u.  s  w.70)."  Allein,  wer  weifs  nicht,  wie  sehr 
und  bis  zur  Unkenntlichkeit  die  Form  der  Nomina  proprio, 
oft  verändert  wird,  wenn  sie.  in  fremde  Sprachstämme  über- 
tragen werden  ?  Dieser  Fall  ist  hier  namentlich  mit  dem 
morgenländischen  pi  Griechenland ,  welches  auch  Araber 
und  Syrer  (wie  unsere  Punctaloren)  Japan  aussprechen;  an- 
derswo kommt  ohne  Zweifel  die  hebräische  Aussprache  der 
einheimischen  näher,  z.  B.  in  den  persischen  Woltern  ttöfl'lil 
wahrsch.  (pü,~>  I  pJ  Darabesch,  tf*il3  wahrsch.  />0  n*£»-71), 
wogegen  die  gewöhnliche  griechische  Form  kein  Gegenge- 
wicht gibt.  —  Noch  sicherer  dürfte  man  sich  auf  die  ur- 
sprünglich hebräischen  Wörter  berufen,  die  die  Griechen 
von  ihnen  erhielten  ;S.  66~) ,  und  von  denen  mehrere  anders 
lauten,  als  in  der  jetzigen  Punctation ,  z.  ß.  aiTM  vvaureor. 
Ep33.n  eßaoij  j1ß3  xvy.ivov.  Allein  wer  ist  uns  auch  hier  gut 
dafür,  dafs  das  Wort  nicht  im  .Munde  der  Griechen  Aende- 
rungen  erlitten  hat?  Schwanken  nicht  die  lebenden  mor^en- 
ländischen  Sprachen  gerade  in  ß_ücksicht  auf  die  Vocale  so 

rüchtigt  waren.  Allein  mufste  denn  diese  nachlässige  Aus- 
sprache des  ainmäischen  Volksdialekts  einen  Einflufs  auf  die 
Fronnntiation  des  Althebiäischen  bey  den  Schriftgelehrten  ha- 
ben? Stauden  diese  niclit  mit  denen  zu  Jerusalem  in  Verbin  dun» 
und  Stammten  zum  Theil  von  ihnen  ab?  Findet  sich  denn  fer- 
ner in  der  jetzigen  Punctation  eine  Spur  von  Galilaismus? 

70)  Mehr  angedeutet  als  ausgeführt,  wird  das  Argument  von 
Hyde  de  relig.  vet.  Persarum  S.  45.  65-67.  und  QBright)  praef. 
ad  Lightfooti  Opera   T.  I.   S.  6, 

71)  S.  das  VVörterb.  unt.  diesen  WW". ,  über  ersteres  im  Nach- 
trage. 

o 


21.0        Abachn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

sehr?  Vor  allen  aber,  erhielten  die  Griechen  nicht  diese 
Worte  unmittelbar  von  den  Phöniziern,  deren  Dialekt  doch 
nicht  in  allen  Kleinigkeiten  coincidirte?  Dafs  die  Ausspra- 
che des  Schwa  mobile:,  wie  ein  Vocal,  gewifs  schon  bey  den 
alten  Hebräern  vorkam ,  lernen  wir  allerdings  aus  Beyspie- 
len,  wie  rons  xnwv,  n2bS  "kitSocvuris,  ni^mp  casia. 

4.  ,,Sie  sey  der  Analogie  der  hebräischen  Sprache  in 
mehreren  Stücken  zuwider.  Diese  nämlich  schlicfse  sich, 
nach  den  Consonanten  zu  urtheilen ,  mehr  an  das  Arabische 
an,  die  Punctation  aber  an  das  Aramäische  "  72).  Es  wäre 
sehr  zu  wünschen,  dafs  irgend  einer  von  den  Urhebern  die- 
ser Behauptung  einen  einigermafsen  eingehenden  Beweis 
derselben  versucht  hätte.  Wie  wenig  bündig  ein  solcher 
ausfallen  dürfte ,  zeigt  wohl  die  entgegengesetzte  Behaup- 
tung eines  nicht  minder  gelehrten  Forschers,  dafs  die 
Punctatoren  ihre  Pronuntiation  von  der  arabischen  ent- 
lehnt hätten73).  Die  unten  folgende  Darstellung  wird 
zeigen,  dafs  sie  beyden,  der  arabischen  und  aramäischen, 
gleiche  und  gleichen  müsse,  ohne  deshalb  von  einer  der- 
selben nothwendig  abhängig  zu  seyn.     Am  wenigsten  Rück- 

72)  Hutchinson  Vl'orks  T.  VII.  S.  256  ff.  Ihm  folgten  viele 
englische  Grammatiker,  Sharp,  ParkJmrst,  Batss,  unter  den 
Deutschen  Adelung  (Mithrhlaies  Th.  I.  S.  363 ).  Aehnlich 
1 1  ald  (allgeni.  Gesch.  der  niorgenländischen  Sprachen)  S.  492: 
„  so  kann  das  syrochald.usche  Punctationssysteiu  uns  nimmer- 
mehr berechtigen,  cbräisch  zu  den  platten  Mundarten  7.11  zäh- 
len, "oder  seine  Verwandtschaft  mit  dem  Syrischen  über  die  nut 
dem  Arabischen  zu  erheben  —  so  neiden  wir  an  einem  an- 
dern Orte  (wo?  kann  der  Vf.  nicht  nachweisen)  g&ns  uner- 
wartet zeigen,  dafs  z.  B.  der  masorethischc  Untcischied  des  tf 
und  jy  nach  aramäischer  Aussprache  angesehen  ist,  und  dafs 
die  alten  Ebräer  wie  die  Araber  aussprachen,  wir  also  s  zu 
pronunziren  haben,  wenn  im  Tcxto  ir ,  und  seh,  wenn  \y 
steht  — .     (S.  dagegen  §.  55,  1,   Anru.  a). 

73)  Jo.  Morini  exercitatt.  bibl.  S.  535.  Ex  vergleicht  ihre  Pro- 
niuitiaiion  des  Ilebraisclicii  mit  der  französischen  und  engli- 
schen Aussprache  des  Latein. 


Vocale u.  Lesezeich.  §.  55-  TJ'erth  d.masor.Vocnlselzung.   211 

sieht  verdienen  die  Urtheile  eines  Hutchinson  und  Mcts- 
clef,  welche  unter  andern  die  ganze  Conjugation./Yf/  ein 
Hirngespinnst  der  Punctatoren  nennen.  Als  ob  sich  die 
eigenthümliche  Flexion  derselben  nicht  eben  so  gut  in  den 
Consonanten  offenbarte  (z,  li.  im  Participhnn  )  ? 


ö« 


:yj- 


Fortsetzung. 

Die  positiven  Gründe,  welche  für  die  Richtigkeit  der 
masorethischen  Vocalsetzung  wenigstens  im  Ganzen  spre- 
chen, liegen  auf  der  einen  Seite  in  der  analogen  Aussprache 
beyder  zunächst  verwandten  Sprachstümme,  des  Arabischen 
und  Aramäischen,  ohne  dals  sie  sich  der  einen  derselben 
vorzugsweise  näherte,  und  von  ihr  copirt  zu  seyn  schiene; 
auf  der  andern  Seite  in  der  Consequenz  und  Selbstständig- 
keit derselben  in  den  Stücken,  wo  sie  von  beyden  abweicht. 
Dazu  kommt  die  häufige  Uebereinstimmung  der  Lesemütter 
in  den  samaritanischen  und  hebräischen  Manuscriptcn.  Als 
Quellen  derselben  denken  wir  uns  dabey  im  Allgemeinen  die 
Tradition  der  palästinensisch -babylonischen  Schulen,  und 
eine,  wenn  gleich  unbewufste ,  Grammatik;  in  einzelnen 
Stellen  Zusammenhang,  lange  Reception  der  Auslegung  auf 
den  jüdischen  Academieen,  und.  Versionen,  besonders  die 
Targums.      Gehen  wir  jene  Gründe  einzeln  und  näher  durch. 

I.  Nach  einer  längst  gemachten  und  sehr  fruchtbaren 
Bemerkung  steht  die  hebräische  Sprache  in  Rücksicht  auf 
ihren  ganzen  Bau,  und  in  grammatischer  sowohl  als  lexica- 
lischer  Hinsicht  in  der  Mitte  zwischen  der  aramäischen 
und  arabischen  ($.  iö,  1).  Genau  dasselbe  Verhältnifs,  wel- 
ches schon  die  Consonanten  an  die  Hand  geben  würden,  of- 
fenhält sich  aber  auch  in  der  Vocalsetzung  und  dem  masore- 
thischen System,  welches  sich  bald  durch  durchgehende 
Analogie  beyder  Stämme,  bald  durch  Anschliefsen  an  den 
einen  oder  den  andern  bestätigt.  Der  Grund  dieser  Ueber- 
einstimmung   liegt  aber  sicherlich    nicht  in  vergleichender 

O  a 


2 12         Absehn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

Kenntnifs  jener  zwey  Sprachstamme ,   sondern  in  constanter 
Tradition. 

Da  eine  vollständige  Durchführung  durch  Grammatik 
und  Wörterbuch  zu  weit  führen  würde,  und  ohnehin  die 
Akten  dazu  in  jeder  vergleichenden  Grammatik  und  jedem 
bessern  Wörterbuche  vorliegen ,  heben  wir  nur  einiges  aus, 
besonders  aus  der  grammatischen  Formation74). 

a.  In  Rücksicht  auf  die  Aussprache  des  U)  schliefst  sich  die  ma- 
sorethische  Bezeichnung  an  das  Aramäische  an,  und  hat  meist 
ein  MJ ,  wo  dasselbe  auch  im  Syrischen  und  Chaldäischen  ist,  wo 
das  Ai'abische  hingegen  ein  (&  hat.  Die  Gewähr  der  Richtig- 
keit liegt  in  der  zuweiligen  Verwechselung  des  iL'  in  solchen  Wor- 
ten mit  0.  als  OVS  und  WV2 ,  t£?£^  und  00*1  niedertreten  u.  s. 
w.     (S.  mein  hebr.  Worterb.   S.  j6Q). 

b.  Das  Schwa  compositum  und  verstohlne  PataJi  kennen  auch 
die  Araber  der  Sache  nach,   wenn  sie  es  gleich  nicht  bezeichnen. 

vAÄ/tf  ist  maena,  und  j*^J  luehh,  beyde  mit  diesen  unwill- 
kührlichen  Hülfsvocalen ,  die  der  Masoreth  zu  bezeichnen  nicht 
verfehlen   wollte.      (Im   Syrischen   vgl.  man  Aussprachen,    wie 

&£  °zozo); 

c.  Das  einfache  Schwa  sollte  nach  der  Absicht  der  Punctatoren 
wahrschcmlich  gar  nicht  gesprochen  werden,   wie  in  der  arabi- 

sehen  Vulgärsprachc  selbst     VaÄ^  nicht   anders  lautet  als  St5p£ 
}  /   J 


mkaltel,   emkattal,   V_^».Al >  wie  2 ,~» S .     (Sacy  «ramm,  arabe  S.  52)- 

Aber  die  Hebräer  kannten  ohne  Zweifel  auch  eine  vollere  Aus- 
sprache (s.  oben  S.  lpi.  19-)  1  welche  die  Grammatiker  mit  der 
masorethischen  Punctation  zu  vereinigen  suchen,  wenn  sie  "i*a  bi- 
jad,  inp  kikit  nfc'SttJ  salumv  oder  solomo  u.  s.w.  zu  lesen  vor- 
schreiben (s.  z.B.  Kimchi  bey  Löscher  de  causis  ling.hebr.  S.  320). 

d.  Das  Danesch  lern  kenneu  in  denselben  Fällen  die  Syrer. 
Die  Regel,  dafs  das  Dag.  forte  in  den  aspiratis  zugleich  Imo  sey, 
belegen  Wörter,   wio   N22,   N3p   xcczxoc,  xorexet. 

e.  Dafs  der  Gutturalbuchstabe  gern  einen  A-Ton  neben  sich  hat, 


74)  Dabey  versteht  es  sich,  dafs  im  Arabischen  zugleich  auf  die 
lebende  Aussprache  Rücksicht  genommen  worden  ist,  und  dafs 
diese  den  Mangel  genau  bezeichneter  Schrift  ersetzen  nmfs. 


Vocaleu. Lesezeich.   Q.55-  TVerLhd.inasor.Vovalsetzung.    215 

findet  sich,  wie  im  Hebräischen,  so  im  Aramäischen  und  Arabi- 
schen, wo  man  ^.^AX^J  iktob,  aber  V.ÄÄJ  iphal,  ^/.AAfc3n3 
iachseb  aussprechen  lernt  (Sacy  grarnm.  S.  4). 

/.  Die  Punctation  des  Artikels  -fl  und  des  Pron.  nftX,  DP« 
erklärt  sich  aus    hn,    ^j),   V»>Jf>    MV^f« 

g.    Die    drcyfache    und    consequent    unterschiedene   Form    der 

Sujfixa,   z.  B.    U,    *3— ,   to— »   findet  sich  ganz  ähnlich  im  Syri- 

7  v         P 

sehen,  ,"">  ^*~~>  ^*» 

h.  Der  Gebrauch  der  g  praet.  h*£p  mit  dem  Fat.  hvp'*  für  J«. 
transitiva  ist  in  dem  masorethischen  Texte  nicht  minder  durch- 
gängig und  consequent,  als  im  Syrischen  und  Arabischen.  (S.  C. 
B.  Michaelis  lum.  syr.  §.  22V  Sogar  dieselben  Verba  unterschei- 
den die  transitive  und  intransitive  Bedeutung  durch  das  Fut.  O 
und  A.  (S.  die  Vorrede  zu  meinem  Wörterb.  Th.  1.  S.  XVir. 
Grammat.   S.  49.  50).    —    Das   Fut.   Sbp*|   steht  gerade  in  der. 

Mitte  zwischen     VÄXJ   un^   17",~'i,    U.£\.Q.J. 

i.  Die  Verbalformen  mit  SuJJixis  entsprechen  im  Allgemeinen 
den  syrischen,  nur,  wie  natürlich ,  nicht  im  Einzelnen,  vgl.  Va~ 
ters  Handb.  der  hebr.  syr.  und  arab.  Sprache  S.  43.  44.  115. 

k.   Die  drey  Segolatformen,   wie^Sö,   13C,  Ur'np,  finden  sich 

eben  so  (nur  ohne  furtives  SegoV)  im  Arabischen,  nämlich  ^X»Wf 
-Ä***,   (^j^wtAJ.       Selbst   die  Schreibart  SjSo    für  ^a    bestätigt 

sich   durch  die  Aussprache  vieler  Araber  durch  mlilch.      Im  Syri- 

«».7        ^       *       o      *. 
sehen  entsprechen  die  Formen   |.:u_^£     P«^     t*?QI3.       Selbst 

in  den  einzelnen  Wörtern  stimmt  meist  die  Wahl  des  Hauptvo- 

cals  überein,  z.  B.  häjS  plur.  constr.  *\at%  Schmerz  (syr.    Päm), 

^an  mit  Suff.  i\in  Strick,    syr.   pü*#. 

I.  Die  Nomina  der  Formen  202  (Buch),  nVtt  (Schiffer),  rftVa 
(Exil)    (mit    Kamez  impuro)    entsprechen    genau   den   arabischen 

y^J\X'=>,  7"VLc,    syr.   t3fia?    _.>*_ii.2>j    |Za_^  .,    und  zwar 

häufigst  in  denselben  Wörtern  (s.  die  Zusammenstellung  bey  C.  B. 
Michaelis  a.  a.  O.    §.  30.   51).      Aus   der   syr.   und   arab.   Form 
5    >    ',      ..  *  0 
^OVJJ,    "Q^fl   erklärt   sich  ferner,    dafs  viele  Wörter,     wie 

"3133,  inattf   ein  Kamez  hnpurum  haben. 


»14        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

m.  Dafs  die  Adjectiva  der  Farben  häufig  nach  der  Form  OhN, 
DSIN;  *ip3,  0*»^p3  gestaltet  sind,  bestätigt  sich  durch  die  Ana» 
lovi'e    der    Goni.   1J£    im   Arabischen.        Die   Adjectivendung    * — 

DJ  •>  D^j 

Fem.  ,l.i-r-,   Plur.  D^i—    entspricht  genau   der  arabischen  (_£~7~> 

5  JL  p 

Fem.   &j$,~J~    (nur  analog  ist  da9  arara.   ''-r-,  >-»•—)•        Das   Zera 

impurum   in    vielen   Adjectiven   der   Form   ^35*   (Gramm.  S.  137), 

erklärt  sich  durch  die  arabische  Schreibart  derselben ,    wie  jV*^'» 

w.  Die  Dualendung  B^-rr»  welche  kein  anderer  Dialekt  hat, 
bestätigt  sich  durch  das  Samaritauische,  wo  sie  zuweilen  zum  Un- 
terschied vom  Plurale  pleno  geschrieben  wird,    D^N    z.B.   1  Mos. 

27,  36.   41»  32>    —    ^er   st'  constr.  des  Plural  •<-7y-   weicht  vom 

7 
Arabischen   und  Syrischen  ab    (tjp  1  j    *-*  —  )•    hat  aber   das  Chal- 

däische  für  sich. 

o.    Das    Lexicalische    der    Sprache    gibt     dieselben    Fiesultate, 

kann   aber   nur  angedeutet  werden.'     Man  vgl.  z.  B.    DEN  ,  &>cj 

Magd,    nßM,   syr.   1^1   Elle,   nöK,   &.<>  f,    |AißO|   Volk;   n3EM 

arab.  ^jV/C  j  Bündnifs,  und  n3»N  Wahrheit,   roci*  Pfeiler;   v*> 

5W  5  /  / 

-jj.C  Eselfüllen,    und  VJ?  Stadt;     1B1*,      £2  Staub,    und   "isV, 

Xt  Hirschkalb;     Sll>    P^Iä  Uebcithat,    hrV,    P«^  Uebelthätcr, 

SWj    Uo^Kind.      Sehr  viel   einzeln  stehende   anomale  Punctatio- 

nexi    bestätigen   sich   auf  diese  Weise,    z.  B.   3^n    <f.  constr.    sbn 

$  /  /  5       \l 

Sprüchw.  27,  27.  Jes.  60,  17  (Milch),   vgl.  ^_^.X^>  und  C^^^^J 

"  /■ 

nV33  st.  constr.  nS33  und  nVoa  (Leichnam),  vgl;  M.*a3  dass. ; 
ni»Si  (mit  Kamez  impuro)  Zweige,  vgl.  |Aa^»J ;  r,»M  (mit 
Kamez  impuro)    \£\*0\   Ecke   u.  s,  w. 

2.  Wie  auf  der  andern  Seite  jeder  Dialekt  in  dem  Ver- 
hältmfs  zu  andern  verwandten  seine  Selbstständigkeit  und 
Eigenthüinlicliheit  behauptet,  und  dieses  namentlich  auch 
bey  dem  Hebräischen  in  Rücksicht  auf  grammatischen  Bau, 


Vocale  u.  Lesezeich.  Q.  55.  71  'erth  d.  ma&or.  J^ocaketzung.    2 15 

Sprachgebrauch  u.  s.-  w.  der  Fall  ist7?),  so  zeigt  sich  dassel- 
be Yerhältnifs  in  der  Punctation ,  indem  sie  im  Ganzen  und 
Einzelnen  in  manchen  wesentlichen  Stücken  von  der  Punc- 
tation der  verwandten  Stämme  abweicht,  aber  mit  einer 
Consequenz  und  Selbstständigkeit,  die  nur  Folge  sicherer 
Kenntnifs,  nicht  vager  Conjectur  und  Willkühr,  seyn  kann. 
Bey  den  meisten  dieser  Erscheinungen  lälst  sich  ohnehin 
wenigstens  eine  Analogie  in  dem  Kreise  der  semitischen 
Sprachen  nachweisen. 

a.  Die  NichtVerdoppelung  der  Gutturalen  und  des  1  ist  gegen 
das  Arabische  und  die  Aussprache  der  LXX;  allein  die  feineren 
Dialekte  des  Syrischen  kennen  bekanntlich  gar  keine  Buchstaben- 
verdoppelung. 

b.  Die  Betonung  der  letzten  Svlbe  ist  gegen  das  Arabische  und 
Syrische,  wo  der  Ton  gewöhnlich  auf  permliima  ruht;  aber  das 
Chaldäische  hat  dieselbe. 

c.  Manche  Regeln  der  hebräischen  Vocalverwechselung  (des 
Umlauts)  kennt  kein  Dialekt,  z.  B.  Qiinn  für  ü",*inn  (Grammar. 
§.  17,  Anm.  1);  r\hl2  plur.  CO1?»  ,  ^"]'p  plur.  DMÖnD»  "OS 
plur.  D*"OIC;  das  Quiesciren  des  l'uturi  gewisser  Verba  N3  in 
Cholem,  als  lüTM1»,  *ON>  u.  s.w.  Ferner  die  Unterscheidung 
des  Inf.  absol.  *jt3ö  und  cotistr.  Si3p  (Hebr.  Wörterb.  Vorr.  zu 
Th.  1.  S.  XIX,  Gramm.  S.  47),  des  Fat.  Hiph.  ^tlp*  und  Vt!p;> 
(ebend.  S.  60). 

d.  Eben  so  weicht  die  Vocalsetzung  einzelner  Wörter  ab,   z.B. 


}th,    (jjf,    k?l  Ohr;     DM,    .(   Mutter;     nN,     -f  Feuertopf; 
H*5'     H'    IIirscn;    a1?.«  C*J  Herz;     Ci,    .,j  Blut;     VJ  Stär- 

ke,  arab.    -C,     -C ;      «Wl,   *■•■■»?,   (j^  f  p  KoPf  (vgl.  Jas  gvie' 
chische  (.m,   wahrsch.  von  t>u:f,   wie  llesch  i=  CP1  ). 

Einer  Auctorität,  die  nach  dem  Bisherigen  so  viel  Ach- 
tung für   ihre  Sprachkenntnifs   eingeflöfst  hat,    würde  man 


75)   Vorrede  zum  hebr.  Wörterb.  Th.  1.   S.  V- 


ft\6        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Sclnift. 

sich  auch  ohne  Beweis,  der  in  vielen  Fällen  nicht  möglich 
ist,  mit  einiger  Sicherheit  anvertrauen  können ,  allein  für 
manche  dieser  Bestimmungen  finden  sich  auch  noch  posi- 
tive Bestätigungsgründe ,    nämlich 

3.  in  der  Analogie  des  Hebräischen  seihst,  so  weit  sie 
aus  den  Consonanten  erkennbar  ist. 

Z.  B.  die  Flexion  t^,  E"2S ;  *»*i3 ,  D^a  bestätigt  sich 
durch   die  Orthographie  "OS,    Ü^i*J3X,  JllMiSX;    *»?n   -pl.  QiNbn, 

»ab,  o-uoS. 

Der  Beweis  für  die  Formen  ICK5»,  litfi  liegt  in  den  Stellen, 
WO  N  mit  1  verwechselt  ist,  als  ^"lto*  od.  5p*i»1i  Ps.  139,  10, 
<i  und  umgekehrt  ^fifONP  f.  JlS^Clfi  2  Mos.  5,  7,  ferner  im  chald. 
Aph.  TOliT,  vgl.  im  Hebr.  b'OiN  Hos.  11,  4,  endlich  im  Ver- 
bale, als  *iDiÖ  für  "iDN'ö  vincutum ;  eben  so  DIO,  vgl.  D*»*1  ; 
JlttftO,.  vgl.  flu**)  Hiob  8,8;  ttJfril  (Gift),  vgl.  U?i*i;  CM.'l 
(Zwilling),   vgl.  nein  1  iYlos.  25,  34;     *1JÖ  (Zisterne),   vgl.  113 

£  s- 

arab.    «O      verschieden  von  *(N3  (Brunnen),  arab.      ».>  U.  s/w. 

Dafs  xhlh  (nicht  N'blbj  Nb^b  (arab.   aS))  zu  lesen  sey,  zeigt  das 
syr.  iblb. 

4.  In  den  sogenannten  Lesemüttern  einzelner  hebräi- 
schen und  der  samaritanischen  Handschriften,  die  doch  we- 
nigstens zum  Theil  alt  sind. 

a.  Lesemütter   liebräischer  CoJJ. 

Für  die  Suff.  "O— ,  "H— ,  13—,  ?}—  zeugen  z.  B.  l3»2l*trtl 
x  K(in.  2,  24,  ?pWStt)  Ezech.  5,  12,  13"OHy  Ps.  85»  5»  J^nM 
Hiob  22,  25  (theils  bey  Kettnicott ,  thoils  in  den  meisten  Edd.). 
Für  den  Plur.  D*Obtt  zeugt  B"ONb»  2  Sam.  11,1,  für  JJ*5  (Freund, 
zum  Unterschied  von  V\  )  S?"*"!  Hiob  6,  27,  für  das  tut.  JS,iph. 
ntyyn  die  volle  Schreibart  fHtfJ>*TI  2  Mos.  25,  31. 

Eben  so  bey  einzelnen  Wörtern,  z.  B.  COüri,  Cheth.  D^iSirr 
Ezech.  27,  15,  rtaiK.  Choth.  iVOIM  2  Chron.  #,  iß,  robo,  in 
vielen  CoJd.  rO*OE  Jer.  7,  13.  44,  17.  Diese  AuetOritit  gilt 
nur  dann  wenig  oder  nichts,  wenn  es  sich  zeigt,  dafs  die  Lese- 
xnutter  jüngtr  als  die  Vocalsctzung  ist,  und  dann  von  nachlassi- 
gen Abschreibern  herrührt,  die  die  genauere  Orthographie  ver- 
nachlässigten. 

b.  Lescmulter  samaritanisclier  CodJ. 

Bekanntlich  sind  diese  in  den  s.im.  Mss.  ungemein  hlufig,  weil 
es  Charakter  dieser  Textesbcarbeitun£  ist,   die  Lesung  erleichtern 


^Vocale  u.  Leseieich.  (j.  55.  //  'crtJi  d.  masor.  Vocahcizung.    217 

zu  -wollen  (§.  24)-  Sie  zeugen  indessen  nicht  alle  für  die  rnaso 
reihische  Vocnlisnlion  ,  manche  für  eine  davon  abweichende,  vie- 
le sind  Sarnaritanismen   (s.  meine  Comrnent.    §.  15). 

01)   Für  die   gewöhnliche  Vocalsetzung:    p^it-H   durchgehends 

für  |1«|i«^;  PJWI  £**  \1*Z  1  Mos-  4?->  38-  44»  3m  mSnu  für 
T\\\y  1  Mos.  53,  13,  eben  so  CöMp  5  Mos.  23,  7,  B*rPö  2  Mos. 
*2J  53>  V"«a«  1  Mos.  57,  35,  N-rbÜ  41»  7-  23»  COSN  für  Sa*. 
«Sc,   ü32N  (mit  Zcre  impuro)',    "»«OSin  für  1*3fln  3  Mos.  16,  12, 

rw£iM  f.  htaM  5  Mos.  28,  68;  *r»b,  1>friN  f.  7]S,  qnlK. 

ß)  Für  eine  davon  verschiedene,  die  aber  meist  die  LXX  für 
sich  hat,  "fTttHö  1  Mos.  10,  3  für  *|ttJto  (LXX.  Mocox),  *p*11P 
1  Mos.  10,  7  für  *»j3*W  (LXX.  AfdDxaibc),  h^V  für  Ssii?  10,  23 
(LXX.  Fai|3«A.).  Doch  sind  dieses  alles  Komm,  proprio,  deren 
Aussprache  mit  der  Sprache  selbst  wenig  zu  thun  hat. 

<y)  Zu  den  Sarnaritanismen  gehören  die  Schreibarten  M3*n*l 
1  Mos.  26,   22   für  nin'm,      D12n   und   D'2n   für  EDn    weise, 

**V»&713  für  "»i^tya   5  Mos.  3,14  (vgl.   ( jAi^oni)   u.  s.  w. 

Dafs  bey  einer  Sache,  die  blofs  von  Tradition  und  Re- 
zeption abhing  ,  hier  und  da  noch  eine  Spur  von  Differenz 
und  Uneinigkeit  der  Ansicht  erscheinen  müsse,  ist  begreife 
lieh76),  doch  greift  dergleichen  nicht  tief  in  das  ganze  Sy- 
stem ein,  und  schadet  nicht  der  Consequenz  desselben,  da 
Ueberlegungen  der  Art  vielmehr  der  Bildung  des  Systems 
vorangingen. 

Wir  rechnen  dahin  z.  JB.  einige  sogenannte  punetatieves  mixtae, 
als  tfifV*  Ps.  7,  6  (wahrsch.  aus  «plf  und  *pT»  entstanden),  fer- 
ner die  widersprechenden  Ansichten,  die  die  Functatoren  von  der 
Etymologie  mancher  Wörter  gehabt  zu  haben  scheinen.  So  füh- 
ren die  Formen  D^nn,  Di^nno  ,  ferner  das  Piel  SPfl'1  auf  die 
Annalnne  eines  Verbi  Snn  tauschen,  wozu  auch  alle  übrige  Formen 
den  Consonanten  nach  stimmen.  Aber  nach  einer  andern  Ansicht 
hat  man  mehrere  derselben  so  ptmetirt,  als  ob  sie  Hiph.  von  SSn 
■wären,  dah.  *>.nn :,  Snn*;,  3^  rinn  (vgl.  Vater  zu  1  Mos.  31,  7). 
riN  (Pfiugschaar)  hat  in  der  Flexion  intt,  D^nN  I  Sam.  13,  10.21, 
und  QiflN  Jes.  2,  4.   Joel  4>  x°  u-  s.w. 

Bey  grammatischen  Anomalien  ähnlicher  Art,  wo  eine 


76)   J.  M.  Hartmann  in   Eichhorns   Biblioth.  der  bibi.  Literatur. 
B.  8-  8-  201. 


213        Abschn.  III.    Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

abnorme  grammatische  Form  ganz  allein  zu  stehn  scheint, 
haben  sich  selbst  voi sichtige  Grammatiker  mancherley  Zwei- 
fel und  Aenderungen  erlaubt.  Allein  auch  hier  kann  nicht 
genug  Vorsicht  empfohlen  werden,  da  viele  jener  Anonia- 
lieen  die  Analogie  der  Sprache  selbst,  oder  wenigstens  der 
Dialekte,  für  sich  haben,  wodurch  jede  Aenderung  mifslich 
wird. 

S.  z.  B.    Vaters  liebr.  Sprachlehre  S.  564  ,   dagegen  meine  hehr. 
Gramm.   §.  57,  Antn.  4. 

C).    56. 

Fortsetzung. 

c 

Alle  bisherige  Betrachtungen  über  die  Vocalisatiön  be- 
trafen das  Linguistische  derselben,  den  allgemeinen  Werth 
der  durch  sie  fixirten  Pronuntiation  des  Althebräischeu. 
INoch  bleibt  die  Frage  übrig:  wie  es  um  die  Wahl  der  ver- 
schiedenen möglichen  Punctationen  Eines  Wortes  an  einzel- 
nen Stellen  stehe,  wo  mehr  die  exegetische  Rücksicht  ein- 
tritt?  Der  Fall  ist  hier  offenbar  ein  anderer,  die  Beantwor- 
tung der  Frage  ist  aber  abhängig  von  dem  Werthe,  den 
man  den  altern  exegetischen  Traditionen  der  palästinensi- 
schen Juden,  insbesondere  in  den  Targums,  beylegt.  Wir 
haben  schon  oben  (Q.  £0.  21,  1)  erklärt,  dafs  wir  dieselbe 
etwas  höher  anschlagen  zu  müssen  glauben,  als  von  man- 
chen Bibelforschern  geschehen  ist;  dasselbe  Resultat  gibt 
auch  die  Prüfung  der  Vocalsetzung  (und  Wortabtheilung) 
in  exegetischer  Rücksicht,  und  im  Allgemeinen  läfst  sich 
wohl  behaupten,  dafs  jene  Punctatoren  ihren  Text  meistens 
mit  mehr  Wahrheit  aufgefafst  haben,  als  viele  neuere  Er- 
klärer desselben,  die  bey  ihren  zahlreichen  Veränderungen 
der  Punctation  häufig  weder  festes  Uitheil  noch  Geschmack 
und   exegetischen  Tact  bewährt  haben77).     In  sehr  vielen 


77)   S.  Cappelli  Crit.  sacra  ed.  Vogel »  Scharf enberg  T.  TT.  S.  937- 
•}(; ,     dagegen   Scharf enbvrgs  Anmeikiui^en.     Michae'lis    krir. 


Tocale  und  Lesezeichen.     0.  57«'  Accente.  219 

Fällen  würde  schon  eine  etwas  feinere  Kenntnifs  der  Gram- 
matik den  kritischen  Versuch  erspart  haben78).  Dessen  un- 
geachtet versteht  es  sich  von  selbst,  dafs  jene  Reception 
durcbaus  keine  unerläfsliche  Norm  abgebe,  und  dafs  auch 
hier  das  Uebergewicht  der  Gründe  entscheiden  müsse. 

Für  ein  Beyspiel,  wo  die  Punctaiion  auf  falscher  Reception  der  Er- 
klärung  beruht,  halte  ich  1  Mos.  49>  »6:  die  Segnung  deines  Vaters 
sey  kräftiger  als  die  Segnungen  obil>  n1l?2ä  t)f]W\  IV  '»S'Jn  d.  i. 
nach  denTargg.  meiner  Eltern,  als  die  JLust  der  ewigen  Hii«el. 
Nach  dem  Sinn  des  Punctators  soll  Vl1n*rs  DV^1n  (c.  Si/Jf.~)  conci- 
■pientes  =  genitores ,  Eltern  seyn ,  und  *\V  zum  folgenden  Henn- 
stich gehören.  Aber  gegell  die  Sprache  und  den  Parallelismus, 
woinach  15.'  "Hin  eicige  Berge  zu  verbinden ,  und  *yin  für  eine 
alte  Form  von  in  zu  halten  ist,  die  noch  als  Komm,  propr.  meh- 
rerer Gebirge  vorkommt.  Entscheidend  sind  die  Parallelste!  len 
5  Mos.  35,  16.  Hab.  5,  6.  So  die  LXX.  Eben  daliin  gehört 
die  Punctation  PlSSrt  Ps.  10,  3.  i/j.  und  Plur.  D^ioSn,  welche  von 
der  rabbinischen  Erklärung:  dein  Heer,  und  Heer  der  V  ertasten 
(Q"*>0  Sn )  ausgeht.  Die  richtigere  Erklärung :  Unglücklicher 
Unglücklicher ,  fordert  einen  kurzen  Vocal  in  der  eisten  Sylbe 
(n^bn,  roSn  wie  n?*lH  u.  dgl.).  Auch  anderswo  leitet  der  Pa- 
raluiismus  zuweilen  glücklich,  z.B.  Jes.  ig,  10,  wo  "D*^  (be- 
rauschendes Getränk)  besser  als  1DU?  (Lohn),  Ps.  63,  73  w.iliisch. 
!)bbin  für  "M-in,  Jes.  41,  7  oVin  für  nSin,  u.  s.  w.  Inconse- 
queut  ist,  dafs  die  Punctatoren  Jos.  ig,  33  Ji^N,  und  in  der  Pa« 
rallelstelle  Rieht.  4,11  }ibN   schreiben,   u.  s.  w. 

$•     57- 
A      c      c      e      n      t      e. 

Von  dem  bisher  behandelten  Alter  des  Vocalsystems  ist 


Anmerk.  zu  allen  Schriften  des  A.  T. ,  in  der  Orient.  Biblioth., 
dagegen  unter  Andern  Stange  Antricritica  in  locos  quosdam  Psal- 
morum;  mehreres  in  den  kritisch- exegetischen  Schriften  von 
Reiske  (Conjedurae  in  Jobum  et  Proverbio),  Ziegler  (dage- 
gen Stange  theol.  Symmikta  Th.  1.  S.  66.),  Dathe,  Faber, 
Ilensler  (z.B.  zu  Jesaias  S.  270),  u.  A.  Anders  Rosenmül- 
Lr,   de  Wette. 

73)   Man  sehe  z.  B.   Michaelis  zu   Ps.  g,  7  (Supj'Jemm.  ad  Lexx. 
helfr.    P.  II.   S.  551)»    vgh  Schultens  avimadveiss.  zu  d.  St. 


£20        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

auch  das  der  Accentuation  abhangig,  welche  ihrer  jetzigen 
Gestaltung  nach  eng  mit  demselben  zusammenhängt. 

Der  Zweck  derselben  ist  jetzt  ein  zweyfacher,  i)  Bezeich- 
nung der  Tonsylbe  und  zugleich  der  Interpunction  oder  des 
Verhältnisses  jedes  Wortes  zur  Rede.  Insofern  heilsen  sie 
D^VB  sensus ,  rationes"79).  2)  Bezeichnung  der  Modulation 
oder  des  Tons,  nach  welchen  das  A.  T.  in  den  Synagogen 
halb  singend  recitirt  oder  intonirt  -wird,  ähnlich  dem  cantil- 
lirenden  S  oilesen  des  Koran  in  den  Moscheen80).  Inso- 
fern heifsen  sie  nl.S'Oi,  die  prosaische  Accentuation  ist  denn 
verschieden  von  der  poetischen,  und  der  Schlüssel  dazu  fin- 
det sich  in  den  sogenannten  Sarga's81). 

Es  fragt  sich  zunächst,  welche  von  beyden  Bestimmun- 
gen a^s  die  ;ütere  gedacht  werden  könne?  Mehrere  neuere 
Forscher82)  haben  für  die  letztere  entschieden,  und  das 
Alter  gewisser  Accente  als  Musikzeichen  bis  in  die  Zeit  der 
althebräischen  Tempelmusik  hinaufsetzen  wollen,  wornach 
man  selbst  den  Versuch  gewagt  hat,  die  wahre  alte  Bedeu- 
tung derselben  zu  entziffern83).     Aehnlich  läfst  die  Gemara 


70)  Sie  dienen  dann  dem  Grammatiker  und  Hermenputen,  we- 
nigstens als' (guter)  Commentar,  gleich  den  Vocalen.  Hirt  sy- 
stema  accentuationis  hebr.  Jenae  1752.  4.  J.  D.  Michaelis  Un- 
terricht von  den  Accentibus  hebr.  Halle  1755.  8*  Dachselii 
Biblia  accentuata.    Lips.  1729.    4. 

80)  C.  B.  Michaelis  de  ritiudilms  S.  S.  ex  Alcorano  illustrandis. 
§.  i5«    (in  Potts  Sylloge  Qomment.  theolog.  II,  S.  110).      Das 

technische  Wort  für  dieses  singende  Rezitiren  ist  .Y^p  >   Cor. 
Sur.   XXV,  34-   73.  4- 
gi)    Jablov.skii    Praef.   ad  Bibl.   hebr.    §.  24.       Kircher.   Musurg. 
T.  I.    hb.  11»   c-  5- 

82)  Vl'alton  Prolegomm.  III,  §.  45.  56.  Eichhorns  Einleitung 
Th.  1.  S.  170.  taulus  Blemorabilien  VI,  S.  133.  Botholdt 
Einleit.   S.  179-      Dagegen  Jahns  Einleit.    I,  S.  555. 

83)  Speidel  Sputen  der  alten  Davidischen  Singkunsr ,  s.  in  For- 
kels  Gesch.  der  Musik  I,  S.  156,  Jnton  111  l'aulus  N.  Re- 
gelt.   I,   S.  160.    II,   S.  Öo  if. 


T'ocale  und  Lesezeichen.      §.  57.   Accenie.  221 

schon  zu  Nehemia's  Zeit  die  Leviten  nach  den  Acccnten  re- 
chnen84). Allein  der  einzige  Grund ,  den  man  dafüi  an- 
führt, die  Unentbehrlichkeit  von  I\Iusikzeichen  bey  einem 
gewissen  Grade  von  Ausbildung  der  hebräischen  Musik  hat 
doch  kein  hinlängliches  Gewicht :  besonders  zu  einer  Zeit, 
wo  die  Schrift  noch  der  ungleich  nothwendigern  Vocale  ent- 
behrte. Man  denkt  sich  auch  ohne  Zweifel  den  Zustand 
der  Tempelmusik  (nach  den  Relationen  der  Chronik)  weit 
vollkommner  und  prächtiger,  als  er  seyn  mochte:  das  Be- 
halten und  Fortpflanzen  gewisser,  besonders  kunstloser  und 
wenig  geregelter,  Melodieen,  ist  aber  ohne  Musikzeichen 
vollkommen  denkbar.  "Wäre  also  auch  der  musikalische 
Gebrauch  der  Accente  der  ursprüngliche,  so  würde  ich  doch 
geneigt  seyn,  ihn  in  eine  spätere  Zeit  des  Synagogalwesens 
herabzusetzen,  wo  es  Sitte  wurde,  alles  durch  Tradition 
Aufbewahrte  allmählich  in  Zeichen  zu  bringen,  und  da- 
durch zu  fixiren. 

Indessen,  ohne  mich  zum  Schiedsrichter  aufweifen  zu 
wollen  in  einem  fast  bodenlosen  Streite ,  scheint  mir  doch 
die  Betonung  und  lnterpunction  der  frühere  Zweck  der  Ac- 
cente zu  seyn.  Auf  diesen  beziehen  sich  die  eisten  Erwäh- 
nungen der  Accente  im  Talmud  (§.  51,2)  und  bey  Hierony- 
musss),  zu  derselben  Zeit,  wo  auch  die  griechische  Accen- 
tuation  und  lnterpunction  regulirt  wurde86);  und  die  über- 
triebene Ausbildung,  die  man  diesem  Interpunctionssystera 
gegeben  hat,  kann  bey  Grammatikern  nicht  befremden,  die 
es  auch  sonst  an  Subtilität  und  Kleinlichkeit  allen  andern 
zuvorthaten.  Daher  die  Subdistinctiven  (gleichsam  halbe 
und  Yiertelscommata) ,    und  Conjunctiven ;   wie  man  in  der 


£4)   Nedarim  c.  4,  Fol.  57.  b.     Megilla  c.  1,  Fol.  5,    zu  Neh. 

8>   8- 

25^  Der  Name  accentus  bedeutet  etwas  ganz  anderes  (v5-  52,  1). 
Die  Sache  wird  z.  E.  erwähnt  (Ejjist.  ad  Cypr.  zu  Ps.  go,  11): 
„inter  hebraicum  et  LÄA  diversa  est  distinetic." 

gü")    Berthuldt's  FJnleir.  S.  itj6. 


222        Abschn.  III.   Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

Vocalisation  halbe  Vocale  und  Zeichen  für  die  Abwesenheit 
derselben  hat.  Bey  der  singenden  Art  des  Vorlesens,  wel- 
ches allen  Morgenländern  eigen  ist,  war  dann  der  Ueber- 
»an<T  von  Ton-  und  Verbindungszeichen  zu  Declamations- 
zeichen,  gleichsam  Recitativnoten,  sehr  leicht87). 

Die  Schriften  über  das  Alter  der  Accente  verzeichnet  JVolf  in 
Biblioth  hebt:  II,  S.  492.  IV,  S.  2*g,  Vgl.  Köcher  Biblioth.  II, 
S.  122  ff. 

Die  Namen  derselben  sind  zum  Theil  schwieriger  Auslegung, 
doch  chalüäiseh  gestaltet.  Schon  Elias  Levita  (pya  2^13  cjp.  2) 
gesteht,  dafs  ihm  die  Bedeutung  von  niedrem  unbekannt  sey. 
Erklärungen  s.  bey  Löscher  S.  345«  Buxtorf  thes.  grammat.  I, 
5.  Genauere  Notizen  sparen  wir  für  die  grüfsere  Grammatik 
auf. 


87")  Auch  die Muhammedaner  bestimmen  ihr  Cantilliren  (  V+3->) 
blofs  durch  „observer  les  pauses  et  donncr  ä  chaque  lettre  sa 
juste  articulation"  (Sacy  nach  einem  pers.  Ms.  traite  des  pauses 
dans  la  lecture  de  V Alcoran,  in  den  Notices  et  Extraits  des  IMa- 
nuscrits  de  la  biblioth.  imperiale  T.  IX.  no.  5,  welchem  Nach- 
richten über  das  von  Sedsrhawendi  erfundene  Interpunctions- 
System  des  Koran  vorangehn).  Nicht  das  Singende  des  Vor- 
trags scheint  die  Hauptsache,  sondern  die  richtige  Abtheihuig. 
Jenes  ist  Manier,  die  vom  Vortrag  der  Morgenländer  fast  um 
aertreiinlich  ist. 


Excurs  zu  ö-  7>  223 


E     x     c     u     r     s 

zu    g.  7. 

Bemerkungen  über  die  phönizische  und  punische  Sprache  und  ihr 
Verhältnifs  zu  der   hebräischen. 

Bey  dem  gänzlichen  Untergänge  der  phbnizisch-puni- 
schen  Literatur83)  bleibt  uns  zur  Beurtheilung  dieser  Spra- 
chen nichts  übrig,  als  O  die  in  alten  Schriftstellern  verein- 
zelten Wörter,  vornehmlich  das  gröfsere  Stück  bey  Plautus 
(Act.  V,  sc.  1.  2).  2)  Die  grüfstcntheils  in  phönizischen 
Colonieen  gefundenen  Inschriften  und  Münzen.  3)  Die 
Nomina  proprio,  von  Personen  und  Ortschaften,  insofern  sie 
appellative  Bedeutung  und  Etymologie  in  der  Landesspra- 
che haben.      Ueber  eine  jede  dieser  Quellen  insbesondere. 

1.  \on  den  phönizisch-punischen  Glossen  bey  alten 
Schriftstellern89)  ist  kaum  die  Hälfte  im  Hebräischen  er- 
kennbar,   und   eben   so  wenig    in  einem  andern  Dialekte 

88)  Sie  war  vielleicht  nicht  unbedeutend,  wenigstens  weifs  Vil- 
nius (H.  N.  XVIII,  5)  von  Bibliotheken  zu  Karthago.  AI9 
phönizische  Schriftsteller  nennt  man  Sanchuniathon  (Vgl.  Bo- 
charti  Chanaan,  cap.  17),  Moschus  (Jos.  Archiiol.  1,  5.  Stra- 
bo  iG,  p.  757),  l'heodot  (Tatiani  orat.  c.  gent.  110.37),  Dios 
(Jos.  Apion.  i,  17),  lauter  Geschichtschreiber.  Von  Karthagi- 
nensern  Mago  üb.  den  Ackerbau  (Plin.  a.  a.  O.),  und  Hanno, 
Vf.  des  Periplus.  Vgl.  Liv.  XXVIII,  46  über  die  Ära  Uanni- 
balis  im  Tempel  der  Juno  Lacinia,  worauf  dessen  Thaten  i» 
punischer  und  griechischer  Sprache  beschrieben  waren. 

89)  Sie  sind  zuerst  alphabetisch  zusammengestellt  von  Beruh.  Al- 
drete  Antiquid.  espan.  S.  180  IT.,  dann  vollständiger  nach  den 
Schriftstellern  (von  Sanchuniathon  bis  zu  den  Kirchenvätern 
und  Grammatikern  herab)   von   Bochart  (Clutnaan  II,  il-16). 


224        Abschn.  III.    Geschichte  der  hebräischen  Schrift. 

nachzuweisen ,  was  man  sich  aus  folgenden  Ursachen  er« 
klären  mag.  1)  Fast  alle  Angahen  rühren  von  Schriftstel- 
lern her,  die  des  Phonizischen  selbst  unkundig,  ihre  Noti- 
zen von  anderu  entlehnt,  und  häufigst  mifsverstanden  ha- 
ben. In  Sprachen,  die  ihnen  und  den  meisten  Lesern  un- 
bekannt sind,  machen  sich  aber  die  alten  Schriftsteller  kein 
Gewissen,   Worteiklärungen  auf  gut  Glück  zu  geben90). 

So  erklärt  das  Etym.  M.  ß;pxyxv  (pin  rTO)  durch  Hgevo;  (st. 
ciko;  Kaovov);  yotXwvs;  (d.  i.  grofse  Schiffe  der  Phönizier)  durch 
mottyqoiyux  (d.  i,  yahsigx,  n*Tl3);  civäwv  durch:  von  SiJon. 
jJJach  Servius  ist  byrsa  phon.  Ltder,  dido  /'.  q.  rirago ,  letzteres 
nach  dem  Etym.  JVL  irXavijrij  (alies  offenbar  nach  Conjectur). 

2)  Die  Wörter  sind  theils  Yon  den  Schriftstellern  selbst, 
theils  von  den  Abschreibern ,  denen  sie  fremd  waren  ,  viel- 
fach verändert  und  so  gemifshandelt  worden,  dafs  sie  selbst 
hey  bekannten  Gegenständen  schwer  zu  errathen  sind9'). 
5)  Das  entsprechende  hebräische  Wort  kann  für  uns  verlo- 
ren seyn.  4)  Bey  dem  Punischen  mufs  vorzüglich  erwogen 
werden,  dafs  es  ohne  Zweifel  aus  der  libyschen  Landes- 
sprache viele fremdartigeBestandtheile  aufgenommen  habe92). 
Auch  hat  man  5)  Mehreres  für  punisch  gehalten,  was  wahr- 
scheinlicher altägyptisch  und  aus  dein  Koptischen  zu  erklä- 
ren ist95). 

Folgendes  sind  eine  Anzahl  phönizischer  und  punischer 
Glossen ,  deren  Entzifferung  deutlich  ist.  Die  letztern  sind 
mit  einem  Sternchen  bezeichnet. 


90)    Man   vgl.  Philo   §.  25,  2. 

V1)    Vgl.  über  Joscplius  S.  193. 

oc)  Wtättm  Prolegomnu  IIb  14.  So  ist  Ma-palia,  1\  Togal la  (N o- 
rnaden/.elte)  nach  h'ustus  punisch,  wahr  seh.  tigentl.  nunüJisch. 
V^l.  Eabtsrs  Arch.iol.  der  Hebräer   S.  110. 

cjj)  So  die  afrikanischen  PiLinzennanirn  bey  Dlcscorides  und 
jlpulcjns,  Btröharl  a.  a.  O.  c.  15,  d.igegcn  liossii  Etymologia» 
ttegypt,  u.  d.  il.  VV«  VV. 


Hxczos  zu  $.  7. 


£25 


'A5«,    <teix    Hesych.   (p^X   tal- 

mud), 

Sycll. 

Alma  (neVl>)    j-Zr^o.     Hieron, 

in  Jes.  VII." 
*Alon  (p^X?)  <Imm.   riur.  ^/o- 

n  1  m,  Fem,  Alonuth.    Plaut. 

Poen.    V,    i,    1.       Cf.    Sisenna 

ad  h.  I. 

'A  >.<$>*   (naS«)    Po«?.     P/af. 

quaest.  sympos.   y.   §.  2. 
AuScv/?,     *  Avo   dovni.     (  1ln 

*OTNÜ,  derpunisclieGrufs,  ;1/V- 

leagri   Epigr.    III,  25,    110.  70. 

I'W.  V,  2.  34.  58- 
AraSz/x    (TE»*)   fa/xvoj,   Diosco- 

rid. 
*  Baal,    dominus.       Baal  -  Sa- 

min,    dominus  coeli ,       Augu- 

stin.    ad  Jud.   16.      Vgl,  Plaut. 

V»  2.  67.   und  BssA.rcx/x-.jv,  xu. 

guo?  cy^avou.      Philo  Bybl.  ap. 

Euseb.    praep,    evang,    1,   io« 

Vgl.  Assemani  bibl.  Orient.     T. 

III.    p»g.  327. 

*Chanani    («OS^D),     Phoenix. 

Augustin.     (S.  oben  S.  i(  >), 
*Cussimezara  (m^Q  N£'p) 

cucumis  syluatkus ,   Apulej.  de 

herbar.  virtutibus ,    115. 
*Edom    (  0*1 ,   rabb.   D~m)    jan- 

guis ,   August,  ad  Ps.  156. 

EAiotv    (p^Sy)  ifyiffrof.     Phi- 
lo Bybl.  a.  a.  O. 

E  X  Mr.  1  /j.  (cnS^)  K^ov/cf,  eben- 
da!. 


Hei,     Hai,    'Uk    (*>*)     Deus, 
Serv.    und  Danu.scius  ap.  1  ho- 

tium. 

Itcvh  Cnnt^t^nM  //ovoysv^, 

Philo  Bybl.  ap.  Euseb.  praep. 
evang.  4,  16. 
K'W^w/xov  (p'ö2p)  Zimmt, 
Herodot  5,111.  Die  Endung 
ist  giäcisirt,  nach  a/aw/uov, 
amamum. 

7/op  (wVa  Pythagorae)  ap.  Pho- 
tium. 
Mammon   QlEö)    lucrum.  Au- 
gustiiu    de  sermone    domini   m 
matte  IT,  22. 

v(oc.     i'Ai'/o  Bybl. 
*Messias  (nt'^K)    unztus.     Aw 
gust.  contra  Petil.    IT,   104. 

Mou5(niö)S«»aTc;,   IIAoutcuv, 

JPAi/o  By*I  Z.  c. 
N«<r/ß/f  (^2iSJ)   Aa&oi  cvyxu- 

fJVJOt.      Steph.  Byz. 
*Rufen  (D">N£n)  meAtr.    I'W. 

Poe/».  V,  2,  46. 
2aAw,u  (ttlW),  als  Grnfs,  Me- 

leager  Am  hol.  gr.    III,  25,  70. 

*Salus  (ttMSttj)    tres.     Augustin. 
ad  epist.  ad  Rom.    7,  3. 

*Suffes>   etis   (1:21'^)    consul, 

Eiv.    Paul.  ap.   Ftstum,    Lisa: 

Grut. 
2  v  8  v  h  (  p^ix  )   htv.ctto f.      Philo 

Bybl.  I.  c. 
Hovaa.   (-junty)    Ktiqix.     Etym. 

M. 
Zv:<i)tx<7ocfxyjv   (ü^Mf  ""ais)    ov 

favoü  v.a.ro-KT&i.      Philo  Bybl. 
©w?    (litif,    sj-r.    lin)    ßoüf. 

Plut.  Sylla. 


s.2.6  JSxcws  zu  0.  7. 

Bey  dem  Punischen  läfst  sich  namentlich  beobachten, 
dafs  man  dunkele  Töne  (die  Vocale  u  und  i)  geliebt,  und 
das  1  meist  durch  u  ausgedrüc'  t  bat.  Z.  B.  Sujfetes,  Salus, 
rufen,  vgl.  Guddubal ,  Mulhutnballes.  Dasselbe  zeigt  sich 
auch  in  dem  Wenigen,  was  in  jener  berühmten  Scene  des 
Plautus  (Poen.  V,  1.  2)  eine  sichere  Deutung  hat.  Bey  der 
Concurrenz  aller  obigen  Ursachen  kann  dessen  nicht  viel 
seyn,  doch  ist  sie  bey  meinem  Worten  hintereinander  fast 
augenfällig,  und  wobl  nicht  zu  bezweifeln. 

Z.B.  Sc.  1.  V.  1.  Alonim  valonuth  rTOvSttl  D'OV1}!*,  V.  2. 
tlbariim  BVttft.  V.  3,  hyth  (r\H)  bynathii  "iniia.  V.  5.  l'yih- 
lym  muthyn  DTT5Ö  □"1C3.  V.  Q.  hili  guhylim  lasibit  tliym  (1:1 
hisce  habitare  regionibus)  DH  JnHwh  D^S^iJ  nStt.  Sc.  2.  V.  50. 
Milpho  lechianna,  roy  "]h  isS»  (Milpho  wird  es  deuten).  V.  67. 
Gunnebel  bahammlerasun  ]0*1">  D^BÜ  7*2  7D3  }1frO  pctular.tiani 
stoliäl  deus  coelorum  capistret. 

2.  Eine  reinere  und  sicherere  Quelle  liegt  uns  aller- 
dings in  den  Inschriften  auf  Steinen  und  Münzen  vor. 
Wir  erhalten  hier  zugleich  die  richtige  Orthographie,  allein 
es  treten  auch  neue  Schwierigkeiten  anderer  Art  ein.  Die- 
se liegen  theilS  in  einer  noch  immer  nicht  befriedigenden 
Kenntnifs  der  oft  sehr  verschiedenen,  auch  wohl  zuweilen 
unvollkommen  gezeichneten  Schriftzüge,  theils  in  der  Be- 
schaffenheit der  Denkmäler  selbst.  Die  Münzen94)  ent- 
halten meistens  nur  ein,  höchstens  zwey  Worte,  wahr- 
scheinlich zuweilige  Abkürzungen,  und  können  daher  we- 
nig Ausbeute  geben;    die  Steinschriften95)   enthalten  weit 


94)  S.  die  Beschreibungen  und  Deutungen  derselben  gesammelt 
nüt  Literatur  in  Ekhel  duetr.  nummor.  vett.  III,  S.  396  iL 
Husche  Lex.  rel  nummariae  s.  V.  Fhoenke.  Vgl»  BeUermanii 
Bemerkungen  über  pUunizischc  und  uunische  Münzen.  St.  1. 
igi2.      St.   2.    lßi.j.. 

<j5)  Eine  (ziemlich  vollständige)  Nnchweisting  der  bis  jetzt  be- 
kannten,  uud  dessen,  was  darüber  geschrieben  ist,  ».  in  Bei- 


Exciers  zu  Q.  7. 


«27 


mehr  Text,  aber,  da  sie  gröistcntheils  Grabschriflen  sind, 
«laiunter  sehr  viele  Nomina proprio t  wodurch  sie  unfrucht- 
barer werden,  als  sie  ohne  dieses  seyn  würden.  Wie  viel 
ist  aber  noch  bey  ihrer  Entzifferung  zu  thun  übrig?  Fol- 
gendes ist  eine  kleine  Sammlung  sicher  entzifferter  Appella- 
tiva  und  Nomina  proprio,  von  Inschriften  und  Münzen. 


TUN»     *l*Un     auf   o.aditanischen 
Münzen  {Ekhel  S.  403)  =  "nS, 
r«5«if«,    Gades. 
pN  =  |inN   Herr. 
P"jnS    unserem     Herrn.      Inscr. 

Melit. 
riN    Bruder.       TiMl     und    mein 

Bruder.      Ebend. 

ÖN    Mutter,    Mnttc-rstndt.       ÖM 

]V352  Mutterstadt  in  Canaan. 

CiTS  CM  isS  TyrOt  matri  Si. 

doniorum.      Ekhel   S.  4°8« 

DDN  =  «qiN  ich.      Inscr.  Cit.  IT. 

*10E>  "ION     A7.  propr.    griech.  2h- 

qccT'.wv.      Inscr.  Athen. 
HVX  Weib.    Instr.  Cit.  II.  XXX. 
Xr-Xtt     N.   propr.     Cit.  V,     vgl. 
'Ecp.ovvo;,    Name   des  Aescu- 
lap   bey  den  Phöniziern.      Da- 
masc.  ap.  Phot.  p.  1074»    ed. 
Schott. 
P    Sohn.      Cit.  II.  XXIII. 
S"3   Herr,   Schutzgott. 
12  hV2  mpSö    Mclkertus,  deus 

Tyri.      Inscr.  Melit. 
TIS  seecnen.    n3TJ*»  od.  DDTJ"» 

ibid.  " 
T^ö*0      A7.   propr.     fil'uis    regit. 
Mdit.  III. 


TOT  Andenken.      Inscr.  Athen. 
Ttn   Gemach.      Melit.  III. 
Win  Leben.       "»TIS   in   meinem 

Leben.     Cit.  II. 
7*3 3 n    Hannihal    (*ratia   BaaUst 
cf.    hehraeum   Sn^D).      Inscr. 
Melit.  III. 
DTpSo  Melicertes  i.  e.  riTp  "jb» 
rex    urhis.        Inscr.    Melit.     I. 
Im    Griechischen    steht   dafür 
'Hpax>.<jf.     Vgl.  Bocharti  Geo» 
gr.  s.   p.  709. 
n3ia  Säule,  s.  Grabstein.     Cit. 

II.  XXIII.      Athen. 
iT.^DO  Marathus,  Stadt  in  Syrien. 

Num.  ap.  Ekhel  p.  4°4* 
i23ty)0   Lager.      Cit.  II. 
TU   Gelübde.      Inscr.  Melit.  I. 
TON  12V   AT.  7?r&^;-.    Inscr.  Cit.  IL 
Melit.  I.      In  dem  Griech.  der 
Letztoren    steht    dafür    Aiovy 
<r/o{.      TON,   welches  auch  in 
den  assyrischen  Namen      "|  DI"» 

tjn3oW,  noK^a-roSn,  p*»N> 

vorkommt,  scheint  ein  Gütter- 
name,  welchen  man  dem  Ato* 
vvtroc  elsichachtete. 
"^DIÄtt  A7.  propr.    (Diener  des 


l ermann  de  Phoenicum  et  Tocnorum  inscriptionihus.  Bcrolini 
iß10-  8*  Einige  eigene  Ent7.ifferungsvers.1che  des  Vfs.  mü. 
ge-n  für  cino  andere  Gelegenheit  aufgespart  seyn. 

V  e 


S2ß 


JExöfirs  zu  Q.  7. 


Königs     d.   i.    des   Hercules).  Dienerin  der  Astarte)  Fraueri- 

Cit.  V.  zimmeruame.      Cit.  II. 

JÖ12V    Cit.  TV,   vgl.  Ahdemonus,       p*  ,   Q31X   Sidon,   Sidonier,   auf 


J   seph.  c.  Apionem  I,  p.  )^Q.^g. 

ODD  W»     AT.  propr.     Cit.  IL 

XyOtt/  liU  N.  propr.  Inscr.  Athen. 
Im  Griech.  'HA<o5wg>of. 

nbn  lil'  üi'J.  Im  Griechischen 
AgrffjLihw^o;.  Inwiefern  nbn 
ein  Gwttername  sey,  welcher 
der  Artemis  entspreche,  l.ifst 
sich  nicht  gewifs  zeigen.   . 

071«  Ewigkeit.  Cit.  II.  O^y  D3 
für  nSi:?  n*0  ewiges  Haus 
(vom  Grabe),    /We/rt.  JflL 

V-*   auf,   an.      Cit.  II. 

mntyy  oder  mnrr  mön  (Magd, 


mehrern  Münzen,    s.  £/JieZ  S. 

4°5- 
•OlS    /rwr.  Athen. 
IS    Tyr«5.      S.  EMeZ   S.  405. 
13f3   Grab.      Mrfif.  II. 
D*1p   Stadt,  z.B.    IS  rnjd  Stadt 

Tvrus.      Lkhel  a.  a.  O. 
Dirnn  n*1p    (neue  Stadt)  Kartha- 

go,   auf  Münzen  bey  hkhcL  S. 

416. 
03*lU>p  Cossurael.    Auf  Münzen, 

s.  Ekhtl    S.  417.  ig.      Beller' 

mann    S.  22  -  9  \. 
QSO    JV.  propr.    Cit.  II.    (Zwil- 
ling)   ©clyuaj,    Bidy mus. 


3.  Bey  den  Eigennamen  der  Phönizier  und  Punier  tritt 
die  doppelte  Schwierigkeit  ein,  dafs  theils  häufig  in  der  le- 
benden Landessprache  selbst  die  Etymologie  unkenntlich 
ist,  theils  dals  sie  von  fremden  Schriftstellern  häufig  un- 
treu wiedergegeben  und  verunstaltet  sind  9S).  Am  schwie- 
rigsten sind  die  Ortsnamen,  besonders  die  karthaginensi- 
schen ,  welche  altem  Ursprungs  seyn  müssen.  Die  Perso- 
nennamen wreiden  dadurch  leichter,  dafs  sie  meistens  mit 
bekannten  Götternamen  zusammen  gesetzt  sind. 


Ahdalonimus ,  Konig  von  Tyrus, 
□  •Ovbv  *I2:>.  (S.  oben  A\o> 
nun). 

Ahdustartus ,    n*lsV^l>  lUV. 
Abdelimus ,    D"»Sn  121'. 

sllnLi.nenus ,  Ahdemonus  (Jos. 
Arch.   Q  ,  2.      contra   Apion.  I, 


p.  443).    pM  *OV.  S.  no.  2. 
Abibai,   hv*  "*ZH, 

*  Adherhal  (StO    V"IN?). 
Adonis,  piN. 

*  Adramyltum    (niö^Sn  ). 

*  Anna ,      Schwester    der    Diclo. 

nsn. 


96)    S.    z.  II.   die  phünizischen  Konigsnamen.      AUgcm.  Wehhi- 
storie. Tb.  2.  S.  233. 


Azehnic,   Küni»  von  Tvrus    (iV 

'A4<45f>  Name  des  Mars  in  Emes- 

sa.      Julian.    Ürat.     in    Solem 

Astarirnus ,    D 1 1 7  "_' V. 

Astarte,    p*ir.".l'". 

Baaltis,   Name  einer  Göttin. 

Balutor ,   11SH  bl*2? 

*ßarca,  Barcas,  Binder  des  Pt£;. 
malion,  auch  Beyname  des  Ha- 
milcar.  (p*l3  Biitz,  oder  bli- 
tzendes Schwert,  arab.  L3r«-^ 
der  Blitzende,  als  Bcynanie 
von  Hehlen.) 

*  Byrsa ,      Bar;;     von    Karthago, 

NHVD.    S.  Valckenaer  </ 
ia ,     phoenicio    arcis   Carthagi- 
nensium     nomine.       In    dessen 
Opusc.    T.  1.    S.  103. 
*Dido  (Geliebte),  von  ■jt1=:T*»j 
verwandt  mit  in. 

*  Elissa  (Frohlockende   von  BW| 

nach  Andern  rri'N  Sn\ 
Gadeira,    Gadir,    Gades ,     n*1*i3, 
nach  Hesycli.  Tigi(pja- ,'u»ta. 


JSxcurs  zu  Cj.  7«  Ä29 

Hannibal,    \'J2  *2n. 

Hannon,    filxfn ,     sj  r.   ,-ijj   gfi. 


Hasdruhal,  St*3  1*>W   (Hülfe  des 
Baal).      Auf  einer  Inschr.i/cz- 

llhöbal,  hV2  tlW,    vgl.  das  bill. 

..lalus,   *}Jf2*l''« 

Karthago  ,    nach  Solin.  Karthada 
(flttftn  mp   neue  Staat). 

JMälicevtes ,  mp  ""jSft  ,    s.  oben. 
7>Ierbal,  Meherbal  (h'J2  IVtÖ?). 
'Pygmalion   (pVJJJ  DnS    ei^.  Fin- 

_   r.    Daum  Gottes,    D.ii  arab. 

S  &  J 

*^i^r=  ]~:i).      Die   Griechen 

scheinen  an  ruy/uij  gedacht  zu 

haben. 

Scnchuniathon       (nach      Bochart 
.  ~  -  30    das   Gesetz   [ist] 
sein  Eifer,  prrrr.SO). 
•SiJoh  (liT1*  Fischfang). 
Ar   (lü,   Fels). 


Für  das  Verhältnifs  des  Hebräischen  und  Phöaizischen 
ergeben  sich  hieraus  folgende  Resultate:  1)  die  meisten  si- 
cher entzifferten  phönizischen  Wörter  eoineidiren  genau  mit 
dem  Althebräischen  selbst  in  Wörtern  und  Formen ,  die 
dem  Hebräischen  ganz  eigenthümlich  sind,  und  namentlich 
im  Aramäischen  anders  lauten.  Z.  B.  p*TN,  EmSn,  rv^N,  p, 
O^lS? ,  die  Pluralendung  0^.  2)  Nur  selten  erscheinen  Ab- 
weichungen ,  welche  für  provinziell  gehalten  werden  mö- 
gen, z.  B.  die  Buchstabennamen  t\h(p*  (mit  einer  Art  st.  em- 
p/iat.  oder  Femininalform)  ,  JSdom  fiir  Ol  Blut:  der  häutige 
Gebrauch  der  Vocale  u  und  i  im  Punischen.     Vornehmlich 


2$o  Ex  cur  s  zu  ß.  7. 

in  den  Vocalen  wird  man  die  meisten  Abweichungen  zu 
suchen  haben.  5)  Die  nicht  kenntlichen  Wörter  sind  es 
in  der  Regel  in  den  übrigen  Dialekten  eben  so  wenig ,  als 
im  Hebräischen97). 


97)  Wir  unterschreiben  hiernach  mit  geringen  Einschränkungen 
das  Urtheil  von  4  kerb  lad  Qlnscr.  phoeniciae  Oxoniensis  nova 
interpretatio.  Parisiis  ißo2.  S.  2.6):  Jure  igitur  statuere  licet  lin- 
guain phoeniciam  antiquis  temporibus  eandem  prorsus  fuisse  ac 
hebraeam,  quae  in  libris  hodie  super stitibus  exstal ,  quod  proba- 
re conatus  est  Bochartus  argumentis  aliunde  petitis ,  quibus  nunc 
novam  vim  ac  robur  addunt  haec  monumenta ,  eius  aevo  nondum 
cognita :  quamvis  haud  inficiandum  Lochartum  eiusque  sequaces 
Clericum,  JVIazOchium  caeterosque ,  cmnes  Orientis  dialectos, 
prout  coniecturis  eorum  inservire  posse  videbantur ,  commiscendo, 
linguam  quandam  phoeniciam  sibi  ßnxisse  a  vera ,  sine  dubio, 
longe  ulienam. 


£3i 


Nachträge. 

o 

Zu  §.  5-  S.  9  oben.  Jospphus  braucht  hebräisch  nicht  allein 
von  der  althebräischen,  sondern  auch,  wie  das  N.  T. ,  von  der  ara- 
mäiscben  Landessprache  Paiastina's.  Z.  B.  jüd.  Kr.  7,  cap.  Q  (S. 
948-  ed.  Colon.).  Dagegen  nennt  Philo  (de  vita  Mosis  lib.  II, 
Opp.  S.  509.  ed.  Colon. )  dis  Ursprache  des  A.  T. ,  aus  welcher  die 
LXX  übersetzten,  chalduisAi.  To  iraAouov  &ygot(py)<Tocv  01  vo/xot  x«k» 
Saivtyj ,  und  bald  darauf:  0  S>)  (TLroks/xato?)  —  tig  skktxhx  ykiurrav 
tjjv  j^ctX5«r/.>jv  /juSaq/xo^zeSai  hievoeiro.  Doch  bliebe  hier  die  Mög- 
lichkeit offen,  dafs  Philo,  wie  li.  Asaria  (H'ieor  Enaim  cap.  5,  Fol. 
33  ed.  Mantuan.)  zunächst  ein  chaldäisches  Original  der  LXX  ange- 
nommen wissen  wollte. 

Zu  S.  88-  §•  26«  Nur  bey  judaisirenden  Sekten  war  der 
Grundtext    zu   finden,    z.   B.    den  Nazarenern.      Hieron.    zu   Matth. 

27,  9- 

Zu  S.  92.  §.  27,  1.  Hieronymus  kennt  durchaus  noch  kei- 
nen technischen  Ausdruck  der  hebräischen  Grammatik.  Morini  Exer- 
citatt.  S.  429.  Rabbi  Jejiiel  (See.  XIII)  lafst  den  Hieron.  auch  im 
Talmud  belesen  seyn  (s.  Tychsen  Anhang  zum  befreyten  l'entamen 
S.  48) >    was  aber  nicht  glaublich  ist. 

Zu  S.  97.  §.  29,  1.  Hier  fehlen  Aben  Esras  grammatische 
Schriften:  mnx  (elegantia),  und  |1tt7^ii  "OT^D  (statera  linguae'). 
Zusammengedruckt  mit   ftl.  Kimchit  Schriften   Venet.  1546. 

Zu  S.  121.  V or  Masclef  schrieb  in  demselben  Geiste:  Vin- 
sobre  mathodus  htbrai^a ,  per  quam  lingua  hebiaica  sine  punetis  fa- 
cilliine  simul  et  aecuratissime  disci  potest.  Ultraj.  1658.  Später  schlie» 
fsen  sich  hieran  mehrere  englische  Grammatiker,  S.  209.  10,  zu  de- 
ren Grundsätzen  sich  auch  Kennkott  bekannte. 

Zu  S.  226.  Nach  No.  1.  fehlt  folgender  Absatz :  Auch  nach 
den  besten  Erklärungen  von  Bochar t  (^Lanaan  S.  721),  und  Bel- 
lermann £  Versuch  einer  Erklärung  der  punischen  Stellen  im  Po- 
nulus  des  Plautus.  rßoö.  8)  ist  dem  entziffernden  Scharfsinne  ein 
weites  Feld  offen.  Man  sollte  dabey  die  alte  (plautinische)  Version 
nicht  ohne  Noth  verlassen.  Der  Meinung,  dafs  das  Ganze  oder  ein 
Theil  desselben  nur  ein  erdichteter  Jargon  seyn  künne  (s.  AdAuno^s 
Mithridat  Th.  1.  S.  350)  wird  jetzt  keiu  Kenner  mehr  Raum 
geben. 


Druckfehler. 

S.  2.  Z.  6  von  unten  1.  XVI  st.  XIV. 

S.  /|o.  Z.  5  von  oben  1.  D«i*n\ö3!|  Üf-Vw   f.   D*rötf3. 

S.  7g.   Z.  24  von  oben   1.   einer  ungerechten   f.  eine  ungerechte. 

S.  145»   über  §.  42   fehlt  die  Ueberschrift :    A.   Comonanten. 

S.  i/j7«   Z.  22   von  oben  streich  aus:   vielleicht. 


Leipzig, 
.gedruckt    bey    Fr.    Chr.    Wilh.    Vogel. 


• 

i 

( 

u 

• 

ÜNIVERSITY  OF  TORONTO 

^  , 

d00 

LIBRARY 

*8 

3 

• 

,^r 

Ä 

/ 

o 

Do    not  ■/ 

o» 

Pi 

o 

W 

i 

fc- 

CO 

ß 

,s4 

r  e  m  o  v  e  / 

u 

/ 

Q 

the   card   1 

.a 

i 

6 

<D 

\ 

« 

j4 

from    this  \ 

r4 

• 

\ 

T-» 

1* 

\ 

o 
+3 

Pocket.          \ 

■ 

r-« 

^N. 

3 

u 

\N^ 

«r» 

f* 

• 

Ö 

a5 

« 

t> 

U 

w 

• 

0 

0' 

O 

Acme    Library    Card    Pocket 

5 

u 

l'nder  Fat.  "  Ref.  Index  tile." 

s 
< 

H 

Made  by  LIBRARY  BUREAU 

4f 


im 


m 


i 


< 


*$ 


m 


'//