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Full text of "Geschichte der heraldischen kunst in der Schweiz im XII. und XIII. jahrhundert"

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Geschichte 

der 

Heraldischen  Kunst  in  der  Schweiz 

im  XII.  und  XIII.  Jahrhundert. 

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Geschichte 


der 


Heraldischen  Kunst  in  der  Schweiz 


im  XII.  und  XIII.  Jahrhundert. 


Von 


Paul  Ganz. 


Mit  101  Abbildunjjfen  im  Text  und  10  Tafeln. 


-o-<^5€>-o- 


Frauenfeld. 

Verlag  von  J.  H  u  b  e  r. 
1899. 


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Herrn 


^'  Professor  Dr.  J.  R  Rahn 


gewidmet. 


VORWORT, 


Die  vorliegende  Arbeit  behandelt  zum  ersten  Male  die  Anfänge  und  die 
Entwicklung  der  Heraldik  im  Rahmen  der  Kunst-  und  Kulturgeschichte.  Es 
wird  darin  versucht,  die  Wappenkunst  als  eine  durch  die  Sitten  und  Gebräuche 
der  Völker  bedingte  Erscheinung  in  Verbindung  mit  der  allgemeinen  Form- 
wandlung in  der  Kunst  zu  schildern,  frei  von  den  Angehängsein  einer  barocken 
Wissenschaft  und  ohne  die  den  Leser  hindernde  Terminologie  der  Neuzeit. 
Vermöge  der  engen  Beziehung  des  Wappens  zum  Individuum  gewährt  die 
Heraldik  einen  gründlichen  Einblick  in  das  alltägliche  Leben  und  Treiben  der 
verschiedenen  Stände  im  Mittelalter  und  eröifnet,  sowohl  in  sachlicher  als  in 
formaler  Hinsicht,  ein  bisher  wenig  beachtetes  Gebiet. 

Die  geschichtliche  Seite  ist  nur  insoweit  berührt,  als  die  Ereignisse  be- 
stimmend auf  die  Entwicklung  der  Wappenkunst  eingewirkt  haben  oder  als  es 
zur  Orientierung  über  die  allgemeinen  Zustände  nötig  erschien. 

Die  lokale  Begrenzung  des  Materiales  ermöglichte  es  allein,  dieses  gründ- 
lich zu  verarbeiten  und  übersichtlich  zu  gruppieren. 

Der  Verfasser  hat  das  Gebiet  der  heutigen  Schweiz  zu  dieser  Untersuchung 
gewählt,  weil  sich  hier  die  Entwicklung  der  Heraldik  unter  dem  Einflüsse  fran- 
zösischer und  italienischer  Kulturströmungen  frühzeitig  und  rasch  vollzogen  hat 
und  weil  das  Land  reich  an  heraldischen  Denkmälern  ist.  Wo  dieselben  fehlten, 
sind  fremde  Beispiele  herangezogen,  wie  denn  überhaupt  in  den  Anmerkungen 
meistens  außerschweizerisches  Material  angeführt  wird,  um  die  weitestgehende 
Vergleichung  zu  ermöglichen. 

Zum  Schlüsse  erwähne  ich  dankbar  die  vielfachen  Unterstützungen,  welche 
mir  von  Freunden  und  Fachgenosseu  zu  teil  geworden  sind. 

Zürich,  im  März   1899. 

Paul  Ganz. 


nhalts-Uebersicht. 


-^- 


Seite 

Einleitung.     Bedeutung  der  Pleraldik  in   der  Kunstgeschichte.  —  AVesen   derselben.  — 

Ihre  Anfänge  bei  Griechen  und  Römern.  —  Farbenheraldik  des  Mittelalters   .         .  1 

Erster  Teil.     Geschichte  und  Entwicklung  der  Heraldik  im  Allgemeinen. 

1.  Die  Vorbeding-uiig-eu.    Kriegsschmuek  bei  heidnischen  und  christlichen  Völkern. 

—  Bedeutung  des  Schildes  bei  den  Germanen 3 

2.  Schmuck  Ton  Schild  und  Helm.  Schildformen  und  Schildbilder.  —  Helme  und 
Helmschmuck.  —  Das  Lehenswesen  fördei't  die  Heraldik.  —  Bewaffnung  des  Adels. 

—  Wahl  des  Schildes  zum  Wappenträger.  —  Topfhelm        .....  4 

3.  Das  persönliche  Abzeichen.  Amtstracht  im  Porträtsiegel.  —  Siegeltypen  der 
Stände.  —  Weltliche  und  geistliche  Siegel.  —  Bildsiegel  als  Vorläufer  des  Wappens. 

—  Einfluß  der  Kreuzzüge.  —  Schild-  und  Fahnenzeichen  in  der  Litteratur         .  9 

4.  Die  ersten  heraldischen  Bilder.  Vorkommen  im  Reitersiegel  und  im  Schild- 
siegel. —  Hauptsitz  der  Heraldik  in  Frankreich.  —  Die  ältesten  Siegel  mit  heral- 
dischen Bildern,  in  chronologischer  Aufzählung  bis  1196 12 

Zweiter  Teil.     Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz. 

I.  Periode.      Das  XII.  Jahrhundert. 

Einleitung.    Wechselseitige  Einwirkung  germanischer  und  romanischer  Kultur. 

1.  Die  Siegel.  Regentensiegel.  —  Reitersiegel.  —  Kunstwert  derselben.  ^  Die 
ersten  heraldischen  Siegel 17 

2.  Plastik  und  Malerei.  Kapitellskulpturen  in  Zürich  und  Basel.  —  Miniaturen: 
Carmen  de  hello  Siculo,  Hortus  deliciarum  der  Herrad  von  Landsberg  .         21 

3.  Der  Reiterschild  yon  Seedorf.  Gegenwärtiger  Zustand.  —  Herstellung  und 
Schildberiemung,  Rekonstruktion.  —  Die  dekorative  Heraldik  des  XII.  Jahrhunderts. 

—  Kampf-  oder  Totenschild  26 

II.  Periode.     Das  XIII.  Jahrhundert. 

1.  Politische  Zustände.  Neue  Standesgliederung  im  deutschen  Reiche  durch  das 
Lehenswesen.  —  Aufkommen  der  Beinamen  beim  Adel.  —  Klerus  und  Bürgertum. 

—  Ritterliche  Kultur  und  äußere  Prachtentfaltung,  besonders  mittelst  der  Heraldik. 

—  Verbreitung  der  Heraldik.  —  Wappenrecht      .         .  .         .         .         .         30 

2.  Der  Schild. 

a)  Die  Schildform.    Romanischer  oder  normannischer  Schild.  —  Gotischer  Schild. 

—  Kombinationen  der  beiden  Formen       ........        33 

hj  Das  Schildbild.  Wahl  des  Bildes.  —  Teilung  der  Bilder  in  gemeine  Figuren 
und  Heroldsbilder.  —  Die  gemeinen  Figuren  zerfallen  in  Schildverstärkungen, 
natürliche  Figuren  und  Phantasiegebilde.  —  Verdrängung  durch  die  Herolds- 
bilder. —  Pelzwerk.  —  Heraldische  Regeln,  Farbenwert,  Farbenstatistik,  Farben- 


Inhalts-Uebersiclit. 


Seite 


paarung,  Bewehrung.  —  Vermehrung  des  Schildsclimuckes  durch  Vereinigung 
oder  Wiederholung  von  Bildern  und  Wappen,  durch  festigende  Zuthaten  oder 
Vermehrung  der  Farben.  —  Heraldische  Bildersprache ;  redende,  indirekt  redende 
und  symbolische  Wappen.  —  Adler,  Leu,  Leopard,  Einhorn,  Lilie,  Rose,  Kreuz. 
—  Farbensymbolik.  —  Anspielung  der  Bilder  auf  Sage,  Amt  und  AVürde,  auf 
Lehensverhältnisse,  auf  die  geographische  Lage  oder  den  Schutzpatron  des 
Ortes.  —  Minnewappen.  —  Komplizierte  Schildbilder       .....         35 

c)  Die  Schildbrisüren.    Bedeutung  und  Aufkommen.  —  Die  drei  Arten  der  Brisüre, 

1)  durch  die  Farbe,  2)  durch  die  Figur,  3)  durch  die  Beizeichen    ...         54 

d)  Herstellung  und  Ausschmückung  des  Schildes.  Schildverstärkungen.  —  Be- 
malung, Leder-  und  Leinwandplastik,  Stücken  und  Belegen.  —  Prunkschilde, 
Schmuck  mit  edeln  Steinen,  Email.  —  Schildüberzug  (mouve)  ...         58 

Schild  als  Erkennungszeichen.  —  Erblichkeit  der  Schildbilder    ...        63 

3.  Der  Helm. 

aj  Die  Helmform.   Topf  heim.  —  Kübelhelm.  —  Tragen  und  Befestigen  des  Helmes        64 
Die  Ausschmückung:  Besetzen  mit  Gestein.  —  Bemalen  und  Vergolden.  — 
Die  Krone 68 

hj  Der  Helmschmuck  (Kleinot).  Aufkommen  auf  Siegeln  im  Auslande,  in  der 
Schweiz.  —  Beschaffenheit  des  Kleinots.  —  Verwendung  in  der  Schlacht  und 
im  Turnier.  —  Nach  der  Art  der  Darstellung  zerfällt  der  Helmschmuck  in  drei 
Gruppen :  1)  Schildkleinot  durch  Wiederholung  des  Schildhildes  als  wachsende 
Figur   oder  auf  Hülfskleinoten    (Schirmbrett,    Hut,   Beutelstaud,    Hörner).  — 

2)  Persönliches  Kleinot,  Amt  und  Gerechtsame.  —  3)  Minnekleinot         .         .        69 
Herstellung  und  Befestigung  des   Helm  schmuckes.    Herstellung   aus   Holz, 

Leder,  Zeug  und  getriebenem  Metallblech.  —  Naturalia.  —  Schmückende  Zu- 
thaten. —  Befestigungsarten 77 

Kriegerische  %ind  künstlerische  Wirkung       .......         80 

Rechtliche  Bedeutung    ...........        81 

cj  Brisüren  des  Helmschmuckes.    Veränderung  des  Kleinots.  —  Erblichkeit  81 

4.  Die  Fahne.  Fahnenform.  —  Fahnenbild.  —  Herstellung  des  Fahnentuches  und 
Bemalung  des  Schaftes    ............        83 

5.  Die  kriegerisclie  Ausrüstimg'. 

aJ  Waffenrock,  Helmdecke  und  Kovertitire.   Aussclimückung  mit  dem  Schildbilde, 

frei  oder  im  heraldischen  Schilde.  —  Herstellung.  —  Künstlerische  Wirkung         85 

hJ  Gügerel,  Sattel,  Gereite  und  Achselschilde.  Kopfzierde  des  Pferdes.  —  Be- 
malung des  Sattels.  —  Heraldische  Verzierung  des  Gereites.  —  Aufkommen, 
Form  und  Abgang  der  Achselschilde 90 

Dritter  Teil.     Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

1.  Das  lieraldisclie  DelioratiousmotiA'.  Das  Schildbild  in  freier  A'erwendung,  im 
heraldischen  Schilde.  —  Besäen  und  Bestreuen.  —  Vereinigung  von  Schild  und 
Helm.  —  Darstellung  derselben.  —  Helmdecke.  —  Aelteste  Nachweise  in  der 
Sphragistik.  —  Proportionen  von  Schild,  Helm  und  Kleinot.  —  Damaszierung  in 
farbloser  Darstellung 93 

2.  Kleiukuust.     Stand  der  Technik. 

a)  Brakteaten.    Bern,  Basel,  Konstanz,  Neuenburg,  Savoyen.  —  Herstellung       .        98 
h)  Waffen.    Dolche  aus  dem  Bielersee,  Schwerter.  —  Anbringung  des  Wappens         99 
<■)  Schmuck  und  Schmuckhehälter .     Zierscliildchen  mit  Waiij«'!!  von  Braunsliorn 
(Bern)   und  Tettingen  (Luzern).  —  Agraffen,   Hinge,   Mantelkleinode.  —  Der 
Onyx  von  Schaffhausen.  —  Das  Schmuckkästlein  von  Attinghusen  100 

d)  Stoffe.  Palermitanische  Gewebe.  —  Heraldische  Muster.  —  Antependium  des 
Otto  von  Grandson  (Bern).  —  (Reliquien-)  Beutel  mit  dem  Wappen  von  Strät- 
lingen  (Zürich) •         .         .         .         .       105 


Inhalts-Ueliersicht.  XI 

Seite 

3.  Architektur. 

a)  Skulptur  und  Malerei.  Verwendung  von  heraldischen  Abzeichen  an  Profan- 
bauten. —  Eindringen  des  heraldischen  Schmuckes  in  die  Kirchenausstattung, 
Totenschilde  aus  Stein,  Fußböden  in  Wettingen  und  INIaigrauge.  —  Wand- 
malereien im  Turme  zu  Erstfeld.  —  Deckenbemalung  im  Hause  zum  Loch 
(Zürich)  und  auf  Yaleria  (Sitten) 109 

h)  Backsteine.    Fabrikate  von  St.  Urban  (Luzern) ;  Verwendung  und  heraldischer 

Schmuck  derselben 112 

4.  Malerei. 

a)  Glasmalerei.    Rosette  in  der  Kathedrale  von  Lausanne.  —  Wappenschilde  in 

der  Kirche  von  Orbais  (Marne).  —  Spuren  in  Alt-Büron  (Luzern)  115 

b)  Miniaturen.  Malerschule  in  Konstanz,  St.  Gallen  oder  Zürich.  —  Weltchronik 
des  Rudolf  von  Hohenems  (St.  Gallen).  —  Vita  Karoli-Magni  von  Stricker.  — 
AVeingartner  Liederhandschrift.  —  Nagler'sches  Bruchstück  in  Berlin  116 

5.  Plastik.    Die  Grabdenkmäler  bilden  die  monumentalste  Gruppe  der  heraldischen 
Kunst. 

a)  Das  Grabmal  ivi  Allgemeinen.  Ein  Denkmal  menschlichen  Ruhmes.  —  Grab- 
platte, Tischgrab,  Nischengrab,  Tumba,  Prunkgrabmal.  -  -  Figürliche  Grab- 
denkmäler: in  der  Barfüßerkirche  zu  Freiburg  (Elisabetha  von  Kyburg),  im 
Kreuzgang  des  Klosters  Hauterive  bei  Freiburg  (Konrad  von  Maggenberg),  im 
Münster  zu  Basel  (Königin  Anna)  und  in  der  KoUegiatskirche  von  Neuenbürg 
(Bertold  von  Neuenburg) 122 

h)  Heraldische  Grabmonumente.  Nachbildung  des  Kampfschildes  auf  dem  Grab- 
steine. —  Sarkophage  im  Kloster  Wettingen  (Habsburg,  Kyburg).  —  Tischgräber 
im  Münsterkreuzgang  zu  Basel  (Klingen)  und  in  der  Klosterkirche  von  Där- 
stetten  (Tierstein).  —  Grabplatten  in  Wettingen  (Tegerfelden,  Klingen,  Kyburg, 
Rapperswil,  Strätlingen,  Homberg),  im  Kloster  Wurmsbach  (Rapperswil)  und 
in  Basel  (Tierstein  und  Hohenklingen) 126 

6.  Die  Siegel.     Originellste  Ausbildung  der  Heraldik  in  der  Kleinplastik.  —  Ge- 
brauch des  Siegels.  —  Verschiedenheit  der  Siegelbilder.  —  Typen  der  Stände    .       135 
aj  Beitersiegel.    Porträt  in  kriegerischer  Ausrüstung.  —  Bevorzugung  durch  den 

hohen  Adel.  —  Form  und  Bild.  —  Heraldische  Abzeichen  auf  Schild,  Fahne, 
Kovertiure,  Helm  und  im  Siegelfeld.  —  Legende 136 

b)  Standbildsiegel.    Seltenheit.  —  Schweizerische  Beispiele  ....       140 

c)  Frauensiegel.    Porträtfigur.  —  Heraldische  Beigaben.  —  Form  und  Siegelbild. 

—  Das  Wappen  verdrängt  die  Figur 111 

d)  Schildbildsiegel.     Neue  Typen  mit  ausschließlich  heraldischer  Darstellung. 

a.  Heraldische  Bilder  im  freien  Siegelfelde.  Das  ledige  Schildzeichen  in  be- 
liebiger Siegelform.  —  Stilistische  Behandlung 144 

ß.  Schildförmige  Siegel.  Kopie  des  Kampfschildes.  —  Gleiche  Formentwicklung 

und  Reminiszenzen  au  den  Kampfschild.  —  Damaszierung.  —  Legende       .       145 

y.  Wappenschild  im  freien  Siegelfelde.  Form,  Darstellung,  Ausführung.  — 
Legende.  —  Architektonische  Zuthaten.  —  Allgemeine  Verbreitung  des 
Typus.  —  Zusammengesetzte  Schilde  und  kombinierte  Siegelbilder      .         .       148 

e)  Helmsiegel,  veranlaßt  durch  die  zunehmende  heraldische  Bedeutung  des  Helmes. 

—  Form,  —  Reminiszenzen.  —  Helmdecke.  —  Künstlerische  Ausführung       .       152 

f)  Siegel  mit  Schild  und  Helm.    Aus  den  alten  Typen  wird  das  Siegel  mit  Schild 

und  Helm  gebildet.  —  Gruppierung,  Ausführung.  —  Zuthaten.  —  Helmdecke       153 

gj  Bürgersiegel.    Heraldische  Typen  oder  Bildsiegel 155 

/*;  Stddtesiegel.  Natürliche  Siegelbilder,  wie  Gebäude,  Heilige,  Attribute  von 
Heiligen,  redende  Bilder.  —  Verschiedenheit  von  Panner  und  Schild.  —  Ein- 


XII  Inhalts-Uebersicht. 


Seite 


teilung  der  Siegel:    1)  Bild  frei  im  Siegelfelde;    2)  im  schildförmigen  Siegel; 
3)  vom  Schilde  umschlossen  im  Siegelfelde ;  4)  mit  Helm ;  5)  mit  vollem  Wappen. 

—  Größe  und  Form  des  Siegels 155 

ij  Siegel  der  Geistliclikeit.  Spitzovale  Form.  —  Porträt  in  Amtstracht,  sym- 
bolische Bilder,  Heiligenfiguren.  —  Wappensiegel.  —  Vereinigung  des  geist- 
lichen und  weltlichen  Bilderkreises,  Poi-trät  mit  heraldischem  Bild,  mit  Wappen- 
schild,  Heiligenfigur  mit  heraldischem  Schilde.  —  Auftreten   der  Heraldik  in 

den  Siegeln  der  Prälaten  von   Konstanz,   Basel,    Chur,   Schaffhausen.  —  Das 
Wappen  verdrängt  das  Porträt 158 

Vierter  Teil.     Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

Einfluß  des  geistigen  Lebens  auf  die  Heraldik.  —  Blüte  im  Süden  des  deutschen 

Reiches.  —  Erstes  Auftreten  in  der  epischen  Dichtkunst.  —  Farbenbeschreibung       162 

Ulrich  von  Zatzikliofen.    Der  Lanselet.    Nur   die   wichtigsten   Personen  führen 

Wappenschilde.  —  Kramschilde.     Fachausdrücke 164 

Hartmann  von  Aue.   Die  Heraldik  ist  spärlich  vertreten  in  seinen  Werken.    Erelc 

der  Wunder äre  führt  verschiedenfarbige  Schilde,  aber  dasselbe  Bild        .         .       166 

Konrad  Fleck  und  Budolf  von  Ems  fallen  für  die  Heraldik  außer  Betracht  167 

Konrad  von  Würzhurg.  Erster  Dichter  mit  juristisch-heraldischer  Vorbildung.  — 
Sein  erstes  Werk,  der  Turney  von  Nantheiz,  schildert  den  Streit  Richards  von 
Cornwales  und  Alphons  X.  von  Kastilien  um  die  deutsche  Königskrone.  — 
Historische  Belege.  —  Heraldische  Terminologie.  —  Partonopier  und  Meliur. 

—  Trojanerkrieg.  Reiche  und  mannigfaltige  Heraldik,  besonders  viele  Tierfiguren       167 
Dichter  des  Heinfried  von  Braunschweig  erzählt  die  Sage  von  Heinrich  dem  Löwen. 

Breitspuriger  Nachahmer  Konrads              .         .         .      ■   .                 .                 .171 
Konrad  von  Mure.    Das  älteste  wissenschaftliche  Wappengedicht  ist  der  Clipearius 
Teutonicorum.  —  Lateinischer  Text,  überliefert  in  dem  Buche  „de  nobilitate" 
von   Magister   Hemmerlin.  —   Deutsche    Uebersetzung   mit   historischen    An- 
merkungen   172 


Register  der  technischen  Ausdrücke  und  der  Abkürzungen 187 

Alphabetisches  Namensregister 188 

Verzeichnis  der  Tafeln  und  Text-Dlustrationen 197 


-o-<[33>— o- 


EINLEITUNG. 


-o{o- 


i  olitische  und  gesellschaftliche  Umwandlungen  pflegen  sich  in  der  Kunst  wieder- 
zuspiegelu,  indem  sie  dieselbe  mit  den  Erzeugnissen  eines  neuerweckten  Geistes 
befruchten  und  zu  neuer  Blüte  treiben.  In  der  Kunst  werden  die  unmittelbarsten 
Aeußerungen  der  Epoche  aufgenommen  und  zu  einem  Gesamtbilde  vereint,  aus 
dem  uns  das  Geistesleben  frischer  und  ungetrübter  entgegentritt,  als  aus  den 
schriftlichen  Ueberlieferungen,  die  Parteihaß  und  persönlicher  Vorteil  so  oft 
gefärbt  oder  gar  gefälscht  haben.  Nicht  nur  der  monumentalen  Kunst  kommt 
diese  Bedeutung  zu,  sondern  auch  manchen,  bis  anhin  stiefmütterlich  behandelten 
Kleinkünsten,  die  gerade  vermöge  der  allgemeinen  Anwendung  aufs  engste  mit 
dem  Kulturwesen  verbunden  sind.  Dazu  muß  vor  allem  die  heraldische  Kunst 
gezählt  werden,  obwohl  sie  in  der  Folge  in  Malerei  und  Plastik  zur  größten 
Formvollendung  gediehen  ist.  In  ihr  hat  sich  der  ritterliche  Kastengeist,  der 
Hang  nach  Farbenpracht  und  äußerem  Dekorum,  das  mittelalterliche  Fühlen 
und  Denken  überhaupt,  am  frühesten  geäußert.  Im  Rahmen  der  Kleinkunst  war 
die  Mitwirkung  primitiver  Kräfte  möglich,  indem  der  Raum  durch  die  Natur 
der  Sache  beschränkt  und  die  Formen  von  größter  Einfachheit  waren.  Die  rasche 
Popularisierung  der  Heraldik  hat  den  Entwicklungsprozess  stark  beschleunigt 
und  in  ihr  den  Gipfelpunkt  der  dekorativen  Kunst  des  Mittelalters  geschaffen. 
So  lange  die  Heraldik  dem  Geiste  der  Zeit  entsprach,  ein  unentbehrliches  Stück 
mittelalterlicher  Ausstattung  und  ritterlichen  Prunkes  bildete,  so  lange  hat  sie 
sich  auf  natürlichem  Wege  entfaltet,  gleich  den  übrigen  Künsten.  Aber  beim 
Zusammenbruch  des  Rittertums  sind  auch  die  treibenden  Faktoren  der  Heraldik 
zu  Grunde  gegangen,  und  die  sie  erhaltenden  Beweggründe  waren  nicht  stark 
genug,  die  Entwicklung  fortzuführen.^  Die  späteren  Zeiten  haben  sie  ohne  Sinn 
und  Verständnis  in  das  Modekleid  des  jeweils  herrschenden  Stiles  gesteckt  und 
aufs  traurigste  zugeschnitten,  gekürzt  und  umgemodelt.  Von  unserem  Jahrhundert 
ist  die  Heraldik  als  tote,  verknöcherte  Wissenschaft  üljernommen  und  verachtet 


1  Es  kann  daher  von  einer  lebenden  und  einer  toten  Heraldik  gesprochen  werden. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  ■'■ 


2  Einleitung. 

worden,  und  erst  die  neueste  Zeit  hat  den  Versuch  gemacht,  ihr  durch  Ver- 
pflanzung auf  den  Boden  der  Kunst  wieder  neue  Lehenskraft  zu  geben. 

Die  Heraldik  gehört  in  das  Gebiet  der  Kvmst  und  der  Geschichte,  denn 
der  äußeren,  rein  dekorativen  Form  entspricht  ein  innerer,  politischer  und  rechts- 
ffeschichtlicher  Gehalt.  Ihre  ältesten  Vorläufer  sind  in  dem  Bestreben  des  Menschen 
zu  suchen,  Körper,  Wehr  und  Wajffen  zu  schmücken  und  sich  durch  Attribute 
von  bestimmter  Bedeutung  vor  andern  auszuzeichnen.  Die  Völker  der  niedersten 
Kulturstufe  haben  ihre  Götter  und  Helden  mit  Attributen,  mit  ehrenden  Abzeichen 
ausgestattet,  und  je  weiter  wir  der  Kulturgeschichte  folgen,  desto  bewußter 
werden  diese  symbolischen  Bilder  gewählt.  Die  Griechen  mögen  schon  einzelne 
allgemein  bekannte  Wahrzeichen  besessen  haben,  wie  sie  auf  Münzen  ^  einzelner 
Städte  und  auf  Vasenmalereien^  vorkommen,  aber  eine  scheinbar  gesetzlich 
geregelte  Führung  von  Familienabzeichen  ^  kommt  erst  bei  den  Römern  vor. 
Mommsen  gibt  im  ersten  Bande  der  römischen  Forschung  einige  Beispiele  von 
Münzbildern,  die  in  engem  Zusammenhange  mit  dem  Cognomen  der  betrefPenden 
Familie  stehen.  Wenn  die  Furii  Purpureones  eine  Purpurschnecke,  die  Furii 
Crassipedes  einen  dicken  Fuß  als  Abzeichen  führen,  so  ergibt  sich  daraus  ein 
ähnliches  Verhältnis  zwischen  Name  und  Bild,*  wie  im  Mittelalter,  und  wir 
stehen  vor  der  selben  Frage,  ob  das  Wappenbild  nach  dem  Cognomen  gewählt 
worden  sei  oder  ob  das  Bild  den  Namen  bestimmt  habe.  Gewiß  sind  diese 
römischen  Münzbilder  der  gleichen  Tendenz  entsprungen,  welcher  die  Heraldik 
im  Mittelalter  ihre  Schöpfung  verdankt,  aber  die  Entwicklung  war,  den  ungünstigen 
Verhältnissen  entsprechend,  eine  unbedeutende  und  ist  nicht  über  die  farblose 
Darstellung  der  Bilder  hinausgekommen. 

In  der  mittelalterlichen  Heraldik  dagegen  ist  die  Farbe  von  größter  Be- 
deutung, sodaß  ihr  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  figürlichen  Formen  geopfert 
werden.  Als  Kunst  ist  sie  darum  etwas  Neues  und  mit  den  Bilderzeichen  der 
Antike  nicht  zu  vergleichen. 


'  Vergl.  iDilioof-Bhimer ,  Tier-  und  Pflanzenbilder  auf  Münzen  und  Gemmen  des  klassischen 
Altertums.    Leipzig  1889. 

^  In  der  Vasensanimlung  der  kgl.  Pinakothek  zu  München  tinden  sich  als  Schildbilder 
die  Eule  der  Pallas  Athene  und  der  Dreifuß  von  Delphi. 

^  Mommsen,  Römische  Forschung  I,  S.  44. 

*  „Es  kommen  Wappen  vor,  die  wie  im  Mittelalter  auf  einer  falschen  Etymologie  des 
Cognomens  beruhen;  z.  E.  führen  die  Cornelii  Sullae  einen  Sihyllenkopf "  Daß  auch  Wappen 
vorkommen,  die  nicht  mit  dem  Cognomen  übereinstimmen,  beweist  dasjenige  der  Decii  Mures 
mit  Schild  und  Heerzinke. 


-<K1^- 


ERSTER  TEIL. 


Gescliiclite  und  EntAvickluim-  der  Heraldik  im  allgemeinen. 


1.   Die  Vorbedingungen. 

Die  Anfänge  der  Heraldik  liegen  in  dem  kriegerischen  Schmucke  von  Helm 
und  Schild.^  Die  Ausschmückung  dieser  wichtigsten  Bestandteile  der  Ausrüstung 
ist  ein  uralter,  tief  eingewurzelter  Brauch,  der  den  Völkern  durch  alle  Phasen 
der  Entwicklung  eigen  geblieben  ist.  Die  Sitte,  sich  für  den  Kampf  mit  größtem 
Prunke  zu  rüsten,  gleichwie  zu  einem  Feste,  gründete  sich  auf  religiöse  An- 
schauungen, die  den  Krieger,  so  wie  er  fiel,  in  die  Gefilde  der  Seligen  versetzten, 
und  auf  die  herrschende  Art  der  Heerschlacht.  Aufgelöst  in  eine  Reihe  von 
Zweikämpfen  bot  sie  den  Einzelnen  Gelegenheit,  Kraft  und  Mut  angesichts  der 
Heerscharen  zu  erproben  und  die  persönliche  Tapferkeit  zu  zeigen.  Durch  dieses 
Hervortreten  der  Persönlichkeit  mußte  der  individuelle  Stolz  stark  gehoben 
werden.  Er  äußerte  sich  dann  auch  in  kostbarem  Rüstzeug,  kunstvoll  gearbeiteten 
und  weithin  leuchtenden  Schilden,  in  hohen  Helmen  mit  wallendem  Schweife 
und  farbigem  Federbusche.  Homer  besingt  uns  die  Erscheinung  solcher  Helden 
und  vergleicht  sie  überirdischen  Wesen,  welche  erschreckend  und  einschüchternd 
auf  das  gemeine  Kriegsvolk  wirken. 

Daß  auch  die  Absicht,  Furcht  und  Schrecken  einzujagen,  bei  dem 
kriegerischen  Schmucke  mitgewirkt  hat,  ist  naheliegend  und  durch  viele  Bei- 
spiele zu  belegen.  Polybius  erzählt  von  den  Sabinern,  daß  sie  große  Federn  auf 
die  Helme  gesteckt  hätten,  um  dem  Feinde  Schrecken  einzuflößen,  und  Tacitus- 
weiß  von  den  Ariern  zu  berichten,  daß  sie  die  Schilde  aus  dem  selben  Grunde 
schwarz  wie  die  Nacht  o-efärbt  hätten. 


1  Vergl. :    Bernd,    Allgemeine  Schriftenkunde    der  gesamten  Wappenwissenschaft.     Bonn 
1830—1841.  —  V.  Mayer-Maijerfels,  Dr.,  Karl  Ritter,  Heraldisches  ABC-Buch.   München  1857. 
^  Tacitus,  de  moribus  Germanorum  II,  Kap.  44. 


4  I.  Teil:  Geschichte  und  Entwickhing  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

Im  Gegensatze  zu  den  Römern  haben  die  Völkerschaften  diesseits  der  Alpen 
grellfarbigen  und  wilden  Kriegsschmuck,  allen  voraus  die  Germanen.  Tacitus^ 
sagt :  Gar  nicht  prahlen  sie  mit  Schmuck,  nur  die  Schilde  bemalen  sie  mit  den 
ausgesuchtesten  Farben.  Der  Schild  wird  von  allen  Kriegern  geführt  und  ist 
eine  unerläßliche  Schutzwaffe,  den  Helm  dagegen  tragen,  gleichsam  als  Vorrecht, 
nur  Anführer  und  Stammesfürsten.  Vor  allem  Volke  erhält  der  junge  Germane 
Schild  und  Speer,  zu  Schutz  und  Trutz,  als  Zeichen  seiner  Volljährigkeit  und 
Manneswürde. ^  Aber  die  Ehre,  den  Schild  zu  tragen,  konnte  auch  verscherzt 
werden ;  Verrätern  und  Verbrechern  wurden  die  Schilde  zerschlagen  und  verbrannt. 


2.   Schmuck  von  Schild  und   Helm. 

Die  Form  des  Schildes  und  die  Art  seiner  Herstellung  variiert  bei  den 
verschiedenen  Völkern  und  Stämmen,  aber  die  Ausschmückung  mittelst  Bemalung 
ist  bei  allen  dieselbe. 

Die  Germanen  hatten  viereckige  Schilde,^  über  mannshoch,  aus  Weiden 
geflochten  und  mit  Tierhaut  überzogen,  oder  dünne,  mit  Farbe  übertünchte 
Bretter.*  Sie  sollen  nicht  einmal  mit  Eisen  oder  Leder  verwahrt  gewesen  sein. 
Grelle  Farben,  besonders  rot  und  weiß,  dienten  zur  Bemalung.  Die  Westgoten  ^ 
führten  weiße  Rundschilde  mit  goldenem  Beschlag,  die  Alanen  fünf-  und  sechs- 
eckig geformte  und  die  Franken  runde,  mit  mehrfachen  Lederlagen  überzogene 
Schilde.^  Nach  Diodor'  sind  die  Gallier  mit  mannshohen  Schilden  bewaffnet, 
auf  eigene  Weise  bemalt.  An  einigen  derselben  sind  wohl  ausgearbeitete  eherne 
Tiergestalten  in  erhabener  Arbeit  angebracht,  die  nicht  bloß  zur  Zierde  dienen, 
sondern  auch  zur  Schutzwehr.  Die  Celtiberer^  tragen  leichte,  lange  Schilde,  wie 
die  Gallier,  oder  rund  geflochtene,  von  der  Größe  der  Aspiden  (kleiner  römischer 
Schild).  Der  Angelsachsen  Schilde  sind  kreisrund  gewölbt,  später  nach  unten  zu- 
gespitzt, mit  eisernem  Schildbuckel  und  Schildrand  versehen,  von  weißer  Farbe 
mit  blauem,  rotem  oder  goldenem  Rande. 

Die  runden  und  halbmondförmigen  Schilde  der  Dänen  sollen  nach  Hottenroth 
für  die  Krieger  rot  bemalt  worden  sein,  für  die  Häuptlinge  weiß,  verziert  mit 
goldenen  und  farbigen  Ornamenten  welche  als  persönliche  Abzeichen  galten. 
Wenn  wirVirgil  glauben  dürfen,  so  galt  ein  ungeschmückter  Schild  für  inglorius 


^  Tacitus,  de  morihus  Germanorum  II,  Kap.  6. 

^  San  Marie,  Zur  Waffenkunde  des  älteren  deutschen  Mittelalters.  Rihliotliek  der  deutschen 
Gesanitlitteratur  Abt.  II,  Bd.  IV.    Leipzig  1867. 

^  Dernmin,  Die  Kriegswaften  in  ihrer  geschichtlichen  Phitwicklung  etc.    Leipzig  1893. 

*  Tacitus,  Annales  II,  Kap.  14. 

•'  Jloitenroth,  Friedrich,  Trachten  der  Vrdkcr.    Stuttgart   ISSI,    I,  S.  98. 

"  Dcvniiin,  I)i(!  Kriegswaffen,  8.  5G. 

'  Diodoras  Siculus  Bd.  V,  Kap.  30. 

"  JJioäorus  Siculus  Bd.  V,  Kap.  35. 


2.  Schmuck  von  Schild  und  Helm.  5 

und  sein  Träger  entbehrte  jeden  Ruhmes.  Neben  den  nationalen  Schildarten  waren 
auch  römische  Nachbildungen^  im  Gebrauche,  deren  Einfluß  auf  die  Weiter- 
entwicklung des  Schildes  unverkennbar  ist.  Bei  den  Germanen  tritt  an  Stelle 
des  Weidengeflechtes  der  Schild  aus  Lindenholz  mit  Nabel  und  Metallrahmen. 
Der  kleine  rundgewöUite  Schild  der  Franken  trägt  einen  grell  bemalten  Ueborzug 
aus  gegerbten  Häuten  oder  Fellen.^ 

Zur  Zeit  der  Merowinger  entwickelt  sich  die  nach  unten  spitz  zulaufende 
Form  immer  stärker  und  der  hölzerne  Schild  erhält  eine  größere  Festigkeit  durch 
Umbo  und  Erzbeschlag,  durch  Buckelreiser  und  Schildrand.  Sie  waren  zum  Teil 
vergoldet,  zum  Teil  bemalt.''  Die  karolingischen  Schilde  zeigen  zwei  Hauptformen. 
Neben  dem  runden,  aus  Metall  gefertigten  Buckelschilde  mit  Schildbuckel  und 
steiubesetzter  Borte,  kommt  ein  hoher,  hölzerner  Spitzschild  vor,  verstärkt  und 
verziert  mit  übereinandergelegten  Metallstreifen  und  mit  Knöpfen.* 

Der  Holzschild,^  aus  mehreren  Brettern  zusammengesetzt,  bedingte  eine 
Befestigung  und  Verstärkung  durch  Metallstreifen,  welche  je  nach  der  Ent- 
wicklung des  Kunstsinnes,  mehr  oder  minder  schön  geformt  wurden.  Je  mehr 
wir  uns  dem  Ende  des  ersten  Jahrtausends  nähern,  desto  häufiger  und  mannig- 
faltiger werden  die  Schildverzierungen. 

Die  Normannen  führen  Ungetüme,  Löwen,  Drachen,  Greife  und  Schlangen 
im  Schilde,  als  Zeichen  persönlicher  Tapferkeit  odör  als  Schrecken  verbreitende 
Bilder.  •"  Ihre  Schilde  sind  von  halber  Mannslänge,  oben  gerade  oder  geschweift, 
nach  unten  sj^itz  zulaufend,  und  halbkreisförmig  gebaucht.  Auf  dem  figuren- 
reichen Teppich  von  Bayeiix''  finden  sich  eine  Anzahl  Abbildungen,  welche  ge- 
naueren Aufschluß  geben.  Dieser  Schild  soll  dem  sizilianischen  nachgemacht 
worden  sein.  Die  Vorderseite  war  mit  Leder  überzogen  und  mit  einem  Metall- 
rande besetzt,  die  Rückseite  gepolstert  und  mit  einer  Handhabe  von  Lederriemen 
(kreuzförmig)  versehen.  Die  sog.  „Normannische  Schildform"  hat  sich  bis  ins 
12.  Jahrhundert  hinein  erhalten  und  die  ersten  eigentlich  heraldischen  Bilder 
getragen.  Die  Wandlungen,  welchen  der  Schild  in  heraldischer  Zeit  unterworfen 
wurde,  werden  wir  später  verfolgen.  Wir  wenden  uns  vorerst  zu  dem  zweiten 
Träger  heraldischen  Schmuckes,  zu  dem  Helme. 

Der  Helm^  ist  bei  den  Kulturvölkern  des  Altertums  allgemein  verbreitet 
gewesen  und  auch  durch  kunstvolle  Arbeit  in  Metall  oder  mit  gefärbten  Feder- 


1  Vergl.  San  Harte,  Waffenkunde  S.  85. 

''  Hottenroth  I,  S.  102. 

^  Im  Waltharilicd  heißt  es,  Vers  798,  parmam  deponito  pictam  (San  Marte). 

*  Figur  aus  dem  Schachspiel  Karls  des  Großen  (in  Paris).  Hottenroth  Bd.  I,  Tafel  74. 
Spamers  Weltgeschichte  1897,  Bd.  III. 

^  Abb.  eines  Originalschildes  aus  Kopenhagen  (V.  Jahrb.).   Spamers  Weltgeschichte'QA.lW.. 

«  Hottenroth  II,  S.  13. 

^  Streifen  von  9^'2  Zoll  Breite  und  200  Zoll  Länge,  illustriert  die  Eroberung  Englands 
durch  Herzog  Wilhelm  von  der  Normandie    und    stammt  aus  dem  Ende  des  XI.  Jahrhunderts. 

«  San  3Iarte  S.  58.    Hottenroth  I,  Tafeln  24.  25,  36.  50.  51. 


6  I.  Teil :  Geschichte  und  Entwicklung  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

büschen  verziert  worden.  Einen  Kopfschmuck  mit  symbolischer  Bedeutung 
führten  die  Sassanidenherrscher.  ^  Er  bestand  aus  Krone  und  Kappe  (König  der 
Könige)  einem  geflügelten  Sonnenball  (als  Bruder  der  Sonne)  und  aus  zwei 
Hörnern,  dem  Zeichen  der  Stärke.  Der  Helm  scheint  erst  durch  die  Römer - 
zu  den  germanischen  und  gallischen  Völkern  gekommen  zu  sein,  denn  Tacitus 
berichtet  in  dem  Buche  „de  moribus  Germanorum",  daß  die  Germanen  ent- 
blößten Hauptes,  mit  aufgebundenen  Haaren,  gekämpft  hätten.  Zum  Schutze 
des  Körpers  und  zur  Erregung  von  Furcht  wurden  Tierfelle,^  gleich  Mänteln, 
um  die  Schultern  gehängt  und  mit  der  Kopfhaut,  sammt  Ohren,  Hörnern  oder 
Geweih  über  den  Kopf  gezogen.  Der  Helm  scheint  ein  Vorrecht  der  Anführer 
gewesen  zu  sein  und  ist  erst  spät  bei  ganzen  Stämmen,  besonders  bei  Reitern 
allgemein  geworden.  Nach  Diodorus^  trugen  die  Heerführer  der  Gallier  eherne 
Helme  mit  hochemporragenden  Aufsätzen  in  Form  von  Vogelgesichtern  oder 
vierfüßigen  Tierfratzen.  Auch  wurden  ganze  Flügel  darauf  angebracht  oder 
mächtige  Hörner  angeschmiedet,  welche  dem  Träger  ein  ungewöhnlich  großes 
und  furchtbares  Aussehen  verliehen.  Die  Celtiberer^  trugen  eherne  Helme  mit 
purpurroten  Büschen  geschmückt,  ebenso  die  kimbrischen  Reiter.  Bei  den  Berg- 
schotten ^  hatten  nur  die  Häuptlinge  Helme,  verziert  mit  Adlei-flügeln,  Stech- 
palmzweigen oder  Ginster.  Die  Aesthyier,'  deren  Gebiet  vom  suevischen  Meer 
bespült  wird,  trugen  als  Abzeichen  ihres  Glaubens  Bilder  von  Ebern.  Der  Eber- 
helm, welcher  im  frühen  Mittelalter  ein  hervorragendes  Schmuckstück  war,  ist 
nicht  nur  in  Abbildungen,*  sondern  auch  in  einem  Originalhelm  (gefunden  bei 
Derbyshire  in  England)  auf  uns  gekommen.  Das  Bild  des  Ebers,  das  Zeichen 
des  Frö  ffalt  als  schützender  Talisman  und  wurde  auch  noch  in  christlicher 
Zeit  getragen.^  Entweder  hatte  der  Helm  selbst  die  Form  eines  Eberhauptes 
oder  er  trug  ein  kleines  Bild  von  Erz  auf  dem  Dache,  wie  eine  Stelle  des 
Beowulf liedes  ^"  erzählt. 


^  Hottenroth  I,  108,  Tafel  76.  —  Spamers  Weltgeschichte,  Silbermünze  Chonoes  II  (ö9I 
bis  626),  mit  ähnlichem  Kleinod. 

2  San  Harte  S.  58. 

^  Hottenroth  II,  S.  18.  Dafs  unter  den  Kleinoten  und  Ilelmzierden  des  Mittelalters  Hörner 
und  Geweihe,  ja  ganze  Tierköpfe  oder  Büsten  vorkommen,  ist  allgemein  bekannt.  Selten  ist 
dagegen  die  Verwendung  eines  ganzen  Felles  mit  Hörnern  und  Ohren.  Ein  Grabstein  des  Heinrich 
V.  Geymann  zu  Gallspach  (Oesterreich),  von  1370,  zeigt  eine  Tierhaut  mit  Ohren  und  besteckten 
Hörnern  als  Helmzier.    Mitteilungen  der  k.  k.  Central-Kommission.    Wien  1878. 

*  Diodorus  V,  30.  31. 
•^  Diodorus  V,  35. 

«  Hottenroth  II,  S.  8. 

'  Tacitus,  de  moribus  Germanorum  II,  45. 

*  Abbildung  nach  einem  Broncerelief.  S2}amersWeltgeschichte  IS97,  S.  419.  —  Hottenroth  11, 
Tafel  l,  Fig.  3.  15.  16.  Tafel  5,  Fig.  11.  —  San  Marie  S.  58  ff. 

*  Die  Normannen  führten  Ixn  Ilastings  einen  Vogel  (den  Uabcn  Odins)  im  Banner. 

'"  Das  Beowulfslied,  herausgegeben  von  Wülker  1883,  Z.  1044.  „Auf  des  Helmes  Dache, 
dem  Hauptschirmer,  ein  Eber  stund,  mit  Eisen  befestigt,  daß  Schwert  ihm  nimmer  tötlich 
sein  möchte." 


2.  Schmuck  vou  Scliild  und  Helm.  7 

lu  der  deutsclien  Heldensage  erscheinen  die  streitbaren  Recken  je  nacli 
der  Abstammung  und  der  persönlichen  Tapferkeit  angethan  mit  mehr  oder 
weniger  kostbaren  Rüstungen,  mit  glänzenden,  stahlharten  Helmen;  edelstein- 
geschmückte Reifen  oder  Kronen  zeichnen  sie  vor  dem  gemeinen  Kriegsvolke 
aus  und  machen  sie  allem  Volke  kenntlich.  Im  Waltharilied  sind  die  Helme 
mit  Roßschweif  und  Federbusch  geziert.  Aber  die  Ausschmückung  des  Helmes 
ist  doch  noch  eine  willkürliche,  mit  Ausnahme  der  Kronen,  und  die  Beispiele, 
bei  denen  dem  Schmucke  eine  symbolische  Bedeutung  zugemessen  werden  darf, 
sind  äußerst  selten.  Im  X.  Jahrhundert  schildert  das  Rolandslied  die  Helme 
der  germanischen  Stämme  rund,  während  die  Angelsachsen  solche  von  nahezu 
konischer  Form  tragen,  versehen  mit  Nasen-  und  Nackenschutz.  Auf  dem 
Teppich  von  Bayeux  erscheinen  die  Helme  der  Normannen  spitz  oder  glocken- 
förmig mit  breitem,  unbeweglichem  Nasenschutz.  ^  Im  XH.  Jahrhundert  sind 
die  beiden  Helmformen  allgemein  getragen  worden  und  haben,  gleich  dem 
normannischen  Schild  zuerst  lieraldischen  Schmuck  erhalten.  Die  Helme  der 
alten  Zeit  waren  aus  leichtem  Blech  ^  gefertigt  und  mußten  durch  Bänder, 
Spangen  und  Leisten  verstärkt  werden.  Diese  bildeten  den  natürlichen  Schmuck 
des  Helmes,  indem  sie  vergoldet  und  mit  Steinen  besetzt  wurden.  Die  Kost- 
barkeit der  Verzierung  mag  den  Anstoß  zur  Bemalung  des  Helmes  gegeben  haben. 
Es  wurde  derselbe  Effekt  mit  bedeutend  fferiufferen  Mitteln  erzielt. 

Schon  zu  Ende  des  XL  Jahrhunderts  kann  eine  Zunahme  der  farbigen 
Ausschmückung  wahrgenommen  werden.  In  den  Miniaturen'^  sind  die  Schilde 
mit  reichen  Beschlägen,  mit  mannigfachen  und  bunt  bemalten  Schildteilungen 
verziert,  von  denen  die  Heraldik  später  einen  Teil  unter  die  Heroldstücke  auf- 
genommen hat.  Wir  können  dieses  stetige  Zunehmen  des  WafiFenschmuckes 
sicherlich  mit  einer  andern,  sich  langsam  vollziehenden  Wandlung  in  Zusammen- 
hang bringen,  mit  der  stets  zunehmenden  Macht  des  Reiterstandes.  Denn  wenn 
wir  die  Wahrnehmung  festhalten,  daß  sich  dort  der  Schmuck  des  einzelnen 
Kriegers  am  schönsten  ausgebildet  hat,  wo  der  Wert  des  Individuums  am  besten 
zu  Tage  trat,  so  finden  wir  die  Vorbedingungen  der  Heraldik  in  dem  Lehens- 
wesen des  Mittelalters.  Nirgends  konnte  das  Selbstbewußtsein  des  Einzelnen 
besser  ausgebildet  und  die  Individualität  des  waifeutragenden  Mannes  stärker 
hervortreten  als  hier.  Schon  in  karolingischer  Zeit  hatte  die  Bildung  eines 
Berufskriegerstandes  begonnen,  in  dem  die  ordo  equestris  durch  die  Art  und 
Weise  der  Heerfolge  einen  Vorrang  einnahm.  Im  Laufe  des  XI.  und  XII.  Jahr- 
hunderts tritt  eine  Verschmelzung   der  schweren  und  leichtbewaffneten  Krieger 


^  Eine  kegelförmige  Helmhaube  mit  Xasale  aus  einem  Stück  aus  dem  XI.  Jahrhundert 
wurde  au  der  österreichisch-ungarischen  Grenze  ausgegraben.  Sie  hat  am  untern  Rande  Löcher 
zum  P^inhängen  des  Maschenwerkes.  Abgebildet  bei  Hendrei,  Ungarische  kriegsgeschichtliche 
Denkmäler.    Budapest  1896. 

ä  San  Harte  S.  60. 

3  V.  Hefner-Alteneck,  J.,  Trachten,  Kunstwerke  und  Gerätschaften,  1879,  9  Bände. 


8  I.  Teil:  Geschichte  und  Entwickhmg  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

zum  Adelsstande  ein,  der  durch  das  Gesetz  als  höherer  Stand  anerkannt  und 
nach  unten  abgeschlossen  wurde.  Der  Adel  selbst  war  unter  sich  von  ver- 
schiedenster Machtstellung  und  die  geringeren  und  ärmeren  Ritter  die  Lehens- 
träger und  Dienstleute  der  großen  Herren.  Aber  nach  außen  formierten  sie  eine 
privilegierte  Kaste,  die  dem  gemeinen  Manne  nur  durch  ein  Königswort  zu- 
gänglich wurde.  Die  Bewaffnung  der  Reiter  oder  Ritter  war  verschieden  von 
derjenigen  des  Fußvolkes,  schwerer  an  Gewicht  und  schwieriger  zu  haudhaben. 
Haubert,  Ringelkajjpe  und  Eisenhosen  ^  hüllten  den  Körper  ein  und  ließen  nur 
einen  kleinen  Teil  des  Gesichtes  frei.  Ueber  die  Kapuze  wurde  noch  der  Helm 
aus  Eisenblech  gestülpt,  von  Kegelform,  mit  breitem  Nasenschutze  ^  (Nasale), 
An  Stelle  des  runden  und  für  Malerei  wenig  geeigneten  Buckelschildes  war 
der  große,  stark  nach  unten  zugespitzte  Reiterschild  von  „normannischer"  Form 
in  Brauch  gekommen.  Dieser  Spitzschild  mit  oben  abgerundeten  Ecken  stellte 
nun  der  Bemalung  einen  flachen  und  bedeutend  größeren  Raum  zur  Verfügung. 

Die  Wahl  des  Schildes  zum  eigentlichen  Träger  des  Wappens,  d.  h.  in 
dieser  Zeit  noch  des  willkürlich  gewählten,  persönlichen  Erkennungszeichen, 
kann  uns  nicht  befremden,  wenn  wir  seine  Bedeutung  bei  den  germanischen 
Völkern  ins  Auge  fassen.  Die  Fahnen  und  Fähnlein  konnten  nicht  von  jedem 
Reiter  geführt  werden  und  eigneten  sich  auch  in  stofflicher  Beziehung  weniger 
zur  Anbringung  der  Abzeichen  des  Kriegerstandes,  Die  Bedeutung  des  Schildes 
hat  mit  der  Zeit  stets  zugenommen.  Er  war  der  unzertrennliche  Gefährte  des 
Kriegers,  diente  ihm  im  Felde  oft  als  Ruhelager  und  bedeckte  den  auf  der 
Wahlstatt  Gefallenen.  Bei  einzelnen  Stämmen  wurde  die  Königswahl  dadurch 
vollzogen,  daß  der  Auserwählte  auf  den  Schild  erhoben  und  herumgetragen 
wurde.  Durch  die  Heraldik  zum  Wappenschilde,  zum  persönlichen  Ehrenzeichen 
erhoben,  personifizierte  er  gleichsam  die  Ritterehre  und  durfte  keinen  Makel 
tragen.  Der  neue  Stand  hatte  nicht  bloß  Rechte,  sondern  aucli  Pflichten,^  für 
deren  Ausübung  die  Gesamtheit  haften  mußte.  Das  Berühren  des  Schildes  be- 
deutete Herausforderung  zum  Kampfe,  das  Umstürzen  den  Tod  des  Trägers, 
das  Zerbrechen  das  Aussterben  des  Geschlechtes  und  die  Austilgung  des  Schild- 
bildes den  Verlust  der  ritterlichen  Ehre, 

Gegen  Ende  des  XH,  Jahrhunderts  tritt  ein  neuer  Helm  ^  auf,  in  Form 
eines  Topfes,  welcher  den  Kopf  bis  auf  die  Nase  völlig  umschloß.     Er  eignete 


»  IMtenroth,  Trachten  der  Völker  II.  Band.  Stuttgart  1891.  —  Doiiniiii,  Die  Kriegs- 
waffen in  ihrer  Entwicklung.  IG.  Auflage.  Leipzig  18'jy.  —  Köhler,  Die  Entwicklung  des 
Kriegswesens  und  der  Kriegsführung  in  der  Ritterzeit.    Breslau  1889. 

^  Aus  dem  Nasenschutz,  der  vom  Helme  his  auf  die  Nasenspitze  reichte,  hat  sich  das 
Visier,  der  he  wegliche  Gesichtsschutz  entwickelt.  Das  Visier  hestand  aus  einer  Platte  mit 
Augenlöchern,  di(^  zu  Beginn  nicht  am  Helme  festgemacht  war,  sondern  vorgehunden  werden 
mußte.    Bcnspiele:  Hortns  deliciarum  der  Herrad  v.  Laiidsherg  und  l'arzifal  L>(JO.    12. 

ä  Vergl.  Leon  Gautier,  La  Clievalcrie.    Paris  1883.    S.  31  ff.  le  code  de  la  chevalerie. 

*  Hottenroth  II.  S.  29. 


3.  Das  persönliche  Abzeichen.  9 

sich  vermöge  des  abgeplatteten  Daches  besser  zur  Anbringimg  von  Zierarten 
als  der  Glocken-  und  der  Kegelhehn.  Die  Bemalung  ^  des  Helmes  bildet  den 
Ueberffang-  zum  eigentlichen  Kleinot  oder  Zimier. 


3.   Das  persönliche  Abzeichen. 

Lange  vor  dem  Auftauchen  der  ersten  Wappeubilder  l^egegnen  wir  dem 
Bestreben  der  mittelalterlichen  Siegler,  ein  individuelles  Kennzeichen  auf  dem 
Siegel^  anzubringen,  das  geeignet  war,  Rang  vmd  Würde  der  Person  zu  künden. 
Das  Anbringen  des  Portraites  in  Amtstracht,  die  Thronsiegel  der  Regenten,  die 
Reitersiegel  der  Fürsten  und  Heerführer  in  Kriegstracht  und  die  Siegel  der  geist- 
lichen Würdenträger  möchte  ich  zu  den  frühesten  AeuL^erungen  dieses  Strebens 
zählen.  Der  König  ist  mit  Krone,  Szepter  und  Reichsapfel,  der  Heerführer  mit 
Schild,  Schwert  und  Fahne,  der  Kleriker  mit  Inful,  Buch  und  Pedum  aus- 
gerüstet, Attribute,  welche  keinen  Zweifel  über  die  Stellung  und  den  Stand  der 
betreffenden  Person  aufkommen  ließen.  Damensiegel  ^  zeigen  die  Figur  ohne 
Attribute,  wenn  sie  nicht  einer  ausübenden  Regentiu  angehören,  bald  sitzend, 
bald  stehend,  mit  einer  Blume  oder  einem  Vogel  in  der  Rechten. 

Aus  primitiven  Anfängen  haben  sich  mit  der  Zeit  einzelne  Siegeltypen  als 
feste  Norm  für  die  einzelnen  Stände  herausgebildet,  nicht  nur  mit  Ijestimmter 
und  stereotyp  wiederkehrender  Darstellung,  sondern  auch  in  einer  bestimmten 
äußeren  Form.  Das  von  den  Karolingern  aus  der  Antike  übernommene  Oval- 
rund  wird  vorerst  durch  das  Kreisrund*  ersetzt.  In  geistlichen  Kreisen  wird 
das  letztere  nur  anfangs  verwendet  und  bald  durch  den  spitzovalen  Siegeltypus 
verdrängt.  Mit  der  Ausdehnung  des  Siegelrechtes  auf  den  Ritterstand  mußten 
neue  Typen  geschaffen  werden,  für  welche  die  bloße  Darstellung  der  Personen 
nicht  mehr  genügen  konnte.  Mit  Zuhülfenahme  der  Heraldik  war  es  möglich, 
den  weitgehendsten  Anforderungen  zu  genügen,  aber  die  Beispiele  für  die 
heraldischen  Typen  sind  im  XH.  Jahrhundert  noch  äußerst  selten. 

Das  erste  wirkliche  Portraitsiegel  führt  Karl  der  Dicke.^  Die  traditionelle 
Profilstellung  des  Kopfes  ist  hier  noch  beibehalten  und  wird  erst  962  unter 
Kaiser  Otto  I^  durch  das  zugewendete  Brustbild  mit  Szepter  und  Reichsapfel 
ersetzt.    Der  spitzovale  Typus  mit  dem  Brustbilde  des  Herrschers  erscheint  unter 


^  Vergl.  die  schon  citierten  Werke  v.  Hefner-Alteneck  nnd  Mayer-Mayerfels. 

^  Abbildungen  bei  Seyler,  Geschichte  der  Siegel.  Leipzig  1S95.  —  Lecoy  de  la  Marclie, 
Les  sceaux.    Paris.    Bibliotheque  de  l'enseignement  des  beaux  arts. 

^  Siegel  der  Königin  Bertha  von  Burgund.  Zeerleder,  Urkundenbuch  der  Stadt  Bern  und 
Anzeiger  für  schiceiz.  Geschichte  und  Altertumshunde  1858,  Taf.  \  und  S.  49  tf. 

*  Beibehaltung  der  antiken  Gemmenform,  indem  alte  Gemmen  mit  einer  Inschrift  gefaßt, 
als  Siegel  verwendet  wurden.  Yergl.  Urhundcnhuch  der  Stadt  und  Landschaft  Züricli.  Lief  L 
Siegel  des  Grafen  von  Baden. 

®  Seyler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  68.  62. 

"  Abbildung  bei  Stacke,  Deutsche  Geschichte.    Leipzig  1880.    Band  I,  S.  262. 


10 


I.  Teil:  Geschichte  und  Entwicklung  der  Heraldik  im  allgemeinen. 


König  Robert  von  Frankreich^  im  Jahre  996  und  die  Darstellung  der  ganzen 
Figur  in  den  Siegeln  Kaiser  Ottos  IIL^  (983—1003).  Das  eigentliche  Thron- 
siegel, das  den  König  sitzend  darstellt,  wird  durch  Heinrich  11.^  eingeführt  und 
bleibt  durch  das  ganze  Mittelalter  hindurch,  bis  auf  Kaiser  Maximilian  I.  bestehen. 
Zu  den  ersten  Reitersiegeln  gehört  das  Rundsiegel  des  Herzogs  von  der 
Normandie,  Wilhelms  des  Eroberers.'^  Der  Herzog  ist  dargestellt,  nach  links 
reitend,  angethan  mit  SchuiDpenpanzer  und  Helm,  bewehrt  mit  Reiterschild  und 
bewimpeltem  Speere.  In  diesen  Siegeln,  welche  gewöhnlich  von  den  groläen, 
aber  nicht  zu  Thronsiegeln  berechtigten  Dynasten  geführt  wurden,  Läßt  sich  das 
Aufkommen  der  heraldischen  Schildbilder  hübsch  nachweisen.  Neben  dieser 
feudalen  und  beliebten  Darstellung  zu  Pferde,  ist  auch  das  Fußstandbild  ^  in 
Kriegstracht  sphragistisch  verwendet  worden,  indem  das  Siegel  den  Krieger  mit 
Schild,  Schwert  und  Fahne  bewaffnet,  in  Vorderansicht,  zeigt. 

Entsprechend  den  weltlichen  Großen  haben  die  geistlichen  Würdenträger, 
denen  seit  den  Zeiten  der  Merowinger  das  beschränkte  Siegelrecht  eingeräumt 
war,  ihr  Konterfei  im  Siegelfelde  angebracht.    Diese  geistlichen  Siegel^  schließen 

sich  in  der  Darstellung  eng  an  die  Kaisersiegel 
an  und  machen,  wie  diese,  eine  Entwicklung 
vom  einfachen  Brustbilde  bis  zur  ganzen  Figur 
und  zum  Thronsiegel  auf  der  sella  curulis  durch. 
Um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  erscheinen 
die  ersten  Bilder  auf  Rundsiegeln,  die  noch 
nicht  als  heraldische  Schildbilder,  wohl  aber 
als  deren  unmittelbare  Vorläufer  angesehen 
werden  können. 

An  Stelle  des  Fortraits  tritt  ein  in  Bezug 
auf  das  Amt  oder  mit  Anspielung  auf  den 
Namen  erwähltes  Bild,  das  wir  nicht  im  Schilde, 
wohl  aber  als  freies  Abzeichen  im  Siegelfelde  nachweisen  können.  Das  Rund- 
siegel des  Grafen  Rudolf  von  Ramsberg  ^  von  1163  zeigt  einen  Rani  (Eber)  in 
roher,   aber  deutlicher  Zeichnung,  dasjenige  der  Grafen  Arnold  und  Chuno  von 


Fig.  1.    Siegel  des  Grafen  Chuno  v.  Lenzburg  1167. 


^  Abbildung  bei  Lecoy  de  la  Marclie,  les  sceaux,  S.  40. 
^  Sickel,  Kaiserurkunden  in  Abbildungen.    Innsbruck  1881. 
^  Abbildung  Lecoy  de  la  Marche  S.  118. 

*  Abbildung  Lecoy  de  la  Marche  S.  177.  Zu  den  ältesten  Beispielen  gehören  die  Siegel 
der  Grafen  von  Flandern  vergl.  dazu  Vrednis,  Sigilla  comitum  Flandriae,  Brngis  Flandrorum. 
Anno  1639. 

^  Seyler,  Geschichte  der  Siegel,    S.  81  u.  83. 

*  In  unseren  Gegenden  siegeln  die  Bischöfe  von  Konstanz  seit  1127,  die  von  Genf  seit 
1135,  von  Wallis  1I7K.  Basels  Bischöfe  siegeln  seit  1072  und  bedienen  sich  folgender  Dar- 
stellungen: 1)  Brustliild  1072,  2)  Standbild  1137,  3)  sitzend  auf  der  sella  curulis  von  1137  bis 
1437.  Von  den  Klöstern  siegelt  St.  Gallen  1130,  St.  Mauriz  1178,  Rheinau  1187,  Allerheiligen 
in  SchafFhausen  1198. 

'  Abb.  Seyler,  Geschichte  der  Siegel,   S.  77.    Geschichte  der  Heraldik,    S.  70. 


3.  Das  persönliclie  Abzeichen.  ]  \ 

Lenzburg  ^  eine  zweitürmige  Burg.  Schon  um  1150  trägt  ein  Reiterrundsiegel 
des  Grafen  Enguerran  von  Saint-PoP  vier  Garben  als  Beizeichen,  welche  von 
seinen  Nachkommen  im  Schilde  geführt  wurden  und  ein  Siegel  Herzog  Berch- 
tolds  III.  von  Zähringen  1156  einen  Löwen. ^  Alle  diese  Bihler  sind  nach  be- 
stimmten Vorbedingungen  erwählte  Abzeichen,  die  später,  zum  großen  Teil,  als 
Schildbilder  fortbestehen. 

Fassen  wir  die  ganze  Entwicklung,  welche  unter  dem  Streben  nach  einem 
persönlichen  Abzeichen  stattgefunden  hat,  noch  einmal  in  Kürze  zusammen. 
Sie  nimmt  ihren  Anfang  im  X.  Jahrhundert  in  der  Darstellung  von  Personen 
mit  Abzeichen  von  Amt  und  Würde,  bildet  sich  weiter  durch  l^eliebig  gewählte, 
aber  in  irgend  einer  Beziehung  zum  Inhaber  stehende  Figuren  von  temporärem 
Werte  und  findet  ihren  Abschluß  in  dem  Aufblühen  der  mannifffaltiffen  und 
bilderreichen  Heraldik. 

Nichts  hat  so  viel  zur  Einführung  und  Verallgemeinisierung  der  persön- 
lichen Schildzeichen  oder  Wappen  beigetragen,  wie  die  ja  überhaupt  auf  Kunst 
und  Kunstgewerbe  in  tiefgehendster  Art  einwirkenden  Kreuzzüge.  Das  Auf- 
malen* des  Kreuzes  auf  Schild,  Helm  und  Fahne  war  bei  den  Kreuzfahrern 
allgemeiner  Brauch,  und  mag  einen  direkten  Anstoß  zur  Weiterbildung  gegeben 
haben.  Denn  dieses  Kreuz  war  nicht  allein  ein  Ehrenzeichen,  sondern  diente 
als  Erkennungszeichen  der  einzelnen  Völker  untereinander,  indem  es  nach  ge- 
troffener Uebereinkunft  in  verschiedenen  Farben  gfetrao-en  wurde. 

Das  Bedürfnis  nach  einem  persönlichen  Abzeichen  mußte  sich  hier  in 
höchstem  Grade  geltend  machen,  wenn  man  bedenkt,  wie  viele  Tausende  streit- 
barer, edler  Herren  aus  allen  Landen  der  Christenheit  an  diesen  Zügen  teil- 
nahmen und  wie  die  damalige  Kriegsausrüstung  das  Gesicht  verhüllte.  Wann 
und  wo  die  ersten  Schildbilder  an  Stelle  der  Schildverstärkungen  und  Ver- 
zierungen gesetzt  worden  sind,  liegt  im  Dunkel  des  XII.  Jahrhunderts  begraben. 
Wir  sind  nur  auf  die  in  Siegeln  erhaltenen  Beispiele  angewiesen,  welche  fast 
gleichzeitig  in  den  abendländischen  Staaten  auftauchen,  im  südlichen  Frankreich 
aber,  dem  Sitze  der  ritterlichen  Kultur,  besonders  zahlreich  und  schön  erscheinen. 

Die  Litteratur^  kennt  schon  vereinzelt  Schild-  und  Fahnenzeichen  in  der 
ersten  Hälfte  des  XII.  Jahrhunderts.  Je  mehr  sie  sich  der  Mitte  des  Jahr- 
hunderts nähert,  desto  häufiger  werden  die  Beispiele,  in  denen  die  Dichter  ihre 
Helden  mit  persönlichen  Abzeichen,   mit  Wappen  ausstatten.     Der  Schild  wird 


1  Zürcher  UrJcmidenbuch,  Siegelabbilduugen  I,  Nr.  10  u.  11.    Seyler,  G.  d.  H.   S.  71. 
^  Bemay,  Le  costume  au  moyen-age  d'apres  les  sceaux.    Paris  1880.    Abb.  S.  192. 
'  V.  Heyck,  Urkunden  und  Siegel  der  Herzoge  von  Zähringen,  1892. 

*  Seyler,  G.  d.  H.  Beruliard  von  Clairvaux  ermunterte  in  seinen  Pi-edigten  die  Ritter 
zum  Kreuzzuge  mit  dem  Zurufe:  depingitis  hastas,  clipeos  et  seHas.  —  Moufaucon,  Monuments 
de  hl  monarchie  fran(;aise  I,  PI.  XXXIV  und  PI.  L,  Glasgemälde  in  Saint-Denis ;  Darstellung 
der  Kreuzfahrer  von  Xicäa,  mit  Kreuzen  auf  den  Helmen. 

*  Ulrich  von  Zatzikoven ,  Lanzelet.  —  Hartmann  von  Aue,  Bitterolf,  Erek  etc.  — 
Boidy  de  Lesdain,  Les  plus  anciennes  armoiries  fran^aises  S.  3. 


12  I-  Teil:  Geschiclite  und  Entwicklung  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

ihr  bevorzugter  Träger.  Dieses  Hervortreten  an  erste  Stelle  zeigt  sich  in  einer 
Verschiebung  des  Sprachgebrauches.  Das  Wort  „Zeichen"/  das  bis  anhin  Feld- 
zeichen und  Fahne  bedeutete,  wird  ein  Synonym  für  den  Schild.  Der  eigent- 
liche Ausdruck  ist  „wäpen"  oder  „wäfen";  er  kommt  zum  erstenmale  im  Erek  des 
Hartmann  von  Aue  vor  und  wird  zur  bleibenden  Bezeichnung  des  mit  einem 
Bilde  geschmückten  Schildes. 


4.   Die  ersten  heraldischen   Bilder. 

Als  unanfechtbare,  sichere  Schildzeichen  können  nur  diejenigen  gelten, 
welche  auf  Portraitsiegeln  im  Schilde  oder  in  den  eigentlichen  Schildsiegeln 
auftreten.  Die  Schildsiegel,  eine  direkte  Nachbildung  des  Kampfschildes,  er- 
scheinen gleichzeitig  mit  den  Zeichen  in  den  Reiterschilden  und  tragen  die 
Legende,  d.  h.  den  Namen  des  Inhabers  auf  einem  schmalen,  der  Schildform 
sich  anschließenden  Bande. 

Wenn  die  chronologische  Reihenfolge  der  ersten  datierten  Siegel  mit 
Wappenschilden  die  überwiegende  Mehrzahl  den  Franzosen  zuweist,  so  ist  dies 
dadurch  zu  erklären,  daß  Frankreich  zu  jener  Zeit  an  der  Spitze  der  abend- 
ländischen Kultur  stand  und  auf  allen  Gebieten  tonangebend  auf  die  übrigen 
Völker  wirkte.  Die  Heraldik  tritt  uns  auch  hier  in  voller  Entwicklung  ent- 
gegen, die  Schilde  sind  mit  Heroldsstücken  und  mit  Brisuren^  besetzt,  reich 
mit  verschiedenartigen  Pelzmustern  verziert  und  glänzend  in  der  Zusammen- 
stellung der  Farben.  Hier  ist  die  Heraldik  in  dem  kurzen  Zeitabschnitte  eines 
Vierteljahrhunderts  zur  höchsten  Blüte  gelangt. 

Der  Umbo  oder  Schildbuckel  bildete  das  feste  Zentrum  und  den  größten 
und  geföhrlichsten  Widerstandspunkt  des  alten  Kampfschildes.  Er  bleibt  in  der 
Uebergangsperiode  zum  heraldischen  Schilde  bestehen,  und  ist  auf  den  Siegeln 
des  Philippe  d' Alsace^  (1170),  des  Endes  de  Harn  (1177),  des  Richard  de  Vernon,* 
des  Königs  Richard  Löwenherz  ^  (1195)  im  Reiterschilde,  wie  auf  dem  Schild- 
siegel des  Grafen  von  Saarwerden  über  den  Schildbildern  angebracht.  Da  er 
aber  den  besten  Platz  im  Schilde,  nämlich  die  Mitte,  einnahm,  so  mußte  er  bei  der 
rasclien  und  allgemeinen  Ueberhandnahme  der  Schildbilder  weichen  und  den- 
selben  die  ganze  Fläche  zur  Entfaltung  überlassen. _  Schon  nach  kurzer  Zeit  ist  er 
ganz  verschwunden  und  sphragistisch  nicht  mehr  nachweisbar,  denn  die  meisten 
Siegel  der  nun  folgenden  Aufzälilung  zeigen  den  Schild  wohl  mit  Figuren  geziert, 
aber  ohne  Buckel. 


'  Sei/ler,  Gustav  A.,   Gescliichte   der  Heraldik   (Siebniacliers  Wappenbnch).    N.  A.  IUI.  A. 
Nürnberg  18H5-,S9. 

■■*  liouli/  de  Lesdain,  Archive«  lleraldi(|ues  189(5.    Les  brisures  d'apres  les  sceaux. 
^  Olicarius   Vredius,  Sigilla  comituni  Klandriae  8.  \)\  und  19.    Deniay  S.  129. 
*  Demaij,  Le  costume  d'apres  les  sceaux  8.  114.  "KYl. 
»  Seyler,  G.  d.  S.    S.  85. 


4.  Die  ersten  heraldischen  BiUler.  \^ 

Diese  Reihe  macht  keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit,  sie  soll  nur  das 
Ueberwiegen  der  französischen  Beispiele  und  ihren  weit  entwickelteren  Stand 
der  Heraldik  darthun.  Bis  zum  Jahre  1200  finden  sich  daselbst  schon  alle  ein- 
fachen und  viele  komplizierte  Heroldsfiguren,  Brisuren  und  zusammengezogene 
Wappen,  während  die  deutschen  Beispiele  nur  „gemeine  Figuren"  oder  die  ein- 
fachsten Schildteiluugeu  aufweisen.  Bouly  de  Lesdain  erwähnt  in  seiner  aus- 
gezeichneten Arbeit  über  die  ältesten  französischen  Wappen^  ein  solches  schon 
1127  nach  einer  Beschreibung  des  Mönchs  von  Marmoutiers.  Auf  Siegel- 
darstellungen ist  der  Nachweis  schon  deshalb  beschränkt,  weil  der  Schild  bei 
der  üblichen,  nach  (h.)  links  reitenden  Figur  nur  von  hinten  sichtbar  bleibt.  Zu 
den  ältesten  Siegeln  mit  figürlichem  Schmucke  auf  Schild  oder  Fahne  gehören 
das  Reiterrundsiegel  Leopolds  des  Heiligen,  Markgrafen  von  Oesterreich  (1096 
bis  1136)  mit  zwei  Schrägbalken  im  beränderten  Schilde,  das  Reiterrundsiegel 
des  Grafen  von  Barcelona,  Raimon  IV.  Berengar^  (1140)  mit  vier  schmalen  Pfählen 
im  langgestreckten  Schilde,  die  Reiterrundsiegel  des  Herzogs  Welfo  von  Sar- 
dinien, Markgrafen  von  Tuscien^  (1152)  und  des  Pfalzgrafen  Friedrich  von  Bayern'* 
(1166)  mit  figürlichen  Fahnenbildern  (unbestimmbarer  Vogel  und  Reichsadler). 
Als  erstes  heraldisches  Beispiel,  auf  welchem  Schild,  Fahne  und  WafiPenrock 
das  Bild  (geschacht)  tragen,  gilt  das  Reiterrundsiegel  Galerans  IL,  Grafen  von 
Meulan  (vor  1150).  Zahlreicher  werden  die  heraldischen  Schilde  erst  nach  1150 
und   allgemein  im   ganzen  Abendlande   gegen   das  Ende   des  XH.  Jahrhunderts. 

In  der  nun  folgenden  Zusammenstellung  aus  dem  mir  zur  Verfügung 
stehenden  Materiale^  sind  die  Schildfiguren,  wenn  immer  möglich,  angegeben, 
um  einen  Einblick  in  die  Mannigfaltigkeit  der  ältesten  Heroldskunst  zu  gewähren. 

1150.    Galeran  IL,    Comte    de    Meulan  (Schachbrett).     Raymon  Berengar,    le  Vieux, 
raarquis  de  Provence  (3  Pfähle). 

1154.  Robert,    duc    de    Lorraine    (1148 — 76)    (Adler).      Henry    de    Lorraine,    Grand 
prevot  de  St.-Dre  (Adler). 

1155.  Bouehard,  seigueur  de  Guise  (im  Rund  ein  Adler). 
1160.    Otto  der  Reiche,  Markgraf  von  Meißen  (2  Schrägbalken). 
1162.    Anselme  de  Candavene  (Garben^. 

1164.    Sohier,  chatelain  de  Gjind  (weißes  Schildhaupt). 


'  Bouly  de  Lesdain,  Les  plus  anciennes  armoiries  fran^aises  (1127 — 1300).  Arcliives  lieral- 
diques  Suisses  1897,  Nr.  2  und  3. 

^  Abgebildet  in  der  Zeitschrift  „Mitteilungen  des  heraldischen  Vereins  zum  Kleeblatt» 
in  Hannover"  1894,  Nr.  7. 

^  Aus  der  Sammlung  von  Bundesrichter  Dr.  J.  Morel  in  Lausanne. 

*  Yergl.  damit  ein  Spitzovalsiegel  des  Markgrafen  Otto  II.  von  Brandenburg,  das  den 
Adler  auf  Fahne  und  Schild  trägt.     Seyler,  G.  d.  H.,  S.  77. 

^  Außer  den  schon  angeführten  Werken  von  Deniay,  Seyler,  Vredius  u.  dem  Zürch.  Urkunden- 
buch  sind  für  die  Zusammenstellung  benützt  worden:  Demay,  le  blason  d'apres  les  sceaux  du 
moyen-age.  Memoires  de  la  societe  des  Antiquaires  de  France.  T.  37,  1876.  —  Hohenlohe- 
Waldenburg,  Fürst  F.  K.,  Sphragistische  Aphorismen.  300  mittelalterliche  Siegel,  Heilbronn  1882, 
und  Sphragistisches  Album  (Dynastensiegel),  Frankfurt  1859 — 65. 


24  I-  Teil:  Geschichte  und  Entwicklung  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

1165.    Graf  Emich  von  Leiningen  (Adler). 

1167.    Philippe  d'Alsace,  comte  de  Flandre  (Leu). 

1170.  Heinrich,  Herzog  von  Oesterreich  (Adler).  Otto  I.,  Markgraf  von  Branden- 
burg (Adler). 

1171.  Robert  Y,  de  Bethune  (3   Schrägbalken). 

1172.  Yves,  comte  de  Soissons  et  seigneur  de  Nesle  (3   Querbalken). 

1174.  Graf  Hartmann  von  Dillingen  (Schrägbalken  und  4  Löwen).  Robert,  Senechal 
de  Meulan  (Schrägbalken  und  merlettes). 

1177.  Mathieu  II,  de  Montmorency  (Balkenkreuz,  begleitet  von  4  Adlern).  Burchard 
de  Montmorency  (Balkenkreuz,  begleitet  von  4  Adlern).  Endes  de  Ham 
(3  Halbmonde  2,  1).  Guillaume  lY,  de  Forcalquier,  comte  de  Provence 
(Balkenkreuz,  mit  Knöpfen  besetzt).  Rasse  de  Gavre  (trecheur  =  doppelte 
lilienbesetzte  Einfassung).  Guillaume  de  Guines  (Pelzmuster  mit  Schildrand 
als  Brisure).  Hellin  de  Warwin  (Adler  im  freien  Feld).  Graf  Bertold  von 
Lechsgemünd  (Panther). 

1178.  Conen,  comte  de  Soissons  (Löwen). 

1179.  Herzog  Boleslaw  von  Schlesien  (Adler).  Leopold  der  Tugendhafte,  Herzog 
von  Oesterreich  (1177 — 94)  (Adler).  Ludwig  Graf  von  Oettingen  (Herolds- 
bild).    Graf  Otto  von  Witteisbach  (Adler). 

1180.  Guillaume  de  Boury  (Halbmond).  Gerard,  comte  de  Boulogne  (3  Kugeln).  Henry  II, 
comte  de  Champagne  (Schrägbalken).     Heinrich  von  Liebenstein  (geweckt). 

1181.  Friedrich  Y.,  Herzog  von  Schwaben  (Leu).  Philippe  d'Alsace,  comte  de 
Flandre  (Leu,  auch  auf  dem  Helm). 

1183.  Raoul  I,  comte  de  Clermont  (Leu). 

1184.  Pierre  de  Courtenay,  comte  de  Nevers  (3  kreisrunde  Scheiben).  Herzog  Bertold 
von  Dalmatien  (Adler). 

1185.  Aubry  de  Dammartin  (4  Querbalken).  Graf  Ludwig  von  Saarwerden  (Adler  mit 
Doppclkopf).   Eberhard  v.  Eberstein  (Rose).   Guillaume  de  Melle  (merlettes  etc.). 

1186.  Otto  von  Lohdeburg  (Hirsch).  Jean  de  Breval  (gesparrt).  Gui,  le  boutelier 
de  Senlis  (3  Garben). 

1187.  Herzog  Berchtold  von  Zähringen  (Adler).  Graf  Albert  von  Klettenburg  (Zinnen- 
schnitt von  Kürsch).  Endes,  fils  du  duc  de  Bourgogne  (6  mal  schräg  ge- 
spalten mit  gezahntem  Schildrand). 

1188.  Agnes  de  Saint-Yrain  (merlettes  en  orle).  Mathieu  III,  comte  de  Beaumont- 
sur-Oise  (Leu). 

1189.  Hugues,  vicomte  de  Chateaudun  (merlettes).  Gilbert  de  Carency  (Querbalken). 
Mathilde  von  Portugal  (5  Schilde  mit  Kugeln).  Richard  I.  Löwenherz,  König 
von  England  (Leu). 

1190.  Jean,  comte  de  Mortain,  Bruder  Richards  (2  Löwen).  Gerard  de  Ronsoy 
(burele  =10  mal  geteilt).  Hugues  de  Yallery  (Lilien).  Hugues  lY,  comte 
de  Saint-Pol  (2  Löwen).  Jean  I,  comte  de  Roucy  (ein  Baum).  Raoul,  Sire 
de  Coucy  (mehrfach  geteilt  =  fasce).  Etienne,  comte  de  Perche  (gesparrt  mit 
fünflappigem  Turnierkragen).  Philippe  de  Beaumont  (Leu).  Graf  Moritz  von 
Oldenburg  (2  geweckte  Querbalken).  Herzog  Adalbert  von  Teck  (Adler). 
Richard  von  Zebing  (quer  gestreift). 


15 


Fi".  2.     Siegel  des  Herzogs  Berchtold  V.  von  Zähringen  1187. 


Fig.  3.     Siegel  des  Herzogs  Berchtold  IV.  von  Zähringeu  1177. 


1(5  I.Teil:  Geschichte  und  Entwickhing  der  Heraldik  im  allgemeinen. 

1191.  Baudoin  de  Montagne  (Arm).  Diethelm  v.  Toggenburg  (halber  Adler  und  halber 
Leu).  Heinrich  der  Löwe,  Herzog  von  Bayern  und  Sachsen  (Leu).  Raoul, 
corate  d'Eu  (Heroldstigur). 

1192.  Gui  de  Garlande  (Leu). 

1193.  Guillaume  des  Baux,  Prince  d'Orange  (Hörn).  Jean  de  Noyon  (gespalten, 
1  mit  Querbalken,  2  gepfählt  mit  Schildeshaupt).  Robert  de  Wawrin,  senechal 
de  Flandre  (Adler).     Robert,  comte  de  Chartres  (2   Querbalken). 

1194.  Pierre  de  Saint-Hilaire  (3  Sterne).     Gerard  de  Saint-Aubert. 

1195.  Baudoin,  le  Courageux,  corate  de  Hainaut  (gesparrt).  Roger,  comte  de  Meulan 
(Leu).  Gilles  de  Trazegnies  (7  mal  schräg  geteilt  mit  ausgezahntera  Schild- 
rand). Julienne,  Dame  de  Rosoy  (2  Rosen  zu  Seiten  der  Figur,  später  im 
Schild).  Robert,  comte  de  Leicester  (Schachbrett).  Simon,  comte  de  Montfort 
en  France  (Leu).  Pierre  de  Gamaches  (Leopard).  Rene  de  Gavre  (doppelte 
lilienbesetzte  Einfassung).  Richard  de  Vernon  (Schrank  [Sautoir]  mit  Turnier- 
kragen). 

1196.  Friedrich  de  Bittis  (Lothringen)  (3  Adler).  Richard  de  Banteleu  (Querbalken 
und  merlettes). 

Zwi.schen  1197  und  1200  zählt  Bouly  de  Lesdain  58  weitere  Beispiele. 
Aber  auch  in  deutschen  Landen  werden  die  Wappenschilde  immer  häufiger  a)3- 
gebildet  und  nach  1210  gehören  Kampfschilde  ohne  Wappen  Verzierung  zu  den 
Seltenheiten. 


ZWEITER  TEIL. 


-o^- 


Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz, 


-'<38S>'- 


I.  Periode. 

Das  XII.  Jahrhundert. 


Das  Land  zwischen  den  Alpen  nnd  der  Jurakette  war  ein  Kampfplatz,  auf 
welchem  die  romanische  Kultur  von  Westen  und  die  germanische  von  Osten  her 
um  den  Vorrang  stritten.  Obwohl  das  deutsche  Königtum  im  Mittelalter  (1083) 
die  beiden  Gebiete  Burgund  und  Schwaben,  in  die  unser  Land  zerfiel,  unter 
einem  Szepter  vereinigen  konnte,  dauerten  beide  Einflüsse  doch  ununterbrochen 
fort,  bis  der  Kampf  um  den  Vorrang  in  späteren  Zeiten  endgültig  zu  Gunsten 
der  deutschen  Kultur  entschieden  hat.  Aber  die  wechselseitige  Einwirkung  dieser 
beiden  Kulturströmuugen  ist  in  der  Geschichte  unserer  Kunst  verzeichnet  und 
hat  in  gewissem  Sinne  bis  auf  unsere  Zeit  fortgewirkt. 


1.  Die  Siegel. 

Die  ersten  mittelalterlichen  Siegel  finden  sich  im  Königreich  Burgund. 
Die  beiden  spitzovalen  Siegel  der  Königin  Bertha,^  Tochter  Burchards  L  von 
Alemanieu  und  Gemahlin  Rudolfs  IL  von  Burgund,  sind  apokryph,  aber  vielleicht 
nach  alten  Vorlagen  hergestellt.     Rudolf  IIL,  der  letzte  Burgunderkönig,   führt 

^  Sie  sollen  erst  im  XII.  .Jalu-hundert  gefälscht  worden  sein.  Anzeiger  1858,  S.  52.  Fontes 
rer.  bern.  I,  275. 

9 
Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  -^ 


18  II.  Teil:  Gescliichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jahrlumdert. 

1011  ein  großes  RundsiegeP  mit  Portraitbüste.    Die  Darstellung  in  schwachem 
Relief  zeugt  von  ungemein  roher  und  kunstloser  Arbeit. 

Die  Reitersiegel,  deren  Wichtigkeit  für  die  Heraldik  wir  schon  früher 
betont  haben,  sind  bei  uns  schon  in  der  ersten  Hälfte  des  XH.  Jahrhunderts 
nachzuweisen  und  zwar  vorwiegend  in  den  westlichen  Gegenden,  welche  dem 
französischen  Einflüsse  am  nächsten  lagen.  Die  Zähringer  nehmen  das  Reiter- 
siegel erst  1169  an,  behalten  es  aber  bis  zu  ihrem  Aussterben  bei. 
Die  ersten  mir  bekannten  Reitersiegel  sind:^ 

1124.    Aymo  comte  de  Genevois. 

1131.    Udelardus,  Graf  von  Sogren. ^ 

1150.    Umbertus   Moriensis  comes  et  marchio  (Savoyen). 

1152.    Welfo,  Herzog  von  Schwaben. 

1154.    Peter,  Seigneur  de  Prangins. 

1154.    Welfo,  Herzog  von  Schwaben. 

1169.    Berchtold  IV.,  Herzog  (von  Zähringen),  Rector  Burgundiae. 

1173.    Udelardus  comes  de  Sugron. 

1177.    Berchtold  IV.,  Herzog,  Recror  Burgundiae. 

1179.    Friedrich,  Herzog  von  Schwaben. 

1181.    Berchtold  IV.,  Herzog,  Rektor  Burgundiae. 

1181.    Friedrich,  Herzog  von  Schwaben, 

1187.    Berchtold  V.,  Herzog  von  Zähringen. 

1191.  Konrad,  Herzog  von  Schwaben. 

1192.  Ulrich  lU.,  Graf  von  Neuenburg. 
1198.    Rudolf,  Graf  von  Habsburg. 

Diese  ersten  Reitersiegel  geben  uns  einen  Begriff  von  der  geringen  Kunst- 
fertigkeit ihrer  Zeit  und  erklären  aus  sich  selbst,  warum  die  Siegler '^  des  frühen 
Mittelalters  zu  antiken  Gemmen  Zuflucht  genommen  haben  und  sich  erst  nach 
und  nach  mit  den  contemporären  Produkten  befreunden  konnten.  Bei  dem  eifrigen 
Bestreben,  Besseres  zu  leisten,  lassen  die  Fortschritte  nicht  allzulange  auf  sich 
warten.  Auf  die  ersten  unbeholfenen  Versuche,  in  denen  sich  die  Darstellung  mit 
einer  unproportionierten  Reitersilhouette  begnügt,  folgen  besser  proportionierte 
Reiterbilder,  auf  welchen  da  und  dort  schon  realistische  Momente  ^  durchdringen. 
Während  die  Reiterfigur  in  den  primitiven  Siegeln  unverhältnismäßig  groß  und 
zwischen  die  beiden  Pferdehälften  hineingeschoben  erscheint,  in  lebloser  Starrheit, 


^  Büste  de  face.  Der  bärtige  König  trägt  eine  dreizackige  Krone,  in  der  Rediten  das 
Lilienszepter,  in  der  Linken  den  Richterstab.  Umschrift  in  lat.  Majuskeln.  Rodolfus  Pins,  Hex. 
Abb.  im  Anzeiger  für  scliweiz.  Geschichte  und  Altertumskunde  Band  l\,  S.  ."14. 

^  Abbildungen.  ZeerJeder,  Urkunden  für  die  Geschichte  der  Stadt  Bern  1854.  —  Anzeiger 
für  Schweiz.  Altertumskunde  18H7,  S.  394.  —  Zürclier  Urkundenbuch  Lief.  I. 

'  Das  Siegel  hängt  an  der  Stiftungsurkunde  von  Frienisberg.  Die  Urkunde  ist  verdäclitig, 
das  Siegel  vielleicht  echt.     Fontes  rer.  bern.  I,  S.  404.  453. 

*  Graf  Werner  von  Lenzburg-Baden  z.  B.  siegelt  mit  einer  Gemme  mit  Imperatorenkopf. 
Zürcher  Urkundenbuch  Lieferung  I,  S.  7. 

^  Bewegte  Darstellung  des  Fußes  im  Steigbügel. 


1.  Die  Siegel.  \g 

nimmt  sie  später  mehr  Leben  an,  sitzt  fest  auf  dem  Rosse,  den  Körper  vorn- 
über gebeugt  und  die  Beine  nach  vorn  gestreckt,  in  der  Linken  den  Schihl 
und  in  der  Rechten  das  Schwert  oder  die  Speerfahne.  Je  mehr  die  Technik 
vorschreitet,  desto  richtiger  werden  die  Proportionen ;  aber  die  anormale  Größe 
des  Reiters  bleibt  durchs  ganze  XIL  Jahrliundert  bindurch  bestehen.  Dieses 
naive  Mittel,  die  Hauptperson  hervortreten  zu  lassen,  ist  von  den  Künstlern 
des  Mittelalters  häufig  angewendet  worden  und  findet  sich  auf  den  verschiedensten 
Darstellungen,  auf  Mosaiken,  Wandbildern  und  Miniaturen. 

Das  erste  Reitersiegel, ^  auf  welchem  der  Schild  mit  einer  heraldischen  Figur 
bedeckt  ist,  führt  Herzog  Berchtold  V.  von  Zähringen  im  Jahre  1187.  Das 
Siegel  mißt  88  mm  im  Durchmesser,  zeigt  den  Herzog  nach  links  dahinsprengend, 
die  zweilappige  Speerfahne  in  der  Rechten,  den  Schild  mit  dem  Adler,  um  den 
Hals  gehängt,  vorn  auf  der  Brust.  Der  Schild  ist  dreiviertel  sichtbar  und  zeigt 
den  einköpfigen  Adler,  welchen  auch  die  Herzöge  von  Teck,  die  Grafen  von 
Fürstenberg  und  Freiburg  aus  dem  Hause  Urach  führten,  als  Erben  der  Zähringer. 
Ein  Vergleich  dieses  Schildes  mit  demjenigen  auf  dem  Reitersiegel  Herzog 
Berchtolds  IV.  vom  Jahre  1177  zeigt,  daß  er  bedeutend  kleiner  geworden  ist. 
Der  Umbo,  das  achtstrahlige,  lilienartige  Schildbeschläge  und  der  doppelte,  mit 
einer  Reihe  von  Nägeln  besetzte  Schildrand  sind  verschwunden,  die  obere  ovale 
Wölbung  des  Schildes  hat  sich  der  geraden  Linie  genähert  und  zeigt  nun  die  be- 
kannten abgerundeten  Ecken  des  normannischen  oder  romanischen  Wappenschildes. 
Die  Figur  des  Reiters  ist  unverhältnismäßig  groß,  besonders  der  Oberkörper;  aber 
sie  sitzt  sicher  auf  dem  dahinsprengenden  Rosse  und  hält  den  Fuß  mit  leichter 
Senkung  der  Spitze  im  Steigbügel  fest.  Ein  oben  flach  abg'erundeter,  aber  immer 
noch  visierloser  Helm  bedeckt  den  Kopf,  während  der  ül)rige  Körper  durch 
das  Panzerkleid  geschützt  ist. 

Dies  ist  das  älteste  Siegel  aus  unsern  Gegenden,  welches  ein  unbestreitbares 
Wappenbild  enthält,  wenn  von  dem  Reitersiegel  des  Herzogs  Friedrich  V.  von 
Schwaben^  und  dem  Schildsiesfel  des  Grafen  Hartmann  von  Dillino'en  abgesehen 
werden  muß.  Ersteres  ist  an  keiner  schweizerischen  Urkunde  zu  finden  und 
jedenfalls  an  einem  Orte  angefertigt  worden,  wo  die  Stempelschneider  schon  mit 
einer  gewissen  Virtuosität  gearbeitet  haben ;  letzteres  befindet  sich  an  einer  un- 
datierten Urkunde  und  wird  bald  dem  Jahre  1174,  bald  lll>4  zugesprochen. 
Wenn  die  frühere  Datierung  angenommen  wird,  der  weder  stilistisch  noch  ge- 
schichtlich etwas  im  Wege  steht,  so  tritt  das  Zähringerreitersiegel  an  zweite 
Stelle.    Die  Entstehung  des  Kyburger  Wappens^  geht  auf  Graf  Adalbert  I.   von 


'  Siegelabbildungen  zum  Zürcher  Urkundenbuch  Lieferung  I,  Fig.  3  und  S.  9. 

*  Reiterrundsiegel  1181—86.  78  mm  Durclimesser.  Der  Herzog  reitet  nach  links,  bewehrt 
mit  Schild  und  Speerfahne.  In  dem  teilweise  sichtbaren,  stark  gewölbten  Schilde  steht  ein'  auf- 
rechter Leoparde.     Zeller,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  18S7,  S.  394. 

■''  Stutz,  U.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Heraldik  und  Spliragistik  der  deutschen  Schweiz.  — 
Archives  heraldiques  Suisses  1887,  Nr.  4  und  5.  —  Zürcher  Urkundenbuch  Lieferung  L 


20 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jahrhundert. 


Fig4.     Siegel  des  Hartmann  von  Dillingen. 


Dillingen-Kyburg  (f  1151)  oder  dessen  Söhne  Hartmann  III.  zu  Kyburg  und 
Adalbert  IL  zu  Dillingen  zurück.  Die  jüngere  Linie  unterschied  sich  durch  Ver- 
doppelung der  Löwen  und  Veränderung  der  Farbe.  Aehnlichen  Beispielen  werden 
wir  im  XIII.  Jahrhundert  begegnen. 

Das  Schildsiegel  Hartmanns  von  Dillingen  ^  (Fig.  4)  bildet  ein  Kreisrund,  das 
sich   unten  zu  einer  kaum  erkennbaren  Spitze  formt.     Die  Schildflcäche,  welche 

von  der  Legende  zwischen  Doppellinien  ein- 
gefaßt ist,  zeigt  einen  mit  Buchstaben  be- 
legten Schrägbalken  und  zwei  Löwen  auf 
jeder  Seite  der  Teilung.  Rosetten  füllen  die 
entstandenen  Lücken  des  Raumes  aus ;  mög- 
lich ist,  daß  sie  in  natura  dazu  bestimmt 
waren,  das  bemalte  Pergament  auf  dem  Holz- 
schilde festzuhalten.  Stilistisch  ist  hier  noch 
wenig  zu  sagen,  denn  die  Ueberreste  dieser 
Siegel  sind  nur  kümmerlich.  Ein  Schildsiegel 
des  Freien  Diethelm  III.  von  Toggenburg  ^ 
vom  Jahre  1191  und  sein  Rundsiegel  aus  dem 
Ende  des  XII.  Jahrhunderts  zeigen  das  alte 
Wappen  des  Hauses,  einen  Adler  und  einen  Löwen,  monogrammistisch  zusammen- 
geschoben. 

Das   Rundsiegel    des   Toggenburgers    trägt    die   heraldischen   Figuren    im 
fj-eien  Siegelfelde,  ähnlich  den  Bildsiegeln  aus  der  Mitte  des  Jahrhunderts;  ein 

Siegel  des  Freiherrn  Lütold  von  Regensberg  ^ 
dagegen,  von  der  gleichen  Form,  hat  den  heral- 
dischen Schild  im  Felde.  Er  ist  mandelförmig 
und  zeigt  drei  schmale  Pfähle,  über  welche 
ein  breiter  Querbalken  gelegt  ist.  Das  Ganze 
sieht  einem  Gitter,  einer  wirklichen  Schild  Ver- 
stärkung, ähnlich,  besonders  da  ein  Zickzack- 
Befestigung  auf 
Das  Siegel 
erscheint  urkundlich  erst  1254,  gehört  aber  dem 
Stile  und  seiner  Ausführung  nach  ins  XII.  Jahr- 
hundert. Frappante  Aehnlichkeit  mit  dem  Siegel 
der  Grafen  Arnold  und  Chuno  von  Lenzburt;  zei"'en  die  Schriftcharaktere  und 
ihre  freie  Anbringung  im  Siegelfelde,  ohne  Linien  oder  Perlschnurtrennung. 


linienornament    gleichsam    zur 
die    einzelnen  Stäbe   aufgesetzt  ist. 


Fig.  5.   Sie;^('l  des  Lütold  von  Eegensberg 
Ende  XII.  Jahrhundert. 


'  Ilohenlolie-Wnldcnhurg,  Fürst  F.  K.,  Sphragistiscjio  Aphorismen.    Hoid('ll)er,ü'  1S,Sl>.  mid 
Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  7<S.    Abb.  Zürcher  Urkundenbucli  Lief.  I. 

»  Gull,  F.,  Die  Grafen  v.  Toggciiburg.  Neuchatel  l.S9().  Abb.  Zürch.  Urk.-B.  Lief  I,  Fig.  20. 
3  Abb.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Fig.  20,  Text  S.  28. 


2.  Plastik  und  Malerei. 


2.   Plastik  und   Malerei. 


21 


Seltener  noch  als  unter  den  Siegeln  sind  die  Darstellungen  mit  heraldischem 
Inhalte  in  Plastik  und  Malerei.  Außer  einigen  Kapitellskulpturen  und  einem 
fremden  Manuskripte  hat  die  Schweiz  keine  Denkmäler  in  dieser  Art  aufzuweisen. 

Im  Groinnünster  zu  Zürich  ist  ein  PfeilerkapitelP  mit  einem  Steinrelief 
geschmückt,  das  einen  Zweikampf  alemannischer  Großer  darstellt.  Die  naive 
Auffassung  der  Figuren,  die  archaisch-schematische  Behandlung  der  Gewänder 
und  die  Form  der  konischen  Helmhauben  mit  klobigem  Nasenschutz  würden 
erlauben,  die  Entstehung  noch  ins  XL  Jahrhundert  zu  setzen.  Das  breite  Schwert 
des  Unterliegenden  trägt  auf  der  Klinge  zwischen  zwei  Kreuzen  den  Namen  Guido, 


Fig.  6.     Zwclkamijf ;  rfeilerrelief  aus  dem  <Tii:iGiiiänster  in  Zürich. 


den  man  früher  auf  den  965  im  Kampfe  gefallenen  Herzog  Guido  bezog. - 
Beide  Kämpfer  tragen  , normannische  Schilde"'  von  halber  Mannshöhe  in  der 
Rechten.  Ein  erhöhter,  mit  einfacher  Zickzacklinie  ornamentierter  Schildrand 
schmückt  die  gewölbte  Fläche.  Der  letztere  Umstand  hat  zu  der  irrigen  Annahme 
geführt,  die  Schilde  seien  gespalten.^  Daß  die  Schildborte  eine  entfernte  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  Rande  im  späteren  Zähringerwappen  hat,  kann  nicht  ab- 
gesprochen werden,  wohl  aber,  daß  ihr  jedwelche  heraldische  Bedeutung  abgeht. 
Denn  die  beiden  feindlichen  Krieger  führen  ja  dieselben  Schilde. 


'  Bahn,  Geschichte  der  hildenden  Künste  in  der  Schweiz.  Zürich  1876.  S.  261.  — 
Mitteilungen  der  Ant.  Gesellscliaft  iu  Zürich.     Band  I,  4  und  5. 

*  Vergl.  ähnliche  Schwertinschriften  auf  dem  Mosaik  zu  Vercelli,  Zweikampf  zwischen 
Thorheit  und  Unglaube  c.  1040.  Abgebildet  in  Heraldische  Mitteilungen  des  Vereins  „Zum 
Kleeblatt"  1895,  5. 

3  Eine  Spaltung  wäre  durch  eine  gravierte  Linie  deutlich  bezeichnet  worden. 


22 


IL  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jalirhundert. 


Näher   an    die   heraldischen  Bikler  treten  Schilde   auf  Kapitellskulpturen  ^ 
im  Chorumgange  des  Münsters  von  Basel.     Die  Entstehungszeit  dürfte  mit  der 

Restauration  des  Münsters  in  den  achtziger 
Jahren  des  XII.  Jahrhunderts  zusammen- 
fallen. Die  vier  in  Betracht  kommenden 
Darstellungen  zeigen  einen  Ritter  im 
Kampfe  gegen  Löwen,  Bären,  Wisente  und 
Drachen  und  sollen  den  siegreichen  Streit 
der  christlichen  Kirche  gegen  die  Un- 
geheuer der  Sünde  und  des  Unglaubens 
verbildlichen.^  Der  Ritter  ist  mit  Haubert, 
Eisenhose  und  Panzerkappe  bekleidet, 
trägt  auf  dem  Haupte  eine  runde  Helm- 
haube mit  verziertem  Stirnreif,  in  der 
Rechten  ein  breites  Schwert  und  in  der 
vorgestreckten  Linken  den  großen  Drei- 
eckschild mit  gerader  Oberkante.  Auf  dem 
vierten  Relief  trägt  er  einen  am   untern 

Kapitellschmuck  a.  d  Münster  v.  Basel  (Chorumgang).     S^Ume    aUSgezacktcU  Waffeurock   Und  den 

Schild  auf  dem  Rücken.  Die  Schilde  sind 
gewölbt,  mit  schwach  gerundeten  oder 
spitzen  Oberecken  und  mit  reichverzierten, 
breiten  Schildborten  besetzt.  Zwei  Schild- 
flächen haben  keine  Bilder;  die  dritte 
ist  mit  vier  reich  damaszierten  Schräg- 
balken (von  links  nach  rechts)  belegt  und 
die  vierte  mit  einem  Löwen.''  Die  Figur 
ist  ungeschickt  in  die  sichtbare  Schild- 
hälfte hineingedrückt  und  zeigt  die 
gleiche,  unnatürliche  Wiedergabe  wie 
die  Löwen,  gegen  welche  ein  Ritter 
kämpft  (Fig.  7).  Es  scheint  hier  kaum 
ein  Wappenbild  vorzuliegen,  denn  der 
Leu  erklärt  sich  leicht  im  Schilde  des 
Drachentöters  als  Symbol  der  Kraft. 

Fig.  8.  "^ 

Kapitellschmuck  a.  (1.  Münster  V.  Basol  (Chorumgang).  Der     PergameutcodeX'*     deS     PetrUS 


Fig.  7. 


*  Abgebildet  in  den  Zeichnungsbüclieni  des  Kmanuel  Büchel  von  Basel  (Staatsarchiv 
Basel).  —  Halm,  Geschiclite  der  bildenden  Künste  in  der  Sdnveiz,  S.  218. 

-  l'eber  den  Inlialt  der  Darstellungen  vergl.  Basler  Miinsterbuch. 
•'  Stückelhery,  E.  A.,  Archives  heraldiiiues  1892,  T. 

*  Das  Msc.  Nr.  120,  7  gelangte  aus  der  Bibliotheca  Bongarsiana  in  den  Besitz  der  Stadt- 
hibliothek.  Catalogus  codicumBernensiuni  (Bibliotheca  Bongarsiana)  ed.  Hermann  Hagen  Berna  1874. 
Abb.  von  2  Figuren  bei  Hohe>tlohe,  lieber  den  Gebrauch  der  herald.  Helmzierden.  Stuttgart  18(58, 


2.  Plastik  und  Malerei. 


23 


de  Ebulo  ^carmen  de  bello  Siculo"  in  der  Berner-Stadtbibliotliek  versetzt  uns,  dank 
seines  Miniatureureichtums,  in  die  Lage,  ein  anschauliches  Bild  des  damaligen 
Standes  der  Heraldik  zu  entwerfen. 
Er  ist  italienischen  Ursprungs  und 
soll  einen  Geistlichen  aus  Ebulo 
bei  Salerno  zum  Verfasser  haben, 
welcher  das  Opus  bis  1196  ver- 
fertigte. Dieses  Gedicht  beschreibt 
in  Wort  und  Bild  den  Krieg  Kaiser 
Heinrichs  VI.  ü'eo-eu  den  Grafen 
Tankred  von  Lecce,  den  Bastarden 
Rogers,  welcher  ihm  das  Erbe 
seiner  Gemahlin  Konstanzia,  Sizilien 
und  Neapel,  streitig  machte.  Da- 
durch, dals  der  Schreiber  Augen- 
zeuge der  Ereio'nisse  war  und 
vielleicht  den  Feldzug  im  Gefolge 
des  Kaisers  mitmachte,  birgt  das 
Manuskript  eine  Menge  der  inter- 
essantesten Details  für  Kultur-  und 
Kostümkunde  und  für  das  Ein- 
dringen der  Heraldik.^  Die  Schilde  sind  in  der  großen  Mehrzahl  mit  den  gewöhn- 
lichen Verstärkungen,  Kreuzen,  Schrägbalken,  Borten  und  Aehnlichem  verziert; 
aber  einige  Wappenbilder,  mit  konse- 
CjuenterWiederholung  für  dieselbe  Person, 
kommen  ebenfalls  vor,  wenn  auch  ver- 
einzelt. 

In  dem  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
XII.  Jahrhunderts  stammenden  Werke 
der  Herrad  von  Laudsberg  .Hortus 
delieiarum"-  fehlen  eigentliche  Bilder 
ganz,  während  einzelne  Helme  schon 
ein-  und  zweifarbig  bemalt  sind.  Die 
großen  Schilde  von  archaischer  Form  sind 
gewöhnlich  leer,  einfarbig  und  haben 
selten  Verzierungen.  Der  Fortschritt  in  den  Miniaturen  des  Petrus  de  Ebulo  ist 
deshalb  ein  ganz  beträchtlicher. 


Fig.  9. 
Kapitellschniui-k  aus  dem  Münster  von  Basel  (Choi-umgang 


Fig.  10.     Helmfoimen  aus  dem  Hortus  delieiarum. 


'  Während  der  Drucklegung  dieser  Arbeit  erschien  im  Jahrbuche  des  „Adler",  Wien 
1897,  eine  eingehende  Studie  über  den  heraldischen  Gehalt  der  Illustrationen  des  Petrus  von 
Ebulo  von  Hauptmann,  auf  welche  ich  für  das  Detailstudium  verweise. 

*  Herrade  de  Landsberg,  Hortus  delieiarum,  par  A.  Straub.  Soc.  pour  la  conserv.  des  raon. 
bist.  d'Alsace.    Straßburg  1893.   Lichtdruckausgabe  nach  Pausen  des  1871  verbrannten  Originals. 


24 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jahrhundert. 


Die  Scliildformen  variieren  zwi.schen  den  schmalen,  nach  unten  stark  zu- 
laufenden Reiterschilden  und  den  kleinen,  bequemeren  KamjDfschilden.  Aber 
alle  gehören  noch  der  ersten  Schildform,   der  normannischen,  an.    Die  Oberecken 

sind  je  nach  der  Wölbung  des 
Schildes  selbst  und  der  Rund- 
ung der  oberen  Kante  mehr 
oder  minder  hervortretend 
(Zusammenstellung  s.  Fig.  1 1). 
Die  Schilde  sind  durchwegs 
mit  einem  erhöhten  Rande 
versehen.  Er  fehlt  nur  bei 
den  mit  heraldischen  Tieren 
bemalten  Stücken,  weil  diese, 
wie  schon  früher  angedeutet, 

Fig.  11.    Heraldisehe  Schilde  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo.  den     ffauzen    Rniim     zur    Ent- 

faltung benötigten.  Die  gewöhnlichen  Schildteilungen,  wie  Schrägbalken,  Quer- 
balken, Vierteilung,  Sparren,  kommen  häufig  vor  und  sind  ganzen  Heeresabteilungen 
beigegeben.  So  führen  z.B.  die  salernesischen  Schleuderer ^  einen  weißen  Sparren 
im  roten  Felde,  und  die  böhmischen  Krieger^  im  grünen  Schilde  einen  weißen 
Querbalken.  Es  ist  ja  dabei  an  kein  bestehendes  Wappenbild  zu  denken,  aber 
der  Künstler   folgte   dem  Bestreben   seiner   Zeit,    die  Zusammengehörigkeit  der 

einzelnen  Abteilungen  durch 
die  gleiche  Schild-  und  Helm- 
bemalung  anzudeuten.  Ueber- 
all  erscheinen  nämlich  die 
Helme  der  Krieger  bemalt, 
bald  in  den  Schildfarben,  bald 
mit  roten  und  schwarzen 
Kreuzen,  wenn  sie,  wie  ein 
Teil  des  kaiserlichen  Heeres, 
unter  der  Kreuzesfahne  aus- 
reifen. Diese  Bemalung  ^  des 
Helmes  muss  ungefähr  in  jener  Zeit  aufgekommen  sein.  Aehnliche  Beispiele 
liefern  die  gemalte  Handschrift  der  Jahrbücher  von  Genua,'*  und  einige  Original- 
helme''' in  englischem  Privatbesitz,  an  denen  die  Sj)uren  der  ursprünglichen 
Bemalung   noch    heute    zu    sehen    sind.     Die  Form  des  Hehnes  ist  verschieden, 


Fig.  12.    Bemalte  Helme  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo. 


'  Petrus  de  Ebulo,  S.  132. 

*  Petrus  de  Ebulo,  S.  109. 

'  Philippe  d'Alsace.    Graf  von  Flandern,    trägt   auf  einem  Siegel  von  1171  einen  hohen, 
ohen  flachen  Helm,  an  dessen  Seiteinvand  der  flandrische  Leu  g(>malt  ist.  Vergl.  Devuty,  S.  l;5Ü. 

*  A'ergl.  r.  Bc frier- Altmeck,  Trachten  des  christlichen  Mittelalters.    Krankfiut  l.Sr)4. 
''  The  Archaeological  Journal,  London,  "Vol.  XXII. 


2.  Plastik  und  Malerei. 


25 


bald  glockenförmig,  bald  flachgewölbt  oder  spitz.  Der  Helm  wird  über  der 
Panzerkappe  getragen,  welche  mit  dem  bis  auf  die  Kniee  reichenden  Panzer- 
hemde ein  Ganzes  bildet.  Zu 
dieser  Helm-  u.  Schildbemalung 

geseilt  sich  bei  den  Anführern 

o 

noch  der  Schmuck  der  Pferde- 
decke.^ Das  Abzeichen  ist  zwei- 
mal wiederholt,  auf  der  vordem 
und  hintern  Hälfte  der  Decke. 
Die    Enden    sind    mit    Zaddel- 

Schnitt     versehen      und     reichen       ■^'^-  ^^-    Kriegerische  Ausrüstung  aus  dem  Carmen  de  hello  Siciilo. 

bis  auf  die  FüL^e  des  Pferdes.  Konsequent  durchgeführt  ist  die  Wiederholung 
des  Schildbildes  auf  Helm,  Schild  und  Decke  nur  bei  der  Person  des  Kaisers 
und  seines  Heerführers 
„Diopoldus. "  ^  Der  Kaiser^ 
führt  den  einköpfigen 
Adler,  der  Heerführer  im 
weißen  Kreisrund*  einen 
schwarzen  Eber.  Persön- 
liche Schildbilder  sind 
außer  den  Genannten  noch 
dem  Anführer  der  Ver- 
teidiger von  Neapel^  (in 
grün  ein  gelber,  steigender 
Leu  mit  roten  Augen  und 
Nägeln)  und  dem  kaiser- 
lichen Seneschall  ^  (in  gelb 


Fig.  14.     Fahnen  und  Staudarten  aus  dem  carmon  de  bollo  Siculc 


*  Die  grüne  Pferdedecke  ist  mit  gewellten  Sehrägbalken  belegt,  der  Schild  des  Reiters 
aber  zeigt  das  Kreuz.    (Fig.  18.) 

2  Ob  der  Eber  im  Schilde  des  Markgrafen  Diobold  von  Vohburg  ein  feststehendes,  auch 
anderweitig  bekanntes  Wappenbild  war,  ist  nicht  zu  beweisen,  denn  im  Fraueudienst  Ulrichs 
von  Lichtenstein  erscheint  zwar  der  Markgraf  mit  12  Rittern  auf  dem  Tiu-nier,  aber  sein 
Wappen  wird  nicht  beschrieben. 

^  Petrus  de  Ehulo,  S.  109,  Belagerung  von  Neapel.  Der  Kaiser  trägt  einen  gekrönten  Helm, 
auf  welchem  der  Adler  gold  auf  schwarz  gemalt  ist.  Wiederholung  auf  Schild  und  Pferdedecke. 

*  Petrus  de  Ebulo,  S.  130.  Diopoldus  führt  im  braunen  Schilde  ein  weißes  Kreisrund, 
belegt  mit  einem  schwarzen,  stehenden  Eber  mit  roten  Augen.  Das  Kreisrund  erscheint  in 
der  Zürcher  Wappenrolle  in  Nr.  271.  306.  370.  371.  413. 

^  Petrus  de  Ebulo,  S.  109.  123.  Der  Schild  hängt  am  Burgturme  von  Neapel.  Diesem 
Brauche  des  Schildaushängens,  der  auch  in  Zeiten  des  Friedens  seine  Anwendung  fand  (beim 
Abstieg  in  einer  Herberge),  begegnen  wir  schon  auf  S.  104,  wo  eine  ganze  Reihe  von  Schilden 
die  Mauerzinne  des  Kastrums  schmücken.  Auf  S.  123  trägt  der  Führer  den  Löwenschild  in  der 
Linken,  während  er  mit  der  Rechten  einen  P'eind  über  die  Mauer  zurückstößt. 

"  Petrus  de  Ehulo,  S.  131  und  147.  Das  Schlußblatt  stellt  den  tronenden  Kaiser,  von  seinem 
Hofstaate  umgeben,  dar.   Zur  Rechten  steht  der  Seneschall  mit  rotem  Helme,  Schwert  und  Schild 


26  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jahrhundert. 

ein  roter  Vogel  [Schwan  oder  Gans])  beigegeben.  Wenn  der  Maler  dieses 
Manuskriptes  nur  die  hervorragendsten  Personen  mit  persönlichen  Abzeichen 
ausstattet,  so  stimmt  das  erste  Auftreten  dieser  Bilder  in  den  Siegeln  der  hohen 
Dynasten  gut  damit  überein  und  bietet  die  Basis  zu  der  Hypothese,  daß  die 
Wahl    solcher  Abzeichen    anfänglich    nur  den   führenden  Machthabern   zustand. 

Betrachten  wir  der  Vollständigkeit  halber  noch  kurz  die  Form  der  Fahnen 
und  die  Fahnenbilder.  Das  Fahnentuch  ist  schmal  und  lang,  in  einen  oder  in 
mehrere  Lappen  auslaufend,  und  zum  Teil  direkt,  zum  Teil  mittels  Ringen  am 
Lanzenschafte  befestigt  (vide  Fig.  14).  Als  Fahnenbilder  dienen  die  einfachen 
Schildbilder,  Kreuze  von  verschiedenster  Form  und  die  einfachen  Teilungen  durch 
gerade  Linien.  Ein  persönliches  Abzeichen  *  führt  nur  der  Heerführer  Diopoldus 
auf  der  Fahne  selbst  und  zwar  nur  in  einer  einzigen  Darstellung. 

Fassen  wir  die  Anfänge  der  Heraldik  im  letzten  Dezennium  des  Jahr- 
hunderts zusammen,  so  ergibt  sich,  daß  sie  in  der  Bemalung  von  Helm,  Schild 
und  Fahne  bestanden  haben,  und  zwar  für  das  gemeine  Kriegsvolk  in  beliebig 
wechselnden  Farben  und  Teilungen,  für  die  Anführer  aber  in  bestimmten,  sich 
regelmäßig  wiederholenden  Bildern.  Wie  weit  die  Symbolik^  des  Mittelalters  bei 
der  Wahl  dieser  Bilder  mitgesj^ielt  hat,  bleibt  ganz  unbestimmbar,  aber  jeden- 
falls ist  das  häufige  Vorkommen  von  Adler  und  Leu,  den  Sinnbildern  von  Macht 
und  Reichtum  einerseits  und  des  grimmen  Mutes  anderseits,  auf  diesen  Einfluß 
zurückzuführen. 


3.   Der  Reiterschild  von  Seedorf. 

Li  die  Wende  des  XH./XHL  Jahrhunderts  ist  das  älteste,  heraldische  Denk- 
mal unseres  Landes  zu  stellen,  das  weder  dem  Zahne  der  Zeit,  noch  der  mensch- 
lichen Zerstörungswut  zum  Opfer  gefallen  ist,  —  der  Schild  von  Seedorf. ^  Heute 
ist  er  dem  Freiherrn  Arnold  von  Brienz*  zugewiesen,  dem  Stifter  des  Lazariter- 


rait  Vogelbild,  zur  Linken  der  Kanzler  Konradus,  ein  Mönch,  mit  der  luappa  mundi  (Weltkarte) 
in  den  Händen. 

'  Fetriis  de  Ebiilo,  S.  1.53.     Das  Wappen  ist  auf  Fahne,  Helm  und  Scliild  angebracht. 

*  Die  Doppeldarstellung  ist  dadurch  interessant,  daß  dem  wirkliclien  Kampfbilde  ein 
symbolisches  an  die  Seite  gestellt  ist.  Diopoldus,  der  Held  des  ganzen  Krieges,  kämpft  gegen  die 
sizilianisclien  Tronräuber,  welche  von  Schrecken  erfaßt,  in  wilder  Flucht  das  Weite  suchen. 
Daneb((n  durchbeißt  in  grimmigem  Streite  der  p]ber  einem  liaubvogel  den  Hals.  Der  Eber 
ist  also  hier  dem  Heerführer  Diopoldus  sicherlich  als  Zeichen  seines  grimmen  Mutes  in  den 
Schild  gemalt  worden,  was  der  Illuminator  durch  die  Beigabe  des  Tierkampfes  erläutern  wollte. 

'  Müller,  Joh.,  Men^kwürdige  Ueberbleibsel  von  Alterthümeren,  Zürich  177.'5— 1783,  III, 
S.  20.  —  Halm,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  ISS.'J,  S.  407,  Tafel  31.  —  Denier,  Der 
Schild  von  Seedorf  Zeitschrift  für  cliristliclie  Kunst  is;t7,  I,  Der  Schild  betindet  sicli  lieute  in 
den  Sammlungen  des  Schweiz.   Jjandesmuseums  in  Züricli. 

■•  I'ür  die  historischen  Helege  für  die  Person  des  Besitzers  etc.  vergleiche  bei  Durrer,  Die 
Freilicrrn  von  Hinggenberg,  Vögte  von  Krienz,  .lalirbuch  für  Schweizergeschidite  Bd.  XXI,  S.  204. 


3.  Der  Reiterschild  von  Seedorf. 


27 


hauses  Seedorf,  iu  dessen  weltabgelegenem  Kirchlein  dieses  Denkmal  der  Feudal- 
zeit die  Stürme  der  Jahrhunderte  überdauert  hat.  Einzig  in  dem  Schilde  von 
Seedorf  ist  uns  der  Typus  des  alten  Reiterschildes,  der  auf  den  Siegeln  des  XII. 
und  anfangs  des  XIII.  Jahrhunderts  durchwegs  erscheint,  in  natura  überliefert 
worden.  Er  zeigt  noch  normannische  Form,  mit 
abgeplatteter  Oberkante  und  schwach  gerundeten 
Oberecken.  Der  Schild  mißt  heute  67  cm  in  der 
Breite  und  nur  87  cm  in  der  Länge,  weil  die 
untere  Spitze  abgebrochen  ist.  Der  Kern,  ein 
IV2  cm  dickes  Brett  von  Lindenholz,  ist  mit  einer 
dicken,  äußerst  widerstandsfähigen  Ochsenhaut 
überspannt,  deren  Enden  auf  der  Rückseite  fest- 
kleben. Beide  Seiten  des  Schildes  sind  mit 
einer  Kreidemasse  bestrichen,  welche  sowohl  zur 
Festigung  des  Materials,  als  auch  zur  Unterlage 
für  die  Bemalung  diente.  Aus  den  Ueberresten 
der  Schildberiemuno-  läßt  sich  bei  genauester 
Berücksichtigung  der  vorhandenen  und  noch  in 
der  ursprünglichen  Lage  sich  befindlichen  Riemen- 
enden das  nebenstehende  Schema  mit  Sicherheit  feststellen.  Die  Lederriemen 
sind  an  den  unteren  Stellen  doppelt,  an  den  oberen  einfach  und  mittelst  Bronce- 
nägeln  auf  dem  Schilde  befestigt.  Die  Nagelköpfe  treten  an  der  Vorderseite 
zu  Tage  und  zeigen  Vergoldung,  die  Spitzen  dagegen  sind  auf  der  Rückseite 
auf  ein  viereckiges  Eisenblech  umgeschlagen,  zum  festeren  Halte  des  Leders.  Das 
Riemenkreuz  zum  Durchstecken  des  Armes  und  die  Handschlaufe  mit  gepolsterter 
Unterlage  bieten  nichts  Ungewöhnliches.^  Wenn  auch  die  übrigen  Befestigungs- 
stellen der  Lederriemen  mit  einem  Polster  überspannt  sind,  um  die  Nägel 
unschädlich  zu  machen,  so  zeigt  dies,  wie  sorgfaltig  der  Schild  gearbeitet 
worden  ist.  Die  Rückseite  ist  mit  einem  blau-grünen  Tone  bemalt,  aber  ohne 
Figuren,  die  Vorderseite  des  Schildes  dagegen  zeigt  als  heraldisches  Bild  einen 
silbernen,  steigenden  Löwen  auf  silbernem  Sockel^  (Berg  oder  Stein)  in  ur- 
sprünglich blauem  (grünem)  Felde.  Dieselbe  Figur  führen  die  Herren  von 
Brienz-Ringgenberg  bis  zum  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  auf  ihren  Siegeln,  mit 


15.  Rückseite  des  Schildes  von  Seedorf. 


verschiedenen  Beizeichen. 


Es  geht  daraus  hervor, 


daß  dieser  Leu  das  erbliche 


'  Yielleiclit  gelingt  es,  noch  eine  bessere  Lösung  nach  der  beigegebenen  Abbildung  zu 
linden;  aber  die  Beriemung  Böheims  muß  bei  näherer  Prüfung  des  Originals  unbedingt  auf- 
gegeben Averden.  Die  beiden  Enden  der  Schildfessel  sind  auf  derselben  Stelle  fest  gemacht  und 
durch  ein  drittes  Lederband  verstärkt.  Eine  ähnliche  Anordnung  vergl.  bei  Fig.  18.  Zeitschrift 
für  historische  Waftenkunde  Bd.  I,  3.  4.  1898.  WendeUn  Böheim,  Der  Reiterschild  von  Seedorf 
Böheim,  Handbuch  der  Waftenkunde.    Leipzig  1890. 

2  Der  Ansicht,  daß  der  weiße  Sockel  ein  persönliches  Beizeichen  (brisure)  bedeute,  steht 
die  einfachere  Annahme  gegenüber,  in  demselben  eine  Raumausfüllung  zu  sehen,  um  die  Hgur 
nicht  auseinander  ziehen  zu  müssen. 


28 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XII.  Jahrhundert. 


Fig.  IC.    TJeberreste  der  Beriemung. 


Familienabzeichen  des  Geschlechtes  war.  Die  Figur  ist  in  erhabenen  Konturen 
aus  der  Kreidemasse  herau.smodelliert.  Der  Leu,  ein  Muster  eines  schönen,  heral- 
dischen Schildbildes,  erlaubt  uns,  das  Wesen  der  heraldischen  Kunst  eingehender 
zu  studieren  und  in  dasselbe  einzudringen.    Die  erste  und  wichtigste  Anforderung 

war  die  dekorative  Wirkung.  Es 
lag  daher  nicht  in  der  Absicht 
der  Künstler,  das  möglichst  natur- 
getreue Abbild  eines  Gegenstandes 
auf  den  Schild  zu  malen,  sondern 
vielmehr  ein  weithin  sichtbares  und 
dekoratives  Ornament  zu  schaffen, 
dem  die  Kontur  des  Gegenstandes 
als  Grundlage  diente.  Eine  zweite 
Anforderung  lag  darin,  das  Schild- 
bild so  oToß  als  irgend  möglich  in 
den  gegebenen  Raum  hinein  zu 
komjDonieren,  es  demselben  anzu- 
passen. Aus  diesen  beiden  Anforderungen  hat  sich  in  der  Folge  die  sog.„Stüisieruig" 
herausgebildet,  welche  die  natürlichen  Formen  der.  Gegenstände  dem  einfaclicn, 
ornamentalen  Stil  und  dem  Raum  anzupassen  suchte.  Es  konnte  daher  nicht 
fehlen,  daß  die  Kontur  bald  in  die  Länge  gezogen,  bald  in  die  Breite  gedrückt 

wurde,  je  nachdem  der  auszufüllende 
Raum  es  erforderte.  Daraus  kann 
keineswegs  auf  Außerachtlassung 
des  Naturstudiums  ^  geschlossen 
werden;  im  Gegenteil  finden  sich 
schon  in  frühester  Zeit  Anklänge 
an  dasselbe.  Aber  wir  müssen  hier 
für  ein-  und  allemal  daran  fest- 
halten, daß  die  Schönheit  der  heral- 
dischen Darstellung  nicht  in  der 
künstlerisch  -  realistischen,  sondern 
in  der  ornamental  -  dekorativen 
Wiedergabe  der  Gegenstände  liegt. 
Die  optische  Wirkung  des  bemalten  Schildes  war  von  großer  Wichtigkeit  und 
erforderte  eine  einfache,  gleichmäLug  verteilte  Farbenzusammenstellung,  sowie 
das  Vermeiden  größerer  leerer  Flächen. 

Allen    diesen    Anforderungen    wird    der   Meister    des    Schildes    von   Seedorf 
gerecht.     Er   verbindet    damit   noch    eine   virtuose   Behandlung    der  Details    als 


Fig.  17.     Rekonstruktion  der  Beriemung. 


*  Realistische  Darstellung  der  Zähne,  des  Maulcs  und  der  llauttalte  an  der  Schwanz- 
wurzcl.  Audi  das  Auge  ist  gut  gemalt  mit  schwarzer  Pupille,  weißem  Apfel  und  rot  unterlaufciuMii 
Lide.     Die  Krallen  sind  mit  Haar-  und  Schattenstrich  umzogen  und  rot  abgetcint. 


Beilage  zu  Seite  28. 


Tafel  I. 

Der  Reiterscliild  von  Seedorf. 
(Schweiz.  Tjandesmuseum.) 


3.  Der  Reiterschild  von  Seedorf.  29 

Ornament,  welche  ilin  als  wirklichen  Künstler  kennzeichnet.  Die  Figur  des  Löwen  ^ 
ist,  wie  schon  früher  gesagt,  auf  den  Kreidegrund  modelliert  und  zwar  so,  daß 
jeder  Strich  der  Zeichnung  eine  erhöhte  Linie  bildet.  Das  Aussehen  des  Tieres 
ist  trotzig  und  kriegerisch,  der  auf  geschwungenem  Halse  zurückgebogene  Kopf 
zeigt  den  geöffneten  Rachen  mit  zwei  Reihen  weiß  aufgemalter  Zähne,  die  Brust 
ist  kugelig  gewölbt,  der  Schweif  steigt  in  zwei- 
facher Windung  parallel  hinter  dem  Rücken  empor 
und  schließt  mit  einem  zottigen  Haarbüschel.  Die 
Pranken  enden  in  je  vier  zum  Griffe  ausgestreckte 
Zehen,  an  welchen  die  spitzen  und  stark  ge- 
krümmten Krallen  mit  weißer  Farbe  gemalt  sind. 
Die  äußere  Kontur  des  Tieres  ist  in  stark  ge- 
schwungenen Linien  gehalten  und  zeigt  die  etwas 
breit    gedrückte,    aber   im  Detail    gut  beobachtete    ^'S-  ^^-  schudfessei  nach  einem  siegei 

~  "  des  Raoul  de  Frugeres. 

Form  des  traditionellen  Löwen.  Die  innere  Zeich- 
nung dagegen,  die  Konturen  der  Körperteile  und  die  Darstellung  des  Felles 
sind  ganz  ornamental.  Immerhin  bleiben  die  Hauptlinien  so  gewahrt,  daß  der 
Körperbau  des  Tieres  leicht  zu  erkennen  ist.  Sie  gehen  wie  ein  Teil  der 
Haare  in  spiralförmige  Verzierungen  mit  verdickten  Enden  aus,  von  denen 
sich  wieder  neue  Spirallinien  abzweigen.  An  den  Beinen  und  auf  dem 
Rücken  ist  je  eine  buckelartige  Erhöhung'^  angebracht,  deren  Bedeutung  ganz 
unklar  ist.  Die  noch  üln'ig  bleibenden  Zwischenräume  sind  auf  dem  Kör])er 
mit  einzelnen  Haaren  (flammenartig)  besetzt,  bald  reihenweise  neben  einander, 
bald  ganz  vereinzelt,  auf  den  Pranken  und  dem  Schweife  dagegen  mit  knochen- 
artigen nach  vorn  zugespitzten  Ornamenten.  Die  äußere  Kontur  des  Löwen  ist 
mit  schwarzen  Strichen  nachgezogen,  und  trennt  den  blauen  Grund  scharf  von 
dem  silberglänzenden  Wappentiere.  Der  Schweif,  welcher  an  seiner  Wurzel 
eine  Hautfalte  erzeugt,  zeigt  einen  Knopf,  welcher  hier  durch  die  Verbindung 
zweier,  spiralförmig  stilisierter  Haare  entstanden  ist,  in  der  Folge  aber  ohne  jede 
weitere  Andeutung  als  Knopf  dargestellt  wird.  Prüfen  wir  den  Schild  auf  die 
gestellten  Anforderungen,  so  ergibt  sich  eine  reiche  und  flotte,  dekorative  Be- 
handlung des  Gegenstandes,  eine  gut  durchgeführte  Ausfüllung  des  Raumes, 
ohne  den  Leu  zum  Zerrbilde  zu  machen,  und  eine  gleichmäßige  Verteilung  der 
beiden  Farben.  (Durch  Verdickung  der  Brust,  des  Schweifes  und  Anbringen  des 
weißen  Sockels.) 

Trotz  der  schönen  und  reichen  Verzierung  darf  der  Schild  von  Seedorf 
zu    den    eigentlichen  Kampfschilden  ^   gezählt  werden.     Sein  Herr  mag  ihn  bei 

'  Ein  Vergleich  mit  einem  Schilde  aus  der  zweiten  Hälfte  des  XII.  Jahrhunderts  auf 
einem  Sandsteinrelief  im  Nationalmuseum  zu  München,  ergiebt  eine  grof?e  Aehnlichkeit  in  Form 
und  Behandlung  der  Details.  Ahh.  Sei/ler,  G.  d,  H.,  S.  92.  —  v.  Hefner,  Herald.  Musterbuch.  Taf  I. 

■''  Vielleicht  sollen  damit  die  Gelenke  angedeutet  sein. 

'  Bahn,  Anzeiger.  —  Zeller-Werdmüller,  Denkmäler  aus  der  Feudalzeit  in  Uri.  Mit- 
teilungen der  Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich,  XLVIII.  1884. 


30 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz. 


XIII.  Jahrliundert. 


Lebzeiten  in  Kampf  und  Streit  geführt  haben,  denn  Spuren  längeren  Gebrauches 
sind  auf  dem  Schilde  genügend  nachzuweisen.  Auch  die  sorgfältige  und  starke 
Befestigung  der  Riemen,  das  Handpolster  und  die  Nägelüberzüge 
zeugen  dafür.  Es  ist  überhaupt  eine  falsche  Annahme,  die 
Helme  und  Schilde  des  XH.  und  XHI.  Jahrhunderts  als  schwere, 
maßive  Objekte  zu  schildern.  Den  Anforderungen  seiner  Zeit 
hat  der  Schild  vollständig  entsprochen,  denn  das  mit  Tierhaut 
überzogene  Brett  war  widerstandsfähig  genug  und  leicht  zu 
handhaben  im  Kampfe.  Im  XH.  Jahrhundert  sind  Kampf- 
und Turnierschild  ein-  und  dasselbe  Stück,  denn  das  Turnier 
war  kein  Spiel,  sondern  eine  vor  Zuschauern  inszenierte,  blutige 
Schlacht,  in  der  es  nicht  nur  Verwundete,  sondern  auch 
Tote  gab. 

Die    künstlerische  Ausstattung   durch  Engobage,^  durch 
Anwendung    von    Email    und    edlem    Gestein,     sogar    durch 
Schnitzerei    in    Elfenbein,    hat    wohl    lediglich    am    Reichtum 
und  dem  Prunkbedürfnis  des  einzelnen  Bestellers  gehangen. 

So  selten  das  Vorkommen  von  heraldisch  geschmückten  Schilden  im 
XII.  Jahrhundert  ist,  so  häufig  und  allgemein  erscheinen  sie  zu  Anfang  des 
XHI.  Jahrhunderts.  Die  ungemein  rasche  Ueberhandnahme  und  die  schnelle  und 
zweckmäßige  Entwicklung  der  Formen  zeigt  am  deutlichsten,  in  wie  hohem 
Maße  die  neue  Erfindung  den  Anforderungen  der  Zeit  entsprach  und  wie  not- 
wendig dieselbe  für  die  einzelnen  Träger  des  kriegerischen  Rittertums  war. 


Fig.  19.    Herald.  Schild 
mit  Eisenbeschläg.   Vom 
Grabmal  des  Sir  Geoffroy 

de  Magnaville,  t  1U4. 
Temple  Church,  London. 


— <33— 


II.  Periode. 


Das  XIII.  Jahrhundert. 


1.  Politische  Zustände. 


Eine  neue  Standesgliederung  hatte  sich  durch  die  Entwicklung  des  Lehen.s- 
wesens^  im  deutschen  Reiche  herausgebildet,  in  welcher  das  Recht  und  die 
Stellung  des  Einzelnen  mehr  auf  Gewohnheit  und  Uebung  beruhten,  als  auf 
gesetzlicli  geregelten  Bestimmungen.  Die  allgemeine  Verpflichtung  der  Vasallen 
zur  Heerfolge  ließ  in  dem  Kriegerstande  eine  Annäherung  der  freien  Lehensträger 


'  Die  Technik  der  Reliefzeiclimnig  .soll  aus  dem  Töjjferliaiulwcrk  staimiien.  Sic  war  im 
Mittelalter  allgemein  bekannt  luid  angewendet.    Vergl.  v.  Mdiirr-MayerfeJs,  Herald.  ABC. 

*  Vergl.  Oechsli,  Die  Antangc  der  sdiweizerischen  Eidgenossenschaft,  Zürich  1891,  S.  Iö4  flF. 
—  Brunner,  Deutsche  Kechtsgeschichte  I,  230. 


1.  Politische  Zustände.  31 

und  der  unfreien  Ministerialen  weltlicher  und  geistlicher  Fürsten  zu,  indem  die  hohe 
Bedeutung  des  Waffendienstes  den  Unterschied  des  Standes  vermittelte.  Es  bildete 
sich  aus  diesen  beiden  Elementen  eine  neue  Aristokratie,  welche  berufen  war,  den 
im  Erlöschen  begriffenen  Uradel  zu  ersetzen.  Die  Zahl  der  alten  Gaugenossen,  der 
freien  Bauern,  verringerte  sich  zusehends,  denn  wirtschaftliche  Not  und  die  Gewalt 
der  großen  Herren  brachten  sie  in  Abhängigkeit  oder  machten  sie  zu  Hörigen. 

An  der  Spitze  des  Reiches  stand  der  Kaiser;  ihm  zunächst  waren  die  Kur- 
fürsten, welchen  als  des  Reiches  Kanzler  und  Erzbeamten  das  Recht  seiner  Wahl 
zustand,  ferner  die  Fürsten,  Herzoge,  Land-,  Mark-,  Pfalz-  und  anderen  Grafen. 
Sie  bildeten  als  vornehmste  und  mächtigste  Reichsvasallen  den  hohen  Adel,  an 
welchen  sich  die  übrigen  waflfentragenden  Elemente  in  verschiedenen  Rangstufen 
anschlössen.  Der  ganze  Heerbann  wurde  durcli  die  Art  des  Vasallentums  in  sieben 
Heerschilde  eingeteilt,  von  denen  die  vier  ersten  den  hohen,  die  drei  letzten 
den  niederen  Adel  umfaßten. 

Die  alte,  karolins^ische  Reichsverfassuno^  war  überall  durchln-ochen  worden, 
teils  durch  die  Immunität  der  geistlichen  Territorien,  die  durch  Schenkungen 
inmitten  der  alten  Gaue  entstanden,  teils  durcli  die  UebergrijEfe  der  immer  mächtiger 
werdenden  Grafengeschlechter,  welche  den  kaiserlichen  Amtsbezirk  in  ein  landes- 
herrliches Territorium  umwandelten.  Sie  waren  darauf  bedacht,  durch  die  Ver- 
bindung öff'entlicher  Gewalten  mit  dem  Grundbesitz,  möglichst  unabhängige 
Staaten  im  Staate  zu  bilden,  und  die  Rechte  der  königlichen  Beamten  auszuüben, 
ohne  sich  um  Kaiser  und  Reich  zu  kümmern.  Das  Aufkommen  der  Geschlechts- 
namen in  dieser  Zeit  mag  eine  Folge  des  mächtigen  Selbstbewußtseins  der  neuen 
Aristokratie  sein.  Denn  dem  einfachen  Vornamen  fügte  der  Adel  den  Namen 
von  Burgen  und  Türmen,  den  festen  Stützpunkten  seiner  Unternehmungen,  hinzu, 
welche  um  die  Wende  des  XII.  Jahrhunderts  Land  auf.  Land  ab,  die  Hügel  und 
Felsvorsprünge  krönten  und  die  Heer-  und  Wasserstrai^en  beherrschten. 

Seit  den  Kreuzzügen  war  die  Geistlichkeit  immer  mehr  mit  adeligen  Ele- 
menten durchsetzt  worden  und  die  reichen  Pfründen  dienten  als  Versorgung  für 
die  jüngeren  Söhne  der  Vornehmen.  Klösterliche  Zucht  und  wissenschaftliche 
Bildung  verschwanden;  man  griflP  zum  Schwerte  und  begab  sich  in  Streit  und 
Fehde,  wie  die  weltlichen  Herren. 

Mitten  in  diesen  Interessenkampf  hinein  traten  die  rasch  und  mächtig  auf- 
blühenden Städte.  Als  wichtige  Faktoren  im  Kampfe  gegen  den  nach  Unab- 
hängigkeit strebenden  Adel  und  die  Geistlichkeit,  wurden  sie  von  den  Landes- 
fürsten stark  begünstigt  und  zu  kräftigen,  selbständigen  Gemeinwesen  erhoben. 
Ueberall  galt  das  Recht  des  Stärkern  und  auf  des  Kaisers  bloßen  Machtspruch 
war  kein  Verlaß.  Mit  dem  Tode  Herzog^  Berchtolds  V.  von  Zähringen,  der  1218 
ohne  männliche  Nachkommen  verstarb,  war  das  letzte  mächtige  Hindernis  in 
unsern  Gegenden  beseitigt,  das  die  Grafenhäuser  der  Savoyer,  Kyburger  und 
Habsburger  in  ihren  Plänen  hemmen  konnte. 

Seitdem  die  nationalen  Schranken  durchbrochen,    und  sich  die  Völker  des 


32  II-  i'eil :  Gescliiclite  der  Heraldik  in  der  Scliweiz.  —  XIII.  Jalirhundert. 

Abendlandes  im  Orient  gefunden  hatten,  ist  die  ritterliche  Kultur,  unter  dem 
Einflüsse  der  damals  geistig  tonangebenden  Franzosen,  überall  die  gleiche 
geworden.  In  ritterlichen  Kreisen  traten  die  materiellen  Bedürfnisse,  seit  der 
Berührung  mit  der  hohen  Kultur  der  Orientalen,  stärker  hervor  und  äußerten 
sich  in  reicher  Kleidung  und  schöner  Ausstattung  der  Räumlichkeiten,  über- 
haupt in  einer  allgemeinen  Entfaltung  von  südlicher  Farbenpracht  und  fremd- 
ländischem Luxus.  Von  Frankreich  her  kam  höfische  Sitte,  Minnesang  und 
Minnedienst  und  wohl  auch  die  farbenfreudige  Heraldik  in  unsere  Gegenden. 
Wenn  auch  nicht  festgestellt  ist,  in  welchem  Lande  die  ersten  Wappen  geführt 
worden  sind,  so  hat  die  Annahme,  sie  seien  aus  Frankreich  ^  importiert  worden, 
große  Wahrscheinlichkeit,  weil  ja  die  ganze  ritterliche  Kulturentwicklung  von 
den  Franzosen  ausgegangen  ist.  Sei  dem  wie  es  wolle,  die  Hauptsache  bleibt  die 
dekorative  Verwendung  der  Heraldik  und  diese  ist  mit  Sicherheit- auf  französischem 
Boden  zu  suchen.  Fügen  wir  zu  den  politisch-rechtlichen  Gründen,^  welche  das 
Aufkommen  der  Wappenbilder  veranlaßt  haben,  das  für  die  weltliche  Kultur  des 
Mittelalters  kennzeichnende  Streben  nach  äußerer  Prachtentfaltung  zu,  so  ist 
das  in  kurzer  Zeit  erreichte  Resultat,  die  allgemeine  Blüte  der  Heraldik,  leicht 
erklärlich.  Li  ihr  konnten  die  farbenreichen  Eindrücke  des  Orients  neues  Leben 
gewinnen  und  der  Wunsch  nach  äußerem  Prunke  in  jeder  Hinsicht  befriedigt 
werden.  DieWappenkunst  hat  sich  in  den  verschiedenen  Ländern,^  den  herrschenden 
Umständen  folgend,  reicher  oder  weniger  reich  entwickelt  und  es  in  jeder  Gegend 
zu  einer  eigentlichen  Charakteristik  und  Originalität  gebracht.  Dies  gilt  besonders 
für  das  XIH.  Jahrhundert,  in  welchem  noch  keine  festen  Regeln  und  Satzungen 
die  Phantasie  des  Einzelnen  beschränkten,  oder  die  Kanzleien  bestimmte  Forder- 
ungen stellten,  sondern  in  dem  eine  freie  und  ungebundene  Willkür  die  schönsten 
Früchte  gezeitigt  hat. 

Dem  sich  prunkvoll  entfaltenden  höfischen  Wesen  kamen  die  technischen 
und  künstlerischen  Fortschritte  von  Kunst  und  Kunsthandwerk  zu  statten.  An 
Stelle  der  Klöster  waren  die  Städte  getreten,  um  Bildung,  Kunst  und  Gewerbe 
zu  fördern  und  in  ihnen,  den  Freistätten  büi-gerlicher  Ordnung  und  Rechts- 
entwicklung,'* hat  sich  das  Kunsthandwerk  zu  der  virtuosen  und  kunstvollen 
Fertigkeit  vervollkommt,    die  wir   an  den  Meisterwerken  jener  Zeit  bewundern. 

Die  rapide  Verljreitung  der  Wappen  steht  auch  in  engstem  Zusammenhange 
mit  der  Entwicklung  und  Verallgemeinerung  des  Siegelwesens.  ^  Während  es  aber 


'  Zu  Beginn  des  XIII.  Jalirhunderts,  also  zu  einer  Zeit,  da  die  Heraldik  bei  uns  erst 
aufkam,  ist  sie  in  Frankreicli  sclion  unter  dem  gesamten  Adel  bräuoiilieli  und  zwar  mit  llerolds- 
tiguren  und  Brisuren.    Vergl.  Areliives  heraldiques  18!>(i,  10.   U  und  12. 

''  Vergl.  I.Teil,  S.  7.  11. 

^  Vergl.  von  Sacken,  Freiherr  Kdmuiid,  Katecliismus  der  Heraldik,  S.  l.'JT.  —  v.  Maijer- 
Mayerfeh,  Hr.  Ritter,  Ileraldisclies  ABC,  S.  427. 

*  iJiermier,  Sehwei/ergesrhielite  I,  S.  59. 

■'•  Durcli  Zuziehung  der  Heraldik  wurden  neue  Siegeltypen  geschaffen,  welche  speziell  für 
den  niedern  Adel,  der  weder  Thron-  noch  Kcitersiegel  führen  konnte,  he^stinimt  waren. 


2.  Der  Schild. 


33 


einem  Jeden,  der  ein  Siegel  vermochte,  gestattet  war,  seine  Urkunden  zu  besiegeln, 
ist  das  Führen  der  Wappen,  des  heraldischen  Kampfschildes  dem  ritterlichen 
Stande  ausschließlich  zugekommen.  Im  XIII.  Jahrhundert  sind  die  willkürlich 
gewählten  Wappenbilder  erblich^  und  bilden  das  Erkennungszeichen  des  Edel- 
geborenen.  Dadurch,  daß  das  Wappen  einen  Vorrang  verkündet,  wird  es,  wo 
immer  möglich,  angebracht  und  als  dekoratives  Muster  verwendet:  auf  Stoffen, 
Möbeln,  Waffen  und  Geräten  aller  Art,  in  Stein  gehauen  und  an  die  Wand  gemalt. 
Ein  Wappenrecht, ^  welches  z.  B.  ein  bestehendes  Wappen  vor  Nachahmung 
schützte,  hat  es  zu  dieser  Zeit  nicht  gegeben;  aber  es  lag  ja  im  Interesse  der 
wappenführenden  Persönlichkeiten  selbst,  Aehnlichkeiten  zu  vermeiden,  die  zu 
Verwechslungen  führen  konnten.  So  sind  denn  auch  Beispiele  überliefert,  wo 
einzelne  Geschlechter  Vertrags-  oder  zwangsweise  Wappen  oder  Teile  derselben 
cedierten,  oder  wo  im  Gegensatze  dazu,  ganze  Ganerbenschaften  (d.  h.  die  mit  der 
Hut  derselben  Burg  betrauten  Geschlechter)  als  Zeichen  der  Zusammengehörigkeit, 
das  gleiche  Schildbild  angenommen  haben. 

2.   Der  Schild. 


a.  Die  Schildform. 

Der  romanische  Schild,  den  wir  zu  Beginn  der  Heraldik  vorgefunden  haben, 
bleibt  auch  im  neuen  Jahrhundert  bei  uns  in  der  Mode  und  zwar  vorerst  allein. 
Die  ursprüngliche  Gröf^e^  (130  cm  Höhe  :  56  cm  Breite)  verringert  sich  bedeutend 


Fig.  20.     Romanische  Sehildfonnen  nach  Siegehi. 

und  macht  den  Schild  dadurch  handlicher.     Die  äußere  Linie  des  Schildes,  die 
Kontur,  bewegt  sich  zwischen  zwei  Hauptformen,  welche  nebeneinander  auftreten. 


1  Vergl.  Seyler,  Geschiclite  der  Heraldik  V,  S.  226  ff. 

^  Vergl.  Seyler,  Geschiclite  der  Heraldik  V,  S.  280  und  233,  wo  Beispiele  angeführt  sind. 

*  Vergl.  Viollet-le-Buc,  Dictionnaire  raisonne   du  Mobilier  frangais  Bd.  V,   S.  345.    Paris 
1872—75. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  P 


34 


II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 


Die  eine  Form  ist  kugelig  mit  stumpfer  Spitze^  und  scheint  eine  Reminiszenz  an 
den  karolingischen  Rundschild  zu  enthalten,  die  andere  dagegen  ist  mandelförmig- 
länglich^  mit  spitzem  Winkel  und  zeigt  den  bekannten  Typus  des  Normannen- 
schildes. Beide  Formen  haben  nur  einen  Winkel,  die  Schildspitze,  gebildet  aus 
den  mehr  oder  weniger  stark  geschwungenen  Seitenlinien,  während  der  obere 
Teil  aus  einem  halben  Kreisrund  besteht,  dessen  Mittelsegment  bald  in  die  Höhe 
gezogen,  bald  zur  geraden  Linie  abgeplattet  erscheint.  Im  letzteren  Falle  bildet 
es  den  sog.  spitzovalen  Schild  mit  abgerundeten  Oberecken.  Die  kugelige  Form 
ist  selten,  die  längliche  aber  in  beiden  Arten  sehr  häufig.  Sie  kommt  auf  Siegeln^ 
bis  nach  1250  vor. 

Schon  1212  erscheint  eine  neue  Schildform,*  welche  meines  Erachtens  unter 
dem  Einflüsse  des  neuen  Stils,   der  Gotik,  entstanden  ist.     Sie  schlieiät  sich  der 


Fig.  21.     Gotische  Schildformen  nach  Siegeln  und  Steindenkinälern. 


alten  Form  an,  mit  der  Abweichung,  daß  der  obere  Abschluß  durch  eine  gerade 
Linie  gebildet  wird,  an  welche  die  Seitenlinien  in  spitzen  Winkeln  anstoßen. 
Wie  die  romanische,  so  findet  sich  auch  diese  gotische  Schildform  in  verschiedenen 
Abarten,  indem  die  obere  Gerade  bald  nach  innen, ^  bald  nach  außen*'  ausgebaucht 
erscheint    und    die  Seiten  durch  ffeschwungene '  oder  durch  gerade^  Linien  ge- 


'  Scliildsipgcl  dos  Grafen  llartmanii  von  Dillingen,  vergl.  II,  S.  20. 

^  liundsi(!gel  des  Freili(!rrn  Lütold  von  Kogcnsberg,  vorgl.  II,  S.  20. 

^  Beisijiele  finden  sich  in  allen  Urkundenbüchern,  z.  B.  in  denen  von  Zürich,  Bern  u.  Basel. 

*  Schildsiegel  des  Grafen  Iludolf  von  Sogren  (Berncr  Jura),  zwei  senkrechte  nach  außen 
gebogene  Fisclie.    Abb.  Zeerleder,  Urkundenbnch  von  Bern. 

^  Bundsiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Rapperswil,  Züirlier  Urkundeubuch  I,  Nr.  22. 

"  Scbildsicgel  des  Chuno  von  Büti.    Zeerleder,  Berner  Urkundeubuch  Taf.  14,  iW. 

'  Bundsiegel  des  Grafen  Hugo  von  Werdenberg,  Zürcher  Urkundeubuch  III,  Nr.  6. 

"  Schildsiegel  des  Grafen  llartiuaiui  von  Kyburg,  Zürcher  Urkundeubuch  I,  Nr.  13. 


2.  Der  Schild. 


1270192        35 


])ildet  werden.  Zwei  Hauptformen  lassen  sich  aucli  hier  unterscheiden,  der  kleine 
Dreieckscliild  von  gleicher  Höhe  und  Breite,  der  in  Frankreich  unter  Ludwig 
dem  Heiligen'  aufgekommen  ist,  und  der  längliche,  deutsche,  gotische  Schild. 
Ein  ziemlich  sicheres  Kennzeichen  für  die  frühe  Zeit  dieser  Dreieckschilde  sind 
die  spitzen  Winkel  an  der  oberen  Geraden,  denn  je  mehr  wir  uns  dem  XIV.  Jahr- 
hundert nähern,  desto  voller  werden  diese  Winkel,  desto  mehr  erreichen  sie 
den  rechten  Winkel  von  90  Grad.  Kombinationen  der  romanischen  und  gotischen 
Schildform  kommen  häufig  vor,  indem  beide  mehr  als  50  Jahre  nebeneinander 
bestanden  haben. 

Die  Figuren  20  und  21  geben  eine  kleine  Uebersicht  über  die  romanischen 
und  gotischen  Schildformen  des  XIH.  Jahrhunderts  und  zwar  in  chronologischer 
Reihenfolge,  soweit  dies  bei  der  schwer  zu  datierenden  Materie  möglich  ist. 

b.  Das  Schildbild. 

Im  Gegensatze  zu  den  Bildern  früherer  Jahrhunderte,  welche  nur  als  Ver- 
zierungen und  Verstärkungen  auf  dem  Schilde  angebracht  worden  sind,  bezeichnet 
man  die  nach  gewissen  Grundsätzen  gewählten  und  mit  besonderer  Standes- 
berechtigung erljlich  geführten  Abzeichen  mit  dem  Namen  Wappen.  Die  Wappen 
der  Grafen  von  Kyburg  und  Dillingen  ^  weisen  die  Erblichkeit  schon  ins  XH.  Jahr- 
hundert zurück,  aber  die  Beispiele  sind  bei  uns  so  selten,  daß  der  allgemeine 
Brauch  der  Vererbung  erst  ins  XIII.  Jahrhundert  gesetzt  werden  darf. 

Wer  ein  Schildbild  erwählte,  that  dies  gewiß  nicht,  ohne  irgend  eine 
Beziehung  zu  der  dargestellten  Figur  zu  haben,  sei  es  durch  Anspielung  auf  den 
Namen,  auf  eine  heldenmütige  That,  auf  Stand  oder  Amt,  sei  es  eine  Anlehnung 
an  das  Wappen  des  Lehensherrn  oder  ein  Zeichen  süßer  Minne. 

Der  Darstellungskreis,  dem  die  Schildbilder  entnommen  wurden,  war  ein 
ungemein  reicher  und  vielseitiger.  Denn  mit  der  Verbreitung  der  Wappen, 
wurden  Gegenstände  aller  Art  in  den  Schild  aufgenommen.  Die  ausgebildete 
Symbolik  des  Mittelalters  bot  der  Phantasie  des  Suchenden  ein  weites  Feld  und 
einen  freien  Spielraum,  zu  dem  sich  die  alten  und  frühmittelalterlichen  Sagen- 
cyklen,  welche  die  fahrenden  Leute  in  ihren  Gesängen  bekannt  machten,  hinzu- 
gesellten. 

Alle  diese  Darstellungen  sind  unter  dem  Namen  der  natürlichen  oder 
gemeinen  Figuren^  zusammengefaßt  worden  und  lassen  sich  in  drei  ver- 
schiedene Gruppen  einteilen. 

Die  ScJiildverstärkungen  bilden  die  älteste  Kategorie,  da  einzelne,  auf 
den    Schilden    zur    Verstärkung    angebrachte    Metallbeschläge,    vermöge    ihrer 


'  Vergl.  VioUet-le-Duc,  Dictionnaire  raisonne  du  Mobilier  fran^ais  Bd.  V,  S.  351.  —  Rund- 
siegcl  des  Grafen  Rudolf  von  Froburg,  Propstes  zu  Zolingen  1245. 

^  Vergl.  V.  Sacken,  Katechismus  der  Heraldik,  S.  54  ff. 


86 


II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  ' —  XIII.  Jahrhundert. 


Fig.  22.    Schildverstärkungen. 


ornamentalen  Gestalt,    stabil   und    zu    erblichen  Wappenbildem    geworden   sind. 
Das  Kreuz    der  Herren  von  Eschenbach  und  Schnabelburg,   der  Maueranker  der 

Herren  von  Windegg  und  das  Schild- 
bild der  Fütschi  von  Zürich  weisen  auf 
solchen  Ursprung,  der  durch  die  schwarze 
Tingierung  (Eisen)  noch  deutlicher  er- 
scheint. Auch  der  sog.  „ Lilienhaspel '',^ 
ein  Kreisrund  mit  Lilienstengeln  besetzt, 
muß  auf  diese  Art  entstanden  sein, 
indem  die  Figur  in  heraldischer  Zeit 
gleiche  Form,  wie  das  Schildbeschläge  hat. 
(Vergl.  Reiterrundsiegel  des  Herzogs  von 
Zähringen.) 

Die  ziveite  Gruppe  umfaßt  alle  natürlichen  Figuren  und  Gegenstände,  die 
sich  für  die  Darstellung  im  Schilde  eigneten  und  die  dritte  Gruppe  die  Gebilde 
der  Phantasie  aus  Sagenkreis  und  Fabelwelt,  z.  B.  Drachen,  Kranichmenscheu, 
Nixen  etc. 

Den  zweiten  Darstellungskreis  bilden  die  Heroldsfiguren^  oder  Eh  reu- 
stücke, welche  durch  die  Teilung  des  Schildes  in  verschiedene,  regelmäßig  begrenzte 
Farben  entstehen.  Die  einfachsten  Figuren  gehen  auf  Fahnenbilder ^  zurück 
(Spaltung,  Quer-,  Schräg-  und  Vierteilung),  auf  Schildverstärkungen  (Quer-  und 
Schrägbalken,  Balkenkreuz)  und  auf  das  Pelzwerk.  Das  Entstehen  dieser  Neuerung, 
aus  welcher  eine  unerschöpfliche  Anzahl  von  Wappenbildern  kombiniert  werden 
konnte,  erklärt  sich  am  besten  aus  ihrer  Einfachheit  und  der  Tendenz,  das 
Waj)pen  möglichst  einfach,  regelmäßig  und  originell  zu  gestalten.  Bei  der  Dar- 
stellung gemeiner  Figuren  mußte  es  oft  sehr  schwer  fallen,  diesen  Anforderungen 
gerecht  zu  werden  und  die  Farben  so  zu  verteilen,  daß  alle  zur  Geltung  kommen 
konnten.  Der  Künstler  wurde  gezwungen,  die  natürliche  Form  des  Gegen- 
standes der  dekorativen  Wirkung  unterzuordnen  und  sich  genaue  Rechnung 
zu  geben  über  die  optische  Wirkung  der  Farben,  nach  welcher  er  die  Figuren 
mehr  oder  weniger  massiv  in  den  Schild  hineinsetzte.    Der  Leu  der  Habsburger* 


^  Beispiele  für  Lilienhaspel :  Wappen  der  Herzöge  von  Cleve  und  W.  R.  499.  Eine  Schild- 
beschreibung bei  Konrad  von  Würzburg  illustriert  diese  Art  von  Wappenbild  treffend :  Trojaner- 
krieg, Vers  32902,  Parzilot,  ein  Grieche: 

sin  schilt  der  was  mit  kelen  rot 
bedecket  und  bevangen 
dri  zobelswarze  spangen 
die  man  leite  üf  eine  tür 
dar  üz  erlühten  u.  s.  w. 
^  Die  Namen  gehören  einer  viel  späteren  Zeit  an,  sind  aber  der  Einfachheit  halber  ein- 
gesetzt worden. 

^  Vergl.  Petrus  de  Ebulo,  Carmen  de  hello  Siculo  II,  S.  24. 

*  Die  optische  Wirkung  ist  an  bemalten  Abgüssen  erprobt  worden.  Der  Schild  stammt 
vom  Habsburgersarkophag  in  Wettingen. 


2.  Der  Schild.  37 

z.  B.  rot  iu  gelb,  ist  als  schmales,  leuchtendes  Ornament  in  das  weniger  intensiv 
wirkende  Feld  gesetzt  worden,  während  der  Leu  derer  von  Klingen,^  weiß  iu 
schwarz,  als  feste  Masse,  breit  und  wuchtig,  in  dem  schwarzen  Schilde  erscheint, 
um  nicht  auf  die  Ferne  von  dem  schweren  Schwarz  erdrückt  zu  werden.^ 

Die  komplizierte  Ausbildung  der  Heroldsstücke,  welche  ihnen  auch  den 
Namen  eingetragen  hat.  ist  erst  im  XIV.  Jahrhundert  erfolgt,  zu  einer  Zeit, 
da  die  Wappenherolde  aus  der  naiven  Kunst  eine  „edle  Wissenschaft  machten 
und  gezwungen  waren,  eine  Unmenge  von  neuen  Wappen  für  das  Turnier,  für 
Wappen-  und  Adelsbriefe  zu  fabrizieren.  Im  XIII.  Jahrhundert  beschränken  sich 
die  Ehrenstücke  auf  einfache  Schildteilungen  und  Figuren,  deren  Enden  im 
Schildrunde  verlaufen.  Schon  im  ersten  Drittel  des  Jahrhunderts  traten  sie  in 
direkte  Konkurrenz^  mit  den  gemeinen  Figuren  und  haben  manch  angestammtes 
und  ererbtes  Wappenbild  verdrängt.  Zusammenstellungen*  aus  den  zwei  Dar- 
stellungskreisen kommen  öfters  vor,  besonders  dann,  wenn  das  gemeine  Wappen- 
bild sich  schon  eines  gewissen  Ansehens  erfreute  oder  eine  Erinnerung  an  die 
Heldentat  eines  Vorfahren  enthielt. 

Die  Bekleidung  der  Schilde  mit  Pelzwerk^  ist  sehr  alt  und  war  für  die 
heraldischen  Figuren  praktisch  gut  zu  gebrauchen,  indem  sie  in  Pelz  ausgeschnitten 
und  auf  den  Schild  genagelt  wurden.  Auch  die  schematische  Darstellung  kommt 
schon  früh  vor,  in  den  Miniaturen  ^  des  XL  und  XH.  Jahrhunderts  und  wird 
nicht  nur  iu  die  Heraldik,  unter  die  Ehreustücke,  aufgenommen,  sondern  in 
den  bildenden  Künsten  ülierhaupt  und  im  Kunsthandwerk'  dekorativ  verwendet. 
In  unsern  Wappen  ^  kommt  das  Pelzwerk  vereinzelt  vor,  es  ist  hauptsächlich  Ijei 
den  reichen  und  prunksüchtigen  Franzosen  und  Engländern  im  Schwünge  gewesen 
und  hat  sich  nur  selten  auf  die  Schilde  der  einfacheren  Ritter  verirrt.  Man  unter- 
scheidet einfarbiges  Pelzwerk :  Hermelin  (weiß) ,  Zohel  (schwarz) ,  Kelen  (rot, 
Marder  und  Eichhorn)    und    zweifarbiges:  Veh  oder  Bimtwerh   (weiß  und  blau). 


^  Schüd  vom  Grabstein  in  der  Trinitätskapelle  zu  ^Yettingen. 

^  Vergl.  die  Abbildungen  im  III.  Teil. 

^  Die  Grafen  von  Heiligenberg  führen  vor  1208  einen  Adler,  nach  1220  den  schrägen 
Zickzackbalken;  Segler,  G.  d.  H.,  S.  78.  Graf  Bertohl  von  Xeuenburg  führt  1208  einen  Adler  im 
Siegelfelde.  Graf  Eudolf  III.  dagegen  den  Schild  mit  Sparrenbelegten  Pfählen,  1243.  Die  Siegel 
der  Herren  von  Sax  zeigen  bis  1236  Adler  und  Leu,  seit  1257  den  gespaltenen  Schild  (gelb 
und  rot).  Die  Ritter  von  Bubenberg  nehmen  um  1280  anstatt  des  steigenden  Löwen  und  des 
Dreiberges  einen  geteilten  Schild  an,  von  blau  mit  weißem  Stern  und  von  weiß.  Die  Herren 
von  Heidegg  führen  bis  1272  die  Helmhaube  als  Wappenbild,  in  der  Folge  aber  gespalten  von 
gelb  und  schwarz  u.  s.  w. 

*  Yergl.  Zürcher  Wappenrolle,  Nr.  198  Mülhain,  284  Kasteln,  287  Riet. 

^  Hohenlohe,  Fürst  F.  K.,  Das  heraldische  Pelzwerk,  1867. 

®  Vergl.  Stacke,  Deutsche  Geschichte,  S.  464.  Barbarossa  als  Kreuzfahrer  nach  einer 
Miniature  von  1188. 

'  Dekorative  Anwendung  des  Pelzmusters  als  Wanddekoration  im  Palas  des  Unterhofes 
zu  Dießeuhofen.    Bahn,   Zur  Statistik    schweizer.  Kunstdenkmäler  des  Kantons  Thurgau,  S.  99. 

ä  Beispiele  bieten  die  Wappen  der  Grafen  von  Froburg,  Freiburg,  Bregenz,  Urach,  der 
Herren  von  Montfaucon,  Senn  von  Münsingen  u.  s.  w. 


88  II-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz,  —  XIII.  Jahrhundert. 

das  durch  Verwendung  von  Bauch-  und  Rückenstück  derselben  Tiergattung  erzielt 
worden  ist.  Aus  dieser  letzteren  Art,  mit  welcher  die  Mäntel  der  Großen  aus- 
geschlagen waren,  haben  sich  die  verschiedenen  Wolken-, 
Zinnen-  und  Eisenhutmuster  ^  der  Heraldik  entwickelt. 

Von  eigentlichen  Gesetzen  oder  Vorschriften  kann  man 
in  der  frühen  Zeit  nicht  reden,  und  wenn  sich  Regeln  heraus- 
gebildet haben,  die  von  keinem  Schildner  übertreten  worden 
sind,  so  ist  dies  unter  dem  Einfluß  eines  gesunden  Geschmackes 
und  aus  den  Anforderungen  an  den  Schild  geschehen.  Die 
Zeichnung  ist  gewöhnlich  einfach,  aber  in  flottem  und  leb- 
Fig.  23.  Wappen  der  Grafen   J^aftem   Umriß    ffesfeben    Und    nur    mit    den    notwendigsten 

V.  Froburg.  (Haus  z.  Loch.)  o    o  o 

Details  versehen.  Gar  zu  starken  Zerrbildern  suchte  man 
durch  mehrfache  Wiederholung  des  betreffenden  Bildes  zu  begegnen  oder  durch 
Beifügung  eines  Berges  (Dreiberg),  Schildhauptes  u.  a.  m.^ 

Die  meisten  Wappen  sind  mit  zwei  Farben  fingiert,  einer  hellen  und  einer 
dunkeln.  Drei-  und  mehrfarbige  Wappen  beschreibt  schon  Konrad  v.  Mure  in 
seinem  Clipearius^  (zehn  Schilde),  aber  ein  häufigeres  Vorkommen  kann  erst  gegen 
Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  nachgewiesen  werden.  Mißfarbige  Paarungen  kommen 
vor,*  gehören  aber  zu  den  Seltenheiten  oder  werden  geflissentlich  erwähnt,  um 
heidnische  Krieger^  von  christlichen  zu  unterscheiden.  Alle  Farben  werden 
ungebrochen^  verwendet,  um  den  vollen  optischen  Effekt  zu  erzielen.  Die  sechs 
Farben  weiß,  gelb,  rot,  blau,  schwarz  und  grün  müssen  bei  den  Dichtern  ge- 
nügen, um  die  größte  Farbenpracht  zu  schildern.  So  beschreibt  K.  v.  Würzburg' 
die  Ankunft  der  griechischen  Flotte  vor  Troja  im  Trojanerkrieg,  Vers  25145  ff.: 

ein  sege^l  swars,  der  ander  blank 

schein  üf  dem  tobenden  wilden  se 

der  dritte  grilene  alsam  ein  cle 

vil  wunnecliche  erlühte, 


'  lieber  das  Eisenhutmuster  vergl.  v.  Mayer-Mayerfels,  Herald.  ABC,  S.  835 — 389  und 
V.  Sacken,  Katechismus,  S.  49—52. 

2  Vergl.  Zürch.  Wappenrolle  Nr.  177.  178.  179  und  Schild  von  Seedorf  II,  S.  28. 

^  Bouly  de  Lesdain,  Les  plus  anciennes  armoiries  fran(;aises.  —  Archives  heraldiques 
1897,  S.  99.    Es  werden  6  Wappen  mit  einer,    405  mit  zwei  und  53  mit  drei  Farben  erwähnt. 

*  Im  Clipearius:  Nr.  10.  König  Dacus  hat  als  Wappen  in  rot  einen  schwarzen  Adler. 
Im  Hause  zum  IjOcIi  :  Nr.  9  Vink,  in  rot  ein  blauer  Leu.  Im  Turme  zu  Erstfelden :  Nr.  7 1 , 
schwarzer  Adler  in  blau. 

^  Konrad  von  Würzbury,  Partonopier  und  Meliur: 

19818  an  sinem  wäpenkleid  ich  spür 
daz  er  ein  fremder  ritter  ist. 
Es    ist   möglich,    dali    diese  Mißfarben    in  Anlehnung   an    die    gebrochenen  l'arben  des  Orients 
gewählt  worden  sind. 

*  B7'un  ist  eiu  häufiger  Ausdruck  für  schwarz,  indem  bald  die  eine,  bald  die  andere 
Bezeichnung  in  der  Aufzählung  figuriert. 

'  Konrad  von  Wiirzburg,  Der  trojanische  Krieg.  Herausgegeben  durcli  Adalbert  v.  Keller 
Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart,  44. 


2.  Der  Schild.  39 

der  vierde  r(vter  dühte, 

denne  ein  vrischiu   rose  rot 

vil  f/ehven  schin  der  fünfte  bot 

und  gap  der  sehste  bldwen  schin. 
Es  lag  in  der  Natur  der  Sache,  die  Wirkung  durch  möglichst  einfache 
Mittel  zu  bewerkstelligen  und  keine  Farben  zu  wählen,  die  nicht  weithin  leuchten 
konnten.  Wenn  man  berücksichtigt,  daü  einzelne  Figuren  aus  Pelz  ausgeschnitten 
waren  und  die  Naturfarbe^  an  sich  trugen,  so  erklärt  es  sich  leicht,  daß  auch 
sog.  unheraldische  Farben,  wie  z.  B.   l:)raun  und  grau  im  Schilde  auftauchen. 

Die  ungleichmäßige  Verwendung  der  einzelnen  Farben  ergibt  sich  wiederum 
aus  ihrer  Fernwirkung,  denn  die  am  häufigsten  verwendeten  sind  rot,  weiß  und 
o-elli."  Immerhin  ist  ein  lokales  Vorherrschen  einzelner  Farben  und  Farben- 
Paarungen  nicht  zu  bestreiten.  So  sollen  die  Franzosen,^  wenigstens  im  späteren 
Mittelalter,  blau-gelb,  die  Deutschen^  rot-gelb,  schwarz-gelb,  die  Oesterreicher-'' 
rot-weiß  mit  Vorliebe  geführt  haben.  Bei  uns  ist  die  Reihenfolge  der  Farben 
nach  ihrem  Vorkommen:^  iveiß  (238),  rot  (169),  hlau  (91),  schwarz  (89),  gelb 
(87),  grün  (2),  der  Farben])aarungen :  rot-weiß  (198),  schwars-iveiß  (45),  hlau- 
weiß  (44),  schwarz-gelb  (29),  rot-gelb  (23),  blau-gelb  (15),  grün- 
iveiß  (2).  Die  blau-iveiße  Paarung  erscheint  auf  den  Wappen 
im  Hause  zum  Loch  in  Zürich  viel  häufiger,  als  z.  B.  im 
Clipearius  und  in  den  Wappen  im  Turme  zu  Erstfelden,  und 
darf  wohl  mit  den  Zürcher  Stadtfarben  in  Zusammenhang 
gebracht  werden. 

Die  Bewehrung,^  das  heißt  die  Bemalung  gewisser  Neben- 
teile   der  Wappentiere,    fanden   wir   schon    am  Schilde    von 

Fig.  24    Wappen  der  Vink 

Seedorf  (weißer  Leu  mit  weißen  Krallen).  Im  XIII.  Jahr-  aus  dem  Hause  zum  Loch, 
hundert  macht  sich  der  Brauch  geltend,  die  Bewehrung  mit  einer  dritten,  von 
Schildbild  und  Fläche  verschiedenen  Farbe  zu  bemalen.    Zunge,  Krallen,  Schnäbel, 


^  Konraä  von  Würzhurg,  Trojanerkrieg  Vers  31.'i98: 

des  schilt  was  grüener  denne  ein  louch 
dem  abe  geschröten  ist  der  kil, 
und  stuont  dar  inne  ein  vederspil 
geverwet  als  ein  valke  brün. 
^  Bouly  de  Lesdain   gibt   folgende   Zusammenstellung,   durch  Anwendung   der  späteren 
Farben    auf  die  farblosen  Wappen  auf  Siegeln:    rot  (288),   gelb  (259),  weiß  (186),  blau  (117), 
schwarz  (57),  grün  (13);  Paarungen:  rot-gelb  (121),  rot-weifs  (92),  blau-gelb  (59),  gelb-schwarz 
(29),  blau-weiß  (25),  schwarz-\veiß  (26). 

*  Das  Wappen  des  Regentenhauses  ist  bekanntlich:  blau  mit  gelbeu  Lilien  besät. 

*  Reichssturmfahne  des  Reiches:  gelb-rot.    Wappen:  in  gelb  ein  schwarzer  Adler. 
^  In  rot  eine  weiße  Binde  führen  die  Herzoge  von  Oesterreich. 

"  Zusammengestellt  aus  dem  Clipearius,  den  Wappen  des  Hauses  zum  Loch  und  denen 
des  Turmes  zu  Erstfelden.  Zu  bemerken  ist,  daß  manche  Wappen  später  gelb  erscheinen,  die 
hier  weiß  gemalt  sind. 

^  Im  Schildsiegel  des  Grafen  Diethelm  V.  von  Toggenburg  erscheint  der  Leu  gekrönt, 
1229,  wohl  eines  der  frühesten  Beispiele. 


40  II-  Teil:  Gescliichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Hände,  Füße,  Flügelstangen  und  Kronen  erscheinen  nun  je  nach  der  Farben- 
paarung in  einer  der  sechs  Farben.  Bei  Konrad  von  Mure  sind  folgende  Beispiele 
zu  finden :  in  weiß  ein  schwarzer  Hirsch  mit  gelbem  Geweih,  ^  in  weiß  ein  roter 
Adler  mit  schwarzen  Fängen,  in  weiß  ein  schwarzer  Leu  mit  gelber  Krone, 
in  gelb  ein  schwarzer  Hirsch  mit  rotem  Geweih.  Im  Hause  zum  Loch:^  in  rot 
ein  blauer  Leu  mit  zwei  gelben  Hirschstangen  (Fig.  24).  Auch  Konrad  von 
Würzburg  gibt  uns  einige  Beispiele  von  Bewehrung  im  Trojanerkrieg:  Wappen 
des  König  Remus  von  Troja: 

32  288     Remus  in  eime  schilte 

mit  golde  wol  beschoenet 
fuort  ein  pantier  gekrcenet 
daz  hete  läsürblawen  schin 
sin  /crowe  luter  sübertn 
üz  eime  glänzen  Spiegel  var, 
und  das  Helmkleinod  des  Paris: 

33  098     er  hete  üf  sinem  heim  gemäht 

nach  sines  schiltes  wapen 
die  Schenkel  mit  den  täpen 
eins  löuwen,  den  er  drüfe  truoc 
der  stuonden  zwene  schone  gnuoc 
geschrenket  drüf  in  kriuze  wis 
und  waren  die  durch  hohen  pris 
durslagen  rot  von  golde  fin 
die  Idäiven  glizzen  silberin., 
die  von  den  täpen  hihten. 
Eine  Vermehrung  des  Wappens  durch  Vereinigung  mehrerer  Bilder  in  dem 
selben  Schilde  ist  uns  schon  beim  Aufkommen  der  heraldischen  Figuren  begegnet, 
imd  soll  hier,    zusammen    mit  der  Verschmelzung  ganzer  Wappenschilde,    näher 
betrachtet  werden.     Diese  Erscheinung   ist    für  die    reiche  und  kunstvolle  Ent- 
wicklung des  Schildbildes  wichtig.  Die  gebräuchlichen  Arten, 
verschiedene  Bilder  oder  zwei  verschiedene  Wappen  im  selben 
Schilde    darzustellen,    bestanden   in    dem   Auf-    vmd    Neben- 
einanderlegen der  Figuren,  wobei  das  Heroldsbild  gewöhnlich 
mit    einer    gemeinen   Figur   belegt   wurde,    im   Aufeinander- 
legen   ganzer    Schilde    und    im    Zusammenstoßen    derselben 
(Nelx'neinanderlegen  der  halbierten  Schilde).    Die  erste  Art 
Fig.  25.  Wappen  des  Peter  ^^^^  ^^®   gebräuchlichste,    uud  in  allen  Gegenden  des  Landes 
de  Turro  1227.  ziemlich  früli  und  zahlreich  nachzuweisen.  Heraldische  Teilung 

und  gemeine  Figuren  zeigt  schon  das  Wappen  der  Grafen  von  DiUingcn  und 
Kyhurg  (Schrägbalken  von  Löwen  begleitet),  ferner  dasjenige  des  Feter  de  Turre^ 


'  Clipearius  Nr.  21  (roinnieru),  Nr.  27  (Tirol),  Nr.  11   (.lülicli),  Nr.  70  (Hirtzberg). 

^  Wajipen  d(!r  Vink  (Zürich)  Nr.  0. 

*  Schildsiogel.    Ahb.  im  Basler  Urkundenbuch  15d.  1,  Tat".  11,  Fig.  120. 


2.  Der  Schild.  41 

(im  Freiviertel  ein  Turm)  1227  (Fig.  25),  der  Grafen  von  Buchegg^  (Pfalil  mit 
drei  Rosen)  1252,  des  Girard  de  üomjyey,^  Seigneurs  de  Riie  (im  Schildeshaupt 
drei  Muscheln)  1278.  Im  Clipearius  findet  sich:  der  Herzog  von  Lothringen^ 
(in  gelb  ein  roter  Schrägbalkeu  mit  drei  weißen  Adlern  belegt),  im  Turm  zu 
Erstfelden:  das  Wappen  der  de  Pont  (Freiburg)  (in  rot  ein  weißer  Schrägbalken 
mit  blauem  Leu)  u.  a.  m. 

Mehrfache  Wiederholung  einer  Figur  im  Schilde  neben  dem  eigentlichen 
Bild,  das  Bestreuen  (senier),  ist  jüngeren  Ursprungs.  Konrad  von  Mure  erwähnt 
kein  Beispiel,  dagegen  zeigt  uns  ein  solches  das  Rundsiegel  des  Freiherrn  Walther 
V.  Klingen'^  (Zürich)  1255  (weißer  Leu  in  schwarzem,  mit  gelben  Schindeln  be- 
streuten Feld).  Die  Freiherren  von  Glane^  (Freiburg)  führten  einen  weißen  Löwen 
im  roten,  mit  weißen  Krückenkreuzen  bestreuten  Felde,  die  Grafen  von  Saar- 
brücken desgleichen  in  blau. 

Die  Farbenvermehrung,  welche  durch  Belegen  eines  zweifarbigen  Feldes 
mit  einer  einfarbigen  Figur  oder  eines  einfarbigen  Schildes  mit  einem  mehr- 
farbigen Bilde,  stattfindet,  ist  an  folgenden  Beispielen  zu  sehen:  Wappen  der 
Freiherren  von  BaJm  ^  (Aargau)  in  sechsmal  weiß  und  blau  gespaltenem  Felde  ein 
roter  Leu  (Turm  von  Erstfelden)  in  einfach  weiß  und  blau  gespaltenem  Felde 
(Eacksteine  von  St.  LTrban) ;  Freiherren  von  Grandson  sechsmal  blau  und  weiß 
gespalten,  darüber  ein  roter  Schrägbalken  mit  drei  gelben  Muscheln  Ijelegt. 
Umgekehrt  im  Clipearius:  Landgraf  von  Tldiringen'^  in  blau  ein  rot-weiß,  quer- 
gestreifter Leu ;  im  Hause  zum  Loch 
Wappen  Nr.  27  in  blau  eine  weiß-rot 
gespaltene  Burg;  Grafen  von  Neuenbürg 
in  gelb  drei  rote  Pfähle  mit  weißen 
Sparren. 

Die  Vereinigung  zweier  Wappen 
durch  Aufeinanderlegen  der  Schilde  ist 
bei  uns  selten  und  schwer  nachweisbar,  ^^  Fig.  26.' 

•     1  j  1  ai-ii  111  1       Wappen  d.  Meyer  V.  Biel.     Wappen  d.  Freien  v.  Kempten. 

mdem  der  untere  Schild  auch  als  heral- 
disch verzierter  Schildrand  gelten  kann.    Eine  Ausnahme  l^ildet  das  Wappen  der 
Meyer   von    Biel    nach    einem    Siegel    des   Ulricus,    villicus    in   Biello   von    1285 
(Fig.  26).    sonst  vermögen  die  Siegel  keinen  sichern  Anhalt  zu  geben,   weil  die 
fraglichen  Wax^pen    l)ald   mit    erhöhtem   Rande,    bald    mit    erhöhtem  Herzschild 


'  Zürcher  Wappeiirolle  Fig.  21'. 

^  Eundsiegel  von  1278  (Sammhmg  der  Autiq.  Gesellschaft). 

'     18     Lotharingus  habet  gilvum  clipeum,  sed  oportet 

Quod  tres  zona  rubeus  albas  aqiiilas  ibi  portet. 
*  Zürcher  Wappenrolle  Fig.  138. 
^  Turm  von  Erstfelden  Nr.  49  und  74. 
"  Turm  von  Erstfelden  Nr.  43  und  73. 
'     28     Thüringen  (blaveo)  clipeo  stat  forma  leonis 

Cuius  pellem  variam  rubeo  niveoiiue  reponis. 


42  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  iu  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

erscheinen.  Mit  erliöhtem  Mittelschilde  dargestellt  finden  sich  auf  Siegeln  des 
XIII.  Jahrhunderts  die  Wappen  ([qy Freiherren  von  Kempten'^  (auf  gelb  ein  schwarzer 
Schild)  und  der  Freiherren  von  Bonstetten  (auf  gelb  ein  schwarzer  Schild  mit  drei 
weißen  Wecken).  Einen  blauen  Herzschild  auf  rot-gelbem  Felde  zeigt  das  Wappen 
der  Grafen  von  Oettingen  (Turm  zu  Erstfelden). 

Mehrere  Bilder  in  verschiedenen  Farben  in  einem  Schilde  zu  vereinen, 
geschieht  durch  Spaltung  (senkrecht)  oder  Teilung  (wagrecht)  des  Feldes  in  zwei 
Hälften  oder  durch  Zusammenschieben  der  Figuren  im  gleichen  Felde.  Für  die 
erste  Art  citiere  ich  als  Beispiele  das  alte  Wappen  der  Bubenberg,  Bern  (gespalten, 
rechts  ein  steigender  Leu,  links  ein  Dreiberg), ^  das  der  Schönenwerd  (Zürich) 
(gespalten,  von  weiß  mit  schwarzem,  steigendem  Leu  und  von  rot),^  für  die  zweite 
das  alte  Wappen  der  Münch^  von  Basel  (geteilt,  oben  schreitender  Leu,  unten 
geweckt)  und  den  Schild  des  Herrn  Rudolf  v.  StrettUngen  und  Wimmis,  Bern 
(geteilt,  oben  der  Pfeil  von  Strettlingen,  unten  drei  Rosen  von  Wimmis?).^ 
Ohne  Teilung  führen  die  Herren  v.  Sax^  Leu  und  Adler  übereinander,  während 
die  zwei  Bilder  im  Wappen  der  stamniesverwandten  Toggenburger'^  mono- 
grammistisch  zusammengeschoben  sind, 

Vereinigung  zweier  Wappen  durch  Vierteilung  des  Schildes  gehört  im  all- 
gemeinen erst  der  späteren  Zeit  an,  findet  sich  aber  im  Clipearius  beim  Wappen 
von  Spanien  (in  gelb  schwarzer  steigender  Leu  1  und  4,  in  weiß  rote,  mehr- 
türmige  Burg  2  und  3).  ^ 

Wir  sehen,  an  Beisjsielen  für  die  komplizierteren  Arten  der  Schildbereicherung 
fehlt  es  nicht.  Aber  diese  nach  und  nach  gesetzlich  werdenden  Kombinationen 
haben  in  unserem  Lande  nicht  Fuß  gefaßt,  ebenso  wenig  wie  die  unnatürlichen 
Regeln  der  späteren  Kanzleiheraldik. 

Im  Laufe  des  Jahrhunderts,  bei  uns  erst  im  XIV.,  wird  dem  Zusammen- 
stoßen der  Schilde  eine  besondere  Bedeutung  beigelegt,  durch  die  Vereinigung 
der  Wappen  von  Mann  und  Frau  in  demselben  Schilde.  Ein  Beispiel  liefert  der 
Schild  im  Siegel  der  Gräfin  Margaretha  von  Hohenberg-Fürstenberg  ^  1295.  Es  ist 
aber  sehr  zweifelhaft,  ob  dies  je  auf  den  Kampfschilden  angewendet  worden  sei. 

Neben  den  schon  erwähnten  Schildverstärkungen,  Umbo  und  Buckelreis, 
finden   unbedeutende  festigende  Zutaten  Platz  auf  dem  Schilde  und  bilden  den 

'  Zürcher  Wappenrolle  Fig.  293,  391. 

'^  Schildsiegel  l'etri  in  Babonheri;  r210/'41.    Abb.  Berner  ürkundenbuch  Taf.  1^9,  Fig.  lol. 

•'*  Haus  zum  Loch  Nr,  14. 

•*  Schildsiegel  des  Konrad  Münch   l'j;37.  Abb.  Basler  ürkundenbuch  Tat'.  9,  Fig  99. 

^  Kundsiegel  von  1259.  Abb.  Berner  Ürkundenbuch  Taf.  2S,  Fig.  129. 

"  Zuerst  im  Schildsiegel  des  Heinrich  de  Sax  von  123G. 

'  Näheres  bei  Gull,  Die  Grafen  von  Toggenburg.  Neuchätel  1S!H).  —  Archivos  iu'ral- 
di(iu('s,  Beilage. 

^      3     liex  Ilisjjanie  duos  gilvo  tibi  nigro  leones 
in  niveo(iue  duas  urb(>s  rubeas  ibi  pones. 

"  .\bb.  bei  Jlohctdohc-Wdldnihtirfi,  Zur  Geschichte  des  Fürstenbergischen  Wappens. 
Stuttgart  18«JU. 


2.  Der  Schild.  43 

letzten  Zuwachs  seiner  Bereicherung.  Quer-  und  Schrägbalken,  einfach  und 
kreuzweise  über  das  bemalte  Feld  gelegt,  Sterne  und  Rosetten  und  der  heral- 
disch verzierte  Schildrand  gehören  dahin.  Wagrechte  Querstange  zeigt  das 
Wappen  derer  v.  Iffenthal^  (Aargau),  derer  v.  Bietenloh,^  ein  Schrägbalken  der 
Schild  der  Herren  von  Ligers  1238,  zwei  Schrägbalken  kreuzweis  über  einander 
gelegt  der  Grafen  von  Oettingen^  (Konrad  von  Mure),  zwei  Querbalken  über  ein- 
ander das  Wappen  der  Freien  von  Signau'^  (Emmenthal).  Der  Schildrand  wird  nicht 
nur  einfarbig  tingiert,  sondern  mit  heraldischen  Mustern  belegt.  Zwei  Beispiele 
enthält  der  Clipearius,  nämlich  das  Wappen  der  Grafen  von  Freiburg^  (in  gelb 
ein  roter  Adler  mit  Veh-Schildrand  und  dasjenige  der  Grafen  von  Zollern^  (in 
weiß  ein  roter  Leu  mit  achtmal  von  gelb  und  schwarz  gewechseltem  Rande). 
Das  Wappen  der  Freiherren  von  Tägcrfelden''  (Aargau)  zeigt  einen  geschachten 
Rand  (in  blau  ein  weißer  Adler  mit  rot-weiß  geschachter  Borte). 

Rosetten,  Sterne.  Nagelköpfe,^  wie  sie  in  Siegeln  auf  den  Schilden  er- 
scheinen, hängen  mit  der  Art  der  Befestigung  des  Schildbildes  auf  dem  Schild- 
brette zusammen.  In  den  einen  Schilden  erscheinen  diese  Zutaten  nur  sporadisch 
oder  nur  auf  den  Siegeln  der  gleichen  Person,  beweisen  also  eine  Art  Nach- 
bildung des  wirklichen  Schildes^  (zwei  Sterne  im  Siegel  des  Heinrich  von  Sax 
1257),  in  den  andern  werden  sie  erblich  und  erhalten  den  Wert  von  Wappen- 
bildern ^"^  (zwei  Sterne  im  Wappen  der  Rümlin gen,  Bern).  Daß  dabei  die  dekorative 
Form  der  Zierart  maßgebend  sei,  habe  ich  schon  bei  den  eigentlichen  Bildern 
berührt,  aber  die  Nachbildung  einfacher  Nagelköpfe  weist  darauf  hin,  daß  der 
Kampfschild  dem  Siegelstecher  als  Vorbild  gedient  haben  muß. 

Schließen  wir  die  Betrachtung  über  die  dekorative  Bedeutung  des  Schild- 
bildes mit  einer  kurzen  Zusannuenfassung  der  gestellten  Anforderungen,  so  lautet 
dieselbe  kurz:  Einfachheit  und  Originalität  der  Zeichnung,  —  Größtmögliche 
Darstellung  und  Raumfüllung,  —  Farbenpaarung  nach  den  Gesetzen  der  Optik. 
Wenn  das  Schildbild  unter  dem  Einflüsse  dieser  äußeren  Anforderungen  seine 
Form  erhielt,  so  haben  innere  Gründe  die  Wahl  desselben  bestimmt.  Hier  tritt 
uns  eine  ausgebildete  Bildersprache  entgegen,  welche,  oft  in  versteckter  Art  und 


'  In  gelb  ein  roter,  aufrechter  Leu  mit  blauem  oder  schwarzem  Querbalken  unter  oder 
über  der  Figur.    Vergl.  Siegel  des  Geschlechtes  und  die  Wappenbacksteine  von  St.  Urban. 

^  Schildsiegel  Bertoldi  de  Bietenlo  1278.    Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

'     61    Oetingen  viret  et  gilvo  rubeoque  repingit 

Limbum,  quos  nivea  cancellans  linea  stringit. 

■*  Wappen  fünfmal  gespalten  von  weiß  und  blau  mit  zwei  roten  Querbalken.     Abb.  des 
Wappens  in  Stumpfs  Chronik.  —  Pusikan,  Die  Helden  von  Sempach,  Taf.  14,  Fig.  2. 

5  Vergl.  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  180. 

*  55   Zolren  stat  niveo  rufus  leo  margine  lato 

Gilvis  atque  nigris  octo  spaciis  variato. 
'  Vgl.  Grabstein  mit  dem  Wappen  Tegerfelden  zu  Wettingen.   HI.  Teil. 

*  Schildsiegel  des  Heinrich  de  Sax  1236. 

®  Yergl.  auch  Rundsiegel  des  Herrn  Werner  von  Chien  1283  mit  einem  Stern. 
^^  Rundsiegel  des  Rudolf  von  Rümlingen  1277,  Berner  Ui'kundenbuch  Taf.  62,  Fig.  49. 


44  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Weise,  den  Namen  des  Trägers  enthält  oder  auf  seine  Aemter  und  Würden 
anspielt.  Der  überreichen  Symbolik  trat  der  fröhliche,  oft  derbe  Witz  des 
Mittelalters  zur  Seite  und  formte  mit  ihr  zusammen  jene  Bildersprache,  welche 
der  Heraldik  des  XIII.  Jahrhunderts  ihre  Originalität  verleiht.  Eine  symbolische 
Beziehung  des  Schildbildes  zum  Träger  oder  dessen  Namen  konnte  sowohl  durch 
die  Farbe,  als  durch  das  Bild  direkt  und  indirekt  hergestellt  werden.  Wenn 
wir  die  ganze  Materie  in  drei  große  und  unter  sich  nicht  scharf  abgegrenzte 
Gruppen  einteilen,  so  erhalten  wir  als  größte  an  Zahl  und  an  Mannigfaltigkeit 
diejenige  der  redenden  Wappen.  Alle  Namenswappen  das  heißt  alle  diejenigen 
Darstellungen,  welche  offen  oder  versteckt,  ganz  oder  teilweise  den  Namen  des 
Trägers  nennen  oder  ihn  erraten  lassen,  gehören  dahin. 

Schildbilder,  welche  nur  durch  die  Farbe  ^  reden,  sind  noch  selten,  in  Ver- 
bindung mit  Figuren  dagegen  häufig.  Die  Wappen  der  Herren  von  Grünenberg^ 
und  derer  von  Schwar^cnberg^  sind  in  gelb  ein  grüner  und  in  weiß  ein  schwarzer 
Berg.  Eine  rote  Burg  in  gelb  führen  die  Vögte  von  Rotenburg^  (Konrad  von 
Mure)  und  eine  weiße  in  rot  die  Freiherren  von  Weißenburg^  im  Oberland.  Der 
Herren  von  Botenstein^  Wappen  weist  in  weiß  einen  roten,  gelb  gesteinten 
Schrägbalken  auf.    Schon  in  die  Symbolik  hinüber  greifend  erscheinen  drei  weiße 

(mit  Schnee  bedeckte)  Drei- 
berge der  Herren  von  Winter- 
berg'^  (Zürich)  in  schwarz. 
Die  Herren  v.  BlanJcenburg^ 
(Bern)  führen  in  schwarz 
ein  blanke  (weiße)  Burg. 
Hübsch,  aber  weniger  im 
Fig.  27.   V.  Mandach.  v.  Laubegg.  v.  Feiga.  Scliwuuge  siud  die  redenden 

Heroldsbilder.    Von  mir  bekannten  Beispielen  führe  ich  an: 

1274  im  Siegel  des  Dietrich  am  Ort^  (Freiviertel  ^^  Ort),  das  Wappen  der 
Herren  von  Kürnegg^^  (in  rot  ein  weißes  Egg),  derer  von  Hohenegg^^  (in  rot  ein 
hohes,  weißes  Egg),  der  Stucld^'^  von  Zürich  (schwarz-gelb  gestückter  ^geständerter 


^ 


'  Rot  von  Eotberg  (Basel)  in  weiß  eine  rote  Rose  auf  rotem  Dreiberg  oder  nur  eine  rote 
Rose.  (Basler  Wappenbuch,  Meyer-Kraus)  Pusikan,  Taf.  4. 

^  Konrad  von  Grünenbergs  Wappenbuch,  in  grün  gelber  Dreiberg.  Zürcher  Wappenrolle, 
8.  4(i7.    Pusikan,  Taf.  2. 

'  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  4(i(i. 

*  Clipearius  des  Koin-ad  von  Mure,  Vers  4.'i. 

*  Abgebildet  auf  dem  „Brautkästlein  der  Eidgenossenschaft."   Schweiz.  Landesnuiseum. 
®  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  194. 

'  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  497. 

^  Turm  von  Krstfelden  Nr.  25. 

»  Basler  Urkuiidenbuch  Taf  ;-5,  Bd.  I,  Fig.  2h. 

'"  Zürcher  Wa-})j)enrolle  Nr.  75. 

"  Zürcher  Wai)penrolle  Nr.  169. 

'■'  Tohler-Mcijer  und  Kijli,  Der  ausgestorbene  Adel  der  Stadt  und   Landschaft  Zürich. 


2.  Der  Schild.  45 

Schild)  und  der  Schatfhaiiser  Herren  im  WinJceV  (gespalten  von  weiß  mit  zwei 
schwarzen  Winkeln  [Sparren]  und  von  rot).  Mit  andern  Figuren  zusammen 
treffen  wir  sie  im  Wappen  der  Edelknechte  von  Mandach^  (^'^-  27)  (auf  rotem 
Dach  ein  schwarzer  Kopf  =  Mann),  derer  von  Lauhegg^  (auf  rotem  Egg  ein 
grünes  Lindenblatt  =  Laub)  und  der  Herren  von  Monegh^  (Manegg)  (schräg 
geteilt,  oben  Mond,  unten  Eck). 

Das  größte  Kontingent  der  redenden  Wappenbilder  stellen  die  gemeinen 
Figuren  und  zwar  in  so  großer  Zahl,  daß  ich  mich  auf  wenige  Beispiele  be- 
schränken will.  Den  vollen  Namen  weisen  die  Wappen  der  Herren  von  Spiegelberg '' 
(in  rot  auf  grünem  Dreiberg  drei  goldene  Spiegel),  der  Biber  ^  von  Zürich  (in  gelb 
ein  schwarzer  Biber),  der  Staufen,'^  Haus  zum  Loch,  (in  blau  drei  gelbe  Staufe  == 
Becher),  der  Felga,^  Freiburg  (in  weiß  drei  rote  Felgen  —  Radstücke),  des  Feter 
V.  Staufenberg  ^ißtauf  über  einem  Dreiberg),  der  Grafen  von  Ti erstem '^'^  (in  gelb  ein 
rotes  Tier  auf  grünem  Stein)  der  Herren  v.  Bären  f eis  ^^  (in  gold  auf  grünem  Dreiberg 
—  Fels  ein  schwarzer  Bär),  der  Binggenberg^"  (in  weiß  auf  grünem  Dreiberg  eine 
Ringge  =  Schnalle),  der  3Ianesse^^  (in  rot  zwei  kämpfende,  weiße  Ritter  —  man-ezze), 
der  ilfwwt'/i'^  von  Basel  (in  weiß  ein  schwarzer  Mönch  -  Münch),  der  de  Turre^^  {im 
Viertel  ein  Turm),  des  Walther  sum  Sternen  ^^  (ein  goldner  Stern),  der  Herren  von 
Wassersteh  ^"^  ein  Wasserstelzchen  mit  langen  Beinen)  1274,  der  Herren  v.  Radegg  ^^ 
(Teil  eines  Rades-Ecke),  des  Thomas  Zebel'^^  (ein  Schild  von  Zobel,  Wolkenmuster), 
des  Seigneurs  de  Bue'^  (ein  Rad  =  une  roue)  1234.  Unter  den  Städte-  und  Land- 
schaftswappen erscheinen  mit  vollständiger  Bildersprache  Aarberg^^  (Aar  auf  einem 
Dreiberg),  Aarau  (Aai*  über  der  abgegrenzten,  durch  einen  Lindeuzweig  kenntlich 


'  Pusikan,  Die  Helden  von  Sempach.    Züricli  1886.    Hofer  d'  Biiirjer. 

'^  Zürcher  Wappenrolle  Fig.  50.  .534. 

^  Wappenlnich  des  ausgestorhenen  Adels  von  Zürieh. 

*  Stumpf,   Joh.,    (xemeiner    lohl.    Eidgenossenschaft,    Stetten    etc.  ('hrouik.      Froschauer, 
Zürich  1586,  S.  443  b. 

^  Wappenhuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 

"  Haus  zum  Loch  Nr.  12.  13.    Zürcher  AVappenrolle  Nr.  294. 

^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  378.    Haus  zum  Loch  Nr.  163. 

^  de  Mandrot,  Wappenbuch  von  Freiburg.    Stumpfs  Chronik. 

^  Abb.  Siegelsammlung   des  Mannheimer  Altertumsvereins  1897,    von  Walter,   Dr.  Frdr. 
'"  Schildsiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Tierstein  1206. 
.  »1  Pusikan,  Taf.  4. 
''*  Manessekodex,  Blatt  58.    Jahrbuch  für  Schweizergeschichte  XXI. 

"  Pamdsiegel  des  Rüdiger  Maneis  1251,  Wappenbuch  des  ausgestorbenen  Adels  v.  Zürich. 
'*  Schildsiegel   des  Hugo  Münch  1258.     Siegelsammlung  der  Antiquarischen  (xesellschaft. 
'»  Basler  ürkundenbuch  Taf.  11,  Fig.  120,  Bd.  I. 
'®  Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 
"  Schildsiegel  des  Reinhard  von  Wasserstelz  1274. 
'*  Schildsiegel  des  Rudolf  de  Radegge  1249. 
»«  Basler  ürkundenbuch  Taf  11,  Fig.  127. 
■■'"  Rundsiegel  des  Rudolf,  seigneur  de  rue  1234. 

^'  Vergl.  Schultheß,  Die  Städte-  und  Landessiegel  der  Scliweiz.   Zürich  1853.   Mitteilungen 
der  Antiq,  Gesellsch.,  S.  12. 


46  II-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

gemacliteu  Au),  Bern  (mit  dem  Bären),  Biel  (mit  zwei  gekreuzten  Beilen  =  Bielen), 
Laupen  (Loupen)  (mit  einem  grünen  Zweig  =  Laub),  Schaffhausen  (aus  dem  Hause 
[Stadt]  tritt  das  Schaf  [Bock]  hervor),  Uri  (mit  dem  Kopf  des  Ur  —  Stier).  Den 
Namen  nur  teilweise  nennen  die  Wappen  der  Grafen  v.  Greyers^  (de  Gruyere, 
une  grue  =  Kranich),  der  Grafen  von  Toggenhurg^  (eine  schwarze  Dogge  in  gelb), 
der  Herren  v.  Thorher g^  (ein  Tor),  der  Herren  v.  Küssnacht^  (in  rot  ein  weißes 
Kissen  —  Küssi)  1296,  der  Herren  von  Ruod^  (Aargau)  (in  blau  ein  weißes  Ruder), 
das  alte  Wappen  der  Freiherren  von  Bonstetten^  (eine  Bohnenranke)  1251,  im 
Siegel  des  Peter  Gabler'^  1284  (eine  dreizackige  Gabel),  des  Leutold  de  Gerlikon^ 
1268  (eine  Fischgeere)  etc.,  im  Wappen  der  Herren  von  Wildenberg ^  ein  wildes 
Tier  (Greif)  1262,  der  Herren  von  Kemenaten^^  ein  Kamm,  der  Herren  von 
Buchsee^^  dreimal  drei  Buchenblätter  (grünes  Laub)  auf  einem  Schrägbalken  etc. 
Indirekt  redende  Wappen,  welche  rebusartig  auf  den  Namen  der  Inhaber 
hinweisen,  sind  diejenigen  der  Schenken  und  Truchsesse.    Sie  führen  gewöhnlich 

einen  Becher  im  Schilde,  das  Abzeichen 
ihres  Amtes,  wie  z.  B.  die  Schenken  von 
Kyburg,^^ die  Herren  von  Liebenberg^'^  (in  weiß 
ein  gelber  Stauf,  oder  in  gelb  ein  weißer 
Schenkbecher),  die  Schenken  von  Habsburg  ^^ 
(in  blau  eine  grüne  Kanne),  die  Truchsesse 
von  Wolhusen^^  (in  rot  ein  weißer  Kelch). 
Die     von    Dießenhofen  ,^^    Truchsesse     der 

Fig.  28.  Schenk  V.  Liebegg.  Truchseß  v.  Dießenhofen.     n      s"  t''    i  i    tt    i     i  c.i 

Graten  von  Kyburg  und  Habs  bürg,  fuhren 
in  weiß  einen  schwarzen  Kochkessel,  die  Truchsessen  von  Habsburg^^  in  gelb 
einen  schwarzen  Kessel),  die  Meyer  einen  Hut  als  Abzeichen  des  Amtes  {Meyer 
von  Knonau^^  in  rot  einen  weißen  Hut).  Lehensträger  von  Mühlen  haben  das 
Mühlerad  als  Wappenbild,  wie  z.  B.  die  Mülncr^^  von  Zürich  (in  schwarz  ein  gelbes 


'  Rundsiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Greyerz  1264. 

^  Zürcher  Wappenrolle  Fig.  35. 

^  Schildsiegel  des  Albrecht  von  Torberg  1251. 

*  Wappenbuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 
^  Rundsiegel  des  Heinrich  von  Ruoda  1294. 

*  Vergl.  Zürcher  Urkundenbuch  III,  S.  24. 

'  Basler  Urkundenbuch  Taf  16,  Fig.  164,  Bd.  H, 

^  Sicgelsanimlung  der  Antiq.  Gesellschaft. 

"  Zürclier  Wappenrolle  Fig.  134. 

'"  Wapj)enbuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 
"  Zeerleder,  Urkundenbuch  von  Bern  Taf.  39,  Fig.  161. 
'^  Wappenbuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 

"  Wappentafel  der  Benefaktoren  im  Kreuzgange  des  Klosters  zu  Wettingen  Nr.  74. 
'*  Abb.  Haus  zum  Loch  Nr.  137.    Zürcher  Wappenrolle  Nr.  1H8. 

'^  Wajjpentafel    der    Benefaktoren     des    Klosters    Wettingen    im    Kreuzgange    daselbst. 
Wappen  75.  76. 

**  Wappenbuch  der  Stadt  Zürich. 

"  Wappenbuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 


2.  Der  Schild.  47 

Rixd),  die  v.  Mülinen^  (Bern)  (in  gelb  ein  schwarzes  Rad)  die  r.  Müllimatt^  (in 
gelb  ein  blaues  Rad)  die  Müller  v.  Rorbas  ^  (in  gelb  ein  rotes  Mühlerad)  u.  s.  w. 
Der  Prior  von  Fahr^  (an  der  Limmat)  und  das  Kloster  führen  als  Wappen- 
bild einen  Nachen  mit  zwei  Rudern  (fahren).  Es  ist  schwer,  zwischen  dieser 
und  der  nächsten  Gruppe,  den  symbolischen  Wappenbildern,  eine  scharfe  Ab- 
grenzung zu  machen,   da  sie  selbst  teilweise  schon  symbolisch  sind. 

Die  Wappen,  welche  auf  Eigenschaften,  nicht  auf  den  Namen,  hinweisen, 
bilden  die  zweite  Gruppe.^  Jedes  Tier  hat  in  der  Naturkunde  des  Mittelalters 
als  Symbol  einer  bestimmten  Eigenschaft  zu  gelten,  die,  durch  das  allgemeine 
Bekanntsein,  leicht  aus  dem  Schildbilde  herausgelesen  werden  konnte.  Der  Ädlcr, 
als  König  der  Vögel  und  der  Leu,  der  Be- 
herrscher der  Tiere,  sind  naturgemäß  die  Vor- 
nehmsten und  stehen  obenan.  Es  ist  denn 
auch  wohl  nicht  zufällig,  dafs  gerade  die  ge- 
waltigsten und  mächtigsten  Geschlechter  diese 
Tiere  zu  Wappenbildern  erwählt  haben.  Die 
Dichter^  rühmen  dem  Adler  Reichtum  und 
Milde  nach,  Freigebigkeit  und  Schonung  der 
Kleinen   und  sagen  ausdrücklich,    daß  es  sich        rig.  29.  Adler  zu  Anfang  und  zu  Ende 

o..        1      T  TT  •  IAH  clßs  XIII.  Jahrhunderts. 

nur    lur    hohe    Herren    gezieme,     des    Adlers 

Abbild  im  Schilde  zu  führen.  Als  Schildzeichen  des  Reiches  ist  es  vielleicht 
auch  deshalb  von  den  großen  Lehensträgern  übernommen  worden.  Die  Herzöge 
von  Zähringen  und  nach  ihnen  die  Grafen  von  Freihurg  und  Fürstenberg  führen 
den  roten  Aar  im  gelben  Felde,  die  Grafen  von  Frohurg  den  buntgevehten 
(gepelzten)  in  gelb,  die  Grafen  von  Honberg  zwei  schwarze  Adler  im  gelben 
Felde,  die  Freiherren  von  Tegerfelden  den  weißen  in  blau  oder  schwarzen  in  gelb 
und  die  Freiherren  von  Raron  den  roten  Adler  in  gelb. 

Der  Leu  ^  ist  das  Sinnbild  des  grimmen  Mutes,  der  Stärke  und  der  kühneu 
Tapferkeit.  Er  kommt  viel  häufiger  vor,  als  der  Adler,  wie  denn  auch  die 
Tapferkeit  verbreiteter  gewesen  ist  unter  dem  Adel  als  große  Reichtümer. 
Konrad  von  Würzburg  singt  von  Hektors  Wappen: 


'  Wappenbuch  des  ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 

*  Schildsiegel  des  prepositus  de  Fare  1243.    Zürcher  Urkundenbuch  III,  Fig.  57. 

*  Grundlegend  für  die  Tiersymbolik  ist  ein  Traktat  des  XII.  Jahrhunderts  „von  Tieren 
unde  von  Fogelen"  (Physiologus).  Maßmann,  Deutsche  Geschichte  des  XII.  Jahrhunderts. 
Quedlinburg  1837.    II.  Teil. 

*  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  148  ff.  —  Konrad  von  Meyenberg,  Buch  der  Natur : 
„und  spricht  Augustinus,  daz  er  der  edelst  vogel  sei  und  sei  ain  küng  aller  vogel." 

*  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  150  ff.  —  Konrad  von  Meyenberg,  Buch  der  Natur: 
„leo  ist  ain  künig  aller  andern  tier,  hat  nit  untrew  noch  valscher  list  an  im."  Im  Clipearius 
wird  von  dem  Löwen  der  Habsburger  gesagt: 

32    Habspurg  in  gilvo  rubel  stat  forma  leonis, 
Quem  velut  ad  predam  distento  corpore  ponis. 


48  II.  Teil :  Gescliiclite  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

25970    daz  er  den  löuwen  fuorte, 
daz  was  im  wol  gemaeze 
so  frech  und  also  rseze 
wart  nie  grimmer  löuwe  als  er. 

Den  Löwen  führen  die  Grafen  von  Kyhurg,  die  Grafen  von  Hahshurg  (in 
gelb  ein  roter  steigender  Leu),  die  Freiherren  von  Glane,  Freiburg  (in  rot  ein 
weißer  Leu)  die  Freiherren  von  Klingen  und  die  Seigneurs  de  Blonay  (in  schwarz 
ein  weißer  Leu),  die  Freien  von  JBrienz  (in  blau  ein  weißer  Leu),  die  Herren  von 
Palesieux  etc. 

Adler  und  Leu  zusammen  finden  sich  in  den  alten  Wappen  der  Grafen 
von  Toggenhurg  (in  gelb  roter  Leu  und  blauer  Adler),  der  Freiherren  von  Hinivil 
und  der  Freiherren  von  Sax. 

„Der  Leopard^  ist  ein  Tier  geporn  von  dem  Lewen  und  von  dem  parden." 
Die  Dichter  unterscheiden  genau  zwischen  Leu  und  Leoparde,  was  ihnen  leichter 

fiel,  als  den  Bildnern,  den  Malern  und  Siegel- 
stechern, welche  ihn  dadurch  vom  Löwen 
zu  kennzeichnen  suchen,  daß  sie  denselben 
stets  mit  nach  vorn  gedrehtem  Gesichte 
darstellen.  „Er  ist  ein  Zeichen  der  Stärke 
und  des  Grimmes  und  läßt  sich  nur  von 
den  edelsten  Fürsten  fangen." 

Die  Freiherren  von  Tenffen^  (Zürich) 

Fig.  30.    V.  Teufen.   Leopard.       v.  Tengen.  Einhorn.  .  .„  .  r-        i 

führen  m  weiß  emen  roten  aufrechten 
Leoparden,  die  v.  Bamswag^  (Thurgau)  in  weiß  zwei  rote  gelb  gekrönte  Leoparden 
übereinander. 

Das  Einhorn  ist  das  Symbol  der  Keuschheit,  der  wilden,  unbezähmten  Kraft, 
welche  sich  nur  durch  die  keusche  Jungfrau  bezwingen  läßt.  Es  erscheint  im 
Schilde  Aev  Freiherrn  von  Tengen'^  (weiß  in  rot)  und  im  Wappen  dier  Freiherren 
von  Büscgg^  (schwarz  in  weiß),  gehört  aber  wie  der  Panther,  das  Sinnbild  der 
Wildheit,  zu  den  seltenen  Schildbildern. 

Wie  die  Tiere,  so  besaßen  auch  die  Pflanzen  symbolische  Bedeutung.  Die 
Lilie  ist  das  Sinnbild  der  Reinheit,  der  Gottesmutter  Maria,  und  wird  gewöhnlich 
gelb  oder  weiß  fingiert.  Manchem  Wappen  mag  sie  als  Zeichen  kirchlicher  Er- 
gebenheit beigesetzt  worden  sein,  denn  sie  erscheint  oft  ganz  unmotiviert,  wie 
z.  B.  im  Siegel  des  Grafen  Hugo  I.  von  Werdenherg^'  (drei  Lilien  auf  der  Fahne), 


'  Aus  Konrad  von  Mci/cvhi'rg,  vide  Sei/ler,  Geschiclite  der  IIcM-aldik,  S.  ir)S. 

'''  Zelkr-WerdmiUler,   lleraldisclie    Aussclmiückung    einer   zürelier.    Rittorwohnung  1S71. 
Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesellschaft  Bd.  XXXVIII,  Fig.  88. 

^  Haus  zum  Loch  Fig.  41.  —  Zürcher  Wappenrolle  Fig.  179. 

*  Zeller -W er dmüllcr,  Haus  zum  Loch. 

•'■•  Fibenda  Fig.  151. 

"  Vergl.  die  Siegelabbildnngen  zum  Zürcher.   Urkundenbucji. 


2.  Der  Schild.  49 

des  Freiherrn  Heinrich  von  Tengen  (im  Schilde),  im  Siegelfekle  des  Grafen 
Rudolf  von  Hahshurg  und  seiner  Gemahlin  etc. 

Eine  Lilie  erscheint  im  Wappen  der  Herren  von  Maggenherg  (weil.^  in  blau) 
und  der  Herren  de  Villard  (über  einem  Schrank).  Auch  kommt  sie  oft  als  Siegel- 
bild geistlicher  Herren  vor,  was  erst  später  zur  Betrachtung  gezogen  wird. 

Die  Rose  gilt  als  Zeichen  der  Minne,  überhaupt  als 
ein  Bild  des  Friedens.  Die  Grafen  von  Ruppvrsic'd  führen 
im  weißen  Felde  drei  rote  Kosen,  die  Ritter  von  Dübclstein 
zwei,  die  Herren  von  Güttingen  eine  und  die  Ritter  von 
Rorschach  (Rosach)  einen  ganzen  Rosenzweig. 

Das  Kreuz,  das  schon  in  vorheraldischer  Zeit  die  Fahnen 
und    Schilde    der    Kreuzfahrer    geziert    hat,    behält    seinen 
religiösen  Cliarakter  in  der  Heraldik  bei.  Auf  den  Abbildungen      j,.^  ^^    ^.  j^oj-g^jj^ch- 
erscheint    es    hie    und    da   als  wirkliches  Vortragekreuz,    das  Rosenberg. 

unten  mit  einer  Spitze  versehen  und  aus  dem  wohl  das  heraldische  Kreuz,  das 
sog.  Balkenkreuz,  entstanden  ist.  Vortragkreuze  finden  sich  im  Schilde  des 
Johanniterhauses  Sulz  vom  Jahre  1298,  des  hl.  Ursus  im  Siegel  der  Stadt  Solothurn 
vom  Jahre  1252,  mit  einem  Teil  der  Tragstange.  Ein  rotes  Balkenkreuz  im 
weiüen  Felde  führt  das  Bistum  Konstanz.  Das  Kreuz  im  Wappen  der  Grafen 
von  Savoyen  möchte  ich,  wie  das  später  entstandene  Schweizerhreuz,^  auf  das 
Schild-  und  Fahnenbild  der  thebäischen  Märtyrerlegion  zurückführen,  welche 
das  CTfvuze  Land  mit  Heilio^en  versehen  hat. 

Daß  es  eine  eigene  Farbensymbolik^  gegeben  hat,  ist  mehrfach  ülierliefert. 


*  Der  Ursprung  des  Scliweizerkrouzcs  soll  auf  den  C'onfliotus  Laupensis  zurückgehen,  in 
welchem  die  Eidgenossen  als  Streiter  der  h.  Kirche  gegen  den  gehannten  Kaiser  Ludwig,  den 
Bayer,  das  Kreuz  aufhefteten.  Jedenfalls  ist  das  Kreuz  ein  kirchliches  Abzeichen.  Neben  dem 
Fahnenhilde  erscheint  es  zuerst  auf  einer  Urnerfahne  aus  dem  Ende  des  XIV.  Jahrhunderts,  auf 
einer  ünterwaldnerfahne  von  1489,  auf  dem  Balken  im  Zugerwappen,  im  Panner  von  Zürich  auf 
dem  roten  Schwenkel  oder  im  blauen  Tuclie  u.  s.  w.  Als  wirkliches  und  alleiniges  Fahnenbild  scheint 
es  in  den  Burgunderkriegeu  geführt  worden  zu  sein,  dennDiebold  Schillings  Chronik  bildet  die  rote 
Flagge  mit  durchgehendem,  weißen  Kreuz  als  Gesamtfeldzeichen  ab,  das  den  Standespannern  voran- 
getragen wird.  (Abb.  \)&\Zemp,jyv.3.,  Die  Schweiz.  Bilderchroniken  1897.)  Sie  erscheint  auch  in  der 
Chronik  von  Werner  ScJiodeler,  zirka  1.514.  (Msc.  Bibliothek  Zurlauben  18,  Kantonsbibliothek  in 
Aarau.)  Die  Flagge,  ähnlich  den  burguiidischen,  hat  eine  abgerundete  Spitze.  Im  Berner  Museum 
befinden  sich  Originalfahnen  (savoyischen  oder  italienischen  Ursprungs  bezeichnet),  welche  dem  in 
den  Chroniken  dargestellten  Typus  ganz  entsprechen  und  um  so  eher  eidgenössische  Flaggen 
sein  können,  als  die  Savoyerfahnen  von  viereckiger  Form  und  mit  schmalem  Balkenkreuz  ver- 
sehen sind.  Im  letzten  Jahrhundert  tragen  die  Fahnen  der  Schweizerregimenter  das  durchgehende 
Kreuz,  aus  dessen  Ecken  sich  die  geflammten  Standesfarben  über  das  Tuch  verbreiten.  Abbild- 
ungen aus  dem  16.  Jahrhundert  in  S.  M.  degli  Angeli  in  Lugano  (Anzeiger  für  Altertumskunde 
1892,  S.  97)  und  in  der  casa  del  Negromaute  in  Locarno  (1891,  S.  593). 

^  Den  vier  Elementen  entsprechen  die  vier  Hauptfarben:  weiß  =  Wasser,  rot  =  Feuer, 
blau  =  Himmel  oder  Luft,  schwarz  -  Erde.  Gelb  =  Sonne.  Das  Grün  ist  in  den  Wappen 
seltener.  Zur  Zeit  Ludwigs  des  Heiligen  galt  es  als  besonders  vornehm.  Auch  die  Nachkommen 
des  Propheten  tragen  grüne  Turbane.  Nach  Sicille,  dem  Wappenherolde  Alphons  V.  von 
Aragonien  bedeutet  Grün :  Schönheit,  Liebe,  Freude  (Sakrament  der  Ehe). 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  4 


50  II-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

aber  daß  sie  schon  im  XIII.  Jahrhundert  bekannt  war,  dafür  kann  der  Beweis 
nicht  erbracht  werden.  Ansjiielungen  auf  Sagen  und  Begebenheiten,  auf  Amt 
und  Würde,  auf  das  Wajspen  des  Lehensherrn,  auf  die  geographische  Lage  des 
Ortes,  auf  den  Schutzpatron  sind  unter  den  Schildbildern  zu  finden.  Das  Kloster 
Einsiedeln^  führt  bei  Konrad  von  Mure  in  gelb  zwei  schwarze  Raben,  welche 
nach  der  Legende  die  Mörder  des  hl.  Meinrad,  des  Kloster.stifters,  der  strafenden 
Gerechtigkeit  verraten  haben.  Die  sitzende  Figur  Karls  des  Großen  (in  trono) 
hat  das  Chorherrenstift  von  Zürich,^  so  wie  sie  am  Großmünster  in  Stein  ge- 
hauen ist,  als  überlieferten  Stifter  zum  Schildbilde  erkoren,  die  Ahtei  zum  Frau- 
münster^  dagegen  den  sagenhaften  Hirsch,  der  mit  einer  leuchtenden  Kerze 
zwischen  den  Geweihstangen  die  frommen  Töchter  König  Ludwigs  des  Deutschen 
an  die  Stelle  des  spätem  Klosters  geleitet  habe.  Die  Herren  von  Heimcnstein^ 
führen  ein  gesatteltes  Pferd  im  Wappen,  in  Anlehnung  an  das  Riesenpferd  der 
sieben  Heimonskinder,  und  JBern  den  Bären. 

Auf  Amt  und  Würde  weisen  z.  B.  der  Bischofsstab  im  Wappen  des  Bistums 
Basel,  die  Kirchenfahne  der  Grafen  von  Werdenberg  und  Montfort^  (Kloster- 
kastvögte), der  Reichsadler  der  Grafen  von  Honherg  und  der  Bitter  von  Eptingen^ 
auf  Reichslehen.  Gewöhnlich  pflegte  man  solche  Abzeichen  als  Kleinod  auf  dem 
Helme  anzubringen,  da  dieselben  doch  mehr  persönlicher  Natur  waren.  Es  ist 
nicht  möglich,  alle  Bischofsmützen  und  Kirchenfahnen  auf  geistliche  Vogteirechte, 
Bracken  und  Hörner  auf  Jagdrechte,  Schafscheren  auf  Schäfereigerechtigkeiten 
zu  beziehen,"  weil  die  Beweise  gewöhnlich  nicht  zu  erbringen  sind,  aber  das  ist 
gewiß,  daß  jeder,  der  ein  Vorrecht  geltend  machen  konnte,  nie  unterlassen  hat, 
es  öffentlich  zur  Schau  zu  tragen. 

Li  wie  fern  die  gelb  und  rote  Farbenpaarung,  *^  die  uns  in  vielen  Wappen 
der  angesehensten  Geschlechter  unserer  Gegenden  begegnet,  mit  der  alten  rot- 
gelben Reichssturmfahne  in  Zusammenhang  gebracht  werden  darf,  ist  aus  Maugel 
an  Beweisen  nicht  zu  bestimmen.  Deshalb  ist  aber  die  Möo-lichkeit,  daß  die 
Lihaber  von  Reichslehen  diese  beiden  Farben  speziell  gewählt  haben,  nicht  aus- 
geschlossen. Ich  erwähne  die  Herzöge  von  Zähringen  (Rektoren  von  Burgund). 
die  Grafen  von  Habsburg  (Landgrafen  im  Elsaß),  die  Grafen  von  Kyburg  (Land- 


'  Auf  Siegeln  erscheint  das  Wappen  erst  im  Laufe  des  XIV.  Jalirlmnderts. 

^  Vergl.  z.  B.  Schildsiegel  des  Propstes  Ilrch.  Maneß  1259.  Zürcher  ürkb.  II,  Nr.  41. 

"  Der  Beweis,  daß  diese  Figuren  wirklicli  als  Wap])cn  und  nicht  mir  als  Siegelhildor 
gedient  haben,  kann  nur  dadurch  erbracht  werden,  daß  andere  Wappen  der  beiden  Korporationen 
erst  viel  später  aufgekommen  sind. 

*  ISeijler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  139,  141. 

^  Vergl.  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  von  Werdenberg-IIeiligenlxM-g  und  von  ^^'erden- 
berg-Sargans.  Neuchätel  1891.  Sui)plemont  des  Arcbives  lieraldiqnes. 

*  Die  Grafen  von  Honberg  hatten  das  Amt  des  Reichsvogtes  inne,  und  die  von  Kptingon 
füiirten  einen  Adler  als  Dienstmannen  der  Grafen. 

'  Vergl.  V.  Ilohenlohe,  Fürst  F.  K'. 

®  Die  Herzöge  von  Scliwalien  trugen  die  Reichsstnrnifabne.  Ihr  Wai)i)en  besclireibt 
Konrad  von  Mure  als  drei  rote  Leoiiarden  in  gelb. 


2.  Der  Schild.  51 

grafen  im  Thurgau),  die  Grafen  von  Neuenburg,  von  Buchegg  (Landgrafen  in 
Klein-Burgund).  von  Tiersfein,  von  Baden,  von  Veringen,  von  Montfort-Feldkirch 
(Landgrafen  in  Unterrätien  und  Rlieingau),  die  Herren  von  Baron,  von  Sax,  das 
alte  Wappen  der  Toggenhnrg  und  die  Grafen  von  Pfirt  etc. 

Anspielungen  auf  die  Lehensverhältnisse  durch  Aufnahme  des  lehensherr- 
lichen Wappens  mit  veränderten  Farben  oder  Beizeichen  oder  einzelner  Teile 
desselben,  kommen  häufig  vor.  Ln  Aar-,  Thur-  und  Zürichgau  ist  das  Bild 
des  Löwen  deshalb  so  zahlreich  vertreten,  weil  die  Grafen  von  Kyburg  und 
Habsburg,  die  groüen  Landesherren,  Löwen  im  Schilde  führten.'  Den  Habs- 
burgerlöwen zeigen  die  Wappen  ihrer  Dienstmannen  von  Beinach'^  (in  gelb 
roter  Leu  mit  blauem  Kopf),  von  Iffenthal  (in  gelb  roter  Leu  mit  blauem  Quer- 
balken), von  Escliens  auf  dem  Hauenstein  (gespalten:  1  von  Habsburg  und  2 
dreimal  schräg  geteilt  blau-weiß),  der  Städte  Sempach  (vide  S.  52),  Bremgarten 
(in  weiß  ein  roter  Leu)  und  Lauffenhurg  (in  gelb  ein  roter  Leu).  Das  Schildbild 
der  Grafen  von  Kyburg  finden  wir  ganz  oder  gebrochen  als  Wappen  des  Städt- 
leins Kyhurg,  der  Stadt  Winterthur  (in  weiß  roter  Querbalken  von  einem  roten, 
später  von  zwei  Löwen  begleitet),  der  Stadt  Frauenfeld  (in  weiß  eine  rote  Frau 
mit  rotem  Leu  an  der  Kette),  der  Stadt  Wesen  (in  weiß  ein  roter  Schrägballien 
mit  zwei  roten  Löwen,  von  denen  der  untere  aufwärts,  der  obere  abwärts  steigt), 
der  Landschaft  Gaster  (in  weiß  ein  gelber  von  zwei  roten  Löwen  begleiteter 
Schrägbalken),  des  Stiftes  Beromünster  (in  rot  ein  gelber  Schrägbalken  mit  einem 
gelben  Leu  oben),  der  Dienstleute  von  ScJwnenwerd  (gespalten  von  weiß  mit 
schwarzem  Leu  und  von  rot)  und  stückweise  als  Schildbild  der  von  Bandegg 
(roter  Löwenkopf  in  weiß). 

Die  Grafen  von  Dillingen-Kyhiirg  führten  in  blau  einen  gelben  Schräg- 
balken, von  vier  gelben  Löwen  begleitet.  Das  Wappen  der  Herren  von  Fridingen 
(Hegau),  in  blau  ein  gelber  Schrägbalken  mit  einem  gelben  Leu,  weist  darauf 
hin,  aber  es  ist  mir  nicht  bekannt,  ob  sie  urkundlich  als  Vasallen  der  Dillinger 
erscheinen.  Immerhin  ist  die  Anlehnung  des  Wappens  an  eine  Linie  des  Gesamt- 
grafenhauses ersichtlich. 

Die  von  Erlach  führen  als  Kastellane  der  Grafen  von  Nidau  (gelber 
Pfahl  mit  drei  schwarzen  Sparren  in  rot)  einen  weißen  Pfahl  mit  schwarzem 
Sparren  in  rot.  Als  Dienstleute  der  Grafen  von  Bapperswil^  (in  gelb  drei  rote 
Rosen)  führen  die  von  Dübelsfein  bei  Zürich  in  rot  zwei  weiße  Rosen,  die  von 
Bambach  im  Amt  Grüningen  in  rot-weiß  gespaltenem  Schilde  eine  weiße  und 
eine  rote  Rose,  die  Marschälle  von  Bappersivil  in  schwarz  eine  weiße  Rose  und 
endlich  die  Stadt  Bapperswil  am  Zürichsee  in  weiß  zwei  rote  Rosen.  Der  Freiherren 
von  Begensbcrg  Wappeubild  (gepfählt  von  blau  und  weiß  mit  rotem  Querbalken) 


^  Archives  heraldiques  1887,  lieber  Wappen  und  Siegel  des  älteren  Hauses  Kyburg,  S.  48, 
von  G.  Ulrich  Stuts. 

^  Archives  heraldiques  1889,  le  Hon  de  Reinach  par  Vilior  Bouton,  S.  257. 
*  Haus  zum  Loch  Nr.  16. 


52 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XlII.  Jahrhundert. 


erscheint  im  Schilde  der  von  LunkJiofen  (Zürich)  nur  gedreht  (.sechsmal  geteilt  von 
blau  und  weiß  mit  rotem  Pfahl),  was  sich  durch  ein  Ministerialenverhältnis  erklärt. 

In  TJrl  haben  die  Vorsteher  des 
Freistaates  bis  ins  späte  Mittelalter  das 
Wappenbild  des  Landes,  den  Stierkopf, 
als  Familienwappen  erwählt.  Die  Meyer 
von  Erstfelden  ^  führen  in  weiß  einen  roten 

V__      p-  Stierkopf  mit  gelbem  Stern,    ebenso  die 

\     y  Meyer  von  Silinen  und  die  sur  Frauen  in 

gelb  einen  schwarzen  Stierkopf  von  zwei 
schwarzen  Sternen  begleitet. 
Sinnbildlichen    Darstellungen    der   Oertlichkeit    begegnen  wir   im  Wappen 
der  Stadt  Sempach  am  Sempachersee.    (lieber  den  durch  vier  blaue  Wellenlinien 
dargestellten  See  wächst  der  Habsburgerleu    heraus;    denn  die  Stadt  war  1173 
an    diese    Grafen    gefallen.)^      Die    von   Wartensee    am 
Bodensee    führen     den    halben    roten    Leu    über    blauen 
Wellenlinien     in    weiß,     die    von    Wartenherg    dagegen 
den  ganzen  Löwen  und  ohne  Wellen. 
Das  Wappen    derer    von  Oherriedern 
am  Bodensee   zeigt  einen   schwarzen 
Nachen   mit  gelben  Rudern  und  das- 
jenige derer  von  Thalwil  am  Zürichsee 
zwei  gekreuzte  Schilfrohre. 

Auf  den  Schutzpatron  des  Landes 
weist   z.  B.  das  Wappen   von    Unter- 
ivalden,  mit  dem  Schlüssel  des  heiligen 
Petrus,    des    Kirchenpatrons    von    Staus,    dasjenige    von 
St.  Gallen  auf  den  Bär  des  hl.  Gallus. 

Wer  sich  in  die  einzelnen  Wappen  vertieft,  die  Ge- 
schichte und  Geschicke  ihrer  Träger  kennt,  der  wird  noch 
manch'  Interessantes  zu  Tage  fördern  können.  Unsere 
Aufgabe  ist  es  nur,  die  wirklich  staunenswerte  Ver- 
schiedenheit dieser  heraldischen  Bildersprache  an  wenigen  Beispielen  zu  zeigen. 
Minnewappen.  Die  Zeichen  der  Minne,  welche  die  letzte  Gruppe  der  .sym- 
bolischen Darstellungen  bilden,  haben  sich  selten  als  erbliche  Familienwap])en 
erhalten.  Sie  trugen  mehr  persönlichen  Charakter  an  sich  und  konnten  für  die 
Zeit  des  Minnedienstes  von  einem  lütter  geführt  werden,  der  schon  ein  eigenes, 
anererbtes    Schildbild    l)esaß.     Sie   bilden    den   Anfang    einer   mehr   künstlichen 


Fig.  34.     V.  ObeniedeiMi. 


Fig.  33.    Meyer  v.  Erstfelden. 


'  Haus  zum  Ijoch  Nr.  l(i. 

''  Ycrgl.  Zeller-Wcrdiniiller,  Denkmäler  aus  der  iM'udalzeit  im  Lande  Uri.    Mitteiluiiffcn 
der  .\nti(|.  Ciesellschaft.    Zürich   18<S1. 

■'  ^ic^^ult}^('|■i,  Städte-  und   liaudessiegel  der  Sdiweiz. 


2.  Der  Schild.  58 

Entwicklung  der  Heraldik,  welche  unter  dem  Einflüsse  des  Turniers  stattgefunden 
hat  und  hauptsächlich  mit  Beginn  des  XIV.  Jahrhunderts  einer  vollständigen 
Ausbildung  teilhaftig  geworden  ist.  Infolge  dieser  persönlichen  Bedeutung  sind 
die  Minnezeichen  öfter  und  mit  Vorliebe  als  Zimier  auf  dem  Helme  angebracht 
und  somit  neben  dem  eigentlichen  Wappen  geführt  worden. 

Die  zeitgenössischen  Dichter  belehren  uns  durch  eine  Menge  von  Beispielen, 
wie  häufig  solche  Wappen  geführt  worden  sind  und  wie  dieselben  beschaffen 
waren.  Ein  Frauenritter  pflegte  entweder  ein  reales,  greifbares  Abzeichen  auf 
seinem  Schilde  zu  befestigen,  sei  es  einen  Aermel.  ein  Band, 
einen  Schleier  oder  ein  Kleinod  seiner  Herrin,  oder  den 
Schild  symbolisch  zu  bemalen  mit  einem  Strahl,  dem  Gott 
der  Liebe,  oder  den  oben  angeführten  Gegenständen.  Ein 
erbliches  Wappen,  das  dieser  Gruppe  angehören  könnte,  ist 
dasjenige  der  kyburgischen  Ministerialen  vom  Stein  ^  (Bern).  Es 
zeigt  in  rot  einen  weißen,  schön  verzierten  Frauengürtel.  Ebenso 
der  rote  (feurige)  Strahl  in  gelb  des  Minnesängers  Heinrich  von 

Fig.  35.     vom  Stein. 

SträtJingen,^  der  auf  andern  Siegeln  auch  als  Pfeil  dargestellt  ist. 

Konrad  von  Würzlmrg  führt  in  Partonopier  und  Meliur'^  zwei  hübsche 
Beispiele  an.  Der  Herzog  Galathis  ,ein  zarter  frouwen  trüt"  trägt  den  Gott 
der  Liebe  im  Schilde: 

20  724    Araür,  der  süezen  minne  got, 

an   sinera  schilde  s webte. 

nach  wünsche,  als  ob  er  lebte, 

was  er  mit  lichter  varwe  dran 

gemalet  als  ein  nacked  man 

der  vetech  angebunden  hat, 

noch  ra'ter  danne  ein  rosenblatt 

was  daz   vold  dar  unter 

und  schein  daruz  ein  wunder 

der  liebten  margariten. 
Einen  aufgemalten  Aermel  beschreibt  er  Vers  19  792: 

sin  schilt  der  was  von  golde  gar, 

der  schönen  glänz  den  ougen  bot 

gemalet  von  zinober  rot 

was  ein  frouwen  ermel  drin. 
Wolfram  von  Eschenbach  erzählt  im  Parzifal,^  wie  Gavan  von  Obilot  einen 
Aermel  erhfilt.   denselben  auf  seinen  Schild  befestigt  und  ihn.   nach  stattgehabtem 
Kampfe,  wieder  ablöst  und  der  Dame  zurück  gibt. 


1  Schildsiegel  des  Ulrich  de  Lapide.  Zeerleder,  Urkundenbuch  von  Bern  Taf.  53,  Fig.  204. 
-  Das  Wappen  wird  gewöhnlich  in  gewechselten  Farben  beschrieben:  in  rotem  Feld  ein 
goldener  Strahl.  Yergl.  die  Beispiele  im  III.  Teil. 

3  I'artonopier  u.  Meliur  des  Konrad  vonWürzhimj.  Herausgegeben  v.  K.  Bartsch.  Wien  1871. 
*  Seijler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  143. 


54  n.  Teil :  Geschiclite  der  Heraldik  in  der  Schweiz,  —  XIII.  Jahrhundert. 

Zur  vollständigen  Schilderung  des  Schildbildes  müssen  noch  einige  kom- 
plizierte Darstellungen  citiert  werden,  die  von  den  üblichen  Regeln  eine  Ausnahme 
zu  machen  scheinen,  im  Grunde  aber  doch  die  Deutlichkeit  wahren  und  also 
mit  denselben  übereinstimmen. 

Ein  besonders  reiches  Wappenbild  beschreibt  Konrad  von  Würzburg  im 
Trojanerkrieg.    Vers  31661,  Askalafus,  ein  Führer  der  Griechen: 

hat  einen  schilt  gedrücket 

der  was  in  drin  gestücket 

und  hete  drier  hande  schin. 

die  wunneclichen  varwe  sin 

wil  ich  mit  rede  niht  verhelen. 

sin  ober  teil  was  rot  von  kelen, 

daz  under  swarz  von  zobele  schein 

und  lac  enmitten  bi  den  zwein 

ein  strich,  der  was  gar  wiz  hermin 

üf  disen  velden  allen  drin 

von  golde  swebte  ein  adelar. 
und  32438: 

gel  sam  ein  ringelbluome 

fuort  er  im  wapencleit  gebriten 

da  waren  schiben  üfgesniten 

uz  purper  grüener  denne  ein  gras. 

in  iegelicher  schiben  was 

ein  silberwizer  sterne. 
und  32  720  eines  Griechen  Schild: 

des  schilt  erschein  gel  unde  blä 

von  lazür  und  von  zinober. 

sin  under  teil  und  euch  daz  ober 

gezieret  was  mit  bilden 

daz  ober  zweier  wilden 

serpande  lieht  von  golde  wielt, 

daz  under  teil  an  im  enthielt 

von  Silber  einen  adelaren. 


c.  Brisüren. 

Die  Veränderungen '  eines  Wajjjjens,  zur  Unterscheidung  verschiedener  Glieder 
oder  Linien  des  gleichen  Geschlechtes,  werden  unter  der  Bezeichnung  Brisüren - 
zusammengefaLH.   Sie  stammen  aus  Frankreich  ^  und  sind  daselbst,  mit  den  Wappen 

'  Vergl.  die  schon  citierte  Abliandlung  in  den  Arcliivos  lieraldiques  1896. 
"  In  der  Zürclier  Wappcnrolle  ersclieint  mir  eine  Ihisuro.  ein  roter  Lainhel  im  Wappen 
der  Heutier. 

3  Arcliives  höraldiques  18%.    Buuhj  de  Lcsdain,  Les  brisures  d'apres  les  sceaux,  S.  73. 


2.  Der  Schild.  55 

zugleich,  im  XII.  Jalirluindert  naclizuweiseu.  Die  Sitte  der  Unterscheidung  hat 
sich  in  allen  Ländern  eingebürgert,  aber  eine  ganz  verschiedene  Ausbildung 
erhalten.  Mehr  oder  weniger  der  Willkür  des  Einzelnen  anheinigestellt  bleiben 
die  Brisüren  in  Frankreich  und  in  Deutschland;  einzig  in  England  haben  sie 
sich  zu  einem  äußerst  geregelten  und  leicht  verständlichen  Systeme  ausgereift. 
In  Frankreich  ist  die  Veränderung  im  Schilde  vorgenommen  worden,  und  zwar 
durch  Hinzufügung  eigens  erfundener  Beizeichen,  wie  des  Turnierkragens  (Lambel), 
des  Ortes  (Cauton),  des  Schildrandes  (Bordüre),  des  Fadens  (bände  oder  bäton)  etc. 
Bei  uns  scheint  die  Unterscheidung  vorerst  durch  Farbenwechsel  ^  im  Schilde 
gemacht  worden  zu  sein,  und  später,  nach  der  Verbreitung  der  Helmzimierden, 
durch  diese,  wie  überall  in  deutschen  Landen.  In  den  Gegenden  jenseits  der 
Reuß  macht  sich  der  französische  Einfluß  auch  in  den  Brisüren  geltend.  Die 
Brisüren  des  Schildes  teilen  wir  in  drei  Arten : 

1)  Veränderung  der  Wappenfarben. 

2)  Veränderung  der  Wappenfigur. 

3)  Hinzufügen  der  „Beizeichen." 

Als  Beispiele  für  den  Farbenwechsel  sind  zu  nennen :  die  Pfalsyrafen  von 
Tübingen  und  ihre  Nachkommen,  welche  alle  die  Kirchenfahne  ^  im  Schilde 
führten.  Tübingen  (rote  Fahne  in  gelb),  Tübingen-Asperg  (gelbe  Fahne  in  weiß), 
Grafen  von  Moni f ort- Tefnang  (rote  Fahne  in  weiß),  Grafen  vonWerdenberg-Sargans 
(weiße  Fahne  in  rot),  die  Grafen  von  Werdenberg -Heiligenberg  eine  schwarze 
Fahne  in  weiß.  Vom  alten  Wappen  der  Grafen  von  Kybnrg,^  das  im  Clipearius 
des  Konrad  von  Mure  l^eschrieben  ist,  haben  sich  in  der  Folge  drei  verschiedene 
Farbenpaarungen  gebildet.  Das  alte  Wappen  (in  schwarz  ein  gelber  Schrägbalken 
von  zwei  gelben  Löwen  begleitet)  behält  bei  der  Teilung  von  zirka  1180  der  ältere 
Bruder  Hartmann  III.  zu  Kybiirg^  bei,  der  jüngere,  Adall)ert  IL  zu  Dillingen, 
verdoppelt  die  Löwen  und  ändert  das  schwarze  Feld  in  ein  blaues  um  (in  l)lau 
ein  gelber  Schrägbalkeu  von  vier  gelben  Löwen  begleitet).  Um  1250  verwandelt 
Hartmann  der  Jüngere  zu  Biirgdorf  das  schwarz  des  Schildfeldes  in  rot  (in  rot 
ein  gelber  Schrägbalken  von  zwei  gelben  Löwen  begleitet)  und  seine  Erben,  die 
neuen  Grafen  von  Kjburg  aus  habsburgischem  Geblüt,  übernehmen  dasselbe  in 
dieser  Form.  Eine  dritte  Brisüre  enthalten  die  Wappenmalereien  des  Hauses 
zum  Loch  in  Zürich  (in  weiß  ein  roter,  von  zwei  roten  Löwen  begleiteter  Schräg- 
l^alken);  sie  ist  wahrscheinlich  von  den  1264  erloschenen  Grafen  von  Kyburg  zu 


^  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  Werdenberg  etc.,  S.  4. 

^  Im  Tsc/i»dPschen  Wappenbucli  sind  folgende  Varianten  zu  finden  :  Dreilappige  Kirclien- 
fahne  als  Schildbild  der  Grafen  von  Asperg  rot-weifä  geteilt  in  schwarz,  con  Feldkirch  gelb  in 
rot,  von  Glappach  schwarz  in  weiß,  wn  Hereherg  gelb  in  blau,  con  Tübingen  rot  in  gelb,  von 
Werilenherg  das  alt  weiß  in  schwarz. 

^     34     Kiburg  in  nigro  gilvam  tabulam  fore  ponis. 
obliquansque  duos  gilvos  secet  illa  leones. 

*  Archives  heraldiques  1889,  S.  47.    Zürcher  Urkundenbuch  I,  S.  9. 


56  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  iii  der  Schweiz.  —  XIII.  Juhrlumdert. 

Kyhurg^  geführt  worden.^  Eine  weitere  Gruppe  bilden  die  Grafen  von  Württemberg, 
Veringen  und  Neuenbürg,  deren  Schildbild  drei  Hirschstangen  sind.  Die  Grafen  von 
Würftcmherg'^  führen  dieselben  schwarz  in  gelb,  die  Grafen  von  Veringen  rot  in 
gelb  und  die  Grafen  von  Nellenhurg  blau  in  gelb.  Die  Freiherren  von  Wädensweil 
haben  in  blau  eine  weiße  Schnalle,  die  Linie  Wädensweil -Unspunnen^  die  weiße 
Schnalle  in  rot.  Das  Stammwappen  der  Grafen  von  Fenis-Neuenburg^  soll  in 
gelb  drei  rote  Pfähle  getragen  haben.  Seit  der  zirka  1223  erfolgten  Teilung 
des  Besitzes  führen  Bertold  von  Neuenburg  und  seine  Nachkommen  (romanische 
Neuenburger)^  in  gelb  einen  oder  mehrere  rote  Pfähle  und  weißen  Sparren, 
Ulrich  IV.  und  seine  Söhne  in  rot  einen  oder  mehrere  gelbe  Pfahle  mit  schwarzen 
Sparren.  Die  Söhne  Ulrichs  IV.''  gründeten  die  Linien  Nidau,  Straßberg  und 
Arberg -Valangin^  und  behielten  das  väterliche  Wappen  bei,  mit  Veränderung 
der  Balkenzahl, 

Graf  Rudolf  I.  von  Nidau  führt  in  rot  drei  gelbe  Pfahle  mit  schwarzen 
Sparren,  Graf  BerthoJd  I.  von  Straßberg  in  rot  zwei  schwarz-gelbe  Pfähle  und 
Graf  Ulrich  von  Arberg  einen  gelb-schwarz  gesparrten  Pfahl  in  rot.^  Die  einzelnen 
Glieder  und  Linien  des  ganzen  Grafenhauses  haben  sich  überdies  nach  deutschem 
Brauche  durch  verschiedenartige  Heinizierden  unterschieden.  Die  Dienstleute  von 
Reinach  (Aargau)  haben  den  roten  Leu  der  Grafen  von  Habsburg  in  gelb  mit 
blauem  Kopfe,  die  von  Lidernau  (Bern,  Luzern)  eine  weiße  Mauerzinne  in  schwarz, 
als  Teil  des  Wappenbildes  ihrer  Lehensherreu,  der  Freiherren  von  Wolhusen 
(in  gelb  eine  rote  Burg).  Eine  Verdoppelung  des  Schildbildes  hat  im  Wappen 
der  Grafen  von  Dillingen  stattgefunden  (vier  Leuen,  statt  zwei),  eine  Umstellung 
im  Schilde  der  Edelknechte  von  LunJchofcn,  derer  von  Eptingen  (Basel)  und  der  Stadt 
Weesen  am  Wallensee  und  eine  Verminderung  des  Bildes  im  Wappen  der  Stadt 
Wintcrfhur.^^  Die  bündnerischen  Geschlechter  der  Vatz,  Montalt  und  Iläzüus^^ 
führen  Heroldsbilder  in  den  gleichen  Farl)en,    die  Freiherren  von  Vats,   geviert 


*  Zeller-Werdmüller,  Die  Heraldische  Ausschmückung  einer  zürcher.  Eitterwohnung. 
Mitteilungen  der  Antiq.  Gesellschaft  in  Zürich  Bd.  XXXYIII,  1874,  S.  112. 

^  Archives  heraldiques  1897,  S.  53.  Tschudi,  Stadthihliothek  Zürich  Msc.  A  53,  schreibt 
das  Wappen  den  Grafen  von  Winterthur  zu  und  führt  ein  Wapi)en  der  Grafen  von  Kyhurg  zu 
Schännis  und  Gaster  an  (in  weiß  ein  gelber  Schrägbalken  mit  zwei  roten  Löwen). 

a  Vergl.  Züricher  Wappenrolle. 

*  Zcller-Werdiuüller,  Denkmäler  aus  der  l'eudalzeit  im  Lande  Uri. 
'  Gr eilet,  Les  armes  de  la  maison  de  Neuchätel.  Neucliätel  1887. 

"  I?crtold  von  Neuchätel  erhielt  Neuchätel  und  die  romanischen  (icbictc.  ririch  IV.  aber 
die  Iteiclisgrafschaft  und  die  deutschen  Besitzungen. 

'  Abb.  im  Hrraut  de  Gelre,  l.'l'U)  und  auf  dem  Grabmal  Bertolds  zu  Neuenbürg. 

*  Vergl. Wappenrolle  von  Zürich  und  Ih'raut  de(iclrc{Mnc.  in  der  kgl.  Hibliothek  zu  linissel). 
"  (Jeher  die  Farbe  des  Pfahles  v(>rgl.  Grellet,  Musee  Neucliätelois  1SS7.    Im  Turuu'  von 

Erstfelden  ist  er  weiß. 

'"  Bis  zum  Aussterben  des  (irafeniuiuses  erscheint  im  Siegel  nur  der  unlere  Leu.  Vergl. 
Gaus,  Die  Schweiz   1S!»7/9S,  S.U. 

"  Zürcher  Wappeurolle  S.  1)5).  137.  3'Jl  tf. 


2.  Der  Schild. 


57 


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Fig.  36.     V.  Montalt. 


von   blauem   Schaclikreuz    in  weiß    und  von    rot,    die  von  Montalt,    geviert  von 
blau-weiß  mehrfach  geteilt  und  von  rot,    die  von  liüsiins,   gespalten  von  blau- 
weiß   mehrfach    geteilt    und    von    rot.     Ganz    verschiedene Wap])en    führen    die 
Freiherrn  v.  Klingen^ 
(Zürich-  u.  Thurgau), 
deren  Stamm  sich  in 
die  Linien  von  Hohcn- 
Mingen  ob  Stein  am 
Rhein  u,  AltenkUngen 
(Thurg.)  verzweigte. 
Die      Hohenklingen 
haben    in    gelb    ein 

blaues,  fünfblättriges  Eichenlaul),  die  Altenklingen  in  sclnvarz  einen  weißen  Leu, 
den  Schild  mit  gelben  Schindeln  l)esät  und  den  Leu  gekrönt. 

Für  das  Hinzufügen  einer  -gemeinen  Figur'   nenne  ich  die  drei  Fische  im 
Löwenschilde    des   liudolf  von  Briens,'   der   Stern    im  Wappen   der  Meger   von 
Erstfeld,    die    Kreuzchen    im    Wappen    der    Herren    von 
Vaumarcns  (in  blau  weiße  Sparren  von  drei  Kreuzen  be- 
gleitet) und  der  Grafen  von  JRomont  (von  Savoyen,  im  1. 
und  4.  Quartier  mit  Kreuzen  besät). 

Das  Hinzufügen  von  Heroldsiiguren  und  das  Belegen 
mit  den  eigens  erfundenen  Beizeichen  ist  vorwiegend  bei 
dem  romanischen  Adel  zu  treffen.  Das  weiße  Balken- 
kreuz in  rot  der  Grafen  von  Savoyen^  führen  die  Grafen 
von  Piemont  mit  schrägrechtem,  blau -weiß  gestücktem 
Faden,  die  Freigrafen  von  Waadt  mit  einem  solchen  von 
gell)  und  l)lau,  die  Herren  de  Moni  ä  Aubonne  mit  gelbem 
Schildeshaupt  und  blauem  Turnierkragen.  Die  Herren  von  Montagng  führen 
einen  fünfmal  von  blau  und  weiß  gespaltenen  Schild  mit  rotem  Schildeshaupt, 
die  Freiherren  von  La  Sarras  das  gleiche  Bild  mit  drei  gelben  Sternen  im 
Schildeshaupt. 

Die  zu  Beginn  erwähnten  Beizeichen  gehören  bei  uns  im  XIH.  dahrhundert 
noch  zu  den  Seltenheiten.  Die  Malereien  im  Turme  zu  Erstfelden  enthalten  nur 
einen  Turnierkragen  und  die  etwas  spätere  Wappenrolle  mit  nahezu  GOO  Wappen 
el)enfalls  nur  ein  Stück  (in  Wappen  Nr.  222).  Auch  später  haben  sich  diese 
Abzeichen  nie  in  weiteren  Kreisen  der  wappenführenden  Stände  verbreitet, 
indem  die  L^nterscheidung  durch  die  viel  freieren  und  lustigeren  Zimierden 
gemacht  wurde.    Zum  Schlüsse  eitlere  ich  noch  eine  Gruppe  von  Wappen,  deren 


Flg.  37.    Siegel  de.s  Rudolf 
de  Briens.    1252. 


'  Ziu-clier  Wappenrolle,  S.  138.  139  ff. 

^  Schildsiegel  des  Rudolf  de  I5riens  12ö2.    Abb.  aus  Durrer,  S.  379. 

^  Vergl.  de  Mamlrot,  Armorial  historique  du  pays  de  Vaud.    Lausanne  1880. 


58 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Scliweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 


^^^] 


Aehnlichkeit  siclierlich  auf  verwandtschaftliche  Beziehungen  deutet.  Die  Herren 
von  Grandson^  führen  fünfmal  gespalten  von  weiß  und  blau,  darüber  schräg- 
rechts  einen  roten,  mit  drei  gelben  Muscheln  belegten  Balken,  die  Herren  von 
Chenod  (Chenaux)^  (Waadt,  Freiburg)  dieselbe  Teilung,  darüber  einen  roten 
Schrägrechtbalkeu  mit  drei  gelben  Schellen  oder  einen  Querbalken  mit  drei  gelben 

Sternen.  Die  schon  genannten 
Freiherren  von  La  Sarras  haben 
die  gleiche  Teilung  mit  rotem 
Schildeshaupt  und  drei  gelben 
Sternen.  Die  Herren  von  Esta- 
vaijer  (Stäffis,  Freiburg),  Stamm- 
verwandte der  Grandson,  haben 
wiederum  dieselbe  Heroldsteil- 
ung, aber  in  gelb  und  rot,  darüber  ein  weißer  Querbalken  mit  drei  roten  Rosen. 
Die  Herren  von  Chatülon  führen  sechsmal  geteilt  von  weiß  und  blau  mit  schräg- 
rechtem, rotem  Fluß,  die  Herren  von  Cliatelard  (bei  Vevey)  sechsmal  wagrecht 
gewellt  von  blau  und  weiß  mit  weißem  Schrägbalken  und  drei  gelben  Trefifel- 
blättern  darauf. 


Fig.  38.     V.  Grandson. 


V.  Estavaj'er. 


V.  La  Sarraz. 


d.  Herstellung"  und  Ausschmückung  des  Schildes. 

Der  Kampfschild  bestand  aus  einem  1 — 2  cm  dicken  Brette  von  Hartholz, 
das  zur  größeren  Widerstandsfähigkeit  mit  gegerbten  Tierhäuten,^  mit  gekochtem 
Leder  oder  mit  mehrfachen  Pergameutlagen  überzogen  wurde.  Die  eigentliche 
Stärke  des  Schildes  aber  lag  in  dem  metallenen  Schildbuckel,*  dem  Umbo,  an 
welchem  Speerstöße  und  Schwerthiebe  abprallten  oder  die  Waffen  selbst  in  Stücke 
gingen.  Der  Umbo  stammt  aus  dem  XH.  Jahrhundert,  nimmt  die  Mitte  des 
Schildes  ein  und  breitet  sich  von  da  sternförmig  in  sog.  Buckelreisern  über  die 
ganze  Schildfläche  aus.  Er  ist  vorn  auf  dem  Schilde  durch  vier  Nägel  befestigt, 
welche  auf  der  Rückseite  die  Schildfessel,  die  Handhabe  des  Granzen  halten.'^ 
Die  Nägel  werden  oft  für  den  Umbo  selbst  erwähnt,  so  bei  Ulrich  v.  Zatzikhoven : " 


^  Arcliives  lieraldiques  1887,  S.  53.  IjCs  Grandson  en  Angleterre  par  J.  Grellet. 

*  Arniorial  Suisse.  Msc.  K  1  u.  2  auf  der  Zürcher  Stadtbibl.    Zwei  Hände.    (Lavaterkasten.) 
3  Vergl.  ('.  3I(ij/er-M(u/erfels,  S.  75  ff. 

*  Vergl.  S.  12,  I.  Teil. 

^  Die  Riemen  waren  aus  Leder  oder  Seide,  vergl.  Zur  WatlVnkunde  des  älteren  deutschen 
Mittelalters  von  San  Marte.  (Dr.  A.  Schulz.)  Leipzig  lS(i7.  IJibliotliek  der  gesamten  deutschen 
Nationallitteratur,  vier  Bände,  S.  !)7  und  98.  —  An  der  I'assade  von  Westminster-Abbey  und 
im  Innern  über  den  Säulengliederungen  der  Nebenschiti'wände  sind  Schilde  mittelst  Kiemen 
beidseitig  aufgehängt  (Kreuzriemen  V).  Der  Schild  wurde  an  der  Fessel  über  der  rechten  Schulter 
getragen.  Als  lieispiel  eitlere  ich  das  prachtvolle  Grabmonument  des  William  Marechal,  tlie 
eider  Earl  of  l'emhroke  (f  1219)  in  Temple  Church,   liondon. 

"  Lanzelet  des  Ulrich  von  Zcüzil-horen.  H(>rausgegebeii  von  K.  A.Hahn.  Krankfurt  1845 
und  von  Jdkob  Bächtold.    Frauenfeld  l^i7t). 


2.  Der  Schild.  59 

5290    zu  den  vier  nagelen  gegen  der  hant 

da  stachens  durch  die  schilte 

daz  den  degenen  milte 

die  starken  schefte  zerkluben, 
und  l)ei  Kourad  von  Würzburg  im  Trojanerkrieg': 
34532    er  stach  in  so  geswinde  dar, 

da  die  vier  nagele  stuonden  glänz, 

daz  er  enphienc  vil  witen  schranz 

und  manic  schiver  ab  im  stoup. 
Außer  dem  Umbo  kommen  andere  Schildverstärkungen  aus  Metall  vor,  die 
um  ihrer  dekorativen  Form  willen  Schildbilder  ^  geworden  sind.  Das  in  Doppel- 
spiralen auslaufende  Kreuz  ^  im  Wappen  der  Freiherren  von  Eschenbach  und 
Schnabelhurg  ist  durch  die  fünf  Nägel,  durch  die  dasselbe  auf  dem  Schilde  haftet, 
deutlich  als  eisernes  Beschlag  gekennzeichnet,  ähnlich  wie  der  „M aueranker " 
im  Wappen  derer  von  Windegg^  oder  der  Füfschi'^  von  Zürich.  Während  Beispiele 
von  reich  mit  Steinen  besetzten,  vergoldeten  und  versilberten  Schildbuckeln 
nicht  selten  erwähnt  werden,  sind  diese  andern  Verstärkungen  aus  Eisen  und 
werden  daher  in  den  Wappen  schwarz  fingiert. 

Der  Schildrand  dagegen,  der  in  zweiter  Linie  die  Schwerthiebe  auffangen 
und  das  Schildbrett  vor  dem  Zerspalten  schützen  mußte,  war  entweder  aus  ver- 
schiedenen Lagen  von  Leder  oder  Tierhaut,  oder  aus  Metallblech  geformt. 
Ln  ersten  Falle  konnte  er  bemalt  (Tegerfelden)  oder  mit  Pelz  verbrämt  werden 
(Freiburg),  im  andern  dagegen  wurde  er,  gleich  wie  der  Umbo,  mit  farbigen 
Steinen  geschmückt. 

Konrad  von  Würzljurg,   Trojanerkrieg: 
14426    an  iren   wizen   Schilden 

was  ein  guldin  rant 

ouch  man  darane  vant 

edelsteine  groz  und  kleine. 
Er    konnte    das    gespaltene    Schildbrett    zusammenhalten,    was    eine    Stelle    im 
Trojanerkrieg  hübsch  Ijeleuchtet : 

33159    dö  sluoc  Anthilion  der  helt 

Pärsien  üf  des  schiltes  rant, 

daz  er  sich  cloup  von  siner  hant 

und  einen  witen  spalt  enphienc. 

wan  daz   er  an   den  borten   hienc 

da  mite  er  wol  geriemet   was, 

so  müeste  er  nider  üf  daz  gras 

in  stücke  sin  gesprungen. 


1  Vergl.  II,  S.  36. 

'  Vergl.  die  Abbildungen  der  Escbenbach'schen  Siegel  im  Zürcher  Urkundenbiicli. 
^  In  gelb  ein  schwarzer,  schrägrechter  Stab,  dessen  Enden  sich  in  je  zwei  Sjiiralen  aiisbiegen. 
*  In   blau  eine  dreiarmige,    in  Lilien  ousgehende,   gelbe  Figur.    Vergl.  Wappenbuch  des 
ausgestorbenen  Adels  von  Zürich. 


gO  II.  Teil:  Gescbiclite  der  Heraldik  in  der  Schweiz.   —  XIII.  Jahrhundert. 

Der  Ausdruck  ,geriemt",  der  auch  anderorts  bei  der  Schildbortenbe.schreibung 
zu  finden  ist,  deutet  deutlich  auf  ihre  Herstellung  aus  Metall  oder  Lederriemen  hin. 
Durch  das  Verschwinden  des  Umbo  muß  die  Festigkeit  des  Schildes  geringer 
geworden  sein.  Damit  stimmen  die  Beschreibungen  der  Dichter  gut  überein,  die 
das  Zerspalten  und  Zerschlagen  der  Kampfschilde  als  ein  häufiges  Faktum  er- 
wähnen. Dem  Schild  als  Schutzwaffe  tritt  eben  der  heraldische  Schild,  das 
ritterliche  Ehrenzeichen,  entgegen.  Einerseits  machte  die  ungemein  schwere 
und  sorgfältige  Panzerung  des  Körpers  den  Schildschutz  nach  dem  ersten  An- 
pralle entbehrlich  und  anderseits  war  es  dem  schwergerüsteten  Ritter  unmöglich, 
einen  schweren  und  großen  Schild  zu  handhaben.  Für  diese  Tendenz  spricht 
außer  dem  Weglassen  des  Umbo  die  Verkleinerung  des  Schildes  selbst. 

Die  Ausschmückung  des  Schildes  war  nicht  nur  von  dem  Reichtum  des 
Bestellers,  sondern  auch  von  dem  Zweck  abhängig,  dem  der  Schild  dienen  sollte. 
Prunk-  und  Paradeschilde  konnten  von  den  Schilterinnungen  ^  der  Niederlande, 
von  Köln  und  Paris  bezogen  werden,  welche  im  XIII.  Jahrhundert  eines  guten 
Rufes  genossen,  gewöhnliche  Kampfschilde  dagegen  sind  wohl  allerorts  hergestellt 
und  bemalt  worden. 

Der  einfachste  Schildschmuck  ist  die  Bemalnmj.  Teils  wurde  sie  direkt  auf 
einen  Leder-  und  Pergamentüberzug  appliziert,  teils  auf  einen  Kreideuntergruud,^ 
der  im  Kunsthandwerk  der  Epoche  allgemein  gebräuchlich  war.  Einige  Stellen 
aus  Konrad  von  Würzburg  geben  darüber  Aufschluß: 

Partonopier  und  Meliur;  Gaudin  holt  einen  neuen  Schild 
13752    der  oueh  gevervet  äne  golt 
was  vi!   reine  silberwiz 
der  maier  hete  sinen  vliz 
mit  hoher  kost  iif  in  gewant. 
und   14454    die  glänzen  swert  da  klungen 
üf  den  gemalten  schilten. 
Im  Trojanerkrieg  führt  Patroklus  einen  Greifen  im  Wappen: 
30898    er  was  mit  trackenbluote  rot 
gemälet  üf  des  schiltes  brete. 
Vers  34584.    Paris  sticht  gegen  den  Schild  des  Menelaus. 
daz  er  enphienc  vil  witen  schranz 
und   manic  schiver  ab  im  stoup. 
Letztere  Stelle  kann  geradezu  auf  Kreidegrund  bezogen   wei-den. 

Vers  r549H().   Paris  wirft  dem  Achilles  einen  Sclnvertknauf  gegen  den  Scliild. 
und   traf  in  üf  des  schiltes  rant, 
daz  da   von  diu   varwe  stoup 
und   er  in  stüoko  sich  erkh)up. 

'    Vi(>llef-le-])u(;  Dictioiniairc  lUi  .Mohilier,  T.  f).   —   Sci/lcr,  (iescliiclitc  der  Ilciahlik.  S.  SD. 
*  Diese  'J'echnik    ist   z.  \i.    für  die    sog.   „Waitpen-"   oder  „Brautkästlein"   durchwegs  an- 
gewendet worden. 


2.  Der  Schild.  61 

Der  einfachen  Schildbemalung  stehen  die  komplizierteren  Techniken  der 
Leder-  nud  Leinwand})lastik,  des  Stückens,  d.  h.  Belegens  des  Schildes  mit  ver- 
schiedenen Stoffen  wie  Metallblech,  Pelz,  Metallspangen  u.  s.  w.  gegenüber. 

Ein  plastisches  Beispiel  in  Kreidemasse  liefert  der  Schild  von  Seedorf/ 
in  Leder-  und  Leinwandtechnik  die  Schilde  der  Landgrafen  von  Thüringen  in 
der  Elisabethenkirche  zu  Marburg. '"^  Die  Ledertechnik  muß  auf  einer  erstaunlichen 
Höhe  gestanden  haben,  denn  sie  ist  auch  für  die  Herstellung  der  Helmkleinode, 
der  Zimiere,  angewendet  worden.  Das  in  Oel  weichgekochte  Leder  wurde  über 
Formen  sfeschlao-en  oder  gleich  einem  Flachrelief  behandelt  und  muß  sich  schwerer 
zur  Bearbeitung  geeignet  haben,  als  die  leichte,  aber  auch  weniger  widerstands- 
fiihige  Leinwand. 

Belegen  mit  Silberblech  erwähnt  Konrad  von  Würzburg  im  Partouopier  13012 : 
oucli  wirt  in  von  mir  an  den  arm 
ein  schilt  von  richer  kost  bereit 
der  ist  mit  silber  überleit 
daz  nie  so  glanzes  nicht  enwart. 

Das  Stücken  mit  Pelzwerk  und  das  Aufheften  (legen)  ausgeschnittener 
Figuren  ist  so  einfach,  daß  es  auch  zur  Aussclimückung  des  gewöhnlichen 
Kampfschildes  angewendet  werden  konnte. 

Die  Schildbeschreibungen  der  zeitgenössischen  Dichter  führen  die  Besetzung 
mit  edeln  Steinen  und  mit  Perlen  auch  für  die  Schildfläche  an,  aber  meist  nur 
Vergleichsweise,  um  die  Schilderung  der  Farbenglut  zu  erhöhen  oder  die  Reinheit 
der  Farben  zu  betonen.  Wenn  farbige  Steine  auf  dem  Schilde  angebracht  werden 
sollten,  so  konnte  dies  am  ehesten  auf  dem  Metallblech,  also  auf  Scliild])orte 
und  Umbo,  auf  Kronen  gekrönter  Tiere  (Beispiel  S.  4U)  oder  der  Bewehrung 
bewerkstelligt  werden.  Auch  als  Augen  mögen  einzelne  Steine  oder  (wohl  eher) 
farbige  Glasflüsse  eingesetzt  worden  sein. 

Keine  Kampfscene  wird  geschildert,  ohne  das  Hei-ausfallen  der  farbigen 
Steine  zu  erwähnen. 

Trojauerkrieg  30796: 

Man  sach  da  glenzen  unde  enprehen 
vil  mangen  schilt  gesteinet. 

Aus  einem  Kampfe  32163: 

ouch  viel  dar  üz  hin  üf  die  wisen 

daz  golt  und  daz  gesteine. 
Nach  dem  Kampfe  37834: 

da  lac  gesteine  und  edel  golt 

geströuwet  üf  der  beide 

diu  wurden  ouch  dö  beide 


1  Vergl.  11,  S.  26. 

^  Vergl.  V.  Hefner- AUenecl-,  Trachten  des  christlichen  Mittelalters.  —  r.  Hefner,  Heral- 
disches Musterhuch  und  F.  Warnecke,  Die  mittelalterliclien  horaldiscdien  Kanipfschilde  in  der 
S.  Elisahethenkirche  in  Marhurg.    Berlin  1884. 


(52  11.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

geführet  und  gelesen  drabe 

daz  arme  Volk  mit  richer  habe 

gemachet  wart  vil  statehaft. 
Wie  weit  den  Beschreibungen  außergewöhnlich  reicher  Schikle  in  den 
Werken  der  Dichter  historischer  Wert  beigemessen  werden  darf,  ist  kaum  sicher 
zu  bestimmen ;  aber  es  ist  nicht  unglaubwürdig,  daß  gerade  Konrad  von  Würzburg, 
ein  genauer  Beschreiber  von  Schild  und  Helm,  Gesehenes  schildert.  So  besingt 
er  im  Trojanerkrieg  den  besonders  teuren  und  prunkvollen  Schild  des  Patroklus: 
30892    gevar  als  ein  kristalle 

was  dar  üfe  ein  richez  tach 

dur  daz  man  einen  grifen  sach 

da  glesten  unde  schinen, 

der  künde  ein  ouge  pinen, 

swenn  er  im  sinen  glast  gebot, 
und  30902    der  grife  in  einem  velde  lac, 

daz  was  von   golde  üz  Aräbin 

und  gap  der  beide  glänzen   schin 

beid  offen  unde  stille. 

sin  tach  was  ein  berille  (Kristall) 

gesliffen  also  dünne  gar, 

daz  der  grife  rotgevar 

dur  den  lüterbseren  stein 

so  gar  durliuhteclichen  schein, 

als  ob  niht  taches  leege  drobe. 

der  schilt  gezieret  was  ze  lobe 

an  enden  unde  an  orten 

und  schein  mit  tiuren  borten 

in  küniclicher  wise 

gevazzet  wol  nach  prise. 
Es  kann  hier  entweder  eine  bestimmte  Emailtechnik  ^  gemeint  sein,  oder  ein 
Glasfluß,^  durch  welchen  das  aufgemalte  Schildbild  eine  tiefe  und  weitleuchtende 
Farbenglut  erhielt.  Auch  elfenbeinerne  Schilde  werden  ausnahmsweise  angeführt.'^ 


'  Der  schönste,  ausgofülirto  rrunkscliild  befindet  sich  am  Grabmale  des  Grafen  von 
Peml)roke  (f  1296)  in  der  S.  Edniond  Cluipel  in  Westminster-Ahbey.  Der  Schild  liegt  zur  Linken 
der  Figur,  besteht  aus  einem  dicken  Ilolzbrette,  mit  einer  Bronceplattc  überlegt,  welche  durch 
zahnartig  umgebogenen  Rand  am  Holze  festhält.  Die  Bildseite  in  Email  champ-leve  zeigt  14 
blaue  Querstreifen  in  gold,  besetzt  mit  je  zwei  roten  Merlettes  (kl.  Vögel  ohne  Sclmabel  und 
Füße).  Die  gohhincn  Streifen  tragen  auf  mattem  Grunde  ein  glänzeiul  poliertes,  reiclies  Ilanken- 
muster,  die  lilaucn  (^uerlinien  dagegen  eine  Damaszierung  aus  feinen  Gokllinien.  Dieses  l'riuik- 
stück  mittelalterlicher  Kunst  kann  sicli  mit  jeder  Desclireibung  der  Dichter  messen,  (irötie  des 
Scliildes:  51,5  cm.  :  34  cm. 

^  Aus  späterer  Zeit  sind  Beispiele  dieser  Art  erhalten  in  den  Weibelschilden  von  Bern 
(Museum),  Neuchätel  (Museum),  Brenigarten  (Rathaus),  Appenzell  (Anti(i.  Gesellschaft  Zürich), 
deren  leuclitendc  Wai)i)enfarl)en  durch  Kmail,  durcli  GlasHuß  oder  durcii  einen  darauf  liefestigten, 
geschlift'eiKMi  Kristall  erzeugt  worden  sind. 

'•^  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,   S.  K2    im  AlexaiulerHed  des  l'faffen  Lami)recht  1245. 


2.  Der  Schild.  63 

Zum  Schutze  gegen  Staub  und  Regen  wurden  die  Scliilde,  insbesondere 
diese  Prunkstücke,  mit  einem  Ueberzug  versehen,  der  Mmire^  oder  Hulft  (houce). 
Er  war  aus  Zeug  hergestellt,  nach  der  Beschreibung  der  Dichter  aus  Sammt 
und  Seide,  und  konnte  mittelst  Schnüren  auf  den  Schild  gebunden  werden. 

Die  Bedeckung  des  Schildbildes  gestattete  dem  Träger,  unerkannt  auf  dem 
Turnierplatz  und  in  der  Schlacht  zu  kämpfen,  denn  die  Mouve  verdeckte,  was 
er  im  Schilde  führte." 

Der  Schild  ist  das  Erkennungszeichen  für  Freund  und  Feind.  Seine  Be- 
deutung als  Schutzwaffe  tritt  im  Laufe  der  Zeit  hinter  dieser  Bestimmung 
zurück,  indem  er  an  Größe  und  Schwere  verliert  und  zum  bloüen  Täger  des 
Wappens  wird.  Der  Vorteil  eines  bestimmten  Erkennungszeichens,  das  überdies 
eine  Auszeichnung  bedeutete,  hat  die  Erblichkeit  dieser  Bilder  beschleunigt. 
Wir  finden  deshalb  schon  im  XII.  Jahrhundert  ganze  Sippen,  welche  dasselbe 
Bild  im  Schilde  führen.  Schon  erwähnt  wurden  die  Kreuze  der  Kreuzfahrer, 
welche  die  verschiedeneu  Nationen  in  verschiedenen  Farben  auf  Schild,  Helm  und 
Gewand  getragen  haben.  Das  Haus  Flantagenet'^  führt  zu  Ende  des  XII.  Jahr- 
hunderts drei  Löwen.  Geoffroy  Plantagenet,  Graf  von  Anjou,  trug  1127  einen 
Schild  mit  gelben  Löwen,  während  auf  seinem  Grabmal  (f  1151)  sechs  gelbe 
Löwen  in  blau  erscheinen.  Sein  natürlicher  Sohn  Wilhelm  hatte  einen  steigenden 
Leu  als  Wappen.  Wilhelm  Plantagenet,  Graf  von  Salisbury,  trägt  auf  seinem 
Grabmal  in  der  Kathedrale  von  Kanterburv  in  blau  sechs  gelbe  Löwen,  wie 
Geoffroy,  sein  Großvater.  Richard  Löwenherz  führt  1191)  zwei,  1194  endlich 
drei  Löwen  als  Wappenbild.  Gamuret  von  Anjou  ^  führt  im  Parzifal  ein  Phantasie- 
wappen, bis  er,  durch  den  Tod  des  altern  Bruders  zur  Regierung  gelangt,  den 
Panter,  .daz  sin  vater  truoc,  von  zoble  üf  sinen  schilt"  schlagen  ließ.  Die  drei 
Geschwister  Orilus,  Lähelin  und  Kuuneware  haben  einen  Drachen  als  Abzeichen, 
und  als  Orilus  mit  geschloßenem  Helme  vor  die  Schwester  tritt,  erkennt  sie  den 
Bruder  „bi  dem  trachen  üfem  kursit"  und  spricht:  -du  bist  der  bruoder  min, 
Orilus  oder  Laehelin.^  Auch  das  Zelt  der  Kunneware  ist  mit  Drachen  verziert. 
Tristan  trägt  das  Wappenbild  auf  einer  Kappe  von  braunem  Scharlach. 
Sin  erbezeichen  dar  üf  lak 
Der  Eber,  den  der  herre  pflak 
Ze  füeren  in  dem  Schilde.^ 


»  San  Marte,  S.  112. 

2  Konrad  von  Würzhimj,  Partonopier  und  Meliur.  Der  liinterlistig  gefangene  Partonopier 
wird  mit  einem  blanken  Schilde  ausgerüstet,  damit  er  nicht  erkannt  werde.  Vers  13012.  Turnier  v. 
Xantlieis.    Der  König  von  Dänemark  „wollt  ein  frouwenritter  sin"  und  führt  einen  bedeckten  Schild : 

344     üz  einem  purpur  üf  den  schilt 
waz  ein  riches  dach  geleit. 

3  Archives  herald.,  1897.   Bouly  de  Lesdain,  Les  plus  anciennes  armoiries  fran^aises,  S.  71. 
*  Schuh,   Das   höfische  Leben   zur  Zeit    der  Minnesänger.     Leipzig  1880,   II,   S.  79  und 

San  Marte,  S.  103  if. 

5  Sclmlz,  II.  —  Farzifal,  S.  21.  270. 
«  Tristan,  1938.  —  Schulz,  II. 


64  li-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Es  ist  wohl  möglich,  daß  vorerst  nur  das  Wappenbild  erblich  war,  z.  B. 
der  Löwe,  daß  aber  die  Anzahl  und  die  Farben  als  unwichtigere  Momente,  der 
Laune  und  dem  Geschmacke  des  Einzelnen  überlassen  wurden.  Denn  Erek^  läßt 
sich  drei  Schilde  machen  (weiß  mit  gelbem  Aermel,  rot  mit  weißem  Aennel  und 
gelb  mit  schwarzem  Aermel),  Meleranz^  vier  mit  verschiedenen  Farben,  und  die 
Plantagenets  führen  einen  bis  sechs  Löwen  im  Schilde.  Die  Bedeutung  der 
Bilder  im  allgemeinen  kennen  die  Herolde,  welche  „der  wappenroecke  warten", 
die  Wappen  der  Fürsten  und  berühmten  Helden  aber  sind  weit  umher  bekannt. 
Auch  kannte  der  Ritter  naturgemäß  die  Wappen  seiner  Verwandtschaft  und 
seiner  Freunde.  Einige  Beispiele  aus  dem  Trojanerkrieg  mögen  das  Erkennen 
am  Schilde  illustrieren: 

26020    nü  daz  in  Hector  hete  ersehen 

und  bi  dem  schilte  erkennet, 

do  kam  er  z'im  gerennet. 
Hektor  ist  von  den  Griechen  eingeschlossen  und  von  Staulj  und  Blutdampf  umhüllt : 
35936    den  löuwen  von  rubinen  rot, 

der  üz  sinem  schiHe  bran, 

den  sach  man  dur  den  nebel  dan 

ein  wenic  liuhten  unde  enbrelien; 

da  bi  wart  Hector  do  gesehen 

und  erkennet  küme. 
Und  37196  erkennt  Ajax,  der  Vetter,  den  Helden  nicht,   da  Blut  das  Löwenbild 
verdeckt. 

3.  Der  Helm. 

a.  Die  Helmform. 

An  Stelle  des  normannischen  Helmes  mit  halbkugelig  oder  spitzgeformtem 
Dache  tritt  zu  Ende  des  XH.  Jahrhunderts  endgiltig  der  Topf  heim  mit  flacher 
Decke.  Sclion  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  ist  ein  topfartiger  Helm  nach- 
zuweisen, aber  er  paßt  sich  nicht  der  Kopfform  au  und  läßt  das  Gesicht  und 
den  Nacken  frei.  Auf  dem  Grabmonumente  des  Geoffroy  de  Magnaville,  Earls 
of  Essex^  (f  1144)  in  London,  zeigt  der  Topfhelm  ein  breites  Kinnband, ^  das 
als  Ohren-  und  Wangenschutz  gedient  haben  mag.  Die  wesentlichste  Neuerung 
bezieht  sich  a])er  nicht  auf  die  Form,  sondern  besteht  in  dem  Fortschritte,  das 


'  Lanzelet  des  Ulrich  von  ZatziMioren.  —  San  Martc,  8.  11.'3. 

»  Svlmh,  II,  S.HÜ. 

^  Das  Monument  bctindet  bicli  in  der  Tomplo-Cliurch  in  London  (Ivundkirclie)  und  stellt 
d(!n  Ritter  in  voller  Ausrüstung  liegend  dar. 

*  VAn  Originalhelm  in  der  WaffenHamnihmg  von  I'arham  Park  in  Sussex  von  der  glciclien 
Form  zeigt  ein  verziertes  Ilelindach  und  ein  Kreuz  auf  der  Stirnseite  (Tlio  Archa'ol.  .lournal 
1865,  XXII.)  Die  glciclic  Hclinform  zeigt  ein  Ueiterruudsicgcl  des  (irafen  von  Fland(>ru,  Tlnlipps 
V.  Elsaß,  bemalt  mit  dem  Wappentiere,  einem  steigenden  Löwen.    Abb.  bei  Demmj,  S.  i;50. 


3.  Der  Helm. 


65 


IZ/A 


li^p 


Gesicht  durch  vollständiges  Bedecken  vor  Hieb  und  Stoß  der  feindlichen  Waffen 
zu  schützen,  nicht  wie  bis  anliin  nur  durch  das  schmale  Nasenbaud  (nasale). 
Die  Reitersiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Hahshurg  (1210)/  des  Grafen  TJlriclt 
von  Pfirt  (1212),^  des  Grafen  AlbrecJit  von  Hahshurg  (1213)^  und  des  Herzogs 
Heinrich  von  Schwaben  (1220)'*  weisen  Helme  dieser  ersten  Entwicklungsphase 
auf,  letzteres  in  Vorderansicht.  Der  topf- 
artige Helm  ist  breiter  als  hoch,  an  der 
Vorderseite  bis  über  das  Kinn  verlängert  und 
mit  zwei  Augenschlitzen  von  bald  langer  und 
schmaler,  bald  breiter  und  kürzerer  Form 
versehen.  Er  soll  in  der  Entstehungsperiode 
nicht  nur  aus  Metall,  sondern  auch  aus 
gehärtetem  Leder ^  angefertigt  worden  sein. 
Die  westschweizerischen  Beispiele  zeichnen 
sich  durch  eine  besonders  stark  verlängerte 

Vorderseite     aus,     indem     sie     sich     mehr    an         ^'-''-    formen  des  Topfheimes  nach  siegeln. 

die  französischen  Vorbilder  anlehnen,  wie  z.  B.  der  Helm  im  Reitersiee'el  des 
Seigneur  Jean  de  Falhicux  (1214).''  Es  ist  schon  früher  gesagt  worden,  daß 
der  Gesichtsschutz  nur  vorgebunden  wurde  und  erst  nach  und  nach  mit  dem 
Helme  zusammenschmolz.  Der  Verlängerung  der  vorderen  Seite  folgte  bald  die- 
jenige der  Rückseite,''  um  Hals  und  Genick  besser  zu  schützen  und  nun  bildete 
die  neue  Helmfonn  einen  eigentlichen  Topf,  der  sich  der  Gesichtslinie  anjiassend, 
auf  der  Vorderseite  nach  der 
Mitte  hin  ausbauchte.  Metall- 
streifen gaben  dem  Ganzen 
festen  Halt  und  trugen  gleich- 
zeitig zu  sein  erVerzierung  bei. 
Festigende  Zuthaten  des 
Helmes  sind  gewöhnlich  ein 
„Stirnreif",^  der  rings  um 
den  Helm  herumläuft  und  die 
obere  Kante  bildet  und  ein  rechtwinklig  darauf  gelegtes  Metallband,  das  bei 
besonders  starken  Helmen  nicht  nur  über  die  Vorderseite,  sondern  über  das 
Helmdach  und  die  Rückseite  gespannt  worden  ist.    Es  bildet  mit  den  ebenfalls 


Fig.  40.     Englische  Origlual-Topfheline. 


^  Siegelsammlung  der  Antiquarisclien  Gesellschaft  in  Zürich. 
»  Basler  TJrkundeubuch  YIII,  87.  88.    Band  I. 
^  Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich. 
*  Zürcher  Urkundeubuch,  Beilage  I,  6. 

^  Vergl.  Abbildung   aus    den  Miniaturen    der  Jahrbücher  ron  Genua.    Stacke,   Deutsche 
Geschichte,  S.  400  und  438. 

®  Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

'  Demay,  le  costume  d'apres  les  sceaux,  S.  127. 

^  Viollet-le-Diic,  Dictionnaire  raisonne  du  Mobilier  francais,  G.  Il'J. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  "^ 


66 


II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz. 


XIII.  Jahrhundert. 


Formen  des  Kübelhelmes  nach  Miniaturen. 


in  Metall  gefaßten  Augenlöchern  ein  Kreuz,  de.s.sen  Enden  dekorativ  gestaltet 
sind.  Zu  Seiten  des  untern  Kreuzarmes  finden  sich  die  Luftlöcher,^  bald  in  Form 
einer  Rose,  eines  Kreuzes  u.  s.  w.,  bald  linienweise  übereinander  angebracht. 
Die  Au.s.stattung  des  Helmes  mit  Metallbändern,  mit  ein,  zwei  oder  mehr  Augeu- 
schlitzeu  ist  sehr  manigfaltig,  aber  die  Form  bleibt  im  großen  und  ganzen  die- 
selbe. Während  Rückseite  und  Oberfläche  (Dach)  flach  sind,  ist  die  Vorderseite 
konkav  oder  mit  stumpfem  Winkel  nach  außen  gebrochen,  die  untere  Linie  aber  durch 

eine  konvexe  ge- 

X^,.-!— ^        /      1       \  /      \        bildet.      Beispiele 

dieser  Helmform 
finden  sich  auf 
dem  Siegel  des 
Grafen  Rudolf  von 

Hahshurg^  (des  nachmaligen  Kaisers)  von  1242  und  1245,  des  Grafen  Amadcus  III. 
von  Genf  und  des  Grafen  Wilhelm  von  Genf^  1250. 

Durch  Hinzufügen  von  Gesicht-  und  Nackenschutz  und  durch  Verstärkung 
und  Einverleibung    dieser  Teile    in    die  Form,    ninnut  der  Helm    an  Größe   und 

Schwere  immer  mehr  zu,  erhält  wiederum  ein 
gewölbtes  Dach  und  beschließt  gegen  Ende  des 
Jahrhunderts  seine  Wandlung  in  der  fertigen 
Form  des  Kübelhelmes. 

Die  nebenstehenden  Beispiele^  mögen  die 
Verschiedenheit  der  zwischen  Topf-  und  Kübel- 
helni  liegenden  Formen  darthun,  welche  sich  in 
den  verschiedenen  Ländern  herausgebildet  haben. 
Der  Kübelhelm  ist  groß  und  schwer,  mit  spitziger 
oder  halbkugeliger  Gupfe,  nach  unten  einwärts 
geboo-ener  Vorder-  und  Rückseite.  Er  schützt 
den  Hals  und  ruht  gewöhnlich  auf  den  Schultern.  Das  Kreuz  aus  Metalll)äiidern 
und  die  Ausenschlitze  bleiben  vorerst  bestehen,  werden  aber  im  XIV.  Jahrhundert 
durch  das  bewegliche  Visier^  (seitlich  oder  aufwärts)  ersetzt;  der  Stirnreif  bleibt 
nur  noch  als  Krone,  über  welcher  die  Gupfe  hervorragt. 


Fig.  42.     Formen  des  Kübelhelmes 
nach  Miniaturen. 


*  Vergl.  The  arnioury  at  Parham  Park,  Sussex.    Tho  ArcliaMil.  Journal  ISG").  XXII. 
'•*  Zürcher  Urkundenhuch,  Beilage  11,  4  und  5. 

•''  Siegelsammlung  der  Antiiiuarischen  Gesellscliaft. 

*  Nach  französischen  Miniaturen  auf  der  kgl.  Pihliothek  /u  Bruxelles: 

Chroniqiu'  dt;  France,  justiu'ii  Tan  lliäi),  Msc.  14. '')(,>;). 
Les  faits  des  Romains,  1298,  Msc.  10168—72. 
Le  livre  des  sept  sages  de  Home,  ^3  XIII""'  siiVle,  Msc.  i>24r). 
Le  livre  d'amour  des  vertus,  XIII'"«  siecle,  Msc.  9548. 
Vraie  histoire  d'Alexandre,  XIII""^' siecle,  Msc.  11040. 
Les  miracles  de  Notre  Dame,  XIII'""  sit'de,  Msc.  9229/30. 

Le  ronian  de  (lirard  d'Eufrate,  XIII'"«  siecle,  Bihliotliek  des  Britischen  Museums. 
^  (liddener  Helm  mit  nach  aufwärts  heweglichem  Visier  (le  livre  des  sept  sagt^s  de  Btmu^). 


3.  Der  Helm. 


67 


Während  der  Topfhelm  direkt  über  dem  Hersenier  (Panzerkapuze)  getragen 
wurde,  bedingte  die  Schwere  des  Kübelhehnes  eine  festere  Unterlage,  teils  um 
den  starken  Druck  auf  den  Kopf  zu  lindern,  teils  um  die  Wucht  der  Schläge 
abzuschwächen.  lieber  die  Kapuze  stül|)te  man  das  Basinet,  eine  eng  an  die 
Kopfbildung  sich  au})assende  Beckenhaube  aus  Eisen.  Später  wurde  das  Hersenier 
bei  Seite  gelassen  und  der  Halsberc  (Ringelpanzergeflecht)  mittelst  Hacken  am 
untern  Rande  des  Basinets  befestigt.  Ueber  diese  Eisenhaube  kam  noch  ein  Hut 
aus  Filz  oder  Seide  ^  zu  liegen  und  erst  dann  pflegte  der  Kübelhelm  aufgestülpt 
und  mit  Schnüren  oder  Ketten^  festgemacht  zu  werden.  Das  Tragen  einer  solchen 
Ausrüstung  war  äußerst  beschwerlich  und  mit  der  Gefahr  des  Erstickens  ver- 
bunden.   Der  Helm  wurde  daher  erst  kurz  vor  Beginn  der  Schlacht  aufgeljunden.' 

Ein  Vergleich  zwischen  den  Helm- 
darstellungen der  Reitersiegel,  auf  denen 
dieselben  lediglich  als  zum  Kostüm  gehörig 
abgebildet  erscheinen,  und  den  eidialtenen 
Orio-inalhelmen  des  Auslandes,  ero'ibt 
deren  Richtigkeit.  Einzelne  Details,  wie 
die  Befestigung  der  verschiedenen  Bänder, 
der  o^egen  Ende  des  Jahrhvmderts  auf- 
tauchende,  auf  Scharnieren  bewegliche 
Gesichtsschutz  (Visier)  und  die  Art  der 
Herstellung  des  Helmes,  aus  mehreren 
Stücken  zusammengenietet,  können  wir 
nur  den  Originalen  entnehmen,  aber  die  allgemeine  Formentwicklung  stimmt 
mit  derjenigen  auf  den  Siegeln  überein,  wenn  gleich  sie  derselben  zeitlich  um 
ein  Vierteljahrhundert  voraus  ist. 


43.    Helmformen  aus  dem  Roman  des  Giiard 
d'Eufrate.     XIII.  Jahrhundert. 


Gekrönter  Helm  mit  beweglioliom  Visier,  älinlich  demjenigen  im  Codex  Balduinens   (verglciclie 
Fig.  40  and  41). 

'  Die   mittelalterlichen  Ausdrücke    für   dieses   Stück    lauten:  ^^■äpelin,    l'atwät  (P(dster) 
und  Iluti'enier.    San  Marte,  Waftenkunde,  S,  75.    Ans  Liidiciiis  Kren/tahrt : 
3458     Darunder  ein  klein  wäpelin 

Nilit  zu  dicke  sidin 

ünder  einen  p]isenhüt  er  verbaut. 
SchitJ^,  Höfisches  I..eben  Bd.  H. 

*  San  Marie,  S.  66  ff.    Das  Aufbinden  desÄIelmes  geschah  mittels  Schnüren  oder  Riemen, 
später  durch  Ketten,  da  der  Helm  durch  einen  wohlgezielten  Lanzenstoß  losgelöst  werden  konnte. 

Des  Tages  mit  tjost  mir  daz  geschach 

daz  man  mir  von  dem  honbet  stach 

für  was  dristunt  den  heim  min, 

den  ich  mit  snüeren  doch  sidin 

iif  gebunden  liet  vil  wöl, 

als  man  die  helme  binden  sol. 
aus  Ulrich   von  Lichtensteins  Vrouwen-Dienest,    S.  "269,    herausgegeben    von   Karl  Lach  mann. 
Berlin  1841.    In  dem  Roman  des  Girard  d'Eufrate  trägt  ein  Krieger  den  Helm  an  den  zusammen- 
gebundenen Helmschnüren  über  dem  Arm,  Fig.  42. 

^  Vergl.  Abbildungen    in    der  Weltchronik  des  Rudolf  von  Hohenems  zu  St.  Gallen,    bei 
Viollet-le-Duc,  6.  i»3  und  Hottenroth,  Tat'.  33  und  61,  II. 


53  IL  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Die  Ausschmückung. 

Der  neue  Topfhelni  von  plumper  und  unschöner  Form  erforderte  aus  sich 
selbst  irgend  eine  verschönernde  Zierde.  Die  schon  im  XII.  Jahrhundert  be- 
kannte  Ausschmückung  durch  Bemalen  und  Besetzung  der  Reife  mit  farbigen 
Steinen  wird  natürlich  in  erster  Linie  verwendet  und  erfahrt  insofern  eine 
Aenderung,  als  die  Bemalung  in  bewußter  Anlehnung  an  die  Farben  des  Schildes 
geschieht. 

Die  französischen  Manuskripte  ^  zeigen  meist  nur  einfarbig  bemalte  Helme, 
in  rot,  blau,  grün  und  gelb,  die  deutschen^  dagegen  mehrfarbige  und  mit  Figuren 
(Pfähle,  Quer-  und  Schrägbalken,  Wellenlinien)  verzierte  Exemplare,  Bei  den 
Dichtern  geschieht  die  Erwähnung  einfach  gefärbter  Helme  selten,  wohl  aber 
solcher  mit  aufgemalten  Inschriften.  Im  Rolandslied  des  Ffaifen  Konrad  3291 
trägt  der  Helm  des  Helden  den  Namen  .Venerant"^  und  im  Titurel  ist  auf 
einem  Helme  eine  Schrift  in  französischen  und  heidnischen  Buchstaben  zu  lesen. 
Häufiger  wird  die  Besetzung  mit  farbigem  Gestein  erwähnt,  so  namentlich  bei 
Konrad  von  Würzburg,  im  Trojanerkrieg.  Der  Helm  des  Jason  glänzte  wie  ein 
Spiegelglas  und: 

Vers  9586    rubine,  crisoliten 

smaragden  und  jächande 

üz  sinem  nasebande 

durchliuliteclichen  brunnen. 
und   36914    man  schriet  da  leder  unde  hörn, 

golt,  Silber,  isen  unde  bein. 

do  wart  vil  manic  edei   stein 

getengelt  üz  den  helmen. 
Die  Helme  sollen  hie  und  da  ganz  mit  Blattgold  vergoldet  "^  worden  sein, 
aber  die  naheliegendste  und  äußerst  wirksame  Verzierung  war  das  Vergolden 
der  Metallbänder  und  Spangen,  die  sich  auf  diese  Weise  hübsch  von  dem  hell- 
glänzenden Helme  abhoben.  Auch  diese  Art  der  Ausschmückung  finden  wir 
bei  den  Dichtern  der  Epoche  genau  beschrieben,  sogar  mit  Angaben  der  Breite 
der  Reifen.'' 

Die  Krone  ist  im  XIII.  Jahrhundert  noch  ausschließlich  Rangabzeichen, 
das  nur  den  Fürsten  zukam.  Erst  auf  dem  Kübelhelm  verliert  sie  diese  hervor- 
ragende und  exklusive  Bedeutung  und  wird  als  Helniknnie  zur  Befestigung  der 
Kleinote  verwendet. 


'  Les  niiracles  de  Notrc-Danie,  le  ronian  de  Girard  d'Kuf'rat(\  ('liroiii(iue  dt>  France. 

"^  'rristaidiandwclirii't  des  (iottfried  von  Straßbury  (Kgl.  Hihliotliek  INIünclien).  Gescliiclite 
Ah'xaiiders  des  (iroüen  (Leipzig),  Lehensbuch  von  Muri.  Abb.  vide  c.  Uefncr- Alteneck,  Trachten 
des  christliclien  Mittelalters.  Frankfurt  1840—50.  Bd.  II.  Hohenlohe,  lieber  den  Gebrandi  der 
heraldischen  Ilelnizierden.    Stuttgart  1868.    Taf.  5  und  r.  Maijer-Mayerfeh,  Taf.  13. 

3  Vide  ^vhulz,  Ihifisclics  Leben  K. 

*   Violkt-le-Dw,  Dictionnaire  raisonnc  du  Mobilier  tVancais,  S.  (1.  H;5. 

^  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  1U(). 


3.  Der  Helm. 


69 


Diis  flache  Dach  des  Topfhehnes  war  zur  Anbringung  freistehender  Zicr- 
arten  sehr  vorteilhaft  geformt.  So  sind  denn  zu  Ende  des  XII.  Jahrhunderts  die 
aufgemalten  Helmbilder  in  plastischer  Gestalt  auf  das  Helmdach  gesetzt  worden, 
einerseits  um  sichtbar  zu  sein,  anderseits  wohl,  um  die  plumpe  Form  des  Helmes 
zurücktreten  zu  lassen.  Erst  das  XIII.  und  XIV.  Jahrhundert  haben  diese  Zimiere 
ausgebildet  und  zwar  auf  eine  Art  und  Weise,  Avelche  sie  zum  Interessantesten 
in  der  Heraldik  machen. 


b.  Der  Helnischmuck  (Zimier,  Kleinot). 

Die  mit  Figuren  bemalten,  normannischen  Helme,  welche  in  der  Berner 
Handschrift  des  sizilianischen  Krieges  dargestellt  sind,  bilden  den  unmittelbaren 
Uebergang  zum  plastischen  Helmkleinot.  ^ 
Die  Figuren  sind  an  der  oberen  Hälfte 
des  hohen  Helmes  angebracht  und  daher 
weithin  sichtbar.  Der  neue  Topfhelm 
war  bedeutend  niedriger,  bedingte  folg- 
lich eine  Höherstellung  der  Figur,  was 
durch  Uebertragung  des  Bildes  auf  Hülfs- 
kleinote(z.B. Bretter),  oder  durch  plastische 
Umformung,  geschehen  konnte.  Zu  den 
ältesten  gehören  die  auf  den  Siegeln  nachzuweisenden  Helmkleinote  des  Königs 
RicJiard  von  England  1189^  (Leu  auf  einem  mit  Federn  besteckten  Schirmbrett), 
des  Grafen  Balduin  von  Flandern^  1197  (wachsender  Leu),  des 
MaWiias  IL  von  Montmorency^  1224  (Pfauenkopf)  und  des 
Grafen  Johannes  von  Spanheim^  1225  (Federn). 

Bei  uns  hat  sich  der  Helmschmuck,  wie  im  übrigen 
deutschen  Reiche,  gegen  1220  eingebürgert,  denn  sowohl  Ulrich 
von  Zatzikhofen,*'  der  Dichter  des  Lanzelet,  als  Hartmann  von 
Aue,^  Dienstmann  der  Freilierren  von  Th engen  zu  Eglisau, 
schildern  zimierte  Helme  mit  einer  Deutlichkeit,  die  auf  wirklich 


Fig.  44.     Bemalte  Helme  (Weingartuer 
LiederhandSL'lirift). 


Fig.  45.    Helmkleinot 

vom.  Keiterrund.siegel 

Richards  I. 

von  England.    1189. 


'  Auf  dem  emaillierten  Grabmal  des  Geoffroy-le-Bel  riaiitagenet  im  Museum  zu  Le  Mans 
ist  der,  einer  phrygischen  Mütze  ähnliche,  Eisenhut  mit  einem  goldenen  Löwen  in  blau  bemalt. 
Abb.  bei  VioUet-le-Duc,  Dictionnaire  raisonne  du  mobilier  fran^ais  II,  S.  2'2o. 

^  Keitersiegel  König  Richards  I.  von  England.  Der  Schild  mit  den  drei  Leoparden  ist 
um  den  Hals  gehängt.     Abbildung  und  Beschreibung  in  The  Archpeol.  Journal  XIII,  S.  110. 

^  Reitersiegel.  Abb.  des  ganzen  Siegels  bei  Vrediiis,  sigilla  comitum  flandriae,  S.  19,  des 
Helmes  bei  Demay,  S.  130. 

*  Reitersiegel.    Abb.  bei  Demay,  S.  180. 

^  Reitersiegel.    Abb.  bei  Hohenlohe,  Sphragistische  Aphorismen,  S.  61. 

8  Lanzelet,  vergl.  S.  79.  —  Hartmann  von  Aue,  Erek  2335: 

sin  heim  gezieret  schone 

ein  engel  iiz  einer  kröne 

von  gokle  geworht  schein. 

^  Zeller- Wer d midier,  Zürcher  Taschenbuch  1897,  S.  133  tf. 


70  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Gesehenes  schließen  läßt.  Sphragistisch  i.st  er  erst  ein  Dezennium  später  nach- 
zniweisen,  denn  der  älteste  Helmschmuck  in  unseru  Gegenden,  der  Federhusch 
der  Grafen  von  Kyhurg,^  erscheint  erst  1284  auf  dem  Schildsiegel  Hartmanns 
des  Jüngern  und  zwar  in  ganz  verkümmerter,  nebensächlicher  Darstellung.  Auf 
einem  Rundsiegel  Hartmanns  des  Aeltern-  vom  Jahre  1239  dagegen  erscheint 
er  in  richtiger  Proportion  neben  dem  Schilde  und  weist  einen  mit  Blättern  be- 
hangenen,  mächtigen  Federbusch  auf.  Um  diese  Zeit  entstand  ein  neuer  Siegel- 
typus, der  sich  auf  die  Darstellung  des  Helmes  mit  dem  Zimiere  beschränkte, 
denselben  also  dem  Schild  und  seinem  Bilde  gleichstellte.  Wenn  rechtliche  Unter- 
schiede in  der  Führung  der  verschiedenen  Siegeltypen  gegolten  haben,  so  hat 
jedenfalls  das  ältere  Schildsiegel,  welches  das  anererbte  Zeichen  trug,  den  Vor- 
rang eingenommen.  Die  Helmsiegel'''  sind  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts 
noch  spärlich,  wie  die  Abbildung  des  Helmschmuckes  überhaupt  und  werden 
erst  gegen  das  letzte  Viertel  zahlreicher.  Von  frühen  schweizerischen  Beispielen 
erwähne  ich:  Schildsiegel  des  Hartmann  von  Se,^  Baldegg,  (Helm  von  vorne 
gesehen,  mit  zwei  Rädern  besteckt)  1236,  des  Heinrich  von  Wassersfeh^  (Helm 
mit  zwei  Lindenzweigen)  1239,  des  Heinrich  von  Wangen^  (Helm  mit  einem 
geflügelten  Hute  bedeckt)  1242,  des  Ulrich  von  Egerdon"'  (zwei  Räder)  1252, 
Rundsiegel  des  Ulrich  de  Wecinhon^  (Vogelkopf  und  Flug)  1252  u.  s.  w.  Der 
Helm  ist,  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Helmschmuckes  in  Seiten-  oder  Vorder- 
ansicht dargestellt,  bald  frei  im  Siegelfelde,  bald  im  Schilde  selbst.  Ueber  die 
Beschaffenheit  der  Zimiere  geben  die  Siegel  geringen  Aufschluß  und  die  Original- 
helmzierden  gehören  zu  den  größten  Seltenheiten.  Diese  Momente  genügen  aber 
lange  nicht,  die  wirklich  praktische  Anwendung  derselben  zu  verneinen,^  denn 
die  Natur  des  Kleiuotes  erforderte  möglichst  leichte  und  handliche  Gegenstände, 
welche  aus  Karton,  getriebenem  Kupfer,  Holz  oder  Leder  ^°  hergestellt  worden 
sind.  Das  Kleinot  durfte  weder  dem  Winde  eine  große  Fläche  bieten,  noch  der 
ohnehin  schon  beschränkten  Bewegung  des  Kopfes  hinderlich  sein  und  mußte 
mit  Leichtigkeit  abgenommen  werden  können. 

Ein  Kleinot,  das  allen  diesen  Anforderungen  entsprach,  konnte  unmöglich 
dauerhaft  sein  und  mußte  zu  jedem  Streit  und  Turnier  erneuert  ^^  werden.  Wenn 


^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundeiilmcli  Lief.  I,  15. 
^  Abb.  ■/..  Zürcher  Urkundenhuch  Lief.  I,  14. 

•^  Deutsche  Beispiele    bei  Sei/kr,    Geschichte    der  Heraldik,    !S.  lüG  — ILJ  und  Geschiciite 
der  Siegel,  S.  98  und  •27(i. 

*  Abb.  /.  Zürcher  ürkundenl)n(h   I,  31. 

*  Siegelsanimlung  der  Antiquiirischeii  Gesellschaft.  Basler  Urkundeubucii  Taf.  l'i,  S.  13(i. 
"  Vergl.  die  Abbildungen  Fig.  47. 

'  Zeerledcr,  Urkundenhuch  von  Bern  Taf.  4!),  Fig.  V.)'2. 
•*  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenhuch  II,  36. 

"  Vergl.  die  Abhandlung  von  IToheuloltc -Waldcnhiin/  zu  Kupferzell  „über  die  Ilelnizierden", 
in  welcher  der  Verfasser  zu  einem   verneinenden  Besultate  gelangt. 

'"  Viollcl-lc-Dnc,  Dictionnaire  raisonne  du  Mobilier  fran^ais  Kig.  G,  S.  114  — l.'>7. 

"  lleinfrid  von  Brauuscliweig,    herausgegeben  von  BarLsch,  Karl.     Bibliothek   des   littcr. 


3.  Der  Helm.  71 

wir  die  Frage  berüliren,  ob  Helmzierden  im  ernsten  Streite  getragen,  ob  die- 
selben mitgeführt  und  vor  Beginn  der  Schlacht  aufgesteckt  worden  seien,  so 
ist  zuerst  eine  Grenze  zu  ziehen  zwischen  den  einfacheren  Zimieren  und  den 
komplizierten  und  kunstreichen  Turnierkleinoten.  Daß  aber  die  einfachen  Helm- 
zierden wirklich  in  der  Schlacht  getragen  worden  sind.^  und  zwar  ausschließlich 
von  den  Anführern  und  den  vornehmsten  Rittern,  geht  aus  der  Sitte  des 
Schmückens  selbst  hervor.  Denn  Mode  und  ])ersönliche  Liebhaberei  haben  damals 
so  gut  Einfluü  gehabt,  wie  heutzutage,  und  wenn  die  Kleinote  in  den  großen 
Turnieren,  die  einer  Heerschlacht  in  nichts  nachgestanden  haben, ^  nicht  hinderlich 
gewesen  sind,  so  ist  zum  Tragen  im  Schlachtgetümmel  kein  großer  Schritt  mehr. 
Von  historischen  Belegen  eitlere  ich  den  bei  Duchesne  erwähnten  Grafen  von 
Boulogne^  in  der  Schlacht  bei  Bouvines  1214,  der  zwei  Hörner  von  Fischbein 
auf  dem  Helme  führte,  und  den  König  Manfred  von  Sizilien.^  dem.  vor  der  Ent- 
scheidungsschlacht bei  Benevent  1266,  der  mit  einem  silbernen  Adler  gezierte 
Helm  auf  den  Sattel  fiel.  Ferner  ein  Gedicht  Hirzelins^  auf  die  Schlacht  bei 
Göllheim   1298,  das  den  Helm  des  Herzogs  von  Kärnten  beschreibt: 

sin   heim   der  gab   vil   lihten   schin 

zwen  swartze  ttugel  cherubin 

der  engel   hat  darauf  gcdeut 

mit  guldin  leuberii  reich  verwcut. 
An  englischen  Originalen"  und  zwar  sowohl  an  Turnier-  als  auch  an  aus- 
schließlich für  die  Schlacht  gebrauchten  Helmen  sind  Vorrichtungen  oder  Leicher 
zum  Anbringen  von  Helmkleinoten  nachzuweisen,  welche  deutlich  zeigen,  daß 
dieselben  wirklich  getragen  worden  sind,  und  zwar  auch  im  Kriege.  Der  LTnter- 
scliied  zwischen  Kampf-  und  Turnierhelm  ist  im  XIH.  Jahrhundert  noch  keines- 
wegs   strenge    gemacht  worden    und    ihr  Gebrauch   mag  je  nach   der  Laune  des 


Vereins   in  Stuttgart,    S.  lOS  und  lO'.X     Den  Anlilick    der  Ritter  uacli   dem  Turnier  beselux'ibt 
der  Dichter: 

1854     man  sacli  die  scliiUe  glänze 
mit  liehtem  schin  erloschen 
üf  lielme  gar  zerdroschen 
manic  rieh  zimierde  lac. 

^  Vergl.  Abb.  bei  Hohcnlohe,  Ueber  den  Gebrauch  der  Ilelmzierden,  S.  43  und  Taf.  3, 
ferner  Miniaturen,  eine  Schlacht  darstellend,  aus  dem  Pergamentcodex  mit  der  Legende  der 
lil.  Hedwig  1353,  abgebildet  im  KorrespondenibMt  XVH,  S.  11,  1869.  Statuts  de  Tordre  du 
Saint-Esprit  du  noeud.  im  Louvre.  Illustrierter  Codex  aus  dem  Ende  des  XIII.  Jahrluuulerts. 
(Bibl.  Nat.  Paris).  Gemälde  des  Florentiner  Malers  Paolo  üccello,  f  1475,  mit  der  Darstellung 
der  Schlacht  von  S.  Egidio.  KJasHisclier  Büderschatz  301.  —  Springer,  Allgemeine  Kunst- 
geschichte III,  S.  105. 

^  Im  Turnier  zu  Neuß  blieben  100  Ilitter  tot  auf  dem  Platze.  1175  artete  ein  Turnier 
zwischen  Soissons  und  Braine  in  eine  Schlacht  aus,  indem  die  Franzosen  die  Ilennegauer  ül)er- 
fielen.    Näheres  bei  Schulz,  Höfisches  Leben  zur  Zeit  der  Minnesänger.    Leipzig  1880.    S.  Hfi  tf. 

3  Duchesne,  Ilist.  francor.  Script.  V,  S.  208. 

*  Stacke,  Deutsche  Geschichte,  S.  519,  Bd.  I. 

^  Pergamentcodex  Nr.  352,  k.  k.  Bibliothek  Wien. 

"  Nach  Abbildungen  in  The  Archaijol.  Journal. 


72 


II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 


Fig.  46.  Zimierter 
Helm  aus  dem 
Manessp-Codex. 


Besitzers  ein  verscliiedenartiger  gewesen  sein.  Erst  das  XIV.  Jahrhundert,  in  dem 
die  Heraklik  mit  Anwendung  aller  technischen  Fortschritte  zu  einem  Fest-  und 
Turnierluxus  umgestaltet  wurde,  nahm  die  scharfe  Scheidung  vor.  Denn  einer- 
seits war  der  reichverzierte,  oft  mit  kunstvollen  Einrichtungen 
versehene  Turnierhelm  zu  kostbar,  anderseits  aber  zu  schwer  und 
zu  unbequem  für  den  Krieg. 

Der  Darstellungskreis,  dem  das  Helmkleinot  entnommen  wer- 
den konnte,  umfaßt  alle  Schildbilder,  die  sich  auf  irgend  eine  Art 
plastisch,  alleinstehend  oder  paarweise  verwenden  ließen.  Unter 
den  Figuren  treten  natürlich  die  einfachsten,  wie  Federn,  grüne 
Reiser,  Flügel,  Hörner,  Hirschstangen  an  erste  Stelle,  da  dieselben 
leicht  und  ohne  große  technische  Hülfsmittel  am  Helme  befestigt 
werden  konnten.  Eine  einzelne  Figur  wird  stets  auf  dem  Helm,  ein  Paar  zu 
beiden  Seiten  angebracht. 

Die  heraldischen  Schildbilder  wurden  indirekt  auf  dem  Kleinot  anffegeben, 
indem  Hörner,  Flügel,  Schirmbretter  und  andere  sich  dazu  eignende  ijlastische 
Kleinote,  teils  mit  dem  Schildbild,  teils  in  den  Farben  derselben 
bemalt  wurden.  Auf  diese  Art  hat  jedes  Schildbild  auf  dem  Helm- 
kleinot wiederholt  werden  können.  Wie  Höruer  und  Hirschstangen, 
so  sind  auch  ganze  Tierköj)fe  in  natura  (ausgestopft)  zu  Helm- 
zierden genommen  worden  (wie  z.  B.  vom  Schwan,  Hahn,  Hund, 
Wolf,  Bären  u.  s.  w.  einzelne  Teile  derselben,  wie  Flügel,  Beine, 
Tatzen,  Krallen).  Die  selbe  Auffassung  wie  beim  Schildbild,  alles 
„was  immer  möglich  in  natura  darzustellen",  muß  hier  in  bedeutend 
ausgedehnterem  Maßstabe  gegolten  haben.  Denn  auch  gewöhn- 
liche Gegenstände,  wie  Schlüssel,  Messer,  Hüte,  Zipfelmützen  etc. 
konnten  mit  Leichtigkeit  festgemacht  werden.  Je  mehr  sich  aber 
Prunk  und  kostbare  Ausführung  in  der  Heraldik  breit  machten,  desto  seltener 
mögen  diese  aus  natürlichen  Objekten  geformten  Helmzierden  geworden  sein. 

Die  Helmzierden  zerfallen  in  drei  Gruppen,  je  nach  dem  Ausgangsiiunkte 
ilii-er  Wahl.  Erstens  das  ScJiilclJdeinot,  welches  das  Schildbild  ganz  oder  nur 
teilweise  wiederholt,  zweitens  das  persönliche  Kleinot  (brisure),  das  zur  Unter- 
scheidung von  andern  Gliedern  desselben  Geschlechtes  ein  ganz  frei  gewähltes 
oder  auf  die  Person  des  Trägers  bezügliches  Bild  darstellt,  und  drittens  das 
3IinneMeinot. 

Das  Schüdhleinot,  d.  h.  der  aus  dem  Bilde  des  Schildes  genommene  Helm- 
sclinuick  ist  das  Nächstliegende  und  bildet  deshalb  auch  die  größte  Gru])pe. 
Einen  hübschen  Beleg  für  diese  Kleinotart  bildet  die  Stelle  im  Trojanerkrieg 
Konrads  von  Würzburg: 

33098    er  hctc  üf  sincni   heim  gemäht 
nach  sines  schiltes  wäpen 
die  Schenkel  mit  den  tapcn 
eins  löuwen,  den  er  drufe  truoc. 


Fig.  47.    Helm 

mit  Hifthörnern 

(Manesse). 


3.  Der  Helm. 


73 


Das  ganze  Scliildljild  wiederholt  das  Kleinot  der  Grafen  von  Pßrt^  (zwei  gelbe 
Fische),  der  Herreu  von  Greifenstein^  (einen  schwarzen  Greifen).  Viel  häufiger  ist 
die  vereinfachte  oder  stückweise  Wiederholung,  indem  das  im  Schilde  mehrmals 
dargestellte  Bild  auf  dem  Helme  in  der  Einzahl  erscheint,  wie  die  Hirschstano-e 
der  Grafen  von  NeUenhur(ß  (in  gell)  drei  lilaue  Hirschstangen),  das  weiß  und 
schwarze  oder  weiße  Hifthornpaar  der  Grafen  von  Nifcn^  (Neuffen)  (in  schAvarz 
drei  weiläe  Hifthörner).  Menschliche  Figuren  und  Tierbilder  sind  als  Zimier  mit 
Vorliebe  nur  teilweise  verwendet  worden,  gleichsam  mit  dem  Oberkörper  aus 
dem  Helmdach  herauswachsend.  Wachsende  Figuren  sind  sehr  zahlreich.  So 
zeigt  schon  das  Reitersiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Hahshurg^  vom  Jahre  1259 
als  Kleinot  seines  Hauses  einen  roten,  mit  Pfauenspiegeln  besteckten,  wachsenden 
Leu.  Dieses  Kleinot 
erbt  sich  in  der  altern 
Linie  fort,  während  die 
jüngere  der  Grafen  von 
Hahshurg  -  Lauffenlmrg 
mit  der  ererbten  Graf- 
schaft Rapperswyl  das 
Kleinot  dieser  Grafen, 
den  zweiköpfigen  wach- 
senden, weißen  Schwan 
angenommen  haben. 

Weitere  Beispiele 
liefern  die  Zimiere  der 
ritterlichen  Geschlech- 


'3»? 

Wasserstelz 
Gutenburg 


1268 
Bald  egg 


IZ8S  12-9'  l2.JLi 

Egerdon  Teutl'en 

Büttikon  Freiburg 


Münch 


Wecinkon 

Fig.  48.    Zimierte  Helme  nach  Siegeln. 

ter  der  Münch^  von  Basel  (ein  wachsender  Mönch)  und  der  ManeiP  von  Zürich 
(ein  wachsender,  geharnischter  Krieger),  der  Freiherren  von  Tengen,^  welche  das 
weiße  Einhorn,  und  der  Freiherren  von  Klingen,^  die  den  gekrönten,  weißen 
Löwen  wachsend  auf  dem  Helme  führen. 

Die  Herren  von  Gutenhurg^^  (Schwaben)  führen  im  Schilde  einen  Löwen, 
auf  dem  Helme  aber  zwei  aufwärts  gerichtete  Löwenschwänze  u.  s.  w. 

Die  Bilder  indirekt  plastisch,    d.h.  auf  sog.  Hiilfskleinotcn^^  anzubringen. 


'  Zürcher  Wappeiirolle  Nr.  30. 
^  Zürcher  Wappeurolle  Nr.  74. 
^  Ruudsiegel  des  Grafen  Mangold  von  Nellenburg  1*277. 

*  Zürcher  Wappenrolle  Xr.  85. 

^  Al»l).  z.  Zürcher  Urkundenbucli  Lief.  III,  Fig.  2. 

"  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  386.  Wappenrundsiegcl  des  Hugo  Münch  1285.  Basler  Urk.-Ii. 

'  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  234. 

*  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  149. 
^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  138. 

1°  Schildsiegel  des  Ulrich  von  Gutenbnrg  von  1307.    Vergl.  auch  Abb.  in  der  Weingartuer 
Liederhandschrift. 

'^  Vergl.  V.  Mayer-Mayerfels,  S.  140—155. 


74 


II.  Teil :  Gescliichte  der  Heraldik  iu  der  Schweiz. 


XIII.  Jahrhundert. 


ist  im  Besondern  für  heraldische  Schildteihmgen  und  solche  Figuren  angewendet 
worden,  welche  sich  nicht  leicht  allein  auf  dem  Helme  befestigen  lieläen.  Im 
XIII.  Jahrhundert  kommt  besonders  das  sog.  Schirmbrett  in  Betracht,  hohe  und 
niedere  Hüte,  und  „der  Beutelstand" ,  eine  Haube,  welche  in  zwei  mehr  oder 
minder  spitze  Zipfel  auslief.  Dazu  treten  noch,  aber  gewöhnlich  nur  zur  An- 
bringung der  Schildfarben,  die  Homer,  Flüge,  Banner  und  ivachsenden  Figuren 
hinzu.  Auf  Schirmbrettern  wiederholen  das  Schildbild  die  Ziemiere  der  Freiherren 
von  Wart^   (schräg   geviertet   von   blau   und    weiß),    der  Herren   von  Hohenfels^ 

(Bodensee)  geteilt  von  schwarz  und 
weiß,  der  Ritter  von  Trostberg^  (Aargau) 
in  blau  ein  weißer,  mit  roter  Scheibe 
belegter  Stern,  der  von  BüttiJcon^ 
(Aargau)  fünfmal  rechts  geschrägt  von 
rot  und  von  weiß  mit  blauem  Eisen- 
hutmuster, auf  Hüten  von  spitzer  Form 
diejenigen  der  Freiherren  von  Steinegg^ 
(Zürich)  in  blau  ein  gelber  Fluß,  der 
Herren  von  Bechburg^  (Solothurn)  ein 
weißer  Spitzhut  mit  aufgeschlagener, 
schwarzer  Krampe  und  roter  Kugel  auf 
der  Hutspitze,  auf  Hüten  von  niederer 
Form  das  Kleinot  der  Grafen  von  Kasteln'^  (geviertet  von  weiß  und  rot).  Viel 
häufiger  ist  der  Beutelstand,  der  sich  sowohl  wegen  seiner  leichten  Herstellung 
aus  allen  möglichen  Stoffarten,  auch  aus  Leder,  als  besonders  durch  den  großen 
Raum,  den  er  zur  Anbringung  des  Bildes  bot,  dieses  Vorzuges  erfreute.  Die 
Bilder  konnten  aufgemalt,  genäht  oder  gestickt  werden.  Die  Form  dieser  Hülfs- 
kleinote  variert  und  nähert  sich,  je  nachdem  die  obere  Linie  gerade  oder  nach 
innen  gebrochen  ist,  der  Bischofsmütze.  Auf  dem  Reitersiegel  des  DietheJm  von 
Wolhusen^  ist  der  Helm  mit  diesem  Hülfskleinot  bedeckt,  das  die  rote  Burg 
trägt,  aber  zwei  nach  hinten  fliegende  Bänder  kennzeichnen  sie  als  wirkliche 
Bischofsmütze,  als  Inful,  das  Abzeichen  einer  Klosterkastvogtei.  Der  LTnterschied 
ist  schwer  zu  machen  zwischen  der  eigentlichen  Inful  und  dem  Beutelstand,  er 
ist  aber  auch  gar  nicht  von  Belang.    Infulähnliche  Beutelstäude  führen  die  Grafen 


Werdenberg 


IZ  »5 

Habsbm-g 
Fürstenberg 


Fig.  49.    Zimieite  Helme  nach  Siegeln. 


'  Manesse-Liederliandschrift  Bild  XVIII. 

'''  Mauesse-Liederhandschrift  Bild  XXXV. 

^  Mauesse-Liederliandschrift  Bild  LXXIII. 

*  Rnndsiegel  des  Johannes  von  Biittikon  1"J55. 

°  Znrclier  Wappenrolle  Xr.  182. 

"  Znrclier  AVappenrolle  Xr.  l(i"_*. 

'  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  41.  Als  plastisches  Beispiel  erwähne  ich  den  llehu  mit  Hut 
und  l"'ederkugel  auf  dem  Grabmale  des  Grafen  Rudolf  von  Tierstein  zu  Basel.    1308. 

"  Keitersiegel  des  Dietlielni  von  'Wolhusen.  Abh.  Mittoiluiiu;on  der  Antiquarischen  Gesell- 
schaft XXI,  8.  5. 


3.  Der  Helm.  75 

von  Buchcgg^  (iu  gelbem,  mit  roteu  Rosen  belegtem  Felde  ein  roter  Pfahl),  die 
Freiherren  von  Begcnsbcrg^  (fünfmal  weiiä  und  blau  gespalten  mit  rotem  Quer- 
balken), die  Herren  von  Bliimenherg^  (Basel),  (in  rot  ein  weißer  Querbalken  mit 
blauem  Wolkenschnitt,  fast  dreieckförmig),  die  Grafen  von  Suh^  (mit  drei  roten 
Spitzen  von  weiß  und  rot  geteilt),  die  Giel  von  Gielsperg'^  (geteilt  von  rot  und 
weißem  Schachbrett  und  von  gelb)  u.  s.  w. 

Von  den  übrigen  Kleinoten  haben  nur  die  Hörner  im  XIII.  Jahrhundert 
als  Hülfskleinote  gedient,  der  Gebrauch  der  anderen  ist  erst  im  folgenden  Jahr- 
hundert aufgekommen. 

Ein  Siegel  des  Eberhard  von  Bichelsce^  vom  Jahre  12G3  zeigt  einen  mit 
einem  Paar  Hörner  gezierten  Helm,  auf  welchen  die  Querbalken  des  Schildes 
(in  rot  ein  weißer  Balken)  erhöht,  vielleicht  als  Ringe  augebracht  sind.  Die  Hift- 
hörner der  Grafen  von  Hohenhcrg^  sind  geteilt,  weiß-rot  bemalt,  nach  dem  also 
geteilten  Schilde.  Daß  die  Helmbilder  in  den  Farben  des  Schildes  bemalt  wurden, 
auch  wenn  sie  das  Bild  nicht  wiederholten,  liegt  auf  der  Hand,  natürlich  nur, 
Avenn  eine  farbige  Ausschmückung  von  Nöten  war. 

Die  zweite  Gruppe  der  Helmzierden,  das  persönliche  Kleinot,  ist  in  zwei 
Abteilungen  zu  trennen,  in  die  völlig  frei  gewählten  Bilder  und  in  diejenigen, 
welche  in  irgend  einer  Beziehung  zum  Träger  stehen.  Zu  der  ersten  Abteilung 
braucht  es  keine  weiteren  Erläuterungen,  als  einige  Beispiele.  1270  führt  Konrad 
von  Liehegg^  ein  Paar  mit  Rosen  besteckte  Hirschstangen,  1280  Eberhard  von 
Lupfen,^  Graf  von  Stühlingen,  einen  wachsenden  Schwan,  zu  Seiten  je  einen  Pfauen- 
wedel, 1295  Johannes  von  Büttilon^^  ein  Paar  senkrechte,  mit  Hahnenfeder- 
büscheln besteckte  Stangen.  Diese  Zimiere  sind  nicht  erblich  gewesen  und  nur 
von  dem  betreffenden  Ritter  geführt  worden.  Anders  die  zweite  Abteilung. 
Schon  beim  Schildbilde  habe  ich  darauf  hingewiesen,  daß  Abzeichen  persönlicher 
Würden  und  Aemter  vorzugsweise  als  Zimiere  gebraucht  wurden,  da  das  anererbte 
Wappen  im  Schilde  keine  vorübergehenden  Standes-  und  Herrschaftabzeichen 
eines  einzelnen  Gliedes  aufnehmen  konnte,  ohne  die  Bedeutung  des  allgemeinen 
Geschlechtswappens  zu  verlieren. 

Schild  und  Zimier  verhalten  sich  im  XIII.  Jahrhundert  wie  heute  der  Ge- 
schlechtsname  zum  Vornamen.  Schild  und  Geschlechtsname  bleiben  in  der  direkten 
Stammfolge    unverändert,    bezeichnen    den    Träger    als    Glied    einer    bestimmten 


^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  33. 
^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  146. 
^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  174. 

*  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  45. 

•■*  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  263.    Rundsiegel  des  Rudolf  Giel  von  l'lll. 

**  Vergl.  auch  Wappeni-olle  Nr.  157. 

^  Wappenrolle  Nr.  25.    Manesse-Codex  Bild  XVII. 

*  Spitzovalsiegel,    Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 
^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  S.  9. 

"  Schildförmiges  Siegel.    Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 


76  II-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Gruppe;  Ziniier  und  Vorname  sind  verschieden,  können  zwar  aucli  von  ver- 
schiedenen Mitgliedern  der  selben  Gruppe  gleich  geführt  werden,  bezeichnen 
aber  stets  die  betreffende  Person  näher  als  der  bloße  Name  des  Geschlechts. 

Die  Inful,^  der  wir  schon  unter  den  Hülfskleinoten  begegnet  sind,  deutet 
gewöhnlich  auf  Beziehungen  des  Trägers  zu  geistlichen  Kreisen.  Die  Grafen 
von  Montfort - Feldkirdi  und  ihre  Anverwandten,  die  Grafen  von  Werdenberg^ 
führen  sie  an  Stelle  der  alten,  mit  dem  Wappenbilde  bemalten  Schinnbretter 
seit  dem  letzten  Drittel  des  XIII.  Jahrhunderts.  Die  Montfort^  sollen  dieselben 
unter  dem  Einfluße  der  Bischöfe  von  Cliur  aus  diesem  Hause  oder  als  Kastvögte 
der  Klöster  Mariaberg  an  der  Laubert  und  Habsthal  bei  Mengen  angenommen 
haben,  Hugo  IL  von  Werdenberg  als  Kastvogt  des  Klosters  Dissentis  und  des 
Klosters  St.  Johann  im  Thurthale  1285.  Eine  Miniature^  der  vita  Caroli  magni 
illustriert  in  trefflich  klarer  Weise,  auf  welche  Art  eine  Inful  zum  Kleinot  werden 
konnte.  In  der  obern  Hälfte  des  Bildes  belehnt  der  König  den  vor  ihm  knieenden 
Roland  mit  der  Fahne.  Hinter  dem  Knieenden  steht  der  Erzbischof  Turpin  im 
]3riesterlichen  Ornate  mit  Inful  und  Pedum.  Auf  der  untern  Hälfte  sehen  wir 
die  beiden  hoch  zu  Roß,  zum  Streite  gerüstet.  Der  Erzbischof  trägt  die  Inful 
über  der  Panzerhaube. "  In  den  folgenden  Schlachteubildern  erscheint  sie  auf 
dem  Topfhelme  und  zwar  in  Vorder-  und  Seitenansicht. 

Die  Hifthörner  können  auf  Jagd  und  Jagdrecht  bezogen  werden,  jedenfalls 
aber  nicht  mit  derselben  Wahrscheinlichkeit,  wie  die  Inful  auf  geistliche  Aemter. 
Daß  auch  Helmzierden  in  Anlehnung  an  das  Wappen  des  Leheusherrn  geführt 
worden  seien,  bezeugt  der  wachsende,  habsburgische  Leu  derer  von  Reinach^  und 
der  schwarze,  mit  weißen  Blättern  behangene  Flügel  der  Herren  von  Landenber<j.^ 
(DieKyburger,  ihre  Lehensherren,  führten  einen  schwarzen  Federbusch  mit  weißen 
Blättern.) 

Die  Abzeichen  des  Schenkenamtes,  des  Truchsessen  etc.  sind  schon  unter 
den  Schildbildern  besprochen  worden  und  bedürfen  keiner  weiteren  Erörterung. 

Wigalois  3896    Sin  heim  der  was  riche  ^ 
Vil  harte  hoveschliche 


>  Vergl.  8.  72. 

-  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  128.  129.  130.  131.  132. 

*  /'.  IIcfner-Älteneck  erwähnt  im  Anzeiger  des  germanisclicn  Musi-ums  l.stiö,  Nr.  10,  ein 
liiezu  trefflich  i)assendes  Beispiel  einer  Kleinotcedierung  (weifse  Intal),  wie  folgt:  Der  IJiscliof  Hrun 
von  Brixen  gestattet  seinem  Neffen,  dem  Grafen  Konrad  von  Kirchherg,  ^cin  llehnkleinot  zu 
füliren,  wie  er  es  selbst  über  36  Jahre  „in  dez  riches  dienst  und  in  unsers  gotshuses  vrlangen 
und  an  rareniger  stat  anderswo  geführt  habe." 

*  Vergl.  die  Abbildungen  im  III.  Teil. 

^  Im  Boman  des  Girurd  (VKnfvdtc  (Britisches  Museum,  London)  ersdieint  der  König  (zu 
Hause)  mit  einer  gestreiften  Zipfelmütze,  die  aus  der  Krone  herauswächst;  im  Kriege  trägt  er 
die  Mütze  ohne  Krone  auf  dem  Helm. 

"  Zürcher  AVa])penrolle  Nr.  489. 

''  Vergl.  ZeUer-Werdmnller,  Denkmäler  aus  der  Fcudalzcit  im  Lande  Uri,  S.  25. 

"  San  Marte,  S.  71. 


3.  Der  Helm.  77 

mit  roten  kein  bedecket 
Darumbe  was  gestrecket 
Ein  Strieme  wiz  h»rmin 
Oben  was  gesteeket  darin 
Ein  schuzzel  von  golde 
Da  bi  man  wizzen  solde 
Daz  er  da  truhstezze  was. 

Das  M'mncldcinot ,  die  dritte  Gruppe  un.serer  Einteilung,  ist  auch  ein  persön- 
liches Zeichen,  aber  von  so  abweichender  Bedeutung,  daß  es  als  abgesonderte 
Gruppe  betrachtet  werden  muü.  Frauenbüsteu,  Pfeile,  Ringe,  Rosen  sind  häutig 
gewählt  worden,  natürlich  stets  Bilder,  welche  auf  den  Liebesdienst  des  Ritters 
anspielten  und  die  recht  kostbar  verziert,  mit  Steinen  besetzt  werden  konnten. 
Unter  dieser  Grujjpe  sind  auch  die  ersten,  ausscliließlich  für  das  Turnier  be- 
stimmten Helmzierden  zu  suchen.  Konrad  von  Würzburg  beschreibt  in  l*arton()])ier 
und  Meliur  einen  solchen  Helmschmuck : 

13558    üf  einem  heim  gefiieget  dar 
was  ein  wiplich  houbet 
von  Silber,  daz  beroubet 
was  aller  itewize. 
von  meisterlichem  vlize 
ga,p  er  durchliuhtigen  schin 
sin  kröne  was  ein  glänz  rubin 
sin  haar  schein  als  gespunnen  golt. 
der  soldan  üf  der  minne  sold 
wollte  ein  frouwenritter  wesen 
davon  sin  kleinot  üz  erlesen 
was  ane  missevvende  (Schmuiz). 

In  der  Manessischen  Liederhandschrift  trägt  Herr  Ulrich  von  Lichtenstein^ 
eine  wachsende  gekrönte  Jungfrau  als  Helmkleinot,  welche  in  der  einen  Hand 
einen  roten  Pfeil,  in  der  andern  einen  Feuerbrand  hält,  die  Sinnljilder  der  Be- 
gierde und  der  inbrünstio-en  Liebe. 

Herstellung  und  Befestigung  des  Helmschmuckes. 

Das  Helmkleinot  muß  zu  Anfang  primitiv  und  mit  geringen  Mitteln  her- 
gestellt worden  sein.  Je  mehr  wir  uns  aber  dem  Ende  des  Jahrhunderts  zuwenden, 
desto  kunstvolleren  Arbeiten  begegnen  wir  und  einzelne  Gegenden,  wie  der 
Norden  von  Italien^  sind  für  besonders  hervorragende  Leistungen  berühmt. 
Kunstvoll    in    Metall   getriebene    Figuren,   ja   sogar   Automaten,    wie    z.  B.    von 


^  Abb.  in  Wappen,  Helmzierden  und  Standarten   der  grofsen  Heidelberger  Minnesänger- 
Handschrift  (Manesse-Codex).    Herausgegeben  von  K.  Zangemeister.    Görlitz  1892. 
^  VioUet-Ie-Duc,  Dictionnaire  raisonnö  du  Mnbilier  francais  VI,  S.  114. 


78  II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

selbst    sich    drehende    Räder    und    sich    verneigende    Figuren    sollen    fabriziert 
worden  sein,  ^ 

Gegenstände,  wie  Ochsenhörner,  Ohren,  Tierbälge,  Flügel,  Adlerklauen, 
Geweihstangen  ^  etc.,  welche  nicht  zu  groß  und  zu  schwer  waren,  konnten  in 
natura  verwendet  werden.  Dennoch  scheint  mir  die  künstliche  Herstellung  aus 
Holz,  Leder, ^  Zeug,  Karton  und  getriebenem  Metallblech*  die  gewöhnliche  ge- 
wesen zu  sein,  auch  für  die  oben  genannten  Dinge, ^  weil  sie  die  den  Anforder- 
ungen entsprechendsten  Figuren  liefern  konnte.  Die  rohe  Helmzier  wurde  bemalt, 
mit  Stoff  bekleidet  oder  mit  Silber-  und  Goldblech  überlegt.  Auch  farbige  Steine 
und  Metallstreifen  sind  nicht  gespart  worden.  Das  fertige  Kleinot  pflegte 
man  je  nach  seiner  Beschaffenheit  an  den  Extremitäten  oder  längs  der  ganzen 
Peripherie  mit  Hahnen-  und  Pfauenfedern  zu  bestecken,  einzeln  oder  in  Büscheln; 
wenn  sie  sich  nicht  direkt  anbringen  ließen,  so  wurde  die  Figur  mit  einem 
Kamme  versehen  ^  (Habsburger-  und  Klingen-Leu),  der  sich  zu  diesem  Schmucke 
besser  eignete.  Die  Schirmbretter,  von  runder,  halbrunder  und  fächerähnlicher 
Form,  sind  durchwegs  besteckt  mit  Federn,  kleinen  Kugeln,  Schellen  u.  s.  w. 
(Büttikon).^  Zur  Vervollständigung  des  Bildes  seien  einige  zeitgenössische  Be- 
schreibungen angeführt. 

Aus  Konrad  von  Würzburgs  Trojanerkrieg: 
33076    ein  huot  mit  silber  überleit 

swebt  üf  dem  glänzen  helme  sin. 

zwo  Stangen   phäwenvederin 


'  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  113.  Wohl  elier,  als  an  Automaten,  ist  dabei  an 
die  Bewegung  der  Helmkleinode  durch  das  Drehen  oder  Scliütteln  des  Kopfes  zu  denken,  denn 
in  diesen  Beschreibungen  scheint  sich  die  dichterische  Phantasie  breit  zu  machen. 

*  Die  Grabplatte  des  Diopoldus  dictus  Hei  in  der  S.  Jobannskirclie  im  Dorf  Tirol  vom 
Jahre  1361  zeigt  einen  Helm  mit  beringten  Stierhörnern,  Ohren  und  fellartiger  Decke  (k.  k.  Central- 
kommission  für  Erforschung  und  Erhaltung  der  Baudenkmale  [Wien]  1872/73)  und  der  Helm 
auf  dem  Grabmal  des  Heinrich  von  Geymann  trägt  die  Stierhaut  mit  Ohren  und  Hörnern 
(k.  k.  C!entralkommission  1878).  Helm  mit  zwei  Hirschstangen  auf  der  heraldischen  Ausstellung 
in  Wien.    (Katalog  der  Ausstellung.) 

^  Zwei  erhaltene  Helmzierden  aus  Holz,  ein  Leu  auf  dem  Helme  des  schwarzen  Prinzen, 
und  ein  bärtiger  Mannskopf  sind  abgebildet  im  IllusfratedCatalogue  of  the  Herahlic-JS.vhibition. 
London  189(1.  r.  Hefner  -  Altenecli,  Hohenlohische  Originalhelme  in  der  Herrgottskirche  zu 
Kreclilingen  an  der  Tauber,  Einhorn  aus  Leder. 

*  Auf  der  Fläche  des  Ilelmdaches  sind  Figuren  und  Abzeiclien  in  getriebener  Arbeit 
angebracht  worden.  Von  erhaltenen  Beispielen  nenne  icli:  zwei  Helme  in  englischem  Besitze. 
Der  eine  von  119U  trägt  das  Malteserkreuz  en  bas-relief  auf  dem  Dache,  The  ArduTol.  Journal 
V,  XXII,  der  andere  von  1298  gehörte  einem  S.  Antönierritter  und  ist  mit  dem  Kreuz  und  dem 
Worte  „Anthon"  geschmückt.  Ein  plastisches  Beispiel  befindet  sich  in  der  Kirche  von  Ingham 
in  Nordfolk  (Tlie  Archa;ol.  Journal)  1865,  XXII. 

^  Denniiin,  Die  Kriegswaffen,  Leipzig  1893,  S.  009.  Adlerkopf  auf  dem  Helme,  in  Metall 
getrieben.     Artillerienniseum  in  Paris. 

"  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  III,  S.  4.    Wajjpt'nrollt'  Nr.  138. 

^  Helmrundsiegel  des  Job.  von  Büttikon.  Zürcher  Wappenrolle:  Frol)urg  28,  Kürneg  7.5, 
Klingen  13!),   ilcwen  löO,  Wunnenberg  210. 


3.  Der  Helm.  79 

mit  einem  roten   samit   edel 
bewunden   üf  biz  an   den   wedel 
die  saeh  man   haften  unde  kleben 
an  dem   rilichen   huote   eneben, 
sam  si  gewachsen  wären  dran. 

Aus  dem   Keinfrid  von  Brauuschweic?: 

1522     von   golde   lieht  sins  helmes  taeh 
zwei  hörn   baten   bedecket 
und  was  darüf  gestecket 
ein  grat  von  manges  phawen  veder. 
und  hat  der  hörn  ietweder 
von  zobel  richin  jagebant. 

Aus  dem   „Lauzelet"   des  Ulrich  von  Zatzikofen. 
4438    guldin  was  sin  gügerel, 

ein  boum  mit  löubern  niht  ze  breit. 
ein  grimel  was  daran  bereit 
mit  sidinen  weifieren. 

In  einer  Vergleichsurkunde  des  Bischofs  Heinrich  von  Regensburg  ^  1290 
wird  ein  Helmkleinot  beschrieben:  „zwo  stangen  mit  Hermil  üljerzogen  und 
oben  in  ieder  Stangen  ein  Pusch  von  schwartzen  Hannenfedem. 

Ueber  die  Befestigung  des  Kleinots  sagt  dieselbe  Urkunde : 
„und  sollich  ir  Cleinot  haben  sie  üf  dem  Helm  in  einer  gelben 
Cron  oder  in  rot  und  weißer  Seiden  gewunden  wie  ain  Crantz." 

Während  z.  B.  noch  im  Reinfrid  von  Braunschweig ^  der 
König  von  Schotten  „ein  guldin  krön  üf  sines  helmes  dach" 
führt,  ist  hier  die  Krone  schon  als  befestigende  Zuthat  an- 
zusehen. 

Die  seitlich  anzubringenden  Figuren  (Hörner,  Stangen 
u.  s,  w.)  konnten  in  Oesen  gesteckt  oder  mit  Metallbändern  fe.st- 

Fig.  5il.     Helm  vom 

genietet  werden.    Auf  eine  solche  Befestigung  lassen  die  Helm-    oiabmaidesKomadvon 

Zierden   auf  dem   Rundsiegel    des    Ulrich  von   Chlinginberch'^ 

1262  und  dem  Schildsiegel  des  Johannes  von  Büttincon^  1295  schließen. 

Das  Aufschnallen,  das  Befestigen  mit  Hülfe  von  Bändern  und  Schnüren 
kennt  schon  der  Dichter  des  Lanzelet.  Die  am  Kleinot  haftenden  Schnüre  wurden 
durch  die  zu  dem  Zwecke  am  Helme  angebrachten  Löcher^  gezogen  und  auf 
der  Innenseite  des  Helmes  zusammengeknüpft.  Dies  pflegte  kurz  vor  der  Schlacht 
zu  geschehen,  was  im  Trojanerkrieg  geschildert  wird: 


'  Hohenlohe,  Ueber  den  Gebrauch  der  heraldischen  Heluizierden  i.  M.  18G8.    Yergleichs- 
urkunde  des  Bischofs  Heinrich  von  Eegensburg  (1277  —  1296). 
-  Keinfrid  von  Braunschweig  Yers  1504. 
3  Abb.  z.  Zürcher  Urkuudenhuch  III,  S.  28. 
*  Siegelsammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft  Zürich. 
^  Yergl.  Abbildungen  von  englischen  Originalhelmen     The  Arch  Journal  XXII.    London. 


80  II-  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

29684    ouch  wurden  in  der  veste 
die  burger  werlich  funden. 
diu  zimier  uf  gebunden 
dö  wären  algemeine 
und  daz  gesmtde  reine 
geslifFen  unde  wol  geveget. 
Daß  das  Kleinot  auch  aufgesteckt  wurde,  beweisen  die  auf  dem  Dache  mit 
Spitzen  versehenen  Hehiie  auf  zwei  Reitersiegeln  des  Grafen  Budolf  des  Schweig- 
smnen  von  Habsburg  1245.^ 

Das  Aufschnallen  und  Aufstecken  eignete  sich  nur  für  kleinere  Figuren, 
größere  Kleinote,  wie  Schirmbretter,  hohe  Federbüsche  etc.,  bedingten  stärkeren 
und  festeren  Halt;  Hols-  und  Lederringe,  Kissen,  Wulste^  und  auch  Kronen'^ 
wurden  zu  diesem  Zwecke  um  das  Kleinot  herum  auf  den  Helm  gelegt.  Beispiele 
dieser  Befestigungsart  finden  sich  auf  dem  Rundsiegel  des  Joh.  von  Büttikon  1255 
und  auf  dem  Schildsiegel  des  Joh.  von  Büttihon  1291,  im  Manesse-Codex  u.  s.w. 
Tierbälge  pflegte  man  über  den  ganzen  Helm  zu  spannen  und  sie  seitlich 
ringsherum  zu  befestigen,  Beispiele:  Schildsiegel  des  Eberhard  Swagir  1296 
und  des  WaUher  von  Elgg  1268^  (Bärenköpfe).  Jedes  Helmkleinot  erforderte 
wieder  eine  besondere  Befestiguugsart,  die  sich  nicht  nur  nach  der  eigenen 
Beschaifenheit,  sondern  auch  nach  derjenigen  des  Helmes  zu  richten  hatte. ^ 

Kriegerische  und  künstlerische  Wirkung. 

Der  kriegerischen  Wirkung  des  Helmschmuckes  überhaupt  ist  schon  in  der 
allgemeinen  Einleitung  gedacht  worden.  Wir  resümieren  hier  nur,  daß  das  Kleinot 
den  Krieger  größer  erscheinen  ließ  und  ihm  ein  außergewöhnliches,  Furcht  er- 
regendes Aussehen  verlieh.® 

Für  uns  ist  der  künstlerische  Effekt  bedeutsamer.  Das  Helmkleinot,  an 
und  für  sich  schon  ein  reiches  Zierstück,  bildete  durch  die  Farbe  den  passenderen 
Abschluß  des  ganzen  farbenprächtigen,  ritterlichen  Frunkkleides,  als  der  silber- 
oder  goldglänzende  Helm.  Die  plumpe  Form  des  Topfhelmes  wurde  dadurch 
verdeckt,  erhielt  sogar  durch  die  schlanken  und  sich  gewöhnlich  nach  oben 
verjüngenden  Zimiere  ein  elegantes  Aussehen.  Welch  farbenprächtiges  Schau- 
si)iel  ein  also  zum  Streite  gerüstetes  und  geschmücktes  ritterliches  Heer  geboten 
hat,  sehen  wir  auf  der  Miniatur  des  Manesse-Codex,'^  welche  den  Grafen  Werner 
von  Homberg  mit  seinen  Dienstmannen  darstellt. 


'  Abb.  z.  Zürcher  Urkundoiibiicli  II,  S.  b  und  (>.  Ilelnio  auf  dem  Kästchen  von  Atting- 
husen.     Brandis,  Rotenburg. 

^  Kästchen  von  Attinghusen.     bandcnborg. 

3  Vergl.  S.  77. 

*  Abb.  z.  Zürcher  Ihkundenl)U(h  III,  S.  24. 

^  Vergl.  die  lleliiiabbildungcn  der  Weingartner  Liederhandschrift.  Ilerausgegebon  von 
Franz  Pfeiffer.  Bibliotliek  des  litt(>rarisclicn  Vereins  von  Stuttgart  V. 

"  Vergl,  zum  Beispiel  im  Manesse-Codex  die  Verteidigung  einer  Burg  durch  den  Düring, 
d<'r  gh'icli  einem  Indianerhäuptling  geschmückt  erscheint.    Bild  XLVl. 

'   Werner  roii   Ilotiiherrj,  Mitteilungen  der  Aiitiq.  Gesellschaft  in  Zürich,  XXIV.     ISdO. 


3.  Der  Helm.  81 

Rechtliche  Bedeutung. 

Eine  eigene  Bedeutung,  AA'ie  der  Wappenschild,  erhält  das  Helmkleinot  erst 
im  XIII.  Jahrhundert  und  zwar  speziell  im  römisch-deutschen  Reiche.  Der  Schild 
bleibt  immerhin  rechtlich  an  erster  Stelle,  aber  dem  Kleinot  wird  doch  eine 
solche  Wichtigkeit  beigemessen,  daü  es,  wie  der  Schild,  erblich  vom  Vater  auf 
den  Sohn  übergeht.  Während  das  älteste  Wappengedicht,  der  cUpearius  Teutoni- 
corum^  des  Zürcher  Chorherrn  Konrad  von  Mure  (1248 — 47)  nur  die  Schildbilder 
beschreibt  und  von  Helmzierden  nichts  erwähnt,  zeigt  das  aus  der  zweiten  Hälfte 
des  .Jahrhunderts  stammende  Kästlein  von  Attinglmsen^  neben  jedem  Schilde  den 
dazugehörigen  zimierten  Helm.  Auf  Siegeln  ^  kommen  Zusammenstellungen  von 
Helm  und  Schild  schon  im  ersten  Drittel  des  XIII.  Jahrhunderts  vor,  aber  die 
Verschiedenheit  der  Helmkleinote  ist  so  groß,  daß  sich  keine  bestimmten  Regeln 
über  ihre  Führung  aufstellen  lassen.  Die  Fresken  aus  dem  Turme  von  Erstfeld,^ 
deren  Entstehung  in  die  Wende  oder  in  die  ersten  Jahre  des  XIV.  Jahrhunderts 
fällt,  zeigen  den  Schild  jeweils  vom  Helme  überragt.  Die  gleiche  Zusammen- 
stellung findet  sich,  in  einigen  Beispielen,  auf  den  Miniaturen  der  Weingartner 
LiederJiandschrift.  ^ 

Es  liegt  nicht  im  Rahmen  dieser  Arbeit,  die  rechtliche  Bedeutung  des  Helni- 
kleinotes''  zu  beleuchten,  wohl  aber  diejenige  der  Brisüren,  denn  sie  hat  insofern 
auf  die  Formwandlung  eingewirkt,  als  durch  sie  Helm  und  Schild  zu  einem 
Ganzen,  zu  einem  neuen  Wappenbegriff,  vereinigt  worden  sind.^ 

c.  Brisüren. 

Die  Unterscheidung  der  Glieder  und  Linien  eines  Geschlechtes  durch  Ver- 
änderung der  Helmzimierden  ist  bei  uns  im  weitesten  Umfange  nachzuweisen. 
Die  Grafen  von  Kyhurg^  führen  einen  schwarzen,  mit  weißen  Lindenblättern 
behangenen  Busch   und  den  Pfauenstutz,    der  vom  Hause  Habsburg-Oesterreich 


'  V.  Liebenau,  Conrads  von  Mure  Clipearius  Teutonicorum.  Anzeiger  für  schweizerische 
Geschichte  Nr.  1,  1880. 

*  Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich  XXI,  Heft  5. 

3  Schildsiegel  des  Grafen  Hartmann  von  Kyburg  1234.  Zürcher  Urkundenbuch  I,  Fig.  15. 
Rundsiegel  des  Grafen  Hartmann  von  Kyburg  1239.  Zürcher  Urkundenbuch  I,  Fig.  14.  Rund- 
siegel des  Grafen  Eberhard  von  Habsburg  1266.  Zürcher  Urkundenbuch  III,  Fig.  4. 

*  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  258. 

5  Beschreibung  der  Wappen  bei  Zeller-WerdmüUer.  Denkmäler  aus  der  Feudalzeit  im 
Lande  Uri.  Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesellschaft  XLVIII. 

«  StröM,  G.  H.,  Heraldischer  Atlas  Taf.  19.     Stuttgart  1898. 

'  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik  und  Hauptmann,  Das  Wappenrecht.  Bonn  1896.  — 
Huber,  Max,  Archives  heraldiques  Suisses  1898,  3  und  4. 

*  Die  Grafen  von  Honberg  führen  als  Kleinot  eine  hohe  Bischofsmütze.  Werner  von 
Honberg  erbt  von  seiner  Mutter  Elisabeth  von  Rapperswil  die  Besitzungen  der  Grafen  von 
Rapperswil  1289  und  führt  das  Kleinot  derselben;  nach  seinem  Tode  gehen  die  Lande  samt 
dem  Kleinot  an  die  Grafen  von  Habsburg-Lauffenburg  über. 

9  Archives  heraldiques  Suisses  1888  S.  137,  1889  S.241.  Die  Erben  der  Kyburger  Kleinote 
von  G.  Ulrich  Stutz. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  " 


82 


II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz. 


XIII.  Jahrhundert. 


ererbt  wurde.  Das  gewöhnliche  Kleinot  der  Grafen  von  Hahsburg  ist  ein  roter, 
wachsender  Leu,  dessen  Rücken  mit  Kamm  und  Pfauenfedern  besteckt  ist.  Graf 
Gottfried  von  Hahshurg-Lauffenhurg  ^  führt  als  Vogt  der  Gräfin  Anna  von  Kyburg 
ein  aus  beiden  Wappen  zusammengestelltes  Kleinot,  ein  Schirmbrett  mit  dem 
wachsenden  Habsburgerleu,  besteckt  mit  dem  Lindenbusch  der  Ky burger.  ^  Die 
Söhne  König  Budolfs  von  Habshurg  führen  den  Pfauenstutz  (Kyburg)  mit  ge- 
kröntem Helm  auf  dem  Bindenschild  von  Oesterreich,  das  jüngere  Haus  Kyhurg- 
JBurgdorf  (Eljerhard  der  Tugendhafte  von  Habsburg  und  seine  Söhne)  einen  gelben 
wachsenden  Leu  mit  rotem  Rückkamm  (Habsburg)  auf  dem  Schilde  von  Kyburg. 
Die  Grafen  von  Hahsburg  -  Rappersivil  von  der  Lauifenburgerlinie  führen  das 
ererbte  Helmkleinot  der   alten  Grafen  von  Rapperswil,    zwei  weiße,    wachsende 

Schwanenhälse.    Die  Freiherren 

t/^|C\  von  Wissenburg  im  Simmenthai 
X  haben  einen  weißen  Turm  mit 
schwarzem  Busch  auf  dem  Helme, 
die  von  Blankenburg  (Simmen- 
thal)  eine  weiße  zweitürmige 
Burg  mit  schwarzen  Büschen 
besteckt.^  Die  Grafen  v.  Lupfen 
und  die  Freiherren  von  Küssen- 
berg haben  das  gleiche  Schildbild 
(blau-weiß  geteilt)  und  unter- 
scheiden sich  nur  durch  das 
Kleinot.  Die  von  Lupfen  führen 
einen  weißen  Schwan  mit  zwei  ausgespreizten  Flügeln,  die  von  Küssenberg  einen 
gelben  Becher."^  Die  Freiherren  von  Bechburg  haben  folgende  Zimierden  geführt: 
Rudolf  von  Bechburg  einen  Beutelstand  (1274),  Konrad  von  Bechburg  einen 
Baumzweig  (1255),  Heinrich  einen  gekrönten  Helm  mit  Spitzhut  und  Hahnen- 
federbusch, Hemmann  (1373)  einen  Flug  mit  dem  Wappenbilde.  Li  der  Wappen- 
rolle von  Zürich  erscheint  ein  weißer  S})itzhut  mit  schwarzer  Krampe  und  roter 
Kugel  auf  der  Spitze.  Die  Herren  von  Büttihon  führten :  Schirmbrett  mit  Wappen- 
figur und  Kugelbesatz  (1253),  zwei  mit  Hahnenfederbüschen  besteckte  Stangen 
(1295)  und  einen  flachen  Pilgerhut  mit  zwei  Flügeln  (1303).  Die  schon  früher 
erwähnten  Grafen  vonNidau  haben  einen  gekrönten  Jungfrauenrumpf  mit  Wappen- 
wiederholung, die  Grafen  von  Arberg  eine  spitze  Mütze  mit  Wappenwiederholung 
und  Blumen  oder  Kugel  besteclct  und  die  Grafen  von  Straßberg  zwei  mit  Lindeu- 
blättern  besteckte  Hörner.  ^ 


V.  Arberg. 


V.  Nidau. 
Fig.  51.    Helmbrisüren. 


V.  Neuenbürg. 


^  Archives  höraldiques  Suisses  1889  S.  2.'')(!. 
^  Vergl.  Figur  49,  Nr.  8  und  Siegeltafel  1,  Fig.  1. 
3  Aus  den  Malereien  im  'Punne  zu  Erstfeld. 
«  Vergl,  Zürcher  Wai)pcnn)lle  Fig.  118.  227, 

^  Als    kurze   Spezialahluuullung    üher  Helme    sei    erwilhnt    i\  Essenwein,   Die  Helme    im 
germanischen  Museum.     Nürnberg  1892. 


4.  Die  Fahne. 


83 


4.  Die  Fahne. 


Die  Verleihung-  eines  Lehens  durch  Uebergabe  einer  Fahne '  an  den  zu 
Belehnenden  zu  versinnliildlichen,  ist  uralt  und  hat  bis  tief  ins  Mittelalter  hin- 
ein, wenigstens  für  die  Investitur  weltlicher  Fürstentümer,  fortbestanden.  Diese 
Fahnen  mußten  aber  einfarbig^  sein  und  fallen  also  hier  außer  Betracht. 

Die  lustigen  Speerfiihnlein  ^  mit  langen,  flatternden  Wimpeln,  die  wir  im 
XII.  Jahrhundert  kennen  gelernt  haben,  sind  wohl 
aus  Mangel  an  Material  im  XIII.  Jahrhundert  bei 
uns  nicht  nachzuweisen.  Die  in  der  ersten  Hälfte 
des  Jahrhunderts  vorwiegende  Form  ist  die  drei- 
lappige Speerfahne.*  Sie  ist  von  rechteckiger 
Form,  mit  der  kürzeren  Breitseite  an  dem  Speere 
festgemacht  vmd  endigt  hinten  in  drei  lange,  mit 
Fransen  besetzte  Lappen.  Sie  trägt  gewöhnlich 
kein  Wappenbild,  sondern  Knöpfe  und  aufgenähte 
Schnüre^  zum  Schmucke.  Auf  dem  Reiterrund- 
siegel des  Herzogs  Heinrich  von  Schwaben^  ist  sie 
mit  den  drei  Leoparden,  dem  Wappenbilde  des 
Herzogtums,  belegt,  auf  den  Reiterrundsiegeln  des 
Grafen  Hugo  I.^  (1214)  und  Hugo  IL  von  Montfort 
(1255)  mit  Knöpfen  und  Schnüren.  Sie  erscheint 
noch  1271  auf  einem  Reitersiegel  des  Grafen  Hugo 
von  Werdenberg, ^  obwohl  die  neue  Fahnenform 
schon    allerorts   bekannt  war.     Die  Gründe  einer 

Aenderung^  mögen  einerseits  dadurch  bedingt  worden  sein,  daß  sich  die  langen, 
flatternden  Wimpel  in  den  mannigfachen  Helmkleinoten  verfangen  mußten,  ander- 
seits aber  in  der  Entwicklung  der  Kleidermode  und  in  der  Tendenz,  das  Wappen- 
bild auf  der  Fahne  so  anzubringen,  daß  es  stets  sichtbar  war.^*^  Daher  bildet 
das  neue  Fahnentuch  eine  steife  und  auch  beim  stärksten  Windzug  vollständig 


Fig.  52.     Hülfskleinot  mit  Schildbild. 
V.  Attinghusen. 


'  Aeltestes  Mosaik  im  Triclinium  des  Vaticaus,  die  Uebergabe  einer  Fahne  an  Karl  den 
Großen  dnrch  S.  Peter  darstellend.  Stäche,  Deutsche  Geschichte  I,  S.  185.  Gutersohn  und  Knapp, 
Die  Basiliken  Roms  Taf.  43.  —  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  291. 

^  Abbildung  eines  Fahnenlehens  aus  dem  Sachsenspiegel,  sowie  der  einzelnen  Fahnen. 
Stäche,  Deutsche  Geschichte  I,  S.  .524.  528.  529. 

^  Vergl.  Pergamentcodex  des  Petrus  de  Ehulo  in  Bern,  II,  S.  23  ff. 

*  Vergl.  Die  Reitersiegel  auf  Siegeltafel  1. 

^  Miniaturen  (Herrad  von  Landsberg  und  Lesebuch  von  Muri). 
®  Abb.  z.  Zürcher  Urkuiulenbuch  I,  S.  6. 
^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  II,  S.  21. 

*  Fürstenbergisches  Urkundenbuch  V,  Fig.  12. 

^  V.  Knobelsdorff,  Die  deutschen  Feldzeichen  der  Vorzeit  1896.    Kleeblatt  1896. 
^°  Viollet-le-Duc,  Dictionnaire  raisonne  du   Mobilier  fran^ais,  V,  S.  174.  175.  —  Gautier, 
Leon,  Le  chevalerie.  Paris. 


84  II-  Teil :  Geschiclite  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII,  Jahrhundert. 

sichtbare  Fläche,  ein  schmales,  hochgestelltes  Rechteck,  das  mit  der  um  mehr 
als  das  Doppelte  messenden  Langseite  durch  Ringe  an  dem  Speerschafte  befestigt 
ist.     Es  ist  dies  die  Grundform  der  weltlichen  Fahne. 

Je  mehr  wir  dem  Laufe  der  Zeit  folgen,  desto  mehr  verbreitert  sich  das 
schlanke  Rechteck.^  Im  Manesse-Codex  ist  die  Längsseite  noch  doppelt  so  lang 
als  die  Breite,  in  der  Zürcher  Wappenrolle  ^  wie  5  :  4  und  zur  Zeit  der  Schlacht  bei 
Sempach  erscheinen  die  Fähnlein  des  Adels  und  der  Eidgenossen  in  quadratischer 
Form.^  Sphragistisch  ist  die  neue  Fahuenform  zuerst  auf  einem  Reitersiegel  des 
Grafen  Gottfried  von  Hahshurg-Lauffenhurg^  von  1271  nachzuweisen  (mit  dem 
Leu),  ferner  auf  dem  Reitersiegel  des  Grafen  Hugo  IL  von  Werdenherg  1281^ 
(Kirchenfahne)  und  in  dem  Manesse-Codex. 

Gewöhnlich  wird  das  Schildbild  auf  der  Fahne  wiederholt,  oder  zum  min- 
desten   die    im    Schilde    angebrachten    Farben.''     Der  Dichter    des   Reinfrid   von 
Braunschweig  erzählt  nach  Beschreibung  der  Schilde  und  Kleider: 
768    die  baner  man  ouch  glasten  sach 
na  dem  selben  glänze. 
Das  Fahnentuch  war  aus  Sammet  oder  Seide,  jedenfalls  aus  schwerem  Stoffe, 
die  Bilder  konnten  ausgeschnitten  und  aufgenäht,   gewoben,    gestickt  oder  auf- 
gemalt werden.    Einige  Stellen  aus  den  Werken  des  Meisters  Konrad  von  Würz- 
burg schildern  die  auf  verschiedene  Art  hergestellten  Fahnen: 
Trojanerkrieg  30040 : 

Vorn  üf  dem  wagene  was  ein  vane 
gesteeket,  der  schein  grüene 
imd  was  ein  löuwe  küene 
von  blawer  siden  drin  geweben. 
30841.    Der  Bannerträger  Hektors  trug  eine  Fahne: 
der  mit  golde  was  gebriten 
unde  ein  loüwe  drin  gesniten 
von  samite  rosenrot. 
Das  Fanner  des  Achilles  30862: 

daz  was  ein  brüner  samit 
und  swebte  drinne  ein  blanker  swan. 
Auf  das  steife  Fahnentuch  zielt  vielleicht  die  Stelle  im  Partonopier  undMeliur: 
13087    ....  und  hiene  daräne 

ein  harte  wunnecliche  vane. 
der  von  zendale  was  sresniten. 


'  Auch  im  Codex  Balduini  zeigen  die  Fahnen  ein  ähnlidies  Verhältnis. 
"^  Zürcher  Wa])pcnrolle  Taf.  25,  die  Bistümer  des  hl.  römischen  Reiches. 
^  Die    alten    Panner    der   schweizerischen  Urkantone.     Mitteilungen    der    Y\nti(iuarischen 
Gesellschaft  in  Zürich.    II.  Band,  lU.  Heft,  1843. 

*  Schlechte  Ahhildung  hei  Zecrlcder,  Berner  Urkiuideiiliuch,  S.  f^H.  214. 
^  Fürstenhergisches  Urkundenhuch  V,  Fig.  21. 

*  Fahnenhilder,  die  von  dem  Schilde  ganz  verschieden  sind,  kommen  aher  schon  seit  alter  Zeit 
vor,  so  hei  dem  Hause  Ilohenlohe,  vergl.  ] lohcnlolie -Waldenhur;/ ,  Die  Holienloheschen  Hausfarben. 


5.  Die  kriegerische  Ausrüstung.  g5 

Das  ueue  Faliuentuch  ist,  wie  die  dreilappige  Fahne,  mittelst  Ringen  oder 
zwei  bis  sechs  Schnüren^  an  den  Speer  angehäugt  worden.  Die  Speerschäfte 
waren  gewöhnlich  farbig  bemalt,^  vielleicht  ebenfalls  in  den  Wappenfarben. 
Ein  einfarbiges  Beispiel  ist  bei  Konrad  von  Würzburg,  Partonopier  und  Meliur 
13084  erwähnt,  nämlich  rotlsemalte  Lanzen. 

Beschrieben  werden  die  Fahnen  häufig  in  den  Werken  der  Dichter,  denn 
sie  bilden  neben  den  reichen  Kleidungen  und  Pferdedecken  einen  der  farl^en- 
prächtigsten  Faktoren  der  mittelalterlichen  Schlacht. 

Zum  Schluße  eitlere  ich  noch  zwei  Stellen,  die  sich  über  die  Farbenpracht 
und  über  das  Senken  der  Fähnlein  zum  Angriffe  auslassen:  Trojanerkrieg  8(5874: 

die  vanen  brün,  gel  unde  rot 

wiz,  grüeiie  und  als  ein   läsür  bla 

die  sach  man  unde  hörte  da 

snurren  saiu  daz  segeltuoch. 
Partonopier  und  Meliur  21342: 

diu  banier  gel  unde  grüene 

wiz,   rot,   brün  unde  bla  gevar, 

die  wurden  beidenthalben  dar 

geneiget  und  diu  starken  sper. 
Dann  stürmten  die  Scharen  aufeinander. 


5.   Die  kriegerische  Ausrüstung. 

a.  Waffenrock,  Helmdecke  und  Kovertiure. 

Die  Anbringung  der  Wappenfiguren  erstreckte  sich  nicht  l)loß  auf  Schild, 
Helm  und  Fahne,  sondern  auch  auf  die  übrigen  Bestandteile  der  kriegerisclien 
Ausrüstung,  deren  Material  einen  solchen  Schmuck  zuließ. 

lieber  dem  Panzer,  der  immer  noch  aus  Ringen  und  Schuppen^  bestand, 
trug  man  einen  ärmellosen  Rock,"^  den  „Schapperun'',  welcher  vorn  und  hinten 
am  untern  Saume  geschlitzt  und  zuweilen  auch  an  den  Seiten  offen  war. 
Er  sollte  den  Panzer  vor  allzustarker  Erhitzung  und  die  Augen  vor  dem  blen- 
denden Glänze  des  Metalles  schützen,  wurde  aus  kostbarem  Stoffe  hergestellt, 
farbig  gefüttert,  an  den  Säumen  oft  ausgezackt  und  mit  den  Schildbildern 
verziei't,    die    hineingewobeu ,    aufgenäht    oder    aufgestickt    worden    sind.     Das 


^  Gull,  Reiterrundsiegel  des  Grafen  Rudolf  von  Montfort-Feldkircli,  S.  17.  Ein  Beispiel 
für  das  Aufmachen  des  Fahnentuches  vor  der  Schlacht  gibt  Schulz,  Höfisches  Leben  II,  S.  23. 
Perceval  11297,  Une  ensagne  i  ot  bien  brodee  de  ses  armes  toutes  fresse,  J  fremerent  ä  claus 
d'or  fin. 

^  Trqjanerkrieg  30977,  Partonopier  und  Meliur  13109. 

^  Hottenroth,  Trachten  der  Völker  II,  S.  75. 

*  Demay,  Le  costume  d'apres  les  sceaux,  S.  109  ff.  Wapenkleit  und  Kursit  sind  gleich- 
bedeutend. 


36  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

ritterliche  Kleid  zeigte  nicht  selten  Bortenbesatz, ^  wie  das  weibliche  Gewand 
dieser  Epoche.  Gegen  Ende  des  Jahrhunderts  erhielt  der  Waffenrock  weite,  bis 
auf  die  Ellbogen  herabhängende  Aermel  und  eine  immer  farbenreichere  Aus- 
schmückung, die  im  XIV.  Jahrhundert  ihren  Höhepunkt  erreicht.  Das  Wappen- 
bild ist  anfangs  frei,  wie  auf  Helm,  Schild  und  Fahne,  auf  den  Stoff  gesetzt 
worden  und  zwar  in  sehr  geringer  Anzahl,  je  nach  dem  gebotenen  Räume. 
Erst  später,  nachdem  der  Kampfschild  nicht  mehr  nur  als  Träger  des  Wappen- 
bildes angesehen  wurde,  sondern  als  unzertrennliche  Umrahmung  desselben,  d.  h. 
mit  andern  Worten,  als  der  Begriff  des  heraldischen  Schildes  aufkam,  besetzte 
und  bestickte  man  das  Kleid  mit  Wappenschilden.  Uebrigens  kommen  z.  B.  im 
Manesse-Codex  die  beiden  Arten  heraldischer  Ausschmückung  neben  einander  vor 
(Hartmann  von  Aue  und  Graf  Werner  von  Honberg).  Auch  einfarbige  oder 
mehrfarbige  Röcke,  in  den  Farben  des  Schildes,  sind  getragen  worden. 

Ueber  die  Herstellung  des  Waffenrockes,  welche  gleich  wie  bei  den  Fahnen 
und  den  später  zu  besprechenden  Pferdedecken  von  statten  ging,  geben  uns  die 
Dichter^  erwünschten  Aufschluß.     Gewobene  Kleider  werden  beschrieben: 
Partonopier  und  Meliur,  Vers  15126,  der  Kaiser  von  Rom: 

mit  golde  waren  sinin  kielt 

gezieret  und  beschcenet. 

der  adelar  gekrönet 

mit  swarzer  siden  was  darin 

geweben  und  gab  liebten  schin. 
Vers   13134    der  könig  über  franzeise  lant 

der  hete  wäpenkleider  an 

mit  eime  purper,  der  was  bla, 

beströwet  hie,  dort  unde  da 

mit  liljen  rot  von  golde. 

Trojanerkrieg:  Das  Wappenkleid  des  Griechen  Pbäades. 
32512    den  beten  werde  vrouwen 

nach  hohem   prise  dar  gesaut 
unde  üz  sidin  mit  ir  hant 
al   siniu  wapenkleit  geweben. 
von   wilden  tieren  und  von  reben 
mit   o^olde   waren   wol   zernat. 


*  Die  Figur  des  Grafen  von  Pend)rnke  auf  einem  Sarkophage  in  Westmwster-AJiheii  trägt 
einen  feltigen,  bis  über  die  Kniee  reichenden  Wat^'enrock,  der  mit  kleinen  Eroncewappenschilden 
heset/t  und  an  den  Säumen  (Koi)t'-,  Arm-  uiul  Handloch)  mit  reichen  Filigranborten  verziert  ist. 

^  Im  britischen  Museum  befindet  sich  ein  Stück  Originalstolf  von  zirka  1260  mit  appli- 
zierten Wappentiguren  des  William  de  Forz,  Earl  of  Albermale  (gevehtes  Achteckkreuz)  und 
seiner  Gattin  J]lisabetli  von  lledwers,  Griltin  von  Devon  (in  gelb  ein  blauer  Leu).  Die  einzelnen 
Stücke  sind  aus  farbiger  Seide  ausgeschnitten  und  mittelst  der  Kontouren  aufeinander  genäht. 
Auf  weitiem  Grund  erscheinen  die  Kiguren  mit  scliwarzer  Kontour  ( Wai)penscliild  uiul  freies 
Kreuz),  der  blaue  Leu  in  gelb  mit  roter  und  die  Dctuils  im  Idaucn  Leu  mit  gcllicr  Seide  genäht. 
Ycrgl.  The  Archieological  Journal  XVIII,  S.  87. 


5.  Die  kriegerische  Ausrüstung.  37 

Einfarbige  Kleider  mit  aufoeuäliteii  Figuren: 

32738    der  fuorte  ein  blankez  wafenkleit 
gesniten   von  hermine  vrisch, 
da   ruf  geströuwet  nianic  visch 
von  schinäte  (Sammet)  lühte, 
der  swarz  geverwet  dühte 
reht  als  ein  zitic  brämber  (Brombeere) 
und   39818    sin  wapencleit  mit  fäwen 

stuont  wunneclichen  überleit, 
die  waren  iif  ein  tuoch  gespreit, 
daz   was  ein  gelwer  samit. 

Eine  Reihe  der  genannten  Stoffe  tragen  fremde  Namen  und  weisen  darauf 
hin.  daß  sie  aus  dem  Orient  bezogen  worden  sind. 

Die  Bedeckung  des  Panzers  durch  den  Wafifenrock  entspricht  derjenigen 
des  Hehnes  durch  das  Hehntuch.  Es  ist  zwar  schon  des  Entschiedensten  be- 
stritten ^  worden,  daß  die  Hehntücher  zur  Zeit  der  Kreuzzüge  aufgekommen 
seien,  aber  wenn  wir  au  die  moderneu  Truppen  der  europäischen  Völker"  in 
tropischen  Ländern  denken,  so  erscheint  die  gegenteilige  Annahme  als  ebenso 
glaubwürdig.  Ob  nun  die  im  XIII.  Jahrhundert  auftauchende  Helmdecke  eine 
Remiuiscenz  jener  alten  Helmtücher,^  oder  ob  sie  eine  Erfindung  des  stets  nach 
größerer  Entfaltung  strebenden  Prunkes  sei,  fällt  hier  auL^er  Betracht.  Die 
künstlerische  Wirkung,  um  die  es  sich  handelt,  muß  aber  eine  recht  große 
gewesen  sein.  Die  Decke*  beseitigte  die  steife  Linie  von  Hals  und  Helm,  und 
verband  das  hoch  auf  dem  Helme  trouende  Kleinot  mit  der  übrigen  Ausstattung 
des  Reiters  zu  einem  harmonischen  Ganzen.  Wenn  gleich  die  Helmdecke  bei 
Dichtern^  schon  1212  erwähnt  wird,  so  scheint  sie  mir  eher  ein  Zeugüberzug 
zu  sein.  Erst  in  Partonopier  und  Meliur^  wird  sie  als  hinter  dem  Helme  fliegend 
beschrieben.  Mit  der  Annahme,  daß  die  Helmdecken  bei  uns  nach  der  Mitte 
des  Jahrhunderts  aufgekommen  seien,  würden  sich  die  sphragistischen  Nachweise 
decken.  Zum  erstenmale  erscheint  sie  auch  in  dem  schon  mehrfach  citierten  Reiter- 


^  Hohenlohe,  Ueber  den  Gebrauch  der  Helmzierden.  —  Sei/ler,  Gesch.  der  Heraklik, 
Seite  206. 

-  V.  Hefncr-AJtenecJc,  Tracliten-Miniature  aus  dem  Machsnr.  XIII.  Jalu-lunuUn-t.  Uni- 
versitätsbibliothek in  Leipzig. 

^  Dernay,  Le  costume  d'apres  les  sceaux,  S.  226. 

*  Vergl.  z.  B.  das  Reitersiegel  des  Grafen  Gottfried  von  Habsburg  1271  mit  Decke  und 
dasjenige  des  Grafen  Hugo  von  Werdenberg  1281  ohne  Decke,  oder  die  beiden  bei  Seyler  ab- 
gebildeten Reitersiegel  zweier  Grafen  von  Fürstenberg. 

^  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  207. 

*  Lanzelet,  die  Decke: 

die  sach  man  schone  fliegen 

binden  von  dem  Helme  dane ; 

da  hiengen  riclien  väsen  (Fransen)  ane 

üz  golde  >v61  gespunnen. 


88  II.  Teil:  Geschiclite  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

Siegel  des  Grafen  Gottfried  von  Habshurg-Lauffenhurg^  (1271),  als  langes, 
fliegendes  und  in  zwei  Zipfel  endigendes  Tuch,  ferner  1283  auf  dem  Reitersiegel 
des  Grafen  Heinrich  von  Fürstenberg.  Bildlicher  Schmuck  ist  auf  keiner  der 
beiden  Decken  zu  sehen ;  er  scheint  erst  im  XIV.  Jahrhundert  in  Mode  sre- 
kommen  zu  sein.^ 

Die  Pferdedecke  oder  Kovertiure  (Couverture)  ist  wie  der  Waffenrock  und 
die  Helmdecke  aus  kostbaren  Stoffen  hergerichtet  worden. 
Konrad  von  Würzburg  sagt  im  Trojanerkriege: 
Yers  33438    da  wart  von  riehen  tuochen 
engenzet  manic  kovertiur. 
Kuvertiure^   hieß    schon    das    im    XII.  Jahrhundert    gebräuchliche    Pferde- 
rüstkleid,*    welches    aus    einem    getrennten  Vorder-    und   Hinterstück    bestand, 
die    beide    mit    Schuppen    oder    Ringen    besetzt    waren    und    an    den    Sattel 
festgeschnürt    wurden.       Im    XIII.    Jahrhundert    übertrug     man     den     Namen 

des  Rüstzeuges  auf  den  Ueberwurf,  die  reiche 
Pferdedecke,^  welche  ebenso  wie  jenes  geteilt  und 
vorn  geschlitzt  war.^  Da  diese  Decke  aus  schweren 
Stoffen  und  zudem  noch  gefüttert  war,  so  wurde  sie 
auch  ohne  die  eiserne  Unterlage  verwendet  und  scheint 
dieselbe  im  Laufe  des  Jahrhunderts  verdrängt  zu 
Fig.  53.   Kopfdecke  des  Pferdes        haben.    Sphragistisch  uacliweisbar  ist  sie  zuerst  auf 

nach  Miniature. 

französischen  Siegeln,'  schon  1217  und  1223,  1224 
und  erscheint  auf  allen  drei  Reitersiegeln  mit  heraldischen  Bildern  bedeckt.  Der 
erste  Nachweis  in  unseren  Gauen  findet  sich  auf  zwei  Reitersiegeln  der  Grafen 
Hugo  von  Moni f ort  ^  und  Rudolf  von  Montfort-Feldkirch  vom  Jahre  1255.  Die 
Pferdedecke  trägt,  übereinstimmend  mit  den  französischen  Beispielen,  auf  Vorder- 


1  Als  erstes,  bekanntes  sphragistisches  Beispiel  galt  bis  jetzt  das  Reitersiegel  des  Grafen 
Heinrich  von  Fürstenberg  von  1281. 

^  Reiterrundsiegel  Konrad  I.  von  Lichtenberg,  f  1294,  fliegende  Helmdecke.    Abb.  Siegel- 
samnilung  des  Mannheimer  Altertüraervereins.     Mannheim  1897. 
3  Hottenroth  II,  S.  30.  31. 

■*  Ulrich  von  Zatzikhoven  beschreibt  die  beiden  Decken  im  Lanzelot: 
4414     Sin  ros  mit  einer  isern  kovertiure 
Was  bedaht  uf  den  strit 
Darobe  lac  ein  samit 
(lewohrt  grüene  als  ein  gras 
Sin  wäfen  oucli  dar  an  was 
Rote  lewen  von  golde. 
«  Hottenroth  IL     S.  30.  31. 

"  Das  Vorderteil  (Brustenier)  kommt  auch  allein  als  Bekleidung  von  Kopf  nnd  Hals  vor, 
z.  B.  in  der  Geschichte  Alexanders  (Bruxelles)  gelb  mit  schwarzem  Adler  (Pferd  des  Königs). 
Der  hintere  Teil  der  Decke  heißt  croupiere. 

'  Dcmaj/,  S.  180,  r'liäteauroux,  Sen^fchal  d'Anjou,  Montmorency. 

**  Gtdl,  Die  Grafen  von  Montiert  S.  13  und  17.  —  Die  Beziehungen  dieses  Grafenhanses  zu 
den  iKidsclien  Kreisen,  seine  tonangebende  Wirksamkeit  auf  litterariscliem  Gebiete,  stellt  es  auch 
mit  d(!r  Einfüluiing  von  Neuerunifen  in  den  Vordergruiul. 


5.  Die  kriegei-isclie  Ausrüstung.  g9 

und  Hinterstück  eine  einmalige  Wiederholung  der  dreilappigen  Fahne,  des  gräf- 
lichen Schildbildes,  die  nach  den  gleichen  Raumverhältuissen,  wie  im  Schilde, 
wohl  aus  rotem  Stoffe  auf  die  gelbe  Decke  aufgenäht  war.  Gleiche  Anordnung 
des  heraldischen  Schmuckes  zeigen  zwei  weitere  Reitersiegel  dieser  Grafen  von 
1270  und  1293,^  ferner  diejenigen  der  Grafen  Hugo  I.  von  Werdenherg^  1264 
(weiße  Fahne  in  rot),  des  Grafen  Gottfried  von  Habsburg -Lauffenburg  1271 
(weißer  Leu  in  gelb),  des  Grafen  Ulrich  von  Moni  fort- Bregens  (1278),^  der  im 
Schilde  den  Bregenzer-Löwen,  auf  der  Pferdedecke  dagegen  die  angestammten 
Montforterfahnen  führt  und  des  Freiherrn  Diethelm  von  Wolhusen^  (rote  zwei- 
türmige  Burg  in  weiß).  Die  Deckenenden  des  Vorder-  und  Hinterstückes  reichen 
bis  auf  die  Pferdehufe  und  sind  in  den  Siegeln  fliegend  dargestellt.  Pferde- 
decken mit  figürlichen  Darstellungen  sind  schon  vereinzelt  in  der  Handschrift 
des  Petrus  de  Ebulo  in  Bern  zu  finden.  Die  einfache  Wiederholung  des  Schild- 
bildes entsprach  der  natürlichen  Anschauung,  daß  dasselbe  auch  außerhalb  des 
Schildes,  auf  Helm,  Fahne  und  Kovertiure  als  heraldisches  Abzeichen  gelten 
müsse.  Erst  nachdem  der  Kampfschild  nicht  mehr  allein  als  bevorzugter  Träger 
des  Bildes  galt,  sondern  als  die  zum  Begriffe  des  Wappens  gehörende,  untrenn- 
bare Umrahmung  angesehen  wurde,  sind  die  Wappenbilder  in  Schilden  auf  die 
Stoffe  genäht  und  gestickt  worden.  An  Stelle  eines  jeden  Schildbildes  tritt  nun 
vorerst  je  ein  Wappenschild.  Derart  verzierte  Kovertiuren  zeigen  die  Reitersiegel 
des  Grafen  Hugo  IL  von  Werdenberg  1281^  (Fahne)  und  des  Grafen  Diebold  von 
Pßrt  1283^  (zwei  gelbe  Fische  in  rot).  Die  Anbringung  verschiedenartiger 
Wappenschilde  auf  der  Decke  gehört  schon  dem  XIV.  Jahrhundert  an,  ich  nenne 
nur  das  Siegel  des  Grafen  Hugo  HL  von  Werdenberg-Heiligenberg'^  von  1310, 
der  auf  dem  Vorderstück  die  schwarze  Stiege  von  Heiligenberg,  auf  der  hintern 
Hälfte  aber  die  Montforterfahne  im  Schilde  führt.  Die  Miniaturen  des  Manesse- 
Codex  zeigen  uns  Beispiele  der  beiden  heraldischen  Verzierungsarten,  ohne  Schild- 
umrahmung z.  B.  die  Ausrüstung  des  Ritters  Hartmann  von  Aue,  mit  Schilden 
besät  das  Gewand  und  die  Pferdedecke  des  Grafen  Werner  von  Honberg. ^  Die 
reichste  Ausschmückung  erhielten  die  Kovertiure  und  der  Waffenrock  durch  das 
sog.  „Bestreuen  oder  Besäen"^  mit  den  bloßen  Schildfiguren  oder  den  heraldischen 
Schilden,  das  wohl  dem  XIII.  Jahrhundert  angehört,  aber  bei  uns  nielit  nach- 
gewiesen werden  kann.^" 


1  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  25. 
^  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  17.  18. 
3  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  20. 

*  Zeller -Werdmüller,  Das  Kästchen  von  Attinghusen. 
5  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  28. 

*  Basler  Urkundenbuch,  Band  I,  Fig.  88. 
">  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  30. 
^  Abb.  im  Manesse-Codex,  Bild  17. 

"  Abb.  im  Manesse-Codex,  Bild  8.    Der  Herzog  von  Anhalt. 

^°  Reiterrundsiegel  des  Grafen  Louis  V.  von  C!hiny  1294,  franz.  Lilienstoff  und  deutscher 
Kaisermantel  (mit  Adlern). 


90 


II.  Teil :  Geschichte  der  Heraldik  in  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 


Die   technische  Behandlung  bei  der  Herstellung  ist  ganz  genau  dieselbe, 
wie  beim  Kleide,  nur  daß  in  diesem  Falle  schwere  Stoffe  den  Vorzug  erhielten 
und   die  Innenseite   mit  Pelz  oder  andersfarbigem  Stoffe^  ausgeschlagen  wurde. 
Im  Trojanerkrieg  wird  die  Kovertiure  des  Patrokus  beschrieben: 
30925    und  lac  üf  im  ein  samit, 

daz  man  bi  keiner  järe  zit 
so  tiuren  pheller  nie  gesach. 
daz  edel  und  daz  riche  lach 
schein  noch  grüener  denne  ein  kle. 
ez  wart  geworht  ze  Tasrae 
vern  in  der  beiden  landen 
und  was  von  wibes  banden 
vil   roter  grifen  drüf  genät. 
Partonopier  20534    sin  deck  und  oucb  sin  wäpenroc 
waren  beidiu  wiz  bermtn. 
von  roten  kelen  was  dar  in 
ffesniten  mance  adelar. 


b.  Gügerel,  Sattel,  bereite  und  Achselscliilde. 

Die  Kopßierde  des  Pferdes  „der  GügereV'  ist  im  XIII.  Jahrhundert  in 
französischen  Miniaturen^  zu  finden  und  im  XIV.  auch  im  Manesse-Codex.  Er 
bestand  in  einer  Wiederholung  des  Helmkleinots,  sofern  es  anzupassen  war  (also 


Fig.  54.     Kopfzierde  der  Pferde. 


Fig.  55.    Bemalte  Sättel. 


Federbusch,   Schirmbretter  etc.)   oder  des  ganzen  Helmes  mit  Zimier  (Manesse- 
Codex  Taf.  59). 

Auch  der  Sattel  des  gewappneten  Reiters  trug  heraldischen  Schmuck  und 
zwar  durch  Anln-ingung  des  Wappenbildes  auf  den  Seiten  der  hohen  Rücklehne 
(hinterer  Sattelbogen)  in  Malerei  oder  durch  Ueberziehen  des  Holzes  mit  Stoff.'' 


'  Vergl.  Manesse-Codex,  Bild  V.    Herzog  von  Breslau. 

2  Clirnnique  de  France  jusqu'ä  l'an  1259  (kgl.  BiljJiotliek  in  Bru.xolles),  liohc,  sclnnale 
Schiniilirctter,  blau  oder  weiß  und  rot  bemalt. 

^  Vraie  liistoire  d'Ale.xaudre.  (Vorgl.  BiltliotliiMiuc  Ihuxi'llcs.)  Die  Rücklehnen  der  Sättel 
sind  l)ei  d<Mi  WapiJCiifülu'ciideii  Personen  durchwegs  mit  dem  Schildbilde  bemalt.  ]\IiMiature 
des  Herrn  von  Savene,  Weingartner  Liederhandsclu'ift.  I''erner  auf  dem  lieiterrundsiegel  des 
Balduin,  Grafen  von  Guines  r2.'55.    {IJeuHuj,  S.  17iJ.) 


5.  Die  kriegerische  Ausrüstuiiff. 


91 


Ulrich  von  Lauzelet  1(51,  7: 

Die  setel   waren  silberwiz 

Von  wizem  tuch  man  drüber  sneit 

Lanc  und   wit  vil  meisterlich. 

Wir  gellen  kaum  fehl  mit  der  Annahme,  daß  das  Gereite  (Zaum-  und  Riemen- 
zeug), wenn  es  irgend  möglich  war,  in  den  Farben  des  Wappens  angefertigt  wurde.  ^ 
„Das  Gerayde  war  grüner 
Sammet  und  roter  Cyclat."- 

Den  Schluß  in  der  Reihe 
der  wappentragenden  Teile 
einer  ritterlichen  Ausrüstung 
bilden  die  zeitlich  zuletzt 
nachweisbaren  Achselstücke, 
die  sog.  Ailettes  oder  ÄchseJ- 
sehilde.  Ihrer  Bestimmung, 
die  Schultern  zu  schützen, 
entspricht  die  räumliche  Aus- 
dehnung von  dem  untern 
Helmrand     bis      über      das 

Schultero-elenk-^  hinab.  Sie  erscheinen  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  in  Frankreich 
und  verschwinden  nach  einem  Zeiträume  von  50  Jahren  wieder.*  Die  Form  ist 
verschieden,  gewöhnlich  hoch- 
rechteckig oder  dann  kreisrund.  #y''^"^\ 
Es  ist  mit  Sicherheit  anzunehmen, 
daß  sie  aus  Eisenplatten  bestanden 
und  also  den  heraldischen  Schmuck 
durch  Bemalung  erhalten  haben. 

In  unserem  Lande  sind  mir 
nur  zwei  Beispiele  bekannt,  auf 
welchen  diese  Ailettes  vorkom- 
men, zwei  Grabmonumente  in 
Basel.  Das  eine,  in  der  ehe- 
maligen Johauniterkirche  zeigt  die  liegende,  gewappnete  Figur  des  Ritters 
Johann  su  Rhein  von  Häsingen,^  Bürgermeisters  von  Basel,  welcher  1307  starb 


Fig.  50.     Achselschilde  (nach  Miuiaturer 


Bechburg.  Heimenstein.  Maneße. 

Fig.  57.     Schildkleinot  (Wapisenrolle  von  Zürich). 


'  Im  Keiterruiidsiegel  des  Robert  de  Pissy  1230  sind  Satteldecke  und  Briistriemen  des 
Pferdes  mit  Ringen  verziert,  die  der  Ritter  auch  im  Schikle  führt.  {Demaij,  Le  Costnme,  S.  173.) 

2  San  Marie,  Waffenkunde,  S.  224  ff. 

^  Bemay  nennt  als  erstes  Beispiel  das  Siegel  des  Pierre  de  Chamblay  1294,  als  letztes 
dasjenige  Endes  IV.,  Herzogs  von  Burgund  1348.     In  Miniaturen  schon  früher  nachweisbar. 

*  Viereckige  Ailettes  in  „Les  miracles  de  Notre  Dame"  (Bruxelles),  viereckige  und  runde 
Ailettes  in  „Vraie  histoire  d'Alexandre",  z.B.  eckig:  blau  mit  goldener  Lanzenkrone,  rund: 
blau  mit  weißem  Schi-ägbalken,  ferner:  le  livre  des  sept  Sages  de  Rome,  Chronique  de  Fi-ance. 

*  Stüdcelberg,  Anzeiger  für  Altertumskunde  1S96,  S.  81  ff. 


92  II.  Teil:  Geschichte  der  Heraldik  iu  der  Schweiz.  —  XIII.  Jahrhundert. 

und  das  andere  im  Mün.ster  diejenige  des  Grafen  Hudölf  von  Tierstein  f  1308.^ 
Auf  beiden  Denkmälern  sind  die  Ailettes  liochrechteckig  und  tragen  das  Schild- 
bild, bei  dem  ersten  den  Löwen,  beim  zweiten  das  Tier  auf  dem  Berge, 

Wir  haben  schon  an  einzelnen  Vorkommnissen  dargethan,  wie  die  Aus- 
stattung des  Gewandes  stets  reicher  wurde,  je  mehr  wir  uns  dem  Ende  des 
XIII.  Jahrhunderts  nähern.  Die  Blütezeit  des  höfischen  Lebens  steht  im  engsten 
Zusammenhange  mit  dieser  Steigerung  des  Luxus  und  der  Farbenpracht,  welche 
die  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe  einführte  und  dieselbe  zum  beliebtesten  und 
bequemen  Dekorationsmotive  gestaltete.  Aber  auch  gerade  in  dieser  dekorativen 
Entfaltung  liegt  der  Keim  zum  Untergange,  denn  die  alte,  lebende  Kriegsheraldik 
verlor  ihre  vornehm-historische  Bedeutung  und  sank  zur  gehaltlosen  Schau- 
Heraldik  herab. 


1  Abgebildet  bei  Büchel,  Grabdenkmäler  von  Basel.  Manuskript  in  der  Universitäts- 
bibliothek daselbst.  —  Stückelberg,  Die  mittelalterlichen  Grabdenkmäler  des  Basler  Münsters. 
Basel  1896,  Fig.  4. 


-><5@e>-^ 


DPJTTER  TEIL. 
— =40 — 


Die  dekorative  AnAvendung  der  Heraldik 
in  Kunst  und  Gewerbe. 


-<38S^- 


1.   Das  heraldische  Dekorationsmotiv. 

Schon  zu  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts  sind  die  heraklischen  Bilder 
dekorativ  verwendet  worden  und  zwar  auf  den  in  den  Reitersiegehi^  erscheinenden 
Kovertiuren  oder  Pferdedecken.  Unter  Wappen  wurde  nur  das  bildliche  Abzeichen, 
das  Schüdhüd  verstanden,  dessen  bevorzugter  Träger  der  Schild  war.  Wappen- 
fahne, Wappenkleid  und  Wappensiegel  wurden  mit  diesem  Bilde  versehen  und 
konnten  die  Person  ebenso  gut  identifizieren,  als  der  Schild  es  zu  thun  vermochte.^ 

Das  freie  Schildbild  ist  also  das  einfachste  heraldische  Dekorationsmotiv. 
In  formaler  Hinsicht  muß  bemerkt  werden,  daß  das  Bestreben,  den  gegebenen 
Baum  zu  füllen  und  die  optische  Wirkung  der  Farben  harmonisch  zu  gestalten, 
hier  ebenso  geherrscht  hat,  wie  beim  Schilde  selbst.  Größere  Flächen  sind  durch 
Wiederholungen  desselben  Bildes  dekoriert  worden,  aber  im  allgemeinen  gehört 
das  „Bestreuen  oder  Besäen"   der  Fläche   mit  Figuren   einer  späteren  Zeit  an.^ 

Nach  Verlauf  mehrerer  Jahrzehnte  sind  Schild  und  Schildbild  zu  einem 
unzertrennbaren  Ganzen  geworden.  Der  Begriff  des  Wappens  änderte  sich  in- 
sofern, als  die  Schildumrahmung  auch  da  zu  dem  Bilde  hinzutrat,  wo  es  sich 
nicht  um  Nachbildung  des  Kampfschildes  handelte,  sondern  nur  um  die  Dar- 
stellung des  Wappens.  Dieses  letztere  setzte  sich  nun  aus  dem  Schildbilde  und 
der  Umrahmung,  dem  sogenannten  heraldischen  Schilde  zusammen.  Wenn  auch 
dieser  neue  Begriff  im  Kunsthandwerk  bequeme  Verwendung  finden  konnte,  so 


'  Vergl.  II,  S.  88. 

-  Als  Beispiel  sei  der  französische  Lilienstoft'  erwähnt,  mit  welchem  sich  die  männlichen 
und  weiblichen  Angehörigen  des  Königshauses  bekleideten.  Vergl.  Hottenroth  II,  Trachten,  Taf.  72. 
3  Verg.  II,  S.  41. 


94 


III.  Teil:  Die  dekorative  Anweiiduncf  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


Fig.  58.    Minnekleinot 

Wappen  des  Grafen 

von  Saarbrücken. 


bedeutete  er  für  die  weitere,  dekorative  Wirkung  eine  Beschränkung,  indem  er 
das  durch  die  Verschiedenheit  und  Unregelmäßigkeit  des  Umrisses  lebhaft  wirkende 

Bild  in  eine  langweilige  und  sich  stets  gleichbleibende 
Umrahmung  hineinzwängte. 

Durch  häufiges  Wiederholen  des  Motives,  durch 
„Besäen"  und  „Bestreuen"  des  Feldes  mit  diesen 
Schilden,  suchte  man  den  Ausfall  der  Farben-  und 
Linienwirkung  zu  ersetzen.  Der  Schild  ist  stets  auf- 
recht, d.  h.  auf  der  Schildspitze  stehend,  dargestellt 
worden.^  Aber  er  hat  nicht  vermocht,  das  freie  Scliild- 
bild  zu  verdrängen;  die  neue  Form  ist  schließlich 
nur  da  beibehalten  worden,  wo  es  sich  um  eine 
Reminiscenz  an  den  Kampfschild  handelte,  also 
hauptsächlich  im  Wappensiegel. 

Mit  der  dekorativen  Wirkung  des  heraldischen 
Schildes  hat  die  Nachbildung  des  eigentlichen  Kampf- 
schildes nichts  gemein,  weshalb  sie  an  anderer  Stelle 
behandelt  werden  muß.  , 

Schon  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts 
waren  die  zimierten  Helme,  die  Helmkleinote,  in  ihrer 
Entwicklung  und  Bedeutung  so  weit  gediehen,  daß  sie 
im  heraldischen  Wappen  eine  Berücksichtigung  er- 
halten mußten.  So  ist  denn  der  Begriff  des  Wappens  von 
Neuem  erweitert  und  zu  der  bis  auf  den  heutigen  Tag 
gültigen  Zusammenstellung  ergänzt  worden.-  Er  um- 
faßte nun  den  Schild  mit  dem  Schildbilde  einerseits 
und  dem  Helm  mit  Kleinot  und  Helmdecke  anderseits. 

Die  Darstellung  geschah  aber  nicht  dadurch, 
daß  der  Helm  auf  den  schon  gebräuchlichen,  senk- 
recht stehenden  Schild  gesetzt  wurde,  was  doch 
am  naheliegendsten  gewesen  wäre,  sondern  er  stand 
schief  zur  Bodenfläche,  nach  vorn  geneigt  und  trug 
den  zimierten  Helm  auf  der  oberen  Ecke.  Ein  Ver- 
gleich dieser  Anordnung  mit  den  B eitersiegeln '^  er- 
gibt die  treffende  Uebereinstimmung  mit  der  natür- 


Fig.  59.    Hülfskleinot  mit  Schildfarben. 
Otto  vom  Thurn. 


'  Am  burguudisclien  Hofe  trug  man  zu  Ende  des  XIV.  Jahrliuiulorts  Waffenröcke  mit 
laug  herabhängenden,  gezaddelten  Aermeln,  welche  das  freie  Wappenbild  auf  Brust,  Rückeu 
und  Aermeln  aufgenäht  oder  gestickt  hatten.  Vergl.  Die  lleitersiegel  Herzogs  IMiilipp  des  Kühiu-u, 
riiilipp  des  Guten  von  Burgund  in  Vrediu.s,  Sigilla  comitum  I"landria\  S.  12.  78.  80.  87. 

^  Die  Schildhalter  sind  willkürliche  Zuthaten,  deren  Verleihung  und  Vererbung  der 
Auffassung  der  guten  Kriegsheraldik  zuwiderläuft. 

■^  Vergl.  Das  Ileitcrruiulsiegel  des  Grafen  Friedricli  111.  von  Toggeuliurg.  Ks  soll  schon 
au  einer  Urkunde  von  l'itjd  vorkommen,  scheint  aber  späteren  Datums.  Ai)h.  Siegeltafel  1,  Fig.  5. 


1.  Das  lieraldische  Dekoratioiismotiv. 


95 


lieben  Zusammeustelluiig,  mit  dem  Tragen  von  Schild  und  Helm.  Gerade  wie  auf 
der  neuen  Gruppierung  erscheint  der  Wappenschild  am  Arme  des  Reiters,  nach 
vorn  gesenkt  und  mit  der  Spitze  nach  hinten  gerichtet.  lieber  der  obern  Scliild- 
ecke  ragt  der  zimierte  Helm  empor,  bald  de  face,  bald  de  profile,  je  nachdem 
der  Reiter  den  Kopf  gedreht  hat. 

Der  am  Arm  getragene  Schild  erscheint  innner  in  schiefer  Stellung,  von 
der  Seite  und  von  vorn  gesehen,  und  bietet  dadurch  einen  Anhaltspunkt  zur 
Erklärung  der  Schiefstellung  des  heraldischen  Schildes,^  dem  er  zum  Vorbilde  ge- 
dient hat."  Es  ist  begreiflich,  dalä  der  Helm  über  dem  Schilde  und  in  diesem 
Falle  auf  der  oberu  Ecke  aufliegend,  dargestellt  worden  ist.  Denn  das  einzige 
Mittel,  den  Helm  aufrecht  stehend  in  direkten  Zusammenhang  zum  Schilde  zu 
bringen,  lag  in  dieser  Lösung,  wenn  der  Schein  der  Wirklichkeit,  der  in  natura 
möglichen  Zusammenstellung,  gewahrt  bleiben  sollte.  Der  Helm  kann  also  in 
Vorderansicht  oder  in  profil  auf  den  gesenkten  Schild  gestellt  werden.  Wir  werden 
in  der  Folge  Beispiele  von  beiden  Darstellungsarten  geben,  um  zu  beweisen,  daü 
die  heute  geltenden  Regeln  in  einer  Zeit  entstanden  sind,  welche  sich  keine  Rechen- 
schaft  mehr   gab   über  den  Ursprung  und  den  eigentlichen  Kern  der  Heraldik. 

Noch  vor  Ende  des  Jahrhunderts  tritt  die  Helmdecke  als  entwicklungs- 
fähigstes Dekorationsmotiv  des  neuen 
Wappenbegriflfes  auf,  indem  sie,  je  nach 
der  Vorder-  oder  Seitenstellung  des  Helmes, 
in  reicher  Drapierung  zu  beiden  Seiten  oder 
hinter  demselben  erscheint.  Erst  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  gewinnt  sie  an  Ausdehnung 
und  umgibt  Schild  und  Helm  als  freie,  aus 
sich  selbst  sich  entwickelnde  reiche  Kom- 
position. 

Ein  Schildsiegel  von  1284  mit  dem 
Wappen  des  Grafen  Hartmann  des  Jungem 
von  Kyhurg,^  stellt  zum  erstenmal  Schild 
und  Helm  dar.  Der  äut^erst  klein  geratene 
Helm  steht  auf  dem  inneru  Schriftrand,  der 
zugleich  den  oberen  Schildrand  bildet,  und 
ragt  mit  dem  mit  Lindenblättern  behangenen 
Federbusche  weit  über  den  äußeren  Schrift- 
rand hinaus.  Ein  Siegel  Graf  Hartmanns  des  Äeltern  von  Kgbnrfj^  von  1246 
zeigt  dieselbe  Anordnung,  nur  besser  ausgeführt,  im   Rundsiegel. 


Fig  60.     Siegel  Graf  lUutmanns  des  Jüngern 
von  Kyburg.    1234. 


'  Aufgehängt   erscheint   der  Schild    stets    senkrecht,    weil    die  Schildfessel   mittelst  zwei 
Nägeln  gegen  die  obere  Kante  hin,  festgemacht  war. 

'^  Vergl.  V.  Hefner-AUeneck.  Trachten  des  christlichen  Mittelalters,  Taf.  107,  B. 
'  Vergl.  Anmerkung  3,  S,  81  und  P'ig.  60. 
*  Vergl.  Anmerkung  3,  S.  81  und  Fig.  61. 


96 


III.  Teil :  Die  dekorative  Aiiweiuluu'r  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


In  diesen  zwei  Bespielen  findet  sich  die  oben  erwähnte,  nächstliegende 
Anbringung  des  Helmes  auf  dem  senkrechtstehenden  Schilde,  aber  der  letztere 
nimmt   als  Hauptstück    den   größten  Teil   des  Raumes   ein,    während  der  Helm 

verkleinert  und  ganz  neben- 
sächlich behandelt  ist.  Da- 
gegen erscheint  er  auf  einem 
früheren  Siegel  Hartmanns 
des  Aeltern  von  1239  eben- 
falls in  Vorderansicht  über 
dem  stark  geneigten  Wappen- 
schilde und  zwar  in  richtiger 
Projaortion.  ^ 

Der  geneigte  Schild  bot 
dem  Siegelstecher  den  Vorteil, 
den  Wappenschild  größer  dar- 
zustellen und  dem  Rande  an- 
zupassen, ohne  dem  zimierten 
Helme  Platz  wegzunehmen 
und  die  Umschrift  zu  durch- 
brechen. DieMöglichkeit  einer 

Fig.  61.     Siegel  Graf  Hartmanns  des  Aeltern  von  Kyburg.     1241.  größeren        Darstclluilg        VOU 

Helmkleinot  und  Schild  ist, 
besonders  in  rein  heraldischen  Abbildungen  (z.  B.  Wappenrolle),  auf  Kosten  des 
Helmes  geschehen,  der  in  solchen  Fällen  nur  als  Bindeglied  der  beiden  heral- 
dischen Abzeichen  angesehen  wurde.  Im  Uebrigen  sind  Helm  und  Schild,  wo  es 
der  zur  Verfügung  stehende  Raum  zulieis,  im  natürlichen  Größenverhältnis  ab- 
gebildet worden.  Als  Beispiel  citiere  ich  die  Malerei  auf  dem  Brautkästlein  von 
Attinghusen  und  die  Wappenabbildungen  im  Manesse-Codex. 

Das  Helmkleinot  stand  in  keinem  bestimmten  Verhältnis  zum  Helme,  wie 
der  Helm  zum  Schilde,  denn  seine  Größe  bedingte  die  Art  des  Gegenstandes  und 
der  persönliche  Geschmack  des  betreffenden  Inhabers.  Jedenfalls  sind  die  Zimiere 
in  der  Abbildung,  wenn  keine  Nachbildung  eines  Originalhelmes  vorlag,  ge- 
wöhnlich  bedeutend  größer  dargestellt  worden,    als  sie  in  Wirklichkeit  waren. ^ 

Die  dekorative  Verwendung  der  Wappen  beschränkte  sich  nicht  nur  auf 
diejenigen  Branchen  des  Kunstgewerbes,  in  denen  die  Anwendung  von  Farben 
möglich  war,  sondern  sie  machte  sich  auch,  mit  Hintansetzung  des  größten 
Vorzuges,  in  farbloser  Darstellung  geltend. 


*  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch,  Siegeltafeln,  Lief.  I,  Fig.  14. 

'^  Im  Wapponbuch  des  Jlrraut  de  Guelre  (Gclre)  sind  die  Ilolnizierdon  mehr  als  doppelt 
so  groß  als  die  Schilde.  (Manuskrij)t  ans  dem  XIV.  Jalu-hundert  auf  der  kgl.  Bibliothek  in 
Brüssel.    Publiziert  von  Bouton.    Paris.)    Vergl.  Fig.  (32. 


Kleinkunst. 


97 


Da  galt  es  nun  vor  allem,  eineu  Ersatz  für  die  Farben  zu  beschaffen,  um 
die  unschön  leeren  und  völlig  glatten  Flächen  zu  füllen  und  zu  beleben.  Diese 
Lücke  ist  durch  die  Damaszierung,^  wie  der  heraldische  Ausdruck  lautet,  aus- 
gefüllt worden.  Die  FLächenbelebung  geschah  durch  Anbringung  von  Musterungen, 

deren  einfache  oder  un- 
bedeutend wirkende  Or- 
namentik   die   Form   der 


Schildfigur  nicht  beein- 
trächtigte ,  sondern  sie 
im  Gegenteil  hervortreten 


Fig.  G2.     Damastmuster  nach  Siegeln. 


ließ.  Fortlaufende,  gitter- 
artige Muster  mit  engen 
oder  weiten,  quadratischen  oder  rautenförmigen  Maschen,  leer 
oder  mit  Ornamenten  ausgesetzt,  erfreuten  sich  eines  besonderen 
Vorzuges,  weil  sie  sich  allerorts  aufs  leichteste  anbringen 
lielsen.  Der  Art  des  Materials  entsprechend,  sind  diese  Muster- 
ungen als  Flachrelief  oder  als  Gravierung  gearbeitet  woi  \ 
und  zwar  so.  daß  stets  der  Grund,  nie  aber  die  Figur  damasziert 
werden  durfte."  Die  heraldischen  Figuren,^  welche  ja  nichts 
anderes  als  Teile  der  Schildfläche  sind,  machen  davon  eine 
Ausnahme.  Auf  ein  näheres  Eingehen  in  das  Detail  verzichten 
wir  an  dieser  Stelle,  um  es  au  den  Monumenten  seilest  zu  unter- 
suchen und  zu  beschreiben. 

lieber  die  Gründe,  welche  das  Anbringen  der  Wappen  in  so  ausgedehntem 
Maße  bewirkten,  ist,  im  Zusammenhange  mit  der  allgemeinen  Tendenz  des  ritter- 
lichen Wesens,  in  der  Einleitung  eine  Erklärung  zu  geben,  versucht  worden.'^  Es 
soll  nun  das  Folgende  beweisen,  daß  dem  wirklich  so  gewesen  sei,  und  daß  das 
Wappen  in  allen  möglichen  Brauchen  der  mittelalterlichen  Kunst  und  des  Ge- 
werbes verwendet  worden  ist. 


Fig  63.    Wappen  der 
Grafen  von  Genf. 
Heraut  de  Gelre. 


2.   Kleinkunst. 

Nur  wenige  Produkte  mittelalterlichen  Gewerbefleisses  und  Kunstsinnes 
haben  die  Stürme  der  Jahrhunderte  überdauert;  denn  das  Alltägliche  und  Wert- 
lose ist  durch  Neues  ersetzt,  verbraucht  und  zerbrochen  worden,  die  kostbaren 
Stücke  aber  sind  der  menschlichen  Habgier  und  der  Münze  zum  Opfer  gefallen.  Was 
heute  noch  ist,  das  hat  sich  hinter  geweihten  Mauern,  in  der  sorgfältig  bewachten 
Schatzkammer  einer  Kirche,  in   einem  weltabgelegenen  Kloster  erhalten,  oder  es 


*  Wilde  Rankenmuster  und  Arabesken  traten  später  an  Stelle  der  regelmäßigen  Musterungen. 
-  Ausnahmen   auf  Siegeln  werden  wir  später  begegnen.     Sie  sind  aber  gewöhnlich  von 

schlechter  Ausführung  und  weisen  auf  keinen  Meister  im  Handwerk. 
3  Vergl.  II,  S.  36. 

*  Yergl.  Einleitung  und  I,  S.  6. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  • 


98  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

ist  aus  der  Tiefe  eines  Sees  und  unter  den  Trümmerhaufen  einer  Burg  ans 
Tage.slicht  gebracht  worden.  lieber  den  Stand  der  Technik,  über  das  Emaillieren, 
Ziselieren,  Einlegen  und  Verzieren  mit  edeln  Steinen,  über  gestanztes  und  er- 
haben getriebenes  Metallblech,  über  Vergoldung  und  Filigranarbeit  geben  die 
Kirchenschätze  von  St.  Maurice,^  Chur^  und  Basel ^  ein  vollständiges  Bild,  aber 
die  liturgischen  Geräte  und  Kleinodien  entbehren  in  dieser  frühen  Zeit  der 
heraldischen  Ausschmückung  und  fallen  daher  für  uns  außer  Betracht.* 

a.  Die  Brakteaten. 

Die  Münze  der  Epoche,''  die  Brakteaten,^  kleine  viereckige  oder  runde,  mit 
Figuren  bestanzte  Silberblechstücke  tragen  noch  äußerst  selten  heraldische  Bilder. 
Denn  das  Münzrecht  wurde  bei  uns  fast  ausschließlich  von  den  geistlichen  Fürsten 
ausgeübt,  und  die  Münzen  dem  entsprechend  mit  Heiligenhäuptern,  Kreuzen,  Tempeln 
und  Kirchen  versehen,  um  den  kirchlichen  Charakter  zu  wahren.  Nur  JSern,^  das 
sein  Münzrecht  auf  die  angebliche  Handfeste  Friedrichs  H.  von  1218  gründete,  zeigt 
auf  den  Brakteaten  einen  schreitenden  Bären, ^  darüber  ein  gekröntes  Haupt  in 
Vorderansicht,  das  Ganze  von  einem  Perlrande  umzogen.  Auf  Basler  Brakteaten  des 
Bischofs  Heinrich  von  Thun^  (1215 — 1238)  ist  ein  Stern  angebracht,  bald  über  dem 

in  Profil  mit  der  Bikornis  be- 
deckten Bischofskopfe,  bald 
neben  zwei  Baslerstäben. 
Diese  Figur,  weist  aber  kaum 
X,     ,. .    X,   w  T,       X,     ,  -T.    .  auf  das  Wappen  der  Herren 

Flg.  64     Brakteaten  von  Bern,  Basel,  Waadt.  '■  ^ 

von  Thun  zurück,  besonders 
da  der  Stern  ohne  weiteres  als  symbolisches  Beizeichen  erklärt  werden  kann.  In 
einem  Zeiträume  von  fünfzig  Jahren  sind  ähnliche  Abzeichen  nicht  zu  finden.  Sie 
erscheinen  erst  wieder  unter  dem  Bischöfe  Peter  von  Aspelt  (1291 — 180Ö)  und  unter 
seinen  Nachfolgern,  also  zur  selben  Zeit,  als  das  Familienwappen  in  die  Siegel  der 
hohen  Kirchenfürsten  eindrang.  Schon  auf  den  Brakteaten  Peters  von  Aspelt,^  der 


^  Aubert,  Tresor  de  St.-Maurice  d'Agaune.  2  Bände.  Paris  1872.  —  Bahn,  Geschichte 
der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz,  S.  282.  284.  28.^.  771. 

'■'  Beschreibung  der  Domkirche  in  Chur.  Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesellschaft 
in  Zürich,  Bd.  XI,  Heft  7  und  Bahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz. 

"  Bahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz  und  Mitteilungen  der  Gesell- 
schaft für  vaterländische  Altertümer  in  Basel,  Heft  9  und  10. 

*  V.  Hefner- Alteneck,  Taf.  119.  Der  ins  XIII.  Jahrhundort  datierte  Leuchtorfuü  scheint 
der  ganzen  Anordnung  der  Schilde  nach  (im  Vierpaß)  dem  XIV.  Jahrhundert  anzugehören. 

"  Corraggione,  Münzgeschichte  der  Schweiz,  Genf  1896. 

®  Meyer,  Die  Brakteaten  der  Schweiz.  Züricli  IHl,^.  Mitteilungen  der  Antiquarischen 
Gesellschaft  in  Zürich. 

'  Born  war  kaiserliche  Münzstätte,  die  Verloiluing  der  Münze  aber  borulit  auf  dor  un- 
editon  „goldenen  Handfeste."    OechsJi. 

"  Meyer,  Taf.  1.  —  Corraggione,  Taf.  11. 

"  Meyer,  Taf.  2.  —  Corraggione,  Taf.  27. 


2.  Kleinkunst.  99 

einen  Ring,  bald  über  dem  Haupte,  wie  Bischof  Heinrich  von  Thun,  bald  an  anderem 
Orte  als  Beizeichen  führt,  haben  wir  es  sicher  mit  einem  heraldischen  Bilde  (die 
Aspelt  führen  drei  Ringe  im  Wappen)  zu  thun.  Die  späteren  Prälaten,  Johannes  von 
Chälons^  (1326 — 1383)  und  Johannes  Senn  von  Münsingen^  (1333 — 1365),  wieder- 
holen das  Bild  zu  beiden  Seiten  des  Bischofshauptes,  in  der  gleichen  Weise  wie 
auf  den  Siegeln.  Der  Bischofstab  ist  noch  nicht  als  Wappenbild,  sondern  lediglich 
als  Abzeichen  der  bischöflichen  Würde  angebracht,  je  einer  zu  Seiten  des 
Portraitkopfes  auf  Brakteaten  des  Bischofs  Berthold  von  Pfirt^  (1238 — 1252) 
oder  kreuzweise  übereinander  gelegt  auf  solchen  der  Bischöfe  von  Konstanz.^ 
Von  Brakteaten  weltlicher  Herren,  welche  das  Münzrecht  ausüben  konnten,  sind 
nur  Stücke  der  Grafen  von  Neuenbürg^  (nach  Lausannes  Vorbild)  und  des  Barons 
der  Waadt,  Ludwigs  I.  von  Savoyen,^  bekannt,  welch  letzterer  seit  1272  zu  Nyon 
prägte.  Diese  Brakteaten  zeigen  ein  durchgehendes  Kreuz,  aber  es  ist  schwer  zu 
sagen,  ob  das  Bild  in  Anlehnung  an  die  bischöflichen  Münzen  von  Lausanne  oder  als 
Wappenbild  der  Savoyer  gewählt  worden  sei.^ 

b.  Waffen. 

Die  Brakteaten  wurden,  wie  schon  früher  erwähnt,  aus  dünnen  Silber- 
blechstücken hergestellt,  in  der  Mitte  mit  einer  kunstlosen,  ja  rohen  Figur  ver- 
sehen, welche  der  Phantasie  des  Forschers  einen  weiten  Spielraum  bietet,  und 
mit  einem  erhöhten,  glatten  oder  mit  einem  Perlrande  umrahmt.  Diese  Technik  des 
Stanzens  oder  Punzens  wurde  auch  anderweitig  verwendet,  wie  zwei  Dolche, 
die  1881  im  Bielersee  gefunden  worden  sind,  beweisen.^  Der  Dolch,  welcher  mir 
zur  Beschreibung  vorlag,  ist  mäßig  lang,  mit  nach  der  Spitze  abgebogener  und 
mit  vier  Goldblecheinsätzen  verzierten  Parierstange.  In  den  eisernen  Knauf, 
—  ein  übereckgestelltes  Viereck  —  ist  ein  schildförmiges,  aus  feinem  Blattgold 
bestehendes  Metallblech  eingelassen  oder  aufgenietet.  Der  Schild  zeigt  noch  die 
um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  häufig  vorkommende  romanische  Form  mit  oben 


1  Meyer  II,  118.  126.  127.  128. 

2  Meyer  II,  124. 

3  Meyer  II,  121.  122.  123. 

*  Meijer  II,  112.  125  a. 
^  Corraggioni,  Taf.  44. 

«  Corraggioni,  Taf.  24.  51.  —  Die  Brakteaten  der  Habsburger  Münze  zu  Zofingen  und 
Lauffenburg  tragen  das  Helmkleinot  als  Bild  (Leuenrumpf  und  Schwanenhälse),  gehören  aber 
erst  dem  XIV.  Jahrhundert  an. 

'  Von  ausländischen,  heraldischen  Brakteatentypen  sind  zu  nennen:  Brakteaten  der  Grafen 
von  Alhon  (Dauphin  de  Viennois)  mit  Delphin,  der  Grafen  von  Braunschweig  mit  Löwen,  der 
Grafen  von  Falkenstein  (Xiedersachsen) :  Falke  auf  einem  Vierberg  zwischen  zwei  Türmen,  und 
der  Fürsten  von  Orange  (Xiederburgund):  Jagdhorn  mit  Band  und  Zotteln.  Sie  gehören  alle 
dem  XII.  Jahrhundert  an. 

*  Das  eine  Exemplar  befindet  sich  im  Museum  zu  Bern,  das  zweite  in  der  Sammlung 
des  Herrn  II.  Angst,  Direktor  des  Schweiz.  Landesrauseums  in  Zürich.  Vergl.  Anzeiger  für 
Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  377. 


100 


III.  Teil:  Die  dekorative  Aiiweudung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


abgerundeten  Ecken  und  berührt  mit  denselben  und  der  Scbildspitze  die  Peripherie 
des  Knaufes.  Das  Schildbild,  ein  steigender  ungekrönter  Leu,  ist  nach  Art  der  Brak- 
teaten  mit  rundlichen  Linien  und  Punkten  erhaben  aus  dem  Goldblech  getrieben 
und  der  Schildrand  durch  eine  doppelte  Perlreihe  verziert.  Pranken  und  Mähne  des 
Löwen  sind  nicht  durch  Linien,  sondern  durch  Punkte  dargestellt,  was  zu  der 
Annahme  eines  gekrönten  Löwen  geführt  haben  muß.  Die  drei  leeren  Felder 
zwischen  Knaufrand  und  Schildlinien  sind  mit  kleinen  Rosetten  aus  dem  selben 

Metalle  besetzt.  Ich  muß 
es  den  Historikern  über- 
lassen, den  Dolch  einem 
bestimmten  Träger  zu- 
zuweisen, immerhin 
tritt  die  Möglichkeit , 
ihn  einem  Habsburger 
zuzuschreiben ,  wieder 
stärker  heiwor.^  Die 
Verzierung  von  Schwert 
und  Dolch  durch  An- 
bringen des  Wappens, 
das  auf  den  großen,  kreisrunden  und  polygoneu  Schwertknäufen  eingelegt,  auf- 
genietet oder  emailliert^  worden  war,  muß  allgemein  bekannt  gewesen  sein.^ 
Dort  war  der  einzige  Platz,  welcher  dazu  den  notwendigen  Raum  bot,  da  die 
Klinge  nicht  mit  Figuren,  sondern  mit  ruuenartigen,  oft  mehrzelligen  Inschriften 
(Weihesprüchen  ?)  versehen  wurde.* 


Fig.  65.     Dolchknaufe,  gefunden  im  Bielersee. 


c.  Schiiiuck  uud  Schmuckbeliälter. 

Einer  weiteren  Grupj)e  von  heraldisch  verzierten  Gegenständen  gehören 
zwei  Schildchen  aus  vergoldetem  Kujjfer  an,  von  denen  sich  das  eine  im  Museum 
von  Bern,  das  andere  in  luzernischem  Privatbesitz^  befindet.  Ihre  Bestimmung 
ist  unsicher,  denn  sie  können  als  Gurtbesatz,  Mantelhaft  oder  AgraÖe  getragen,'' 


'  Zellcr -Werdmüller,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde.  Der  gekrönte  Leu  ließ  diese 
Annaliuie  nicht  zu. 

^  V.  Hefner-Alteneck  bildet  zwei  emaillierte  Knäufe  aus  der  Sammlung  des  Fürsten  von 
Hohenzollern-Sigmaringen  ab,  die  beide  aus  Bologna  stammen.  Der  eine  zeigt  in  blau  eine 
goldene,  dreitürmige  Burg,  der  andere  in  gold  einen  scliwarzen  Adler.  Unter  den  Rcicliskleinodien 
des  h.  rönnschen  Beiches  behnden  sich  zwei  Schwerter  mit  wappengeschmückten  Knäufen.  Das 
Schwert  des  h.  Mauritius  zeigt  die  emaillierten  Schilde  des  Beichs  und  des  Königs  Bicluu'd 
von  Cornwales  (1257),  das  Zeremonienschwert  einen  steigenden  Leu.  (Abb.  in  Iaxhc)!,  die  Kyburg, 
S.  9.S.  99.    Wien  1898.) 

^  In  die  Knäufe  der  Schwerter  wurden  Siegel  eingeschnitten. 

*  Vergl.  Schwert  aus  dem  Bodeusee  in  der  Sanunlung  des  Schweiz.  Landesmuseunis. 
^  PjS  befindet  sich  in  der  Sanunlung  des  Herrn  .lost  Meyer  -  am  Bhyn  zu  Luzern. 

*  An  Monumenten  sind  diese  Zierschildclien  nachweisbar:  Auf  dem  Waffeiu-ocke :  Grab- 
mal  des  William   de  Yalence,   Earl   of  Pembroke   in  Westminsterabbey ;   auf  der  Schildfessel: 


Kleiiikuust. 


101 


oder   als   freies  Abzeichen    auf   dem  Kettenhemde,    dem  Lederpauzer^   und  dem 

Waffenrocke  befestigt  worden  sein.     An  den  Ecken  des  einen  Schildchens  sind 

ausgebrochene  Stellen,    die   offenbar  von 

kleinen  Löchern  herrühren,  durch  welche 

der  befestigende  Draht  gezogen  war,  das 

andere  dagegen   trägt  keine  solche  Spur 

au   sich   und   legt   die  Vermutung   nahe, 

daß  diese  Schildchen  auch  in  einer  Fassung 

getragen  zu  werden  pflegten. 

Das  Schildchen  im  Museum  zu  Bern  - 
(6  cm  hoch,  5,3  cm  breit)  ist  unter  dem 
Schutte  des  anno  1301)  zerstörten  Schloik>s 
Alt-Büron  gefunden  worden  und  zeigt 
das  Wappen  der  Herren  von  Braunshorn : 
drei  Hifthörner  ohne  Fesseln.  Die  lang- 
gezogenen, wenig  geschweiften  Seiten- 
linien des  Schildes  weisen  das  Stück  ans 
Ende  oder  in  die  Wende  des  XIII.  Jahrh. 
Die  Hörner  sind  mehr  schematisch  als 
natürlich  dargestellt,  die  Beschläge  durch 
Doppelstriche  angedeutet  und  die  ersteren 
nur  in  den  Konturen  in  das  Kupfer  ein- 
geschnitten. Die  gravierte  Zeichnung  war 
mit  schwarzer  Farbe  ausgestrichen,  die 
Hörner  selbst  mit  farbigem,  wahrscheinlich 
braunrotem  Email  überzogen,  sodaß  sie 
sich  hübsch  von  dem  fein  vergoldeten 
Grunde  abheben  konnten. 

Das  zweite  Schildchen,  aus  der 
gleichen  Epoche  herrührend,  von  gleichem 
Material  und  Dimensionen  (6  cm  hoch 
und    5,5  cm    breit)    ist    kunstvoller    und 

SOrorfältiö-er       gearbeitet      und      träo-t      das       ^'S-  ^'^-  BroncesehUdcbeu  m.  d.  Wappen  v.  Tettingen. 


CC.    Broneeschildchen  mit  dem  Wappen 
V.  Braunshorn. 


Grabmal  des  Gilbert  Marechal,  Earl  of  Pembroke  f  1245  in  Temple  Church,  London ;  als  Mantel- 
baft:  auf  dem  Grabmal  König  Rudolfs  von  Habsburg  im  Dome  zu  Speyer,  auf  dem  Doppel- 
grabe des  Grafen  Ulrich  I.  von  Württemberg  und  seiner  Gemahlin  Agnes  von  Polen  in  der 
Stiftskirche  zu  Stuttgart. 

'  Nach  Uefner- Alteneck  kommen  schon  um  1260  Lederpaiizer  vor,  auf  welche  Metall- 
stücke genäht  waren. 

^  Ungenügende  Abbildung  im  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV.  Im  Gefolge 
Heinrichs  VI.,  des  Luxemburgers,  erscheint  ein  Adeliger  aus  dem  Elsaß  mit  demselben  Wappen, 
vergl.  Codex  Balduini,  Des  Kaiser  Heinrichs  Romfahrt,  im  Provinzialarchiv  zu  Koblenz.  Heraus- 
gegeben von  Georg  Irmer.    Berlin  1881. 


102 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


Heroldsbild  der  Herren  von  Tetüngen^  im  Aargau,  geteilt  und  zweimal  gespalten 
von  gelb  und  schwarz.  Die  schwarzen  Felder  sind  in  die  Kupferplatte  vertieft 
und  mit  Emailfarbe  bis  auf  die  ursprüngliche  Höhe  ausgefüllt  worden,  aber  die 
Farbe  ist  überall  abgesprungen,  sodaß  sich  nicht  feststellen  läßt,  ob  sie,  wie  die 
goldenen  Felder  des  Schildchens,  ebenfalls  ornamental  verschönert  waren.  Die 
Verzierung  dieser  letzteren  besteht  in  einfachen,  aber  elegant  in  den  Raum 
hineingravierten  Dornblattranken,  wie  sie  ähnlich  auf  Hintergründen  des  Manesse- 
Codex  vorkommen. 

Von  emaillierten  Agraffen'^  und  dem  beliebten  mittelalterlichen  Schmuck  in 
Halhhugelform,^  von  dem  v.  Hefner  mehrere  Exemplare  abbildet,  sind  in  unserem 
Lande  keine  Beispiele  zu  finden.  Und  von  goldenen  Ringen  mit  Wappenbildern, 
sog.  „ Pütschi erringen" ,  bleibt  uns  nur  eine  Nachricht  zu  citieren,  daß  ein  solcher  im 
Jahre  1606  „mit  dem  Sigill"  des  Löwen  im  Grabe  eines  Herren  von  Brienz  zu  Seedorf 
im  Kloster  gefunden  und  an  den  Herzog  von  Bayern  verkauft  worden  sei.^ 

Besser  sind  wir  über  eine  andere  Art  von  Schmuck  unterrichtet,  über  die 
sog.  Kleinode,^  welche  Männer-^  und  Frauen  auf  der  Brust  angeheftet  zu  tragen 
pflegten.  Im  Schafifhauser  Archiv  wird  ein  Prachtstück  dieser  Gattung  verwahrt, 
das,  obwohl  angeblich  aus  der  Burgunderbeute  stammend,  schweizerischen  Ursprungs 

ist.  Der  Schafifhauser  Onyx  ^  ist  eine  antike 
Gemme,  in  welche  die  Figur  der  Fax  oder 
der  Felicitas  geschnitten  ist.  Ein  Besitzer 
hat  ihn  im  XIII.  Jahrhundert  durch 
eine  Fassung  von  kunstvoll  gearbeitetem 
Golde,  Perlen  und  Edelsteinen  zu  einem 
„Kleinod"  umgestaltet  und  auf  der  Rück- 
seite mit  seinem  Bilde  versehen  lassen. 
Die  Figur  des  Ritters  ist  in  getriebener 
Arbeit  auf  die  aus  feinstem  Silber  be- 
stehende und  durch  Rautenmuster  be- 
lebte Platte  angebracht  und  zeigt,  laut  Umschrift,  einen  Grafen  Ludwig  von 
Froburg,  in  langem,  faltenreichem  Hauskleide  mit  Mantel  und  Brustkleinod, 
einen  Blumenkranz  auf  dem  Haupte  und  den  Falken  auf  der  behandschuhten 
Linken. '^    Es  ist  Graf  Ludivig  II.  von  Frohurg,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahr- 


Fig.  68.    Fassung  vom  Onyx  von  Schaffhausen. 


*  Vergl.  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  184.  „Tettingen  nebend  Tägert'eld  an  der  Aar  ob  Klingnow 
gelegen.  Felix  und  Berchtold  von  Tettingen,  1271.  Stachenarius  von  Tettingen,  1276  (Zur  Gilgen, 
1665)."    Das  Scbildcben  wurde  unter  einer  Bauniwur/cl  gefunden. 

2  V.  Hefner-AUmech-  II,  Taf.  136. 

^  r.  Liehenati,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  406. 

*  Vergl.  Grabmal  der  Königin  Anna  zu  IJasel.  Wöl/Iin,  Festbucli  zur  Krötfnung  des 
liistorischen  Museums  in  Basel  1894. 

"  Grabmal  des  Grafen  Ernst  von  Gleichen,    r.  Hefner,  II.  Bd. 

"  Oeri,  Der  Onyx  von  .Schaffhausen.    Zürich.    Hofer  &  Burger  1882. 

'  Die  Stellung  der  Hand  widers])ricbt  der  Annahme,  es  sei  eine  Rose. 


2.  Kleinkunst.  1Q3 

Hunderts  zu  den  mächtigsten  Dynasten  unseres  Landes  zählte  und  als  Parteigänger 
des  Papstes  gegen  Friedrich  IL  in  Italien  Krieg  führte.  Aus  der  Anbringung  des 
Bildnisses  auf  dem  Schmuckstücke  könnte  man  schließen,  daß  es  für  eine  andere 
Person,  in  diesem  Falle  für  die  Gattin  Ludwigs,  die  Gräfin  Gertrud  von  Uahshurg, 
bestimmt  war.  Deshalb  sind  denn  auch  die  Wappenbilder  der  beiden  Grafen- 
geschlechter, der  Froburger-Adler  und  der  Habsburger- Leu  bei  der  Fassung- 
dekorativ  verwendet  worden.  Sie  sind  plastisch  dargestellt  und  bilden,  mit  ge- 
faßten Edelsteinen  abwechselnd,  die  beiden  mittleren  und  zugleich  Hauptreihen 
des  vierfachen  Kranzes  der  Einfassung.  Die  umschließenden  Reihen  sind  kleiner 
und  niedriger  geformt,  so  daß  die  Tierornamentkränze  zu  einer  vollen  und  un- 
gemein reichen  Wirkung  gelangen,  wenn  auch  die  Löwen  und  Adler  selbst  in 
ihrer  gespreizten  und  steifen  Darstellung  wenig  Aehnlichkeit  mit  natürlichen 
Tiergestalten  haben.  Daß  die  Farbenwahl  der  Edelsteine  und  Perlen  (rot,  blau, 
weiß)  ebenfalls  mit  dem  Wap2>en  der  Froburger  zusammenhange,^  möchte  ich 
bezweifeln,  weil  die  rote  Bewehrung  nicht  als  Wappenfarbe  gilt  und  die  Aus- 
wahl der  Steine  keine  allzu  reiche  gewesen  sein  dürfte.  In  diesem  Kleinod  zeigt 
sich  aufs  neue,  wie  heraldische  Figuren,  ohne  jede  Reminiszenz  an  den  Schild, 
mit  Erfolg  dekorativ  verwendet  worden  sind. 

Einen  Hauptbestandteil  des  mittelalterlichen  Hausrates  haben  die  Truhen 
und  Kasten  gebildet.  Sie  sind  zwar  in  den  verschiedensten  Größen,  aber  stets 
in  der  selben  Trogform,  mit  oder  ohne  Füße,  hergestellt  worden.  Die  zier- 
lichsten und  bestgeschmückten,  die  Minne-  oder  Brautkästlein"  dienten  zur 
Aufnahme  des  Brautschmuckes,  welchen  Anverwandte,  Nachbarn  oder  Verbündete 
der  edeln  Braut  als  gemeinsames  Angebinde  spendeten  und  daher  mit  ihren 
Wappen  schmückten. 

Das  Brautkästlein  von  Attinghusen'^  sollen  die  Freien  des  Emmenthals  als 
Standesgenossen,  und  Graf  Hartmann  von  Kyburg  zu  Burgdorf  mit  seinem  Hof- 
adel gelegentlich  der  Hochzeit  Werners  I.  von  Attinghusen  um  1250  gestiftet 
haben.  Das  Kästchen,  ein  länglicher,  viereckiger  Trog,  ruht  auf  geschnitzten, 
hohen  Füßen,  und  ist  an  Deckel  und  Wänden  ornamental  in  durchbrochener 
Arbeit  mit  Tier-  und  Menschenfiguren  verziert.  Die  glatten  Leisten,  welche  die 
durchbrochenen    Felder    umschließen,    sind    mit    Kreidegrund    bestrichen    und 


^  Vergl.  Oeri,  Der  Onyx  von  Scliaifhausen. 

^  Zu  den  schönsten  Exemplaren  solclier  Schmuckkästlein  gehören  die  Lade  des  h.  Ludwig 
mit  dem  Schilde  von  Frankreich  im  Kreisrund  und  einer  Reihe  von  Wappenschilden  am  Rande 
und  an  den  Beschlägen  (Ahb.  Schulz,  Höfisches  Leben  I,  S.  82),  und  ein  kupfervergoldetes 
Stück  des  William  de  Valence  von  zirka  1290  im  South-Kensington  Museum  zu  London.  Das 
ganze  Kästlein  ist  übereck  gemustert  (geweckt)  und  die  einzelnen  Quadrate  abwechselnd  mit 
den  Wappen  von  Angouleme,  Yalence,  Pembroke,  Dreux,  England  und  Brabant  in  glänzenden 
Emailfarben  ausgesetzt.  Ein  Elfenbeinkästchen  in  demselben  Museum,  ebenfalls  aus  dem 
XIIL  Jahrhundert  ist  mit  Wappenschilden  bemalt. 

^  Zeller -Werdmüller,  Denkmäler  aus  der  Feudalzeit  im  Lande  Uri.  jMitteilungen  der 
Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich  1884,  S.  21  und  23. 


104 


lll.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


polychromiert.  Heraldischen  Schmuck  trägt  nur  die  8  cm  breite  Randleiste  des 
Deckels,  ursprünglich  16  Schilde  mit  den  dazugehörigen,  zimierten  Helmen. 
Helm  und  Schild  sind  nicht  aufeinander,  sondern  nebeneinander  grestellt  und 
bilden  eine  friesartige  Einfassung.  Heute  sind  noch  11  Schilde  und  ebensoviele 
Helme  erkennbar,  deren  Träger  dem  Adel  der  weiteren  Nachbarschaft  angehörten. 
Geschickt  angeordnet  ist  die  Verteilung  der  Helme,  indem  die  Ecken  von  Exem- 
plaren ausgefüllt  werden,  die  mächtige  Zimierden,  Pfauenstutze  etc.  tragen, 
welche  auf  der  einfachen  Leistenbreite  keinen  Platz  gefunden  hätten.  Der  Helm 
steht  rechts  vom  zugehörigen  Schilde. 

Die  Zeichnung  ist  äußerst  einfach,  das  Figürliche  sogar  roh  und  verständ- 
nislos, aber  einzelne  zimierte  Helme,  wie  z.  B.  derjenige  der  Yögte  von  Roten- 
burg   sind  von    oruter    dekorativer  Wirkung.     Die  Schilde   stehen   senkrecht  auf 


Fig.  Gl».    Wappen  vom  Kästchen  von  Attinghusen. 


der  Spitze  und  haben  bald  mehr,  bald  weniger  stark  geschweifte  Seiten,^  die 
aber  gewöhnlich  in  spitzem  Winkel  an  die  Oberkante  stoßen.  Die  flachen  Topf- 
helme sind  ie  nach  der  Art  des  Kleinots  in  Vorder-  oder  Seitenansicht  daro-estellt. 
Die  malerische  Behandlung  ist  ebenfalls  eine  einfache,  die  Konturen  der  Schilde 
mit  breiten,  die  der  Helme  und  Zimiere  mit  feinen,  schwarzen  Strichen  gezogen, 
die  Schildbilder  ganz  ohne  Kontur.  Schwarz  und  die  durchsichtigen  Farben,  rot 
und  grün,  sind  direkt  auf  den  mit  Blattsilber  belegten  Kreidegrund  aufgetragen 
worden,  worauf  die  ganze  Fläche  einen  Ueberzug  von  durchsichtigem,  gelbem 
Harzlack  erhielt.  Zuletzt  ist  Deckweiß  aufgemalt  und  als  Kontur  um  die  goldenen, 
also  dem  Grunde  gleichfarbigen  Schilde  gezogen  worden.  Die  Gesamtwirkung 
gewinnt  durch  den  warmen,  neutralisierenden  Ton  der  Unterlage  an  Feinheit 
und  die  transparenten  Farben  wirken  feuriger  und  voller.    Die  Topfhelme  sind 


'  Für  die  Formentwicklung  des  Schildes  ist  wohl  in  Betradit  zu  ziehen,  dafi  hier  Willkür 
und  Unjfesrhicklichkcit  dos  Malers  und  nicht  die  hcrrsdicndc  Form  den  Ausschlag  gegeben  haben. 


2.  Kleinkunst.  105 

ffolden  oder  einfarbio-  mit  schwarz  imd  rot  bemalt,  mit  Ausnahme  des  Roten- 
burgerbelmes,  wo  an  der  Stirne  auf  goldig-metallenem  Grunde  das  Wappenbild, 
die  rote,  zweitürmige  Burg  aufgemalt  ist.  Als  einzig  bekanntes  schweizerisches 
Beispiel  von  Helnibemalung  mit  gemeinen  Figuren  ist  er  besonders  bemerkenswert. 
Wenn  auch  die  bunte  Wappenleiste  in  Form  und  Ausführung  hinter  den  ge- 
schnitzten Teilen  des  Brautkästleins  zurücktritt,  so  zog  sie  dennoch  das  Auge 
des  Beschauers  zuerst  auf  sich  durch  das  lebhafte  und  frische  Farbenspiel. 

(1.  Stoffe. 

Heraldisch  o-eschmückte  Stoffe  haben  wir  schon  bei  der  ritterlichen  Aus- 
rüstung  kennen  gelernt,^  indem  Waffenrock  und  Pferdedecke  die  einzelneu  Figuren 
oder  die  heraldischen  Schilde  gewoben,  gestickt  und  aufgenäht  trugen.-  Die 
Herstellung  der  Stoffe  war  zu  einer  ungewöhnlich  hohen  Vollendung  gediehen, 
sodaß  die  reichsten  Muster  mit  Silber-  und  Goldfäden  gewirkt  werden  konnten. 
Die  palermitanischeu  Gewebe,  von  Sarazenen  oder  griechischen  Webern  angefertigt, 
wurden  überallhin,  auch  nach  unseren  Gauen,  exportiert  und  teils  zu  weltlichen, 
teils  zu  kirchlichen  Zwecken  verwendet.  Das  Museum  von  Bern'*  besitzt  eine 
Auswahl  der  prachtvollsten  Stoffe,  die  sich  als  Paramente  bis  auf  unsere  Zeit 
erhalten  haben  und  einen  Begriff'  geben  von  dem  hohen  Stande  dieses  Kunst- 
gewerbes. Tiere  und  Figuren  kommen  häufig  vor,  in  steifer  und  strenger  Zeicli- 
nunsT,  aber  lediglich  als  Ornament.  Die  heraldische  Zeichnung  macht  sich  da 
und  dort  bei  den  nur  ornamental  gebrauchten  Figuren  geltend,  wie  z.  B.  auf 
einem  Brevierbeutel  in  Zürich,  der  in  kreisrunden  Figuren  Löwen.  Adler,  Ein- 
hörner und  Hirsche  zeigt  und  auf  zwei  ähnlichen  im  Domschatze  von  Chur. 
Daß  das  Kleid  der  Edeldame  ebenso  oft  mit  nicht  heraldischen  Bildern  geziert 
war,  geht  aus  der  Anwendung  fremder  Gewebe  deutlich  hervor.  So  sagt  Konrad 
von  Würzburg  in  Partonopier  und  Meliur  von  dem  Gewände  der  letzteren : 
12438    und  was  dar  in  von  golde  vil 

tier  unde  vogelin  geweben. 

da  spache  listen  unde  reben 

gemischet  waren  under. 

Die    Figuren    des    eigenen  Wappens    sind    meistens    aufgestickt   oder  auf- 
genäht   worden,    wie   uns    die  Dichter   berichten.     Schon  1240    trägt  Elisabeth 


'  Vergl.  II.  Teil,  S.  85  ff. 

-  Als  weitere  Beispiele  von  wappenverzierten  Stoffen  seien  erwähnt:  Von  dem  Grab- 
monumente des  Earls  of  Pembroke:  Ko2)fl-issen  mit  reicher  Musterung.  Das  gitterartig  fort- 
laufende Ornament  umschließt  je  einen  Wappenschild.  Teppich,  geweckt  mit  den  Wappen, 
vergl.  Anm.  3,  S.  100.  Auf  dem  Grabmal  der  Königin  Eleonore  von  Kastilien,  der  Gemahlin 
Eduards  I.  (f  1291) :  Teppich  mit  übereckgestelltem  Rechteckdessin  mit  den  Löwen  von  Leon 
und  der  dreitürmigen  Burg  von  Kastilien.  Wappenverzierte  Zelte  vergl.  Schulz,  Höfisches  Leben 
II,  S.  214—220. 

^  Stammler.  Der  Paramentcnschatz  des  Museums  in  Bern.     Bern  1895. 


106  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

von  Pommern/  die  Tochter  des  Königs  Kasimir  von  Polen,  den  angestammten 
polnischen  Adler  auf  der  Brust.  Im  XIII.  Jahrhundert  sind  die  geteilten, 
oder  aus  verschiedenfarbigen  Stoffen  gestückten  Kleider  in  Mode  gekommen - 
(mi-parti),  deren  Ursprung  zum  Teil  wenigstens  in  dem  Auftreten  der  Herolds- 
bilder zu  suchen  ist.  Die  illuminierte  Handschrift^  des  welschen  Gastes  von 
Thomasin  von  Zerkläre*  und  der  Sachsenspiegel  liefern  Beispiele  aus  dem  An- 
fange des  Jahrhunderts,  unsere  Dichter  und  der  Manesse-Codex  aus  der  späteren 
Zeit.  Die  Krieger  und  Dienstleute  der  einzelnen  Ritter  haben  gewöhnlich  nur 
die  Wappenfarben  ohne  Wiederholung  der  Figuren  getragen,  weil  letztere  bloß 
den  ritterlichen  Familiengliedern  zugekommen  sein  mochten.  Im  Trojanerkrieg 
lautet  eine  Stelle  über  den  Aufzug  des  Königs  von  Salaphin  mit  seiner  Gesellschaft:^ 
32622    in  der  gesell  Schafte  sin 

vier  amiralde  waren, 

der  wäpenkJeiter  baren 

den  ougen  spilende  gnade 

si  wären  von  cicläde 

gesniten  üzer  mazen  fin 

ein  halb  si  gaben  roten  schin 

und  ander  halben  grünen  glänz. 
Mit   dem  Reichtum   der  Stoffe   ging    das   Besetzen  der  Kleider  mit  edelm 
Gestein  auf  Borten*'  um  Hals,  Handgelenk  und  Rocksaum  Hand  in  Hand,'^  was 
Konrad  von  Würzburg  am  Gewände  der  Meliur  folgendermaßen  beschreibt: 
12482    ir  ermel  und  ir  houbetloch 

di  stunden  an  den  orten 

bestellet  wol  mit  borten. 

gedrungen  in  der  heidenschaft. 

von  rubine  dran  gehaft 

wären  kleinin  knöphelin. 
Außer  den  Kleidern   sind   gegen  Ende  des  Jahrhunderts  besonders  die  zu 
kirchlichen  Zwecken  gestifteten  Textilien  mit  dem  Wappen  oder  dem  Bilde  des 
Stifters  versehen  worden. 

Ein  Antependium^  aus  dem  Lausanner  Domschatze,  jetzt  zu  Bern,  mit  dem 
Bilde  Mariae  in  trono  zwischen  Engeln  zeifft  den  Donator,   Otto  I.  von  Grandson 


'  V.  Hefner-Alteneck,  S.  118,  Rundsiegel  der  Dame. 

*  Im  Hortus  deliciarum  der  Herrad  von  Landsberg  trägt  des  Königs  Schwertträger  ein 
geteiltes  Kleid,  vergl.  II.  Teil,  S.  23. 

ä  V.  Oechelshäuser,  Die  Miniaturen  der  Universitätsbibliothek  zu  Heidelberg,  1895. 

*  V.  Oechelshäuser,  Die  Miniaturen  der  Universitätsbibliothek  zu  Heidelberg,  1895. 

•■'  Aus   diesen   sog.  Gesellschaften   sind  die  späteren  Ritterorden   der  Drachenritter,   des 
P'euerspahns,  des  goldenen  Vliefäes  u.  s.  w.  entstanden. 

*  Auf  dem    schon   erwähnten  Grabmale  des  Grafen  Ernst  von  Gleichen  sind  die  Borten 
von  Kleid  und  Mantel  mit  Steinen  besetzt. 

'  Vergl.  II.  Teil.    Grabmal  des  William  de  Valence,  S.  62  und  Fig.  72. 

*  Stammler,  Der   Paramentenschatz  im   historischen   Museum   zu   Bern,   S.  49,    Nr.  18. 
Abbildung  S.  50. 


2.  Kleinkunst. 


107 


(1280 — 1328),  knieend  als  Miniaturfigürclien.  Er  trägt  über  dem  Panzerhemde 
den  langen,  mit  l>is  auf  die  Ellbogen  herab  reichenden  Aermeln  versehenen  und 
mit  dem  Wappenbilde  geschmückten  WaflFenrock,  gepfählt  von  weiß  und  blau,  über 
das  ganze  in  diagonaler  Richtung  hinlaufend  einen  roten  mit  drei  goldenen 
Pilgermuscheln  besetzten  Schrägbalken.  In  den  untern  Ecken  des  Mittelstückes 
des  Antependiums  befinden  sich  Schildchen  mit  dem- 
selben Wappen  von  Grandson.^  Während  die  ritter- 
liche Tracht  mit  Panzerkappe  und  Panzerhemd  un- 
bedingt ins  XIII.  Jahrhundert  deutet,  sprechen  die  unten 
halln-und  geschlossenen  Schildchen,  insofern  sie  ebenso 
alt  sind,  für  eine  spätere  Zeit. 

Als  letztes  Stück  ziehen  wir  einen  sog.  Brevier- 
beutel zur  Betrachtung,  der  sich  heute  im  schweizerischen 
Landesmuseum  befindet  und  aus  dem  Kanton  Wallis 
stammt.  Die  figürlichen  Darstellungen,  mit  denen  er 
verziert  ist,  weisen  auf  einen  ursprünglich  weltlichen 
Gebrauch  hin,  auf  das  Täschchen  einer  Edeldame.  Die 
Tasche^  ist  ungefähr  quadratförmig,  beidseitig  bestickt, 
auf  der  untern  Kante  mit  rot-gelber  Einfassung  ver- 
sehen  und  mit  fünf  herabhängenden  Zotteln  aus  ver- 
schiedenfarbiger Seide  besetzt.  Die  eine  Seite  ist  rot 
und  grün  geviertet  und  durch  einen  Lindenbaum  in 
vier  gleiche  Teile  abgegrenzt,  auf  denen  je  ein  ritter- 
liches Liebespaar,  baarhaupt,  mit  langen  Kleidern  und 
weißausgeschlagenen  Mänteln  angethan,  unter  dem 
thorartig  gebogenen  und  außen  mit  gelben  und  blauen  Lindenblättern  bewachsenen 
Aste  steht.  Die  andere  Seite  ist  mit  grüner  Seide  grundiert  und  durch  weiße 
Linien  in  zweimal  drei  egale,  hochstehende  Rechtecke  geteilt,  von  denen  jedes 
ein  „volles  Wappen"  enthält.  Die  mit  roter  Seide  gestickten  Felder^  sind  mit 
wenigen  Goldfäden  durchzogen,  während  die  gelbe  Seide  mit  Gold  stark  durch- 
wirkt, ja  teilweise  bedeckt  ist.  Nur  die  beiden  ersten  Wappen^  sind  mit  hell- 
gelber Seide  konturiert,  die  übrigen  treten  deshalb  weniger  aus  dem  grünen 
Grunde  hervor  und  haben  verschwommene  Umrisse.  Die  Helme  zeigen  zum 
Teil  noch  die  flache  Topfform  (Sträflingen,  Hohenberg),  zum  Teil  das  um  die 
Wende  des  Jahrhunderts  übliche,  gewölbte  Helmdach,  das  den  Uebergang  zum 
Kübelhelme  bildet.     Die    in  Seitenansicht   dargestellten  Helme   sind   mit   einem 


Fig.  70.    Otto  I.  von  Gi-andson. 
Vom  Antependium  in  Bern. 


^  Nach  einer  Mitteilung  von  Dr.  E.  A.  Stückelherg  soll  der  Teppich  von  Venedig  stammen, 
wodurch  die  bei  uns  ungebräuchliche  oder  erst  100  Jahre  später  erscheinende  Schildform  er- 
klärlich wäre. 

'^  Im  schweizerischen  Landesmuseum  in  Zürich. 

^  Die  weißen  und  gelben  Flächen  sind  sorgfältiger  gestickt,  als  die  roten  und  grünen. 

*  Württemberg,  Aarberg. 


108  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

frei  fliegenden  Helmtuche  ^  versehen,  das  in  zwei  Zipfel  ausgeht  und  wie  die 
Helme  mit  grauweißer  Seide  gestickt  ist.  Nur  ein  Helmtuch  ist  farbig  und 
zwar  als  Fortsetzung  des  mit  gelbem  Stoffe  überzogenen  Kleinots,  des  Beutel- 
standes. ^  Wenn  schon  die  flachen  Topf  helme  für  eine  Datierung  ins  XHI.  Jahr- 
hundert sprechen,  so  wird  diese  noch  durch  die  seitlich  unbedeutend  geschweiften 
und  stark  nach  vorn  geneigten,  fast  liegenden  Schilde  bestätigt.^  Diese  letzteren 
sind  im  Verhältnis  zu  den  auf  dem  Obereck  ruhenden  Helmen  zu  groß  und  nicht 
der  Wirklichkeit  entsprechend.  Die  Proportionen  werden  nicht  mehr  durch  die 
Natur,  sondern  durch  die  formalen  Bedingungen  der  Zusammenstellung  selbst 
bestimmt,  um  als  Ganzes  dekorativ  zu  wirken.  Die  auf  der  Tasche  angebrachten 
Wappen  stellen  wohl  eher  die  Verwandtschaft  der  ritterlichen  Besitzerin  dar, 
als  deren  Ahnentafel  und  weisen  auf  eine  vornehme  Herkunft.  Mit  Sicherheit 
festgestellt  sind  nur  die  Wappen  von  Strätlingen  und  von  Hohenberg,  die  übrigen 
lassen  sich,  abgesehen  von  den  im  XHI.  Jahrhundert  verschiedenartig  geführten 
Zimieren,  durch  die  Zusammenstellung  zu  einander  und  durch  die  Schilde  er- 
klären.    Sie  folgen  sich : 

1)  Graf  von  Württemberg,^  in  gelb  drei  schwarze  Hirschstangen  übereinander. 
Auf  dem  Helme  ist  das  Schildbild  einmal  wiederholt. 

2)  Graf  von  Aarher gj*  in  rot  ein  gelber,  mit  drei  schwarzen  Sparreu  be- 
legter Pfahl.  Als  Kleinot  eine  rote  Bischofsmütze,  belegt  mit  dem  Bilde  und 
besteckt  mit  einer  gelben  Kugel  auf  der  Spitze. 

3)  Graf  von  Hohenberg,'''  von  weiß  und  rot  geteilt.  Der  gelbe  Helm  trägt 
zwei  mit  gelben  Lindenblättern  besteckte,  rote  Büffelhörner. 

4)  Markgraf  V.  Baden- Hochberg,'^  in  gelb  ein  roter,  schräglinker  Schrägbalken. 
Ein   mit  Kugeln  bestecktes  Schirmbrett  wiederholt  das  Schildbild  schrägrechts. 

5)  Freiherr  von  Strätlingen,^  in  rot  ein  gelber  Strahl,  als  Kleinot  zwei  mit 
roten  Rosen  besteckte,  gelbe  Hirschhörner. 


'  Die  Drapierung  der  Helmtücher  durch  Aufziehen  derselben  hinter  dem  Helme,  ist  maß- 
gebend für  das  XIV.  Jahrhundert,  fehlt  aber  hier. 

^  Wappen  6.    Geroldseck  oder  Kienstein. 

^  Vergl.  Siegel  des  Grafen  Hartmann  von  Kyburg  von  1234.    Siegeltafel  IV. 

*  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  26  zeigt  ein  anderes  Kleinot.  Die  Geweihstange  erscheint 
aber  1277  auf  einem  Siegel  des  Grafen  Mangold  von  Neuenbürg,  der  einem  stammverwandten 
Goschlechte  angehörte,  und  ließe  sich  schon  als  Wiederholung  des  Schildbildes  erklären. 

^  Vergl.  II,  S.  82.  Im  Turm  von  Erstfelden  figuriert  als  Kleinot  eine  spitzovale,  rote 
Mütze,  besteckt  mit  einem  Blumensträuße. 

'  Vergl.  Keiterrundsiegel  des  Grafen  von  Hohenberg  von  1280.  Der  Graf  trägt  die  be- 
steckten Ilörner  als  Kleinot.  Im  XIV.  Jahrhundert  besteht  die  Helmzier  aus  zwei  Hifthörnern 
mit  Kingen  und  Fesseln.    Zürcher  Wappeurolle  Nr.  25. 

'  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  28,  Die  Steinbockhörner,  das  gebräuchlidie,  im  (jelre  und 
in  der  Wappenrolle  abgebildete  Kleinot,  ist  durch  ein  Schirmbrett  ersetzt,  ein  im  XIII.  Jahr- 
hundert überaus  beliebtes  Hülfskleinot. 

^  Das  Wappen  stimmt  in  der  Zeichnung  mit  dem  Wettingergrabstein  aus  dem  XIII.  Jahr- 
hundert genau  überein,  ebenso  mit  der  Miniature  auf  dem  Nagler'schcn  Bruchstück  zu  Berlin 
und  zwar  auch  in  den  Farben.     Abweichend  vom  Manesse-(^dex. 


Beilage  zu  Seite   loy. 


Tafel  n. 

Gestickter  Beutel  mit  dem  Wappen  von  Strätlingen. 
(Schweiz.  Landesmuseum.) 


I.Ii-.il 


TT  i:\cfr 


3.  Arcliitektur.  109 

6)  Freiherr  von  GeroldsecJc  oder  twi  Kiensfein,^  iu  gelb  eine  rote  Biude, 
die  sich  auf  dem  Beutelstandkleiuot  wiederholt. 

Das  Stück  ist  ein  Unikum  in  seiner  Art  und  gibt  wiederum  einen  neuen 
Beweis  für  die  allgemeine  und  geschickte  Anwendung  der  Wappen  als  Dekora- 
tionsmotiv. 

3.  Architektur. 

a.  Skulptnr  und  Malerei. 

Bei  der  glänzenden  Entwicklung,  welche  die  Baukunst  im  XIII.  Jahrhundert 
erfuhr,  ist  mit  Sicherheit  anzunehmen,  daß  die  Wappen  nicht  nur  als  Abzeichen 
des  Besitzes,  sondern  auch  als  eigentliches  Dekorationsmotiv  im  Profanbau  an 
Burgen  und  Palästen  verwendet  worden  sind.  Der  plastische  Schmuck  wird  sich 
sachgemäß  mehr  auf  das  Aeußere  der  Bauten,  auf  Fassaden,  Thür-  und  Fenster- 
bekrönungen  beschränkt  haben,  die  Bemalung  mehr  auf  die  Ausstattung  der 
Innenräume,  auf  die  Wand-  und  Deckendekoration.  In  der  kirchlichen  Architektur 
war  der  weltliche  Luxus  und  die  Verherrlichung  weltlicher  Personen  durch  strenge 
Gesetze  und  Ordensregeln  ausgeschlossen,  aber  die  Heraldik  fand  ihren  Eingang 
auf  den  Grabmonumenten  der  weltlichen  Großen,  vorerst  in  bescheidener  Form, 
wie  auf  den  Tumben  der  Grafen  von  Kyburg  und  von  Habsburg  zu  Wettingen. - 
Später  sind  heraldische  Grabsteine  allgemein  bräuchlich  geworden.  Die  zahl- 
reichen Stiftungen  des  Adels  gaben  Anlaß  zur  Anbringung  ganzer  Reihen  von 
Stifter-  und  Benefaktorenwappen,  zu  weltlichen  Votivgemälden  u.  s.  w.,  aber  die 
weltliche  Richtung  des  Clerus  gelangte  erst  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  zum 
Durchbruch  und  öffnete  der  Heraldik  Thor  und  Thür.'^  Diese  bemerkenswerte 
Wandlung  wird  bei  Betrachtung  der  Siegel  genauer  ausgeführt  werden,  denn 
sie  bildet  eine  äußerst  anschauliche  Illustration  zur  Kirchengeschichte  des 
XIII.  Jahrhunderts. 

Zeitgenössische  Beispiele  heraldischer  Architektur  sind  mit  Bestimmtheit 
nicht  anzuführen,  denn  die  stilistische  Datierung  von  1290 — 1310  beruht  auf 
unsicherer  Basis,  weil  sich  Schild  und  Helm  im  Stadium  des  Uebergangs  befinden. 

Zum  Interessantesten  gehört  die  Nachbildung  von  aufgehängten  Schilden 
in  Stein,  welche  die  hölzernen  Originalschilde,  wohl  in  Anbetracht  des  vergäng- 
lichen Materials,  ersetzen  mußten.  Die  Sitte,  Wappenschilde  über  der  Begräbnis- 
stätte   eines    Geschlechtes    aufzuhängen,    war    allerorts    gebräuchlich,^    aber   die 


^  Zürcher  Wappenrolle  Nr.  107.  Geroldseck  hat  mehr  Anspruch  auf  Wahrscheinlichkeit, 
weil  das  Geschlecht  den  übrigen  fünf  Familien  ebenbürtig  ist,  während  die  Kienstein  meines 
Wissens  nicht  freiherrlich  waren. 

-  Vergl.  die  Abbildungen  im  III.  Teil,  5. 

^  Der  Kreuzgang  des  Klosters  St.  Urban  im  Kanton  Luzern,  den  Abt  Ulrich  I.  in  den 
Jahren  1246 — 1249  erbaute,    soll  mit  den  Wappen  der  Guttliäter  ausgeschmückt  gewesen  sein. 

*  Die  Sitte  des  Anbringeus  hölzerner  Totenscliilde  hat  sich  bis  ins  XVII.  Jahrhundert 
erhalten   indem   an  Stelle   der   alten  Kampfschilde   lieraldische  Schmuckstücke   mit  Helm   und 


110  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

Uebertragung  in  Stein  scheint  sich  nur  lokal  festgesetzt  zu  haben,  wie  z.  B.  in 
Basel. "^  Im  Münster,  in  St.  Leonhard,  in  St.  Klara  und  in  der  Predig-erkirche 
findet  sich  eine  mannigfaltige  Auswahl  von  Beispielen,  welche  die  Schilde,  an 
Bändern  oder  Nägeln  aufgehängt,  darstellen  und  von  denen  einzelne  noch  dem 

Xni.  Jahrhundert  angehören.^ 

Heraldisch  verzierte  Fußböden 
entstanden  in  den  Kapitelsälen  der 
Klöster,  in  denen  sich  Grabplatte  an 
Grabplatte  reihte,  bis  der  ganze  Boden 
überdeckt  war.  Zu  den  schönsten  ge- 
hörte derjenige  im  Kloster  Wetfrngcn,^ 
der  in  buntem  Durcheinander  dieRuhe- 

/•/Sr 

Fig.  71.     Pfeilerskulpturen  aus  der  Predigerkirche  statten  der  Klosterstifter  Und  ihrer  Ver- 

nach  Stückelberg. 

wandschaft  bedeckte*  und  der  heute 
noch  intakte  Boden  im  Kapitelsaale  des  weltabgelegenen  Cisterzienserinnenklosters 
Magerau  (Maigrauge)  bei  Freiburg.  ^  Die  polychrome  Ausstattung  der  Innenräume 
war  im  XIII.  Jahrhundert  stark  verbreitet,  denn  sie  entsprach  dem  Bedürfnis 
eines  farbenfreudigen  Geschlechtes.  Unsere  schweizerischen  Beispiele  gehören 
dem  ersten  Dezennium  des  XIY.  Jahrhunderts  an,  aber  sie  können  schon  deshalb 
angeführt  werden,  weil  sie  in  der  Art  der  Dekoration  gewiß  nicht  wesentlich 
von  zeitlich  früheren  Arbeiten  abweichen.  Für  Bemalung  eigneten  sich  die 
Wände,  die  drei  sichtbaren  Seiten  der  großen  Deckenbalken  und  die  enormen 
Mäntel  der  romanischen  und  gotischen  Kamine. 

Wandmalereien    in  Form    eines  Frieses    befanden    sich    in    dem   Turme   zu 
Erstfeld^   im  Lande  Uri,    dem  Sitze  eines  adeligen  Geschlechtes.     Die  Wappen 


Heiradecken  in  reichster  Schnitzerei  und  Bemalung  an  den  Wänden  der  Kirclie  aufgehängt 
wurden.  Von  alten  Beispielen  seien  citiert:  Der  Schild  des  Arnold  von  Brienz  in  der  Kloster- 
kirche zu  Seedorf,  der  Adlerschild  aufValeria,  die  Schilde  in  der  Elisabethenkirche  zu  Marburg, 
in  der  Klosterkirche  zu  Rüti  (jetzt  im  Schweiz.  Landesmuseum),  in  Mariaberg  bei  Rorschach. 
Die  Kirchen  der  deutschen  Reichsstädte,  wie  St.  Lorenz  und  St.  Sebald  in  Nürnberg,  das 
Münster  von  Ulm  etc.  enthalten  hunderte  von  Totenschilden  aus  alter  und  neuerer  Zeit  in  den 
verschiedensten  Formen.    Vergl.   Gerlach,  Totenschilder  und  Grabsteine.    Wien  1897. 

'  Zum  Teil  zusammengestellt  in  den  Sammelbänden  des  Emanuel  Biichel  von  Basel. 

^  In  der  Westminster-Abbey  zu  London  hängen  in  den  Zwickeln  der  spitzbogigen  Blend- 
arkaden der  Langwände  große,  wappengeschmückte  Dreieckschilde,  die  durch  kreuzförmige 
Fesseln  an  je  zwei  Köpfen  seitlich  befestigt  sind. 

^  Der  ehemalige  Bestand  ist  nur  in  einer  Zeichnung  von  E.  SchnUheß- Kaufmann  erhalten 
geblieben,  denn  die  Monumente  selbst  sind  einer  ])ietätsl()sen  Auf  klärungsära  zum  Opfer  gefallen. 

*  Der  Grabstein  des  Stifters,  des  Grafen  Rudolf  von  Rappers wil,  ist  erst  vor  wenigen 
Jahren  in  demoliertem  Zustande  aufgefunden  und  im  Boden  der  Klosterkirche  eingelassen 
worden. 

°  Unter  den  28  Grabsteinen,  welche  die  Ruhestätten  der  Aebtissinnen  des  Klosters  be- 
decken, ist  der  älteste  derjenige  der  Marguerite  von  Neuchätel  (f  l'A'M,  der  neueste  der  Dame 
Madelaine  Batholdi  f  1877.     Abb.  vergl.  Gans,  Archives  heraldiques  Suisses,  1896. 

*  Zellcr-Werdmüller,  Denkmäler  aus  der  Feudalzeit  im  Lande  Uri.  Mitteilungen  der 
Antiquarischen  Gesellschaft  XLVIH.     Zürich  1884. 


3.  Arcliitektur.  W\ 

sind  in  zwei  alten  Kopien  erhalten  geblieben,  von  denen  die  eine  von  Gilr/ 
Tschudi,^  die  andere  von  dem  Liizerner  Stadtscbreiber  Rennwart  Cysat^  herrührt. 
Die  alte  Verwendung  der  Wappen  ist  daraus  nicht  mehr  ersichtlich,  aber  ihrer 
Art  nach  müssen  sie  den  obersten  Streifen  einer  Saalwaud  geziert  haben.  Sie 
sind  paarweise  zusammengestellt,  die  einfachen  Dreieckschilde  gegen  einander 
geneigt.  Ein  mächtiger  Kübelhelm  mit  Kleinot  und  eng  anschließender  Helm- 
decke ruht  auf  dem  Obereck  des  Schildes.^  Dem  Inhalte  nach  bilden  diese  Wappen 
ein  buntes  Sammelsurium  und  gehören  hochadeligen  Geschlechtern  aus  deutschen 
und  romanischen  Landen  au,  mit  Ausnahme  einer  geringen  Anzahl  von  Dienst- 
adel aus  der  Nachbarschaft.  Wem  und  welchem  Umstaude  der  merkwürdige 
Schmuck  seine  Entstehung  verdankt,  ist  bis  heute  unbekannt.  Vielleicht  hat 
der  ritterliche  Hausherr  das  Gelaß  zur  Erinnerung  an  fremde  Kriegszüge  und 
Waffengefährten  also  ausmalen  lassen,  vielleicht  zum  Empfange  eines  hohen 
Besuches,  der  auf  dem  Wege  nach  Italien  hier  Einkehr  hielt  oder  es  ist  vom 
Maler  eine  beliebige  Wappensammlung  schablonenmäüig  kopiert  worden. 

Das  Bemalen  der  ganzen  Wandfläche  durch  regelmäläige  Wiederholung 
von  Schilden  oder  freien  Schildbildern  mag  häufiger  angewendet  worden  sein, 
besonders  wenn  sich  eine  eigentliche  Musterung  daraus  ergab,  wie  bei  dem 
Bestreuen. 

Einer  zweckmäßigen  und  äußerst  dekorativen  Deckenbemaluug  l)egegnen 
wir  im  Hause  zum  Loch^  an  der  Römergasse  in  Zürich,  das  dem  ritterlichen 
Geschlechte  der  Wisso  gehörte.^  Die  Unterseite  der  Balken  war  mit  romanischen 
Blattwerkornamenten  verziert,  die  Zwischenfelder  an  der  Decke  mit  getupften 
Quadersteinen.  Die  heraldische  Malerei,  bestehend  aus  zirka  zweihundert  Wappen- 
schilden, verteilte  sich  auf  die  senkrechten  Seitenflächen  der  Balken,  in  Reihen 
von  16 — 17  aufrecht  neben  einander  stehenden  Schilden.^  Obwohl  nur  roh  und 
flüchtig  in  Leimfarbe  aufgemalt,  wirken  sie  äußerst  günstig  als  farbig-buntes 
Ornament.  Auf  den  dem  Lichte  zugedrehten  Balkenseiten  sind  die  Wappen  von 
Kaiser  und  Reich,  von  Grafen,  Freiherrn  und  Rittern  dargestellt,  die  zum  Hause 
Habsburg  in  Beziehung  standen,  auf  den  Schattenseiten  diejenigen  des  stadt- 
zürcherischen  Adels,  der  Nachbarn  und  Bundesgenossen  Zürichs,  thurgauischer 
Edelu  und  Dienstleute  des  Klosters  St.  Galleu  u.  s.  w.     Diesen  bunten  Schmuck 


'  Manuskriptwappenbuch  auf  der  Stiftsbibliothek  zu  St.  Gallen.  Alte  Kopie  auf  der 
Zürch.  Stadtbibliotek  Msc.  A. 

^  Msc.  124  Stadtbibliothek  Luzern.  Cysat  schreibt  dazu:  „Dise  nachfolgenden  Wappen 
hab  ich  bekommen  und  abmalen  lassen  uss  dem  alten  Thurn  so  vor  zytten  ein  adeliger  Sitz 
gewäsen  zu  Oerschfelden  oder  Erstfelden.  Ein  stund  wegs  ob  Altorf  im  Land  Uri  gegen  dem 
gebirg  gelegen.     Anno  1590." 

3  Vergl.  Fig.  33.  51.  52.  56.  57. 

*  Wandmalereien  in  der  Stiftskirche  von  Payerne,  rote  Mauriziuskreuze  auf  schwarz. 

^  ZeUer-Werdmiiller ,  Die  herald.  Ausschmückung  einer  zürch.  Ritterwohnung.  Mitteilungen 
der  Antiq.  Gesellschaft  XXXVIII.    Zürich  1874.    Kopie  im  Schweiz.  Landesmuseum  in  Zürich- 

«  Vergl.  Fig.  23,  24.  27.  28.  30.  32. 


112  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

muM  der  Saal  in  den  Jahren  1305 — 1306  erhalten  haben  ^  und  zwar  unter  dem 
Ritter  Wisso  Wiß,^  der  1315  am  Morgarten  fiel.  Die  aus  den  Wappen  hervor- 
gehende Datierung  wird  dadurch  bestätigt,  daß  König  Albrecht  aus  dem  Hause 
Habsburg  im  Jahre  130Ö  in  Zürichs  Mauern  weilte  und  daselbst  den  Karlstag 
feierte,  wohl  in  Begleit  eines  zahlreichen  Gefolges  edler  Herren. 

Eine  ähnliche  Bemalung  der  Deckenbalken  hat  sich  in  einem  Saale  des 
Schloßes  Valeria  ob  Sitten  erhalten.^  Sämtliche  Balken  sind  farbig  bemalt, 
abwechselnd  weiß-schwarz  geschacht  und  mit  schwarzen,  resp.  weißen  Rosen 
besetzt,  aber  der  heraldische  Schmuck  beschränkt  sich  auf  den  Balken  über  dem 
Kamin  und  auf  einige  Spuren  an  der  Kaminwand.  Die  senkrechte  Vorderseite 
des  Balkens  trägt  in  roher  Zeichnung,  mit  starken,  schwarzen  Schildkonturen 
die  sechs  Waj)penschilde*  der  Grafen  von  Welsch- Burgund  (Bourgogne  en  Franche- 
Comte),  des  Delphins  von  Viennois,  der  Grafen  von  Genf,  des  Königs  von  Frankreich 
(mit  Lilien  besät),  der  Grafen  von  Savoyen  und  des  Königs  von  England  (in  rot 
oder  schwarz  drei  weiße  oder  gelbe  Leoparden). 

In  dieser  Art  mag  noch  manches  ritterliche  Gelaß  geschmückt  gewesen 
sein,  und  in  seinen  Wanddekorationen  die  Beziehungen  und  Verwaudschaften 
seiner  Besitzer  dem  Gaste  verkündet  haben,  aber  die  Zeit  ist  vernichtend  darüber 
hinweg  geschritten  und  hat  dem  Forscher  diese  Quellen  verschüttet. 

b.  Backsteine. 

Schon  vor  Mitte  des  Jahrhunderts  kommen  figürlich  verzierte  Backsteine 
vor  zur  Bildung  von  Fliesenböden  in  Burgen^  und  Kirchen  und  als  willkürlich 
eingebaute  Ausschmückungen.  Die  Figuren  sind  aber  gewöhnlich  symbolische 
und  keineswegs  heraldische  Bilder  auch  wenn  sie  die  Wappentiere  bekannter 
Geschlechter,  wie  z.  B.  den  Elefanten  der  Grafen  von  Helfenstein  darstellen.^ 
Anders  verhält  es  sich  mit  Backsteinen  von  St.  Urban,  welche  wirkliche 
Wappenschilde  zeigen. 

Das  Kloster  St.  Urban, ^  das  1254  durch  die  Herren  von  Luternau  und  1291 


'  Die  drei  ersten  Schilde  des  vierten  Balkens  sind  für  die  Datierung  bestimmend.  Im 
ersten  erscheint  das  Reich,  im  zweiten  das  Wappen  von  Habsburg,  im  dritten  ein  weißes  Pedum 
in  rot,  das  sich  in  dieser  Zusammenstellung  nur  auf  den  Kanzler  König  Albrechts,  Johannes, 
beziehen  kann,  der  in  den  Jahren  1805  und  1306  Bischof  von  Eichstätt  (in  Mittelfranken)  war. 

''  Verg.  Zeller,  S.  6.  Die  beiden  ersten  Schilde  des  ersten  Balkens  zeigen  das  alte  und 
das  neue  Wappen  der  Wisso. 

^  Die  Malerei  wurde  erst  kürzlich  biosgedeckt  und  bestimmt. 

*  Die  Wappen  köiuiten  sich  auf  die  Verwandtschaft  Peters  des  Großen  von  Savoyen  be- 
zielien,  nur  bleibt  unerklärlich,  warum  sie  im  Schloße  des  Domherrnkapitels  von  Notre  Dame 
de  Valere  angebracht  worden  sind. 

''  Vergl.  Ferdinand  Vetter,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde.  Ausgi'abungen  auf 
Schloß  Altbüron. 

*  Im  rhätischen  Museum  zu  ('hur. 

'  Ueber  die  Backsteine  von  St.  Urban  vergl.  Mahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in 
der  Schweiz,  S.  394.  395.    Statistik  des  Kantons  Luzern.    Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde 


Beilage  zu  Seite   1 12. 


Tafel  III 

Wappenbacksteine  von  St.  Urbau. 


!II  9ihä  US  9^fiIfdS 
:'l  zwar  unt- 


«  ilte  und  daselbst  den  KarktüL: 
dler  Herren. 

ii    Jiat    sich  Ic  des 

.       , .....ue   B->n.,.M    -  ....polf 

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inois,  der  Grafen  von  Genf,  d-  /.o«  Frankreich 

rrafen  r  nä  des  Königs  vov  England  (in  rot 

kt  gewesen 

vdneu  Wanddekoif^ti-otMiH   t^t    Bezieh unefen   und  Verwaudschaften 

tzer  dem  Gaste  verktümoot  Tialjcii,  aber  "rhtend  darüber 

-chritteu  utv]  hat   <L'mi   Fursrli*-!-  (li(\so  ^'u<  ;!l/  = 
.rtßdiU  J8  aoT  snisdasfoßdasqqßW 

b.  Hacksteine. 

iahrhuuderts   iv  niinon  figürlich  verzierte  ßacksteiii' 

zur  Bilduii.  'iböden  in  ]■  iid  Kirchen  und  als  willkürlich 

lute  Aus  -er  gewöhnlich  symbolische 

,10   die  ^''  'iero   bekannter 

ren  von  in  darstellen.® 

■xy'w    vort    St.  U;  lehe   wirkliche 

■n. 
.  r  i5t.  Urbau,  •  (las  12-'>4  »i  Herren  von  Luternau  und  12W1 

11  Schilde  des  vierten  Balkens  siif  l)estiiniuend.    Im 


von  Eichstall  (in  Mittoltraukeuji  war. 

.   ...V.:,.,.    i:,!!.,.,..    v,.;.,,:,   -ii.   ■.u^'iiiwl 


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>ciz.  Altertniniikunde.    Ausgrabungen  auf 


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3.  Architektur. 


113 


durch  die  Freiherren  von  Utzingen  verbrannt  worden  sein  soll,  war  während 
mehrerer  Jahrhunderte  ein  Zentrum  der  Backsteinfabrikation.  Vermutlich  ist 
sie  von  französischen  Ordensbrüdern  eingeführt  und  speziell  für  den  eigenen 
Klosterbau  bestimmt  gewesen,  später  aber  von  den  Mönchen  in  ausgedehntem 
Maße  weiter  betrieben  worden.  Funde  in  den  Schlössern  Straßberg,  Alt-Büron 
und  Neu-Bechburg  beweisen,  daß  diese  Backsteine  auch  zu  Profanbauten  geliefert 
wurden.  Die  Steine  sind  an  den  freistehenden  Seiten  mit  Flachreliefs  geschmückt, 
die  man  mit  Model  der  noch  weichen  Thonerde  auf- 
drückte Neben  den  verschiedensten  Ornamenten,  neben 
Tierfiguren  und  Halbwesen  in  Rund-  und  Vierpässen, 
kommen  Darstellungen  aus  der  Tierfabel,  heraldische 
Löwen,  Adler  und  Wappenschilde  vor.  Je  nach  der 
zur  Verfügung  stehenden  Fläche  sind  größere  oder 
kleinere  Bilder,  mehr  oder  weniger  Teile  einer  fort- 
laufenden Bilderreihe,  augebracht  worden.  (Die  Model 
waren  off'enbar  so  leicht  zu  handhaben,  daß  sich  jedes 
einzelne  Bild,  auch  mitten  aus  einer  Reihe  heraus,  ab- 
drucken ließ.)  So  sollen  z.  B.  in  dem  Kreuzgange  des 
Klosters  vorwiegend  Backsteine  mit  Wappenschilden  der 
Eptingen  und  Bahn  zu  sehen  gewesen  sein,  weil  Wernher 
von  Eptingen,^  Chorherr  zu  Zofingen,  und  Freiherr 
Rudolf  von  Bahn  diesen  Bau  besonders  gefördert  hatten 
[1256].)  Der  neuesten  Forschung  zufolge^  gehen  alle 
heraldischen  Schildreliefs  auf  zwei  Model  zurück.  Jedes 
stellt,  von  einer  einfachen  Randlinie  umschlossen,  sieben 
senkrechtstehende,  eng  aneinandergerückte  Wappen- 
schilde von  Gutthätern  des  Klosters  dar.^  Die  Zwickel 
zwischen  den  Schilden  sind  mit  mannigfaltigen,  sym- 
metrisch stilisierten  Pflanzenornamenten  ausgesetzt,  deren 
Reliefliöhe  hinter  derjenigen  der  Schilde  zurück  bleibt, 
um  nicht  störend  auf  die  Schildbilder  einzuwirken.  Die  Schilde  selbst  sind 
3 — 4  mm  über  dem  Grund  erhaben,  mit  scharfen,  überragenden  Randlinien, 
7,9  cm  hoch  und  6,7  cm  breit.    Die  noch  längliche  Schildform  variert  in  mehr 


Fig.  72.    Waö'enrock  des 

Herrn  von  Swanegow. 

(Manesse-Codex.) 


IV,  80,  V,  247.  —  Hamman,  Briques  Suisses,  ornees  de  bas-reliefs  du  XIII'"'=  siecle.  (Memoires 
de  l'Institut  national  Genevois,  XII  und  XIII.  —  v.  Liehenau,  Zur  Baugeschichte  des  Klosters 
St.  Urban.  Anzeiger  IV,  437  u.  s.  w.  Während  der  Drucklegung  ist  eine  erschöpfende  Arbeit 
über  dieses  interessante  Material  erschienen,  auf  das  zum  näheren  Studium  ver-wiesen  sei.  — 
Zemp,  Die  Backsteine  von  St.  Urban  in  der  Festgabe  zur  Eröffnung  des  Schweiz.  Landesmuseums 
in  Zürich,  1898. 

^  V.  Liehenau,  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  438. 

■^  Rekonstruktion  im  Schweiz.  Landesmuseum. 

^  Die  beiden  Formen  scheinen  ursprünglich  ein  Stück  gebildet  zu  haben,  (Schildspitzen 
nach  außen  gekehrt)  und  erst  zum  handlicheren  Gebrauche  entzwei  geschnitten  worden  zu  sein. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  O 


114  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

oder  minder  geschweiften  Seitenlinien,  die  in  spitzen  oder  rechten  Winkeln 
an  den  geraden  obern  Rand  stoßen,  sie  ist  also  schon  im  Uebergang  zur  kurzen, 
auf  den  Seiten  geraden  und  nach  unten  stark  gebogenen  Form  begriffen.  Die 
Figuren  sind  in  möglichster  Größe  und  mit  dekorativem  Geschick  in  den  Schild 
hinein  gelegt,  aber  ihre  Form  ist  roh  und,  in  Bezug  auf  die  Löwen,  absolut 
unnatürlich.  Denn  sie  sind  nicht  wie  die  Adler  (durch  Schnabel  und  Fänge) 
charakterisiert,  sondern  sie  besitzen  eine  große  Aehnlichkeit  mit  Pferden.  Besser 
als  die  Tiei-figuren  sind  die  übrigen  Gegenstände,  das  Thor  der  Torberg  und 
das  Ruder  der  Ruoda,  aber  hervorragend  in  dekorativer  Beziehung  sind  nur 
die  Muster  zur  Belebung  der  glatten  Schildflächen  und  der  Heroldsfiguren.  Das 
fortlaufende  Netzmuster  ist  je  nach  der  Art  des  Feldes,  nach  der  Einfachheit  und 
Kompliziertheit  der  Begrenzungslinie,  weitmaschig,  mit  kräftigen  sternförmigen 
Ornamenten  besetzt  oder  als  feines  Gitter  gehalten,  um  der  Klarheit  der  Linie 
keinen  Abbruch  zu  thun  (Torberg,  Balm).  Die  Löwen  und  Adlerschilde  sind 
ungemustert  und  der  gespaltene  Schild  von  Balm  auf  derjenigen  Seite  damasziert, 
auf  welcher  die  Figur  einen  größeren  Raum  übrig  ließ.  Diese  Ornamente  sind 
dem  Verlangen  entsprungen,  für  die  Farben  einen  Ersatz  zu  gewinnen.  Für 
bestimmte  Farben  sind  keine  bestimmten  Muster  verwendet  worden,  wohl  aber 
kann  die  Regel  als  sicher  gelten,  daß  im  selben  Schilde  für  gleiche  Farben 
gleiche  Muster  und  für  verschiedene  Farben  ungleiche  Muster  zur  Verwendung 
kamen.  Im  zweimal  geteilten,  schwarz-weiß-roten  Schild  von  Bechburg  ist  das 
oberste  (schwarze)  Feld  mit  Rautenmuster,  das  mittlere  (weiße)  ungemustert  und 
das  unterste  (rote)  mit  Kugelmuster  besetzt,  während  im  gespaltenen  Schilde 
von  Aarwangen  die  rechte  Hälfte  und  der  gleichfarbige  Querbalken  der  Linken 
dasselbe  Muster  tragen.  Prächtige  Variationen  werden  durch  Verschiebung  der 
Netzzeichnung  zu  Quadraten,  länglich-schmalen  oder  breitgedrückten  Rauten 
erzielt,  welche  in  geschickter  Anpassung  an  die  Schildfigur  ausgewählt  sind. 
Die  Wirkung  dieser  Backsteine  ist  eine  ausgezeichnete,  besonders  in  seitlicher 
Beleuchtung. 

Das  eine  ModeP  trägt  über  jedem  Schilde  in  gotischer  Majuskelschrift 
und  durch  Kreuze  von  einander  getrennt  den  Namen  des  Geschlechtes.  Die 
Schriftcharaktere  weisen  wie  die  Schildform  auf  das  Ende  des  XHL^  oder  den 
Anfang  des  XIV.  Jahrhunderts.  "^  Das  Vorkommen  des  Balm'schen  Wappenschildes, 
der  nach  der  Aechtung  und  Bannisierung  seines  Trägers  gewiß  nicht  auf  den 
klösterlichen  Backsteinen  angebracht  worden  wäre  (1308),  spricht  ebenfalls  für 


^  Ein  Vergleich  dieser  Schildereien  mit  Wappensiegeln  weist  sie  dem  letzten  Viertel  des 
XIII.  Jahrhunderts  zu. 

^  Nach  V.  Liebenau  sollen  die  Bechburg  und  Torberg  erst  1314  in  Beziehungen  zum  Kloster 
getreten  sein,  aber  Hahn  weist  schon  in  seiner  Kunstgeschichte,  S.  895  darauf  hin,  daß  es 
keiner  urkundlichen  Beweise  bedürfe,  um  Wappenverzierungen  zu  erklären. 

*  Das  Wai)i)en  der  Frcihcrn  von  Utzingen,  welche  zu  Ende  des  Jahrhunderts  dem  Kloster 
feindlicli  gesinnt  waren  (bis  zirka  IHül)  und  es  geschädigt  und  sogar  verbrannt  liaben  sollen, 
wäre  wohl  im  XIV.  Jahrhundert  kaum  mehr  reproduziert  worden. 


4.  Die  Malerei.  115 

diese  Datierung.    Zum  Schlüsse  folgt  die  Beschreibung  der  auf  den  Modeln  ab- 
gebildeten Wappeuscliilde.^ 

Erstes  Model  ohne  Schrift,   52  cm  lang  und  9,4  cm  lioch:^ 

1.  Frohurg  (Grafen),  in  gelb  ein  gevehter  Adler,  der  Adler  ist  ungemustert, 

2.  Arberg  (Grafen),  in  rot  ein  gelber  Pfahl  mit  drei  schwarzen  Sparren  belegt. 

3.  Bechburg    oder   Falkenstein  (Freiherrn), ^   zweimal    geteilt:    schwarz-weiß-rot. 

4.  Balm  (Freiherrn), '^  ausgestorben  1308,  ein  roter  Leu  im  weiß  und  blau 
gespaltenen   Felde. 

5.  Grimenberg  (Freiherrn),  in  weiß  ein  grüner  Sechsberg. 

6.  Kien  (Freiherrn)  ^  im  Berneroberland,  zwei  kreuzweis  gelegte  Adlerfänge. 

7.  Utzingen  (Freiherrn), ^  in  weiß  ein  grünes  Kleeblatt. 

Zweites  Model  mit  Inschriften,  53,5  cm  lang  und  9,8  cm  hoch: 

1.  Torhercli  (v.  Torberg,  Bern),  in  rot  ein  weißes,  offenstehendes  Thor. 

2.  Ifendal  (v.  Iffental),^  in  gelb  ein  steigender  roter  Leu  mit  dünnem,  schwarzem 
(blauem)  Querbalken. 

3.  ButUncun  (v.  Büttikon),^  fünfmal  schräg  rechts  geteilt  von  rot  und  weiß- 
blauem Eisenhutmuster. 

4.  Be  Arivang  (v.  Aarwangen), ^  gespalten  von  schwarz  und  von  weiß  mit  schwarzem 
Querbalken  oder  umgekehrt. 

5.  De  Epting  (v.  Eptingen),    in  gelb  ein  schwarzer,  wagrecht  gestellter  Adler. 

6.  De  Bouda  (Aargau),  in  blau  ein  weißes  Ruder. 

7.  Kienberch,  schräg  rechts  geteilt  von  schwarz  mit  weißem  Linksschrägbalken 
und  von  gelb. 

4.   Malerei. 

a.  Glas^emälde. 

Die  Werke  der  Malerei  gehören  in  der  Frühgotik  zu  den  seltensten  Kunst- 
denkmälern. Die  Rosette  im  südlichen  QuerschiiF  der  Kathedrale  von  Lausanne  ^° 
bietet  das  einzige  Beispiel  einer  Ausschmückung  mit  Glasgemälden  aus  dem  letzten 
Viertel   des  Jahrhunderts.     Aber   ihre  Darstellungen    sind   bildlich-symbolischer 

'  Das  erste  Model  enthält  Wappen  von  Grafen  und  Freiherrn,  das  zweite  solche  des 
niederen  Adels,  die  wohl  deshalb  mit  dem  Namen  bezeichnet  sind,  weil  sie  weniger  bekannt  wai'en. 

^  Ein  Rundsiegel  des  Grafen  Heinrich  von  Falkenstein  vom  Jahre  1274  zeigt  dieselbe 
Damaszierung  der  Felder  (1.  Gitter,  2.  leer,  3.  Kugeln).  Auch  der  Stellung  nach  deutet  das 
Wappen  auf  Falkenstein,  nicht  auf  Bechburg. 

^  Die  Begräbniskapelle  ward  vor  1287  im  Kloster  erbaut. 

*  Hugo  von  Kien  stiftet  1197  ein  Begräbnis. 

'"  Die  Wappenfigur  findet  sich  am  ähnlichsten  auf  einem  Rundsiegel  des  Werner  von  Kien 
von  1277 ;  im  XIV.  Jalu-hundert  ändert  sie  die  Form  gänzlich. 

"  Begräbniskapelle  im  Kloster.  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  437. 
'  Begräbniskapelle  im  Kloster.  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  437. 
^  AValter  de  Arwangen  stiftet  ein  Begräbnis  im  Kreuzgang  anno  1303. 

*  Euhn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz,  S.  566—570. 

'"  RaJtn,  Die  Glasgemälde  in  der  Rosette  der  Kathedrale  in  Lausanne.  Mitteilungen  der 
Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich  Bd.  XX,  2.  Heft. 


116  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

Art,  ohne  jedwelchen  Anklang  an  heraldische  Abzeichen.  Während  z.  B.  in  der 
Klosterkirche  von  Orbais ^  (Marne)  schon  1234  Wappenschilder  in  den  mit 
Heiligenbildern  geschmückten  Kirchenfenstern  erecheinen,  sind  bei  uns  die  ersten 
nachweisbaren  Beispiele  erst  zu  Anfang  des  XIY.  Jahrhunderts  zu  finden.  Die 
Kirchenfenster  ^  von  Blumenstein,  Könits  und  Königsfelden  tragen  zu  Füßen  der 
Heiligenbilder,  als  omamentalen  Abschluß  nach  unten,  einfache,  senkrecht 
stehende  Stifterschilde  auf  farbigem  Grunde,  die  in  technischer  und  stilistischer 
Hinsicht  mit  den  oben  citierten  französischen  Beispielen  übereinstimmen.  Die 
Malerei  beschränkt  sich  auf  die  Bemalung  der  farbigen  Gläser  mit  Schwarzlot, 
welche  als  musivische  Arbeit  durch  sog.  Bleiruten  zusammengehalten  werden. 
Wie  geschickt  die  Meister  den  Darstellungsschwierigkeiten  zu  begegnen  wußten, 
geht  z.  B.  aus  der  Herstellung  des  Schildes  von  Frankreich^  hervor  (im  blauen 
Felde  mit  Lilien  besät).  Unter  den  Trümmern  des  Schlosses  Alt-Büron^  sind 
Ueberreste  von  Blei  und  Glas  gefunden  worden,  deutliche  Spuren,  daß  die  Sitze 
des  reichen  Adels  schon  im  XHI.  Jahrhundert  mit  Scheiben  geschmückt  waren. 

b.  Miniaturen. 

Wichtiger  und  hervorragender  als  die  Glasgemälde,  eine  reiche  Fundgrube 
für  Kunst  und  kulturgeschichtliche  Forschungen,  sind  die  Miniaturen.  Von  dem 
großen  Handschriftenzyklus,  der  in  unseren  Gegenden  entstanden  ist,  tragen  die 
ersten  Werke  noch  ganz  den  Charakter  des  XIH.  Jahrhunderts.'' 

Vergleichende  Studien  an  Einzelheiten  des  Kostüms  und  der  Architektur, 
sowie  die  Art  und  Weise  der  Zeichnung  und  des  Illuminationsverfahrens,  weisen 
auf  eine  Zusammengehörigkeit  der  Handschriften  untereinander  hin,  bezeugen 
aber  auch  ihre  zeitlich  verschiedene  Entstehung.  Sie  führen  zu  der  Annahme, 
daß  irgendwo  eine  Miniatorenschule  bestanden  habe,  aus  der  im  Laufe  eines 
halben  Jahrhunderts  eine  ganze  Reihe  von  Werken  hervorgegangen  sind.  Drei 
Städte  scheinen  zu  Ende  des  Jahrhunderts  die  Vorbedinafunofen  dazu  besessen 
zu  haben,  Zürich  als  Zentrum  des  ritterlichen  Lebens  und  Minnesanges,  Konsfans 
als  bischöfliche  Metropole  und  St.  Gallen,'^  das  seit  der  Zeit  der  Karolinger  als 
Kunststätte  berühmt  war.    Welcher  Stadt  die  Ehre  des  Sitzes  zukommt,  ist  für 


'  M^moires  de  la  Societe  des  Antiquaires  de  France,  Vol.  34. 

'-'  In  Deutschland  befinden  sich  im  Kittersaale  zu  Erbach  Glasgemälde  mit  heraldischen 
Schildereien  aus  dem  XIII.  Jahrhundert. 

^  Hahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz,  S.  609  flf.  --  v.  Midlnen  und 
Thormann,  Die  Glasgemälde  der  bernischen  Kirchen.     Bern  1896. 

*  Abb.  in  Memoires  de  la  Societe  des  Antiquaires  de  France,  Vol.  84. 
■*  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  1885,  S.  201. 

*  Vgl.  Zemj),  Die  Schweiz.  liilderclironiken  des  XV.  und  XVI.  Jalirliunderts.  Zürich  1897. 
S.  2  und  y. 

'  Die  politischen  Zustände  der  Abtei  waren  wenig  geeignet,  künstlerischen  Arbeiten  Vor- 
schub zu  leisten,  aber  zwei  j)nu'htige  Konventsiegel  beweisen,  daß  Abt  Willielm  auch  Künstler 
zur  Verfügung  standen.  Vergl.  Arcliives  lieral(li(iues  Suisses  1898,  I  und  Ocvhsli,  (j)uellenbucli 
zur  Schweizergeschichte  II,  S.  226. 


4.  Die  Malerei.  117 

die  Kunstgeschichte  nicht  von  Belang,  denn  die  treibenden  Faktoren  waren  un- 
gefähr dieselben,  und  der  rege  Verkehr,  der  besonders  zwischen  Zürich  und 
Konstanz  herrschte,^  gestattete  eine  Förderung  des  nämlichen  Werkes  in  beiden 
Städten  zugleich.  Die  schwierige  Beschaffung  des  textlichen  und  bildlichen 
Materials  selbst  rechtfertigt  diese  Annahme  und  setzt  einen  kundigen  und  äuiaerst 
fleißigen  Sammler  voraus.^  Die  Verwandtschaft  mit  französischen  Miniaturen  ist 
schon  anderweitig  erwähnt  worden,  aber  direkte  Nachbildungen  nach  französischen 
Originalen  hat  erst  eine  jüngst  gemachte  Entdeckung  geliefert.'^  Erst  im  Zu- 
sammenhange mit  den  Werken  des  XIV.  Jahrhunderts  wird  es  mir  möglich  sein, 
den  Beweis  für  die  von  mir  aufgestellte  Reihenfolge  und  Datierung  zu  erbringen, 
welche  folgendermaßen  lautet: 

Weltchronik  des  Rudolf  von  Hohenems  in  St.  Gallen   1280—1801. 
Weingartner  Liederhandschrift  um  1300. 
Wappenrolle  von  Zürich  um  1320. 
Manesse-Codex  um  1320 — ^1340. 

Ein  Vergleich  der  St.  Galler- Weltchronik  des  Rudolf  von  Hohenems  mit 
Miniaturen  des  XII.  Jahrhunderts  (z.  B.  des  Petrus  de  Ebulo  zu  Bern)  zeigt,  daß 
die  Kluft  zwischen  den  beiden  Manuskripten  gar  nicht  so  groß  ist,  wie  gewöhnlich 
angenommen  wird.  Der  Datierung^  dieser  ersten  Redaktion  der  Weltchronik 
stellen  sich  weder  stilistische  noch  historische  Gründe  entgegen.  Architektur 
und  Gewandung,  die  steife  schematische  Zeichnung,  die  mandelförmigen,  von 
langen  Augenbrauen  überspannten  Augen,  Schild,  Helm,  Schwert  und  Fahne 
gehören  dem  XHI.  Jahrhundert  an.^  Da  Rudolf  von  Ems,  ein  Dienstmann  der 
Grafen  von  Montfort,^  die  Chronik  nach  1250  angefangen  hat  und  1256  gestorben 
ist,  so  ist  es  nicht  unmöglich,  daß  ein  Verwandter  seines  Lehensherrn,  Graf 
Wilhelm  von  Montfort,  Abt  zu  St.  Gallen  von  1281—1301,'  das  Werk  über- 
nommen hätte,  um  es  von  einem  seiner  Mönche  illustrieren  und  fortführen  zu 
lassen.  In  der  ganzen  Ausstattung  der  Handschrift  liegt,  wie  schon  bemerkt, 
kein  einziges,  gegen  das  XIII.  Jahrhundert  zeugendes  Argument,  Diese  Hypothese 
gewinnt  insofern  an  Halt,  als  das  Manuskript  sich  in  St.  Gallen  befand  und  heute 


'  Yergl.  Bahn,  Kunst-  uud  Wanderstudien  in  der  Schweiz,  S.  89.  90.  Zürich  1888.  — 
Im  „Herold"  1898,  Nr.  10,  sucht  Graf  E.  Zeppelin  den  Nachweis  zu  erbringen,  daß  der  Hand- 
schriftencyklus  allein  in  Konstanz  habe  entstehen  können.  Wir  bedauern,  hier  nicht  näher  auf 
die  interessante  Forschung  eingehen  zu  können;  für  uns  erschöpft  sie  die  Frage  keineswegs. 

^  Der  Name  „Manesse  Codex"  ist  deshalb  beibehalten  worden,  weil  die  Sammelarbeit  der 
beiden  Manesse  für  den  Codex  außer  Zweifel  steht. 

^  Die  Miniaturen,  Ausschnitte  aus  einer  Chronik  des  XIII.  Jahrhunderts,  befinden  sich 
in  Privatbesitz  und  haben  den  Blättern  42  und  82  direkt  oder  indirekt  als  Vorbild  gedient. 

*  Beschreibung  bei  Zemp,  S.  4  8.  —  Bahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der 
Schweiz,  S.  643. 

^  Topfhelm,  zweilappige  Speerfahne. 

^  Bächtold,  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  in  der  Schweiz.    Frauenfeld  1887.    S.  96  ff. 

'  V.  Mülinen,  Helvetia  Sacra.    Bern  1858. 


118 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


noch  befindet.     Indem   ich    an    dieser  Stelle  auf  eine  Beweisleistung  verzichten 
muß,  sollen  nur  in  Kürze  die  heraldischen  Einzelheiten  berührt  werden. 

Neben  der  zu  Ende  des  Jahrhunderts  gebräuchlichen  Dreieckschildform  mit 
spitzen  Oberecken,  erscheint  ein  ebenfalls  dreieckiger,  aber  bedeutend  größerer 
und  gewölbter  Setzschild. ^  Während  diese  zwei  Arten  mit  heraldischen  Bildern 
geschmückt  sind,  tragen  die  beiden  andern  Schildformen  willkürliche  Verzier- 
ungen. Die  kleinen  Ruudschilde  sind  mit  rosettenartigen  Eisenverstärkungen 
versehen  und  die  bei  der  Erstürmung  einer  Burg  von  den  Angreifern  gebrauchten 
großen  Normannenschilde  ^  in  den  verschiedensten  Farben  unheraldisch  bemalt. 
Die  Schildbilder  beschränken  sich  mit  wenigen  Ausnahmen  (Adler,  Leu,  Drache, 


Fig.  73.     Schilde  aus  der  Weltchronlk  des  Rudolf  v.  Hohenems  und  der  vita  Karoli. 


menschlicher  Kopf,  roter  Stern)  auf  schwarze  Figuren  und  tragen  den  Charakter 
von  Schildverstärkungen.  Die  Form  der  Tiere  ist  steif  ornamental,  der  Adler 
sogar  ohne  Fänge  dargestellt,  aber  die  übrigen,  nicht  in  den  Schilden  geführten 
Figuren  zeigen  zur  Genüge,  daß  die  sog.  „Stilisierung"  nicht  beabsichtigt,  sondern 
unwillkürlich  ist,  indem  sie  der  Ungeschicklichkeit  des  Miniaturmalers  und  dem 
Streben  nach  Raumfüllung  entsprang. 

Von  den  Helmarten  ^  scheint  der  oben  flache  und  ganz  altertümlich  aus- 
sehende Topfhelm  den  Anführern  vorbehalten  zu  sein,  da  die  einfachen  Krieger 
hohe,  spitze  Helme  oder  die  Panzerkappe  tragen. 


'  Dieselbe  Schildform  findet  sich  schon  im  Codex  des  rcfrus  de  Ebulo. 

^  Abb.  bei  Zemp,  S.  5. 

^  Vgl.  Kästchen  von  Attinghusen. 


4.  Die  Malerei. 


119 


Der  über  das  Panzerhemd  gelegte,  ärmellose  Waffenrock  reicht  bis  aufs  Knie 
des  Kriegers  und  ist  gleich  der  Pferdedecke  einfarbig,  ohne  Wappenfiguren  oder 
Schilde,  aber  mit  feinen  Strichmustern  verziert. 


Fig.  74.     Miniaturen  aus  der  Weltchrouik  und  der  vita  Karoli. 


Vita  Karoli  Magni  von  Stricl<er. 

Die  vita  Karoli  magni,  ^  welche  sich  an  die  St.  Galler  Weltchronik  des  Rudolf 
von  Ems  anschließt,  ist  von  der  gleichen  Hand  illustriert  worden  und  zeigt  die- 
selben, ins  XIII.  Jahrhundert  deutenden  Merkmale.  In  den  Schlachtenbildern 
erscheinen  blaue  (eiserne)  und  gelbe  (vergoldete),  oben  flache  Topfhelme.  Ihr 
Schmuck  besteht  aus  Krone  oder  Inful,    denn  sie  werden  nur  von  König  Karl, 


Das  Manuskript  ist  der  Weltchrouik  beigebunden. 


120 


in.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


dem  Recken  Roland,  dem  feindlichen  Fürsten  und  dem  Erzbischof  Turpin  ge- 
tragen. Die  schwierige  Beschaffung  und  die  reiche  Ausschmückung  des  Topf- 
helmes läßt  uns  den  Schluß  ziehen,  daß  er  nicht  von  dem  gesamten  ritterlichen 
Heere,    sondern  nur  von   den  Anführern   und   den  reicheren  Herren  gebraucht 

worden  sei. 

Weingartner  Liederhandschrift.* 

Schild  und  Helm  sind  dem  Bilde  des  Minnesängers  meist  beigegeben,  aber 
nicht  im  Zusammenhang  mit  den  Figuren,  sondern  zu  Häupten  oder  zu  Seiten 
derselben,  gleichsam  als  nähere  Bestimmung.  Sie  erscheinen  bald  zusammen- 
gestellt^ (Helm  auf  der  Oberecke  des  geneigten  Schildes),  bald  nebeneinander  (h). 


Fig.  75.     Wappen  de.s  Truchsessen  von  Singenberg  und  des  Hartmann  von  Aue. 
(Weingartner  Liederhandschrift.) 


rechts  der  geneigte  Schild,  links  der  zimierte  Helm.^  Die  Schildform  ist  durch- 
wegs dieselbe.  An  den  geraden  Oberrand  stoßen  die  langgezogenen  Seitenlinien 
in  spitzen  Winkeln  an.  Die  Schildfessel  ist  rot  (Leder)  oder  weiß  (Linnen).  Der 
in  Vorder-  und  Seitenansicht  dargestellte  Helm  ist  von  altertümlicher  Form  (vergl. 
Kästchen  von  Attinghusen)  mit  gefaßten  Augenöffnungen,  Nasenband,  Luft- 
löchern und  schräg  nach  hinten  laufenden,  zur  Verstärkung  angebrachten  Bändern 
aus  Metall.    Er  ist  blau,  grau  (Stahl  oder  Eisen),  vergoldet  oder  bemalt  in  grün 


*  Stilistisch  muß  diese  Handschrift  (B)  zwei  bis  drei  Jahrzehnte  vor  der  Manessischen 
entstanden  sein,  womit  der  Wortlaut  des  Textes,  der  sich  genau  an  die  älteren  Vorlagen  hält,  überein- 
stimmt. Ueber  die  Heimat  der  Liederhandschrift  ist  nichts  Sicheres  bekannt.  Konrad  Griuienbery 
hat  sie  für  sein  Wappenbuch  benützt  und  zehn  Wappen  aus  ihr  entlehnt.  Daraus  kann  aber  erst 
geschlossen  werden,  daß  sie  sich  in  erreichbarer  Nähe  befunden  habe,  also  in  Konstanz,  St.  Gallen 
oder  Zürich,  weil  auch  andere  Wappensammlungen,  wie  z.  B.  der  Haggenberg'sche  Codex  aus 
St.  Gallen  dem  Konstanzer  Ritter  zur  Verfügung  gestellt  worden  waren.  Im  XVI.  Jahrhundert 
befindet  sich  die  Handsclirift  im  Besitz  eines  „Marx  Schulthaisen  zuo  Costanz",  welcher  das 
erste  Blatt  mit  seinem  Namen  versehen  hat.  Es  handelt  sich  nun  darum,  diesen  Marx  Schultheiß 
genealogisch  nachzuweisen,  ob  er  der  Zürcherfamilie  der  Schultlieiß  vom  Schopf,  welche  mit 
dem  Rats-  und  Konstatfelherrn  Marx  Schultheiß  ausstarb  (1563),  angehört  oder  dem  ehemaligen 
Winterthurer  Geschlechte  der  Schultheiß  am  Ort,  das  zu  Konstanz  seßhaft  war.  Denn  den 
Besitzer  als  Marx  Schultheißen  der  Stadt  Konstanz  zu  erklären,  wie  dies  noch  in  der  neusten 
Publikation  von  Zangemeister  geschehen  ist,  fällt  von  vornherein  weg.  Das  Manuskript  befindet 
sicli  seit  dem  Jahre  1810  in  der  Privatbibliothek  des  Königs  von  Württemberg  zu  Stuttgart. 

'^  Der  Truchseß   von  Singenberg,   Herr  Reiumar,   der  Alte,   der  Herr  von  Botenlauben. 

^  Herr  Rubin,  Ulrich  von  Gutenberg,  Herr  von  Morungen. 


Beilage  zu  Seite   1'20. 


Tafel  IV. 


Miniature  aus  der  Tita  Karoli, 
Belehnung  und  den  Ai 
(Stadtbibliothek  St.  Gallen.) 


darstellend  die  Belehnung  und  den  Auszug  Rolands. 


^I^R 


.Mn^^cji 


120 

dein  Recken  K<> 
tmixen,     Di< 


wardeD  Mi. 


jfestellt 


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•hen  Fürsten  und  dem  Krzbischof  Turi)in  ge- 
he Aussdniiiickung  des  Topf- 

;vi,x.<...  ....  .^,  - ..;....  von  dem  gesamten  ritterlichen 

von   df^n  .AnfÖlirern    und    den   reicheren  Herren  gebraucht 


;.  iner  Lieaernandscnrift.' 


Bilde  d.     '' 
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scheinen  ba!  ...i^-n- 

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Wappen  d(4rföliif|^..j8  }l9cttoiIllkIifoß*8) 

'*' ■■  rhüuilbcluiii.; 


Hartmann  von  Aue. 


An 

...1,, 


neigte  Schild,  links  der  ztmierte  Helm;^    Die  Schildform  ist  durch- 

lie  langgezogenen  Seitenlinien 

■         ^  ■■        '    '  Linnen).    Der 

Form  (vergl. 

ungen,   Nasen  band,  Luft- 

!  Bändern 

■ii  i.tiuu.  ;mi  L"itr  JiciM.'u;,  ver^oiüet  oaer  üemait  in  giün 


mit  gefaßten  A 


ii)  zwei 


nessischeü 

!i  luilt,  üborein- 

idfl  fTrü)ifnh(-rif 


herg'sche  Codex  4us 

im  \VI.  Jahrhundert 

:iii  Costanz".   welcher  das 

Itheiß 

■    mit 

'ider  dem  eben 

'"'  war.    Deiii,   ..  . 

in  der  neusten 


•IT  von  Kotenlaubcii 


4.  Die  Malerei. 


121 


oder  rot.^  Der  Helm  des  Herrn  von  Morungen  wiederholt  die  Schildfarben, ^ 
und  derjenige  des  Herrn  Rubin  und  des  Herrn  Raute  das  ganze  Schildbild, 
wenngleich  beide  mit  dem  Kleinote  verziert  sind.  Der  Maler  hat  es  nicht  ver- 
standen,  die  Helme  der  Darstellung  des  Kleinotes  stets  richtig  unterzuordnen, 
denn  er  setzt  die  Paarkleinote,  die  zwei  halben  Sterne  des  Singenberges  und 
die  Flügel  des  Herrn  Rubin  vorn  und  hinten  an  einen  Helm  in  Profilstellung. 
Daß  mit  der  halben  Bemalung  am  Helme  des  Hartmann  von  Aue  und  des  Herrn 
von  Munegur  keine  Helmdecken  angedeutet  sind,  sehen  wir  an  dem  in  Hinter- 
ansicht abgebildeten  Helm  des  Heiuzinburgers.^  Details  der  Kleinotbefestigung 
und  die  alte  Form  von  Schild  und  Helm  zeigen,  daß  entweder  ein  älteres  Origiual- 
manuskript  genau  und  ohne  künstlerische  Zuthaten  kopiert  worden  ist,  oder 
daß  die  Bilder  in  direkter  Anlehnung  an  den  Kampfschild  und  den  wirklichen 
Helm  des  XIII.  Jahrhunderts  entstanden  sind.  Außer  Helm  und  Schild  gibt  es 
wenige  Beispiele  von  heraldischer  Ausschmückung.  Hartmann  von  Aue*  trägt 
einen  mit  weißen  Adlerköpfen  besetzten,  schwarzen  Waffenrock  (und  Pferdedecke), 
Heinrich  von  Veldeke^  ein  langes  in  den  Schildfarben  (rot-gelb)  gespaltenes  Kleid, 
der  Herr  von  Savene^  hat  einen  mit  dem  Schildbilde  bemalten  Sattel  und  die 
in  Kriegsausrüstung  abgebildeten  Herren  Hartmann  von  Aue  und  Wachsmut  von 
Künzich  halten  die  Wappenfahne.  ^ 

Das  Naglersche  Bruchstück  zu  Berlin 
stellt  den  Minnesänger  Heinrich  von  Sträflingen^^  in  Gesellschaft  seiner  Dame 
dar.  Ueber  ihm  ist  der  ge- 
neigte und  länglich  geformte 
Schild  (in  rot  eine  goldene, 
schräg  rechts  aufrechte  Pfeil- 
spitze, Strahl),  über  der  Dame 
der  mit  goldenen,  von  roten 
Rosen  besteckten  Hirsch- 
stangen gezierte,  gelbe  Topf- 
helm angebracht.    Die  Form 

Fig.  70.  Wappen  Heip.richs  II.  v.  Strätliiigen  (Nagler'sches  Bruchstück). 

deckt   sich  mit  dem  Wappen 

des  Grabsteines  zu  Wettiugen^  und  des  früher  erwähnten  Strätlingertäschchens,^** 

die  alle  stilistisch  dem  XIII.  Jahrhundert  zus-eteilt  werden  müssen. 


'  Der  Helm  ist  gelb,  rot  und  grün  bemalt. 

-  Oberer  Teil  des  Helmes  geschacht,  vgl.  Abbildung  44. 

^  Vgl.  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik,  S.  108. 

*  Abb.  in  König,  Deutsche  Litteraturgeschichte.     Leipzig  1883.     S.  165. 

^  Das  Wappen  des  Heinrich  von  Yeldeke  ist  rechts  geschrägt'  von  gelb  und  rot» 

*  Geschachter  Balken  (weiß-schwarz)  in  rot. 

'  In    schwarz   weiße  Adlerköpfe  (von  Aue)  und  in  grün  drei  weiße  Fische  (Künzingen). 
'■*  Abb.  bei  Bächtold.  Die  Strätlinger  Chronik.    Bibl.  älterer  Schriftwerke.    Frauenfeld  1877 
und  Oechelhäuser,  A.  v.,  Die  Miniaturen  der  Universitätsbibliothek  zu  Heidelberg  H,  Taf.  15. 
»  Yergl.  HI,  Fig.  87.  —  i«  Vergl.  HI.  S.  107. 


122  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

5.   Plastik. 

Die  dekorative  Verwendung  des  Schildes  in  plastischer  Nachbildung  ist 
schon  bei  der  Architektur  berührt  worden.  Einer  ähnlichen  Wandlung,  wie  bei 
der  Darstellung  aufgehängter  Schilde  in  Stein,  begegnen  wir  bei  den  Grabmonu- 
menten, auf  denen  der  Kampfschild  abgebildet  wird.  Die  Grabmäler  bilden  die 
monumentalste  Gruppe  der  heraldischen  Kunst,  indem  sich  in  ihnen  die  Heraldik 
als  Hauptfaktor  ganz  aus  sich  selbst  und  um  ihrer  selbst  willen  entwickelt  hat. 

a.  Das  Grabmal. 

Zu  allen  Zeiten  hat  das  Grabmal  in  der  Geschichte  des  menschlichen  Ruhmes 
eine  hervorragende  Rolle  gespielt.  Es  gab  dem  bedeutenden  Menschen  oder 
seiner  Familie  Gelegenheit,  sein  Andenken  dem  Gedächtnisse  der  Nachwelt  zu 
bewahren.  Weltliche  und  geistliche  Fürsten  haben  sich  an  prunkvoller  Aus- 
führung der  Monumente  überboten  und  dieselben,  gleich  den  großen  Pharaonen, 
bei  Lebzeiten  errichten  lassen. 

In  unsern  Landen,  in  denen  zu  Beginn  des  Mittelalters  weder  Reichtum 
noch  Kunstsinn  in  Ueberfülle  vorhanden  waren,  mußten  sich  diese  Manifestationen 
menschlichen  Stolzes  in  bescheidenerem  Maßstabe  entfalten.  Denn  nicht  nur 
Reichtum  und  äußere  Machtstellung  der  Person,  sondern  auch  das  Vorhandensein 
künstlerischer  Kräfte,  d.  h.  der  Ort,  waren  für  die  Ausführung  des  Monumentes 
bestimmend.  Darum  sind  bei  uns  die  Prunkgräber  selten,  selbst  in  den  bischöf- 
lichen Metropolen.  Nur  einzelne  reiche  und  feudale  Geschlechter  der  welschen 
Schweiz,  gewöhnt  an  die  Pracht  der  burgundischen  und  savoyeschen  Nachbarn, 
errichteten  im  XIV.  Jahrhundert  solche  Prunkgräber,  vermutlich  mit  Hülfe 
französischer  Arbeiter. 

Mancherorts  kam  eine  Beschränkuno-  der  Ausstattuncf  von  seiteu  der  Kirche 
hinzu.  Im  Bistum  Genf^  muß  ein  strenges  Gesetz  bestanden  haben,  denn  es 
finden  sich  für  weltliche  und  geistliche  Personen  nur  eingravierte  oder  eingelegte 
Platten. 

Das  einfachste  Grabmal  ist  der  Grabstein,  eine  länglich-rechteckige  Platte, 
welche  in  den  Fußboden  eingelassen  wurde.  Zu  reicher  Ausschmückung  eignete 
sie  sich  wenig,  weil  sie  zu  sehr  der  Zerstörung  ausgesetzt  war;  es  lag  daher 
nahe,  die  Platte  auf  Stützen  oder  Träger  zu  legen,  um  den  plastisch  oder  in 
Gravierung  angebrachten  Schmuck  zu  schützen.  So  ist  das  Tischgrab  entstanden. 
In   die  Wand  gestellt,   wurde   es  häufig  mit   einer   einfachen,    architektonischen 


*  Die  figürliche  Darstellung  beschränkt  sich  auf  Liniengravierung,  die  mit  einer  hellen, 
zementartigen  Masse  ausgestrichen,  deutlich  vom  dunkeln  Steine  abstach,  und  wohl  den  Zweck 
hatte,  das  Austreten  der  Zeichnung  zu  verhindern.  Kleriker  niedern  Kanges  pflegten  besonders 
diese  Art  von  Grabmal  zu  wählen.  Ueberhaupt  verbleibt  der  figürliche  Grabtypus  im  Laufe 
des  Mittelalters  der  Kirche.  Die  weltlichen  Herren  ziehen  die  heraldischen  und  kriegerischen 
Abzeichen  ihres  Standes  vor. 


5.   Plastik. 


123 


TJeberspannung  zum  Nischengrah  verbunden.  Die  Tumhen  oder  Sarhophage, 
mäclitige  Steintröge,  die  auf  dem  Boden  selbst  oder  auf  gedrungenen  Säulen 
ruhen,  zeigen  eine  noch  engere  Verbindung  des  Grabsteins  mit  der  Architektur. 
Denn  die  Seiten  dieser  Denkmäler  sind  mit  architektonischen  Gliederungen  ver- 
ziert und  der  ganze  Steintrog  ist,  je  nach  der  mehr  oder  minder  reichen  Ausstattung, 
von  einem  auf  vier  Säulen  ruhenden,  baldachinartigen  Gebäude  überdeckt.  Die 
Deckplatte,  in  welcher  der  ursprüngliche,  einfache  Grabstein  fortbesteht,  behält 
das  alte  Dekorationsmotiv,  die  Darstellung  des  Toten  oder  dessen  Attribute  bei. 
Erst  im  Frunkgrabmoniimente  ist  die  Architektur  an  erste  Stelle  gerückt  und 
die  eigentliche  Grabdekoration  untergeordnet,  indem  sie,  von  der  Deckplatte  los- 
gelöst, in  einer  Menge  von  plastischen  Darstelhmgen  zur  Bereicherung  des 
architektonischen  Aufbaues  dienen  muls.     (Keuotaph  in  Neuchätel.) 

Der  reichsten  Ausführung  entsprach  ein  solcher  Aufbau,  verbunden  mit 
plastischen  Figuren,  am  besten,  während  einer  einfacheren  das  Flachrelief,  und 
den  bescheidensten  Ansprüchen  die  Liniengravierung  genügte. 

Der  Ausstattung  nach  zerfallen  die  Grabmonumente  in  eine  heraldische 
und  eine  figürliche  Gruppe. 

Zu  der  figürlichen  Gruppe  zählen  alle  Grabmäler,  an  welchen  das  Figürliche 
vorherrscht   und    Schild   und   Helm   als   zur   ritterlichen  Kleidung  gehörig   oder 
ganz  untergeordnet    angebracht  sind.     Aus  dem 
Xni.  Jahrhundert    haben    sich   wenige   Beispiele 
dieser  Art  in  unserem  Lande  erhalten. 

Die  Klosterkirche  der  Barfüßer  zu  Freiburg 
birgt,  in  die  Mauer  eingelassen,  den  Grabstein  ^ 
der  Gräfin  Elisabeth  von  Kyhurg,^  der  früher  er- 
höht, vielleicht  als  Tischgrab  aufgestellt  war. 
Die  Platte  zeigt  noch  die  uralte  Form  des 
länglichen,  sich  nach  unten  verjüngenden  Recht- 
eckes,^ obwohl  schon  damals  der  Grabstein  mit 
parallelen  Seiten  vorherrschte.  Auf  der  oberen 
Hälfte  des  Steines  ist  die  Gräfin  in  geistlichem 
Habit  unter  einer  frühgotischen,  mit  roman- 
ischen   Ornamenten     verzierten ,     Säulenstellung  ^ig.  77.  schud  vom  Grabmai  der  Elisabeth 

von  Kyburg  (Freiburg). 

abgebildet,    mit    lächelndem    Antlitz    und    zum 

Gebete    gefalteten    Händen.     Die    untere    Hälfte    zeigt    den    Wappenschild    der 

Grafen    von    Kyburg*    in    gotischer    Form,    d.  h.    mit    gerader    Oberkante    und 


*  Abb.  in  Fribourg  artistique  1892. 

^  Elisabeth  war  die  Gemahlin  Graf  Hartmanns  des  Jüngern  von  Kyburg,  eine  geborne 
Gräfin  von  Chälons.     f  1275.  —  Anzeiger  für  Schweiz.  Geschichte  1873,  S.  297. 

'  Vergl.  z.  B.  Alemaunische  Grabplatten  oder  den  Grabstein  der  Zähringer  zu  Solothurn, 
Abb.  Anzeiger  für  Schweiz.  Geschichte  und  Altertumskunde  1858.     Tafel  2. 

*  In  rot  ein  rechter,  gelber  Schrägbalken  von  zwei  gelben  Löwen  begleitet. 


124 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


leicht  geschweiften,  in  spitzen  (hier  beinahe  rechten)  Winkeln  anstoßenden 
Seitenlinien.  Die  Proportionen  von  Länge  und  Breite  (5  :  3)  lassen  auf  die 
Kopie  eines  wirklichen  Schildes  schließen.  Das  Schildbild  ist  durch  den  Schräo-- 
balken  in  zwei  ungleiche  Teile  zerschnitten,  welche  durch  die  Löwen,  infolo-e 
der  ornamentalen  Behandlung  des  Schweifes  und  der  Pranken,  ziemlich  aus- 
gefüllt werden.  Die  Tiere  sind  in 
kräftiger  Umrißzeichnung  gegeben, 
stehen  aber  an  Lebhaftigkeit  der  Be- 
wegung und  an  bestialischem  Aus- 
sehen denjenigen  auf  dem  Kyburger 
Grabmale  zu  Wettingen  nach.  Die 
Figuren  sind  gedrungen  mit  langem 
Halse  und  kleinem  Kopf,  aber  ge- 
schickt der  ungünstigen  Fläche  an- 
gepaßt. 

Das  Gi-abmal  des  Ritters  Konrad 
von  Maggenherg  im  Kreuzgang  des 
Klosters  Hauterive  bei  Freiburg,  ^  ist 
zwar  geraume  Zeit  nach  dessen  Tode 
(nach  1270),  aber  doch  vor  Ende  des 
Jahrhunderts  errichtet  worden.  Von 
1228  bis  gegen  1270  urkundlich  nach- 
weisbar, gehörte  Konrad  dem  mäch- 
tigen und  reichen  Geschlechte  der 
Herren  von  Maggenherg^  oder  Mont- 
macon  an,  das  zu  den  Gutthätern 
des  Klosters  Hauterive  zählte.  Das 
Grabmal  befindet  sich  zur  Linken 
des  Eingangs  in  die  Kirche,  stellt 
den  lütter  im  Kriegskostüm,  mit 
den  Füßen  auf  einem  Löwen  '^  stehend. 

Fit?.  78.  Grabmal  des  Koiuad  von  Maggenbeig  in  Hauterive.       dar    Und    ZeUgt  in  der  AusführUUg  VOU 

guter,  aber  handwerklicher  Arbeit. 
Es  ist  fraglich,  ob  die  Statue  von  Anfang  an  zur  senkrechten  Aufstellung 
bestimmt  war,  oder  ob  sie  als  Schmuck  eines  Nischengrabes  gedient  habe. 
Für  die  erstere  Annahme  spricht  die  Stellung  des  Löwen,  für  die  zweite  der 
seitlich    vom   Kopfe    plazierte    liegende    Helm,      Der   Kitter   trägt   ein   Ketten- 


'  Abb.  in  Fribourg  artistique  1893.     Tafel  17. 

'^  Archives  lieraldiquos  Suisscs  20.  21.  22,  1893.  Les  toniboaux  de  l'abbaye  de  Hauterive 
par  Max  de  Diesbach. 

^  Die  zu  Füßen  der  Figiu-en  jila/icrten  Tiere  sollen  die  durch  den  Tod  üherwundenen 
Erdensünden  versinnbilden. 


5.  Plastik.  125 

panzerkleid,  Halsbrüune  und  halbrundes,  eng  anschließendes  Bassinet,  einen 
vorn  und  seitlich  geschlitzten,  glatten  Waffenrock  und  große  Sporen.  Der 
längliche  und  schwach  gewölbte  Dreieckschild  ^  ist  mit  einer  Lilie  von  strenger, 
steifer  und  altertümlicher  Form  besetzt  und  hängt  an  der  Fessel  vom  linken 
Arme  des  Maggenbergers  herab.  Dahinter  erscheint  das  breite,  mit  Knauf  und 
lansrer  Handhabe  versehene  Schwert,  das  wie  die  vordere  Ecke  des  Schildes  stark 
beschädigt  ist.  Von  besonderem  Interesse  ist  der  große,  seitlich  links  vom  Kopfe 
abgebildete  Helm  mit  Kleinot,  den  wir  hier  zum  ersten  Male  in  Stein  gehauen 
vorfinden.^  Er  ist  mit  einem  hohen,  spitzig  zulaufenden  Hute  versehen,  der  oben 
eine  Kugel  "^  (ähnlich  dem  Kleinot  der  Grafen  von  Freiburg)  trägt  und  mittelst 
eines  schmalen,  einfach  verzierten  Kronreifens  festgemacht  zu  sein  scheint.  Das 
Tuch,  mit  dem  der  Hut  überzogen  ist,  legt  sich  an  den  hintern  Teil  des  Helmes 
an  und  läßt  nur  das  Vorderstück  mit  den  Augenschlitzen  frei. 

Das  künstlerisch  bedeutendste  Grabmal  dieser  Epoche,  ein  wahres  Kleinod 
mittelalterlicher  Plastik,  befindet  sich  im  Münster  zu  Basel.*  Der  Sarkophag 
der  Königin  Anna,  der  Gemahlin  Rudolfs  von  Habsburg,  ist,  gleich  einer  ganzen 
Reihe  anderer  Monumente,  durch  das  große  Erdbeben  von  1356  teilweise  zer- 
stört und  infolge  dessen  restauriert  und  überarbeitet  worden.  Die  Ueberarbeitung 
wurde  aber  so  gründlich  durchgeführt,  daß  das  Werk  nicht  mehr  dem  XHL, 
sondern  dem  XIV,  Jahrhundert  zugeteilt  werden  muß.  Aehnlich  verhält  es  sich 
mit  den  im  großen  Neuenburger  Kenotaph  eingebauten  Ueberresteu  zweier  älterer 
Grabmäler,  der  figurenreichen  Tumben  des  Graf en  Berthold  von  Neuenburg  (f  1260) 
und  seiner  Gemahlin  Bichen^a  von  Froburg.^  Eine  wohl  schon  1373  bei  Er- 
richtung des  neuen  Monumentes  vorgenommene  Ueberarbeitung  und  die  in  den 
vierziger  Jahren  applizierte  Bemalung  erschweren  eine  genaue  Datierung  er- 
heblich. Sollten  diese  Grabmäler  im  XIII.  Jahrhundert  entstanden  sein,  so 
läßt  sich  die  ungemein  freie  und  künstlerische  Behandlung  der  menschlichen 
Figur  aus  der  Wahrscheinlichkeit  der  Annahme  erklären,  daß  burgundische  oder 
französische  Steinmetzen  die  Urheber  derselben  waren.  Die  Ueberreste  bestehen 
in  zwei  Sarkophag-Längsseiten,  welche,  heute  übereinandergestellt,  den  Sockel 
des  Kenotaphs  bilden  und  den  ehemals  auf  den  Deckplatten  ruhenden  Gestalten 
der  Bestatteten.*'  Die  Längsseiten  erinnern  in  ihrer  architektonischen  Gliederung 
an  den  Habsburgersarkophag   zu  Wettingen,    sie  sind  aber  reicher   ausgestattet, 


^  Konradus  de  Montmacon,  miles,  S.  129,  Archives  lieraldiques  Suisses  1893.  Farben 
unbekannt. 

2  Abb.  vergl.  Fig.  50,  S.  79. 

^  Die  Zähringer  sollen  schon  dieses  Kngelkleinot  geführt  haben. 

*  Wülflin,  Das  Grabmal  der  Königin  Anna  in  der  Festschrift  zur  Eröffnung  des  mittelalter- 
lichen Museums  zu  Basel  1894.    -    Bahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz,  S.  581. 

^  du  Bois  de  Montperreux,  les  Monuments  de  Neuchätel.  Mitteilungen  der  Antiquarischen 
Gesellschaft  in  Zürich  V,  1852.  —  Bahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz,  S.  575. 
Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  1888,  S.  58  if. 

*>  Die  Gestalten  sind  heute  an  den  beiden  Schmalseiten  des  Kenotaphs  aufgestellt. 


126  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

mit  betenden  Figuren  ^  und  kleinen,  zu  Seiten  eines  jeden  Spitzbogens  an- 
gebrachten Schildchen  mit  den  Wappen  von  Neuenburg  und  Froburg.  Die 
Figuren  des  Berthold  und  der  Richenza  sind  in  ruhiger  Haltung,  mit  gefalteten 
Händen  dargestellt,  den  Kopf  auf  ein  Kissen  gebettet,  zu  dessen  Seiten  zwei 
kleine  liebliche  Engelsgestalten  sitzen.  Der  Graf  trägt  einen  bis  auf  die  Kniee 
reichenden  und  mit  drei  sparrenbesetzten  Pfählen  gemusterten  Waffenrock 
über  dem  Panzerhemde  und  den  gewölbten,  aber  kleinen  Dreieckschild  mit  dem 
gleichen  Wappenbilde  an  der  Schildfessel  am  linken  Arm.^  Dieses  älteste  Wappen 
der  Neuenburger  ist  im  XIV.  Jahrhundert  zu  einem  mit  Sparren  besetzten  Pfahl 
vereinfacht  worden.  Haltung  und  Ausdruck  des  Grafen  sind  steif  und  unbeweglich, 
während  die  Figur  der  Richenza  mehr  Bewegung  und  einen  tieferen  Gesichts- 
ausdruck verrät,  überhaupt  als  die  gelungenste  der  älteren  Standbildergruppe 
gelten  kann.^  Die  anachronistischen  Einzelheiten  des  Gewandes,  wie  die 
Beinschienen^  des  Grafen  und  das  kurze,  die  Schultern  der  Gräfin  verhüllende 
Tuch,^  möchte  ich  auf  Rechnung  eines  späteren  Ueberarbeiters  setzen  und  die 
Entstehung  der  beiden  Denkmäler  ans  Ende  des  XHI.  Jahrhunderts  stellen. 

Die  gewappnete  Figur  des  Bestatteten  zeigen  auch  zwei  Grabdenkmäler  zu 
Basel  aus  dem  ersten  Viertel  des  XIV.  Jahrhundert.  Die  Ausführung  des  noch 
erhaltenen  Monumentes  bleibt  in  den  Grenzen  der  einfachen  Steinhauerei  und 
läßt  auch  für  das  untergegangene  Grabmal  auf  ähnliche  Behandlung  schließen. 
Ihre  Bedeutung  liegt  in  der  Darstellung  des  Kostüms,  auf  welche  schon  im  zweiten 
Teil  hingewiesen  wurde  (S.  91.  92). 

b.  Heraldische  Grabmonumente. 

Wenn  das  figürliche  Grabmal  die  ganze  Figur  des  Bestatteten  zeigte,  so 
beschränkte  sich  der  Schmuck  des  heraldischen  Grabes  in  frühester  Zeit  auf  die 
Abbildung  des  Wappenschildes.  Mußte  aus  irgend  welchen  Gründen  von  einer 
reichen  Ausstattung  des  Grabmonumentes  Umgang  genommen  werden,  so  ent- 
sprach es  dem  Stolze  eines  edeln  Geschlechtes  am  ehesten,  wenigstens  das  Kenn- 
zeichen des  ritterlichen  Standes,  den  Wappenschild,  welchen  der  Verblichene  in 
Kampf  und  Waffenspiel  getragen,  auf  dem  Steine  anzubringen.  Es  liegt  nun 
nahe,  daß  der  wirkliche  Kampfschild,  wenn  er  vorhanden  war,  direkt  als  Vor- 
bild benützt  wurde.  ^    Vielleicht  mag  auch  die  Sitte  bestanden  haben,  den  Schild 


*  Das  Hofpersonal  des  Grafen  und  keine  „pleureurs"  nach  du  Bois. 

^  Vergl.  die  Figur  des  Kitters  Konrad  von  Maggenberg,    das  Standbildsiegel  des  Grafen 
von  Honberg  von  1286.  —  Hottenroth,  Trachten  der  Völker  H,  Taf  33,  Fig.  18. 
'  Rahn,  Kunstgeschichte,  S.  576. 

*  Die  Füße  haben  die  ursprüngliche  Ausfülirung  beibehalten  und  sind  mit  KinggeHecht 
bekleidet. 

^  Vielleicht  die  Ueberreste  eines  langen  Mantels,  der,  schräg  über  die  Schultern  hcrab- 
wallend,  die  Figur  umhüllte. 

«  Vergl.  Sei/lcr,  Geschiclite  der  Heraldik,  (irabmal  des  Grafen  Albrecht  von  Haigerloch 
und  ilohenberg  S.  77. 


5.  Plastik. 


127 


des  Verstorbenen  auf  das  noch  ungesclimückte  Grab  zu  legen.  Durch  diese  An- 
nahme könnten  die  großen  Kreuze,^  auf  denen  die  Schilde  in  Wettingen  liegen, 
am  ehesten  erklärt  werden. 

Zu  den  ältesten  Denkmälern  gehören  die  zwei  Sarkophage  der  Grafen  von 
Kyburg  und  von  Habsburg  im  Kloster  Wettingen.  Es  ist  auffällig,  daß  die 
Grabstätten  dieser  mächtigen  Geschlechter  so  einfach  und  ohne  jeglichen  Prunk 
gebaut  sind.  Entweder  waren  keine  genügenden  Arbeitskräfte  vorhanden  oder 
die  einfachen  Regeln  des  Zisterzienserordens,  welcher  allen  Luxus  aus  den  Kirchen 
seiner  Klöster  verbannte,  müssen  zu  jener  Zeit  noch  in  vollem  Umfange  be- 
obachtet und  innegehalten  worden  sein. 

Der  Kyburgersarkophag^  in  der  Marienkapelle,  ein  mächtiger  viereckiger 
Steintrog,  ruht  auf  kurzen,  gedrungenen  Säulen  oder  Basen.  Die  zwei  frei- 
stehenden Seitenwände 
sind  mit  einer  einfachen 
Rundbogenarkade  ver- 
ziert, die  vorstehende, 
nach  unten  abgekantete 
Deckplatte  mit  dem 
großen  Kyburger  Wap- 
penschilde. Er  liegt  auf 
einem  reich  ornamen- 
tierten, beinahe  2V2  m 
laugen  Fußkreuze  und 
zeigft  die  romanische  Form  mit  ab- 
arerundeten  Oberecken.  Das  Relief  des 
Schildbildes  beträgt  nur  IV2 — 2  cm; 
es  besteht  aus  dem  von  zwei  Löwen 
begleiteten  Schrägbalken.  Die  Tiere 
sind  roh  und  unnatürlich  gezeichnet, 
aber  mit  einer  gewissen  Virtuosität  in  rig.  so.  schiid  v.  sai-kophage  der  Grafen  v.  Kyburg 
den  Raum  hineinkomponiert.  Die  Linien 

sind  flott  und  kräftig,  so  daß  der  bemalte  Schild  den  Anforderungen  seiner  Zeit 
auf  Ausfüllung  des  Raumes,  Größe  der  Figuren  und  optische  Wirkung  der  Farben 
vollständig   entsprach.     Obwohl   uns   diese  Löwen  ganz  unnatürlich   erscheinen, 


Fig.79.|AchseIschild 

V.  Grabmal  Rudolfs 

V.  Tierstein  1318. 


1  Vielleicht  ist  das  Vortragkreiiz  (oder  ein  eigens  zu  diesem  Zwecke,  aus  Holz?  gefertigtes) 
auf  das  frische  Grab  gelegt  worden,  um  dasselbe  zu  segnen.  Oder  diese  Kreuze  sollen  ganz 
besonders  die  Frömmigkeit  und  den  kirchlichen  Sinn  des  betreffenden  Geschlechtes  darthun  und 
sind  deshalb  unter  den  Schild  gelegt  worden.  Als  dritte  Möglichkeit  könnten  die  strengen 
Regeln  der  Zisterzienser  dieser  Kombination  gerufen  haben,  welche  die  weltlichen  Abzeichen,  die 
heraldisch  geschmückten  Kampfschilde,  nur  in  Verbindung  mit  dem  Kreuze,  dem  Wahrzeichen 
der  Kirche,  in  ihren  Räumen  dulden  wollten. 

■■*  Abb.  bei  Herrgott,  Monumenta  Habsburgicorum.  —  Bahn,  Kunstgeschichte,  S.582  und 
Statistik.    Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  59. 


128 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


so  läßt  sich  dennoch  an  unscheinbaren  Einzelheiten  ein  realistisches  Bestreben 
des  Bildners  erkennen.  Da  die  Löwen  den  Schweif  in  die  Luft  schlagen  und 
den  Rachen  weit  aufsperren,  sucht  der  Meister  mit  mittelalterlicher  Naivität 
diese  Bewegungen  durch  Falten  auf  dem  Rücken  und  im  Gesicht  der  Tiere  an- 
zudeuten. Der  Rachen  ist  mit  zwei  Reihen  starker  Zähne  bewehrt,  vorn  mit 
spitzen  Fang-,  hinten  mit  flachen  Stockzähnen.  Trotz  der  ornamentalen  Be- 
handlung, des  halbkugeligen  Vorderkörpers  und  des  steifen,  knopflosen,  in  blatt- 
förmiger Zottel  endigenden  Schweifes,  sind  die  Tiergestalten  voller  Leben. 
Nach  Katzenart  zum  Sprunge  bereit,  halten  sie  die  Vorderpranken  kampfgierig 
erhoben,  um  sich  mit  fletschenden  Zähnen  auf  die  Beute  zu  stürzen.  Sie  füllen 
den  Raum  besser  aus,  als  die  Löwen  auf  dem  Grabmale  der  Gräfin  Elisabeth. 
Eine  Schildborte  mit  erhöhten  Rändern  schließt  das  Ganze  in  einer  Breite  von 
2  cm  ein. 

Ebenfalls  aus  der  Mitte  des  Jahrhunderts,  und  wahrscheinlich  vom  gleichen 
Meister,  stammt  der  Sarhophag  der  Grafen  von  Habshurg.^  Rechts  vom  Haupt- 
eingange in  die  Klosterkirche,  zwischen 
dem  dritten  und  vierten  Pfeiler,  steht  der 
gewaltige,  von  acht  niedrigen  Säulen 
getragene  Trog.  Vier  derselben  sind  acht- 
seitig, roh  behauen  und  müssen  ursprüng- 
lich die  einzigen  Stützen  gewesen  sein, 
da  die  weiter  einwärts  stehenden  Rund- 
säulen mit  gedrücktem  Würfelkapitell 
einer  späteren  Zeit  angehören.  Die  dem 
HauptschifPe  zugewendete  Längs-  und 
eine  Breitseite  sind  durch  Spitzbogen- 
arkaden gegliedert.  Auf  breiten  Säulen, 
deren  Basis  und  Kämpfer  aus  Kehle  und 
Platte  bestehen,  ruhen  die  mit  Nasen  ver- 
sehenen blinden  Spitzbogen.  Vom  oberen 
Rande  herabwachsende  Lilien  füllen  die 
Zwickel  auf  der  Längsseite  aus,  während 
das  Mittelstück  der  Breitseite  durch  ein 
mit  dem  gleichschenkligen  Kreuze  ausgesetztes  Kreisrund  gebildet  wird.  Die 
8  Meter  lange  und  1,88  Meter  breite  Deckplatte  zeigt  in  Flachrelief  ein  reiches, 
an  den  Armen  und  in  der  Mitte  mit  Medaillons  und  mit  romanischen  Herzblatt- 
ornamenten verziertes  Fußkreuz,  auf  welchem  der  Schild  mit  dem  Habslmrger- 
löwen  liegt  (1  m  lang  und  0,82  m  l)reit).  Von  Form  und  Größe  des  Kyburgers, 
aber  ohne  den  Schildrand,  bietet  er  wie  jener,  dieselben  Vor-  und  Nachteile. 
Noch  steifer  und  unnatürlicher  steigt  der  Leu  im  Schilde  empor.     VAw  schmaler, 


Fig.  81.     Schild  vom  Sarkophage  der  Grafen 
von  Habsburg  (Wettingen). 


*  JBaÄ«,  Kunstgeschichte,  S.5H2  und  Statistik.  Anzeigorf.  scliwoiz.  Altertumskunde  IV,  S.äiS. 


5.  Plastik.  129 

schlanker  Leib  mit  mächtig  aufgeschwollener  Brust,  vier  kräftige  mit  gekrümmten 
Krallen  bewehrte  Pranken  und  der  gedrungene  Kopf  ohne  Hals  geben  dem  ganzen 
das  Aussehen  eines  Ornamentes.  Fassen  wir  es  aber  als  solches  auf,  so  über- 
rascht wiederum  die  energische  und  einfache  Linienführung  und  das  meisterhafte 
Ausnützen  des  Raumes  in  Bezug  auf  Größe  des  Wappenbildes  und  auf  Vermeidung 
leerer  Flächen.  Die  praktischen  Anforderungen  gingen  den  künstlerischen  vor, 
aber  wo  es  möglich  war,  dokumentierten  die  Bildner  das  Bestreben,  die  Natur 
zu  kopieren,  in  den  Details.  Die  Mähne  des  Löwen  und  die  Schwanzzottel  sind 
durch  gewellte,  reihenweise  angebrachte  Haarzipfel  angedeutet,  während  der 
Schweif  selbst  mit  einem  Knopfe  und  krappenartig  ;!;eformten  Haaren  besetzt 
ist.  Auch  das  Gebiß  und  die  mit  drei  Vorder-  und  einer  Hinterzehe  versehenen 
Füße  sind  natürlich,  das  mandelförmige,  dreifach  umzogene  Auge  rein  formal. 
Ueber  die  Verteilung  der  Farben  ist  schon  früher  gesprochen  worden.^  Es  bleibt 
nur  noch  übrig,  auf  das  trotzige  und  kriegerische  Aussehen  hinzuweisen,  das 
der  mit  diesem  Tierornamente  geschmückte  Kampfschild  geboten  hat. 

Ungewiß  ist,  ob  der  Sarkophag  erst  zur  Aufnahme  der  Leiche  des  bei 
Windisch  ermordeten  Königs  Albrecht  ^  in  dem  Schiff  der  Kirche  aufgestellt 
wurde,  oder  ob  er  ursprünglich  an  einem  andern  Orte  gestanden  habe.  Er 
muß  im  Laufe  des  XHL  Jahrhunderts  als  eigentliches  Grabmal  oder  als  Kenotaph 
über  der  Gruft  der  Grafen  von  Habsburg-Lauifenburg  erbaut  worden  sein,  denn 
schon  um  1250  sind  Glieder  dieses  Geschlechtes  zu  Wettingen  bestattet  worden. 
Ich  nenne  nur  Rudolf  HL,  f  1247,  seinen  Sohn  Gottfried,  f  1271  und  einen 
Grafen   Werner  von  Habsburg,  f  1253.^ 

Der  Südflügel  des  kleinen  Münsterkreuzganges  zu  Basel  birgt  den  Grab- 
stein der  Klara  von  Klingen,^  einer  Tochter  des  Freiherrn  und  Minnesängers 
Walthers  HL  und  einer  Gräfin  von  Froburg.  Li  der  Kirche  des  Klosters  Klingen- 
thal, seinem  ursprünglichen  Standorte,  lag  er  als  Tischgrab  auf  reichen,  kapitell- 
artigen Stützen,  in  einer  schönverzierten  Spitzbogennische,  unter  dem  Lettner. 
Der  einfachen  Profilierung  der  Seiten  durch  Kehlen  und  Rundstäbe  entspricht 
der  Schmuck  der  Platte.    Senkrecht,  übereinander  gestellt  erscheinen  die  Schilde 


1  Vergl.  II,  S.  37. 

2  Dafs  der  Sarkophag  nicht  für  den  bei  Windisch  ermordeten  König  Albrecht  erstellt 
worden  ist,  geht  aus  der  Ausschmückung  hervor,  welche  weder  den  Schild  des  Reiches  noch 
die  kaiserliche  Krone  darstellt,  sondern  das  Wappen  des  Hauses  Habsburg  und  zwar  in  gleicher 
Anordnung,  wie  auf  dem  Tumhendeckel  des  Kyburger  Monumentes.  Es  ist  eher  möglich,  daß  der 
Sarkophag,  dem  königlichen  Leichnam  zu  Ehren,  an  die  bevorzugte  Stelle  gerückt  wurde,  die 
er  heute  noch  einnimmt. 

^  Ferner  sollen  zu  Wettingen  begraben  liegen:  Graf  Rudolf  III.,  Gottfrieds  Sohn  f  1314; 
Graf  Rudolf  IV.,  des  vorigen  Sohn,  gefallen  bei  Morgarten  1315;  Graf  Johann  I.  von  Habsburg- 
Rapperswü,  11337;  Johann  II.  von  Habsburg -Rapperswil,  f  1380,  und  Johann  IV.,  der  letzte 
Graf  von  Habsburg-Lauffenburg.    Vergl.  Wagner,  S.  J.,  Mercurius  Helveticus,  S.  157. 

*  Thurgauische  Beiträge  X,  S.  37  und  38.  —  Bahn,  Statistik.  Anzeiger  für  Schweiz. 
Altertumskunde  IV,  S.  116.  —  Burckliardt  und  Riggenbach,  Das  Kloster  Klingenthal,  S.  9.  — 
Wackernagel,  Walther  von  Klingen.    Akademisches  Programm  von  Basel,  1843. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  ^ 


130 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


von  Klingen  mit  dem  gekrönten  Leu  ohne  Schindeln  und  von  Hochberg  ^  (in 
gelb  ein  roter,  schrcägrechter  Balken),  letzterer  von  der  Inschrift  umschlossen: 
Von  badin  margravinne  vrowa  Cläre  rowit  hinne,  von  Klinge  ist  ir  vater  ginant, 
nu  breche  got  ir  selin  bant,  obiit  XII  Kai.  aprilis.- 

Eine   ähnliche  Grabplatte  befindet  sich  in  der  einstigen  Klosterkirche  von 
Därstetten'^  (Bern),  wo  die  Freiherren  von  Weißenhurg  ihr  Erbbegräbnis  hatten. 

Der  Stein,  dessen  abgekantete  Seiten  heute  in  der 
Wand  eingelassen  sind,  zeigt  in  zwei  länglich  ge- 
streckten, mit  spitzen  Ecken  versehenen  Schilden,  die 
Wappen  von  Tierstein  und  von  Weißenhurg.  Die 
Figuren  sind  steif,  aber  gut  proportioniert,  das  Tier 
der  Grafen  von  Tierstein*  auf  einem  Vierberge,  mit 
heraushängender  Zunge  und  bewegten  Ohren  (in  gelb 
eine  rote  Rehgeiß  auf  grünem  Dreiberg),  die  Weißen- 
burgerburg mit  zwei  von  Zinnen  gekrönten  Türmen 
bewehrt.^  Der  Stein  bezieht  sich  auf  Agnes,  Tochter 
Rudolfs  III.  von  Weißenhurg  (1240 — 1307  urkundlich 
vorkommend)  und  Gemahlin  des  Grafen  Simon  von 
Tierstein.  Er  soll,  wie  der  vorher  genannte,  ursprüng- 
lich  als  Tischgrab  aufgestellt  gewesen  sein. 

Außer  diesen  reichern  Grabmonumenten  sind 
uns  eine  Anzahl  einfacher  Grabplatten,  zum  Teil  in 
Original,  zum  Teil  in  Zeichnung  erhalten,  deren 
Schmuck  aus  einem  einzelnen  oder  zwei  übereinander 
gestellten  Wappenschilden  besteht.  Zwei  und  mehr- 
zeilige  Inschriften  sind  am  Kopfe  der  länglich,  recht- 
eckigen Grabplatte  oder  in  der  Mitte  zwischen  den 
Schilden  angebracht.  Die  ältesten  Beispiele  finden 
sich  im  Kloster  Wettingen,  eine  Steinplatte  mit  dem  Schilde  der  Freiherren 
von  Tegerfelden,  welche  in  der  Trinitätskapelle  zur  Linken  des  Altars  in  den 
Fußboden  eingelassen  ist  und  die  Grabsteine  des  Stifters  und  seines  Bruders,  des 
Grafen  Rudolf  von  Rapperswil,  mit  zweizeiliger  Kopfinschrift  in  Majuskeln  und 
dem  Schilde  seines  Geschlechtes. 


Fig.  82.    Grabplatte  der  Gräfin 
Agnes  von  Tierstein  (Därstetten), 


'  Die  Heirat  muß  eine  ungliickliciie  gewesen  sein,  was  nicht  nur  aus  der  Geschichte, 
sondern  auch  aus  der  Grabschrift  hervorgeht.  Die  Stellung  der  Schilde  (der  angestammte  Schild 
von  Klingen  an  erster  Stelle)  liilit  auf  eine  Trennung  der  beiden  P^hegatten  schließen,  weil  sonst 
gewöhnlich  das  MannsMa^tpen  den  oberen  Platz  einnimmt. 

-  Die  Inschrift  deutet  darauf  hin,  daß  das  Monument  zu  Lebzeiten  des  Vaters  erstellt 
worden  ist  und  der  Spruch  wohl  von  Walther,  dem  Minnesänger,  selbst  herrührt. 

*  Durch  freundliche  Mitteilung  von  Herrn  Kasser,  Direktor  des  historischen  ]\Iuseums  zu 
Bern.  Abgebildet  im  Hinkenden  Boten,  1893,  S.  18. 

*  Vergl.  das  Bild  im  Schildsiegel  d(>s  Grafen  Rudolf  III.  von  Tierstein,  Vl^h. 

*  Das  Wappen  befijulet  sich  auf  einem  Brautkästlein.    (Schweiz.  Landesniuseum.) 


5.  Plastik. 


181 


Der  Grabstein  der  Freien  von  Tegerfelden'^  (1,80  ni  lang  und  0,78  m  breit) 
scheint  nie  als  Tiscligrab  aufgestellt  gewesen  zu  sein,  wenn  man  die  nicht  ab- 
gekanteten Seiten  und  den  geringen  Durchmesser  des  Steines  in  Betracht  zieht. 
In  der  oberen  Hälfte  zeigt  er  das  Wappen  in  altertümlichem,  von  unmerklich 
geschwungenen  Seitenlinien  begrenzten  Schilde,  einen  Adler  mit  ausgebreiteten 
Flügeln,  gespreizten  Fängen  und  aufwärts  gerichtetem  Kopfe.-  In  dieser  Tier- 
figur tritt  das  heraldische  Bild  in  seiner  ursprünglichsten  Gestalt  dem  Beschauer 
entgegen,  ein  symmetrisch  konstruiertes,  den  Schild  völlig  ausfüllendes  Ornament 
mit  steifen  Umrißlinien.  Aus  dem  sack- 
artigen Leibe  wächst  oben  der  Kopf  mit 
langem  Schnabel  und  großem  Auge  und 
unten  der  Schwanz  hervor,  der  in  ein  ro- 
manisches Blattornament  ausläuft.  Zu  Seiten 
setzen  sich  je  fünf  ungleich  lange,  oben  ge- 
rundete Federn  au  einer  Querspange  zu  einem 
Flüo-el  zusammen,  während  die  kurzen,  un- 
geformten  Beine  in  je  vier  bewehrte  Zehen 
endiffen.  Der  dreifach  tjeschachte  Rand 
umgibt  den  Adlerschild  in  einer  Breite  von 
13^/2  cm.  Ein  gleicharmiges,  in  je  drei  Ecken 
ausgehendes  Kreuz,  das  auf  einem  mit  Fuß 
versehenen  Stabe  ruht,  nimmt  die  untere 
Hälfte  des  Steines  ein,^  Aus  einer  Jahrzeit- 
stiftunty  des  letzten  Freiherrn  Walthers  von 
Tegerfeldeu    und    seiner    Tochter,    Ita    von 

Klingen,  für  ihr  und  seiner  Vorfahren  Seelenheil  sehen  wir,  daß  die  Familie 
schon  vor  1228  ein  Begräbnis  zu  Wettingen  besessen  hat.  Walther  erscheint 
zuletzt  1254  in  Urkunden.^ 

Die  beiden  Rappersiviler^  Grabplatten,  welche  in  der  Kapitelstube  zu 
Wettingen  gelegen  haben,  tragen  auf  der  oberen  Hälfte  je  einen  senkrecht 
stehenden  Schild.  Der  ältere  des  Freiherrn  Heinrich,  genannt  der  Wandelhere 
(Unstete,  variabilis),  ist  mit  einer,  derjenige  des  Grafen  Rudolf  mit  drei  (grün) 
gestielten  (roten)  Rosen  im  (weißen)  Felde  geschmückt.    Die  Inschriften,  welche 


Fig.  83.  Schild  auf  der  Grabplatte  der  Freiherren 
von  Tegerfelden  (Wettingen). 


1  Die  Freiherren  vou  Tegerfelden  waren  Gutthäter  des  Klosters  und  hatten  wohl  in  der 
Trinitätskapelle  ihr  Familienbegräbnis.  Vergl.  nomenclatio  fundatorum  et  benefactarum  monasterii 
maris  stell«  u.  s.  w.    Zeitschrift  der  heraldischen  Gesellschaft  „Adler"  in  Wien,  Bd.  X. 

^  Vergl.  die  ältesten  Wappensiegel  der  Grafen  von  Froburg. 

^  Auf  die  Erbin  des  letzten  Tegerfelden  kann  sich  der  Stein  kaum  beziehen,  da  die- 
selbe das  Klingensche  Wappen  an  erster  Stelle  geführt  hätte.  Auch  das  Kreuz  deutet  auf 
einen  Ritler. 

*  Thurgauische  Beiträge  X,  1869.     Zürcher  Urkundenbuch  II,  348. 

5  Bahn  und  Zeller -Werdmüller,  Die  Grabsteine  in  der  Kapitelstube  zu  Wettingen.  Anzeiger 
für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  197. 


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III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendimg  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


aus  gotischen  und  lateinischen  Majuskeln  bestehen,  sind  am  ersten  Steine  dem 
Rande  entlang,  am  zweiten  in  zwei  Zeilen  an  den  Kopf  gesetzt. 

Ein  Grabstein  mit  dem  großen,  geränderten  Wai^penschilde  der  Grafen  von 
Homberg^  (in  gelb  zwei  schwarze  Adler  übereinander)  zeigt  dieselbe  Ausstattung 
ohne  Inschrift  und  soll  sich  auf  den  1289  an  der  Schloßhalde  bei  Bern  gefallenen 
Grafen  Ludwig,  den  Gemahl  der  Elisabeth  von  Rapperswil.  beziehen. 

Ebenfalls  zu  dieser  Gruppe  gehört  der  in  der  Dreifaltigkeitskapelle  sich 
befindliche  Stein  mit  dem  Wappen  von  Klingen,  welcher,  gleich  demjenigen  von 

Tegerfelden,  mit  der  Längsseite  parallel 
an  der  Mauer  in  dem  Boden  ruht.  Er 
ist  von  großen  Dimensionen  (2,30  m  lang 
und  0,80  m  breit)  und  trägt  einen  (92  cm 
langen  und  71  cm  breiten)  in  Hochrelief 
gearbeiteten  Schild,  darin  den  aufrechten 
Leu  mit  stark  gewölbter  Brust,  pferde- 
artigem und  mit  gerollten  Haarbüscheln 
besetztem  Halse  und  einer  dreiblättrigen 
Krone  auf  dem  Kopfe.  Der  kühn  ge- 
schwungene, aufrecht  stehende  Schweif  ist 
mit  einem  Knopfe,  einem  großen  Haar- 
büschel und  einer  eleganten,  nach  unten 
gerichteten  Endzottel  besetzt,  das  Feld  mit 
übereckgestellten  Vierecken  (Schindeln) 
besät.  ^  Historisch  und  stilistisch  gehört  der 
Stein  ins  XIII.  Jahrhundert,  wenn  er  mut- 
maßlich auch  erst  von  dem  Sohne  des  Be- 
statteten, Walther  III.  von  Klingen,  erstellt 
worden  ist.  Ulrich  IL  von  Klingen,'"^  der  Gemahl  Itas  von  Tegerfelden  und  alleiniger 
Erbe  des  reichen  Geschlechtes  muß  unter  diesem  Steine  begraben  liegen,  wenn 
sich  derselbe  überhaupt  auf  einen  Klingen  und  nicht  auf  die  Gemahlin  Ulrichs, 
Ita  von  Tegerfelden,^  bezieht.     Bei   letzterer  Annahme   ließe   sich  die   alleinige 


Fig.  84.    Schild  der  Freiherrn  von  Klingen.    Vom 
Grabstein  in  der  S.  S.  S.  Kapelle  (Wettingen). 


'  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  233. 

^  Vergl.  Die  Siegel  der  Herren  von  Klingen  seit  1259.    Zürcher  und  Basler  Urkundenbueh. 

*  Ulrich  II.  von  Klingen,  der  Gründer  von  Klingnau,  nahm  1227  am  Kreuzzuge  P'riedrich  II. 
teil,  1229  zurück,  12.50  gestorben.  Der  Teilungsvertrag  der  Erben  wird  vom  Abte  von  Wettingen 
als  Zeugen  mitbesiegelt.  Es  würde  näher  liegen,  daß  Ulrich  in  seiner  Stiftung,  dem  Städtchen 
Klingnau,  begraben  worden  wäre,  und  zwar  in  der  Kirche  St.  Johann,  welche  seine  Söhne  zu 
ihrer  und  ihrer  Vorfahren  Seelenheil  gestiftet  haben.     Thurgauische  Beiträge  X,  1869. 

■*  Sie  starb  12.53.  Diese  Annahme  scheint  zur  einfachsten  Lösung  zu  führen,  besonders 
wenn  man  di(!  Inschrift  auf  der  Benefaktorentafel  zu  Wettingen  korrigiert.  122S  haben  Walther 
von  Tegerfelden  und  seine  Tochter  Ita  von  Klingen  eine  Jahrzeit  gestiftet.  (Thurg.  Beiträge  X, 
18()9.)  Der  Auszug  aus  dem  Nekrolog  des  Klosters  auf  der  Benefaktorentafel  lautet:  Walterus 
de  Tegerfeld,  et  Ita  de  Klingen,  Uxor  (filiaV)  eins  in  sacello  S.  S.  S.  Trinitatis  sepulti.  B. 


5.  Plastik. 


\m 


Anbringung  des  Klingen'sclieu  Wappens  allenfalls  dadurch  erklären,  daß  die 
Dreifaltigkeitskapelle  nur  eine  einzige  Gruft  und  zwar  diejenige  der  Herren  von 
Tegerfelden  enthalten  habe,  und  also  das  angestammte  Wappen  als  selbstver- 
ständlich weggelassen  wurde.  Im  XIII.  Jahrhundert  war  der  Brauch  allgemein, 
die  verheirateten  Töchter  nicht  in  der  Gruft  des  Gemahls,  sondern  in  derjenigen 
des  väterlichen  Geschlechtes  beizusetzen.^  Die  Gräfin  Anna  von  Kyburg-Rapperswil 
ist  in  der  Kapitelstube  zu  Wettingeu,  im  Erliliegräbnis  der  Rappers wiler  und 
nicht  bei  ihrem  Gatten,  Hartmann  dem  Jüngern,  in  der  Marienkapelle  bestattet 
worden.  Die  Töchter  Walthers  III.  von  Klingen,  von  denen  die  eine  einem 
Markgrafen  von  Nieder-Baden  und  die  andere  einem  Grafen  von  Yeringen  an- 
getraut war,  wurden  im  Kloster  Klingenthal,  einer  Stiftung  ihres  Yaters,  bei- 
gesetzt. Diese  Grabdenkmäler  tragen,  wie  wir  gesehen,  gewöhnlich  zwei  Schilde, 
oben  denjenigen  des  Mannes  und  senkrecht  darunter  den  an- 
gestammten Wappenschild. 

Der  Grabstein  der  Gräfin  Anna  von  Kyburg^  ist  durch 
eine  dreizeilige  Majuskelinschrift  in  zwei  Hälften  geteilt, 
deren  obere  den  Kyburger-  und  deren  untere  den  Rappers- 
wilerschild  enthält.  Auf  der  unkritischen  Zeichnung  er- 
scheinen die  drei  Rosen  in  steifer,  aber  recht  dekorativer 
Form,  fünfblättrig  mit  spitzen  Zw^ischenblättchen  und  einem 
verzierten  Mittelstück.  Die  dicken,  schräg  abgeschnittenen 
Stengel  laden  beidseitig  in  Blätter  aus. 

Ein  länglich-schmaler  Stein  im  Kloster  Wurmsbach 
bei  Rapperswil  zeigt  übereinander  die  langen,  altertümlich 
aussehenden  Schilde  von  Rapperswil -"^  und  von  Neuff'en  (drei 
Hirschhörner  übereinander)  in  roher  Ausführung,  und  eine 
dreizeilige  Kopfinschrift  in  gemischten  Majuskeln.  Er  soll 
das  Grab  der  ersten  Gemahlin  Rudolfs  von  Rapperswil,  des 
Stifters  von  Wurmsbach,  der  Gräfin  Blechtild  aus  dem  Hause 
Neifen  oder  Neuffen  bedecken. 

Ein  anderer  Grabstein,'^  der  nur  in  einer  Büchel'schen 
Zeichnung  erhalten  ist  und  in  zwei  übereinander  gestellten  Schilden  die 
Wappen  der  Grafen  von  Tier  stein  und  derer  von  HohenkUngen  zeigt,  muß  aus 
sphragistischen    Gründen^    und    wegen    der    Zeichnung    der    Schildfiguren    ans 


Fig.  85.    Grabstein  der 

Elisabeth  v.  Rapperswil 

(Wurmsbaeh). 


^  Auch  die  Gräfin  von  Tierstein-Weißenburg  ist  in  der  Klosterkirche  zu  Därstetten,   im 
Erbbegräbnis  ihres  Hauses,  beigesetzt  worden. 

*  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  198.    Hie  qiescit  Anna  comitissa  de  Kiburg 
filia  comitis  de  Raprehtis wiler e. 

^  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  1882,  S.  333.    Anzeiger  für  Schweizergeschichte 
1893,  S.  2. 

*  Bahn,  Statistik.    Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  lY,  S.  116.    Agnes  von  Tierstein- 
Hohenklingen. 

^  Nach  gütiger  Mitteilung  von  Dr.  E.  A.  Stückelberg.     Die  Buchstaben  sind  n  y  d  u  T. 


134  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  gestellt  werden.  Einzig  die  Schildfomien  mit 
gebrochenen  Seitenlinien  stehen  einer  solchen  Datierung  im  Wege:  aber 
diese  Aenderung  ist  vielleicht  auf  Rechnung  des  Zeichners  zu  setzen.  Der 
Stein  hat  in  der  Mitte  und  an  den  Seiten  ein  breites  Schriftband,  das  die 
Inschrift  trägt: 

HIE  •  LIT  •  DES  •  GESLEHTES  •  VON  •  TYERSTEIN  •  UN  •  VON  •  KLINGEN,  f 


M 


Die  Hinde  ist  ähnlich  dargestellt,  wie  auf 
der  Grabplatte  zu  Därstetten.  etwas  voller  und 
freier  in  der  Linienführung,  aber  gleichfalls  mit 
herabhängender  Zunge  und  seitlich  am  Kopfe 
angebrachten  Ohren.  ^  Der  Eichenlaubzweig  der 
Hohenklingen  ist  als  Ornament^  aufgefaßt,  das 
von  der  Natur  nur  die  Form  der  Blätter  entlehnt, 
den  symmetrischen  Bau  der  Aeste  dagegen  dem 
Schildfelde  angepaßt  hat.  Der  Stein  kann  als 
Monument  oder  als  Deckplatte  zu  der  Familien- 
gruft in  Klingenthal  schon  bei  Lebzeiten  des 
Paares  erstellt  worden  sein,  was  oft  zu  geschehen 
pflegte.^ 

Alle  bis  jetzt  angeführten  heraldischen 
Grabsteine  haben  sich  auf  die  Darstellung  des 
Schildes  beschränkt,  vielleicht  in  Anlehnung^  an 
die  Sitte,  das  wichtigste  und  teuerste  Abzeichen 
des  Ritters  auf  oder  in  das  Grab  zu  legen.  Ein 
einziger  Stein,  ehemals  in  der  Kapitelstube  zu 
Wettingen,  ist  mit  dem  vollen  Wappen,  mit 
Schild,  Helm  und  Kleinot  verziert.  Die  Kom- 
position steht  in  einem  Kreisrund  auf  der  obern 
Hälfte  der  breiten  Grabplatte  und  darf  sowohl 
in  Anbetracht  dieser  Einfassung  und  der  ganzen 
Darstellung  als  eine  Kopie  nach  einem  Rund- 
siegel aufgefaßt  werden.  lieber  dem  stark  geneigten  Schilde  mit  dem  Strahl 
steht  der  oben  flache  und  mit  blumenbesteckten  Hirschstangen  versehene  Topf- 
helm, in  Form  und  Proportion  den  schon  erwähnten  Strätlingerwappen  ähnlich. 
Das    Grabmal    soll    die    sterblichen    Ueberreste    Heinrichs  II.   i'on   Sträflingen,^ 


Fig.  86.     Grabstein  derer  von  Tierstein 
und  von  Hohen-Klingen  (Basel). 


'  Die  freiere  Zeichnung  ist  der  Inkorrektheit  des  Zeichners  zuzuschreiben. 

^  Wie  auf  Siegeln  des  XIII.  Jahrhunderts,  z.  H.  S.  S.  Ulrici  de  Vetere  Klingen  ähnlich, 
später  realistisch  dargestellt. 

'  Huhn  und  Zeller -Werdmüller,  Grabsteine  zu  Wettingen,  S.  198.  Anzeiger  für  Schweiz. 
Altertumskunde  IV. 

*  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV,  S.  234. 


(3.  Die  Siegel. 


135 


des    Sohnes    einer    (jrräfin    von    Rapperswil    bedeckt    haben,    der    vor    1266    cre- 
storbeu  ist.' 

Die  Technik  beschränkt  sich  in  (k^r  GrabpListik  auf  die  Darstellung  der 
Figuren  im  Flachrelief,  als  einfaches  Ornament, 
ohne  Rundung  der  Körper  und  olme  Modellienmg 
der  einzelnen  Teile.  Zu  Beginn  des  Jahrhunderts 
noch  steif  und  rein  ornamental,  macht  sich  die 
realistische  Tendenz  geltend,  welche  sich  zuerst  in 
kleinen  Details,  später  in  einer  natürlicheren  Pro- 
portionierung  äuläert,  um  schlietslich  im  XIV.  Jahr- 
hundert den  ornamentalen  Charakter  ganz  bei  Seite 
zu  lassen  und  die  Figuren  als  realistisch  aufgefaßte 
Gestalten  in  den  Schild  zu  setzen.  Den  künst- 
lerischen Höhepunkt  hat  die  Entwicklung  in  der 
Epoche  erreicht,  in  welcher  sie  die  Figuren  in 
natürlicher  Gestalt,  aber  in  möglichst  einfacher, 
kräftiger  und  flotter  Umrißzeichnung  zu  geben  im 
Stande  war.  Später  ist  die  ornamentale  Anforderung 
weggefallen  und  die  Kopie  natürlicher  Figuren  er- 
setzt worden:  aber  dieses  Mißverstehen  der  alten 
Schilddekoration  hat  zu  der  traurigen  Dekadenz  ge- 
führt,  deren  Folgen  heute  noch  nicht  jj'anz  überwunden  sind. 


Fig.  87.    Grabstein  Heinriclis  II. 
Striitlingen  (Wettingen). 


6.   Die  Siegel. 


Die  originellste  und  verschiedenartigste  Ausbildung  ist  der  Heraldik  in  der 
.Kleinplastik "  zu  Teil  geworden,  auf  den  Darstellungen  im  Siegelfelde.  Eine 
leicht  herstellbare  und  nicht  allzu  kostspielige  Materie  gestattete  die  weitgehendste 
Berücksichtigung  individueller  Wünsche  und  bot  jedem  einzelnen  Besteller  Gelegen- 
heit, seine  Prätentionen  und  seinen  Kunstsinn  darzuthun.  Die  Siegel  geben  daher 
in  ihrer  Form  und  Darstellung  gleichsam  den  Charakter  des  Sieglers  wieder  und 
sind  oft  genug  die  einzigen,  übriggebliebenen  Zeugen  eines  mächtigen  und 
prunkliebenden  Geschlechtes. 

Der  Gebrauch  des  Siegels^  ist  im  XIII.  Jahrhundert  ein  allgemeiner:  die 
Urkunde  war  allerorts  an  Stelle  der  mündlichen  Abmachungen  und  Handver- 
sprechen getreten.  Erst  durch  die  Besiegelung  des  Ausstellers  und  der  Zeugen 
erhielt   sie  volle  Rechtsgültigkeit.     Ein  jeder,    der   in   den  Fall   der  Urkunden- 


^  Ein  gräflich  Hombergsclier  Grabstein  zu  Wettingen,  der  über  dem  großen  geneigten 
Schilde  den  mit  der  Inful  bedeckten  Helm  in  Proülstellung  zeigt,  scheint  mir  eher  ins  XIV.  Jahr- 
hundert zu  gehören.  Vergl.  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde  IV. 

*  Vergl.  Seyler,  Geschichte  der  Siegel.    Leipzig.    S.  72. 


136  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

ausstellung  oder  Mitbesiegelung  kommeu  konnte,  war  daher  gehalten,  einen 
eigenen  Siegelstempel  zu  führen.  Der  hohe  und  niedere  Adel,  Kirchenfürsten 
und  die  gesamte  Geistlichkeit  bis  hinunter  zu  den  Kaplanen  und  Kantoren,  die 
Gemeinden  der  Freien,  die  Städte,  ihre  Schultheißen  und  Räte,  Korporationen 
und  hervorragende  Bürger  bedienten  sich  im  XIII.  Jahrhundert  eigener  Siegel. 
Bei  der  enormen  Zunahme  der  Produktion  und  den  steigenden  Anforderungen 
der  Besteller  machte  die  Stemjaelschneidekunst  rasche  Fortschritte  in  technischer, 
wie  in  künstlerischer  Beziehung.  Da  das  Siegel  eine  persönliche  Rechtsbekräftigung 
bedeutete,  so  mußte  darauf  bedacht  genommen  werden,  Gleichheiten  der  Siegel 
untereinander  nach  Möglichkeit  zu  vermeiden.  Dies  geschah  bei  den  wappen- 
führenden Ständen  durch  Anbringung  der  heraldischen  Abzeichen,  bei  den  übrigen 
Sieglern  durch  Hinzuziehen  aller  möglichen  Darstellungen,  welche  auf  die  Person 
eine  direkte  oder  indirekte  Beziehung  hatten.  Im  Laufe  der  Zeiten  ist  die  zweite 
Kategorie  ganz  verschwunden  und  hat  der  Heraldik  bis  auf  den  heutigen  Tag 
das  Siegelfeld  ausschließlich  überlassen. 

Schon  zu  Ende  des  XII.  Jahrhunderts  hatte  eine  Ausscheidung  bestinnnter 
Typen  für  die  verschiedenen  Stände  begonnen,  welche  im  folgenden  Jahrhundert 
scharf  abgeschlossene  Gruppen  gebildet  hat.  Nicht  nur  durch  die  Darstellung 
bestimmter  Gegenstände,  sondern  auch  durch  die  äußere  Form  des  Siegels  haben 
sich  Kirche  und  Staat,  Kleriker  und  Laien  von  einander  unterschieden.  Das 
Siegelbild  war  nicht  mehr  maßgebend  für  die  äußere  Form,  wie  früher,  sondern 
wurde  in  die  stereotype  Form  hineingezwängt.  Der  spitzovale  Siegeltypus,  der 
auch  für  die  Standbildsiegel  weltlicher  Fürsten  gewählt  wurde,  gewinnt  einen 
ausschließlich  kirchlichen  Charakter  und  wird  von  Laien  nur  als  Devotions- 
bezeugung gegenüber  der  Kirche  geführt.  Rund-  und  Schildsiegel  mit  Heim- 
und Schildfiguren  bilden  das  Gros  der  weltlichen  Siegel.  Ihnen  schließen  sich 
die  Städte  an,  welche  weltlichen  Großen  zugehörten,  um  sich  von  den  unter  dem 
Krummstabe  stehenden  Gemeinwesen  mit  spitzovalen  Siegeln  zu  unterscheiden. 
Die  Bilder  sind  ebenfalls  der  Heraldik  entlehnt,  oder  in  Bezug  auf  die  betreffende 
Stadt  gewählt,  mit  Mauern  und  Türmen,  Thoren,  öffentlichen  Gebäuden  u.  s.  w. 

Wenden  wir  uns  nun  der  Einzelbetrachtung  zu. 

a.  Reitersiegel. 

Im  ritterlichen  Siegel  hat  die  Abbildung  von  Wappenschild  und  Helm, 
von  freien  heraldischen  Bildern  und  vollen  Wappen,  von  Anfang  an  überwogen. 
Das  Porträt  wurde  im  Siegel  der  Fürsten,  weltlicher  Damen  und  der  Geist- 
lichkeit beibehalten,  in  weiteren  Kreisen  dagegen  immer  seltener  angewendet. 
Nur  in  einer  Form  ist  es  populär  geblieben,  nämlich  im  Reitersiegel,  das  den 
Ritter  im  heraldisch  geschmückten  Kriegskostüm  zur  Darstellung  brachte.  Es 
ist  begreiflich,   daß   das  Reitersiegel  nur  von   adeligen  Herren   geführt  wurde.^ 

'  Wer  kein  eigenes  Pferd  besaß,  wird  sicli  wohl  geliütet  haben,  eine  solche  Darstellung 
zu  wühlen. 


6.  Die  Siegel. 


1H7 


welche  hoch  zu  Roß,  an  der  Spitze  ihrer  Vasallen  Heerfolge  leisteten,  also  fast 
ausschließlich  vom  hohen  Adel.  Dahin  gehören  auch  die  Geschlechter  unseres 
Landes,  deren  Glieder  sich  eines  Reitersiegels  bedient  haben,  mit  der  einzigen 
Ausnahme  des  Ritters  vo}!  Pleujouse  ^  (Blitzhausen),  eines  bischöflich  baslerischen 
Lehensmannes.  An  die  Herzogshäuser  von  Schwaben  und  Zähringen  reihen  sich 
die  Grafen  von  Fürstenberg,  Genf,  Habsburg,  Hohenberg,  Montfort,  Neuenburg, 
Pßrt,  Savoyen,  Toggenburg,  Werdenberg,  die  mit  den  Grafen  von  Neuenburg 
stammverwandten  Freiherren  von  Hasenburg,  die  welschen  Herren  v.  Aubonne, 
V.  Pale^ieux,  v.  Prangins  und  als  vereinzeltes  Beispiel  der  Freie  Diefhehn  von 
Wolhusen.  Ein  Vorrecht  in  der  Führung  des  Reitersiegels  in  rechtlichem  Sinne, 
d,  h.  für  eine  bestimmt  abgegrenzte  Kaste,  kann  nicht  bestanden  haben,  denn 
die  Grafen  von  Froburg,  Kyburg,  Rapperswil  und  Tierstein  und  die  an  Macht 
und  Ansehen  ihnen  gleichstehenden  Freiherren  von  Klingen,  Pegensberg,  Sehnabel- 
burg und  Vats  etc.  haben  sich  nie  dieser  Siegelart  bedient.  Die  Abgrenzung 
nach  unten  ergab  sich  lediglich  aus  der  Machtstellung,  und  die  Wahl  des 
Siegelbildes  aus  dem  persönlichen  Vorzug  des  Inhabers.  Das  Reitersiegel  ist 
gewöhnlich  rund.  Es  variert  in  der  Größe,  je  nach  der  mehr  oder  weniger  be- 
deutenden Machtstellung  des  Besitzers,  bis  zu  einem  Durchmesser  von  8  cm. 
Der  Reiter  wird,  anschließend  an  die  vorangegangene  Epoche,  nach  heraldisch 
links  sprengend  dargestellt,  d.  h.  mit  der  rechten  Seite  nach  vorn  (Taf.  5,  Fig.  2). 
Fest  sitzt  er  im  Sattel,  in  ruliiger 
Haltung,  die  Beine  steif  nach  vorn  ge- 
spreizt. In  der  Rechten  trägt  er,  nach 
hinten  ausholend  das  breite,  mit  einer 
Blutrinne  versehene  Schwert,  an  dessen 
Stelle  gegen  Ende  des  Jahrhunderts 
allgemein  die  Speerfahne  gesetzt  wurde, 
in  der  Linken  den  Schild,  der  deshalb 
nur  von  der  Rückseite  oder,  vorn  vor  die 
Brust  gehalten,  mit  halber  Vorderseite 
sichtbar  wird.  Frühe  Beispiele  für  das 
Vorkommen  der  Speerfahne  bieten  die 
Reitersiegel  des  Herzogs  Heinrich  von 
Schwaben'^  (1216)  und  des  Grafen  von 
Montfort^  (1214).  Die  überlieferte, 
rechtsseitige     Profil  -  Darstellung     des 

Reiters,  auf  welcher  sachgemäß  die  volle  Abbildung  des  Schildes  nicht  möglich  war. 
mußte  dem  Streben  weichen,  den  Wappenschild  dem  Beschauer  in  Vorderansicht 
zu  zeigen.     Sie  wurde  durch  das  linksseitige  Porträt  ersetzt,  d.  h.  die  Reiterfigur 


Fig.  P8.     R.R.S.  des  Grafen  Hugo  von 
Montfort-Bregenz.     1-214. 


'  Sammlung  von  Herrn  Dr.  J.  Morel  in  Lausanne. 

-  Vergl.  Abb.  Anzeiger  für  Schweiz.  Altertumskunde,  Taf.  25.    ZeUer -Werdmüller,  S.  394. 

^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  H,  S.  21,  vergl.  Fig.  88. 


138 


III.  Teil:  Die  dekorative  Aiiwciiduiig  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


umgedreht,  so  dalä  der  linke  Arm  mit  dem  Schilde  an  erste  Stelle  gelangte  und  so 
dem  Wappen  der  Mittelpunkt  des  Bildes  zukam.  Wenn  diese  Neuei-ung  bei  den 
Siegelstechern  auf  Widerstand  gestoßen  hat,  so  mochte  dies  an  den  technischen 
Schwierigkeiten  liegen,  welche  sie  erforderte.  Die  ohnehin  zweifelhafte  SiDiouette, 
welche  den  Reiter  übermäßig  groß  auf  dem  unproportionierten  Pferde  zeigte, 
wurde  durch  den  Schild  entzwei  geschnitten  und  verlor  jeden  Zusammenhang. 
Aber  das  zunehmende  Darstellungsvermögen,  verbunden  mit  dem  Fortschreiten 
der  Technik,  haben  dieses  Hindernis  überwunden  und  dem  neuen  Bilde  seit 
zirka  1250  den   alleinigen  Platz  behauptet.     Die   cältere  Darstellung  findet  sich 

auf  den  Reitersiegeln  der  Herzöge 
von  Zähringen^  und  auf  einem 
Siegel  AesWilhelm  von  Prangins- 
(1243),  die  Neuerung  mit  vollem 
Wappenschilde  auf  den  R.  R.  S. 
des  Herzogs  Heinrich  v.  Schwaben 
(1216),  Walthers  I.  von  Hasen- 
burg'^  (1218),  des  Landgrafen  im 
Elsaß  Grafen  Albert  von  Habs- 
burg* (1234),  des  Grafen  Eudolf 
von  Habsburg  ^  (1243)  und 
Walthers  IL  von  Hasenburg  ^ 
(1245).  lieber  das  Aufkommen 
des  heraldischen  Schmuckes  auf 
Helm,  Fahne  und  Pferdedecke 
geben  die  betreffenden  Abschnitte 
im  zweiten  Teil  Aufschluß,  an 
dieser  Stelle  soll  nur  sein  Erscheinen  auf  den  Siegeln  nachgewiesen  werden. 
Am  frühesten  wird  die  Fahne  mit  heraldischen  Figuren  verziert,  z.  B.  auf  dem 
Siegel  des  Markgrafen  von  TuscienJ  Aus  dem  XIII.  Jahrhundert  sei  das  R.R.S.  des 
Herzogs  Heinrich  von  Schwaben  erwähnt  (1216),  das  auf  der  Fahne  drei  Leoparden 
trägt.  Ein  R.R.S.  des  Grafen  Wilhelm  von  Genf^  zeigt  zuerst  1219  die  Pferde- 
decke, verziert  mit  langen  Zotteln,  ähnlich  wie  in  den  Miniaturen  des  Petrus 
von  Ebulo,  aber  ohne  heraldische  Bilder.  Erst  zwei  R.R.S.  des  Grafen  von 
Montfort  von  1255  wiederholen  das  Schildbild  auf  der  Kovertiure.  Den  ersten 
Nachweis  für  das  Helmkleiuot  Ineten  zwei  R.  R.  S.  des  Grafen  Eudolf  von  Habs- 

1  Abb.  I.  Teil,  S.  15,  Fig.  3  und  4. 

"  Vergl.  Taf.  5,  Fig.  2  aus  der  Sammlung  von  Dr.  J.  Morel  in  Lausanne. 

^  Sammlung  von  Dr.  J.  Morel. 

*  Vergl.  Taf.  5,  Fig.  1.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Zürich,  Kappel  22. 

*  Vergl.  Fig.  89. 

"  Saiinnlung  von  Dr.  J.  Morel. 

'  I.  Teil,  S.  i;!. 

"  Sammlung  der  anticiuarischen  (Jesellschaft  in  Zürich. 


Fig.  89.     R.R.S.  des  Grafen  Rudolf  von  Hab.sburg.     1243. 


6.  Dil!  Siegol. 


18(» 


hurg^  von  1248  und  1245,  auf  denen  der  Helm  jeweils  eine  doppelhakige 
»Spitze  zur  Befestigung  des  Kleinots  aufweist.  1 248  trägt  der  Graf  Konrad  von 
Freihur y'~  einen  Adler  mit  ausgebreiteten  Flügeln  auf  dem  Helme,  1259  Graf 
Rudolf  von  Hahshnrg^  den,  mit  einem  Pfauenspiegel  besteckten,  wachsenden  Leu 
und  1264  Graf  Hugo  I.  von  Werdenherg'^  ein  halbrundes  Schirmbrett.  Die  Helni- 
decke  stellt  sich  verhältnismäßig  s])ät  und  selten  ein.  zuerst  auf  dem  R.  II.  S. 
des  Grafen  Gottfried  von  Hahs- 
burg-Lauffenburg^  (1271)  und 
auf  demjenigen  des  Grafen 
Heinrich  von  Fürstenberg  ** 
(1283). 

Zur  herald isclien  Aus- 
schmückung von  Roß  und 
Reiter  gesellte  sich  im  Laufe 
der  Zeit  diejenige  des  Siegel- 
feldes, indem  es  mit  einzelnen 
Schilden  besetzt  oder  mit 
Figuren  bestreut  wurde.  Mit 
Lilien  besät  ist  das  R.  R.  S.  des 
Grafen  Rudolf  von  Habsburg  ^ 
(1259),  mit  der  Schildfigur 
dasjenige  Graf  Eberhards  des 
Scherers  von  Tübingen^  (1298) 
(dreilappige       Kirchenfahne). 

Schilde  im  Siegelfelde  zeigen  die  R.  R.  S.  des  Grafen  Hugo  I.  von  Werdenberg-' 
(1271)  und  des  Grafen  Rudolf  von  Mont fort- Fei dJcirch^^  (1298).  Die  Bedeutung  der 
Lilie,  welche  auf  einer  Reihe  von  Dynasten-,  Damen-  und  Klerikersiegeln  nach- 
zuweisen ist,  scheint  ganz  kirchlicher  Natur  zu  sein.  Jedenfalls  darf  sie  nicht  als 
Abzeichen  eines  Bundes  oder  einer  Rittergesellschaft  angesehen  werden.  Die  Bei- 
schilde dagegen  haben  rechtlich-historische  Bedeutung  und  können  sich  auf  Vor- 
mundschaftsrechte beziehen.  Figürliche  Zuthaten,  zur  Ausfüllung  oder  Belebung 
des  Raumes  finden  wir  schon  früher,  so  ein  Eichenlaub  im  Siegel  des  Wilhelm  von 


Fg.  90.     li.K.S.  des  Grafen  Rudolf  von  Habsl)uri 


'  Abb.  und  Citat  der  Uikundeii  bei  Merz,  Waltlier,  Die  Habsburg.    Aarau  und  Leipzig 
1H98.    Vergl.  Fig.  89. 

-  Freiburger  Urkundenbucb  Bd.  I,  Taf  2. 

^  Merz,  Die  Habsburg,  S.  15,  Fig.  8.    Vergl.  Fig.  90. 

*  Gull,  Die  Grafen  von  Werdenbei-g,  S.  25. 

*  Abb.  Taf.  5,  Fig.  5.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Bern,  Fach  Interlaken. 
'  Abb.  Seyler,  Geschichte  der  Heraldik. 

•>  Fig.  90. 

*•  Abb.  bei  Hohenlohe  und  bei  Seyler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  264. 

*  Taf.  5,  Fig.  7.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Bern,  Fach  Interlaken. 
">  Gull,  S.  18,  Fig.  9. 


140  III-  Tß'l  •  I^iG  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

Frangins^  (1245),  Hunde  auf  Siegeln  der  Grafen  Hugo  I.  und  Rudolf  I.  von  Mont- 
fort^  (1255).  Ein  vollständiges  Bild  bietet  das  R.  R.  S.  des  Grafen  Friedrich  HL 
von  Toggenburg^  von  1287.  Der  Ritter  sprengt  in  voller  Wehr,  mit  Wappenschild 
und  zimiertem  Helme,  aus  seinem  Burgthor.  Die  Burg  selbst,  nur  schematisch 
angedeutet,  besteht  aus  einem  mächtigen  Thorturme  mit  gekuppelten,  gotischen 
Fenstern  und  einer  hohen  Quadersteinmauer,  hinter  der  ein  zweiter  Turm,  wohl 
die  Schloßkapelle,  hervorragt. 

Die  Ausführung  wird  entschieden  besser,  die  Zeichnung  korrekter,  die  Modell- 
ierung   realistisch    durchgeführt.     Aber    die  Steifheit    der  Figuren   verliert   sich 

nur  langsam.  Erst  gegen  Ende  des  Jahrhunderts 
trifft  man  Beispiele  virtuoser  Ausführung,  flotte 
Reitergestalten  auf  kühn  dahinsprengenden  Rossen, 
mit  fliegenden  Decken  und  flatternder  Fahne,  wie 
z.  B.  auf  dem  Siegel  des  Grafen  Theohald  von  Pßrt^ 
1275,  des  Grafen  Hugo  von  Werdenberg  1271, 
1284  und  1295,  und  des  Diethelm  von  Wolhusen'^ 
1285.  Das  Relief  ist  durchwegs  ziemlich  be- 
trächtlich, um  eine  plastische  Wirkung  zu  erzielen. 
Das  R.  R.  S.  ist  von  einer  Schrift,  der  Legende, 
eingefaßt,  welche  zwischen  einfachen  oder  Perl- 
Diftheim^o^'  wo'ihus^n*!'  1285.  Huien  steheud,  Name  und  Geschlecht  des  Sieglers 

enthält. 
Außer  dem  heraldischen  Reitersiegel,  das  den  Ritter  in  Kriegsausrüstung 
darstellt,  sind  bei  uns  keine  Beispiele  zu  finden.  Die  Darstellung  im  Jagdkleide 
zeigt  einzig  ein  Damensiegel  von  1252.  Margaretha  von  Savoyen,^  die  Gemahlin 
des  Grafen  Hartmann  IV.  von  Kyburg,  führt  ein  Porträtsiegel,  auf  dem  sie  hoch 
zu  Roß,  auf  reich  geschmücktem  Zelter,  die  Zügel  in  der  Rechten  und  den 
Falken   in   der  Linken  hält. 

b.  Staiidbildsiegel. 

Im  XII.  Jahrhundert  ist  der  ritterliche  Siegler  häufig  zu  Fuß  in  krieger- 
ischer Ausrüstung  abgebildet  worden.   Herzog  Konrad  von  Zähringen'  führt  1140 


'  Im  li.  R.  S.  des  Grafen  Willielui  von  Genf  wird  der  Raum  unter  dem  Pferde  durch  eine 
Ranke  ausgefüllt. 

2  Gull,  S.  13,  Fig.  2,  S.  17,  Fig.  7.  Weitere  Beispiele:  Graf  Rudolf  von  Montfort  1270, 
S.  17,  Fig.  8;  Graf  Ulrich  von  Montfort -Bregenz  1278,  S.  20,  Fig.  10,  und  Graf  Rudolf  von 
Montfort-Feldkirch  1293,  S.  18,  Fig.  9. 

^  Taf.  5,  Fig.  4.    Urkunde  im  Zürcher  Staatsarchiv,  Kappel. 

*  Abb.  im  Basler  Urkundenbuch  Bd.  I,  Fig.  88. 

^  Fig.  91.  Vergl.  Zcller -Werdmüller ,  Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesellschaft  von 
Zürich  Bd.  XXI,  Heft  5,  8.  135. 

*  Taf.  5,  Fig.  10  und  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  II,  Fig.  3. 

'  Seijler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  254.  Heyck,  E.,  Urkunden  und  Wappen  der  Herzöge 
von  Zähringen.  Freiburg  1892.     Tafel  I. 


6.  Die  Siegel.  141 

ein  K.  S.,  Herzog  Berchfold  IV.  1157  ein  S.  0.  S.  mit  dem  Standbilde.  Die 
folgende  Epoclie  hat  sich  ausschließlich  des  Reiterbildes  bedient  und  die  ein- 
fachere und  weniger  prunkvolle  Darstellung  des  Bildnisses  zu  Fuß  den  Frauen 
und  Witwen  und  den  minderjährigen  Söhnen  als  Siegelschmuck  überlassen.  Eine 
Ausnahme  bildet  das  zirka  7  cm  große  R.  S.  des  Grafen  Ludwig  von  Homberg,^ 
mit  dem  seine  Gemahlin  Elisabeth  von  Rapperswil  1286  eine  Urkunde  besiegelt. 
Steif  ist  die  Figur  des  Grafen  in  das  glatte  Siegelfeld  hineingelegt,  ähnlich  einer 
Porträtskulptur  auf  einem  Grabmale;  sie  ist  gut  proportioniert  und  modelliert 
und  ragt  mit  Koj^f  und  Füßen  in  den  Schriftrand  hinein.  Nicht  unmöglich 
wäre  es,  an  die  direkte  Kopie  einer  Statue  zu  denken,  welche  vielleicht  zu 
Lebzeiten  des  Ritters  für  sein  Grabmonument  hergestellt  worden  war.^  Die 
Kleidung  besteht  aus  einem  vollständigen  Ringelpanzer,  der  als  Panzerkapuze 
auch  den  Kopf  umschließt,  und  aus  einem  ärmellosen,  an  Arm-  und  Halslöchern 
mit  Borten  besetzten,  bis  auf  die  Kniee  reichenden  und  seitlich  geschlitzten 
Waffenrocke.  Nur  Gesicht  und  Hände  sind  frei,  das  erstere,  um  das  Porträt  des 
Sieglers  zu  zeigen,  die  letzteren,  mit  herabhängenden  Panzerhandschuhen,  um 
Schild  und  Schwert  zu  halten.  An  einem  der  beiden  Knöpfe  auf  der  Brust, 
welche  zur  Befestigung  von  Helm  und  Schwert  bestimmt  waren,  hängt  das  mit 
halbmondförmigem  Knauf  und  Parierstange  versehene  Schwert  an  einer  Kette. 
Der  kleine,  schlanke  Dreieckschild  trägt  in  guter  Zeichnung  die  beiden  Adler 
von  Homberg.  Die  schöne,  kräftige  Schrift  wird  von  profilierten  Linien  eingefaßt 
und  läßt  auf  fremde,  wohl  italienische  Arbeit  schließen. 

Als  Beispiel  für  minderjährige  Söhne  nenne  ich  das  Si3itzschildsiegel  der 
Grafen  Konrad  und  Berchtold  von  Freihiirg^  vom  Jahre  1239.  Die  beiden  Kinder 
mit  kurzen  Röcken  und  unbedeckten  Lockenköpfen  halten  den  väterlichen  Schild 
auf  Brusthöhe  empor.  Der  Schild  ist  ziemlich  groß,  von  gleicher  Höhe  und 
Breite,    und   trägt    den    altertümlichen   zähringischen   Adler,    vom  WoLkenrande 

umschlossen. 

c  FrauensiegeL^ 

Wenn  wir  von  den  Siegeln  der  Regentinnen  und  der  Frauen  aus  könig- 
lichem Hause  absehen,  so  begegnen  uns  die  Frauensiegel  erst  in  der  zweiten  Hälfte 
des  XIII.  Jahrhunderts.  Früher  mögen  sich  viele  Frauen  der  Siegel  des  Gatten 
oder  der  Verwandten  bedient,  oder  nach  des  Vaters  Tode  dessen  eigenes  Siegel 
zum   Gebrauche   beibehalten   haben.     Auf   den    ältesten   Siegeln^   ist    die  Dame 

^  Taf.  5,  Fig.  8.  Urk.  im  Staatsarchiv  Zürich,  Amt  Oetenbach  110,  ferner  im  Staatsaixhiv 
Aargau,  Beuggen  43,  von  1284, 15.  XI,  im  Staatsarchiv  Luzern.  S.  Urban,  Vergl.  Argovia  43  und  47. 

^  Vergl.  Fig.  78,  Grabmal  des  Konrad  von  Maggenberg. 

^  Seyler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  93. 

*  Melly,  lieber  Siegel  nnd  Siegelwesen  österreichischer  Damen.  Wien. 

^  Ausländische  Beispiele  aus  früher  Zeit  sind:  S.O.S.  der  Mahaut,  comtesse  d'Evreux 
1140 — 1180  {Demay,  S.  93),  S.O.S.  der  Gräfin  Elisabeth  von  Flandern  1173  {Hohenlohe,  Sphrag. 
Aphorismen  II,  25),  S.O.S.  der  Margaret  von  Schottland,  Gemahlin  des  Earl  of  Richmond,  1171 
(The  Archseol.  Journal  XIV,  181),  S.O.S.  der  Herzogin  Hedwig  von  Schlesien  1180  und  der 
Adele  de  Champagne,  Gemahlin  Ludwigs  des  Jungen  {Demay,  S.  72). 


142  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

stehend  abgebildet,  in  eng  anschließendem  Gewände  mit  weit  herabhängenden 
Aermeln,  als  lange,  schmale,  unproportionierte  Figur.  Der  Darstellung  angepaßt, 
bildet  die  äußere  Form  des  Siegels  ein  breites  Spitzoval.  In  der  Folge  nimmt 
die  Figur  mehr  Leben  an,  wird  voller  und  bewegter,  bald  stehend,  bald  aut 
einem  thronartigen  Sessel  sitzend,  die  eine  Hand  auf  die  Brust  oder  au  die  Hüfte 
gelegt,  in  der  ausgestreckten  anderen  einen  Vogel,  eine  Lilie  oder  ein  Kreuz 
tragend.  Ein  Siegel  der  Gräfin  Elisabeth  von  Kyhurg^  von  1265  zeigt  die  Dame 
im  spitzovaleu  Felde,  nach  links  gewendet,  in  edler,  freier  und  vornehm  bewegter 
Haltung.  Sie  trägt  ein  anschließendes,  in  Falten  herabfallendes  Kleid,  einen 
mit  Veh  ausgeschlagenen  und  über  der  Brust  zusammengehefteten  Mantel  und 
auf  der  behandschuhten  Linken  den  Jagdfalken.  Aehnlich  aufgefaßt,  aber  in 
roher  Ausführung  ist  das  S. O.S.  der  Gräfin  Ita  von  Frohurg^  1288  (mit  einer 
Lilie  in  der  Hand).  Zwei  R.  S.  der  Sibi/lla  von  Montbeliard,  1263,  der  Gemahlin 
Rudolfs  HL  von  Neuenburg  und  der  Gräfin  Ricliensa  von  Neuenbürg,^  aus  dem 
Hause  Froburg,  1264,  beschränken  sich  ebenfalls  auf  die  Porträtfigur.  Ln 
Auslande  treten  die  heraldischen  Beizeichen,  freie  Schildbilder,  Wappenschilde, 
Helme  und  Wappenkleider  schon  zu  Beginn  des  Jahrhunderts  hinzu.*  Diese 
Beigaben  stehen  teils  frei  im  Siegelfelde,  teils  werden  sie  mit  der  Figur  in 
Zusammenhang  gebracht,  indem  letztere  als  Schild-  oder  Helmhalter  benutzt 
wird.  Das  erste  Frauenporträtsiegel,  das  in  unseren  Gegenden  heraldische  Bilder 
aufweist,  ist  ein  schildförmiges  Siegel  der  Gräfin  3Iechfhild  von  Rapperswil-Neiffen,^ 
1263.  Li  lebhafter  Bewegung  schreitet  die  Gräfin  nach  rechts  (h),  die  Linke 
auf  die  Brust  gepresst,  mit  der  Rechten  nach  einer  der  Rosen  von  Rapperswil 
greifend,  welche  die  beiden  Oberecken  ausfüllen.  Zu  ihren  Füßen  liegt  ein  Hift- 
horn, das  Wappenbild  der  Grafen  von  NeifiFen,  denen  sie  entstammt.  Abgesehen 
von  der  guten  Modellierung,  dem  schönen,  fließenden,  faltenreichen  Gewände, 
dem  Mantel  und  der  geschickten,  überaus  natürlichen  und  lebhaften  Haltung 
ist  in  diesem  Siegel  die  hübsche  Symbolik  zu  bewundern,  welche  die  Frau,  auf 
dem  väterlichen  Abzeichen  stehend,  mit  der  Rechten  die  Rose  von  Rapperswil 
ergreifen  läßt,  derem  Träger,  Grafen  Rudolf  HL,  sie  die  Hand  gereicht  hatte. 
Auf  einem  S.O.S.  der  Gräfin  Sibylle  von  Neuchätel-Montfaucon,^  von  sorgföltiger 
Arbeit,  ist  je  ein  Trefi'elblatt  zu  Seiten  der  Figur  angebracht,  das  sicher  heral- 
dische Bedeutung  hat.    Im  R.  S.  erscheint  die  (jrÄ?in  Elisabeth  von  Werdenberg "^ 

'  Taf.  5,  Fig.  12.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Bern,  Fraubrunnen.    Fontes  II,  617. 
-  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich. 

•''  Sceaux  liistori(iues  du  Canton  de  Neuchätel  par  G.  de  Wi/ß.  Zürich  li^H'J.  —  Mitteilungen 
der  Antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich  Fig.  7.  47. 

*  Demay,  Le  costume  d'apres  les  sceaux,  S.  96.    Marguerite  de  Quinci,  comtesse  de  Win- 
chester 1233.  —  Hohenlohe-Waldenlnmj,  F.  K.,  Sphragistische  Aphorismen  1882,  Taf.  3.  5.  7.8.  etc. 

*  Taf.  5,  Fig.  6.     Urkunde   im   Staatsarchiv   Aargau,  Wettingen   116.     Litteratur:    Gull, 
Anzeiger  für  Schweizergeschichte  1S93. 

*  de  Wyjd,  Sceaux  histori([ues  du  Canton  de  Neui^hätel.  —  Das  Wappen  der  Montfaucon 
ist  geviertet  von  Pelz  und  rot,  sodaß  die  Blätter  Hermelinschwänze  andeuten  können. 

'  Urkunde  im  Staatsarchiv  Aargau.    Abb.  GuU,  Fig.  54. 


6.   Die  Siegel.  143 

um  1282,  eine  Tochter  des  Pfalzgrateu  von  Orteuburg-Kraiburg,  auf  einer 
Konsole  stehend,  in  hmgem  Kleide  und  Ko})ftuch,  zur  Rechten  den  Schild  von 
Werdenberg,  zur  Linken  einen  Rosenstrauch,  auf  dem  ein  Vogel  sitzt.  Verbunden 
mit  architektonischen  Zuthateu,  mehr  in  Form  eines  Thronsiegels,  ist  z.  B.  das 
Siegel  der  Gräfin  Eitphemia  von  Werdenherg,^  1294,  aus  dem  Hause  Ortenburg 
und  das  an  einer  Luzernerurkunde  von  1291  hängende  Rundsiegel  der  Herzogin 
Agnes  von  Oesterreich,'  Tochter  des  Königs  von  Böhmen,  auf  dem  seitlich  die 
Schilde  von  Oesterreich  und  Böhmen  schweben.  Ein  S.  0.  S.  der  Gräfin  Elisa- 
beth von  Kyhurg,^  von  1303,  zeigt  rechts  von  der  Porträtfigur  den  Kyburger- 
und  links  den  Freiburger-  oder  Fürstenberger -Wappenschild.  Schließlich  bringt 
ein  S.O.S.  der  Gräfin  Elisabeth  von  Falkenstein,^  von  1307,  noch  eine  neue 
Zusammenstellung,  indem  die  stark  verkleinerte  Porträtfigur  auf  den  großen 
Wappenschild  gestellt  ist.  Alle  diese  Siegel  tragen  als  äußere  Umrahmung  die 
Legende,  welche  bald  den  angestammten  Namen,  bald  denjenigen  des  Mannes  nennt. 

d.  Schildbildsiegel. 

Zu  Ende  des  XH.  und  Anfang  des  XIH.  Jahrhunderts  sind  eine  ganze  Reihe 
neuer  Siegeltypen  geschaffen  worden,  welche  von  der  Darstellung  des  Porträtes 
absehend,  dem  heraldischen  Abzeichen  die  erste  Stelle  einräumten.  Durch  Weg- 
lassung der  Figur  wurde  das  ganze  Siegelfeld  frei  und  gestattete  die  mög- 
lichst große  Abbildung  des  Wappens.  Dem  Inhalte  nach  zerfallen  die  älteren 
heraldischen  Siegel  in  zwei  Gruppen,  von  denen  eine  das  Wappenbild  frei  oder 
im  Schilde  wiedergibt,  die  andere  sich  auf  die  Reproduktion  des  Helmes  im 
freien  Siegelfelde  oder  im  heraldischen  Schilde  beschränkt.  Durch  die  Verbindung 
von  Schild  und  Helm  zu  einem  Ganzen  hat  sich  auch  ein  neuer  Typus  im  Siegel 
gebildet,  mit  Wiedergabe  des  vollen  Wappens.  Von  allen  mittelalterlichen  Siegel- 
ai*ten  ist  er  der  einzige,  den  spätere  Zeiten  übernommen  und  bis  auf  unsere 
Epoche  erhalten  haben. 

Die  verschiedeneu  Typen  treten  fast  gleichzeitig  auf  und  erfahren  eine 
gleichartige  Entwicklung.  An  Stelle  roher,  unschöner  Produkte  treten  künst- 
lerisch ausgeführte  Arbeiten.  Zu  den  heraldischen  Bildern  gesellen  sich  Flächen- 
belebungen, Architekturen  und  sonstige,  verschönernde  und  raumfüllende  Zuthaten. 

Die  Gruppe  der  Schildbildsiegel  umfaßt  drei  verschiedene  Arten,  von  denen 
die  erste  das  Bild  frei  im  (runden,  spitzovalen)  Siegelfelde  gibt,  die  zweite  in 
direkter  Nachahmung  des  heraldisch  geschmückten  Kampfschildes  dessen  Form 
annimmt  (Spitzschildsiegel)  und  die  dritte,  zurückgreifend  auf  die  alten  und 
sich  besser  bewährenden  Siegelformen,    den  ganzen  Schild   ins  Siegelfeld  stellt. 


1  Gidl,  S.  29,  Fig.  22. 

*  Sammlung  der  Antiquaiüschen  Gesellschaft  iii  Zürich. 

^  Taf.  5,  Fig.  3.     Urkunde  im    Staatsarchiv  Solothurn  1313  und  Luzern,    Fontes  4,  244, 
Januar  1306. 

*  Taf.  5,  Fig.  9.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Luzeru,  Fontes  4,  290. 


144 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


a.   Heraldische   Bilder  im  freien  Siegelfelde. 

Wenn  auch  die  einfachen  Bildsiegel  der  Entstehung  nach  zu  dieser  Abteilung 
gerechnet  werden  sollten,  so  muß  man  davon  absehen,  weil  ihre  Bilder  nur  als 
persönliche  Siegelabzeichen,  und  nicht  als  Schildfiguren  gedient  haben.  Außer 
den  im  XII.  Jahrhundert  erwähnten  Siegeln  der  Lenzhurger,  Zähringer  etc. 
müssen  ihnen  die  beiden  Bilder  der  Grafen  von  Neuenbürg,^  der  Adler  und  die 

auf  Kojjie  des  Neuenburger  Schlosses  zu- 
rückgehende Burg,  zugewiesen  werden. 
Das  erste,  eigentliche  Schildbild  erscheint 
auf  dem  R.  S.  des  Grafen  Ulrich  von  Kyhiirg^ 
1223  (rechter  Schrägbalken  von  zwei  Löwen 
begleitet).  Es  folgen:  1234  Rad  im  R.S. 
des  B.  junior,  Seigneur  de  Rue,^  1236 
Kreuzbeschläge  im  R.  S.  des  Ulrich  de 
Snabilburc.^  Heraldische  Teilungen  sind 
erst  später  nachzuweisen,  so  auf  einem 
kleinen  R.  S.  des  Grafen  Otto  von  Falken- 
stein^  1274  und  des  Grafen  Ulrich  III. 
von  Neuenbürg^  1276  (mit  drei  Sparren 
belegter  Pfahl).  Der  einzige  Unterschied 
zwischen  den  gewöhnlichen  und  den  heraldischen  Bildern  besteht  in  der  Art 
und  Weise  der  Darstellung.  Während  z.  B.  die  als  Bilder  behandelten  Burgen 
(Lenzburg,  Neuenburg,  Hasenburg)  zum  Teil  auf  Nachahmung  bestehender 
Gebäulichkeiten  basieren  und  mit  realistischen  Detailbeigaben  bereichert  sind, 
ist  die  heraldische  Burg  (Wolhusen,  Rotenburg)  einfach  ornamental,  mehr  als 
Schema,  dargestellt. 

Die  Figur  ist  in  die  Mitte  des  runden  oder  spitzovalen  Siegelfeldes  hinein- 
gelegt und  wird  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  so  stark  vergrößert,  daß  ihre 
Extremitäten  den  innern  Schriftrand  berühren. 

Einzelne  Figuren  sind  in  starkem  Relief  angebracht,  wie  z.  B.  der  wachsende 
Leu  im  R.  S.  des  Ebald  de  Mont-le- Grand  1244.  Zwei  Siegel  des  Grafen  Rudolf 
von  Greyers'^  von  1260  (nach  links  schreitender  Kranich)  und  seines  Sohnes 
(nach  rechts  gedrehter  Kranich)  erläutern  deutlich,  daß  die  Wappenfigur  beliebig 


Rig.  92.    R.S.  des  Grafen  Ulrich  von  Kyburg.  1223. 


1  R.S.  des  Berchtold  von  Neuenburg  (1201^1-261),  r.  Wyß,  Taf.  1,  4  mit  dem  Adler  und 
R.S.  von  1247  mit  der  Burg,  Taf.  1,  5. 

2  Fig.  92    und    Abb.    z.  Zürcher  Urkundenbucii   H,    S.  17.     Aebnliche    R.S.    des  Grafen 
Werner  von  Kyburg  1227.    Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbucii  II,  Fig.  12. 

^  Sammlung  von  Dr.  J.  Morel. 

*  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  I,  Fig.  24.  25. 

*  Taf.  G,  Fig.  4.     Zweimal    geteilt   schwarz-woifs-rot.     Urkunde   im   Staatsarchiv   Luzern, 
Fontes  3,  84/85. 

*  Taf.  6,  Fig,  7.    Staatsarchiv  I<'reiburg. 

'  Taf.  6,  Fig.  1.     Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 


6.  Die  Siegel.  145 

gedreht  werden  konnte  und  in  keiner  bestimmten  Stellung  erstarrt  war.  Ein 
Belegen  des  Feldes  mit  unheraldischen  Beigaben  kommt  auf  dem  R.  S.  der 
Gräfin  Gertrud  von  Hahshurg-Kyhurg^  1264  vor  (mit  Lilien  besät)  und  auf  dem 
S.  O.S.  des  Heinrich  von  Rüssegg,  Vieh,  abbacie  Turic.^,  1278  (ebenfalls  mit  Lilien). 
Neben  dem  häufigeren  Rundsiegel  ist  auch  die  spitzovale  Form  mit  freiem  Wappen- 
bilde zu  finden,  und  zwar  nicht  nur  für  Damen  und  den  Klerus,  sondern  in 
älterer  Zeit  auch  für  weltliche  Herren.  Die  Grafen  Ludivig  und  Hermann  von 
Frohurg^  führen  schon  1226  große  S.  0.  S.  (7  cm  :  5  cm)  mit  dem  steifen  Bilde 
des  Adlers  und  behalten  diese  Form  bis  1244  bei.  Als  Damensiegel  sei  das 
S.  0.  S.  der  (yxö&Q.  Elisabeth  von  Werdenberg  aus  dem  Hause  Ortenburg-Kraiburg '^ 
erwähnt,  das,  von  doppeltem  Schriftrand  umschlossen,  den  steigenden  Panter  ihres 
Geschlechtes  zeigt.  Die  Weltgeistlichen  haben  sich  der  spitzovalen  Form  häufig 
bedient,  weil  sie  ihnen  erlaubte,  das  ererbte,  ritterliche  Abzeichen  frei  und 
ledig  anzubringen,  ohne  den  kirchlichen  Stand  zu  verleugnen.  Das  älteste  Beispiel 
bietet  das  S.  0.  S.  des  Bertold  de  Tohenhurg,^  Chorherr  zu  Embrach,  von  1249 
(mit  monogrammatisch  zusammengeschobenem  Leu  und  Adler),  weitere  von 
Konrad  von  Tengen^  (Einhorn  und  Stern)  1286,  Johannes  Manesse,'^  Chorherr 
in  Zürich  (2  Krieger)  1288  und  dem  Kapellan  von  Prangins^  (dreitürmige  Burg). 
Die  stilistische  Behandlung  ^  der  Figuren  nimmt  an  Natürlichkeit  merklich 
zu  und  ist  vielleicht  hier,  wo  das  Wappenbild  den  alleinigen  Siegelschmuck  aus- 
machte, besonders  gut  ausgeführt  worden.  Flächenbelebung  ist  zuerst  auf  der 
Burg  im  R.  S.  des  Marhward  von  Botenlmrg  1261  zu  finden  und  auf  dem  R.  S. 
des  Grafen  Otto  von  Falkenstein  1274. 

j3.  Schildförmige  Siegel. 

Da  die  schildförmigen  Siegel  auf  direkter  Kopie  des  wirklichen  Kampf- 
schildes beruhen,  so  weisen  sie  neben  den  heraldischen  Bildern  noch  kleine 
Details  auf,  welche  sich  auf  dem  natürlichen  Schilde  befunden  haben  mögen. 
Diese  Siegel  haben  dieselbe  Formwandlung  erfahren,  ^°  wie  ihre  Vorbilder,  denn 
das  Schriftband  mit  der  Legende  ist  stets  streng  an  die  Schildform  angeschlossen 
worden.  Die  Form  mag  sich  zwar  bei  den  Siegeln  mehr  der  Figur  angepaßt 
haben  und  je  nach  deren  Beschaffenheit  mit  mehr  oder  weniger  stark  geschweiften 
Seitenlinien   versehen   worden    sein,    aber   die   allgemeine  Entwicklung  vollzieht 


'  Taf.  6,  Fig.  9,  aucli  abgebildet  bei  3Ierz,  Habsburg,  Fig.  4. 
-  Taf.  10,  Fig.  4.    Urkunde  im  Staatsarchiv  Zürich. 
^  Abb.  z.  Zürcher  ürkundenbuch  Lief.  III,  Fig.  5. 
*  Gull,  S.  46. 

^  Urkunde   im  Zürcher  Staatsarchiv.    Abb.  bei  (lull,   Die  Grafen  von  Toggenburg,  S.  8. 
"  Urkunde  im  Zürcher  Staatsarchiv. 
'  Urkunde  im  Zürcher  Staatsarchiv. 
^  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

**  Vergl.  den  Kranich  im  Siegel  des  Grafen  Rudolf  von  Greyerz  und  den  Leu  im  K.S.  der 
Gräfin  Gertrud  von  Habsburg. 
'»  Vergl.  II,  S.  33. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  10 


146 


III.  Teil:  Die  dekorative  Amveudunff  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


sicli,  hier  wie  dort,  gleich.  Daraus  geht  hervor,  dals  die  ältesten  Schildsiegel 
romanische  Form  an  sich  tragen  (XII.  Jahrhundert:  Dillingen,  Toggenhurg),  daß 
die  gotische  Schildform  zu  Beginn  des  XIII.  Jahrhunderts  erscheint  und  in  der 
Folge  das  alte  Schildsiegel  verdrängt.  Im  XIII.  Jahrhundert  kommen  die  beiden 
Formen  neben  einander  vor.  Zu  den  ältesten  schildförmigen  Siegeln  in  unserm 
Lande  zählen:  Siegel  des  Grafen  Rudolf  von  Tierstein^  1208  (romanische  Form),- 
des  Grafen  Rudolf  von  Sogren'"^  1212,  des  Grafen  Peter  von  Buchegg  1218  ( Buche j,"^ 
des  Peter  de  Ttirre  1227,  des  Grafen  Dietkehn  V.  von  Toggenhurg^  1229,  des 
Freiherrn  Walther  von  Vatz  1231,  des  Freiherrn  Biethelm  von  Krenkingen^  1232, 
des  Grafen  Hartmann  des  Aelteren  von  Kyhurg  1234  u.  s.  f.''  lieber  das  Anbringen 


Fig.  93.    S.S.  de.s  Grafen 
Ludwig  von  Froburg.     1281). 


Fig.  94.    S.S.  Chunonis 
advocati  de  Brien.s.    1213. 


des  Schildbildes,  über  seine  Größe  und  Zeichnung,  ist  auf  den  betreffenden  Ab- 
schnitt in  der  Beschreibung  des  Schildes  zu  verweisen  und  nur  hervorzuheben, 
daß  es  bald  nach  rechts,  bald  nach  links  gedreht  erscheint. 

Reminiszenzen  an  den  natüi'lichen  Schild  zeigt  das  Siegel  des  Heinrich  de 
;S'aaso^(1236),  auf  welchem  zwei  großeNagelköpfe^  neben  den  Schildbildern  zum  Vor- 
schein kommen  und  das  Siegel  des  Grafen  Gottfried  von  Habshurg^^  (1264). 
Letzteres  stellt  den  am  Rande  mit  Nägeln  beschlagenen  Kampfschild  erhöht  über 


'  Urkunde  im  Staatsarchiv  Bern,  Fach  Aarber^.    Fontes  I,  500. 

^  Gotische  Form,  vergl.  Fig.  '21.  Nr.  2, 

^  Sammlung  der  Anti(iuarischen  Gesellschaft  in  Zürich. 

*  Urkunde  im  Staatsarchiv  Solothurn  1218,  Fontes  2,  12.    Abb.  Tat'.  6,  Fig.  11. 

*  Abb,  z.  Zürcher  Urkundenbuch  I,  Taf.  3,  Fig.  20. 

*  Sammlung  der  Anti(juarischen  Gesellschaft. 
'  Vergl.  Fig.  HO. 

*  Sammlung  der  Antiiiuarischcn  Gesellschaft.  Von  ausländischen  Beispielen,  die  realistische 
Details  aufweisen,  nenne  ich:  S.S.  des  Grafen  von  Saarwerden  llBö  {Hoheuhhc,  S^ihragistische 
Aphorismen),   S.  S.  des  Grafen  Ludwig  II.  von  Oettingen  {Sei/ler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  S9). 

'  Zur  Befestigung  der  Tragbänder  oder  dos  l'ergamentüber/uges. 
'*'  Taf  G,  Fig.  12. 


(i.  T)ic  Siesjel. 


147 


dem  Schriftrande  dar.  Die  Scliualle  auf  dem  Siegel  des  Rudolf  von  Wedisivüe'^ 
(1266)  ist  mit  vier  Knöpfen  besetzt,  deren  Bestimmung-  auf  dem  Kampfscliilde 
aus  den  Dichtern  erklärt  wird.  Die  .vier  nagelen"  dienten  zur  Befestigung 
von  Armgestell  und  Scliildfessel. 

Die  Schildsiegel  sind  bei  uns  zahlreich  von  Herren  aus  hohen  und  niedern 
Geschlechtern  geführt  worden.  Ihre  Ausführung  ist  deshalb  äuüerst  ungleich- 
mäßig, bald  roh  in  der  äulBcrn  Form  (Dreieck  mit  geraden  Linien)  und  in  der 
Darstellung  des  Bildes,  l)ald  gediegen,  mit  Damaszierungen  geschmückt  und  in 
hohem  Relief  gestochen.  Nicht  nur  die  Stellung  des  Sieglers  war  maßgebend 
für  eine  bessere  oder  schlechtere  Leistung,  sondern  auch  der  Ort.  Zusammen- 
stellungen von  örtlichen  Gruppen  ergeben,  daß  in  dem  einen  Landesteile  bedeutend 


Fig.  95.  S.S.  Filippi  advoeati  de  Brien.s. 
Um  127.5. 


Fig.  96.  S.  S.  des  Truchsessen 
Arnold  von  Habsbnrg.     1242. 


besser  gearbeitet  worden  ist,  als  in  einem  andern.  So  zeichnen  sich  z.  B.  die 
Siegel  im  Zürich-  und  Thurgavi^  durch  sorgfältige  Arbeit  aus,  durch  Anbringung 
verschiedenster  Damastmusterungen,  während  die  gleichzeitigen  Siegel  des  bern- 
ischen Adels  ■''  von  roher  Ausführung  sind. 

Flächenbelebung  durch  Damast,  durch  einfache,  gitterartige  oder  gerankte 
Musterungen,  ist  bei  den  schildförmigen  Siegeln  ziemlich  früh  aufgekommen. 
Gitterwerk,  mit  Punkten  durchsetzt,  findet  sich  auf  dem  Siegel  Hartmann  des 
Aelteren  von  Kyhurg  1234,  des  Ulrich  von  JBüttilcon  1254.  mit  Vierpässen  ausgesetzt 
im  Siegel  des  Lütold  von  Regensherg  1250,  des  Rudolf  von  Kempthun  1288.  Punkt- 
muster im  Siegel  Bertolds  de  Bietenlo^  1278  und  des  Jakob  de  Warte  1 275.  Parallele 


'  Abb.  zum  Zürcher  Urkundenbuch  II,  Fig.  28. 

-  Z.  B.  Siegel  des  Ilartmann  von  Kyburg  1253  (Zürclier  Urkundenbuch  II,  2),  des  Lütold 
von  Regensberg  1250  (Zürcher  Urkundenbuch  II,  19  und  Taf.  6,  Fig.  8),  des  Rudolf  von  Winter- 
b6rg  (Zürcher  Urkundenbuch  III,  23)  u.  s.  w.  Von  thurgauischen  Beispielen  seien  die  Siegel  derer 
von  Ramswag  und  von  Rosach  erwähnt. 

'  S.  Ulrici,  Dni  in  Arperg  1249,  S.  Chuonis  de  Jegistorf  1249,  S.  Albi  de  Toreberch  1251, 
S.  Petri  comitis  de  Buchegg  1252,  S.  Ulrici  de  Bütichon  1254,  S.  Heinrici  de  Stretlingen  1265, 
vergl.  Zeerleder,  Urkundenbuch  von  Bern. 

*  Taf.  6,  Fig.  10.    Staatsarchiv  Bern. 


148 


III.  Teil :  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 


Strichlagen    im    Siegel    des   Jakoh  de  Warte    und   Blattrankeii    auf   dem    schon 
erwähnten  Siegel  des  Lütold  von  Regenshery.  ^ 

Der  Schild  wird  anfangs  durch  die  innere  Schriftlinie  von  der  Legende 
getrennt,  s^jäter  aber  mit  eigener  Kontur  umzogen  (Doppellinie)  oder  erhöht 
über  dem  Schriftbande  dargestellt.  Das  Schildsiegel  ist  jedenfalls  deutschen 
Ursprungs,  da  es  sich  in  romanischen  Landen  weniger  und  zwar  gewöhnlich  nur 
als  Rücksiegel  vorfindet.  Viele  große  Geschlechter,  wie  z.  B.  die  Grafen  von 
Montfort   und   die   von  Werdenberg   haben   sich    dieser   Siegelform   nie    bedient. 

y.  Wappenschild   im  freien  Siegelfelde. 

Die  Anforderungen  des  Siegels  deckten  sich  keineswegs  mit  denen  des 
heraldischen  Kampfschildes.  Deshalb  sind  auch  die  schildförmigen  Siegel  nach 
kurzer  Zeit  verdrängt  worden  und  schon  im  XIV.  Jahrhundert^  außer  Mode  ge- 
kommen. Von  gleicher  Bedeutung,  wie 
der  Schild,  beanspruchte  die  Legende 
einen  hervorragenden  und  räumlich  aus- 
gedehnten Platz,  um  Name,  Stand  und 
Geschlecht  des  Sieglers  anzubringen. 
Da  dies  im  schildförmigen  Siegel  nicht 
genügend  geschah,  sind  die  alten  Siegel- 
formen (rund,  spitzoval)  schon  früh 
auch  zur  Schilddarstellung-  benutzt 
worden,  indem  die  Legende  zwischen 
zwei  einfachen  oder  Perllinien,  rings 
um  die  Peripherie  des  Siegels,  und  der 
Schild  senkrecht  in  dem  Siegelfelde 
plaziert  worden  ist.  Das  älteste  Siegel 
dieser  Gattung,  das  R.  S.  des  Frei- 
herrn Lütold  von  Regensher g^  ist  im 
XIL  Jahrhundert  besprochen  worden  und  zeichnet  sich  sowohl  durch  eine  rohe 
Ausführung  aus  als  durch  die  Anbringung  der  Legende  im  freien  Siegelfelde. 
Aus  dem  Anfang  des  XIIL  Jahrhunderts  nenne  ich:  R.  S.  des  Grafen  Lütold 
von  Regensherg^  von  1219  (mit  romanisch-kugeligem  Schilde,  wie  Dillingen), 
des  Äymon  de  Blonay  von  1236,  des  Volniar  von  Ligers'-"  1288,  des  Hehno  von 
Munt  (Montenach)^  1239,  des  Ulrico  de  Ripe  1239  und  des  Seigneurs  de  Champ- 
vmf^  1240. 


Fig.  97.    S.R.S.  des  Grafen  Volmar  von  Frobui-g. 
Um  1270. 


'  Taf.  6,  Fig.  8.    Drei  verschiedene  Musterungen. 

-'  Wernher  von  Eptingen  fnlirt  1381  ein  S.S.,  wolil  dasjpiiigo  eines  Vorfaliren. 

^  II.  Teil,  Fig.  b  und  Abb.  z.  Zürcher  Urkundeiibucli  II,  Tai'.  H,  Fig.  2ü. 

*  Taf.  7,  Fig.  1. 

"  Taf.  7,  P'ig.  'J.    Berner  Urkundenbuch  XI,  .'5i). 

«  Bernor  Urkundenbuch,  Taf.  11,  42. 

'  Saninilung  der  Antiquarisclien  (iescllschaft. 


6.  Die  Siegel.  149 

Der  senkrecht  gestellte  Schild  stößt  mit  den  Oberecken  und  der  Schild- 
spitze an  den  innern  Schriftrand  und  variert  in  der  Form,  um  sich  der  Figur 
und  dem  Felde  zugleich  anzupassen.  Die  drei  entstandenen  Felder  zwischen 
Schild-  und  Kreiskoutur  bleiben  bis  zirka  1250  leer,  werden  aber  in  der  Folge 
mit  Figuren  oder  Damast  besetzt,  oder,  durch  Vergrößerung  des  Schildes  auf 
Unkosten  der  Legende,  beseitigt.  Auf  dem  R.  S.  des  Grafen  Wilhelm  IL  von  Genf 
1252^  sind  die  Flächen  mit  Drachenungetümen  ausgesetzt,  im  S.R.S.  des  Grafen 
Bertold  von  Heiligenher g^  12.56  mit  großen  achtblättrigen  Rosen,  im  S.R.S.  des 
Heinrich  de  Saxo  1257  und  des  Grafen  Mangold  von^  Nellenhurg^  1277  mit  Sternen. 
Blumenranken  und  Rosenzweige  werden  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  vor- 
herrschend und  bilden  die  passendste  und  dekorativste  Raumfüllung.  Zuerst 
sind  sie  auf  dem  großen  S.R.S.  des  Grafen  Hartmann  von  Froburg  1254  zu  linden, 
wo  sie  als  romanische  Fächerblattrank eu  aus  den  seitlichen  Erhöhungen  des  Drei- 
berges hervorwachsen,  auf  denen  der  Schild  steht.  Mit  Gittermuster  belebt,  er- 
scheinen die  drei  Siegelfeldabschnitte  zuerst  auf  dem  S.  R.  S.  des  Grafen  Ludwig 
von  Froburg^  1260,  des  Werner  de  Chiena^  1271,  des  Grafen  von  Arberg  1272 
und  des  Werner  de  Ghiena  1283.  Die  dritte  Art,  die  leeren  Flächen  durch  Aus- 
dehnung des  Schildes  bis  an  den  äußern  Schriftrand  zu  beseitigen,  zeigen  die 
Siegel  des  Grafen  Rudolf  von  RaxwecUswilare  (Rapperswil)  ^  1259  und  des 
Friedrich  von  Randenbnrg  1265. 

Die  Ausführung  ist  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts  sehr  primitiv, 
der  Schild  oft  nur  in  der  Kontur  erhaben  (Siegel  des  Heimo  von  Montenach  1239 
und  des  Markward  von  Botenburg  1240).  Nach  1250  ist  eine  bedeutende  Besserung 
der  technischen  Leistungen  zu  verspüren.  Der  Schild  wird  erhaben  über  dem 
Siegelfelde  dargestellt,  in  starkem  Relief  und  mit  schräg  abgekanteten  Seiten 
(Siegel  des  Jakob  Müllner  "^  1272),  die  Schildbilder  nicht  mehr  mit  Linien,  sondern 
plastisch  als  Flächen  behandelt.  Auch  tritt  eine  zweckmäßige  Verwendung  der 
Damaszierung  auf,  indem  bald  das  Bild,  bald  das  Schildfeld  mit  einer  Musterung 
belebt  wird.  Die  Muster  beschränken  sich  auf  die  schon  fi-üher  erwähnten  Gitter 
und  flachen  Punktierungen  und  erscheinen  zuerst  auf  dem  S.R.S.  des  Heinrich 
von  Strätlingen  1252  (Strahl  damasziert),  des  Grafen  Wilhelm  von  Genf^  (blaue 
Felder  des  Schachbrettes),  des  Grafen  Bertold  von  Heiligenberg  1256  (Stiege). 
Verschiedene  Farben  im  selben  Schilde  sind  durch  verschiedene  Muster  geschmückt 
worden,   z.  B.   im  S.R.S.   des  Grafen  Heinrich  von  Falkenstein-^  1274  (zweimal 


'  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft.     Tat'.  7,  Fig.  4. 
-  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  Fig.  7. 
3  Taf  8,  Fig.  9  ähnlich. 

*  Taf.  7,  Fig.  8. 

"  Urkunde  im  Staatsarchiv  Bern,  Fach  Köniz.    Fontes  III,  10. 
**  Taf  7,  Fig.  9.    Urkunde  im  Zürcher  Staatsarchiv,  Si)ital  8. 
^  Sammlung  der  Antiquarischeu  Gesellschaft. 
8  Taf.  7,  Fig.  4. 

*  Staatsarchiv  Luzern.    Fontes  III,  84/85. 


1 5Ö  ni.  Teil :  Die  dekorative  Auweiulung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

geteilt,  oben :  Gitter,  Mitte :  leer,  imten :  Punkte)  und  des  Albert  von  Klingenberg 
von   1299. 

Die  Legende  hat  ihren  Platz  am  Rande  des  Siegels  und  ist  gewöhnlich 
mit  einfachen,  doppelten  oder  Perllinien  eingefaßt.  Eine  Ausnahme  bildet  das 
S.R.  S.  des  Grafen  Ludtvig  von  Froburg,^  auf  dem  sich  nicht  nur  um  den  Siegel- 
rand, sondern  auch  um  den  im  Felde  stehenden  Schild  ein  Schriftband  zieht 
mit  dem  Spruche:    Set  hoc  est  certum.- 

Architektonische  Zuthaten  in  Form  von  Drei-,  Vier-,  Sechs-  und  Achtpässen 
werden  erst  im  folgenden  Jahrhundert  allgemein  gebräuchlich  und  beschränken 
sich  in  unserem  Zeiträume  auf  ein  einziges  Beisjsiel.  Graf  Amadeus  von  Genf 
führt  1295  den  geschachten  »Schild  in  einem  mit  Rosen  versehenen  Vierpasse. 
Die  gewöhnliche  Form  dieser  Gruppe  ist  das  Rundsiegel,  das  in  den  verschiedensten 
Größen  vorkommt,  bis  zu  einem  Durchmesser  von  6,3  cm  {Kraft  von  Toggenburg 
1256,  Graf  if.  von  BucJiegg  1279  und  Graf  Rudolf  III.  van  Tierstein  1285).  Im 
spitzovalen  Siegel  schwebt  der  Schild  mit  der  Spitze  frei  im  Siegelfelde  und 
berührt  nur  mit  den  Oberecken  den  Schriftrand.  Beispiele  dieser  Art  sind: 
S. 0. S.  des  Burlihard  de  Bremmegarten'^  1252,  des  Lütold,  senior,  de  Regensberg 
1270  und  des  Ulrich  de  Grünenberch^  1286.  Im  schildförmigem  Siegelfelde  mußte 
der  heraldische  Schild  geneigt  dargestellt  werden,  um  nicht  mit  dem  Schrift- 
rande zusammen  zu  fallen.  Dies  finden  wir  in  den  lieiden  schildfömigen  Siegeln 
des  Ulrich  von  Wartenstein^  1233  und  1255,  und  seines  Sohnes  Heinrich,  genannt 
Swaro  1270. 

Ein  Frauensiegel,  das  im  Siegelrund  den  Schild  des  Vaters  trägt,  führte 
Anna  von  Kyburg^,  die  Tochter  Graf  Hartmanns  des  Jüngern,  1276  mit  der 
Umschrift:  Anna  de  Kiburc  et  de  Habsburch  comittisse. 

Im  XIII.  und  zu  Beginn  des  XIV.  Jahrhunderts  ist  dieser  Siegeltypus  am 
häufigsten  verwendet  worden  und  zwar  vom  hohen  und  niederen  Adel,  später 
hat  er  mehr  bürgerlichen  Cliarakter  angenommen  und  ist  schließlich  von  den 
adeligen  Sieglern  ganz  bei  Seite  gelassen  worden.  In  ihm  sind  Schild  und 
Legende  gleichmäßig  zur  Geltung  gekommen  und  der  Schild  dennoch  größer 
dargestellt  worden  als  es  in  den  späteren  Siegelarten  der  Fall  war. 

Neben  dem  einfachen  Wappenschilde  sind  schon  im  XIII.  Jahrhundert  auf 
dem  Siegel  zusammengesetzte  Wa])pen  nachzuweisen.  YreAierv Rudolf  v.  Sfrätlingen  ' 
und  Winimis  führt  Pfeil  (Sträflingen)  und  drei  Rosen  (Wimmis)   übereinander 

'  Taf.  7,  Fig.  H.  Gleiclisam  eine  weitere  schriftliche  Bekräftigung  des  Siegels.  Urkunde 
im  .Staatsarchiv  Luzern.    Fontes  II,  389. 

■■'  Ein  ähnliches  Beispiel  bei  Set/ler,  Geschichte  der  Siegel,  S.  127.  S.R. S.  der  Herren 
Eberhard  und  Bertold  von  Schlüsselberg  1296. 

■'  Taf.  7,  Fig.  11.    Staatsarchiv  Bern,  Thun.    Fontes  II,  821. 

*  Taf  7,  Fig.  7.    Staatsarchiv  Aargau,  Zofingen  22. 

'  Taf.  7,  Fig.  12.    Fontes  bern.  II,  :{49.     Abb.  Zeerkdcr.  Berner  Irkundenluich  XV,  61. 

"  Taf.  7,  Fig.  10.    Staatsarchiv  Freibuig, 

'  Taf.  9,  Fig.  9.    Staatsarchiv  Aargau,  Wettiugen  105. 


Ij.  Die  Siegel. 


151 


1258  und  Burchard  von  ützingen^  1277,  Lilie  uud  Rose  im  gespaltenen  Schild. 
Das  S.R. S.  des  Heinrich  advocatus  de  Baden^  1807  zeigt  einen  gespaltenen  Schild, 
rechts  Habsburg,  links  (_)esterreicli  und  dasjenige  des  Grafen  Werner  von  Homberg  ^ 
18()3.  rechts  das  väterliche  Wappen,  links  das  Mütterliche  von  Kapperswil,  als 
Erbe  der  alten  Grafen  von  Rapperswil.  Der  Vereinigung  von  natürlichen  und 
heraldischen  Bildern  im  selben  Siegel  begegnen  wir  besonders  unter  den  Städte- 
siegeln, weil  sie  die  Ansicht  der  Stadt  oder  eines  andern  älteren  Siegelbildes 
auch  neben  dem  heraldischen  Schilde  beibehalten. 

Von    Beispielen    weltlicher   Herren    seien    angeführt:    B.  R.  S.    des    Grafen 
Berchtold  von  Neuenbürg^  1243  und  B.  R.  S.  ([es  (}vüiü\\  Budolf  von  Neuenbürg.^ 


Fig.  98.     S.  K. S.  des  Weiner 
Doniicellus  von  Homberj^.     1303. 


Fig.  99.     B.K.S.  des  Grafen 
Rudolf  von  Neuenburg.     1'243. 


Auf  dem  ersteren  sind  über  der  Burg,  dem  alten  Siegelbilde,  zwei  mit  Sparren 
belegte  Wappenschildchen  angebracht,  beim  letzteren  ein  einzelner  Schild. 

Das  S.S.  des  Grafen  Ulrich  von  Arherg^  1249  zeigt  in  geteilter  Schild- 
flache  oben  die  alte  Neuenburg  mit  zwei  Türmen  und  Kirchendach,  unten  den 
sparrenbelegten  Pfahl.  Ein  S.S.  des  Freiherrn  Walther  von  Hasenburg '^  1255 
ist  mit  einem  eigentlichen  Gemälde  versehen.  Unter  einer  mächtigen  Burg  mit 
zinnenbekröntem  Donjon  sitzt  ein  Hase  (redendes  Siegelbild).  Aus  dem  Turme 
ragen  seitlich  Fahnen  heraus,  welche  das  heraldische  Wappenbild,  in  weiß  einen 
roten  Schrägbalken,  tragen.  Aehnliche  Kompositionen  mögen  noch  oft  entstanden 
sein.  Das  zähe  Festhalten  am  alten  Siegelbilde  läßt  sich  schon  durch  den  Umstand 
erklären,  daß  es  als  redendes  Wappen  gelten  konnte  uud  schon  von  mehreren 
Generationen  geführt  worden  war. 


^  Urkunde  im  Staatsarchiv  Luzern.    Fontes  III,  197.    Taf.  9,  Fig.  6. 

^  Urkunde  im  Staatsarchiv  Luzern.    Fontes  IV,  290.    Taf.  9,  Fig.  3. 

^  Fig.  98.    Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

■*  Sceaux  historiques  de  Xeuchätel  IV.  49.    Ahb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief  II,  2,  12. 

"  Sceaux  historiques  de  Neuchätel  I,  6.    Vergl.  Fig.  99. 

^  Taf.  9,  Fig.  2.  Sceaux  historiques  de  Neuchätel  IV,  52.  Stadtarchiv  Bei-n.  Fontes  II,  345. 

^  Taf  9.  Fig.  5.    Stadtarchiv  Pruntrut. 


152  III.  Teil:  Bio  dekorative  Amvendung  der  Heraldik  iu  KuiLst  und  Gewerbe. 

e,  Helmsiegel. 

Die  zweite  Gruppe  der  heraldischen  Siegel  umfaiät  die  Darstellung  des 
Helmes.  Sie  ist  weniger  zahlreich,  als  die  Gruppe  der  Schildbild-  und  Scliild- 
siegel,  weil  sie  erst  mit  der  zunehmenden  heraldischen  Bedeutung  des  Helmes 
aufgekommen  ist,  aber  die  verschiedenartige  Darstellung  der  zimierten  Helme 
bildet  eine  hübsche  Siegeldekoration  und  erschließt  dem  Forscher  interessante  Details 
über  ihre  Herstellung  und  Befestigung.  Der  Helm  ist  je  nach  der  Art  des  Kleinots 
in  Vorder-  oder  Seitenansicht  abgebildet,  bald  im  Rundsiegel,  bald  im  schild- 
förmigen Siegelfelde.  Der  freien  Anbringung  hat  sich  schon  früh  die  Sitte  ent- 
gegengestellt, den  Helm  als  heraldisches  Abzeichen,  gleich  dem  Schildbilde,  in 
den  Schild  zu  setzen,  um  dadurch  die  heraldische  Bedeutung  hervortreten  zu  lassen. 
Es  ist  schwer  zu  bestimmen,  ob  die  freie  Anbringung  des  Helmes  oder  diejenige 
im  heraldischen  Schilde  älter  sei.  Wenn  die  schildförmigen  Siegel  als  Schilde 
betrachtet  werden,  so  ist  die  zweite  Art  unbedingt  die  ältere.  Denn  unter  den 
ersten  Beispielen  sind  ausschließlich  schildförmige  Siegel  zu  finden  oder  R.  S.  mit 
Helm  im  Schilde.  Ich  erwähne  als  älteste  Beispiele:  S.S.  des  Dajjifer  de  Heiggo^ 
(Heidegg)  1230  (Helmhaube  ohne  Zimier),  S.S.  des  Hartmann  von  Baldegg'-  1286 
(seitlich  befestigte  Räder),  S.S.  des  Heinrich  von  Wassersteh^  1239  (zwei  Linden- 
zweige), des  Grafen  Gottfried  von  Neiffen  1240  (zwei  abwärts  gekehrte  Hift- 
hörner), H.  R.  S.  des  Ritters  Heinrich  von  Wangen  1242  (Helm  in  Schildeinfassung 
mit  Hut  und  zwei  Flügeln)  und  des  Ritters  Walther  von  Elgg^  12!i3  (Bären- 
kopf) u.  s.  w. 

Erst  das  H.R. S.  des  Johannes  von  Büttincon^  zeigt  den  Helm  im  freien 
Siegelfelde.  Weitere  Beispiele  sind:  H. R.S.  des  Ulrich  von  Klingenherg^  (mit 
Federföchern  zu  beiden  Seiten)  1262,  des  Eberhard  von  BichcJsee,''  Stifters  des 
Klosters  Tänikon,  1263  (Helm  von  vorn  mit  Hörnern),  des  Grafen  Eberhard 
von  Lupfen^  1280  (Schwanenhals  mit  Pfauenwedeln),  des  Hugo  Münch^  1285 
und  des  Beter  von  Luterburg. 

Im  Schilde  erscheint  der  Helm  im  S.R.  S.  des  Ulrich  von  Wesinhon  1252 
(Vogelhals  und  Flügel),  des  Budolf  von  Bechburg  1274  (Beutelstand)  und  des 
Grafen  Mangold  von  Nellenburg^^  1277  (Hirschstange). 

Reminiszenzen  an  den  wirklichen  Helm  finden  sich  in  der  Nachbildung 
der  verschiedenen  Metallbänder,  welche  zur  Verstärkung  gedient  haben  und  der 

'  Abb.  /.  Zürcher  Urkiiiideidmcli  Lief.  I,  .'!(). 

^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  J^ief.  I,  'M.     Acbiilicli  Tnf.  S,  Fijr.  :5. 
•'  Vergl.  die  Helme  bei  Fig.  48. 

*  Taf.  8,  Fig.  4.    Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  Taf.  ;?,  Fig.  '1\. 
^  Taf.  8,  Fig.  8.    Staatsarchiv  Luzern.    Fontes  III,  55l!. 
®  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  'J8. 
'  Taf.  8,  Fig.  5. 

•*  Taf.  8,  Fig.  6.    Zürcher  Staatsarchiv. 
"  Basler  Urkundenbuch  Bd.  T,  Fig.  lOI. 
•°  Taf.  8,  Fig.  !).    Zürcher  Staatsarchiv. 


(i.  Die  Siegel.  153 

Kleinotbefestigungeu.  (Wulst  auf  dem  Siegel  des  Joli.  von  BüttiJcon^  1255,  12ill, 
Oesen  auf  dem  Siegel  des  Hartmann  von  Baldegg  und  des  Ulrich  von  Klingenher g.) 
Im  Siegel  des  Grafen  Eberhard  von  Lupfen  ist  die  Helmsclinur  zum  Aufbinden 
deutlich  sichtbar.  Die  Helmzierden  haben  ein  einfaches  Aussehen,  ohne  jede 
dekorative  Ausschmückung,  können  also  direkte  und  naturgetreue  Kopien  wirk- 
licher Zimiere  sein.  Ueber  die  Formwaudlung  des  Helmes  ist  schon  früher  ge- 
redet worden.  Die  Profildarstellung  tritt  erst  später  auf,  als  die  Vorderansicht 
und  wird  besonders  für  einzelne  Zimierstücke  verwendet.  Auf  dem  R.  S.  des 
Ulrich  de  Wesinkon'~  ist  der  Helm  de  face,  das  Vogelkleinot  aber  im  Profil 
gegeben,  um  Kopf  und  Flügel  darstellen  zu  können. 

Die  Helmdecke  ist  nur  auf  einem  undatierten,  aber  stilistisch  dem  Ende 
unseres  Jahrhunderts  angehörigen  H.  R.  S.  des  Rudolf  von  Roglisivile  ^  abgebildet, 
als  steifes  von  dem  Profil-Helme  weit  abstehendes  Band. 

Die  künstlerische  Ausführung  ist  ebenso  verschieden,  wie  die  technischen 
Leistungen,  die  Figuren  sind  bald  in  flacher  Zeichnung,  bald  in  plastischer 
Nachbildung  als  Hochrelief  gehalten  (R.  S.  des  Diethelm  von  Windegg^  1296 
und  des  Httgo  Münch  1285).  Die  flache  Behandlung  beschränkt  sich  auf  die 
erste  Hälfte  des  Jahrhunderts  und  geht  im  Laufe  der  Zeit  mehr  und  mehr  zur 
plastischen  Formgestaltung  über. 

f.  Siegel  mit  Schild  und  Helm. 

Aus  den  beiden  altern  Siegelgruppeu  hat  sich  im  zweiten  Drittel  des  Jahr- 
hunderts ein  neuer  Siegeltypus  gebildet,  welcher  die  beiden  Darstellungskreise 
vereinigte  und  das  volle  Wappen  in  neuer  Zusammenstellung  im  Siegelfelde 
trug.  Das  S.S.  des  Grafen  Hartmann  von  Kyhurg^  (1284)  zeigt  an  Stelle  des 
Schriftkreuzes  den  verkümmerten  Helm  mit  Federkleinot  und  ist  das  älteste 
Beispiel  in  der  Sphragistik.  Da  sich  das  schildförmige  Siegel  keineswegs  für 
diese  Darstellung  eignete,  so  ist  das  R.  S.  dafür  gewählt  worden,  das  dem  Stecher 
erlaubte.  Schild  und  Helm  in  angemessenen  Proportionen  abzubilden.  Die  Zu- 
sammenstellung von  Schild  und  Helm  variert  auf  den  verschiedenen  Siegeln  der 
ältesten  Epoche,  indem  ein  R.S.  Graf  Hartmanns  des  Aeltern  von  Kyburg  1240^ 
den  Helm  ül^er  dem  nach  vorn  geneigten  Schilde,  auf  der  Seitenkante  ruhend,  ein 
größeres  Siegel  von  1263'^  ihn  in  verkleinertem  Maßstabe  auf  der  Mitte  der  Ober- 
kaute des  senkrecht  im  Siegelfelde  stehenden  Schildes  zeigt.  Die  allgemein 
bekannte   und   stereotype   Gruppierung   findet    sich    auf   dem    R.  S.    des    Grafen 


'  Taf.  8,  Fig.  2. 

-  Abb.  z.  Zürcher  Urkuiideubuch  Lief.  II,  Taf.  4,  Fig.  86. 

^  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

*  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

^  Fig.  60  und  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  I,  Taf.  3,  Fig.  15. 

«  Taf.  8,  Fig.  10  und  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  I,  Taf.  2,  Fig.  14. 

'  Fig.  61  und  Abb.  z.  Ziü-cher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Taf.  1,  Fig.  4. 


154  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

Eberhard  von  Hdbshurg  von  1267^  (auf  der  Oberecke  des  geneigten  Schildes 
steht  der  Helm).  Weitere  Beispiele  in  dieser  Art  sind:  R. S.  des  Johannes  von 
Wesikon^  1268,  des  Grafen  Friedrich  III.  von  Toggenhurg'^  1270,  des  Grafen  Otto 
von  Straßherg^  1275,  des  Eberhard  von  Bichelsee''  1275,  des  Grafen  Wilhelm  von 
Arberg^  1276,  des  Rudolf  Giel  von  Glattburg"^  1277  und  des  Walther  vonVatz 
1281.  Neben  dem  R.  S.  ist  auch  das  S.  0.  S.  mit  dem  vollen  Wappen  besetzt 
worden  (S.  0.  S.  des  Kuno  von  Liebegg^  1270)  und  das  schildförmige  Siegel 
(S.S.  des  Burkhard  von  Straßberg'-^  von  1282). 

Was  nun  die  Ausführung  anbetrifft,  so  ist  die  Zeichnung  durchwegs  roh, 
Schild  und  Schildbild  flach,  Helm  und  Zimier  plastisch  behandelt.  Der  Schild 
wird  im  ganzen  XIH.  Jahrhundert  in  stark  nach  vorn  geneigter,  fast  liegender 
Stellung  abgebildet  und  übertrifft  an  Länge  Helm  und  Kleinot  zusammen.  Da 
das  Kleinot  in  dekorativer  Weise  vergrößert  und  ausgeschmückt  werden  muß, 
um  den  Raum  möglichst  zu  füllen,  so  wird  der  Helm  kleiner  gestaltet  oder  teil- 
weise in  den  Schild  hinabgedrückt  (Straßberg,  Liebegg).  Die  ganze  Gruppierung 
wird  je  nach  Bedürfnis  über  das  Siegelfeld  hinaus,  auf  Unkosten  der  Legende, 
vergrößert  und  das  Feld  mit  Ornamenten  verziert.  Blattranken  erscheinen  im 
W.  R.  S.  des  Grafen  Eberhard  von  Habsburg  1267  zu  Seiten  des  Wappens,  Rosen- 
ranken in  demjenigen  des  Grafen  Rudolfs  IL  von  Werdenberg  -  Sargans^^  1299. 
Lilien  im  W.  R.  S.  des  Grafen  Rudolf  von  Rapperswil,^^  Sterne  im  W.  R.  S.  des 
Grafen  Heinrich  von  Veringen^^  1277.  Das  Feld  im  R.  S.  des  Walther  von  Vats  1281 
ist  mit  achteckigen  Sternen  belegt  und  dasjenige  im  Siegel  des  Ritters  Eberhard 
von  Henggart  1299  durch  ein  weitmaschiges  Rautelimuster  geschmückt. ^-^  Damas- 
zierung des  Schildes  und  seiner  Bilder  findet  sich  selten,  z.  B.  Balken  im  Schilde 
des  Grafen  Hartmann  von  Kyburg  von  1263  und  Sparren  im  Schilde  des  Rudolf 
von  Arberg  1275. 

Ein  einziges  Siegel  zeigt  Helm  mit  Helmdecke.  Das  schön  proportionierte 
und  in  einfacher  Arbeit  ausgeführte  W.  R.  S.  des  Heinrich  von  Wildenburg^^  (1295) 


1  Taf.  8,  Fig.  13  und  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  Taf.  1,  Fig.  4. 

-  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Taf.  4,  Fig.  37. 

*  Gull,  Die  Grafen  von  Toggenburg,  S.  11. 

*  Taf.  9,  Fig.  1.    Staatsarchiv  Bern,  Fraubrunnen.    Fontes  III,   11!^*.    Zeerleder  \A\.,  L'UiS. 
^  Urkunde  im  Staatsarchiv  Zürich. 

"  Taf  8,  Fig.  16.  Staatsarchiv  Freiburg,  alte  Landschaft  175.  Aehnliches  Siegel  des 
Grafen  Willielm  von  Nüwenburg,  Herren  von  Arberg  1299.  Fontes  III,  758.  Bern,  Fach  Frau- 
brunnen. 

'  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

«  Taf  8,  Fig.  7. 

«  Taf  8,  Fig.  VI.    Zeerleder,  Taf.  54,  Fig.  2().s.     Hasler  Urkundcnbucli  XI,   117. 

''•  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  47. 

"  Taf  8,  Fig.  14.    Zürcher  Staatsarchiv,  Amt  Octenbach  12. 

'■'  Taf.  8,  Fig.  11.    Ziu-cher  Staatsarchiv,  Buhikon  iJiS. 

'•■'  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

'*  'J  af.  8,  Fig.  15. 


(i.  Die  Siegel.  X55 

läßt  die  Helnidecke  in  hübscher  Drapierung  zu  Seiten  des  in  Vorderansicht  dar- 
gestellten Helmes  erscheinen  und  bildet  den  Uebergang  zu  der  schönen,  reichen 
und  künstlerischen  Durchführung,  welche  dieser  Siegeltvpus  im  XIV.  Jahrhundert 
erfahren  hat. 

g".  Bür^ei'siegel. 

Zwischen  den  Siegeln  des  Adels  und  der  ritterlichen  Bürgergeschlechter 
besteht  kein  Unterschied,  weil  sich  diese  letzteren  der  einfachen  heraldischen 
Siegeltypen  bedient  haben,  ohne  neue  Formen  oder  Darstellungsarten  hinzu- 
zufügen. Der  einfache  Bürger,  der  Handwerker,  hat  im  XHI.  Jahrhundert  selten 
gesiegelt  und.  wenn  dies  der  Fall  war.  das  Siegelfeld  mit  einem  schlichten  Bilde, 
einem  Hauszeichen,  aber  nicht  mit  heraldischen  Figuren  geschmückt.  Es  fallen 
daher  die  einen  Bürgersiegel  in  die  soeben  besprochene  Gruppe  der  Schildbild- 
Siegel,  die  anderen  aber  außer  den  Rahmen  unserer  Betrachtung.^ 

h.  Städtesie^el." 

Wenn  der  einzelne  Bürger  erst  im  XIV.  Jahrhundert  mit  Zunahme  seiner 
persönlichen  Macht  und  Steigen  des  Ansehens  zum  siegeln  gelangte,  so  hat  er 
schon  früh  als  Gesamtheit  (civitas,  universitas)  das  Siegelrecht  gehandhabt.  Die 
Siegelbilder  der  Städte  und  Landschaften  sind  größtenteils  natürliche  Figuren. 
Nachbildungen  von  Gebäuden  (Stadtmauer:  Freihiirg ;  ßchlo^^:  JBurgdorf,  Thun; 
Kirche:  Basel,  KilcJiberg;  Brückenkopf:  Brugg).  Bilder  aus  der  Geschichte  der 
Lolalheiligen  {Schivys,  St.  Martin  gibt  dem  Bettler  den  Mantel,  Ludern,  der 
h.  Leodegar  ward  geblendet),  Porträtfigur  des  Schutzpatrons  {Solothurn,  St.  Mauri- 
zius,  Zürich,  Felix  und  Kegula)  oder  Attribute  desselben  {Unterwaiden  und  Genf, 
Schlüssel  des  h.  Petrus,  Bülach,  Kost  des  h.  Lorenz).  Zu  diesen  figürlichen  Dar- 
stellungen gesellen  sich  heraldische  Beigaben,  wie  z.  B.  auf  dem  großen  R.S.  der 
Stadt  Freiburg  von  1225,^  auf  welchem  über  der  durch  Turm  und  Mauer  an- 
gedeuteten Stadt  der  Schild  der  Herzoge  von  Zähringen,  der  Stifter,  ins  Siegel- 
feld gelegt  ist.  Der  senkrechte  Schild  zeigt  romanische  Form  und  trägt  den 
vom  Wolkenrande  umschlossenen  Adler.  Den  L'ebergang  zur  Heraldik  bilden 
die  in  Bezug  auf  den  Namen  oder  die  Lage  des  Ortes  gewählten  Bilder,  welche 
zum  großen  Teil  in  den  Schild  der  betrefiFenden  Stadt  übergegangen  sind.  Ein- 
zelne Städte  haben  durch  die  Jahrhunderte  hindurch  o-anz  verschiedene  SieiJ-el- 


^  Ulrich  von  Zurzach,  civis  Scafusiensis  (Scliaffhauseu),  führt  das  Wappentier  seiner  Stadt 
und  3  Lilien  im  freien  Siegelfeld.  Taf  9,  Fig.  10.  Ulrich  am  Ort,  Schultheiß  von  Zürich,  führt 
im  S.S.  eine  Blume,  1251.    Taf.  9,  Fig.  6. 

-  Litteratur  über  Städtesiegel  und  Wappen.  Melly.  Beiträge  zur  Siegelkunde.  —  Gautier, 
Armorial  historique  des  Villes  et  des  Bourgs  de  la  Suisse.  Neuchätel  1895.  —  Schultheß,  Die 
Städte-  und  Landessiegel  der  Schweiz.  Zürich  18.53.  Mitteilungen  der  Antiquarischen  Gesell- 
schaft in  Zürich.  —  v.Liehenau,  Die  Siegel  der  luzernischen  Landschaft.  Archives  heraldiques 
Suisses,  1897,  1  und  2.  —  Gans,  Die  Städtewappen  der  Schweiz.  Zeitschrift  „Die  Schweiz" 
1897  und  ff. 

»  Schultheß,  Taf  14,  Fig.  1  und  2. 


156  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  GeM-erbe. 

bilder  und  Wappen  (auf  Panner  und  Schild)  geführt,  wie  z.  B.  Zürich^  Die 
drei  Stadtheiligen  schmücken  heute  noch  das  große  Staatssiegel,  wie  anno  1224, 
während  das  Wappen,  dem  Fahnenbilde  entlehnt,  rechts  geschrägt  von  weiß 
und  blau  ist.  Außer  den  redenden  Bildern  haben  direkte  Anlehnungen  an  die 
Wappen  des  Lehensherrn  Veranlaßung  zu  heraldischen  Städtesiegeln  gegeben. 
Behalten  wir  die  schon  früher  vorgenommene  Gruppierung  der  Typen  bei,  so 
verteilen  sich  die  heraldischen  Darstellungen  folgendermaßen: 

Das  Bild  frei  im  Siegelfelde:  Bern^  1224  (schreitender  Bär),  Murten^ 
1249  (Leu  mit  Fisch  in  den  Pranken),  Interlaken^  1250  (wachsender  Steinbock), 
SchaffJiausen^  1258  (Bock  aus  dem  Stadtthore  springend),  Avenclies^  1270 
(Bischofs-  oder  Mohrenkopf),  Büren'^  1273  (Steinbock  auf  einem  Dreiberg),  Unter- 
ivalden^  1291  (Schlüssel  des  h.  Petrus)  und  Hasli^  1296  (Reichsadler). 

Das  Bild  im  schildförmigen  SiegeP":  Uri^^  1248  (Ur- [Stier] -Kopf  in 
Seitenansicht),  Ärberg^^  1249  (Adler  über  dem  Dreiberg),  Thun^^  1250  (Burg  mit 
zwei  Rundtürmen),  Lusern^^  1252  (linker  Schrägbalken  mit  drei  Rosen),  Burg- 
dorf^^  1257  (Burg  mit  Turm  und  Palas),  Winterthur'^^  1263  (Schrägbalken  mit 
dem  unteren  Kyburgerlöwen)  und  1279  (voller  und  ungeteilter  Kyburgerschild), 
Chur  1282  (dreitürmiges  Stadtthor). 

Das  Bild  vom  Schilde  umschlossen  im  Siegelfelde:  Sempach^''  1259 
(im  senkrechten  Schilde  über  vier  Wellenlinien  der  wachsende  Leu  von  Habsburg), 
Aarmi'^^  1270  (geteilt,  oben  Adler,  unten  ein  Baumzweig  als  Symbol  der  Au) 
und  Uri  1291  (Stierkopf  en  face). 

Einen  zimierten  Helm  führt  die  Stadt  Bießenhofen^^  1281  im  Schildsiegel 


'  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbucli,  Lief.  I,  Taf.  7,  P'ig.  57  und  58. 

-  Taf.  9,  Fig.  11.    Fontes  II,  349.    Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Fig.  74. 

ä  SchuUheß,  Taf.  14,  Fig.  8. 

*  Schidtheß,  Taf.  7,  Fig.  8. 

•^  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Taf  8,  Fig.  72. 

•*  Sceaux  historiques  du  Canton  de  Vaud  par  de  Mmulrot,  I,  Y\g.  19.  —  Major,  Archives 
heraldiques  Suisses,  1897,  3. 

'  Schultheis,  Taf.  6,  4. 

»  SchuUheß,  Taf  11,  8. 

"  Schiiltheß,  Taf.  8,  als  freie  Thalschaft. 

'"  Von  ausländischen  Beispielen  seien  genannt:  S.S.  der  Stadt  Hörn,  der  Stadt  Fürsteu- 
feld 1278,  1296.  Im  Msc.  K  35  auf  der  Zürcher  Stadtbibliothek  ersciieint  ein  S.S.  der  Stadt 
Eßlingeu  von  1408. 

"  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  III,  Taf.  8,  Fig.  71. 

'-  Schnltheß,  Taf.  5,  I'ig.  1. 

'*  SchuUheß,  Taf.  7,  Fig.  3  und  4. 

'*  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Taf  8,  I'ig.  73. 

'5  SchuUheß,  Taf.  5,  Fig.  9. 

'"  Taf.  9,  Fig.  8  und  Abb.  z.  Zürcher  rrkiindcnbuch  Lief  II,  Taf.  8,  Fig.  71. 

"  SvhnUheß,  Taf.  9,  Fig.  8. 

"*  Taf.  9,  Fig.  4.    Stadtardiiv  Aarau,  Urkunde  7. 

'"  Taf.  9,  Fig.  12.  Abguü  nach  dem  Bronce-Originalstempel  im  Stadtarchiv  von  Diefsenhofen. 


6.  Die  Siegel. 


157 


Kyburgerlielni)  und  ein  volles  Wappen  die  Bürgerschaft  von  Zofingen^  1280 
(Schild  und  Helm  der  Grafen  von  Frol^urg,  ihrer  Herren). 

Die  symbolische  Bedeutung  der  einzelnen  Bilder  haben  wir  schon  bei  früherer 
Gelegenheit  erörtert,  und  so  bleibt  uns  noch  übrig,  einige  Beobachtungen  über 
die  technische  und  künstlerische  Ausführung  zusammenzustellen. 

Diese  Siegel  sind  gewöhnlich  besser  und  sorgfältiger  ausgeführt,  als  die 
gleichzeitigen  Stempel  der  weltlichen  Herren,  wohl  aus  dem  Grunde,  weil  in  der 
Stadt  die  nötigen  Handwerker  eher  zu  finden  waren,  als  auf  den  Burgen  des  Adels.^ 
Die  Größe  ist  im  XIII.  Jahrhundert 
noch  bescheiden  und  erst  im  folgenden 
Zeiträume  bis  zur  Uebertreibung  ge- 
steigert worden,  indem  sich  die 
rivalisierenden  Städte  auch  an  Gröläe 
des  Siegels  zu  überbieten  trachteten. 
Die  Form  des  Siegels  ist  gewöhnlich 
rund  und  nur  bei  geistlichen  Besitz- 
ungen, wie  z.  B.  Delsherg  ^  spitzoval 
(auf  einem  Dreiberg  das  Pedum  des 
Bischofs  von  Basel  1290).  Eine  Er- 
klärung für  die  Schildform  der  Städte- 
siegel (besonders  der  ältesten)  ergibt 
sich  aus  dem  Umstand,  daß  der 
Schultheiß  als  Siegler  auftrat  und  das 
Siegel  einen  persönlichen  Cliarakter 

an  sich  trug.  So  zeigt  z.  B.  das  älteste  Siegel  von  Liizcrn  nicht  das  Wappen  der 
Stadt,  sondern  des  damaligen  Schultheißen  oder  Vogtes.  Mit  dem  Erstarken  der 
Stadt  als  Gemeinwesen  verschwindet  das  schildförmige  Siegel  vollständig.  Die 
späteren  Städtesiegel  bilden  oft  ganze  Agglomerate  mit  Darstellung  der  Stadt, 
des  Lehensherrn,  des  Stadtschildes  und  des  Herrenwappens  und  zeigen  durch 
ihre  reiche  und  prunkvolle  Ausstattung  am  deutlichsten,  zu  welcher  Bedeutung 
ihre  Siegelinhaber  im  Laufe  der  Jahre  gelangt  waren.'* 

Um  ein  volles  Bild  des  Siegelwesens  bieten  zu  können,  sind  wir  genötigt, 
auch  die  Siegel  der  Geistlichkeit  zu  behandeln,  welche  sich  der  Heraldik  aus 
kirchlichen  Gründen  und  gemäß  religiöser  Vorschriften  zuerst  abgeneigt  zeigte, 
dieselbe  aber  später  nicht  nur  neben  das  Porträt  ins  Siegel  aufnahm,  sondern 
zur  alleinigen  Darstellung  erwählte. 


100.    W.E.S.  des  Kates  und  der  Bürgerschaft 
von  Zofingen.     1278. 


^  Fig.  100.    Staatsarchiv  Aargau,  Stift  Zofingen  10. 

'^  Die  Ritter  ließen  wohl  auch  bei  städtischen  Graveuren  arbeiten,  aber  im  XIII.  Jahrhundert 
scheint  der  Waffenschmied  der  Burg  auch  die  Stelle  des  Stempelschueiders  ausgefüllt  zu  haben. 

3  Taf.  9,  Fig.  13. 

*  Ein  Siegel  der  Bürgerschaft  von  Rapperswil  (XIV.  Jahrhundert)  zeigt  die  Ansicht  der 
Stadt  mit  Grafenschloß,  Brücke  und  Brückenkopf,  das  volle  Wappen  und  das  Porträt  des 
Herzogs  von  Oesterreich,  des  Landesherrn.    SchuUheß,  Die  Siegel  der  Hauptorte,  Taf.  1,  Fig.  13, 


158"  III'  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

i.  Die  Siegel  der  Geistlichkeit. 

Kennzeichnend  für  das  geistliche  Siegel  ist  die  spitzovale  Form,  die  ihre 
ausschließlich  kirchliche  Bedeutung  erst  im  Laufe  des  XIIL  Jahrhunderts  erhalten 
hat.  Während  die  Bevorzugung  dieser  speziellen  Form  aus  der  Darstellung 
im  Siegelfelde  leicht  ersichtlich  ist,  indem  sie  sich  jeuer  am  passendsten  an- 
schließt, hat  man  versucht,  das  Spitzoval  mit  der  Mandorla  zusammen  zu 
stellen  und  ihm  auf  diese  Weise  eine  symbolische  Bedeutung  zu  geben.  Das 
Oval  ist  zu  Beginn  beinahe  kreisförmig,  mit  stumpfen  Ecken,  wird  aber,  vielleicht 
unter  dem  Einflüsse  der  Uotik,  immer  schmäler  und  länger,  mit  stark  gestreckten 
und  zu  spitzen  Winkeln  zusammenlaufenden  Seiten.  Die  mehr  oder  weniger 
spitzovale  Form  kann  als  ein  Kriterium  der  Entstehungszeit  des  betreffenden 
Siegels  gelten.  Der  Klerus  aller  Rangstufen  hat  sich  ihrer  bedient  und  andere 
Siegelformen '  gehören,  mit  Ausnahme  der  Konvent-,  Kapitel-  und  Konzil-Siegel, 
zu  den  Ausnahmen. 

Die  Nachbildung  des  Porträtes  im  Siegelfelde  mit  den  Abzeichen  von  Stand 
und  Würde  datiert  aus  frühester  Zeit.  Im  XL  Jahrhundert  erscheint  nur  die 
Büste  des  Prälaten,  im  dritten  Jahrzehnt  des  XIL  Jahrhunderts  die  ganze  Figur, 
stehend  oder  sitzend.  Diese  Darstellung  bleibt  nicht  nur  auf  die  Siegel  der 
Kirchenfürsten,  der  Bischöfe  und  Aebte  beschränkt,  sondern  findet  sich  auch  in 
Siegeln  der  niedern  Geistlichkeit,  wo  sich  der  Siegler  in  Amtstracht  (z.  B.  als 
Lektor,  Kustos,  oder  Kantor  etc.)  abbilden  läßt.  Das  Brustbild  des  Prälaten 
zeigt  ein  S.  0.  S.  eines  Magisters  und  bischöflich  konstanzischen  Vikars  von 
1277  in  ausgezeichneter  Arbeit.^  Ebenso  häufig  ist  die  Darstellung  biblischer 
Scenen,  der  Gottesmutter,  Heiliger,  Märtyrer,  der  Namens-  und  Kirchenpatrone 
oder  symbolischer  Bilder.  Von  den  letzteren  nenne  ich:  Lilie  (Gottesmutter), 
Pelikan,  die  Jungen  fütternd  (Opfertod  Christi),  Leu  mit  den  Drachen  kämpf md 
(Christi  Kampf  gegen  den  Teufel),  Lebensbaum  mit  zivei  Tauben  oder  Pfauen  (Evan- 
gelium als  Wurzel  des  Lebens),  Schiff  (die  Kirche  als  rettendes  Fahrzeug),  agnus 
dei,  Evangelistenembleme  Vi  s.  w.  Zu  diesen  allgemein  gebräuchlichen  Darstellungen 
treten  die  Lokallegenden  und  Heiligengeschichteu  hinzu.  In  den  Siegeln  der  Chor- 
herrn des  Stiftes  zum  Großen  Münster'^  ist  das  Bild  Karls  des  Großen  (als  Stifter  der 
Kirche)  und  dasjenige  der  Stadtheiligen  Felix  und  Regula  häufig  zu  finden,  auf  den 
Siegeln  der  Solothurner  St.  Urs  und  St.  Maurizius  als  Ritter  und  auf  denjenigen  der 
Prepositi  von  Beromünster  der  Erzengel  Michael  als  Drachentöter  oder  Totenrichter. 
Neben  allen  diesen  figürlichen  und  bildlichen  Siegeln  kommen  auch  solche  mit  heral- 
dischem Schmucke  vor.  Aber  die  ersten  Beispiele  sind  nicht  unter  den  Siegeln  der 
hohen  Prälaten  zu  suchen,  sondern  unter  denjenigen  der  niedern  Weltgeistlichkeit, 
welche  weniger  an  die  Beobachtung  der  religiösen  Bräuche  und  Vorschriften  der 

'  Vergl.  z.  B.  Bobert,  La  Sigillographie  de  Toul,    Paris  1868. 

-  Taf.  10,  Fig.  1.    Staatsarchiv  Zürich,  Urkunde  Töß  100. 

8  Abi).  /..  Ziirdier  Ihkundenbudi  Lief.  I,  ;{8.  .'JSt,  Lief.  111,  ;]i».    10.  M. 


(i.  Die  Siegel. 


151) 


Kirche  gehimden  war,  als  die  Oberhäupter.  Mancher  Kleriker  aus  ritterlichem 
Geschlechte  mag  mehr  an  Schild  und  Schwert  gehangen  haben,  als  an  der  Kutte, 
und  wollte  diesem  Gefühle  durch  Anbringung  des  ererbten  Wappenbildes  auf  dem 
Siegel  Ausdruck  geben.  Die  Siegel  rein  heraldischen  Charakters  haben  wir  schon 
früher  berührt,  und  gesehen,  daß  die  freie  Anbringung  des  Wappenbildes  sowohl 
im  Rund,  als  mit  besonderer  Vorliebe  im  Spitzoval  zu  geschehen  pflegte.  Beispiele 
l>ieten  die  B.li. S.  des  Albert  von  Habshurg,^  can.  Basil.  1252  (Leu),  des  Werner 
von  Wolhusen.  can.  Beronensis,  1277  (Burg),  de>>  P rohstes  Budolf  von  Fr oburg''^  von 
Zohngen  1256,  des  Diethehn,  Pectoris  eccl.  in  Ulma  1298  (von  Ramenstein:  Bock 
auf  einem  Vierberg).  Das  Spitzoval  des  Grafen  Bertold 
von  Toggenburg,^  can.  Imliriancensis  (Embrach)  von 
1249,  das  früher  schon  erwähnt  worden  ist,  gehört  zu 
den  ältesten,  mit  freiem  Schildbilde  geschmückten 
Klerikersiegeln.  Das  Siegelfeld  mit  dem  Wappentiere 
und  Lilien  belegt,  zeigt  ein  S.  0.  S.  des  Leutpriesters 
der  Abtei  Zürich  aus  dem  Geschlechte  Rüsegg^  von 
1278.  Weitere  Beispiele  heraldischer  Typen  mit  dem 
Wappenschilde  oder  in  Schildsiegelform  sind:  S. O.S. 
des  Johannes  von  Liebegg,  Plebanus  in  Schöftland 
(Wappenschild  im  Siegelfelde)  und  das  S.  S.  des 
Gerhard,  Prior  von  Tunstetten'-'  (Bern)  1256  mit 
steigendem  Leu  und  Aes  Rudolf  von  Habsburg, ^  canon. 
Basilien.  1250.  Heinrich  von  Toggenburg,^  Johanniter  zu  Bubikon  führt  1250  ein 
S.  K.  S.  mit  dem  Ordenswappenschilde  senkrecht  im  Felde,  ebenso  der  Ordens- 
meister ^  des  Hauses  Suh  ein  S.  0.  S.  mit  Vortragkreuz  1293. 

Aus  diesen  Beispielen  geht  hervor,  daß  alle  Siegeltypen  mit  Schild  und 
Schildbild  von  dem  Klerus  verwendet  worden  sind,  bis  sich  eine  geistlich  heraldische 
Darstellung  gebildet  hatte.  Diese  Darstellung  bestand  nun  in  der  Vereinigung 
des  religiösen  Bilderkreises  mit  dem  weltlich-ritterlichen  Abzeichen,  dem  Schild- 
bilde und  dem  Schild.  Die  untere  Hälfte  des  Spitzovals  wurde  dem  letzteren 
eingeräumt,  und  das  geistliche  Porträt,  der  Heilige  oder  das  symbolische  Bild, 
auf  den  oberen  Teil  beschränkt. 

Das  S.  0.  S.  des  Propstes  Werner  Blum  vom  Chorherrenstifte  zum  Groß- 
Münster  in  Zürich  ^  von  1240  ist  das  erste  Beispiel  in  unseren  Landen,  welches 


Fig.  101.    S.S.  des  Kanonikus  von 
Basel,  Rudolf  von  Habsburg.  1252. 


'  Abb.  z.  Zürclier  rrkuudenbuch  Lief.  II,  Taf.  1,  Fig.  9. 

^  Taf.  6,  Fig.  2.    Staatsarcliiv  Luzern.    Fontes  II,  41G/17. 

^  Gull,  Die  Grafen  von  Toggenburg,  S.  8. 

*  Taf.  10,  Fig.  4. 

^  Taf.  6,  Fig.  lo.    Staatsarchiv  Luzern. 

®  Fig.  101  und  Abb.  z.  Zürclier  Urkundenbuch  Lief.  II,  S.  •_'. 

''  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbucli  Lief.  III,  Fig.  46. 

8  Basler  Urkundenbuch,  Bd.  III,  18,  186. 

«  Taf.  10,  Fig.  5.    Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbuch  Lief.  II,  Fig.  47.  48.  49. 


160  III.  Teil:  Die  dekorative  Anwendung  der  Heraldik  in  Kunst  und  Gewerbe. 

die  Vereinigung  von  Porträtfigur  und  Wappenbild  (gestielte,  fünfblättrige  Blume) 
zeigt.  Aelmlich  ist  das  S.  0.  S.  des  Johannes  SchäfJin,^  can.  Turic,  1272  (oben 
Kleriker,  unten  Schaf)  und  das  R.S.  des  Klosters  Fischingen  von  1278  (neben 
der  Heiligenfigur  je  ein  Fiscli).  Porträt  und  Wappenschild  sind  dargestellt  auf 
dem  S.O.  S.  des  Propstes  Ortolf  von  Konstanz  1249,  des  Hugo  Böckli,^  Chorherrn 
zu  Züricli  1262,  des  Propstes  Johann  von  Konstanz  1291.  Heiligenfigur  und 
Wappenschild  sind  selten  durch  eine  Gerade,  wie  bei  den  beiden  genannten 
Gruppen  getrennt,  vielmehr  durch  eine  mehr  oder  minder  reiche  Ballustrade, 
einen  Sockel  oder  eine  Konsole.  Heinrich  von  Hasenlmrg,^  can.  S.  Ursicini  (can. 
de  nie)  1268  führt  die  Halbfigur  eines  Engels  im  oberen  Felde,  im  untern  den 
großen  und  in  schönem  lielief  gearbeiteten  Familienschild,  Lütold  voti  Rötelen,'^ 
can.  Constantiensis,  1276  und  Konrad  von  Göskon,^  Propst  zu  Schönenwerd  1299, 
Maria  mit  dem  Kinde  und  senkrecht  darunter  den  Schild  ihres  Geschlechtes.  Gott- 
fried 3Iüllner,^  Rektor  der  Kirche  von  Küßnacht  führt  1303  im  S.O.S.  St.  Georg 
als  Drachentöter  und  unten  auf  der  Legende  den  Wappenschild.  Vereinigung  von 
symbolischem  Bilde  und  dem  Wappenschild  hat  der  Zürcher  Cliorherr  Nikolaus 
Tya  (Tyg) '^  1301  in  seinem  S.O.S.  (oben  einen  seine  Jungen  fütternden  Pelikan, 
unten  den  Schild  der  Tyg).  Eine  nähere  Beziehung  der  beiden  verschiedenen 
Darstellungen,  der  weltlichen  und  der  geistlichen,  ist  um  die  Wende  des  Jahr- 
hunderts auf  den  Siegeln  nachzuweisen,  indem  ritterliche  Heilige,  wie  z.  B. 
St.  Georg,  St.  Michael,  deren  Schild  das  Kreuz  zierte,  den  Wappenschild  des  betr. 
Klerikers  führen.  So  trägt  der  h.  Michael  als  Drachentöter  auf  einem  S.  0.  S. 
des  Propstes  Dietrich  von  Hallivil  ^  zu  Beromünster  in  der  Rechten  den  Speer, 
in  der  Linken  den  Spitzschild  mit  dem  Hallwiler  Flügelpaar  (Ende  XIII.  Jahr- 
hundert), im  S.O.S.  des  Archidiakons  ÄlbrecM  von  Hafstatt,^  zu  Basel,  den 
Wappenschild  der  Hattstatt  1271.  Auf  dem  S.O.S.  des  Paidolf  von  Glarus,^^ 
rectoris  eccl.  in  Höngg  1297  und  des  Probstes  von  Beromünster  Ulrich  von 
Landenberg  ^'^  (1306  urkundlich,  aber  stil.  XIII.  Jahrhundert)  hält  die  Heiligenfigur 
den  Schild  in  der  Linken,  gleich  einem  Schildhalter. 

Während  die  Sitte  des  Wappenführens  in  den  weitern  Schichten  der  Geist- 
lichkeit schon  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  allgemein  wurde,  ist  das  Auftreten 
der  Wappenbilder  in  den  Siegeln  der  Bischöfe  und  Aebte  erst  gegen  Ende  des 

'  Taf.  10,  Fig.  10.    Staatsarchiv  Züricli. 

''  Abb.  z.  Zürcher  Urkundenbach  Lief.  III,  Tat'.  7,  Fig.  61. 

«  Taf.  10,  Fig.  \2. 

*  Basler  Urkundenbucb  I,  Taf.  3,  Fig.  27. 

s  Taf.  10,  Fig.  13.  Vergl.  auch  das  S.O.S.  des  Chorherrn  Nikiaus  v(hi  Malters,  1295. 
Basler  Urkundenbucb. 

»  Taf.  10,  Fig.  n.    Staatsarchiv  Zürich,  Spital  !»^».  118. 

'  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

«  Taf.  10,  Fig.  16. 

"  Basler  Urkundenbucb,  Bd.  I,  Fig.  2S. 
'"  Taf.  10,  Fig.  S.    Staatsarchiv  Zürich,  rroj)stei  Hi). 
"  Taf.  10,  Fig.  9. 


B.  Die  Siegel.  151 

XIII.  Jahrhunderts,  bei  vielen  sogar  erst  hundert  und  zweihundert  Jahre  später, 
nachzuweisen.  Es  ist  kein  bloßer  Zufall,  wenn  die  beiden  ersten  Beispiele  von  An- 
gehörigen feudaler  und  wappenfreudiger  Geschlechter  herrühren,  von  einem  Habs- 
burger- und  einem  3Iont forter- Grafen.  Das  S.  O.S.  des  Bischofs  Budolf  (von  Habs- 
burg) ^  von  Konstanz  von  1286  und  dasjenige  des  Chiirer  Bischofs  Friedrich  von 
Montfort^  1288  zeigen  unter  der  Konsole,  auf  welcher  der  sitzende  Bischof  im 
Ornate  thront,  die  Wappentiguren  ihrer  Geschlechter,  den  Leu  und  die  dreilappige 
Fahne.  Aus  dieser  untergeordneten  Stellung  entfernt  und  zu  beiden  Seiten  der 
Figur  angebracht,  sind  die  Wappenbilder  auf  dem  S.  0.  S.  des  Bischofs  Otto  von 
Basel, ^  aus  dem  Geschlechte  Grandson,  zwei  Muscheln,  1309  (Wappen:  Schräg- 
balken mit  drei  Muscheln)  und  des  Abtes  Konrad  von  AUerheiligen^  zu  Schafif- 
hausen  (von  Liebenfels)  2  Lilien  und  den  Flügel  der  Liebenfels.  Aehnlich  erscheint 
auf  dem  Siegel  eines  fremden  Biscliofs,  Tomasius  von  Corona  ('^),^  das  freie  Wappen- 
bild und  ein  Schild  zur  Seite  1299.  Im  Prälatensiegel  finden  wir  das  Wappen  in 
Basel  1315,  in  Konstant  erst  1318,  in  Sitten  1323,  in  Chur  1327,  in  St.  Gallen 
1333  und  in  Einsiedeln  1347. 

Mit  der  Zeit  tritt  die  figürliche  Darstellung  zurück  und  das  heraldische 
Bild  mit  Schild,  Inful,  Pedum,  Schwert  uud  Palme,  den  Abzeichen  des  kirchlichen 
Regimentes,  nimmt  die  ganze  Siegelfläche  ein  und  bildet  das  endgültige  Dekorum. 


1  Taf.  10,  Fig.  14. 

2  Taf.  10,  Fig.  11  und  Gull,  Die  Grafen  von  Montfort,  S.  22. 
^  Sammlung  der  Antiquarischen  Gesellschaft. 

*  Taf  10,  Fig.  B.    Antiquarische  Gesellschaft. 

^  Taf.  10,  Fig.  7.    Staatsarchiv  Zürich,  Propstei  93. 


Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  11 


VIERTER  TEIL. 


-=^- 


Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 


Die  Entwicklung  der  Heraldik  ist  nicht  allein  von  der  politischen  Be- 
deutung und  den  kriegerischen  Ereignissen  eines  Landes  abhängig  gewesen, 
sondern  auch  von  der  Höhe  des  geistigen  Lebens.  Da,  wo  sich  die  Einflüsse  der 
französischen  Kultur  am  stärksten  geltend  machten,  wo  das  höfische  Rittertum 
in  Minnedienst,  in  prunkvollen  Festen  und  Gespielen  und  in  der  Dichtkunst  zur 
vollen  Blüte  gedeihen  konnte,  da  mußte  auch  die  edle  Wappenkunst  die  kräftigste 
Förderung  erfahren.  Es  ist  daher  kein  Zufall,  wenn  dies  besonders  im  südlichen 
Teile  des  hl.  römischen  Reiches  geschehen  ist,  in  Schwaben  und  in  den  Gegenden 
der  heutigen  Schweiz.'  Mit  der  Erhebung  zweier  einheimischer  Geschlechter 
auf  den  Königsthron,  der  Hohenstaufen  ^  und  der  Habsburger,  war  ein  politischer 
Vorrang  geschaff'en  und  das  geistige  Leben  durch  die  starke  Teilnahme  am 
Kreuzzuge  Friedrichs  H.,  durch  die  vielseitige  Berührung  mit  den  Romanen  in 
Fluß  geraten.  Die  lange  Reihe  unserer  Minnesänger,  von  Ulrich  von  Zatzik- 
hofen   bis    auf  den  Dichter  des  Reinfried  von  B]-aunschweig  herunter  "^    geben 


'  J.  Bächtold,  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  in  der  Schweiz.  Frauenfeld  1887. 
p.  81  u.  ff. 

'■*  Vergl.  Einleitung  bei  Waclternagel,  W.,  Der  arme  Heinrich  Herrn  Hartmanns  von  Aue. 
Basel  188.5. 

*  Zu  den  P^pikern  des  XHI.  Jahrlumderts  geliören  außer  den  im  Texte  Augeführten  noch 
WaUher  von  liheinau  aus  Bremgarten  (Aurgau)  und  Konrad  ron  Hehimlorf  (Tluirgau).  Von 
den  Ijyrikern  nenne  ich  nur  die  urkundlich  festgestellten  Persönlichkeiten:  Graf  IxudoJf  von 
Fenis-Neuenburg,  Dietmar  von  Ast  (Tluirgau),  Ulrich  von  Sinf/rnlicrg  (St.  Gallen),  Weniher 
von  Teicff'en  (Zürich),  Heinrieh  von  Hardegg  (St.  Gallen),  Hesso  von  liinach  (Aargau),  Heinrich 
von  Sax  (Zürich),  Walther  von  Klingen  (Basel),  Burkhart  von  Wengen  (Zürich),  Ulrich  von 
Winterstetten  (Tluirgau),  Henricus  rfeffeli  miles  (Basel),  Leutold  von  Tal  (St.  Gallen),  Budolf 
von  Botenhurg  (Luzern),  Graf  Kraft  von  Toggenburg  (Zürich),  Heinrich  Teschler  (Zürich), 
Viethehn   Göli  (Basel),  Herr  von  Gliers  (Bern),  Heinrieh  von  Strätlingen  (Bern),  Konrad  von 


Die  Heraldik  in  der  Diclitkunst.  I(j3 

Zeugnis  von  der  geistigen  Blüte  des  Landes,  deren  Mittelpunkt  im  XIII.  Jalir- 
hundeii  die  alte  Reichsstadt  Zürich  wurde.  ^ 

In  der  epischen  Dichtung,  welche  naturgemäß  hier  allein  in  Betracht  fällt, 
erscheint  die  Heraldik  schon  im  ersten  bekannten  Werke,  in  dem  Lanzelet  des 
Ulrich  von  Zatzikhofen.  Aber  der  Dichter  beschränkt  sich  auf  das  Notwendigste 
und  lässt  sich  nur  ausnahmsweise  zu  einer  längeren  Beschreibung  herbei.  Ab- 
gesehen von  dem  Lehrgedichte  Konrads  von  Mure,  das  sich  nur  mit  der  Wappen- 
kunst befasst,  darf  erst  der  Basler  Konrad  von  Würzburg  als  ein  heraldisch 
gebildeter  Poet  genannt  werden,  der  in  breitgetretener  Schilderung  die  „wäfen" 
eingehend  zeichnet  und  schon  über  eine  gewisse  heraldische  Terminologie  verfügt. 
Wenn  auch  nicht  allen  Beschreibungen  voller  Glaube  geschenkt  werden  darf, 
weil  die  dichterische  Phantasie  manches  erfunden  oder  allzu  kostbar  ausgestattet 
haben  mag,  so  geben  sie  uns  doch  zeitgenössische  Aufschlüsse  über  das  ritterlich- 
heraldische  Kostüm,  über  die  Beschaffenheit  und  Ausschmückung  von  Schild 
und  Helm. 

Schon  von  Anfang  au  kommt  dem  Schildbilde  eine  bestimmte,  rechtliche 
Bedeutung  zu,  indem  dasselbe  Bild  stets  im  Schilde  derselben  Person  wiederkehrt, 
wie  z.  B.  die  Mouve  Ereks,^  der  Adler  Lanzelets  u.  s.  w.  und  „namenlose"  Ritter 
die  verschiedenfarbigsten  Kramschilde  ^  führen.  Selten  ist  die  Erwähnung  zimierter 
Helme,  auch  bei  den  ausführlichen  Darstellungen  der  Turniere;  entweder  wurde 
denselben  noch  wenig  Bedeutung  beigemessen^  oder  das  allgemeine  Tragen  des 
Kleiuots  föllt  erst  in  eine  spätere  Zeit. 

Bei  allen  Meistern  findet  sich  die  Tendenz,  durch  Heranziehung  von  Ver- 
gleichen mit  natürlichen  Gegenständen  die  eintönio-e  Farbenaufzähluno-  kurzweiliff 
zu  gestalten  und  dem  Leser  die  heraldischen  Farben  in  möglichster  Grellheit 
vor  Augen  zu  malen.  Die  folgenden  Beispiele  sind  den  Werken  der  Dichter 
entnommen,  welche  im  Weiteren  erwähnt  werden,  und  sollen  die  Art  und  Weise 
der  Schilderung  illustrieren. 

Für  rot  findet  sich:  „noch  roter  denne  ein  rosenblat",  eine  Kovertiure,  „die 
vrischen  rosen  was  gelich  an  sehin  und  an  der  varwe",  „uz  purper  als  ein  rose  rot", 
„als  ein  vrischin  rosenbluot",  „rot  von  kehi"  (gueules  =  Rachen),  „von  rubein  (Rubin) 
rot",   „roeter  denne  ein  fuer,  daz  glimmet",   „stark  rot  zundervar"   (feuerrot). 


AUstetten  (St.  Gallen),  der  Schenk  von  Landegg  (Thurgau),  Jakob  von  Wart  (Zürich),  Otto  vom 
Thurn  (Luzern),  Rudolf  von  Trostberg  (Aargau),  Johann  von  Minggenbei-g  (Bern),  Albrecht  von 
Sapper steil  (Zürich)  und  der  Hadloub  (Zürich). 

'  Hand  in  Hand  mit  der  politischen  Bedeutung  der  Stadt  ging  das  Aufblühen  des 
geistigen  Lebens,  das  an  der  Stiftsschule  zum  Großmünster  ein  festes  Zentrum  besaß.  Dort 
lehrte  Konrad  von  Mure,  wohl  im  Vereine  mit  andern  hervorragenden  Geistern.  Das  Zentrum 
der  ritterlichen  GeseHschaft  bildeten,  wie  schon  erwähnt,  die  beiden  Manesse,  Rüdiger  H  auf 
Manegg,  Ritter  und  des  Rats  und  sein  Sohn  Johannes,  Chorherr  und  Kustos  des  Stiftsschatzes. 

-  Lanzelet,  Yers  6302.     Erek,  Vers  2290—2315. 

8  Lanzelet,  Vers  2868—3273. 

*  Konrad  von  Mure  beschreibt  ebenfalls  nur  den  Schild. 


164  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

Für  blau:  „lazürblä  von  liimel  varw",  „von  lazür  einen  blawen  schrank", 
„trubeblä"   (Traubenblau). 

Für  grün:  „grüen  als  ein  niugebrochen  de"  (Klee),  „grüen  als  ein  burnekresse" 
(Brunnenkressich)?  „von  sinople  rot"  (sinople  =  grün),  „grüener  denne  ein  louch  (Lauch), 
dem  abe  geschroten  ist  der  kil",  „von  smaragden  wolgetan  ein  grasegrüener  papigan", 
und   „uz  purper  grüener  denne  ein  gras." 

Für  schwarz:  „von  purper  swarz  ret  (recht)  als  ein  kohl"  (Kohle),  „von  zobele 
swarzer  denne  ein  brant"  (angebranntes  Holz),  „von  zobele  (Pelz)  swarz",  ein  Schild, 
„der  swarz  geverwet  duhte  reht  als  ein  zitik  bramber"    (Brombeere). 

Für  loeiß:  „blank",  „harmblank"  (hermelinweiß),  „von  hermine  vrisch"  (her- 
melin),   „von  silberwiz",   „von  berlin  rein"   (perlenrein),    „alzam  ein  sne"  (wie  Schnee). 

Für  gelb:  „von  golde  rieh  uz  Arabin",  „gel  als  ein  ringelbluome"  (gelbe 
Wiesenblume). 

Noch  reicher  und  mannigfaltiger  sind  die  Ausdrücke  im  Lateinischen: 

Bot  =  coccineus  (Scharlachfarben),  minius,  minianus  (mit  Zinnober  gefärbt), 
rufus  (rothaarig). 

Blau  =  blavus,  caeruleus  (dunkelblau,  himmel farbig),  cyaneus  (von  xuavso?, 
dunkelblau),  glaucus  (lichtblau  schillernd). 

Grün  =  viridis  (grün,  grünlich). 

Schwarz  =  niger,  furvus  (dunkelfarbig),  pullus  (schwärzlich,  hässlich). 

Weiß  =  argenteus  (silbern),  candidus  (schimmernd,  blendend  weiß),  niveus 
(schneeig,  schneebedeckt). 

Gelb  =  aureus  (golden),  croceus  (safrangelb),  deauratus  (vergoldet). 

Das  erste  Opus  der  höfischen  Dichtkunst  in  unserem  Lande  ist  der  ^Lan- 
selet"  ^  des  Ulrich  von  ZafsiJchofen,^  der  zum  ersten  Male  in  deutscher  Sprache 
einen  Roman  aus  dem  normannisch -britanisclien  Sagenkreise  des  Königs  Artus 
behandelt.  Er  ist  einer  französischen  Vorlage  nachgebildet  und  ums  Jahr  1195 
entstanden.  Nur  die  Hauptpersonen  der  Erzählung  sind  mit  Wappen  ausgestattet, 
der  Held  Lanzelet,  die  Ritter  von  König  Artus'  Tafelrunde"'  und  der  größte 
Gegner  des  Helden,  der  König  Yveret  von  Dodone.  Die  Meerfrau  übergibt  dem 
jungen  Lanzelet,  der  auf  Abenteuer  auszieht,  einen  Schild: 

371     der  was  als  er  wolde: 
ein  breit  ar  von  golde 
was  enmitten  drüf  gemäht 
der  rant  mit  zobele  bedaht. 

Des  gleichen  Schildes  geschieht  nochmals  Erwähnung  (Vers  2872),  und 
der  Adler,  das  Wappenbild,  erscheint  als  Bekröuung  des  Zeltes,   das  die  Meer- 


^  Lanzelet.  Eine  Erzählung  von  Ulricli  v.  Zatzikhofen.  Von  K.  A.  Hahn.   Frankfurt  1845. 

-  Capellanus  Uolricus  de  Cecincliovin  (Zezikon  im  Kanton  Thurgau),  plebanus  (Lout- 
pricster)  Lounieissae  (von  Lommis),  ersclieint  urkundlich  zu  St.  Gallen  '29.  März  1214. 

^  Die  Eitler  von  der  Tafelrunde  führen  persönliclie  Abzeichen,  die  in  den  höfischen  Kreisen 
als  bekannt  vorausgesetzt  werden  konnten,  weil  sie  häutig  dicliterisch  besungen  wurden. 


Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst.  1(35 

fi-RU  dem  Heldeu  überreiclien  lälst,  als  ihm  Name  und  Stand  verkündet  werden  * 
(Vers  4778). 

Die  Kitter  von  der  Tafelrunde  erkennt  Lanzelet  an  den  Schilden,  welche 
ihm   der  ausgesandte  Bote  beschreibt: 

6292  der  ritter  einer  treit 

6294     einen  lewen  mit  einer  crone, 
von  golde  erhaben  harte  wol. 
der  schilt  ist  als  ich  sagen  sol 
üz  und  inne  harte  rieh 
von  lasüre  al  gelich. 
6299     der  ander  einen  arn  (Adler)  treit 

von  golde,  dest  ein  warheit. 
6302     den  dritten  ritter  sah  ich  tragen 
von  härm  einen  schilt  wiz: 
dar  üf  ist  in  allen  vliz 
ein  mouwe  von  zobel  gemäht. 
6306     der  vierde  schilt  der  ist  bedaht 
mit  eime  pantiere. 
do  erkantes  alle  viere 
Lanzelet  der  milte 
ritter  unde  schilte. 
Glänzend  ist  die  Beschreibung  des  Königs  Yveret,  den  Lanzelet  im  Zwei- 
kampfe besiegt.    Der  Dichter  wollte  dadurch  den  Sieg  seines  Helden  noch  größer 
erscheinen    lassen.     Das   Roß   trug   eine   eiserne  Kovertiure    und   darüber   einen 
Sammtmantel : 

4417     gewehrt  griiene  als  ein  gras 
sin  wafen  euch  dar  an  was 
rote  lewen  von  golde 
4420     sin  schilt  was,  als  er  wolde, 
von  sinople  rot  genuoc. 
ein  guldinen  lewen  er  truoc 
der  was  üf  daz  bret  erhaben. 
4438     guldin  was  sin  gügerel- 

ein  boum  mit  löubern  niht  zu  breit 
ein  grimel^C?)  was  daran  bereit 
mit  sidinen  weifieren. 
Kramschilde,  d.  h.  gekaufte  Schilde,  gebraucht  Lanzelet  auf  dem  Turniere 
zu  Djofle.    Aber  sie  wurden  an  jedem  Tag  mit  anderer  Farbe  bemalt.    Der  Schild 


*  Schon  zu  Beginn  der  Erzählung  gibt  die  Meerfrau  dem  jungen  Kecken  den  Adler  als 
Schildzeichen,  ohne  ihm  seinen  hohen  Stand  zu  verkünden.  Der  königliche  Vogel  deutet  aber 
genugsam  darauf  hin. 

'^  Gügerel  =  Kleinot,  vergl.  II.  S.  79. 

^  Grimel  bedeutet  hier  wohl  Wulst  und  weifieren  =  herabhängende  Bänder,  die  sphra- 
gistisch  im  XII.  und  XIII.  Jahrhundert  nachweisbar  sind. 


166  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

erforderte  jeweils  eine  andere  Kleidung,  eine  neue  Fahne  und  eine  Kovertiure 
in  der  erwählten  Farbe,  weshalb  der  Ritter  dem  Knappen  Diebolt  befiehlt, 
grünen,  weißen  und  roten  Stoff  zu  kaufen,  um  Panner  und  Kovertiure  zu 
schneiden.  ^  Ulrich  von  Zatzikhofen  bedient  sich  folgender  Fachausdrücke : 
gügerel  (646,  4438),  vinteilen  (1385),  grimel  (4440),  wäfen  (Schildzeichen  4418, 
6290),  von  denen  aber  keiner  speziell  heraldisch  ist.  Helm  und  Schild,  Pferde- 
decke und  Panner  tragen  heraldischen  Schmuck,  ebenso  die  Zelte  (4778,  6265), 
der  WaflFenrock  dagegen  goldene  Schellen  (363,  4428). 

In  den  Werken  Hartmanns  von  Äue^  (1197 — 1209),  des  zweiten  und  größten 
Epikers  der  höfischen  Kunst,  ist  die  Wappenbeschreibung  spärlich  vertreten. 
Die  Schilderungen  der  Ausstattung  weichen  hinter  den  psychologischen  zurück 
und  erzählen  nur  das  allgemein  Bekannte,  ohne  sich  um  das  Detail  zu  bekümmern. 
Einzig  „EreJc  der  Wtmderaere'^ "  enthält  einige  Stellen,  in  denen  die  Wappen- 
kunst besprochen  ist  und  wo  dem  Helden  ein  Schild  gegeben  wird. 

739     sin  wapenroe  alsam  was 

samit  grüene  als  ein  gras, 
mit  riehen  borten  umbestalt. 

Erek  prüft  vor  dem  Turniere  zwischen  Tanebrok  und  Pruris  die  Schilde, 
welche  dasselbe  Wappenbild,  aber  verschiedene  Farben  zeigen. 

2284     Nu  pruofte  der  junge  man 
dri  schilte  gelich 
und  driu  gereite  alsamelich* 
mit  einem  wäfen  garwe^: 
doch  schiet  si  diu  varwe." 

Der  erste  Schild   ist  weiß   und   trägt  eine   gelbe  Mouve  (Muff  =  Aermel), 

der  zweite  rot   mit    gelber  Figur   und   der  dritte   gelb   mit   schwarzem  Aermel. 

Am  reichsten  ist  der  letzte  ausgestattet;  denn  er  ist  mit  einem  Schildbuckel 
und  Buckelreisern'  versehen.     Er  war: 


•  Lanzelet,  Vers  3080—3087. 

-  Die  beste  Erklärung  über  Hartmanns  l'ersönlichkeit  scheint  mir  Zeller-Werdmüller  im 
Zürcher  Taschenbuch  für  1897  zu  geben,  daraus  ich  das  folgende  entnehme:  „Hartmaun  von 
Aue,  Schildvetter  derer  von  Wesperbühl  (W:  mit  3  Adlerköpfen),  war  ein  Burgmann  des  Frei- 
herrn von  Tengen  zu  Eglisau.  Seine  klösterliche  Erziehung  konnte  er  im  nalieu  Rheinau  erhalten; 
1195  war  er  Ritter,  11!)7  zog  er  ins  gelobte  Land  gegen  Saladin,  kehrte  1198  zurück  und 
verheiratete  sich."  Den  Anblick  des  Wassers,  das  in  seinen  Werken  so  oft  beschrieben  wird, 
bot  ihm  der  Rhein,  an  dessen  Ufer  die  Heimat  des  Dichters  zu  suchen  ist. 

■'  Hartmann  von  Aue,  herausgegeben  von  Fedur  Beck,  Deutsche  Klassiker  des  Mittel- 
alters, 4.  Band.    Leipzig  1867. 

■*  Alsamelich  =  ganz  ähnlicli  aussehend,  wie  die  dazu  gehörigen  Scliilde. 

■'  Nur  mit  dem  gleichen  Wappen  versehen. 

«  Vergl.  II,  S.  53. 

'  Vergl.  II,  S.  35.  3ü. 


Die  Heraldik  in  der  Diclitkunst.  167 

2:304     von  golde  uzen  und  innen  gar 
dar  üf  ein  mouwe  zobelin, 
daz  die  niht  bezzer  mohte  sin; 
dar   über  ein  bückel  geleit 
von  Silber  schone  zebreit 
diu  ris  ze  breit  noch  ze  smal, 
si  bevienc  daz  bret  über  al. 

Zu  den  drei  Schilden  gehörten: 

2321     dri  banier  samelich 

eim  ieglichen  schilte  gelich. 

Der  Dichter  läßt  eine  genaue  Beschreibung  der  ganzen  Turnierausrüstung 
folgen,  mit  Angabe  der  Bezugsquellen  für  Helme,  Halsberge,  Beiubekleidung,^ 
Waffen  u.  s.  w.  und  schließt  mit  dem  Helme : 

2335  sin  heim  gezieret  schone 
ein  engel  üz  einer  kröne 
von  golde  geworht  sehein. 

Es  ist  auffallend,  daß  Hartmanu  von  Aue  die  Helme  so  wenig  berück- 
sichtigt, denn  gerade  er,  den  die  Weingartner  Liederhandschrift  und  der  Manesse- 
Codex  in  voller  Turnierrüstung  darstellen,  muß  den  ritterlichen  Spielen  öfters 
beigewohnt  haben.  Wir  begegnen  denn  auch  einer  Reihe  von  Ausdrücken, 
welche  auf  die  genaueste  Kenntnis  des  Kriegshandwerkes  hindeuten,  sich  aber 
nur  auf  die  Ausrüstung  von  Roß  und  Mann  beziehen. 

Auch  Konrad  Fleck''  und  Rudolf  von  Ems'^  kommen  in  Bezug  auf 
heraldische  Schildereien  nicht  in  Betracht,  der  erstere  vermeidet  sogar  in  Flore 
lind  Blancheflore^  jedwelche  Anspielung  auf  kriegerischen  Schmuck. 

Der  eigentliche  Kenner  der  mittelalterlichen  Heraldik  ist  Meister  Konrad 
von  Würzhurg,^  der  oft  über  den  weitläufigen  Wappenschilderungeu  den  Faden 
der  Erzählung  verliert  und  langweilig  auf  den  Leser  wirkt.  Seine  eingehende 
heraldisch-juristische  Bildung,    die   historische  Kenntnis   der  Wappen    deutscher 


^  Erek.  Vers  2325.  Rosse  aus  Spanien,  Helme  von  Poitiers,  Halsberge  von  Schamliers, 
Iserkolzen  (eiserne  Beinbekleidung)  von  Gleuis,  Speere  von  Lofainge,  die  Schäfte  von  Etelburg. 

''  Konrad  Fleck,  einer  ritterlichen  Familie  des  baslerischen  Juras  angehörend,  war  ein 
Schüler  Gottfrieds  von  Straßburg. 

^  Rudolf  von  Ems  fällt  leider  außer  Betracht,  weil  seine  Werke  nicht  in  vollständiger 
Ausgabe  existieren  und  es  nicht  möglich  war,  die  Handschriften  zu  studieren.  Die  abgedruckten 
Stellen  enthalten  keine  heraldischen  Schildereien,  aber  es  ist  anzunehmen,  daß  er  solche  sowohl 
im  Alexanderliede  als  im  Wilhelm  von  Orlens  angebracht  hat. 

*  Flore  und  Blanscheflur,  Eine  Erzählung  von  Konrad  Fleck,  herausgegeben  von  Emil 
Sommer.     Leipzig  18-46. 

*  Der  Geburtsort  Konrads  von  Würzburg  ist  unbestimmt.  Konrad  ist  bürgerlichen  Standes 
und  soll  vorerst  als  Geiger  am  bischöflichen  Hofe  zu  Würzburg  gelebt  haben.  Später  zog  er 
nach  Straßburg  und  schließlich  nach  Basel,  wo  er  das  Haus  „zur  Wirzeburg"  besaß.  Er  stai'b 
daselbst  den  31.  August  12H7  und  liegt  im  Münster  begraben. 


168  IV-  i^'l-  I^iß  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

und  welscher  Fürsten  und  Grafen  legen  Zeugnis  ab,  daih  er  sich  eingehend  mit 
historisch-genealogischen  und  auch  heraldischen  Studien  befasst  haben  muß.  Er 
hatte  wohl  auch  Gelegenheit,  einem  Turniere  als  Augenzeuge  beizuwohnen,  ent- 
weder im  Gefolge  eines  hohen  Herrn,  wie  z.  B.  des  Bischofs  von  Würzburg,  oder 
geradezu  in  der  Eigenschaft  eines  Turnierheroldes.  Sein  erstes  bekanntes  Werk, 
der  Turney  su  Nantheis,^  ist  dem  Meister  schon  oft  abgesprochen  worden, 
weil  diese  „gehaltlose  Reimübung"  seiner  nicht  würdig  sei.  Wir  haben  aber 
in  dem  Erstlingswerke  neben  der  Beschreibung  von  Schild,  Helm  und  Kleidung 
der  turnierenden  Ritter  doch  einen  leitenden  Grundgedanken,  der  sich  aus  dem 
historischen  Inhalte  der  Dichtung  ergibt.  Bächtold  vermutete  in  dem  Gedichte 
die  Verherrlichung  eines  wirklich  stattgehabten  Ereignisses  und  weist  auf  die 
Krönung  Richards  von  Cornwales  hin,  welche  im  Mai  des  Jahres  1257  im 
Beisein  von  zweiundzwanzig  Bischöfen,  dreissig  Herzogen  und  Grafen  und  drei- 
tausend Rittern  zu  Aachen  stattfand.^  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  Konrad 
in  Aachen  anwesend  war  und,  geblendet  von  dem  Glänze  des  Festes,  zu  seinem 
Gedichte  angeregt  worden  ist. 

Er  schildert  den  Kamj)f  der  „Tiuschen  und  der  Walhe"  und  gibt  dabei 
die  genaue  Beschreibung  von  zweiundzwanzig  Schilden  und  fünf  Helmen.  Die 
Deutschen  erscheinen  unter  der  Führung  des  Königs  Richard  von  England  und 
die  Welschen  unter  dem  Vogte  von  Kerlingen  (Frankreich)  und  dem  Könige 
von  Spanien.  Das  Turnier  endigt  mit  dem  Siege  Richards  und  der  Gefangen- 
nahme des  Königs  von  Spanien.  Die  Vermutung  liegt  nun  nahe,  daß  Konrad 
mit  diesem  Gedichte  die  Doppelwahl  Richards  von  Cornwales  und  Alphons  X. 
von  Kastilien  und  Leon  behandeln  wollte  und  dem  ersteren,  dem  rechtmäßig 
gekrönten  Könige,  den  Sieg  zuerteilte.  Auf  die  Seite  Richards  stellt  er  die 
Könige  von  Schottland  und  von  Dänemark,  die  Herzoge  von  Brabant,  Braun- 
schweig und  Sachsen,  den  Landgrafen  von  Thüringen,  die  Markgrafen  von 
Brandenburg  und  Meißen  und  den  Grafen  von  Cleve.  Unter  den  Gegnern 
erscheinen,  außer  den  oben  Erwähnten,  der  König  von  Navarra,  Graf  zu  Cham- 
pagne, die  Fürsten  von  Burgund  und  Lothringen,  „ein  herre  von  Britanje" 
(Herzog  von  Bretagne),  die  Grafen  von  Artois,  Bar,  Blois  und  Nevers.  Die  Zu- 
sammenstellung geschah  gewiß  nicht  in  Anlehnung  an  politische  Konstellationen 
oder  an  das  auf  dem  Turnier  gesehene,  sondern  in  dichterischer  Freiheit;  daß 
aber  den  einzelnen  Rittern  historische  Personen  zu  Grunde  liegen,  geht  aus  der 
Erklärung  der  Schildbilder  hervor.'^    Der  Turney  von  Nantheis  eröffnet  die  Reihe 


'  Bartsch,  K.,  Konrads  von  Würzburg  Turney  von  Nanthoiz.     Wien  1871. 

'^  Vgl.  Bächtold,  Littcraturgeschichte  S.  11«.   119. 

*  In  der  wissenschaftlichen  Beilage  der  Ijeipziger  Zeitung  hat  Freiherr  K.  von  Mamherg 
versucht,  einzelne  Personen  historisch  nachzuweisen.  So  führen  erst  die  Söhne  Herzog  Albrechts  I. 
von  Sachsen,  Johannes  und  Albrecht  IL,  den  gespaltenen  Schild,  nachdem  ihnen  1"2G1  das  Burg- 
graftuni  Magdeburg  zugefallen  war.  Die  Markgrafen  von  Meißen,  die  bis  T-'l«  einen  fünf  mal 
gespaltenen,  gelb-blauen  Schild  führten,  setzten  seit  dem  Thüringer  Krbfolgestreit  den  LOwen  von 


Die  Heraldik  in  der  Dichtlamst.  169 

der  Herold-  oder  Wappengedichte,  die  besonders  im  XIV.  Jahrhundert  zahlreich 
verfertigt  worden  sind.  Zur  Erleichterung  der  Schildbeschreibung  hat  sich  mit 
der  Zeit  eine  eigene  heraldische  Terminologie  herausgebildet,  deren  Anfänge 
wir  schon  bei  Konrad  von  Würzburg  finden.  So  gebraucht  er  für  Teilungen 
des  Schildes  folgende  stereotype  Ausdrücke: 

gevieret  (gevierteilt  -^  ecartele), 

gehalbieret  (gespalten  =  tranche), 

geteilet  (geteilt  =  coupe), 

schächzabeleht  (geschacht  =  echiquete), 

geschrenket  (kreuzweise  ^  en  sautoir), 

besträuwet  (besäet       seme), 

strifehte,  stückehte  (zweifarbig  gestreift  =  burele), 

vech  unde  bimt  (Eisenbutschnitt  =  vaire). 

Für  heraldische  Figuren: 

ein  Ort  (Freiviertei       le  franc-quartier  ou  canton), 

Schrank  (Schrägkreuz  =  le  sautoir), 

Strich  (Pfahl  ==  le  pal)  mit  näherer  Bezeichmmg,  z.  B.  entwerhes  von  dem  Ort 

(rechter  Schrägbalken  =  la  bände),  gein  der  Spitze  (Pfahl  =  le  pal), 
Striemel,  bar,  Stränge  (Balken,  Schrägbalken  =  la  fasce,  harre). 


Tliüringen  von  schwarz  in  gelb.  Heinrich  I.,  der  Erlauchte,  behält  das  alte  Wettinische  Helra- 
kleinot  bei,  wie  es  Konrad  beschreibt.  Der  Leu  erscheint  erst  1265  auf  einem  R.  R.  S.  Heinrichs. 
Diesen,  für  die  Entstehungszeit  des  Gedichtes  wichtigen  Erklärungen,  füge  ich  einige  weitere 
bei,  welche  sich  aus  der  Konstellation  von  Wappen  und  Titel  ergeben  haben.  Die  Könige  von 
Spanien  führen  erst  seit  1229  das  geviertete  Wappen  (Kastilien  und  Leon),  Ferdinand  HI.  und 
Alphons  X.,  der  1257  zum  deutschen  König  erwählt  wurde.  Navarra  gelangt  1234  durch  Erb- 
schaft an  die  Grafen  von  Champagne,  weshalb  hier  Theobald  I.  (1234—1253)  und  Theobald  IL 
1253—1270)  in  Betracht  fallen.  Unter  den  Welschen  nennt  Konrad  den  Herzog  von  Lothringen, 
wohl  Friedrich  III.  (1251—1303),  der  die  Schwester  Theobalds  IL  von  Navarra  zur  Gemahlin 
hatte.  Der  Herzog  von  Brittannien  (Bretagne)  führt  den  geschachten  Schild  der  Grafen  von 
Frankreich-Dreux  (blau-gelb  hier  weiß-rot),  vermehrt  um  ein  Freiquartier  von  Hermelin  (alt 
Bretagne).  Peter  Mauclerc,  Graf  von  Dreux,  erbte  das  Herzogtum  durch  seine  Gemahlin  Alice 
von  Thouars  1213.  Sein  Sohn,  Johannes  L,  der  Rote  (1250  -  1286),  behielt  das  Wappen  bei.  Der 
Graf  von  Blois  (Bleis)  führt  im  Schilde  das  Wappen  von  Chätillon  (sechs  mal  gespalten  von  rot 
und  Veh  mit  gelbem  Schildeshaaipt).  Hugo  V.  von  Chätillon  erbte  die  Grafschaft  durch  seine 
Gattin  Maria  von  Avenes  1231.  Im  Jahre  1248  folgte  ihm  sein  Sohn  Johannes  L,  von  dem  die 
Grafschaft  an  seine  Tochter  überging,  1279.  Der  Graf  von  Nevers  (Nervis)  trägt  das  alte 
burgundische  Wappen  (fünf  mal  schräg  links  gespalten  von  gelb  und  blau).  Endo  von  Burgund, 
der  Sohn  Herzog  Hugos  IV.  wurde  1249  Graf  von  Nevers  durch  seine  Gattin,  Mathilde  von 
Dampierre-Bourbon  und  starb  1269  ohne  männliche  Erben,  als  erster  und  letzter  Graf  aus  dem 
Hause  Burgund.  Der  Markgraf  von  Brandenburg  hat  zwei  schwarze  Flügel  als  Helmkleiiiot,  den 
Flug  Böhmens,  den  Otto  III.  (vermählt  mit  Beatrix  von  Böhmen)  oder  seine  Söhne  Johann  III. 
und  Otto  V.  angenommen  haben.  Das  Gedicht  muß  also  zwischen  1265  und  1269  entstanden 
sein,  nach  Schlichtung  des  thüringischen  Erbfolgestreites  und  vor  dem  Tode  des  Grafen  von 
Nevers-Burgund.  Daß  der  Dichter  im  König  von  England  den  deutschen  König  Richard  von 
Cornwales  verherrlicht,  scheint  mir  am  deutlichsten  aus  den  Versen  960 — 961  hervorzugehen, 
wo  er  sagt: 

den  künig  von  Engellanden, 

der  aller  fürsten  kröne  treit. 


170  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

Kompliziertere  Schildbilder, ^  welche  noch  keinen  Namen  hatten,  weiß  er 
mit  bewundernswerter  Geschicklichkeit  darzustellen,  wie  z.  B.  den  doppelten 
Lilienrand  (trecheur)  im  Schilde  des  Königs  von  Schottland: 

366     ein  rant  geblüemet  drumbe  gienc 
so  rot  als  ie  kein  rose  erkant. 
ouch  was  enmitten  üf  den  rant 
geleit  ein  güldin  strickelin, 
die  bluomen  sach  man  üz  und  in, 
die  von  dem  rande  liihten 
und  alse  liljen  duhten 
gestellet  an  ir  bilden. 

Auch  in  seinen  späteren  Werken  hat  er  die  Vorliebe  für  die  ritterlichen 
Spiele  beibehalten  und  sich,  wo  Gelegenheit  geboten  war,  in  detaillierten 
Schilderungen  ergangen,  bei  denen  er  seine  heraldischen  Kenntnisse  in  reichstem 
Maße  anzubringen  wußte.  In  Partonopier  und  Meliur^  erzählt  er  von  einem 
großen  Turniere  zwischen  dem  Kaiser  von  Rom'^  und  dem  Könige  über  „Fran- 
zeise lant",^  erwähnt  sogar  heidnische  Wappenbilder  mit  „vil  heidnischen  buoch- 
staben"  (20575)  und  verschiedene  Helme  mit  Kleinoten.  Das  letzte  Werk, 
der  Trojanerkrieg, ^  enthält  gegen  fünfzig  verschiedene  Wappenschilde,  welche 
der  Dichter  mit  einer  überaus  mannigfaltigen  Menagerie  bevölkert  hat;  neben 
dem  Leu  und  dem  Adler  erscheinen  am  häufigsten  der  Eber  und  der  Hirsch. 
Im  weiteren  kommen  vor:  Falke  (vederspiel),  Geier  (gir),  Papagei  (papigan), 
Schwan,  Strauß  (struz)  mit  dem  Hufeisen  im  Schnabel,  Fische  und  fliegende 
Fische,  Elephant,  Greif,  Meerkatze,  Panther,  Rehbock,  Steinbock,  Schlange, 
Widder  und  Meerkatze. 

Seltener  sind  die  übrigen  gemeinen  Figuren,  wie  Sterne,  Spangen,  Räder, 
Rosen  und  heraldische  Schildbilder.  Der  Dichter  scheint  vorzugsweise  Tiere 
gewählt  zu  haben,  um,  gestützt  auf  die  allgemein  bekannte  Symbolik  des  Mittel- 
alters, *'  durch  das  Wappenbild  auf  die  Charaktereigenschaften  des  Trägers 
anzuspielen  und  sich  auf  diese  Weise  eine  längere  Beschreibung  des  Helden  zu 
ersparen.  Das  trojanische  Königshaus  hat  einen  roten  Leu '  als  Abzeichen,  den 
Hektor  im  grünen  und  Paris  im  gelben  Schilde  führen.    Ihr  Vetter,  der  Grieche 


1  Vergl.  II,  S.  54. 

'■^  Bartsch,  K.,  Konrads  von  Würzburg  Partonopier  und  Meliur.  Aus  dem  Nachlasse  von 
F.  Pfeiffer  und  F.  Roth.     Wien  1H71. 

^  Wappen:  schwarzer  Adler  in  gelb.     Vers  L^l'JG. 

*  Wappen:  gelbe  Lilien  in  blau  gesäet.     Vers  1.''>13-1. 

*  Der  trojanische  Krieg,  herausgegeben  von  Adalbert  von  Keller  in:  I>ibliothek  des 
litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.    Nr.  44. 

«  Vergl.  II,  S.  47. 

'  In  den  Wai)penbüchern  des  XV.  und  XVI.  Jahrhunderts  wird  dem  König  Hektor  von 
Troja  als  Wappen  zugeschrieben:  ein  roter  Leu  mit  »Schwert  und  Krone,  auf  einem  Stuhle 
thronend,  in  gelbem  l'elde.    *S'iw«^V,  Konzilbuch  von  Konstanz,  Grünenbcry,  Wappenbuch  u.  s.  w. 


Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst.  171 

Ajax,  trägt  einen  gelben  Panther  in  rot,  der  dem  Löwen  verwandt  ist.  Brüder 
führen  im  üebrigen  das  gleiche  Wappen,  so  die  Könige  Agamemnon  und  Mene- 
leus,  Prothenor  und  Archilaus. 

Von  den  Helmbeschreibungen,  welche  auch  im  Trojanerkrieg  spärlich  ver- 
treten sind,  wurden  anderen  Ortes  einzelne  angeführt,^  auf  die  ich  der  Kürze 
halber  verweise. 

Die  Wei-ke  Konrads  von  Würzburg  zeugen  von  dem  außerordentlichen 
Fleiße  ihres  Schöpfers  und  von  einem  eigentlich  heraldisch-historischen  Triebe, 
der  ihn  zum  ersten  Wappendichter  des  XIII.  Jahrhunderts  gemacht  hat. 

Unter  seinen  Nachahmern,  meist  süddeutschen  oder  schweizerischen  Dichtern, 
ist  es  hauptsächlich  dem  Verfasser  des  Reinfried  von  Braunschweig^  gelungen, 
heraldische  Schilderungen  in  des  Meisters  Art  seinem  Epos  einzuflechten.  Das 
Gedicht  ist  ums  Jahr  1300  entstanden  und  erzählt  in  27000  Versen  die  Sage 
von  Heinrich  dem  Löwen.  Auf  einem  Turnier  vor  der  Stadt  Limon,  zwischen 
Reinfried  und  dem  Könige  von  „Tennemark",  stattet  der  Dichter  die  streitenden 
Ritter  mit  Wappenschilden  und  zimierten  Helmen  aus.  Reinfried  trägt  Wappen 
und  Kleinot  der  Herzoge  von  Sachsen  aus  askanischem  Stamm,  seine  königlichen 
Gegner  von  England  und  Schottland  die  schon  bekannten  Schildbilder,  der  Vogt 
von  Norwegen  ein  goldenes  Segelschiff  in  blau  und  der  Herr  von  Winchester 
einen  mit  Rosen  belegten  Pfahl  im  roten  Felde.  Die  Beschreibungen  sind 
weitschweifiger,  als  bei  Konrad  von  Würzburg,  ohne  an  Deutlichkeit  zu  gewinnen 
und  zeigen  nicht  dasselbe  gründlich-heraldische  Verständnis.  Was  Konrad  in 
zehn  Versen,  schon  breit  genug,  beschreibt,  erzählt  der  Nachahmer  in  zweiund- 
zwanzig Zeilen,^  so  z.  B.  den  Schild  Reinfrieds: 

832     Man  sach  daz  in  die  schilte 

geteilet  waren  in  zwei  vacli, 

von  obene  dur  des  randes  tach 

gehalbieret  dur  in  den  spiz 

von  Arabi  gap  lichten  gliz 

daz  ein  vach  von  driu  stücken. 

daz  gold  sich  unterdrücken 

niht  lat  mit  keinem  glaste 

von  zobel  glizzen  vaste 

driu  ander  stucke  geziU. 

so  fuorten  si  den  halben  schilt 

geworht  mit  hohem  flize, 

von  finen  berlen  wize 

waz  daz  ander  überleit, 

und  was  na  wünsch  darin  gespreit 

von  rubin  rot  ein  halber  ar  u.  s.  w. 


1  Vergl.  II,  S,  72.  78.  80. 

-  Bartsch,  K.,  Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart. 

^  Vergl.  Turney  von  Nantheiz,  Vers  398 — 407. 


172  IV.  Teil:  Die  Heraldik  iu  der  Dichtkunst. 

Dai^  wichtigste  heraldisch -historische  Denkmal  in  der  Litteratur  des 
XIII.  Jahrhunderts  bleibt  aber  unstreitig  ein  lateinisches  Lehrgedicht  in  leonin- 
ischen  Versen,  das  der  Zürcher  Chorherr  und  Kantor,  der  doctor  decretorum 
Konrad  von  Mure,^  zwischen  1242 — 49  verfasst  hat.  Das  Manuskript  ist  ver- 
schollen, der  Text  aber,  bis  auf  zirka  14  Verse,  in  dem  Werke  „de  nobilitate"  '^  des 
Magisters  Felix  Hemmerlin^  von  Zürich  erhalten  geblieben.  Im  29.  Kapitel, 
„de  signorum,  insigniorum  et  armorum  ad  imperatorem,  reges  et  principes  et  alios 
nobiles  etc.",  erwähnt  er  den  Kantor  Konrad  von  Zürich,  „quondam  compilasse 
libellum,  quem  nominat  clipearium,  in  quo  taliter  sibi  nota  regum  arma  versibus 
optimis  duxis  depingendum. "  Der  Clipearius  Teutonicorum  *  umfasst  heute 
73  Wappenbeschreibungen,  welche  sich,  dem  Range  ihrer  Träger  nach  geordnet, 
mit  je  zwei  Versen,  folgen.  An  den  römisch-deutschen  König  reihen  sich  die 
Könige  von  Frankreich  und  Spanien,  heidnische  Fürsten,  wohl  bekannt  aus  den 
Dichtungen,  die  Herzoge  und  Grafen  und  zuletzt  zwei  Freiherren  von  gräflichem 
Ansehen,  Wenn  die  14  fehlenden  Verse  geistliche  Wappen^  behandelt  haben, 
so  ist  es  begreiflich,  daß  Hemmerlin  sie  im  Buche  „de  nobilitate"  nicht  anführt. 
Wo  dem  Verfasser  die  Wappen  unbekannt  waren,  hat  er  die  Phantasie  walten 
lassen  und  auch  Ländern,  wie  Ungarn,  Schwerin,  Stettin  u.  s.  w.,  die  zu  seiner 
Zeit  schon  historische  Abzeichen  besassen,  willkürliche  Bilder  in  den  Schild 
gesetzt.  Die  Beschreibung  ist  manchmal  ungenau  und  unvollständig  und  lässt 
darauf  schließen,  daß  dem  Gedicht  eine  Wappenrolle  zu  Grunde  lag,  die  im 
Unterrichte  das  Fehlende  ersetzen  mußte.  Für  den  Inhalt  der  Dichtung,  die 
litterarisch  unbedeutend,  ja  fast  ungenießbar  ist,  verweise  ich  auf  den  nach- 
folgenden Originaltext  mit  Uebersetzung  und  historischen  Anmerkungen. 


'  Konrad  von  Mure,  ein  Sohn  Ulrichs,  wurde  wahrscheinlich  zu  Beginn  des  XIII.  Jahr- 
hunderts in  Muri  (Kanton  Aargau)  geboren.  In  der  Schule  des  gleichnamigen  Klosters,  mit 
dessen  Abte  er  stets  in  engster  Beziehung  stand,  mag  er  den  Grund  zu  seinem  Wissen  gelegt 
und  dasselbe  in  Bologna  oder  Paris  vervollständigt  haben.  Er  erhielt  schon  1233  (vielleicht 
erst  1236)  eine  Pfründe  an  der  Stiftskirche  zu  Zürich,  wurde  1244  rector  puerorum  und  1259 
Kantor.  Seit  1243  urkundet  er  häufig,  oft  als  Schiedsrichter,  wozu  er  als  doctor  decretorum 
besonders  geeignet  war.  Er  starb  am  29.  März  1281  und  liegt  in  der  ehemaligen  Marienkapelle 
des  Großmünsters  begraben.  Von  den  13  Werken  mit  zusammen  23000  Versen  sind  diejenigen 
mit  historischem  Inhalte  verloren  gegangen.  (Vergl.  v.  Liebenau  234.  23.5  und  Allg.  deutsche 
Biographie.) 

-  Felix  Hemmerlin,  Chorherr  und  Kantor  am  Großmünster  in  Zürich  (1389—1455),  scheint 
die  Werke  Konrads  gründlich  studiert  zu  haben.  Er  setzte  ihm  auch  ein  Denkmal  in  de 
Michaelskapelle  des  Großmünsters. 

^  Felicis  malleoli.  vulgo  hemmorlein:  Decretorum  doctoris  iure  consulentissimi.  De  No- 
bilitate  et  liusticitate  Dialogus.  sacre  Theologie:  iuriuiii  riiilosophorum  ot  poetarum  sententijs, 
historijs  et  facecijs  refertissinius,  iierausgegeben  1497  von  dem  Dichter  Sebastian  Braut. 

*  Konrad  nennt  bei  Aufzählung  seiner  Werke,  die  er  am  Schlüsse  seines  Fabularius  (1273) 
folgen  läßt,  den  „clipearius  Theutonicorum"  mit  zirka  IGO  Versen. 

^  Th.  V.  Liebenau  gebührt  das  Verdienst,  das  Gedicht  zuerst  in  extenso  im  Anzeiger  für 
Schweiz.  Geschichte  1880  Nr.  1  abgedruckt  und  bekannt  gemacht  zu  liaben.  Er  hat  dort  neben 
historisclien  Erklärungen  die  Hypothese  der  geistlichen  Wappen  aufgestellt.     Vergl.  S.  234. 


Die  Heraldik  in  der  Dichtkuuist.  173 

Zum  Schlüsse  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dais  vielleicht  gerade  Konrad 
von  Mure  zu  dem  Kreise  von  Männern  gehörte,  die  im  Vereine  mit  den  beiden 
Manesse  die  edle  Kunst  der  Heraldik  gepflegt  und  verbreitet  haben  und  die 
Saat  ausstreuten,  welche  im  XIV.  Jahrhundert  in  Zürich  aufging  und  die 
schönsten  Blüten  trieb.  ^ 


'■  Wappen  im  Hause  zum  Loch,  Wappen  der  Kriegsgefährten  König  liudolfs  in  der  Prediger- 
kirche, Zürcher  Wappenrolle,  Manesse-C'odex  u.  s.  w. 


174  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 


Unde  cllpearius  dixit: 

1  Rex  romanorum  siquid  veri  mea  prefert 

Vox,  aquilam  nigro  forme  croceo  clipeo  fert. 

2  Francus  rex  in  lasurio  flores  liliorum 

Ex  auro  prefert  id  habens  insigne  decorum. 

3  Rex  Hispanie  duos  gilvo  tibi  nigro  leones. 

In  niveoque  duas  urbes  rubeas  ibi  pones. 

4  Albus  equus  rubeo  clipeo  regis  solet  esse 

Ungarici.     Nee  equo  frenum  nee  sella  deesse. 

5  Dumque  Bohemie  tibi  rubeum  clipeum  fore  ponam. 

Hie  albus  leo  vult  antepreferre  coronam. 

6  Anglice  rex,  clipeus  tuus  albus  habetur  ibique. 

Crux  transit  rubea  spes  terra  ubique. 

7  Pileus  in  niveo  clipeo  rubet  estque  Ruthen! 

Regis,  gens  cuius  procul  est  a  littore  Reni 

8  Vult  Marrochi  rex  in  auris  dominans  truculentis. 

In  croceo  rochos  tres  forme  ferre  rubentis. 

9  Regi  Jerusalem "  diversa  pericula  ferentis. 

In  clipeo  niveo  crucis  extat  forma  rubentis. 

10  Nigro  rex  Dacus  aquilam  sibi  dimidiare, 

Ex  rubro  currusque  rotam  vult  contiguare. 

11  In  fulva""  rex  Swesionum  vult  ferre  gemellas. 

Ex  viridi  pictas  sub  complexu  domicellas. 

12  Ecce  tuus  Norwegia  rex  Danis  bene  uotus. 

Fert  clipeum  cuius  color  est  niger  utputo  totus. 
LS     Prussia  rex  tuus  in  niveo  tria  fertur.     Habere 

Maurorum  capita  si  verum  nescio  de  re. 
14     Dux  tuus,  Austria  vult  clipeum  preferre  rubentem. 

Cui  pars  fert  media  zonam  candore  nitentem. 


"•  Jerusalem  wird  als  Fremdwort  nicht  dekliniert. 
''  in  fulva  (parte)  V 

1  Ilemmerlin  fügt  erklärend  bei,  dafs  die  römischen  Kaiser  seil  Augustus  das  Wappen 
gefühlt  hätten,  das  jetzt  dem  Könige  zukommt.     Vergl.  Z.  W.  R.  12. 

'2  Die  Lilien  erscheinen  heraldisch  schon  im  Siegel  des  Königs  Philipp  August  (1180 
bis  1226).     Z.  W.  K.  18. 

3  Den  gevierteilten  Schild  von  Kastilien  (Burg)  und  Leon  (Leu)  führt  erst  Ferdinand  IIL 
der  Heilige,  König  von  Kastilien  1217,  König  von  Leon  1229—52.     Z.  W.  R.  2. 

4  Phantasiewappen;  denn  seit  1202  erscheint  ein  achtfach  rot-weiü  quergeteilter  Schild. 
Der  letztere  ist  Nr.  17  der  Z.  W.  R. 

5  Das  Wappen  soll  von  Wladislaw  11.  (1110—7.'!)  eingofülirt  worden  sein;  auffallend 
ist,  daß  Konrad  den  doppelten  Schweif  nicht  erwähnt.     Die  Krone  ist  gelb.     Z.  W.  R.  14. 


Clipearius  Teutonicorum.  171 


Und  also  hebt  der  Clipearius  an : 

1  Der    römische  König   führt,    wenn  ich  die  Wahrheit    sage,    einen    schwarz 

gestalteten  Adler  im  gelben  Schilde. 

2  Der  König  von  Frankreich  trägt  in  blau  Lilienblumen  aus  Gold  zur  Schau ; 

nur  er  hat  dieses  schöne  Wappen. 

3  Der  König  von  Spanien   führt  schwarze  Löwen   in  gelb.     Ins  Weiße  aber 

stelle  zwei  rotgefärbte  Städte. 

4  Ln  roten  Schilde  des  Königs  von  Ungarn  steht  ein  weißes  Pferd,  dem  weder 

Zaum  noch  Sattel  fehlen. 

5  Und  wenn   ich   dir   den   roten  Schild   von   Böhmen    vorführe,    so   will   sein 

weißer  Löwe  eine  Krone  auf  der  Stirne  tragen. 

6  0  Englands  König,  weiß  ist  dein  Schild  und  ein  rotes  Kreuz,   die  Hoffnung 

der  ganzen  Welt,  durchschneidet  ihn. 

7  Rot   erglänzt  ein  Hut   im   weißen  Schilde   des  Königs   der  Russen,    dessen 

Volk  weitab  wohnet  vom  Ufer  des  Rheins. 

8  Der  König   von  Marokko,    thronend    in   glitzerndem  Golde,    pflegt   in   gelb 

drei  rote  Rochen  (Türme)  zu  führen. 

9  Der  König  von  Jerusalem,  das  so  vielen  Gefahren  ausgesetzt  ist,  trägt  im 

weißen  Schilde  eines  roten  Kreuzes  Form. 

10  Der  Dacerkönig  will  sich  in  schwarz  einen  roten  Adler  halbieren  und  damit 

das  Rad  eines  Wagens  (in  der  untern  Schildhälfte)  berühren. 

11  In  gelb  führt  der  König  von  Schweden  zwei  sich  umschlingende  Mädchen, 

welche  sich  aus  dem  grünen  Felde  abheben. 

12  Siehe,  dein  König,  Norwegen,  den  Dänen  wohl  bekannt,  trägt  einen  Schild, 

der  überall  schwarz  ist,  wie  ich  vermute. 

13  Preußen,  dein  König  soll  in  weiß  drei  Mohrenköpfe  führen,  obwohl  ich  von 

dieser  Sache  die  Wahrheit  nicht  weiß. 

14  Dein  Fürst,  Oesterreich,  trägt  einen  roten  Schild,  dessen  Mitte  eine  Binde 

von  leuchtender  Weiße  zeigt. 


6  Das  rote  Kreuz  in  weiß  führt  auch  Kaiser  Friedrich  I.  auf  dem  Schilde  als  Kreuz- 
fahrer. Das  Wappen  soll  zweifellos  auf  Richard  Löwenherz  (1189 — 99)  hindeuten;  immerhin 
ist  es  merkwürdig,  daß  der  Dichter  den  Schild  mit  den  Leoparden  nicht  kennt. 

7  Phantasiewappen. 

8  Phantasiewappen.     Nr.  11  der  Z.  W.  R.  zeigt  in  gelb  drei  schwarze  Rochen. 

9  Im  XIV.  Jahrhundert   bekanntlich  gelbes  Kreuz  mit  vier  Krücken-Kreuzen    in  weiß. 

10  Ein  fabelhafter  König  auf  dem  Boden  des  Dacischen  Reiches  (Balkanstaat),  vielleicht 
Bulgarien;  in  schwarz  oben  ein  halber  Adler,  unten  ein  halbes  Rad  von  rot. 

11  Phantasiewappen,  sonst  bis  1250  drei  gekrönte  Leoparden. 

12  Phantasiewappen.     Den  Dänen  wohl  bekannt  durch  feindliche  Einfälle. 

13  Phantasiewappen.     Preußen  war  damals  noch  heidnisch. 

14  Z.  W.  R.  17. 


176  IV-  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

15  Suevorum  ducis  est  gilvus  color  hunc  ita  ponis 

Ut  super  hunc  nigri  pingatur  forma  leonis. 

16  Dux  Brabante  tuus  clipeus  rubet  hunc  ita  pingani 

Album  quod  caput  hie  auri  diademate  cingam. 

17  Dux  Merantinus  aquilam  clipeo  gerit  albam 

Blaveo  nee  in  hoc  linguam  reputo  mihi  balbam. 

18  Lothoringus  habet  gilvuni  clipeum,  sed  oportet 

Quod  tres  zona  rubens  albas  aquilas  ibi  portet. 

19  Albo  Carinthi  duo  nigri  stare  leones, 

Sed  gilvam  zonam  medio  rubei  fore  pones. 

20  Bavarici  ducis  est  in  nigro  ferre  leonem. 

Gilvum  sicque  sui  signi  dare  Cognitionen!. 

21  Dux  de  Tekken  vult  album  nigro  mediare, 

Übliquisque  modis  quasi  tractus "  reticleare. 

22  Albo  dux  Schlesie  tres  pavones  habet,  ex  his 

Hie  viret,  hie  blavet,  hunc  nigro  corpore  texis. 

23  Stetinensis  ducis  est,   quod  porta  notatur  aperta, 

Tractu  namque  suo  maris  hie  habet  hostia  certa. 

24  Pomerie  ducis  est  niveo  cervus  niger  isti 

Fronte  Rubra  stellam  die  aurea  cornua  sisti. 

25  Fert  dux  de  Barnhem  glaucum  veltrem  canem,  idem 

Stat  cattus  in  rubeo  spacio,  nisi  falsa  tibi  dem. 

26  Vallisie  ducis  est  auri  draco,  qui  dat  ab  ore 

Flammas,  sed  spacio  croceo  depingo  colore. 

27  Fert  aquilam  Tyrolis  clipeus  prestante  rubore, 

Que  nigri  pedis  est  alias  albente  colore. 

28  Thüringen  Clipeo  nigro '^  stat  forma  leonis, 

Cuius  pollem''  variam  rubeo  niveoque  reponis. 


tracius  oder  wohl  eher  tractus,  tracius  von  tracea  (tranchant),  tractus  =  lang  gestreckte 


Fläche. 


''  Soll  wohl  heißen  blaveo. 
'■  pellem. 
1.5  Konrad   erwähnt  nur  einen  Löwen,   anstatt  drei,   wie  sie  z.  B.  Herzog  Heinrich  von 
(Schwaben  1220  im  K.  R.  S.  führt.    Herzog  Friedrich  V.  (1167 — 91)  führt  einen  Löwen  im  Siegel. 

16  Der  Vers  weist  auf  das  Bild  der  vorangehenden  Beschreibung.  Das  Wappen  ist  falsch. 
Es  wurde  von  den  Herzogen  von  Limburg  geführt,  von  denen  Waham  lY.  (1221  — 26")  die  Erb- 
tochter des  Grafen  von  Namür  heiratete.     Violleicht  eine  Verweclislung  Kourads. 

17  Die  Herzoge  von  Meranien,  Markgrafen  von  Istrien,  sind  12-18  mit  Otto  VIH.  aus- 
gestorben.    Der  Adler  wird  später  weiß-rot  geschacht  dargestellt  (Mähren). 

18  Das  Wappen  führt  Friedrich  I.  von  Bitsch,  Herzog  von  Lothringen,  zum  ersten  Mal 
im  Schilde  1196.  R.  K.  S.  Vgl.  die  Beschreibung  bei  Konrad  von  Würzburg  (Turney  von  Nantheiz). 

19  Ulrich  HL,  Herzog  von  Kärnthen,  der  126!)  als  letzter  weltlicher  Sprosse  des  Hauses 
Spanheim  starb,  soll  im  gespaltenen  Schilde  rechts  drei  Leoiiardon,  links  eine  Binde  geführt 
haben.    Salzburg  dagegen  führt  nur  einen  Leu  im  gleichen  Schilde.    Z.W.R.    Vergl.  v.  Liebenau 


Clipearius  Teutouicorum.  177 

15  Gelb  ist  die  Scliiltlfarbe  des  Schwabeuherzogs,  male  sie  so,  daß  sich  drauf 

die  schwarze  Löwengestalt  gut  abhebt. 

16  0  Herzog  von  Brabant,  in  deinem  Schilde  glänzt  es  rot,  ich  aber  male  ihn 

weiß  und  bekröne  das  Haupt  (des  Löwen)  mit  goldenem  Diadem. 

17  Der  Herzog  von  Meran  führt  einen  weißen  Adler  im  blauen  Schilde;    das 

sage  ich  ohne  stotternde  Zunge. 

18  Lothringen   hat    einen   gelben    Schild,    aber    es   muß  darin   eine  rote  Binde 

sein,  welche  drei  weiße  Adler  trägt. 

19  Mach*,  daß   in  Kärnthens  weißem  Felde  zwei  schwarze  Löwen  stehen  und 

laß  mitten  durch  das  Rot  eine  gelbe  Binde  gehen. 

20  Dem  Herzog  von  Bayern   geziemt   es,    einen   gelben  Löwen   in  schwarz  zu 

führen  und  so  Kenntnis  von  seinem  Wappen  zu  geben. 

21  Der  Herzog  von  Teck  will  das  Weiße  mit  schwarz  untermischen,  indem  er 

es  mit  geschrägten  Mustern,   gleich   langgestreckten  Flächen,    überzieht. 

22  Der  Herzog  von  Schlesien  führt  in  weiß  drei  Pfauen,  von  diesen  sollst  du 

den  einen  grün,  den  andern  blau  und  den  dritten  schwarz  darstellen. 

23  Das  Wappen  des  Herzogs  von  Stettin  ist  als  offenes  Thor  bekannt,  denn  an 

seiner  Küste  hat  er  sichere  Opfer  (Beute)  des  Meeres. 

24  Das  Wappen  des  Herzogs  von  Pommern  ist  ein  schwarzer  Hirsch  in  weiß, 

setze  ihm  einen  roten  Stern  auf  die  Stirn  und  goldene  Hörner. 

25  Der   Herzog   von   Barnheim    führt    einen    blaubehaarten   Hund;    das  junge 

Tier  steht  im  roten  Feld,  wenn  ich  dir  nichts  Falsches  berichte. 

26  Im  Wappen  des  Herzogs  von  Wales  ist  ein  Drache  von  Gold,  der  aus  dem 

Munde  Feuer  speit,  das  Feld  aber  ist  mit  gelber  Farbe  bemalt. 

27  Der  Schild  von  Tyrol  ist  weiß  und  trägt  einen  Adler  von  hervorragender 

Röte,  mit  schwarzen  Füßen. 

28  Bei  Thüringen  steht  im  schwarzen  Schilde  eines  Löwen  Figur,  dessen  Fell 

du  abwechselnd  mit  rot  und  weiß  bemalst. 


S.  237  und  Anz.  des  Germanischen  Museums  1865,  307.  In  der  Z.  W.  R.  ist  das  Wappen  der 
Herzoge  aus  dem  Hause  Böhmen  abgebildet  (Fig.  16)  gespalten,  in  gelb  drei  schwarze  Leoparden 
und  in  rot  eine  weifse  Binde. 

20  Otto  der  Erlauchte  von  Bayern  hatte  1242  die  Grafschaft  Bogen  erworben  (geweckter 
Schild),  aber  erst  sein  Sohn  Ludwig  II.  der  Strenge  führt  das  neue  Wappen  12-47  (Liebenau  S.  237). 

21  Die  Herzoge  von  Teck  haben  das  geweckte  Wappen  seit  zirka  1220.    Z.W. R.  21. 

22  Phantasiewappen.  Die  Herzoge  von  Schlesien  führen  einen  gekrönten  gelben  Adler 
in  blau.     Vgl.  R.  R.  S.  des  Herzogs  Boleslaw  von  1179. 

23  Phantasiewappen.  Der  Dichter  scheint  auf  eine  raubsüchtige  Bevölkerung  anzuspielen. 
Aehnlich  Z.  W.  R.  10. 

24  Das  Wappen  der  Herzoge  von  Pommern  zeigt  in  weiß  einen  roten  Greif. 

25  Phantasiewappen. 

27  Im  Herauf  de  Gelre  zirka  1340  ist  der  Adler  gelb  bewehrt,  nicht  schwarz. 

28  Die  Orignalschilde,  welche  in  der  Elisabethenkirche  zu  Marburg  hängen,  aeigen  beide 
ein  blaues  Feld.  Auch  Konrad  von  Würzburg  beschreibt  den  Schild  blau,  so  daß  Konrad  von 
Mure  hier  ungenau  ist. 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst.  12 


178  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

29  Nurenberg  clipeus  album  rubeumque  ferendo 

Lineat  oblique  quasi  sonas'  sex  faciendo. 

30  Ecce  Subaudinus^'  comes  in  rubeo  peribetur 

Ferre  crucem,  cuius  albus  color  esse  videtur. 

31  In  Baden  coniiti  clipeum  pingit  color  auri 

Linea  sed  rubea  medium  secat  istius  auri. 

32  Habsburg  in  gilvo  rubei  stat  forma  leonis, 

Que''  velut  ad  predam  distento  corpore  ponis. 
38     Rapreswile  rosas  tres  fert  prestante  rubore, 

Dicque  quod  hie  comes  est  nostre  concernimus  höre. 
34     Kiburg  in  nigro  gilvam  tabulam  fore  ponis, 

Obliquansque  duos  gilvos  secet  illa  leones. 

85  Burgow  zonas  oblique  sex  dare  noris, 

Quarum  tres  rubei,  tres  albi  pone  coloris. 

86  Toggenburg  cum  torque  canis  pilosus  habetur 

Gilvo,  pro  preda  qui  semper  hyare  videtur. 

87  Tierstein  sit  gilvus  clipei  color  et  bene  cerva,' 

Que*"  supra  lapidem  vult  stare  ibi  cerva. 

38  Marggravio,  cui  Stiria  dat  germen  honoris, 

Albo  stat  clipeo  varij  panthera  coloris. 

39  Nurenberg  quadripartiti  presigne  priore 

Album  preponens,  sed  nigrum  subtetiore. 

40  Ecce  palatini  Reni  stat  forma  leonis 

Ex  auro,  nigrum  tamen  huic  campuni  fore  ponis. 

41  Stat  Juliacensi  super  album  forma  leonis 

Nigra  superque  caput  auri  diadema  reponis. 


'  sonas  =  zonas. 
e  Sabaudinus. 
*"  que  =  quem. 
'  cerva  =  serva. 
^  que  =  quod. 

29  Konrad  gibt  hier  das  alte  Wappen  der  salisch-fränkischen  Grafen,  das  sich  im  Schilde 
der  Stadt  Nürnberg  noch  erhalten  hat.  Gespalten  rechts  halbes  Reich,  links  in  weiß  drei  rote 
Schrägbalken. 

30  Die  Grafen  von  Savoyen  führen  das  weiße  Balkenkreuz  in  rot  seit  1200. 

31  Z.  W.  R.  Fig.  23. 

32  Z.W.R.  Fig.  34. 

33  Er  erinnert  daran,  daß  die  Vögte  von  Rapperswil  erst  vor  kurzer  Zeit,  1232,  von 
Kaiser  Heinrich  VII.  in  den  Grafenstand  erhoben  wurden.  Wappen  in  weiß  drei  rote,  grün 
gestielte  Rosen.     Haus  zum  Loch  Nr.  2^^  und  lOG. 

34  Die  Grafen  von  Kyburg  sind  12G4  mit  Ilartmann  V.  im  Mannsstamme  erloschen.  Es 
ist  niclit  an/unelimen,  daß  Konrad  bei  Besclireibung  dieses  Wappens,  dessen  Träger  er  wahr- 
schcinlicli  persönlich  kannte,  einen  Fehler  gemacht  hat,  indem  er  den  Schild  schwarz  tingierte. 
Vergl.  darüber  H  S.  55  und  56.    Z.  W.  R.  22.    Ob  hier  auch  ein  älteres  Wappen  vorliegt,  wie 


Clipearius  Teutonicoriim.  179 

29  Der  Nürubergerschild  ist  scliräggeteilt  von  weiß  und  rot  und  zwar  so,  als 

ob  er  sechs  Binden  darstellte. 

30  Sieh  da,  den  Grafen  von  Savojen,  von  dem  man  erzählt,  daß  er  in  rot  ein 

Kreuz  trage,  dessen  Farbe  weiß  sei. 

31  Dem  Grafen  von  Baden  malt  die  goldene  Farbe  den  Schild,  aber  eine  rote 

Linie  durchschneidet  des  Goldes  Mitte. 

32  Bei  Habsburg  stehet   in  gelb  die  Gestalt   eines   roten  Löwen,   welchen   du 

darstellst  mit  nach  Beute  ausgestrecktem  Körper. 

33  Rappers wil  trägt  drei  Rosen  von  leuchtender  Röte,  und  wisse,  wir  nehmen 

zu  unserer  Zeit  wahr,  daß  hier  ein  Graf  sitzt. 

34  Merke,   daß  Kyburgs  Wappen   in  schwarz   einen   gelben  Balken  zeigt  und 

daß  der  Schräggestellte  zwei  gelbe  Löwen  trennt. 

35  Erkenne,  daß  man  Burgau  sechs  Binden  gel)en  soll,  von  denen  du  drei  mit 

roter  und  drei  mit  weißer  Farbe  verzierst. 

36  Toggenburg  soll  in  gelb  einen  behaarten  Hund  mit  einem  Halsband  haben, 

der  immer  nach  Beute  zu  schnappen  scheint. 

37  Bei  Tierstein   sei   des   Schildes   Farbe   gelb;    gib    nur   acht,    daß    darin    die 

Hinde  auf  einem  Felsen  stehe. 

38  Dem  Markgrafen,  welchem  die  Steiermark  den  ehrenvollen  Ursprung  gibt, 

steht  ein  Panther  von  gevehter  Farbe  im  weißen  Schilde. 

39  Nürnberg    stellt    im    gevierteilten   Schilde    das   weiße    an    erste   Stelle,    das 

schwarze  aber  an  den  zweiten  Platz. 

40  Siehe,  da  steht  aus  Gold  die  Gestalt  des  Rheinpfälzisch eu  Löwen;  ihm  sollst 

du  ein  schwarzes  Feld  unterlegen. 

41  Es  steht  auch  der  schwarze  Jülich'sche  Leu  auf  weiß,  lege  ihm  ein  goldenes 

Diadem  aufs  Haupt. 


unter  6  und  15,    und   ob   auf  eine  ältere  Vorlage  geschlossen  werden   kann,    bleibt   noch  ganz 
unsicher. 

35  Das  spätere  Wappen  der  Markgrafschaft  trägt  über  dem  sechsfach  rot  weiß  geschrägten 
Schilde  einen  gelben  Balken. 

36  Konrad  gibt  die  Farben  nicht  genau  an,  wohl  deshalb,  weil  er  sie  als  allgemein 
bekannt  voraussetzte  oder  weil  das  Gedicht  nur  zur  Erklärung  einer  Wappentafel  diente.  Das 
Wappen  mit  der  schwarzen  Dogge  in  gelb  führt  zuerst  Kraft  I.  von  Toggenburg  im  S.  S.  1249. 
Z.W.R.  35. 

37  Das  Wappen  erscheint  auf  einem  S.  S.  des  Grafen  Rudolf  von  Tierstein  1208.  Die 
Hinde  (Rotwild)  ist  rot.     Z.W.R.  ,505. 

38  Der  Titel  Markgraf  von  Steiermark  scheint  am  wenigsten  für  die  Entstehungszeit 
1242  -  47  zu  passen,  da  Steiermark  schon  seit  1180  Herzogtum  war  und  erst  1262  wieder  als 
Markgrafschaft  bezeichnet  wird.  Liebenau  setzt  dies  auf  Rechnung  einer  Verwechslung.  Vergl. 
S.  237.     Das  Wappen  ist  ein  weißer  Panther  in  grün.     Z.W.R.  20. 

39  Er  gibt  hier  das  Wappen  der  Hohenzollern,  welche  seit  1207  Burggrafen  von  Nürnberg 
sind.  Die  Mutter  Konrads  I.  (1207—43)  brachte  dem  Geschlechte  die  Burggrafschaft  zu. 
Z.  W.  R.  36  mit  weißem  Rand. 

40  Der  Leu  erscheint  rot  gekrönt.     Z.  W.  R.  587. 

41  Der  schwarze  Leu  ist  gewöhnlich  in  gelb.     Vergl.  Heraut  de  Gelre. 


180  IV.  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

42  De  Rügen  domino,  qui  debet  iure  preesse, 

Die  auri  clipeo  nigrum  bubali  caput  esse. 

43  Lantgravius  Swerinensis  duo  ferre  bovina 

Alba  solet  capita,  sed  adest  ibi  liuea  bina. 

44  Monfort,  si  verum,  prout  expedit,  assero  de  re 

Vexillum  pascale  rubens  censetur  habere. 

45  Rotenburg  blavius  color  est  a  posteritate,' 

Fert  tarnen  urbs  rubea  gilvuni  pro  parte  priore. 

46  Wirtenberg  cervina  tria  nigra  cornua  defert 

In  clipeo,  qui  tincturam  croceam  tibi  profert. 

47  Veringen  gilvo  cervi  tria  cornua  nigra 

Pretendit,  nee  in  hoc,  tibi  sit  mens  credere  pigra. 

48  Montispilgardi  Comes  ex  auro  prohibetur 

Ferre  duos  pisces  clipeo,  qui  rufus  habetur. 

49  Firreti  Comitem  clipeo  gilvo  scito  pisces 

Ferre  duos  et,  ut  arbitror,  hos  rubeos  fore  disce,s. 

50  Orlens  Wilhelmi  clipeo  qui  blavus  habetur 

Aut  de  lasurio  nitet,  aurea  Stella  videtur. 

51  De  Friburg  aquila  rubet  in  gilvo,  sed  oportet, 

Quod  per  circuitum  quedam  variamina  portetur.'" 

52  De  Froburg  aquila  varie  fert  pellis  amictum 

In  clipeo,  quem  de  gilvo  dicam  fore  pictum. 

53  Liningen  blavium  clipeum  gerit  atque  coloris 

Albi  tres  aquilas  in  eodem  ponere  uoris. 

54  Helfenstein  in  rubeum  clipeum  gerit  ac  elephantem 

Album  ponit  ibi  pregrandi  corpore  stantem. 

55  Zolren  stat  niveo  rufus  leo  margine  lato 

Silvis"  atque  nigris  octo  spacijs  variato. 


'  posteriore? 

'"  Zum  Reime  paßt  portet. 

"  gilvis  statt  silvis. 

"  tangere  =  redend  berühren,  erwähnen. 

1'  albo  statt  albi. 

42  und  43  können  sich  nur  auf  die  Fürsten  von  Mecklenburg  und  Wenden  beziehen, 
■welche  in  gelb  einen  schwarzen  8tierkopf  füliren.  Die  Herren  von  Rügen  haben  in  gelb  einen 
halben  schwarzen  Leu,  geteilt  mit  weißer  Stiege  in  blau,  und  die  Grafen  von  Schwerin  einen 
Baum  mit  zwei  Drachen. 

44  Z.W.R.  121)  und  131. 

45  Gespalten  von  gell)  mit  roter  Burg  und  von  blau.  Die  Grafen  von  Rotenburg  sind 
1108  ausgestorben.  Die  Stadt  kam  an  die  llohenstaufen  und  wurde  1172  Reichsstadt.  Wappen 
in  weiß  die  rote  Burg. 

46  Z.W.R.  26.     Seit  1228. 

47  Z.W.R.  87.     Hörner  rot  in  gelb. 

48  und  49   gewöhnlich   gleich   tingiert,    gelbe   Fische   in   rot.     Koiuad   kennt   nocli    die 


Clipearius  Teutouicorum.  lg] 

42  Von  dem  Herrn  von  Rügen,  der  als  oberster  Richter  spricht,  sage,  daß  er 

im  gelben  Schild  einen  schwarzen  Stierkopf  habe. 

43  Der  Landgraf  von  Schwerin  pflegt  zwei  Stierköpfe  zu  führen,  aber  in  seinem 

Schilde  ist  noch  ein  Doppelstrich  dabei. 

44  Wenn  ich  wahr  erkläre,  soweit  es  angeht,  so  soll  Montfort  eine  rote  Oster- 

fahne  haben. 

45  Rotenburgs  Schild  ist  im  hintern  Teile  blau,  im  vordem  aber  zeigt  er  die 

rote  Burg  im  gelben  Feld. 

46  Württemberg    hat    drei    schwarze    Hirschstangen    in    einem    Schilde    von 

gelber  Farbe. 

47  Yeringen  steckt  in  gelb  drei  schwarze  Hirschstangen  vor,  sei  nicht  trägen 

Geistes  und  glaube  es. 

48  Der  Graf  von  Mümpelgart  wird  durch  einen  Schild  bewahrt,  der  rot  erglänzt 

und  zwei  goldene  Fische  trägt. 

49  Wisse,    daß  der  Graf  von   Pfirt  im  gelben  Schilde  zwei  Fische   trägt,    und 

merke,  daß  sie  rot  sind,  wie  ich  weiß. 

50  Wilhelm  von  Orlens  führt  in  einem  Schilde,    der   blau  getragen  wird   und 

blau  erglänzt,  einen  goldenen  Stern. 

51  Bei  Freiburg   rötet   sich    der  Adler    im    gelben   Schilde,    aber   er   muß   von 

einem  bunten  Veh-Rande  umschlossen  sein. 

52  Bei  Froburg   trägt    der  Adler    einen   Mantel    aus   buntem   Pelz    in    einem 

Schilde,  den  ich  als  gelb  bemalt  beschreibe. 
58     Leiningen  hat  einen  blauen  Schild,  merke  aber  wohl,   daß  man  drei  Adler 
von  weißer  Farbe  hineinlegt. 

54  Helfenstein  führt  einen  roten  Schild  und  stellt  in  denselben  einen  weißen, 

stehenden  Elephanten  von  riesiger  Gestalt. 

55  Bei  Zollern  steht  ein  roter  Leu  im  weißen  Feld,    das  eine  Einfassung  von 

acht  verschiedenen,  gelben  und  schwarzen  Stücken  zeigt. 


heraldische  Brisure  durch  Farbenwechsel,   indem   or  Mümpelgart   gelb   in   rot    und  Pfirt  rot  in 
gelb  beschreibt.     Z.  W.  R.  30. 

50  Wilhelm  von  Orlens  ist  der  sagenhafte  Recke,  dessen  Thaten  Wolfram  von  Eschenbacli 
und  Rudolf  von  Ems  verherrlicht  haben.  Sein  Abzeichen  ist  ein  goldener  Stern,  den  er  auf 
dem  Helme  (Illustrierte  Kasselerhandschi-ift)  und  im  blauen  Schilde  führt.  Das  Gedicht  des 
Rudolf  von  Ems  soll  im  Jahre  1244  entstanden  sein,  was  die  Aufnahme  in  den  Clipearius  als 
Neuheit  eines  vielleicht  befreundeten  Dichters  erklärlich  macht. 

51  In  gelb  ein  roter  Adler,  als  Erbe  der  Herzoge  von  Zähringen,  brisiert  mit  einem 
blau-weißen  Vehrande  (Pelzwerk),  der  aus  dem  Wappen  der  Grafen  von  Urach  stammt  (geteilt: 
oben  weißer  Leu  in  gelb,  unten  Yeh).     Seit  1230.     Z.W.  R.  .37  (Fürstenberg). 

52  Z.W.R.  28.     Haus  zum  Loch  104. 

53  Z.  W.  R.  46. 

54  Z.W.R.  40. 

55  Wappen  der  Burggrafen  von  Nürnberg  aus  dem  Hause  Zolleru.  Die  Farben  hat 
Konrad  falsch  verteilt.  Das  Wappen  ist  bekanntlich  in  gelb  ein  schwarzer  Leu,  umgeben  von 
weiß-rot  gestücktem  Rande,  der  dem  Wappen  der  alten  Herreu  von  Nürnberg  entnommen  ist. 
Vergl.  Heraut  de  Gelre,  wo  dieses  Wappen  mit  Zollern  geviertet  ist. 


182  IV-  Teil:  Die  Heraldik  in  der  Dichtkunst. 

56  Hohenlo  duo  stant  nigri  tacti"  super  albo, 

Sic  niger  hoc  clipeo  color  est  contrarius  albi.^ 

57  Ferre  Yigenensis  auri  clipeo  memoratur 

Delphinum,  cuius  blavus  color  esse  notatur. 

58  De  Salmen  comite  comiti  duo  salmones  fore  debent, 

In  nigra  niveam  tarnen  bi  formam  tibi  prebent. 

59  Tubingen  gilvum  vexillum  fertur  habere 

In  clipeo,  quem  pro  reliqua  parte  scio  rubere. 

60  Eberstein  niveo  flos  quinque  nitet  foliorum, 

In  medio  blavus:  et  sie  noto  quemlibet  horuni. 

61  Oetingen  viret  et  gilvo  rubeoque  repingit 

Limbum  quos  nivea  cancellans  linea  stringit. 

62  Indomiti  comitis  niger  ac  albus  fore  scitur 

Quattuor  in  spacijs  velut  in  fascis  reperitur. 

63  Hirsuti  chpeus  divisus  parte  priore 

Album  sed  rubeum  prefert  in  posteriore. 

64  Honberg  dividis  in  niveum  rubeumque  colorem 

Sed  niveo  partem  clipei  das  subteriorem. 

65  Lichtenberg  niveum  prefert  clipeum  sed  eidem 

Die  tres  esse  globos  rubeos  ut  vera  tibi  dem. 

66  Hennenberg  rubet  et  candet  niveo  quoque  detur. 

Nigra  biceps  aquila  que  dimidiata  notetur. 

67  Nuwenburg  gilve  zone  tres  atque  due  sunt 

Albe  ne  niveis  rubei  tractus  sibi  desunt. 

68  Calwen  fert  gilvum  clipeum  sed  rufus  in  illo 

Vult  leo  stare  super  petre  terreve  pusillo. 


56  Für  die  Figur  bezieht  sich  Konrad  auf  die  vorige  Strophe  und  gibt  das  bekannte 
Wappen  mit  den  zwei  schwarzen  Leopardenkatzen  in  weiß.  Vergl.  das  R.  R.  S.  des  Grafen 
Gottfried  von  Hohenlohe  1233.  Schon  Konrad  von  Hohenlohe  1207  führt  die  zwei  Tiere  im  S.  S. 
Z.W.R.  459. 

57  Wappen  des  Dauphins  von  Viennois  aus  dem  Hause  Frankreich-Burgund.  Vgl.  III  S.  102. 

58  Das  Wappen  von  Salm  ist  hier  in  einer  alten  Variante  gegeben,  denn  gewöhnlich  zeigt 
es  in  rot  zwei  weiße,  einwärtsgebogene  Fische. 

59  Das  Stammwappen  der  Häuser  Montfort  und  Werdenberg  zeigt  also  in  rot  eine  gelbe 
Kirchenfahne.  Es  erscheint  in  der  Z.  W.  R.  132  unter  Asperg,  einer  Besitzung  der  Pfalzgrafen 
von  Tübingen. 

60  Die  Grafen  von  Eberstein  in  Schwaben  führten  in  weiß  eine  rote  Rose  mit  blauer 
Mitte  (Samen).  Dem  Dichter  war  wohl  Otto  I.  von  Neu-I^berstein  im  Schwarzwalde  (1219—79) 
bekannt. 

61  Ludwig  II.  von  Oettingen  führt  zirka  1200  im  S.S.  das  unter  Fig.  29  der  Z.W.R. 
abgebildete  Wappen.  Konrad  läßt  den  Schild  grün  (blauV)  erglänzen  (Herzschild)  und  das 
Uebrige  mit  gelb  und  rot  bemalen.   Es  ist  fraglich,  ob  er  mit  dem  „viret"  den  Herzschild  andeutet. 

62  Vielleicht  das  Wappen  des  Wildgrafen  Konrad  f  1260,  dessen  Söhne  Emich  und 
Gottfried  die  Stammväter  der  Linien  Kyrburg  und  Dhaun  wurden. 

63  Gespalten  von   weiß   und  rot.     Wahrscheinlich   aus   dem  Hause  der  Wildgrafen  von 


Clipearius  Teutonicorum.  ]^§3 

56  Bei  Hohenlohe  stehen  zwei  schwarz  erwähnte  (Löwen)  in  weiß,    so   sticht 

das  schwarz  auf  diesem  Schilde  ab  vom  weißen. 

57  Es  wird  berichtet,  daß  der  von  Yienne  im  goldenen  Schilde  einen  Delphin 

führe,  dessen  Farbe  als  blau  bekannt  sei. 

58  Den  Grafen  von  Salmen  sollen   zwei  Sahnen  zukommen,   sie  zeigen  dir  in 

•schwarz  ihre  schneeweiße  Gestalt. 

59  Tübingen  trägt  eine  gelbe  Kirchenfahne  in  einem  Schilde,  der  im  Uebrigen 

rot  ist. 

60  In  weiß  erglänzt  bei  Eberstein  eine  Blume  mit   fünf  Blättern   und  blauer 

Mitte;  so  kenne  ich  ein  jedes  von  diesen  Wappen. 

61  Oettingen  erglänzt  grün  und  malt  einen  Schild,  den  weiße  Linien  verschränkt 

durchschneiden,  mit  gelber  und  roter  Farbe. 

62  Des  Wildgrafeu  (Schild)  ist  schwarz  und  weiß,  in  vier  Teile  geteilt,  gleich- 

sam wie  mit  Binden  umwickelt. 

63  Der  Schild  des  Raugrafen  ist  geteilt,  in  der  vorderen  Hälfte  weiß,  in  der 

hinteren  aber  rot. 

64  Hohenberg  teilst  du  in  eine  weiße  und  in  eine  rote  Farbe,  aber  das  weiß 

gibst  du  dem  untern  Teil  des  Schildes. 

65  Lichtenberg  gibt  einem  weißen  Schilde   den  Vorzug,   aber  sage,   um  wahr 

zu  sein,  daß  drei  rote  Kugeln  darin  seien. 
{)6     Henneberg    erglänzt  rot  und  weiß;    ins  Weiße   aber  wird  noch   ein   zwei- 
köpfiger,  schwarzer  Adler  gestellt,  der  wachsend  ist. 

67  Bei  Neuenburg   sind   drei  gelbe  und   zwei  weiße  Zonen,    den   weißen  aber 

dürfen  rote  Sparren  nicht  fehlen. 

68  Calwen  führt  einen  gelben  Schild,  aber  der  rote  Leu  will  über  dem  Felsen 

und  der  staubigen  Erde  stehen. 


Salm  (in  rot  zwei  weiße  oder  in  weiß  zwei  rote  eingebogene  Fische).  Einen  Rauhgrafen  von 
Stolzenberg  erwähnt  G.  Meyer  v.  Knnnaii  in  den  „Nüwe  Casus  Monasterii  Sancti  Galli."  Vergl. 
Anmerkung  daselbst. 

64  Die  Grafen  von  Hohenberg,  deren  Burg  bei  Deilingen  in  Württemberg  stand,  führten 
den  weiß-rot  geteilten  Schild.  In  der  Z.  W.  R.  Fig.  25  ist  die  untere  Hälfte  rot,  auf  Fresken 
im  Hause  zur  Zinne  in  Dießenhofen  die  obere,  wie  hier. 

65  Die  Herren  von  Lichtenberg  im  Elsaß  führten  einen  schwarzen  Löwen  in  weiß  mit 
rotem  Schildrand.  Es  ist  wahrscheinlicher,  daß  Konrad  das  Wappen  der  Herren  von  Rappoltstein 
hier  ungenau  angibt,  die  in  weiß  drei  rote  Schildchen  trugen.     Z.  W.  R.  385. 

66  Die  Grafen  von  Henneberg  führen  hier  noch  das  alte  Wappen  der  Burggrafschaft 
Würzburg,  geteilt,  oben:  schwarzer  Doppeladler  in  gelb,  unten:  weiß-rotes  Schachbrett.  Vergl. 
das  S.  S.  Graf  Ottos  des  Aeltern  von  1231  und  das  Wappen  des  Grafen  Otto  von  Botenlauben 
in  der  Weingartner  Liederhandschrift.     Z.  W.  R.  Nr.  43  gibt  das  neue  Wappen. 

67  Die  älteste  Variante  des  Neuenburgischen  Schildes.  Graf  Berchtold  führt  den  Schild  im 
B.  R.  S.  von  1243  und  der  Minnesänger  Graf  Rudolf  von  Neuenburg-Nidau  (f  1269)  in  gelb  zwei 
rote  Pfähle  mit  weißen  Sparren.     Vergl.  H  S.  56. 

68  Das  Wappen  der  Grafen  von  Calw,  die  1262  mit  Gottfried  ausstarben,  ist  geteilt  oben 
in  weiß  (gelb?)  ein  roter  Leu,  unten  weiß-blaues  Pelzwerk  (das  Konrad  hier  mit  Fels  und 
Erde  beschreibt). 


184  IV.  Teil:  Die  Heraldik  iu  der  Dichtkunst. 

69     De  Castelen  clipeus  rubet  at  uiveus  reperitur 

Quattuor  in  spacijs  velut  in  fascis  fore  scitur. 

7U     Hirtzberg  in  gilvo  cervus  niger  est  sed  eidem 
Cornua  sunt  rubea  si  vis  ut  vera  tibi  dem. 

71  Diligen  clipeum  de  lasuro  fore  pones 

Obliquam  tabulam  geminosque  leones. 

72  Bonlanden  clipeo  quem  de  ferro  fore  censis 

Annatus  miles  stat  et  huic  dextera  micat  ensis. 

73  Bechburg  tres  clipeo  fert  zonas  sit  quoque  prima 

Horum  nigra  sit  alba  sequens,  sed  rubea  sit  ima. 


69  Z.W. R.  41.     Graf  von  Kastelen,  geviertet  von  weiß  und  rot. 

70  Z.  W.  R.  39,   in  gelb  ein  schwarzer  Hirsch  mit  rotem  Geweih  auf  grünem  Vierberg. 

71  Vergl.  n,  Fig.  4  und  II,  S.  55. 

72  Die  Reichstruchsessen  von  Bolanden   sollen  um  die  Mitte  des  XIII.  Jahrhunderts  als 
Wappen  einen  geharnischten  Krieger  geführt  haben,   der  in  der  Rechten  das  Schwert,   in  der 


Clipearius  Teutonicoruni.  ^35 

69  Bei  Castell  leuchtet  der  Schild  rot  und  wiederholt  sich  weils,   im  viergeteilten 

Räume,  wie  wenn  er  mit  Binden  umwunden  wäre. 

70  Hirschberg  hat  in  gelb  einen  schwarzen  Hirsch,  sein  Geweih  aber  ist  rot, 

wenn  du  willst,  dalh  ich  dir  die  Wahrheit  sage. 

71  Sage,    daß  Dilliugen   einen   blau  gefärbten  Schild  habe   und    einen    schräg 

gestellten  Balken,  der  (je)  zwei  Löwen  trenne. 

72  Im  Schilde  von  Bolanden,  den  du  aus  Eisen  wähnst,  steht  ein  geharnischter 

Ritter,  dem  ein  Schwert  in  der  Rechten  glänzt. 

73  Bechburg  zeigt  im  Schilde  drei  Binden,  die  erste  ist  schwarz,  die  folgende 

weiß  und  die  unterste  rot. 


Linken  den  weißen  Schild  mit  dem  roten  Rade  von  Mainz  hält  (Vasallenverhältnis).    S.  Wernhers 
von  Bolanden  1248.     Vgl.  Liebenau  S.  237. 

7i)  Z.W.R.  162.  Zwei  mal  geteilt:  rot,  weiß,  schwarz.  Ebenso  im  Turm  von  Erstfelden  und 
auf  dem  Brautkästlein  von  Attinghusen.  Rudolf  von  Bechburg  erscheint  seit  zirka  1227  als  Graf 
von  Falkenstein.    Die  Grafen  behalten  das  gleiche  Wappen  und  die  Stammburg  Alt-Bechburg  bei. 


-<"<3^>->— 


Register  der  technischen  Ausdrücke  und  der  Abkürzungen. 


-Ä-- 


Seite 

Achselschilde  (Ailettes) 91 

Ailettes  (Achselschilde) 91 

Aspide 4 

B.R.S.  Bildrundsiegel. 

Basinet  (Beckenhaube) 67 

Beutelstand 74 

Bewehi'ung 39 

Brisüren 13.  54.  81 

Buckelreiser  (Schildbeschläg)     ....  5 

Damaszierung 97 

Ehrenstücke  =  Heroldsfigureu     ....  36 

Engobage 30 

Faden  (bände,  bäton) 55 

Gereite  (Zaum  und  Riemenzeug)   ...  91 

Grimel  (Wulst),  siehe  das 166 

Gügerel  (Kleinot,  speziell  des  Pferdes)  90,  166 

h.  =  heraldisch. 

H.  R.  S.  =  Helmrundsiegel. 

H.  S.  S.  =  Helmspitzsiegel. 

Halsberc  (Halskragen  aus  Panzergefleclit)  67 

Haubert 8 

Helmtuch,  Helmdecke  (Lambrequin)  .     .  87 

Heroldsfiguren  oder  Ehrenstücke   ...  36 

Hersenier  (Panzerkapuze) 67 

Hülfskleinot 73 

Hulft  (houce),  Schildüberzug      ....  63 

Inful  (Bischofsmütze) 76 

Kelen  (Pelz  von  Rotwild) 37 

Kleinot  (Zimier),  Helmsclimuck      ...  69 

Kovertiure  (couverture,  Pferdedecke)  88 

Kramschilde  (gekaufte  Schilde)      .     .     .  165 

Kübelhelm       66 

Lilienhaspel 36 


Seite 

Lilienrand,  doppelter  (trecheur)     .     .     .  167 

Minnekleinot 77 

Mouve  (Schildüberzug) 63 

Nasale  (Nasenschutz) 8.  65 

Ort  (Freiviertel,  canton) 55 

R.  S.  =  Rundsiegel. 

R.  R.  S.  =  Reiterrundsiegel. 

Roche  (Turm) 175 

S.  0.  S.  =  Spitzovalsiegel. 
S.  R.  S.  =  Schildrundsiegel. 
S.  S.  =  Schildsiegel. 

Schapperun  (Waifenrock) 85 

Schildbuckel  (Umbo) 12.  58 

Schildkleinot 72 

Schildrand  (Bordüre) 55 

Schirmbrett 74 

Stücken  (zusammensetzen) 61 

Terminologie 167 

Topfhelm 64 

Turnierkragen  (Lambel) 55 

Umbo  (Schildbuckel) 12.  58 

Veh  oder  Buntwerk  (Pelz) 37 

Vinteilen 166 

Visier  (Gesichtsschutz) 66 

W.  R.  S.  -  Wappenrundsiegel. 

Wäfen 12.  166 

Wäpelin,  pätwat  (Filzhut) 67 

Weifiere  (Bänder) 165 

Wulst  (Zeugring,  Binde) 80 

Z.  W.  R.  =  Zürcher  Wappenrolle. 

Zimier,  Zimierde,  Kleinot,  s.  Kleinot. 

Zobel  (schwarzer  Pelz) 37 


->HXj-<- 


Alphabetisches  Namensregister 


aller  Personen,   deren  Wappen   ganz   oder  teilweise  beschrieben  sind.     Verschiedene  Träger 
desselben  Wappens  sind  unter  demselben  Wappen  eingeordnet, 
bezeichnet  eine  Abbildung. 
Die  lateinischen  Zahlen  weisen  auf  die  Tafel-Illustrationen. 

^ 


Seite 

Aarau,  Stadt 45.  156,  IX,* 

Aarwangen,  von 115 

Aarberg,  s.  Arberg. 

Albermale,  William  de  Forz,  Earl  of  86 

Albon,  Graf  von 99 

Alemannien,  Herzog  Guido  von      .     .     .  21* 
Allerheiligen,     Konrad     von    Liebenfels, 

Abt  von 161 

Alten-Klingen,  Freiherr  von,   s.  Klingen  57 

—  Freiherr  Ulrich  von  ...     .     .     .  134 

Anjou,  Geoffroy  Plantagenet,  Graf  von  63.  69 
Arberg,  Grafen  von      ...       82*.  108.  115 

—  Graf  Ulrich  IV.  von  Neuenburg  u.  56 

—  Graf  Rudolf  I.,    Herr    von   Nidau, 
siehe  Nidau 154 

—  Graf  Ulrich  von,  Herr  zu  Valangin 

56.  147.  151.  IX,  2 

—  Graf  Wilhelm  von  74*.  149.  154.  VIII,  ,6 

—  Stadt 45.  156 

Artois,  Grafen  von 168 

Aspelt,  Peter  von,  Bischof  von  Basel  99 
Asperg,  siehe  Tübingen, 

Attinghusen,  Freiherru  von 83* 

—  Werner  I.  von 103 

Aubonne,  Herren  von 137 

Aue,  Hartmann  von        80.  89.   120*  121.  166 

Avenches,  Stadt 156 

Baden,  Markgrafen  von     .     51.  108.  178.  179 

—  Klara  von  Klingen,  Markgräiin  von 

129.  130.  133 

—  Heinrich  advocatus  von  .  .  151.  IX,  s 
Baldegg,  Hartmann  von  Sc  70.  73*.  152.  153 
Bahn,  Freiherr  Rudolf  von  .  .  .  .  41.  113 
Banteleu,  Richard  de 16 


Seite 

Bar,  Graf  von 168 

Bärenfels,  von  (Basel)       45 

Barcelona,  Graf  Raimon  I V.  Berengar  von  13 

Barnhem,  Herzog  von       ....       176.  177 

Basel,  Bistum 10.  50.  161 

—  Heinrich  II.  von  Thun,  Bischof  von  98 

—  Berthold  II.  von  Pfirt,  Bischof  von  99 

—  Peter  II.  von  Aspelt,  Bischof  von    .  99 

—  Otto  II.  von  Grandson,  Bischof  von  161 
Johannes  I.  von  Chälons,  Bischof  von  99 

—  Johannes  II.    Senn    von   Münsingen, 
Bischof  von 99 

—  Stadt 155 

Baux,  Guillaume  de,  Prince  d'Orenge  16 

Bayern,  Pfalzgraf  Friedrich  von     ...  13 

und  Sachsen,  Herzog  Heinrich  von  16 

--  Herzog  von 176.  177 

—  Otto  der  Erlauchte,  Herzog  von  177 

—  Ludwig  II.  der  Strenge,  Herzog  von  177 
Beaumont,  Philipp,  Graf  von     ....  14 

—  -sur-Oise,  Graf  Matthias  III.  von     .  14 

Bebingen,  Mathias  von VII,  3 

Bechburg,  Freiherrn  von  74.  91*.  115.  184.  185 

—  Heinrich  von 82 

—  Hemmann  von 82 

-    Konrad  von 82.  VI,  3 

Rudolf  von 82.  152 

Rudolf  von,  Graf  von  Falkonstein  184.  185 

Berengar,  Raimon  IV.,  Graf  v.  Barcelona  13 

—  Raymon,  Marquis  de  Provence  .  .  13 
Bern,  Stadt  ...  46.  50.  98.  156.  IX,  n 
Beromünster,  Benediktinerstift  ...  51 

—  Pröbste  von 158 

Bethune,  Robert  V.,  Graf  von   ....  14 


Alphabetisches  Naruensregister. 


189 


Seite 

Biber  (Züricli) 45 

Bichelsee,  Eberhard  von  75.  152.  154.  YIII,  s 

Biel,  Stadt 46 

Bietenloh,  Berthold,  von  .  .  48.  147.  VI,  lo 
Bitsch  (Bittis),  Friedrich  v.,  s.  JjOthringen. 

Blankenburg,  von,  Bern 44.  82 

Blonaj",  von 48 

—  Aymo,  von 148 

Blois,  Hugo  V.  von  Chätillon,  Graf  von      169 

—  Johannes  I.    -  -  -         -        1G9 
Blum,  Werner,  Chorherr  zu  Züricli    159.  X,  s 

Blumenberg,  von 75 

Böhmen,  Wladislaw  IL,  König  von  174.  175 
Bökli,  Hugo,  Chorherr  zu  Zürich  .  .  .  160 
Bolanden,  Reichstruchsessen  von  184.  185 

Bonstetten,  Freiherrn  von      .  .     .     41.  46 

Botenlauben,  Graf  Otto  von 183 

Brabant,  Herzog  von  .  .  .  168.  176.  177 
Brandenburg,  Markgrafen  von  .     169 

—  Otto  I.,  Markgraf  von 14 

—  Otto  II.,        -  - 13 

Brandis,  Freiherrn  von 80 

Braunschweig,  Grafen  von  .     .     .99.  168 

Braunshorn,  Herrn  von 101* 

Bregenz,  Grafen  von 37 

Bremgarten,  Stadt 51 

—  Burchard  von 150.  YII,  n 

Bretagne,  Peter  Mauclerk,  Graf  v.  Di-eux, 

Herzog  von 169 

—  Johannes  I.,  der  Kote,  Herzog  von      169 

Breval,  Jean  de 14 

Brienz,  Cuno,  Vogt  von 146* 

—  Arnold  von  ...     26*.  48.  1U2.  110 

—  Philipp,  Vogt  V.  Br.  oder  Piinggenberg  147* 

—  Rudolf,      -      -    -       -  -  57* 

Brixen,  Bischof  Brun  von 76 

Brugg,  Stadt 155 

Bubenberg,  Peter  von 37.  42 

— 37 

Buchegg,  Grafen  von,  Landgrafen  in  Klein- 

Burgund 41.  51.  75 

—  Graf  Heinrich  von 150 

—  Graf  Peter  von      .  .    146.  147.  VI,  n 

Buchsee,  Herreu  von 46 

Bülach,  Stadt 155 

Büren,  Stadt 156 

Burgau,  Grafen  von 178.  179 

Burgdorf,  Stadt 155.  156 

Burgund,  Bertha,  Königin  von  .  .       9.  17 

—  Rudolf  III.,  König  von  ...     17.  18 

—  L,  Herzog  Endo  III.  von    ....       14 

—  L,  Herzog  Endo  IV.  von    ....       91 

—  Endo  von,  s.  Nevers. 


Seite 

Burgund  IL,  Herzog  Philipp  der  Kühne  94 

-          -              -           -     Gute    .  94 

—  en  franche  Comte,  Grafen  von  .  .  112 
Büttikon,  von 73*.  82.  115 

—  Uhüch  von 147 

—  Johannes  von     .  74.  75.  78.  79.  80. 

152.   153.  VIII,  2,8 

Boulogne,  Graf  von 71 

—  Gerard,  Graf  von 14 

Boury,  Guillaume  de 14 

Calw,  Grafen  von 182.  183 

Candavene,  Anselm  de 13 

Carency,  Gilbert  de 14 

Castell,  Grafen  von       182.  183 

Chalons,  Johannes  von,  Bischof  von  Basel  99 

Chamblay,  Pierre  de 91 

Champagne,  Grafen  von,  s.  auch  Navarra. 

—  Gräfin  Adele  von 141 

—  Henry  IL,  comte  de 14 

Champvent,  Seigneur  de    .          ...  148 

Chartres,  Robert,  comte  de 16 

Chäteaudun,  Hugues,  vicomte  de    ..     .  14 

Chatelard,  Freiherrn  von 58 

Chätillon,  Grafen  von,   s.  Blois. 

—  Herren  von 58 

Chenod  (Chenaux)  von 58 

Chien,  Freiherr  Hugo  von 115 

—  -  Wernher  von  .  .  .  43.  149 
Chiny,  Graf  Ludwig  V.  von  ....  89 
Chur,  Bistum 161 

—  Friedrich  von  ]\lontfort.  Bischof  von  161 

—  Stadt 156 

Clermont,  Raoul  L,  comte  de    ...     .  14 

Cleve,  Herzoge  von  ......  36 

—  Graf  von 168 

Compey,  Girard  de,   Seigneur  de  Rue  41 

Cornelii  SuUae 2 

Corona,  Bischof  Tomasius  von  ....  161 

Coucy,  Raoul  Sire  de 14 

Courtenay,  Pierre  de,  comte  de  Nevers  .  14 

Dänemark,  König  von  ....    63.  168.  171 

Dacien,  König  von 174.  175 

Dalmatien,  Herzog  Bertold  von      ...  14 

Dammartin,  Aubry  de 14 

Decii  Mures 2 

Delphin  (Dauphin),  s.  Vienne. 

Delsberg,  Stadt 157.  IX,  is 

Devon,  Elisabeth  von  Redwers,  Gräfin  von  86 

Diefsenhofen,  Stadt 156.  IX,  12 

Dillingen-Kyburg,  Gi-afen  von  .     40.  51. 

56.  184.  185 
Dillingeu,  Graf  Hartmann  III.  von     .  20*.  34 

—  Graf  Adelbert  IL  von     .     .    ■  55 


190 


Alphabetisches  Namensregister. 


Seite 

Dreux,  Grafen  von,  s.  Bretagne. 

Dübelstein,  Ritter  von 49.  51 

Eberstein,  Grafen  von 182.  183 

—  Graf  Eberhard  von 14 

Egerdon,  Ulrich  von  .  .  .  70.  73*.  VIII,  3 
Eichstätt,  Bischof  Johannes  von  .  .  .  112 
Einsiedeln,  Benediktinerstift  .  .  .50.  161 
Elgg,  Walther  von  .  .  74*.  80.  152.  VIII,  4 
Elsaß,  Philipp  von,  Graf  zu  Flandern 

12.  14.  24.  64 

Ems,  Rudolf  von 167 

England,  König  von     .     .  112.  171.  174.  175 

—  Richard  I.  Löwenherz,  König  von 

12.  14.  63.  69*.  175 

—  Richard  von  Cornwales,  König  von 

100.  168.  169 
S.  auch  Reich. 
Eptingen,  Ritter  von    ....      50.  56.  115 

—  Wernher  von 113.  148 

Erlach,  von 51 

Eschenbach  u.  Schnabelburg,  Freiherrn  v.  36.  59 

s.  Schnabelburg. 
Essex,  Geoffroy  de  Magnaville,  Earl  of  30*.  64 

Eßlingen,  Stadt 156 

Estavayer  (Stäfhs),  Herren  von      .     .     .     58* 

Eu,  Raoul,  comte  d' 16 

Evreux,  Mahaut,  Gräfin  von      ....     141 

Fahr,  Prior  des  Klosters 47 

Falkenstein,  Grafen  von,  Nieder-Sachsen      99 

—  Grafen  von,  s.  auch  Bechburg. 

—  Graf  Heinrich  von      ....      115.  149 

—  Graf  Otto  von  ....     144.  145.  VI,  4 

—  Elisabeth  von  Wediswile,  Gräfin  von 
Gemahlin  Graf  Ottos      .     .     .     143.  V,  9 

Felga  (Freiburg) 45 

Fenis,  Grafen  von,  s.  Neuenburg. 

Fischingen,  Kloster 160 

Flandern,  Grafen  von 10 

—  Philipp  von  Elsaß,  Graf  von  12.  14.  24.  64 

—  Elisabeth    von   Vermandois,    Gräfin 
von,  (iemahlin  Graf  Philipps  .     .     .  141 

—  (ilraf  Balduin  von 69 

Fleck,  Konrad 167 

Forcalquier,"Wilhelm  IV.,  Graf  von  Pro- 
vence      14 

Forz,  William  de,  Earl  of  Albermale  86 

Fougeres,  Raoul  de 29* 

Frankreich,  König  von      .     .       112.   170.  174 

. —  Rol)ert,  König  von 10 

—  Philipp  August,  König  von      .          .  174 

—  Ludwig  der  Heilige,  König  von  ,     .  35 

zur  Frauen  (Uri) 52 

Frauenfeld,  Stadt 51 


Seite 

Freiburg,  Grafen  von    .     19.  37.  43.  47. 

59.  73*.  180.  181 

—  Grafen  Konrad  und  Berchtold     .     .  141 

—  Stadt 155 

PVidingen,  von 51 

Froburg,    Grafen    von,    Landgrafen    im 

Buchsgau        37.  38*.  47.  115.  129. 

131.  137.  157*.  180.  181 

—  Graf  Ludwig  II.  der  Aeltere  von  102.  145 

—  Gertrud  von  Habsburg,    Gräfin  von, 
Gemahlin  Ludwigs  II 103 

—  Graf  Hermann  III.  der  Jüngere  von     145 

—  Graf  Ludwig  III.  der  Jüngere  von 

146*.  149.  150.  VII,  8 

—  Graf  Hartmann  von,  Herr  zu  Zofingen     149 

—  Idda  von  Wolhusen,  Gräfin  von,  Ge- 
malilin  Hartmanns 142 

—  Rudolf  von,  Propst  zu  Zofingen  35. 

159.  VI,  2 

Waidenburg,  Graf  Volmar  II.  von     148* 

Furii  Purpureones 2 

—  Crassipedes 2 

Fürstenberg,  Grafen  von  .     .    19.  47.  87.  137 

—  Graf  Heinrich  von 74*.  88 

Fürstenfeld,  Stadt  in  Oesterreich   .     .     .     156 

Fütschi  (Zürich) 36.  59 

Gabler,  Peter  (Basel)    ....;..       46 

Gamaches,  Pierre  de 16 

Garlande,  Gui  de 16 

Gaster,  Landschaft 51 

Gavre,  Rasse  de       14 

—  Rene  de 16 

Genevois,  Comte  Aymo  de  (1124)       .     .       18 
Genf,  Grafen  von      ....      97*.  112.  137 

—  Graf  Wilhelm  II.  von  66.  138.  140. 

149.  VII,  4 

—  Graf  Amadeus  III.  von 66 

—  -  -  VI.     - 150 

—  Bischof  von 10 

—  Stadt 155 

Gerlikon,  Leutold  von       46 

Geroldseck,  Freiherr  von 109 

Geymann,  Heinrich  von 78 

Giel  von  Glattburg,  Rudolf  .     .     .     .75.  154 

Glane,  Freiherrn  von 41.  48 

Glappach,  Grafen  von 55 

Glarus,  Johannes  von VII,  5 

—  Rudolf  von,  Rektor  in  Ilöngg  160.  X,  s 
Gleichen,  Graf  Ernst  von  .  .  .  102.  106 
Göskon,  Konrad  von,  Propst  zu  Schönen- 

werd 160.  X,  13 

Grandson,  Freilierrn  von 41.  58* 

—  Freiherr  Otto  I.  von 107* 


Alphabetisches  Namensregister. 


191 


Seite 

Grandson,  Otto  II.  von,  Bischof  von  Basel  161 

Greiffenstein,  von 73 

Greyerz  (de  Gruyere),  Grafen  von      .     .  46 

—  Graf  Rudolf  von 144.  145 

—  Graf  Peter  von 145.  VI,  i 

Grünenberg,  Freiherrn  von    .     .     .     .  44.  115 

—  Ulrich  von 150.  VII,  7 

Guines,  Graf  Balduin  von 90 

—  Guillaume  de 14 

Guise,  Bouchard  seigneur  de     ...     .  13 

Gutenburg,  Ulrich  von 73* 

Güttingen,  von 49 

Habsburg,  Grafen  von   48,  5ü.  51.  100*. 

128*.  129.  137.  178.  179 

—  Graf  Rudolf  II.  von,  Landgraf  im 
Elsaß 18.  65 

—  Graf  Albrecht  IV.,  der  Weise,  Land- 
graf im  Elsaß 65.  138.  V,  i 

—  Graf  Rudolf  III.,  der  Schweigsame. 
Erster  Graf  v.  Habsburg-Lauffenburg     129 

—  Graf  Rudolf  IV.  von,  seit  1273  rö- 
mischer König  als  Rudolf  I.  49.  66. 

73.  80.  101.  138*.  139* 

—  Gertrud  von  Hohenberg,  Gräfin  von, 
Gemahlin  Rudolfs  I.,  als  Königin 
Anna 49.  125.  145.  VI,  9 

—  Graf  Hartmann  von VII,  e 

—  Albrecht  V.,  Domherr  zu  Basel  .     .     159 

—  -Lauifenburg,  Graf  Wernher  von     .     129 
Graf  Gottfried  I.  .     74*.  82.  84. 

87.  88.  89.  129.  139.  146.  V,  5.  VI,  12 

Rudolf  II.,  Domherr  zu  Basel,  seit 

1274  Bischof  von  Konstanz  159*.  161.  X,  i« 
Graf  Eberhard  von     81.  154.  VIII,  15 

—  Graf  Albrecht  VI.  von,  deutscher 
König,  s.  Reich 112.  129* 

Rapperswil,  Grafen  von     .      73.  81.  129 

Hainaut,  Baudoin  comte  de 16 

Hallwil,   Dietrich  von,   Propst   zu  Bero- 

münster 160.  X,  le 

Ham,  Endes  de 12.  14 

Hasenburg,  Freiherr  Walther  I.  von  137.  138 

—  Freiherr  Walther  IL  von   .     .      137.  138 

—  -  -      HI.     -     .     .    151.  IX,  5 

—  Heinrich  von,  Chorherr  de  l'Ile  160.  X,  12 

Hasli,  Thalschaft 156 

Hattstatt,  Albrecht  von,  Archidiakon  zu 

Basel 160 

Heidegg,  von,  Thurgau 37.  152 

Heiligenberg,  Grafen  von       37 

—  Graf  Bertold  von 149 

Heimenstein,  von 50.  91* 

Hei,  Diepoldus,  dictus 78 


Seite 

Helfenstein,  Grafen  von    .     .       112,  180.  181 

Hemmerlin,  Felix 172 

Henngart,  Eberhard  von 154 

Henneberg,  Grafen  von     ....      182.  183 

—  Graf  Otto  der  Aeltere 183 

—  s.  Botenlaubeu. 

Hereberg,  Grafen  von 55 

Heutier 54 

Hinwil,  Freiherrn  von 48 

Hirschberg,   Grafen  von     ....      184.  185 

Hohenberg,  Grafen  von  75.  100.  137.  182.  183 

—  Margaretha  v.  Fürstenberg,  Gräfin  v.  42 

Hohenegg,  von 44 

Hohenfels,  von 74 

Hohenlohe,  Grafen  von     ...    84.  180.  181 

—  Graf  Konrad  von 181 

—  Graf  Gottfried  von 181 

Hohenklingen,  Freiherr  von 57 

Homberg,  Grafen  von  ....      47.  50.  135 

—  Graf  Ludwig  IL  von             132.  141.  V,  s 

—  Elisabeth  von  Rapperswil,  Gräfin  von 

81.   132.  141 

—  -Rapperswil,  Graf  Wernher  von  80. 

81.  86.  89.  151* 

Hörn,  Stadt 156 

Jerusalem,  König  von 174.  175 

Iffenthal,  von  (Aargau)     ...      43.  51.  115 

Interlaken,  Flecken 156 

Jülich,  Grafen  von 178.  179 

Kärnthen,  Herzog  von 71 

—  Ulrich  HL,  Herzog  von       .     .      176.  177 

Kasteln,  Grafen  von 74 

Kastilien,  Königin  Eleonore  von         .  105 

Kemenaten,  von  (Zürich) 46 

Kempten,  Freiherrn  von 41*.  42 

—  Freiherr  Gerung  von VI,  e 


—  Freiherr  Rudolf  von 
Kerlingen,  s.  Frankreich. 
Kien,  s.  Chien. 

Kienberg,  von 

Kienstein,  von 

Kilchberg,  Kirche  von       .     . 
Kirchberg,  Graf  Konrad  von 
Klettenburg,  Graf  Albert  von 
Klingen,  Freiherrn  von  48.  57.  73.  132 

s.  auch  Alten-  und  Hohen-Klingen 

—  Freiherr  Ulrich  II.  von 

—  Ita  von  Tegerfeld,  Fr 

—  Freiherr  Walther  III 
Klingenberg,  Albert  von 

—  Ulrich  von    ... 
Konstanz,  Bistum 

—  Bischof  Rudolf  von 


enn  von 
von 


41 


147 


115 
109 
155 
76 
14 
137 


132 
132 
129 
150 

79.  152.  153 
10.  49.  161 

...     161 


192 


Alphabetisches  Namensregister. 


Seite 

Konstanz,   Magister  Heinrich,  Vicar  des 

Bischofs  von 158.  X,  i 

—  Propst  Ortolf  von 160 

—  Propst  Johann  von 160 

Krenkingen,  Freiherr  Diethelm  von    .     .  146 

Kürnegg,  von 44 

Küssenberg,  Freiherrn  von 82 

Küßnacht,  von  (Zürich) 46 

Kyburg,  Grafen  von    19.  35.  40.  48.  50. 

51.  56.  81.  127*.  137.  178.  179 

—  Graf  Hartmann  III.  von      ....       55 

—  Graf  Uh-ich  X.  von 144* 

—  Graf  Hartmann  der  Aeltere  von  34. 

70.  81.  96*.  146.  147.  159.  VHI,  lo 

—  •  Margaretha  von  Savoyen,  Gräfin  von, 

Gemahlin  Hartmanns  d.  Ä.      .  140.  V,  lo 

—  Graf  Werner  von 144 

—  Graf  Hartmann  der  Jüngere  von  55. 

70.  81.  82.  95*.  103.  153.  154 

—  Elisabeth  von  Chalons,   Gräfin  von, 
Gemahlin  Hartmanns  d.  J.  123*.  142.  V,  12 

—  Anna  von  Rapperswil,    Gräfin   von, 
Gemahlin  Hartmanns  d.  J.      ...     133 

—  Gräfin  Anna  von,  Tochter  Hartmanns 

d.  J 150.  VII,  20 

—  Elisabeth  von  Freiburg,  Gräfin  von, 
Gemahlin  Hartmanns  I.  143.  V,  3 

—  Stadt 51 

Landenberg,  von 76.  80 

—  Ulrich  von,  Propst  zu  Beromünster 

160.  X,  n 
Lapide,  Ulrich  de,  s.  vom  Stein  ...  53 
La  Sarraz,  Freiherrn  von      .     .     .     .57.  58* 

Laubegg,  von,  Edelknechte 45* 

Lauifenburg,  Stadt 51 

Lecce,  Tankred,  Graf  von      .     .     .     .23.  25* 
Lechsgemünd,  Graf  Bertold  von     ...       14 

Leicester,  Robert  comte  de 16 

Leiningen,  Grafen  von       ....      180.  181 

—  Graf  Emich  von 14 

Lenzburg,  Graf  Aronld  von  .     .      10.  20.  144 

—  Graf  Chuno  von     ...     .    10*.  20.  144 

—  -Baden,  Graf  Wernher  von  9.  18 
Lichtenberg,  Grafen  von    ....      182.  183 

—  Lichtenberg,  Konrad  I.  von     ...      88 

Lichtenstein,  Ulrich  von 77 

Liebegg,  Johannes  von,  Propst  in  Schöft- 

land      ............     159 

—  Konrad  von 75 

—  Kuno  von 154.  VIII.  7 

Liebenberg,  Schenken  von 46 

Liebenfels,    Konrad   von,    Abt   zu  AUer- 

Allerheiligen 161.  X,  e 


Seite 

Liebenstein,  Heinrich  von 14 

Ligerz,  von 43 

—  Volmar  von 148.  VII,  2 

Limburg,  Walram  IV.,  Herzog  von    .     .     176 

Lohdeburg,  Otto  von 14 

Lothringen,  Herzog  von     .  168.  169.  176.  177 

—  Herzog  Robert  von 13 

—  Henry,  Grand  Prevot  de  St-Dre  13 

—  Friedrich  I.  von  Bittis,  Herzog  von  16.  41 

—  Friedrich  III.,  Herzog  von       .     .     .     169 

Lunkhofeu,  von,  Zürich 52*.  56 

Lupfen,  Grafen  von 82 

—  Graf  Eberhard  von,  Landgraf  zu 
Stühlingen     .     .     .     75.  152.  153.  VIII,  e 

Luterburg,  Peter  von 152 

Luternau,  Edelknechte  von    .....       56 

Luzern,  Stadt 155.  156.  157 

Maggenberg,  Konrad  von  49.  79*.  124* 

Magnaville,  Geoffroy  de,  Earl  of  Essex  30*.  64 

Mandach,  Edelknechte  von 45* 

Maness,  Zürich 73 

—  Ritter  Rüdiger  II.  auf  Manegg  45.  91*.  163 

—  Johannes,  Chorherr  und  Kustos  des 
Stiftsschatzes 145.  163 

—  Heinrich,  Propst  am  Großmüuster  .  50 
Marechal,  Gilbert,  Earl  of  Pembroke      .  101 

Marrokko,  König  von 174.  175 

Mecklenburg,  Fürsten  von 179 

Mello,  Guillaume  de 14 

Meyer  von  Biel,  Ulrich 41* 

—  von  Erstfeld  (Uri) 52*.  57 

—  von  Knonau 46 

—  von  Silinen  (Uri) 52 

Meissen,  Markgrafen  von       168 

—  Heinrich  L,  der  Erlauchte,  von  .     .  169 

—  Otto  der  Reiche,  Markgraf  von  .     .  13 

Meran,  Herzog  von 176.  177 

Meulan,  Galeran  II.,  comte  de  .     .     .     .  13 

—  Robert  Senechal  de    ......     .  14 

—  Roger,  comte  de    ......     .  16 

Monegk  (Mauegg),  von 45 

Montfaucon,  von       37 

Montfort  (en  France),  Simon  comte  de  .  16 

—  Grafen  von     .  50.  76.  137.  180.  181.  182 

—  Graf  Hugo  I.  von  ...       83.  137*.  140 

—  Graf  Rudolf  I.  von,  Stammvater  der 
Linie  Montfort-Werdenberg,  s.  Wer- 
denberg      138.  140 

—  (iraf  Hugo  II.  von 83.  88 

—  -Feldkirch,  Graf  Rudolf  II.  von  51. 

85.  88.  139.  140 
--  Montfort-Bregenz,  Graf  Ulrich  von  89.  140 
--  Tettnang,  Graf  Hugo  III.  von     .     .       55 


Alphabetisches  Namensregister. 


193 


Seite 
Moutfort,    Graf   P'riodricli    von,    Biscliof 

von  Chur Itjl.  X,  13 

Mont  ä  Aubonno,  de 57 

Montague,  Ba udoin  de 16 

Montagny,  von 57 

Montalt,  von  (Bünden) 57* 

Montenach  (Munt),  Heimo  von  148.  149 

Mont-le-Grand,  Ebald  de 144 

Montraorency,  Graf  Matthias  II.  von       14.  69 

—  Graf  Burchard  von 14 

Mortain,  comte  Jean  de 14 

Mülinen,  von  (Bern) 47 

Müller  von  Rorbas 47 

Müllimatt,  von  (Zürich) 47 

Müllner  (Zürich) 46 

—  Jakob 149 

—  Gottfried,  Eektor  in  Küßnacht  160.  X,  3 
Mümpelgart,  Grafen  von  ....  180.  181 
Münch,  Konrad 42 

—  Hugo 45.  73*.  152.  153 

Mure,  Konrad  von 163.  172 

Murten,  Stadt 156 

Navarra,    Theobald  L,   Graf  von   Cham- 
pagne, König  von 169 

—  Theobald  IL,   Graf  von  Champagne, 
König  von 169 

Neuenbürg,  Grafen  von 56.  73 

—  Graf  Mangold  von      .  73.  108.  149. 

152.  VIII,  11 
Neuenburg,  Grafen  von  41.  51.  56.  82*. 

99.  137.  144.  182.  183 

—  Graf  Ulrich  III.  von 18 

—  Graf  Berthold  (Bertold)  von  37.  56. 

125,  144.  183 

—  Eichenze  von  Froburg,    Gräfin    von, 
Gemahlin  Bertholds 142 

Straßberg,  Graf  Berthold  I.  von  151 

—  Graf  Ulrich  IV.  von  56.  144.  VI,  7 

—  Graf  Rudolf  III.  von       .     .     .      37.  151* 

—  -  Sibylla  von  Montfaucon,  Grätin  von, 

Gemahlin  Rudolfs  IV 142 

—  Marguerite  von,  Aebtissin  v.  Magerau     110 

—  Graf  Wilhelm  von,   Herr  zu  Arberg     154 
-  Sibylla  von  Montbeliard,  Gräfin  von     142 

Neiffen  (Neuffen),  Grafen  von   .     .     .   72*.  73 

—  Graf  Gottfried  von 152 

Nevers,  Pierre  de  Courtenay,  comte  de  .       14 

—  Endo  von  Burgund,  Graf  von  169 
Nidau,  Grafen  von 51.  82* 

—  Graf  Rudolf  I.  von 56.  183 

Normandie,  Wilhelm  der  P^roberer,  Her- 
zog von  der       10 

Norwegen,  König  von  .     .     .       171.  174.  175 

Ganz,  Geschichte  der  heraldischen  Kunst. 


Seite 

Noyon,  Jean  de 16 

Nürnberg,  Graf  von 178.  179 

—  Burggrafen  von  .  .  178.  179.  180.  181 
Oberriedern,  von  (Bodensee)  ....  52* 
Oesterreich,  Leopold  III.  von  Babenberg, 

der  Heilige,  Markgraf  von       ...  13 

—  Heinrich  IL  v.  Babenberg,  Herzog  v.  14 

—  Leopold  V.    -          -                  -       -  14 

—  Herzoge  von 39.  174.  175 

—  Habsburg,  Albrecht  VI.  v.,  deutscher 
König 129 

—  —  Agnes  von  Böhmen,  Herzogin  von, 
Gemahlin  Rudolfs  V 149 

Oettingen,  Grafen  von       .       42.  43.  182.  183 

~  Graf  Ludwig  IL  von       .     .14.  146.  182 

Oldenburg,  Graf  Moritz  von       ....  14 

Orange,  Guillaume  de  Baux,  prince  d'   .  16 

—  Fürsten  von       99 

Orlens,  Wilhebn  von 180.  181 

am  Ort,  Dietrich 44 

—  Ulrich,  Schultheiß  von  Zürich  155.  IX,  e 
Palezieux,  Herren  von 48.  137 

—  Jean  de 65 

Pembroke,  William  de  Valence,   Earl  of 

58.  62.  86.  100.  103.  105 

—  Gilbert  Marechal,  Earl  of  ....     101 

Perche,  Etienne  comte  de 14 

Pfirt,  Grafen  von      .     .51.  73.  137.  180.  181 

—  Graf  Ulrich  I.  von 65 

—  Berthold  von,  Bisehof  von  Basel      .       99 

—  Graf  Theobald  (Diebold)  von  .     .  89.  140 

Piemont,  Grafen  von 57 

Pissy,  Robert  de 91 

Plantagenet,  Geoffroy,  Graf  von  Anjou  63.  69 

—  Wilhelm,  Graf  von  Salisbury       .     .       63 
— •  s.  auch  England. 

Pleujouse  (Blitzhausen),  Heinrich  von  137 

Pommern,  Herzog  von       ....      176.  177 

—  Herzogin  Elisabeth  von       ....  106 

Ponte,  de,  Freiburg 41 

Portugal,  Königin  Mathilde  von     ...  14 

Prangins,  Herren  von 137 

—  Peter,  Herr  von 18 

—  Wilhelm  von     ....      138.  139.  V,  2 

—  Kastellau  von 145 

Preußen,  König  von 174.  175 

Provence,  Raymon  Berengar,  marquis  de  13 

—  Guillaume  IV.  de  Forcalquier,  comte  de  14 
Radegg,  Freiherr  Rudolf  Schad  von  .     .  45 

Rambach,  von 51 

Ramenstein,  Diethelm  von,  Kirchherr  in 

Ulma 159 

Ramsberg,  Graf  Rudolf  von 10 

13 


194 


Alphabetisches  Namensregister. 


Seite 

Ramswag,  von  (Thurgau)      .     .     .     .48.  147 

Randegg,  von       51 

Randenburg,  Friedricli  von 149 

Rapperswil,  Grafen  von  49.  51.  137.  178.  179 

—  Graf  Rudolf  von       .  34*.  110.  131. 

149.  154.  VII,  7.  VIII,  13 

—  Mechtild    von   Neiffen,    Gräfin    von, 
Gemahlin  Graf  Eudolfs    .  133*.  142.  V,  e 

—  Graf  Heinrich  von,  der  Wandelbare     131 

—  Gräfin  Elisabeth  von,  Tochter  Rudolfs 

81.  132.  141 

—  Marschall  von 51 

—  Stadt 51.  157 

Rappoltstein,  Herren  von 183 

Raron,  Freiherrn  von 47 

Rauhgrafen  (von  Salm)     ....      182.  183 

Räzuns,  Brune  von       57* 

Redwers,  Elisabeth  von,  Gräfin  von  Devon      86 
Regensberg,  Freiherrn  von    .     .    52*.  75.  137 

—  Freiherrn  Lütold  III.  (IV.?)  von  20*.  34 

—  Graf  Lütold  IV.  und  V.  von    148.  VII,  i 

—  Freiherr  Lütold  VI.  von     147.  148. 

150.  VI,  8 

Regensburg,  Bischof  Heinrich  von      .     .  79 
Reich,  römisches,  deutscher  Nation  170. 

174.  175 
Römische  Kaiser.    Karolinger:  Karl  Hl., 

der  Dicke 9 

—  Sächsische  Kaiser:  Otto  I.       .     .     .  9 

—  -  -  -      HI.   ...       10 

—  -  -        Heinrich  IL   .     .       10 

—  Friedrich  I.,  Kaiser  des  r.  R.  d.  N.     175 

—  Fränkische   Kaiser:    Heinrich  IV. 

23.  24*.  25 

—  Oesterreich-Habsburg:  Maximilian  I.       10 

—  Interregnum:  Richard  von  C'ornwales     168 

—  -         Alphons  X.  von  Kastilien     168 

—  Deutsche  Könige.    Habsburg-Oester- 
reich :  Rudolf  I.,  s.  Habsburg. 

—  —  Albrecht  I. 

Reinach,  Edelknechte  von     .     .     .51.  56.  76 

Rhein,  Tfalzgraf  bei 178.  179 

zu  Rhein  von  Häsingeu,  Johannes  von  .  91 

Rheinau,  Kloster  (Zürich) 10 

Ringgenberg,  von  (Bern),  vide  Brienz     .  45 

Ripe,  Ulrich  de 148 

Rötelen,  Lütold  von,  Chorlierr  zu  Konstanz  1 60 

Rogliswile,  Rudolf  von 153 

Rom,  Kaiser  von,  s.  Reicli. 

Romont,  Grafen  von 57 

Ronsoy,  Gerard  de 14 

Rorschach-Rosenberg,  von     .     .     .      49*.  147 

Roeoy,  Julienne  dame  de 10 


Seite 

Rot  von  Rotberg  (Basel)       44 

Rotenburg,  Grafen  von      ....      180.  181 

—  Vögte  von 44.  80.  105* 

—  Markward  von 145.  149 

Rotenstein,  von 44 

Roucy,  Jean  I.  comte  de       14 

Rue,  Girard  de  Compey,  Seigneur  de  41 

—  Rudolf  de,  Seigneur       ....    45.  144 

Rügen,  Herren  von       178.  179 

Rümlingen,  Rudolf  von 43 

Ruoda,  Heinrich  von 46.  115 

Rüssegg,  Freiherrn  von 48 

—  Hermann  von,  Leutpriester  der  Abtei 
zum  Fraumünster       .     .      145.  159.  X,  i 

Rüti,  Chuno  von 34 

Rußland,  König  von 174.  175 

Saarbrücken,  Grafen  von       .     .     .     .41.  94* 

Saarwerden,  Graf  Ludwig  von  .       12.  14.  146 

Sachsen,  Herzoge  von 168.  171 

—  Herzog  Heinrich  XII.  der  Löwe  von, 

und  Bayern 16 

Saint-Aubert,  Gerard  de 16 

—  -Hilaire,  Pierre  de 16 

—  -Maurice 10 

—  -Pol,  Graf  Enguerran  von  ....  11 

—  —  Hugues  IV.  comte  de    ...     .  14 

—  -Vrain,  Agnes  de 14 

Salm,  Grafen  von 182.  183 

Salzburg,  Bistum 176 

St.  Gallen,  Stadt 52 

—  Abtei 10.  161 

Savoyen,  Grafen  von     57.  112.  137.  178.  179 

—  Graf  Humbert  HI.  von 18 

—  Graf  Ludwig  I.  von,  Herr  der  Waadt      99 

—  Graf  Amadeus  V.  von V,  n 

Sax,  Freiherrn  von       37.  48 

—  Freiherr  Heinrich  von     42.  43.  146.  149 
Sardinien,   Herzog  Welfo  von,   Markgraf 

von  Tuscien 13.  138 

Schaffhauseu,  Kloster  Allerheiligen  10 

—  Stadt 46.  156 

Schäflin,  Johannes,  Cliorherr  zu  Züricli  160.  X,  lo 

Schenk  von  Habsburg       46 

—  von  Kyburg 46* 

Schlesien,  Herzog  von       ....      176.  177 

—  Herzog  Bolcslaw  von      .     .     .     .14.  177 

—  Hedwig  Herzogin  von 141 

Schlüsselberg,  Bertold  und  Eberhard      .  150 

Schnabelburg,  Freiherru  von     ....  137 

—  Freiherr  Ulrich  von 144 

Schottland,  König  von       .     .     .    79.  168.  171 

—  Margaret  von,  Gemahlin  des  Earl  of 
Richmond 141 


Alphabetisches  Namensregister. 


195 


Seite 

Schöneuwerd,  von  (Zürich)  ....  42.  51 
Schwaben,  Herzog  von      ....      176.  177 

—  Herzog  Welfo  von 18 

—  Herzog  P'riedricli  V.  von    14.  18.  19.  176 

—  Herzog  Konrad  II.  von       ....       18 

—  Herzog  Heinrich  VII.  von      65.  83. 

i;]7.  138.  176 

Schwarzenberg,  von 44 

Schweden,  König  von 174.  175 

Schweiz  (Landeswappen) 49 

Schwerin,  Grafen  von  (Landgrafen)  179.  180.  181 

Schwyz,  Flecken       155 

Sempach,  Stadt 51.  156 

Senn  von  Münsingen 37 

—  —  Johannes,  Bischof  von  Basel  99 

Senlis,  Gui  le  boutelier  de 14 

Signau,  Freiherrn  von       43 

Sitten,  Bistum 10.  161 

Sizilien,  Manfred,  König  von  ....  71 
Sogren,  Graf  Rudolf  von  ....     34*.  146 

—  Graf  Udelardus  von 18 

Sohier,  Chätelain  de  Gaud 13 

Soissons,  Yves  comte  de 14 

—  C'onon,  comte  de 14 

Solothurn,  Cliorherrenstift 158 

—  Stadt 155 

Spanien,  König  von      .     .     42.  168.  169.  174 

—  Ferdinand  III.,  König  von  169.  174 

—  Alphons  X.,  König  von  168.  169 
Spanheim,  Graf  Johannes  von    ....       00 

Spiegelberg,  von  (Thurgau) 45 

Staufen,  von  (Schwaben) 45 

Staufenberg,  Peter  von 45 

Steiermark,  Markgraf  von  .  .  .  178.  179 
Stein,  Edelknechte  vom 53* 

—  Piudolf  vom,  Rektor  in  Bollingen     .    X,  2 

—  -  -     Domicellus VI,  e 

Steinegg,  Freiherrn  von 74 

Sternen,  Walther  zum 45 

Stettin,  Herzog  von 176.  177 

Straßberg,  Graf  Berthold  I.  von     ...       56 

—  Graf  Otto  I.  von  ....  154.  IX,  1 
Straßburc,  Burchard  von  .  .  154.  VIII,  12 
Strätlingen    (Strettlingen ,     Stretelingen), 

Vögte  von 00 

—  Heinrich  II.  von  53.  108.  121*.  134. 

135.  147.  149 

—  und  Wimmis,  Rudolf  I.  von  42.  150.  IX,  9 

Stucki,  Zürich 44 

Swagir,  Eberhard 80 

Swanegow,  Herr  von  (Manesse-Codex)  .  113 
Swaro,  Heinricli  von  Wartenstein  genannt 

150.  VU,  12 


Seite 

Sulz,  Grafen  von 75 

—  Ordensmeister  des  Johanniterhauses  zu  159 
Tägerfelden,  s.  Tegerfelden. 

Tankred,  Graf  von  Lecce      ....  23.  25* 
Teck,  Herzog  von 19.  176.  177 

—  Herzog  Adalbert  von 14 

Tegerfelden,  Freiherrn  von     43.  47.  59.  131* 

—  Freiherr  Walther  von 131 

Tengen,  von  (Freiherrn) 48*.  73 

—  Heinrich  von 49 

—  Konrad  von       145 

Tettingen,  Herren  von 101* 

—  Felix  und  Berchtold  von  ....  102 
Teuften,  Freilierrn  von      ....      73*.  48* 

—  Ritter  Diethelm  von VIII,  1 

Thalwil,  von  (Zürich)  .......       52 

Thorberg,  Albrecht  von 46.  147 

—  von 115 

Thun,  Stadt 155.  156 

—  Heinrich  von,  Bischof  von  Basel  .  98 
Thüringen,  Landgraf  von  41.  61.  168.  176.  177 

Thurm,  Otto  vom 94* 

Tierstein,  Grafen  von  ....     51.  178.  179 

—  Graf  Rudolf  II.  von  (1208)    45.  146.  179 

—  -  -      HI.  von   ...     .      130.  150 

—  -  -      IV.  von   ...    74.  92.  127* 

—  Agnes  von  Hohenklingen,  Gräfin  von 

133.  134* 

—  Graf  Simon  von 130 

—  Agnes  von  Weißenburg,  Gräfin  von 

130*.  133 
Toggenburg,  Grafen  von   42.  46.  48.  51. 

137.  178.  179 

—  Diethelm  III.  von 16.  20 

—  Graf  Diethelm  V.  von    .     .     .     .39.  146 

—  Graf  Heinrich  von,  Johanniter     .     .     159 

—  Graf  Kraft  I.  von       ....      150.  179 

—  Graf  Friedrich  III.  von  94.  140.  154.  V,  « 

—  Graf  Bertliold  von,  Chorherr  zu  Em- 
brach 145.  159 

Trazegnies,  Gilles  de 16 

Troja,  König  von 170 

Trostberg,  Ritter  von 74 

Trucliseß  von  Dießenhofen 46* 

—  von  Habsburg 46 

—  -  -         Arnold 147* 

—  von  Singenberg 120* 

—  von  Wolhusen 46 

Tübingen,  Pfalzgrafen  von     .     .    55.  182.  183 

s.  auch  Asperg. 

—  Graf  Eberhard  der  Scherer  von  .  139 
Tunstetten,  Prior  Gerhard  von  .  159.  VI,  13 
Turre,  Peter  de 40*.  45.  146 


196 


Alphabetisches  Namensregister. 


Seite 

Tuscien,  Welfo  von  Sardinien,  Markgraf 

von 13.  138 

Tyg,  Nikiaus,  Chorherr  zu  Zürich      .     .  160 

Tyrol,  Graf  von 176.  177 

Ungarn,  König  von       174.  175 

Unterwaiden 52.  155.  156 

Urach,  Grafen  von 37.  181 

Uri,  Land 46.  52.  156 

Utzingen,  Burchard  von    ....    151.  IX.  ? 

—  Freiherru  von 114.  115 

Valence,  William  de,  Earl  of  Pembroke, 

s.  Pembroke. 

Vallery,  Hugues  de 14 

Vatz,  Freiherrn  von 57*.  137 

—  Freiherr  Walther  von    .     .     .      146.  154 

Vaumarcus,  Freiherrn  von 57 

Veldeke,  Heinrich  von 121 

Veringen,  Grafen  von   .  51.  56.  180.  181 

—  Graf  Heinrich  von     .     .     .    154.  VIII,  n 

—  N.  von  Klingen,  Gräfin  von    .     .     .     133 

Vernon,  Richard  de 12.  16 

Vienne,  Delphin  von     .     .  112.  182.  183 

Villard,  Herren  von 49 

Vink  (Zürich) 38.  39* 

Vohburg,  Markgraf  Diebold  von     24*.  25.  26 
Waadt,  Freigrafen  der 57 

s.  Savoyen. 
Wädensweil,  Freiherren  von      ....       56 

—  -Unspunnen,  Freiherrn  von     ...       56 

—  Freiherr  Rudolf  von 147 

Wales,  Herzog  von       176.  177 

Wangen,  Heinrich  von 70.  152 

Wart,  Freiherrn  von 74 

—  Jakob  von 147.  148 

Wartenberg,  von  (Rheinthal)     ....       52 

Wartensee,  von  (Bodensee) 52 

Wartenstein,  Ulrich  von 150 

—  Heinrich  von,  genannt  Swaro  150 
Wasserstelz,  Reinhard  von 45 

—  Heinrich  von 70.  73*.  152 

Warwin,  Hellin  de 14 

—  Robert  de,  senechal  de  Flandre  16 

Weesen,  Stadt 51.  56 

Weißenburg,  P'reiherrn  von  ....     44.  82 

-  Freiherr  Rudolf  III.  von     ....     130 
Werdenberg,  Grafen  von         50.  74*.  76.  137 

—  -Heiligenberg,  Graf  Hugo  I.  von  34. 

48.  55.  83.  8i).  139.  140.  V,  7 


Seite 

Werdenberg-Heiligenberg,  Graf  Hugo  II. 

von 84.  87.  89 

—  Euphemia  von  Ortenburg,  Gräfin  von, 
Gemahlin  Graf  Hugos  II .     143 

—  -Heiligenberg,  Graf  Hugo  III.  von  .      89 

—  -Sargans,  Grafen  von 55 

—  —  Elisabeth  v.  Ortenburg-Krayburg, 
Gemahlin  Graf  Hartmanns  I.  von  142.  145 

—  —  Graf  Rudolf  II.  von  ....  154 
Wetzikon,  Ulrich  Freiherr  v.  70.  73*.  152.  153 

—  Johannes  von 154 

AVildenberg,  von       46 

Wildenburg,  Heinrich  von  .  .  154.  VIII,  a 
Wildgrafen  (von  Kyrburg  und  Dhaun)  182.  183 

Winchester,  Herr  von 171 

Windegg,  von 36.  59 

—  Diethelm  von 153 

Winkel,  Herren  im  (Schaffhausen)  .  45 
Winterberg,  von  (Zürich) 44 

—  Rudolf  von 147 

Winterthur,  Grafen  von,  s.  Kyburg    .  56 

—  Stadt 51.  56.  156.  IX,  s 

Wiß,  Ritter  Wisso 111.  112 

Witteisbach,  Graf  Otto  von 14 

Wolhusen,  Freiherr  Diethelm  I.  von  74. 

89.  137.  140 

—  Wernherv.,  Chorherr  zu  Beromünster  159 
Württemberg,  Grafen  von     56.  108.  180.  181 

—  Graf  Ulrich  I.  von 101 

Würzburg,  Konrad  von 167 

Zähringen,  Herzoge  von  .      47.  50.  137. 

138.  144.  155.  181 

—  Herzog  Konrad  von .     140 

—  Herzog  Berchtold  III.  von  .     .     .     .       11 
-.        -  -         IV.    -      15*.  18.  19,  141 

—  -  -  V.    -14.15*.  18.  19. 31 
Zatzikhofen,  Ulrich  von    ......     164 

Zebel,  Thomas  (Basel)  .  .  -.■  .  .  .  45 
Zebing,  Richard  von  .  .  14 
Zofingen,  Stadt 157* 

—  Kapitel  des  Stiftes  von       .     .     .     .   X,  15 
Zollern,  Grafen  von,  Burggrafen  von  Nürn- 
berg       43.  180,   181 

—  Konrad  I.,  Burggraf  von  Nürnberg       179 
Züri(;h,  Abtei  zum  Fraumünster  50 

—  Chorberrenstift  zum  (iroßmünster  50.  158 

—  Stadt 155,  156 

Zurzacli,  Ulrich  von      ....       155.  IX,  10 


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Verzeichnis  der  Tafeln  und  Text-Illustrationen. 
— ^ — 


Tafel       I.  Der  Reiterschild  von  Seedox-f. 

IL  Zierbeutel  mit  dem  Wappen  von  Strätlingen. 

III.  Wappen-Backsteine  von  St.  Urban. 

TV.  Miniature  aus  der  vita  Karoli.   —  Belehnung  und  Auszug  Rolands. 

Y.  Porträtsiegel. 

YI.  Heraldische  Bildsiegel  und  Schildsiegel. 

VU.  Siegel  mit  heraldischem  Schilde. 

-     YIII.  Helmsiegel  und  volle  Wappensiegel  (mit  Schild  und  Helm). 

IX.  Siegel  mit  kombinierter  Darstellung.  —  Biii-gersiegel.  —  Städtesiegel. 

X.  Geistliche  Siegel. 

Text- Illustrationen. 

1.  Siegel  des  Grafen  Chuno  von  Lenzburg.     1167. 

2.  -  -  Herzogs  Berchtold  Y.  von  Zähringen.     1187. 

3.  -  -  -  -         IV.     -  -  1177. 

4.  -  -  Grafen  Hartmann  von  Dillingen. 

5.  -  -  Freiherrn  Lütold  von  Regensberg. 

6.  Pfeilerrelief  im  Großmilnster  zu  Zürich. 

7.  8.  9.     Kapitellschmuck  im  Münster  zu  Basel. 

10.  Helmformen  aus  dem  Hortus  deliciarum. 

11.  Heraldische  Schilde  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo. 
l'J.     Bemalte  Helme  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo. 

13.  Krieger-Ausrüstung  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo. 

14.  Fahnen  und  Standarten  aus  dem  Carmen  de  hello  Siculo. 

15.  Rückseite  des  Reiterschildes  von  Seedorf. 

16.  Ueberreste  der  Schild-Beriemung. 

17.  Rekonstruktion  der  Schild-Beriemung. 

18.  Schildfessel  nach  einem  Siegel  des  Raoul  de  Fougeres. 

19.  Schild  mit  Eisenbeschläg.     Temple  Church,  London. 

20.  Romanische  Schildformen  nach  Siegeln. 

21.  Gotische  Schildfornien  nach  Siegeln. 

22.  Schildverstärkungen. 

23.  Wappen  der  Grafen  von  Froburg. 

24.  -  der  Yink. 

25.  -  des  Peter  de  Turre.     1227. 

26.  -  der  Meyer  von  Biel  und  der  Freiherrn  von  Kempten. 

27.  -  derer  von  Mandach,  von  Laubegg,  von  Felga. 


198  Verzeichnis  der  Tafeln  und  Text-Illustrationen. 

28.  Wappen  der  Schenk  von  Liebegg  und  der  Truchseß  von  Dießenhofen. 

29.  Adler  zu  Anfang  und  zu  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts. 

30.  Wappen  der  Freiherren  von  Teuffen  und  von  Tengen. 

31.  -         derer  von  Rorschach-Rosenberg. 

32.  -         der  Freiherren  von  Regensberg  und  derer  von  Lunkhofen. 

33.  -         der  Meyer  von  Erstfelden. 

34.  -         derer  von  Oberriedern. 

35.  -         derer  vom  Stein. 

36.  -  der  Freiherren  von  Montalt,  von  Vatz  und  von  Räzüns. 

37.  Siegel  des  Rudolf  von  Briens.     1252. 

38.  Wai)pen  der  Herren  von  Grandson,  Estavayer  und  Lasarraz. 

39.  Formen  des  Topfhelms  nach  Siegeln. 

40.  Englische  Original-Topfhelme. 

41.  42.     Formen  des  Kübelhelms  nach  Miniaturen. 

43.  Helmformen  aus  dem  Roman  des  Girard  d'Eufrate  (London). 

44.  Bemalte  Helme  (Weingartner  Liederhandschrift). 

45.  Helmkleinot  Königs  Richard  I.  von  England.     1189. 

46.  Zimierter  Helm  (Manesse-Codex). 

47.  Helm  mit  Hifthörnern  (Graf  von  Neiffen). 

48.  49.     Zimierte  Helme  nach  Siegeln. 

50.  Helm  des  Konrad  von  Maggenberg.  , 

51.  Helmbrisüren. 

52.  Hülfskleinot  mit  Schildbild. 

53.  Kopfdecke  des  Pferdes  nach  Miniaturen. 

54.  Kopfzierde  des  Pferdes.     Gügerel. 

55.  Bemalte  Sättel. 

56.  Achselschilde  (Ailettes). 

57.  Schildkleinot   mit  Wiederholung   der  Farben,   der  ganzen  Figur   und   eines  Teiles 
derselben. 

58.  Minnekleinot. 

59.  Hülfskleinot  mit  Wiederholung  der  Schildfarben. 

60.  Siegel  des  Grafen  Hartmann  des  Jüngern  von  Kyburg.     1284. 

61.  -         -         -  -  -     Aeltern     -  -  1241. 

62.  Damastmuster  auf  Siegeln. 

63.  Wappen  der  Grafen  von  Genf. 

64.  Brakteaten  von  Bern,  Basel,  Waadt. 

65.  Dolchknaufe  mit  Wappenschild. 

66.  Bronceschildchen  mit  Wappen  von  Braunshorn. 

67.  -  -  -        von  Tettingen. 

68.  Fassung  vom  Onyx  von  Schaffhausen. 

69.  Wappen  vom  Kästchen  von  Attinghusen. 

70.  Bildnis  Otto's  I.  von  Grandson  (Antependium  in  Bern). 

71.  Pfeilei'skulpturen  aus  der  Predigerkirche  in  Basel. 

72.  AVaffenrock  des  Herrn  von  Swanegow  (Manesse-Codex). 

73.  Schilde  aus  der  Weltchronik  des  Rudolf  von  P^ms  und  der  Vita  Karoli. 

74.  Helme  und  Krieger- Ausrüstung  aus  der  Weltchronik  des  Rudolf  von  Ems   und  der 
Vita  Karoli, 

75.  AVai)pen  des  Truchsessen  von  Singenberg  uiul  des  Ilartmann  von  Aue. 
7(i.  -  Heinrichs  II.  von  Strätlingen. 

77.  Schild  vom  Grabmal  der  (irätin  Elisabeth  von  Kyburg. 

78.  Grabmal  des  Konrad  von  Maggenberg  im  Kloster  Hautcrive. 

79.  Achselschild  vom  Grabmal  Graf  Rudolfs  von  Tierstein.     1318. 

80.  Schild  vom  Sarkophage  des  (irafcn  von  Kyburg  (Wettingen). 

81.  -  -  -  -  -         von  Habsburg  (Wettingen). 


Verzeichnis  der  Tafeln  und  Text-Illustrationen.  199 

82.  Grabplatte  der  Gräfin  Agnes  von  Tierstein.     XIV.  Jahrhundert. 

83.  Schild  auf  der  Grabplatte  der  Freiherrn  von  Tegerfeldeu  (AVettingen). 

84.  -         -       -  -             -             -           von  Klingen  (Wettingeu). 

85.  Grabstein  der  Gräfin  Elisabeth  von  Rapperswil  (AVurmsbach). 

86.  -  derer  von  Tierstein  und  Hohenklingen  zu  Basel. 

87.  -  Heinrichs  II.  von  Strätlingen  (AVettingen). 

88.  Siegel  des  Grafen  Hugo  von  Montfort.     1214. 

89.  -       des  Grafen  Rudolf  von  Habsburg.     1243. 

90.  -        -  -            -         -            -             12Ö9. 

91.  -       des  Freiherrn  Diethelm  von  AVolhusen.     1285. 

92.  -       des  Grafen  Ulrich  von  Kyburg.     1223. 

93.  -       des  Grafen  Ludwig  von  Froburg.     1286. 

94.  -       des  Chuno  von  Brienz.     1243. 

95.  -       des  Philipp  von  Brienz.     1275. 

96.  -       des  Truchsessen  Arnold  von  Habsburg.     1242. 

97.  -       des  Grafen  Volmar  von  Froburg.     1270. 

98.  -       des  Grafen  AA^ernher  von  Homberg.     1303. 

99.  -       des  Grafen  Rudolf  von  Neuenburg.     1243. 

100.  -       des  Rates  und  der  Bürgerschaft  von  Zofingen.     1278. 

101.  -       des  Rudolf  von  Habsburg,  Domherr  zu  Basel.     1252. 


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Corrigenda. 


Seite  80.  Rudolf  IV.  statt  Rudolf  der  Schweigsame. 

74.  92.  1318  statt  1308. 

144.  Ulrich  IV.  von  Neuenburg  statt  Ulrich  III. 

145.  Hermann  von  Rüßegg  statt  Heinrich. 


Tafel  Y. 


1. 

Albrecht  IV., 

2. 

3. 
Elisabeth 

Graf  von  Habsburg 

Wilhelm, 

von  Freiburg, 

und  Landgraf 

Seigneur  de  Prangins. 

Gräfin 

im  Elsaß. 

1245. 

von  Kyburg. 

1234. 

1303. 

Friedrich  III., 

Graf  von  Toggenburg. 

1287. 


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Gottfried  I., 

Graf  von  Habsburg- 

Lauffenburg. 

1271. 


6. 

Mechtildis 

von  Neiifen,  Gräfin 

von  Rapperswil. 

1263. 


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7.- 

Hugo  I., 
Graf  von  Werdenberg- 
Heiligenberg. 
1271. 


Ludwig  IL, 
Graf  von  Homberg. 

1280. 


9. 
Elisabeth, 

Gräfin 

von  Falkenstein. 

1307. 


Margaretha  von  Savoyen, 

Gräfin  von  Kyburg. 

1252. 


12. 

Elisabeth, 

11. 

d.  J.  Gräfin 

Amadeus  V., 

von  Kyburg. 

Graf  von  Savoyen. 

1270. 

c.  1290. 

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Reduziert  auf  *  r,  der  natürlichen  Größe. 


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Tafel  VI. 


1. 

Peter, 

Sohn  des  Grafen 

von  Greyerz. 

1260. 


2. 

3. 

Rudolf, 

Konrad 

Graf  von  Froburg, 

von  Bechburg 

Propst 

Domicellus. 

zu  Zofingen. 

1255. 

1245. 

4. 

Otto, 

Graf  von 

Falkenstein. 

1274. 


5. 

Gerung, 

Freiherr  von 

Kempten. 

1270. 


6. 

Rudolf 

vom  Stein. 

1316. 


Ulrich  IV,, 

Graf  von 

Neuenburg. 

1276. 


8. 

Lütold  VI., 

Freiherr 

von  Regensberg. 

1250. 


9. 

Gertrud, 

Gräfin  von  Habsburg 

10. 

und  Kyburg. 

Berthold 

1273. 

von  Bietenloh 

1278. 

11. 

Peter, 

Graf  von  Buchegg, 

Landgraf 

im  Buchsgau 

1218. 


12. 

Gottfried  I., 

Graf  von  Habsburg- 

Lauffenburg. 

1264. 


13. 

Gerhard, 

Prior  von 

Tuuchstetten. 

1256. 


Reduziert  auf  "lo  der  natürlichen  Größe. 


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Tafel  YIL 


1. 

Lütold  IV., 

Freiherr 

von  Regensberg. 

1219. 


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Wilhelm  IL, 

Graf  von  Genf. 

1219—1252. 


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7. 

Ulrich 

von 

Grünenberg. 

1280. 


10. 

Anna, 

Tochter  Graf 

Hartmanns  d.  J. 

von  Kybnrg. 

1276. 


Volmar 

von  Ligerz. 

1238. 


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Johannes 

von  Glarus. 

1297. 


8. 
Ludwig  IL, 

Graf 
von  Froburg 

1255. 


11. 
f     Burchard 
f  von 

V  Bremgarten. 
I         1250. 


4f 

3. 

Mathias 

von  Bebingen. 

1279. 


6. 

Hartmann, 

Graf 

von  Habsburg. 

1277. 


9. 

Paidolf, 

Graf 

.'ou  Rapperswil. 

1233. 


12. 

Ulrich 

von  Wartenstein, 

genannt  Swaro. 

1254. 


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Tafel  YIIL 


Diethelm 

von  Teuffen, 

Ritter. 

1273. 


Johannes 

von 
Büttikon. 

1291. 


3. 
Burchard 

von 

Egerdon. 

1252. 


4. 

Walther 

von  Elgg, 

Ritter. 

1263. 


5. 

7. 

8. 

Eberhard 

6. 

Kuno 

Johannes 

von 

Eberhard, 

von 

von 

Bichelsee. 

Graf 

Liebegg. 

Büttikon, 

1263. 

von  Lupfen. 
1280. 

1270. 

1255. 

Maugold, 

Graf 

von  Neuenbürg. 

1277. 


10. 

Hartmann  d.  Ä., 

Graf 

von  Kyburg. 

1239. 


11. 

Heinrich, 

Graf 

von  Veringen. 

1277. 


12. 
Burchard 

von 
Straßburc. 

1282. 


14. 

Heinrich 

von 

Wildenburg. 

1295. 


15. 

Eberhard, 

Graf 

von  Habsburg- 

Lauifenburg. 

1267. 


13. 

Rudolf, 

Graf 

von  Rapperswil. 

c.  1270. 


16. 

Wilhelm, 

Graf 

von  Arberg. 

1276. 


Keduziert  auf  -»'b  der  natürlichen  Größe. 


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Tafel  IX. 


Wm^ 

2. 

3. 

Vi 

\          1- 

Ulrich, 

Heinrich, 

Otto, 

Graf  von  Arberg. 

Vogt  von  Baden, 

Graf  von  Neuenberg, 

1251. 

1307. 

Herr  zu  Straßberg. 

1275. 

Schultheiß 

und  Burger 

von  Aarau. 

1270. 


5. 

Walther, 

Freiherr  von 

Hasenburg. 

1255. 


6. 

Ulrich  am  Ort, 

Schultheiß 

von  Zürich. 

1251. 


i. 

Burchard 

von  ützingeu. 

1277. 


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Schultheiß  Rudolf 

und  die  Burger 

von  Winterthur 

1252. 


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9. 

Rudolf 

von  Strätlingen, 

Herr 

zu  Wimmis. 

1259. 


10. 

Ulrich 

von  Zurzach, 

Bürger  von 

Schaffhausen. 

1290. 


11. 

Die  Burgerschaft 

von  Bern. 

1254. 


12. 

Schultheiß 

und  Burger  von 

Dießeuhofen. 

XIII.  Jahrh. 


13. 

Die  Stadt 

Delsberg. 

1276. 


Eeduziert  auf  ^/lo  der  natürlichen  Größe. 


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Tafel  X. 


1. 

2. 

Heinrich, 

Rudolf 

Magister  und 

vom  Stein, 

Vikar  des  Bischofs 

Rektor 

von  Konstanz. 

zu  Bdllingen 

1277. 

1278. 

3. 

Gottfried  Mülhier, 

Rektor 

zu  Küßnacht. 

1303. 


Hermann 

von  Rüßegg, 

Leutpriester 

der  Abtei  Zürich. 

1278. 


Weruher  Blum, 
Propst  des 

Chorherren  Stifts 

zu  Zürich. 

1256. 


6. 

Konrad 

von  Liebenfels, 

Abt  von 

Allerheiligen. 

1309. 


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7. 

8. 

TomasiuS; 

Rudolf 

Bischof 

von  Glarus. 

'on  Corona. 

Rektor 

1299. 

zu  Höngg. 

1297. 

9, 

10. 

12. 

Ulrich 

Johannes 

11. 

Heinrich 

von  Landenberg, 

Schäflin, 

Friedrich  II. 

von  Hasenl)urg, 

Propst 

Chox-herr 

von  Montfort, 

Chorherr 

zu  Beromünster. 

zu  Zürich. 

Bischof 

von  St.  Ursin. 

1306. 

1272. 

von  Chur. 
12     . 

1268. 

13. 

Konrad 

von  Göskou, 

Propst  zu 

Schönenwerd. 

1299. 


14. 

16. 

Rudolf  II. 

Dietrich 

von  Habsburg, 

15. 

von  Hallwil, 

Bischof 

Gegensiegel 

Propst 

von  Konstanz. 

des  Kapitels 

zu  Beromünster 

1288. 

von 

Zotiugen. 

XIII  J 

Ende  XHI.  .1. 

Reduziert  auf  '/lo  der  natürlichen  Größe. 


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