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GESCHICHTE
DER
K. UND K. KRIEGSMARINE
IlL TEIL
DIE K. K. KRIEGSMARINE
IN DEM ZEITRAOMK VON 1848-1871
IIL BAND
1866
AVIEN 1906
YERUG DES K. UND K. REICUSKRIEUSMIMSTERIUMS, MARINESEKTION
OBDCK DIB K. K. BOF- VXD MTAATSDBUCCBBXl
IN KOMMISSION BEI GEROLD k Co., WIEN.
GESCHICHTE
DER
K. K. KRIEGSMARINE
WÄHREND DES
KRIEGES IM JAHRE 1866
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NACH AUTHENTISCHEN QUELLEN VERFASZT
VON
JOSEF FLEISCHER
X. U. K. UXIXHSCHirFSLXUTRAVT D. R.
ALS BEITRAG ZUR GESCHICHTE DER K. U. K. KRIEGSMARINE III. TEIL,
PERIODE 1848 — 1871
MIT vfER PORTRÄTTAFELN IN HELIOGRAVÜRE,
SECHS KARTEN, FÜNF PLÄNEN UND VIER SKIZZEN
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EN 1906
YERLA6 DES K. UND K. REIGHSKRIEGSMINISTERIUMS, MARINESEKTION
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IN KOMMISSION BEI GEROLD k Co., WIEN.
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APR29 192 t
Vorwort.
In dem vorliegenden Werke sollen die denkwürdigen kriegerischen
Ereignisse, welche sich während der kurzen Kampagne im Sommer des
Jahres 1866 sowohl auf der Adria wie auch auf dem Gardasee abspielten,
eine möglichst getreue und den Tatsachen entsprechende Schilderung
finden.
österreichischerseits bestanden lange Jahre hindurch an beachtens-
werten Schilderungen dieser Ereignisse bloß diejenige des k. k. General-
stabes (herausgegeben im V. Bande des Werkes: »östreich's Kämpfe im
Jahre 1866*), die des damaligen k. k. Generalstabshauptmannes Alexander
Hold«) in seinem Werke : , Geschichte des Feldzuges 1866 in Italien*
sowie endlich jene, die in der Marinezeitschrift: »Archiv für Seewesen*
8. und 9. Heft des Jahrganges 1866, enthalten ist.
Die erste dieser drei genannten Schilderungen trägt einen offiziellen
Charakter; ihrer Bearbeitung liegen die Berichte des Inselkommandos von
Lassa sowie jene des k. k. Eskadrekommandos zu Grunde. Sie kann des-
halb, was die Vorfallenheiten auf österreichischer Seite anbelangt, auf
volle Authentizität Anspruch machen, dagegen stimmt sie in manchen
Punkten mit den italienischen Berichten über die Vorfälle auf italienischer
Seite nicht ganz überein.
Auch die beiden anderen erwähnten Arbeiten, welche noch unter
dem frischen Eindrucke der eben erlebten Ereignisse geschrieben wurden,
besitzen zwar bezüglich ihrer Darstellungsweise einen nicht zu imter-
schätzenden Wert, aber auch ihnen haften Irrtümer an, deren Ursprung
in der Unkenntnis mancher Vorgänge auf italienischer Seite gesucht
werden muß.
In neuerer Zeit — 1896 — gesellte sich hiezu das äußerst verdienst-
voDe Werk des k. L Regierungsrates Ferdinand Ritter v. Attlmayr »Der
<) Des nachmaligen FZM. Riller v. Hold.
Krieg Österreichs in der Adna 18(56", eine seekriegsgeschichtliche Studie,
wie es der Verfasser selbst bezeichnet. In gediegener und sachlicher
Weise werden in demselben, besonders auf österreichischer Seite, die
einzelnen Phasen der denkwürdigen Kampagne vom Beginne der Aus-
rüstung der Flotte bis zu ihrem Schlüsse vom kritischen Standpunkte des
Politikers, Seemanns und Taktikers beleuchtet und der Schwerpunkt
darauf gelegt, die Erwägungen zu erörtern und zu begründen, welche bei
den verschiedenen Begebenheilen zu den jeweiLgen Maßnahmen und
Handlungen führten.
Aber so lehrreich und geradezu meisterhaft Attlmayr den Stofifvon
diesem dreifachen Standpunkte aus behandelt hat, so ist — es läßt sich dies
nicht verhehlen — der eigentliche historische Teil hiebei etwas zu kurz
gekommen, besonders in der Schilderung der Ereignisse auf italienischer
Seite, wo manche Begebenheiten eine eingehendere Besprechung verdient
hätten, um den richtigen Einblick zu gewinnen. Ferner läßt sich die zu nach-
sichtige Beurteilung, die Admiral Persano und seine Unterbefehlshaber
bei ihm finden, nach dem heutigen Quellenmal erial nicht mehr aufrecht-
erhalten.
Auch italienischei-seits bestand längere Zeit nach 1866 außer der
Anklageakte im Prozeß Persano kein nach authentischen Quellen verfaßtes
Geschichtswerk über die Seekampagne dieses Jahres, denn von der vom
Admiral Persano zu seiner eigenen Verteidigung und ganz in seinem
Sinne verfaßten Broschüre: ,1 fatti di Lissa", die von Unrichtigkeiten —
um keinen anderen Ausdmck zu gebrauchen — geradezu strotzt, kann
füglich Abstand genommen werden, da sie für den Geschichtschreiber nur
einen ganz geringen Wert besitzt.
Das italienische Generalstabswerk: , La campagna del 1866inltalia'',
1 875 geschrieben, dessen maritimer Teil aber erst zwanzig Jahre später
erschien, hat zwar im großen und ganzen das Bestreben, eine gewissen-
hafte Darstellung der Begebenheiten zu bringen, gleichwohl geht dasselbe
über alle jene dunklen Punkte, welche gerade einer Aufhellung oder in-
tensiveren Besprechung bedurft hätten, mit Stillschweigen oder nur ganz
kurz hinweg, es dem Scharfsinne des Lesers überlassend, das Weitere zu
erraten und die Schlußfolgerungen zu ziehen. Auch sträubt sich dasselbe
noch immer, den Erfolg des Gegners voll imd ganz anzuerkennen, was an
der sichtbaren Tendenz, die Seeschlacht von Lissa unbedeutender er-
scheinen zu lassen imd die Tragweite derselben herabzusetzen, deutlich
wahrnehmbar ist.
J
VIT
Heute, wo der Schleier über die Ereignisse des Jahres 1866 voll-
kommen gelüftet ist, macht man aber in den vorurteilsfreien Kreisen
Italiens kein Hehl mehr aus Tatsachen, welche nun nicht mehr wegzu-
leugnen sind, die jedoch zuzugeben sich früher das Nationalgefühl heftig
gesträubt hatte. Man weiß dort heute sehr gut, daß der Sieg der öster-
reichischen Flotte bei Lissa ein vollständiger gewesen sowie daß das von
ihr ins Auge gefaßte Ziel — - die Insel Lissa zu entsetzen — durch den-
selben erreicht wurde, während die der eigenen Flotte zugefallenen Auf-
gaben ungelöst blieben. Ebenso ist es aber auch heute allgemein bekannt,
daß, wenngleich der größte Anteil an dem Mißerfolge der ganzen Kam-
pagne dem Admiral Persano zuzuschreiben ist, die ihm unterstehenden
Admiräle sowie einzelne Kommandanten sich nicht minder grobe Fehler
zu Schulden kommen ließen, so daß auch diese mitverantwortlich gemacht
werden müssen.
Wenn dem nicht schon früher derart Ausdruck gegeben wurde wie
in neuerer Zeit, so ist der Grund hievon nur darin zu suchen, daß man
während der Konsolidierung des jungen Königreiches Italien nach voll-
brachtem Einigungswerke ein ebenso großes politisches wie patriotisches
Interesse daran fand, die Wunde langsam verheilen zu lassen, welche
dem nationalen Stolze durch die Niederlage der Marine, auf welche man
so große Hoffnungen gesetzt hatte, geschlagen worden war, daß femer
auch eme gewisse Rücksichtnahme auf viele damals noch lebende Per-
sönlichkeiten mit die Veranlassung war, die offene Besprechung von Tat-
sachen, welche weder diesen noch der Marine angenehm sein konnte,
vorläufig zu unterlassen.
Im Verlaufe der Jahre sind nun fast alle jene Persönlichkeiten,
welche bei den damaligen Kriegsereignissen eine hervorragende Rolle
spielten oder in irgend einer Weise kompromittiert waren, aus dem Leben
geschieden und mit dem im Jahre 1886 erschienenen Werke des italieni-
schen Kammerdeputierten C. Randaccio „Storia delle marine militari
italiane dal 1750 al 1860 e della marina militare italiana dal 1860 al
1870* wurde, wie dieser selbst in seiner Vorrede zugibt, die Bahn für
eine rückhaltlose Besprechung der Seekampagne des Jahres 1866 ge-
brochen.
Dieser mit dem Seewesen äußerst vertraute Autor, dem in seiner
Eigenschaft als Deputierter die Archive der königlichen Marine leicht zu-
gänglich waren, bespricht in dem genannten Werke mit anerkennens-
werter Offenheit die Mängel und Schäden der damaligen jungen natio-
naleo Marine und deckt ohne Scheu die Fehler auf, welche während der
ganzen Kampagne von den leitenden Persönlichkeiten begangen wurden.
Zum ersten Male auf italienischer Seite begegnet man aber auch einer
offenen und unparteiischen Würdigung der LeLetungen der Österreichischen
Flotte unter ihrem heldenmütigen Ädmira!, dessen glänzende Eigeii-
Bchallen und große Verdienste Randaccio in beredter Weise hervorhebt,
ein Akt, welcher nicht nui" jenen, sondern auch ihn selbst ehrt.
Der genannte italienische Geschichtsschreiber hat bezüglich der
Darstellung der Seekampagne des Jahres 1806 mit aus denselben Quellen
geschöpft, welche auch ich benützt habe und welchen wohl jeder spätere
Geschichtsschreiber dieser Kampagne wird folgen müssen, nämlich den
Verhandlungen während des Prozesses Persano im stenographischen Aus-
züge: ,Rendiconti delle udienze pubbhche dell'atta corle di giustizia nell
dibattimento del processo Persano. Edizione ufficiale del Senato del
Begno. Firenzo 1867", mit dem vielen in diesen Akten vorkommenden
Beweismaterial.
Unter diesem bildet die Anklageakte allein ein so ausführliches und
meisterhaft verfaßtes Elaborat, daß man, sich ihrer bedienend, alle
wichtigen Ereignisse auf italienischer Seite bis in ihre Details verfolgen
und sich dann unter Vergleichung mit den betreffenden Zeugenaussagen
ein ziemlich richtiges Urteil über dieselben bilden kann. Randaccio hat
dieses Material noch mit neuen Angaben und Beweisstücken aus dem
Marinearchive bereichert, wodurch sich Lücken ergänzt haben und eine
sehr genaue Einsicht in die damahgen Verhältnisse der italienischen
Marine ermöglicht ist.
Unter sorgfältiger Vergleichung und Verwertung des gesamten bis-
her genannten Quellenmaterials die in mehrfacher Hinsicht interessante
Seckampagne in allen ihren verschiedenen Phasen auf beiden Seiten
gleich eingehend behandelt, zum besseren Verständnis der einzelnen Be-
gebenheiten sowie auch zur richtigen Beurteilung der belreCfenden Per-
sönlichkeiten die nötigen Details gebracht. Angaben, die sich in der bis-
herigen gegenseitigen Darslelluiigsweise nicht deckten, näher untersucht und
das zu ihrer Aufklärung nötige Material geliefert zu haben, damit die Wahr-
heit ergründet werde oder wenigstens ein der Wirklichkeit so nalie als
möglich kommendes Bild entstehe — dies war die vornehmste Aufgabe des
vorliegenden Werkes. Die für Venedig und das Lagunengebiet getroffenen
Maßnalimen und Vorbereitungen, welche jedoch zu keiner ernsten kriege-
rischen Betätigung führten, wurden der Vollständigkeit halber gebracht.
J
IX
Bezüglich der Ereignisse am Gardasee war es des ZusammenhaDges
wegen angezeigt, außer der Schilderung der Tätigkeit der k. k. Schiffe
auch eine kurze aUgemeine Darstellung der wichtigsten kriegerischen
Ereignisse in Südtirol zu geben, um den Leser in den Stand zu setzen, die
von der k. k. Flottille geleisteten Dienste nach ihrer vollen Bedeutung
würdigen zu können.
Die beigeschlossenen Schlachtpläne sollen hauptsächlich den Zweck
erfüllen, dem Leser eine allgemeine, übersichtliche Darstellung der
Bewegungen der beiden Flotten während der Schlacht zu geben und ihm
die Art und Weise vor Augen führen, wie sich die Hauptphasen derselben
entwickelten. Es ist selbstverständhch, daß sich ohne Verletzung der
historischen Treue bei dem raschen, kaleidoskopartigen Wechsel der
SchifiEsbewegungen während der Melee nichts Ähnliches hätte feststellen
lassen, daher auch nur jene Momente skizziert werden konnten, welche
vor dem Anfange und nach dem Ende derselben lagen.
L eitmeritz, im April 1905.
Der Verfasser.
xn
5. Kapitel.
Seite
Unvermutetes Erscheinen der österreichischen Eskadre vor Ancona am
27. Juni. — Verfassung der italienischen Flotte an diesem Tage. —
Formierung derselben unter Monte Gonero und Rückkehr nach An-
cona. — Kriegsrat am Bord des , Principe di Garignano'. — Ungünstiger
Eindruck auf der Flotte. — Bemerkungen über das Verhalten des
Admirals Persano. — Depeschen Wechsel und Korrespondenz zwischen
dem Admiral und dem Marineminister. — Neue Instruktionen. — De-
peschenwecbsel. — Kreuzung der italienischen Flotte in der Adria vom
8. bis 13. Juli und ihre Rückkehr nach Ancona. — Briefwechsel
des Admirals mit dem Marineminister. — Sein Verhalten. — Ministerri^
im Hauptquartier des Königs. — Schreiben des Generals LaMarmora
an den Admiral Persano. — Beratungen über ein Unternehmen gegen
die Insel Lissa. — Beschluß desselben. — Auslaufen der Flotte nach
Lissa. — Tagesbefehl an die Flotte 82—132
6. Kapitel.
Beschreibung der Insel Lissa. — Ihre Wichtigkeit für die Franzosen
und Engländer zu Anfang des XIX. Jahrhundorts. — Befestigungsbauten
der Engländer. — Fortsetzung derselben durch die Österreicher. — Stand
der Werke Ende Juni 1866. — Stärke der Garnison. — Kurze Beschrei-
bung der Werke 133—144
7. Ki^iitel.
Fahrt der italienischen Flotte gegen Lissa. — Rekognoszierungsfahrt des Stabs-
chefs d*Amico und Rapport desselben. — AngrifTsplan des Admirals
Persano. — Mission Sandri. — Angrif! der italienischen Flotte auf die
Insel lissa am 18. Juli. — Kontrcadmiral Vacca vor Gomisa. — Vize-
admiral Albini vor Porto Manego. — Angriff der Gruppen Persano und
Riboty auf S. Giorgio. — Explosion in der Batterie Schmidt. — Mifi-
glfickter Versuch der Panzerfregatten, Maria Pia" und «SanMartino", die
Hafeneinfahrt zu forcieren. — Eingreifen der Gruppe Vacca. —
Schweigen der Batterien mit Ausnahme jener von Wellington, Bentink
und Zupparina. — Ende des Kampfes am 18. Juli. — Zustand der Werke
und der Garnison. — Resultat der Mission Sandri. — Schwacher Angriff
am 19. Juli vormittags. — Ankunft von Verstärkungen. — Dispositionen
für den Angriff am Nachmittag. — Kampf der .Formidabile' mit der
Batterie Madonna. — Resultat desselben. — Mißlingen der Landung des
Vizeadmirals Albini. — Benehmen desselben. — Ende des Kampfes am
19. Juli. — Zustand der Werke Lissas und deren Verluste. — Kritische
Lage des Admirals Persano. — Beschlußfassung. — Situation der
italienischen Flotte während der Nacht — Beratung am Morgen des
20. Juli am Bord des «R^ dTtalia*. — Erseheinen der österreichischen
Bskadre 14ö— 184
xni
Seite
8. Kapitel.
Verteidigungsanstalten der Garnison von Lissa (Ür den 20. Juli. — Die
österreichische Eskadre in Fasana. — Einlangen der ersten Nachrichten
vom Angriffe der italienischen Flotte auf Lissa. — Entschluß des Kontre-
admirals v. Tegetthoff, zum Entsätze auszulaufen. — Abfahrt der
k. k. Eskadre am 19. Juli mittags. — Fahrt derselben gegen Lissa. —
Die italienische Flotte am Morgen des 20. Juli. — Seeschlacht von
Lissa. — ÜberschiOung des Admirals Persano auf den «Affondatore*. —
Die österreichische Panzerdivision durchbricht die italienische Schlacht-
linie. — Die italienische Tetegruppe fällt gegen die österreichischen
Holzdivisionen ab. — Die italienische Queuegruppe ahmt dieses
Manövernach. — Kommodore v.Petz wirft sich der letzteren entgegen. —
Erstes Engagement des Linienschiffes ^Kaiser* mit dem ,Affondatore*. —
Sein Kampf mit dem ,Re di Portogallo* und Rückzug nach Lissa. —
Kontreadmiral t. Tegetthoff greift die feindliche IGttelgnippe an. —
Auflösung des taktischen Yeribandes und Beginn der Melee. — Wieder-
holtes Rammen des österreichischen Admiralschiffes ,Erzh. Ferdinand
Max*. — Untergang des ,R6 dUtalia.' — .Palestro* in Brand. —
Sammlung der italienischen Panzerschiffe durch Kontreadmiral Vacca. —
Untätigkeit der italienischen Holzflotte. — Zweites Engagement des
Linienschiffes «Kaiser'* mit dem .Affondatore*. — Vereinigung der
österreichischen Holzschiffe mit den Panzerschiffien. — Kontreadmiral
V. Tegetthoff foimiert seine Eskadre in drei Kolonnen. — Uaent-
schlossenheit in der Führung auf italienischer Seite. — Zweckloses
Hin- und Herfahren der italienischen Flotte. — Ende der Schlacht. —
Rückzug der italienischen Flotte. — Auffliegen des «Palestro**. —
Einlaufen der österreichischen Eskadre in den Hafen von S. Giorgio. —
Beiderseitige Verluste. — EskadrebefehL — Ernennung Tegetthoffs
zum Vizeadmiral. — Rückkehr der k. k. Eskadre nach Fasana 185—337
9. KapiteL
Die Kämpfe der einzelnen Schiffe 238—299
A. Österreicher:
L Division (Panzer) 238—250
11. , (schwere Holzschiffe) 250—256
IIL , (Kanonenboote) 256—261
Raddampfer 261—265
B. Italiener:
Panzerschiffe 265—299
Holzschiffe ^. . 299
10. Kapitel.
Allgemeine Betrachtungen über die Seeschlacht von Lissa 300 — 327
XIV
Seite
11. Kapitel.
Vorbereitungea der k. k. Eskadre fQr eine eyentuelle Wiederaufnahme der
Feindseligkeiten. — Auslaufen derselben nach Triest. — Waffen-
stillstand. — Flottenrevue durch Seine k. k. Hoheit Erzh. Albrecht. —
Schreiben desselben an Vizeadmiral ▼. Tegetthoff. — Anerkennungen
und Auszeichnungen. — Auflösung der k. k. Eskadre. — Abschiedsbefehl
des Vizeadmirals v. Tegetthoff 328—338
12. Kapitel.
Telegramm des Admirals Persano an den Marineminister Ober die
Seeschlacht von Lissa. — Antwort des letzteren. — Allmähliches
Bekanntwerden des Verlustes dieser Schlacht. — Eindruck auf
die Bevölkerung. — Maßnahmen der Regierung. — Petition der Stadt
Genua. — Enthebung des Admirals Persano vom Kommando der
Operationsflotte. — Kreierung einer Operationseskadre unter Kontre-
admiral Vacca. — Untergang des «Affondatore* auf der Rhede von
Ancona. — Auflösung der Operationseskadre. — Der Prozeß Persano.
— Schlußwort 339—358
Beilagen:
A. Stand und Armierung der königlich italienischen Operationsflotte im
Jahre 1866 361
B. Stand und Armierung der k. k. operativen Eskadre im Jahre 1866 362
I. Bericht des Vizeadmirals v. T e ge tth of f über die Seeschlacht von Lissa 363 — 368
II. Auszug aus dem Bordjournale S. M. Panzerfregatte «Erzh. Ferdinand Max* 369 — 37 1
ni. Bericht des Admirals Persano über die Seeschlacht von Lissa 372 — 384
IV. , , Linienschiffsleutnants £d. Gualterio vom ,R^ dltalia* . 385 — 387
V. , ^ Linienschiffs-Unterleutnants Fabrizio Fabrizi vom
,Palestro* über die Aktion am 20. Juli 1866 388—389
VI. Zeugenaussagen und Dokumente bezüglich der Tätigkeit des ,Affon-
datore« in der Schlacht 390—417
VII. Gutachten der Sachverständigen über den «Affondatore" 418 — 429
Femer 4 Karten, 5 Pläne, 4 Skizzen und 3 Porträttafeln, und zwar :
\/ Karte I Ankerplatz der operativen Eskadre auf der Rhede
von Fasana zu Seite 51
/ , II Verschärfte Rekognoszierung der k. k. Eskadre
vor Ancona 27. Juni , , 77
>/ , ni Detailkartc der Insel Lissa mit der damaligen
Befestigung , , 133
/ „ IV Kampf der «Formidabile* mit der Batterie Madonna
im Hafen von S. Giorgio , . 170
y Plan I Situation der beiden Flotten zu Beginn der Schlacht
10»^ 43« a. m , , 193
XV
S«ite
VPlan II Durchbrechen der italienischen Schlachtlinie
seitens der österreichischen Panzerdivision
10^ bO"^ a. m. Zweiter Offensivstoß der Oster-
reichischen Panzerdivision und Engagement der
Gruppe Riboty mit der österreichischen Holz-
flotte 1 1^ a. m. Beginn der Melee zu Seite 306
/ 0 m RQckzug des Linienschiffes ^Kaiser' nach S. Gior-
gio, n. Engagement desselben mit dem ^Affon-
datore*. Die Holzflotte des Vizeadmirals Albini , , HS
^ , IV Ende der Meiee. Vereinigung der österreichischen
Holzschiffe mit den Panzerschiffen. 12^ 10°^ bis
1 2^ 55°^. Formierung der österreichischen Eskadre
in drei Kolonnen. Formierung der italienischen
Flotte , ^ 219
^ , V Situation der beiden Flotten gegen 1*^ p. m. Ende
des Kampfes. Situation der beiden Flotten nach
Beendigung der Schlacht 2^ 15°^ bis 6*" p. m ^ , 225
y Skizze I Marschordnung der k. k. Eskadre , , 49
v^ , II , ^ italienischen Flotte , , 70
^ , III Schlachtordnung der italienischen Flotte , ^ 374
^ , rV Das Vorschiff S. M. Panzerfregatte , Erzh. Ferdinand
Max "bezüglich des Eindringens in den «Rödltalia'^ , , 244
v/Porträttafel des Lk.EskadrekommandantenKontreadmirals
WilheUnv. Tegetthoff 39
v^ 9 des k. k. Kommodore Anton v. Pe tz , , 200
y , fi n « Linienschiffdkapitäns Max Freiherr v.
Sterneck , , 240
IL Abschnitt.
Die k. k. Lagnnenflottille in Venedig.
AasrQstung und Indienststellung der k. k. Lagunenfahrzeuge. — Spenning der
Hafeneinfahrten von Chioggia und Malamocco. — Obergabe des k. k.
Seearsenals an die königliche italienische Marine. — Stand und Armierung
der k. k. Lagunenflottille in Venedig im Jahre 1866 433—436
y Karte der Hafeneinfahrten von Venedig.
in. Abschnitt.
Die k. k. Gardaseeflottille.
Ausrüstung und Indienststellung der Flottille. — Kreuzungen und Scharmützel
der verschiedenen Schiffe sowie der ganzen Flottille. — Kampf des , Wild-
fang* mit der Batterie von Gargnano und Wegnahme des italienischen
Raddampfers .Benaco*^ durch ^Wildfang** und »Scharfschütze*'
XVI
Seite
(20. Juli). — Kampf der Flottille mit den italienischen Kanonenbooten top
Salö. — Kritische Lage der österreidiischen Truppen in Südlirol. — Dienste
der Flottille in diesem Stadium. — Besetzung und Haltung von Riva. —
WaffenstiUstand. — Abrüstung der Flottille. — Übergabe derselben an die
Italiener. — Auszeichnungen 443 — 462
V Karte des Gardasees 445
^ Porträttafel des Korvettenkapitäns Moriz v. Maufroni 443
Schlußwort 463
Benutzte Quellenwerke :
Von österreichischer Seite:
, Der Kampf auf dem Adriatischen Meere im lahre 1866*, Separatabdmek aus
dem V. Bande „Österreichs Kämpfe im Jahre 1866*, herausgegeben vom k. k. General-
stab. Wien 1869.
„Geschichte des Feldzuges 1866 in Italien* von Alexander Hold, k. k. Hauptmann
im Generalstabe. Wien 1867.
„Archiv für Seewesen*, Jahrgang 1866, Heft 8 und 9.
„Aus Wilhehn v. Tegetthoffs Nachlaß* von Adolf Beer. Wien 1882.
„Der Krieg Österreichs in der Adria im Jahre 1866.* Seekriegsgeschichtliche
Studie von Ferdinand Ritter v. Attlroayr. Pola 1896.
«Der militärische Maria Theresien-Orden*. lU Abteilung 1850 bis 1878.
„Die Kanoniere von Lassa* von Wilhelm Knobloch. Pola 1896.
Diverse Notizen und das Tagebuch des Verfassers aus jener Zeit.
Von italienischer Seite:
„Rendiconti delle udienze pubbliche dcll alta Corte di giustizia nel dibattimento
del processo Persano.* Edizione ufQciale del Senato del Regno. Flrenze 1867.
„I fatti di Lissa* di Carlo di Persano. Torino 1866.
C. Randaccio: „Storia dclle marine militari italiane dal 1750 al 1860 e della
marina militare italiana dal 1860 al 1870.* Roma 1886.
„La campagna del 1866 in Italia*, redatla dalla Sezione Storica del Corpo di
SUto Maggiore. Roma 1875 bis 1895.
„Memorie autobiografiche di Giuseppe Garibaldi.* Flrenze 1888.
Diverse Zeitschriften und Zeitungen aus dem Jahre 1866.
I. Abschnitt.
Die Seekampagne auf der Adria.
Mit vier Karten, fünf Plänen und vier Skizzen, femer
drei Porträttafeln in Heliogravüre.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine IMMi.
1. Kapitel.
Einleitaiig. — Die italienisch« Murine anfangs 186A. — Kreierung einer Operationtflotte. — KriegtTOiberei-
tnogen. — Admiral Persano. — Stand und Armierung der italienischen Operationsflotte. — Tabelle
Beilage A.
Der politische Himmel zeigte sich zu Anfang des Jahres 1866 für
Österreich stark umdüstert. Auf zwei Seiten begann es zu blitzen und
dumpf grollend ließ sich der Donner des im Anzug befindlichen Gewitters
aus der Ferne vernehmen. Die alte ehrwürdige Monarchie stand abermals
am Vorabend großer, tief in ihr Geschick einschneidender Ereignisse.
Österreich und Preußen hatten zwei Jahre zuvor im Norden gemein-
schaftlich gesiegt, Schleswig-Holstein war gemeinschaftlicher Besitz der
beiden Sieger geworden, aber eben diese Gemeinschaft sowie die schon
seit Jahren zwischen den beiden führenden Staaten Deutschlands be-
stehende Rivalität enthielten die Keime eines unvermeidlichen Konfliktes.
Nach längeren, fruchtlosen Verhandlungen fühlte man es auf beiden
Seiten heraus, daß hier unüberbrückbare Gegensätze vorhanden seien,
daß der Appell an die Wafifen unvermeidlich geworden. Ebenso war es
das junge Königreich Italien, welches, die entstandene Lage benützend,
die Zeit für gekommen erachtete, seine auf die Annexion Venetiens
gerichteten Pläne, die noch dazu von der öffentlichen Meinung Italiens
laut gefordert wurden, nunmehr zur Ausführung zu bringen.
Die preußische Politik kam ihm hiebei entgegen, denn sie hatte in
Voraussicht der Dinge die Mitwirkung Italiens im Kampfe gegen Österreich
in ihr Programm aufgenommen. Das Ministerium La Marmor a, bereit-
willig auf die Ideen Bismarcks eingehend, sandte den General Govone in
militärisch-politischer Mission nach Berlin. Nach kurzen Verhandlungen
zwischen den beiden Mächten war ein Bündnis zu stände gekommen und
am 8. April der Offensiv- und Defensivvertrag unterzeichnet worden.
Die Würfel waren gefallen und man trieb bereits dem Kriege zu.
Von den Großmächten unternommene Versuche zur Bildung eines Kon-
gresses konnten unter solchen Umständen keine Aussicht auf Erfolg
haben und die schon seit einiger Zeit betriebenen Rüstungen Preußens
und Italiens wurden vielmehr von denselben mit verdoppeltem Eifer fort-
gesetzt.
Auch in Österreich, welches diesmal einen Krieg auf zwei Seiten
zu führen hatte, in dem es abermals so gut wie allein dastand, waren die
Kriegsvorbereitungen mit aller Macht in Angriflf genommen worden.
Während aber der weitaus größte Teil der kaiserlichen Armee unter
FZM. Ritter V. Ben edek als Nordarmee in Böhmen und Mähren gegen
Preußen konzentriert wurde, blieb für die Südarmee unter Erzh. Albrecht
in Italien nur die bescheidene Ziffer von 80.000 Mann zur Verfügung,
denen 200.000 Italiener gegenüberstanden.
Die außerordentliche Überlegenheit an Streitmitteln, welche sonach
Italien in dem Kriege gegen Österreich diesmal zu Gebote stand, ward
aber noch durch den Besitz einer äußerst starken Flotte erhöht, welche
durch die Aufnahme der ehemaligen neapolitanischen und sizilischen
Marinen sowie durch eine außerordentliche Energie in der Erwerbung
neuer Kriegsschiffe binnen wenigen Jahren entstanden war. Die italienische
Regierung hatte den Kostenaufwand von nahezu 200 Millionen Franken
nicht gescheut, um sich eine Flotte zu schaffen, die der Großmachtstellung
des neuen Königreiches Italien entsprechen und namentlich ein kräftiges
Angriffsmittel gegen Österreich bilden sollte.
Der Umwälzung folgend, die der Obergang zur Panzerflotte in allen
Marinestaaten herbeiführte, wandte man auch in ItaUen alles daran, um
die Flotte durch Panzerschiffe bester Konstruktion und schwerster Armie-
rung auf eine den Anforderungen der Neuzeit entsprechende Höhe zu
bringen.
Dank dieser außerordentlichen Tätigkeit sowie den vom Lande
bereitwillig bewilligten Geldmitteln verfügte die italienische Kriegsmarine
zu Anfang des Jahres 1866 über nachstehende Schiffe:
L Kriegsschiffe:
a) 12 Panzerschiffe, und zwar:
7 Panzerfregatten:
Ri d'Italia^ Holzkonstruktion, vollständig mit 11 cm Platten gepanzert,
5700 Tonnen Deplacement, 800 Pferdekräfte, 12 Meilen Ge-
schwindigkeit, 600 Mann Bemannung ;
36 Geschütze : HO cm gezogene Stahlreif- Armstrong, 150pfundig,
16 20 em gezogene, bereifte, französisches System,
14 16 et» Cavalli,
4 glatte SOpfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
B^ di Portogallo, Holzkonstruktion, vollständig mit II ctn Platten ge-
panzert, 5700 Tonnen Deplacement, 800 Pferdekräfte, 12 Meilen
Geschwindigkeit, 550 Mann Bemannung;
28 Geschütze : 2 25 cm gezogene Stahlreif- Armstrong, 300pfündig,
12 16 cm bereifte, französisches System,
14 16 cm CavaUl,
6 8 ctn gezogene Landungsgeschütze.
AncoDE und Castelfldardo^ Eisenkonstruktion, vollständig mit 1 1 cm
Platten gepanzert, 4250 Tonnen Deplacement, 700 Pferdekräfte,
13 bis 14 Meilen Geschwindigkeit, 484 Mann Bemannung;
27 Geschütze: 22 16 cm bereifte, französisches System,
1 16 cm Cavalli,
4 glatte 80pfünder,
5 8 et» gezogene Landungsgeschütze.
Maria Pia, Eisenkonstruktion, vollständig mit 1 1 cm Platten gepanzert,
4250 Tonnen Deplacement, 700 Pferdekräfte, 13 bis 14 Meilen
Geschwindigkeit, 484 Mann Bemannung ;
26 Geschütze: 18 16 cw bereifte, französisches System,
4 16 cm Cavalli,
4 glatte SOpfünder,
5 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
San Martine, Eisenkonstruktion, vollständig mit 1 1 cm Platten ge-
panzert, 4250 Tonnen Deplacement, 700 Pferdekräfte, 13 bis
14 Meilen Geschwindigkeit, 484 Mann Bemannung;
26 Geschütze: 16 16 cm bereifte, französisches System,
6 16 cm Cavalli,
4 glatte 80pfünder,
5 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Principe di Carignano, Eisenkonstruktion, vollständig mit 1 1 cm
Platten gepanzert, 4086 Tonnen Deplacement, 700 Pferdekräfte,
10 bis 11 Meilen Geschwindigkeit, 440 Mann Bemannung;
22 Geschütze: 12 16 cm bereifte, französisches System.
6 16 cm Cavalli,
4 glatte SOpfünder,
5 8 cm gezogene Landungsgeschutze.
1 Turm- und Widderschiff:
Affondatore^ Eisenkonstruktion, 2 Türme, an der Wasserlinie mit
1 1 cm Platten gepanzert, 4070 Tonnen Deplacement, 700 Pferde-
kräfte, 10 bis 11 Meilen Geschwindigkeit, 290 Mann Bemannung ;
2 Geschütze: 25 cm gezogene Stahlreif- Armstrong 300pfündig.
2 Panzerkorvetten:
Terriblle und Formldablle, Eisenkonstruktion, vollständig mit 1 1 cm
Platten gepanzert, 2700 Tonnen Deplacement 400 Pferdekräfte,
10 bis 11 Meilen Geschwindigkeit, 356 Mann Bemannung;
20 Geschütze: 10 16 cm bereifte, französisches System,
6 16 cm Cavalli,
4 glatte SOpfünder,
5 8ctn gezogene Landungsgeschütze.
2 Panzerkanonenboote:
Palestro und Tarese^ Eisenkonstruktion, in der Höhe der Batterie
und an der Wasserlinie mit 1 1 cm Platten gepanzert, 2000 Tonnen
Deplacement, 300 Pferdekräfte, 7 bis 8 Meilen Geschwindigkeit,
250 Mann Bemannung ;
5 Geschütze: 2 20 ctn Stahlreif- Armstrong ISOpfündig,
1 1 2 cm Cavalli,
2 glatte SOpfünder,
2 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
b) 20 Schraubenschiffe, und zwax:
1 Schraubenlinienschiff:
Be Oalantuomo^ 3800 Tonnen Deplacement, 450 Pferdekräfte,
7 Meilen Geschwindigkeit, 658 Mann Bemannung;
43 Geschütze : 6 1 6 cm Cavalli,
4 1 2 cm Cavalli,
7 glatte 80pfündcr,
2 glatte SOpfundige Granatkanonen,
24 glatte 32pfündige Granatkanonen,
8 8 cm gezogene Landungsgeschutze
9 Schraabenfregatten:
Maria Adelaide^ 3459 Tonnen Deplacement, 600 Pferdekräfte,
11 Meilen Geschwindigkeit, 550 Mann Bemannung;
32 Geschütze: 10 16 m Cavalli,
22 glatte SOpfönder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Dnca dl GenoTa^ 3515 Tonnen Deplacement, 600 Pferdekräfte;
1 1 Meilen Geschwindigkeit, 580 Mann Bemannung ;
50 Geschütze: 8 16 cm Cavalli,
10 glatte 80pfündigc Granatkanonen,
32 glatte 32pfünder,
6 8ctn gezogene Landungsgeschütze.
Friiicipe UmberiiO^ 3501 Tonnen Deplacement, 600 Pferdekräfte,
11 Meilen Geschwindigkeit, 580 Mann Bemannung;
50 Geschütze : 8 1 6 cm Cavalli,
10 glatte 80pfündige Granatkanonen,
32 glatte 32pfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Tittorio Emannele^ 3415 Tonnen Deplacement, 500 Pferdekräfte,
10 Meilen Geschwindigkeit, 580 Mann Bemannung;
50 Geschütze: 8 16 cn* CavaDi,
10 glatte 80pfündige Granatkanonen,
32 glatte 32pfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Garibaldi^ 3680 Tonnen Deplacement, 450 Perdekräfte, 9 Meilen
Geschwindigkeit, 580 Mann Bemannung;
54 Geschütze: 8 16 cm Cavalli,
12 glatte 80pfündige Granatkanonen,
34 glatte 32pfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Italla^ 3680 Tonnen Deplacement, 450 Pferdekräfte, 9 Meilen Ge-
schwindigkeit, 580 Mann Bemannung;
54 Geschütze : 8 1 6 cm Cavalli,
12 glatte 80pfündige Granatkanonen,
34 glatte 32pfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
8
GaSta, 3980 Tonnen Deplacement, 450 Pferdekräfte, 8 bis 9 MeUen
Geschwindigkeit, 380 Mann Bemannung;
54 Geschütze: 8 16 cw Gavalli,
12 glatte 80pfündige Granatkanonen,
34 glatte 32pfünder,
6 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Carlo Alberto^ 3200 Tonnen Deplacement, 400 Pferdekräfle, 8 bis
9 Meilen Geschwindigkeit, 580 Mann Bemannimg;
50 Geschütze : 8 1 6 c»* Gavalli,
10 glatte 80pfündige Granatkanonen,
32 glatte 32pfünder,
& San gezogene Landungsgeschütze.
Begina^ 2913 Tonnen Deplacement, 400 Pferdekräfte, 8 bis 9 Meilen
Geschwindigkeit, 464 Mann Bemaimung;
36 Geschütze: 8 ißctn Gavalli,
8 glatte 80pfündige Granatkanonen,
20 glatte 32pfünder,
5 8 an gezogene Landungsgeschütze.
4 Schraubenkorvetten:
Magenta^ 2552 Tonnen Deplacement, 500 Pferdekräfte, 12 Meilen
Geschwindigkeit, 345 Mann Bemannung;
20 Geschütze: 6 16 m Gavalli,
14 glatte 32pfünder,
4 8 cw* gezogene Landungsgeschütze.
Frlncipessa Clotilde^ 2182 Tonnen Deplacement, 400 Pferdekräfte,
11 Meilen Geschwindigkeit, 345 Mann Bemannung;
20 Geschütze: 6 16 m Gavalli,
14 glatte 32pfünder,
4 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
San Giovanni, 1780 Tonnen Deplacement, 220 Pferdekräfte, 9 Meilen
Geschwindigkeit, 345 Maim Bemannung;
20 Geschütze: 6 l&an Gavalli,
14 glatte 32pfünder,
4 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
Etna, 1524 Tonnen Deplacement. 350 Pferdekräfte, 10 Meilen Ge-
schwindigkeit, 241 Mann Bemainum^^;
10 Geschütze: 2 16 cm Cavalii,
8 glatte 32pfönder,
2 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
G Schraubenkanonenboote:
Yinzaglio^ Conflenza^ Curtatone und Montebello^ 262 Tonnen
Deplacement, 60 Pferdekräfte, 7 bis 8 Meilen Geschwindigkeit,
63 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 12 cm Cavalii.
Veloce und Ardita, 274 Tonnen Deplacement, 40 Pferdekräfte,
7 Meilen Geschwindigkeit, 67 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 12cm Cavalii.
c) 25 Raddampfer, und zwar:
3 Radkorvetten 1. Klasse:
Costituzlone^ 1600 Tonnen Deplacement, 400 Pferdekräfte.
Fnlminante^ 1411 Tonnen Deplacement, 440 Pferdekräfte, 10 Meilen
Geschwindigkeit, 260 Mann Bemannung;
10 Geschütze: 2 16cm Cavalii,
8 glatte SOpfQndige Granatkanonen,
4 8 cm gezogene Landungsgeschutze.
Govemolo, 1700 Tonnen Deplacement, 450 Pferdekräfte, 11 Meilen
Geschwindigkeit, 260 Mann Bemannung;
12 Geschütze: 2 16cm Cavalii,
10 glatle 80pfündige Granatkanonen,
4 8c^/» gezogene Landungsgeschütze.
7 Radkorvetten 2. Klasse:
Ouiscardo^ Ruggero imd Ettore Fieramosca, 1400 Tonnen Deplace-
ment, 300 Pferdekräfte, 9 bis 10 Meilen Geschwindigkeit,
190 Mann Bemannung;
6 Geschütze: 2 16cm Cavalii,
4 glatte 32pfünder,
2 8cm gezogene Landungsgeschütze.
Ercole, 1306 Tonnen Deplacement, 300 Pferdeknlft*',
Archimede, 1306 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfto,
10
Tancredi, 1186 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte.
9 Meilen Geschwindigkeit, 190 Mann Bemannung ;
6 Geschütze: 2 l&cm Cavalli,
4 glatte 32pfünder,
2 8 cm gezogene glatte Landungsgeschütze.
Tuckery (ex Veloce), 962 Tonnen Deplacement, 380 Pferdekräfle,
10 Meilen Geschwindigkeit, 202 Mann Bemannung;
8 Geschütze: 2 16 an Gavalli,
6 glatte 32pfünder,
2 8 cm gezogene Landungsgeschütze.
3 Radkorvetten 3. Klasse:
Monzambano, 900 Tonnen Deplacement, 220 Pferdekräfle, 8 bis 9
Meilen Geschwindigkeit, 120 Mann Bemannung;
3 Geschütze: 1 12cm Gavalli,
2 San Gavalli.
Tripolis 800 Tonnen Deplacement, 180 Pferdekräfte,
Malfatano, 800 Tonnen Deplacement, 160 Pferdekräfte,
8 Meilen Geschwindigkeit, 120 Mann Bemannung;
3 Geschütze: 1 12cm Gavalli,
2 8 cm Gavalli.
2 Radavisos 1. Klasse:
Messaggiere und Esploratore^ 1000 Tonnen Deplacement, 350 Pferde-
kräfte, 14 bis 15 Meilen Geschwindigkeit, 108 Mann Bemannimg;
2 Geschütze: 12cm Gavalli.
9 Radavisos 2. Klasse:
Aqulla^ 576 Tonnen Deplacement, 130 Pferdekräfte, 8 Meilen Ge-
schwindigkeit, 71 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 2 12cm Gavalli,
2 San Gavalli.
Peloro, 292 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 8 Meilen Ge-
schwindigkeit, 63 Mann Bemannung;
3 Geschütze: 1 12cm Gavalli,
2 San Gavalli.
Sirena, 354 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 8 Meilen Ge-
schwindigkeit, 63 Mann Bemannung;
3 Geschütze: 1 12cm Gavalli,
2 San Gavalli.
11
Anthion^ 500 Tonnen Deplacement, 130 Pferdekräfte, 8 Meilen Ge-
schwindigkeit, 63 Mann Bemannung ;
3 Geschütze: 1 12cm Cavalli,
2 8 cm Cavalli.
Oarigliano^ 330 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 8 Meilen Ge-
schwindigkeit, 63 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 2 12cm Cavalli,
2 8 cm Cavalli.
Sesla, 334 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 8 Meilen Geschwin-
digkeit, 63 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 12cm Cavalli.
Icknnsa, 450 Tonnen Deplacement, 90 Pferdekräfte, 5 bis 6 Meilen
Geschwindigkeit, 57 Mann Bemannung ;
2 Geschütze: 12c»* Cavalli.
Oulnara^ 450 Tonnen Deplacement, 90 Pferdekräfte, 5 Meilen Ge-
schwindigkeit, 57 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 12 an Cavalli.
Yedetta (in Umwandlung zum Schraubenschiflf in Genua), 792 Tonnen
Deplacement, 200 Pferdekräfte, 9 Meilen Geschwindigkeit,
63 Mann Bemannung;
3 Geschütze: 1 12cm Cavalli,
2 8 cm Cavalli.
d) 8 Segelschiffe, und zwbx :
2 Segelfregatten:
Partenope^ 2583 Tonnen Deplacement, 420 Mann Bemannung;
26 Geschütze : glatte 32pfünder.
San Michele^ 2400 Tonnen Deplacement, 420 Mann Bemannung;
26 Geschütze: glatte 32pfünder.
4 Segelkorvetten:
Euridlce^ 1400 Tonnen Deplacement, 300 Mann Bemannung;
20 Geschütze: glatte 32pfünder.
Iride^ 752 Tonnen Deplacement, 190 Mann Bemannung;
10 Geschütze: glatte 32pfünder.
Taloroso^ 600 Tonnen Deplacement, 172 Mann Bemannung;
10 Geschütze: glatte 32pfünder.
12
Zeflflro^ 594 Tonnen Deplacement, 172 Mann Bemannung;
10 Geschütze: glatte 32pfünder.
2 Segelbrigantinnen:
Colombo^ 480 Tonnen Deplacement, 135 Mann Bemannung;
10 Geschütze: glatte 32pfünder.
Eridano^ 450 Tonnen Deplacement, 135 Mann Bemannung;
10 Geschütze: glatte 32pfünder.
n. Transportschiffe :
a) 12 Schraubentransportschiffe, und zwar:
7 Schraubendampfer:
Cittä di Napoli und Cittä di Genoya^ 3730 Tonnen Deplacement,
500 Pferdekräfte., 200 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 12cw Cavalli.
Conte Cavour, 1870 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte,
Tolturno, 1935 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte,
130 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 12 cm Cavalli.
Bora, 1100 Tonnen Deplacement. 220 Pferdekräfte,
Tanaro^ 1100 Tonnen Deplacement, 125 Pferdekräfte.
98 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 8c/// Cavalli.
Washington, 1400 Tonnen Deplacement, 250 Pferdekräfte, 98 Mann
Bemannung;
2 Geschütze: 8 aw Cavalli.
3 Schraubenremorqueure:
Calataflmi, 269 Tonnen Deplacement, 80 PferdekräRe,
Ferruecio, 269 Tonnen Deplacement, 80 Pferdekräfle.
Weasel, 300 Tonnen Deplacement, 80 Pferdekräfle.
36 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 8 cm italienische Cavalli.
13
2 Zisternscbiffe:
Sr. I und Nr. ü^ 215 Tonnen Deplacement, 60 Pferdekräfte, 15 Mfu^n
Bemannung.
&; 10 Radtransportschiffe, und zwar:
»
4 Raddampfer:
Cambrla^ 1949 Tonnen Deplacement, 500 Pferdekräfte,
Bosolino Pilo, 1725 Tonnen Deplacement, 350 Pferdekräfte,
118 Mann Bemannung;
2 Geschütze; 8cm italienische CavaUi.
Plebiseito, 807 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte,
Indipendenza, 600 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte,
98 Mann Bemannung;
2 Geschütze: 8cni italienische Cavalli.
6 Radremorqueure:
Oregon, 188 Tonnen Deplacement, 60 Pferdekräfte,
Baleno, 195 Tonnen Deplacement, 70 Pferdekräfte,
36 Mann Bemannung;
2 Greschütze: 8cm italienische Cavalli.
Antelope, 154 Tonnen Deplacement, 60 Pferdekräfte,
Bondina, 154 Tonnen Deplacement, 60 Pferdekräfte,
Lani, 151 Tonnen Deplacement, 40 Pferdekräfte,
Giglio, 250 Tonnen Deplacement, 60 Pferdekräfte,
26 Mann Bemannung.
e) 2 Segeltransportschiffe, und zwar:
de Geneys^ 1400 Tonnen Deplacement, 156 Mann Bemannung;
4 Geschütze: glatte 32pfünder.
Sparriero^ 137 Tonnen Deplacement, 21 Mann Bemannung;
2 Geschütze: glatte 32pfünder.
14
Rekapitulation.
L Kriegssehiffe:
Geschütze Pferdekräfte ^^^^o^mT"^ Bemannung
12 Panzerschiffe mit. . 244 7.100 45.956 5.028
20 ungepanzerte
Schraubenschiffe ^ .. 565 6.690 44.777 7.394
25 ungepanzerte
Raddampfer , .. 118 6.050 22.828 3.381
8 Segelschiffe ,.. 124 — 9.259 1.944
65
1.051
19.840
122.820
17.747
n. TransportHchlffe :
12 Schraubenschiffemit. .
24
2.550
16.133
1.092
10 Raddampfer , . .
12
1.800
6.173
608
2 Segelschiffe , . .
6
—
1.537
177
24 42 4.350 23.843 1.877
EifektiYStand der italie-
nischen Seemacht :
89 Kriegsschiffe mit 1.093 24.190 146.663 19.624
sonach im ganzen ein Effektivstand von 89 Kriegsschiffen mit
1093 Geschützen, 24.190 Pferdekräfleo, 146.663 Tonnen Deplacement
und 19.624 Mann Bemannung. Von diesen befanden sich schon anfangs
1866 teils in Ausrüstung, teils in Seebereitschaft:
5 Panzerschiffe („Re d'Italia*, „Principe di Carignano*, „San Martino*,
„Maria Pia", „Palestro*),
1 Schraubenlinienschiff („Re Galan tuomo"),
2 Schraubenfregatten („Gaeta**, „Carlo Alberto*'),
2 Schraubenkorvetten („Principessa Clotilde**, „Etna"),
1 Radkorvette („Fulminante*),
4 Radavisos („Messaggiere*', „Esploratore", „Sirena", „Icknusa**),
2 Schraubenkanonenboote „(Confienza", „Montebello**),
2 Segelfregal ten („Partenope", „San Michele**),
1 Segelkorvette („Euridice"),
9 Schraubelltransportschiffe („Citta di Napoli*, „Cittä di Genova*,
15
«Conte Cavour*, ^Voltumo*, ,Dora**, ^Tanaro**, ^Washington*
^Calatafimi% ^Weasel«)
und traten noch in den letzten Tagen des Aprils hiezu:
2 Panzerkorvetten (^Terribile*, ,Fomiidabile**),
2 Radkorvetten (»Guiscardo'*, ^Ettore Fieramosca**),
1 Schraubenkanonenboot (^Vinzaglio*),
2 Radtransportschiflfe (»Rosolino Pilo*, ^hadipendenza*),
so daß Italien am 1. Mai über eine Zahl von 25 seebereiten Kriegs- und
11 Transportschiffen mit 523 Kanonen und 11.140 Pferdekrdften verfügen
konnte.
Die Schraubenfregatte , Regina * , die Schraubenkanonenboole „ Ardita *
und »Veloce* sowie die Radkorvette „Ercole* befanden sich auf der süd-
amerikanischen Station in den La-Plata-Staaten, die Schraubenkorvette
,Magenta* war, auf einer Weltumseglung begriflfen, in Ostasien.
Der Personalstand der italienischen Marme bestand anfangs 1866
aus:
1 Admiral,
4 Vizeadmiralen,
10 Kontreadmiralen,
28 Linienschiflfskapitänen,
42 Fregattenkapitänen,
167 Linienschiffsleutnants (tenente di vascello),
113 Linienschiffs-Unterleutnants (sottotenente di vascello),
182 Seekadetten (guardia marina),
18 Piloten 1. Klasse,
22 , 2. „
22 „ o. „
57 Maschineningenieuren (mit Offiziersrang),
somit im ganzen aus 666 Offizieren.
So vortrefflich und einheitlich nun auch das Material war, über
welches die italienische Marine zu jener Zeit verfügte, so ließ sich aller-
dings bezüglich des Personales, speziell des Seeoffizierskorps, ein Gleiches
nicht sagen. Die Wirren, unter denen im Jahre 1860 die Einigung Italiens
zu Stande gekommen war, hatten zur natürlichen Folge gehabt, daß die
Offiziere der Marinen jener italienischen Staaten, welche die nationale
Sache ergriffen hatten, unter ganz eigentümlichen Verhältnissen zu-
sammengewürfelt worden waren. Zu den sardinischen Offizieren, welche
sich auf ihre bei Aiicona und Moio di Ga5ta so leicht gehollen Lorbeeren
nicht wenig zu gute taten und stets den Vorranjf beanspruchten, ge-
sellten sich:
neapolitanische, von denen einige gleich beim Beginn der Erhebung
sieh ziemlich vorgewagt und die bourbonische Flagge auf die eine oder
andere Art verlassen hatten- und von denen man keineswegs ganz über-
zeugt wai-, ob reine Vaterlandsliebe sowie wahre Begeisterung für die
nationale Sache oder nicht vielmehr bloße Opportunitätsgründe sie zu
diesem Schritte veranlaßt hatten. Diese rangierlen jetzt vor jenen ihrer
früheren Kameraden, die für sich gellend machten, daß sie ihrem Eide
gelreu zur Flagge ihres Monarehen so lange gehalten hatten, bis sie, vor
vollendeten Tatsachen stehend und durch die Ereignisse gezwungen, sich
in Ehren ihrer früheren Verpflichtung als enthoben betrachten konnten i
venetianische aus dem Jahre 184S, welche, schon im reiferen Alter
stehend, sich der neuen Aufstandsbewegung in der Hoffnung angeschlossen
halten, nunmehr ihre Belohnung durch eine raschere Karriere, die ihnen
bis jetzt versagt gebUeben war, zu finden;')
sizilianische, welche es nicht begreifen wollten, daß die Ihnen von
derDiktatoriatregierung unter Garibaldi temporär verliehenen Rang^rade
bei der Einreihung in die nationale Marine nicht weiter aufrecht zu
erhalten waren, ohne ältere durch längere Dienstzeit erworbene Rechte
zu schmälern, unter denen sich ferner Offiziere befanden, welche Palermo
bombardiert und Garibaldi mit den Seinen bekämpft hatten;
politische Streber endhch, aus allen verschiedenen Lagern, die von
Volksmännern und Abgeordneten ohne Rücksicht auf ihre militärische wie
seemännische Tüchtigkeit emporgehoben und vorwärts geschoben wurden.
Dies waren die verschiedenen Elemente, aus denen sich das Offiziers-
korps der national-italienischen Marine zusammensetzte, einenKörperohne
Kitt und inneren Zusammenlialt darbietend, dessen Mitglieder einander
mit Mißtrauen oder Neid begegneten und so Übelstände hervorriefen, an
denen die zidetzt verllossenen Jahre nur wenig oder nichts zu ändern ver-
mocht hatten.
Cavours Scharfblick waren diese Übelstände nicht entgangen und,
so lange er das Portefeuille der Manne in seinen Händen hielt, war er
') EiDc eigenldmliche ErscheiauDg. welche hier bemerkt zu werden verdient, war
CS, daB die ehemaligeii vi^netianischen Offiziere sich mit wenigen Ausnahmen gerade
keiner besonderen Gunst von Seile der sardinJBchen Regierung zu erfreuen hatten; die
meisten derselben standen im VL-rdachte des MazuJnismus und dieser Umstand war ihrem
Fortkommen in der aardinischen Marine nicht sehr förderlich gewesen. A. d. T.
17
auch bestrebt gewesen, denselben nach Möglichkeit zu begegnen. Seiner
Energie und Einflußnahme, seinem allen voranleuchtenden Patriotismus
wäre es vielleicht auch mit der Zeit gelungen, die vorhandenen Gegen-
sätze auszugleichen sowie unberechtigte Aspirationen auf ihr gebührendes
Maß zurückzufahren, doch schon am 6. Juni 1861, viel zu fr&h för das
noch unfertige Italien, wurde dieser Staatsmann seiner Tätigkeit durch
den Tod entrissen. Die einander nun rasch folgenden Marineministerien,
fast durchgehends aus Parteimännern und Nichtseeleuten bestehend,
hatten weder die nötige Stabilität noch die moralische Kraft imd Unter-
stützung im Korps selbst, um eine durchgreifende Reform dieser Verhält-
nisse vornehmen zu können.
Etwas besser war das Aufgehen der verschiedenen italienischen
Marinen in die nationale bei der Mannschaft vor sich gegangen. Die zum
paßten Teile der seefahrenden Bevölkerung des Königreiches entnom-
menen Leute wußten sich, da man mit ihnen in Bezug auf ihre provin-
ziellen Eigenarten ziemlich rücksichtsvoll umging, eher in die neue Ord-
nung hineinzufinden ; ein Teil der jüngeren imd brauchbaren Unteroffiziere
hatte freiwillig wieder Dienste genommen, zumeist unter Beförderung, so
daß in dieser Beziehung keine besonderen Schwierigkeiten entstanden
waren.
Am 3. Mai befahl ein königliches Dekret die Formierung einer Ope-
rationsflotte, bestehend aus 31 Schiffen und zwar:
12 Panzerschiffen („R6 d'Italia% „Re di Portogallo% , Maria Pia«,
,San Martino*, „Castelfidardo*, „Ancona**, „Principe di Carignano*,
,Terribile*, ,Formidabile", »Palestro*, „Varese**, „Affondatore"),
7 Schraubenfregatten (, Maria Adelaide", „Duca di Genova*, »Prin-
cipe Umberto*, „Vittorio Emanuele**, »Carlo Alberto*, »Gaßta*, »Gan-
baldi*),
3 Schraubenkorvetten (»Principessa Clotilde**, »San Giovanni*,
,Etna*),
1 Raddampf korvette (»Guiscardo*),
3 Schraubenkanonenbooten („Montebello% „Vinzaglio*, „Con-
fienza-),
3 Radavisos („Messaggiere*, „Esploratore*, „Sirena**) und
2 Transportdampfern (»Washington*, „Indipendenza*.)
Im Verlaufe des Monats Mai wurden dieser Operationsflotte noch
zugeteilt:
1 Schraubenlinienschiff (»Re Galantuomo*),
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 2
18
3 Raddampfkorvetten (»Fulminante*, »Govemolo*, «Ettor
»Fieramosca*),
4 Radavisos (»Icknusa*, «Giglio* sowie die gemieteten Raddampfer
»Flavio Gioja* und .Stella dltalia*),
4 Schraubentransportschiffe («Cittä di Napoli'', «Cittä di Genova'',
«Conte Cavour*, »Voltumo*),
1 Schraubenremorqeur (»Calatafimi') und
1 Segelbrigantine («Eridano') zur Bewachung der Kohlendepots
in Tarent, so daß diese hiedurch auf den Stand von 38 Kriegs- und
7 Transportschiffen gebracht wurde, mit zusammen 760 Geschützen,
17.790 Pferdekräften, 107.727 Tonnen Deplacement und 13.341 Mann
Bemannung, zu denen noch einige gemietete Handelsdampfer für Trans-
port- und Hafendienste kamen. ^)
Ein Teil dieser Schiffe lag im Hafen von Ancona, welches zum Sitz
des neuerrichteten 3. Marinedepartements unter Kontreadmiral Provana
ausersehen worden war, für die übrigen zur Operationsflotte gehörenden
wurde der Hafen von Tarent als Sammelplatz gewählt. An der raschen
Instandsetzung und Ausrüstung der Schiffe wurde mit dem Aufgebote
aller Kräfte gearbeitet und das italienische Marineministerium gab sich
die größte Mühe, den zahlreichen Schiffsausrüstungen in der kürzesten
Frist gerecht zu werden.
Ein Hauptaugenmerk war auf die Verstärkung der Schiffsartillerie
gerichtet und durch Abschlüsse mit der Firma Armstrong & Co. in
London die Anschaffung von Schiffsgeschützen schwersten Kalibers
gesichert; ebenso wurden englischen und französischen Firmen die Liefe-
rungen von Rapperten und Projektilen neuester Konstruktion übertragen.
Wie bedeutend die Schiffsartillerie der italienischen Flotte jener der
österreichischen sowohl an Zahl als Kaliber überlegen war, ist aus einem
Vergleiche der beiden (siehe die Beilagen A und B) zu ersehen.
Die italienische Flotte besaß ferner in der Rhede von Ancona, das
man mit gi'oßem Kostenaufwande für die Bedürfnisse der operierenden
Flotte einrichtete, einen Stützpunkt für ihre Unternehmungen im Adriati-
schen Meere. In Ancona, Brindisi, Taient Porto Corsini und Messina
wurden Kohlendepots angelegt und längs der Ostküste der Halbinsel
Seniaphorenstationen errichtet, welche die Verbindung zwischen der ope-
rierenden Flotte und den nächsten Telegraphenstationen des Festlandes
zu vermitteln hatten.
<) Siehe Beihige A.
19
Zum Kommandanten der Operationsflotte wurde mittels könig-
Uchen Dekrets vom 8. Mai der Admiral Carlo Pellion Conte dl Persano
ernannt, unter dem Vizeadmiral Albini und Kontreadmiral Vacca als
Divisionskommandanten standen. Wir lassen im nachstehenden die Bio-
graphien dieser Mftnner, welche eine so hervorragende Rolle in der See-
kampagne des Jahres 1866 spielten, folgen.
Carlo Pellion Conte di Persano, geboren 11. März 1806 zu
Vercelli in Piemont, trat in seinem 17. Jahre in die sardinische Marine
ein. Als Seekadett 1. Klasse nahm er am Bord der Fregatte „Cristina*^ an
der unter den Befehlen des LinienschifFskapitäns Sivori stehenden Expe-
dition Anteil, welche die sardinische Regierung im Jahre 1825 zur Züch-
tigung des Bey von Tripolis ausgerüstet hatte. Bei dieser Gelegenheit
gelang es ihm, als Kommandant eines Bootes beim Heraushauen einer
feindlichen Brigantine sich derart auszuzeichnen, daß er hiefQr belobt
wurde. Während des griechischen Befreiungskrieges längere Zeit in
der Levante stationiert, machte er sodann in den folgenden Jahren
Reisen nach den Mittelmeerstaaten, England und Südamerika. 1841 zum
Korvettenkapitän ernannt, wurde Persano in Mission nach Neapel und
Frankreich geschickt, um die dortigen Marineetablissements kennen zu
lernen und hierüber zu berichten. Von 1842 bis 1845 befehligte er die
Kriegsbrigantine «Eridano^, mit der er eine größere Reise nach Südamerika
um das Kap Hörn in den Stillen Ozean, nach Kalifornien und wieder
zurück nach den La-Plata-Staaten durchführte, auf der er sich den Ruf
eines tüchtigen, selbst kühnen Kapitäns erwarb.
Im Jahre 1848 kommandierte Persano die zum Blockadegeschwader
des Kontreadmirals Albini gehörige Brigg „Dalno**, mit welcher er sich am
13. Juni beim Angriff auf die Befestigungen von Caorle durch vene-
tianische Kanonenjollen beteiligte, ein Angriff, der jedoch unglücklich
ausfiel und gänzlich abgewiesen wurde. ^) Im selben Jahre noch zum
Fregattenkapitän befördert, kommandierteer hierauf die Fregatte „Euridice*
bis zur Abberufung des Geschwaders im Sommer 1849. Im Jahre 1851
Kommandant des „Govemolo**, welcher Ausstellungsgüter zur Londoner
Industrieausstellung brachte, fuhr er mit seinem Schiflfe die Themse bis
Gravesend ohne Lotsen hinauf, was damals kein geringes Aufsehen bei
den Engländern hervorrief. 1852 zum Linienschiffskapitün und Komman-
danten einer kleinen Übungseskadre ernannt, übernahm er nach Auf-
lösung derselben wieder das Kommando des „Governolo*. welcher im
L) Siehe lU. TeU, I. Band, Seite 276.
2^
Sommer des Jalires 185^ eleu Köiii|f Viktor Emanu«! zu eiuem Jagd-
ausfluge nach der Insel Sardiuieu bringen sollle. Durch sein persönliches
Verschulden widerfulir ihm bei dieser Gelegenheit das Mißgeschick, bei
hellem Tage und dem schönsten Wetter wätuend des Passierens der
kleinen Insel Santa Maiia in der BonifaciostraBe deraitig autzufahren, daß
der König sich auf einen herbeigerufenen Dampfer überschiffen mußte
und der .Governolo* erst nach vielen mühseligen Versuchen wieder flott
gemaclit werden konnte. Das über ihn verhängte Kriegsgericht verurteilte
ihn zwar nm- zu einer unbedeutenden Strafe, ein Kommando erhielt er
jedoch nicht bis zum Jalu'e 1859, in welchem er erst auf wiederholte
Bitten zum Kommandanten der Schi-aubenfregatte .Carlo Alberto' ernannt
wurde, die, zur Schiffsabteilung des raiigjüngeren Linlenscbiffskapitäns
Baron Tholosano gehörend, die Bestimmung hatte, zur französischen
Belagerungsflolle vor Venedig zu stoßen.
Unter dem Ministerium Cavour reliabilitiert und in seinen früheren
Rang wieder eingesetzt, wm-de er anfangs 1860 zum Kontreadmiral
befördert und übernahm das Kommando einer Eskadre, bestehend aus den
Schraubenfregatten , Miiria Adelaide " , .ViltorioEmanuele', .GarloAlberlo",
den Raddampfern .Governolo', .Malfatano" und ,Anthion', in welcher
Stellung er berufen war. bei der kurz darauf erfolgenden Bewegung in ItitUen
eine gewisse Rolle zu spielen. Von jeher gerne den Politiker lierauskelirend
und der nationalen Richtung eifrig zugetan, verstand es Persano, nüt den
leitenden Staats- und Parteimännern in regen Verkehr zu treten und sich bei
ihnen beliebt zu maclien. Cavour glaubte, in ilim den Mann gefunden zu
haben, der geeignet wäre, bei dem von ilmi angestrebten Einigungswerke
Beziehungen mit den neapolitanischen und sizilischen Seeoffizieren anzu-
knüpfen, die darauf hinzielen sollten, diese Marinen für die nationale
Sache zu gewinnen, ohne daß die sardinische Regieiiing dabei irgendwie
kompromittiert erschiene. Persano verstand es ancli in diesem Sinne zu
wirken. Nebst den einander rasch folgenden politischen Ereignissen
jener Epoche, welche eine derartige neue Saclüage schufen, daß der
Obergang der beiden früher genamiten Marinen in die national-italienische
wesentlich erleichtert wurde, ist derselbe den Einleitungen und Intri-
gen Persanos zum guten Teile mit zu verdanken.
Während der Unternehmung Sardiniens gegen den Kirchenstaat
erhielt Persano mit der ihm unterstehenden Eskadre den Befehl, die
Einnahme Ant^'onos durch die sardinischen Landtruppen von der See aus
zu unterstützen. Mit den Schraubenfregatten , Maria Adelaide", .Vitlorio
Emanuele", , Carlo Alberto», denRaddanipfern .Governolo', .CosÜtuzione'
21
und «Monzambano*^ sowie der von einem Dampfer geschleppten Segel*
fregatte »San Michele* erschien er den 18. September 1860 vor Ancona und
brachte nach mehrtägiger Beschießung die Batterien der Seefront sowie jene
des Hafeneinganges zum Schweigen und die Festung zur Obergabe. Am
29. September erschien General Lamoriciöre am Bord des Admiral-
schiffes und überreichte Persano seinen Degen. Für diese, vom rein
militärischen Standpunkte betrachtet, gerade nicht besonders großartige
Waflfentat — die noch aus alter Zeit herstammende Befestigung Anconas
stand mit ihren schwachen und wenig zahlreichen Geschützen in keinem
Verhältnisse zu den Angrififsmitteln der Eskadre — wurde Persano
nichtsdestoweniger zum Vizeadmiral befördert und mit dem Großkreuze des
Savoyischen Hausordens ausgezeichnet. Bei der Eskadre selbst jedoch hatte
das Verhalten Persanos mit seinem Flaggenschiflfe während der ganzen
Aktion einen ungünstigen Eindruck hervorgerufen: die ,, Maria Adelaide*,
obschon Geschütze des schwersten Kalibers fahrend, hatte sich fast stets
außer Schußweite gehalten und überhaupt einen so geringen Anteil
an der Beschießung genommen, daß sie zum Gegenstande des Geredes
unter den Offizieren sowie die Zielscheibe des Matrosenwitzes geworden
war. Von dieser Zeit datiert eine Persano nicht eben günstige Stimmung
in der Marine und ein gewisses Mißtrauen in seine Tatki*aft, ja selbst in
seinen persönlichen Mut.
Als ehrgeiziger Streber an und für sich nicht sehr beliebt, besaß er
nunmehr wenig Ansehen im Korps; allein durch Cavour, der ihn för
seine Zwecke bei der Neuorganisierung der nationalen Marine verwendete,
wurde er gehalten und immer wieder hervorragend beschäftigt.
Nach der Einnahme von Ancona wurde Persano nach Neapel
geschickt, um die dortigen chaotischen Verhältnisse der ehemaligen
neapolitanischen Marine mit den nunmehr geltenden in Einklang zu
bringen. Dieser nicht eben leichten Mission unterzog sich Persano mit
allem Anstand imd wußte die oft nicht zu befriedigenden Ansprüche der
vielen Ehrgeizigen doch so zu zügeln und mit dem Dienste zu vereinbaren,
daß im großen ganzen in diesem Departement wieder eine gewisse
Ordnung an die Stelle der Anarchie trat.
Ende Oktober an die Mündung des Garigliano beordert, hinter
welchem das bourbonische Heer stand, leistete Persano mit seiner
Eskadre hier gute Dienste, indem er die nach Mola di Gaöta führende
Straße bombardierte, einen Brückenschlag mit den Mitteln der Eskadre
durchführte und auf diese Weise den Obergang des Korps Cialdinis
wesentlich unterstützte. Eine Demonstration vor GaSta, die er hierauf
ausführen wollte, wurde durch das Einschreiten des französischen Vize-
admirals Le Barbier de Tinan verhindert: trotzdem bombardierte er am
4. November die Batterien vor Mola di Ga&ta imd trug dadurch zur Ein-
nahme dieses Ortes durch die Division Sonnaz mit bei. Minder umsichtig
und energisch zeigte er sich wieder in seinem Auftreten bei der eigent-
lichen Belagerung von Gaßta und es bedurfte einer sehr energischen Auf-
forderung des Generals Cialdini, um ihn hier zu einem rascheren Vor-
gehen zu veranlassen, worauf er endlich am 22. Jänner 1861 einige
Forts beschoß, ohne jedoch einen wesentlichen Effekt zu erzielen. Am
13. Februar kapitulierte Gaöta, mehr infolge der inzwischen eingetretenen
politischen Verhältnisse und der von der Landseite aus geschaffenen
Zwangslage als durch die von der Marine errungenen Erfolge. Nach einer
kurzen Mission der Esicadre nach Messina, woselbst ihr Erscheinen so-
wie das des Generals Cialdini mit dem Belagerungspark die Zitadelle
nach geringer Wehr zur Übergabe zwang, waren die kriegerischen Unter-
nehmungen zu Ende und wurde die Eskadre Persanos aufgelöst.
Bei der Neueinteilung und Reorganisierung der italienisclien Marine
wurde Persano zum Kommandanten des Norddepartemenls Genua
ernannt und von seinen Freunden zum Abgeordneten in die Kammer
gewählt. Am 3. März 18&2 übernahm er in dem Ministerium Ratazzi das
Portefeuille der Mcu-ine. Als Marineminister ließ es sich Persano ange-
legen sem, der von allen Maiinestaaten angenommenen Richtung folgend,
die Marine des jungen Königreiches Italien mit möglichst vielen und
starken Panzerschiffen als Schlachtschiffen auszurüsten, zu welchem Be-
hufe mit englischen, französischen und amerikanischen Werften Kontrakte
abgeschlossen wurden, um in der kürzesten Zeit mit diesen neuen Streit-
mitteln versehen zu sein. Auch auf den heimischen Werften wurde soviel
als möglich gearbeitet, so daß, als nach kurzer Amtsführung Persano beim
Rücktritte des Ministeriums Ratazzi sein Portefeuille niederlegte (Dezem-
ber 1862), die nötigen Schritte zur Entwicklung der italienischen Marine
emgeleitet waren- Vor seinem Rücktritte erhielt Persano über Antrag
Ratazzis noch die höchste maritime Würde durch seine Beförderung zum
Admiral; im Jahre 18tiö wurde er überdies zum Senator des Königreiches
Italien emamit. Als im Frühjahre des Jahres 1866 die Politik Italiens den
Ausbnich der Feindseligkeiten mit Österreich zur Gewißheit werden ließ,
war man in der Marine sehr gespannt, wem das Kommando der
Operationstlotte übertragen werden würde. Persano erfreute sich, wie
schon erwölmL, trotz seines hohen Ranges keiner besonderen Sympatliien.
die vielmehr allgemein dem Vizeadmiral Galli della Manlica zu-
23
gewendet waren; selbst der Ministerpräsident La Marmora hatte gegen
die Ernennung Persanos zum Kommandanten der Flotte Einwendungen
erhoben. Der Marineminister General Angioletti wußte jedoch dieselben
zu zerstreuen und diesem sowie Hofeinflüssen, deren Pers an o sich zu
erfreuen hatte, gelang es demungeachtet, die Ernennung des letzteren
zum Oberkommandanten der Operationsflotte durchzusetzen.
Vizeadmiral Albini Conte Giovanni, geboren 1813 auf der Insel
Maddalena di Sardegna, trat 1829 in die königlich sardinische Marine ein,
war 1859 Linienschiffskapitän und Kommandant der Schraubenfregatte
,Vittorio Emanuelc* in der Schiffsabteilung Tholosano vor Venedig,
hierauf 1860 in der Eskadre Persanos bei der Beschießung Anconas,
wurde 1860Kontreadmiral und kommandierte 1862 bis 1863 dieÜbungs-
eskadre. Albini genoß den Ruf eines guten Seemannes der alten Schule;
von seinen Fähigkeiten als Admiral sowie von seinen Kenntnissen des
neuen Schiffsmaterials und der modernen Kriegsführung zur See wußte
man indes nicht viel zu sagen.
Kontreadmiral Vacca Giovanni, geboren 1811 zu Neapel, war bei
Ausbruch der italienischen Bewegung Linienschiffskapitän in der neapoli-
tanischen Marine und Kommandant des «Ettore Fieramosca**. Der neapoli-
tanischen Regierung des Einverständnisses mit den Sardinien! verdächtig,
wurde er des Kommandos dieses Schiffes enthoben und auf das in Castel-
lamare verankerte abgerüstete Linienschiff .Monarca* versetzt. Wie berech-
tigt dieser Verdacht war, erhellt daraus, daß Vacca dem sardinischen
Admiral Persano freiwillig das Anerbieten gemacht hatte, falls der
,Monarca* von den Sardinien! angegriffen würde, sich ruhig nehmen zu
lassen. Bei der Verschmelzung in die national-italienische Marine ursprüng-
lich in Disponibilität versetzt, wurde er im April 1861 Kontreadmiral,
ohne jedoch gleich eine aktive Verwendung zu erhalten. Als Parlaments-
mitglied war er in einigen Kommissionen für die Marine beschäftigt. Im
Februar 1863 erhielt er das Kommando der Levanteeskadre, 1865 das
der permanenten Eskadre.
24
2. Kapitel.
Die österreichische Marine. — Stand derselben sjifanga 1866. — Errichtung der operativen Eskadre.
Kontreadmiral v. Tegetthoff. — Kriegs Vorbereitungen. — Ordre de bataille der Eskadre. — Instruk-
tionen fttr den Eakadrekommandanten. — Operationsbasis die Rhede von Fasana. — Beschreibung
derselben. — Verteilung der k. k. Kriegsschifife in Istrien und Dalmatien. — Stand und Armierung der k. k.
operativen Eskadre. — Tabelle Beilage B.
Der neugeschaflfenen ansehnlichen Flotte Italiens konnte Österreich
in materieller Beziehung keine ebenbürtige gegenüberstellen.
Die österreichische Marine, deren Umwandlung nach der Entlassung
der ehemaligen venetianischen Offiziere in den Revolutionsjahren 1848
bis 1849 vom Vizeadmiral Dahlrup im österreichischen Sinne eingeleitet
und anschemend einer gewissen Prosperität zugeführt worden war, stand
nichtsdestoweniger schon kurze Zeit darauf wieder unter dem Drucke
von Verhältnissen, welche ihrer Entwicklung hemmend entgegentraten.
Das an und für sich schon bestehende geringe Interesse der maßgebenden
militärischen Kreise jener Zeit für die Marine überhaupt, die finanzielle
Notlage des Reiches nach den Stürmen der Kriegsjahre, die großen für
die Armee benötigten Summen, um dieselbe auf einer den damaligen
Anforderungen der inneren wie äußeren Politik entsprechenden Stärke zu
halten, und so manche anderen Ursachen noch, die in die Creschichte
jener Zeitperiode gehören, hatten zur Folge gehabt, daß die Marine
nicht auf jene Stufe gebracht worden war, die der Machtstellung des
Kaiserstaates wie der Ausdehnung seines Küstengebietes entsprochen
hatte.
Eine Wendung zum Besseren trat erst ein, als Erzli. Ferdinand
Maximilian im Jahre 1854 das Marineoberkommando übernahm und
mit ebensoviel Eifer wie Verständnis für seinen Beruf zu wirken be-
gann.
Die schöpferische Kraft und Tätigkeit des erlauchten Prinzen wird
am besten gewürdigt werden, wenn wir anführen, daß es seiner Initiative
zu danken ist, daß der Bau des den Anforderungen einer größeren
25
Marine entsprechenden Seearsenals in Pola begonnen, das bestehende
veraltete Flottenmaterial durch Ankauf von neuen modemen'Schiffen in
England sowie durch den Bau derselben auf unseren heimischen Werften
ersetzt und vergrößert wurde, solchergestalt den Obergang von der alten
Segelmarine zur Dampf- und später zur Panzerflotte vorbereitend, daß
die deutsche Nomenklatur und Dienstsprache zur Einführung gelangte,
größere Seereisen unternommen und Übungseskadren zur Ausbildung der
Offiziere und Mannschaften ausgeröstet wurden und daß eine Weltum-
segelung zu wissenschaftlichen Zwecken durch die Fregatte «Novara** in
den Jahren 1857 bis 1859 zur Ausführung kam. Ein frischer Hauch
belebte damals die Marine und berechtigte zu den schönsten Hoffnungen
für die Zukunft. Der italienische Krieg im Jahre 1859 war für die weitere
Entwicklung der Marine insofern ungünstig, als es ihr nicht vergönnt
war, durch die Tat den Beweis für die Notwendigkeit und Nützlichkeit
der auf sie verwendeten Summen erbringen zu können. Obschon die
Offiziere und Mannschaften vor Begierde brannten, sich mit dem Feinde
zu messen, und es als eine Art Demütigung betrachteten, von der als
Avantgarde eingetroffenen schwachen Fiottenabteilung unter Koiitre-
admiral Jurien de laGravierevorSpignon blockiert zu werden, hielt man
es doch nicht für angezeigt eine Flotte aufs Spiel zu setzen, die im Falle
eines Verlustes sicher nicht mehr neu gebildet worden wäre. Hiedurch
ist es leicht erklärlich, daß im Binnenlande und selbst in militärischen
Kreisen die Ansicht von der Nutzlosigkeit der Flotte eine weitverbreitete
war, obschon es sicher stand und später durch den Erfolg eine glänzende
Bestätigung fand, daß die langgestreckte österreichische Seeküste am
wirksamsten nur durch eine entsprechend starke Marine verleidigt werden
könne und daß die für die Armee in Italien und für das Festungsviereek
im Venetianischen verausgabten großen Summen erst dann ihre volle
Verwertung fänden, wenn gleichsam als Abschluß dieser Verteidigungs-
mittel und zur Entlastung der italienischen Armee die Herrschaft auf dem
Adriatischen Meere durch die Marine hergestellt würde.
Aber merkwürdigerweise begegneten seit der Einführung parlamen-
tarischer Institutionen in Österreich gerade bezüglich der Marine die An-
sprüche der Regierung einem heftigen Widerstände, so daß es schien, als
ob hier das richtige Verständnis für die Marine fehle und dieselbe sich
keiner besonderen Würdigung erfreuen solle. Die im Verhältnis zur Armee
so bescheidenen Budgets der Marine in jenen Jahren sind der sprechendste
Beweis hiefür und selbst diese mußten der Volksvertretung immer müh-
selig abgerungen werden.
Der Ausbruch des deutsch-dänischen Krieges im Jahre 1 864 und
das für die österreichische Marine so ehrenvolle Seegefecht von Helgo-
land vermochten, obschon sie raomenlan einen etwas günsUgereu Stim-
mungswechsel für dieselbe hervorbrachten, im großen und ganzen nichts
daran zu ändern.
Am 14. April 1^1)4 trat Erzh, Ferdinand Maximilian seine ver-
hängnisvolle Fahrt nach Mexiko an und mit seinem Scheiden überging
die oberste Leitung der Marine an das schon frülier gebildete Marine-
ministeriura mit einem Nichtseemamie an der Spitze und an die neu-
geschaffene Marinelruppen- und Flotleninspektion unter Erzh. Leopold.
Beide Institutionen vermochten nicht, sich in der Marine einer besonderen
Beliebtheit zu erfreuen und verfehlten, ihr jenen Grad der Entwicklung zu
geben, deren sie gerade im damaligen Zeitpunkte so notwendig bedurft
hatte.
So kam das Jahr 1866 mit dem Kriege in Sicht heran. Es kann nicht
wundernehmen, wenn angesichts dieser Tatsachen die Österreichischen
Seeoffiziere mit Schmerz und Mißmut auf den großen Abstand hinsahen,
der in materieller Beziehung unterdessen zwischen der österreichischen
und italienischen Marine Platz gegriffen hatte, und wenn sie einem bevor-
stehenden Kampfe mit dem Gegner nur mit der Gewißheit entgegen-
blickten, in Erfüllung ihrer Pflicht sich opfern zu müssen, ohne damit dem
Vaterlande einen Erfolg erringen zu können. Wenn jedoch etwas im
Stande war, das zwischen den beiden Flotten bestehende Mißverhältnis
auszugleichen und die Herzen der österreichisclien Seeoffiziere mit Ver-
trauen zu beleben, so war dies das Bewußtsein des eigenen Wertes und
der vortreffliche Geist, der im Seeolfizierskonis wie in allen anderen
Zweigen der Marine herrschte. Der geschiedene Erzherzog-Admiral hatte
es verstanden, denselben wachzurufen, und der von ihm gestreute Samen
war auf frachtbaren Boden gefallen. Die kühle Teilnahmslosigkeit des
Landes, die geringen Mittel, welche man der Marine gewälirte, ver-
morhlen nicht den hingebungsvollen Eifer für den Beruf zu vermindern ;
im Gegenteile setzte ein jeder, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, sein
bestes Können und Wollen für den Dienst ein. um so wenigstens das
Möglichste zu erreichen. Dieser Geist war es, der in der Folge zum Siege
fülirte !
Die österreichische Marine verfügte am 1. April 1866, abgesehen
von der Gardaseellottille, der Lagunenfloltille in Venedig sowie den
PositionsschilTen zur Verteidigung der Hafeneinfahrten und der ver-
schiedenen Kanäle Venedigs über nachstehende seegehtnde Schiffe :
27
I. Kriegsschiffe.
q) 7 Panzerschiffe, and zwar :
7 Panzerfregatten:
Erzh. Ferdinand Max^ Holzkonstruktion, vollständig mit i^/^"
Platten gepanzert, 4757 Tonnen Deplacement, 800 Pferde-
kräfte, 12 Meilen Geschwindigkeit, 489 Mann Bemannung;
16 Geschütze: glatte 48pfünder, ^)
2 4pf0ndige glatte Landungsgeschutze.
Habsburg^ Holzkonstruktion, vollständig mit i^/i" Platten ge-
panzert, 4757 Tonnen Deplacement, 800 Pferdekräfte,
12 Meilen Geschwindigkeit, 478 Mann Bemannung;
16 Geschütze: 15 glatte 48pfünder, ^)
1 gezogener 48pfünder, System Wahrendorflf,
2 4pründige glatte Landungsgeschütze.
Kaiser Max^ Holzkonstruktion, vollständig mit i^/^" Platten ge-
panzert.
PriM Eugen^ 3330 Tonnen Deplacement, 650 Pferdekräfte,
10 Meilen Greschwindigkeit, 386 Mann Bemannung;
30 Geschütze: 16 glatte 48pfünder,
14 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf,
2 4pfündige glatte Landungsgeschütze.
Don Juan d'Austria^ Holzkonstruktion, vollständig mit 4</a''
Platten gepanzert, 3330 Tonnen Deplacement, 650 Pferde-
kräfte, 9 Meilen Geschwindigkeit, 386 Mann Bemannung ;
28 Geschütze: 14 glatte 48pfünder,
14 gezogene ä4pfünder, System Wahrendorflf,
2 4pfündige glatte Landungsgeschütze.
Dnche, Holzkonstruktion, vollständig mit i^/z" Platten gepanzert.
Salamander^ 2824 Tonnen Deplacement, 500 Pferdekräfle,
10 Meilen Geschwindigkeit, 343 Mann Bemannung;
26 Geschütze: 10 glatte 48pfünder,
16 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf,
2 4pfündige glatte Landungsgeschütze.
1) Als Ersatz für die eigentliche Bestückung von je 3:2 8'' Kruppschen gezogenen
GoAstahlgesehfltzen, die Yor Ausbruch des Krieges schon bestellt waren, von der
preußischen Regierung jedoch mit dem Ausfuhrverbote belegt waren.
28
b) 21 Schraubenschiffe, and zwar:
1 Schraubenlinienschiff:
Kaiser^ 5194 Tonnen Deplacement, 800 Pferdekräfte, 12 Meilen
Geschwindigkeit, 904 Mann Bemannung ;
92 Geschütze: 74 glatte 30pfünder,
16 glatte GOpfündige Granatkanonen,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf,
4 glatte 4pfündige Landungsgeschütze.
5 Schraubenfregatten:
Novara^ 2497 Tonnen Deplacement, 500 Pferdekräfte, 12 Meilen
Geschwindigkeit, 538 Mann Bemannung;
51 Geschütze: 44 glatte 30pfünder,
4 glatte 60pfündige Granatkanonen,
3 gezogene 24pfünder, System WahrendorfiF,
2 glatte 4pfündige Landungsgeschütze.
Fürst Schwarzenberg^ 2514 Tonnen Deplacement, 400 Pferde-
kräfte, 10 Meilen Geschwindigkeit, 547 Mann Bemannung;
46 Geschütze: 36 glatte 30pfönder,
6 glatte 60pfündige Granatkanonen,
4 gezogene 24pfünder, System Wahrendorff,
2 glatte 4pfündige Landungsgeschütze.
Graf Badetzky^ Adria und Donau, 2198 Tonnen Deplacement,
300 Pferdekrfifte, 8 bis 9 Meilen Geschwindigkeit, 398 Mann
Bemannung;
31 Geschütze: 24 glatte 30pfünder,
4 glatte 60pfündige Granatkanonen,
3 gezogene 24pfünder, System Wahrendorff,
2 glatte 4pfündige Landungsgeschütze.
2 Schraubenkorvetten:
Graf Vandolo, 1 594 Tonnen Deplacement, 230 Pferdekräfte,
Erzh. Friedrich, 1474 Tonnen Deplacement, 230 Pferdekräfle,
8 Meilen Geschwindigkeit, 294 Mann Bemannung;
22 Geschütze: 16 glatte 30pfunder,
4 glatte 60pfündige Granatkanonen,
2 gezogene 24pfunder, System Wahrendorff,
2 glatte 4pfündige Landungsgeschütze.
29
7 Schraubenkanonenboote i. Klasse:
Hmn, Dalmat und Yelebich^ 869 Tonnen Deplacement, 230 Pferde-
kräfte, 11 bis 13 Meilen Geschwindigkeit, 139 Mann Be-
mannung;
4 Geschütze: 2 glatte 48pfünder,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorff.
WaU^ Reka^ Seehund und Streiter^ 852 Tonnen Deplacement,
230 Pferdekräfte, 11 bis 12 Meüen Geschwindigkeit, 139 Mann
Bemannung;
4 Geschütze : 2 glatte 48pfünder,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf.
3 Schraubenkanonenboote S.Klasse:
Orille, Gemse und Sansego, 333 Tonnen Deplacement, 90 Pferde-
kräfte, 9 Meilen Geschwindigkeit, 72 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 2 glatte 48pfünder,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorff.
3 Schraubenschoner:
Kerka und Nareuta^ 501 Tonnen Deplacement, 90 Pferdekräfte
9 Meilen Geschwindigkeit, 100 Mann Bemannung;
6 Greschütze: 4 glatte 30pfünder,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorff.
Möre^ 348 Tonnen Deplacement, 50 Pferdekräfte, 7 Meilen Ge-
schwindigkeit, 72 Mann Bemannung;
2 Geschütze: gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf.
c) 11 Baddampfer, und zwar :
Kaiserin Elisabeth^ 1472 Tonnen Deplacement, 350 Pferdekräfte,
12 Meilen Geschwindigkeit, 166 Mann Bemannung;
6 Geschütze: 2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf,
4 gezogene 12pfündige Vorderlader, System
La Hitte.
Santa Lucia^ 1353 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekrafte, 9 Meilen
Geschwindigkeit, 1 80 Mann Bemannung ;
6 Geschütze : 4 glatte 30pfänder,
2 gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf.
30
Triest^ 1102 Tonnen Deplacement, 220 Pferdekräfte, 9 Meilen Ge-
schwindigkeit, 66 Mann Bemannung;
4 Geschütze: gezogene 6pfündige Vorderlader, System La
Hitte.
Andreas Hofer^ 770 Tonnen Deplacement, 160 Pferdekräfte,
10 Meilen Geschwindigkeit, 109 Mann Bemannmig;
4 Geschütze : 3 glatte 30pfünder,
1 gezogener 24pfüQder, System Wahrendorflf.
Curtatone, 751 Tonnen Deplacement, 160 Pferdekräfte, 8 bis
9 Meilen Geschwindigkeit, 109 Mann Bemannmig;
4 Geschütze: 3 glatte 30pfQnder,
1 gezogener 24pfünder, System Wahrendorflf.
Ynlkan^ 675 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 8 bis 9 Meilen
Geschwindigkeit, 84 Mann Bemannmig;
2 Geschütze : gezogene 24pfünder, System Wahrendorflf.
Flame, 403 Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 9 Meilen Ge-
schwindigkeit, 49 Mann Bemannung;
2 Geschütze: gezogene 6pfündige Vorderlader, System La
Hitte.
Taurus, 377 Tonnen Deplacement, 100 Pferdekräfte, 7 Meilen Ge-
schwindigkeit, 63 Mann Bemannung;
5 Geschütze: 4 glatte metallene 12pfünder,
1 gezogener 12pfünder, System Wahrendorflf.
Hentzi, 139 Tonnen Deplacement, 45 Pferdekräfte, 5 bis 6 Meilen
Geschwindigkeit, 48 Mann Bemannung;
4 Geschütze: 2 gezogene 12pfündige Vorderlader, System La
Hitte,
2 glatte metallene 4pfünder.
Jacht Greif, 1260 Tonnen Deplacement, 300 Pferdekräfte,
12 Meilen Geschwindigkeit, 102 Mann Bemannung;
2 Geschütze: gezoj^ene 12pfündige Vorderlader, System La
Hitte.
Jacht Fantasie, i20-> Tonnen Deplacement, 120 Pferdekräfte, 13
bis 14 Meilen Geschwindigkeit, 29 Mann Bemannung.
31
d) 11 Segelschiffe, and zwar:
2 Fregatten:
Bellona^ 1612 Tonnen Deplacement, 362 Mann Bemannung;
35 Geschütze: glatte 30pfiinder.
Tenus^ 1577 Tonnen Deplacement, 140 Mann Bemannung;
10 Geschütze (Schulfregatte der Marineakademie).
3 Korvetten:
Carolina^ 914 Tonnen Deplacement, 169 Mann Bemannung;
20 Geschütze: glatte SOpfQnder.
Diana^ 833 Tonnen Deplacement, 169 Mann Bemannung;
20 Geschütze: glatte 30pfünder.
Mlnerra^ 593 Tonnen Deplacement, 143 Mann Bemannung;
16 Geschütze: glatte 30pfünder.
3 Briggs:
Huszar^ 468 Tonnen Deplacement, 101 Mann Bemannung.
12 Geschütze: glatte 30pfünder.
Pola und Montecuccoli, 412 Tonnen Deplacement, 101 Mann Be-
mannung ;
12 Geschütze: glatte 30pf(!inder.
3 Schoner:
Saida, 288 Tonnen Deplacement, 73 Mann Bemannung.
8 Geschütze : glatte 30pfünder.
Artemisia^ 179 Tonnen Deplacement, 63 Mann Bemannung;
10 Geschütze: metallene glatte 12pfunder.
Aretusa, 165 Tonnen Deplacement, 63 Mann Bemannung;
10 Geschütze: metallene glatte 12pfünder.
II. Transportschiffe.
5 Segelschiffe, und zwar:
1 Brigg:
Pylades^ 468 Tonnen Deplacement, 44 Mann Bemannung.
4 Briggschoner:
Dromedar^ 199 Tonnen Deplacement, 23 Mann Bemannung.
Fido^ 168 Tonnen Deplacement, 23 Mann Bemannung.
32
Braro^ 168 Tonnen Deplacement, 23 Mann Bemannung.
Chamäleon^ 168 Tonnen Deplacement, 23 Mann Bemannung.
I. Kriegsschiife :
Rekapitulation.
Tonnen
Geschütze Pferdekräfte Deplacement Bemannung
7 Panzerschiffe mit
172
4.550
25.152
2.811
:2l ungepanzerte
Schraubenschiffe ,
380
5.170
33.425
5.232
11 Raddampfer ,
39
1.995
8.594
1.005
11 Segelschiffe „
165
—
7.453
1.485
50
756
11.715
74.624
10.533
IL Transportschiffe:
5 Segelschiffe
1.171
136
£ffektiTstand der
österreichischen Seemacht:
55 Kriegsschifife mit 756 11.715 75.795 10.669
sonach im ganzen ein Effektivstand von 55 Kriegsschiffen mit 756 Ge-
schützen, 11.715 Pferdekräften, 75.795 Tonnen Deplacement und 10.669
Mann Bemannung.
Von diesen Schiffen befanden sich zu Anfang des Jahres 1866 in
Ausrüstung: die Schraubenfregatten »Schwarzenberg* und , Donau", die
Kanonenboote ,Hum", „Dalmat**, »Reka* und Schraubenschoner ,Möve*
als Schiffsabteilung in der Levante, die Schraubenkorvette ^Dandolo* in
Mexiko, die Schraubenkorvette „Erzh. Friedrich* aui der Rückreise von der
Xordseestation Geestemünde, Schraubenschoner „Kerka" sowie die Rad-
dampfer ^Curtatone** und „Vulkan" als Stationsschiffe in Dalmatien und für
denDienst im Golf; von Segelschiffen standen Fregatte „Bellona" als Artillerie-
schulschiff sowie Kor\'ette „Minerva" und Schoner „Saida" als Matrosen-
schulschiffe zu Kreuzungen im Golf im Dienst. Der größte Teil der übriger;
Schiffe lag vollkommen abgerüstet oder behufs Vornahme von Repara-
turen im Seearsenale zu Pola.
Von den 7 Panzerschiffen waren die zwei größten „Erzh. Ferdinand
Max- und „Habsburg" noch im Ausbau zu Triest, die Installierung der
Maschinen war zwar beendet imd die Panzerung im langsamen Fort-
schreiten, die innere Einrichtung aber war kaum begomien; unter den
33
5 älteren Panzerschiffen war nur „Draehe" in erster Reserve zur augen-
blicklichen Ausrüstung bereit; ,Don Juan*, bei dem das hölzerne Vorkastell
ab^rissen war, um durch ein eisernes ersetzt zu werd^i, stand in großer
Reparatur. Auf den 3 übrigen wurde die innere Einrichtung und der Yer-
schlufi der Stückpforten umgeändert
Das Schraubenlinienschiff ,, Kaiser *', für nicht mehr ganz seetüchtig
eiidärt, lag abgerüstet im Arsenale, imi gedockt zu werden, und man
stand eben vor dem Beschlüsse, dasselbe in ein Panzerschiff zu ver-
wandeln. Von den ungepanzerten Schraubenltegatten war nur »Radetzky*
in erster Reserve und zur Ausrüstung bereit, „ Adria" war bis vor kurzem
im Dock gewesen, ^^Novara'' noch im Dock und auf beiden letzteren eine
Menge größerer wie kleinerer Reparaturen im Zuge.
Fregatte , Schwarzenberg" , vordem Flaggenschiff des Kontreadmirals
V. Tegetthoff, zu Anfang des Jahres aus der Levante zurückgekehrt, war
zu einer Expedition nach Ostasien bestimmt und seither mit deu dieser Be-
stimmung entsprechenden Herrichtungen und Ausschiffungen beschäftigt.
Die Adaptierungsarbeiten waren zum großen Teile vollendet und diese
Fregatte hatte daher in militärischer Beziehung aufgehört, ein Kriegsschiff
zu sein; an ihrer Stelle wurde auch die gleichfalls aus der Levante zurück-
beorderte Fregatte „Donau" zum Flaggenschiffe eingerichtet.
Ähnlich dem Zustande der größeren war jener der kleineren Dampf-
und Segelschiffe; Kanonenboot „Velebich" und Raddampfer, Triest* waren
in erster Reserve, der Rest befand sich teils in Reparatur, teils in
Abrüstung.
Der Personalstand der österreichischen Marine bestand anfangs
1866 aus:
2 Vizeadmiralen,
5 Kontreadmiralen,
9 Linienschiffskapitänen,
25 Fregattenkapitänen,
90 Linienschiffsleutnants,
101 Linienschiffsfähnrichen,
188 Scekadetten,
39 Marine-Zeugskorpsoffizieren,
116 Matrosenkorps- und Marineinfanterieoffizieren,
somit im ganzen aus 575 Offizieren.
In Österreich schien man in Bezug auf die Verwendung der Marine
in dem bevorstehenden Kriege noch bis in die zweite Hälfte des Monates
FUischer, Die k. k. Kriegsmurine 1866. 3
34
April im unklaren zu sein und keinen entscheidenden Entschluß gefaßt
zu haben; denn nur so läßt es sich erklären, daß im Gregensatze zu den
mit aller Macht imd in fieberhafter Hast betriebenen Kriegsrüstungen der
Landarmee bezüglich der Marine die Befehle zur Ausrüstung der Flotte
noch immer auf sich warten ließen. Die leidige Finanzfrage, die der
Marine gegenüber stets eine große Rolle spielte, schien trotz des drohen-
den Krieges sich auch jetzt wieder geltend zu machen. Während für
die Armee Millionen über Millionen zu Rüstungszwecken verausgabt
wurden, hieß es bezüglich der Marine: „Man dürfe sich nicht in Auslagen
stürzen, ohne von deren Notwendigkeit Gewißheit zu haben*. Weder das
Ministerium des Äußern (FML. Graf Mensdorff) noch das Eriegs-
ministerium (FZM. Ritter v. Franc k) schienen in Bezug auf die schleunige
Ausrüstung der Flotte pressiert zu sein.
Es ist bezeichnend für die damaligen Verhältnisse, was Kontre-
admiral v. Tegetthoff, der tapfere Streiter von Helgoland und spätere
Sieger von Lissa, welcher sich um jene Zeit in Wien befand, hierüber an
einen Freund schrieb: ^)
,Ich bin vorgestern abends von Wien zurückgekehrt, wohin ich
berufen worden war, um im Einvernehmen mit dem Handelsministerium
bei den Vorkehrungen für die Expedition nach Ostasien tätig mitzu-
wirken.
Der Zweck meiner Berufung nach der Residenz war jedoch gleich
vom Momente meines Eintreffens in den Hintergrund getreten, da der
Konflikt mit Preußen -- der täglich eine akutere Gestalt annahm — die
Aufmerksamkeit der höchsten Kreise ausschließlich absorbierte. Statt
nun meinerseits mich mit den Geschenken für die Herrscher von Siam
und Japan und ähnlichen Fragen zu befassen, glaubte ich schon während
meines Aufenthaltes in Wien mein ganzes Streben dahin richten zu
müssen, die Fürsorge, die an den nördlichen Grenzen der Begegnung
einer Kriegsgefahr gewidmet wurde, mindestens zum Teile auch auf die
Vorkehrungen zu lenken, die zum Schutze unseres Handels und unserer
Küsten unumgänglich zu treffen wären, und zwar um so mehr, als bereits
vor 14 Tagen eine Allianz Preußens mit Italien — dem eine kräftige
Marine zur Verfügimg steht — täglich an Wahrscheinlichkeit gewann.
Meine in dieser Richtung bei jeder sich ergebenden Gelegenheit wieder-
holten Bitten und Überredungsversuche blieben jedoch erfolglos; man
fuhr fort, Truppen gegen die preußischen Grenzen zusammenzuziehen,
1) Beer: .Aus Tegetthoffs Nachlaß", Seite 4-2.
35
die böhmischen und mährischen Festmigen in stand zu setzen, wollte
jedoch nichts davon hören, daB es dringend notwendig sei, zur Aus-
rüstung der Flotte zu schreiten, um den Schiffen womöglich einige
Wochen Zeit zu geben, ihre neueinberufenen Mannschaften abzurichten,
an die im Falle des Ausbruches von Feindseligkeiten die schwere Auf-
gabe herantreten würde, einem weitüberlegenen Gegner gegenüber die
biteressen des Kaiserstaates zur See zu wahren und zu schützen.
Ich verließ Wien mit dem peinigenden Gefühle, daß Unverstand
und Gleichgültigkeit von oben auch in diesem Jahre der viel gelästerten
und geschmähten Marine harte Opfer auferlegen würden, und ich traf
hier in Pola ein, um trotz des Kriegsgeschreies aller in- und auslän-
dischen Blätter das Hafenadmiralat und Arsenal in einem gemütlichen
Friedensschlummer wiederzufinden, den zu stören einige von Wien ein-
getroffene Weisungen halbverschwommener kriegerischer Färbung nicht
vermocht hatten.
Wir sind, wie gewöhnlich, nicht gerüstet, um einer plötzlich heran-
tretenden ernsten Anforderung einigermaßen zu genügen. An aus-
gerüsteten Schiffen verfügt die Marine gegenwärtig über die beiden
Schraubenfregatten »Schwarzenberg* und , Donau", die beidejedochSbis 10
Tage brauchen, um seeklar zu sein, über Korvette ,Erzh. Friedrich,"
die von ihrer Stationierung in der Nordsee einberufen wurde, und endlich
über die 4 Kanonenboote ,Hum", „Dalmat", ,Reka" und »Kerka", die zwi-
schen Pyräus, Korfü und Triest verteilt liegen. Nebst diesen befinden
sich noch im aktiven armierten Zustande die 3 Segelschiffe „BeUona",
»Minerva* und »Saida", die jedoch in Bezug auf kriegerische Eventualitäten
nur insofern in Betmcht zu ziehen sind, als sie ihre Bemannungen zur
Ausrüstung von kriegstüchtigeren Schiffen abgeben können.
Bei dem Umstände, daß in den Gewässern Italiens 7 Panzerschiffe
und zirka 4 bis 5 größere Schraubenschiffe, sämtlich mit einer Aus-
rüstungszeit von mehr als einem Jahre, verteilt liegen, müssen unser
Handel und unsere Küsten als vollkommen schutzlos erscheinen und
muß es daher gerechtes Befremden erregen, daß von Wien aus gar nichts
geschieht, um diesen besorgniserweckenden Verhältnissen ein Ende zu
machen und der Marine zu zeigen, daß man sich einerseits den Umfang
der an selbe herantretenden Aufgabe gegenwartig halte, anderseits aber
beizeiten das Mögliche tue, um sie in den Stand zu setzen, in edlem
Wetteifer mit der Landarmee ihre Pflicht zu erfüllen."
Am 18. April erfolgte eine kaiserliche Entschließung über die Betei-
ligung der Flotte im Kriegsfalle und der Befehl zur Ausrüstung für die
36
Fregatten «Schwarzenberg'^, »Donau*^, „Radetzky* und der Panzerfregatte
^Dtache'*; am 26. für »Kaiser Max*, „Adria*^, »Velebich*, »Lucia*^ und
,Trie»t\
Endlich am 30. Aprü wurde die AufeteUuni^ einer operativen Eskadre
angeordnet, welche aus nachstehenden Schiffen zn bestehen hatte:
5 Panzerfi'egatten: »Kaiser Max«, »Prinz Eugen*, »Don Juan d*Austria*,
»Drache*, »Salamander*;
5 Schraubenfregatten: »Novara*, »Schwarzenberg*, »Radetzky*, »Donau*
imd »Adria*;
1 Schraubenkorvette: »Erzh. Friedrich« ;
7 Schraubenkanonenbooten: »Hmn*, »Dalmat*^, »Velebich*, »Wall*,
»Reka*, »Serfiund*, »Streiter«;
5 Raddampfern: »Elisabeth*, »Sta. Lucia«, »Andreas Hofer*, »Greif*,
»Triest«;
1 Avisodampfer: »Stadium* (vom Lloyd zu mieten). ^)
Nebstdem wurden die Schraubenschoner »Kerka* und »Narenta*, die
Schraubenkanonenboote »Grille*, »Gemse*, »Sansego* sowie die Rad-
dampfer »Vulkan* und »Taurus* zur Erhaltung der Kommunikation und
Verwendung längs der dalmatinischen Käste bestimmt. Segelfregatte
,Bellona* hatte den Hafenwachdienst in Pola, Goelette »Saida* in Veruda,
Raddampflsr »Curtatone* in Cattaro, Raddampfer »Fiume* wurde dem
Generalkommando in Zara zugewiesen. DampQacht »Fantasie* hatte zur
höheren Verfügung im Hafen von Pola bereit zu liegen, Segelkorvette
, Minerva* war abzurüsten und in die dritte Reserve zu versetzen.
Als Grundsatz filr die Ausrüstung der Schiffe ward festgesetzt, daß
vor derselben die Versetzung in vollkommen seetüchtigen Zustand und
die Komplettierung der Bemannung zu erfolgen habe. Nach vollendeter
Ausrüstung waren die Schiffe dem zum Eskadrekommandanten ernannten
Kontreadmiral v. Tegetthoff, der sich am 9. April wieder am Bord der
Fregatte »Schwarzenberg* eingeschifft hatte und mit derselben auf der
Rhede von Fasana vor Anker lag, zur Verfügung zu stellen.
Man ersieht leicht, welch außerordentlichen Aufwandes an Energie
und Tätigkeit es bedurfte, um die Flotte, deren Schiffe zum größten Teile
den schwersten Arsenalsarbeiten unterzogen, deren Mannschaften erst
einberufen und exerziert werden mußten, bis zum Beginn der Feindselig-
keiten see- und kampftüchtig zu machen. Nicht nur an kampfbereiten
>) Siehe Beilage B.
37
ScbifTen^ auch in allem tübrigen war der Feind derselben überlegen.
Während von den österreichischen Bemannungen der größte Teil in den
Jahren, welche dem Kriege Türangegangen waren, aus finanziellen Rück-
sichten wenig im aktiven Seedienst hatte gehalten werden können und
somit an der Schwelle des Krieges neuerdings ausgebildet w^den mußte,
hatte die italienische Marine schon seit längerer Zeit eine größere Eskadre
ausgerüstet und infolgedessen eine größere Anzahl ausgebildeter Mann-
schaften. Während die italienische Marine mit dem Fortschritte der Neu^
zeit im Geschützwesen Schritt gehalten hatte und über gezogene Geschütze
schwersten Kalibers verfügte, war man in Österreich in dieser Richtung
kaum weiter als bis zu den ersten Leistungen der moderne Artillerie in
der Gestalt des gezogenen 24pfündigen Hinterladers nach dem «System
Wahrendorff mit der preußischen Verschlußverbesserung' gekommen.
Aber auch an entscheidenden Schlachtschiffen, den Panzerschiffen, war
die italienische Flotte der österreichischen bedeutend überlegen.
Dieser in den jetzigen Zeitverhäitnissen schwerwiegenden Versäum-
nisse gegen die Marine schien man sich in Wien bewußt zu sein und es
kann daher nicht wundernehmen, wenn man sich dort großen Erwar-
tungen über von der Flotte zu erringende Erfolge nicht hingab. Darauf
wenigstens deuten die Instruktionen des Kriegsministeriums hin, die dem
Eskadrekommandanten zugekommen waren.
Die erste Weisung, welche derselbe erhielt, bewegte sich ganz im
allgemeinen und eröfhete dem Eskadrekommandanten einen wenig selb-
ständigen Wirkungskreis. „Der Eskadrekommandant*, so war der Inhalt,
,ist bezüglich der Operationen im großen, des Einklanges und der nötigen
Unterstützung dieser Operationen wegen an den Kommandanten der
Armee im lombardisch-venetianischen Königreiche gewiesen, jedoch ist
derselbe ermächtigt, wenn sich günstige Gelegenheit bietet, sowie bei
räumlicher Trennimg und Unterbrechung des Verkehrs mit der Südarmee
auch selbständig vorzugehen.*
Die zweite vom Kriegsminister FZM. Ritter v. Franck unterzeich-
nete Instruktion vom 15. Mai lautete wie folgt:
K.M.
M. S.
Nr. 794.
^Die Aufgabe der unter Euer Hoch wohlgeboren Befehl stehenden
k. k. Flotte ist :
1. die k. k. Armee im Süden, insbesondere jene im lombardisch-
venetianischen Königreiche, an deren Konunandanten Euer Hochwohl-
geboren laut erslgenannleiii Erlasse vom 21. v, M. bezüglich der Ope-
rationen im gi-oßen gewiesen sind, kräftigst zu unterstützen;
2. den feindlichen Streilkräflen möglichst Schaden zuzufügen und
dieselben in ihren Unternehmungen zu hemmen.
Obwohl Seine Majestät der Kaiser, unser allergnädigster Herr,
zuversichtlich erwarten, daß Ällerhöchstdessen Flotte in aufopfernder
Pflichteriüllung mit Ällerhöchstdessen Landarmee wetteifern werde, so
wird doch keineswegs die bedeutende numerische Überlegenheit der
gegnerischen Flotte verkannt und aus diesem Grunde und bei dem
moralischen Einflüsse. dendieExistenzder österreichischen Flotte auf alle
Operationen des Feindes an den Seeküsten zweifelsohne ausüben muß,
bin ich von Seiner Majestät dem Kaiser beauftragt, es Euer Hochwohl-
geboren zur Pflicht zu machen, keine Uoteraehmungen zu beginnen,
welche die k. k. Flotte aufs Spiel setzen könnten oder wo die zu
erreichenden Vorteile die voraussichtlichen Opfer nicht aufwiegen.
Insolange die Ereignisse nicht hindernd dazwischen treten, wird
Pola der Ort sein, wohin alle an das fc. k. Eskadrekommando gerichteten
Meldungen, Mitteilungen und Befehle von den verscliiedenen kaiserliclieu
Behörden zu gelangen haben werden, daher in jenem Hafen stets ein
Dampfer seeklar zu sein hat,; um solche Depeschen, je nach ihrer Dring-
lichkeit, sogleich oder gelegentlich an die Adresse zu befördern.
Wenn auch selbstverständlich, so muß ich doch zur Veiraeidung
jedes Zweifels hier aussprechen, daß es Euer Hochwoh^eboren frei-
gestellt bleiben muß, die eigene Flagge auf welchem immer der unter-
stehenden k. k. Schiffe zu hissen.
Die betreffenden k. k. Armeekonnnandanlen erhalten unter einem
Abschrift vorstehender Instruktionen zur eigenen Richtschnur, wälirend
Euer Hochwohlgeboren die unterstehenden k. k. Kommandanten von
der bezüghch Pola getroffenen Verfügung verständigen wollen."
Als Operationsbasis war der Eskadre der Kanal von Fasana zuge-
wiesen worden, da anzunehmen war, daß der maritime Kriegsschauplatz
sich auf den nördlichen Teil des Adriatischen Golfes und speziell auf das
venetianische Küstengebiet beschränken werde.
Nach dem Wortlaute dieser Instruktion war somit der Tätigkeit der
Österreichischen Marine in diesem Kriege kein großer Wirkungskreis
erößfnet und dieselbe eigentlich wieder nur auf die Defensive angewiesen.
Eine Offensive schien, den wenig wahrscheinlichen Fall des Angriffes der
italienischen Flotte auf Venedig oder Pola abgerechnet, nahezu ausge-
schlossen. Um so größer und verdienstlicher sind daher die Leistungen
38
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39
jenes Mannes, der in überraschend kurzer Zeit die kaiserliche Eskadre
nicht nur see- und kampftüchtig zu machen wußte, sondern dieselbe sogar
zum Siege über die überlegene feindliche Flotte führte. Dieser Mann war
Kontreadmiral v. Tegetthoff.
Wilhelm v. Tegetthoff^) wurde am 23. Dezember 1827 als Sohn
des k. k. Majors Karl v. Tegetthoff zu Marburg in Steiermark geboren.
Nachdem er in seiner Vaterstadt kurze Zeit das Gymnasium besucht
hatte, kam er im Jahre 1840 in das Marinekadettenkollegium von Venedig,
um dort seine Ausbildung für den Seedienst zu erhalten.
1845 als Marinekadett ausgemustert, war er zuerst am Bord der Brigg
»Montecuccoli*, später am Bord der Korvette „Adria" eingeschiflft, welche
Schiffe im Adriatischen und Mittelmeer kreuzten*. Am 25. Jänner 1848
wurde Tegetthoff zum Fregattenfähnrich befördert und erhielt nach
kurzem Kommando der Cannoniera „Didone" am 1. April provisorisch das
Gesamtdetail der Brigg aMontecuccoli" ; schon am IG. April wurde er infolge
der vielen Vakanzen, die durch den Übertritt der venetianischen OfBziere
entstanden waren, Linienschiflfsfähnrich und als solcher 2. Leutnant am
Bord der Brigg .Venezia*. Am 13. Oktober zum Personaladjutanten des
Marinekommandanten Vizeadmirals Ritter v. Martini ernannt und mit
demselben im Februar 1849 nach Wien berufen, begleitete er diesen, als
derselbe bei seinem Rücktritte vom Marinekommando zum Gesandten am
neapolitanischen Hofe ernannt worden war, nach Neapel, blieb bis Ende
Mai 1849 in dieser Stellung und schiffte sich am 1. Juni wieder auf die
Korvette „Adria" ein. Während dieser Einschiffung fand er Gelegenheit,
sich am 5. Juli, als der Raddampfer „Vulkan" bei Brondolo aufgefahren
war und in dieser kritischen Lage von einer Strandbatterie heftig be-
schossen wurde, als Kommandant eines von der KoiTette zu Hilfe
geschickten Korveedetachements bei der Flottmachung desselben so her-
vorzutun, daß er im Schiflfskommandoberichte des „Vulkan* lobend er-
wähnt wurde.
Am 11. September zum Gesamtdetailoffizier des Raddampfers
„Maria Anna" bestimmt, der unter dem Kommando des Linienschiffs-
leutnants Graf Hadik eine Mission nach Tunis imd Tripolis zu vollführen
hatte, blieb Tegetthoff mit diesem Schiffe sodann noch längere Zeit in
der Levante. Am 16. Juni 1851 zum Fregattenleutnant befördert, über-
nahm Tegetthoff das Gesamtdetail der Korvette „Carolina**, welche bei
Ausbruch des Krimkrieges in Konstantinopel stationiert war und zur
<) Beer, ,Au8 Tegetthoffs Nachlaß/ Seite 45.
40
Verfägung des k. k. iDtemuntius stand. Am 13. Juli 1854 erhielt Tegett-
hoff das Eammando der Goelette , Elisabeth'', mit welcher er häufige
Kreuzungen im Archipel und an der syrischen Küste vorzunehmen hatte.
Im Herbste 1 855 nach mehrjähriger Dienstleistung zur See ausgeschifft
und dem Hafenadmiralate von Pola zur Dienstleistung zugewiesen^ über-
nahm er schon Ende November desselben Jahres das Kommando des für
den Stationsdienst in der Sulinamündung bestimmten Raddampfers
„Taurus*". In dieser Stellung fand nun Tegetthoff Gelegenheit, sich
besonders hervorzutun.
Der Ort Sulina war während des Krimkrieges von den Engländern
niedergebrannt worden. Die Donaumündungen waren teils durch den
niederen Wasserstand, * teils durch die Maßnahmen der Russen gesperrt;
an der Barre waren kaum 8 Fuß Fahrwasser, während in der unteren
Donau bei 800 Kauffahrer verschiedener Nationen und gegen ISOO mit
dem Auswurfe der Bevölkerungen des ganzen Mittelmeeres bemannte
Lichterschiffe lagen, ohne politische Behörde^ ohne StrompoUzei im
chaotischen Zustande.
Tegetthoff gelang es, binnen kurzem hier Ordnung zu machen
und die Verhältnisse zu bessern, gleichzeitig aber auch das Ansehen der
kaiserlichen Flagge so zur Geltung zu bringen, daß ihm der damalige
Internuntius FML. Baron Prokesch -Osten wie auch der komman-
dierende General in den Donaufurstentümein FZM. Graf Coronini und
der Marineoberkommandant Erzh. Ferdinand Max ihre volle Aner-
kennung aussprachen. Anfangs 1857 von Sulina abberufen, erhielt
Tegetthoff gleich darauf abermals eine Mission, die zeigt, daß es ihm
gelungen war, den Blick des Erzh. Ferdinand Max auf sich zu lenken.
Die Durchstechung der Landenge von Suez war bereits in Angriff
genonmien und bildete den Gegenstand eingehender Erörterungen sowie
großer Hoffiiungen in der ganzen Handelswelt. Die große Tragweite des
Unternehmens wurde vom Erzherzog erkannt, die Bestrebungen Englands
und Frankreichs, sich im Roten Meere festzusetzen, richtig gewürdigt.
Österreich sollte und durfte nicht zurückbleiben imd Tegetthoff
wurde mit dem Auftrage betraut, die Küsten des Roten Meeres zu durch-
forschen, um daselbst einen Platz für eine geeignete Kohlenstation aus-
findig zu machen.
Seine Instruktionen wiesen ihn an, sich mit dem berdts rühmlichst
bekannten Ornithologen und Afrikareisenden Dr. Heu gl in, der damals in
Ägypten weilte, in Verbindung zu setzen und mit ihm gemeinsam die
Reise zu machen. In Gesellschaft Heu gl ins ging Tegetthoff im Juni
41
1857 den Nil aufwärts bis Theben, von da mit einer Karawane nach Kasselr
am Roten Meere und befuhr nun beide Küsten desselben unter großen
Beschwerlichkeiten.
An der Somaliküste in Bender-Garn wurden die beiden Reisenden
Ton den Eingeborenen überfallen, festgenommen und erst nach Entrich-
tung eines Lösegeldes wieder freigegeben. Da Dr. Heuglin bei dieser
Gelegenheit verwundet worden und genötigt war, über Aden nach Kairo
abzugehen, um dort seine Wunde zu pflegen, setzte Tegetthoff die Reise
allein fort, kreuzte in einem offenen arabischen Boote neuerdings gegen
den Nordost-Monsoon auf, gelangte über MacuUa bis Ras Färtäk und von
dort bis Sokotora. Nach Durchforschung dieser Insel kehrte er nach Aden
und nach sechs wöchentlichem Aufenthalte daselbst über Ägjrpten nach
Europa zurück.
Noch in Aden erfuhr Tegetthoff seine am 17. Dezember 1857
erfolgte Beförderung zum Korvettenkapitän und seine Bestimmung zum
Chef der I. Sektion beim Marineoberkommando in Triest Er blieb bis
zum Oktober 1858 in dieser Stellung und übernahm sodann das Kommando
der Schraubenkorvette „Erzh. Friedrich*, welche nach den Küsten von
Marokko abging, um über ein an den dortigen Küsten gescheitertes öster-
reichisches Handelsschiff Nachforschungen zu pflegen, dessen Mannschaft
angeblich in Gefangenschaft gehalten sein sollte. Vor Beginn des Krieges
1859 kehrte das Schiff wieder nach der Adria zurück.
Der Ausbruch des französisch-italienischen Krieges hatte die Aus-
rüstung der ganzen Marine zur Folge. Korvette »Erzh. Friedrich* befand
sich bei der im Hafen von Spignon liegenden Eskadre der Schrauben-
schiffe und wurde nach mehreren Kreuzungen und Materialtransporten
nachAncona zur Verteidigung der Lagunen sowie der Hafeneinfahrten von
Venedig, speziell mit der Aufsicht über die schwimmende Barrikade im
Hafen von Spignon bestinmit.
Nach Beendigung des Krieges erhielt Tegetthoff die Ernennung
zum Adjutanten des Marineoberkommandanten Erzh. Ferdinand Max
und begleitete als solcher den Erzherzog auf dessen Reise nach Brasilien
am Bord des Dampfers „Kaiserin Elisabeth*.
Die in vielfacher Beziehung interessanten Berichte, welche der
kaiserliche Prinz dem Kaiser erstattete, flössen aus der Feder Teget t-
hoffs.
Nach Rückkunft dei „Elisabeth* in Triest seiner Stellung bei dem
Erzherzog enthoben und am 27. April 1860 zum Fregattenkapitän befördert,
übernahm Tegetthoff das Kommando der Schraubenfregatte «Radetzky*,
die anläßlich einer in Syrien ausgebrochenen Christenverfolgung schleu-
nigst dorthin beordert worden war, bis zu deren im Herbste 1861 erfolgten
Abrüstung.
Am 9. November desselben Jahres avancierte er zum Linienschiffs-
kapitän und war dem Marineoberkommando zur Dienstleistung zugewiesen.
Im Oktober 1862 zum Eonmiandanten der Schraubenfregatle .Novara'
bestimmt, übernahm er das Kommando dieses Schiffes am 4. November
und erhielt hierauf die Weisung, nach Lissa abzugehen, um dort auf
Befehl des Kaisers vom Linienschiffskapitän Baron Pückh das Kommando
der nach der Levante bestimmten Fiottenabteilung zu übernehmen.
Während der griechischen Ereignisse, welche dem Könige Otto den
Thron kosteten, stationierte Tegetthoff mit der ,Novara* größtenteils im
Pyräus, indes die anderen seinem Kommando unterstellten Schiffe in den
griechischen Gewässern zum Schutze der österreichischen Interessen
kreuzten. Tegetthoff hatte hier Gelegenheit, die Persönlichkeiten sowie
die geheimen Fäden, welche jene Umstm-zbewegung geleitet hatten, kennen
zu lernen, und seine Berichte an den Erzh. Ferdinand Max, der
auch als Thronkandidat ins Auge gefaßt worden war. sind für die Geschichte
jener Tage ungemein interessant und belehrend. Sie erzielten auch insofern
ein praktisches Resultat, als der kaiserliche Prinz durch das Studium der-
selben in seinem Vorsatze, die ihm angebotene Königskrone abzulehnen,
nur noch bestärkt wurde. Das Lob des Erzherzogs über die Klarheit der
Darstellung und die Reichhaltigkeit des Inhaltes war daher auch ein
ungemein schmeichelhaRes.
Im November 1863 nach erfolgter Ankunft des neuerwählten Königs
Georgiosging Tegetthoff mit der Schraubenfregatte .Schwarzenberg',
welche inzwischen die reparaturabedürftige „Novara* abgelöst hatte, auf
eine Kreuzung nach den Küsten Syriens und Ägjplens, besuchte die
Arbeiten am Suezkanal, über welchen er einen umfassenden, sehr inter-
essanten Bericht einsandte, als anfangs des Jahres 1864 der deutsch -dänische
Krieg zum Ausbruch kam. Tegetthoff erhielt die Naclu-icht hievon
auf dem Wege nach Sdo durch einen Lloyddampfer, der ihm gleichzeitig
einen Befehl überbrachte, aus der unter seinem Kommando stehenden
Fiottenabteilung eine nach seinem Ermessen genügende Anzahl von
Schiffen zu wählen imd, nachdem er durch eingeholte Erkundigungen die
Überzeugung gewonnen haben würde, daß keine dänischen Kriegs- und
Kapersdiiffe den Handelsverkehr im Mittelmeere bedrohen, nach dem
englischen Kanäle zu fahren, die dänischen Kreuzer aufzusuchen und anzu-
greifen, dänische Handelsschiffe zu kapern und den österreichischen, iÜ>er-
43
haupt deutschen Handel mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu schützen.
Mit seinem Flaggenschiflfe und den Kanonenbooten „Wall* und „Seehund*
machte sich Tegetthoff alsbald auf den Weg nach Lissabon, wo ihn die
Weisung erwartete, das Gros der inzwischen unter Kontreadmiral Baron
Wüllerstorf abgegangenen Eskadre zu erwarten. Als von dieser nach
Ablauf von drei Wochen nur die Schraubenfregatte „Radetzky* einge-
troffen war, ging er über erhaltenen Befehl mit diesen Schiffen bis Brust
weiter. Das andauernd konträre Wetter verzögerte aber in erhöhtem Maße
die Ankunft der Eskadre, daher Tegetthoff den Befehl erhielt, nunmehr
selbständig weiter vorzugehen und die Blockade der deutschen Häfen
durch die Dänen zu brechen.
Ohne Säumen verließ Tegetthoff hierauf Brest, nahm in Texel die
preußischen Schiffe, Raddampfer „Adler" und die Kanonenbote „Blitz* und
„Basilisk*, unter seine Befehle und lief am 4. Mni in die Elbe ein. Die Nach-
richt, dänische Kriegsschiffe wären bei Helgoland gesehen worden, ver-
anlaSte ihn zu einer mit allen Schiffen des Geschwaders unternommenen
Kreuzfahrt, die am 8. Mai beendet wurde. Am 9. Mai morgens wurde in
Kuxhaven eingelaufen. Kaum in die Nähe des Ankerplatzes angelangt,
kam jedoch Tegetthoff neuerdings die Nachricht zu, daß die Dänen
nächst Helgoland gesehen worden seien. Er gab seinen Schiffen sofort
den Befehl nicht zu ankern, wendete mit selben gegen Helgoland, bekam
gegen Mittag östlich von dieser Insel die zwei dänischen Schraubenfregalten
»Niels Juel* und „ Jylland* und die Schraubenkorvette „Heimdal* unter dem
Kommodore Suenson in Sicht und griff dieselben sofort an. Das fast
zweistündige Gefecht hatte zur Folge, daß die dänischen Schiffe die Nord-
see verließen und die Blockade der Elbemündimg aufgehört hatte.
Tegetthoff hatte das Gefecht, während welchem die „Schwarzen-
berg* durch den Brand ihres Fockmastes in eine sehr kritische Lage kam,
mit solch unerschütterlicher Ruhe und Tapferkeit geführt, daß auch der
Feind derselben alle Anerkennung zollte und sein Name in- und außerhalb
Österreichs ehrenvoll genannt wurde. Vom Kaiser sofort zum Kontre-
admiral ernannt und mit dem Eisernen Kronenorden 2. Klasse ausge-
zeichnet, nahm Tegetthoff nach dem Gefechte von Helgoland, während-
dessen das Gros der kaiserlichen Eskadre im Texel eingetroffen war, noch
an der Wegnahme der westfriesischen Inseln teil.
Nach Beendigung des Krieges nach Wien berufen und mit Marine-
reorganisationsarbeilen betraut, erhielt er im Frühjahr 1865 wieder das
Kommando der Eskadre, mit der er nun im Adriatischen Meere und in
der Levante kreuzte. In Korfü hatte er Gelegenheit, mit seinem früheren
Gegner, dem dänischen Kommodore Suenson, zusammenzutreffen, und
beide Männer waren von dieser persönlichen Bekanntschaft, die zu
gegenseitigen Sympathiekundgebungen Veranlassung bot, sehr erfreut.
Nachdem er neuerdings Ägj'pten und den Suezkanal, über dessen
Wichtigkeil für Österreich er sich in einem gediegenen Berichte aus-
sprach, besucht hatte und mit der Eskadre an den Küsten von Syrien
und Cypern manövriert hatte, wurde er im Jänner 186G aus Srnyma
nach Pola einberufen, um mit der Fri-'gatte .Schwarzenbei^* und Korvette
,Erzh. Friedrich" eine Expedition nach Ostasien behufs Abschließung von
Handelsverträgen anzutreten, die jedoch, wie schon früher erwähnt, in-
folge der inzwischen eingetretenen Kriegsaussichten vertagt wurde.
Als Kontreadmiral v. Tegelthoff zufolge Allerhöchster Ent-
schließung vom 9. Mai deflnitiv zum Kommandanten der operativen
Eskadre ernannt worden war, nalimen die Ausrüstungsarbeiten in jeder
Richtung einen ungemeinen Aufschwung. Einer seiner ersten Schritte
war es, zur Veretfli'kung der Eskadre die Zuteilung der eben in der
Panzerung begriffenen, neuerbauten Panzerfrogattcn ,Erzh. Ferdinand
Max* und „Habsburg,' welche am G, Mai von Triest nach Pola abgegangen
waren, dann des als minder kriegstüchtig erklärten Linienschiffes «Kaiser-
zu beantragen. Gleichzeitig stellte er das Ansuchen, die zur Verwendung
an der dalmatinischen Küste bestimmten Schraubenschoner .Kerka" und
.Narenta" sowie denRaddampfer.Vulkan'ebenfallsderoperaliven Eskadre
einzuverleihen und dieselben durch gemietete Lloyddampfer zu ersetzen.
In seinem am 16. Mai von der Rhede von Fasana diesbezüglich
erstatteten Berichte an das Kriegsministerium, aus dem wir einige Stellen
anführen, weil sie am besten Zeugnis geben von der Tatkraft und dem
energischen Willen des Admirals sowie von seiner hoben Auffassung der
verantwortungsvollen, wichtigen Stellung, zu der ilm das Vertrauen des
Allerhöchsten Kriegsherrn berufen hatte, äußerte er sich unter anderem
folgendermaßen:
.Noch verfügt die k. k. Eskadre gegenwärtig über sehr geringe
Streitkräfte und es wird Wochen dauern, bis alle der operativen Eskadre
zugeteilten Schiffe nach und nach aus dem Arsenale auslaufen können,
worauf sie erst ihre neuen Mannschaften einzuteilen und zu drillen haben
werden; der Moment, in welchem eine kampflüchtige operative Eskadre
verfügbar sein wird, liegt dalier noch in weiter Feme, während möglicher-
weise der Ausbruch der Feindseligkeiten nahe bevorsteht. Vor Mitte
Juni kann dio Eskadre keineswegs bereit sein. Auch wage ich nicht zu
45
behaupten« daB es bis dahin möglich sein werde, die Mannschaften not-
duiflig einzuexerzieren
Bei dieser Sadilage und bei Erwägung, daB die Eskadre hoch-
wichtige Staatsinteressen, die Ehre ihrer Flagge und den guten Ruf
des eigenen Koips zu wahren haben werde, stellt es sidi wohl als eine
gebieterische Notwendigkeit dar, sie in den Stand zu setzen, um in der
zweiten Hälfte des Monats Juni mit Kraft und Energie in den Gang der
Kriegsereignisse einzugreifen und durch mxen gewichtigen Schlag ihr viel-
leicht Wochen dauerndes — gewiß aber unverschuldetes — tatenloses
Zuwarten glänzend rechtfertigen zu können. Daß die Mannschaften von
dem besten Geiste beseelt sind und gewiß als echte österreichische See-
leute kämpfen werden, glaube ich verbürgen zu können.*
Tegetthoff stellte sodann den Anti-ag, unter Zuhilfenahme von
Privatunternehmern alle Kräfte anzuspannen, die in Pola liegenden Schiffe
,Erzh. Ferdinand Max*, ,Habsbm*g*, „Kaiser* und „Novara* schleunigst in
kampftüchtigen Zustand zu setzen und der operativen Eskadre zuzuweiseo.
Die beiden erstgenannten könnten binnen 3 bis 4 Wochen gepanzert sein,
auch wäre es während dieser Zeit möglich, die beiden Schiffe mit
48pfJUidem zu armieren; aber auch ohne Armierung und eventuell selbst
mit nur zum Teile ausgeführter Panzerung würden sie als Widder-
schiffe bei einem Angriffe auf den Feind die ausgezeichnetsten Dienste
leisten können.
„Wird an diesen vier Schiffen*, so schließt derBerichtTegetthoffs,
,mit voller Energie gearbeitet und beschränkt man die Arbeiten auf das
unumgänglich Notwendige, so können sie binnen kurzem verwendbar
sein imd die Eskadre sodann unter Anhoffhung, daß das Kriegsglück sie
begleite, die Aufgabe übernehmen, das Adriatische Meer vom Feinde zu
säubern'. Diesen eingehend motivierten Anträgen wurde auch Folge
gegeben und mit Allerhöchster Entschließung vom 23. Mai die Ausrüstung
des Linienschiffes „Kaiser* und der Panzerfregatten „Erzh. Ferdinand Max*
und „Habsburg* genehmigt ; gleichzeitig wurde die Reparatur der Schrau-
benfregatte „Novara', welche durch einen am 3. Mai am Bord derselben
ausgebrochenen Brand für einen Zeitraum von mehreren Wochen
kampfunfähig geworden war, angeordnet, dieselbe am 20. Mai durch den
Raddampfer „Lucia* nach Triest geschleppt, um dort auf der Privatwerfie
Tonnello schleunigst wieder hergestellt zu werden.
Die ArbeitkraflTegetthoffs während dieser Zeit war eine geradezu
Staunen erregende. Auf alles bedacht, war sein persönlicher Einfluß
überall fühlbar. Über den Fortgang der Ausrüstungsarbeiten der einzelnen
Sc!ii£fu ließ er er sicli täglich berichten und sah selbst häufig nach
denselben, iille Orpane anfeuernd und etwa auftauchende Schwierigkeilen
in der ihm eigenen energischen Arl ans dem Wege räumend, stets nui-
das eine Ziel vor Augen behaltend: die ihm unterstehenden Schiffe sobald
als möglich auf der Rhede von Fasana zu vereinen, damit dort gleich
nach ihrer Ankunft mit den Exerzitien und Scheib^nschießübungen
begonnen werden könne.
Von seinen Offizieren und den verschiedenen Organen der Marine
kräftigst unterstützt, wendete der Admiral alles an, die ihm anvertraute
Eskadre nicht nur see- und kampftüchtig zu machen, sondern auch ihre
Widerstandskraft mit den zu Gebote stehenden Mitteln nach Möglichkeit
zu erhöhen.
So wurden die ungepanzerlen Schiffe außenbords in der Sektion
des Maschinen- und Kesselraumes, die Fi-egatten auch auf der Höhe der
Stückpforten mit Ketten gepanzert. Wenn auch diese Maßregel, gegen-
über den schweren Geschützen des Feindes nur von geringer Wirksamkeit
sein konnte, so war sie doch ein ausgezeichnetes Mittel, den Mut der
Mannschaften aufrecht zu erhalten, und schon in dieser Beziehung von
großem moralischen Wert, Sämtliche Schiffe wurden schwarz angestrichen
und die Rauchfänge verschiedenartig bemalt, so daß man jedes einzelne
Schiff auf den ersten Blick erkennen konnte, ohne daß es seine Nummer
zu hissen brauchte. Diese Maßregel hatte sich in der Folge trefflich
bewährt und ausgezeichnete Dienste geleistet.
Um endlich die bedeutend schwächere Schiffsartillerie mit der feind-
lichen so viel als möglich ins Gleichgewicht zu bringen, wurden, da an
die Herbeischaffung stärkerer Kaliber an Bord der Flotte nicht zu denken
war, indem die zur Armierung der Panzerschiffe in Bestellimg gebrachten
Kruppschen Geschütze infolge des von Preußen erlassenen Ausfuhr-
verbotes nicht zu erlangen waren, die Schiffe, soweit die Vorräte es
ermöglichten, _mit glatten iSpfündern armiert und am Bord derselben
alle Vorbereitungen getroffen, um aus den 48-und 30pfündem glühende
Kugeln schießen zu können und so wenigstens halbwegs den schweren
Sprenggeschossen des Gegners Ähnliches entgegenzusetzen; ferner wurde
gleichfalls zur Erzielung einer größeren Wirkung auf allen Schiffen das
konzentrische Feuer eingeführt und geübt.
Ein Hauptaugenmerk Kontreadminüs v. Tegetthoff war auch dar-
auf gerichtet, der k. k. Eskadre stets ein genügendes Kohlenquantum zu
sichern. Der große Bedarf an Kohle und der ungenügend vorhandene
47
Vorrat derselben in Pola und den verschiedenen Kohlenstationen
boten ihm wiederholt Veranlassung, beim Kriegsmmisterium in dieser
Beziehung die dringendsten Vorstellungen zu erheben.
»Wenn auch**, schrieb er, , Fasana als Operationsbasis bestimmt
ist, können dennoch Ereignisse eintreten, welche einen anderen Eüsten-
punkt der Flotte als Station anweisen. Da außerdem die k. k. Eriegs-
schifiTe zum großen Teile langsame Läufer sind, so ist es schon aus
diesem Grunde geboten, nur die beste Kohle zu gebrauchen.*
Mit Erlaß vom 19. Mai gab das Kriegsministerium Kontreadmiral
V. Tegetthoff bekannt, daß der Vorrat an Steinkohle in den verschiedenen
Kohlenstationen in Bälde nachstehende Höhe erreichen werde:
Pola 19730 ^englische, 3800 inländische Kohle,
Venedig . . . 2.000, , 1.600 „
Zara 590,- „ 790,
Kumbor . . . 4.090, , 325, , ,
Lissa 4.720 , , 900 , ,
Kiek 70, , 50,
Summe. . . . 31.200 t englische, 7.465 t inländische Kohle.
Nachdem die bisher ausgerösteten Eskadreschiflfe mit Kohle ver-
sehen worden waren, gab am 9. Juni das Hafenadmiralat von Pola dem
k. t Eskadrekommando bekannt, daß in Pola zur Zeit noch 15.300^
englische und 1200 1 inländische Kohle vorhanden seien.
Kontreadmiral v. Tegetthoff veranlaßte durch Fachleute eine
genaue Schätzung dieses Vorrates, welcher insgesamt mit 15.000 t fest-
gestellt wurde. Hievon waren zwei Drittel englische, ein Drittel inländische
Kohle. Wenn noch 10% für Staub und Grießkohle davon in Abschlag
kamen, so waren eigentlich nur ungefähr 13.000 1 brauchbarer Kohle vor-
handen. Dieses Ereignis erschien dem Admiral von so schwerwiegender
Bedeutung, daß er am 11. Juni sich abermals an das Kriegsministerium
mit der dringenden Bitte um Erhöhung der Kohlenvorräte in den Marine-
stationen wandte und darauf hinwies, , daß nach vollendeter Ausrüstung
der gesamten Flotte der tägliche Bedarf derselben bei Fahrten mit voller
Kraft zirka 1100^ betrage^ demgemäß mindestens 30.000 ^ Kohle ver-
fügbar sein sollten"^.
Diesen Vorstellungen des Admirals wurde auch Rechnung getragen
imd noch vor der Kriegserklärung die Vorräte nach Tunlichkeit erhöht.
Der außerordentlichen Tätigkeit aller, ganz besonders des damaligen
KoDunandanten des k. k. Seearsenals von Pola, Linien schiflTskapitilns
Alexander Eberan T. Eberhorst, der eine der bedeutendsten Aufgaben
des Arsenaldienstes unter den denkbar schwierigsten Verhfdlnisaea
vorzüglich zu lösen verstand, -war es zu danken, daß bis Ende Mai schon
der größere Teil der für die operative Eskadre bestimmten Schiffe see-
und kampflüchtig auf der Rhede von Fasana eintraf, zu deren Schutze
seit dem 18. täglich eine Fregatte und ein Kanunenboot, vom 30. an noch
ein Raddampfer den Inspektionsdienst versahen. Diese Schiffe unterhielten
tagsüber stillen Dampf in der Hälfte der Kessel, die Boote waren eingesetzt,
um auf das erste Aviso in See gehen zu können. Während der Nacht
lag die Fregatte an der Nordwest,- der Raddampfer an der Südosteiu-
fahrt damplbereil vor Anker, das Kanonenboot kreuzte vor der Insel
Brioni auf und ab. Mit Pola stand die Eskadre durch den optischen
Telegraphen auf Musil und den elektrischen vom Fort Brioni in Ver-
bindung;. Außerdem lag in Pola stets ein Raddampfer für den Depeschen-
dienst bereit.
"Waren bisher die einzelnen Scliiffe, sobald sie auf der Rhede von
Fasana erschienen, eifrigst bemüht gewesen, ihre Bemannungen durch
Einzelmanöver und ScheibenschieBen auszubilden, so nahmen nun die
Übungen einen ausgedehnteren Charakter an. Am 5. Juni ordnete Kontre-
admiral v. Tegetlhoff die Formierung der Eskadre in 3 Divisionen
nach Panzerschiffen, schweren Holzschrauben schiffen und Kanonen-
booten an, von denen jede einen Raddampfer als Repetiteur erhielt Die
Divisionen selbst waren im vorspringenden Winkel formiert, die drei
Winkel in Kielwasserordnung. (Siehe nebenstehende Skizze.)
Diese Formierung ward unabänderlich beibehalten; sie bildete eine
bequeme, kompakte Marschordnung von nicht zu großer Ausdehnung,
bei der die einzelnen Schiffe leicht übersehen sowie Zusammenstöße am
besten vermieden werden konnten. Sie eignete sich auch vorzüglich für
den Angriff, da sie die ganze verfügbare Macht in einer kompakten Masse
in die Aktion brachte und auch Übergänge in andere Formationen mehr
als jede andere erleichterte und mit SchneUigkeit ausführen UeS.
Die Division der Panzerschiffe, die die Spitze der ganzen Auf-
stellung bildete, hatte die Aufgabe, die feindliche Aufstellung zu durch-
brechen und eine Melee auf kürzeste Entfernungen herbeizuführen, da
nur in einer solchen die Überlegenheit des Feindes an Panzerschiffen
einigermaßen paralysiert und nur in einem Nahkampfe von den zu Gebole
stehenden schwachen Kalibern ein Erfolg erwartet werden konnte.
4»
Die Division der größeren Holzschiffe konnte je nach der Auf*
Stellung des Feindes vor Beginn des Kampfes vom Ädmiral an den
rechten oder linken Flügel der ersten Division disponiert werden oder es
ihrem Kommandanten überlassen bleiben, je nach den sich ergebenden
O 9 Sladiam
i'
4 C. H. Ferdinand Max
Habsburg A 5 ^3 Don Juan d'Austria
SalanMUider06 ^^ ^2 Drache
• Qisabalb
7 m 1 Prinz Cugan
&
14 Kaiser
E. H. PriednchQ 13 Q 16 Radeliky
Adria Q H yv |q Q 16 Donau
0 Greif
11 0^' Schwarienberg
Qtl Ham
SeehiBdQst Qfp Valebieh
DalmatQtt 0 19 Wall
Reka024 Q«? A. o ar q^ QlSSlrailer
Karka N«rcnta
Schiffs- Di stanz in der Division = 1 1/2 Kabel = 300 Meier.
Divisions-Distanz = 3 Kabel ^ 600 Meter.
Umständen im entscheidenden Momente in wirksamer Weise in die
Aktion einzugreifen.
Die dritte Division — Kanonenboote — endlich hatte den Auftrag,
nach Herbeiführung der Melee sich in drei Gruppen aufzulösen, welche
Fleischer, Die k. k Kriegsmarine 1866. JL
50
die größeren Holzschiffe durch Enfilierung ihrer Gegner unterstützen
sollten.
Die Schiffe der zweiten und dritten Division mufiten sich hiemach
immerhin darauf gefaßt machen, den Kampf mit einem gepanzerten
Gegner anzunehmen, wie Kontreadmiral v. Tegetthoff überhaupt allen
Kommandanten als leitenden Gedanken, als Endsmnme aller taktischen
Regeln den Nelson'schen Grundsatz einschärfte, ,dafi nur dann ein
Schiff auf seinem Posten sei, wenn es mit einem Gegner Breitseiten
wechsle*.
Es folgten nun beinahe ununterbrochen taktische Exerzitien in
größeren Körpern, bei welchen die Eskadre auch mit dem Gebrauche der
am 4. Juni in Wirksamkeit getretenen Signale der neuen Taktik sowie
der Colomb'schen Nachtsignale vertraut gemacht und das konzentrische
Feuer fleißig geübt wurden.
Am Abend des 21. Juni, als Kontreadmiral v. Tegetthoff durch
ein Telegramm des Erzh. Albrecht von dem nahen Beginn der Feind-
seligkeiten in Kenntnis gesetzt wurde, lagen folgende Schiffe der k. k.
Eskadre auf der Rhede von Fasana zunächst und gegenüber der nord-
westlichen Einfahrt in 4 Kolonnen vor Anker :
I. Kolonne:
6 Panzerschiffe:
„Erzh. Ferdinand Max**, , Don Juan d'Austiia*, , Kaiser Max*, »Prinz
Eugen*, , Drache*, „Salamander*.
II. Kolonne:
5 schwere Holzschraubenschiffe:
„Schwarzenberg*, „Donau*, „Adria*, „Radetzky*, „Erzh. Friedrich*
III. Kolonne:
7 leichte Holzs<jhraubenschiffe:
„Hum*, „Dalmat*, „Velebich*, ,Wall*, „Reka*, „Streiter*,
„Narenta*.
IV. Kolonne:
5 Raddampfer:
„Elisabeth*, „Greif*, „Stadium*, „Andreas Hofer*, „Triest*.
Es fehlten somit auf den Stand der operativen Eskadre noch:
Panzerfregatte „Habsburg*, Schraubenlinienschiff „Kaiser*, Schrauben-
Änkerplan der k. k. Flotte im Eanai von Fasana.
PuuerMbiffe:
1. PrimEBfMi
LDimd»
LDcnJou
Schwer« Holzschiffe: Kanonenboote:
1 I-Kmm-JKw
11. Nonn
!<. Adria
15. Fricdnch
14. iMi—T
16. fUdatiky
M Boam
17.
äeehund
Dalmnt
RAk
<Si. Y^MmML
u.
51
fregatte ,Novara*, Schraubenkanonenboot , Seehund*, Schrauben-
schoner »Kerka* und die Raddampfer ,Sta. Lucia* und „Vulkan**.
Linienschiff »Kaiser* und Kanonenboot „Seehund* liefen indes noch
am 25. zur Eskadre auf die Rhede ein.
Von den ausgerüsteten Schi^en befand sich zwar Panzeffregatte
, Salamander** erst seit 10, »Don Juan d'Austria* seit 6, ,Erzh. Ferdinand
Max* gar erst seit 2 Tagen bei der Eskadre und nahezu die Hälfte der
übrigen Eskadreschiffe zählte kaum 4 Wochen Äusrüstungszeit; (|och
war der Zustand der Flotte ein immerhin befriedigender, namentlich
was den Geist der Equipagen anbelangt, die, gestärkt durch das Bewußt-
sein des bisher Geleisteten, mit Zuversicht in die Zukunft sahen und mit
unbedingtem enthusiastischen Vertrauen auf den Helden blickten, der
berufen war, sie in den Kampf zu führen.
Wir glauben an dieser Stelle eine kurze Schilderung der Rhede von
Fasana, dieses Sammelplatzes der größten österreichischen Eskadre,
welche jemals die Adria gesehen, geben zu sollen. (Siehe Karte I.)
Nordwärts vor der Einfahrt in den Hafen von Pola liegt die Gruppe
der Brioniinseln, aus zwei größeren Eilanden Brioni grande und Brioni
minor sowie aus mehreren Klippen bestehend, die sich seewärts des
ersteren wenig über das Meeresniveau erheben. Beide Inseln sind
hügelig und meist mit Gestrüpp bedeckt. Nur Brioni grande ist bewohnt
und besitzt ein mit 48pfündem und Mörsern armiertes Fort, welches den
höchsten Punkt desselben (zirka 45 m) krönt; unter dem nordöstlichen
Abhänge desselben liegen am Ufer einer schmalen Bucht einige Häuser,
die den Ort Brioni bilden.
Das gegenüberliegende istrianische Festland steigt vom Strande
aus allmählich gegen Osten an, bis zu den Höhen, welche die Ortschaft
Dignano, an der Straße Pola— Pisino — Triest gelegen, tragen. Stein-
mauern durchziehen das spärlich mit Rebengeländen und Olivenbäumen
kultivierte Terrain. Am Ufer des Kanales, welcher durch die Brioniinseln
und dem Festlande gebildet wird, liegt — beiläufig in dessen Längen-
mitte — das Dorf Fasana, nach welchem dieser sowie die Rhede
benannt ist.
Von Süden kommend, hat man drei schmale Einfahrten zur Rhede
vor sich, die durch zwei kleine Felseneilande — S. Girolamo und Cosada
— gebildet werden. Die dem Festlande zunächst liegende Einfahrt ist
durch eine Barre von nur 6 m Tiefe für größere Schiffe gesperrt, während
die zwischen den Inseln Brioni und S. Girolamo gelegene breitere Passage
für Schiffe jeder Größe fahrbar ist.
4*
52J
Die schmale Durchfahrt zwischen den Eilanden S. Girolamo und
Cosada vermittelt die kürzeste Verbindung zwischen Fasana und Pola,
zwingt jedoch durch die nordwärts vorliegende Bank Cosada von nicht
unbeträchtlicher Ausdehnung und nur 4*5 m Wassertiefe zur äußersten
Vorsicht
Von dieser Untiefe aus nimmt der Kanal bis auf die Höhe des Ortes
Fasana eine nordnordwestliche Richtung an. Seine geringste Breite
zwischen der Spitze Saluga (Brioni) und Fasana beträgt zirka 1 Seemeile.
Nördlich von Fasana verfolgt er, sich erweiternd, eine mehr nordwestliche
Richtung und erreicht an seinem nördlichen Ende eine Breite von bei-
läufig 1*8 Seemeilen.
Wie aus der beiliegenden Karte zu ersehen ist, liegt die Rhede von
Fasana gegen Wind und Seegang aus Nordwest offen, doch ihr wesent-
lichster Nachteil ist die ungünstige Beschaffenheit des Ankergrundes, der
durchaus felsig ist und nur in der nördlichen Hälfte des Kanales größere
Schlammbänke aufweist, welche eine sichere Verankerung ermöglichen.
Um diesem Übelstande in etwas abzuhelfen, wurden, soweit es Zeit
und Mittel gestatteten, durch das Seearsenal in Pola für die zwd
größten Panzerschiffe und für das jeweilige Inspektionsschiff an der
nördlichen Einfahrt zur Rhede von Fasana Vertäubojen ausgelegt.
Kontreadmiral v. Tegetthoff bestimmte den nördlichen Teil des
Kanales von Fasana zum Ankerplatze der Eskadre. Diese hatte sich,
sowie die Schiffe sich allmählich einfanden, in vier parallelen Linien je
nach der Divisionseinteilung und Gattung der Schiffe zu verankern, und
zwar derart, daß die Intervalle der einen Linie jene der anderen deckten.
Die Panzerschiffe bildeten die äußerste Linie seewärts gegenüber
der Nordwesteinfahrt; es folgte sodann die Linie der ungepanzerten
Breitseitenschiffe, hierauf jene der Kanonenboote, endlich jene der Rad-
dampfer.
Diese Aufstellung bot hauptsächlich den Vorteil, die Schiffe an jener
Einfahrt des Kanales vereint zu halten, welche für ein augenblickliches,
möglichst gleichzeitiges ,In See gehen** das weiteste und klarste Fahr-
wasser besaß.
Fort Brioni lag hoch genug, um eine bedeutende Fernsicht zu
bieten ; bei Nacht konnten die Einfahrten im Norden und Süden durch
geeignete leichte Schiffe und durch Rundenboote genügend überwacht
werden, wälirend Vedetteschiffe in See kreuzten.
Wie man aus dieser kurzen Schilderung der Rhede von Fasana
entnehmen kann, entsprach sie als Operationsbasis weder in nautischer
53
noch in militärischer Beziehung den strengen Anforderungen, welche
man an eine solche zu stellen berechtigt ist; indes man mußte mit den
gegebenen Verhältnissen und Mitteln rechnen. Ein nicht zu unter-
schätzender Vorteil lag aber darin, daß sie wegen ihrer unmittelbaren
Nähe znm Hanptkriegshafen Pola die rasche Benützung aller jener Hilfs-
quellen gestattete, über welche dieser gebot.
Es erübrigt uns jetzt noch, der Vollständigkeit halber der zur
Sicherung von Istrien und Dalmatien getroffenen Maßregeln zu erwähnen,
soweit die k. k. Marine daran beteiligt war.
In Pola (Hafenadmiral und Festungskommandant Vizeadmiral Baron
Bourguignon) lag Raddampfer «Hentzi'^ (4 Geschütze, Linienschiffs-
fahnrich Rudolf Ritter v. Jedina) zur Bestreitung des Hafenwachdienstes
und für den Material- und Truppentransport zwischen den Forts. Seine
geringe Fahrtgeschwindigkeit machte noch die Miete des L'oyd-
dampfers , Francesco Carlo* notwendig, der dem Hafenadmiralate
am 1. Juni zur Verfügung gestellt ward. Segelschoner „Saida*
(8 Geschütze, Fregattenkapitän Zamboni) versah seit 23. Mai den
Hafenwachdienst in Veruda ; die bisher daselbst stationierte Kanonier-
schaluppe dagegen ward nach Pola einberufen und abgerüstet.
Die Festungswerke von Pola waren gegen Ende Juni in voll-
kommenem Verteidigungszustande und mit 510 Geschützen armiert. Die
Besatzung von Pola bestand aus 4003 Mann und wurden dem Festungs-
kommando wegen Unzulänglichkeit der Artilleriemannschaft von den
überzähligen Leuten des Matrosenkorps 572 Mann zum KüstenartUlerie-
dienste zugewiesen. Die Hafeneinfahrt war anfangs Juli durch ein
Seeminennetz geschlossen worden. Die im Hafen liegende Segel-
fregatte ,Bellona* (35 Geschütze, Fregattenkapitän v. Pauer) unterhielt
an der Hafenmündung unausgesetzt ein bemanntes Boot, das den ein--
laufenden Schiffen als Lotsenboot zu dienen hatte.
Dalmatien (Gouverneur und kommandierender General FML.
Baron Fr. Philip po vi ch) war in dem bevorstehenden Kriege die Rolle
der passiven Verteidigung zugewiesen.
Die zur Verwendung an der Küste bestimmten Schiffe lagen in
folgenden Stationen:
in der Bai von Gattaro: Raddampfer „Curtatone** (4 Geschütze,
Korvettenkapitän Julius Daufalik),
in der Bai von Topla: Schraubenkanonenboot ^Grille* (4 Geschütze
Linienschiffsleutnant Hoschek, später Hassenpflug),
54
inCastelnuoYo: Schraubenkanonenboot «Gemse* (4 Geschütze,
LinienschifiEsleutnant R ö d i g e r) ,
in Gravosa: Schraubenkanonenboot «Sansego* (4 Geschütze,
Linienschiffsleutnant Buchta),
in Zar a: Raddampfer «Fiume* (2 Geschütze, Linienschiffisleutnant
Po o seh) sowie der gemietete Lloyddampfer ,Venezia* (militärischer
Kommandant Linienschiffsfähnrich Ferd. Giberti),
in Lissa: der gemietete Lloyddampfer ^^Egitto*" (militärischer
Kommandant Linienschiffsleutnant Stratti),
in Cattaro: der gemietete Lloyddampfer ^Vulcano* (militärischer
Kommandant Linienschiffsleutnant C z e i k e) .
Die Minenlegung und Barrikadierung der Häfen von Lissa und
Cattaro war zwar beabsichtigt, gelangte jedoch nicht mehr zur Aus-
führung.
Bis zur erfolgten Kriegserklärung ward keine den Verkehr der
Handelsschiffe hindernde Maßregel getroffen, das Einlaufen italienischer
Kriegsschiffe in österreichische Häfen jedoch grundsätzlich nicht mehr
gestattet. Pola als Kriegshafen bUeb feindlichen Handelsschiffen, den Fall
erwiesener Relache for?ee ausgenommen, gesperrt; in den übrigen Häfen
waren Handelsschiffe und alle Dampfer tagsüber nur dann zum Einlaufen
befugt, wenn ihnen von Seite des Hafenamtes die Pratica erteilt wurde. ^)
1) In Ausführung der den Schutz des Handels zur See in Ejiegszeiten regehiden
Deklaration des Pariser Friedenskongresses vom 16. April 1856 ordnete eine kaiserliche
Verordnung vom 13. Mai 1866 an, daß feindliche Handelsschiffe — vorausgesetzt, daß
selbe weder Kriegskontrebande führen noch eine rechtsverbindliche Blockade brechen
— von k. k. Kriegsschiffen dann nicht aufzubringen seien, wenn der feindliche Staat,
dem sie angehören, österreichischen Schiffen gegenüber die Gegenseitigkeit beobachtet.
Italien halte durch seine Gesetzgebung diese zugestanden« Preußen erklärte dieselbe
durch das Gesetz vom 19. Mai 1866, es war daher der freie Verkehr aller Handelsschiffe
nicht gehemmt.
55
3. Kapitel.
KommandoObemihme des Admirals Persano Ober die italienische Flotte auf der Rhede von Tarent. —
TafMbefehl an die Flotte. — Briefwechsel des Admirals mit dem Bfarineminister. — Instruktionen ftkr den
Admiral. — £inteilnng der Flotte und Instruktionen fQr dieselbe. — Kriegserklärung an Osterreich. —
Nachtinstruktionen. — Abfahrt der Flotte nach Ancona.
Ädmiral Persano übernahm am 16. Mai zu Tarent den Oberbefehl
über die neu zu bildende Operationsflotte und hißte seine Flagge am
Bord der Panzerfregatte „R6 d'Italia*. Außer dieser lagen auf der Rhede
noch vor Anker die Panzerfregatten , Principe di Carignano*, ^San
Martino'^, .Maria Pia*, das Panzerkanonenboot «Palestro'^, die Schrauben-
fregatte ,6a6ta'' und der Radaviso .Messaggiere*, welche bis jetzt das
Evolutionsgeschwader unter Kontreadmiral Vacca gebildet hatten,
während die Panzerkorvetten „Terribile* und ^Formidabile*, die Rad-
dampfkorvette »Ettore Fieramosca*, das Schraubenkanonenboot ,Con-
fienza* und der Radremorqueur „Calatafimi* sich im Hafen von Ancona
befanden. Noch am selben Tage erließ er folgenden Tagesbefehl an die
Flotte:
vAdmirale, Kommandanten, Offiziere, Matrosen und Soldaten!
Das bis jetzt unter dem Kommando des Kontreadmirals Vacca
bestehende Evolutionsgeschwader wird zufolge hohen Befehls Seiner
Exzellenz des Ministers der Marine vom 8. d. M. aus Dienstesrücksichten
mit heutigem Tage aufgelöst.
An dessen Stelle tritt eine Eskadre, welche die Bezeichnung , Ope-
rationsflotte* führen wird. Seine Majestät der König geruhte, mich zimi
Oberkommandanten derselben zu ernennen. Ich kann nicht unterlassen, es
hier auszusprechen, daß es meine angenehmste Hoffnung ist, diesem
hohen Vertrauen auch würdig zu entsprechen, und, wenn ich einen Blick
auf die ausgezeichneten Bemannungen werfe, welche ich zu komman-
dieren die Ehre habe, wenn ich an die heilige Sache denke, die wir ver-
fechten, an die Gefühle, welche heute jedes italienische Herz bewegen,
glaube ich, ohne in Vermessenheit zu geraten, annehmen zu dürfen,
daß sich diese Hoffnung in Gewißheit verwandeln werde.
56
Gott bestärke mich in dieser Prophezeiung, so wie ich überzeugt
bin, dafi keiner von uns in diesem Wunsche zurückbleiben wird!
Die Flotte wird in 3 Divisionen eingeteilt, wie folgt :
1. Schlachteskadre (Squadra di battaglia) unter dem unmittelbaren
Befehl des Adnuralen en chef, bestehend aus den Schiffen :
Panzerfregatte: ,R6 dltalia* (Flaggenschifl),
,RediPortogaUo%
«San Martino*,
«Ancona*,
, Ifaria Pia*,
^Castelfidardo'^,
Turmschiff: «Affondatore*",
Radaviso : , Messaggiere " •
2. Unterstützungseskadre (Squadra sussidiaria) unter dem Kom-
mando des ^zeadmirals Gonte Albini; (Stabschef: Linienschiffskapitän
Marquis Paulucci), bestehend aus den Schiffen:
Schraubenfregatte: «Maria Adelaide* (Flaggenschiff),
„Duca di (Jenova*,
tVittorio Emanuele*!
, Gaeta",
, Principe Umberto • ,
.Carlo Alberto**,
„ ^ Garibaldi*,
Schraubenkorvette: ,Principessa Cloülde*,
« ,Etna*,
„ »San Giovanni*,
Raddampfkorvette: »Guiscardo*.
3. Belagerungseskadre (Squadra d'assedio) unter dem Komouuido
des Kontreadmirals Vacca; (Stabschef: Fregattenkapitän Bucchia),
bestehend aus den Schiffen :
Panzerfregatte: »Principe di Carignano* (Flaggenschiff),
Panzerkorvette : , Terribile * ,
, .Formidabile*,
Panzerkanonenboot : „ Palestro * ,
, »Varese*,
Radaviso : , Esploratore * .
57
4. FlottiQe, bestehend aus den Schiffen:
Sehraobenkanonenboot: «Montebello'',
, »Vinzaglio«,
, , Confienza* ,
RadaTiso : , Sirena • ,
Transportdampfer : , Washin gton • ,
, »Indipendenza*.
Flottenstab:
Stabschef: Linienschiffskapitän Commendatore d'Amico,
Souschef: Fregattenkapitän Cavaliere del Santo,
1. Flaggenadjutant: Linienschiffsleutnant Conte di Persano,
2. , Linienschiffs-Unterleutnant Casanova,
1. Eskadreoffizier: Linienschiffsleutnant Pozzani,
2. , Linienschiffs-Unterleutnant de Luca,
Sanitätschef: Marine-Oberstabsarzt Commendatore Verde.
Eskadrekommissär: Marinekommissär 1. Klasse Cavaliere Pagano.^)
Indem ich dies zu Eurer Kenntnis bringe, habe ich nicht erst nötig.
Euch von der Anhänglichkeit an den König und das Vaterland noch von
dem italienischen National- und Unabhängigkeitsgeffihl zu sprechen, denn
all dies ist Euch eigen; doch kann ich nicht umhin, jedermann, sei er
Vorgesetzter oder Untergebener, dringend ans Herz zu legen, in dem ihm
zukommenden Wirkungskreise den gi'ößten Eifer an den Tag zu legen,
die absoluteste Aufopferung für den Dienst und den besten Willen die
militärische Ausbildung ihrem ganzen Umfange nach durchzuführen, ohne
welche — ich muß Euch dies sagen — es eine eitle Hoffnung wäre, die
Ehre des dreifarbigen Banners, des Stolzes Italiens, aufrecht zu erhalten.
Lafit uns daher von diesem Augenblicke an ans Werk gehen und
die Mühen nicht scheuen, sondern dieselben mit HinbUck auf die heilige
Sache frohen und heiteren Mutes ertragen. Ein Hoch der italienischen
Marine, ein Hoch Euch Braven, die ihr als die ersten berufen seid, ihre
Ehre unversehrt zu bewahren!
Conte di Persano m. p.*
1) Dem Flottenstabe waren ferner noch zugeteilt der Kammerdeputierte Pier
Caiio Boggio, welchen Admiral Persano in der Eigenschaft eines Berichterstatters und
kOnfllgen Historiographen zu sich an Bord genommen hatte, wohl auch mit der Neben -
abacht, an ihm seinerzeit eine parlamentariache Stfltie^ zu finden ; endlich beAmd sich
noch an Bord des «R§ dltalia* der Marinemaler Cavaliere Alessandro Gaffi, dem die
Aufgabe zugeteilt war, die hervorragendsten Momente der bevorstehenden Kampagne zu
verewigen.
Nach und nach langten die Schiffe der Flotte aus den verschiedenen
Häfen auf der Rhede von Tarent an: am 19. Mai die Panzerfregatte
„Castelfidardo"; am 21. der Transportdampfer „Indipendenza'; am 23. Mai
die Panzerfregatte .Ancona' ; am 26. die Raddampfkorvette „Guiscardo":
am 3. Juni das Panzerkononenboot „Varese"; am 7. Juni Vizeadmiral
Albini mit den Scbraubenfregatten .Maria Adelaide" und ,Duca di
Genova": am 9. die Schraubenkorvette ,Etna"; am 10. die Panzerfregalte
,R^ di Porto;fallo"; am 15. die Schraubenfregatte .Garibaldi',
Schon nach wenigen Tagen teilte Admiral Persano mittels eines
Rerichtes dem Marineminister Generalleutnant Angioletti den Eindruck
seiner Wahrnehmungen über den Zustand und die SchlagferÜgkeit der
unter seiner Flagge vereinten Schiffe mit. Dieses Schriftstück ist so
bezeichnend für die Schreibweise wie för den Charakter des Admirals,
zu dessen stärkster Seite es, wie wir später sehen werden, nicht gehörte,
eine gewisse schöpferische Tätigkeit zu entfalten, Schwierigkeiten zu
bewältignn sowie das Selbstgefühl seiner Uniergebenen zu heben, daß
wir dasselbe hier in wörtlicher Übersetzung wiedergeben.
Operationsflotte.
Rhede von Tarent. 31. Mai 18Ü6.
An Seine Exzellenz den Marineministor in
Exzellenz !
,Ich sehe mich gezwungen. Euer Exzellenz hiemit die Anzeige zu
erstatten, daß die sukzessive zur Operationsflotte auf der hiesigen Rhede
stoßenden Schiffe nicht mit vollzähligen Betnannungen, die Unteroffiziere
nicht auf den vorgeschriebenen Stand und, was noch wichtiger, ohne die
nötige Anzahl von Matrosenkanonieren, welche gegenwärtig infolge der
neuen gezogenen Geschütze mehr als je notwendig sind, eintreffen und
dies zu einem Zeitpunkte, wo die Feindseligkeiten von einem Augenblicke
zum anderen ausbrechen können.
Dieser Zustand flößt mir schwere Besorgnisse ein. Es wird wenig-
stens einen Monat Zeit brauchen, um dieselben auf einen halbwegs erträg-
lichen Punkt zu bringen. Helfen mir daher Euer Exzellenz, ich bitte
dringendst um Ilire Unterslülzung. (Mi ajuti, Eccellenza, ne la supplico
caldamentel.
Die Chefs der Marinedepartements mögen sich davon Qberzeagen,
daß alles nur dem einen Zwecke aufgeopfert werde, die Flotte, welche zu
kämpfen berufen ist. zu stärken. Hiezu verwende man alle Tauglichen,
59
keiner von ihnen werde verschont. Die Rekruten mögen am Lande
bleiben, wo sie leichter ihre militärische Ausbildung erhalten können als
am Bord, und erst dann eingeschiflPt werden, wenn sie die nötige Abrich-
tung vorüber haben; zu Arsenals- und ähnlichen Diensten behalte man
die Schwächeren und Ungeschickteren zurück. Zu Unteroffizieren mache
man, wenn anders nicht geholfen werden könnte, noch der Dienstpflicht
unterstehende Merkantilkapitäne, was immerhin besser sein wird, als ganz
ohne solche zu sein, da sie doch die Seele des inneren Dienstes bilden.
Die Schifife sollen sofort nach ihrer Ausrüstung sich vor allem die
Ausbildung der Leute im Geschützexerzieren angelegen sein lassen und
dieselbe während der Reise ohne Unterlaß fortsetzen.
Ich bitte um die Befugnis, denjenigen Kommandanten, welcher einen
Monat nach Ankunft bei der Flotte sein Schiff nicht in einen vollkommen
kampffähigen Zustand mit jener militärischen Ausbildung der Mannschaft,
welche in emem so kurzen Zeiträume erreicht werden kann, zu versetzen
im stände ist, des Kommandos entheben zu können.
Für außerordentliche Zeiten gehören außerordentliche Mittel, ohne
welche ich sonst nur für persönliche Tapferkeit einstehen könnte, und es
würde sich bei uns das Gleiche wie auf den SchilBfen der französischen
Republik und des Kaiserreiches ereignen, welche mit Hochrufen auf die
. Republik oder das Kaiserreich untergingen, während England die Herr-
schaft auf den Meeren behauptete."
C. di Persano m. p.
Mit diesem Bericht, der einen geringen Grad von Selbstvertrauen
erkennen läßt, schoß Admiral Persano wohl über das Ziel hinaus. So
gewiß es ist, daß es seine erste und vornehmste Pflicht bilden mußte, für
die Schlagfertigkeit der ihm unterstehenden Flotte Sorge zu tragen und
nichts zu unterlassen, um dieselbe mit allen zu Gebote stehenden Mitteln
in der kürzesten Zeit auf die möglichst erreichbare Höhe zu bringen,
ebenso sicher ist es aber auch, daß er sich in in diesem Berichte von
seinem Temperamente zu weit hinreißen Heß und den bestehenden Ver-
hältnissen keine Rechnung trug. Das Verlangen, bei Übernahme der Flotte
die Schiefe, welche fast durchgehends nur wenige Tage Ausrüstungszeit
hinter sich hatten, in vollkommener Ordnung, den Bemannungsstand der-
selben in genauer Übereinstimmung mit den Bemannungslisten, sowie die
Leute schon gedrillt zu finden, war ein unbilliges, einfach unmögliches.
Wem sonst als ihm, dem früheren Marineminister, sollte es nicht
bekannt gewesen sein, daß für eine allgemeine Ausrüstung der Marine,
wie sie die gegenwärtige war, die benötigte Anzahl von Unteroffizieren
sowie absolvierten Matrosenkanonieren bei den Depots nicht vorhanden
sein konnte, insbesondere was die letzteren anbelan^, da die Institution
des Artülerieschulscbiffes zur Heranziehung derselben erst seil kurzem
eingeführt worden war? Woher sollten die Departementschers bei dem
gänzlich unvermittelten Übergänge vom Friedens- zum Eriegsstande auf
einmal die volle Zahl der benötigten Unteroffiziere und älteren Leute
hernehmen, von denen die meisten mit unbestimmtem Urlaub auf Handels-
schiffen iii der Welt herumfuhren und der Einberufungsordre nicht so-
gleich nachzukommen vermochten? Auch der italienischen Marine war so
gut wie der österreichischen die allgemeine Mobilisierungsordre mit Rück-
sieht auf ihre Stärke etwas spät zugekommen und es ließ sich deshalb nur
durch Abkürzung des Lehrkurses auf dem Artillerieschulschiffe sowie durch
die nach und nach einrückenden Reservemänner dem Mißverhältnisse in
der Dotierung der Schiffe mit Unteroffizieren und artilleristisch qualifizierten
Leuten abhelfen. Es erklärt sich auch auf diese Art, weshalb einige der zur
Flotte stoßenden Schiffe nicht ihren vollen Bemannungsstand aufzuweisen
hatten, da ihnen der noch fehlende Rest später nachgeschickt werden
sollte, und ebenso begreiflich ist es, daß man sich notwendigerweise mit
einer teilweisen Verwendung von Rekruten behelfen mußte.
Diese Übelslände trafen aber auch und in noch erhöhtem Maße den
Gegner und, sich durch den anfänglich wenig kriegsmäßigen Zustand seiner *
Schiffe gleich im vorhinein so enimutigen zu lassen und ein so geringes
Selbstvertrauen an den Tag zu legen, zeigte, daB Admiral Persano nicht
der richtige Mann auf seinem Posten und trotz der hohen Würde, die er
bekleidete, seiner Aufgabe keineswegs gewachsen war. Dieselbe bestand
ja zum großen Teile mit darin, die einmal vorhandenen Schwierigkeiten
mit den zu Gebote stehenden eigenen Mitteln zu bewäUigen, alles zur
größtmöglichsten Tätigkeit und Hingebung anzuspornen sowie an Aus-
kunRsmitteln nicht verlegen zu sein, um so die Flotte in einer relativ
kurzen Zell auf einen höheren Grad der Schlagfertigkeit zu bringen. Was
den Mangel an Unteroffizieren und Matro.senkanonieren aiibelangt. so
konnten durch Überscliiffungen zwischen den einzelnen Schiffen die größten
Lücken ausgegliciien und vorerst wenigstens die schweren Schlachtschiffe
kampffähig gemacht werden, während man bei den anderen sich vor-
laufig mit der Beförderung derjenigen, die sich inzwischen als geschickt
und brauchbar erweisen worden, behelfen mußte.
In diesem Sinne erfolgte auch die Erledigung des Berichtes durch
das Marineministerium, welcher der Minister noch folgendes Reservat-
schreiben für den Admiral beischloß:
61
Florenz, 25. Mai 1866.
Der Marineminister an den Ädmiral Persano.
Exzellenz!
,^Dem offiziellen Dienstschreiben, mit welchem der dortige Bericht
Tom 21. d. M. seine Erledigung findet« schließe ich noch dieses Reservat-
schreiben bei, um Euer Exzellenz zu versichern, daß von Seite des Mini-
steriums und der Departements alles Menschenmögliche aufgeboten wird,
damit die Ausrüstung der Schiffe, die sich nach und nach unter ihre Be-
fehle stellen werden, eine solche sei, daß den Bedürfhissen des Dienstes
entsprochen wird.
Es ist mir bekannt, daß die Ausbildung der Leute nicht bei allen
eine gleich gute ist sovrie daß noch Unteroffiziere auf den vorgeschrie-
benen Stand fehlen, aber von diesen Übelständen, Admiral, sind wir nicht
allein betroffen.
Ohne von unserer Armee, die keineswegs ihre Bataillone, Schwa-
dronen und Batterien auf dem vorschriftsmäßigen Stand hat, zu reden
kann ich Euer Exzellenz versichern, daß die Österreicher sich in einer
noch schlechteren Lage befinden als wir; wenn es sich darum handelt,
die Ausrüstungen zu verdoppeln, zu verdreifachen, kann eben nicht alles
wie am Schnürchen gehen. Es gereicht mir immerhin zur Genugtuung,
daß unsere Marine wenigstens aus zwei wohltätigen Quellen, der perma-
nenten Übungseskadre und dem Artillerieschulschiffe, vorzügliche Elemente
an sich ziehen konnte, die ihr hoffentlich jetzt von großem Nutzen sein
werden, um so mehr als sie, wie ich glaube, in einem gerechten Verhält-
nisse auf die verschiedenen Schiffe verteilt werden, damit alle derselben
wenigstens einen Teil gut abgerichteter Leute an Bord haben. Dem
Mangel an Unteroffizieren in den verschiedenen Spezialitäten muß man
durch Beförderungen der Verdienstvollen abzuhelfen trachten.
Anbelangend die Art und Weise, wie der Geist und die Ausbildung
unserer Mannschaften auf eine höhere Stufe gebracht werden solle, über-
lasse ich dies zwar der hohen Einsicht Eurer Exzellenz, kann aber doch
nicht umhin, hier die Bemerkung zu machen, daß es meiner Meinung nach
nicht das beste Mittel ist, eine außerordentliche Strenge, die von
manchen für Terrorismus angesehen wird, zu entwickeln, um die
Ausbildung zu beschleunigen sowie die militärischen und moralischen
Eigenscliaften von Offizieren und Mannschaften zu heben. Ich bin inner-
halb gewisser und gerechter Einschränkungen ein Freund der Strenge,
G2
aber in Verbindimg mil der Strenge bin ich auch für das Hervorrufen
eines edlen Wetteifers und für die Anregung des militärischen Geistes, der
in unseren Offizieren und Mannschaften ein äußerst lebhafter ist.
Ich gebe mich daher der Hoffnung hin, daß Euer Exzellenz mit der
Regierung Seiner Majestät und mit den ausgezeichneten Führern der
Armee jenes Gefühl des Selbstvertrauens teilen werden, welches außer der
Heiligkeit unserer Sache der unbestrittenen Tatsache entspringt, daß
unsere materiellen wie moralischen Kräfte sowohl zu Lande als zur See
unserem Feinde überlegen sind, den wir ohne Selbstüberhebung und
ohne unbodachle Handlungen, vielmehr mit aller Ruhe und Kaltblütigkeit
für immer heimschicken wollen,"
Angioletti m, p.
Der Marineminisler wies gleichzeitig die unterstehenden Departe-
mentschefs nochmals an, alles aufzubieten, damit den Bedürfnissen der
für die Operationsflotte bestimmten Schiffe nach jeder Richtung hin ent-
sprochen werden könne, ordnete die Abkürzung des Instruktionskurses
auf dem Artillerieschul schiffe an sowie die schleunigste Absendung der
bereits hiezu qualifizierten Matrosenkanoniere, die strengste Inanspruch-
nahme aller bei der Handelsmarine dienenden, im Inlaode befindlichen
Reservemänner und heß es von dieser Seite an nichts fehlen, was die
Sehlagfertigkeit der Flotte beschleunigen und erhöhen konnte.
Alle diese Maßnahmen genügten hides Admiral Persano noch
immer nicht und derselbe ftihr fori, beim Ministerium Klagen zu führen
und neue Verlangen zu stellen, bald über die Monturen, über die Kriegs-
nmnitioii, die Sanitätsrequisilen, sogar über den Mangel guter Femrohre;
er verlangte melir Maschinisten, Ärzte, Seekadetten u. s. w., so daß man
fast zur Annahme verleitet werden könnte, die italienische Marine hätte
in Bezug auf ihr Ausrüstungsmaterial in gar keiner Weise vorgesot^
gehabt, eine Annahme, die aber der Wirklichkeit durchaus nicht ent-
spricht; nicJitsdestoweniger wurde allen nur einigermaßen gerechtfertigten
und erfüllbaren Wünschen des Admirals in kürzester Zeit Rechnung
getragen.
Inzwischen trieben die politischen Verhältnisse ihrem Hähepunkte
zu und am 10. Juni erhielt der kommandierende Admiral durch einen
Kurier das folgende vom 8, datierte ministerielle Schreiben, in welchem
ihm die allgemeiiien Verhaltungsmaßregeln bekanntgegeben wurden, nach
denen er sich beim Beginn der Feindseligkeiten zu richten hatte:
63
Nr. 1014, Florenz, 8. Juni 1866.
Exzellenz!
,In steter Erwartung der Kriegserklärung, von welcher man Euer
Exzellenz rechtzeitig in Kenntnis zu setzen nicht verfehlen wird, damit
sofort von Seite Italiens die Feindseligkeiten eröffnet werden können,
halte ich es inzwischen für zweckmäßig, die nachstehenden Verhaltungs-
mafiregeln festzusetzen, nach denen sich Eure Exzellenz zu richten
haben werden :
1. Das Adriatische Meer ist von den feindlichen Kriegsschiffen zu
säubern; dieselben sind anzugreifen oder zu blockieren, wo immer sie sich
befinden.
2. Triest ist zu verschonen, vorausgesetzt, daß sich dort keine
Kriegsschiffe befinden, in welchem Falle sonst Triest wie jeder andere
Punkt der Küste zu betrachten und zu behandebi isL
Auch Venedig ist insolange zu verschonen, als nicht ein Angriff
anf dasselbe eigens anbefohlen wird.
3. Die Operationsbasis ist in Ancona zu nehmen, wohin alle für
Euere Exzellenz bestimmten Rapporte zu senden sind und wo Euere
Exzellenz auch die letzten Befehle aus dem Hauptquartiere Seiner Majestät
erhalten werden.
4. Die feindliche Handelsmarine sowie jene der Neutralen sind
nach den bestehenden Grundsätzen des Gesetzbuches für die italienische
Handelsmarine zu behandeln.
5. Die Eröfl&iung der Feindseligkeiten wird Eurer Exzellenz mittels
eines chifiiierten Telegrammes bekanntgegeben werden, welches Tele-
granmi Caüffre für Chiffre zu wiederholen ist; der Befelü zum Auslaufen
der Flotte jedoch wird mittels eines zweiten Telegrammes erfolgen,
welches nur die Worte: ,Sta bene — viva il Re* enthalten wird. Auch
dieses Telegramm ist nach Empfang und vor dem Auslaufen mit den-
selben Worten zu bestätigen.
Falls Eure Exzellenz bezüglich dieser Verhaltungsmaßregeln etwas
zu bemerken hätten, so bitte ich, mir Ihre Einwendungen durch den Über-
bringer dieses Schreibens zukommen zu lassen."
Angioletti m. p.
Admiral Persano fand nichts hierauf zu bemerken und antwortete
noch am selben Tage dem Minister: „Alles in Ordnung. Betreffs der
erhaltenen Verhaltungsbefehle habe ich nichts einzuwenden. Es wird
alles genauestens ausgeführt werden (Sara tutto eseguito a puntino). Ich
ersuche, batreßs der Bojen auf der Rhede zu iirgieren, da mir dieselben
unentbehrlich sind. Ich bin bereit, mit der Flotte auf den ersten Wink in
Bewegung zu setzen und habe das Vertrauen, daß die unter meine Befehle
gestellte Streitmacht den Erwartungen des Souveräns sowie jenen der
BegieruDg entsprechen werde.
So wahr mir Gott helfe, es lebe der König!"
Man ersieht hieraus, daß die anfängliche Entmutigung des Admirals
nach und nach einer etwas ruhigeren, hoffnungsvolleren Stimmung Platz
gemacht hatte, die in dem Muße wuchs, als sich die von den meisten
Eskadreschiffen inzwischen erzielten Forlschritte wahrnehmen lieSen. Tat-
sflchhch waren dieselben in Berücksichtigung der kurzen Zeit ganz
zufriedenstellende und, wenn auch einige Schiffe noch nicht die wünschens-
werte Raschheit und Präzision in der Ausführung der verschiedenen
Manöver erlangt hatten, so war doch von dem regen Eifer der Offiziere
und dem guten Willen der Mannschaften zu erwarten, daß auch hierin
das noch Fehlende bald erreicht werden würde.
Am 15. Juni erUeß Admiral Persano für die Operationsflotte die
nachstehenden Instruktionen:
Taktik und Navigation:
»Die Flotte, welche ich zu kommandieren die Ehie habe, ist so
ziemlich die erste, von der man sagen kann, daß sie alle Elemente einer
Seemacht enthält und mit denen die Kriegskunst zur See eine neue
Taktik eröfliiet.
Walirscheinlich dürften wir schon früher in die Lage kommen zu
operieren, bevor wir noch Zeit gehabt haben werden, diesbezüglich Ver-
suclie anzustellen und, da wir in dieser Hinsicht auch von früher uns
nirgends Rat erholen körmen, so beschränke ich mich im nachstehenden
darauf, allgemeine Verhaltungsmaßregeln zu geben, und vertraue im Qhrigen
ganzauf die bewälu-te Tüchtigkeit der Admirale wie Schiffskommandanten.
YerhaltnngBinstruktionen fOrdini di masslma).
1. Die 3 Eskadren, aus denen die Flotte besteht, bilden 3 Aktions-
einheiten und ebensovieie Administrativkörper, aber keine taktische Ein-
teilung.
2. Jeder Eskadrekommandant trifft, falls er berufen sein sollte,
selbständig aufzutreten, diejenigen Dispositionen, die ihm am vorteilliaf-
testen erscheinen, um seine Eskadre zu führen, sei dies in der Na\'igation
oder gegen den Feind.
L
^ 65
3. Für die TerschiedeneD Ffille einer kombinierten Aktion werden nach
Mafigabe der Zusammenstellung spezielle Dispositionen von demjenigen er-
lassen werden, der die hiezu bestimmte Streitmacht kommandiert
4. Wenn die ganze Flotte operiert oder vollzählig in Fahrt ist, wird
dieselbe in eine gepanzerte und in eine ungepanzerte Eskadre geteilt
Jede dieser Eskadres ist wieder in Gruppen geteilt Als Präsignal der
Panzereskadre wird Nr. 21 (Kapitel 27 des Signalbuches), als jenes der
ungepanzerten Nr. 6 desselben Kapitels bestimmt Die Präsignale der
1., 2. oder 3. Gruppe einer jeden Eskadre werden beziehungsweise die
Nr. 8, 9 und 10 desselben Kapitels bilden.
5. Die Panzereskadre wird sich außer der reglementsmäSigen
Taktik noch der Supplementartaktik von Vizeadmiral Bouet-Willaumez
bedienen, die ungepanzerte Elskadre dagegen bloß die reglementsmäßige
gebrauchen. Der Wimpel Nr. 1, unter einem Signale gehißt, bedeutet ein
Signal der SupplementartaktiL
6. So oft die Panzereskadre, sei es in Linie oder in Gruppen, in der
Kielwasserlinie fährt, wird die nicht gepanzerte Steuerbord oder Back-
bord, je nachdem befohlen, eine zweite Linie bilden, und zwar auf die
Distanz, welche signalisiert wird.
7. So oft die Panzereskadre, sei es in Linie oder in Gruppen, in der
Front fährt, wird die nicht gepanzerte achter derselben eine zweite Linie
bilden, und zwar auf die Distanz, welche signalisiert wird.
8. »Esploratore* und »Messaggiere* sind Repetiteure für die gepan-
zerte, ,Etna* und »Guiscardo* für die nicht gepanzerte Eskadre; die
.Sirena* dient für den Fall, als spezielle Instruktionen zu überbringen
wären, als Verbindung zwischen den beiden Eskadron.
9. Der Anhang zu diesen Instruktionen enthält die Numerierung
und die Verteilung nach Gruppen in der Panzereskadre, jene der unge-
panzerten wird entweder von der 1. oder 3. Eskadre von Fall zu Fall
festgesetzt werden. Das letztere geschieht auch mit der Numerierung
in Abwesenheit von einigen Schiffen.
10. Wenn die Flottille im Vereine mit der ganzen Flotte fährt, steht
sie unter den Befehlen der ungepanzerten Eskadre.
11. Nachdem eine gleiche Manövriergeschwindigkeit die Grundbe-
dingung für die Taktik von Dampfern bildet, wird die Geschwindigkeit von
6 Meilen als Manövriergeschwindigkeit für die Flotte bestimmt und jeder
Kommandant beauftragt, zu veranlassen, daß der 1. Maschinist seines
Schiffes die nötigen Erfahrungen behufs der hiezu notwendigen Drosselung
des Dampfes sammle.
Fleischer, Die k . k. Kriegsmarine 1866. 5
66
12. Nachdem ferner eine Gleichheit des Drehungskreises eine zweite
Grundbedingung für die oben angeführte Taktik ist, haben, sobald die
Umstände es gestatten, die diesbezüglichen Versuche zur Bestinmiung
des Durchmessers des Drehungskreises eines jeden Schiffes vorgenommen
zu werden, ma jenes herauszufinden, welches den größten Durchmesser
bei einer Drehung mit dem Ruder hart am Bord hat Die anderen Schiffe
werden dabei den Winkel zu bestimmen trachten, den für diesen Fall das
Steuer ihres Schiffes mit der Kiellinie einzunehmen hat, um auf diese
Weise für alle Schiffe einen gleichen Drehungskreis zu erzielen.
13. Eine jede Evolution, die man ausführen kann, indem man in
Bezug auf die Geschwindigkeit oder die Stellung des Ruders .abwechselt,
soll nicht mit diesen beiden Mitteln zu gleicher Zeit ausgeführt werden.
14. Wenn mit der Supplementartaktik manövriert wird, hat stets
das Schiff mit der höheren Nummer im Falle der Gefahr eines Zusammen-
stoßes auszuweichen.*
Erster Anhang.
Segelordnung:
»Die Numerierung der Panzerschiffe, im Falle alle vereint sind,
und ihre Verteilung in die verschiedenen Gruppen ist die folgende:
1 »Principe di Carignano"
' 1 Die Schiffsdistanz zwischen den ein-
3 .Varese** / ^^j^^^ Schiffen in Fahrt = 2 Kabel
4 »Formidabile** / ^ jaa
* f oder 4fOO m.
5 .Re d'Italia**
6 »San Martino«
7 »Ancona** / Der »Esploratore* setzt sich an die
8 »Affondatore* Tete der Flotte, der,Messaggiere*
9 »R^ di Portogallo* l bleibt an der Queue, der »Etna*
10 ^Castelfidardo* l steuerbord, der »Guiscardo* back-
11 »Palestro* | bord, die »Sirena* zwischen beiden
12 «Terribüe* / Eskadren."
Zweiter Anhang.
Angriffsordnung:
,Im Falle die Flotte einen Angriff auszuführen hat, sowie jedesmal
wenn die Formierung einer Reserve mittels Signals angeordnet wird,
besteht die Reserve aus den nachbenannten Schiffen:
67
,Ancona*,
»Varese*,
»Palestro*,
Die Reserve wird sich je nach dem Angriffsplane in der Richtung
des signalisierten Windstriches formieren.
1 «Principe di Garignano*
2 ,MariaPia* f 1. Gruppe. Schiffsdistanz = 1 Kabel
3 «Formidabile* ( z= 200 m.
4 «Castelfidardo''
5 ,Re dltalia»
6 .San Martino* f 2. Gruppe. Schiffsdistanz = 1 Kabel
7 »Terribile'* ( = 200 w.
8 ,Re di Portogallo"
Der «Affondatore'' wird bis auf weitere Befehle außerhalb der
Linie bleiben, ebensowohl um als Unterstützung des Flaggenschiffes des
Höchstkommandierenden zu dienen als auch um sich dorthin zu
begeben, wo es gerade am nötigsten sein sollte.
Die nicht gepanzerte Eskadre (Holzschiffe) wird sich auf eine Ent-
fernung von 3000 m {V/% Seemeilen) von der Panzereskadre in der
Richtung des signalisierten Windstriches formieren. Im Falle sie zur Teil-
nahme am Gefechte gerufen werden sollte, wird sie eine zweite Kolonne
gegenüber den Zwischenräumen der Panzerkolonne bilden.
Die Radavisos «Esploratore'^ und .Messaggiere*^ halten sich
zwischen den beiden Eskadren behufs Überbringung von Befehlen und
trachten, außer dem Schußbereiche des Feindes zu bleiben.
Der «Guiscardo" erhält die Bestimmung, die beschädigten Schiffe
aus dem Gefechte zu schleppen.
Eine Panzerfregatte wird auf keine größere Entfernung als 500 m
angegriffen mit Ausnahme der 25 cm Armstronggeschütze; dagegen
wird jede Panzerfregatte ein ungepanzertes Schiff schon auf die Entfer-
nung von 1000 m angreifen, den Fall ausgenommen, daß sie die Absicht
hätte, zu rammen."
Obschon diese Instruktionen im allgemeinen den Grundsätzen ent-
sprachen, die damals bezüglich der im Kampfe mit Dampf- und Panzer-
schiffen anzuwendenden Taktik als maßgebend angesehen wurden, so
läßt sich doch nicht verkennen, daß einige Punkte derselben nicht den
Verhältnissen angepaßt waren, mit denen Admiral Per sano in seinem
Falle zu rechnen hatte. Ihm durfte vor allem der Umstand nicht entgehen,
5*
(
daß die österreichische Flotte dev weitaus größeren Zahl nach aus Holz-
schiEfeo bestand und daß sie bloß über 5, im besten Falle über 7 Panzer-
schiffe verfügen konnte, der die italienische 12 Panzerschiffe — also
beinahe das Doppelte — sowie eine bedeutsnd stärkere Holzeskadre
entgegenzustellen im stände war. Der österreichische Ädmiral war
hiedurch gezwungen, gleich seine gesamten Streitkräfte, sowohl Panzer-
wie Holzschiffe, in die Aktion zu bringen, und es konnte kein Zweifel
darüber herrschen, daß der zu gewärtigende Kampf sich nicht bloß auf
wnen solchen zwischen Schiffen gleicher Gattung beschränken, sondern
bald in eine Melee ausarten werde, in welche alles mit hineingerissen
werden würde.
Die Aufstellung des Prinzips, daß die Holzeskadre im Angriffsfalle
sich auf eine Entfernung von IVs Seemeilen von der Panzereskadre zu
formieren und erst dann in den Kampf einzutreten habe, wenn sie mittels
Signals hiezu beordert würde — welches Signal möglicherweise im Ver-
laufe der Aklion des Rauches und Pulverdampfes wegen einige Zeit
nicht wahrnehmbar blieb — konnte bei einem minder schneidigen, der
Initiative entbehrenden Kommandanten derselben von schwerwiegender
Bedeutung und ganz geeignet werden, in verhängnisvoller Weise den
Erfolg in Frage zu stellen. Tatsächlich trat dieser Fall in der Schlacht
von Lissa ein und die Untätigkeit des Vizeadmirals Albini, bei dem die
oben erwähnten Eigenschaften zutrafen, an diesem Tage wurde von
ihm zum großen Teile auf diesen Befehl zurückgeführt und mit demselben
zu entschuldigen versucht')
Am 20. Juni erfolgte die Kriegserklärung Italiens an Österreich, Am
selben Tage übergab der bisherige Marineminister, Generalleutnant
Angioletti, dem das Kommando einer Armeedivision übertragen wurde,
das Portefeuille der Marine an den Abgeordneten Agostino Depretis.
wovon dieser den kommandierenden Admiral mittels Teleqramms verstän-
digte, ihn gleichzeitig seiner vollsten Unterstülzung in jeder Beziehung
versichernd.
Wenige Stunden darauf erhielt Admiral Persano ein zweites
Telegramm des neuen Ministers, in welchem ihm die erfolgte Kriegs-
erklärung mitgeteilt und er angewiesen wurde, sich nunmehr an diu
ministeriellen Instruklioncii vom 8. d, M. zu halten sowie das vereinbarte
Telegramm wegen der Abfahrt nach Ancona zu erwarten.
ii Rrndiconli M\e vii'u-tiif [lubliUche dell' alla Corte di giustiiia dcI dibattimealo
della causn conlro ramniirairlio senalore coqIo Carlo Pellion di Persano pIc. etc.; depo-
Bixioni Albini e Paulucci, Seite 5G.
69
D^ Admiral antwortete sofort darauf, indem er dem Minister seine
Freude hierüber ausdrückte und die Versicherung hinzufügte, daß er auf
alle Fälle den Erwartungen des Königs und des Vaterlandes entsprechen
werde sowie daß er nur das bewußte Telegramm abwarte, um sich mit
der ihm unterstehenden Flotte in Bewegung zu setzen. Gleichzeitig bat
er aber auch noch um alle disponiblen Schiffe, «denn*, so fügte er bei,
,es handelt sich hier nicht um ein Ehrenduell, sondern um das Heil
Italiens. Man muß siegen und sich deshalb der nur immer möglichsten
Stärke bedienen. Man möge mit nichts sparen, beschwöre ich Euere
Exzellenz, und die Departementschefs sollen die noch auszurüstenden
Schiffe auf das beste mit allem Nötigen versehen.* Diesem Telegramme
folgten noch am selben Tage drei andere in Intervallen von wenigen
Minuten, die sich fast ausschließlich auf den Sanitätsdienst und unbe-
deutende Ausrüstungsgegenstände bezogen, an die man sich erst jetzt, im
letzten Augenblicke, erinnerte.
Während dieses Depeschen wechseis mit dem Minister kam dem
Admiral endlich das vereinbarte, mit der Bezeichnung: ,,urgentissimo*
versehene Telegramm des ersteren zu, welches bloß die Worte enthielt:
,Sta bene — viva il^R^*. ,Sta bene — viva ilR^* gibt AdmiralPersano
zwar sofort zurück, aber anstatt nun die Feder wegzuwerfen und seiner
Flotte ohne weiteres Zögern den Befehl zu erteilen, die Anker zu hebten,
fragt er beim Minister an, ob er nicht lieber noch die Ankunft der
Schraubenfregatte »Vittorio Emanuele* und der Schraubenkorvette „San
Giovanni*, die am 22. in Tarent einzutreffen hatten, abwarten solle
oder ob diesen beiden Schiffen der Befehl zu hinterlassen sei, der Flotte
nachzufahren. Mittels eines anderen Telegrammes holt er wieder die
Ansicht des Ministers ein, ob die Dampfer des österreichischen Lloyd zu
kapern seien, beifügend, daß er den Befehl zur Abfahrt nochmals
erwarte.
»Alsogleich auslaufen!* war die Gegenantwort des über dieses eigen-
mächtige Zögern erstaunten Ministers, „gestriges Telegramm ,Sta bene —
viva il R6' war doch nach der Vereinbarung des letzten Alinea der
bstruktionen vom 8. Juni gehalten. Feindseligkeiten gegen Österreich
beginnen mit dem 23. d. M., Lloyddampfer nur dann kapern, wenn sie
Eriegsmunition führen. * Auf diesen kategorischen Befehl, welcher keine
Erwiderung mehr zuließ, erteilte endlich AdmiralPersano die nötigen
Befehle zum Auslaufen und, nachdem er dem Minister seine Abfahrt nach
Ancona telegraphisch angezeigt hatte, verließ er in der Nacht vom 21. auf
den 22. Juni die Rhede von Tarent.
70
Vorher hatte er noch folgenden Befehl an die Flotte herausgegeben:
Flotten-Befehl Nr. 13.
Rhede von Tarent, 21. Juni 1866.
,1. Der Krieg gegen Österreich ist erklärt; die Feindseligkeiten
nehmen jedoch erst den 23. morgens ihren Anfang. Bis dahin unterbleibt
daher jeder AngrifiF auf den Feind, falls man auf ihn stoßen sollte.
•0 Espluratore
i
Carignano
VartM 9 9 Maria Pia
Miria Adalaid
ide \j "0" Indipendenra W
Re d'IUlia
0<>ui«cardo Ga»ta U U U Doc* di Gtnova W W Sao Martino ^ ***
Garibaldi Ancona
0
Waihingtoo
WRediPortofallo
Palestro W W Caslclfldardo
-0 Mesaaggiere
Schiffs-Distanz = 2 Kabel = 400 Meier
Gruppen- , = 6 , = 1200 ,
Distanz zwischen Holz- und Panzerschiffen «s 0 Kabel «« 1800 Meier.
i. Die Flotte wird bei der Abfahrt von dieser Rhede sich in
Gruppen formieren und in dieser Ordnung, die Panzerschifife in Kiel-
wasserlinie, fahren; die ungepanzerten Schiffe bilden eine einzige Gruppe
71
und nehmen ihren Platz backbord vom Höchstkommandierenden nach
vorstehender Skizze ein.
3. Täglich bei Sonnenuntergang werden die für ein Nachtklarschifi
nötigen Vorbereitungen getroffen, die Mannschaften auf die Grefechts-
posten gerufen und der Appell vorgenommen.
4. Täglich nach dem Frühstück der Mannschaft wird der Feuer-
alarm nach der betreffenden Rolle eingeübt und nach dem Mittagessen
die Rollenbestimmung für «Mann über Bord**.
5. Alle Schiffe der Flotte werden stets ein Seitenboot zum Streichen
bereit halten.
6. Beim Klarschiff haben die Herren Ofßziere mit dem Seitengewehr
in der gewöhnlichen Dienstesuniform, ohne Epauletten und Achselschnüre
zu erscheinen. Die Tapferkeitsmedaille, der Savoysche Militärorden
sowie die ErinnerungsmedaiUen sind von den hiezu Berechtigten zu
tragen.
Indem ich sämtlichen Herren Kommandanten die genaueste Ein-
haltung der bereits erlassenen Befehle und Verhaltungsmaßregeln sowie
der im Diensthandbuche der Taktik enthaltenen Vorerinnerungen ein-
schärfe, empfehle ich ganz besonders das Kapitel der «Allgemeinen In-
struktionen'', welches die Einleitung bildet, ihrer Aufmerksamkeit.
Die Schiffsdistanz in jeder Gruppe beträgt 2 Kabel, die Distanz
einer Gruppe von der anderen 6 Kabel. Die Holzeskadre bleibt auf eine
Distanz von 9 KabeL (Siehe vorstehende Skizze.)
Die Avisodampfer halten sich nach den ihnen speziell erteilten
Instruktionen.*'
Während der Fahrt, die äußerst langsam (die in dem Flottenbefehle
anbefohlene Geschwindigkeit von 6 Meilen wurde auf 5 reduziert)
vor sich ging, vereinigten sich die beiden Panzerkorvetten „Terribile*
und „Formidabile'', die der Admiral beordert hatte, von Ancona
entgegenzufahren, mit dar Flotte. Von einem Handelsschiffe brachte
man in Erfahrung, daß ein österreichischer Dampfer^) an der Küste
gesehen worden sei. Anstatt nun von seinen Avisodampfem, von welchen
,, Esploratore * und «Messaggiere* eine große Geschwindigkeit besaßen,
seinerseits eine Rekognoszierung und Aufklärung gegen die feindliche
Küste vornehmen zu lassen, begnügte sich Admiral Persano damit, den
1) Es war dies der der österreichischen Eskadre zugeteilte Lloyddampfer
«Stadium*, welcher am 20. von Fasana ausgelaufen war, die italienische Koste von
Ancona bis Bari rekognosziert hatte und am 23. die Meldung nach Fasana brachte, auf
dieser Krenznng keine italienischen Kriegsschiffe gesehen zu haben.
(Messaggiere* nach Bari zu senden und von dort beim Marineminister
telegrapbiscli anzufragen, was über die Posilion des Feindes bekannt sei.
Der Minisler antwortete sogleich zurück; , Nach letzten Nachrich-
ten in Fasana 5 Panzei-fregalten, ebensoviele Holzfregatten. Ädmiral
Tegetthoff, vor Begierde brennend, kühne Handstreiche sowie Enterun-
gen zu unternehmen (desideroso di colpi audaci ed arambaggi), will die
Flotte des Nachts öberraschen: sein Flaggenschiff soll als Widder dienen.'
Hierauf erließ Admiral Persano allsogleich die folgenden Nacht-
inslruktionen an die Flotte, zu denen der italienische Marinegeschichts-
schreiber Randaccio.dem wir diese Einzelnheiten entnehmen, selbst die
Bemerkung macht, „daß es scheine.als ob weder Admiral persano noch
sein Stabschef eine klare Idee von dem gehabt habe, was ein Kampf
Ewischen Panzerschiffen, ja selbst zwischen Dampfern überhaupt sei,
(che ne egli, ne it suo slato maggiore avevano una idea chiara di ciö che
doveva essere una battaglia, non solo fra corazzate, ma fra navi a vapore).'
Nachtlnstroktionen.
, 1 . Falls der Feind, wie man zu vermuten Veranlassung hat, des
Nachts erscheint, werde ich Nr. 3 der Tabelle 1 der Nachtsignale
signalisieren, welches Signal dann anstatt: .Man will sprechen' bedeutet:
.Kielwasserlinie, verkehrte Ordnung". Alle Schiffe der Linie werden
beim Streichen des Signales nach steuerbord wenden und dem ,Re di
Portogallo" folgen, der Kurs nach Osten nimmt. Die Schifife, welche auf
Schußdistanz vom Feinde angelangt sind, werden, ohne ein weiteres
Signal abzuwarten, das Feuer eröffnen und der ,Re di Portogallo' wird,
sobald er den Augenblick hiezu für gekommen erachtet, ganz langsam
gegen backbord abfallen, um dem Feinde den Rückzug abzuschneiden.
Alle Schiffe der Linie folgen mit Gegenmarsch.
9. Die Reserve wird das Feuer eröffnen, so wie sie den Feind ent-
deckt, damit er hiedurch eingeschüchtert werde, bis die Schlacbtlinie
wieder geordnet ist; hierauf zieht sie sich gegen Nordwesten zurück, um
sodann auf dem geeignetsten Punkte in die Aktion zu treten, so wie sie
mehrere Raketen zu gleicha- Zeit abgefeuert erblicken wird. Die Reserve
hat aber, ohne ein Signal abzuwarten in die Aktion zu treten, wenn sich
der Feind zurückzieht, um ihm dann den Bückzug abzuschneiden, wenn
unsere Schlachtlinie durchbrochen wird oder wenn unsere Holzschiffe
angegriffen werden.
3. Die Holzschiffe, welche den Panzerschiffen Ramn zum Manövrie-
ren lassen müssen, fallen ebenfalls in geschlossener Kielwasseiiinie gegen
73
Osten ab und werden das Feuer nur in dem Falle eröffnen, wenn der
Feind gleichartige Schiffe in separater Kolonne mit sich führt oder wenn
Tom Höchstkommandirenden hiezu das Signal durch das Abfeuern einer
einzigen Rakete gegeben wird oder endlich wenn es dem Feinde gelungen
wäre, die Linie unserer Panzerschiffe zu dublieren.
4. Es wird die größte Ruhe und Kaltblütigkeit eingeschärft, um jede
bei einem Nachtangriffe leicht eintretende Konfusion, auf welche der
Feind besonders zu rechnen scheint, zu vermeiden.
5. Damit die Panzerschiffe so geschlossen als möglich in der Fahrt
bleiben, wird sich die Kolonne der Fregatten strengstens auf nicht
weniger als 4Va Kabel Distanz halten und haben die Äusluger ihren
Dienst mit der größten Gewissenhaftigkeit zu versehen.
6. Wenn der Höchstkommandierende 2 Raketen mit 2 Minuten
Intervall abfeuert, so ist dies das Zeichen, daß der Feind den Rückzug
antritt; in diesem Falle haben ihn die Panzerfregatten «Ancona*, »Castel-
fidardo*, „San Martino* und »Maria Pia* zu verfolgen.
7. Der »Elsploratore* und »Etna* bleiben zwischen den Panzer-
fregatten und der Flotte. *
Am 25. Juni um 6^ p. m. ankerte endlich die Flotte auf der Rhede
von Ancona, wo schon die Kanonenboote ,»Montebello*', „Vinzaglio'^ und
die Raddampfkorvette „Ettore Fieramosca* vor Anker lagen. Es befanden
sich an diesem Tage 11 Panzerschiffe, 4 Schraubenfregatten, 1 Schrauben-
korvette, 3 Schraubenkanonenboote, 6 Raddampfer, somit im ganzen
25 Schiffe dort vereinigt.
Der Marineminister Depretis war inkognito in Ancona eingetroffen,
um sich persönlich von dem Zustande der Flotte und den allenfalls noch
benötigten Bedürfnissen die Überzeugung zu verschaffen. Admiral
Pers an 0 übergab ihm eine Zusammenstellung der noch als notwendig
erachteten Erfordernisse der Flotte folgenden Inhaltes:
1. Mindestens noch 4 von der Dampfschiffahrts-Gesellschaft
Danovaro Peyrano zu mietende Schnelldampfer, um sie als Avisos
gebrauchen zu können.
2. Fehlen noch 15 Bojen auf der Rhede von Ancona.
3. Die Sanitätsbranche ist noch nicht hinreichend gut ausgerüstet.
4. Die Schiffe, welche noch zur Flotte zu stoßen haben, sollen
Messina anlaufen und dort weitere Befehle abwarten, inzwischen aber
fleißig Exerzitien jeder Art vornehmen und so wenig als möglich mit dem
Lande verkehren.
74
5. Es sind noch 12 Fernrohre erster Qualität (mit besonders großer
Sehweite) und 12 zweiter Qualität notwendig.
6. Noch so viel Annstronggeschütze als nur möglich auftreiben.
7. Anstalten treffen, daS alle noch am Stapel befindlichen oder
schon abgelaufenen Panzerschiffe so rasch als möglich fertiggestellt und
ausgerüstet werden.
8. 2 bis 3 Guttaperchaschläuche, um von der Mars auf Deck sprechen
zu könnnen.
Wir führen diese Forderungen Persanos nur aus dem Grunde an,
um zu zeigen, bis in welche Kleinigkeiten sich der Oberkonmiandant der
Flotte verlor und in welch geringem Grade er es verstand, mit den Ver-
hältnissen zu rechnen, aus eigener Initiative Abhilfe zu treffen und die
ihm gewordene Aufgabe von einem höheren Gesichtspunkte zu erfassen.
Der Marineminister versprach sowohl mündlich wie in einem noch
von Ancona aus an den Admiral gerichteten Schreiben demselben seine
kräftigste Unterstützung in der Erfüllung aller gerechtfertigten Wünsche,
forderte ihn jedoch gleichzeitig auf, die unter seinen Befehlen stehenden
Streitkräfte stets schlagfertig zu halten, die weitere Ausbildung der Mann-
schaften fortzusetzen; durch Kreuzungen der Ausluger sich von den Be-
wegungen des Feindes stets in Kenntnis zu erhalten imd derart bereit zu
sein, um auf den ersten erhaltenen Befehl sogleich auslaufen zu können.
Demzufolge nahmen sämtliche Schiffe sofort die Ergänzung des
Kohlenvorrates und einige die Vornahme notwendig gewordener Repara-
turen in Angriff.
75
4. Kapitel.
ErOftauDg der Feiodseligkeiteii. — Rekognotxienmgsfahrt der k. k. Eskadre vor Ancona am 27. Jnni.
— Sonstige Yorfallenheiten auf Osterreichiacher Seite bis zum Angriffe auf die Insel Lissa durch die
italienische Flotte.
Am Morgen des 20. Juni überreichte der italienische Oberst
Bariola auf dem Vorposten bei Le Grazie nächst Mantua die Kriegs-
erklärung Italiens an Österreich, deren Wortlaut zufolge die Feindselig-
keiten drei Tage später, somit am Morgen des 23. beginnen sollten.
Vom Hauptquartier des Kommandierenden der Südarmec Erzh. Al-
brecht hievon in Kenntnis gesetzt, traf Kontreadmiral v. Tegetthoff
sofort die nötigen Maßnahmen bei der Eskadre und gab im Vertrauen
auf die Kraft der ihm unterstehenden Streitmittel sowie den vorzüglichen
Geist der SchiGTsmannschaften den Gedanken nicht auf, offensiv gegen die
feindliche Flotte vorzugehen, so wie sich ihm eine günstige Gelegenheit
hiezu darbieten würde.
Vor allem handelte es sich für ihn darum, sichere Nachrichten über
die Stärke imd dieBewegungen derselben zu erhalten, und zu diesem Zwecke
wurde noch am 20. Dampfer , Stadium" zur Rekognoszierung der Küste von
Ancona bis Bari entsendet. Derselbe kehrte am 23. mit der Meldung zur
Eskadre zurück, auf seiner Fahrt keinem feindlichen Kriegsschiffe
begegnet zu sein.^) In der Voraussetzung nun, daß der Feind innerhalb
der adrialischen Gewässer noch nicht vöUig gesammelt sei, die k. k.
Eskadre im Falle einer Begegnung vielleicht nur auf eine gleich starke,
werm nicht schwächere Abteilung desselben stoßen dürfte, daß femer,
falls sich diese Vermutung als richtig erweisen und man vor Ancona
wirklich nur einen Teil der gegnerischen Flotte finden sollte, unter
günstigen Umständen ein Angriff gegen die auf der Rhede verankerten
Schiffe immerhin eine Aussicht auf Erfolg bieten könnte, faßte Kontre-
admiral V. Tegetthoff rasch den Entschluß, von Fasana aus eine Reko-
gnoszierungsfahrt nach Ancona zu unternehmen und sich bezüglich seines
3) Siehe Seite 71.
76
weiteren Vorgehens dortselbst ganz von den Umständen leiten zu
lassen.
Er überschififte sich noch am 24. mit seinem Stabe von der Fregatte
^Schwarzenberg** auf die Panzerfregatte ,Erzh. Ferdinand Max", die von
nun an sein Flaggenschiff blieb, und stellte gleichzeitig bei dem Ober-
kommando der Sudarmee telegraphisch die Anfrage, ob es ihm gestattet
sei, mit der Eskadre eventuell die Offensive zu ergreifen und an der
italienischen Küste Rekognoszierungen vorzunehmen. , Bitte'' so heißt
es zum Schlüsse in seinem Telegramm ,um präzise Weisungen über den
Grad der Fieiheit in der Aktion, die mir nunmehr eingeräumt isf Die
Antwort des Erzh. Albrecht, welcher unterdessen am 24. Jimi das feind-
liche Landheer bei Custoza schlug, traf erst am 26. bei der Eskadre ein
und lautete folgendermaßen: „Der freien Aktion der Eskadre kein Hinder-
nis im Wege, nur nicht über Lissa hinaus; Mündungen des Po und Küste
Venedigs im Auge behalten.*
Kontreadmiral V. Tegetthoff hatte inzwischen mit allen Schiffs-
kommandanten Kriegsrat gehalten und die Chancen einer Operation
gegen Ancona mit einem eventuellen Angriffe auf die daselbst geankerten
italienischen Schiffe, falls sich bloß ein Teil der feindlichen Flotte dort
befinden sollte, nach allen Richtungen hin reiflich erwogen.
Er bestimmte zu diesem Unternehmen als die besten Läufer der
Eskadre nachstehende Schiffe :
Panzerfregatte „Erzh. Ferdinand Max* (Flaggenschifl),
, „Don Juan",
w „Kaiser Max*,
„Prinz Eugen«,
„Drache*,
„ „Salamander*,
Schraubenfregatte : „ Schwarzenberg* ,
Kanonenbot: „Hum*,
, ^Velebich*,
„Reka*.
„ .»Streiter'.
Radaviso: „Elisabeth*,
, „Stadium*
und lief mit dieser Eskadre, bestehend aus 6 Panzerfregatten, 1 Holz-
fregatte, 4 Kanonenbooten und i Raddampfern, zusammen 13 Schiffe,
am 26. Juni abends 8^ von Fasana aus. In See formierte sich die Eskadre
Juni II
•IIaI
Italiener:
1. Principe di Carignano
2. Castelfidardo
3. Ancona
4. Red'Italia
5. Formidabila
6. Paleslro
7. S. Mariino
8. Re di Porlogallo
9. Tcrribile
10. Varoae
11. Maria Pia
2r>. Eaploratore
26. Messaggiere
10. Gaßtu
17. Muria Adelaide
Duca di Genova
Garibaldi
33. Etna
'iü. Montebello
ti. Confienza
24. Vinzaglio
27. Guiecurdo
28. Ettore Fieramusca
20
21
k
<S
*,
9
\
77
in zwei Divisionen, jede im vorspringenden Winkel (Angriflswinkel),
die Divisionen in Eielwasserlinie, und steuerte bei leichtem Westwind
Südsüdwest-Eurs. (Siehe Karte II.)
Die Nacht verlief ohne besondere Vorfallenheiten und, als die
Morgendämmerung vorüber war, bekam man die italienische Küste in
Sicht, worauf Kurs gegen den Monte Conero genommen wurde. Gegen
4^ morgens meldeten die Ausluger am Flaggenschiffe, daß man in der
Richtung des Kurses Rauch wahrzunehmen glaube. Bald wurde derselbe
auch deutlich sichtbar und um 4^ 20°* von der ,,Elisabeth'' ein verdächtiger
Dampfer signalisiert. Sofort erhielt dieselbe Befehl, zur Rekognoszierung
und Jagd vorzugehen. Auf zirka IVs Meilen angelangt, hißte der fremde
Dampfer — Radaviso »Esploratore**, Kommandant Marchese di Orengo
— die itaUenische Flagge, was von der ,, Elisabeth** mit dem Hissen der
eigenen Flagge sowie mit einigen Schüssen beantwortet wurde, worauf
er sogleich wendete und* gegen Ancona steuerte. Die „Elisabeth* hatte
derartig Kurs genommen, um ihm womöglich den Rückzug abzuschnei-
den, und konnte bei dieser Gelegenheit einige Schüsse — 14 im ganzen —
anbringen, von denen ein ISpfüüdiges La Hitte-Geschoß seinen Radkasten
traf. Infolge seiner größeren Schnelligkeit gelang es ihm jedoch, bald
außer Schußweite zu gelangen, und, häufige Alarmschüsse abfeuernd,
fohr er mit voller Dampfkraft gegen Ancona, der itali^schen Flotte die
Nachricht von der Annäherung der Österreicher zu überbringen.
Die k. k. Eskadre setzte unterdessen ihre Fahrt fort, die Mann-
schaften auf ihren Posten zum Gefechte bereit. Um 572*' befand sie sich
auf zirka 2Vs Seemeilen von Ancona. Kontreadmiral v. Tegetthoff ließ
nun langsamer fahren, die Frontlinie formieren und endlich stoppen. Die
Kanonenboote erhielten Befehl, noch näher unter Land zu fahren und
efötlheten nun ihr Feuer auf die feindlichen Schiffe, das in diesem Falle
lUmlings mehr eine Art Herausforderung bedeutete, als daß es großen
Schaden anrichtete, trotzdem einige Schüsse mitten unter diese hinein-
iUen.
Gegen Erwarten lag die feindliche Flotte, deren größerer Teil unter
Idmiral Persano, wie wir im vorhergehenden Kapitel gesehen haben,
;;|Mn 25. abends aus Tarent in Ancona eingetroffen war, fast vollzählig auf
Rhede vor Anker ; man konnte 1 1 Panzerschiffe, 4 Fregatten, 2 Aviso-
ipfer zählen, außerdem sah man hinter den Kaimauern des inneren
'•fens noch Rauchsäulen aufsteigen. Die feindlichen Schiffe, durch ihren
isluger alarmiert, hatten sofort ihre Feuer vorgeschoben oder ange-
Ddet, mehrere von ihnen setzten sich in Bewegung, öfters den Kurs
wechselnd, und ein Panzerscliiff näherte sich der .EHsabeth", welche in
der Verfolgung des .Esploratore" sich am meisten vorgewagt hatte,
augenscheinlich in der Absicht, ihr den Weg zu verlegen, drehte aber
dann plötzlich wieder gegen die eigenen Schiffe, sich mit ihnen verei-
nigend.
Gegen G'/t^ sah man 4 Panzerschiffe in Kieiwasserlinie und mit
Södsüdost-Kurs unter Land gegen den Monte Conero zusteuern, denen in
Intervallen andere folgten : zwischen den Panzerschiffen und dem
Lande bildeten mehrere Holzschiffe eine zweite Kielwasserlinie. Beide
Kolonnen schienen sich durt unter dem Schutze der Forts sammeln und
eine Formalion einnehmen zu wollen; sie entfernten sich jedoch durch
dieses Manöver zusehends von der k. k. Eskadre statt sich ihr zu näiiem.
Kontreadmiral v. Tegetthoff hatte unterdessen mit seinem Stabe die
Bewegungen der Italiener aufmerksamen Auges verfolgt und, da eine Ab-
sicht derselben, ihm entgegenzukommen und den Kampf mit der öster-
reichischen Eskadre aufzunehmen, bis jetzt (zirka 7'') nicht wahrgenom-
men werden konnte, anderseits er aber dio Stärke der vor Ancona liegen-
dea feindlichen Flotte nunmehr aufgeklärt war, gab er um diese Zeit
zuerst der leichten Division den Befehl, sich zu sammeln, den einfallenden
Winkel (Rückzugswinkel) zu formieren und mit nöuilichem Kurs wieder in
See zu steuern. Die Panzerdivision folgte ihr hierauf in derselben For-
malion.
Die gegnerische Flotte, von deren augenblicklich wenig schlagfer-
tigem Zustande man natürlich keine Kenntnis hatte, imter Land anzu-
greifen mußte sich unter den gegebenen Umständen als ein Unter-
nehmen darstellen, das wegen der Übermacht, der Nähe der Land-
battfrien, insbesondere aber wegen der Möglichkeit, auf eine unterseeische
Minenanlage zu stoßen, die k. k. Eskadre unter wenig günstigen Chancen
aufs Spiel gesetzt hätte, und wäre hiedurch itu-em Kommandanten eine
Verantwortlichkeit erwachsen, die er mit seinen Instruktionen nicht in
Einklang zu bringen vermocht hätte. Die k. k. Eskadre trat demnach
gegen T/i", unbehelligt vom Feinde und langsam fahrend, wieder den
Rückweg nach Fasana an, zufrieden mit dem erreicliten Zweck der Reko-
gnoszierung sowie mit dem moralischen Erfolge, den das Nichtangreifen
des Feindes auf die Mannschaften hervorgebracht halte. Die Stimmung
war auf allen Schiffen eine ungemein gehobene, so dtiß man alle Ursache
haben konnte, von dem gewonnenen Resultate befriedigt zu sem.
Auf der Rückfahrt wurden noch Evolutionen nach der neuen Taktik
geübt und gegen ti '' abends lag die Eskadre wieder in der früheren
79
Ordnung in Fasana vor Anker, wo sie einen Zuwachs an der inzwischen
eingetroffenen Panzerfregatte »Habsburg^ vorfand.
Von nun an trat verschärfter Dienst bei der Eskadre ein und mußten
sich alle Schiffe mit stillem Dampf in der Hälfte der Kessel zum augen-
blicklichen Auslaufen bereit halten. Am 28. gegen Sonnenuntergang
signalisierte Fort Brioni ein Panzerschiff mit trikolorer Flagge auf 15 See-
meilen in Sicht. , Kaiser Max*" und , Don Juan'', zur Rekognoszierung
beordert, erkannten das englische Panzerschiff „Enterprise'', Kapitän
Rowley, welches auf dem Wege von Ancona nach Triest passierte.
Den folgenden Tag ging «Prinz Eugen" nach Malamocco ab, nm
ein Kohlentransportschiff auf die Rhede von Fasana zu schleppen,
kehrte mit demselben am 30. zurück, ohne auf der Fahrt feindliche oder
verdächtige Schiffe entdeckt zu haben.
Die italienische Flotte lag eingeholten Nachrichen zufolge noch
immer auf der Rhede von Ancona, verwehrte den dort anlangenden
Lloyddampfem das Auslaufen und hatte sich inzwischen um einige Schiffe
verstärkt, so daß zu erwarten stand, dieselbe werde nun in kürzester
Zeit, auf ihre Überlegenheit bauend, die Offensive ergreifen. Bei der k. k.
Eskadre wurde deshalb die ihr noch gegönnte, allem Anscheine nach nur
sehr kurze Frist eifrig benützt, um sich für den Kampf vorzubereiten.
Alles Schiffsmaterial, welches im Gefechte nur nutzlos im Wege stehen
und Verlegenheiten bereiten konnte, wurde in das Arsenal nach Pola
abgeführt ; die Panzerfregatten, welche alle in Hohl gestrichen hatten,
schifften ihre Segel, die Holzfregatten sämtliche Reserverundhölzer, dann
mit Ausnahme des Vormarssegels und Klüvers alle Segel sowie den
vierten Anker aus. Die Eskadrekassa ward auf mehrere Schiffe verteilt,
endlich wurde das neue Signalbuch mit 4. Juli für den allgemeinen Ge-
brauch eingeführt.
Eine willkommene Verstärkung erhielt die k. k. Eskadre an diesem
Tage an der Schraubenfregatte »Novara*, welche mit großer Energie und
anerkennenswertem Patriotismus auf der Triester Werfte des Giuseppe
Tonello in der kürzesten Zeit wieder in seetüchtigen Stand gesetzt und
in Pola ausgerüstet und armiert worden war.
Am C. Juli ging Kontreadmiral v. Tegetthoff behufs Vornahme
von Divisionsmanövem mit der Flotte in See. Die Manöver führten selbe
bis in Sicht des Monte di Ancona, der um SVa^ nachmittags Süd zu Ost
gepeilt wurde, sodann nahm die Flotte wieder Kurs nach Fasana, woselbst
sie gegen 8** abends in 3 Kolonnen in so exakter Weise vor Anker ging
daß der Admiral dieses Manöver mittels Signals belobte.
Am 9, Juli berief der Admiral alle Komiriaiidanlen an Bord des
Flagg enscliiff es, um den Bericht derselben über die Seetöchtigkeit ihrer
Schiffe zu weiteren Missionen abzufordern und ließ an diesem und den
zwei nächstfolgenden Tagen je ein Drittel der Operationsflotle die Feuer
löschen und eine gründlicJie Reinigung der Kessel und Maschinen vor-
nehmen.
Wie man sieht, sflumle die italienische Flotte ganz gegen alle Er-
wartung mit dem Beginne ihrer Operationen. Am 10. Juli kamen zwar
nachmittags und vor Mitternacht vom Gouvernement aus Zara Depeschen
des Inhaltes an, daß etwa 20 feindliche Schiffe auf 20 bis 25 Seemeilen in
Sicht von Lissa wären, und auch bei Isola grossa wurde eine feindliche
Eskadre in der Stärke von 16 Schiffen wahi^enommen.') Doch diese Be-
wegung der feindlichen Flotte blieb ohne weiteren Folgen, so daß es dem
Gouvrmement von Dalmatien gelingen konnte, im Laufe des 12. und
13. Juli mittels der Schiffe ,Fiume", ,Venezia". .Egilto" und der vom
Eskadrekommando entsendeten ,Lucia" und .Vulkan" vier Bataillone
aus Sebenico, Lissa, Castelnuovo und Cattaro einer Anordnung des
Kriegsministeriums gemäß ganz ungefährdet nach Triest zu überführen.
Raddampfer ,Curtatone" konnte noch im Laufe des 14. bis 17. Juli
2 Kompagnien des 4. Bataillons Hohenlohe-lnfanterie unangefochten von
Cattaro nach Zara bringen und dann wieder an seinen Bestimmungsort
zurückgelangen.
Am 14. Juli morgens kam der Eskadre ein Panzerschiff ohne Flagge
in Sicht, dasselbe ward aber durch die zur Rekognoszierung beorderten
Panzerfregatten .Habsburg" und «Kaiser Max' wieder als das schon
frulier erwähnte englische Panzerschiff , Enterprise' erkannt.
Am 16. Juli 4'/i!'' morgens rekognoszierte der kreuzende .Drache'
die auf der Fahrt nach Venedig begriifcne französische Panzerfregatle
.Provence' mit der Flagge des Kontreadmirals d'Herbinghem.
Leider warfen die inzwischen eingetroffenen ungünstigen Nachrichten
über die Nordarmee einen Schatten auf die andauernd gute und dienstes-
freudige Stimmung, welche auf der Eskadre heiTSchte. und die Verlaut-
barung des kaiserlichen Manifestes, mit dem die Unfälle der Nordarmee
amtlich anerkannt und zugleich die Abtretung Venetiens an den Kaiser
der Franzosen ausgesprochen wurde, konnte nicht verfehlen, drückend
auf alle Gemüter zu wirken.
') Siehe Aaniertung Seite IS3.
81
Schon schien es, als ob auch diesmal die Rolle der kaiserlichen
Marine bereits ausgespielt wäre und es zu einem Kampfe auf dem Meere
nicht mehr kommen werde. Die Mediation Frankreichs auf Grundlage
der Abtretung Venetiens war in vollem Gange und die Anwesenheit eines
französischen Kriegsschiffes, das nach einer bei der Flotte eingelaufenen
offiziellen Mitteilung als der Vorläufer ein<;r ganzen französischen Eskadre
betrachtet werden konnte, sprach für den Erfolg der mit Italien an-
gebahnten Verhandlungen.
Kontreadmiral v. Tegetthoff mußte deshalb sehr besorgt sein,
daß das auf die Schiffe gedrungene GerQcht über die bereits vollzogene
Abtretung Venetiens sowie über den Rückzug der kaiserlichen Südarmee
einen üblen Eindruck auf die Equipagen üben würjie, von denen über
800 Mann aus Venetien stammten, und schlug daher dem Kriegsministerium
vor, diese letzteren im Falle der wirklich bereits erfolgten Abtretung
Venetiens auszuschiffen. Doch die hierauf eingetroffene telegraphische
Rückantwort: , Venetien noch nicht abgetreten, Aufgabe der Eskadre un-
verändert*, welche den Mannschaften auch mittels Eskadrebefehles ver-
lautbart wurde, beruhigte einigermaßen und ließ nur mehr an die Pflicht
und an die Ehre der Flagge denken.
Willkonunenerweise kamen auch Depeschen aus dem Süden an, die
vermuten lassen konnten, daß der Gegner endlich seine Untätigkeit auf-
gegeben und sich zu irgend einer Aktion entschlossen habe.
Fleischer. Die k. k. Kriegsmarino 1866.
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Die italieniachü Flotte war, wie wir am Schlüsse des vorletzten
Kapitels gesehen haben, nach ihrer Ankunft in Ancona damit beschöfligt,
den Bedarf an Kohlen und Lebensmitteln zu ergänzen; auch war einzelnen
Schiffen die Vornahme besonders dringend gewordener Reparaturen
gestattet worden. Ferner sollte der „Principe di Carignano' seine un-
bereiften Cavalligeschütze mit bereiften Geschützen französischen Systems
der beiden Panzerkorvetten .Terribile' und , Formidabile ' wechseln und
war die .Ancona" im inneren Hafen vor Anker gegangen, um eine größere
Maschinenreparalur durchzuführen, welche eine Zerlegung einzelner
Maschinenbestandteile erforderte. Diesen Beschäftigungen gab man sich
im Laufe des 26. sowie in der Nacht vom 26, zum 27. mit allem Eifer hin.
Auf den Panzerfregatten .Re d'Italia" und ,Re di Portogallo" war
eine Selbstentzündung der Kohlen in den Depots entstanden, welche
zwar auf ersterem im Laufe des 2G. gedämpft wurde, auf letzterem jedoch
die Ausschiffung der sämtlichen Kohle von einer Bordseite bedingte.
Zur Sicherung der Flotte während der Nacht hatte man den Rad-
aviso .Esploratore " , Kommandant Fregattenkapitän Marchese di Orengo.
am Abend des 26. auf Kreuzung geschickt mit dem Befehle, am nächsten
Morgen wieder zur Flotte zu stoßen. Die Morgendämmerung des 27.
brach an und der .Esploratore' wollte eben von seiner Nachtkreuzung,
auf welcher er nichts Verdächtiges angetroffen hatte, nach Ancona zurück-
kehren, als seine Auslugposten am Horizonte, der sich klar und deutlich
abgrenzte, den Rauch von Dampfern wahrnahmen. Sofort darauf los-
steuernd, erkannte Kommandant Orengo bald an der Formation eine
83:
Eskadre von Kriegsschiflfen, der ein Aviso vorandampfle. Nachdem zu
dieser Zeit Abteilungen sowohl der englischen als auch französisclien
Mittelmeerflotte die Adria zu besuchen pflegten, lag ihm daran, sich über
die Nation dieser Eskadre Gewißheit zu verschaffen, weshalb er, näher
konunend, die italienische Flagge hißte. Sofort antwortete der fremde
Aviso mit dem Hissen der österreichischen Flagge und eröffnete sein Feuer
auf den «Esploratore*^, der dasselbe mit seinen 12 cm CavaUigeschützen
so gut als möglich erwiderte, jedoch alsbald wendete und, von Zeit zu
Zeit Alarmschüsse abfeuernd, unter höchstem Dampfdruck nach Ancona
steuerte. Um 4** 50°* a. m. kam der ^Esploratore** in Sicht der italienischen
Flotte mit dem am Vortop wehenden Signale: „Der Feind ist in Sicht*.
Es läßt sich begreifen, daß diese Nachricht, auf die man nicht gefaßt war
und die wie ein Blitz aus heiterem Himmel mitten in die italienische
Flotte hineinfuhr, imter den obwaltenden Umständen nicht wenig
Erstaunen und Verwirrung bei derselben verursachte. Diese Kühnheit
des Feindes hatte man denn doch nicht erwartet; dazu befand man sich in
einer Verfassung, die von einer Schlagfertigkeit weit entfernt war und
dieselbe nicht so leicht herstellen ließ. Umgeben von allen möglichen
Flottanten, die Batterien mit Kohlensäcken und Lebensmittelvorräten
gefällt, die nun in aller Hast weggestaut werden mußten, die Maschinen
einzelner Schiffe im augenblicklich undienstbaren Zustande, kam — es läßt
sich dies nicht verkennen — die österreichische Eskadre gerade im denk-
bar ungünstigsten Momente an, in einem Momente, wo die kriegerische
Verfassung der Flotte durch die vorzunehmenden Arbeiten ganz in den
Hintergrund getreten war.
Nichtsdestoweniger gelang es auf den meisten Schiffen dennoch
der Energie und Tätigkeit der Kommandanten und Offiziere sowie dem
lobenswerten Eifer der Mannschaften, in verhältnismäßig kurzer Zeit die
Ordnung herzustellen und sich auf das vom Admiralschiffe gegebene
Signal in den Gefechtszustand zu versetzen. Die Feuer wurden sogleich
vorgeschoben oder angezündet und in dem Zeitraum von 1 bis I72 Stun-
den — einige Schiffe auch schon früher — war die Flotte dampfklar und
zum Auslaufen bereit.
Als die ersten hatten sich ,, Maria Pia* imd »San Maiüno*, die auch
am weitesten in See geankert lagen, gegen den Feind in Bewegung
gesetzt, binnen kurzem vom »Castelfidardo* gefolgt. Die ,, Maria Pia*,
welche dem den «Esploratore* jagenden österreichischen Raddampfer
, Elisabeth* am nächsten war, steuerte auf diesen mit voller Kraft in
der Absicht los, ihm den Rückzug abzuschneiden, wurde jedoch vom
kommandierenden Admiral millels Signals zurückgerufen und selbst, als die
.Enisabelh* zwei Schüsse gegen die .Maria Pia* abgefeuert hatte und
letztere nun um die Erlaubnis bat, das Feuer eröffnen zu dürfen, wurde
ihr diese verweigert. Die .Maiia Pia" drehte hierauf wieder gegen die
eigene Flotte und vereinigte sich mit den Schiffen, die bereits in
Bewegung waren.
Der ,Re d'ltalia", dem es, wie bereits erwähnt, tags vorher gelungen
war, des Feuers in den Koblendepots Herr zu werden, war noch damit
beschäftigt, die durchnäßten Kohlenreste über Bord zu werfen; er unter-
brach jedoch diese Arbeit und trachtete, alsbald in kampfbereiten Zustand
zu gelangen. Gegen G'/a'' war er im stände, sich in Bewegung zu setzen.
Der ,Tle di Portogallo" hatte gleichfalls die Ausschiffung der Kohlen
in den ßackbord-Kohlenräumen vorgenommen gehabt und lag jetzt stark
auf steuerbord über; es gelang aber dem Kommandanten Riboty,
wacker unterstützt von seinen Offizieren und Matrosen, bald das Schiff
wieder auf geradem Kiel und gefechtsbereit herzustellen; durch eine
Unachtsamkeit des ersten Maschinisten beim Dampferzeugen war jedoch
Wasser in die Zylinder gedrungen, so daß, kaum in Bewegung gesetzt,
die Maschine wieder abgestellt werden mußte. Trotzdem wurde auch
diesem Unfälle noch abgeholfen und der ,R6 di Portogallo" folgte gegen
7'' den inzwischen unter Monte Conero sich in Kiei Wasserlinie for-
mierenden Schiffen nach.
Die jÄncona' lag, wie wir wissen, im inneren Hafen und hatte
behufs Vornahme euier größeren Reparatur einzelne Maschinenbestand-
teile zerlegen müssen. Der Kommandant derselben, Linien schiff skapitän
Piola, befahl sofort, die Maschine so gut als möglich wieder in stand zu
setzen, und einige Minuten nach 7^ dampfte auch dieses Schiff zur all-
gemeinen Verwunderung auf die Rliede. sich mit den Panzerschiffen zu
vereinigen bestrebt. Allerdings konnte die .Ancona' nur mit geringerer
Gescliwindigkeit als sonst fahren, da die Maschine nicht sehr angestrengt
werden durfte, trotzdem war sie aber immer im stände, 6 bis 7 Meilen pro
Stunde zu machen.
Der .Principe di Carignano", welcher mit der Panzerkorvetle
jTerribile' Geschütze wechseile, unterbrach diese Operation sofort und
wai-, wenn ihm auch infolgedessen einige Geschütze auf die volle
Zahl seiner Bestückung fehlten, mit dem Reste seiner Artillerie —
16 Geschützen — gefechtsbereit und in kurzer Zeit in Bewegung.
Der „Terribile* fehlten wiederum die noch auf dem Ponton liegen-
den ausgewechselten Geschütze des .Principe di Carignano*, die man
85
noch nicht zu installieren vennocht hatte ; trotzdem war aber auch sie im
Stande, mit 14 Geschützen am Gefechte teilzunehmen.
Endlich hatten die Panzerkanonenboote »Palestro* und ^Varese*
noch französische Maschinisten an Bord, die von der Schiffbaugesellschaft
in Frankreich, welche diese Schiffe erbaut halte, als Garantiemaschinisten
beigestellt worden waren und welche jetzt, wo es gegen den Feind gehen
sollte, Schwierigkeiten erhoben und ihre Ausschiffung verlangten, da sie
kontraktlich nur zum Dienste in Friedenszeiten verpflichtet waren. Man
mußte notgedrungen ihnen Konzessionen machen und gute Worte geben,
um sie zu veranlassen, wenigstens in diesem kritischen Momente nicht
ihren Posten zu verlassen.
In dieser keineswegs günstigen Lage befand sich also die italienische
Flotte, als unterdessen die österreichische Eskadre in vollkommen ge-
schlossener Ordnung bis auf eine Entfernung von ungefähr 2 V2 Seemeilen
angekommen war, mit den Panzerschiffen eine Frontlinie formierte und
sich in dieser zuwartenden Haltung mit gestoppten Maschinen bis un-
gefähr 7*^ verhielt. Ein oder das andere der österreichischen Kanonen-
boote wagte sich noch näher heran, um einige Schüsse abgeben zu
können, von denen auch mehrere mitten zwischen die italienischen
Schiffe hineinfielen.
Admiral Persano hatte sich um 6^/4*" auf den Radaviso
»Esploratore* überschifft, vorher aber noch der Flotte das Signal gemacht,
.sich in Kielwasserlinie mit dem einem jeden Schiffe im Angriffsplane
zugewiesenen Posten zu formieren.** Nachdem aber ein eigentlicher
Angriflsplan bis jetzt nicht herausgegeben worden war, so glaubten die
Kommandanten, der Admiral beziehe sich auf die „Verhaltungsmaß-
regeln* (ordini di massima) vom 21. Juni und wollten in diesem Sinne ihre
Posten einnehmen, wodurch ein Hin- und Herfahren der Schiffe entstand,
welches gar keinen Zweck hatte und um so mehr eine unnütze Zeit-
verschwendung war, als Admiral Persano auf dem „Esploratore* von
einem Schiffe zum anderen fuhr und auf Preidistanz durch seinen Stabs-
chef mündlich neue Befehle erteilen ließ. Am „Principe di Carignano*
vorbeipassierend, erteilte er dem Kontreadmiral Vacca den Befehl, mit
den bereits in Bewegung befindlichen Panzerschiffen gegen den Monte
Conero, welcher ungefähr 3 Meilen nördlich von Ancona liegt, zu
steuern, dort unter dem Schutze der Landbatterien die sukzessive nach-
kommenden aufzunehmen und die Kielwasserlinie zu formieren. Die
Panzerschiffe wurden mittels Signals angewiesen, den Befehlen des
Kontreadmirals Vacca Folge zu leisten. Dem Vizeadmiral Albini befahl
er, mit seinen Holzfregatten zwischen den Panzerschiffen und dßm Lande
eine zweite Kielwasserlinie zu formieren und sodann, wenn das Feuer
eröffnet würde, die feindlichen Holzschiffe anzugreifen ; ais Unterstützung
würde ihm dos Panzerkanonenboot ,Varese' und eventuell noch ein
Äweites Panzerschiff zugeteilt werden, falls sich dies tun lassen sollte.
Gegen G'/s'' dampften daher die vier Panzerschiffe , Principe di
Carignano*, .Maria Pia", «San Martino' und ^Castelfidardo" in süd-
südöstlicher Richtung gegen den Monte Conero. wohin sukzessive alle
anderen Schiffe sowie Admiral Persano mit dem .Esploratore* Kurs
nahmen. Dort formierten sich, wie anbefohlen, die Panzerschiffe unter
Fflhnin^ des Konlreadmirals Vacca in Kiel Wasserlinie, ebenso die Holz-
schiffe unter Vizeadmiral Albini an Steuerbord von den Panzerschiffen
näher dem Lande zu und, hierauf mit Gegenmarsch wendend, steuerte die
italienische Flotte in zwei Kolonnen wieder gegen Ancona zurück.
Diese Formierung unter Monte Conero hatte aber länger als eine
Stunde gedauert imd zur Folge gehabt, daß man sich immer weiter von
der Österreichischen Eskadre entfernte, statt sich ihr zu nähern; aus eben
-diesem Grunde war es aber auch dem österreichischen Admiral, der nun-
mehr erkannt hatte, daß er es mit der gesamten italienischen Flotte zu
tun habe, gelungen, sich inzwischen langsam und von ihr unbelästigl
zurückzu^iiehen; denn als die letztere nach 8" wieder vor Ancona erschien,
befand sich die österreichische Eskadre schon in einer solchen Entfernung
daß man nur mehr den Ranch und die Masten ihrer Schiffe wahrnehmen
konnte.
Admiral Persano näherte sich jetzt mit dem .Esploratore' dem
.Principe di Carignano", befahl zu halten und überschiffte sich mit dem
Stabschef d'Aniico auf dieses Schiff. Am Bord desselben begab er sich
sofort auf das Hüttendeck, berief dorthin den Konti'eadmiral Vacca mit
dem Stabschef der 3. Division, Fregattenkapitän Bucchia, sowie den
Schiffskommandanten Linien seh iffskapit&n Jauch und hielt mit diesen
Offizieren einen Krieg-irat darüber ab, wjls nunmehr zu tun sei. Er
eröffnete denselben, daß der ,R^ d'Ilalia" gegenwärtig i indienstbar sei
wegen der noch immer nicht ganz behobenen Selbstentzündung der
Kohlen in den Depots; in ähnlicher Verfassung befände sich der ,Re di
Portogallo'", die .Ancona" habe ihre Maschine nur notdürftig wieder her-
gestellt und sei dieselbe aus diesem Grunde keiner großen Anstrengung
ßhig. Die Kanonenboote .Palestro' und .Varese' hätten nur mehr für
wenige Stunden Kohlen am Bord und außerdem verlangten die französi-
schen Maschinisten derselben die Ausschiffung; die Panzerkorvette
87
.Terribiie** habe nur ihre halbe Bestückung. Zum Schluß ließ er noch
durchblicken, daß seine Instruktionen, deren Inhalt er nicht näher mit-
teilen könne, es ihm zur Pflicht machten, die Flotte nicht aufs Spiel
zu setzen, nachdem sie baldigst zu einer sehr wichtigen Mission berufen
sein werde. Er frage nunmehr die Offiziere um ihre Meinung, was unter
so obwaltenden Umständen zu geschehen habe.
Fregattenkapitän Bucchia als der Rangjüngste der Offiziere
hatte zuerst zu sprechen. Derselbe äußerte sich dahin, daß nach den Dar-
stellungen des kommandierenden Admirals bezüglich der Übelstände auf
einigen Schiffen seiner Meinung nach eine energische und längere Ver-
folgung des Feindes momentan untunlich erscheine, zumal sich die öster-
reichische Eskadre bereits in einer solchen Entfernung befinde, daß eine
Verfolgimg derselben die italienische Flotte aller Wahrscheinlichkeit nach
bis unter die istrianische Küste nach Pola führen würde, wo die
gegnerische Eskadre Schutz unter den Landbatterien fände, welch
letztere anzugreifen man außer stände sei; nachdem der kommandierende
Admiral endlich auch bezüglich seiner Instruktionen Bedenken erhoben
habe, so sei er der Ansicht: Die Flotte solle nach Ancona zurückkehren,
dort so rasch als möglich sich mit allem Nötigen versehen und sich sodann
für die weiteren Eventualitäten bereit halten.
Dieser Ansicht schlössen sich Linienschiffskapitän Jauch, Stabschej
Linienschiffskapitän d'Amico sowie Admiral Persano ohne weiteres an,
Konlreadmiral Vacca jedoch nur mit dem ausdrücklichen Vorbehalte,
daß die italienische Flotte, nachdem sie sich in Ordnung gesetzt und ihre
Vorräte ergänzt habe, sofort vor Pola erscheinen solle, um dort die
Herausforderung Tegethoffs in gleicher Weise zu beantworten. Hierauf
begab sich Admiral Persano an Bord des „Re d'Italia** und erteilte der
Flolte das Signal zum Ankern.
Der Eindruck, den dieses Signal auf allen Schiffen hervorrief, war
ein überaus peinlicher und ungünstiger, die Indignation über diese der
Flotte zugewiesene Rolle eine allgemeine. Man empfand es als eine
Demütigung, so ganz unverrichteter Sache wieder vor Ancona zurück-
gekehrt zu sein. Selbst unter den höheren Offizieren wurden Stimmen
laut, die sich nicht mehr mit der militärischen Disziplin vereinbaren
ließen; Vizeadmiral Albini und sein Stabschef Linienschiffskapitän
Marquis Paulucci nahmen ganz offen gegen den Admiral en chef Partei
und der erstere ließ sich sogar zu der Äußerung hinreißen: „Cosl non si
fa la guerra*. Das bedauerlichste bei der Sache war jedoch, daß Admiral
Persano, der diese Äußerungen erfuhr, zum Nachteile der Disziplin es
nicht wagte, gegen die Urheber derselben in strenger, dienstgemäßer
Weise einzuschreiten.
Es sei uns gestattet, an dieser Stelle einige Bemerkungen über diese
AffSre Tom 27. Juni sowie über das Verhallen des Admirals Persano
an jenem Tage, insoweit sich dies aus den Tatsachen und aus den
offiziellen Erhebungen hierüber ergibt, beizufügen.
Gewiß befand sich, wie wir bereits erwShnt haben, die italienische
Flotte beim Erscheinen der österreichischen Eskadre in einer äußerst
schwierigen und ungünstigen Lage. Es darf dies nicht verkannt werden.
Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob sie gerade eine derartige sein
mußte und ob es einem als kühn und unternehmend bekannten Gegner,
für welchen Kontreadmiral v. Tegelthoff gehalten wurde, der sich noch
dazu bloß 80 Seemeilen entfernt befand, ob es, sagen wir, einem solchen
Gegner gegenüber angezeigt war, sich derart in Sicherheit zu wiegen und
die dringend notwendig gewordenen Arbeilen nicht auf eine vorsichtigere
Art durchzuführen.
Bei alledem aber, daß sich die italienische Flotte durch teilweise
eigene Schuld am Morgen des 27. Juni in einer so üblen Verfassung
befand, war die Lage des Admirals Persano doch immer keine derartige,
daß derselbe bei einiger Energie und Schneidigkeit nicht dennoch hätte
eine bessere Rolle spielen, ja vielleicht sogar selbst einen Erfolg davon-
tragen können.
Dem Eifer und wackeren Benehmen der Offiziere und Mannschaften
war es zu verdanken, daß sobald als möglich auf den einzelnen Schiffen
die Gefechtsbereitschaft wiederhergestellt wurde. Schon früher als 6'/«''.
also der Zeit, zu welcher die Österreicher auf eine Entfemung von 2 bis
2'/b Seemeilen in Fronthnie mit gestoppten Maschinen vor der Hafen-
einfahrt liielten. standen ihm die 4 Panzerschiffe .Maria Pia'.
,San Marlino', .Principe di Carignano" und .Castelfidardo* sowie die
4 Holzfregatten „Maria Adelaide", ,Duca di Genova', ,Gafta* und
.Garibaldi", die Schraubenkorvette ,Etna", die Schraubenkanonenboote
.Montebello". .Confienza' und »Vinzaglio* sowie die Raddamptkorvetten
.Guiscardo" und „Ettore Fieramosca' vollkommen dampf- und gefechts-
bereit zur Disposition. Die Verfassung des ,R6 d'Ilalia" und der beiden
Panzerkorvetten .Terribile' und „Formidabile" war um diese Zeit schon
eine derartige, daß auf ihr baldigstes Eintrelen in die Aktion ebenfalls
mit Sicherheit gerechnet werden konnte, wie sie tatsächlich auch ungelSltr
eine Viertelstunde später sich in Bewegung setzten. Nur auf ,R6 di
Portogallo* und .Ancona' sowie auf die beiden Panzerkanonenboote
89
.Palestro" und »Varese* war aus den uns bekannten Gründen um 672^
noch nicht mit Bestimmtheit zu rechnen. Wir wollen daher dieselben
vorläufig noch außer Betracht lassen und bloß die oben genannten
7 Panzerschiffe, 5 schweren und 3 leichten Holzschiffe sowie die 2 Rad-
dampfkorvetten als augenblicklich verfügbare Kombattanten ansehen. ^)
Entschloß sichAdmiral Fers an 0, dieselben auf derRhede rasch in
Frontlinie zu formieren, die Panzerschiffe im ersten, die Holzschiffe im
zweiten Treffen, und warf er sich mit dieser Macht noch vor 7**, um
welche Zeit erst die österreichische Eskadi-e sich zum Rückzuge
anschickte, derselben entgegen, so verhinderte er für alle Fälle den
Rückzug des Gegners und zwang ihn, das Gefecht vor Ancona unter
Umständen anzunehmen, bei welchen die Obermacht der italienischen
Flotte alsbald zur Geltung kommen mußte. Hiedurch wäre unzweifelhaft
die Lage des österreichischen Admirals, der, von seiner Operationsbasis
entfernt, mit unzureichenden Kräften das Gefecht mit dem größten Teile
der italienischen Flotte unter den Kanonen Anconas hätte annehmen
müssen, zu einer sehr kritischen geworden und, wenn auch die Öster-
reicher den Sieg gewiß teuer verkauft hätten, so ist doch nicht abzusehen,
welchen Verlusten dieselben ausgesetzt werden konnten.
Dadurch nun, daß Admiral Persano diesen einzigen für ihn Erfolg
verheißenden Ausweg nicht einschlug, sondern die unglückliche Idee
hatte, die Formation der Flotte drei Meilen nördlich unter Monte Conero
vorzunehmen, beging er einen großen Fehler, der sich, ganz abgesehen
von dem ungünstigen moralischen Eindrucke, den er hervorbringen
mußte, noch dadurch rächte, daß er, wie erwähnt, dem österreichischen
Admiral die Zeit ließ, sich ganz unbehelligt zurückzuziehen und einen
bedeutenden Vorsprung zu gewinnen.
Hierüber herrschte auf der italienischen Flotte auch nur eine
Meinung und mit Ausnahme des Stabschefs d'Amico, der wahrscheinlich
der geistige Urheber dieser Maßregel gewesen sein dürfte, fand sich unter
sämtlichen Kommandanten und Offizieren, die während des Prozesses
Persano über diesen Punkt vernommen wurden, auch nicht einer, der
diese Idee nicht verworfen und nicht als eine sehr unglückliche be-
zeichnet hätte.
Aber selbst noch in dem Augenblicke, wo die italienische Flotte,
bereits in zwei Kolonnen geordnet, wieder gegen Norden gewendet hatte
1) Die 2 Radavisos „Messaggiere* und „Esploratore*' hatten eine so schwache
Bestückung, dafi wir dieselben bezügHch ihrer miliUirischen Stärke außer Betracht lassen.
und die österreichische Eskadre sicJi uiigefüiir 7 bis 8 Seemeilen von
Ancona entfernt befinden konnte, hatte es für den Admiral Pei-sano
noch eine Ehrensache sein müssen, wenigstens den Versuch /u machen,
mit seinen besten Läufern die österreichische Eskadre zu verfolgen und,
wenn möglich, sie zum Gefechte zu zwingen. Gerade die intaktesten seiner
Panzerschiffe waren auch die besten Läufer der Flotte und es wäre
vielleicht noch gelungen, mit denselben ein hinhaltendes Gefecht so lange
zu führen, bis die anderen Schiffe mit Ausnahme des ,Re di Portogallo'
und der .Ancona" inzwischen auf dem Kampfplätze erschienen. Auf jeden
Fall wäre aber wenigstens durch diesen Versuch der bei der Flotte
hervorgebrachte ungünstige Eindruck verwischt und ein gewisser mora-
lischer Erfolg, der unter den obwaltenden Umständen höchst wünschens-
wert war, erzielt worden.
So aber steuerte Admiral Persano statt gegen die österreichische
Eskadre nach Ancona und berief erst einen Kriegsrat, während dessen
Dauer die ganze Flotte die Fahrt eingestellt hatte und die Österreicher
fast vom Horizonte verschwanden. Bei diesem Kriegsrate schilderte er
den versammelten Offizieren den Zustand einiger Schiffe in übertriebener
Weise, schützte auflerdem seine Instruktionen vor, obschon gerade diese,
wie wir gesehen haben, im Punkte 1 es ihm zur Pflicht machten, ,das
Adriatische Meer von den feindlichen Kriegsschiffen zu säubern, dieselben
anzugreifen oder zu blockieren, wo immer sie sich befinden", und veran-
laßte diese Offfziere hiedurch zur Abgabe eines Urteils, welches sie
schwerlich gefüllt hätten, wenn sie früher befragt oder wenn ihnen der
wirkliche Stand der Dinge auf eine minder entstellte Art und Weise mit-
geteilt worden wäre. Es kann schließlich nicht selu' wundernehmen,
wenn diese Ofliziere, naclidem sie bei ihrem kommandierenden Admiral
kein besonderes Verlangen mehr wahrnahmen, den Feind zu verfolgen,
nun, wo derselbe bereits in einer beträchtlichen Entfernung war, sich von
den vorgebrachten Einwänden beeinflussen ließen und wenn sie deshalb
von einer Verfolgung desselben Abstand nahmen.
Admiral Persano versuchte sein Verhalten und insbesondere die
Formierung der Flotte unter Monte Conero damit zu rechtfertigen, daB
er glaubte, Admiral Tegetthoff wäre in der wirkhchen Absicht
gekommen, ihm eine Schlacht anzubieten, und er legte ein besonderes
Gewicht darauf, daß der österreichische Admiral nicht so lange gewartet
habe, bis er seine Formation vollzogen, um in geschlossener Ordnung ihm
entgegengehen zu können. Fürwahr, eine etwas sonderbare und naive
Zumutung! Als ob Adrairjl Tegetthoff durch sein Erscheint
Erscheinen vor
J
91
Ancona vei-pflichtet gewesen wäre, darauf zu warten, bis die italienische
Flotte sich vollständig geordnet und formiert hatte, um dann mit dieser
bedeutenden Übermacht unter ungünstigen Verhältnissen den Kampf auf-
zunehmen!
Der österreichische Admiral handelte eben, wie es seine Interessen
Terlangten und die Umstände ihm geboten, seinen Instruktionen gemäß,
nicht aber, wie es dem Gegner passend und wünschenswert gewesen
wäre. Es mußte die Sache des Admirals Persano sein, sich die Gelegen-
heit, in die Aktion zu kommen, nicht entgehen zu lassen, daher rasch und
umsichtig die Dispositionen hiezu zu treffen sowie alles aufzubieten,
damit die österreichische Eskadre nicht unbelästigt sich zurückziehen
könne.
Die Bemühungen des Admirals Persano, sein Verhalten am
27. Juni zu rechtfertigen, zerfallen daher in nichts und es ist wohl
begreiflich, wenn in dem später gegen ihn geführten Prozesse, auf den
wir noch zurückkommen werden, die Anklage den schweren Vorwurf
gegen ihn erhob: „er habe es nicht verstanden, an jenem Tage von den
ihm unterstehenden Streitmitteln den entsprechenden Gebrauch zu
machen und die ihm aufgetragenen Befehle auszuführen **. — Das
schlimmste und schwerwiegendste Ergebnis der ganzen Affäre war aber
wohl jenes, daß Admiral Persano, der sich ohnehin keiner großen
Sjrmpathien bei der Flotte erfreute, sein Ansehen eingebüßt und die
letztere das Vertrauen in ihren Fuhrer vollends verloren hatte.
Federgewandt und in den von ihm behebten phrasenreichen Aus-
drücken zeigte der Admiral, nachdem die Flotte geankert hatte, dem
Marineminister das Ereignis telegi*aphisch in folgender Art an: „Bei
Morgendämmerung Erscheinen der feindlichen Flotte. Wir uns in
Bewegung gesetzt, sie anzugreifen. Dieselbe, unsere zur Formierung
nötige Zeit benützend, ergriff die Flucht und verschwand/
Nicht besonders erbaut von dem kurzen Inhalte des Telegrammes
über einen so wichtigen Vorfall und nichts Gutes ahnend, verlangte der
Minister umgehend nähere Details über denselben, worauf dann der
Admiral das nachstehende Telegramm absandte: „Bei Morgendämmerung
erschien vor Ancona österreichische Eskadre. Wir hatten „Re d'ltalia*
mit Entzündung der Kohlen in den Depots; Maschine des „Re di Porto-
gallo*" fast undienstbar, die der „Ancona** noch schlechter; Maschinisten
des rPalestro* und „Varese** wollten ihre Ausschiffung; „Terribile* mit
halber Batterie, „Carignano* die seinige noch nicht instalHert, alle Schiffe
Kohlen machend. Trotzdem waren wir in kurzer Zeit bereit, den Feind
an zu greifen, der, als er unsere Formierung wahrnahm, die Flucht ergriff,
gegen Pola steuernd. Wieder vor Anker gegangen, um die Schilden gut
zu machen. Die in Ordnung beQndJichen Schiffe haben Kreuzung aujäerhalb
des Hafens. Nötigenfalls werde ich meine Flagge auf dem ,San Marlino'
hissen. Bitte um alsogleiehe Zuweisung von sehr schnellen Dampfern
und ebenso von tüchtigen Maschinisten. "
Nach unserer früheren Darstellung ist es nun leicht zu beurteilen,
welcher Übertreibungen Admiral Persano sich in diesem Berichte an
den Minister bediente und wie wenig streng er es mit der Wahrheit
nahm.
Der Minister, überzeugt von der keinen Tadel zulassenden
Handlungsweise des Admirals, antwortete: .Erhoffte diesen Morgen die
Nachricht von Ihrem Siege, aber der Feind wagte es nicht, Sie zu
erwarten. Ich kenne den Zustand der .Schiffe bei der Flotte. Ich mache
alle möglichen Anstrengungen, um den Bedürfnissen abzuhelfen, wo sich
solche noch herausstellen. 18 Maschinisten aus Frankreich sind bereits
mitei-wegs und der Befehl erla-isen, alle in den Departements befindlichen
zur Flotte zu schicken. Ich habe vier Schnelldampfer gemietet, die
bestimmtesten Befehle erteilt, auf daß allen ihren Bedürfnissen ent-
sprochen werde; treffen Sie unlerdesseu derartige Dispositionen, damit
der Feind Sie stets vorbereitet finde. Bitte, mir mitzuteilen, ob das Feuer
in den Kohlendepots gedämpft wurde und in was die Schäden der
Maschine des ,Re di Portogallo' bestehen. ,Govemolo", »Archimede*
und .Vesuvio" in Messina vor Anker. Die Regierung würdigt vollkommen
Ihre Bemühungen um die Ausrüstung der Flotte und ist stets bereit,
Ihnen das zu bewilligen, was Sie verlangen.*
Hierauf wieder der Admiral: »Meinen Dank aus vollem Herzen
(grazie col cuore); Feuer bewältigt; Maschine des ,Re di Portogallo'
nahm Schaden infolge Unachtsamkeit des ersten Maschinisten; jene der
.Ancona* bedarf Reparaturen, die in vier Tagen beendet .sein können.
Anderen Cbelständen helfe nach Möglichkeit ab,"
Wir haben diese telegraphische Korrespondenz zwischen dem
Admiral und dem Marineminister bauptsächhch aus dem Grunde ange-
fahrt, um zu zeigen, in welchem Grade es der erstere verstand, den Minister
über den wirklichen Zustand der Schiffe im dunklen zu lassen, mit einem
großen Wortschwall Ober die Hauptpunkte hinwegzugleiten und so den
üblen Eindruck seiner Untätigkeit am 27. zu verwischen. Man ersieht
ferner hieraus, daß er dem Minister die verschiedenen Vorkommnisse
stets in den stärksten Farben auftrug, und. wenn der letzlere dann nähere
93
Details zu wissen wünschte, ergab es sich gewöhnlich, daß man den
gemeldeten Übelständen bereits abgeholfen hatte, so daß es eigentlich
gar nicht notwendig gewesen wäre, so viel Aufhebens daraus zu
machen.
Dies war beispielsweise mit den Maschinisten des „Palestro* und
aVarese* der Fall, die am 27. tatsächlich erst im Laufe des Nachmittags
ausgeschifft v^oirden, somit wahrend des Vormittags noch auf ihren
Schiffen waren und den Dienst versahen, bis sie von Maschinisten des
, Washington* und der „Indipendenza* abgelöst wurden. Es ist nicht
ohne Interesse imd man gewinnt überhaupt einen merkwürdigen Einblick
in das Verhältnis des Admirals Persano zum Marineminister sowie auch
in die Art der Geschäftsführung und Befehlsgebung des letzteren, wenn
man die Menge von Privatbriefen durchsieht,^) die in weitaus größerer
Anzahl als die dienstlichen zwischen den beiden gewechselt und in denen
die wichtigsten Angelegenheiten in einer Art behandelt werden, daß sie
hiedurch gewissermaßen einen halbamtlichen Charakter erlangen.
Manchmal hat es fast den Anschein, als ob der Admiral dem Minister
Weisungen erteile, wie er die Dinge angesehen wissen wolle, wie vorzu-
gehen sei und welche Verfügungen man zu treffen habe. Er erscheint
dann weniger als der Subordinierte des Ministers, sondern mehr als ein
politischer Parteifreund und maritimer Ratgeber desselben, der sich auch
selbständig etwas erlauben darf, ohne deshalb einen Tadel von der
höchsten Stelle befürchten zu müssen. Ein andermal jedoch genügen ihm
wieder seine Instruktionen nicht, er will auch nicht selbst eine Ent-
scheidung treffen, will gedeckt sein und verlangt vom Minister ganz
spezielle Befehle über das, was er beginnen soll.
So schrieb zum Beispiel Admh'al Persano am 28. dem Marine-
minister bezüglich des Erscheinens der österreichischen Eskadre vor
Ancona unter anderem folgendes:
,Ich glaube, es sind da nur drei Fälle denkbar:
entweder glaubte der Admiral Tegetthoff, uns zur Nachtzeit zu
überraschen, und irrte sich in seinen Berechnungen bezüglich der
Geschwindigkeit, die ihn erst gegen Morgen ankommen ließ,
oder glaubte er, daß wir noch nicht hier wären,
1) Diese Privatbriefe sind zum größten Teile enthalten in dem von uns ange-
führten Werke : , Hendiconti dclle udienzc pubbliche dell' alta Ck)rte di giustizia nel
dibattimenlo della causa contro V ammiraglio senatore conte Carlo PelJion di Persano.
Firenze 1867. Cotta & Co. A. d. V.
04
oder er halle irgend einen anderen Hinterhalt im Auge, in den er
uns hineinfallen lassen wollte. Ich sage dies aus dem Grunde, weil, wenn
er wirklich in der Ahsichl gekommen wäre, uns eine Schlacht anzubieten,
er uns doch oluie allen Zweifel außerhalb Kanonenschußdislanz erwartet
hätte, und wir hätten ihn dann wohl angreifen müssen. Fünf (Panzer-
schiffe) wir, sechs sie (die Österreicher), sechs sagen wir, wenn auch die
weniger brauchbaren unserer Panzerschiffe mit ins Gefecht eintraten,
eine böse Sache (bratta cosa), aber ich hätte mich auf keinen Fall ent-
halten können, gegen den Feind zu laufen. Glücklicherweise ist er abge-
zogen, ohne uns zu erwarten; ich sage nicht ohne Grund: glücklicher-
weise, denn wir müssen vor allem uns unserer Obermacht
bedienen, um den Feind zu vernichten und dürfen nicht Gefahr
laufen, zu verlieren auf Unkosten Italiens. Glauben Sie nicht
auch so? Wir haben noch Zeit für alles. Einstweilen habe ich meine
Vorkehrungen derartig geti-offen, auf daß, wenn er nochmals in unseren
Gewässern erscheinen sollte, er es schwer würde vermeiden kömien, uns
eine ScUacht zu tiefern. Nichtsdestoweniger hatte ich gerne den
.Affondatore" bei mir, um eines vollständigen Sieges sicher
zu sein. Urgieren Sie doch, damit er mir mit größtmöghchster Beschleu-
nigung zugeschickt weide, ebenso die Schiffe der KIntle, welche sich in
Messina belinden. So wie ich hievon in Kenntnis gesetzt bin, werde ich
ihnen entgegengehen und dann schon auf die bestmöglichste Art ope-
rieren, um die feindliche Flotte zu verlocken, mir eine Schlacht zu liefern,
und sie zu vernichten, wenn es zur Tat kommt. Falls ich etwas gegen die
Forts unternehmen soll, so sagen Sie mir es und auf welche Art; ich werde
dann gleich darauf losgehen. Aber sagen Sie mir, was ich unternehmen
soll. Bis jetzt habe ich keine anderen Instruktionen als jene, welche
besagen, die feindliche Flotte zu vernichten und das hoffe ich zu tun.*
Daß ein solches Verhältnis zwischen dem Minister und dem
Admiral der Flotte bei einem Charakter wie der Persanos, welcher an
und für sich schwer zu behandeln war und eine ziemlich starke Dosis
von Selbstgefühl besaß, kein glücklicties, den Dienst förderndes sein
konnte, ist nach dem Gesagten leicht einzusehen. Admiral Persano war
stets ein Freund großer Worte sowie leichter, gefahrloser Erfolge
gewesen. Dies läßt sich nicht leugnen und sein Verhalten vor Ancona und
Gaeta im Jahre 1860 spricht am besten hiefür. Seine Hauptsorge war
immer die, hn Besitze einer starken und imponierenden Obermacht zu
sein, um mit derselben auf eine leichte Art operieren und den Feind
gewissermaßen erdrücken zu können, Den Sieg, wenn es die Umatfinde
95
erforderten, mit geringeren Streilmitleln kühn und mutig zu erringen, was
natürlicherweise auch mehr Verluste und Opfer zur Folge haben konnte,
dies war weniger nach seinem Geschmack; da berief er sich stets darauf,
daß es ,zum Schaden Italiens* ausfallen könnte, wie die von ihm
beliebte Phrase lautete. Es erklärt sich hiemit auch die auffallende Hast,
mit welcher er die Zusendung des Widderschiffes „Affondatore* beim
Minister betreibt, da fast kein Tag vergeht, ohne daß er nicht auf diesen
Punkt zurückkommt.
Er mußte sich ganz besonders leichte Erfolge von der Leistungs-
fähigkeit dieses Schiffes mit seinen 300pfündigen Armstronggeschützen
und seiner mächtigen Ramme versprechen und doch sollte, wie wir
später sehen werden, durch eine Ironie des Schicksals gerade dieses
Schiff bestimmt sein, seinen Ruhm sowie seine persönliche Ehre in so
hohem Maße zu verdunkeln.
Schon am 30. schreibt er wieder dem Minister: ^Nachdem wir
einmal absolut siegen müssen, so bleibt auch nichts anderes übrig, als
dem Feinde nur mit dem vollen Bewußtsein des Erfolges entgegenzu-
gehen. Ihr Rat, noch zu warten, ist deshalb auch ein sehr vernünftiger
und auch der meine. Ich bitte Sie nochmals, die Absendung des
,Affondatore* zu beschleunigen; sowie er mit den anderen Schiffen
von Messina abgeht, werde ich ihm entgegenkommen.**
An diesem Tage zeigt er dem Minister den Zusammenstoß des
,San Martino" mit der , Maria Pia**, der am 27. während der Formie-
rung der Flotte unter Monte Conero stattgefunden hatte, in folgender
Weise an: «San Martino* im Hafen eingelaufen mit schwerer Havarie in-
folge Zusammenstoßes mit der , Maria Pia*. Ich bin schon ganz her-
genommen von den Fatiguen. Je mehr Widerwärtigkeiten sich ergeben
desto mehr muß man sie zu besiegen verstehen und ich werde sie
besiegen.* Der Minister, alarmiert über diesen neuen höchst unliebsamen
Vorfall, verlangt nähere Details. Schon den nächsten Tag antwortet der
Admiral, daß die Reparaturen der erlittenen Schäden bereits in Angriff
genommen seien, und am 3. Juli meldet er den „San Martino* wieder
seebereit. Die ganze Havarie hatte darin bestanden, daß durch den Stoß
zwei Eisenblechplatten vorne entzwei gegangen sowie eine Panzerplatte
ungefähr zwei Zoll verrückt worden war.
In einem Schreiben vom 3. Juli teilte er dem Minister mit, daß die
Flotte bereit sei, „sich dem Feinde gegenüberzustellen (a traversarsi al
nemico)*, daß er fünf der schnellsten Panzerschiffe unter Kontreadmiral
Vacca beständig auf Kreuzung vor Ancona habe mit der Ordre, den
Feind sofort anzugreifen, wenn er sich zeige; daß während der Nacht ein
Kanonenboot auf 500 m Distanz vor der Hafeneinfahrt als Ausluger hatte
und vier Dampfbarkassen unter dem Befehle eines Linienschiffskapitäns
«m die geankerten Schiffe Ronden vornähmen, daß er alles selbst mit
eigenen Äugen sehen wolle und weder sich selbst noch anderen Ruhe
gönne. Er habe dem Prinzen (di Carignano, dem obersten Chef des
Admiralitätsrates) geschrieben und ihm auseinandergesetzt, daß man
unter den gegenwärtigen Umständen alle verfügbaren Seestreitki-äfte
zusammenziehen und vereinen, si(:h mit starken Geschützen vorsehen
müsse, um zur Blockade des Feindes ,in seinem starken Neste (nel suo
forte nido)' zu schreiten; es wären sodann mit den Holzschiffen in
Begleitung von ein bis zwei Panzerschiffen Ausschiffungen vorzunehmen,
Islrien und Dalmatien zu insurgieren, die Werften des Lloyd zu zerstören
u. s. w.. u. s. w. Vorläufig sei man damit beschäfligt, sich militärisch
auszubilden. Aber auch in diesem Schreiben kommt er zum Schlüsse
wieder auf sein Lieblingsthema, die schleunigste Absendung des
,Affondatore', zu sprechen und beschwört den Minister, diesbezüglich
keine Zeil zu verliei-on.
Ziifriedengestellt von dieser anscheinend den besten Ei-folg verspre-
chenden Tätigkeit des kommandierenden Admirals spricht der Minister
in seinem Antwortschreiben demselben die wärmste Anerkennung hiefür
aus, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß gerade jetzt der Zeitpunkt sieb
nähere, in welchem eine Aktion der Flolle von ungemeiner Wichtigkeit
und Tragweite sein werde. Und als ob er gewissermaßen befürchte, daß
der Adniiral nach seinen vielversprechenden Meldungen nun vielleicht in
das Gegenteil umschlagen und sich im Tatendrange zu einer voreiligen
Handlung hinreißen lassen könnte, legt er ihm ans Herz, zwar ein wach-
sames Auge für den Feind zu haben, aber ja nicht in ungerechtfertigter
Weise die Flotte oder einen Teil derselben zu kompromittieren,
Er übermittelte ihm auch einen Brief mit Kundschaflsnacbrichten
vom Feinde, die bis zum -2. Juli reichten, nach welchen der Österrei-
chische Admiral angeblich auf derRbfde von Fasaua seine Schiffsbeman-
nungen ungewöhnlich verstärkt habe, besonders mit Scharfschützen und
Freiwilligen, daß er dieselben vorzüglich zum Enlerkampfe ausbilde und
sie zu diesem Zwecke im Gebrauche von Handgranaten einübe sowie
daß er hauptsächlich auf Erfolge durch den Enterkampf hoffe, was bei
dem bck3.imten kühnen Charakter dus feindlichen Admirals, der
geschworen habe, Persano entweder tot oder lebendig in seine Hände
zu bekommen, nicht unwahrscheinlich sei.
97
Die Aotwort Persanos, der von diesen Mitteilungen gerade nicht
sehr erbaut gewesen zu sein scheint, ist zu bezeichnend für denselben
und die Meinung, die er von seinen eigenen Mannschaften hegte, als daß
wir uns versagen könnten, derselben hier einen Platz einzuräumen. Nach-
dem er dem Minister seinerseits Elogen über dessen Tätigkeit und Für-
sorge gemacht, schreibt er bezüglich der erhaltenen Kundschaftsnach-
richt folgendes :
, Seien Sie unbesorgt, ich werde nicht mit verbundenen Augen
darauf losgehen. Wenn ich eine Schlacht zu liefern haben sollte, so
werde ich schon trachten, sie in pflichtschuldiger Art und Weise zu
liefern. (Se avrö a dar battaglia, procurerö di farlo a dovere.) Meine Leute
sind noch nicht fähig, eine Enterung abzuwehren, deshalb werde ich
trachten, einer solchen auszuweichen. Ich habe genug Mühe gehabt, sie
dahin zu bringen, mittelmäßig zu schießen. Wenn sie Mann an Mann
kämpfen müßten, würden sie wohl den kürzeren ziehen. (Se dovessero
combattere corpo a corpo farebbero cattiva prova.) Man kann Kriegsleute
nicht so in aller Eile schaffen, dazu braucht es Monate und Jahre ; es sind
ja größtenteils Rekruten, besonders bei der Marineinfanterie. Aber was
ist da zu machen? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit; deshalb werden
wir ims vorsehen, wie wir am besten vorzugehen haben. Ich habe nicht
die Prätension, Tegetthoff tot oder lebendig in meine Gewalt
bekommen zu wollen, aber ich werde mein möglichstes tun, auf daß auch
er mich nicht bekomme weder auf die eine noch die andere Art.
Ich habe Ihnen heute telegraphiert, die , Europa*"^) zu mieten, und Sie
schreiben mir inzwischen, daß es bereits geschehen sei. Gott segne Sie
dafür! Ich glaubte, ein tätiger Mann zu sein, ich sehe aber, Sie sind es noch
mehr wie ich. Wenn wir die Ankunft des „Af fondatore** abwarten
könnten, wäre das keine üble Sache, denn ich möchte mit diesem
Schiffe, mich auf seine Schnelligkeit verlassend, einen kühnen Handstreich
ausführen.
Ich hatte immer alle Achtung vor Tegetthoff, aber nun, wo ich
gesehen habe, daß er es verstand, einer Schlacht auszuweichen, um nicht
einer Übermacht gegenüber zu stehen, ^) halte ich ihn geradezu für einen
großen Mann. Ich wäre dessen nicht fähig gewesen.*
^) Wieder ein Schnelldampfer.
2) Admiral Persano gesteht somit zu, am 27. Juni eine Obermadht in seiner
Hand vereinigt gehabt zu haben, die geeignet war, seinen Gegner zum Rückzug zu ver-
anlassen. Man vergleiche damit seinen Bericht an den Marineminister, Seite 9i.
A. d. V.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1800. y
So schrieb Admiral Graf Carlo Pellion di Persano! Wir glauben,
dem Leser damit hinreichend Gelegenheit geboten zu halien. sich ein Urleil
über den Charakter und die Fähigkeit desselben zu bilden.
bizwischen war die Schlacht von Königgrätz geschlagen worden und
der Kaiser von Österreich hatte Venetien an den Kaiser der Franzosen
abgetreten, die Mediation Frankreichs behufs Verhandlungen, die zum
Frieden führen sollten, annehmend. Es ist begreiflicii, wenn sich das
Nationalgefuhl der Italiener bei dem Gedanken aufbäumte, diese Provinz
nunmehr von dem Kaiser der Franzosen gewissermaßen als Geschenk
annehmen zu sollen, während man sich doch stark genug glaubte, sie dem
Feinde mit Waffengewalt entreißen zu kr>nnen. Allerdings hatte der
Verlust der Schlacht von Custozza die Sachlage etwas geändert, aber man
gab sich noch nicht für verloren und vornehmlich aus diesem Grunde
waren die Augen ganz Italiens auf seine Flotte, die man der österreichi-
schen überlegen wußte, gerichtet, in der Hoffnung, daß diese noch im
stände sein werde, eine Wendung der Dinge herbeizuführen. Außerdem
handelte es sich für die italienische Regierung auch noch darum, irgend
einen Territorialbesitz, sei es in Istrien oder Dalmatien, in ihrer Gewalt
zu haben, um bei den Friedensverhandlungen nachdrQckhcher auftreten,
eventuell diesen Besitz gegen Welsehtirol, das man so sehnlich wünschte,
austauschen zu können.
Noch am selben Tage daher, an dem die Nachricht von der Zession
Venetiens an den Kaiser der Franzosen eintraf, 5. Juli, telegraphierte der
Marineminister dem Admiral:
.Schwerwiegende Gründe machen die Fertigstellung der Flotte
dringend notwendig. Ich habe den »Carlo Alberto", , Principe Umberto' und
.Govemolo' nach Neapel abgehen, die Beendigung der Arbeiten am
.Affondatore" betreiben lassen; teilen Sie mh- mit, wann die Flotte bereit
sein könnte, in See zu gehen, und aus welchen Schiffen sie bestände. •
Die Antwort des Admirals lautete:
,Die ganze Flotte ist bereit, in See zu gehen; sogleich, wenn dringend
notwendig; noch zwei Tage wären erforderlich, wenn man die Geschütze
installiert haben will und die Rapperte anlangen.') Die anderen M&ngel
■) Mit der losUllation der in Rede etehendea Geschötie halte es fol^ades
BewandUiis; Ende Juni waren aus England 6 Stück SOemÄrmstronggcscbDlze anklangt,
von denen die Panzerkanonenhote .Palestro* und ,Varese* sowie der ,Rä d'ltslia* e 3
gegen ihre CaTalUgeschütze auswechseln aoUton. Da abcrdiehieju gehörigen Rapperte nictit
gleichzeitig mit angekommen waren, eo verzögerte sich dieser Austausch und hatl« KUs
diesem Anlasse in den Tagen vom 30. Juni bis 5, Juli ein lebhaßer Depcschenwecbsel
mit dem Haiineministerium stattgefunden. A. d. V.
99
sind von keiner Bedeutung. Ich bedarf neuer Instruktionen, denn die
gegenwärtig in Kraft bestehenden datieren noch vom 8. Juni; ich werde
mich noch an dieselben halten, falls ich nicht inzwischen andere Befehle
oder Weisungen erhalten sollte."
Gleich darauf sandte er noch das folgende Telegramm ab:
,Biszur Ankunft der „Stella d'Italia* und des „FlavioGioja* (der vom
Minister gemieteten imd ihm angekündigten Schnelldampfer) kann ich
keine Schiffe detachieren. Ich möchte gern ein gleich starkes wie
schnelles Schiff haben, besitze aber keines. Bitte, die Absendung des
„Affondatore* zu beschleunigen. Enternetze nicht gesehen. Rapperte
erwarte ich heute abends. Ich hoffe, daß man keinen Frieden schließen
wird, ohne fi-üher noch zu kämpfen. Ich benötige noch einen Flaggen-
adjutanten, damit einer beständig im Dienste sein kann, einer im Korvee-
dienste imd einer freibleibt.*
Der Marineminister antwortete sofort zurück:
»Der Vorschlag des Kaisers der Franzosen verhindert nicht die
Feindseligkeiten; im Gegenteile, eine Aktion mit glücklichem Erfolge wäre
von großem Vorteile. Beschleunigen Sie die Vollendung der Arbeiten; auf
jeden Fall verlassen Sie die Rhede und halten Sie sich außerhalb unter
Dampf. Ich betreibe die Angelegenheit bezüglich der Rapperte, deren
Ankunft infolge von Oberfüllung der Frachten auf der Bahn verzögert
wurde. Absendung des „Affondatore" lu^ert. Morgen werden Sie neue
Instruktionen erhalten. Wählen Sie sich selbst Ihren Flaggenadjutanten. *
Man sollte glauben, daß es vorläufig genug des Depeschenwechsels
zwischen dem Minister und dem Admiral gewesen wäre und der letztere
sich begnügen konnte, die neuen Instruktionen abzuwarten und inzwischen
auf die strikte Durchführung der ministeriellen Befehle hinzuarbeiten.
Einem Manne von der Stellung des Admirals Persano, der sich noch dazu
für einen großen Staatsmann hielt, konnte doch die kritische Lage, in die
das Land versetzt worden war, sowie die erhöhte Bedeutung der Aufgabe,
welche der Flotte hiedurch zufiel, nicht entgehen. Unter diesen Umständen
durften daher auch die zu installierenden Armstronggeschütze für ihn
von keiner derartigen Bedeutung sein, um das sofortige Auslaufen der
Flotte zu behindern und nach Erhalt der Instruktionen denselben gemäß
aktiv vorzugehen. Dies war jedoch bei Admiral Persano nicht der Fall.
Am 6. JuU telegraphierte er an den Minister:
,Ich bin bereit, ohne die Geschütze. Der Feind wird sich wahr-
scheinlich innerhalb Pola zurückgezogen haben. Erklären Sie sich, ich
bitte darum, ob ich ihn auch angreifen soll, wenn er durch Forts geschützt
isl. Wenn der .Al'fondatore" kommen würde, wäre es besser
sonst gehe ich auch ohne denselben, Sie kennen die Lage und werden
daher wissen, ob eine Schlacht g^enügt oder ob man vielmehr entscheidend
siegen muß, (Se basti una buona battaglia o se pure oecorre vincere
sicuramente.) '
Endlich langten die ersehnten Rapperte der neuen Ärmstrong-
geschütze an, jedoch, wie der Admiral bemerkt, ohne von einer
genügenden Munitionsdotalion begleitet zu sein.
Der Minister scheint aber schon in die Eile des Admirals, aus-
zulaufen, kein großes Vertrauen melu' zu besitzen und besteht darauf, daß
die Flotte sofort die Rhede von Ancona verlasse. Er sendet noch am
Abend des 6. abermals ein darauf bezügliches dringliches Telegramm ab,
das folgendermaßen lautet:
»Lassen Sie in der Nacht die Flotte auslaufen. Sie soll sich in See
unter Dampf halten und die Schiffe, welche Geschütze zu installieren
haben, erwailen. Beschleunigen Sie dies. Der Kommandant Mantese wird
morgen mit neuen Instruktionen für Sie ankommen. Die .Eiu'opa* wird
sofort, wie sie das Dock verlassen, zur Flotte stoßen."
Trotz dieses deutlichen und peremptorischen Befelües hef Admiral
Persano dennoch nicht mit der Flotte äus, sondern antwortete dem
Minister:
»Ihr Telegramm erhalten. Während der Nacht die Avantgarde
(die 5 Schiffe unter Kontreadmrral Vacca) draußen. Ich lasse nicht au,s-
laufen, weil leicht eine Kollision entstehen könnte, indem diese nicht davon
in Kenntnis ist. Morgen führe ich Ihren Befehl aus."
Wir glauben, nicht weiter gehen zu sollen, sondern hiemit einen
hinliünglichen Beitrag zur Beurteilung des Charakters des Admirals
Persano sowie über die Art und Weise, wie derselbe die Befehle des
Ministers zu vollziehen gewohnt war, geliefert zu haben.
Der Marineminister übersandte noch am ö. dem Admiral das nach-
.stehende Schreiben, aus dem die zugespitzte Situation, in der man sich
befand, so recliL ersichtlich ist.
Florenz. 6. Juli 1866.
Mein lieber Admiral 1
.Die Depesche, welche uns die Nachricht von dem Vorsclüage
überbrachte, den der Kaiser von Österreicli dem Kaiser der Franzosen
gemacht; ihm Venetien mit der Bedingung eines WaffensliUstandes
101
abzutreten, ist von so schwerwiegender Bedeutung und dieselbe ver-
ändert dermaßen die europäischen Verhältnisse, daß sie uns zu den
ernstesten Betrachtungen führt.
Nach meinem Dafürhalten kann Italien Venedig vom Kaiser der
Franzosen nicht annehmen; dasselbe ist stark genug, es den Händen der
Österreicher mit Gewalt zu entreißen. Wenn auch die erste Schlacht nicht
gewonnen wurde, so kann man doch auch nicht sagen, daß sie ganz ver-
loren ging. Nur ein Teil des Heeres nahm an derselben teil und heute
noch haben wir 200.000 Mann in der Po-Ebene und 600 Geschütze im
Adriatischen Meere. Wir befinden uns deshalb auch noch keineswegs in
einer solchen Lage, um eine deraiiige Beleidigung unserer nationalen
Würde uns gefallen lassen zu müssen. Es erübrigt uns aber auch daher
mehr denn je, an der Idee festzuhalten, zu kämpfen und unsere Unab-
hängigkeit durch unsere Waffen zu erringen.
Ich bitte Sie deshalb, die vollständige Bereitschaft der Flotte zu
betreiben und sich derart klar zum Auslaufen zu halten, um den Feind in
seinen Gewässern aufsuchen und hiebei nach den Instruktionen handeln
zu können, die Ihnen zukommen werden, welche Instruktionen Sie nebst
diesem Schreiben geheim zu halten haben.
Diesen Morgen wurde ein Ministerrat abgehalten und heute abend,
sowie der Ministerpräsident (Ricasoli) angekommen sein wird, soll eine
Entscheidung getroffen werden und infolge dieser Entscheidung kann es
sich ergeben, daß man die Fortsetzung der Aktion durch die Flotte ver-
anlassen wird.
Der Hauptinhalt der Instruktionen, welche Sie erhalten werden,
ist, falls Ihnen keine anderen mehr zukommen sollten, der, die feindliche
Flotte aufzusuchen, sie zu bekämpfen und in ihren Häfen zu blockieren.
Nachdem dies geschehen und die Blockade nach jeder Richtung sicher-
gestellt ist, haben Sie mit den disponiblen Kräften derartig zu operieren,
um sich eines Punktes der feindlichen Küste oder einer Insel zu
bemächtigen. Sie besitzen Elemente, welche genau zu beurteilen im
stände sind, welchen Teil der feindlichen Küstenstrecke man zu diesem
Zwecke mit Vorteil angreifen könnte. Unter den wichtigsten Punkten in
dieser Beziehung erlaube ich mir, Ihnen Duino vorzuschlagen, in dessen
Nähe der Knotenpunkt (Nabresina) der Eisenbahnen nach Triest, Laibach
und üdine liegt.
Wenn Sie mit den Kräften, über die Sie verfügen, diesen Knoten-
punkt zerstören könnten, würde dies von größtem Vorteile sein.
Der General La Marmora wünschte, daß Sie sich einer Passage
znm Lagunengebiete Venedigs bemächtigen möchten, ohne jedoch deshalb
die Stadt Venedig anzugreifen. Ich halte dies für eine sehr schwierige
Sache, aber auch in dieser Hinsicht haben Sie Elemente unter Ihren
Befehlen, die beurteilen können, ob diese Operation mit Aussicht auf
einen Erfolg durchführbar ist oder nicht. Das Wichtigste von allem ist,
daß Sie sieh mit der Flotte vollkommen bereit halten, nötigenfalls selbst
unter Dampf vor dem Hafen haltend. So können Sie dann am schnellsten
etwas ausfiihren. '
Den folgenden Tag, 7. Juli, überbraehte der Abgesandte des
Ministers, Linienschiffskapitän Mantese, dem Admiral die angekündigten
Instruktionen, deren Inhalt in 22 Artikeln abgefaßt, in wortgetreuer Über-
setzung der nachstehende ist:
B'lorenz. 5. Juli 1866.
,1. Nach Erhalt der gegenwärtigen Instruktionen werden Eure
Exzellenz mit der unter Ihren Befehlen stehenden FloUe sofort die feind-
liche Eskadie aufsuchen, dieselbe im Begegnungsfalle ohneweiters —
gemäß den Instruktionen vom 8. Juni, Nr. 1014 — angreifen und das
Gefecht behufs Herbeiführung eines vollständigen sowie entscheidenden
Resultates bis zu den äußersten Konsequenzen führen.
2. Wenn die feindliche Eskadre oder eine AbteUung derselben mit
der Absicht betroffen werden sollte, die Bewegungen vom 27. Juni zu
wiederholen, haben Sie die österreichischen Schiffe anzugreifen und, Im
Falle der Feind sich zurückziehen sollte, ihn ohne Verzug zu ver-
folgen, sei es, um ihm den Rückzug in seine Häfen abzuschneiden
und dergestalt zu zwingen eine Schlacht anzunehmen oder um ihn
blockiert zu halten, falls es ihm gelingen sollte, sich zurückziehen zu
können.
3. Wenn die österreichische Eskadre sich unter dem Schulze der
Befestigungen von Pola zurückgezogen befinden sollte oder falls es ihr,
Ton unserer Flotte gejagt, gehngen sollte, in diesen Hafen einzulaufen,
werden Eure Exzellenz Pola mit hinreichenden Streitkräften blockieren
und sich dabei auf eine entsprechende Entfernung von den Befestigungen
halten, welche Pola und die Rhede von Fasana verteidigen.
4. Falls sich die feindliche Flotte nach Venedig oder einem anderen
Kriegshafen zurückziehen sollte, werden sich Eure Exzellenz auf analoge
Weise, wie im vorhergehenden Absätze vorgeschrieben, verhalten. I
ellenz auf analoge ■
verhalten. Betreffe i
103
der Städte Venedig und Triest wird hiemit das in den Instruktionen vom
8. Juni über dieselben Erwähnte vollinhaltlich bestätigt.
5. Falls sich die österreichische Eskadre in den verschiedenen
befestigten Häfen ihres ausgedehnten Küstengebietes zerstreut halten
sollte, werden Euer Exzellenz dafür Sorge tragen, daß die Flotte in
bezüglich ihrer Offensiv- und Defensivstärke gut zusammengestellten
Gruppen geteilt und mit denselben die österreichischen Schiffe in den
Häfen, in welche sie sich geflüchtet, stets in strenger Kontrolle gehalten
werden. Solche Häfen wären : Triest, Pola, Fiume, Lussin, Zara, Castelli
di Spalato, Lissa, Ganale di Calamotta und die Bocche di Cattaro. Je nach
den Umständen werden Euere Exzellenz so viel Gruppen absenden, als
gerade zu diesem Zwecke angezeigt erscheinen, und sich mit ihnen der-
gestalt beständig in Verbindung halten, damit sie nicht zufällig von ver-
einten Abteilungen des Feindes oder von einer Übermacht überrascht
werden.
6. Falls sich die österreichische Eskadre nicht nach Pola zurückziehen
sollte oder falls man dort nur einen Teil derselben vor Anker finden
sollte, erwächst die Notwendigkeit, mit der größten Umsicht einen wohl-
organisierten Kreuzungsdienst zu etablieren, mn Nachrichten zu erlangen,
wo sich der Feind befinde und in welche Häfen er sich zurückgezogen
habe.
7. Der Dienst der Ausluger im Seekriege gewinnt noch eine erhöhte
Bedeutung im Adriatischen Meere, welches so von Inseln und Kanälen
durchschnitten ist, die dem Feinde einen sicheren Schutz gewähren, die
Bewegungen desselben verbergen und auf diese Weise Überraschungen
leicht Vorschub leisten. Tragen Sie daher Sorge, nach Ancona Instruk-
tionen bezüglich der von der Regierung gemieteten leichten Schifife zu
schicken, welche man Ihnen sofort zusenden wird, sobald sie fertiggestellt
sein werden.
8. Es wird bemerkt, daß der Dienst der Ausluger ausschließlich
sich darauf zu beschränken hat, den Feind zu entdecken, sich von seiner
Stärke Gewißheit zu verschaffen, das Gros der Flotte vor Überraschungen
zu bewahren und Kundschaftsnachrichten zu erlangen. Die Ausluger
haben sich in keinerlei Gefecht einzulassen^ aber, im Falle der Feind
fliehen sollte, in aller Eile den Admiral oder kommandierenden Offlzier
hievon zu verständigen.
9. Der Hauptzweck unserer Kampagne im Adriatischen Meere muß
vor allem darin bestehen, uns zum Herrn desselben zu machen und
dieses Meer von der österreichischen Flotte zu befreien; im Begegnungs-
falle ist deshalb der Feind anzugreifen, zu verfolgen und zu besiegen oder
wenigstens, soviel es angehl, in seine Häfen zu jagen und dort in einer
Weise zu blockieren, daß er aus denselben nicht herauskönne.
10. Nachdem die Blockade der österreichischen Eskadre in Pola
etabliert und sichergestellt ist, werden sich Eure Exzellenz der Insel Cherso
bemächtigen, von wo aus Sie sich in beständiger Verbindung mit jenen
Schiffen halten werden, welche für di« Blockade Polas bestimmt sind. Von
diesem Punkte können Sie nebstdem, daß Sie die Sicherung der Blockade-
division von Pola stets im Auge behalten, Fiunie und den Quamero über-
wachen sowie auch die Kanäle von Oberdalmatien. Der letztgenannte
Zweck kann vielleicht die Okkupation Meladaä notwendig machen, nach-
dem dieses die inneren Kanäle beherrscht und die See von außen.
Nötigenfalls können Eure Exzellenz versuchen, die zum Ankorplalz für
die Schiffe gewählte Lokalität mittelst provisorischer Befestigungen am
Lande zu sichern, damit dieselben besser geschützt werden und damit auch
dieser Punkt sich eventuell in der Verfassung befinde, eine Sendung Lan-
dungstruppen aufzunehmen. Einige Schiffsgeschütze mit den sonstigen
Hilfsmitteln, welche Kriegsschiffe bieten, können dazu dienen, um die
okkupierte Position sicherer zu machen. Auch ein Signal- und Tele-
graphendienst müßte auf den dominiei-enden Höhen eingerichtet werden,
um von den Bewegungen des Feindes rasch in Kenntnis gesetzt zu sein.
11. Immer den Fall vorausgesetzt, daß die feindlichen Streitkräfte
neutralisiert sind, sei dies durch ein Gefecht oder durch die Blockade,
werden Eure Exzellenz versuchen, sich mittelst eines Handstreiches der
Eisenbahn zu bemächtigen, die, längs der Küste am Golfe von Duino sich
hinziehend, ihre Kopfstation in Nabresina hat, von wo aus sich die Linien
nach Triest, Venedig und Wien abzweigen. Diese Expedition hätte zum
Zwecke, die Eisenbahn- und Telegraphendrähle zu zerslören. Sie werden
jedoch aufmerksnm gemacht, daß die Österreicher in der Nähe dieser
Gegend eine Beobachtungstruppe im Lager stehen haben.
12. Werden Sie die Rhede von Triest besuchen und die dort vor
Anker befindlichen österreichischen Kriegsschiffe als Prisen wegnehmen,
wobei aber erinnert wird, daß bei der Annäherung zum Lande große Vor-
sicht zu gebrauchen ist, teils um nicht wegen ausgelegter Seeminen
Gefahr zu laufen, teils um zu vermeiden, unter das Feuer der Forts zu
geraten, welche die Rhede beherrschen.
13. Desgleichen sollen die südlichen Inseln Dalmatiens besucht
werden und, wenn sich in deren Häfen feindliche Kriegsschiffe belinden,
werden Eure Exzellenz, um dieselben besser zu überwachen, sich der
105
Insel Lagosta bemächtigen und dort mit den im Absätze 10 angegebenen
Hilfsmitteln provisorische Befestigungen errichten.
14. Werden Eure Exzellenz Sorge tragen, daß ein Kreuzungs-
dienst am Eingange des Adriatischen Meeres zwischen Kap Linguetta und
Kap Santa Maria bestehe, der zum Zweck hat, eine fortwährende Ver-
bindung mit den Semaphorstationen an der Küste zu unterhalten und
wichtige Nachrichten, betreffend die Ein- imd Ausfahrt von Kriegsschiffen,
gemachte Prisen, eingezogene Erkundigungen u. dgl. zu übermitteln.
15. Eure Exzellenz werden sich in beständiger Verbindung mit
Ancona und Brindisi halten und sowohl das Hauptquartier Seiner
Majestät wie den Unterzeichneten von allen jenen Operationen in Kennt-
nis halten, die Sie anbefohlen haben imd die von den unter Ihren Befehlen
stehenden Schiffen ausgeführt worden sind. Eure Exzellenz werden jedes
Mittel anwenden, damit die Verbindungen zwischen den Schiffen unserer
Flotte und unserem Küstengebiete niemals behindert oder unterbrochen
seien, vor allem die mit Ihrer Operationsbasis, welche immer der Hafen
von Ancona bleiben wird. Sie werden, wenn möglich, dem Unterzeich-
neten einen täglichen Bericht über die vorgefallenen Ereignisse erstatten.
16. Die an der feindlichen Küste errichteten Semaphorstationen
sowie die unterseeischen Telegraphenleitungen müssen zerstört werden,
um die Verbmdungsmittel auf dem österreichischen Küstengebiete zu
unterbrechen oder zu behindern; die Handelsschiffe sind zu visitieren, ob
sie Kriegskontrebande an Bord führen, wobei die Vorschriften ein-
zuhalten sind, welche diesbezüglich herausgegeben wurden.
17. Alle in den letzten sieben Paragraphen — 10 bis 16 — in
Betracht gezogenen Operationen haben ausgeführt zu werden, sobald die
Flotte die feindliche Eskadre entweder geschlagen hat oder dieselbe in
ihren Häfen eingeschlossen und blockiert hält, selbstverständlich den Fall
ausgenommen, in welchem außerordentliche Umstände anders vorzugehen
rätlich erscheinen lassen würden.
18. Zur allfälligen Information beehrt sich der Unterzeichnete,
Eurer Exzellenz auch noch mitzuteilen, daß am 10. d. M. zwölf Stück
schwere Geschütze nach Brindisi abgeschickt werden behufs Verteidigung
der dortigen Rhede.
19. Der Unterzeichnete hätte gewünscht, daß ein kombinierter
Plan betreffs der Aktionen der Flotte und jener der Heeresleitung
zu stände gekommen wäre; dies ist aber für den Moment unmöglich; ich
habe mich daher aus diesem Grunde darauf beschränkt, Eurer Exzellenz
präzisere Instruktionen zu erteilen, als diejenigen es sind, die Ihnen früher
zugekommen sind. Ich bemerke jedoch Eurer Exzellenz, daß die Idee
einer kombinierten Aktion oder einer Ausschiffung an der istrianischon
Küste oder im Golf von Triest nicht ausgeschlossen ist; die Regierung
wird zu diesem Zwecke in Ancona alle Mittel, öher die zu verfügen sie
im stände ist, vereinigen.
20. Eure Exzellenz wolSen berucbäichtigen, daß sich in Messina
und vornehmlich in Ancona alle erhältlichen Mittel und Materialien
befinden behufs Approvisionierung und Ausbesserung der Schiffe, welche
zur Flotte gehören.
21. Eure E.xzellenz wollen ferner in ErwAgung ziehen, daß der
Chef des II. Departements') versprochen hat, daß am 12. der .Affondalore-
fertiggestellt sem werde. Dieses Schiff wird sofort in See gehen und von
den Fregatten .Cirlo Alberto.* „Principe Umberto' und der Radkorvetle
,Governolo" begleitet sein. Belieben Eure Exzellenz zu bestimmen, in
welchen Gewässern dieselben sich mit der Flotte zu vereinigen haben.
22. Endlich wollen Eure Exzellenz dafür Sorge tragen, daß im Falle
einer Waffentat mir so rasch als möglich ein detaillierter Bericht über
dieselbe zukomme, um das Pubhkum hievon gleich in Kenntnis setzen zu
können.
Der Marineminister:
Depretis m. p.'
Diese Instruktionen waren von einem Privatschreiben des Ministers
begleitet, in welchem derselbe in kurzen, aber eindringlichen Worten dem
Admiral nochmals die baldigste Aktion der Flotte ans Herz legte und das
folgendermaßen schloß:
.Mein lieber Persano, bedenken Sie, daß ganz Italien die BUcke aul
seine Flotte gerichtet hat, denn sie ist seine Stärke für die Zukunft.
Italien, das am Meere seine schönsten Städte liegen hat, vertraut Ihnen
daß Sie zeigen werden, daß dieses Meer auch das seinige ist.'
Nach solchen klaren und in den bestimmtesten Ausdrücken abge-
faßten Instruktionen wie privaten Andeutungen des Marineministers,
welche die umgehende Aufnahme der Tätigkeit der Flotte verlangten,
hätte wohl dem Admiral nichts anderes übrig bleiben dürfen, als sofort
mit derselben auszulaufen und dieAktionzu begbnen. Am 28. Juni waren
noch die Schraubenfregatte .Viltorio Emanuele', die Schraubenkorvette
»San Giovanni* und der Radaviso »Sirena- , am 7. Juli der Schnelldampfer
>] Neapel.
107
.Flavio Gioja** zur Flotte gestoßen, so daß diese eine Stärke von 1 1 Panzer-
schiffen, 5 Holzfregatten, 2 HolzkorveUen, 3 Kanonenbooten, 2 Rad-
korvetten und 4 Radavisos, darunter 3 von sehr großer Schnelligkeit
besaß. Allerdings war die Installierung der 6 Armstronggeschütze an
diesem Tage noch nicht ganz beendet, allein dieser Umstand durfte, wie
schon früher erwähnt, mit Rücksicht auf den Ernst der Situation und die
gebieterische Notwendigkeit kein Hindernis bilden, die Abfahrt der Flotte
zu verzögern. Zudem konnten diese Arbeiten, nachdem einmal die Rap-
perte da waren, in längstens 2 Tagen durchgeführt sein, wenn mit allem
Nachdrucke und mit Inanspruchnahme aller Kräfte gearbeitet wurde. Im
schlimmsten Falle konnten die 2 Panzerkanonenboote, wie der Minister
ganz richtig bemerkte, der Flotte nach beendeten Arbeiten folgen. In
etwas geringer Voraussicht hatte aber Admiral Persano die Arbeiten für
sein Flaggenschiff „Re d'Italia** zuletzt in Angriff nehmen lassen und, als nun
vom Ministerium die dringendsten Mahnungen eintrafen, sofort die Rhede
vonAncona zu verlassen, um dem sowohl in der Presse wie im Publikum
auftauchenden Unwillen über das untätige Verweilen der Flotte inAncona
ein Ende zu machen, waren gerade die Arbeiten am Flaggenschiffe noch
am meisten im Rückstande, so daß sich zwischen dem Admiral und dem
Minister abermals ein langwieriger, schon etwas gereizter Depeschen- und
Briefwechsel entspann, aus welchem wir das Nachstehende wiedergeben:
Am 7. Juli telegraphierte der Admiral:
, Gestern abend Zusammenstoß zwischen „Principe diCarignano" und
, Castelfidardo ** ; es entstand aber kein Schaden. Die Offiziere verstehen
nicht zu manövrieren. Ich schiffe die Rapperte ein, wir werden jedoch vor
morgen abend nicht bereit sein und selbst dies ist noch zweifelhaft, da
Eisenteile zu durchschneiden sind. Wenn ich den „Affondatore" erwar-
ten könnte, würde ich dies eines Handstreiches wegen und damit auf
einmal etwas Ordentliches geschehe, für nützlich halten. Im Falle der
Zustimmung wäre es angezeigt, den General La Marmora hievon in
Kenntnis zu setzen, der mir sehr ungeduldig zu sein scheint; übrigens bin
auch ich es; der 24. Juni^) ist mir aber eine Lektion. Die Instruktionen
habe ich erhalten; alles in Ordnung; ich werde mein Möglichstes machen.
Kann ich so lange warten bis die Geschütze installiert sind? Bitte um
schleunige Antwort.*
Dieselbe kam umgehend und lautete:
1) Schlacht von Gustoza.
„Verlassen Sie mit der Flotte den Hafen und die Rhede, Lassen
Sie nur die Scliiffe zurück, welche noch ihre Geschütze einzuschiffen
haben und geben Sie ihnen Befehl, sich in See mit der Flotte zu ver-
einigen. Lassen Sie auch ein kleineres ScJilff zurück zu dem Zwecke, lür
Sie bestimmte, aber verspätete Sendungen Urnen nachzubringen. Bestim-
men Sie den Vereinigunpspunkt für den „Affondatore". Handeln Sie nach
den Instruktionen."
Hierauf replizierte wiederum der Admiral:
„Ich bin gerade derjenige, der die Geschütze noch nicht an Bord
hat. Ich ai'btite schon seit heute morgen daran und werde auch noch den
ganzen morgigen Tag dazu brauchen (!I). Die Flotte wird auslaufen und
mich erwarten.*
Nun riß aber dem Minister die Geduld und er ließ diesmal keine
Widerrede mehr zu. Seine Rückantwort, die der Admiral den folgenden
Tag (8. Julii erhielt, lautete:
»Oberscbiffen Sie sich auf ein anderes Panzerschiff. Bleiben Sie in
See unter Dampf und erwarten Sie die Schiffe, welche bis längstens
morgen fertig sein müssen; beschleunigen Sie dies; die Flotte darf nicht
länger in Ancona bleiben,*
Jetzt endlich, nachdem der Admiral sah. daß ein längeres Hinhalten
unmöglich sei, erließ er die nötigen Befehle bezüglich der Abfahrt und
setzte es durch, daß die Arbeiten am ,Re d'ItaUa" bis abends vollendet
waren. Bevor er die Rhede verließ, sandte er an den Minister noch
folgendes Schreiben ab. das. mit allem Vorhergehenden in Zusammenhang
gebracht, wieder einmal die Vielrednerei des Admirals Persano, welche
so recht im Gegensatze zu seiner Tatkraft steht, in vollem Glänze
erstrahlen laßt.
Rhede von Ancona, 8. Juli 18fi6.
.Ich habe Euer Hochwohlgeboren (V. S. Jma.) meine Abfahrt mit
der Flotte bereits telegraphisch angezeigt und keine weiteren Beifügungen
gemacht, weil ich des Ghiffreschlüssels nicht sicher bin. Ich beehre mich
demzufolge mitzuteilen, daß es nicht nötig war, meine Flagge auf einem
anderen Schiffe zu hL-^i-en, weil es dank der von allen Beteiligten ent-
wickelten Tätigkeit und Energie dem ,Re d'Italia" gelang, in einigen Stunden
fertig zu werden, ') und ich es nicht für angezeigt hielt, wegen einer so
geringen Verzögerung von ein paar Stunden mein Flaggenschiff zu
wechseln.
') Also doch!
109
Im Gefechte kann der Admiral mit aller Leichtigkeit und ohne
allen Nachteil für den Dienst sein Schiff wechseln; in manchen Fällen
kann dies sogar notwendig und nützlich sein. Aber im Gefechte hat man
an nichts anderes zu denken, als die Schlacht zu leiten und zu kämpfen.
Anders ist dies aber mit einem Wechsel des Flaggenschiffes während der
Navigation, in welchem Falle sich dieser Wechsel nicht so leicht voll-
ziehen läßt, da der Admiral nicht nur an sich allein, sondern auch an
seinen Flaggenstab zu denken hat der ihm zur Führung der vielen ver-
zweigten Dienstgeschäfte notwendig ist; ebensowenig kann er sich von
den Archiven trennen. ^)
So würde ein umfangreicher Wechsel von Personen und Sachen
die Folge sein, wenn der Admiral während der Fahrt seine Flagge auf
einem anderen Schiffe hissen würde. Wenn nun Euer Hochwohlgeboren
noch dazu die innere Einrichtung und Einteilung unserer Panzerschiffe
berücksichtigen, so werden Dieselben leicht zur Überzeugung gelangen,
daß es nicht angezeigt ist, den Admiral mit dem gesamten Stabe so leicht-
hin auf das nächstbeste Schiff zu überschiffen, nachdem der Flaggenstab
desselben aus Dienstesrücksichten bei ihm verbleiben muß.
Die Armstronggeschütze wurden ordnungsmäßig installiert und
wären dies schon früher gewesen, wenn nicht die Ihnen bekannte Ver-
zögerung mit den Rapperten eingetreten wäre. Es fehlen uns aber jetzt
noch die Kardusen imd auch die Anzahl der Projektile ist eine geringe;
aber dies darf kein großes Hindernis bilden, da ich schon die nötigen
Dispositionen getroffen habe, daß beide uns sofort nachgeschickt werden,
so wie sie in Ancona eintreffen. Sollte es inzwischen nötig werden, sich der
Armstronggeschütze bedienen zu müssen, so werden wir uns schon
betreffs der Kardusen zu helfen wissen und die Projektile, die wir haben,
genügen vorläufig. Zweifeln Sie daher nicht daran, daß von nun an die
Flotte in Bewegung sein werde und binnen kurzem in den Gewässern
des Feindes erscheinen wird.
Niemandem mehr als mir und den unter meinen Befehlen stehen-
den Offizieren und Schiffsmannschaften sind die Verzögerungen unan-
genehm gewesen, zu denen wir bis jetzt verurteilt waren. Sie, Herr
Minister, kennen die Ursachen derselben und es gereicht mir zum beson-
deren Vergnügen, Ihnen nochmals meine Dankbarkeit (riconoscenza) für
die Raschheit auszusprechen, mit welcher Sie bestrebt waren, denselben
abzuhelfen, so daß die Flotte bmnen kurzem mit allen jenen Streitmitteln
1) Wahrscheinlich die EskadrekanzJei gemeint. A. d. V.
ausgerüslet wurde, deren sie bedurfte, um ohne Gefahr ihrer Tätigkeit
den Erfolg zu sichern. Wollen Sie, Herr Minister, öberzeugt sein, daß,
indem ich mich mit Ihren Ratscldägen und den Absichten der Regierung,
die mir zu wiederholten Malen bekannt gegeben wurden, in Obereinslim-
mimg setze, ich nichts versuchen werde, was unklug oder tollkühn
(improwido o temerario) wäre; aber inzwischen wird, wie ich glaulie,
das bloße Erscheinen der italienischen Flotte an den Küsten des Feindes,
die beständige Drohung, welche in demselben liegt, die Ungewißheit des
Feindes, auf welcliem Punkt sich unsere Kräfte vereinen werden, eine vor-
teilhafte Unterstützung für die Operationen am Lande abgeben. Sollte
sieh eine günstige Gelegenheit ergeben, mich mit dem Feinde zu messen,
so können Sie überzeugt sein, daß ich mir dieselbe nicht entgehen lassen
werde; der Geist, von welchem alle aji Bord der Flotte, die zu komman-
dieren ich die Ehre habe, Offiziere, Matrosen und Soldaten, beseelt sind,
ist mir hinreichende Bürgschaft dafür, daß sich diese Hoffnungen erfüllen
werden."
Aus diesem langen Schreiben ersieht man. wie gut der Admiral mit
der Feder umzugehen wußte, um dem Minister gegenüber stets im Rechte
zu bleiben, wobei er es liebte, die belehrende imd überlegene Seite hervor-
zukehren, sowie daß er gewohntermaßen mit Versprechungen nicht kargte,
deren Erlüllung aber, wie wir bald sehen werden, noch immer 'auf sich
warten Ueß. Die Art und Weise, wie er die ihm jetzt vom Minister auf-
gedrungene Eröffnung der Aktion ausführte, hefert den besten Beleg
dafür.
Am 8. Juli um &^ p. m. verließ Admiral Persano endlich mit
der Flotte die Rhede von Ancona, nachdem er vorher noch mittels
Tagesbefehls die nachstehenden Bestimmungen hinausgegeben hatte:
Bestimmungen bezüglich Taktik und Navigation.
.Die mit dem Flotlenbefehl Nr. 11 vom 21. Juni herausgegebenen
Bestimmungen und Verhaltungsmaßregeln werden mit folgenden Abände-
rungen bestätigt:
1. BeiQsUcb der Formleran^ der Flotte.
a) Das Signal Nr. 1 der reglementsmäßigen Taktik bedeutet: Kiel-
wasserhnie ;
b) das Signal Nr. 2 der Supplementartaktik bedeutet: FronÜinie ;
c) das Signal Nr. 3 der Supplementartaktik bedeutet: Kielwasserlinie
in Gruppen;
J
111
Distanz zwischen den Gruppen 8 Kabel;
Distanz zwischen den beiden Flotten 11 Kabel;
d) das Signal Nr. 4 der Supplementartaktik bedeutet: Frontlinie in
Gruppen;
Distanz zwischen den Gruppen 8 Kabel;
Distanz zwischen den beiden Flotten 11 Kabel;
e) das Signal Nr. 5 der Supplementartaktik bedeutet: Kolonne;
Schiflfsdistanz in den Kolonnenlinien 2 Kabel;
Kolonnendistanz 7 Kabel.
2. Bezüglich der Reserre.
Die Reserve wird sich zusammensetzen aus den PanzerschifiFen
»Principe di Carignano*, »Castelfidardo** und »Ancona"; sie wird auf das
Signal Nr. 307 aus der Formation treten, um jenen Posten einzunehmen,
den ihr Kommandant am vorteilhaftesten hält, \xm sich im entscheidenden
Momente plötzlich auf den Feind werfen zu können.
Die »Maria Pia* und der „SanMartino* werden sich auf das Signal
Nr. 308 mit der Reserve vereinigen und auf das Signal Nr. 309 wieder
auf ihren früheren Posten in der Linie zurückkehren. Der »Afifondatore** wird
nach seinem Eintreffen bei der Flotte außerhalb der Linie bleiben, eben-
sowohl um das Flaggenschifif des Höchstkommandierenden zu decken als
wie auch um sich rasch dorthin begeben zu können, wo es nötig sein
sollte; besondere Befehle ausgenommen.
8. Bezüglich der ATisosehiffe.
In jedweder Formation werden der »Messaggiere* an der Tete, der
»Esploratore" an der Queue der Flotte während der Fahrt scharfen Auslug
halten; ebenso der „Flavio Gioja** an Steuerbord, der „Guiscardo* an Back-
bord.
Die Korvett« „Etna* wird sich zwischen beiden Flotten halten, um
Befehle überbringen zu können.
Während der Aktion sind die Korvetten »Etna* und »Guiscardo*
zum Schleppen bestimmt.
4. Bezüglich der Flottille.
Sowohl wenn die Flottille vollständig beisammen ist als auch wenn
ihre Schiffe vereinzelt mit der Flotte fahren sollten, werden diesbezüglich
spezielle Befehle erfolgen. Vor dem Feinde wird sie sich stets in einer
solchen Position halten, um auf keinen Fall die Bewegungen der Flotte zu
behindern.
5. Bezüglich der Fahrt nälirenil der Kacbt.
Während der Nacht wird ohne Lichter gefaliren werden; die
Kabinenlichter sowie jene der Batterien sind daher sorgfältig zu ver-
decken. Die Flaggenschiffe werden ihre Lichter am Heck stets gut bren-
nend erhalten. So wie das Flaggenschiff des Ädmirals en chef eine Laterne
an der Gaffel hißt, werden alle Schiffe der Flotte das Gleiche tun; es ist
jedoch darauf zu achten, daß dieselbe beim Niederholen auf dem Admi-
ralschiffe sofort auch niedergeliolt werde.
Das Abfeuern bloßer Raketen ohne jedes andere Signal bedeutet stets
die Anwesenheit des Feindes und den Befehl, sichindeuGefechtszustand zu
versetzen. Die Flotte wird hierauf sofort die Formation Nr. 1 einnehmen,
die Reserve jene Posilion, die ihr am vorteilhaftesten erscheint.
3 weiße Lichter bedeuten Nr. 1, Kiel Wasserlinie, des gegenwärtigen
Befehls; 3 obere und 1 unlere Laterne: Nr. 3, Kielwasserlinie in Gruppen.
Jede Kursveränderung wird mittelsder Positionslatemen angezeigt werden.
Inder Gruppen formation werden keine Kursveränderungen über 4 Strich
vorgenommen werden.
«. Bczütr^llcli der Tokttk.
Die Herren Kommandatiten werden den Herren Wachofiizieren
präzise Vorschriften ober die Ausführung der taktischen Manöver geben,
damit Kollisionen vermieden werden.*
Von diesen Nachtragsbeslimmungen verdient jene den ,Affondatore*
betreffende eine besondere Beachtung.
Schon in dem ßefelile für den Angriff (siehe Seite 67) hat der
Admiral diesem Schiffe die spezielle Aufgabe zugewiesen, das Flaggenschiff
zu decken und sich zu diesem Behufe außerhalb der Linie zu halten.
Dieser Umstand erscheint ihm so wichtig, daß er ihn jetzt sogar wieder-
holt, und doch werden wir später sehen, welche Verwendung Admiral
Persano im entscheidenden Augenblicke von diesem Schiffe, dessen An-
kunft er kaum erwarten konnte, machte.
Bis Mittemacht des 8. steuerte die Flotte in nordwestlicher Richtung
gegen die Punta della Maesira und wendete hierauf gegen Saden, Der
Admiral halle dem Stabschef d'Amico die strengste Weisung gegeben,
den Kurs und die Navigation der Flotte derart einzurichten, daß dieselbe
bei Tagesanbruch weder von der Küste Italiens noch von der feindüchen
aus gesehen werden könne und daß man sich gegen 2'' p. m. auf ungefähr
40 Meilen Südost von Ancona befmde. Sei es nun infolge von Strömungen
und Wilterungseinflüssen (der Admiral behauptete später in seinem
113
Berichte an den Minister, es hätte die See zugenommen und das Wetter
wäre drohend geworden) oder daß während der Nacht Fahrt imd Kurs
nicht streng eingehalten wurden, kurz: bei Tagesanbruch hatte man den
Monte di Ancona wieder in Sicht, was den Ädroiral veranlaßte, deshalb
einen Tadel gegen den Stabschef auszusprechen.
Am 10. früh war die italienische Flotte auf zirka 15 — 20 Seemeilen
in Sicht von Lissa und Isola grossa (siehe Seite 80) und kreuzte hierauf,
sich immer auf demselben Parallelkreis von 43** nördlicher Breite haltend
in dör Mitte des Adriatischen Meeres, fleißig taktische Übungen und
Geschützexerzitien (jedoch nicht im Feuer) vornehmend. Fast jeden Tag
befand man sich um 2 ^ p. m. ungefähr 40 Meilen Südost von Ancona, dem
Punkte, der Kontreadmiral Provana in Ancona als Rendezvous für
nachzusendende Schiffe angegeben worden war.
In der Nacht vom 12. auf den 13. gegen Mitternacht wurde die
Flotte alarmieil; man sah plötzlich zahlreiche Lichter vor sich und ver-
mutete feindliche Schiffe in ihnen. Sofort wurde das Gefechtssignal ge-
geben und binnen kurzem war, wie der Admiral mit Zufriedenheit dem
Minister meldet, die Flotte kampfbereit, die Schiffe in geschlossener Ord-
nung und alles von größter Kampfeslust beseelt auf den Posten. (Tutta la
flotta manovrö in modo da parere composta di vecchi equipaggi, com-
mandati da ufficiali di antica esperienza.) Nach einiger Zeit der Spannung
löste sich jedoch das Ganze dahin auf, daß man eine Flottille von Fischer-
booten und Küstenfahrern vor sich hatte.
Am nächsten Tag, den 13. früh, lief die Flotte wieder in Ancona
ein, ihre früheren Ankerplätze einnehmend.
Diese Kreuzungsfahrt in der Mitte des Adriatischen Meeres in gleich
weiter Entfernung von beiden Küsten, die man, wie ein Offizier ^)
schrieb, selbst mit Hilfe des Femrohres kaum zu sehen bekam und auf
welcher man zwar viel Kohlen verbraucht, sonst aber nichts erreicht
hatte ^), brachte bei den Offizieren und Mannschaften der Flotte aber-
mals eine schmerzliche Enttäuschung hervor. Der Stabschef d'Amico hatte
sich sogar veranlaßt gefunden, am 11. dienstlich beim Rapport dem
Admiral Vorstellungen in dieser Hinsicht zu machen und bei aller Sub-
ordination dennoch darauf hinzuweisen, daß seiner Meinung nach es die
1) Linienschiffskapilän Riboty vom ^Kd di Porlogallo*.
') Auf hoher See hatte die Flotte zwei österreichische Handelsschiffe, einen Lloyd-
dampfer und ein Segelschiff angehalten mit der Frage, wo sich die Osterreichische
Flotte befinde.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. g
Aul'gabe der Flotte sei, den Feind in einer wirksameren Art und Weise
(piü efficacemente) aufzusuchen. Er stellte sich dem Admiral, falls dieser
noch mehr Naclirichlen über den Feind haben wollte, zur Verfügung, diese
persönlich einzuholen, glaubte aber nochmals wiederholen zu müssen,
daß eine Aktion olme Zeitverlust unabweislich notwendig sei- (Ma le
ripeto, che credo indispensabile di agire senza indugio.) ')
Admiral Persano, bei seinem stolzen hochfahrenden Wesen sonst
gerade nicht der Mann, der Widerspruch oder Ralschlage von seinen Sub-
ordinierten ruhig hinzunehmen gewohnt war. machte jedoch diesmal mit
den in einer so slrengdiensUichenForm vorgebrachten Vorstellungen seines
Stabschefs eine Ausnahme und nahm dieselben ziemlich gnädig auf; er
gab ihm zur Antwort, daß es sich m diesem Falle nicht darum handle
sich zu schlagen und Tapferkeit zu entwickeln, sondern vielmehr darum,
zu siegen und zwar mit Gewißheit zu siegen; er wisse den Beweggrund
der Handlungsweise seines Stabschefs ihm gegenüber wohl zu würdigen,
habe sich aber trotzdem entschlossen, nocli zu warten, bis die ganze Flotte
vereint sei und besonders bis der „Affondalore", dieses mächtige
Schlachtschiff der Flotte, der von Tag zu Tag ku erwarten sei, augelangt
sein werde. Es wäre nicht weise, sich schon jetzt zu engagieren, wenn
man morgen oder übermorgen mit größerer Macht angreifen könne und
mit mehr Aussichl auf den Sieg.
Die Vorstellungen des Stabschefs d'Amico beim Admiral fanden
übrigens noch am selben Tage ihre Fortsetzung in einer Szene, welche
sich aus demselben Anlasse zwischen dem letzteren und dem am Flaggen-
schiffe eingeschifften Kammerdepulierten Boggio abspielte. Auch diesem
persönlichen Freunde und Parteigenossen Persatios, der sich seines
größten Vertrauens erfreute, war die lange Untätigkeit der Flotte, die am
Lande schon scharf beiu-teilt wurde, schwer am Herzen gelegen. Er
glaubte, nach dem fehlgeschlagenen Versuche des Stabschefs d'Amico nun
seinerseits auf den Admiral einwirken zu sollen. In den Naclimittags-
slunden des 11„ als er mit dem Admiral auf Deck promonierte, nalmi er
deshalb eine passende Gelegenheit wahr, an diesen die Frage zu stellen:
.Wenn wir morgen früh in Sicht von Pola wären, glaubst Du wohl, daß
Tegetthoff herauskäme?"
Admiral Persano begriff den Sinn dieser Frage sowie den Zusam-
menhang derselben mit den am Morgen fiemachten Vorstellungen seines
>) ItendicoDli dcllc udienze pubMiche «IcU' alr:^ Corle ili giuBtltia nel dibältiincuta
della Musa contro l'ommiraglb senatsic Carlo Pi>Ilion ili Persano iteposiiione
tl'Amico. Seile CG.
115
Stabschefs sofort und antwortete Boggio im aufbrausenden strengen
Tone: »Ich wußte, daß auch Du mir diesen Rat geben würdest, da Du
natürlich nur an Dich allein denkst; wenn Du nach Hause zurückkehren
solltest ohne eine Schlacht mitgemacht zu haben, würdest Du glauben der
Lächerlichkeit verfallen zu sein und deshalb machst Du alle Anstren-
gungen, mich zu einem übereilten Angriffe zu drängen. Du denkst weder
an meine Verantwortung gegenüber Italien, welches mir diese Flotte an-
vertraut hat, noch an den nicht mehr gutzumachenden Schaden im Falle
einer Niederlage." Ganz erstaunt und etwas pikiert über diesen plötz-
lichen Zomesausbruch Persanos erwiderte Boggio in ebenfalls gereizter
Stimmung: ^Wenn Friede geschlossen werden sollte ohne eine vorher-
gegangene Seeschlacht, so werde nicht ich derjenige sein, der dabei etwas
verliert, aber Du bist in diesem Falle entehrt und die Marine unwieder-
bringlich verloren. Welchem Parlamente wird es dann wohl einfallen,
noch einen Centesimo für die Flotte zu bewilligen, wenn diese im Mo-
mente des Handelns sich unfähig gezeigt hat?''
»Für meinen Ruf laß mich sorgen", gab der Admiral trocken zur
Antwort, „ich ziehe es eher vor, mit Unrecht entehrt, als mit Recht ver-
urteilt zu sein (preferisco essere disonorato a torto, che condannato a
ragione). Geduld, wenn der Friede eintreten sollte, werden sie mich
einen Blagueur nennen, aber Italien wird seine Flotte wenigstens noch
ganz haben und jene Österreichs wird dann unnütz geworden sein. Wenn
ich mich jedoch tollkühn in etwas stürzen wollte, würde Italien mit Recht
über seine zu Grunde gegangene Flotte Rechenschaft von mir verlangen.
In drei bis vier Tagen muß der „Affondatore" ankommen, mit ihm ist der
Sieg sicher und in diesen drei bis vier Tagen wird man nicht den Frieden
machen. Was ist nun vorteilhafter, zu warten und zu siegen oder sich zu
überstürzen, auf die Gefahr hin besiegt zu werden?"
Auf die Bemerkung Boggios, daß man ja in der Übermacht sei und
um vier Panzerschiffe mehr als der Feind habe, erwiderte der Admiral:
»Irgend eine Kugel im Propeller oder Kamin kann uns 2 — 3 Schiffe
kampfunfähig machen und den Rest in Gefahr bringen ; ein Aufschub
von wenigen Tagen macht alles gut und sichert den Sieg. Weder Du
noch sonst jemand werden mich zu einem anderen Entschlüsse bringen.
Was hatte Italien für einen Gewinn an dem kühnen Vorgehen vom 24. Juni,
welches von der Art war wie Du mir jetzt anratest?" Die beiden Freunde
trennten sich hierauf in einer etwas kühlen Stimmung, es erfolgte jedoch
bald wieder die Versöhnung und über dieses Thema wurde während des
Restes der Kreuzungsfahrt nicht mehr gesprochen.
Wir haben diesen Zwischenfall angeführt, um zu zeipcn, welchen
Anschauungen Admiral Persano huldigle und wie wenig er trotz allem
entschlossen war, die Aktion alsbald zu eröffnen. Er hielt sich noch immer
nicht Cur stark genug, um den Sieg nach seiner Lieblingsart durch eine
große Übermacht und auf eine leichte Weise zu erringen, insbesondere
da der , Aöbndatore" , von dem er sich geradezu Wunder versprach, noch
nicht emgetroffen war. Diese fixe Idee, weiche sich aus allen seinen Kund-
gebungen entnehmen läßt, hatte ihn derart beherrscht und verblendet.
daß er ganz auf die Stimme der Ehre und Plhchl vergaß; sie allein Wal-
es, die ihn abhielt, den erhaltenen Befehlen nachzukommen.
Es geht dies zum Überflusse auch aus den Briefen hen'or, die der
Admiral, welcher, wie wir wissen, gern und viel schrieb, während seiner
Kreuzungsfahrl an den Marineminister richtete und von denen wir einige
auszugsweise hier mitteilen wollen.
Der erste, vom 9. Juli Mittag, 40 Meilen südöstlich von Äncona,
enthält unter anderem folgendes;
,Es war meine Absicht, daß, so wie wir uns in der Nacht auf ehie
genügende Entfernung von unserer Küste befänden, eine Wendung vor-
genommen würde, welche uns in Sicht des istrianischen Litorales
gebracht hätte und in diesem Sinne erteilte ich die striktesten und ent-
schiedensten Eefelile ; doch die inzwischen stark zunehmende See, der
drohend gewordene Zustand des Wetters sowie die diclite Finsternis der
Nacht widerrieten meinem Stabschef, eine Eursveränderung vorzunehmen,
welche Evolutionen zur Folge gehabt hätte, die bei Nacht und schlechtem
Welter mit einer aus zahlreichen Schiffen bestehenden Flotte, deren
Offiziere nicht hinreichend in der neuen Taktik geübt waren und deren
Schiffe eine ungleiche Geschwindigkeit besaßen, nicht ohne Gefahr
waren.'
Das zweite Sehreiben, gleichfalls vom 9, JuÜ datiert, enthüllt schon
(>twas mehi' die Absichten des Admirals, mit denen er sich beim Verlassen
Anconas getragen haben mag. Er beginnt in demselben mit der
bemerkung, daß ihm der , Esploratore " die Nachricht gebracht habe, der
Feind befinde sich iJi der Stärke von 16 Schiffen in Fasana und daß eres
niclit für angezeigt gehalten habe, sich dorthin zu begeben und ihn in
seiner so starken Position anzugreifen, ebensowenig ihm eine Schlacht
in See anzubieten; ,denn", so fuhr er fort, .die Herrschaft zur See ist in
unserem Besitz. Wenn er aus seinem Neste herauskommt, werden wir
unser Möglichstes tun, ihm den Rückzug abzuschneiden, hält er sich.
117
verkrochen (accovacciato), so gibt er uns dadurch Gelegenheit, die Ver-
stärkungen für die Flotte abzuwarten, speziell den „Affondatore*; ^vir
müssen siegen, dies unser Wahlspruch. (Dobbiamo vincere, ecco la
nosira divisa.)
Darauf bezüglich erlauben Sie mir die Bemerkung, welche ich dem
Freunde und nicht dem Minister gegenüber ausspreche, daB für einen
Admiral meines Charakters ein derartiges Antreiben nicht am Platze ist
Dieses Hinausjagen von der Rhede um jeden Preis, wie wenn ich dort zu
meiner Unterhaltung geblieben wäre, hätte mich an diesem Tage eine
Unüberlegtheit begehen lassen können, die in diesem Momente gewiß
nicht angezeigt gewesen wäre (qualche awentatezza non del momento,
certo). Und wenn ich nicht die Nacht vor mir gehabt hätte, um mich zu
beruhigen, so hätte es geschehen können, daß ich mit ganzer Kraft in den
Kanal, wo die feindliche Flotte vor Anker lag, hineingefahren wäre. Ich
hätte damit Unrecht gehabt, ich weiß dies, aber man ist nicht immer
Herr über sich selbst.**
In einem dritten vom 10. Juli datiertem Schreiben, 40 Meilen südöst-
lich von Ancona, ergeht er sich anfangs des Langen und Breiten über die
Flotte, über die vielen Schwierigkeiten, die ihm erwüchsen, sie zum
Gefechte heranzubilden, über die Genugtuung, die er trotzdem empfinde,
bei Allen guten Willen zu sehen, über den guten Geist, der auf den
Schiffen herrsche, daß alles vor Begierde brenne, sich auszuzeichnen,
daß, wenn man noch nicht den richtigen Höhepunkt der Ausbildung
erreicht habe, hieran nicht Mangel an gutem Willen Schuld sei, sondern
der Umstand, daß man nicht im Handumdrehen Matrosen und Kriegs-
leute schaffen könne u. s. w., u. s. w. Er spricht hierauf vom feindlichen
Admiral und behauptet, daß dieser unstreitig mit Kühnheit auch viel
Schlauheit verbinde.
»Ich habe alles darangewendet, um ihn zum Auslaufen zu ver-
anlassen (?) und doch hat er sich nicht gerührt. Zuerst habe ich mich
gegen Venedig gewendet, in der HoflBiung, daß er kommen werde, mich
in den cul de sacco einzuschließen und das wäre ein gutes Manöver
gewesen. Darauf habe ich mich gegen die Insel Melada gewendet, derart
manövrierend, um glauben zu machen, es handle sich um eine Ausschif-
fung, in der Annahme, die Semaphorstationen würden unsere Bewegungen
sofort veiraten und Tegetthoff sogleich erscheinen, uns in unserem
Unternehmen zu behindern; aber bis jetzt ist nichts in Sicht, daraus
schließe ich, daß er sich nicht von seinem Posten rühren wird und sich
innerhalb der Forts, die ihn umgeben, sicher fühlt. Dort muß er irgend
welchen Hinterhalt vorbereitet haben, in welchen er mich, wie ich anzu-
nehmen glaube, gerne hineinfallen lassen möchte.
Sowie der „Affondatore* angekommen sein wird, werde
ich ihn veranlassen, sich jagen zulassen, und aus etwas kann etwas ent-
stehen. (E da cosa püö ntiseere eosa.)"
Am 1 1 . Mi schrieb er dem Minister wieder, daß er in seinen Muße-
stunden die Instruktionen nochmals eingehend studiert habe, um besser
zu ersehen, wie er sich verhalten solle und daß er nach reiflicher Erwägung
aller umstände zur Erkenntnis gelangt sei, es wäre viel klüger, die feind-
liche Flotte zum Herausgehen zu verlocken, als wie dieselbe zu blockieren,
nachdem dies unter den gegenwärtigen Umständen mit Dampfern eine
ganz andere Sache sei wie in früheren Zeiten, als diese noch nicht im
Gebrauch waren,
, Das Verhängen der Blockade', schrieb er, , mit Dampfern ober
einen mftchtigen Feind, der diesen selben Vorteil hat, ist eine Angelegen-
heit, die wir uns zweimal überlegen müssen, denn nach einigen Tagen
muß man sich wieder mit Kohlen versehen, was in See nicht immer so
leicht auszuflthren ist. Außerdem läßt sieh nicht verlangen, daß Maschinen
tagelang beständig in Gang gehalten werden: dies wäre ebensowohl
bezüglich des Materials wie Personals unmöglich." In diesem Sinne fügte
er noch einige andere Bemei'kungen hinzu, welche seiner Meinung nach
von großem Gewichte waren und den Minister von der Undurchführbar-
keit einer Bluckade überzeugen sollten und fuhr cl;mn folgendermaßen
fort: .Übrigens ist der Zweck der Blockade ja schon dadurch erreicht.
daß wir die absolute Herrschaft im Adriatischen Meere ausüben, indem
wir dasselbe nach allen Richtungen hin durchkreuzen. Wenn die feind-
liche Flolte dieser unserer Kühnheit (?) müde sein und sich entschließen
wird, aus ihrer festen Position herauszugehen, um uns unsere Suprematie
zu entreißen, werde ich rasch herbeieilen, um ihr den Rückzug abzu-
schneiden und sie zur Schlacht zu zwingen, was die Hauptsache ist,*
Nachdem er hierauf noch seine gegenteilige Anschauung betreffs
anderer Punkte der Instruktionen zum Ausdrucke gebracht hatte, so
zum Beispiel bezüglich der Besetzung von Duino, Cherso, Melada und
Lagosttt. schloß er mit den Worten: „Ich wünschte, daß das Land sich
einmal mit dem Gedanken vertraut maclien möchte, daß die feindlichen
Streitkräfte den unserigen nicht nachstehen (!), wie man immer zu sagen
beliebt, und daß man die Hülfsmittel zu würdigen verstünde, die der
Feind besitzt, um jede Havarie zu reparieren, was wir von uns nicht sagen
können (?); er kann sich jederzeit mit allem Nötigen ohne Unterbrechung
119
versehen. Er hat alles: Docks, um die Schiffsböden zu reinigen, Munition
jeder Gattung, hat bessere Geschütze (!!!) als wir u. s. w., u. s. w. Begehen
wir keine Unüberlegtheiten, um Gottes willen, denken wir nicht an Ruhm,
denken wir an das Land, welches um jeden Preis beschützt werden
muß! (Non facciamo imprudenze per amor del cielo, non pensiamo a
glorie, pensiamo al paese, che va salvato ad ogni costo !)
Wahrscheinlich wird Tegetthoff, durch die »Novara* verstärkt,
herauskommen, um uns eine Schlacht anzubieten, dann werden wir uns
kerne Voreiligkeit vorzuwerfen haben, nicht nur bezüglich des Annehmens
derselben, sondern auch bezüglich des Angriffes, den wir machen werden.
So wahr mir Gott helfe! Wenn die Gelegenheit kommen wird, wenn wir
den Feind vernichten werden, wie ich vertraue, dann würde ich vor-
ziehen, mich der Inseln von Lissa zu bemächtigen, statt Cherso, Melada
und Lagosta, denn der eigentliche Schlüssel zum adriatischen
Meere ist Lissa. Alle diese Advokaten und Klubhelden bringen mich
so in Zorn, daß ich aus der Haut fahren könnte. (Tutti questi avvocati
da caffe e da circolo mi mettono la rabbia da farmi uscire dai
gangheri.)"
Aus diesen Äußerungen des Admirals Persano ersieht man, daß es
ihm nicht voller Ernst damit war, den erhaltenen Instruktionen gemäß vor-
zugehen, den Feind vor Pola aufzusuchen, ihn dort entweder blockiert zu
halten oder bei seinem Erscheinen anzugreifen und zur Schlacht zu
zwingen, daß er vielmehr seiner alten Gewohnheit getreu. Vieles mit
hochtönenden Worten versprach, aber unter allerlei Vorwänden Zeit zu
gewinnen trachtete, um noch mehr Verstärkungen, besonders aber den
so sehr ersehnten „ Affondatore * abzuwarten. Damit verkannte aber Admiral
Persano vollständig die augenblickliche Sachlage sowie die ihm aus der-
selben erwachsende VerpQichtung. Angesichts der zugespitzten Situation,
in der man sich befand, der unausgesetzt an ihn gelangenden, in den
wärmsten Ausdrücken abgefaßten Aufforderungen des Ministers, konnte
und durfte es da für ihn noch einen Zweifel über die dringende Not-
wendigkeit einer sofort aufzunehmenden Aktion geben? Die Regierung
sowohl als auch die Nation verlangten zur Wahrung der nationalen Würde
und der Waffenehre die ungesäumte Aufnahme der Tätigkeit der Flotte,
bevor noch ein durch die Macht der Verhältnisse aufgedrungener Waffen-
stillstand dieselbe unmöglich machte.
Nicht zu dem Zwecke, um die Herrschaft im Adriatischen Meere im
Sinne des Admirals Persano durch ein bloßes Hin- mid Herkreuzen in
der Mitte desselben auszuüben, wobei es fraglich war, ob man den Feind
je in Sicht bekam, hatte Italieu mit solchen großen Geldopfern seine
Fiütte geschaffen; man verlangte diesmal einen positiven Erfolg, die
feindliche Flotte sollte bekämpft, womöghch besiegt und feindliches
Küstengebiet in Besitz genommen werden.
Für die Erreichung dieser Zwecke würde man den Verlust einiger
Schiffe gern verschmerzt haben, denn diese waren ja schließlich für den
Kampf bestimmt und es zeigt von einer ganz eigentümlichen Auffassung
der Situation seitens des italienischen Admirals, wenn er unter diesen
Verhältnissen die Ertiallung der Flotte höher stellte als das Erreichen der
ihr vorgesteckten Ziele.
Man vergleiche einmal dagegen die uns bekannten Anschauungen
sowie das ganze Verhallen Kontreadmirals v. Tegetthoff mit jenen Per-
sanos und man wird sofort den großen Gegensatz herausfinden, der in den
Charakteren dieser beiden Männer zu Tage tritt. Auf der einen Seite das
regste PHichtgefühl sowie der lebhaftesle Tatendrang trotz mfcriorer
Streitkräfte und trotz Instruktionen, die eher an eine gewisse Vorsicht und
Zurückhaltung mahnten; auf der anderen zwar die Übermacht, aber
Mangel an richtigem Versländnisse, dieselbe auszunützen, sowie Unent-
schlossonlieit imd der Fülu-er, trotz allem Drängen der Regierung, sich in
der Rolle eines Cunctators gefallend.
Admiral Persano befand sich um diese Zeit tatsächlich der öster-
reichischen Flotte gegenüber in der Übermacht, sowohl was die Zahl und
die Stärke seiner Schiffe wie jene der Geschütze anbelangt. Die Aus-
bildung der M;mnschaften hatte nach dem Zeugnisse hervorragender
Offlziepe') gleichfalls eine derartige Slufe erreicht, daß man beim
Verlassen des Hafens von Ancona allgemein der Ansicht war, der
Admira! wolle nun den Feind aufsuchen und bekämpfen. Statt dessen
sehen wir ihn wieder in emem Federkrieg mit dem Minister verwickelt
und demselben, in der Absieht, Zeit zu gewinnen und einer energischen
Aktion auszuweichen, alles Mögliche vorspiegeln, wobei er es mit der
Wahrheit natürlich nicht sehr gen.au nimmt.
Er gefällt sich darin, demselben belehrende Abhandlungen über
Blockaden, Ausschiffungen u. s. w. zu halten und vergißt, daß es vielmehr
seine Pflicht gewesen wäre, die erhaltenen Befehle auszuführen, wie den
Minister zu belehren und ihn seiner Auffassung geneigt zu machen.
Anfänglich ganz für die Blockade der österreichischen Flotte in Fasana
Seile 91.
') RendicoQti elc, elc, ileposL
a rieite +1 und
ileposiziune Rilioty.
121
eingenommen, welche er in Briefen an den Prinzen von Carignano wie
auch an den Minister selbst angeraten, ist er nun, wo dieselbe zur Aus-
führung kommen soll, auf einmal dagegen und findet allerlei Schwierig-
keiten, die eben in der Natur der Sache liegen, aber durchaus nicht von
einer solchen Tragweite sind, um die Blockade deshalb unmöglich zu
machen. Dieselbe war in Anbetracht der Jahreszeit und sonstigen Ver-
hältnisse ganz gut durchführbar und hätte auch einen praktischen Erfolg
nach sich gezogen; denn entweder wurde die österreichische Flotte in
Pola eingeschlossen gehalten, in welchem Falle man sich tatsächlich der
Herrschaft in der Adria hätte rühmen können, oder dieselbe wäre heraus-
gekommen, um eine Schlacht anzubieten, was man ja eigentlich, wollte
und beabsichtigte. Auf jeden Fall hätte aber der Admiral damit seine
Pfiicht als Soldat erfüllt.
Sich für besonders schlau und gerieben haltend, hat er dagegen
stets seine eigenen Pläne bei der Hand, die aber meist so angelegt sind;
daß sie im Widerspruche zu den erhaltenen Instruktionen stehen und auf
Voraussetzungen beruhen, die oft sehr weit hergeholt sind und der Wahr-
scheinlichkeit wenig Rechnung tragen.
So will er sich bei seinem Auslaufen mit der Flotte am 8.
anfänglich mit der Absicht getragen haben, den Feind mittels einer
Kriegslist aus seiner Operationsbasis herauszulocken, um dann womöglich
unter günstigen Umständen über ihn herzufallen und ihn zur Schlacht zu
zwingen. Hören wir, wie sich Admiral Persano in seinem Prozesse vor der
Untersuchungskommission des Senates bezüglich der Kreuzung vom
8. bis 13. JuU und der Resultatlosigkeit derselben äußerte:
„Ich dachte mir, das Klügste wird es sein, den Feind mittels einer
Kriegslist aus Pola herauszulocken; deshalb beabsichtigte ich eine ordent-
liche Diversion, ohne aber vorher zu verraten wie und wohin, denn ohne
Geheimhaltung adieu alle Pläne, adieu aller Erfolg.
Nur ein Fall, sagte ich mir, kann den Feind veranlassen, aus seiner
Basis herauszugehen, und zwar der Wunsch oder die Notwendigkeit, irgend
eine Operation unsererseits zu verhindern. Deshalb müssen wir ihn
glauben machen, daß wir nach Chioggia gehen und die Spione, deren der
feindliche Admiral gewiß welche hat, werden ihm natürlich sofort unsere
Richtung anzeigen. Wenn es nun eine günstige Lage zu einer Schlacht
für ihn gibt, so ist es sicher die, mich zwischen seiner Flotte und die
venetianische Küste zu bringen, denn auf diese Art würde er mich von
meiner Operationsbasis abgeschnitten haben. Meine Lage wäre hiedurch
eine sehr prekäre geworden, indem die havarierten Schiffe dann natürlich
in seine Hände fallen mußten und ich, wie gesagt, im Falle eines Miß-
geschickes von meiner OpenilionsbLisis, die Ancona war, abgeschnitten
gewesen wäre. Es war daher nötig, den Feind glauben zu machen, daß ich
nach Chioggia steuere, zum Beispiel zu einer mit dem Heere kombinierten
Operation.
In dieser AJjsicht. von der niem<md etwas vni&ie als nur der
Advokat Boggio, lichtete ich die Anker und verheß am 8. nat'hmittags
Ancona, indem ich sehr ostensible den Bug der Schiffe nach Nordwest
gegen Chioggia richten ließ. Nach einigen Stunden befahl ich den Kurs
gegen Südost zu nehmen, nachdem ich früher angeordnet ' hatte so zu
steuern, daß ich weder von der italienischen, noch auch von der
istrianischen oder dalmatinischen Küste gesehen werden könne. Ich rechnete
nämlich so: Wahrscheinlich wird der Feind von seinen Kundschaftern,
deren er sicher sehr gute hat, avisiert werden, daß ich Ancona verlassen
und gegen Chioggia Kurs genommen habe. Er wird von Pola auslaufen
in der Hoffnung, mich gegen den Lido zu drücken, indem er sich zwischen
mich und Ancona legi und mich hiedurch in eine sehr ungünstige Lage
bringt (per serrarmi a! Udo, frapponendosi fra me ed'Ancona e ponendomi
in tristissima posizione). Aber bald wird er erkennen, daß ich nicht in
jener Richtung bin, zu gleicher Zeit wird er auch informiert werden, daß
ich nicht nach Ancona zurückgekehrt bin und wird vielleicht einen Hand-
slreieh gegen diese Stadt untf-mehmen. Vielleicht werde ich hievon unter-
richtet (ich ließ zu diesem Zwecke einen Aviso zurück, mit der Angabe
wo ich zu ßnden sei), eile nun gegen Ancona und kann ihn dann in
jene Lage bringen, in welche er mich zu versetzen hoffte, nämlith
zwischen meine SchitTe mid die italienische Küste und ihn dergestalt
zwingen, eine Schlacht annehmen zu müssen. Damit aber dieser Plan
Aussicht auf Erfolg habe, war es absolut notwendig, daß man uns von
der Küste nicht sah mid dies war die Ursache, weshalb ich den hierauf
bezüglichen ßefehl gegeben habe. Aber leider wollte es das Mißgeschick
(und dieß hängt zuweilen von unvorhergesehenen Ursachen ab, von
Navigationsverhältnissen, die sich ereignen etc. etc.), daß wir uns am
Morgen des 9., anstatt, wie ich befolüen hatte, auf der hohen See gleich-
weit von beiden Küsten befanden, wir in Sicht von Ancona waren.
Da glaubte ich nun, daß meine Kombmation zu nichte geworden sei imd
begnügte mich damit, diese Kreuzung auf eine andere Ai't auszunützen.
Ich verlegte mich aufs Kreuzen, indem ich mich oft von der dalmatinisclien
Küste aus sehen ließ: vielleicht, dachte ich bei mir, wird der Feind, da
«r mich nun außerhalb Auconas weiß, nicht dem Verlangen widersteht.-n
123
können, einen Handstreich auszufuhren und ich, von seinen Bewegungen
avisiert, werde ihm entgegeneilen und ihn in der Position, die ich wünsche,
festhalten, indem ich mich zwischen ihn und Pola stelle.* ^)
Man bemerkt wohl sogleich, auf welch schwachen FQßen dieser
angebliche Plan des Admirals Persano ruht und wie wenig glaubwürdig
derselbe ist. Er behauptet einmal, sein Plan habe eine Kursveränderung
bedungen; in dem Briefe vom 9. an den Minister (Seite 116) schreibt er
dagegen, daß das schlechte Wetter seinem Stabschef widerriet, eine
Kurs Veränderung vorzunehmen, daß somit der nordwestliche Kurs noch
durch längere Zeit gehalten wurde und daß dieser Umstand die Ursache
des Mißlingens seines Planes gewesen sei, indem am nächsten Morgen
man sich wieder in Sicht von Ancona befunden habe.
In seiner Aussage vor der Untersuchungskommission des Senates
behauptet der Admiral femer, er habe sich mit Rücksicht auf seinen Plan
weder von der istrianischen noch von der italienischen Küste wollen
sehen lassen, und in dem Briefe an den Minister sagt er wiederum, er sei
mit der festen Absicht ausgelaufen, um am nächsten Morgen von der
istrianischen Küste aus gesehen zu werden. Seiner Aussage nach war der
Plan auf der Voraussetzung basiert, daß der Feind sich von Pola aus in
Bewegung setze, ohne zu wissen, wo sich die italienische Flotte befinde,
und am 10. schrieb er dem Minister: „Unterdessen haben wir gestern
und heute (9. und 10.) bis auf 9 bis 10 Meilen von d(ir feindlichen Küste
gekreuzt. **
Die Durchführung seines Planes und das Sichsehenlassen an der
feindlichen Küste sind aber zwei Dinge, die einander ausschließen,
entweder ist das eine wahr oder das andere. Woher diese Widersprüche?
1) Wie wenig j^enau es der Admirai in seinen Berichten an den Minister mit der
Wahrheit zu nelimen pflegte und wie sehr er es vermieden hatte, sich der oslcr-
reichischen Küste zu nähern, ersieht man aus dem folgenden Faiitum. Am 11. war das
KohlentransportschifT ,Gairo* zur Flotte gestoßen und da das Panzericanonenhoot
,Varcse* sehr dringend Kohlen brauchte, so sollte dasselbe in See seinen Vorrat
ergänzen. Nachdem aber der Zustand der See diese Operation einigeiTnaßcn erschwerte
und man sich gerade ungefähr 12 — 1 i Meilen von Isola grossa befand, so machte der
Stabschef der Flotte dem Admiral den Vorschlag, mit der Flotte die Insel Melada anzu-
laufen und dort auf kurze Zeit zu ankern. Er verband damit die Absicht, noch ein oder
das andere Schiff Kohlen machen zu lassen und vielleicht dadurch, daß mau ösler-
reichisches Territorium in Besitz nahm, die Österreicher aus Pola herauszulocken. Der
Admiral ging aber auf diesen Vorschlag nicht ein. A. d. V.
Hendiconti etc. etc., deposizione. d'Amico, Seite (36.
Man ziehe ferner die verschiedenen Vorbedint,'uugen, die dem Plane des
Admirals zu Grunde lagwi. in Betracht. Was mußte da nicht alles zutreffen,
damit derseUie gelinge! Vor allem waren die Spione nötig, die dem
feindlichan Adrairal so rasch als mögUch von den Bewegungen der
italienischen Flotte Kunde zu geben hatten. Wie nun, wenn dieselben
nicht exiEtieilen und Admiral Tcgotthoff nicht so programmgemäß
avisiert wurde, was dann?')
Auch hieß es. seinem Gegner, dem Admiral Persano doch sonst stets
große Klugheit nachrühmte, nicht viel Umsicht zumuten, wenn er glaubte,
daß dieser sich so leichthin von seiner Operationsbasis entfernen würde.
Nur ganz positive Nachrichten über eine ernstliche Ausschiffung oder
über einen Angriff auf Venedig, die ihm der Telegraph übermittelt hätte,
würden den Kontreadmiral v. Tegetthoff veranlaßt haben, dieselbe mit
der ihm unterstehenden Eskadre zu verlassen. Eine Diversion von einer
emsthchen Unternehmung zu unterscheiden, war man österreichiseher-
seits wohl zu beurteilen im stände. Dies zeigte Kontreadmiral v. Tegetl-
h 0 ff einige Tage später.
Daß aber dieser ganze vom Admiral Persano enthielte Plan nicht
ernstliih zu nehmen ist, beweist übrigens auch der Umstand, daß er-
seinen Stabschef nicht mit in das Geheimnis zog, weil er wußte, daß ihn
dieser auf die Schwächen desselben aufmerksam machen und ihn davon
abzubringen versuchen würde. Seine Behauptung, daß er dies behufs
Wahrung des Geheimnisses nicht getan habe, klingt zu al)surd. Denn
wem war in dieser Beziehung von einer so wichtigen Sache eher Mit-
teilung zu machen und ein größeres Vertrauen zu schenken, dem Stab.=-
chef d'Amico, mit dem der Admiral unausgesetzt verkehrte und welcher
Dienstgeheimnisse zu wahren im stände sein mußte, oder dem Advokaten
Boggio, der sich mehr oder minder doch nur als eine Art Schlachten-
bummler am Bord befand?
Wir schließen uns daher auch voilstiindig den Ausführungen
des öffentlichen Anklägers im Prozesse Persano. Commendatore
Marvasi, an, der vor dem Senate die Behauptung aufrechthielt, der
Admiral habe diesen Plan in Wirklichkeit gar nie gehabt, derselbe sei
vielmehr von ihm nur als ein Mittel zu seiner Verteidigung ersonnen.
,.Leider ist es nur zu wahr'. Heß sich Commendatore Marvasi in
seinem Plaidoyer vernehmen, »daß dem Admiral Grafen Persano nicht
') TülsSt-hlii-h cxistivrlcn siu iii
bei der GEterreidiischcn Flotte nicht ai
ht, wie CS abcrliaupt mit dt^m lCundäctiafU<U<?Dst
i besten bestellt war. A. U. V.
125
jener geistige Aufschwung, jenes Vorgefühl des Sieges innewohnte, das
^Umlich dem Glauben im Kriege Wunder verrichtet und Außerordent-
liches zu leisten im stände ist. Seine Offiziere, seine Mannschaften
brannten vor Begierde, sich zu schlagen; er wußte diesen Enthusiasmus
nicht zu benützen. Er vermied das Gefecht am 27. Juni und während
seiner Kreuzung vom 8. bis 13. Juli hielt er sich auf hoher See mehr
verborgen als Admiral Tegetthoff in Pola. (Allgemeiner Beifall.)'*
Der Marineminister hatte sich mit den verschiedenen Anschauungen,
welche Admiral Persano in seinen während der Kreuzungsfahrt abge-
sandten Schreiben entwickelte, nicht einverstanden erklärt, verwies den-
selben viehnehr abermals auf seine Instruktionen und benachrichtigte
ihn, daß er sich am 13. in Ancona einfinden werde, um mit ihm über
höchstwichtige Angelegenheilen zu konferieren. Offenbar war der Zweck
dieser Reise, den Admiral mit Rücksicht auf die politische Situation
persönlich zu einer energischeren Tätigkeit anzuspornen.
Übrigens fand sich auch der Präsident des Ministerrates Rieasoli
veranlaßt, aus dem nämlichen Grunde ein Schreiben an Persano zu
richten, aus dem wir nur die nachstehende Stelle anführen wollen: „Wir
stehen im letzten und entscheidenden Augenblick. Das Land erwartet
alles vom Heere und von der Flotte. Es ist von zwingender Notwendigkeit,
daß innerhalb einer Woche die feindliche Flotte vernichtet und Istrien
besetzt sei, denn sonst überrascht uns der Waffenstillstand und mit
diesem erleiden unsere Waffen eine Demütigung, so daß wir dann einen
armseligen Frieden zu schließen gezwungen wären. Du ersiehst hieraus,
was für einen Dienst die Flotle der Ehre und den Interessen Italiens zu
leisten berufen ist.*
Der Marineminister hatte nach seinem Eintreffen in Ancona eine
lange Besprechung mit dem Admiral, in welcher er seine ganze Bered-
samkeit aulbot, denselben von der Notwendigkeit zu überzeugen, daß mit
der Flotle unverzüglich etwas unternommen, werden müsse, um sowohl
den Interessen des Landes wie der öffentlichen Meinung Rechnung zu
tragen. Der Admiral verlangte jedoch, die Ankunft des „Affondatore* bei
der Flotte abzuwarten, worauf er sodann vor Pola erscheinen wolle,
die feindliche Flotte herauszufordern.
Bezüglich des Tatendranges Persanos schon etwas mißtrauisch
geworden, berief der Minister noch separat die Admirale Albiniund
Vucca sowie die Stabschefs zu sich, um sie ganz offen zu befragen,
woran es liege, daß die Flotte bis jetzt noch nichts Positives geleistet
habe. Sämtlich gaben sie zur Antwort, daß auf der Flotte alles von dem
Wunsche beseelt sei, tu die Aktion zu kommen, daß dieser Wunsch
jedoch bei einpm Oberkomniaiidanlen wie Adniiral l'ersano wolü eine
eille Hoüfnimg bleiben dürfte; derselbe zeige wenig Unternehmungslust
und habe bis jetzt noch nie, wie im Reglement vorgeschrieben, seine
Unterbefehlrihaber zu einer Beratung über die einzuschlagenden Schritte
und Maßnahmen berufen.
Von diesen Eröffnungen wonig erbaut, versprach der Minister, Vor-
sorge zu treffen, daß einem derartigen Zustande ein Ende gemacht werde.
Noch am selben ^Vbendii verfügte er sich in das königliche Hauptquartier
Uli Ferrara und am 14. wurde dort nnter dem Vorsitze des Königs ein
Ministerrat abgehalten und der Beschluß gefaßt, daß die Flotlo sofort die
Aktion aufnehmen müsse. Gleichzeitig wurde der General La Marmora
angewiesen, im Namen der Regierung das nachstehende Schreiben an
den Admiral Persano zu richten:
Hauptquartier Ferrara. 1+. Juli 18fiG.
Exzellenz!
, Heute vormittags wurde imler dem Vorsitze Seiner Majestät ('in
Ministerrat abgehalten, an welchem außer dem General Cialdini und
mir noch die Minister Ricasoli, Visconti-Venosta, Pettinengo und
Depretis teihiahmen,
Der Ministerrat beklagte es emmütig, daß die Flotte bis jetzt noch
keine Gelegeiilieit gefunden habe, energisch gegen den Feind vorzugehen,
und aus diesem Grunde haben sowold Seine Majestät wie das Ministerium
mich beauftragt, Ihnen den peremptorischen Befehl zu erteilen, daß eine
derartige Resultatlosigkeit ehestens aufzuhören habe (onde una siffatta
negazione di risultatl utili abbia a cessare al plü presto).
So wie daher der, AEfondatore' bei derFlotteeingeti'offenseinwiixl,
haben Sie sofort in See zu gehen und, sei es gegen die Forts oder gegen
die feindliche Flotte, jene Operationen zu beginnen, welche Sie am zweck-
mäßigsten halten, um einen entsprechenden Erfolg zu eriingen.
In der schwierigen politischen Lage, in welcher das Land sich
gegenwärtig befindet, handelt es sich für uns darum, eine vollzogeoe
Talsache geschaffen zu haben, die uns in den Stand setzt, die weitest-
gehenden Aiisprüdie erheben und aufrechterhalten zu können, wenn es
zu den defmiliven Friedensverhandlungen kommen wird.
Das Ministerium beauftragt mich, Euer Exzellenz mitzuteilen, daß,
falls die Flotte noch ferner m itu-er Untätigkeit verharren sollte, man sich
127
m die Notwendigkeit versetzt sehen würde, Sie im Oberkommando der
Flotte zu ersetzen (di surrogarlo nel commando supremo della flotta) und
dasselbe einem anderen anzuvertrauen, der sich besser eines Angrilfs-
elementes zu bedienen wüßte, dessen Schaffung so viele Opfer gekostet
hat und so gerechte Hoflfhungen zu nähren geeignet war."
Gez. La Marmora m. p.
Der Ministerpräsident Ricasoli, ein persönlicher Freund des
Admirals Persano, beschwor denselben gleichfalls in einem zweiten
Schreiben, der allgemeinen Stimmung Rechnung zu tragen, und heben wir
aus demselben die folgende Stelle hervor: „Du sagst, daß, so wie der
„Aflfondatore'' bei der Flotte erscheinen wird. Du der Seekampagne die
gebührende Richtung zu geben und Deine Mission zu erfüllen wissen
wii-st; diese Antwort hat mir eine große Genugtuung bereitet; ich würde
einen unsäglichen Sclunerz empfinden, wenn die Dinge anders kämen
und wäre in großer Angst des Landes und Deiner wegen. Ich habe Dir
schon gesagt, daß eine Art Verhängnis auf uns allen lastet und daß es
dringend notwendig ist, in kürzester Zeit schöne und nützliche Erfolge zu
erzielen. Der Waffenstillstand kann in sechs bis sieben Tagen uns auf den
Hals kommen und, wenn wir dann etwas ausgerichtet und Territorien
in Besitz genommen haben, so wird dies zu unserem Vorteile gereichen ;
haben wir nichts unternommen, so wird Schande und fürchterliches
Geschrei überall die Folge sein.
Es ist dies ein unerbittliches Verhängniß (E una fatalita inesorabile),
welches sich einem jeden italienischen Herzen aufdrängt; aber ebenso ist
es nicht weniger wahr, daß, weit entfernt, daß dasselbe für uns eine
unerlrägliche Last zu sein braucht, es die Veranlassung zu glänzenden
Taten werden kann, ja werden muß. Ich bin gewiß, daß Du auf demselben
Standpunkt stehest, den die Regierung einnimmt, nämlich, daß durch
Kühnheit die Schwierigkeiten überwunden werden müssen, denn heute
bedeutet Kühnheit so viel als Klugheit.
Mehr habe ich nicht hinzuzufügen und sende Dir den patriotischesten
Wunsch, der je mein Herz erzittern gemacht hat."
Der Marineminister begab sich als Überbringer dieser beiden
Schreiben wieder nach Ancona zurück. Dort ließ or sofort den Stabschef
der Flotte, Linienschiffskapitän d'Amico, zu sich berufen und frug den-
selben um seine Meinung betreffs eines Angriffes auf die Insel Lissa.
Dieser äuß<Tte sich dahin, daß mit Rücksicht auf die absolute Notwendig-
keit einer militärischen Operation und, nachdem man über keine größere
Ti'uppeninacht verläge, um gegen Pola vorgehen zu können, ein Hand-
streich gegen die Insel Lissa wohl versucht werden könnte, um so mehr
als es dadurch möglich wäre, die gegnerische Flotte aus ihrer Operations-
basis herauszulocken. Der Minister frug nun weiters den Stabschef
d'Amico, ob er diese Anschauung auch dem Admiral Persano gegen*
über vertreten zu können glaube, was dieser bejalite, und begalj sich
hierauf an Bord des Flaggenschiffes ,Re d'ltalia-', wo eine sehr lebhalte
Unterredung über denselben Gegenstand zwischen ihm und dem Adnüral
Persano stattfand.
Der letztere halte im Prinzipe nichts gegen die vorgeschlagene
Unteniehmung einzuwenden, hielt sieh auch tür stark genug, um die Insel
von der Seeseite ijezwingen zu können, glaubte jedoch, nicht über
genügende Streitkräfte zu verfügen, um eine Landung behufs Einnahme
derselben bewerkstelligen zu können, zu welchem Zwecke er Landungs-
truppen in der Stärke von 5000 bis GOOO Mann unter dem Befehle eines
Generals der Landarmee verlangte.
Der Minister erwiderte, daß es ihm nicht möglich sei. augenblicklieh
eine Truppe in dieser Stärke beizustellen, daß er vorläufig nur 600 Mann
Marineinfanterie, die sieh in Ancona befanden, zur Verfügung stellen
könne, jedoch nicht unterlassen werde, noch weitere Verstärkungen zu
verschaffen. Der Admiral berief hierauf den Stabschefs d'Amico zu dieser
Unterredung, teilte ihm die Eröffnungen des Ministers mit und wünschte,
seine Meinimg bezüglich dieses Unternehmens zu vernehmen. Linien-
schiffskapilän d'Amico stellte nun dem Admiral vor, daß die auf den
Schiffen der Flotte eingeschifften Detachements der Marineinfanterie mit
den vom Minister vorläufig zur Verfügung gestellten GOO Mann zusammen
ungefähr 1500 Mann ausmachten, eine Stärke, die auch er nicht für hin-
reichend halte, die Insel Lissa zu erobern, daß er jedoch der Ansicht sei,
daß man immerhin einen Handstreich gegen dieselbe schon jetzt unter-
nehmen könne, vorausgesetzt, die vom Minister in Aussicht gestellten
Verstärkungen würden so bald als möglich nachgeschickt und die Be-
satzung der Insel sei keine stärkere als die vermutete von ungefähr
2000 Mann. Er bot sich auch dem Admiral an, eine Rekognoszienuig
der Insel vorzunehmen.
Daraufhin gab der Admiral nach längerer lebhafter Debatte endlich
den vereinigten Bemüliungen des Ministei-s und des Stabschefs, ihn für
eine sofortige Aufnahme der Aktion zu bestimmen, nach und erklärte, die
Expedition gegen Lissa unternehmen zu wollen. Noch am selben Tage
richtete er das folgende Schreiben an den Minister:
120
, Zufolge der mit Euer Hoch wohlgeboren gehaltenen mündlichen
Unterredmig, unterlasse ich es vorläufig, mit der Flotte vor Fasana zu
erscheinen, um die österreichische herauszufordern, und werde morgen
Mittag auslaufen, um mich der Inselgruppe von Lissa und speziell der
Insel Lissa selbst, welche die bedeutendste derselben ist, zu bemächtigen.
Ich werde mit den Panzerschiffen die Aufgabe übernehmen, die
Forts, welche die Insel verteidigen, zum Schweigen zu bringen, während
die Ausschiflfungskompagnien der zweiten Eskadre, verstärkt durch die
600 Mann Marineinfanterie, welche Euer Hochwohlgeboren auf dieselbe
einzuschiffen mir anbefohlen haben, an einem noch zu bestimmenden
Punkte festen Fuß am Lande fassen werden, um die Insel in Besitz zu
nehmen.
Nachdem Euer Hochwohlgeboren für gut befunden haben an-
zuordnen, daß nicht erst die Landtruppen, welche der Herr Kriegsminister
zu diesem Zwecke senden will, abgewartet werden, so werde ich diesem
Befehle nachkommen und ohne dieselben vorgehen.
Ich ersuche Euer Hochwohlgeboren noch, mir eine Karte der Insel
Lissa im größeren Maßstabe, als es die unserige ist, verschaffen zu wollen,
und glaube gleichzeitig noch bemerken zu sollen, daß es angezeigt wäre,
wenn dieser Expedition 2 Artillerie- und 1 Genieoffizier zugeteilt würden.**
Auf diesen Bericht antwortete der Marineminister gleichfalls noch
am 15., wie folgt:
,Es ist die Absicht der Regierung, Euer Exzellenz vollkommen freie
Hand bezüglich der Verwendung der unter Ihren Befehlen stehenden
Streitkräfte zu lassen, und zwar ebensowohl betreffs der Ihnen mit den
Instruktionen vom 8. Juni und 5. Juli aufgetragenen Punkte 1, 2, 3, 4
und 5 derselben, welche untereinander in keiner Weise abweichen, als
auch bezüglich einer jeden anderen Unternehmung von Bedeutung.
Wenn daher Euer Exzellenz es für angezeigt halten sollten, mit der
Flotte ohne weiters vor Pola zu erscheinen, um dortselbst den Feind zu
einer Schlacht zu bringen, so kann ich versichern, daß ich weit entfernt
bin, in dieser Beziehung irgend eine Gegenbemerkung zu machen.
Euer Exzellenz glaubten, daß zu diesem Unternehmen es vorzu-
ziehen sei, die Ankunft des »Affondatore* abzuwarten, und die Regierung
hat sich dieser Anschauung gefügt. Nachdem ich heute morgen von Euer
Exzellenz vernommen habe, daß es möglich sei, sich in kurzer Zeit der
sehr wichtigen Insel Lissa bemächtigen zu können, glaubte ich jedoch,
Sie bestärken zu sollen, dieses Unternehmen auszuführen, nachdem mir
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 9
ungemein viel daran liegt, daß die Flotte ungeaäuint ihre Operationen
aufiielime und dem Feinde ihre Macht fühlen lasse. Sowie Lissa einmal
in unserem Besitze ist, kann dieselbe dann vor Pola erscheinen um dort
die Österreichische Flotte zu bettfimpfen. Zu diesem Zwecke habe ich die
Marineinfanterie der Expedition zugeteilt und Schritte beim Genpral
Dufour und dem Kriegsministcr getan, damit 1 Stabsoffizier und 1 Sub-
alteraorfizier der ArtiUiTJe sowie auch 1 Genieoffizier dieselbe begleiten.
Wenn Sie dafür halten sollten, daß die Truppen über die Sie verfügen,
nicht hinreichen, die Insel Lissa einzunehmen, so bitte ich. dies noch heule
abend behufs weiterer VeranlAsung meinerseits mich wissen zu lassen.
Es war mir nicht möglich, die von Ihnen gewQnsclite Kai'te der
Insel Lissa zu bekommen, und ermächtige ich Sie deshalb, sich dieselbe
zu jedem Kostenpreis selbst zu verschaffen."
Am IG. vormittags wurde in Gegenwart des Marineministers ein
Kriegsrat am Bord des ,Be d'ltalia" abgehalten, an welchem die Admirale
Albini und Vacca sowie der Stabschef der Flotte, Linienschiffskapitän
d'Amico, teilnahmen. Der Minister eröffnete denselben mit dem Elinweise
auf die di-ingende Notwendigkeit einer militärischen Aktion imd eines
Erfolges; einmal protestiere Preußen gegen die Untätigkeit der italienischen
Flotte, weil infolge derselben die Österreicher im stände seien, 150.000
Mann von der istrianischen, dalmatinischen und venetianischen Küste in
das Innere zu senden und mit ihnen die Nordarmee zu verslfirken; dann
sei auch schon die öffentliche Meinung in Italien eine ungemein erregte
und endlich drohe, in vielleicht vier bis fünf Tagen ein Waifeiistillstand
abgeschlossen zu werden, der nur zu einem für das Land unvorteilhaften
und wenig ehrenvollen Frieden führen würde, wodurch aber dann auch
das Schicksal der Marine für immer besiegelt wäre, Aus allen diesen
Gründen müsse er sich für eine schleunige Aktion aussprechen. „Oas
Adriatiache Meer', so schloß der Minister, ,mnß italienisch sein und
bleiben; deshalb muß auch jede Spnr des Feindes verschwinden. Ich ver-
lange nur, daß gehandelt werde, sonst nichts.*
Nach dieser Auseinandersetzung der Lage und gedrängt durch die
peremptorische Aufforderung aus dem Hauptquartier, erklärte sich
Admiral Persano endlich einverstimden, die Expedition gegen die Insel
Lissa zu unternehmen. Auch Kontreadmiral Vacca stimmte zu, nur
Vizeadmiral Albini war anderer Meinung und brachte dagegen vor, daß
sein Stabschef. LinienschifTskapitän Marquis Paulucci, welcher früher in
österreichischen Diensten gestanden und die Insel aus eigener Anschauung
kenne, ihm mitgeteilt habe, dieselbe sei stark befestigt und dürfte sich als
131
ein kleines Gibraltar erweisen. ^) Übrigens wolle aber auch er sich den
Stimmen der anderen Mitglieder des Kriegsrates anschliefien, weil auf
diese Weise wenigstens die Möglichkeit geboten sei, die Österreicher aus
Pola herauszulocken und sie unter für beide Teile ziemlich gleichen
Chancen bekämpfen zu können.
Sofort wurden nun der Flotte die nötigen Befehle zum Auslaufen
erteilt imd Vizeadmiral Albini beauftragt, die 600 Mann Marineinfanterie
emzuschiffen und auf die yerschiedenen Schiffe seiner Eskadre zu ver-
teilen, welche mit den eigenen Marineinfanteriedetachements der Schiffe
der Flotte sowie mit den anderen AusschifEungskompagnien und 8 Feld-
geschützen vorläufig zur Landung bestimmt waren.
Bevor jedoch die Flotte die Anker hchtete, erbat sich Admiral
Persano noch vom Marineminister die Beantwortung folgender Fragen:
1. Wie stark ist im ganzen die Landungstruppe, welche dem Ober-
kommandanten zur Verfügung gestellt werden wird?
2. Wie stark jene, welche sich sogleich einschiffen wird?
3. Wie stark wird jene Truppe sein, welche noch zu uns stoßen soll
und binnen welcher Zeit?
4. Werden 2 Geniekompagnien mitkommen?
5. Wird irgend ein Genie- oder Artillerieoffizier sich der Expedition
anschließen?
Ich bitte um präzise Antworten sowie um den Zeitpimkt der Ein-
schiffung der Marineinfanterie.
Wir werden nicht vor 2** p. m. auslaufen.
Der Marineminister antwortete ihm hierauf zurück:
Ad 2. Der Chef des 3. Departements Eontreadmiral Provana wird
die Stärke der Truppen angeben, die sich sogleich einzuschiffen hat.
Ad 3. Der Kriegsminister hat den Tag nicht angezeigt, an welchem
sich die Frei willigenjäger in der Stärke von 1200 bis 1400 Mann in Ancona
befinden werden.
Ad 4. Der Kriegsminister hat die 2 Geniekompagnien nicht zugesagt.
Ad 5. Die Artillerie- und Genieoffiziere werden sich sofort einschiffen.
1] Der Marineminister schien sich bezüglich der Möglichkeit, die Insel Lissa durch
einen Handstreich zu nehmen, keinen derartigen Befürchtungen hinzugeben, die
Expedition vielmehr als eine solche zu betrachten, die mit Rücksicht auf die Mittel der
Flotte keine besonderen Schwierigkeiten bereiten werde. So hatte er im Laufe des
Gespräches die Äußerung fallen lassen, daß ein bloßes „ Darüberfahren " wohl genügen
dürfte (che basterebbe una leccata). Rcndiconti etc. etc.; deposizione Persano,
Seite 35. A. d. V.
9*
132
300 Mann Marineinfanterie werden entweder noch heute oder
morgen in Ancona eintreffen.
Um 3*^ p. m. verließ endlich die italienische Flotte in der imposanten
Stärke von:
11 Panzerschiffen: ,Rfe dltalia*, ,Re di Portogallo*, , Maria Pia*,
»Principe di Carignano", , Ancona*, „Castelfidardo", ,San Martino*,
»Terribile*, »Formidabile*, „Palestro*, „Varese*,
4 Holzfregatten: «Maria Adelaide*, «Duca di Genova*, »Vittorio
Emanuele*, »Ga6ta*,
3 Korvetten: Schraubenkorvette »San Giovanni*, Raddampf-
korvetten »Ettore Fieramosca* und »Guiscardo*,
5 Avisodampfem : »Esploratore*, »Messaggiere*, »Flavio Gioja*,
»SteUa d'Italia*, .Giglio*,
3 Schraubenkanonenbooten: »Montebello*, »Vinzaglio*, »Confi-
enza*,
2 Transportdampfem: »Washington*, »Indipendenza*,
somit im ganzen 28 Schiffe die Rhede von Ancona und steuerte in*
der Absicht, ihre eigentliche Route zu verbergen, bis zum Einbrüche der
Nacht einen nordwestlichen Kurs.
Vorher hatte noch der Admiral den nachstehenden Tagesbefehl an
die Flotte erlassen:
»Admirale, Kommandanten, Offiziere, Matrosen und Soldaten!
Vom ersten Tage der Eröffnung der Feindseligkeiten hat die
Operationsflotte sich im Besitze der Herrschaft über das Adriatische Meer
zu erhalten gewußt.
Von uns ganz unabhängige Umstände sind die Veranlassung ge-
wesen, daß wir bis jetzt keine größere Tätigkeit entfaltet haben.
Wir setzen uns mm zu dem Zwecke in Bewegung, um für Italien
den feindlichen Waffen Länder zu entreißen, welche zu Italien gehören.
Ich schätze mich glücklich, dies Euch anzuzeigen und auf diese
Weise Euere gerechte Ungeduld, in den Kampf zu kommen, zu befriedigen.
Unser König befiehlt uns, bis aufs äußerste zu kämpfen.
Italien sieht auf uns.
Lasset uns daher zeigen, daß wir im stände sind, die allgemeine
Erwartung noch zu übertreffen.
Es lebe der König! Es lebe Italien!
Conte di Persano m. p.*
ö]
'■J
133
6. Kapitel.
Hiezu Karte IIL
Besehreibong der Insel Lissa. — Ihre Wichtigkeit für die Franzosen and Engländer zu Anfang des
19. Jahihunderis. — Befeetigungsbauten der Engländer. — Fortsetzung derselben durch die Öster-
reicher. — Stand der Werke Ende Juni 1866. — StArke der Garnison. — Kurze Beschreibung der Werke.
Die Insel Lissa liegt fast in der Längenmitte des Adriatischen Meeres
unter dem 43. Grad nördlicher Breite und zwischen dem 16. und 17. Grad
östlicher Länge von Green wich, ungefähr 30 Seemeilen von der dalmatini-
schen, 70 von der italienischen Küste des Festlandes entfernt und ist die
am weitesten gegen Südwesten vorspringende der dalmatinischen Inseln.
Du: Flächeninhalt beträgt 30 Quadratseemeilen, ihr Umfang 24 See-
meilen, ihre Länge von West gegen Ost 8, ihre Breite 4 Seemeilen.
Der höchste Punkt der Insel ist der Monte Hum (592 m), dessen
Verzweigungen sie ganz ausfüllen und in steilen felsigen Ufern gegen das
Heer abfallen.
Mehrere gute Häfen und zahlreiche kleinere Buchten vermitteln die Ver-
bindung der wenigen Ortschaften auf der Insel; die nennenswertesten sind'
An der Nordseite der P/s Seemeilen tiefe und V2 Seemeile breite
Haupthafen von S. Giorgio (Lissa); dann die Buchten Carober, Gradac,
Portochiave imd Travna westlich, Stoncica östUch des genannten Hafens.
An der Südostseite: Die Bucht Milna, der Hafen Manego, die Bucht
Ruda, endlich im Westen die 1 Vs Seemeilen breite und 1 Seemeile tiefe
Bai von Comisa.
Die Gangbarkeit im Innern der Insel ist auf den meist nackten
Felsenboden sehr erschwert; nur einige für Saumtiere zur Not prakti-
kable Reitwege verbinden die verschiedenen Befestigungen. Der beste
Weg ist jener, welcher von Lissa (S. Giorgio) über den Sattel Michelc
nach Comisa führt.
Früher zum venetianischen Besitz in Dalmatien gehörig, kam die
Insel nach dem Sturze der Republik zunächst an Österreich, wurde
jedoch von diesem im Preßburger Frieden an Frankreich abgetreten und
zu dem Königreich Italien geschlagen. Ihrer günstigen geographischen
Lage wegen bildete sie nun in den Kämpfen zu Anfang des 19. Jahr-
134
hunderts unausgesetzt den Zankapfel zwischen den Franzosen, Engländern
und Russen, von denen die Engländer sich hauptsächlich auf derselben
festsetzten, von hier aus ihre Kreuzungen im Adriatischen Meere zu
unternehmen pflegten und auf diese Art den französischen wie italieni-
schen Handel schwer schädigten.
Napoleon I. legte aus diesem Grunde der Insel Lissa einen großen
Wert bei imd während der Herrschaft des damaligen Königreiches Italien
wurden wiederholte Versuche gemacht, sich ihrer wieder zu bemächtigen,
die aber immer an der Überlegenheit der englischen Flotte und deren
Wachsamkeit scheiterten. Der letzte dieser Versuche geschah im März
1811, um welche Zeit eine Expedition, bestehend aus den drei französi-
schen Fregatten „Favorite**, »Flore« und ,Dana§«, der italienischen
Fregatte , Corona*, den italienischen Korvetten ^Bellona* und „Carolina*
sowie vier kleineren Schiffen, welche auch Landungstruppen am Bord
führten, unter dem Kommando des französischen Linienschiffskapiläns
Dubourdieu, zur Eroberung der Insel dorthin abging.
Am 11. März in den Gewässern von Lissa von einer englischen
Schiffsdivision, bestehend aus den Fregatten „Amphion*, „Active* und
„Cerberus* und der Korvette „Volage* unter dem Linienschiffskapitän
Sir William Hoste angegriffen und geschlagen, verlor dieselbe in diesem
Gefechte die Fregatten „Favorite*, „Corona* und „Bellona* und flüch-
tete, ihre Aufgabe vereitelt sehend, mit dem Reste nach Lesina. *)
Die Engländer erbauten an der Nordwestseite des Hafens von
S. Giorgio, auf einer gegen das Meer vorspringenden Landzunge das Fort
S. Georg, und auf den den Hafeneingang beherrschenden Höhen drei
terrassierte Defensionstürme: Robertson, ßentink und Wellington.
Nachdem die Insel im Jahre 1815 mit Dalmatien an Österreich
rückgefallen war, wurden in der langen Friedensepoche bis zum Aus-
bruche des Krieges mit Sardinien 1848 bis 1849 die Befestigungen gerade
nur in dem notwendigsten Stand gehalten und nichts mehr für ihre
Erweiterung getan. Man hielt, wie aus einer diesbezüglichen an den Hof-
kriegsrat gerichteten Denkschrift aus dem Jahre 1832 hervorgeht, nicht
einmal die bloße Verteidigung der Insel für zwingend notwendig, „da
Lissa mit Rü cksicht auf seine natürlichen Hilfsquellen nichts darbietet
was ihren Besitz interessanter macht, als den der übrigen unteren Inseln
1) Noch in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts waren auf dem kleinen
nach Sir William Hoste benannten Eiland in der Einfalirt zum Hafen von S.Giorgio
die Gräber der in dieser Aktion gefallenen englischen Offiziere und Matrosen vorhanden.
135
des dalmatinischen Litorales*^) Erst infolge der politischen Lage, in
welche Österreich seit 1848 durch die Verhältnisse auf der italienischen
Halbinsel, welche neuerliche kriegerische Verwicklungen in Aussicht
stellten, versetzt worden war, fand man sich veranlaßt, der so günstig
gelegenen Insel eine größere Bedeutung beizumessen und die bishe^*
bestandenen Werke, welche den Haupthafen S. Giorgio verteidigten,
durch die Batterien Mamula, Zupparina und Schmidt sowie durch
die ganz im Hintergrunde des Hafens gelegene Batterie Madonna zu
ergänzen. Auf dem Sattel S. Michele wurde ferner als Talsperre die Erz-
herzog Max-Feste errichtet, auf der westlichen Seite der Insel, den Hafen
von Comisa beherrschend, die Batterie Magnaremi, auf der östlichen,
zum Schutze des Hafens Manego, die Batterie Nadpostranje.
1860 wurde der Hafen von S. Giorgio zum Kriegshafen erklärt und
dort eine Kohlenstation für die k. k. Kriegsmarine errichtet.
Inzwischen vollzog sich aber der Bau der Panzerschiffe sowie der
Übergang von den, glatten Geschützen zu den gezogenen schwersten
Kalibers. Waren bisnun Festungswerke im allgemeinen den Holzschiffen
als bedeutend überlegen anzusehen gewesen, so zeigte es sich bald, daß
sie den schweren Geschützen der Neuzeit, welche die Panzerschiffe am
Bord führten, nicht mehr Stand halten konnten und der Vorteil jetzt auf
Seite der letzteren lag, ein Umstand, welchem selbstverständlich nicht
so leicht begegnet werden konnte. Auf diese Weise erklärt es sich, daß
beim Ausbruch des Krieges im Jalire 186G die Befestigungs werke von
Lissa in keinem richtigen Verhältnisse mehr zu den am Bord der Panzer-
schiffe bereits eingeführten neuen Geschützsystemen standen. Es wäre
daher vielleicht angezeigt gewesen, sie ganz aufzulassen, wie man dies mit
anderen bereits getan hatte. Tatsächlich bestanden sie aber noch als der
Krieg schon in Sicht stand und man beschränkte sich — zumal ein Haupt-
angriff auf Lissa von Seite der italienischen Flotte aus den bereits ange-
führten Gründen und mit Rücksicht auf das für Italien viel wichtigere
Venedig nicht wahrscheinlich schien — darauf, dieselben, soweit es noch
die Zeit zuließ, auszubessern und zu verstärken.
Der Bauzustand der genannten Werke von Lissa war, mit Aus-
nahme des schon etwas in Verfall geratenen Turmes Wellington, im
1) Tatsächlich bietet Lissa als Verpflegsstation keine großen Ressourcen; der
Mangel an genügend gutem Trinkwasser macht sich in den Sommermonaten sehr
fühlbar, da nur eine geringe Anzahl von Quellen vorhanden ist und das Regenwasser
in Zisternen aufbewahrt werden muß. Die Franzosen hatten im Kriege 1859 dasselbe
gänzlich unbeachtet gelassen, dagegen Lussin besetzt. A. d. V.
allgemeinen nodi ein guter; einige Mängel jedoch, welche zum Teile von
der Anlage lierrülirend, im gegenwärtigen Momente und bei der knapp
bemessenen Zeit nicht vollständig zu beheben waren, mußten jetzt um so
SL'hwerer ins liewicht lallen.
Die meisten Werke halten nämli<;h den Nachteil, daß die dem feind-
lichen Feuer bloßgestellten Böschungen wegen Mangel an Erdreich mit
Mauerwerk und Steinen verkleidet und die Geachülzstfinde nur durch aus
lockeren Steinen zusammengefügten Brustwehren gedeckt waren. Ferner
trat bei fast allen, trotzdem sie von versi'hiedenen Seiten aus enüliert
oder schräge beschossen werden konnten, der Mangel an geeigneten Erd-
traversen zum besseren Schutze der Pulvermagazine zu Tage; die auf-
geführten Steintraverseii boten hiefür nur einen ungenügenden Ersatz,
wobei noch, wie es auch die Folge zeigte, die Lielahr drohte, daß die
Bedienungsmannschaften durcli die umlierfliegenden Steintrümmer
Schaden nähmen. Bereits im Monate April wurden alle Pulvermagazine
iji der oben ei-wälmten Art gesichert, die Enveloppe .des Turmes Bentink
erweitert und verstärkt, der Turin Wellington restauriert und an dem-
seilien eine Batterie für vier Mörser angebaut; femer wurden an mehreren
Punkten der Insel zur Abwehr von Landungen flöchtige Geschütz-
emplacemenls errichtet.
Ebenso ungenügend wie die fortifikalorische Stärke der Befesti-
gungen von Lissa war die zu ihrer Verteidigung vorhandene Anzahl der
Geschülze und deren Kaliber.
Demhisel- und Festungskommando standen im ganzen 88 Geschütze
zur Verfügung, mid zwar:
1. Gezogene Geschütze.
20 Stück 24pfündige Hinterlader (System Wahrendorff),
8 , 12 , Hinlerlader (System Wahrendorfif),
3,6, Vorderlader (^System La Hitte).
Summe . ;il Slück
il Glalle Geschütze.
8 Stück 48 pfundige KOstenkanonen,
4 , 30 , Granatkanonen (Paixhans),
6 , 30 , Küslenhaubitzen,
2 - 24 , kurze Batteriekanonen,
Fftrlrag. . 20 Stück
137
Übertrag. . 20 Stück
12
11
18
»
eiserne Verteidigungskanonen,
4
1»
12
n
eiserne Verteidigungskanonen,
1
J»
10
ji
Batteriehaubitze,
2
T»
7
9
Granatkanonen,
1
f»
7
»
Feldhaubitze,
3
?»
G
»
Feldkanonen,
2
J»
60
1»
Küstenmörser,
2
1»
60pfündige
1 ordinäre Mörser,
2
n
30
»
weittreibende Mörser,
2
j»
30
^
ordinäre Mörser,
2
?»
12
n
Raketengeschütze,
4
»
6
n
Raketengeschütze.
Summe . . 57 Stück.
Wie hieraus ersichtlich, ließen sich von diesen Geschützen kaum
die Hälfte als solche in Betracht ziehen, welche den Kampf mit Panzer-
schifiFen mit Aussicht auf Erfolg unternehmen konnten und es kann nicht
geleugnet werden, daß die Verteidiger Lissas vor die schwere Aufgabe
gestellt worden waren, mit ungleichen Waffen zu kämpfen, eine Aufgabe,
die sie jedoch, wie wir sehen werden, trotzdem in geradezu glänzender
Weise lösten.
Für die Verpflegung der Besatzung war genügend vorgesehen
worden, Proviant auf mehrere Monate vorhanden, die Zisternen wohl mit
Wasser versehen. Die Dotation der Geschützmunition betrug durch-
schnittlich 200 Schüsse pro Geschütz.
Die Besatzung der Insel bestand am 20. Juni, abgesehen von dem
Stabspersonal, aus:
dem 4. Bataillon des Infanterieregiments Baron Jellacic
Nr. 69 1047 Mann,
5 Kompagnien Marineinfanterie, und zwar die 4., 9., 10.,
11., 12. Kompagnie 1200
3. Kompagnie des Küstenartillerieregiments 297
5. Kompagnie des Küstenartillerieregiments 265
Genietruppe 27 „
Matrosen 44 „
^
n
n
Zusammen . . 2880 Mann.
138
Als infolge der Ereignisse auf dem nördlichen Kriegsschauplatze
das 5. und 9. Korps der Südarmee an die Donau berufen und das in
Italien verbleibende 7. Korps durch Heranziehung aller an der dalma-
tinischen Küste nur irgend entbehrlichen Besatzungen verstärkt wurde,
erhielt auch das 4. Bataillon Jellacic-Infanterie die Bestimmung, nach
Triest abzugehen und wurde am 12. Juli dahin überschiflft.
Es blieben sonach in Lissa:
5 Kompagnien Marineinfanterie mit 1200 Mann,
3. und 5. Kompagnie des Küstenarlillerieregiments . . . 562
Genietruppe 27
Malrosen 44
in Summa . . 1833 Mann.
200 Mann der Marineinfanterie waren in den Batterien teils zur
Geschützbedienung, teils als Geschützbedeckung, 36 Mann als Pionier-
abteilung bei verschiedenen Arbeiten, 14 Mann als Blessierten träger
verwendet, der Rest der Marineinfanterie mit 950 Mann blieb disponibel.
Im Hafen von S. Giorgio lag der gemietete Lloyddampfer »Egitto*,
Kommandant Linienschiffsleutnant Stratti, für Rekognoszierungen etc.
zur Verfügung des Festungskommandanten; derselbe war jedoch nicht
mit Geschützen armiert und deshalb zu keinem Gefechte geeignet.
Zum Insel- und Festungskommandanten war der aus dem Ruhe-
stande zeitlich emberufene Oberst und Maria Theresien-Ordensritter
David Freiherr Urs de Margina ernannt worden, der am 21. Mai das
Kommando übernahm; Geniedirektor war Major Hiltl der Geniedirektion
Sjialato, welcher zugleich die Dienste des Generalstabschefs versah,
Artilleriedirektor Hauptmann Klier des Küstenartillerieregiments und
Infanteriebesatzungskommandant Major Kratky des Marineinfanterie-
regiments.
Von der Kuppe des Monte Hum und dem Turme Wellington komite
der Golf bis an die italienische und dalmatinische Küste beobachtet
und jede Wahrnehmung durch den optischen Telegraphen nach der
Roservestellung auf Cosmo-Andrea signalisiert werden, woselbst der
dritte optische Telegraph die Befehle des Festungskommandanten nach
allen befestigten Punkten übertrug.
Die Insel war durch ein von der Bucht von Stoncica aus gelegtes
unterseeisches Kabel über Lesina mit Zara telegraphisch verbunden.
139
Schliefilich sei noch erwähnt, daß die Verteidigung des Hafens
durch Seeminen oder Barrikaden aus Mangel der nötigen Zeit nicht mehr
tunlich gewesen war.
Im nachstehenden folgt eine kurze Beschreibung der Werke bezüg-
lich ihrer Beschaflfenheit nach Durchführung der bereits früher erwähnten
Arbeiten sowie ihrer Armierung: ^)
Nr. I. Fort Georg.
Kommandant: Oberleutnant J. U. Dr. Jakob Girtler des KQstenartillerieregiments, zu-
gleich Respizierungskommandant der Batterie Mamula und der Türme Robertson und
Bentink.
Dieses Fort lag 55 m über dem Meere und hatte eine Bankbatterie
vorgelegt, deren gerade Front gegen die offene See, die rechte Flanke
gegen die nordöstliche Einfahrt, die linke Flanke gegen die Bucht Carober
gerichtet war.
An die Batterie schloß rückwärts eine für Geschützverteidigung
eingerichtete Terrasse, deren untere Räume für ein Proviantmagazin, ein
Requisitendepot imd ein Dotationspulvermagazin adaptiert waren. An
die rückwärtige Front der Terasse war das große Kriegspulvermagazin
mit einem Fassungsraum für 50.000 k(j Pulver angebaut. Gegen die Bucht
Carober war dieses Magazin nur durch eine aus Steinen provisorisch
hergestellte Traverse unzureichend geschützt.
Die Länge der Front der Batterie, welche gar keine Traversen
besaß, betrug 64 wi, jene der beiden Flanken je 32 w: die aus Steinen
hergestellte Brustwehr hatte eine innere Höhe von 1 72 wt und eine Dicke
von etwa 1 m. Der Graben war 4 m tief und ebenso breit.
Die Armierung bestand aus 17 Geschützen, und zwar:
4 ISpfündigen eisernen Verteidigungskanonen auf der Terrasse,
4 24 „ gezogenen Hinterladern,
6 48 , glatten Küstenkanonen,
1 30 „ ordinären Mörsern,
2 60 „ Küstenmörsem,
17 Geschütze.
Nr. II. Batterie Mamula.
Kommandant: Feuerwerker Karl Gomolka des Küstenartillerieregiments.
Diese etwas vor und unterhalb des Forts Georg 33 m über dem
Meere gelegene Batterie war ganz im Felsen gehauen, mit dem Fort
1) Nach Wilhelm Knobloch „Die Kanoniere von Lissa**.
140
durch eine Zugbrücke verbunden und bestrich die nordöstliche Hafen-
einfahrt.
Die beiden Pulvermagazine an den Flügeln der Batterie fafiten
zusanunen kaum den dritten Teil der Dotationsmunition. Gegen die
Hafeneinfahrt waren sie durch eine Vorlage aus Steinschotter gedeckt.
Armierung:
S 24 pfundige gezogene Hinterlader,
4 30 „ Küstenhaubitzen,
1 30 pfundigen ordinärer Mörser,
7 Geschütze.
Nr. m. Turm Robertson.
Kommandant: Kadettkorporal Franz Häring des Köstenartillerieregiments.
50 m über dem Meere, auf dem Sattel hinter Fort Georg. Der 9 m
hohe runde Turm hatte einen Durchmesser von 8 m, eine Steinbrust von
17« w Höhe und 1 m Stärke imd war im Innern durch eine schwache
Holzdecke und ein Ziegelpflaster in zwei Stockwerke geteilt Das hori-
zontale Turmverdeck war gebildet durch einen 30 cm starken Dippel-
boden, eine 8 cm dicke Pfostenlage, 75 cm Erdaufschüttung und ein 8 cm
starkes Steinpflaster, in der Mitte wurde es durch einen Mauerpfeiler
gestützt. Auf dem Verdecke stand:
112 pfundiger gezogener Hinterlader.
Nr. lY. Batterie Zapparina.
Kommandant: Unterleutnant Josef Po m eis 1 des Köstenartillerieregiments.
28 m über dem Meere. Ursprünglich als Etagenbatterie Ober- und
Unter-Zupparina erbaut, war letztere später wieder aufgelassen worden.
Die Brustwehr bestand aus einer 6 m starken Erdlage imd war
innen mit einer Mauer verkleidet. Das Pulvermagazin lag am rechten
Flügel.
Armierung:
4 24pfündige gezogene Hinterlader.
Nr. V. Turm Bentink.
Kommandant: Kadettfeuerwerker Karl Winkler des Küstenartillerieregiments.
Seehöhe 75 m. Der Turm hatte eine Brustmauer von 2 m Stärke
und 1 m Höhe, war 9 m hoch bei einem Durchmesser von 14 m. Die
innere Einrichtung war ahnlich wie bei Robertson.
141
Kurz vor Ausbruch des Krieges wurde er an seiner östlichen Seite
mit einer aus Erde hergestellten und mit Scharten versehenen Enveloppe
umgeben.
Im Turme selbst befanden sich Mannschaftsunterkünfte, eine
Zisterne und das Pulvermagazin. Letzteres enthielt auch einen Teil der
Munition für die Batterie Zupparina.
Armierung:
1 12 pfundiger gezogener Hinterlader auf dem Verdecke des
Turmes,
2 30pföndige Küstenhaubitzen der Enveloppe,
4 12 pfundige eiserne Verteidigungskanonen der Enveloppe,
7 Geschütze.
Nr. VI. Batterie Schmidt.
Kommandant: Unterleutnant Eduard Pawlowsky des KQstenartUlerieregiments.
Seehöhe 16 m. Bankbatterie aus Erde, in den Hang einer Kuppe
eingeschnitten, mit der Front gegen die offene See und dem zurück-
gebogenen linken Flügel gegen die nördliche Einfahrt gerichtet.
Die 6 m starke Brustwehr war röckwärts 1 ^/2 tn hoch.
Die zwei Munitionsmagazine waren hinter der Geschützstellung
minenartig in den Berg gegraben; die Eingänge zu ihnen führten aus dem
Batterieraume, sahen also gegen den Feind, doch war der Zugang wieder-
holt rechtwinkelig gebrochen und mündete in einen seitlichen Vorraum
zum Magazin. Dafür faßten beide zusammen kaum den sechsten Teil der
Dotation und mußte die Ersatzmunition während des Gefechtes aus dem
Pulvermagazin der 2000 tn entfernten Madonna-Batterie zugetragen
werden.^) Traversen und Rücken wehren hatte die Batterie nicht
Armierung:
2 24 pfundige gezogene Hinterlader,
2 48 pfundige glatte Küstenkanonen,
4 Geschütze.
Nr. Vn. Turm Wellington.
Kommandant: Oberleutnant Johann Haberl des Küstenartillerieregiments.
Seehöhe 190 m. Bauart analog wie bei Robertson. Auf dem Turm-
verdeck stand ein optischer Telegraph, weshalb der Turm auch Tele-
graphenturm genannt wurde. Vor dem Turme lag, mit dem rechten
1) Diesem Umstände fiel, wie wir sehen werden, durch einen unglücklichen
Zufall während dos Kampfes die Batterie zum Opfer.
14ä
Flügel gegen diesen gelehnt, eine Mörserbatterie, deren Front gegen die
Hafeneinfahrt gerichtet war und deren Brustwehr nur aus übereinander-
gelegten Steinen mit einem 30 cm hohen Erdaufschutt bestand.
Armierung :
1 7 pfundige kurze Feldhaubitze, auf der Terrasse des Turmes,
1 lOpfündige Batteriehaubitze, auf der Terrasse des Turmes,
2 30 pfundige weittreibende Mörser, in der Mörserbatterie,
5 60 pfundige ordinäre Mörser, in der Mörserbatterie,
6 Geschütze.
Nr. Vlll. Batterie Madonna.
Kommandant: Oberleutnant Eduard Jauernig des Küstenartilierieregiments.
Diese lag im Hintergrunde des Hafens zwischen den Orten Lissa
und Eut Der solid aus Quadern gebildete Steinbau hatte 13 m Seehöhe
und eine 6— 7 m starke Steinbrust, deren Krone mit Erde bedeckt war.
Das Munitionsmagazin unter dem Wallgange enthielt außer der
eigenen Dotation noch einen großen Teil für die Batterie Schmidt und
außerdem die Munition für die Raketenbatterie.
Die Schußdirektion der Batterie war gegen die Mitte der Hafen-
einfahrt gerichtet, wodurch gleichzeitig die Flankierung der Batterien
Schmidt und Zupparina auf ungefähr 2000 m Entfernung eiinöglicht war.
Etwa 8 m hinter der Batterie befand sich eine den Wallgang über-
höhende, gemauerte Defensionskaseme.
Armierung:
4 24 pfundige gezogene Hinterlader,
4 30 pfundige Granatkanonen,
8 Geschütze.
Nr. IX. Erzherzog Max-Feste.
Kommandant: Unterleutnant Eduard Michaile des Küstenartillerieregiments.
Steinernes, rechteckiges Blockliaus mit einem Schartenstocke. Diese
Talsperre war für Gewehr- und Geschützfeuer eingerichtet und bestrich
den steilen Weg nach Comisa.
hn Souterrain lag das Proviant- und das Pulvermagazin.
Armierung:
i 24 pfundige kurze Batteriekanonen,
2 7 pfundige Granatkanonen,
4 Geschütze.
143
Nr. X. Batterie Magnaremi.
Kommandant: Oberleutnant Johann Gogl des KQstenartillerieregiments.
Diese in Lunettenform gebaute Batterie lag 165 m über dem Meere,
war 1500 m vom inneren Hafen von Gomisa entfernt und hatte eine
Brustwehr aus steinigem Erdreich.
Das an die rechte Face anschließende Pulveimagazin ragte etwas
über die Batterie und war nur schwach mit Steinen und Erde eingedeckt.
Armierung:
4 12 pfundige gezogene Hinterlader,
4 24pfündige gezogene Hinterlader,
8 Geschütze.
Nr. XI. Geschützstellung auf dem Berg Ferlii.
Kommandant: Feuerwerker Anton W^stawel des Küstenartillerieregiments.
In diesem flüchtigen Elmplacement an der Südwestspitze der Insel
standen zur Bestreichung der Einfahrt in den Hafen von Comisa
2 6 pfundige gezogene Vorderlader (System La Hitte).
Nr. XII. Batterie Nadpostranje.
Kommandant: Oberleutnant Josef Hasel bau er des Küstenartillerieregiments.
Seehöhe 170 m, auf dem gleichnamigen Berge oberhalb des Hafens
von Manego, in Herzform gebaut, in den ausspringenden Winkeln mit
kleinen Rondellen. Die Kehle war durch einen Koffer mit Gewehrscharten
geschlossen. Im Inneren war über Antrag des Batteriekommandanten in
den letzten Tagen ein Blockhaus hergestellt worden. Das Pulvermagazin
war nur schwach geschützt, die Batterie zur Zeit der Beschießung noch
nicht ganz fertig.
Armierung:
2 12 pfundige gezogene Hinterlader,
4 18 pfundige eiserne Verteidigungskanonen.
6 Geschütze.
Nr. XIIL Geschützstellung zwischen der Höhe Bariaki und dem
Yranji kamik.
1 12 pfundiges Raketengeschütz.
Nr. XIV. Geschützstellung auf dem Vraigi kamik.
1 12 pfundiges Raketengeschütz.
144
Nr. XT. GeschützsteUung Andrea.
1 18 pfundige eiserne Verieidigungskanone.
Nr. XTI. Doppelgeschützstellung zwischen Andrea und Cosmo.
2 6 pfundige Feldgeschütze.
Nr. XTn. Oeschfltzstellung Cosmo.
1 6 pfundiger gezogener Vorderlader (System La Bitte).
Nr. XVJJLl. Geschützstellnng zwischen Andrea und S. Tito.
1 18 pfundige eiserne Verteidigungskanone.
Nr. XIX. Geschützstellung zwischen S. Tito und Cosmo.
1 6 pfundiges Feldgeschütz.
Nr. XX. Geschützstellung zwischen Cosmo und Kut.
1 18 pfundige eiserne Verteidigungskanone.
Nr. XXI. Geschützstellung S. Tito.
1 18 pfundige eiserne Verteidigungskanone.
145
7. Kapitel.
Fahrt d«r HsUenischen Flotte gegen Lissa. — Rekognoezierungafahrt dea Stabachefa d' A m i c o und Rapport
deaaelben. — Angrifbplan des Admirals Peraano. — Miaaion Sandri. — Angriff der italieniachen Flotte
auf die Inael Lissa am 18. Juli. — Kontreadmiral Vacca vor Gomiaa. — Vizeadmiral Alb in i vor Porto
Manego. — Angriff der Gruppen Peraano und Riboty auf S. Giorgio. — Exploaion in der Batterie
Schmidt. — MiftglQekter Versuch der Panzerfregatten „Ilaria Pia** und .San Martino'* die Hafeneinfahrt
XU forcieren. — Eingreifen der Gruppe Vacca. — Schweigen der Batterien mit Ausnahme jener von
Wellington, Bentink und Znpparina. — Ende des Kampfes am 18. Juli. — Zustand der Werke undder Gami-
aon. — Resultat der Mission Sandri. — Schwacher Angriff am 19. Juli vormittags. — Ankunft von Ver-
stärkungen. — Dispositionen fQr den Angriff am Nachmittag. — Kampf der ^Formidabile" mit der Batterie
Kadonna. — Resultat desselben. — Mißlingen der Landung des Vizeadmirals Alb in i. — Benehmen
desselben. — Ende des Kampfes am 19. Juli. — Zustand der Werke Lissas und deren Veriuste. —
Kritische Lage des Admirals Persano. — Beschlußfassung. — Situation der italienischen Flotte wahrend
der Nacht. — Beratung am Morgen des 20. am Bord des „Rö d'Italia*. —Erscheinen der Csterreichischeu
Eskadre.
Die italienische Flotte hatte, wie am Schlüsse des vorletzten Kapitels
gesagt wurde, bei ihrem Auslaufen von Ancona, um ihre wahre Richtung
zu verbergen, einen nordwestlichen Kurs eingeschlagen, den sie bis zum
Einbruch der Nacht verfolgte und dann erst östlichen Kurs genommen,
welcher sie gegen die Insel Lesina führte.
In See trennten sich die Avisodampfer ,Flavio Gioja* und
,Messaggiere* von derselben, ersterer, um auf der Höhe der Testa
di Gargano zu kreuzen und dem erwarteten „Aflfondatore* die Ordre zu
überbringen, sich vor Lissa mit der Flotte zu vereinigen, letzterer, an
dessen Bord sich der Stabschef der Flotte, Linienschiffskapitän d'Amico
befand, um inzwischen gegen Lissa vorauszufahren und eine Re-
kognoszierung der Insel vorzunehmen. V
1) Der Stabschef der Flotte, welcher sich freiwillig zu dieser Rekognoszierung
angeboten hatte, sollte ursprünglich dieselbe als Padron eines nach Manfredonia
bestimmten Trabakels verkleidet ausführen. Zu diesem Behufe hatte man ein derartiges
Küstenfahrzeug mit Namen ,Leda* gemietet, dasselbe mit diversen, angeblich für
Manfredonia bestimmten Waren geladen und dementsprechend die SchifTspapiere aus-
gestellt. Dieses Trabakel sollte vom „Messaggicre* bis in die Nähe von Lissa geschleppt
und dort losgelassen werden, worauf dann der Padron unter irgend einem Vorwande
Lissa anlaufen und auf diese Weise eine genaue Rekognoszierung der Insel imd ihrer
Befestigungen vornehmen sollte.
Beim Auslaufen der Flotte am 16. hatte der „Messaggicre" zwar ein Trabakel
namens „Leda** im Schlepp, es zeigte sich aber nachträglich; als man sich schon in
Fleischer, Die k. k. Kriegümarine 1866. ^0
146
Auf den Schiffen waren alle Positionslichter verdeckt und man
steuerte, langsam fahrend, die Nacht über den anbefohlenen Kurs weiter.
In den Morgenstunden des 17. Juli berief der kommandierende Admiral
mittels Signals die unterstehenden Admirale und ihre Stabschefs zu sich
an Bord. Dort wurde denselben ein Plan zum Angriflfe der Insel Lissa
mitgeteilt, den der Admiral selbst entworfen hatte und nach welchem den
Panzerschiffen die Aufgabe zufiel, die Forts und Batterien, welche die
Einfahrt in den Hafen von S. Giorgio beherrschten, anzugreifen und zum
Schweigen zu bringen, während die Holzeskadre unter Vizeadmiral Albini
die Landung im Hafen von Gomisa auf der Westseite der Insel zu
bewerkstelligen hatte, um von dort aus auf der schmalen Bergstraße, die
über den Sattel Michele nach Lissa führt, gegen den Hafen von S. Giorgio
vorzudringen und die Forts, welche in der Kehle offen lagen, im Rücken
zu nehmen.
Dieser Plan rief auf der Flotte eine allgemeine Überraschung hervor,
besonders unter den eingeschifften ehemaligen venetianischen Offizieren,
die nicht begreifen konnten, daß man bezüglich dieser Unternehmung sie
nicht früher zu Rate gezogen und ihre Lokalkenntnissc über die Insel mit
verwertet hatte.
In der Tat muß es auch wundernehmen, daß Admiral Persano
darauf verzichtet hatte, beim Entwürfe seines Angrififsplanes den einen
oder anderen seiner venezianischen Offiziere zur Beratvmg beizuziehen, da
sich doch unter ihnen einige schon in höheren Chargen stehende(Paulucci ,
Fincati, Bucchia, Sandri) befanden, welche die Insel aus ihrer öster-
reichischen Dienstzeit her kannten, während des Baues einiger neuen
Werke anwesend waren und deshalb bei der Aufstellung des Planes
immer von einigem Nutzen sein konnten. So scheint der Admiral, nach
seinem Plane zu urteilen, von dem Vorhandensein der den Hafen von
Comisa beherrschenden beiden Batterien sowie der Max-Feste auf dem
Bergsattel zwischen Comisa und Lissa keine Ahnung gehabt zu haben
und doch hatte er — wenigstens, was die letztere anbekingt — von dt^n
venezianischen Offizieren darüber informiert werden können.
hoher ^^cc hefand, daß e?^ nicht jenes war, auf welches die SchilTspapiere gestelU waren
und welches die Waren am Bor-l hatte, so daß Linienschiffskapitan d'Amico es für
j^eratener fand, diesen Plan aufzugehen und die R(»kognoszicrung mit dem , Messagiere *
selbst vorzunehmen.
Man kann hieraus einen Schluß auf die Hast und Konlusion ziehen, die beim
Auslaufen auf der Flotte geherrscht haben mag. Uendioonti etc. etc.; dei>osizione
dAmico, Seite (>7
147
Im Laufe des 17. wurden von der Flotte einige taktische Manöver
ausgeführt und man war gegen Sonnenuntergang auf ungefähr 45 Meilen
westlich von der bisel Lissa angelangt, dem Punkte, welcher LinienschifiTs-
kapitän d'Amico als Rendezvous angegeben worden war. Derselbe kehrte
auch um diese Zeit mit dem «Messaggiere* von seiner Mission zurück
und erstattete dem Admiral Persano den nachstehenden Bericht:
,In der Nacht vom 16. auf den 17. näherte ich micli von Busi her
der Insel Lissa ^) und streifte bei Anbruch des Tages hart die Ostküste
derselben, mit den Offizieren des „Messaggiere* eifrig die kleinsten
Details und Merkmale der Küste, besonders des Teiles derselben, wo sich
der Hafen Manego befindet, studierend. Der Guardia-marina Amari
verzeichnete auf eigens* hiezu vorbereiteten Plänen die Befestigungs-
werke. Ich bemerkte vor Manego die Batterie ä barbette S. Vito, in welcher
wir bei einer Höhe von, wenn ich mich recht erinnere, 200 bis 300 m
9 Geschütze konstatierten.^) Wir sahen im Rücken derselben eine Kaserne
sowie den Saumpfad, welcher von der Küste zu derselben führt Von
der Position vom Eiland Budikovac aus schien es mir, als ob nur 1
und zwar das äußerste Geschütz uns Schaden zufügen könnte; deshalb
hielt ich bei mir diesen Punkt als geeignet für eine Ausschiffung von
Truppen.
Indem wir näher zum Leuchtturm kamen, fanden wir da einen
Küstenteil (Bucht Stoncica), der von keiner Befestigung beherrscht ist und
wo man die Ausschififuog in aller Ruhe vorbereiten könnte. Wir näherten
uns dem Leuchtturm bis auf eine solche Distanz, daß wir hätten beinahe
hinüberspringen können und bemerkten, daß hier das eine Ende des
Telegraphenkabels lag, welches Lissa mit dem nahen Lesina verbindet
Nachdem wir die Landspitze mit dem Leuchtturm umschifft hatten (es
war gerade Sonnenaufgang), entdeckten wir den Hafen von S. Giorgio
und sahen auf der Esplanade die ganze Garnison in Reih und Glied auf-
gestellt, welche nach beendeter Inspektion sich dann in Abteilungen auf-
löste und Exerzitien begann. Ich glaube, daß mehrere von uns die Stärke
derselben auf 1200 Mann schätzten. Bald nachher wurden auch alle
Batterien des Hafens von S. Giorgio bemannt, die Artilleristen standen
J) Unter englischer Flagge.
2) Hierriit war die kurz vor Beginn des Krieges erbaute, über Bank feuernde
Batterie Xadpostranje von G Gescliützen gemeint, während die Bezeichnung S. Vito der
Geschützstellung Nr. XXI zukommt.
10*
mit der Lunte in dcT Hand bereit. Dit Kommandant des ^Messaj^iere'
fnig mich, was zu fresfhehen habe: Ich befahl ihm, in den Hafen von
S. Giorgio hinpinzu fahren, mit dem Vorderteil nach außen gewendet
(also rörkwarts fahrend) und bereit, die Maschine mit aller Kraft zu
gebrauchen, su wie man auf der Festung die österreichische Fta^e
bemerken würde, die ich gehißt hatte. Indem wir uns. wie ich glaube,
ungefähr */< Stunden zwischen den zwei Batterien, die innerhalb des
Eilandes Hoste liegen, aufliielten. verzeichneten wir alle Befestigungswerke
mit ihrer Geschützanzahl und der beiläufigen Höhe.')
Wenn ich mich recht erinnere, so be&nden sich, in den Hafen
einfahrend, links die Batterie des Telegraphenturmes*), welche mir von
dieser Position als die höchste der ganzen Insel erschien, mit einer im
Bau befindlichen Batterie von 4 Gescliützen zur Rechten,") femer auf
einer vorspringenden Landspitze eine Ober Bank feuernde Batterie von
4 Geschützen. *■)
') Dieser Teil des BcrichLes ist nicht rucliL veraländticb und aucli wenig glaub-
würdig. Natli dem Telegramme dm Inseltomiiiandos von Liasa (siehe Seite 186)
erschien alleriüiigs um Morgen des 17. Juli gegen G^ vou Südwest her ein Dampfer
unter englischer Flagge, der sich der Insel sehr näherte, dieselbe «un Süden über Osten
umkreiste und, wie das Inselkommando selbst zugibt, Rekognoszierungsnt-ecke verfolgte.
tiierniLch iet aber nicht gut oniunchmen, daß man. einmal aulincrksam geworden, zu
KricgGzeitea einen Dampfer seibat unter Osterreiclii scher Flagge (der .Heasagiere*
mußte daher inzwischen die englische Flagge mit der österreichischen vertauscht haben),
welcher mit dem Achterteil voraus in der Hufencinfahrl erschien, Öfters die Maschine
steppte und lotete, mit einem Worlc sich »emlich aulTSIIlg benahm, daü man, sagen
wir. einem solchen Dampfer den Aurenllialt üwischen den Batterien der Einlahrt so
ohneweiters gestuttet hatte, ohne sich durch Abseaduug eines Bootes von dem Zwecke
seines Komraens tutd Gelicns zu informieren oder einen Wa^tl^ngsS[^huS abzugeben.
Linienschiffskapitän d'Amieo dürfte daher wohl auch aufleriialb der Einfahrt, von wo
er allerdings die Werke uiid si^lbat einen Teil des inneren Hafens sehen k'mnle,
geblieben sein, auf welclie Weise es sich erbUrt, daß er von dem Vorliandenscin der
Madonna-Batterie im Innern dessellten. welclie verdeckt blieb, ntclils bemerkte. Was
das Beniannisein der Gescliiltze anlielaiiijt, so dflrfle dieser Dm stand mit dem gewOhD-
liehen Morgcnexcnitium der Balteriemanii schoflen xusaunien fallen- Wir machen diesa
Bemerkungen bauptsäcldich aus dem Griuide. weil der italienische .Marin egeschichtS'
Schreiber Rand ac ei o diesbezä gl ich anfahrt. daB die vom LiniensehifTskapilün d'Amico
eingeholten Informationen .der GulinQtigkeit der astorreichiscbeo GarniBon (alla dabbe-
nagglne della guamlgione nuslrlaca] zu verdanken gewesen seien*. (Randaccio, Slotis
della marina ilaliana, II. ü^eite 120). A. d. V.
*l Turtn Wellington mit dem optischen Telegraphen. G GeschütKe.
3) Die an demselben nouangsbaule MOrserballerio.
'} Die 40' über dc.u Ucercssplegel liegende Batterie Schmidt.
149
Auf dem Kamme des gegenüberliegenden Hügels sahen wir ein
Fort,*) eine Batterie *) und zwei Türme. ^) In allen den Befestigungswerken
der Hafeneinfahrt zählten wir 42 Geschütze in Batterieaufstellung, sämt-
liche Werke sind in der Kehle offen.
Im Hintergrunde des Hafens sahen wir die Hauptstraße, welche
nach Comisa fahrt, und am Kai einen Loyddampfer, welcher Artillerie-
material ausschiffte.
Nachdem wir mit dieser Arbeit fertig waren und die Lotungen der
Meerestiefe sowie jede zur Höhenbestimmung nützliche Angabe ver-
zeichnet hatten, wendeten wir uns ganz langsam nach dem Hafen Carober
und von dort nach der Bai von Comisa, wo wir nach Annäherung an
den Ort ungefähr Va Stunde stillstanden, jedoch jeden Augenblick bereit,
uns in Bewegung zu setzen.
In die Bai von Comisa einfahrend, sahen wir zur Rechten eine
Batterie ä barbette von 9 Geschützen^) in derselben Höhe oder bloß
wenig niederer als jene oben angeführten von S. Vito. Wir sahen femer
eine gemauerte Batterie (casamalta) von 4 Geschützen,^) die nicht sehr
hoch ist, auf dem Bergsattel und endlich zur Linken auf dem Gipfel des
Berges Perlic noch eine andere aber sehr hochgelegene Batterie,*) die ich
ohneweiters von der See aus für unbekämpfbar hielt. Wir umfuhren
die Insel nach Osten, ohne Erfolg nach einem Fischer fahndend, und
steuerten gegen Vallona, bis wir uns außer Sicht der Insel befanden,
worauf ich Kurs gegen den Rendezvouspunkt nahm, um mich mit der
Flotte zu vereinen.
Wenn ich alle gewonnenen Eindrücke zusammenfasse, so komme
ich zu der Anschauung, daß das Gelingen eines Handstreiches nicht
unmöglich ist; die Befestigungsworke liegen allerdings zum größten Teil
ziemlich hoch, Irotzdem halte ich, mit Ausnahme jenes östlich von Comisa
gelegenen und des Telegraphenforts, einen Angriff auf dieselben für mehr
1) Fort Georg, 17 Goschülze.
*) Batterie Mannila, 7 Geschütze.
8) Die Defensionsturme Robertson mit 1 und Bentink mit 7 Geschützen.
^) Die im Norden der Bai auf der Punta Magnaremi gelegene, fiber Bank
feuernde Batterie Magnaremi mit 8 gezogenen Geschützen.
^) Die zur Sperrung der Kommunikation zwischen der Bai von Comisa und
dem Hafen S. Giorgio auf dem Bergsattel Michele befindliche Max-Feste, ein gemauertes
Blockhaus mit 4 Geschützen.
*! Die Geschützstellung Nr. XI auf dem Berge PcrliC von 2 gezogenen La Hitte-
Geschfltzen.
oder weniger erfolgreich. Mir schien es, als ob speziell in Comisa und
Hafen Manego, selbst wenn man auch die BaÜerien nicht zum Schweigen
bringen sollte, eine Ausschiffung von Truppen gelingen müsse, obzwar
die Garnison der Insel — soviel wir bemerken konnten — sehr wachsam
ist. Ich glaube demnach, daß mit Rücksicht auf den Umstand, daß wir
von der See aus eine so starke Macht besitzen, ein Handstreich versucht
werden sollte, trotzdem ich denselben jetzt nicht mehr für so leicht halte
wie fiTüher, nachdem ich mich überzeugt habe, daß die Bai von Comisa
besser verteidigt ist, als ich mir es vorgestellt halte.
In diesem Sinne ließ ich am Bord des ,Messaggiere" viele Kopien
der von uns zu stände gebrachten Skizze anfertigen und entwarf einen
auf den Angriff bezüglichen Plan. "
Admira! Persano war nach Durchsicht des Berichtes seines
Stabschefs zur Überzeugung gelang!, daß der von ihm selbst entworfi'ne
Plan in einigen Punkten modifiziert werden müsse und nahm deshalb
den neuen ihm vorgelegten Entwurf d'Amicos mit einigen unwesent-
lichen Abänderungen an. Es ei^ngen sofort die nachstehenden Befehle
an die Flotte:
.Morgen den 18. bei Tagesanbi-uch wh-d die Flotte, um sich in den
Besitz der Insel Lissa zu setzen, einen Angriff auf dieselbe unternehmen.
Die Flottille unter der Führung des .Montebello' muß sich noch
vor Tagesanbruch bei den Inseln Spalmadori befinden; ihre Aufgabe
ist es, das submarine Kabel der telegraphischen Leitung zwischen Lissa
und Lesina, falls eine solche existiert, zu durchschneiden, ebenso die
Semaphorstationen, welche sich dort belinden sollten, zu zerstören uaid
zu verhindern, daß Unterstützungen oder Korrespondenzen von Lesina
nach Lissa herüberkommen.
Der „Espioratore* bleibt auf Kreuzung zwischen dem Kap Planka
und den Eilanden Pomo und S. Andrea.
Die .Stella d'Italia' übernimmt die Kreuzung zwischen den Inseln
S. Andrea und Pelagosa.
Der .Messaggiere* verbleibt zur Disposition des Admirals en chef.
Zum Schleppdienst für jene Schiffe, die es eventuell nötig haben
sollten, werden für die erste Gruppe der ,Guiscardo", für die zweite und
dritte Gruppe der „Ellore Fieramosca" und für die Holzeskadre der
.San Giovanni" bestimmt.
Die erste Gruppe der Panzerschiffe unter dem Kommando des
Kontreadmirals Vacca wird den Hafen von Comisa angreifen; die zweite
Gruppe unter dem unmittelbaren Befehle des Höchstkoramandierenden
151
wird die auf der westlichen Seite der Hafeneinfahrt von S. Giorgio
gelegenen Werke, die dritte Gruppe unter dem Kommandanten Riboty
die auf der östlichen Seite der Hafeneinfahrt gelegenen Werke angreifen;
die Holzschiffe sind zur Bekämpfung des Hafens Manego bestimmt, um
dort die Ausschiffung zu bewerkstelligen sowie die Werke zum Schweigen
gebracht worden sind.
Die Landungstruppen stehen unter dem Befehle des Linienschiffs-
kapittos di Monale von der „Maria Adelaide", welchem der Linienschiffs-
kapitän Martin-Franklin als Stellvertreter und Zweitkommandierender
beigegeben wird.
Wenn die erste Gruppe der Panzerschiffe die nördlich von Comisa
gelegene Batterie sowie jene im Innern früher zum Schweigen gebracht
haben sollte, als die Holzschiffe mit den Batterien im Hafen Manego
fertig geworden sind, so wird dieselbe sich dorthin begeben und die
Bekämpfung dieses Punktes übernehmen, während in diesem Falle die
Holzschiffe die Ausschiffung der Landungstruppen in Comisa bewerk-
stelligen würden, sich gut geschlossen unter der Küste im Südosten
dieses Hafens haltend.
Die Streitmacht über die wir verfügen ist eine mehr als hin-
reichende für die Mission, welche wir durchzuführen haben ; es ist daher
überflüssig, jene Schiffe, die uns zu wichtigen Zwecken dienen, unnötig
auszusetzen.
Nachdem die Batterien, welche wir zu bekämpfen haben, größten-
teils sehr hoch liegen, so ist es angezeigt, sich vor Bogenschüssen in acht
zu nehmen.
Die erste Ginippe wird gut tun, ihren Angriff auf die nördlich von
Comisa gelegene Batterie von der Außenseite her zu unternehmen und
den Angriff auf jene im Innern von Südosten her.
Für die zweite Gruppe wird es sich empfehlen, sich hart unter
Carober zu halten und für die dritte Gruppe ebenfalls, so hart als nur
möglich unter Land zu steuern, um den Hauptfronten der auf der Spitze
Suporina gelegenen Batterien sowie den Bogenschüssen der Telegraphen-
batteric auszuweichen.
Der nicht gepanzerten Eskadre empfiehlt es sich, vom Eiland
Budikovac aus anzugreifen.
Mit Ausnahme der Nordspitze der Bai von Comisa und der
Nordostküste der Insel Lissa genügt es, zur Vermeidung von Navigations-
hindemissen die Regel zu beachten: Nicht auf das zu stoßen, was
sichtbar ist.
Der Gebrauch von StahlprojekUlen jeder Gattung ist ausdinJcklich
untersagt.
Nachdem mit Ausnahnifi von zweien der feindlichen Batterien alle
anderen ober Bank feuern, so wird es hauptsächlich von der Präzision
des Feuers und nicht von der Anzahl der Schüsse abhängen, um sie zum
Schweigen zu bringen; es wird daher strengstens eingeschärft, sich jeder
Munitionsverschwendung zu enthalten und die Schüsse sukzessive zu
berichtigen.
Im übrigen überläßt man den einzelnen Kommandanten die Durch-
führung ihrer Aufgaben, zu welchen vornehmlich jene gehört; so viel als
möglich und auf die wirksamste Art zur baldigen Übergabe des Platzes
beizutragen.
Die .Indipendenza" und der „Washington* werden sich in der
Nähe der Insel Busi aufhalten und eines jeden Rufes gewärtig sein-
Falls der , Esploratore * den Feind entdecken sollte, so wird er mit
dem Signal am Top sogleich die Insel von S. Giorgio aus umfahren-, in
diesemFallewerdensich die beiden Gruppen, welches. Giorgio bekämpfen,
sofort im Kanäle von Lesina außerhalb des Schußbereiches von Lissa in
Schlachtlinie formieren.
Die Hoheskadre wird sich in einer zweiten Kolonne, gegenüber
den Zwischenräumen der beiden genannten Gruppen, formieren.
Die Gruppe der Panzerschiffe, welche Comisa bekämpft, wird sich
in Reserve halten, um die feindliche Flotte zwischen zwei Feuer zu
bringen.
Die heute morgens herausgegebenen Instruktionen werden hiemit
annulliert."
Die Ausfertigung dieser Befehle sowie aller auf den Angriff Bezug
habenden Dispositionen hatte sich bis ungefähr Mitternacht verzögert, um
welche Zeit sich die Flotte mit dem Kurs gegen Lissa wieder langsam in
Bewegung setzte. Kurz vorher war noch Fregattenkapitän Sandri mit
der unter seinem Befehle stehenden Flottille, bestehend aus den Kanonen-
booten , Montebello ■ , .Confienza", .VinzagHo" und dem kleinen Rad-
aviso .Giglio" zur AusfiUuning der ihm übertr^enen Mission nach Lesina
abgegangen. Auf das Resultat derselben werden wir später zurflclt-
kommen. ' | Den 1 8. morgens, während sich die Flotte auf einer Entfernung
von ungefähr 30 Seemeilen südwestlich von Lissa befand, wurden die ver-
1) Siehe Seite 161.
153
schiedenen Gruppenkommandanten mit ihren Stabschefs, femer der
Kommandant der Ausschiffungstruppen an Bord des Flaggenschiffes
berufen, um mit ihnen nochmals die näheren Details bezuglich des
Angriffes zu besprechen. Diese Beratung sowie die Erteilung der nötigen
Befehle nahm eine derartige Zeit in Anspruch, daß, als die Flotte sich
trennte und die einzelnen Gruppen sich nach den ihnen im Angriffsplane
zugewiesenen Posten in Bewegung setzten, es noch einer geraumen Zeit
bedurfte, ehe dieselben dort anlangen konnten. Konti-eadmiral Vacca,
welcher mit den Panzerschiffen „Principe di Carignano", .Castelfidardo"
und ,Ancona" die Avantgarde der Flotte bildete, war der erste, der
gegen 107«^ a. m. auf seinem Posten eintraf. Die ersteren zwei Schiffe
hatten sich die rechts am Eingange liegende Batterie Magnaremi, die
„Ancona* dagegen die links befindliche (am Berg Perlic) als Angriffs-
objekte gewählt.
Von der Batterie Magnaremi mit scharfen Schüssen begrüßt, nahmen
.Principe di Carignano** und „Castelfidardo" Stellung im Nordwesten der
Batterie und eröffneten auf eine Distanz von 1500 m (= 772 Kabel) das
Feuer gegen die rechte Flanke derselben, die das Pulvermagazin enthielt.
Die Batterie schoß anfänglich nur mit den 3 gezogenen 24pfündern der
angegriffenen Flanke, um aber das Feuer zu verstärken, ließ der Batterie-
kommandant, Oberleutnant Gogl, die Geschütze der hnken Flanke
wenden und feuerte mit denselben über die Erddecke des Magazins
hinweg. Der Feind, durch die Verstärkung des Feuers überrascht,
veränderte nun öfters seine Aufstellung und, so oft eines der Schiffe es
unternahm, gegen das Innere der Bai vorzudringen, fand die auf dem
Berg Perliö postierte Geschützstellung Nr. 11 (3 0 pfundige gezogene
La Hitte-Geschütze) Gelegenheit, in das Gefecht mit einzugreifen und
einige wohlgezielte Schüsse abzugeben.
Das Feuer der italienischen Schiffe, obschon dieselben mit der
größtmöglichsten Eievation schössen und sogar in den Batterien die
hinteren Räder der Rapperte herabnahmen, hatte trotzdem gegen die
zirka 165 m über dem Meeresspiegel gelegene Batterie Magnaremi keine
besondere Wirkung hervorzubringen vermocht; anfangs die Höhe nicht
erreichend, überschössen sie selbe später und brachten im ganzen nur
zwei Treffer in die Eskarpe der Batterie. Die meisten Schüsse wühlten
sich in das Erdreich ein und entzündeten das dürre Gestrüpp vor der-
selben. Dagegen hatten 2 Geschosse der Batterie Magnaremi das Hütten-
deck des »Principe di Carignano* getroffen und daselbst gezündet; das
Feuer konnte indes bald gelöscht werden.
Während dieser Zeit hatte sich die Gmppe des Linienschiffskapitliis
Riboty, bestehend aiia den Panzerschiffen ,Redi Portogallo*, .Terribile",
.Varese" und .Maria Pia' von Südwest her der hisel genähert, um dieselbe
auf ihrer Ostseite zu umschiffen. Gegen 1 1 '' a. m. in KieJwasserUnie Hafen
Manego passierend, eröffnete die Batterie Nadpostranje ihr Feuer auf diese
Panzerschiffe, was die drei vordersten sogleich veraniaßte, in weitem
Bogen außer Schußbereich zu steuern, während das letzte sich etwas
näher heranwagte und mit zwei Schössen empfangen wurde, welche ganz
in der Nähe desselben einfielen, worauf es ohne Erwiderung derselben
nach Steuerbord abhielt imd den übrigen Panzerschiffen nm die Ostseite
der Insel gegen S. Giorgio folgte.*)
') Kach der DarBleliung, welche in ilor Broschüre ,Dep Kampf uiir dem .AilrJiili-
BChen Meere im Jahre IS6G' (Separalubdiutt aus doiii V. Band des flslerreichischeii
Generalslabswerles «Öslcrreichs Kämpfe im Jahre 18'i6") auf Seile W beiflglich des
AtifrifTcs aufComisa gegeben wird, wäre die BaUerie Ha^oremi zuerst von den vier
PauzerschiHeD Ribotys, hierauf von den HolzschilTen Albinis und zuletzt erst von
der Gi-uppe Vacca angegriffen worden, so daü dieselbe einen Kampf tjiit 14 äcbilTen zn
bestehen gehabt hätte. Eine Rundbemerkung fitgt atlerdiugs hinzu, daß man litxüglich
der Darstellung dieses Kampfes aus den ilalionlschea Angaben nicbts Näheres habe
entnehmen kSnnen und aus diesem Grunde den Österreichischen Relationen gefolgt seL
Wir haben uns die Mühe genommen, in dieser Beziehung weiter nnchzu forschen, und
lind zu dem Resultate gelangt, daß die Darelellung des Generalslahswerkes in diesem
Punkte auf einem Irrtum benihcn müsse.
Abgesehen davon, daß sämiliche Italienischen Admirale undSchllTiikonuniindanlen
in Ihren Zeugenaussagen Im Prozesse Persann übereinslimnieml angegeben haben.
daß Konlreadmiral Vacca zuerst auf seinem ihm im AngrilTsplane zugewiesenen Posten
vor Comira elngclroffen und mit der dortigen Batterie ins Feuer gekommen sei. spricht
hiefOr schon der Umstand, dafl In der Marsehurdnung der Flotte Kontraadniiral Vaccs
mit seinen unterstehenden Schiffen die Avantgarde bildete, somit auch früher vor
l^omisa ankommen konnte und mufitc als die Schilfe Ribo'ys, welche In der Eienilich
ansgedehteu Linie In der Arrleregarde waren.
Nachdem ferner im AngrilTsplane auf ein Irühes und möglichst glelchieitiges
Angreifen der in demselben bezeichneten Punkte der hisel ein besonderes Gewicht
gelegt wurde, man aber infolge der in den Morgenstunden am Bord des Flagge nschiffes
abgehaltenen Besprechung erst spät lum AngritTe gelangte, so ist es schon aus diesem
Grunde nicht gilt denkbar, dall sich die Gruppen Riboty und Albini, statt sich *o
rasch als mOglich auf die ihnen angewiesenen AngrifTsposlen zu begeben, unlcrwi^gs
— wenn auch nur vorübergehend — vor Coniisa %a\ Bescliießang der dortigen BaUcrIen
aufgch.-illen iiuben sollten, wozu >le gar nicht beordert waren Gewiß wlre dieser
tlmslanii vm den Gmppenkomniandanten in ihren sehr detailliert gehallenen Aussagen
erwähnt worden, was jeiloch nicht der Fall gewesen jsl. Wir lassen im narlisleh enden
die hierauf bezüglichen Stellen aus den Aussagen derselben im Origiasllexle folgen-
155
Gleich nach ihnen, gegen 1174^ erschien die Holzeskadre unter
Vizeadmiral Albini, bestehend aus den Schraubenfregalten „Maria
Adelaide', ,Vittorio Emanuele'*, ,Duca di Genova*, «Gaöta* und
»Garibaldi* nebst der Schraubenkorvette „San Giovanni* vor Hafen Manego
und legte sich der Batterie Nadpostranje gegenüber. Diese eröffnete sofort
das Feuer gegen das an der Tete befindliche Flaggonschiflf „Maria
Adelaide", welches hierauf mit 14 Schüssen antwortete, ohne jedoch mit
seinen Projektilen die 170 m über dem Meeresspiegel gelegene Batterie
zu erreichen. Um so besser trafen die Projektile der letzteren, welche
28 Schüsse abgab und der „Maria Adelaide* einen Verlust von 2 Toten
und 3 Verwundeten beibrachte: ein Projektil war 50 cw unter Wasser
durch die Bordwand in den Kohlenraum gedrungen und die Fregatte
mußte sich außer Schußbereich legen, um das Leck verstopfen zu können.
Der „Vittorio Emanuele*, welcher der „Maria Adelaide* folgte und
ein amerikanisches 27Y2 c^ Dahlgreen-Geschütz vorne als Pivotgeschütz
führte, erhielt jetzt mittels Signals Befehl, mit demselben gegen die Batterie
zu feuern ; es scheint jedoch, daß man mit der Bedienung und Leistungs-
ßlhigkeit dieses Geschützes nicht sehr vertraut war, denn man gab dem-
selben weder die größtmöglichste Elevation noch schoß man mit der
größten Ladung, so daß das Resultat auch kein günstiges war, indem das
Projektil tatsächlich bloß die halbe Entfernung erreichte. Der Kommandant
des ,Vittorio Emanuele", LinienschiflTskapitän Imbert, wollte zwar
noch einen zweiten Probeschuß abfeuern lassen, Vizeadmiral Albini
befahl jedoch, das Feuer einzustellen und sich aus dem Schußbereich zu
entfernen. M
Ein Kriegsrat, der hierauf am Bord der „Maria Adelaide* abgehalten
und zu welchem sämtliche Schiffskommandanten, der Linienschiffskapitan
Martin-Franklin, der Artilleriemajor Conte Taffini und der Genie-
hauptmann Pozzoli berufen wurden, beschloß, von der Beschießung
«Sicconie io faceva Tavanguardia della squadra. cosi fui il primo a ragi; lungere il
mio punto d'altacco cd a aprire il fuoco contro Je^ balteric di Porto Comisa etc. etc.*
RendicoDii etc., deposizione Vacca, Seite 44.
,Io so che la mio nave cannoneggiava i forti che difendono Tentrata del porto di
S. Giorgio etc. etc." Rendiconti etc., deposizione Riboty. Seite 90.
«Passai d'avanii Porto Comisa e vidi che le batterie erano alle; arrivato a Porlo
Manego mi postai e scorsi che le batterie di questo luogo erano un po piCi alte di quelle
di Porto Comisa; il nemico fu il primo a comlnciare il Tvlocjo ed io ordinai alCommandante
deUa .Maria Adelaide** di tirarc etc. etc."* Rendiconti etc., deposizione Albini,
Seite 54.
1) Rendiconti etc., etc.; deposizione Imbert, Seite 72.
Hafen Maiiegos Abstand zu iielimen, ,da die Batterien zu hoch gelegen
und es daher nk-ht angezeigt sei, in einer Lage zu verharren, wo der
Feind der Eskadre Schaden zurüge, während diese ihm nichts anhaben
köuiie. Was die Ausschiilung anbelange, so könne diese nicht unter-
nommen werden, wemi nicht früher die Batterie zum Schweigen gebracht
worden wäre.'
Vizeadmiral Albini entwandte die Korvette ,San (jiovanni* nach
S. Giorgio, um dem kommandierenden Admiral die Meldung von der
vorgefundenen Situation sowie von dem gelaßlen Beschlüsse des Ki-iegs-
rates zu überbringen und sich weitere Befehle zu erbitten. Seine Esltadre
blieb hierauf bis G^ p. m. in völliger Untätigkeit.
Kontreadmiral Vacca hatte mit seiner Gruppe vor Comisa um
1 '' p. m. gleichfalls den Kampf eingestellt, da er fand, „daß die Batterien
zu hodi gelegen seien und er mit seinen Schilfen nichts gegen dieselben
ausrichten könne ' . Er sandte hierauf den ihm zugeteilten Aviso
.tjuiscardo* mit der Meldung zum kommandierenden Admiral, .daß,
nadidcm er die ihm im Angriffsplane zugowiesenen Befehle nicht ausführen
könne, er sich mit seinen ScIiiEfen nach Hafen Manego begeben habe, um
dort dem Vizeadmiral Albini bei der Durchführung seiner Aufgabe
behilflich zu sein". Ohne eine Rückantwort abzuwai-ten, setzte ersieh
auch gleich in Bewegung und erschien gegen 2 '' vor Hafen Manego, wo
er aber, wie schon erwähnt, Vizeadmiral Albini aus gleichem Anlasse
untätig fand, welch letzterer jedoch eine Kooperation Vaccas dankend
ablehnte. Kontreadmiral Vacca steuerte hierauf, dem Kanonendonner
folgend, weiter nach S, (iiorgio. in der Absiebt, sich dort dem komman-
dierenden Admiral zui' Disposition zu stellen.
Gegen 6'' p. m. traf die Korvette ,San Giovanni' mit dem Befehle
des Admirals Persano wieder vor Hafen Manego ein, daß sich auch die
Holzeskadre mit der Flotte vor S. Giorgio zu vereinigen habe, worauf
sich jene dorthin in Bewegung setzte.
Admiral Persano war nicht wenig Aber die Hesultatlosigkeil der
Operationen seiner Unterbefeldshaber ei-staunt und machte namenllicli
dem Vizeadmiral Albini schriftlich Vorwürfe darüber, die unseres
Erachtens auch nicht unverdient waren.
Sämtliche Hohschiffe halten auf Deck schwere Pivotgeschütze
auf Schlittenrapperlen installiert und. wenn man auch dem Feinde mit
den eigenen Batteriegeschützen mangels genügender Elevation nicht viel
anhabftn konnte, so war man doch mit den schweren PivotgeschQtzen
im Stande, ein derarliges wirksames Feuer auf die Batterie Nadposlrai^e
157
«
ZU unterhalten, daß unter dessem Schutze bei nur einiger Schneidigkeit,
die Landung hätte ausgeführt werden können. Linienschiffskapitän
di Monale von der „Maria Adelaide** gab später in seiner Aussage selbst
zu, daß man durch Wechseln der Stellung und Aufsuchen einer ent-
sprechenden Distanz bei Gebrauch der größten Ladung das Fort hätte
beschießen können. ^) Wie sich tags darauf zeigte, wurde von ihnen der
noch etwas höher gelegene Turm Wellington ganz wirksam beschossen.
Es ist geradezu unbegreiflich und wirft ein merkwürdiges Streiflicht auf
die betreffenden Persönlichkeiten, daß man so ohne weiteres die Flinte
ins Korn warf und daß sich bei dem auf der „Maria Adelaide* abge-
haltenen Kriegsrate auch nicht eine Stimme für die Fortsetzung des
Kampfes sowie für den Versuch einer Landung an einer sonst geeigneten
Stelle (zum Beispiel im Hafen Huda) aussprach.
Der italienische Geschichtsschreiber Randaccio macht selbst an
dieser Stelle 2) die nicht unpassende Bemerkung, daß, wenn auch der
erhaltene Befehl in dieser Form ein etwas allgemein gehaltener und viel-
leicht unzweckmäßiger (stolido) war, der Vizeadmiral als Soldat es
dennoch hätte für eine Ehrenpflicht ansehen müssen, die Landung zur
Ausführung zu bringen, um das angestrebte Ziel zu erreichen, aus-
genommen, er sei der Meinung gewesen, nur dann zu landen, wenn der
Feind sich überhaupt nicht widersetze.
Auch das Vorgehen des Kontreadmirals Vacca, welcher sich eigen-
mächtig und ohne die Erlaubnis abzuwarten, von seinem angewiesenen
Posten entfernte und nicht wenigstens ein Schiff vor Comisa ließ, um mit
diesem die dortige Batteriebesatzung in Atem zu erhalten, verdient scharfen
Tadel.
Inzwischen war Admiral Persano mit der unter seinem direkten
Befehle stehenden Gruppe, bestehend aus den Panzerschiffen „Re d'Italia",
„Formidabile**, «San Martino" und „Palestro" längs der Nordseite der
Insel gegen S. Giorgio gesteuert und um 1 1 *^ in den Schußbereich dos
Fort Georg angelani^'t. Von demselben beschossen, daniptte die Gruppe
ohne Erwiderung vorüber, fuhr im Bogen bis Carober zurück und
steuerte von dortaus in Kiel Wasserlinie neuerdings bis über die Hafen-
einfahrt hinaus, bei dieser Gelegenheit volle Lagen gegen die westliche
i) ,. . . se fossimo stati piü distanti, si sarebbe potulo mandare qiialche projetlile
nella fortezza, ma noi ci trovavamo alla distanza prefissaci dalF isola di Lissa e quindi
cid riusci impossibile." Rendi conti etc. etc.; deposizione di Monale, Seite 59.
') Randaccio, Storia della marina italiana, H Seile 13i.
Bofeßtigungsfront (Nr. 1 bis 5) und die Batterie Schmidt abgebend, worauf
sodann im Gt-genmarsch gewendet und abermals dasselbe Manöver aus-
geführt wurde.
Admiral Persaiio hatte seinen Stabschef, den Linienschiffskapitän
d'Amico, beauftragt, von der Kommandobrücke des ,Re d'Italia'" aus
die Bewegungen der Gruppe zu leiten, während er selbst sich anfangs in
der mit Hängematten. Kotzen, Segeln u. dgl. verkleideten Großmars,
sodann ab und zu auf Deck sowie in der Batterie bei den Geschützen
aufhielt.
Linienschiffskapitän d'Amico glaubte am besten zu operieren,
wenn er bei den oben erwäJinten Defilieningen vor dem Fort Georg ein-
miil auf große Entfernung, das andere Mal dagegen sehr nahe passierte,
um auf diese Weise den feindlichen Artilleristen das Richten zu
erschweren. Das Resultat dieses Manövrierens war jedoch, daß bei den
ersten zwei Fahrten sämtliche Schiffe außer dem feindlichen Schußbereich
passierten und deshalb das von ihnen, besonders vom ,Re d'Italia",
äußerst lebhaft unterhaltene Feuer von keiner rechten Wii'kung war. Erst
bei der dritten Vorbeifahrt kam die Gruppe zur wirksamen Aktion, aber
auch dieses Mal wurde nicht eines der Schiffe von den Projektilen des
Gegners getroffen.')
Admiral Persano gab hierauf der .Formidabile'- mittels Signals
den Befehl, ,Bich näher unter das Fort Georg zu legen und dasselbe zum
Schweigen zu bringen". Die „Fnrmidahile" ging sofort aus der Linie heraus
und fuhr in der Absieht, sich dort vor Anker zu legen, näher an das Fort
heran. Die große Tiefe in der Einfahrt vereitelte jedoch dieses Vorhaben
und sie war gezwungen, in Bewegung zu bleiben; es gelang ihr endlich,
eine Position herauszufinden, von welcher aus sie die auf der rechten
Seite der Hafeneinfahrt gelegenen Batterien, hauptsächlich jene des Forts
>■) Fregatte nkapitän Saint- Bon, Korn man d an l der .Farmiduiiile-, wi'lthc
uiiiniltelbar dein ,H£ li'ltaUa' folgte, sagte hierObor FolgcadeB aus:
.Am lä. Juli beim AngrifTe auf dii' Forts vou Lissa war ich der Uiiileriuaan ijee
,m d'Italia* ia der Gruppe, die vom Admiral Persano selbst befehligt wurde. Anl^iii;-
lieh passierten wir außerhalb der Schußweite der Forts uiid der .Kfe d'Italia* gab bei
dieser Gelegenheit ein äußerst lebbaAes Feuer ab: ich beschränkte mich darauf, nur einen
Si^bull abzufeuern, um ganx offen darzutmi, riaB ich nicht auf Sohußdislajiz sei und des-
halb mein Feuer Doch unterlasse. Han fübrte luetuuT eine zweite Evolution aus mit
ganz gleicliein Erfolge, endlicli eilte dritte und nun erst gelangte man auf ^chuBdistanx.
Verwundelen halte Ich an diesen] Tage keinen.* lleiidiconti etc, elc; depoaütione
Saint-Bon. Seite Sa.
159
Georg, enfilieren konnte, während sie selbst sich hiebei im toten Winkel
befand. In dieser Position, dieselbe mit Maschine und Steuer einhaltend,
behauptete sich „Formidabile** von Mittag bis 6^ p. m., um welche Zeit
sie zur Vereinigung mit ihrer Gruppe abberufen wurde.
Die italienischen Panzerschiffe, die schwache Wirkung des Festungs-
kalibers bald erkennend, näherten sich nun den Werken bis auf 6 Kabel
(l^iOOm) und es entspann sich jetzt ein um so heftigerer Geschützkampf,
als an demselben kura vor Mittag auch die von Osten kommenden Panzer-
schiffe Ribotys, sich Wellington und der Batterie Schmidt gegenüber-
legend, teilnahmen. Doch ruhig und unerschütterk ihre wohlgezielten
Schüsse abgebend, hielten die angegriffenen österreichischen Werke in
diesem ungleichen Kampfe das übermächtige Feuer des Feindes aus,
welcher in steter Bewegung Lage auf Lage der schwersten Projektile
ihnen entgegenschleuderte.
Besonders wirksam war der Angriff der Gruppe Ribo ty auf die links
von der Hafeneinfahrt gelegenen Werke. Im Bogen herankommei^, steuerte
der ,Re di Portogallo** bis auf 2 Kabel (400 w) an die Batterie Schmidt
heran, welche nur 16 m über dem Meeresspiegel liegend, vergebens
versuchte, durch wohlgezielte Schüsse den gefährlichen Gegner zu ver-
treiben und gleichzeitig noch das Feuer der „Maria Pia" und der
.Terribile" auszuhalten hatte. Um 1^'30" p.m. Hog plötzlich das Pulver-
magazin derselben in die Luft und begrub 40 Mann, die sich bisher tapfer
verteidigt hatten, unter den Trümmern. Bloß 1 Unteroffizier und 5 Mann,
welche gerade aus dem Reservemagazin in der Batterie Madonna Munition
herbeiholten, blieben unversehrt. Die Batterie wurde kampfunfähig und
mußte ihr Feuer einstellen. Linienschiffskapitan Riboty schreibt dem
,Re di Porlogallo" die Ehre zu, diesen glücklichen Schuß getan zu haben.
Mit weithinschallenden ,Viva il Re! Viva Tltalia!" -Rufen wurde dieses
Ereignis von der italienischen Flotte begrüßt und von derselben das
Feuer mit noch größerem Eifer als vorher fortgesetzt. ^)
Nachdem die Batterie Schmidt zum Schweigen gebracht worden
war, suchte Linienschiffskapitan Riboty mit seinen Schiffen eine der-
artige Stellung zu nehmen, um sich an der Bekämpfung der auf der
rechten Seite der Einfahrt gelegenen Werke mitbeteiligen zu können,
1) In dem Gange des rechten Handinagazins und vor demselben— also im Einganpe
-—waren nacli dem Gefechtsberichte des Oberst Baron Urs zwei Fässer mit Kardusen,
welche man eben geliolt hatte, stehen gebüeben, die unglücklicherweise getroffen
wurden und explodierten. Über die Anlage dieser Haudmagazine siehe Seite 141 bei
Batterie Schmidt.
welche, wie wir wissen, den Angriff der Gruppe Persanos bereils aus-
zuhallen goliabt hatten. Wahrend so die Front und die rechte Flanke des
Forts Georg heftig beschossen wurde, verursachte in demselbeu eine
Granate der , Maria Pia* die Explosion einiger Wallkästen, wodurch viele
Leute verwundet wurden und das Feuer desselben etwas nachließ. Der
,R6 di Portogallo", diesen Erfolg wahmohmend, hißte jetzt die kleine
Flaggengala, um dem kommandierenden Adnnral anzuzeigen, daß man
auch hier reüssiert habe und wandte sich hierauf, gefolgt von der
.Terribile* und der „Varese" zur Beschießung des Turm.« Wellington. Es
war ungefähr 4'' p. ni. •)
Um diese Zeit erteilte Admiral Persano den Panzerfregatlen
, Maria Pia' und .San Martino' mittels Signals den Befehl, die Hafenein-
fahrt zu forcieren, um die im Innern derselben gelegenen Batterien zu
bekämpfen. Beide Schiffe setzten sich .sofort in Bewegung und drangen
in dieselbe ein, beschossen von Wellington, Bentink und am wirk-
samsten ven der Batterie Zupparina, welche unbekümmert um das
Feuer der übrigen Schifle, nun alle ihre Geschütze auf den eindringenden
Feind richtete. Vor Zupparina angelangt, feuerten die beiden Schiffe
auf zirka '/» Kabel ihre Lagen gegen die Batterie ab, deren Bedienungs-
mannschaft aber mit ebenso großer Bravour wie Kaltblütigkeit das Feuer
erwiderte und wohlgezielte Schüsse gegen die Stückpforten abgab, von
denen einer, ein Sipfündiges Hohlgeschoß, vorne in den ungepanzerten
Teil des Schiffskörpers der »Maria Pia" eindrang, zündete und ihr einen
Verlust von t Toten und (i Verwundelen beibrachte. Di(^ser Umstand, ■
sowie die Wirkung der aus der Mörserbatterie beim Turme Wellington
geworfenen Bomben, welche die beiden Schiffe trafen, endlich das Ein-
treten der im Hintergründe des Hafens gelegenen Batterie Madonna in
den Kampf, als sie nach Ober.>ichreitung der Linie Zupparina — Schmidt
in den Schußbereich derselben gelangten, veratilaßte die feindlichen
Panzerschiffe von der Forcierung des Hafens abi^istehen und aus der
Hafenmündung wieder lierausznsteuem.^)
') II Rb di PorlogaUo alz6 allura il plccolo pavese, per far intender? all'ammiraglio
die abblüiiiü vinto'. Kendiconli elc. itepüslzione Hiboly Seile 91.
ä) Der Darstellung des öslerreichischen Generals lab swerk es auf Seite 48 tufol^,
wären alle drei Paazerscliiffe ,Formidab)lo', .Maria Pia" und ,San Martino*, erstero an
der Tele, lur Forcierung des Hafens eingedrangen. Nacb dtn Bericbten und Aussagen der
Kapitäne Saint Bon und dcl Careltu ist dem nicht so gewesen, sondern nur .Maria
l^a* und .SanMartino* drangen in das Innere desHaTens ein, wahrend .Formidablle* in
ihrer oben crwfihnten Stellung an der Einfahrt verblieb und da.selbst ihr Feuer fortEeliie
0er glückliche Sc liuS aus der Balleiie Zupparina traf die .Maria Pia*, wie ihr Korn-
J
161
Während dieser eben geschilderten Versuche, den Hafen zu forcieren,
wurde der gemietete, zu Stationsdiensten bestimmte Lloyddampfer »Egitto*
im letzten AugenbUcke, als die Panzerschiffe schon im Hafen waren, um
ihnen nicht zur Beute zu werden, nahe des Kais bis zur Höhe des Deckes
versenkt und die ursprüngUch im Orte Lissa aufgestellte Marineinfanterie-
kompagnie auf die Höhe Cosmo-Andrea gezogen. Die Pionierabteilung
der Marineinfanterie brachte die Feldgeschütze aus den zur Rücken-
deckung auf dieser Höhe errichteten Geschützstellungen gegen den Hafen,
um nötigen Falls die Batterie Madonna zu unterstützen. Bis zu diesem
Zeitpunkte hatte der elektrische Telegi'aph die Vorgänge auf der Insel
nach Zara berichtet; nach Abgang der Depesche über das unglückliche
Ende der Batterie Schmidt versagte plötzlich die Leitung.
Um 4^4^ p. m. langte Kontreadmiral Vacca, mit seinen drei
Panzerschiffen vom Hafen Manego kommend, vor S. Giorgio an und
Admiral Persano befahl ihm, sich sofort gegen die Türme Wellington
und Bentink ins Feuer zu setzen.
Der Geschützkampf, welcher sich nun durch das ununterbrochene
Feuer der gesamten italienischen Panzerschiffe und der österreichischen
Batterien entspann, gestaltete sich zu einem wahrhaft großartigen.
Hunderte von Geschützen des schwersten Kalibers ließen ihre Donner-
stimmen ertönen und erschütterten die Luft, die Bomben und Hohl-
geschosse explodierten ohne Unterlaß, während Rund- und zylindro-
ogivale Vollgeschosse mit dem ihnen eigenen Pfeifen sich in den ver-
schiedensten Richtungen kreuzten. Die ganze Insel erbebte und das Echo
wiederholte langtönend den Donner der Geschütze von ihren hohen
Bergen. Die Haltung der österreichischen Batterien, die mit ihrem
schwachen Kaliber sich im Kampfe gegen die mächtigsten Angriffsmittel
der Neuzeit gestellt sahen und denselben trotzdem so mutig und ent-
schlossen aufnahmen, war eine geradezu bewunderungswürdige. Selbst
der Feind konnte ihr seine Anerkennung nicht versagen.
Das Fort Georg, der Zielpunkt fast aller italienischen Schiffte, hatte
ein Fünftel seiner Besatzung verloren, die Hälfte seiner Geschütze
demontiert und einen Teil der schwachen Steinbrustwehr bis zum Wall
rasiert; nach sechsstündigem Kampfe gegen die vereinigte Panzerflotte
mandant dcl Garetto in seinem Berichte meldet: ,Dopo trequarti d'ora in circa dl
eombaUimento, una granata a percussione colpl nella farmacia, dove il bastimento non
e corrazato e produsse Tincendio, cio che mi obbligo ad abbandonare il posto e andar
fuori tiro a spegnerlo. Ebbi uii mariiiaro morlo e sei feriti etc. etc.* Rapporto de
marchesc del Caretto, Rendiconti etc. etc., Seite 63.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 18ßC. \\
mit ihren 240 Geschützen sah sich dasselbe endlich um 5" p.m. gezwungen,
sein Feuer einzustellen.
Die Batterie Mamula, unterhalb des Forts Georg liegend und der-
selben Heftigkeit des feindlichen Angriffes ausgesetzt, verlor ihren
Balteriekommandanten, Feuerwerker Gomola. ein Drittel der Besatzung
und schwieg auch bald nach Fort Georg.
Die Balteric Schmidt war, wie erwähnt, durch die Explosion ihres
Pulvermagazins und die dadurch entstandenen schweren Verluste schon
früher zum Schweigen gebracht worden.
Nur Turm Wellington, Turm Bentink und die Batterie Zupparina
unterhielten noch, wenn auch schon etwas schwächer, das Feuer gegen
den Feind,
So war der Stand der Dinge zwischen 5 und 6'' p. m.
Nacli dem mißlungenen Versuche, den Hafen zu forcieren, schien es,
als wollte die feindliche Flotte sich dieVemichtung des Turmes Wellington
zur Aufgabe machen, um, da den inneren Hafen bat terien nicht beizu-
kommen gewesen war, wenigstens die äußeren an diesem Tage zum
Schweigen zu bringen. Es war gegen 6'' als alle Panzerschiffe ihr Feuer
gegen den Turm konzentrierten. Dieser, mit seiner ansloßenden Mörser-
batterie 190 m hoch gelegen, wurde nun auf das heftigste beschossen
und in seiner Verteidigung durch Bentink und insoweit auch durch
Batterie Zupparina unterstützt, als die Schiffe in deren Schußbereich
kamen. Unbekümmert um den Hagel der Projektile, welche oft weit über
den Turm gingen und, wo sie auffielen, das Gebüsch zündeten, erwiderten
Wellington und die Mörserbatterie standhaft das Feuer des Feindes.
Dank der hohen Lage beider Werke sowie der mutigen Ausdauer ihrer
Besatzung scheiterte das Gehngen der Absicht des Feindes und der
mächtige Gegner hatte hier keinen Erfolg errungen.
Nach T^, um welche Zeit vom Hafen Manego kommend sich die
Holzschiffe unter Vizeadmiral Albini mit dem Gros der Flotte vor
S. Giorgio vereinigten,') glaubte AdmiralPersano seinen Schiffen, deren
1) Nach der Darstellung dos Österreichischen GeneralslabeB Heita 47 halle die
fiolzeskadre unter Vizeadmiral Älbini an der BesrhieBunK des Furts Georg um NacL-
mitUge des 18. mitteitgenommen und hauptsächlich die linke Flanke desselben
angegriffen. Auch diese Darstellung entspricht niclit der WirklichkeiL Die Haltesk&drt-
Albin ia wurde erat gegen 6^ p. m. vomHafenManego durch die Korvette, San GiofSuni',
welche die Antwort des kommandiprenden Admirals auf die Meldung Albtnis Qber-
brachlc, abberufen und konnte Tor 7" niclit vor S. Giorgio cintrefTen. Um diese Zeit
halte ober die itaücnische Flotte bereits vom Angriflfe abgelassen und sich lurflck'
gelogen. Talsächlich griff die Hoheskadre an diesem Tage nicht mehr in die Aktion c
163
Mannschaften, wie er in seinem Berichte hervorhebt, «durch ihr wohl-
gezieltes Feuer wie durch ihren Kampfesmut sich so ausgezeichnet
hatten', die wohlverdiente Ruhe gönnen zu müssen und vereinigte die-
selbe in Kielwasserlinie, nur die Abteilung Vaccas vor Wellington
zurücklassend, welche noch die an den Turm sich anlehnende Mörser-
batterie durch Enfiladeschüsse zum Schweigen zu bringen suchte. Der
Turm fing jedoch gleich einer Traverse die feindlichen Projektile auf und
erhielt selbst an seiner Nordseite eine bei 3 V< ^ hohe, ebenso breite und
1 Va »» tiefe Bresche, welche dessen Stabilität sehr in Frage stellte. Trotz-
dem begleiteten die auf der Plattform des Turmes postierten Haubitzen
Tmd die Mörser der Batterie mit ihren Würfen die Abteilung Vaccas,
als auch sie sich um 8^ aus dem Schußbereich entfernte, um zur Flotte
zu stoßen, welche sich bereits in zwei Kielwasserlinien formiert hatte
und in kurzen Gängen zwischen Lissa und Lesina lavierte. Bei dieser
Gelegenheit stießen während der Nacht die Holzfregatten «Vittorio
Emanuele* und ,Duca di Genova** zusammen, sich gegenseitig eimgen
Schaden zufügend.
Die Raddampfkorvette „Ettore Fieramosca* war nach Rodi ab-
gegangen mit einem Berichte des Admirals Persano über den Verlauf
des Kampfes an den Marineminister, in welchem er meldete, «daß das
Gibraltar des Adriatischen Meeres zwar erobert sei, daß jedoch wegen
Mangel an genügenden Ausschiffungstruppen eine Landung nicht aus-
geführt wurde*.
Auf der Insel waren die Werke, außer Batterie Schmidt, trotz der
heftigen Beschießung noch verteidigungstähig und ungefähr zwei Drittel
ihrer Geschütze noch im brauchbaren Zustande. Die Erschöpfung der
Truppen, ihre gebotene Kampfbereitschaft auf ihren Positionen sowie
der Umstand, daß die meisten Einwohner der Insel sich geflüchtet
hatten, ließ aber die Auswechslung aller Lafetten nicht zu und man mußte
sich begnügen, mit den teilweise hergestellten und noch brauchbaren
Geschützen die Fortsetzung des Kampfes für den kommenden Tag ruhig
abzuwarten. Das zur Besatzung der Insel zählende 2. Bataillon des
Marineinfanterieregiments stand während des Kampfes mit einzelnen
Abteilungen zur Verhinderung von Landungen hinter den hiezu besonders
wie dies aus der ganz präzisen Aussage des Vizeadmirals Albini über diesen Punkt
hervorgeht: ,Verso, il tramonto nil mandö il commandante in capo Tordine verbale di
riunirmi all'armata e non ebbi piü occasione di fare altro, perch^ eravamo alla sera
dellS. lo sono arrivato di notte ed il fuoco era giä cessato*. Rendiconti etc. etc., depo-
sizione Albini, Seite 55.
11*
geeigneten Buchten Carober, Gradac, Chiave, Stoncica u. s. w., dann zur
Verteidigung von Comisa und der Batterie Mfi^'naremi auf den dortigen
Höhen, endlich bei der Batterie Nadposlranje sowie nächst Kut und
Lissa in Bereitschall, während die Reserve auf Cosmo-Andrea Stellung
genommen hatte und je nach dem örtlichen Wechsel der feindlichen
Angriffe an die entsprechenden Kostenpunkte disponiert wurde. Trotz-
dem, daß diese Truppe durch die von allen Seiten über die Höhen in das
Innere der Insel dringenden Geschosse fortwährend belästigt, durch die
Märsche auf dem unwegsamen TeiTain bis ziu- Erschöpfung ermüdet war
und bezüglich der Verptlegimg unter den obwaltenden Umständen selbst-
verständlich manches entbehren mußte, verblieb sie die ganze Nacht in
Bereitschaft und bewähiie sich bei ihr ein ausgezeichneter Geist,
Oberst Urs mit seinen Offizieren, entschlossen, die Insel bis zum
äußersten zu halten, ei-wartete ruhig den Angriff des nächsten Tages.
Bei der italienischen Flotte war um 10'' abends Fregattenkapitän
Sandri, der, wie bekannt, behufs Zerstörung der Telegraphcnleitung mit
der ihm unterstehenden Flottille nach Lesina abgegangen war, nach Voll-
endung der ihm übertragenen Mission wieder zu derselben gestoßen. Er
meldete dem kommandierenden Admiral, daß es iluu zwar nach Über-
windung vieler Schwierigkeiten endlich gelungen sei, die Telegraphen-
leitung mit dem Kontinente zu unterbrechen, daß jedoch kurz vorher
noch eine Depesche des Kontreadmirals v, Tegetthoff durchgelaufen
wäre, nach davn Inhalt man die österreichische Eskadre vor Lissa zu
gewärtigen habe.*)
1) Mit dem Erfolge der Mission Sundri und mil dieser Depesche hiiUe es folgendes
Bcnandlnis; Als sieb Fregattenkapitän Sandri ani Abende des IT. um ll'/^^ von der
Flotte trennte, waren Ton seinem Äbfahrlsp unkte noch 56 Seemeilen bis zu den Spalma-
dori zu durchlaufen ', da nun seine Schiffe nicht mehr als 6 bis G'/g Seemeilen pro Stunde
zu machen im stand« waren(c!: zeigt dies allerdingsvun keiner besonderen Um sieht seitens
des Kommandos der italienischen Flotte, daß man zu dieser hOchst wichtigen Mission
gerade die langsamsten SchilTe bestimmte, wflhrcnd man doch Qber eine g^nQgende
Anzahl von t^chuelldampfem und Fregatten verfügte), eo konnte er selbstverstftndlicb
nicht, nie im Angriffsplane vorgesehen, sich schon hei Tagesanbruch dort befinden.
Fregatte nkapil an tiandri langte am 18. erst um lOVv'' a. m. bei den Spaltnadari an,
unteriucble dieselben nach allen Richtungea (hiebcl vernahm er schon den GeschQlz-
donner, der vom Angriffe des Kontreadmiials Vacca aufComisa lierrührte), fand aber
lins gesuchte Kabel nicht, weil dasselbe bei der Inse! Lesina lag. Erst gegen 3^ p- m.
lief er in den Kanal von Lesina ein und, nachdem er noch — jedoch ohne Erfolg — mit
dem Padroii eines Trabakels bebuTs Angabe der Kabclstelle verhandelt halte, fuhr er
gegen den Hauplort der Insel weiter, von wo ihm schon ein ßooi mit der Parlamentär-
J
165
Diese Nachricht, welche Fregattenkapitän Sandri von einem öster-
reichischen Beamten auf der Insel Lesina erhalten hatte und welche, wie
er sich ausdrückte, auf ihn vollkommen den Eindruck der Wahrheit
gemacht hatte, erschien dem Admiral Per sano von großer Wichtigkeit
bezüglich der von ihm zu fassenden weiteren Beschlüsse. War wirklich
diese Antwort des Admirals Tegetthoff auf die erhaltene Nachricht von
dem Angriffe auf die Insel Lissa eingetroffen oder hatte man es hier nur
mit einer Kriegslist zu tun, die darauf berechnet war, den italienischen
Admiral von der Fortsetzung des Angriffes abzuhalten?
flagge entgegenkam. In demselben befanden sich der Seesanitatsdeputierte sowie ein
Kommunalbeamter, welche beide Fregattenkapitän Sandri vorstellten, daß Lesina eine
unbefestigte Stadt sei und unter Berufung auf die Pariser Konvention um Schonung
derselben baten. Fregattenkapitän Sandri gab dies zu, verlangte aber vor allem die
Angabe der Stelle, wo sich die Telegraphenleitung befinde, welche zu geben die Beamten
jedoch mit Hinweis auf ihre Pflicht verweigerten. Indem er den einen der beiden
Beamten einstweilen als Gefangenen am Bord behielt, sandte er den anderen mit dem
Auftrage in die Stadt zurück, der Munizipalbehorde in seinem Namen l)ekannt zu geben,
daß, wenn binnen einer Stunde ihm nicht die Stelle bezeichnet wurde, wo das
Telegraphenkabel liege, er trotzdem die Stadt bombardieren würde. Gleichzeitig ver-
langte er den Telegraphenbeamten zu sprechen. Dieser, Telegraphenamtsoffizial
Bräuner, leistete jedoch der Aufforderung, an Bord des feindlichen Schifl'es zu gehen,
keine Folge, sondern flüchtete mit dem Apparate in Begleitung von 5 Gendarmen auf
die Bergspitze bei Grablje und gab von hier nach Zara Nachrichten über das Vorgefallene
sowie über den weiteren Kampf an diesem und dem nächsten Tage. Während
Fregattenkapitän Sandri einstweilen mit seinen Leuten den optischen Telegraphen
sowie alle Telegraphen stangen zerstörte, kam gegen 41/3^ p. m. das Sanitätsboot mit
dem Kominunalbeaniten von der Stadt zurück und brachte zwei Piloten mit, welche
nun dem Fregattenkapitän Sandri die Kabelstelle bezeichneten, worauf die beiden
Kabel, welche Lissa mit Lesina und Lesina mit dem Kontinente verbanden, auf eine
Länge von je 500 m durchschnitten und unbrauchbar gemacht wurden. Unterdessen
war es aber schon 6\ '4^ p. m. geworden, ehe man mit dieser Arbeit zu Ende gekommen
war und die Rückfahrt antreten konnte. Der Kommunalbeamte hatte inzwischen —
vielleicht nicht ohne Absicht — die Äußerung fallen lassen, dafi die Zerstörung der
Telegraphenleitung jetzt eigenthch von keinem großen Belang mehr sein könne, da man
noch im Laufe des Tages den Angriff der italienischen Flotte auf die Insel Lissa nach
Zara telegraphiert habe und daß als Antwort hierauf schon eine Depesche an das Insel-
kommando zurückgelangt sei des Inhalts, ^man möge sich nur bis zum äußersten
halten, die österreichische Eskadre unter Kontreadmiral v. Tegetthoff werde von
Pola aus der Insel zu Hilfe kommen". Diese Depesche, welche der Kommunalbeamte
dem Kontreadmiral v. Tegetthoff unterlegte, wurde aber von diesem in Wirklichkeit
nicht abgeschickt; derselbe hat weder am IS. noch am 19., an welchem Tage er erst
den Entschluß faßte, nach Lissa auszulaufen, ein Telegramm dieses Inhalts an das
Inselkommando al)gosariflt: dagegen war allerdings vom Generalkommando in Zara
eine Depesche ähnlichen Inhalts für das Inselkommando durchgelaufen. A. d. V.
Die^e beiden Fäile mußten in Erwägung gezogen weriien und
Admiral Persano gleichzeitig mit sich zu Rate gehen, ob er mit den
ihm zu Gebote stehenden Mitteln den Angriff erneuern und die Landung
auf dem feindlichen Boden unternehmen solle.
Admiral Persano entschied sich für den Angriff und, wie die Dinge
lagen, erschien dieser Entschluß auch vollkommen gerechtfertigl. War die
österreichische Eskadre wirklich, wie besten Falls angenommen werden
konnte, gegen Abend des 18. von der Rhede von Fasana ausgelaufen,
so konnte sie schwerHch vor dem 19. abends zu erwarten sein') und
gegen das Eintreten der Dunkelheit enthielt sie sich aller Wahrscheinlich-
keil nach des Kampfes. Ein zweiter Versuch zur Erol)erung der Insel
am 19. war daher der italienischen Flotte erlaubt und, nicht bloß dies, er
erschien unter den obwaltenden Umständen sogar angezeigt. Durch die
Beschießung im Laufe des 18. waren, es läßt sich dies nicht leugnen, die
üußeren Werke der beiden Befestigungsfronten der Hafeneinfahrt von
S. Giorgio bereits bedeutend erschüttert worden und, wenn auch die
Verteidiger ihr möglichstes taten, den zu gewärtigenden neuen Angriff
nach Kräften abzuwehren, so war es doch bei den mächtigen Mitteln,
über welche die italienische Flotte gegenüber den schwaclien Kalibern
der Österreicher verfügte, keine Frage mehr, daß es geUngen mußte, jeden
weiteren Widerstand der letzteren zu brechen und im Verlaufe des 19.
alle äußeren Batterien zum Schweigen zu biiiigen. Man hatte sodann nur
noch die bisher intakt gebliebene Batterie Madonna zu berücksichtigen
und, wenn auch deren Bekämpfung rechtzeitig sowie in entsprechender
Weise unternommen wurde, so fiel mit derselben das letzte Hindernis
hinweg, welches sich der nunmehr vorzunehmenden Landung in den Weg
stellen konnte. Wurde diese mit einer gleichzeitig stattfindenden
Diversion bewerkstelligt und der Hauptangriff auf S, Giorgio selbst mit
dem gehörigen Nachdrucke geführt, so kann nicht bezweifelt werden,
daß die schwache und an vielen Punkten zerstreut aufgestellte Insel-
besatzung bald den Kampf hätte aufgeben müssen und man am
Abende des 19, im Besitze der Insel sein konnte. Daß aber hicdurch,
wenn um diese Zeit die österreichische Eskadre erschien, ihre Auf-
gabe eine bedeutend schwierigere wurde, bedarf wohl keiner weiteren
Erwähnung.
1) Lissa liegt 15Ü Seemeilen von Pol& entfernt; die Durchs chnilts^e seh wiadi^i-it
der Österreichischen Eskndre mit 6 Seemeilen pro Stunde angenommen, wuren dftlier
35 Stunden erforilerüch, um dahin zu gelangen, A. d. V.
J
167
Haupibedingung für das Gelingen der Unternehmung war also ein
rasches und kraftiges Vorgehen am folgenden Tage. Dieses fand jedoch,
wie wir sehen werden, nicht statt. Nach einer noch am Abend des 18. an
Bord des Flaggenschiffes „R^ d'Italia* abgehaltenen längeren Beratung, an
welcher der Kommandant der Landungstruppen, LinienschifEskapitän
di Monale, der Artilleriemajor Conte Taffini, der Geniehauptmann
Pozzoli sowie der Kammerdeputierte Boggio, welch letzterer besonders
zur Aktion drängle, teilnahmen, wurde zwar die Fortsetzung des Angriffes
für den morgigen Tag beschlossen, die vorerwähnten Offiziere drückten
aber dem Admiral ihre Zweifel bezüglich des Gelingens der Landung
aus und rieten ihm, trotzdem man über eine Ausschiffungstruppe von
2200 Mann verfügen konnte, Ueber noch das Abwarten von Verstärkungen
an. Admiral Persano glaubte in diesem Punkte nachgeben zu sollen
und befahl, in Erwartung dieser Verstärkungen einstweilen bloß die
Beschießung der Werke fortzusetzen.
Zu diesem Behufe erhielt Kontreadmiral Vacca am 19. morgens 7**
den Befehl, mit seiner Gruppe gegen die äußeren Werke der Hafeneinfahrt
vorzugehen und jeden etwa noch vorhandenen Widerstand zu überwinden.
Wiedenim war es hauptsächlich das Fort Georg und dessen Nebenwerke,
auf welche sich das Feuer dieser Panzerschiffe konzentrierte. Das Feuer
wurde von den Werken mit den noch disponiblen Geschützen nach
Kräften erwidert, war jedoch von keinem besonderen Belange mehr und
schwieg endlich ganz, so daß Kontreadmiral Vacca um 8^ a. m. das Feuer
einstellen ließ.
Um 9V2** a. m. machte Admiral Persano der Holzeskadre das
Signal, „auf eine halbe Stunde gegen die äußeren Werke Scheibe zu
schießen" und damit den letzten Rest ihrer Widerstandskraft zu besiegon
Während die „Maria Adelaide* und der „Duca di Genova* sich haupt-
sächlich auf der südlichen Seite des Forts Georg beschäftigten, nahmen
die anderen Holzschiße Stellung bei Novaposta und beschossen von dort
die Werke im Rücken, so daß ihre Projektile im hohen Bogen bis in das
Tal von Samogor gingen, wie die dort aufgefimdenen, zum Teil nicht
explodierten Hohlgeschosse bezeugten. Das Reservemunitionsmagazin
des Forts Georg sowie das im Tale gelegene, mit Munition überfüllte
Friedenspulvermagazin kamen bei dieser Gelegenheit in die höchste
Gefahr. Zum Glück ließ Vizeadmiral Albini diese „Scheibenschießübung*
nach ungefähr einer Stunde einstellen und gegen 11^ zogen sich alle
Schiffe, ohne einen größeren Schaden angerichtet zu haben, aus dem
Schußbereiche zurück.
Dpr Vizeadmiral legle fihrigeiis selbst dieser Beschießung k&iiien
besonderen Wert bei und äußerte sich iu seinem Gefechlsbeiichte, nicht
ohne einen Anflug von Ironie, hierüber in folgender Weise: „Ich näherte
mich dem Fort Georg bis auf eine EntfL'niung von 2 Kabeln und begann
hierauf das angeordnete Exerzitium. Ich muß hier bemerken, daß das
Fort nicht mehr feuerte, obschon noch einige Geschülze aufgestellt
standen; es war aber keine Bedienungsmannschaft mehr bei denselben
zusehen; nach 55 Minuten brach ich diese Übung ab. Ani'angs waren
unsere Schösse minder gut gerichtet, weshalb ich eine halbe Stunde
länger schießen ließ, später trafen sie besser, worauf ich dann das Feuer
einstellte und wieder meinen Posten beim Gros der Flotte einnahm." ')
Um diese Zeit vereinigten sich, von Neapel kommend, die Scbrauben-
fregatten „Principe Umberto" «Carlo Aiberlo' die Raddampfiregatte
,Govenio!o' und der so lang erselnite Widder ,Affondalore' mit der
Flotte, Der , Principe Umberto" brachte 1Ü5 Mami Marineinfanterie als Ver-
stärkung für die Au.--3chiffmigstruppe mit. Hiedurch war diese auf den
Stand von zirka 21500 Mann gebracht und Admiral Persano, der nun den
Erfolg nicht mehr bezweifolle und aus bloßer, nur auf ein Gerücht
gegründeter Besorgnis, die österreichische Flotto kCnne erscheinen, nicht
untätig bleiben zu dürfen glaubte, hielt es nun an der Zeit, seinen Angriff
zu erneuern und sich, teils durch kräftige Beschießung, teils durch
Landung, der Insel zu bemächtigen.
Demzufolge erließ er folgende Dispositionen:
,1. Die Holzcskadi'e unter Vizeadmiral Albini, bestehend aus
7 Schraubenfregatten. ] Schraubenkorvette, 3 Schrauljeiikanonenbooten
1) Nacb dem öBlerreidiiBilien Gene ralslulis werke billte die ilalienische Hol;;-
eskadre am 19. luorgeDs schou um 7'' die Batlorien beschossen, hierauf abermals um
9',,a'' "*■ *"■ ''O" der Stellung bei Novaposta. nacli mittags ä';,'' aus di-rselben Position
und endlich »värcu um U"" p. m. nocb ß Hohs^hiffe vor Comisa im Gefechte mit der
Ballerie Mspiaremi lälig gi-wesen. Auch in diesem Puntle hedOrfen die Angaben
des Generals Inbs werk es einer Berichtigung, indem dieselben gami im Widerspruche mit
lien nbereinsli mm enden Zeugenaussagen des Viieadmimls Albini, des SlAbschel»
Paului;ci,derLinienschifr=kapilänediMonale,Imbert,Martin-VranLlin und andrer,
nelclie itlle der Holzeskadic angebörlen und über i^ie Täljitkeil derselben am 19.
berichten, sielten. Nacb ibier Aussage setzte sich die Holzesladre nShiend der ganzen
Benennung der Insel durch die ilalienUcJie Flotte übiThnupl nur zweimal ins Feuer, und
iwar am 18. 11'' n. in. anläßlich der Bescbießung der Batterie Xadposlmnje beim Hafen
Hanego und am 19. 10'' a. m. gelegenüich der angeordneten .Schießübung*. Am Nach-
mitlugc des lelxteren Tages war die Holzeska'lrc hei Carober mit den Vorbereitungen
zur anbefohlenen Landung vollauf beschüfligt. {Siebe Seile ITä). A. d. V,
1G9
und 3 Raddampfern, zusammen 14 SchifTe, bewerkstelligt sogleich die
Landung bei Carobcr.
2. Die Panzerschiffe ^Terribile** und „Varese" begeben sich vor
Comisa und beschießen die dortigen'Werke, um die Besatzung derselben
zu beschäftigen und zu verhindern, daß dieselbe nach dem Hafen von
S. Giorgio gezogen werde.
3. Die Panzerkorvette „Formidabile" dringt in den Hafen von
S. Giorgio ein, um die noch kampffähige Batterie Madonna zum Schweigen
zu bringen.
4. Kontreadmiral Vacca unterstützt (appoggia) mit den Panzer-
schiffen „Principe di Carignano*, „Castelfidardo* und „Ancona" den
Angriff der „Formidabile**.
5. Die Panzerschiffe „Re di Portogallo" und „Palestro** greifen
mit ihren 300- und 150 pfundigen Geschützen den Telegraphenturm
(Wellington) an.
6. ^Red'Itaha", „SanMartino" und ^MariaPia'' unter den Befehlen
des Admirals en chef verhindern, daß die Werke der westlichen Be-
festigungsfront (rechte Seite) die Landung bei Garober stören, für den
Fall, als deren Geschütze noch kampffähig sind.**
Die Herausgabe dieser Dispositionen nahm indes einige Zeit in
Anspruch und erst gegen 4V2" p. ni. näherte sich die feindliche Flotte
wieder der Insel, um erneuert den Kampf gegen die Werke des Hafens
von S. Giorgio aufzunehmen.
Als erste feuerte die »Formidabile^, Kommandant Fregattenkapitän
Saint-Bon, gegen 57-2^ noch einige Lagen auf das Fort Georg ab und
lief sodann, sich dicht unter Wellington haltend, um dessen Bomben-
wnürfen zu entgehen, langsam und dabei öfters das Lot gebrauchend, in
den inneren Hafen ein. Zur Unterstützung bei ihrem Einlaufen ließ
Admiral Persano den „Affondatoi'e** aus seinen 300pfündeni von der
Einfahrt aus gegen das Innere des Hafens feuern, doch hatten diese
Schüsse keinen besonderen Erfolg.
Unerschrocken näherte sich die „Formidabile* der Batterie Mamula
bis auf IV2 Kabel (300 ?/?), hielt das Feuer derselben sowie gleich
darauf jenes der Batterie Zupparina ruhig aus und erst, über den Punkt
gekonmien, in welchem sich das Feuer dieser beiden Batterien kon-
zentrierte, gab die „Formidabile" nun auf eine Entfernung von kaum
1 Kabel (200 »/) ihre Karlätschenladungen mit solcher Wirkung gegen
die Batterie Zuppartna ab, daß infolge der bei der Bedienungsmaaschaft
erlittenen Verluste auch diese bald zum Schweigren gebracht war. M
Hierauf weiter vorwärtsdringend und von dem Geschülzfeuer der
ganz im Innern des Hafens liegenden Batterie Madonna empfangen, drehte
sie, ungefähr lYa Kabel (300 m) von derselben entfernt, auf und warf
einen Anker. Von der Kette tiinreichend ausstechend ließ sich die
,Formidabile'' langsam rückwärls gegen S. Girolamo treiben und
Fregattenkapitän Saint-Bon vollführte nun unter Zuhillenahme von
Maschine und Steuer das Manöver, sich um seinen Anker zu drehen
und abwochsehid mit der einen, dann mit der anderen Breitseite seine
Lagen gegen die Batterie Madonna abzugeben, wobei er, um seinen
Leuten soviel als möglich Schutz zu geben, die Vorsicht gebrauchte, die
eigene Batterie während der Zeit laden zu lassen, als das Schiff dem
Gegner den Bug zukehrte. (Siehe Karle IV).
Aber auch die Madonna-Batterie richtete ihr Feuer dementsprechend
ein lind diese Absicht erkennend, vermied sie es, um nicht unniützer
Weise Munition zu verschwenden, dasselbe in diesen Intervallen zu
geben, den Zeitpunkt abwartend, wenn die Korvette ihr die Breitseite
zukehrte.
Das Duell zwischen diesen beiden mächtigen Gegnern hatte in dieser
Weise eine Weile gedauert, als Koni readmira! Vacca, der sich inzwischen
vor der Einfahrt aufgehalten hatte, um die dorligen Werke in Schranken
zu halten, es doch für nötig liielt. den erhaltenen Befehlen gemäß, zur
Unterstützung der „Formidabile" in den inneren Hafen einzulaufen.
Seinen Schiffen das SigniU gebend, ihm in Kielwasserlinie zu folgen,
drang er gegen e'/a" p. m. mit .Principe di Carignano", »Castelfidardo*
und ,Ancona" in den Hafen von S. Giorgio ein. Sämtliche Batterien der
Einfahrt mit Ausnahme des Turmes Bentink schwiegen bereits und ohne
einem Widerstände zu begegnen,*) steuerten diese Panzerschiffe auf die
Balterie Madonna los und vor derselben auf zirka l'/^ Kabel (300 m)
1) .Subii il fuo<;o de]]e ballerie di dritta, che avevano il giomo prima ragionato
graTi ilanni aUa .Maria Pia' e giunsi loslo al traverso delle medcsimp. La iiiltraglia dei
miei cannoDi non tarda a sban^lierae la guarnigione ed il mio equipaggio saliitö con
(hiura* la lora fuga precipitoGa." Bericht des FregalLenkspitfins Saint-Bon. Ran-
daccio. Sloria della marina ilatiaüB U, Seile 141.
sj lo mi irovuva in crociera avanti, oaserva™ tuHe le mosse, qaando vidi che la
Formidabile era mollo compromesso, perchä tutle ie ballerie tiravano su di essa;
nrdioai alla mia aquadra di seguinni ed enlrai oel poHo con le Ire fregatc corauBte Cari-
gaanu. Cnst^U^dardo. Ancona. Quando entrai nel porto S. Giorgio ([uello batteria che
Kampf der „Formidabile
LISSA ,/;g^
BatifficMadonjui^
4L
SJndna
1. Fort S. G«org
2. Batterie MamaU
8. Turm Robertson
4. Batterie Zopparina
5. Turm Bentink
171
mit Gegenmarsch wendend, sandten sie derselben nacheinander ihre
Breitseiten zu; die Enge des inneren Hafens, welche die Bewegmigen
der Panzerschiffe erschwerte, sowie der Umstand, daß die «Formidabile*
mit ihrem Körper teilweise die Madonna-Batterie deckte, bewogen jedoch
Kontreadmiral Vacca, den Hafen mit seinen Schiffen gleich wieder zu
verlassen.
Dieser Rückzug sollte indes nicht ohne einige Verluste und Havarien
für dieselben abgehen. Oberst Urs hatte nämlich gleich beim Einlaufen
der feindlichen Schiffe die Geschütze der ReseiTestellung sowie jene von
Cosmo-Andrea nahe an den Höhenrand gegen das Hafenbecken vor-
bringen und die 10. Marineinfanteriekompagnie in dichter Plänklerkettc
den Hang beiderseits der Madonna-Batterie sowie die Häuserreihe des
vorliegenden Ortes Kut besetzen lassen. Als nun die drei Panzerfregatten
Kontreadmirals Vacca beim Verlassen des inneren Hafens während des
Abfallens dem Lande sehr nahe kamen, nahmen diese Geschütze mit
einigen glücklichen Stechschüssen Anteil am Kampfe und selbst die am
Bergabhange sowie in Kut postierte Marineinfanterie konnte ihre Kampf-
lust nicht mehr zügeln und versuchte durch wohlgezielte Gewehrschüsse
der Mannschaft des Gegners Schaden zuzufügen. Einem La Hitle-
Geschütze auf Cosmo gelang ein glücklicher Schuß, indem eine Granate
desselben in die Batterie der «Ancona* drang, in der Wohnung des
Kommandanten die dort befindlichen zwei Mann tötete und zündete.
Es gelang jedoch nach Verlauf von einiger Zeit, den Brand zu löschen.
Außerdem waren eine Panzerplatte aus ihrem Lager gerückt und zwei
Rapperte zertrümmert worden. Im ganzen hatte die „Anco na* einen
Verlust von 6 Toten und 19 Verwundeten. Die Havarien des „Carignano'*
und »Castelfidardo* waren geringer.
Mit großer Umsicht und Kaltblütigkeit hatte während dieser Zeit der
tapfere Kommandant der Madonna-Batterie, Oberleutnant Jauern ig, in
dem soeben beschriebenen furchtbaren Nahkampfe das Feuer seiner
Batterie geleitet und durch sein Beispiel die ganze Besatzung in todes-
mutiger Ausdauer und Tätigkeit aufrecht erhalten. Wahrend er aus den
vier gezogenen 24pfündern die Panzerschiffe Vaccas beschießen ließ,
gab er mit den übrigen drei 30 pfundigen Granatkanonen (eine war tags
zuvor demontiert worden) eine Lage nach der anderen gegen die
.Formidabile" ab und wenn auch die österreichischen 30 pfundigen
erano mascherate, vedendo cntrarc la flotta, tacquero. La sola batteria della Madonna
ed un altra di cui non ricordo 11 nome (Cosmo), che stava in alto, ci feccro fuoco a dosso.
Rendiconti etc. etc.; deposizione Vacca Seite 44.
Granaten größtenteils machtlos an dem Eisenpnnzer derselben zer-
schellten, so fand doch manche derselben ihren Weg in eine Geschütz-
pforte und trug damit Tod und Verheerung in den inneren Schiffsraum.
Nach dem Abziige der drei Panzerfregatlen Vaccas war nun die
.Forraidabile' wieder allein dem Feuer der Madonna-Batterie und jenem
von Cosmo ausgesetzt. Das ihre begann bereits langsamer zu werden
und schwieg endlich ganz. Zweimal sank, durch Gewehrkugeln abgerissen,
die Flagge an der Gaffel; aber immer ward die.se]]ie sofort wieder gehißt
und die Österreichische Besatzung, die Zeuge der Voi'gSnge auf diesem
Schiffe war, konnte der tapferen Haltung derselben ihre Achtung nicht
versagen.
Als die Abteilung Vaccas aus dem inneren Hafen ohne die
.Forniidabile* herauskam, erkamite Admiral Persano sogleich die
kritische Lage der letzteren und gab seinem Flaggenkapilfin Befehl, zu
ihrer Unterstützung in den Hafen einzulaufen, um sie mittels Signal
abzuberufen; doch eben, als der „Re d'Italia" sich anschickte, diese
Bewegung auszuführen, ') sah man schon die „Formidabile* aus dem Hafen
heraussteuem. Fregattenkapitän Saint-Bon war nämlich inzwischen
zur Oberzeugung gelangt, datl es ihm unter diesen Verhältnissen nicht
') Noch der sclion mehrfach ziUcrlen Broschüre des öBterreichisclien General-
stahes, Seite 52. wäre die Gruppe des Ädmirals Persano hcslehcnd nus ,Rt d'llalia*,
„San Manino' und „Mnria Pia' um 5" (i, m. ehcnfalla iii den Kampl getrelen, und zwar
,in der von der .rormidabile' luersl innegehahicn Slellung', an welrhem Kamprc von
Seite der Verteidiger Bentink, WelUnglon und Zupparlna teilnahmen. Auch diese Äu-
gulien bedürTen einer Berichtigung. Wohl war nach Punkt ü der vom kommandierenden
Admiral um Mittag cilassenea Disposilionen ein derartiger Ängi'iff gegen die wesüiche
BefeEtigungsfronl vorausgesehen, „falls deren Goächütie noch kampITahig Wären*,
allein zur Ausführung gelangte er tatsächlich nicht. Der Gnind davon mag darin
ZU suchen sein, daß um diese Zeit Liereits Fort Georg, Ballerie Mamula. die Türme
RotHjrtson und Benlink bis auf eine SOpfäudige ÜQslenhauhitie des letzteren znm
Sr1iwci);en gebracht norden waren, cndlicb auch Ballerie Zupparina — in ivelclier noch
drei gezogene 24pfÜndige Hinterlader kampffähig wnrcu — infolge der orlitteucn Ver-
luste beim Einlaufen der .Formidabile* und der drei Pamerfregalien Konlreadrairals
Tacca ihr Feuer einstellen rauBte. Diese Werke hatte Konlreadmirnl Vncca in
Schach [rclialten, bevor er sich selbst In das Innci'e des Hafens begab. Weder der
Rapport des Adniirald Persana, der gewiß nicht verfehlt hfitte. diesen Umstand
aiiiuröhren. noch die Obriiren Berichte etwiSlincn diesen Angriff mit einer Silbe, dagegn
wurde von der Cnlersuchun^fkommission festgestellt, daß der .R^d'ltaha* am 19.
teiuen Angriff nnlemommen habe. .La nave aramirnglia in quel secondo giomo (IB.)
non prese alcima parle all' attacco, avcndo il commandante su|ireino (eonie dice taluno
dei suoi urUciali) dovutu couiunicare coi legni nuoramcnle arrivati.* Rendieonli etc. elc;
Älto d'ndeasR Seite iÜ.
173
gelingen werde, die Batterie Madonna zum Schweigen zu bringen und
da es bereits Sonnenuntergang war und er trachten mußte, sich noch vor
Einbruch der Nacht aus seiner mißUchen Lage zu befreien, so ließ er
den Anker schlüpfen und diesen samt der Kette zurücklassend, dampfte
er aus dem Hafen heraus, begleitet von dem Geschützfeuer und den
Hurrarufen der Verteidiger.
Die Verluste und Havarien dieses tapferen Schififes waren ziemHch
bedeutende: dasselbe zog infolge der an der Wasserlinie erhaltenen
Schüsse, welche Panzerplatten gelockert hatten, Wasser; vom toten
Werk waren besonders die nicht gepanzerten Teile wie Bordwände,
Stückpfortendeckel u. s. w. arg beschädigt, die Ankerkrane zertrümmert
und der Kamin stark durchlöchert Alle Boote waren zerschossen und zum
momentanen Gebrauch unbenutzbar, endUch auch ein Geschütz stark
beschädigt. Außerdem hatte die „Formidabile" 2 Offiziere verwundet
(Linienschiflfsleutnante Vaglieco und Raggio, ersterer schwer) und
3 Tote sowie 39 Verwundete von der Mannschaft. ^)
Die Batterie Madonna war in diesem Kampfe zumeist unter- oder
Überschossen worden. Die unter der Kammlinie einschlagenden Schüsse
bohrten ihre Projektile in die mit Stein verkleidete stark geböschte
Eskarpe, Trichter von 3' Durchmesser und gleicher Tiefe erzeugend; die
über der Kammlinie einfallenden aber flogen durch das obere, die Brust-
wehr überragende Stockwerk der die Kehle schließenden Kaserne und
platzten und zündeten teils in derselben oder flogen über die Kaserne
in den Felshang und zwischen die dort postierte Marineinfanterie. Das
Dach der Kaserne geriet zweimal in Brand, der jedoch noch im Entstehen
durch die Besatzung gelöscht wurde. Der Verlust der Batterie war
staunenswert gering; er bestand nur in 1 Toten und 1 Verwundeten.
Der Angriff auf die Batterie Madonna war also gescheitert. Nach
der Art und Weise wie er unternommen wurde, konnte dies auch nicht
gut anders der Fall sein. In erster Linie war der Zeitpunkt, den man
hiezu gewählt hatte, nicht der richtige. In den späten Nachmittagsstunden
den Angriff einer Batterie zu beginnen, von deren Stärke man sich tags
vorher überzeugt hatte und deren völlige Bekämpfung für die gleichzeitig
in Aussicht genommene Landung eine Vorbedingung war, dies läßt
1) Der Kommandant der ,Formidabile* hatte in seinem Berichte ursprünglich
die Zahl der Toten und Verwundeten seines Schiffes mit zirka 60 angegeben; die oben
angeführte Anzahl ist jene, welche der Flotlenchefarzt am Abende des 19. konstatiert
hatte. A. d. V.
mindestens jenen möglitheu Grad dor Voraussicht vermissen, den inaji
bei einer Unternehmung dloser Art unbedingt beobachten und in Rechnung
ziehen mußte.
Ferner war nach der Heftigkeit des Widerstandes, den die Öster-
reicher trotz ihres inferioren Kalibers im Kampfe gegen die italienische
Fiotte gezeigt hatten, nicht gut anzunehmen, daß die .Formidabile' allein
die Batterie bezwingen würde. Es war daher die Disposition, jene zu so
später Stunde allein in den inneren Hafen zu schicken und hauptsSchlich
ihr die Bewältigung dieser Baüc-rie zu überlassen, während die drei
Panzerfregatten Kontreadmirals Vacca erst eventuell .unterstützend'
vorgehen sollten, keine Kweckmilßige zu nennen; viel entsprechender
wäre es gewesen und wurde wahi-scheinlich auch zu einem anderen
Erfolg geführt haben, wenn man gleich nach der Herausgabe der Befehle
um S*" die, Formidabile" in Begleitung der Panzerkanonenboote, Palestro"
und .Varese", welche 300pfünder am Bord führten, von keiner großen
Länge waren und keinen großen Tiefgang besaßen, zu diesem Unternehmen
beordert hätte. Diese Schiffe konnten sich viel freier im Innern des
etwas engen Hafens von S. Giorgio bewegen als die Panzerfregatten
Vaccas und wfiren eher im stände gewesen, sich die richtige Position
und Distanz behufs Abgabe ihres Feuers gegen die Batterie zu wählen,
welche dann einen migleich schwereren Stand geliabt hätte.
Aber auch die Angriffsweise des Kommandanten der »Formidabile*,
80 große Anerkennung man sonst seinem tapfereu Benehmen zollen
muß, war für diesen Fall keine glücklich gewählte und den Verhältnissen
angepaßte. Statt die Batterie vor Anker zu bekämpfen und sich dergestalt
zu einer nicht zu verfehlenden Zielscheibe zu machen, hätte es sich wohl
eher empfohlen, in Bewegung zu bleiben, dieselbe während des Öfteren
Vorbeifabrens auf nahe Distanzen mit Granaten und Schrapnells zu
beschießen imd mehr gegen die ungedeckt sldiende Bedienungsmann-
schaft zu wirken, welche auf diese Art Verluste hätte erleiden müssen,
welche sie bald kampfunfähig gemacht hätten. So verlegte sich Fregatten-
kapitän Saint-Bon gleicli von allem Anfang auf das Demontieren der
Batterie und feuerte in dieser Absicht vorwiegend ganze Lagen massiver
Vollgeschosse gegen dieselbe ab, welche aber, da sie die Kamralinie
größtenteils über oder Unterschossen, keinen besonderen Schaden an-
richteten. Jedenfalls stehen die kaum nennenswerten Verluste der Batterie
Madonna nach einem solchen mehrstündigen Nahkampfe — besonders
was die Mannschaft anbelangt — in keinem Verhältnisse zu den von der
.Formidabile'* erlittenen. DieHaltmig des Kontreadmirals Vacca im Hafen
lunnaien
175
von S. Giorgio und die Eile, mit der er wieder aus demselben heraus-
zukommen trachtete, ohne sich viel um die »Formidabiie • zu kümmern,
noch ihr wenigstens mitteis Signals den Befehl zu erteilen, ihm im Kiel-
wasser zu folgen, kann gleichfalls nur als eine im hohen Grade tadelns-
werte bezeichnet werden. War auch das Manövrieren mit diesen Panzer-
schiffen im Hafen von S. Giorgio gerade kein leichtes, so mußte dennoch
Eontreadmiral Vacca die Bekämpfung und Bewältigung der Batterie
Madonna sich zur Aufgabe machen oder, wenn er nach der Sachlage dies
für untunlich und den Moment hiezu schon für zu spät erachtete, dennoch
wenigstens so lange im Hafen verbleiben, bis die »Formidabilc* ihren Rück-
zug angetreten hatte, der ihr in diesem Falle anzubefehlen war. Das vor-
eih'ge Verlassen des Hafens seitens der Gruppe Vacca machte tatsächlich
auf die Mannschaft der zurückbleibenden^ Formidabile' einen äußerst depri-
mierenden Eindruck. *)
Während diese eben beschriebenen Ereignisse sich vor und in
S. Giorgio abspielten, waren »Terribile** und »Varese*, den erhaltenen
Befehlen gemäß, nach Comisa abgegangen und hatten dort gegen 6^ p. m.
ihr Feuer gegen die Batterie Magnaremi und die Max-Feste eröffnet,
ohne jedoch einen besonderen Erfolg zu erzielen. Durch die Bogen-
schüsse der am Berge Perlic aufgestellten zwei 6 pfundigen La Hitte-
Geschütze auf Distanz gehalten, erreichten ihre Projektile die Werke
nicht und das Ganze blieb wie tags zuvor eine erfolglose Kanonade.
Von weit größerer Bedeutimg als das Mißlingen des Angriffes auf
die Batterie Madonna für das vom Admiral Persano vorgesteckte Ziel,
noch im Laufe des 19. in den Besitz der Insel zu gelangen, war jedoch
der Umstand, daß auch Vizeadmiral Albini die ihm übertragene
Mission, die Landung bei Carober zu bewerkstelligen, nicht ausgeführt
hatte. Derselbe erhielt den Befehl hiezu um 27« ^ p. m. mit dem Bei-
fügen^ sofort zm* Ausführung zu schreiten. Indem er sich mit der ihm
unterstehenden Holzeskadre nach Carober begab, glaubte er, dort an-
gekommen, daß dieser Punkt wegen des etwas steilen Ufers, des daselbst
herrschenden Seeganges wie auch wegen des Umstandes, daß er zum
Teile im Schußbereiche des Forts Georg gelegen, für eine Landung nicht
geeignet sei und unterließ aus diesem Grunde die Vornahme derselben.
Er sandte den 2. Kommandanten der Aüsschiffungstruppen, Linienschiffs-
kapitän Martin-Franklin mit der Meldung hievon an den komman-
direnden Admiral ab, sich weitere Befehle erbittend.
^) Rendiconti elc; deposizione Saint-Bon, Seite 89.
Adniirnl Persano. von diesem Zwischenfalle höchst unangcnelini
berührt, bestand auf der Durehl'ührung der Landung, überließ jedoch
nunmehr die Wald des Punktes dem Vizeadmiral Albini, indem er auf
den ihm vom Linienschiffskapitän Martin-Franklin vorgelegten Plan
der Insel Lissa mit eigener Hand die Worte schrieb: .Der Vizeadmiral
Älbiniist ermächtigt, die Landung dort zu bewerksteUigen, wo er es am
geeignetsten halten wird.*" (,E autorizzato il vice-ammiraglio Albini dj
fare lo sbarco dove megho credera.")
Als Linienschiffskapitän Martin-Franklin mit dieser Antwort des
Admirals Persano wieder bei seiner Eskadre eintraf, bel'and sich diese
in der Nähe der Bucht von Gradac. wohin sich Vizeadmiral Alblnl
inzwischen begeben hatte, weil ihm die dortigen Terrainverhäl Inisse
besser erschienen als jene von Carober. Trotzdem nun die Vorkehrungen
für die Landung sofort in Angriff genommen wurden, so verstrich doch
eine viel zu lange Zeit, bevor man mit denselben zu Ende kam und es
war beinahe '/a^" geworden, ehe das Signal zur Ausschiffung gehißt werden
konnte. Der Wind halte inzwischen ein wenig aufgefrischt. Auf das
gegebene Signal nfiherten sich alle Schiffe der .Maria Adelaide" und
sandten ihre mit der AusscliiiTangsmannschaft besetzten Boote derselben
zu, unter deren Bord sie geordnet und von Dampfbarkassen in Schlepp
genommen wurden, Obzwarnun dieDampfbaikasse der »Maria Adelaide'
unter gewöhnlichen Verhältnissen 8 bis 9 Boote in Schlepp nahm, so
kam sie diesmal, wie Vizeadmiral Albini berichtet, infolge des herr-
schenden Seeganges kaum mit zweien fort, weshalb er dem Kanonen-
boote .Montebello* befitb), die Dampfbarkasse samt den angehängten
Booten unter Land zu schleppen. Hierüber war es aber schon fast
dunkel geworden und als man eben sich anschickte, in der Nähe von
Portochiave die Leute ans Land zu setzen, wurden die Boote vom Lande aus
mit Schüssen empfangen '), worauf sie sich gleich wieder zurückzogen
und weiter nichts mehr unternommen wurde.
Vizeadmiral Albini meldete hierauf dem kommandierenden
Admiral einfach, daß er die Landung aufgegeben habe, »weil die unruhige
See dieselbe sehr erschwert und die Avantgarde der Boote Widerstand
von am Lande aufgestellten fehidhchen Truppen gefunden hittte.* *)
■) Durch einen Schwärm der i. Maxin einf an lerietompagnie und 1 Ratelen-
Ifeschütz.
3) Admiral Pcrsuno Tand diese Meldung sehr sonderbar und schrieb anf die
Bückseite de rsctben die t'olgen'len Bemerkunfien: .Dieser Widersland kann nicht sehr
grdfi gewesen sein, da niemand den gerlngsleiL Schaden uuhiii. Wie dem übrigens auch
177
Eben als diese zweite Meldung des Vizeadmirals Alb in i an den
Admiral Persano abging, traf bei ihm ein Schreiben des Stabschefs der
Flotte ein, in welchem auf Befehl des kommandierenden Admirals die
Landmig für diesen Tag eingestellt wurde. Linienschiffskapitän di Monale
sowie der Artilleriemajor Taf fini hatten sich sofort an Bord des Flaggen-
schiffes zu begeben, damit dort die weiteren Maßnahmen bezüglich der
Landung am nächsten Morgen vereinbart werden könnten.
Die Veranlassung zu diesem Gegenbefehle war folgende gewesen :
Gegen 8^ p. m. hatten sich der Kommandant der »Formidabile*, Fregatten-
kapitän Saint-Bon sowie der Stabschef der dritten Eskadre, Fregatten-
kapitän Bucchia an Bord des „Re d'Ilalia* begeben, um dem Admiral
Bericht über den Kampf gegen die Batterie Madonna zu erstatten. Bei
dieser Gelegenheit machte Fregattenkapitän Bucchia dem Admiral
Persano den Vorschlag, am nächsten Morgen die Bekämpfung der
Batterie Madonna in der Weise vorzunehmen, daß man mit den Panzer-
schiffen in den Hafen von S. Giorgio einlaufe, diese an der Batterie vor-
überpassierend ihr Feuer gegen dieselbe abzugeben und dann mit Gegen-
marsch zu wenden hätten. Wenn auf diese Weise die Batterie vollständig
demontiert und zum Schweigen gebracht worden wäre, hätte die Landung
im Innern des Hafens S. Giorgio stattzufinden.
Admiral Persano schien diesem Vorschlage nicht abgeneigt zu
sein, machte aber die Bemerkung hiezu: »Und wenn in diesem Augen-
blicke die österreichische Eskadre erscheint, was dann?* „Dann greifen
wir sie mit dem Sporne an und jagen sie davon*, antwortete Fregatten-
kapitän Bucchia. ^) „Das sind kindische Redereien (son ragazzate queste),*
immer sei, die Kriegskunst hätte dem Vizeadmiral Albini lehren müssen, dafi in diesem
Falle die Küste vorher durch ein lebhaftes Granaten- und Kartätschenfeuer zu säubern
war, dafi er einen Scheinangriff vorbereiten mufite und hierauf erst, gedeckt durch das
Feuer der Flottille, die eigentliche Ausschififung an dem gewählten Punkte vornehmen
konnte. Aber nichts von alledem ! Der Vizeadmiral, dem die Ausführung der Landung
mit aller Vollmacht anvertraut war, glaubte seiner Pflicht genüge geleistet zu haben,
wenn er dem kommandierenden Admiral die Meldung erstatten ließ, daß er von der
Ausführung der Landung aus dem Grunde abgelassen habe, weil er unruhige See
(maretta) und Widerstand durch Truppen vorfand. Der Hafen von Garober liegt aber
doch im Norden der In sei, der Wind wehte aus Südosten ohne besonders stark zu sein und
ohne daß wir auf hoher See besondere Rollbewegungen empfunden hätten. Warum
wurden femer die Boote nicht gleich durch die Kanonenboote geschleppt, nachdem
man doch im stände sein mußte, die ViTindstärke im vorhinein zu beurteilen? Aber was
soll man zu alledem sagen, wenn dies von einem Vizeadmiral berichtet wird?**
Randaccio, Storia della niarina italiana, II, Seite 153.
1) Rendiconti etc. etc; deposizione Bucchia, Seile 51.
Fleidch er, Dio k. k. Kriegsmarine 1866. \0
replizierte hierauf AdmiralPersano und schien plÖlzUch diese Bemerkung'
übel aufzunehmen, DerStabschef der B'lotte, LiriienschiEfska|iitäii d' Amico.
der bei dieser Unterredung zugegen war, griff nun vermittehid ein und
OS wurde hierauf beschlossen, nachdem es für heute ohnehin schon spät
sei, bezüglicli der Landung Gegenbefeid zu erteilen und dieselbe für den
nächsten Morgen anzuberaumen. Die näheren Bestimmungen sollten
während der Nacht mit Linienscliiffskapib'in di Monale besprochen und
festgestellt werden.
Auf die.se Weise unterblieb die Landung am 19. und auch dieser
Tag war vorübergegangen, oline daß man das angestrebte Ziel erreicht
hatte.
Admiral Pursano war bei diesem Unlernelimen offenbar vom
Glücke nicht begünstigt, aber, es läßt sieb dies nicht verkennen, auch von
seinen Unterbefehlshabern nicht entsprechend unterstützt worden. Es
muß geradezu Staunen erregen, in welch' geringem Grade Vizeadmiral
Albini der ihm erteilten wichtigen Mission, die für das Gelingen des
ganzen Unlernebraens von solcher Bedeutung war. gerecht wurde, und
welchen geringen Eifer, welchen Mangel an Tatkraft er bei dieser
Gelegenheit au den Tag legte. Wir wollen zugeben, daß die Terrain-
verhältnisse bei Carober sich für die anbefohlene Landung nicht gerade
als die günstigsten herausstellten, aber möglich und in dem Zeitraum
von 5 Stunden (2'/»'' bis T'/j" !'. ni.) auch dui'chführbar war dieselbe bei
genügender Energie deshalb noch immer, Angesichts der vorgeschrittenen
Unternehmung sowie der durch die Verhältnisse zugespitzten Situation,
in welcher man sich befand und bei der es kein .Zuröck' mehr gab.
wenn das voi^esteckte Ziel erreicht werden sollte, durften die sich dem
Vizeadmiral Albini entgegentretenden Schwierigkeiten kein Hindernis für
die auszuführende Landung bilden. Dieselbe mußte, kostete es was es
wollte, bewerkstelligt werden, und zwar noch im Laufe des 19., denn es
bandelte sich darum, den letzten entscheidenden Schlag gegen den bereits
erschütterten Feind zu führen, bevor noch die österreichische Eskadre
anlangen konnte.
Man bedenke nur, welche Wirkung das Erscheinen der italienischen
Landungstruppen im Rücken oder in der Flanke der Forts während des
Kampfes der Madonna-Batterie mit den feindlichen Panzerschiffen auf die
Verteidiger hatte hervorbringen müssi^n uud man wird sich der An-
schauung nicht verschließen können, daß in diesem Falle die schwache
und schon ziemlich ermüdete Inselbesatzung beim Erscheinen der feind-
lichen Angriffskolorme wohl bald gezwungen worden wäre, den ungleichen
179
Kampf aufzugeben. Daß bei der Landung und dem darauf erfolgenden
Angriffe Verluste in Aussicht standen, war klar. Dieser Umstand war
aber unvermeidlich imd mußte mit in den Kauf genommen werden.
Der italienische Geschichtsschreiber Ran daccio macht bezüglich
der Haltung des Vizeadmirals Albini bei der von ihm durchzuführenden
Landung selbst die etwas boshafte aber unseres Erachtens ganz zutreffende
Bemerkung, „daß es geradezu den Anschein gewinne, als ob dieser
Admiral der Ansicht gewesen sei, die Landung jedesmal aufgeben zu
müssen, wenn die See nicht spiegelglatt war oder wenn der Feind es
wagte, herüberzuschießen." ^)
Wie tags zuvor entfernte sich die feindliche Flotte gegen 8** abends
wieder von der Insel, ihren Kurs gegen die Mitte des Kanales von Lissa
nehmend.
Mit dem Einbrüche der Nacht war somit der Kampf am 19. beendet;
auf allen Werken Lissas flaggte noch das rot- weiß-rote Banner Österreichs
bis auf Fort Georg, wo der Flaggenstock abgeschossen und im feindlichen
Feuer nicht wieder aufgerichtet worden war. Fort Georg, Batterie Mamula
und Turm Robertson waren aber zum Schweigen gebracht
Fort Georg hatte an Eskarpe und Kontreeskarpe zahlreiche Treffer,
welche kleine Trichter hinterließen. Das Glacis war stark aufgewühlt, das
Ziegeldach des Reservemunitionsmagazins vielfach durchschossen, dieses
selbst war aber, geschützt durch die vorgelegte Kastentraverse, unverletzt
geblieben.
Die der Defensionskaseme zum Schutze der im Erdgeschoße unter-
gebrachten Munition vorgelegte Traverse war durch die in die Holz-
konstruktion eingedrungenen Projektile erschüttert. In das Innere der
Kaserne war kein Schuß gedrungen; die Brustmauer der Terrasse, auf der
die ISpfönder standen, war vollkommen rasiert. Die offene Batterie hatte
am meisten gelitten. Die 3 bis 5' dicke Steinbrust war größtenteils bis
zum Walle rasiert, ein Teil des Wallganges durch die Explosion der
Wallkästen eingeworfen und mit Steintrümmem übersät; die Lafetten
aller Geschütze waren unbrauchbar.
Die Batterie Mamula hatte einige Schußtrichter in dem wenig
soliden Mauerwerk der Eskarpe ; einige Projektile hatten in die Schutz-
traverse des Pulvermagazins eingeschlagen, ohne jedoch zu explodieren.
>) „Quasi dircbbesi che, secondo U Tice-ammiraglio Alb in i, ogniqualvoita i
nemici tirassero cannonate o fucilate o che il mare non fosse come oglio, si avesse a
tornar Indietro." Randaccio, Storla della marina italiana, II, Seite 154.
12*
Die Batterie Zuppai'ina hatte stark gelitten und glich mehr einem
Erdhaufen als einem Werke der Kunst; Eskarpe und Brustwehr waren
größtenteils zerstört. Von den vier Geschützen derselben lagen drei mit
zertiümmerten Lafetten in den Bettungen, das vierte allem war noch
kampffähig. Eine seit- und rückwärts der Batterie gestandene Holzbaracke
war i:i Brand geschossen und bis auf den Grund in Flammen auf-
gegangen.
Turm Benlink imd die Eskarpe des neuen Enveloppenteiles zeigten
mehrere Treffer mit den gewöhnlichen Trichtern. Im alten Teil der
Enveloppe, wo die Eskarpe nur trocken verkleidet wai", hatten die feind-
lichen Projektile eine 2° breite Bresche erzeugt. Ein Schuß war durch
den Eingang in das Innere des Turmes auf die Pulverraagazinsmauer
gedrungen, ohne sie jedoch zu durchschlagen.
Turm Robertson hatte wenige Schüsse erhalten,
Batterie Schmidt war in ihrer rechten Seite in einen Erd- und
Steinhaufen verwandelt, während die linke Hälfte mit dem zweiten Hand-
pulvermagazin, in dessen Decke gleichfalls einige Projektile eingeschlagen
hatten, unversehrt stand. Die Geschütze waren umgeworfen, deren
Lafetten zertrümmert,
Turm Wellington hatte nach Batterie Schmidt am meisten Schaden
genommen. Auf seinen Mauern zeigte beinahe jeder QuadralfuB einen
feindlichen Treffer, die Eskarpe an der Nordseite eine bis 2* hohe, ebenso
breite und 1° tiefe Bresche; einige glückliche Schüsse hätten die Mauer
und mit ihr die Deckbatterie unfehlbar zum Falle gebracht.
Die Batterie Magnaremi hatte 2 Treffer in der Eskarpe aufzuweisen,
die innere Brustwehr war beschädigt.
Die Batterie Nadpostranje hatte gar nicht gehtten; eine bis an den
Fuß des Glacis gedrungene Kugel war das einzige Zeichen der stalt-
gehabten Beschießung vom vorigen Tag,
Die Lafeltierungen der Geschütze hatten durchgehends so namhaft
geÜtten, daß die Werke Nr. 1 bis 8 nur mehr den dritten Teil ihrer
Geschütze noch benützen konnten. Dieselben hatten im Laufe der bis-
herigen zweitägigen Verteidigung, abgesehen von einigen Raketenwürfen,
2733 Schüsse abgegeben, i)
Die Truppe war durch den 36stündigen Dienst sehr ermüdet.
Dieselbe arbeitete gleichwohl die ganze Nacht, trug Munition und Proviant
1) Gegeo miuileBtens äö bb SU.tXHj Schüsse der iUUeoiädien SdiiCTe.
181
in die Werke, besserte diese möglichst aus und führte brauchbare Lafetten
an Stelle der zerschossenen in einige Werke ein.
Es blieben nur mehr 1 Geschütz in der Batterie Zupparina, 2 in
Bentink, 5 in Wellington und 7 in Madonna sowie die auf Cosmo und im
Innern der Insel aufgestellten Verteidigungs- und Raketengeschütze zur
Disposition.
Die Verluste der Besatzung bezifferten sich, wie folgt:
Fort Georg 2 Mann tot, 1 Offizier, 21 Mann verwundet.
Batterie Mamula . .
Batterie Zupparina .
Turm Bentink samt En-
veloppe
Batterie Schmidt . .
Turm Wellington und
Mörserbatterie . .
Batterie Madonna
4
7
16
1
1
- 17
- 8
2
1 Offizier, 18
— 4
— 1
31 Mann tot, 2 Offiziere, 71 Mann verwundet.
Das Marineinfanterie-
bataillon hatte außerdem
noch -
a>
zusammen 31 Mann tot, 2 Offiziere, 73 Mann verwundet.
Die feindliche Flotte
zählte 16 , ,4 , 95 , .
Die Verluste derselben
wie folgt:
Am 18. Juli:
,Re di Portogallo*
, Maria Pia* . .
«San Martino*" .
verteilten sich auf die einzelnen Schiffe,
• • • •
,Palestro" . .
^Varese* . . .
, Maria Adelaide*'
Am 19. Juli:
^Formidabile* .
.Ancona" . . .
4 Tote, 2 Offiziere, 12 Mann vervnmdet,
1 Toter, — 6 „
- - 6 ,
- - 9 ,
- 1 .
2 Tote, — 3 „
n
«
Summe . 7 Tote, 2 Offiziere, 37 Mann verwundet.
3 Tote, 2 Offiziere, 39 Mann verwundet.
6 .
— 19
Summe . 9 Tote, 2 Offiziere, 58 Mann verwundet.
Zusammen . 16 Tote, 4 Offiziere, 95 Mann verwundet.
Melirere SchiÖe, darunter besonders ,FormidabUe", hatten Havarien
erlitten, die meisten führten nur mehr für zwr-i Tage Knlilen am Bord.
Die Lage, in welche sich Admiral Persano am Abend des 19.
versetzt sah, war nunmehr eine sehr schwierige geworden, denn es hieß
einen keineswegs leichten Entschluß zu fassen. Er hatte nur die Alter-
native vor sich, entweder am nächsten Tag in den frühesten Morgen-
stunden, noch vor dem möglichen Erscheinen der österreichischen
Eskadre, den letzten kräftigen Schlag sowohl zu Wasser als zu Lande zu
lühren, um auf diese Weise die Insel in seinen Besitz zu bekommen und
nicht die Früchte der bisherigen zweitägigen Kämpfe zu verlieren oder
aber diese schon ziemlich weit gediehene Unternehmung zu sistieren,
nach Ancona zurückzugehen, sich mit Kohlen imd Munition zu versehen
imd den Umständen gemäß zu handeln.
Der Admiral entschied sich in einer bis spät in die Nacht dauernden
Beratung mit dem Stabschef der Flotte, dem Kommandanten der Aus-
schiffungstruppen Linienschiffskapitän di Monale sowie dem Arlilierie-
major ConteTaffini dafür, die Bekämpfung der Insel wieder aufzu-
nehmen, und zwar sollten die Panzerschiffe, um für alle Fälle bereit zu
sein, außerhalb des Hafens verbleiben und nur die Schiffe, welche
300pfündige Armstronggeschütze am Bord führten, die Bewältigung
der Batterie Madonna übernehmen, während die Ausschiffung der
Landungstruppen im Hafen von Carober vorbereitet, aber im entschei-
denden Momente im Innern des Hafens von San Giorgio erfolgen sollte.
Die Nacht auf den 20. war finster und regnerisch; der Wind wehte
ziemlich frisch aus Südwesten. Nachdom man es unterlassen hatte, für die
Navigation während der Nacht eine Formation bekannt zu geben, so
fehlte es an jeder Ordnung; die Schilfe der verschiedenen Gruppen
bewegten sich untereinander und ein jeder Schiffskommandant handelte
nach eigenem Ermessen, bloß auf die Sicherheit seines Schiffes Bedacht
nehmend. Besonders die Holzeskadre befand sich in einer recht un-
erquicklichen Lage, da die vielen Boote und Flottanten, welche man im
Wasser gelassen hatte, sich jeden Augenblick zu füllen drohten, so wie
man nicht ganz dicht unter Land hielt.
Am frühen Morgen des 20, begab sich Konlreadmiral Vacca an
Bord des ,Re ditalia" und riet dem kommandierenden Admiral in An-
betracht des för eine Ausschiffung ungünstigen Wetters sowie des
Umstandes, daß mehrere Schiffe nicht mehr hinreichend mit Kohlen
versehen seien, von einer jeden weiteren Unternehmung gegen Lissa ab,
dafür sogleich nach Ancona zurückzukehren, die Havarien auszubessern
183
und sich wieder mit allem Nötigen zu versehen. Er führte aus, daß die
Eroberung der Insel mittels eines Handstreiches, wie man gehofft hatte,
eigentlich mißlungen sei, daß man genug Schüsse mit den Batterien
gewechselt und dem Feinde vielen Schaden zugefügt habe, so daß nicht
mehr gesagt werden könne, die Marine habe nichts getan. Auch dränge
sich ihm immer mehr die Oberzeugung auf, daß mit dem Besitze der
Insel Lissa dem Lande eigentlich wenig gedient sei, und er müsse in
dieser Beziehung eher auf Venedig hinweisen, welches als italienischer
Boden bei weitem mehr Wichtigkeit habe als diese dalmatinische InseL
Übrigens könne man ja, nachdem man wieder mit allem nötigen, beson-
ders mit mehr Äusschiffungstruppen versehen sein werde, nach Lissa
zurückkommen und dasselbe dann mit Aussicht auf vollstündigen Erfolg
erobern.
Admiral Persano wollten die angeführten Gründe seines Unter-
befehlshabers nicht vollständig einleuchten und er machte diesem die
Gegenbemerkung, daß, seiner Anschauung nach, es nicht angezeigt sei,
im jetzigen Augenblicke, wo der Feind bereits bedeutend erschüttert sei,
die Unternehmung aufzugeben; trotzdem schien aber auch er einen festen
Entschluß nur schwer fassen zu können.
Der Stabschef der Flotte, Linienschiffskapitän d'Amico, welcher zu
dieser Unterredung hinzugerufen wurde, machte hierauf einen anderen
Vorschlag, und zwar den, mit der Flotte nach dem Hafen von Cittavecchia
auf der Insel Lesina zu gehen und inzwischen außerhalb desselben bei
den Spalmadoren einen Aviso als Ausluger kreuzen zu lassen. Von
diesem Hafen aus solle man nach Ancona um weitere Truppen, Munition
und Kohlen schicken, in deren Erwartung sich aber immer bereit hallen,
den Feind zu empfangen und sowie er signalisiert würde, sofort hervor-
brechen, um ihm im Osten der Insel Lesina die Schlacht anzubieten.
Auch dieser Plan erfreute sich nicht der vollständigen Zustimmung
des kommandierenden Admirals, welcher kurz erwiderte, daß er denselben
wohl beachtenswert finde, hierüber jedoch vor allem erst der eingeschiffte
Lokallotse gehört werden müsse.
Der Abgeordnete Boggio, welcher gleichfalls bei dieser Beratung
gegenwärtig war, drang wieder unter Hinweis auf die öffentliche Meinung
in den Admiral, den Angriff auf die Insel Lissa fortzusetzen und zu
beenden.
Während man noch so hin- und herdebattierte, wurde dem Admiral
die Ankunft des gemieteten Dampfers »Piemonte* gemeldet, der von
Ancona 500 Mann Marineinfanterie unter Oberst Magnasco brachte.
184
Dieser Umstand überwog nun bei Admiral Persano alle anderen
Bedenken und bestimmte ihn zu der Fortsetzung des Angriffes, dem-
zufolge auch sogleich die hierauf bezüglichen Befehle erlassen wurden.
Vizeadmiral Albini wurde neuerdings angewiesen, ungesäumt die
Ausschiffung an einer ihm passenden Stelle vorzubereiten; die Panzer-
schiffe »Terribile* und ^Varese*, welche sich seit dem vorhergehenden
Abend bei Busi befanden, erhielten den Befehl, die Batterien von Comisa
neuerdings zu beschießen und zu verhindern, daB ihre Bedienungs-
mannschaft als Verstärkung der Garnison nach Lissa gezogen würde.
,Re dltalia*, „Re di Portogallo**, ,Palestro* und »Affondatore* sollten,
wie schon erwähnt, mit ihren SOOpfündern von der Einfahrt aus gegen
die Batterie Madonna wirken.
Diese Befehle waren kaum erflossen und an ihre Bestimmung
gelangt, als plötzlich um 8^ a. m. im Nordwesten, in eine Regenbö gehüllt,
der Aviso «Esploratore"" auf die Flotte zusteuernd, in Sicht kam, mit dem
Signal am Top: „Verdächtige Schiffe in Sicht". Nun blieb wohl kein
Zweifel mehr daran übrig, daß sich die österreichische Eskadre der Insel
Lissa nähere.
„Ecco i pescatori!" rief Admiral Persano hochmütig aus, ohne zu
ahnen, daß er noch vor dem Abend desselben Tages von diesem so
gering geschätzten Gegner geschlagen sein und sich mit seiner mächtigen
Flotte auf dem Rückwege nach Ancona befinden werde.
185
8. Kapitel
Verteidigungsanstalten der GamisoQ von Linsa fQr den 20. Juli. — Die ÖHterreichisiche Eskadre in Fasana. —
Einlangen der ersten Nachrichten vom Angriffe der italienischen Flotte auf Lissa. — Entschluß des Kontre-
adznirals v. Tegetthoff, zum Entsätze auszulaufen. — Abfahrt der k.k. Eskadre am 19. Juli mittags. — Fahrt
derselben gegen Lissa.— Die italienische Flotte am Morgen des 20. Juli. — Seeschlacht von Lissa. — über-
schiffung des Admirals P e r s a n o auf den ^Affondatore*. — Die Osterreichische Panzerdivision durchbricht die
italienische Schlachtliuie. — Die italienioche Tetogruppe fällt gegen die Csterreichischen Holzdivisionen ab.
— Die italienische Queuegruppe ahmt dieses ManOver nach. — Kommodore v. Petz wirft sich der letz-
teren entgegen. — Erstes Engagement des Linienschiffes f Kaiser" mit dem ^Affondatore**. — Sein Kumpf
mit dem „Rö di Portogalio" und ROckzug nach Li^sa. — Kontreadmiral v. Tegetthoff greift die feind-
liche Mittelgruppe an. — Auflösung des taktischen Verbandes und Beginn der Melee. — Wiederholtes
Rammen des Ost erreichi sehen Admiralschiffes «Erzh. Ferdinand Max*. — Untergang des „Rö d'Italia". --
«Palestro* in Brand. — Sammlung der italienischen Panzerschiffe durch Kontreadmiral Yacca. — Untä-
tigkeit der italienischen Holzflotte. — Zweites Engagement des Linienschiffes «Kaiser" mit dem «Affonda«
datore". — Vereinigung der Österreichischen Holzschiffe mit den Panzerschiffen. — Kontreadmiral v. Tegett-
hoff formiert seine Eskadre in 3 Kolonnen. — Unentschlossenheit in der FQlining auf der italienischen
Seite. — Zweckloses Hin- und Herfahren der italienischen Flotte. — Ende der Schlacht. >- RQckzug der
italienischen Flotte. — Auffliegen des «Pulestro". — Einlaufen der Österreichischen Eskadre in den Hafen
von San Giorgio. — Beidenteitige Verluste. — Eskadrebefehl. — Ernennung Tegetthoffs zum Vize-
admiral. — ROckkchr der k. k. Eskadre Lach Fasana.
Das Wetter am Morgen des 20. Juli war sehr veränderlich. Regen-
schauer wechselten mit heftigen Windstößen ab und gegen 7^ brach ein
heftiges Gewitter los. Als dasselbe vorüber war, lag die Insel Lissa in
einem dichten Nebel eingehüllt. Nacheinander waren von mehreren
Punkten der Küste Meldungen über während der Nacht versuchte
Rekognoszierungen beim Inselkommando eingelangt, ^) von Porlo-
cliiave und Carober die Anzeige, daß der Feind daselbst Vorbereitungen
für größere Landungen treffe. In Ungewißheit darüber, von welcher Seite
der feindliche Angriff erfolgen werde, hatte die Besatzung die Ver-
teidigungsstellung bei Cosmo-Andrea bezogen; die Besatzung des Forts
Georg wurde durch 1 Offizier und 70 Mann der Marineinfanterie verstärkt
und eine halbe Kompagnie mit zwei 12pfündigen Raketengeschützen auf
die gegen das Tal von Samogor vortretende Höhe gegen Portochiave-
Carober vorgeschoben.
1) Während des Morgengrauens wurde bei Punta Stupi§<ie durch einen feindlichen
Bragozzo eine Landung versucht, von der in der Nähe postierten Marineinfanterie und der
Geschützstellung auf Berg Perliö jedoch verhindert; ebenso mißlang eine bei Stonciöa
unternommene Rekognoszierung.
Es war beschlossen, solange des Feindes wahre Absicht nicht zu
erkennen sei, ihn in dieser Stellung zu erwarten.
Da brach gegen 10'' die Sonne durch die NebelhQlle hervor und
beleuchtete ein großartiges, erhabenes Schauspiel; von Nordwesten her
dampfte in fester geschlossener Ordnung die Österreichische Eskadre
heran, der schwer geprüften Insel den Entsatz bringend.
Die wackere Besatzung, welche in dem zweitägigen blutigen Kampfe
mit wahrhaft heldenmütiger Aufopferung das Banner Österreichs hoch-
gehalten hatte, brach bei diesem Anblicke in ein Freudenhurrah aus und
harrte sodann in höchster Spannung der Entscheidung, welche der
gewaltige Zusammenstoß der beiden Flotten vor ihren Augen bringen
mußte. Daß die Hilfe noch zur rechten Zeit kommen konnte, beruht auf
folgendem :
Wie wir am Schluß des 4. Kapitels geschildert haben, tag die
österreichische Eskadre Mitte Juli auf der Rhede von Fasana in vier
Kolonnen vor Anker und schien es infolge der auf dem nördlichen Kriegs-
schauplatze eingetretenen unglücklichen Ereignisse, welche den Abschluß
eines Waffenstillstandes wahrscheinlich machten, als ob dieselbe in
diesem Kriege zu keiner Aktion mehr gelangen sollte.
Da, wie mit einem Schlage, änderte sich die Situation für sie, und
gerade ihr wurde noch das Glück zu teil, dem Vaterlande einen wichtigen
Dienst leisten zu können sowie ihre Flagge durch einen glorreichen Sieg
zu hohem Ansehen zu bringen.
Am 17. Juli war durch das Generalkommando in Zara das folgende
Telegramm des Insel- und Festungskommandanten von Lissa bei der
Eskadre angelangt: .Ein Kriegsschiff unter englischer Flagge ') mit Kurs
Nordwest in Sicht gelangt, hat Insel rekognosziert, dann mit Kurs
Südost retoumiert. "
Am 18. Juli trafen gegen 11'' vormittags folgende vom Insel-
kommando zu Lissa um 8'* 30'" a. m. und '.!'' 50"' a. m. aufgegebenen
telegraphischen Depeschen ein: ,9 Kriegsschiffe ohne Flagge vonNordwest
steuern auf 20 Meilen der Insel zu" — dann: .10 Kriegsdainpfer steuern
signalisierten Kurs, französische Flagge, 15 Meilen entfernt".
') Es war dies, wio bekannt, iler italienische Avismlampfer .Mcssa^gicro*, der
mit dem Slalischef dtr ilalienisnlicn Flotte. Linie nschilTskapitBn d'Amico an Bord,
wftltrccd des Vormittag des 17. eine Rekogoosiiening der Insel vornslira. Si«hfl
hierüber die AiitiitTtungen Sfite 118.
187
Kontreadmiral Tegetthoff teilte diese Depeschen dem Kriegs-
ministerium sowie dem FML. Baron Maroiöic in Grörz telegraphisch mit
und fügte hinzu: , Glaube deshalb nicht nach Südost gehen zu sollen,
da dies eine Demonstration von italienischen Schiffen sein dürfte, um
die Eskadre von hier wegzulocken. Bitte aber jedenfalls um Mitteilung
der Ansicht, wie sich die Eskadre bei ähnlichen Nachrichten zu verhalten
hätte. ^ Salamander *'^) zieht viel Wasser und muß nach Pola**.
Gegen 2 ^ p. m. kamen neuerdings Telegramme von Lissa: «Signali-
sierte Schiffe lavieren Nordwest; die Flagge eingezogen; ich alarmiere.*
(abgegangen 10^ 10" a. m.) — ^Signalisierte Schiffe steuern gegen
Lissa, 10 Meilen entfernt. Angriff steht bevor.* (11^ 45°* a. m.) —
«Comisa mit 12 Schiffen angegriffen. Sardinische Flagge.* (0^ 20"
p. m.) *)
Letzteres Telegramm gelangte auch vom Generalkommando Zara
an das Eskadrekonunando, worauf der Kontreadmiral um 2*" 20" p. m.
dessen Inhalt an das Kriegsministerium mit dem Beifügen bekanntgab:
,Ich halte meine frühere Ansicht aufrecht. Bitte um Befehl, da Lissa sehr
entfernt vom voraussichtlichen Hauptangriffsobjekte ist.* An das Insel-
kommando Lissa stellte derselbe die Anfrage nach der Gattung der feind-
lichen Schiffe, um daraus auf die eigentlichen Absichten des Gegners
schließen zu können.
Bald darauf trafen die Depeschen ein : , Hafen von Lissa angegriffen.*
(abgegangen 0*" 40" p. m.) „Heißes Kanonengefecht bei Lissa, ohne
Schaden.* (1** 15" p. m.)
Im Laufe des Nachmittags langten vom Inselkommando Lissa, vom
dalmatinischen Gouvernement und von dem Brigadekommando zu Spalalo
fortgesetzt Telegramme ein, welche den Kampf von 10 Panzerfregatten
und 3 Dampfern gegen S. Giorgio, die Zerstörung der Batterie Schmidt,
die um 4 ^ erfolgte Besetzung Lesinas durch feindliche Kanonenboote
und die Unterbrechung der telcgraphischen Verbindung zwischen Lissa
1) , Salamander"* liatle ein Leck, das kommissioneil untersucht, für bedenklirh —
wenn auch in Fahrt weniger gefährlich — erklärt worden war.
2) Wir beziehen uns, was den Angriff auf Gomisa belrifTl, nochmals auf unsere
Seite 154 gegebene Berichtigung. Die vom Insel- und Festungskommando in dieser
Form gemachte Meldung scheint in der Hast und unter dem Eindrucke des bevor-
stehenden Angriffes auf Basis der Angaben der Objektskommandanten gemacht worden
zu sein, die alle in Sicht befmdlichen SchifTe mitzählten. Fast alle italienischen Scliiffe
näherten sich der Insel und speziell Comisa, aber nicht alle griffen dieses letzteie an;
die Gruppen Riboty und Albini passierten es blofi. A. d. V.
und Lesina, liie um 7 '' orfolgte Ansammlung von 14 Dampfern an der
Nordost-, von 6 Dampfern an der Nordwestseile des Hafens S. Giorgio,
das Ausharren dor Werke dieses Hafens in der Verteidigung, endlich den
um 7'' 20"" p. m. erfolgten Rückzug der feindlichen Schiffe aus dem Schuß-
bereiche und ihre langsame Entfernung mit Kurs Nordwest meldeten.
Kontreadmiral v. Tegetthoff mußte nun aus diesen Telegrammen
wohl ersehen, das sich das Gros der feindlichen Flotte vor Lissa befand;
er blieb jedoch immer noch der Ansicht, daß diese Unternehmung gegen
die Insel Lissa bloß eine Diversion sei, darauf berechnet, die kaiserliche
Eskadre von den nördlichen Gewässern des Golfes wegzulocken, um einen
Hauplangriff in den Gewässern desisonzo, gegen welchen Fluß Cialdinis
Armee vorrückte, vielleicht auf Triest, mit größerer Leichtigkeit und mit
der Wahrscheinlichkeit unternehmen zu können, durch einige Tage von
der See aus unbehelligt zu bleiben. Dieser Ansicht stimmten auch die
meisten der zu einem Kriegsrate berufenen SchiQskommandanten zu;
sie erhielt auch die Zustimmung des Kriegsminisleriums und des Kom-
mandos der Südaimee, welch letzteres auf die wiederholten Anfragen des
Eskadrekommandanten, , welcher Küstenstrecke man unter den bestehen-
den Verhaltnissen die meiste Wichtigkeit beilege und was daher zu tun
sei", mit einem um 11 '' nüchts einlangenden Telegramme die Antwort
gab; .Keine Teilung der Eskadre vornehmen und jedfn Angrill auf die
Küste von Istrien und Triest möglichst vereiteln,"
Doch am Morgen des 19. Juli kamen vom dalmatinischen Gouver-
nement zwei Depeschen an, welche anzeigten, daß der Kampf bei Lissa
neuerdings begonnen habe und die entnehmen ließen, daß die ganze
feindliche Flotte noch immer bei Lissa beschäftigt, also noch in keiner
Operation an einem anderen Küstenpunkte begriffen sei.
Die zweite Depesche aus Zara (aufgegeben um 8 " 20 " a. m.) lautete:
„Heute um 7 '* Kampf bei Lissa wieder begonnen, heftiger Kanonendonner
bei Lesina hörbar. Um 5 '* fmh die italienische Flotte, 22 SchiETe, vom
Kanal Curzola gegen Lissa, ein feindlicher Dampfer in Kurs Südsüdwest
sichtbar."
Kontreadmiral v. Tegetthoff, weicherjetzt zur Überzeugung gelangt
war, daß es sich im vorliegenden Falle um keine Diversion handeln könne,
sondern daß der Feind ein ernsteres gegen die bisel Lissa gerichtetes
Unternehmen vorhaben müsse, beschloß nun auszulaufen, die feindliche
Flotte anzugreifen und dabei Lissa um jeden Preis zu entsetzen. Er
meldete dies dem Kriegsministerium und dem Kommando der Südarmee
mit dem Telegramme: .Soeben erhalte Nachricht von Zara, daß Kampf
189
bei Lissa heute 7 ^ wieder begonnen, 22 feindliche Schiffe. Gehe mit
Eskadre ab, lasse Dampfer zurück, um mir Weisungen nachzubrmgen^
bitte schleunige Antwort.**
Um IOV2 ^ a. m. berief der Kontreadmiral sämtliche Schiffskomman-
danten an Bord seines Flaggenschiffes und kündigte ihnen den Entschluß
an, dem bedrängten Lissa zu Hilfe eilen zu wollen, eine Mitteilung, die mit
Hurrahs aufgenommen wurde. ^) Nachdem er dieselben noch mit seinen
weiteren Absichten bekannt gemacht hatte, wurde um IO7* ^ der Eskadre
das Signal gegeben: »Alle Kessel heizen**, sodann „Wer dampfklar, in
Bewegung setzen • .
Dampfer »Vulkan" erhielt Befehl, alle Flottanten nach Pola zu
schleppen und sich mit den Dampfern »Lucia** und »Triest** dem Hafen-
admiralate, welches für die möglichst rasche Einschiffung von 1000 Tonnen
Steinkohle Sorge zu tragen hatte, zur Verfügung zu stellen; Aviso
»Stadium" legte sich unter Fort Brioni, um die bis 2 ^ p. m. anlangenden
Telegramme dem Admiral nachzubringen.
Ein großer Teil der Schiffe war bereits in See gegangen, als dem
Eskadrekommandanten einige Minuten vor Mittag das nachstehende Tele-
gramm des Kriegsministeriums zukam: «Auf Allerhöchsten Befehl
nach eigenem Ermessen handeln; wegen Demonstration gegen
Lissa nicht auslaufen.* Kontreadmiral v. Tegetthoff blieb jedoch bei
seinem einmal gefaßten Entschluß.^)
1) Wie ernst Kontreadmiral v. Tegetthoff die Situation nahm und wie wenig
optimistisch er über den Ausgang der ihn seiner Ansicht nach — trotz des gegenteiligen
Telegrammes des Kriegsministeriums — verpflichtenden Bekämpfung der italienischen
Flotte vor Lissa dachte, läfit sich aus einer damals an Bord des FlaggenschiiTes
zirkulierenden Äußerung entnehmen, die er den versammelten Schiffskommandanten
gegenüber tat, als sich deren Begeisterung und Jubel über die bevorstehende Aktion
etwas gelegt hatte. „Nun, meine Herren/ so soll beiläufig der Kontreadmiral in seiner
bekannten, ihm eigenen Ausdrucksweise gesagt haben, «Ihr Wunsch, vor den Feind zu
kommen, geht also in Erfüllung und ich glaube, es wird heifi zugehen. Ob wir zurück-
kommen oder wie wir zurückkommen, darüber läßt sich unter diesen Verhältnissen
nichts sagen ; aber von dem einen bin ich fest überzeugt, dafi, wenn es uns schlecht
gehen sollte, wir die Italiener doch so zudecken wollen, daß auch sie genug haben
werden.* A. d. V.
^ Die Antwort vom Kommando der Südarmee erreichte den Eskadrekomman-
danten erst am Tage nach der Schlacht. Wir haben den Depeschenwechsel Kontre-
admirals V. Tegetthoff absichtlich so ausführlich gebracht, um zu zeigen, in welch
schwerer verantwortungsvoller Lage sich derselbe befand. Wir lassen es dahingestellt,
ob ein anderer weniger energischer und tatendurstiger Admiral auf eigene Verantwortung
Um '/■i^ '' ^ei'ließ das FlaggenschilV .Erzh. Ferdinand Max" die
Rhede von Fasana, süeß um 1'/, " zu den zwisclien Compare und
Promantore auf einige Meilen in See gesanimellen SchiÖ'en und nahm,
im Vorüberfahren an denselben von den Klängen der A'olkahymne sowie
den donnernden Ilurrahs der auf Reelings und Wanten aurgeenterten
Mannschaften begrüßt, seinen Posten an der Spitze der Panzerdivision
ein, worauf die ganze Eskadre, bestehend aus ä7 Schiffen, sich in Bewe-
gung setzte und bei südöstlichem Kurse mit ganzer Kraft gegen Lissa
dampfte.
Die Eskadre war, wo wir bereits mitgeteilt haben'), schon anfangs
Juni gelegentlich der Vornahme der taktischen Übungen in drei Divisionen
eingeteilt worden, Panzerschiffe, schwere Holzschiffe und Kanonenboote.
Jede Division formierte den vorspringenden Winkel; die Divisionen folgten
einander mit einem Abstände von 3 Kabel in Kiel Wasserlinie. Diese
Formation hatte sich bei den taktischen fJbungen als sehr zweckmäßig
bewahrt und war beibehalten worden. Sie eignete sich nicht nur für die
bequeme, geschlossene Fahrl, bei welcher dieSchiffe möglichst zusammen-
gehalten und dennoch Unfälle durch Zusammenstöße vermieden werden
mußten, sondern auch ganz vorzüglich för das Gefecht, da sie die ganze
verfügbare Macht in kompakter Masse in die Aktion brachte und den
Übergang in jede andere Formation leicht und schnell zuließ.
Der Panzerdivision fiel die Aufgabe zu, heim Zusammenstoße mil
dem Feinde in dessen Aufstellung hineinzurennen, liiebei womöglich von
der Ramme Gebrauch zu machen und eme Melee herbeizuführen, du man
nur durch die vereinte Anwendung des Sporns mit der Schiffsartillerie
auf kürzeste Distanz hoffen durfte, die Überlegenheit des Gegners einigei'-
maßen zu paralysieren.
Die Division der schweren Holzschiffe sollte je nach den Umständen
und der Aufstellung des Femdes, entweder auf einem oder dem anderen
Flügel der Panzerechiffe disponiert werden oder es ihrem Kommandanten
überlassen bleiben, eintretenden Falls selbständig in die Aktion einzu-
greifen.
Die Kanonenboote und Setiraubenschoner endlich, von welchen die
ersleren eine größere Schnelligkeit als die meisten Fregatten besaßen und
zusammen eine Zahl von 40 Geschützen, worunter 37 des größten
jeata eiitaclieidcriden Entschluß gefafll halte, der dnna zum glorreiclien Siege führt«
uniJ glauben, dsB achou bierin ein Haupt verdienst Tegelhoffs liegt.
1) Siebe Seile 4ä.
191
Kalibers der Flotle, repräsentierten, waren im allgemeinen angewiesen,
sich nach Herbeiführung der Melee in 3 Gruppen aufzulösen und gruppen-
weise oder auch einzeln die größeren Holzschiflfe durch Enfilierung ihrer
jeweiligen Gegner zu unterstützen. So wurde es möglich, alle vorhandenen
Kräfte auszunützen und sich mit der Gesamtmacht auf den Feind zu
werfen. Vor allem sollte ein Massenangriflf auf einen Punkt erfolgen, um
eine Teilung und Verwirrung des Feindes herbeizuführen, wobei man
hauptsächlich durch die Wucht des Anpralles und das gleichzeitige
Rammen zu wirken hoffte. Durch die angenommene Formation erschien
für den wichtigsten Moment, den des Durchbrechens, die Einheit der
Führung gesichert und da es den Panzerschiffen anheimfiel, den ersten
Chok auszuhalten, waren hiedurch die eigenen Holzschiffe so viel als
möglich gedeckt, ohne daß man auf ihre Mitwirkung im Kampfe gegen
Panzerschiffe Verzicht zu leisten brauchte.
Dies waren die leitenden Ideen, nach welchen Kontreadmiral
V. Tegetthoff den Angriff auf die italienische Flotte auszuführen gedachte.
Die Eskadre hatte um 2V2 ^ P- m. den Leuchtturm von Promontore
passiert und steuerte sodann der dalmatinischen Küste entlang Südost-
kurs. Das Wetter war ziemlich heiter, es wehte eine frische Brise aus Süden,
die gegen Abend nach Südost überging und derart zunahm, daß infolge
des hiedurch verursachten Seeganges die Fahrt auf S^/a Knoten herab-
gemindert werden mußte, um die geschlossene Ordnung zu erhalten, da
einige der langsameren Schiffe Mühe hatten, ihre Posten zu behaupten.
Nach 7 *" p. m. stieß Avisodampfer „Stadium*' wieder zur Flotte,
ohne Nachrichten von Belang zu bringen.
In den Abendstunden besprach Kontreadmiral v. Tegetthoff mit
seinem Flaggenkapitän und den Offizieren seines Stabes die möglichen
Fälle, die für den kommenden Tag gewürtigt werden konnten, sowie die
Maßnahmen, die jedem einzelnen gegenüber zu ergreifen wären. Er
gedachte hiebei auch der Möglichkeit, daß der Feind bereits im Besitze
des Hafens von S. Giorgio sei; es wurde festgesetzt, daß auch in diesem
Falle mitten in die feindlichen Schiffe hineinzureimen sei. Für den Fall,
daß der Admiral im Kampfe fallen sollte, ward bestimmt, daß dies erst in
einem geeigneten Momente der Eskadre bekannt gemacht werde und daß
bis dahin und bis zur Übernahme des Kommandos durch den rang-
ältesten Linienschiffskapitän, das Admiralschiff die Leitung der Eskadre
fortzuführen habe.
Gegen Morgen des 20. umwölkte sich der Himmel, Wind und See-
gang nahmen derart zu, daß die sehr tief liegenden Panzerfregatten
2, lind 3. Klasse — .Kaiser Max", „Don Juan (rAiistria", .Prinz Eugen'
, Drache' und .Salamander* — des Wellenganges wegen genötigt wareil
ihre Stückpforten zu schließen. Unter solchen Umständen war zu besoT^
daß bei Fortdauer des Wetters und Seeganges der größle Teil derPanzeii
schiffe sowie die Kanonenboote ihre Geschütze vielleicht gar nicht od«
doch kaum mit Erfolg würden gebrauchen können.
Gegen 1^ a, m. meldete „Kaiser Max*, welcher sowie .Prinz Eugrai
und „Stadium" als Ausluger voranfuhr: ,G Dampfer in Sicht*; auc
vom Flaggenschiffe wurden in südöstlicher Richtung Rauchsäulen bemeii
doch hOllle bald darauf eine Regenbö aus Südwest die Eskadre in dicht«
Nebel und benalim jede Fernsicht.
Nichts konnte dem kaiserlichen Admiral ungelegener komniQ
Wind und Wetter schienen sich verbündet zu haben, um seine c
so verantwortungsvolle und schwierige Unternehmung noch gefährlichf
und prekärer zu gestallen. Dauerte das dicke Welter an, so muSte nac
Verlauf von höchstens einer bis zwei Stunden wegen der Nfdie des Landi
unbedingt ein Kurswechsel stattfinden, da eine Eskadre von 27 Schiffi
sich unmöglich in den nicht sehr breiten Kanal von Lissa hineinwa^
konnte, wie es anderseits auch selir schwer hielt, für eine so große Änza
von Schiffen einen entsprechenden Ankerplatz aufzusuchen. An
Teilung der Eskadre war bei der Nähe des Feindes nicht zu denken ; u
Dampf in See zu bleiben veranlaßte einen Kohlenverbrauch, der bei dei
geringen Fassungsraum an Brennmaterial von einigen Schiffen absolut t
vermeiden war und Segel zu setzen, um beizuliegen, war wiederum nf
für einen Teil der Schiffe tunlich, da manche derselben unvollkommeiK
einige sogar keine Takelage hatten.
Doch Kontreadmiral v. Tegelthoff verzagte nicht und ließsidil
seinem einmal gefaßten Entschlüsse nicht mehr wankend machen; nur d
Durchführung seiner Aufgabe vor Augen und l'tisl durchdrungen von d
Überzeugung, daß Macht und Ansehen des Vaterlandes, das Wohl und i
gute Ruf der Marine in diesem Augenblicke auf dem Spiele ständen Hl
alles in Gefahr käme, wenn er schwankte, steuerte er, vor allem bauei
auf den vorlrefTlichen Geist seiner Offiziere und Mannschaften, ruhig u
unerschütterlich seinem großen Ziele entgegen. 4
Es war zum Glück Sommer, daher die Hoffnung erlaubt, dal
Wetter sich vielleicht doch binnen kurzer Frist aufklären werde. Uni
sollte der feste Wille des entschlossenen Führers belohnt werden i
k schon jetzt den ersten Sieg davontragen, begaim sich nach 9'' der HinH
1
J
«wi..
^
193
au&uheitcm; der Wind setzte nach Nordwest um, die See legte sich all-
mählich, wenn auch der Seegang noch immer stark genug blieb, um das
Batteriedeck der Panzerschiffe 2. und 3. Klasse mit Wasser zu überspülen
and den Kanonenbooten mitunter noch während des Gefechtes die Hand-
habung ihrer Geschütze nur mit aller Vorsicht und Anstrengung zu
gestatten.
Um 10^ endlich hatte der Nebel sich völlig gehoben; deutlich
erschienen nun die Berge der Insel Lissa und vor derselben erblickte man
die feindliche Flotte, in zwei Gruppen getrennt, welche, wie es schien,
sich zu vereinigen suchten.
Kontreadmiral v. Tegetthoff signalisierte nun: „Ausluger auf ihre
Posten*, ,Klarschiflf zum Gefecht*, „Distanzen schließen* und ließ zu
diesem Behufe stoppen, doch bald wieder in Bewegung setzen, um den
vollen Dampfdruck in den Kesseln zu erhalten. Um 10^ 30°* folgte das
Signal: »Mit ganzer Kraft fahren!* imd endlich um 10** 35™ „Panzer-
schiffe den Feind anlaufen, um ihn zum Sinken zu bringen*, welch
letzteres von der Eskadre mit begeisterten Hurrahs aufgenommen wurde.
Das vorbereitet gewesene telegraphische Signal „Muß Sieg von Lissa
werden!* konnte der raschen Annäherung wegen, nicht mehr gegeben
werden, ebenso ließ sich das Schließen der Distanzen nicht mehr durch-
führen, da das Flaggenschiff zu schnell lief und die hinreichende Zeit
fehlte.
Im raschesten Laufe, die kleine Flaggengala am Top der Masten,
steuerten die kaiserlichen Schiffe mit Kurs Südost zu Süd der feindlichen
Panzerflotte entgegen, welche sich in einer etwas unterbrochenen Kiel-
wasserlinie mit Kurs Nordnordost näherte. (Siehe Plan 1.)
Wir müssen uns nun wieder der italienischen Flotte zuwenden, die
wir am Schlüsse des vorigen Kapitels verlassen haben, als der „Esplo-
ratore* mit der Meldung von dem Herannahen der österreichischen
Eskadre in Sicht kam. Die von ihr um diese Zeit eingenommene Stellung
und Verfassung war folgende:
Die Holzeskadre mit der Flottille lag zwischen Travna, Portochiave
und Carober, mit den Vorbereitungen zur Landung beschäftigt.
„Terribile* und „Varese* hatten den Befehl zur neuerlichen
Beschießung von Comisa und lagen dort, im Begriffe denselben auszu-
führen.
Die „Formidabile* überschiffte ihre Verwundeten auf das Hospital-
schiff „ Washington * .
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1860. 13
194
Die Panzerschiffe ,Re di Portogalio" und .Castelüdardo** signali-
sierten Havarien in der Maschine und befanden sich abseits vom Gros
der Flotte.
Die Reserve unter Kontreadmiral Vacca lag beim Eingang des
Kanals, sudlich von San Giorgio, die anderen Panzerschiffe vor demselben,
in Erwartung der Befehle zum Angriffe.
Admiral Persano hatte, nachdem er zur Überzeugung gelangt war,
daß sich die österreichische Eskadre zum Entsätze der Insel Lissa nähere,
sofort das Signal gegeben: »Die entdeckten Schiffe sind feindliche** und
sodann die Formierung einer Frontlinie mit Westsudwest- Kurs anbefohlen, da
erdiefeindlicheEskadreinder Fahrtrichtung des „Esploratore* wähnte. In
dieser Frontlinie hatte die Reserve unter Kontreadmiral Vacca den
rechten Flügel, die unter dem unmittelbaren Befehle des Admirals en chef
stehende Gruppe das Zentrum und die Gruppe Riboty den linken Flügel
einzunehmen.
Die Formierung der Frontlinie wurde jedoch nicht von sämtlichen
Panzerschiffen ausgeführt, denn „Re di Portogallo* und aCastelfidardo"*
lagen noch immer abseits der Flotte mit der Reparatur der schon
erwähnten Maschinenhavarien beschäftigt. Der Admiral schickte die
beiden Raddampfer „Governolo** und ,Guiscardo* ab, um sie herbeizu-
schleppen, welche Hilfe sich indes als nicht mehr notwendig erwies, weil
sie inzwischen wieder im stände waren, selbst ihre Maschinen gebrauchen
zu können. Tatsächlich kamen beide Schiffe bald nacheinander ange-
dampft und nahmen ihre Plätze ein. Es fehlten somit nur noch „Terribile*
und ^Varese**, welche vor Comisa lagen und die von der Ankunft des-
Feindes zu verständigen der „Messagiere" eiligst abgeschickt wurde.
Von diesen beiden Schiffen vereinigte sich jedoch nur „Varese" nach.
Beginn des Kampfes mit seiner Gruppe, während die „Terribile" so spät
anlangte, daß sie nicht mehr ihren Posten bei der Panzerflotte einnahm,
sondern zu der Holzflotte des Vizeadmirals Albini stieß und bei dieser
verblieb.
Die „Formidabile*' hatte die Überschiflfung ihrer Verwundeten auf
das Hospitalschiff „Washington** eben beendet, als vom „R6 d'llalia'* das
Signal zur Formierung der Frontlinie gegeben worden war. Fregatten-
kapitän Saint-Bon, welcher die Havarien seines SchifTes für derartige
hielt, daß sie ihm nicht erlaubton, bei der herrschenden See an einer
Aktion noch weiter teil zu nehmen, erbat sich jetzt vom kommandieren-
den Admiral mittels Signals die Erlaubnis, behufs Ausbesserung der
erlittenen Schäden nach Ancona gehen zu dürfen. Obschon der ,Re
195
d'ILalia' auf dieses Ansuchen vorerst bloß mit dem Intelligenzzeichen
ip Verstanden* geantwortet hatte, die Bewilligung desselben somit noch
nicht erfolgt war, glaubte Konmiandant Saint-Bon doch schon berechtigt
zu sein, dem oben erwähnten Formationssignale keine Folge leisten zu
müssen, nahm seinen Posten in der Frontlinie nicht ein, sondern steuerte
abseits der Flotte, wo er sich durch einige Zeit noch als müßiger Zuschauer
aufhielt, bis er gegen Mittag endlich nach Ancona abging. ^)
Es blieben sonach Admiral Persano im ganzen bloß 9 Panzer-
schiffe übrig, welche augenblicklich dem Feinde entgegengestellt werden
konnten und die in Ausführung des erteilten Signals sich auch bestrebten,
ihre Posten einzunehmen. Als es sich beim Nachlassen des mistigen
Wetters zeigte, daß die österreichische Eskadre etwas nördlicher lag, Ueß
Admiral Persano seine Panzerschiffe Kurs West nehmen, wodurch die
Frontlinie mehr in eine Schachordnung überging.
Vizeadmiral Albini hatte inzwischen mittels Signals den Befehl
erhalten, die Landungsoperationen, welche sich eben in der Vorbereitung
befanden, wieder einzustellen. Es ist begreiflich, daß sich seine Situation,
als ihm dieser Befehl mit der gleichzeitigen Mitteilung zukam, daß der
Feind in Sicht sei, zu einer etwas schwierigen gestaltete. Seine Schiffe
hatten die Landungsdetachements bereits abgeschickt, dieselben lagen
unter Bord der »Maria Adelaide** und man war eben im Begriffe, dieselben
abteilungsweise ans Land zu schleppen. Der so plötzlich erlassene Gegen-
befehl brachte daher keine kleine Aufregung heiTor und es hielt schwer,
die Ordnung in der alsbald entstandenen Verwirrung aufrecht zu erhalten.
Zu alledem präsentierten sich ihm auch noch in diesem Augenblicke der
Kapitän des »Piemonte" und Oberst Magnasco mit einem Befehle des
Admirals Persano, nach welchem die eben angekommenen 425 Mann
Marineinfanterie sofort zu übernehmen, auf die verschiedenen Schiffe
zu verteilen und bei der stattfindenden Ausschiffung gleich mit zu ver-
wenden waren. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der nun
vöUig veränderten Sachlage hielt sich Vizeadmiral Albini für berechtigt,
diesen Befehl nicht zur Ausführung zu bringen, und befahl, die Marine-
infanterie auf dem »Piemonte* zu belassen, dem kommandierenden
Admiral jedoch hievon die Anzeige zu erstatten.
Unbedingt muß man dieses Vorgehen des Vizeadmirals Alb in i als ein
ganz zweckmäßiges und der kritischen Situation des Augenblickes
entsprechendes anerkennen, weniger derselben angepaßt waren jedoch
dessen weitere Maßnahmen, welche die ungesäumte Schlagfertigkeit
1) Näheres siehe Seite 290.
seiner Eskadre sehr beeint räclitip^ten. Anstatt sich darauf zu beschränken,
die Ausschiffungsdetachementa den Schiffen eiligst zurückzuschicken und
denselben anzubefehlen, sicli so rasch als möglich in gefechtsklaren Zustand
zu versetzen, befahl er auch noch die Bergung des gesamten von ihnen
ausgeschifften Materials an, wodurch eine kostbare Zeit verloren ging, so
daß sich Admiral Persano veranlaßt fühlte, der Holzflotte das Signal zu
wiederholen: .Der Feind ist in Sicht" und damit zu erinnern, daß dieselbe
sich sofort auf iliren Gefechtsposten hinter den Panzerschiffen zu begeben
habe. Nun erst überließ Vizeadmiral AI b in i, wie er es hätte gleich von Anfang
tun sollen, der FloliUe die Bei^ung des Materials mit dem Bedeuten, das-
selbe eventuell auch im Stiche zu lassen,') befahl sodann den Fregatten
die Formierung euier Kielwasserlinie und steuerte, als diese endlich nach
längerer Zeit zu stände gekommen war, gegen 9'/»" der Panzerflotte zu.
Während dieser eben beschriebenen Vorgänge hatte sich die öster-
reichische Eskadre zusehends genähert und Admiral Persano gab jetzt
seinen Pajizerschiffen das Signal: ,Man wende gleichzeitig nach Nord-
nordost", so daß die bisherige Schachordnung in eine Kielwasserlinie
verwandelt wurde, in welcher die Reserve unter Kontreadmiral Vacca
die Avantgarde, die von Admiral en chef kommandierte Gruppe das
Zentrum und die Gruppe Riboty die Arrieregarde bildeten.
Dem .Affondatore", welcher sich weit ab am Ende der Linie befand,
war schon froher mittels Signals befohlen worden, achter vom Admiral-
schiff zu passieren und, da dieses Signal von demselben längere Zeit
entweder nicht gesehen oder nicht verstanden worden zu sein schien,
wurde noch eiligst der , Esploratore " abgeschickt, um ihn herbeizuholen.
Endlich, einige Minuten nach 10'', näherte er sich dem ,R6 d'Italia'
und nun erst wurde am Bord dieses Fla^enschiffes die Absicht des
kommandierenden Admirals bekannt, sich für die bevorstehende Aktion
auf den .Äffondatore" zu überschiffen, welcher Beschluß sowohl beim
Stabe wie bei der Mannschaft des ,Re d'ltalia' eine allgemeine Verwun-
derung hervorrief und infolge der Überstürzung und wenig würdevollen
Art, mit welcher er durchgeführt wurde, einen ebenso peinlichen wie
ungünstigen Eindruck zurückließ.
■) Dilles HaLerial ging auch, insbesondere was die Dampfbarkasscn anbelangt,
gri^Blen teils verloren, da inFalge des Ausganges der ächkcht auch die Flottille dasseUw
nicht behaupten konnte, sondern in Stich lassen mußte. Nur der Schraub enfregatle
.Gnfla* war es gelungen, ihre Dampfbarbasse einzuheizen. Zwei der ml Ige führten,
zerlegbaren, eisernen Chalunds, die man hatte treiben lassen, wurden spSter von den
Österreichern geborgen. A. d, V.
197
Der Admiral hatte bestimmt, daß ihm aiif den „ AflFondatore* nur der
Stabschef der Flotte, LinienschiflFskapitSnd'Amico, ferner sein Sohn und
erster Flaggenadjutant, Linienschiflfsleutnant Ernesto Conte di Persano,
der zweite Ordonnanzoffizier Linienschiflfs-Unterleutnant de Luca sowie
zwei Signalunteroffiziere begleiten sollten. Das übrige Personal seines
Flaggenstabes erhielt den Befehl, am Bord des „Re dltalia* zu verbleiben.
Dem Advokaten und Kammerdeputierten Pier. Carlo Boggio ließPersano
die Wahl, ihm auf den „Aflfondatore* zu folgen oder auf dem ,Re d'Italia*
zu verbleiben; derselbe wählte das letztere.
Ungefähr um 10** 20" befahl der Admiral dem Kommandanten des
,Re d'Italia" zu halten; ein Boot mit 10 Mann unter Führung des Guardia-
marina Palermo wurde gestrichen und, nachdem man noch in aller Eile
einige Schriften in einen leinenen Sack gegeben, den der Admiral in
eigene Verwahrung nahm^) sowie ein Spiel Signalflaggen nebst der
Taktik zusammengerafft hatte, schifften sich die oben genannten Personen
in das Boot ein, welches rasch dem „Afifondatore* entgegenruderte, der
sich mittlei-weile selbst schon auf ungefähr die halbe Entfernung genähert
hatte. Der zweite Kommandant des „Affondatore*, Linienschiffsleutnant
Chinca, empfing den Admiral am Fallreep und erhielt aus seinen Händen
den Sack mit den Schriften, welchen der Admiral, nachdem man ihm an
Bord geholfen hatte, sofort wieder zu sich nahm; der „Äfifondatore* hißte
die Kommandoflagge*) und steuerte, nachdem er einige Minuten behufs
Einkupplung des Gefechtssteuers gehalten hatte, unter vollem Dampf den
Panzerschiffen nach, die inzwischen der österreichischen Eskadre bedeu-
tend näher gekommen waren. Das Boot, welches den Admiral an Bord
des „Affondatore" gebracht hatte, konnte den „Re d'Italia**, der sich unter-
dessen wieder in Bewegung gesetzt hatte, nicht mehr erreichen, wurde
aber von der Raddampffregatte .Govemolo'* in Sicherheit gebracht.
Kein Signal, kein vorhergegangener Befehl teilte der Flotte die so
überaus wichtige Tatsache der Überschiffung des kommandierenden
Admirals vom „R6 dltalia** auf den „Affondatore** mit; mit Ausnahme
1) Tatsache. Deposizione Chinca und d^'Amico; Rendiconti etc. etc. Seite 83
und GG.
>) In Ermangelung einer Admiralsflagge wurde eine Yizeadmiralsflagge auf den
Grofitop gehißt. Daß man dieser Kommandoflagge keine besondere Aufmerksamkeit
schenkte, dazu trugen auch noch folgende Umstände bei: Erstens kam sie beim Hissen
unklar auf den Top und zweitens wurde gerade in diesem Augenblicke von sämtlichen
Schiffen, somit auch vom «Affondatore", die kleine Flaggengala gehißt. Siehe übrigens
Näheres Seite 309.
jener Schiffe, die vermöge ihrer Position diesen Vorgang beobachten oder
wenigstens erraten konnten, wußte niemand elwas davon.
Das Halten des ,R6 dllalia' behufs der Überschiffung des AdmJrals,
welches ungefähr 15 Minuten gedauert hatte,') war aber Veranlassung
geworden, daß eine bedeutende Lücke in der Kiel Wasserlinie entstanden
war. Die „Ancona', Vordermann des ,R^ d'Itaüa*, nahm nämlich auf
das Halten desselben keine Rücksicht und steuerte mit der Gruppe Va cca,
zu der sie taktisch gehörte, weiter; der ,Pa!estro', infolge des Fehlens
der ,Formidabile' augenblicklich der Hintermann des „R6 d'Italia", war
noch im Zweifel ob er den Posten der .Formidabile" einnehmen solle
oder nicht, und fuhr in der Erwartung des Einmckens derselben inzwischen
etwas langsamer und ebenso die übrigen Schiffe, die hinter ihm kamen.
Als der ,Re d'Italia" seine Fahrt wieder aufnahm und die Lücke bemerkte,
die zwischen ihm und der Avantgarde mittlerweile entstanden war,
strengte er sich zwar an, dieselbe soviel als möglich auszugleichen, hiebei
bUeb aber wieder der , Palestro " als schlechterer Läufer bedeutend zurück.
Auf diese Weise war kurz nach lO'/s'' die angeordnete Kielwasser-
linie der italienischen Panzerschiffe in die folgende Verfassung geraten:
An der Tete derselben die Gruppe Vacca, bestehend aus .Principe di
Carignano*, .Castelüdardo' und ,Ancona", alle drei geschlossen und in
der anbefohlenen Distanz voneinander; hierauf ein größeres Intervall
von 6 — 7 Kabel, entstanden durch das längere Halten des ,R6 d'Italia";
sodann die zweite Gruppe, gegenwärtig unter dem Befehle des Linien-
sehiffskapitäns Faä di Bruno mit dem „R6 d'llaüa", nach diesen in einer
Entfernung von ebenfalls zirka 6 Kabel .Palestro", der nun vergebliche
Anstrengungen machte, dem ,R6 d'Italia" näher zu kommen, sodann
,San Martino"; endlich die Gnippe Riboty mit dem ,R^ di Portogallo"
und der »Maria Pia", die letzten drei genannten Schiffe mit ziemhch
normalen Distanzen.') Die italienische Schlachtlinie zeigte sich somit
unmittelbar vor dem zu erwartenden Stoße des Gegners an zwei Stellen
1) Die Äli|;ai)eii Qber die Zeitdauer des Haltens des ,R£ d'ltBlia' anl&Blirh
der übersctiifiiuie des Admirala Fersano auf den .ÄfloQdatore* variieren von 10 bis
40 Hinnten; die meisten Zeugen jedoch, und zwar insbesondere jene, welchen in dieser
Beziehung mehr Vertrauen und richtigeres Urleil geschenkt werden kann, erklürlen siell
lUr eine Dauer von üirka 15 — 30 Hinulen. A. d. V.
^ .Varese' und ,Terribile* waren um diese Zeit noch nieht in die Linie eingerflckt
(Vftrese* VHeinlgte sich ersi ungeßlbr It^ Hinuten nach Er9Rnung des Kamiifes mit den
Abrigen PaDienchiff^n, weh als Schlußechifl postierend, wahrend .Tembile* Ober dl«
ganie Dauer der eigentlichen Aktion sich bei der Holzflolte des Vizeadmirals Albini
aufhielt.
199
nicht geschlossen und der »R6 d'ltaha* von Vorder- und Hintermann
durch größere Zwischenräume getrennt.
Um 10^ 43" eröffnete die an der Tete der italienischen Linie
steuernde Panzerfregatte , Principe di Carignano*, Flaggenschiff des
Kontreadmirals Vacca, auf ungefähr 8 Kabel (1600 m) Distanz das
Feuer auf die heranrückende österreichische Panzerdivision, welches
Feuer sukzessive von den übrigen Schiffen aufgenommen wurde. Gleich
einer der ersten Schüsse tötete hiebei den Kommandanten der Panzer-
firegatte »Drache*, Linienschiffskapitan Freiherm v. Moll.^) Die öster-
reichische Panzerdivision, deren linker Flügel inzwischen etwas voraus-
gekommen war, erwiderte das Feuer, ohne in ihrem Laufe inne zu halten.
Dichter Rauch hüllte alsbald die beiden Flotten ein und behinderte jeden
Ausblick. Hiedurch nun geschah es, daß die österreichischen Panzer-
schiffe, die respektiven Stellungen der feindlichen eine Zeit lang außer
Sicht verlierend, in die oben erwähnten beiden Lücken der feindlichen
Schlachtlinie, das ist zwischen „ Ancona* — »Röd'Italia* und „Räd'Italia** —
„Palestro* *) hineingerieten und auf diese Art zwar eine förmliche
Trennung der feindlichen Tete von den übrigen Gruppen bewirkten,
jedoch ihre Absicht, gleich zu rammen, nicht erreicht wurde. Immerhin
1) Ihm wurde der halbe Kopf weggerissen; im ersten Augenblicke übernahm
der ManOveroffizier Linienschiffsfähnrich Weip recht, sodann der Gesamtdetailofllzier
Linienschiffsleutnant Mathieu das Kommando.
2) Attlmayr behauptet in seinem Werke ,Der Krieg Österreichs in der Adria
1866** auf Seite 187, daß die österreichische Panzerdivision in der ganzen Breiten-
ausdehnung ihrer Formierung durch die Lücke zwischen dem 3. und 4. Schiffe, also
«Ancona* und «Rädltalia" durchgebrochen sei. Dies wird nicht gut möglich gewesen sein
wie ein Blick auf das Diagramm unter Berücksichtigung der verschiedenen Schiffs-
geschwhidigkeiten sofort erkennen läßt. Selbst wenn die Lücke größer gewesen wSre
ais er annimmt, und 7 bis 8 Kabel betragen hätte, konnte dies nicht zutreffen, da ^edltalia*"
llVt bis 12 Meilen pro Stunde lief, während die Schiffe des österreichischen rechten
Fldgeis eine bedeutend geringere Geschwindigkeit (,Don Juan" kaum 9 Meilen) hatten.
Gesehen warde, wie schon oben bemerkt, wegen des Rauches und Pulverdampfes
in diesem Momente absolut nichts; man hielt Kurs und fuhr ins Dunkle. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach werden die Schiffe des linken Flügels mit dem „Erzh. Ferdinand Max**
an der Spitze den „Rd dltalia" vorne, dagegen jene des rechten Flügels ihn achter
passiert haben und dieser selbst, als er gegen Norden abgefallen war, in das Intervall
zwischen den beiden Flügeln hinehigeraten sein, auf welche Weise sich auch die Aus-
sage der beiden geretteten Offiziere des „Rd d'Italia^ Fregattenkapitän del Santo und
Linienschiffüleutaant Gualterio, erklären ließe „daß der ,Rö d'Italia'' gleich vom
Anbeginne an von österreichischen Panzerschiffen umgeben gewesen sei, die er auf
zirka IVt Kabel beschoß etc., etc." — Auch die neueren italienischen Darstellungen
schließen sich dieser Anschauung nn. A. d. V.
lag schon wegen dos moralischen Eindruckes, den dieser mit aller
Vehemenz ausgeführte Durchbrueh auf den Gegner ausüben mußte, ein
gewisser Erfolg vor; die feindlichen Schiffe waren gelrennt, dieselben zu
einem isolierten Handeln genOligt, die Melee eingeleitet. {Siehe Plan I).
Infolge des schnellen Laufes der mit äußerster Dampfkraft fahrenden
Panzerschiffe blieben die 2. und 3. österreicliische Division etwas zurück.
Kontreadmiral Vacca, welcher, um dem ihm drohenden Anpralle zu ent-
gehen, mit seinen Schiffen gleichfalls andern größtmöglichsten t'ahrtausmaße
festgehalten hatte, wendete nun, nachdem er über den linken Flügel der
österreichischen Formation hinausgekommen war, in einem großen Bogen
über Backbord und nahm sodaun, ein lebhaftes Feuer gegen diesenunter-
haltend, seinen Kurs gegen das entstandene vergrößerte Intervall in der
unverkennbaren Absicht, die österreichischen Holzschiffe anzugreifen und
von ihren Panzerschiflen zu trennen; die hmter der Durchbruchsstelle
zunächst beflndlichen Schiffe der Gruppe Faa di Bruno: ,Re d'Ilalia'
und .Palestro" fielen ebenfalls mit nördlichem Kurse ab und beteiligten
sich an dem Kampfe gegen die anrückenden österreichischen Holz-
divisionen.
Die Gefahr, welche diesen drohte, war somit keine kleine; sie lief
indes glQckhch ab, Kontreadmiral Vacca ließ sich nämlich durch das
heftige Geschützfeuer der österreichischen Holzschiffe, insbesonders des
Linienschiffes .Kaiser' derart einschüchtern, daß er es nicht wagte, eines
oder das andere von ihnen zu rammen, sondern vielmehr wieder nacli
Steuerbord abbog und sich darauf beschränkte, mit einer ebenso über-
hasteten wie wirkungslosen Kanonade zu antworten, worauf er seinen
Weg um die Queue der österreichischen Holzflotte herum, zwischen dieser
und den noch zirka 3 Seemeilen zurückgebliebenen Schraubenschonern
jKerka" und .Narenta' fortsetzte.')
Durch dieses Manöver entfernte sich aber Kontreadmiral Vacca
bedeutend vom eigentlichen Aktionsfelde, ein Umstand, der, wie die
Dinge sich weiter entwickelten, von schwerwiegender Bedeiilung für die
Geschicke des Tages werden sollte.
Kommodore V. Petz, Kommandant der 2. Division, welchem nach
den für einen ^Yngriff erlassenen allgemeinen Instruktionen vornehmlich,
die Bekämpfung der italienischen Holzflotte zufie!, gewahrte diese etwas
steuerbord vor seinem Buge auf eine Entfernung von ungefähr 4 See-
meilen, als sie eben im Begriffe stand, ihre Position an Steuerbord der
1) Ober dieses Manöver des Kcintreadmirals Va
siehe Seite 318.
e dessen ZivetkinSBigkeit
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200
lag schon wegen des moralischen Eindruckes, den dieser mit aller
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201
eigenen Panzerschiffe einzunehmen. In der Absicht, sie anzugreifen, ßel er
aus der Formation hinter der 1. Division nach steuerbord ab und gab
10^ 50" seinen Schiffen das Signal: ,, Dem Kommandierenden im Kiel-
wasser folgen", worauf sich die beiden Schenkel des Angriffswinkels
hinter dem «Kaiser'* schlössen und die Kielwasserlinie in beiläufig
folgender Ordnung hergestellt wurde: , Kaiser", »Novara", , Friedrich*'
»Radetzky", ^^Adria*, „Schwarzenberg", , Donau ".^)
Die 3. Division — Kanonenboote — hielt keine bestimmte Ordnung,
,Hum*, ,Dalmat", „Velebich" blieben an der Queue der 2. Division;
.Seehund", ,Reka" fielen nach backbord, „Wall", ^^Streiter" nach
steuerbord ab; die beiden Schraubenschoner „Kerka" und „Narenta"
waren, wie schon erwähnt, infolge ihrer schwachen Maschinen noch
ungefähr 3 Seemeilen zurückgeblieben. (Siehe Plan U.)
Während nun der „Kaiser" an der Spitze der Holzschiffe unter heftigem
Geschützfeuer an der Gruppe Faädi Bruno vorbeifuhr, war der „Affon-
datore" auf dem Kampfplatze eingetroffen und in die Aktion getreten.
Dieser Widder hatte nach der Einschiffung des Admirals Persano
über Steuerbord gedreht und, in dem Intervall zwischen „R6 d'ltalia" und
.Palesti'o" die eigene Linie passierend, sich mit nördlichem Kurse der
österreichischen Eskadre genähert. Indem er den Panzerschiffen des
rechten Flügels im Vorüberfahren auf weite Distanzen einige wirkungslose
Schüsse zugesandt, war er in das Intervall zwischen der 1. und 2. Division
hineingeraten. Dort stieß er zuerst auf die „Elisabeth", welche, der
1. Division als Repetiteur zugeteilt, im dichten Pulverrauch das Admiral-
sehiff eine Zeitlang außer Sicht verloren hatte und nun bestrebt war,
ihren Posten wieder einzunehmen. Dieselbe anfänglich für ein Panzerschiff
haltend, *) gab er mit seinem vorderen 300pfünder einen Schuß ab, der
die „Elisabeth" jedoch nicht traf, und ebensowenig gelang es ihm, einen
Rammstoß gegen dieselbe anzubringen, da die „Elisabeth", einen Bogen
über Backbord beschroibond, gewandt dem gefährlichen Gegner auswich .
Während dieses Engagements gewahrte der „Affondatore", nachdem sich
1) Es entstand anfänjrlich eino etwas unrcgelmSßige Doppellinie. Die beiden
Flögelschiffe waron infolge ihrer größcrenGeschwindigkeitihren Vordermännern voraus
»Schwarzenherg" hatte die ^Donau'*, ^Novara*, die .Adria* und , Friedrich* überholt
Als der Kommandant der ^Novara" sali, daß die letztgenannten Schiffe gegen den
, Kaiser* zurückbliebeu, legte er sich mit seiner Fregatte in die hiedurch entstandene
Lücke hinein.
2) Rendiconli etc. etc.; deposizione d'Amico, Seite 69; ebenso Randaccio.
Sloriadclla mariua italiana, tom. 11, Seite 106.
der Pulverrauch etwas verzogen hatte, auf kurze Eütfemung den „Kaiser",
der in einer etwas schrägen Richtung ihm entgegenkam. Infolge seiner
augenblicklichen Position befürchtend, möglicherweise selbst gerammt
zu werden, gab er sofort die Verfolgung der .Elisabeth" auf und wendete
rasch nach backbord, so daß nun die beiden Schiffe einander mit Gegen-
bord entgegenkamen. Eine bei dieser Gelegenheilursprflnglich vielleicht
vorhanden gewesene Absicht, das Linienschiff zu rammen (Admiral
Persano spricht wenigstens in seinem Berichte von einer solchen), kam
jedoch nicht zur Ausführung, da man schon so nahe war, daß es dem
.Affondatore" nicht mehr gelang, sich in eine solche Position zu bringen,
um seinen Gegner mit Aussicht auf Ei-folg rammen zu können, zumal der
„Kaiser* von Kommodore v. Pelz meisterhaft manövriert wurde,') Die
beiden Schiffe passierten einander an Steuerbord auf eine Entfernung von
ungefähr '/i Kabel (100 wl, wobei der .Affondatore" seine beiden
300pfünder auf den .Kaiser" abfeuerte. Diese beiden auf so nahe Distanz
abgegebenen Schüsse trafen und waren von einer verheerenden Wirkung.
Von der vorderen Deckdivision wurde ein Geschütz demontiert und
14 Mann außer Gefecht gesetzt, 6 Steuerleute verwundet, Peilscheibe,
Maschinen telegraph und KompaßhJiuschcn zerti-ümmert. Kommodore
V. Petz selbst wurde von einem Holzsplitter im Gesicht, zum Glück nur
leicht verwundet. .Kaiser" hatte mit zwei konzentrierten Lagen geant-
wortet, die auf Deck und in der Takelage des „Affondatore" bedeutende
Schäden anrichteten. Als ctieser achter vom .Kaiser" passierte, fand auf
beiden Seiten ein lebhaftes Kleingewehrfeuer stalt, bei welcher Gelegen-
. heit der in der Ki-euzmars des .Kaiser" postierte LinienschilTsfähnrich
Robert Proch tödlich getroffen wurde und au( Deck herabstürzte. Am
Bord des „Affondatore" wurde der LinienschiEfsleutnant Gregoretti,
Kommandant des vorderen Turmes, leicht verwundet.
') Die Darstellung im üstetreichitielicii GeoereJslabs werke: .Der Kampf auf dem
AdriaÜschen Meere" Seile 68, bezüglich des Erscheinans des .AfTondatore' in diesem
Momenle, iibcIl welcher dieser .miüen in das GewQld der Kanonenboote und Fregatten
lünein rannte und nach manchem veri;cblichen Rummversuche sich endlich auf d:is
Linienschiff siarzte, dasselbe zweimal anzurennen versuchte' a. b.w., enispricht nicht
der Wirklichkeit und kann mit den italienischen Berichten hierüber sowie mit den
ZengenausKRgen der wflbrend der Schlacht am Bord dos .AQbndalore* eingeschifft
gewesenen Offlzicre nicht in Rloklang gebrachl werden. Nach den italienischen Angaben
wSrc in diesem Falle der .AtTondatore* backbord vom .Kaiser* erschienen und
passiert, Kommodore v. Petz berichtet jedoch steuerbord. Beide Falle w&ren mOglicJi,
wir halten uns hier an die Österreichische An^be, die nach <\vt Situation auch die
wahrscbciiilicbcrc ist, Ausfühiliihcs hicrülier Seite i^b und Beilage VI.
203
Kaum war der , Kaiser' auf diese Weise seines gefährlichen Gegners
ledig, als ihm schon wieder eine neue und diesmal noch größere Gefahr
drohte. Die dritte Gruppe der italienischen Schlachtlinie, bestehend aus
den von dem ersten Chok der österreichischen Panzerdivision unberührt
gebliebenen beiden Panzerschiffen «Re di Portogallo* und «Maria Pia"
sowie der eben aus Comisa auf dem Gefechtsfelde anlangenden ,Varese",
steuerte in einer etwas unregelmäßigen Frontlinie direkt auf die öster-
reichische Holzflotte los.
Mit raschem Blicke übersah Kommodore v. Petz sofort das Ge-
fährliche seiner Lage. Befürchtend, daß dieser Gegner die rückwärtigen
Holzschiffe angreifen und abschneiden könnte, faßte er den kühnen Ent-
' Schluß, zur Deckung dieser Schiffe — entgegen seiner eigentlichen Bestim-
mung — die feindlichen Panzerschiffe mit seinen Holzschiffen selbst
anzugreifen. Erst ein wenig nach steuerbord ausbiegend, fiel er sodann
rasch nach backbord zurück und warf sich ihnen ohne weiteres Bedenken
entgegen.
Es währte nur kurze Zeit, daß man sich so weit genähert hatte, um
auf beiden Seiten das Feuer zu eröflhen und die 7 Holzschiffe der 2. Divi-
sion wurden alsbald von den oben genannten 3 italienischen Queue-
schiffen sowie auch von dem noch etwas zurückgebliebenen «San
Martino" der Mittelgruppe, welch letzterer sich gleichfalls vorübergehend
an diesem Kampfe mitbeteiligte, beschossen.
Die österreichischen Holzschiffe erwiderten das Feuer des Gegners
auf das kräftigste durch wohlgezielte konzentrierte Lagen. Der «Kaiser*,
* den man italienischerseits vielleicht für das Ädmiralschiff der Flotte hielt,
war bald auf beiden Seiten engagiert Dicht hagelnd sausten die Geschosse
über ihn hinweg und überschütteten «Novara*, « Friedrich • und «Elisa-
I beth*, von denen erstere sich in diesem Augenblicke steuerbord, die
I beiden anderen backbord des Linienschiffes befanden; eine feindliche
; Granate tötete hiebei den Kommandanten der «Novara*, Linienschiffs-
kapitän Erik af Klint, an dessen Stelle sofort der Gesamtdetailoffizier,
^ Linienschiffsleutnant Rudolf Schröder, das Kommando übernahm;
- «Friedrich* wurde unter der Wasserlinie derartig getroffen, daß die
I Korvette 19 " Wasser pro Stunde zog, welches jedoch durch die
! Dampfpumpe bewältigt werden konnte.
Dichter Rauch hüllte die Kämpfenden derart ein, daß «Kaiser* den
«R6 di Portogallo* erst gewahr wurde, als dieser schon auf ganz kurze
Distanz mit voller Kraft auf ihn zudampfte. Wohl hätte das Linienschiff
durch ein rasches Abfallen nach steueri:)ord dem gefahrdrohenden Stoße
ausweichen können, doi-'h wären dann die auf kaum 1 Kabel
(200 m) entfernten , Elisabeth" 'i und .Friedrich" Gefahr gelaufen,
von der mächtigen Panzerfrogatte in den Grund gebohrt zu werden.
Kommodore v. Petz zo^ es daher im Vertrauen auf die Größe und Stärke
seines, wenngleich nicht gepanzerten Schiffes vor, sich dem Gegner selbst
entgegenzuwerfen und denselben anzurennen. Zuerst ein wenig nach
steuerbord abfallend, gab er sodann das Ruder backbord an Bord und
rannte, mit voller Kraft vorwärts dampfend — wobei der .Kaiser' eine
volle Lage des Gegners auszuhalten hatte ^ den ,Re di Portogallo'- an
der Backbordseite ungefähr in der Höhe der Maschine an. 1
Es war Punkt 11 *■ 17"° seitdem der erste Schuß feindlicherseits '
gefallen. J
Der Zusammenstoß erfolgte unter dröhnendem Gekrache. Devl
schlanke hölzerne Schiffsbug des , Kaiser* ging an der feindlichen PanzePrl
wand in Trümmer und war zu einer Fläche plattgedrückt. Backbord an |
dem ,Re di Porlogalio' vorbeistreifend, erlitt , Kaiser' selbst, durch dio
Rückwirkung des eigenen gewaltigen Stoßes und eine auf die kürzeste
Entfernung abgegebene Breitseite des Gegners sehr bedeutende Havarien.
Das Bugspriet mit seinem ganzen Gesehkr sowie das Scheg waren zer- '
trümmert und herabgerissen, so ddß kurze Zeit darauf der Fockmast
achter überkippte und unglücklicherweise gerade auf den Maschinen-
schlot fiel, einen Teil desselben und das Abblasrohr zertrümmerte und
den noch unversehrten Teil mit der Mars zudeckend, bald in Brand
geriet. Ein Teil des Galllons und die Kaiserkrone der GaUionsfigur lielea
auf das feindliche Deck. ')
Doch auch der ,Re di Portogollo" war, obgleich Linienschi£fs-
kapitän Riboty, das kühne Manöver des .Kaiser' erkennend, sein Schiff
') .Elisabelh" war durch den Kreisbogen, den sie beschrieb, um dem Ramm?
versuche des .ÄITondatore' zu euigeheo, bis auf die Osterrcic bische UolzfloUe gelangt,
^) Die Dar^lellung dieser AfHire im ilalienischen Generalstabswerke, Seite 331,.
ist nicht genau. Nach dei'selben mOfite man glauben. da3 die Initiative des Rammciu
dem ,R^ di Purlogalfo" lukomme und .Kaiser* der Gerammte gewesen sei, also das
gerade Gegenteil von dem, was wirtlich der Fall war. Der ,R* di Porlogalio-, welcher
schon zu nalie war und keine Zeit mehr gewann, um sich in die zum Rammen notwen-
dige Riclitung VI versetzen, machte in diesem Falle nur ein Gegenmanöver, um den ihm
drohenden Stoß womöglich zu paralysieren, wie dies aus der Aussage des LinienschifTs-
kapitSnB Bibo ty (Kendiconli ete, etc., 5«i1e91)deiillichber%'orgcht. Dortheißt es:, Quondo
io mi awicinava al nemico mi fu gridato da] mio UfQciale in secondo, che it rascello da
<W connoni, il Kaiser, volgeva la prua verso di me con intenzione apparente d'inr»> 1
sUrmi. Allora feci la stessa sua manovra; venni tulto sulla sinistra, natiirolmente pwJ
205
im letzten Augenblicke noch rasch nach backbord abfallen ließ und
dadurch die Gewalt des Stoßes abgeschwächt hatte, wenn auch nicht in
gleicher Weise, so doch bedeutend beschädigt. Alles, was auf der Back-
bordseite vom Schiffe herausragte wurde abrasiert. Er verlor zwei Anker
und mehrere Boote ; von 4 Landungsgeschützen, welche sich achter befan-
den, wurden die Lafetten zertrümmert, eines fiel ins Meer, ebenso wie
1 1 Stückpfortendeckel an Backbord, endlich wurde die Reeling und Bord-
wand auf eine Länge von mehr als 60 Fuß vollständig zertrümmert
Trotz seiner argen Verletzungen sandte „ Kaiser '^ dem «RödiPorto-
gallo**, welcher nach dem Stoße sehr stark nach steuerbord überkrängte,
von der vorderen Division der 1. Batterie (die augenblicklich Bord gewech-
selt hatte) eine Lage auf die Entfernung von kaum einigen Metern nach,
welche unter der Panzerung traf, dann auf das feindliche Deck ein 24 pfun-
diges Projektil, endlich unmittelbar hierauf abermals eine Lage der ganzen
Flanke. Die „Ri die Portogallo** verschwand hierauf, ohne einen Schuß
mehr zu tun, aus dem Gesichtskreise des „ Kaiser **.
Der beabsichtigte Zweck war, wenn auch mit Opfer, erreicht.
Kommodore v. Petz hatte durch sein kühnes Manöver sich und den
folgenden Schiffen seiner Division Luft verschafft. Aber nicht auf lange,
denn schon wenige Minuten, nachdem sich der „Kaiser'^ auf diese wahr-
haft heroische Weise von seinem nicht minder herzhaften Gegner befreit
hatte, erschien an der Steuerbordseite auf zirka 4 Kabel (800 m) aber-
mals eine feindliche Panzerfregatte (wahrscheinlich „Maria Pia*), mit
welcher er sich, obschon bereits das über dem Schlote liegende Holz
und Tauwerk heftig zu brennen begann, sogleich wieder engagierte.
Da trafen 2 feindliche Hohlgeschosse das Linienschiff so unglück-
lich, daß die 2. Sektion der 2. Batterie vollkommen außer Gefecht
gesetzt, das Dampfrohr zerschossen und ein Teil der Achterdeckdivision
gleichfalls stark gelichtet wurde, wobei ihr Kommandant Linienschiffs-
leutnant Josef Frank sowie der seit Demontierung der vorderen Deck-
division denselben unterstützende Linienschiffsfähnrich Hugo Pogatsch-
nigg schwere Verietzungen erhielten. Gleichzeitig wurde die Bordwand
backbord in Brand geschossen, derselbe jedoch von der Deckmannschaft
sogleich gelöscht. Nachdem noch aus der Maschine die Meldung erstattet
andarlo ad investire e colla speranza di poterlo colare. Ma eravamo giä tanto vicini che
non ebbi il tempo di fargli presentare la prua diritta ; per conscguenza c*investimmo
an poco sul fianco. Questo investimento produsse nel Kaiser la perdita del suo albero
di bompresso e dell' albero di trinchetto, che portö con se il camino della macchina**
etc. etc. etc.*
I.
1 .
I
1
206
wurde, daS sie nicht mehr verlaßlich sei und des zertrümmerten und
verdeckten Schlotes wegen jedenfalls nur mehr mit kleinen Feuern
arbeiten könne, der Brand über dem Schlote aber immer gfrößere Dimen-
sionen annahm, schließlich auch noch das Steuerruder durch einen
Schuß verletzt wurde und Zweifel in seine weitere Verläßlickcit auf-
kommen ließ, mit einem Worte das Schiff nicht mehr kampffähig war,
so blieb seinem tapferen Kommandanten zur Erhaltung desselben nichts
mehr übrig, als es außer Schußbereich zu bringen und den Hafen von
Lissa aufzusuchen, um dort das Feuer zu löschen und die unumgänglich
notwendigsten Reparaturen ausführen zu können. „ Kaiser ** nahm deshalb
— 11^15°' — Kurs gegen den Hafen von S. Giorgio, gefolgt von den meisten
größeren Holzschiffen und einigen Kanonenbooten, welche schon während
des früher beschriebenen großartigen Zweikampfes das Linienschiff durch ihr
Feuer unterstützt und insbesondere die 2 Teteschiffe des Kontreadmirals
Vacca, „Principe di Carignano* und „Castelfldardo* bekämpft hatten.*)
Es ist nun an der Zeit, daß wir uns wieder der österreichischen
Panzerdivision zuwenden, welche jetzt erst in die eigentliche Aktion tritt
Kontreadmiral v. Tegetthoff, welcher die von der Tete unter
Kontreadmiral Vacca ausgeführte Bewegung (siehe Seite 200) wahr-
genommen und den dieselbe für seine Holzflotte besorgt gemacht hatte,
beschloß, sofort nach erfolgtem Durchbruche umzukehren und diesen
zu Hilfe zu eilen. Er ließ deshalb — 10'* 50'" — das Signal hissen: „Dem
Kommandierenden im Kielwasser folgen.** Diese taktische Bewegung ver-
langte vorerst die Bildung einer Kiehvasserlinio — in diesem Falle auf
die Tete und den linken Flügel — zu welchem Behufe die Schiffe des
letzteren sich sukzessive in das Kielwasser des Flaggenschiffes zu legen
' hatten, während jene des rechten Flügels inzwischen ihre Fahrt ver-
minderten und die bisherige Fomiation beibehielten. Da jedoch keine
Zeit zu verlieren war, wendete Kontreadmiral v. Tegetthoff, ohne
I die Beantwortung des obigen Signals abzuwarten, mit dem „Erzh.
! Ferdinand Max", nachdem die feindliche Linie im heftigsten Feuer
i passiert war, sofort über Backbord, von den übrigen Schiffen im Gegen-
marsch gefolgt, worauf die ganze Division, das Flaggenschiff an der
Sijitzo, die anderen Schifte beiderseits desselben gruppi(»rt, mit nörd-
lichem Kurse wieder drm Feinde zuslürmto. (Sielie Plan II.)
M Das ;j. SchifT der (irui^pc Vacca, ilii; ^.Aiicona'*, machto die Uinsc.liilTiing der
ö.slorreichisclit'ii HülzlloLli; nicht mil; es hatte sich bereits frülier von ilir abgetrennt
und war jiiil eigene Faiiist der Stelle zugesteuert, ^wo die eigenen ranzerschiffe
k:nni»neii." Anssnge drs LiniensdiilVskapiläiis Piula-, Rendicoiiti etc. etc , Seite CO— 61.
r .
(k,
Öe-
N
207
Nach vollzogener Wendung stand Kontreadmiral v. Tegetthoff von
seiner ursprunglichen Absicht, den Schiffen des Kontreadmirals Vacca
nachzujagen, wieder ab, da es sich zeigte, daß diese bereits einen zu
großen Vorsprung gewonnen hatten, um sie noch einholen zu können.
Zudem war die Situation schon wieder eine veränderte, da, wie wir
wissen, sich inzwischen die Queuegruppe Riboty der italienischen Panzer-
schiffe gegen die 2. österreichische Holzdivision gewendet und diese
angegriffen hatte. Kaum gewahrte daher Kontreadmiral v. Tegetthoff diese
neue G.eiährdung seiner Holzschiffe, als auch schon sein Entschluß
gefaßt war, ihnen Hilfe zu bringen und sie zu degagieren.
Zu diesem Behufe ließ er kurz vor 1 1 ^ a. m. das Signal geben : „ 2. Divi-
sion unterstützen *" und nahm Kurs gegen die feindlichen Panzerschiffe. Die
österreichischen Panzerschiffe zerstreuten sich nun; die des früheren
linken Flügels zogen sich mehr rechts, also nördlich, jene des rechten
Flügels, insbesondere „Drache* und „Don Juan", nach links in südlicher
Richtung. Die Panzerschiffe des Zentrmns der gesprengten feindlichen
Schlachtlinie waren es zunächst, welche diesen zweiten Offensivstoß
Tegetthoffs auszuhalten hatten.
Es währte nicht lange, so gelang es dem Flaggenschiffe „Erzh.
Ferdinand Max**, das allen voran mit ganzer Kraft dem Feinde zusteuerte,
eine große feindliche Panzerfregatte — wahrscheinlich „Re d'Italia* —
steuerbord vorne anzurennen, ^) doch ohne durchsclüagenden Erfolg, da
der Stoß in schiefer Richtung erfolgte und die Maschine noch vor
erfolgtem Anprall gestoppt worden war. Nichtsdestoweniger schien
dieselbe einige Havarien erlitten zu haben und während die Schiffe
aneinander vorüberstreiften, fand auf beiden Seiten ein lebhaftes Klein-
gewehrfeuer statt Zu einer Enterung kam es nicht, weil beide Schiffe,
im vollen Gebrauche ihrer intakten Maschinen, sich wieder rasch trennten.
Bald darauf ergab sich für den „Erzh. Ferdinand Max* zum zweiten Male
die Gelegenheit, ein feindliches Panzerschiff zu rammen.
Es war dies, wie nun mit voller Sicherheit angenommen werdem
kann, der „Palestro**,^) welcher, wie erinnerlich, bei Beginn der Aktion
1) Nach dem Berichte des Linienschiffskapitäns Freiherrn v. Stern eck.
2) Über die Wahrscheinlichkeit, welche Schiffe der feindlichen Miltelgruppe die
vom ,Erzh. Ferdinand Max* zuerst angerannten Panzerschiffe waren, sei folgendes
bemerkt: Nach allen italienischen Berichten und wie auch von der Untersuchungs-
kommission konstatiert wurde, wollte keines der aus der Schlacht zurückgekehrten
Schiffe — den ,Ke di Portogallo** ausgenommen, welcher vom , Kaiser** angerannt
wurde — einen Rammstoß erhallen haben; es kann daher schon aus diesem Grunde
sich noch in ziemlicher Entfernung [6 bis 7 Kabel, liOO bis 1400 m) vom
„Re d'ltalia* befand und diesem zu Hilfe eüen wollte, hiebei aber gleich
von zwei österreichischen Panzerschiffen — wahrschcinHch , Drache" und
,Don Juan" — die ihm den Weg verlegten, angegriffen und auf das
heftigste beschossen wurde. In dem Bestreben, seinen Angreifem auszu-
weichen, kreuzte aber der .Palestro" gerade den Kurs des österreichischen
Admiralschiffes und wurde von diesem steuerbord achter angerannt
Durch die Wucht des Stoßes wurden ihm zwar einige Panzerplatten
herabgerissen, auch wurde derselbe von der Batterie des ,Erzh.
Ferdinand Max', insbesondere durch die Blockhausgeschütze, aus der
unmittelbarsten Nfihe beschossen, trotzdem konnte auch diesmal, da der
.Palestro' noch rechtzeitig nach der Seite abgefallen war und hiedurch
den Stoß etwas abgeschwächt hatte, der beabsichtigte Erfolg nicht ganz
erreicht werden.
Beim Zusammenstoße stürzte die Kreuzmarssteiige und die Besan-
gaffel des italienischen Schiffes herunter; letztere mit einer riesigen
Trikolore fiel auf das Vorderkastell des ,Erzh. Ferdinand Max*, bei
angeaommeD werden, daB die beide» vom ,Erzh. Ferdinand Uax' gleich zu Beginn
der Schlacht angerannten Seliiire wirkücli der ,Re d'ltalia* und der .Palestro' gewesen
seien, was auch der Süualion tu dieser Zeit vollkommen entspricht Der Umstand, daB
das Deck des zuerst gerammten ScltiQea von Mannschaft ziemlich cntliloBI schien, 191il
darauf schließen, daB es ein BatlerieschifT gewesen «ein müsse und nicht das Panzer-
kanonenboot .Palestro*, welches viel Mannschaft auf Deck hatte. Das andere Battarie-
Bchiff dieser Gruppe, der .San Marlino', diirße in diesem AugenhUcke noch weiter zurQck
gewesen sein; es läSt sich daJier rait vieler Wabrscheinlichheit annehmen, daß das
zuerst gerammte ScbÜT dec ,Re d'ltalia* war. Endlich kommt noch bezQghch dieses
letzteren ca berücksichlij^n. daS zwei aus der Katastrophe desselben gerettete italtenieche
Offliiere — Fregatlentapitaadel Santo undLinienschiffsleutnnnt Gualterio — bestäti-
gen, daß der ,Re d'ltalia* gleich bei Beginn wiederholten Haramversuchen ausgeselzl
gewesen sei, aus welchem Grunde mehrere Male die Enterabteilungen gerufen wurden.
Rendiconli etc. etc. deposizione del Santo, Seite 85 und deposJiioneGualterio, Seile 8S.
Für die Annahme, daB da-t zweite vom .Erzh. Ferdinand Max* gerammla
Schiff der , Palestro* gewesen sei, sprechen außer dem bereits oben erwähnten Grunde
die Situation, die Aussage des einzigen vom .Palestro" geretteten Offiziers, des Guardia-
marina Fabrizi, welcher angibt, daß auch auf den .Palestro' zu wiederholten Haien
Raaimatöfle versucl.l worden seien, von denen einer an der Sleuerhordseite gelang,
femer ganz besonders die Angabe des Kommandanten des Österreichischen Kanonen-
bootes .Reka", welcher deuthch ein Llaiienischea PanzerscbifT brennend und ohne Flagg«
an der Gaffel gesehen haben will. Rapport des Guordia-marina Pabrlzi, Beilage V. D>l
der ,Rä d'ltalia* jenes gcramjntc reindltcheSdiifTwar, welches in den Wollen sein Qnb
gelinden hatte, erfuhr man erst tags darauf durch die Mannschaflsindividuen, wclehe
sich cchwimmend auf die Insel Lissa gerettet hatten. A. d. 7.
209
welcher Gelegenheit es dem Steuermaime Nicolo Garcovich gelang, die
feindliche SchifEsflagge an sich zu reißen und zu erbeuten.^)
Unterdessen waren österreichische Panzerschiffe — darunter , Prinz
Eugen'' und ,,Don Juan*" — in die Nähe ihrer Holzflotte gelangt und
unterhielten ein Engagement mit der Gruppe Riboty, während welchem
das Linienschiff Gelegenheit fand, in Begleitung der übrigen Holzschiffe
durchzubrechen imd seine Fahrt nach dem Hafen S. Giorgio fortzusetzen.
Es kam jetzt auf der ganzen Linie zu einem allgemeinen Zusammen-
stoß zwischen den beiderseitigen Panzerschiffen, welcher sich um so heftiger
gestaltete, als er auf den Umkreis von wenigen Quadratkilometern be-
schränkt war.
Zum ersten Male seit der Anwendimg von Dampfkrafl und der
modernen Zerstörungsmittel maßen sich zwei Flotten auf hoher See und
ganz im Gegensatze zur früheren Kampfesart, bei welcher die taktische
Formation möglichst lange beibehalten wurde, war dieselbe nun im
vollsten Sinne des Wortes in eine Melee übergegangen, welche immer
größere Dimensionen annahm imd dem Kampfe ein eigentümliches wildes
Gepräge verlieh.
Die Schiffe verfolgten sich gegenseitig nach allen Richtungen unter
dem Feuer ihrer Geschütze, jene die eine Ranune hatten, trachteten die-
selbe einem günstig gelegenen Gegner in den Leib zu rennen oder
manövrierten um drohenden, oft spät bemerkten Rammstößen auszu-
weichen, sowie auch um einem bedrängten Nachbar zu Hilfe zu eilen ;
daher ein unentwirrbares Gewühl, in dem Freund und Feind sich fort-
während kreuzten, häufig auf die Distanz von wenigen Metern aneinander
vorbeifuhren oder wenn der versuchte Ranunstoß mißlungen, dem beinahe
Bord an Bord vorüberstreifenden Gegner mindestens noch eine Breitseite
nachjagten. Es war ein glücklicher Zufall, daß die italienischen Panzer-
schiffe grau angestrichen und daher an ihrer Farbe leicht zu erkennen
waren; die Flaggen, obwohl sie nicht nur an den Gaffeln, sondern nach
altem Brauche während der Schlacht auch von den Toppen aller Masten
wehten, waren in Wolken von Pulverdampf und Kohlenrauch gehüllt und
oft schwer zu unterscheiden.
Am heißesten wogte der Kampf an der Stelle, wo sich ,R^ d'ltalia',
.Palestro*^ und ,»San Martine'' befanden, gegen welche um diese Zeit die
Anstrengungen der meisten österreichischen Panzerschiffe gerichtet
waren. ICaum hatte sich der «Re dltalia** nach seinem ersten Zusammen-
1) N&heres hierüber siehe Seite 241.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 14
210
stoße mit dem „Erzh. Ferdinand Max' von diesem freigemacht, als
ihn schon wieder eine andere österreichische Panzerfregatte — wahr-
scheinlich , Kaiser Max* — achter zu rammen versuchte; doch auch dies-
mal gelang es dem ,Re d'Italia* noch durch eine rasche Wendung dem
drohenden Stoße auszuweichen. Die österreichische Panzerfregatte gab
hiebei aus nächster Nähe einige Schösse ab und eine Granate drang in
die Wohnung des feindlichen Admirals, dortselbst einen Brand ver-
ursachend, der jedoch bald wieder gelöscht wurde. Als dieselbe achter
vom ,Re d'ltaha" passierte, feueile sie noch eine konzentrierte Lage
gegen ihn ab, dmxh welche der Steuerkopf getroffen worden sein mußte,
denn von diesem Augenblicke an funlctionierte sein Steuer nicht mehr.
Der .Palestro", welcher nach dem Stoße des ,Erzh. Ferdinand
Max" etwas abseits gekommen war und sich nun wieder mit seiner Gruppe
zu vereinigen trachtete, wurde hierauf neuerdings von zwei österreichi-
schen Panzerschiffen — watirscheinhch wieder »Drache* und .Don Juan'
— sowie von der in der Nahe der österreichischen Panzerdivision befind- 1
liehen Holzfregatte .Novara* engagiert und indem er dem lebhaften Feuer
dieser Schiffe ausgesetzt war, hatte er sich auch gleichzeitig der Ramm- ''
Stöße zu erwehren, die die ersteren gegen ihn versuchten. Durch geschicktes .
Manövrieren gelang es ihm zwar, denselben auszuweichen, doch drang ,
während des heftigen Kreuzfeuers eine Granate durch sein ungepanzertes
Heck in den Vorraum zur Offiziersmesse und zündele dort, so daß der i
Kommandant über Backbord wendend, außerhalb des Gefechtsbereiches
zu kommen li'uchtete, um den immer mehr um sich greifenden Brand
löschen zu können.') i
»San Marlino', das dritte Schiff der Mittelgruppe, war mit aller
Maschinenkraff, arbeitend, gleichfalls bestrebt gewesen, dem ,Re d'Italia* I
näher zu kommen. Im Vorbeipassieren das Feuer der österreichischen
Panzerschiffe des rechten Flügels aushaitend, als diese nach vollzogener 1
Wendung ihrer Holzdivision zu Hilfe eilten, trachtete er eine Panzer-
fregatte — wahrscheinlich .Kaiser Max" — welche sich backbord achter '
des ,Rö dllalia' befand und mit diesem engagiert war, zu rammen; doch
diese wich, die ihr drohende Gefahr noch rechtzeitig wahrnetunend, rascb
nach steuerbord aus, setzte ihre drehende Bewegung über Steuerbord
i)Die Ehre, den „Paleatro' in Brand geschossen zu babeiii maclitea steh , Drache'
und ,Doii Juan' streitig. Aber auch die ,Novara' nahm sie för sich in Anspruch. Ober
die Wahrscheinliolikeit, welchem Schiffe dieses Verdienst zucresprochen werden konnte, !
sowie Ober die näheren ünislände siehe Seile äi8 sowie die Annierltung auf Seite I, 1
Beilage V,
211
fort und beschoß hierauf den «San Martino* auf kaum eine halbe Kabel
(100 Meter) mit einer Breitseite, welche einen großen Teil seiner Achter-
bekleidung zertrümmerte und in der Eommandantenwohnung einen Brand
verursachte, der indes bald wieder gelöscht wurde. „San Martino* steuerte
aus dieser Veranlassung eine Zeit lang aus dem Gefechtsbereich und
wandte sich später der Gruppe Riboty zu.
Es war jetzt imgefähr 1 1 V»^ a. m. und die Schlacht auf ihrem Höhe-
punkt angelangt, als ein Ereignis eintrat, welches in seiner Wirkung von
weittragender Bedeutung für das Schicksal des Tages werden sollte. Das
große Panzerschiff der feindlichen Mittelgruppe — ,R6 d'Italia* —
welches, wie wir in der vorhergehenden Schilderung gesehen haben, den
ungestümen Angriff mehrerer kaiserlicher Panzerschiffe allein auszuhalten
gehabt hatte und dem bei dieser Gelegenheit sein Steuer zerschossen
wurde, war etwas abseits geraten und befand sich isoliert von seinen
Kampfgenossen. Seine Lage war zu einer um so kritischeren geworden,
als sich seine Bewegungen nur mehr auf jene nach vor- und rückwärts
beschränkten.
Der wachsame Kommandant des „Erzh. Ferdinand Max*, Linien-
schiffiskapitän Freiherr v. Sterneck, welcher des besseren Ausblickes
wegen sich auf der halben Höhe der Backbordkreuzwanten postiert hatte
und von dort aus sein Schiff manövrierte, gewahrte plötzlich in einem
jener seltenen Momente, in welchen sich der Pulverdampf etwas verzog,
die graue Wand eines feindlichen Panzerschiffes auf kurze Entfernung
(3 bis 4 Kabel, 600 bis 800 Meter) vor sich auftauchen. Es war dies der
«Re dltalia''. Die Gelegenheit, abermals einen Rammstoß anbringen zu
können und zwar diesmal mit Aussicht auf vollen Erfolg, erschien ihm
ungemein günstig. Der Entschluß zu rammen und die Ausführung folgten
einander ohne Verzug, denn hier entschieden Augenblicke. Sofort und
mit der größtmöglichsten Maschinenkraft, über die der „Erzh, Ferdinand
Max" verfügte, steuerte er auf das feindliche Panzerschiff los, welches ihm
die Backbordseite zuwendete. ^)
Der Kommandant des ,Re d'ltalia", welcher die österreichische
Panzerfregatte gerade auf seine Mitte losstürzen sah, wollte zuerst nach
backbord abfallen, um sich zu dem herankonunenden Gegner in eine
möglichst parallele Richtung zu bringen imd hiedurch dem Stoße zu ent-
gehen oder ihn wenigstens abzuschwächen; doch das Steuer funktionierte
1) Kontreadmiral v. Tegetthoff sprach das Verdienst dieser Tat ausschließlich
seinem Flaggcnkapitän zu. Siehe Lukesch: „Der militärische Maria Theresien-Orden*
m. Band, Seite 439.
nicht mehr. Mit voller Kraft nach vorwärts arbeitend, hoSte er den
,Epzh. Ferdinand Max" noch vorne passieren zu können, allein dies
envieä sich bald als unmöglich. Er ließ nun die Maschine halten und
sodann mit ganzer Kraft nach rückwiirts arbeiten, in der Hoffnung, der
,Erzh. Ferdinand Max* werde vor seinem Bug passieren, aber schon war
es zu spät, sein Sciiicksal bereits besiegelt.
Gerade als sich die beiden entgegengesetzten Bewegungen aufzu-
heben begannen und das Schiff gewissermaßen wie regungslos dulag,
erhielt es dun verhängnisvollen Stoß des ,Erzh. Ferdinand Max", welcher
seine Masse von 4500 t mit einer Geschwindigkeit von 11'/* Knoten
unter einem fürchterlicben Gekrache fast senkrecht in die linke Planke
des Gegnere, nahe an der Maschine, bohrte und Panzer, Planken und
Spanten desselben zertrümmerte, dabei selbst bis in seine innersten
Verbindungen erbebend.
Der Stoß, welcher in den unteren Räumen des ,Erzh. Ferdinand
Max", wo niemand darauf vorbereitet gewesen, alles zu Boden schleuderte,
war kaum erfolgt, als der Maschinist, den früher erhaltenen Weisungen
gemüß die Maschine gleich auf .ganze Kraft zurück" stellte wodurch es
gelang den Sporn, welcher zirka 2 m tief eingedrungen war, zurück-
zuziehen und so das eigene Schiff aus der Flanke des tödlich getroffenen
Gegners zu befreien. ')
Weiter krachend und brechend zog sich der von der Farbe entblrtßte,
blankpolierte Ranunbug des ,Erzh. Ferdinand Max", aus der feindhchen
SchifTswand herau-s, eine weitklaffende Wunde im Umfange von zu-ka
5 w". wovon mehr als 3 m* unter der Wasserlinie, zurücklassend.
1) Die Darstellung deR Gerammtwerdens des .Hä d'ItaJia* in den lieiden General-
stahsneAen, sowohl im Osterreicliiscbcn als auch im italienischen, wie auch ferner in
den meisten aiideren G esc bichts werken, welche elien diese Schilderung mil üherDominea
biUien, enlspriehl nii-ht volliommen der Wirk lieh keil. Es ist nicht richtig, daß bei diesem
Bammsloße des .Erzh. Ferdinand Max* gegen den ,Rfi d'llalia" die Maschine des ersteren
auf eine Entfernung von lirta 30 Faden gestoppt wurde. Weil mau eben infolge der
Anwendung dieser Vorsichtsmaßregel bei den früheren Rammvcrjuchen keinen duroh-
liH'hlageD den Erfolg erzielt hatte, wurde, wie dies auch Attlmajr in seinem W^e
erwälmt, beschlosHn, dafi ton nun an heim Rammen mcht mehr vorher mittels Signal«
die Hiuchine gestoppt, sondern ddß in voller Falirt hincifigeraunt werden würde. Der
leitende Maschinist erhielt deshalb den Befehl, seine Anordnungen derart zu treffen. AaH
sowie der Stoß erfolgt sei, die Mascliine sofort und ohne weiteres Signal auf „ganze KraR
rOckwIrts* umgestellt werde. Und so geschah es auch. Als der .Enh. Ferdinand Mai*
seinen RaiamsloB gugen den ,l\i d'ltulia' in voller Fahrt angcbraclit lialte, bUeb, in-
folge des Widerstandes und der ungeheuren Erschütterung die Mascltine «neA
213
Während der «Erzh. Ferdinand Max' langsam vom «R6 d'ltalia'
frei wurde, neigte sich dieser infolge des furchtbaren Anpralles zuerst
langsam auf etwa 25*" gegen steuerbord, worauf er dann plötzlich nach
backbord überrollte imd seine klaffende Wunde in die rasch hinein-
strömenden Wassermassen tauchte. Binnen weniger denn 2^/a Minuten
versank er sodann, mit dem Vorschiff voraus, in den Wogen unter den
Hurrarufen der Bemannung des „Erzh. Ferdinand Max*.
Es war selbst f&r den Sieger ein furchtbar großartiger Anblick, als
das ganze Deck des feindlichen Schiffes sich dicht vor seinen Augen auf-
richtete, die wackere Bemannung, welche noch in diesem AugenbUcke
Yon Deck und Marsen ihre letzte Salve abgab.^) allmählich an Boden verlor,
die Menschen nach Lee hinabglitten und endlich das schöne Schiff in
einen Abgrund von 200 Faden für immer verschwand. Während des
Sinkens sah man einige Leute nach achter eilen, um, wie es schien, die
Flagge an der Gaffel zu streichen, doch der dem Flaggenstabe zugeteilte
Guardia-marina Razzetto widersetzte sich diesem Vorhaben, stieß den
Matrosen, der die Flaggenleine in der Hand hielt zur Seite und hißte die
Flagge, die übrigens erst ein kurzes Stück gestrichen worden war, wieder
ganz top, so daß das Schiff mit wehender Nationalflagge in sein Grab ging.')
Tausendstimmiges , Hurrah!" erscholl von den kaiserlichen Schiffen,
welche Zeugen der gewaltigen Tat ihres Admiralschiffes waren, das aus
diesem Ghok, abgesehen von einer Verletzimg am Vorsteven, unversehrt
hervorging. •)
Augenblick in ihrer vollen Leistung zurück und es schien als ob sie süllstehen würde ;
dieser eine Augenblick hatte indes schon genügt, um sofort die Rückwärtssteuerung
anzusetzen und, da das Schiff, infolge des gewaltigen Stoßes und seiner Wirkung das
Geschwindigkeitsmoment bereits eingebüßt hatte, so vollzog sich auch die Rückwflrts-
bewegung sofort.
Diese Schilderung wurde dem ebenfalls auf dem „Erzh. Ferdinand Max* eingesohifll
gewesenen Verfasser vom damaligen leitenden Maschinisten desselben, Maschinenmeister
I. Klasse Martin Gerber, mit welchem er über diesen Punkt sprach, gegeben. A. d. V.
1) Liuienschiffsleutnant Freiherr v. Minutillo, Personaladjutant Tegetthoffs,
bereits vorher verwundet, wurde bei dieser Gelegenheit am rechten Handgelenke
abermals schwer verwundet.
^ Im österreichischen Greneralstabswerke ist der Zeitpunkt des Unterganges des
,Rö dltalla* mit 11^ 20"^ a. m. angegeben; nach einer im Tagebuche des Verfassers
gemachten Aufzeichnung, welcher die Daten des Bordjoumales des ,EH. Ferdinand Max*
zu Grunde liegen, wurde der ,Re d'Italia* «gegen Vi 12^* gerammt. Die italienischen
Berichte geben ziemlich übereinstimmend 11^ 30™ an.
') Dem Schauplätze am nächsten waren: , Habsburg*, „Prinz Eugen*, .Drache*,
dann .Novara* und „Elisabeth\
SU
Die Stelle, wo kurz zuvor noch ein mächtiger Gegner gestanden,
bezeichneten nunmehr Schiffstrümmer und zahlreiche Schiflbriichige,
denen es gelungen war, in das Wasser zu springen, bevor sie von dem
reißenden Wirbel des untergehenden Schiffes ei-griffen wurden und
die jetzt um ihr Leben kämpfend mit flehenden Geberden um Hilfe
riefen.
Der ersle Gedanke des österreichischen Admirala war die Rettung
dieser UnglückUchen, von denen einige sich an Schifl'siriimmer- zerbro-
chene Masten u. dgl., welche das Wasser an die Oberfläche gebracht
hatte, klammerten, während andere sich durch Schwimmen zu retten
suchten. Es wurde sogleich der Befehl gegeben, das steuerbord hängende
Jollboot, das einzige noch schwimmfähige Boot, zu sireichen; doch
während man sich eben damit beschäftigte, dasselbe von seinen Vertäu-
ungen zu befreien, drohte dem ,Erzh. Ferdinand Max" selbst eine große
Gefahr, Es erschien plötzlich auf backbord gegen achter, mit voller Kraft
fahrend, ein feindliches Panzerschiff, wahrscheinlich „Ancona* und nahm
mit der unverkennbaren Absieht, zu rammen, seinen Kurs gegen den^Erzh,
Ferdinand Max". Nur der Kaltblütigkeit des Kommandanten und der vor-
züglichen Steuerfälligkeit des , Erzh. Ferdinand Max" war es zu danken, daß
dieser vor einem ähnlichen Schicksal bewahrt wurde, wie er es unmittelbar
vorher dem ,Re d'Italia" bereitet. Die beiden Schifife streiften in ent-
gegengesetzter Richtung so nahe aneinander vorüber, daß die Bedienungs-
mannschaft der Backbordbatterie des ,Erzh. Ferdinand Max' die Setzer
in die Geschützmündungen nicht einführen konnte. Das feindliche
Panzerschiff feuerte einige Schüsse ab, deren Rauch in die Stückpforten
des ,Erzh. Ferdinand Max' drang; sie fügten indes trotz der unmittel-
baren Nähe keinen Schaden zu, so daß die Annahme gerechtfertigt ist,
daß die Geschütze in der Verwirrung und Aufregung nur blind geladen
wurden. Die beiden Gegner trennten sich hierauf ohne weitere Feind-
seligkeiten. ')
So wie ,Erzh. Ferdinand Max' wurden auch einige andere Schiffe der
kaiserlichen Eskadre, welche dem Orle der Katastrophe nahe kamen und
wiederholte Anstrengungen zur Rettung der Scliiffbnichigen machten,
durch feindliehe Angriffe in ihrer humanen Absicht gestört und gezwungen,
auf ihre eigene Sicherheit bedacht zu sein,
, Elisabeth', welche ebenso wie .Novara' in die nächste Nähe des
Admirals gelangt war, stand im Momente des Unterganges des ,R^ d'Italia'
1) NUierrs hierüber siehe Seite 342 und Seite tdS.
215
nordöstlich von diesem. Sie eilte sofort zur Rettung der Unglücklichen
herbei, wurde aber durch zwei feindliche Panzerschiffe daran verhindert,
von denen das eine — , Ancona** — nach der Affäre mit dem ,EFzh. Ferdinand
Max* sie, achter passierend, beschoß und ihr einigen Schaden zufügte,
während das andere — „ Varese " — ihr von vom entgegenkam. Beide Gegner
schienen es auf die « Elisabeth' abgesehen zu haben und dieser blieb
gerade nur noch so viel Zeit, durch schleuniges Rückwärtsschlagen den
ihr zugedachten Stößen auszuweichen, worauf die beiden Schiffe selbst
zusammenstießen und mit ihren Takelagen stark aneinander gerieten.
Zum Glück für beide bUeben sie eine Zeitlang durch den Pulverrauch
gedeckt und hatte sich inzwischen das Gefechtsfeld schon etwas verrückt,
so daß im Augenblicke keine österreichische Panzerfregatte in der
Nähe war. ^)
Der Kampf, der nach dem Sinken des ,Re d' Italia'* sich mehr in
südwestlicher Richtung gezogen hatte, nahm nun wieder seinen erbitterten
Fortgang und waren es jetzt, nachdem von den Schiffen der Mittelgruppe
eines in den Grund gebohrt, ein anderes in Brand geschossen sich außer-
halb des Gefechtsbereiches begeben hatte, hauptsächlich die Schiffe der
Queuegruppe sowie der „San Martino*, auf welche sich der Angriff der
kaiserlichen Panzerschiffe richtete.
,Re di Portogallo" war bald nach seinem Zusammenstoße mit dem
„Kaiser* backbord von einigen österreichischen Holzschiffen, steuerbord
von zwei Panzerfregatten bedroht imd, für einige Zeit von den Schiffen
seiner Gruppe getrennt, in einer kritischen Lage, so, daß er sich nur mit
der größten Anstrengung seiner Gegner erwehren konnte. Der Kommandant
Riboty versuchte, eine österreichische Holzfregatte*) anzurennen, um sich
Bahn zu brechen, erhielt aber von derselben eine konzentrierte Breitseite,
durch welche Rumpf und Takelage des „Re di Portogallo" neuerdings
beschädigt wurden. Es gelang ihm aber schließlich doch, sich frei zu machen
imd mit den zwei Teteschiffen des KontreadmiralsVacca „Principe di
Carignano" und „Castelfidardo'*, die nun in südwestlicher Richtung
auftauchten, zu vereinigen.
1) Bezüglich der beiden Panzerschiffe «Ancona" und , Varese** ist es konstatiert,
daß sie während der Schlacht zusammenstießen und es längere Zeit währte, ehe sie von-
einander freikamen. Es werden daher die oben erwähnten Schiffe, welche ^Elisabeth*'
bedrohten und dann karambolierten, wohl ,Ancona* und , Varese* gewesen SQin.
^Riboty meinte in seinem Berichte die ,Novara**, doch dürfte es die ,Schwar-
zenberg* gewesen sein, da erstere um diese Zeit sich in der Nähe des Flaggenschiffes
befand.
Kontreadmiral Vacca hatte nämlich während der bislier geschil-
derten Ereignisse mit den genannlen zwei Schiffen seiner Abteilung — das
dritte, .Ancona", hatte sich, wie erinnerlich schon früher auf eigene Faust
von ihm abgetrennt — die ösleiTeichische Holzflotte im Rücken dubliert
Langsam gegen Süden fahrend erblickte er die anderen Panzerschiffe nach
allen Richtungen zerstreut; es war aber weder ein Signal des kommandieren-
den Ädmirals noch eine Bewegung wahrzunehmen, welche auf eine Samm-
lung und Neuformation hingedeutet hü tten. Da ihm diese aber nach der Sach-
lage angezeigt erschien, so hielt er sich für berechtigt — 11'' 10" — den
Panzerschiffen das Signal zumachen: ,Die Kielwasserlinie ohne Röcksicht
auf den Rang oder Posten formieren' („Formate prontamente una linea di
fila, senza soggezione ne di grado ne di posto"), worauf nun diese ihm zu-
steuerten und sich sukzessive in die angeordnete Linie einzureihen
begannen.
Auf den ,Re di Portogallo" schloß sich als nächste die .TerribHe*
an, welche während der ganzen Zeit bei der Holzflotte des Vizeadmirals
Albini verblieben war, von dort aus auf sehr weite Distanzen einige
wirkungslose Schüsse auf das Linienschiff , Kaiser' und die dasselbe be-
gleitenden Holzschiffe abgegeben, hierauf — jedoch stets außer Schuß-
weite — einige Drehkreise beschrieben hatte und somit bis jetzt noch zu
keiner eigentlichen Aktion gekommen war. .Ancona' und ,Varese* war
es inzwischen gelungen, sich voneinander frei zu machen und. indem
die erstere wieder ihren Posten hinter .Castelfidardo* einnahm, reihte
sich ,Varese° nach der .Terribile* ein.
Die zur Gnippe Riboty gehörige .Maria Pia" hatte die Absicht ge-
habt, dem ,Re di Portogallo' in der früher beschriebenen kritischen Lage
zu Hilfe zu kommen, mußte aber, um den beiden ineinander geratenen
Panzerschiffen „Ancona" und „Varese" Raum zu geben, in einem weiten
Bogen ausweichen, wodurch so viel Zeit verloren ging, daß die beab-
sichtigte Unterstützung des ,Re di Portogallo", der sich mittlerweile selbst
Luft gemacht hatte, überflüssig ward. Sie ging dann zwei österreichischen
Panzerschiffen, welche bei ihrem Manöver scheinbar Kurs gegen die
italienische Holzflotte nahmen, entgegen, gab aber ihr Vorhaben, denselben
den Weg zu verlegen, gleich wieder auf, da noch zwei andere öster-
reichische Schifl'e folgten.
Bei dieser Gelegenheit wollte .Maria Pia' eines der österreichischen
Panzerschiffe — .Prinz Eugen' — welches dwais vor ihr passierte,
anrennen; dieses wich jedoch rasch nach steuerbord aus, von .Maria Pia*
eine volle Breitseite und Gewehrsalven in dem Augenblicke empfangend.
217
als beide Schiffe einander ganz nahe gekommen waren. «Maria Pia" nahm
hierauf die Richtung gegen die eigenen Panzerschiffe, die sich auf das
erwähnte Signal des Eontreadmirals Vacca zu formieren begonnen hatten.
»San Martino* war, nachdem er zur Bewältigung des an Bord
ausgebrochenen Feuers einen Bogen beschrieben hatte, der ihn auBerhalb
des Gefechtsbereiches brachte (siehe Seite 281), hierauf zur Gruppe
Rib oty gesteuert; dort wurde er von zwei österreichischen Panzerfregatten
und einer Holzkorvette — ,Erzh. Friedrich* — engagiert, bei welcher
Gelegenheit neuerdings durch eine Granate, welche in eine Offizierskabine
an Steuerbord einschlug, Feuer ausbrach. Der Kommandant fand sich durch
diesen Umstand zum zweiten Male veranlaßt, aus dem Gefechtsbereiche zu
steuern, und nahm dann später gleichfalls Kurs gegen das Gros der eigenen
Panzerschiffe. Im Begriffe, dem Signale des Kontreadmirals Vacca Folge
zu leisten und sich der Kielwasserlinie desselben anzuschließen, stieß er
mit der ^^MariaPia** zusammen, wobei er einige Beschädigungen davontrug.
Die neue Kielwasserlinie, bestehend aus den 8 Panzerschiffen: , Prin-
cipe di Carignano'', «Castelfidardo**, „Ancona**, „Re di Portogallo**,
»Terribile**, „Varese", «Maria Pia*, »San Martino*,^) setzte sich nun
unter Führung des Kontreadmirals Vacca gegen 12*^ mit südlichem Kurs
in Bewegung, wobei sie an der Holzflotte des Vizeadmirals Alb ini vorüber-
kam, welche, in nordwestlicher Richtung steuernd, bis jetzt untatig ge-
blieben war. Kontreadmiral Vacca fuhr hierauf, im Bogen über Backbord
wendend, mit den Panzerschiffen in nordöstlicher Richtung, während die
Holzschiffe, erstere dublierend, sich in zweiter Linie formierten. (Siehe
Pläne IV und V.)
Hiemit hatte der kurze, aber heiße Kampf der beiden Panzerflotten
seinen Abschluß gefunden. Kontreadmiral v. Tegetthoff gab zu dieser
Zeit — 12^ 10°" — seiner Panzerdivision das Signal „Sammeln*.
Während diese Ereignisse sich bei der österreichischen Panzer-
division abspielten, waren die beiden Holzdivisionen mit Ausnahme der
«Novara* dem Linienschiff bei seinem Rückzug nachLissa gefolgt. Es be-
gleiteten dasselbe auf dieser Fahrt zunächst „Reka*, sodann ^Seehund*
und ,Erzh. Friedrich*, worauf die Fregatten «Schwarzenberg*, »Radetzky*,
»Adria*, „Donau* und die Kanonenboote „Hum*, »Wall*, »Streiter*,
endlich der Raddampfer „Andreas Hofer* im Kielwasser folgten. (Siehe
Plan III.) Während der »Kaiser* mit aller Anstrengung bemüht war, dem
i) Der brennende „Palestro"* befand sich ganz außerhalb des Gefechtsfeldes mit
dem Kurse gegen Lesina.
Brande Einhalt zu tun, erschien neuerdings und plötzlicli auf der Steuer-
bordseite der österreichischen Holzschiffe der „Äffondatore", welche)
nach seiner ersten Begegnung mit dem „Kaiser" (siehe Seile 202) einen
großen Bogen über Backbord beschrieben hatte, hiedurch eine Zeitlang
außerhalb des Gefechtsbereiches gelangt war und nun, längs der Nord-
küste der Insel steuernd, dem Linienschiff den Weg zu verlegen drohte. .
Die beiden Schiffe hatten einen annähernd parallelen Kurs, nur war
das Linienschiff infolge der erlittenen Havarien, welche den Gang seiaer'
Maschine beeinträchtigten, gezwungen, langsamer zu fahren, während
der „Affondatore"' über seine volle Dampfkraft verfügte. Die Gefahr,
gerammt zu werden, war daher diesmal für den .Kaiser' eine auBer^
ordentliche, ja es schien geradezu unmöglich, daß er diesem Schickst
werde entgehen können. ^
Dreimal') fiel der .Äffondatore' gegen den .Kaiser" ab, als wollte e
einen Anlauf zum Rammen nehmen; doch das schwer verwundete Linien-
schiff wehrte sich auf das tapferste, gab trotz Brand und Havarien Breit-
seite auf Breitseite ab und hielt sich so den geföhrlichen Gegner vom Leib."]
.Kaiser" ivurdc dabei durch die nachfolgenden Holzschiffe, später auchi
durch die zwei Panzerfregatten , Don Juan' und .Prinz Eugen", welche
den .Affondatore" unausgesetzt beschossen, auf das wackerste unter-'
stötzt.»)
Als der .Affondatore' zum dritten Mal seinen Anlauf gegen den.
.Kaiser" nahm, war er bis auf ungefähr I Kabel (200 wi) Distanz
herangekommen; noch eine kleine Bewegung mit dem Steuer nacli,
backbord und der Zusammenstoß mußte erfolgen. Schon war auf dem,
,Affondatore" der Befehl in die Maschine erteilt worden, zum Halten und
Rückwärtsgehen bereit zu sein, schon halte sich die Mannschaft platt auf
das Deck geworfen und erwartete man auf beiden Schiffen in fieberhafter
') Nach Ost erreicbis eben Angaben; die italienischen berichten nur von el
mal igen Abfallen.
-) Admiral Pefsano fiuBerte sieb hierüber wie folgt: Soa perUnto rioadva fed
evitare rurto vhe gli portammo di poppa e non rislaTa dal rispondere con altretaato
di giustezza tiro ai noslri ripetuli «pari, crivellaadoci veramente con ogni sortA di pifh
jcttili, perfurandaci perstno In Lolda, con colpi Bccanti che appicaroao il fuoeo ad uno
dei cammerini solto coverta. presto spento dagli nomini condolti da quel intrepido Chinoli
che ricordai etc. etc., I fatti dl Lissa Seite 29.
*) ,Uon Juan* erhielt bei dieser Gelegenheit ein Projektil vom .AfTondiilore*. dU
in eine Panxerplalle zwischen zwei StQckpforten einschlug, einen xweilen Schuß in
Panzer unlerfaaib der Wasserlinie und einen dritten in den Bngsprielsluhl, der
IrQmntert wurde.
i mit dem ,, Affondatore'' lP45'"a.m.
»■■^i
j
/
219
Spannung den Ausgang, welchen die nächsten Augenblicke bringen mußten,
als plötzlich der „Affondatore* nach steuerbord abfiel, hiebei vom Linion-
schiflf mit einem wohlgezielten Sektions- und Vormeisterfeuer aus beiden
Batterien beschossen, welches ihm schwere Beschädigungen auf Deck und
in den unteren Räumen zufügte.^)
Während sich der „Alfondatore" hierauf der eigenen Holzflotte zu-
wandte, setzte das Linienschiff in Begleitung des Kanonenbootes „Reka**
seinen Weg bis in den Hafen von S. Giorgio fort, wo es um 1 ^ 15"^ p. m.
anlangte und sich sofort mit einem Spring gegen die Hafeneinfahrt ver-
täute, um gegen einen allenfalls nachkommenden Gegner kampfbereit zu
sein. Das Kanonenboot „Reka*, welches auf demselben das Signal gesehen
hatte: „Man gibt die Hoffnung auf, das Feuer zu bewältigen**, folgte ihm
bis in den Hafen nach, verweilte dort eine halbe Stunde, verließ jedoch
dann wieder den Hafen, da seine Hilfe vom „Kaiser" nicht weiter benötigt
wurde. Die übrigen Schiffe nahmen sodann unter Fuhrung der „Schwarzen-
berg" wieder den Kurs in nördlicher Richtung, um sich mit den Panzer-
schiffen zu vereinigen, welche ihnen indes nach dem um 12*^ 20*" erfolgten
Signale Kontreadmirals v. Tegetthoff: „Dem Kommandierenden im
Kielwasser folgen**, bereits auf halbem Wege entgegenkamen, da der
Admiral die seinen Holzschiflfen drohende Gefahr, von der Eskadre des
Vizeadmirals Alb in i angegriflen zu werden, inzwischen bemerkt hatte.*)
(Siehe Pläne III und IV.)
Nachdem auf diese Weise die Vereinigung der ganzen Eskadre
ijewirkt war, ließ Kontreadmiral v. Tegetthoff, um möglichst schnell
die Ordnung wiederherzustellen, drei Kielwasserlinien nebeneinander
— Kurs Nordost — formieren, und zwar die Panzerschiffe zunächst
dem Feinde, steuerbord derselben die 2., dann die 3. Division. In dieser
Aufstellung konnte rasch durch ein gleichzeitiges Abfallen nach backbord
die Eskadre wieder in eine für den direkten Angriff geeignete Formation
mit den Panzerschiffen im ersten Treffen gebracht werden, falls sich ein
solcher als notwendig erwies.
Als die österreichischen Panzerschiffe, um sich vor den eigenen
Holzdivisionen in Kielwasserlinie zu formieren, der Holzeskadre des
Vizeadmirals Alb in i näher kamen, eröffneten einige der Fregatten ein
lebhaftes Feuer, jedoch ohne alle Wirkung.
1) Näheres hierüber siehe Seite 299.
2), Elisabeth'* wurde, nachdem sie das Signal repetiert hatte, vom Kontreadmiral
V. Tegetthoff zur Begleitmig und Hilfeleistung für »Kaiser* al)geschickt, kehrte indes
bald wieder zurück, da vom letzteren keine Unterstützung beansprucht worden war.
Wir kommen nun dazu, uns mit der italienischen Holzeskadre näher
zu befassen, welche, wie schon früher erwähnt wurde, bisher eine nahezu
passive Haltung beobachtet liatte. Die Ursache dieses eigentümUchen Ver-
haltens derselben lag in folgendem: Wie erinnerlich (siehe Seite 196)
hatte Vizeadmiral Albini beim Erscheinen der österreichischen Eskadre
eine kostbare Zeit mit der Bergung des Aussehiffungsmateriales verloren
und seine Eskadre erst gegen 9Vs'' a. m. vom Hafen Carober aus gegen
den anrückenden Feind in Bewegung gesetz*. Die durchschnittliche
Geschwindigkeit seiner Schiffe betrug ungefUhr 8 Seemeilen pro Stunde.
AnfSngUch in westlicher Richtung steuernd, ging er sodann mittels Gegen-
marsch in die mittlerweile vom kommandierenden Adniiral anbefolilene
und von den PanzerschüTen bereits angenommene Kursrichtung Nordnord-
ost über, war jedoch im Momente, als die Schiacht begann — 10'' 43"
a. m. — erst an der Queue der Panzeriinie angelangt, parallel zu welcher
er seine Eskadre auf die in den Ürdini di massima vom 21, Juni vorge-
schriebene Distanz von 3000 ni (15 Kabel) zu führen trachtete.
Vizeadmiral Albini will nun die Absicht gehabt haben, die öster*
reichische Holzflolte anzugreifen') und zu diesem Behufe die eigenen
Panzerschiffe achter zu passieren; tatsächlich war er auch gegen Westea
abgefallen; in diesem Momente erfolgte aber der Durchbruch der öster*
reichischen Panzerdivision durch die italienische Panzerlinie und die Schiffe
des österreichischen linken Flügels, welche am meisten voraus waren,
kamen hiebei seiner Tete bis auf ungefrihr 10 Kabel nahe, so daß er,
der Meinung, diese beabsichtigten ihn anzugreifen, schleunigst wieder naek
steuerbord abhielt, um den Gegnern den Bug zeigen zu können.
Nachdem die Österreichischen Panzerschiffe ihre Wendung zqd
zweiten OEfensivstoß vollzogen hatten und die vermeintliche Gefahr
öbtr war, ging Vizeadmiral Albini wieder nach backbord zurück und
hielt nun, da der Kampf der Panzerschiffe sich mehr nach Norden zog,
westlichen Kurs, dabei bestrebt, die Formation seiner Eskadre, welohtf
durch den öfteren Kurswechsel auseinander geraten war. wieder her»
zustellen, *) Inzwischen hatte der AngriCF der italienischen Queuepanzer-
schiffe auf die Österreichische Holzflotte staltgefunden und Vlzeadnündl
Albini, in westhcher Richtung fortfahrend, gewahrte auf seiner Steuer*
>).... ,olme jedoch hieboi das Manöver der eigenen Paiizprscjjifle zu stOnn,
(seiaa perii imbarauart; la manovra delle noslre coraKate).
3)Aussage des Vizeadmirals Albini. RendieonU etc. etc. Seite 55, sowis
desselben; ebeiiso des Linie nschiffskapi lins Butlione diMonale voq der
Adelaide*. Heodiconti eU. etc. Seile 59.
221
bordseile das Linienschiff , Kaiser*' mit dem Kurs gegen Lassa, gefolgt von
den übrigen Holzschiffen und ebenso den «Affondatore*', welcher einen
zum Linienschiff annähernd parallelen Kurs steuernd, sich demselben
zusehends näherte.
Vizeadmiral Albini erkannte wohl die günstige Gelegenheit, die
rückwärtigen österreichischen Holzschiffe anzugreifen und nach der
augenblicklichen Position der beiden Gegner (siehe Plan HI) würde ein
gleichzeitiger Kurswechsel von 4 — 6 Strich alle Aussicht auf Erfolg
gehabt haben, um zu einem Engagement zu gelangen. Auffallender Weise
liefi er sich jedoch diese günstige Gelegenheit entgehen, wendete nicht
gleichzeitig, sondern mit Gegenmarsch und fiel nur bis Nordwest ab, so
daß den österreichischen Holzschiffen die volle Freiheit blieb, ihre Fahrt
unbehindert fortzusetzen, was um so unbegreiflicher erscheinen muB, als
seine Schiffe den gegnerischen an Stärke und Geschwindigkeit jedenfalls
überlegen waren. ^)
Eben als er im Begriffe stand den Gegenmarsch auszuführen,
näherte sich seiner Eskadre — 11^ 45°* — der „Affondatore* mit den
Signalen am Top, »den Feind angreifen, sobald auf Schufidistanz gelangt''
(attaccate il nemico appena a portata) und ^^die feindliche Arri^regarde
dublieren** (radoppiate la retroguardia nemica). Admiral Persano
wollte mit letzterem Signale offenbar, daß Vizeadmiral Albini die
österreichischen Holzschiffe, welche dem „Kaiser^ folgten, dublieren und
zwischen zwei Feuer bringen solle, ein Manöver, welches, wie wir schon
oben sagten, vollkommen der Situation angepaßt und möglich war. Doch
der vom kommandierenden Admiral direkt befohlene Angriff blieb imaus-
geführt und hiezu mag folgender Umstand mit beigetragen haben : Vize-
admiral Albini, der von der Anwesenheit des letzteren auf dem
«Affondatore'' keine Ahnung hatte, konnte sich nämlich die von diesem
Schiffe ausgehenden Signale nicht erklären und zeigte ihnen anfänglich
1) Vizeadmiral Albini schreibt diesbezüglich in seinem Berichte: ,In questafase
del combaltimento mi era parso possibile di tagliarc la ritirata dei legni misti, che
piegaTano a tutta corsa verso il canale di Lissa, col vascello in testa, giä considere-
Yolmente daneggiato, col aibero di trinchelto abbattuto, avviluppato in denso fumo snlla
prua; e veramcnte sarebbe stato otyIo di cambiare ad un tempo Tordine di marcia; ma
sotto il riflesso del ritardo pei signali e per rinsicme che esigeva sifatto movimento
prescelsi di compirlo per la contromarcia*^. Wir glauben indes, dafi nicht die Rücksicht-
nahme auf den etwaigen Zeitverlust beim Signalisieren der wahre Grund hievon war,
sondern vielmehr Mangel an Tatkraft und Energie. Es fiel dem Vizeadmiral Albini, wie
wir später noch seilen werden, schwer, dieses sein Vorgehen überzeugend zu recht-
fertigen. Anm. d. V.
wenig Beachtung; erst später als vom neuen am „Affundatore' Signale
sichtbar wurden, vermutete man am Bord der .Maria Adelaide* infolge
dieses unausgesetzten Signal isierens die Anwesenheil des komman-
dierenden Ädmirals auf dem .AfFondatore" und schenkte nun den
Signalen und Bewegungen desselben eine größere Aufmerksamkeit.')
Admiral Persano hatte inzwischen bemerkt, daß das Gros der
österreichischen Holzschiffe sich vom , Kaiser" abgewendet hatte, um den
eigenen Panzerschiffen zuzusteuern. In der Annahme, durch ein rasches
Eingreifen diese Vereinigung verhindern zu können, gab er — 12'' 15™ —
der ganzen Flotte das Signal: „Die Flotte hat mit Freiheit der Bewegung
und des Manövers den P'eind zu verfolgen' (l'armata dia caccia al nemico
con libertä di cammino c di manovra), allein auch dieser Befehl gelangte
nicht zur Ausführung. Von sämtUchen Panzerschiffen ging nur der ,Be di
Portogallo" — Linienschiffskapitän Riboly — aus der Linie heraus,
kehrte aber, als er sah, daß ihm keines der übrigen Schiffe folgte, wieder
in die Linie zurück. Die übrigen Pan-!erschiffe steuerten langsam weiter
und bestrebten sich, bloß die Distanzen in der Kiel Wasserlinie herzustellen.
Nicht anders verhielt es sich auf Seite der Holzschiffe, von denen nur der
.Principe Umberto' — Linienschiffskapitäii Guiglielmo Aclon — vor-
wärts gesteuert war und ein lebhaftes Feuer auf die vor ihm passierenden
österreichischen Schiffe eröffnet hatte; als Linienschiffskapitän Acton
jedoch bemerkte, daß niemand, auch nicht sein Admiral, ihm nachkam,
begab er sich wieder auf seinen Posten zurück, (Siehe Plan IV.)
Aber ebensowenig vollzogen die Holzschiffe des Vizeadmirals
Albini, als ihnen dieser selbst um 12'' 30'" das Signal machte: »Die
feindliche Vorhut angreifen" (attaccate l'avanguardia nemica), worunter
gleichfalls die ihre Vereinigung mit den Panzerschiffen sucliendeo
österreichischen Holzschiffe gemeint waren, diesen Befehl, wahrscheinlich
weil sie dieses Signal nicht verstanden und bei ihrem Admü-al selbst
keine Initiative wahrnahmen.
So kam es, daß um diese Zeit jede elnheithche Leitung, jedes
Zusammenwirken bei der itahenischcn Flotte fehlte und ihre Haltung
■) Es darf nicht vergessen werden, daS aämllii-lie SchifTe bei Beginn der Selilkclit
die kleine Flaggengala geliiBt halten nnd deshalb die Kommandollitgge schwer von der
NatianalOngge zu unterscheiden war. Erst nis man aufmerksamer die Flaggen dei
.AfTnndatore- mit dem Fernrohre musterte, glaubte man an den weiQen Kngdn
(lu |jallololi.<j im grQnen Felde, welche den Ranggrad des Admirala bezeiclinen, riM
Kommando flagge wahrzunehmen, kounle aber Ihre Aniahl nicht genao festatolira,
Itcndiconli ctu. clc.^ deposizioiie Paulucci, SciU- 59.
d
223
eine geradezu passive wurde. Die Nichtausführung des vom Admiral
Persano gegebenen Signals, den Feind mit Freiheit der Bewegung und
des Manövers zu verfolgen, muß aber um so unbegreiflicher erscheinen,
als ein Zweifel bezüglich dessen Durchführung nicht aufkommen konnte.
Insbesondere den beiden Unterbefehlshabem, welche nunmehr erkannt
hatten, daß sich der kommandierende Admiral am Bord des „Aflfondatore*
befand, oblag es diesem Befehle sofort zu entsprechen, sich an die Spitze
der Bewegung zu setzen und den unterstehenden Schiffen mit gutem
Beispiel voranzugehen.^)
Admiral Persano sah mit Entrüstung diese Untätigkeit der Flotte
und verstärkte den vorerwähnten Befehl — 12*^ 30°^ — durch die Signale:
,,Der Kommandant verlangt die ungesäumte Ausführung der erteilten
Befehle^ (il commandante desidera la pronta esecuzione degli ordini
dati) und: »Der Kommandierende erinnert die Flotte, daß jedes Schiff,
welches nicht kämpft, nicht auf seinem Posten ist* (il commandante in
capo previene Tarmata che ogni bastimento, che non combatte, non e al
suo posto), doch trotzdem kamen weder Kontreadmiral Vacca noch
Vizeadmiral Albini diesem peremptorischen Befehle des Admirals en chef
nach und die Flotte verharrte in ihrer bisherigen Untätigkeit
In der Besorgnis, daß das mehrei-wähnte Signal, den Feind mit
Freiheit der Bewegung und des Manövers zu verfolgen, vielleicht nicht
gehörig gesehen oder verstanden worden sein könnte, lief hierauf Admiral
Persano mit demselben am Top gegen die Linie der mittlerweile vom
Kontreadmiral Vacca geführten Panzerschiffe, setzte sich an ihre Spitze
imd — 12*^ 40™ — die Signale gebend: „Kiel Wasserlinie ohne Rücksicht
auf Rang und Posten* (formate prontamente una linea di fila senza
soggezione ne di grado ne di posto) sowie: „Dem Manöver des Komman-
dierenden mit Gegenmarsch folgen* (seguite per la contromarcia le
manovre del commandante), nahm er den Kurs gegen die österreichische
Eskadre, fiel jedoch bald wieder nach backbord zurück, als er sah, daß
der richtige Moment, welcher die Wiederaufnahme des Gefechtes unter
ziemlich günstigen Umstünden ermöglicht hätte, verabsäumt worden war,
denn der kaiserlichen Eskadre gelang es inzwischen, sich vollzählig — bis
auf „Kaiser* und „Reka* — zu vereinigen und die schon früher erwähnte
Formai ion in 3 Kolonnen — Kurs gegen Nordost — einzunehmen.
Zwischen den beiden gegnerischen Flotten, die sich auf eine Ent-
fernung von ungefähr 4 bis 5 Seemeilen voneinander befanden, steuerte
1 Wir worden später (Seite 316 und 319) sollen, wie sich die beiden Admirale dies-
bezü Jülich zu verantworten suchten.
jetzt üi vollem Laufe, aus der Richtung von Lesina kommend,
brenjiende ,Palestro*, bestrebt die eigenen Schiffe zu erreichen. KoQtr
admirat von Tegetthoft, welcher schon während der Formierang g
Eskadre die Nähe und kritische Lage desselben bemerkt hatte, gab einig
Minuten vor l*" dem , Kaiser Max' den Befehl, ihm den Weg zu verle
Sein Flaggenschiff .Erzh. Ferdinand Max* fiel gleichfalls gegen '
,Palestro* ab; beide Schiffe kehrten jedoch bald wieder um und nal
ihre Posten ein, da „Kaiser Max* meldete, daß eine weitere Annäherun
das eigene Schiff gefährden würde und dem .Palestro" schon italienisch
Panzerschiffe entgegenkamen, welche ihn aufnahmen und deckten.
Admiral Persano hatte nämlich gleichfalls die gefährdete Situatio
desselben wahrgenommen gehabt und der Tete seiner Panzerscl
— der Reserve unter Kontreadmiral Vacca — um 12" Öö"" mittels Signal
den Befehl gegeben, gegen um abzufallen (la riserva entri in azione f
sostenere l'attacco in vicinanza del baslimento che si segnala, .Palestail
Indem er gleichzeitig noch sein eigenes Manöver von dem der Y
unabhängig machte (il commandante rende la sua manovra
pendenle)'). steuerte er selbst dem ,Palestro' zu, dessen Heck bereite-i
vollen Flanmien stand, die sich immer mehr und mehr ausbreiteten. ]
gelang jedoch dem .Palestro", von den Tete-Schiffen aufgenommen j
werden und hinter die Linie der Panzerschiffe zu kommen, wo ihm I
bald die Raddampfer .Govemolo" und ,Indipendenza" Hilfe leis
■) Durch dieses Signal des Admirals Persano trat aUerdings bei der^
wieder eine Unterbrechung im Oberbcfelile ein, die sich gerade in diesem wicht
Momente äuUcrsl fühlbar machte, Es ist eine Tatsache, welche iu dem später gegen,
eingeleiteten Prozess^e von der Anklage auch verwertet wurde, daS durch dieses S
die an und fQr sich schon Torhandene Unentschlossenheit seiner ünterbcfehlsl
nicht unerheblich gesteigert wnrde. Wie die Dinge in diesem Augenblicke lagen,
dem kommandierenden Adiniraj wohl nichts anderes übrig, uls mittels Signals (Qr|
Sicherheit des „Palestro* Sorge zu tragen und nachdem er anfgenommeo worden
seine Rettung den SchitTen in dessen Nähe zu überlassen. Das alles v
geschehen. Im übrigen muSle .\dmiral Persano die Fortseliimg des Kampfes und
Schicksal des Tages mehr am Herieii liegen als das Schicksal des „Palestro*. So I
entfernte er sich gerade in dem Angenblieke. wo eine fesle. einheitliche Leitung atnl
wendigsten gewesen wäre, von der Spitze der Flolle, ohne weitere Befelile in gel
wodurch nor Verwirrung und ein Stillstand in der Aktion eintrat, ,
Auch Konlreadmiral Ton Tegetthoff war utn das Schicksal des .Kaiser* f
besorgt, er fuhr ihm aber selbst nicht nach und blieb bis i 'jS'' in Unkenntnis über da|
Lage, 'Erst nachdem .Elisabeth* das Signal , Sammeln* um IS"" lO"* wioderhoft I
schickte er, wie wir schon wissen, dieselbe nach S. Gior^o ab. um NachricUK
bringen.
I
p. n p. m
-^
i
^ .1 ..
]
Italiener:
I I I jstnltidaiiio. 3. Ancona. 0. Falestro. 7. San Mailino. S. lU» rli
«e. LI. Maria Pia. 1:2. Allondalore. 1.'). (larlo Alhcrto. 1 i. Principe
ta. 17. Maria Adelaide. 18. Vittorio EnKitmele. 10. Sau (iiuvaniii.
Jili. äo. Esploratore. !20. Messaggicre. ä7. Gniscanlo. t2S. Eltore
Cuiiiienza. üi^. Vinzaglio. 29. Öteihi dUtalia. 30. (.{i^Hio. 31. Imli-
pcnJensa. 32. Washington.
r
/
\
225
Nachdem der ^Palestro* geborgen war, entfernte sich der
, Aflfondatore " von demselben und übernahm wieder die Führung der
Flotte, die bis dahin untätig geblieben war. Um 1*" 15"* signalisierte
AdmiralPersano: „Auf kurze Distanz kämpfen" (battetevi a tiro corto);
der „Afifondatore** selbst nahm Richtung gegen die österreichische
Eskadre und gab einige, jedoch völlig unwirksame Schüsse ab, da die
Distanz noch immer eine zu große war, weshalb auch wahrscheinlich die
anderen Scliifife es imterließen, sein Beispiel nachzuahmen. Admiral
Persano ließ hierauf — 1** 30"* — noch das Signal folgen: „Der
Kommandierende erinnert die Flotte, daß jedes Schiff, welches nicht
kämpft, nicht auf seinem Posten ist** (il commandante in capo previene
larmata che ogni bastimento, che non combatte, non e al suo posto), da
er jedoch sich selbst nicht in entschlossener und unzweideutiger Weise
dem Feinde näherte, so verblieb auch die ganze Flotte in ihrer bisherigen
Haltung.
Durch die Hin- und Herbewegimgen einzelner Gruppen und Schiffe,
aus denen hauptsächlich die Tätigkeit der Flotte in diesem Stadium
bestanden hatte, befanden sich aber weder die Panzer- noch die Holzschiffe
in der ordentUchen taktischen Formation, so daß Admiral Persano es
für angezeigt hielt, diese wieder herzustellen. Er befahl zu diesem Behufe
um 1** 40" neuerdings die Bildung einer Kielwasserlinie, sowohl für die
Panzer- als auch für die Holzschiffe, welche taktische Bewegung gegen
2^/4** vollzogen war und die italienische Flotte steuerte nunmehr in zwei
Kolonnen formiert — die Holzschiffe in einem Abstände von 2 Kabel
(400 m) — an Backbord der Panzerschiffe und gegenüber den Zwschen-
räumen derselben (colonna addentellata) langsam in ziemlich paralleler
Richtimg mit der österreichischen Eskadre, welche ungefähr 4 Seemeilen
entfernt, ihre schlagfertige imd abwartende Haltung beibehielt. Sie griff
diese letztere jedoch nicht mehr an, sondern beschränkte sich nur darauf,
auch in der neuen Formation noch einige Male den Kurs zu wechseln,
wobei jedoch der in westlicher Richtung der vorherrschende blieb und
es ward in der Folge der stets zunehmenden Entfernung zwischen den
beiden Flotten bald klar, daß Admiral Persano jeden Gedanken einer
Wiederaufnahme des Kampfes definitiv aufgegeben haben mußte.
(Siehe Plan V.)
Um i^ 30™ p. m. flog miter einem donnerartigen Gekrache der
„Palestro** in die Luft. Trümmer aller Art und Glieder verstümmelter
Leichen bedeckten die See imd fielen auf die zur Hilfeleistung in
unmittelbarer Nähe befindlichen Raddampfer ,Govemolo** und ^Indipen-
Fleischer. Die k. k. Kriegsmarine 1866. 15
deaza". Nur 1 Offizier und 23 Mann der Bemannung konnten von den
Booten derselben gerettet werden.^)
Langsam fahrend und in einem großen Bogen über Backbord
wendend, nahm nach diesem abermaligen schweren Verluste die i
italienische Flotte ihren Kurs gegen den Kanal zwischen Lissa and BusL
Um 3''20'" signalisierte zuerst sCastelfidardo", dann 4'' 4" „SanMartino*,
den Posten in der Linie nicht mehr halten zu können.
Sehr besorgt und ganz im ungewissen über das Sctiicksal dea
,R6 d'Italia", bezüglich welchen man sich noch immer der Hoffnung
hingab, er sei aus irgend einem Grunde gegen Lesina zugesteuert, liißle
der .Affondatore" um 4'' das Signal: .Man verlangt Nachricht über das
bezeichnete Schiff— ,R^ d'Italia" — ", worauf von den Schiffen, die
dessen Untergang gesehen halten, geantwortet wm-de; .Gesunken".
Um G" p. m. nalim die Flotte den Kurs gegen S. Andrea und war
etwa eine Stunde in dieser Richtung gefahren, als man gegen T' die
Schranbenfregatte .Principe Umberto" plötzlich die Linie verlassen und
in östlicher Richtung, gegen Leslna zusteuern sali. Die Ausluger der-
selben hatten die Schiffbrüchigen des ,Re d'Italia" entdeckt und binnen
kurzem waren die Boote des .Principe Umberto", dann jene des
„Affondatore", welcher sofort der Bewegung desselben gefolgt war mid
des gleichfalls herbeigeeilten Raddampfers .Stella d'Italia" mit der Auf-
nahme dieser Unglücklichen beschäftigt, welche sich unter unsäglichen
Mühen und Leiden die lange Zeit von 8 Stunden auf notdurftig
zusammengesorrten Flößen gehalten hatten. Es gelang auf diese Weise,
9 Offiziere und 159 Maim der Bemaraiung zu retten.
Nachdem noch einige Zeit die See nach vei-schiedenen Richtungen
behufs etwaiger Rettung anderer Schiffbrüchiger durchsucht worden war,
jedoch ohne Erfolg, befahl der kommandierende Admiral um 10" p. m.,
daß die Kanonenboote der Flottille, denen ihr Kohlenvorrat bereits aus-
gegangen war, durch die Dampfer .Guiscardo*, .Indipendenza" und
.Washington' nach Manfredonia geschleppt werden.*) Um lO'/i'' P- ni.
>) Nfilieres auf Seite 274 u. 298.
3) Dieser Befehl dea Admirals Peraano muß geradMU Verwunderung erregen,
weojt man bedenk), daß die DÜTereiu in der Entremung zwischen Manfredouit,
liexichuDgs weise Äiieona vom Alifahrtspunkle der Flillc nur 10 Seemeilen iielrS^,
während diese 8 fast wehrlosen Schiffe hledurch geüwungen wareu, eine Fahrt von lirka
100 Seemeilen aUein zurQckiulegen, auf der sie einer einzigen Ftegatle zum Opfer fallen
tonnten. War femer die Verwendung de» Hospitalsciüffes .Washington" zu Sdilepp-
diensten gerechtfcrtigl, wodurch die am Bord desselben bcfindlicfaen Schwer^
227
setzte sich sodann die Flotte gegen Ancona in Bewegung, wo sie den 21.
um 3^ p. m. einlief.
Es konnte nicht in den Absichten des Kontreadmirals von Tegett-
hoff liegen, eine Verfolgung des abziehenden Feindes vorzunehmen.
Gewichtige Bedenken sprachen dagegen. Zunächst war der Zweck, Lissa
zu entsetzen vorderhand erreicht worden, die italienische Flotte befand
sich auf dem Rückzuge. Auf einen Femkampf mit derselben konnte sich
die kaiserliche Eskadre der Inferiorität ihrer Kaliber wegen, grundsätzlich
nicht einlassen, da die Wahl der Gefechtsdistanz hiebei stets vom Feinde
abhing und dieser die Freiheit, mit seinen weittragenden Geschützen ein
vorteilhaftes Rückzugsgefecht zu liefern, nach Belieben zu verwerten im
Stande war. Der feindlichen Flotte noch mit sämtlichen Schiffen nah-
kommen zu können, war bei der verschiedenen Fahrtgeschwindigkeit,
in welcher Richtung sich schon auf der Fahrt von Fasana nach Lissa
einige Schwierigkeiten ergeben hatten, nicht möglich. Zudem waren sämt-
liche Schiffe in ihren Eohlenvorräten fast durchgehends schon etwas
beschränkt, was um so mehr berücksichtigt werden mußte, als die Vorräte
Lissas in dieser Beziehung für eine so groBe Anzahl von Schiffen nicht
ausreichend waren und ein anderer Hafen in der Nähe nicht zur Ver-
fügung stand. Schließlich war man in dem Momente, wo es sich darum
handelte zu entscheiden, ob eine Verfolgung stattfinden solle oder nicht,
noch in Ungewißheit über den Zustand des Linienschiffes «Kaiser'' und
betreffs des Flaggenschiffes «Erzh. Ferdinand Max"* hatte sich inzwischen
herausgestellt, daß dasselbe infolge der vollführten drei Rammstöße
mehr Wasser als früher zog, seine fernere Brauchbarkeit zum Rammen
deshalb fraglich wurde.*)
verwundeten aus den vorhergegangenen Tagen erst am 22. in Ancona ausgeschifft
werden konnten?
Die Anklage verfehlte nicht, sich auch dieses Umstandes zu bemächtigen und mr
glauben auch, daß die Bestimmung eines Hospitalschififes doch eine andere ist, als die
zu Schleppdiensten zu dienen. A. d. V.
1) Es wurde in neuerer Zeit in italienischen Werken die Behauptung aus-
gesprochen, Admiral Tegetthoff sei kein Nelson gewesen, weil er es nicht ver-
standen habe, seinen Erfolg auszunützen und die italienische Flotte zu verfolgen und zu
vernichten; femer habe er einen schwerwiegenden Fehler dadurch begangen, daß er
mit semer Flotte in Lissa eingelaufen sei, wodurch er geradezu Gefahr lief, selbst ver-
nichtet zu werden. Was den ersteren der gemachten Vorwürfe anbelangt, so verweisen
wir ebifach auf das oben Gresagte; die Gründe, welche Kontreadmiral von Tegetthoff
veranlagten, von einer Verfolgung abzusehen, sind so stichhältig und einleuchtend, dafi
wahrscheinlich auch Nelson, trotz seiner Tollkühnheit, in diesem Falle, wo er es mit
15*
Diese Erwägungen waren es, welche Kontreadmiral v. Tegeltho ff
von einer Verfolgung des Feindes Abstand nehmen ließen und da aliea
darauf hindeutete, daß derselbe an eine Wiedereröfifnuiig des Kampfes,
wenigstens an diesem Tage nicht denite, so ließ Kontreadmiral v. Tegett-
hoff die Eskadi-c mit Gegenmarsch gegen Södosten wenden nnd gab —
2'' 15" — den Kanoneiüjooten den Berehl, in den Hafen von S. Giorgio
einzulaufen; ungefähi- eine Stunde später folgte die Division der größeren
HolüschiETe, dann jene der Panzer, endlich das Adniiralschiff, welches kura
nach 6'' p. m. den Hafen erreichte und von dem begeisterten Jubel der
Besatzung und Bevölkerung empfangen wurde.
Die Verluste der beiden Flotten waren folgende:
a) österreichische Flotte.
Tote: 3 Offiziere, 35 Mann
Schwer Verwundete: 7 , 52 ,
Leicht , 8 , 71 ,
Summe: 18 Offiziere, 158 Mann.
i
Damprem und nicht mit SegelscliiCTen zu tun gebabt bStle. nicbis anilercä Ql
ge tili pben wäre, wie dem Osterreicbischen Admiral, so dnß es wirtlich nicht der Hübe
lohnt, hierüber weitere Wurtc la verlieren. BetrelTadesELüIaufens iaLissa um 6'' abends,
als die italienische Flutte eich schon weit nach Westen gezogen hatte, erwidern w
daß der österreiche Admiral gewiß die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrseheinliehkeil,
eines Nachtangrifles durch die geschlagene Flotte in den Bereich seines Kalküls gezogen
hat, doB ober die lange, ofTen gezeigte Untätigkeit derselben zu einer Zeit, no sie noch
ganz gut die Schlacht ueu herstellen konnte, ihm die tlberzcugung beigebracht hatte,
daß der Gegner infolge des moralischen EfTetta, den der Verlast iweier Panzerschiffe
auf Um hervorgebracht hoben dürfte, derart erschnltert sein müsse, daß er sich jedea
Angriffes bei Nnclit enlholten werde. Wie richtig Kontreadmiral von Tegetthofrseii
abziehenden Gegner beurteilt hatte, haben die Tatsachen bewiesen und wir finden hierin
nar einen Bcncis mehr für seinen scharren Bück wie für ccine KühnheiL Es ist nicht
anzunehmen, daß jeder Admiral so entschlossen gehandelt, vielnielir mancher die Nacht
über in See noch viel Kohlen unnütz verbraucht hätte, ein Faktor, der im vorlicgenilca
Falle aber von großer Bedeutung war, da Lissa dann nicht die MflgÜclibeit bot, Tür eo
viel Schiffe den nötigen Kohlenbedarf lU liefern.
Aber darin lag eben der geniale Zug Tegclthoffs, erst zu wflgen, dann
wagen. Übrigens waten auch für einen etwaigen Nachtangriff alle notwendigen Voi^.
bereitungen gctioffcn worden, die nGligen Eclaireura hielten in See und auf dem Turm«.
Wellington war gute Wacht. A. d. V,
Die einzelnen Schiffe hatten folgende Verluste
erb
tlBE
:
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Name des .Schiffes
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Vom Slabe
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Summe 1
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wundet 11
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.Kaiser Max'
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.Kaiser*
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.Scliwarzenberg"
.Radelzky'
.Adria-
.Donau'
.El Eh. Friedrifli'
,Hum'
.Dalmal'
.Velebich'
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5Ü 79 II
17«
1
Vom Stabe:
Tot:
Linienschiffskapitän Heinrieb Freiherr von Moll, Kommandant S. M.
Panzerfregattc .Drache".
LinienschifTskapitän Erik af Klint, Kommandant S. H. Schrauben-
fregatte .Novara".
230
Linienschiffsfähnrich Robert Proch, S. M. Linienschiff »Kaiser*.
Schwer verwundet:
Linienschiffskapitän Karl Kern, Kommandant S. M. Panzerfregatte
«Salamander*.
Linienschiffsleutnant Josef Frank, S. M. Linienschiff »Kaiser*.
Linienschiffsleutnant Franz Freiherr v. Minutillo, S. M. Panzer-
fregatte »EH. Ferdinand Mar*.
Linienschiffsfähnrich Hugo Pogatschnigg, S. M. Linienschiff
»Kaiser*.
Linienschiffsfähnrich Ferdinand Gebhardt, S. M. Schraubenfregatte
, Schwarzenberg* .
Seekadett Eduard Hanslik, S. M. Linienschiff »Kaiser*.
Seekadett August Süss, S. M. Panzerfregatte »Salamander*.
Leicht verwundet :
Linienschiffskapitän und Kommodore Anton v. Petz, S. M. Linien-
schiff »Kaiser*.
Linienschiffsleutnant Julius Steiskal, S.M. Linienschiff »Kaiser*.
Linienschiffsleutnant Hermann Freiherr v. Spaun, S. M. Panzer-
fregatte »EH. Ferdinand Max*.
Linienschiffsfähmich Anton Kloss, S. M. Schraubenfregatte
»Novara*.
Seekadett Ignaz Mader, S. M. Panzerfregatte »Drache*.
Seekadett Viktor Sambuchi, S. M. Schraubenfregatte »Novara*.
Provisorischer Seekadett Adolf Hlouschek, S. M. Schrauben-
fregatte »Novara*.
Provisorischer Seekadett Stefan v. Doimi, S. M. Schraubenfregatte
»Novara*.
bj Italienische Flotte:
Mit »Re d'Italia* zu Grunde gegangen: 27 Offiziere, 392 Mann
. »Palestro* » » » 11 , 206 »
Auf Lissa gerettet und in Gefangenschaft: — » 18 »
Femer noch während der Schlacht :
Tote : — Offiziere 7 Mann
Schwer Verwundete: — „ 8 „
Leicht » 4 „ 28 ,
Summe: 42 Offiziere, 659 Mann.
Die einzelnen Schiffe hallen folgende Veriuste eriitten:
Name
des
Schiffes
ii
Vom Stabe
Von der
Mannschaft
-" 1
E
1
^
Ver-
wundet
1
Ver-
wundet
s
1
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wundeti
^
a
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1
1
1
s
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jl>
Haspita
.Rt .rilalia-
.H« di Porlogallo'
.AncDtia'
.Miria Kn-
„Castelfidardo'
,San Martino-
„Principe diCarignano"
.TerribiJe*
.Fortnidabile*
.Paleslro'
.Vareae'
.AfToadalore'
„Maria Adelaide •
,Duca di Geaova'
.Carlo Alberto'
„Viltorio Emaiiude'
.Garibaldi'
.Principe Umberto'
.San Giovanni-
.GoTernolo'
.Guiscardo*
.Ettore Ficramosca'
.Messaggiere"
.EspluralöTe'
.Slefla d'Italia*
.IndipendeMa'
.Gigllo"
,Monteliello'
.Vinwglio-
, Conti enia'
.Washington-
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605
8
24
18
(i45
6
8
7
23
232
Eine bemerkenswerte Tatsache bleibt es, daß die Anzahl der von
den italienischen SchiiBfen abgegebenen Schüsse sich offiziell nicht konsta-
tieren ließ, da in dieser Beziehung außer vom „AfTondatore* nur noch
vom „San Martino* offizielle Aufschreibungen vorhanden sind, während
von den anderen Schiffen die in der Schlacht abgegebenen Schüsse mit
den vor Lissa gemachten kumulativ angegeben werden. (Bericht der Unter-
suchungskommission etc. etc. Randaccio, IL, Seite 202). Italienischer-
seits wird die Anzahl der während der Schlacht abgegebenen Schüsse der
italienischen Flotte mit zirka 1500, die Anzahl der erhaltenen Treffer mit
zirka 500 angegeben. (Randaccio, ebenda.)
Mit dem ^Re d* Italia** gingen zu Grunde: LinienschifTskapltän
Emilio Conte Faa di Bruno, Kommandant;
Fregattenkapitän Gustavo Barone Malaussena, II. Kom-
mandant;
die LinienschifTsleutnante : Tommaso Costa, Luigi Ferrari
Alfredo Bosano, Giuseppe Serra;
der Linienschiffs-Unterleutnant: Francesco Negri;
die Guardie-marina: Camillo Scotti, Ernesto Selvaggio*
Giustinolvancicli, DonDnico Villa, Giovaaai de Boni
Giro Chiesi, Leonardo Palm isani, Claudio Mar Ulli er,
der Marineinfanterie-Unterleutnant: Napoleone Fowls;
der Flottenchefarzt: Commendatore Luigi Verde;
die Bordärzte: Orlando Sandoro, Carlo Cobucci, Arc-
angelo Pettinati;
der Flottenzahlmeister: Cavaliere Maria Pagano;
die Bordkommissäre: Giuseppe Benvenuto, Luigi Bonghi:
Giovanni Battista Burnongo;
die Maschinisten: John Walker, Richard Coombs;
der Bordkaplan : Vincenzo Pizzonia;
der Kammerdeputierte: Pier Carlo Boggio;
der Marinemaler: Cavaliere Alessandro Caffi;
der Lokallotse des Adriatischen Meeres.
Mit dem „Palestro** gingen zu Grunde: Fregattenkapitän Alfredo
Cappellini, Kommandant;
die Linienschiffsleutnante: Ernesto Viterbo. V^inceiizo
Cacciottolo, Aniello Lauro;
die Linienschiffs-Unterleutnanto: Emanuele Barbaro, Carlo
Marullier;
der Pilot 3. Klasse: Andrea di Agostino:
233
der Bordarzt: Ferdinando Garzilli;
der Auxiliararzt: Carlo Gloag;
der Bordkommissär: Pietio Ribaud;
der Maschinist: Giuseppe Banner.
Vom Stabe:
Leicht verwundet: Fregattenkapitän Emerico Acton vom
^Re di Portogallo** ;
LinienschiflFsleutnant Francesco Gregoretti vom ^Affon-
datore" ;
Linienschiffsleutnant Antonio Topputi von ^Maria Pia*;
^ Alessandro Pinna von «Maria Pia*.
Die Havarien an den Schiffen waren auf beiden Seiten im all-
gemeinen nicht bedeutend. Das Linienschiff ausgenommen, dessen
Abräumung und Notreparaturen 24 Stunden in Anspruch nahmen,
war die ganze Eskadre vollkommen kampffähig geblieben. Von sonst
erwähnenswerten Havarien wären nur hervorzuheben, daß — wie schon
froher bemerkt — am Vorsteven des , Ferdinand Max* beim Rammen
des „Re d'ltalia* eine Bugpanzerplatte verbogen worden war und daß
von den Holzschiffen „Schwarzenberg* und „Friedrich* größere Lecks
davongetragen hatten, die jedoch ihre Kampffähigkeit nicht beeinträch-
tigten, da das eindringende Wasser durch die Pumpen bewältigt werden
konnte.
Italienischerseits waren ,Re d'Italia* und »Palcstro* zu Grunde
gegangen, „Formidabile* tags vorher kampfunfähig geworden und in der
Schlacht ,Re di Portogallo*, „Ancona* und »San Martino* (letztere beide
übrigens hauptsächlich durch ihre Zusammenstöße) stark beschädigt
worden ; die ansehnliche Holzflotte dagegen ist infolge ihrer Untätigkeit
vollkommen unversehrt geblieben.
Die Toten und Schwerverwundeten der österreichischen Flotte
wurden noch am Abend des 20. ans Land gebracht und die notwen-
digsten Herstellungsarbeilen an den Schiffen in Angriff genommen, auf
einigen im Laufe der Nacht Kohlen und Wasser eingeschifft; die Panzer-
fregatten , Habsburg* und „Prinz Eugen* sowie die Kanonenboote
»Dalmat* und „Volebich* kreuzten von Sonnenuntergang an in den
Gewässern der Insel.
Noch am selben Abend ging über Spalato das nachstehende Tele-
gramm nach Wien ab :
Eskadrekommandant KontreadmiralTegetthoff an Seine Exzellenz
den Ersten Generaladjutanten Seiner Majestät FML. Grafen Crenncville:
, Heute vormittag unter Lissa, feindliche Flotte 34 Schiffe stark,
darunter .Affondatore", 11 andere Panzerächiffe angetrofTen. Im Verlauf
des Kampfes mit Panzerfregatte ,Erzh. Ferdinand Max" eine große
feindliche Panzorfregatte in den Grund gerannt, eine andere wurde in die
Luft gesprengt, Linienschiff „Kaiser", von vier feindlichen Panzerschiffen
umgeben, verdrängte sie alle, rannte eines an, verlor Fockmast, Bugspriet,
22 Tote, 82 Verwundete. Gefallen: Linienschiffskapitän Erik af Klint
und Heinrich Freiherr v. Moll, beide gleich bei Eröffnung des Gefechtes,
dann Linienschi ffsfähnrich Robert Proch. Schwer verwundet: Linien-
schiffsleutnant Josef Frank undFranzFreiherrv. Minutillo, Linienschiffs-
fälinriche Hugo Pogatschnigg und Ferdinand Gebhardt. Leicht ver-
wundet: Linien Schiffskapitän Karl Kern. Linienschiffsleulnant Julius
Steifikal und Hermann Freiherr v. Spann, Seekadett Ignaz Mader,
Viktor Sambuchi, Eduard Hanslik, August Süss und Adolf Hlouschek.
Kommodore v. Petz durch Holzsplitter sehr leicht im Gesicht verwundet.
Von der Mannschaft, mit Ausnahme jener des Linienschiffes, 10 Tote,
42 Verwundete. Die Verwundungen auf dem Flaggenschiffe größtenteils
vom Kleingewehrfeuer der sinkenden Fregatte. Havarien, mit Ausnahme
jener des Linienschiffes, sehr gering. Eskadre vollkommen kampffähig,
Mannschaft vom besten Geiste beseelt.
Nach zweistündigem Kampfe den Feind verdrängt, Lissa entsetztj
gestern sind vier feindliche Panzerfregatten in Lissa eingelaufen, wurden
durch gut gezieltes Feuer der Strandbatterien aus dem Hafen getrieben,
nachdem sie den Lloyddampfer „Egitto" mit Granaten beschossen. Kom-
mandant desselben, Linienschiffsleutnant Stratti, ließ das Schiff rechtzeitig
versenken und verhinderte dadurch dessen Wegnahme. Drei Landungen
bei Comisa wurden durch die Besatzung kriftig zurückgewiesen." —
Am 21. um 37g'' morgens war die ganze Flotte dampfklai-, bis auf
das Linienschiff, welches die notwendigen Herstellungen am Schlote erst
bis abends beendigen konnte.
Bei Tagesanbruch meldete die Signalstation am Monte Hum, da£
der Feind nicht mehr in Sicht sei und nur noch einige Rauchsäulen am
fernen Horizont in Westnordwest zu bemerken wären, die aber endlich
ganz verschwanden.
In den Vormittagsstunden trafen in Lissa 18 Mann der Bemannung
des in den Grund gebohrten italienischen Panzerschiffes ein. die sich
durch Schwimmen an die Küste der Insel gereitet hatten. Es wurde
ihnen sofort an AVäsche und Kleidungsstücken alles Nötige verabfolgt und
für ihre gute Unterkunft gesorgt. Von ihnen erst erfuhr man, dafl die
J
235
gerammte feindliche Panzerfregatte der ,Rä d' Italia* gewesen und daß
Admiral Persano beim Erscheinen der kaiserlichen Flotte sich auf den
«Affondatore* überschifift habe. Über das in die Luft geflogene Schiff waren
ihre Aussagen abweichend; erst nachträgUch, durch italienische Zeitungs-
berichte, brachte man in Erfahrung, daß es der .Palestro* gewesen war.
Bald nach Mittag erschien der Lloyddampfer .Venezia'^ aus Zara
bei der Eskadre mit einem Telegramm Seiner Majestät des Kaisers, welches
der Eskadrekommandant mit dem nachstehenden Tagesbefehl sofort zur
Kenntnis der Eskadre brachte:
Eskadrebefehl Nr. 92.
Lissa, 21. JuU 1866.
.Ich habe bereits gestern mit Signal der Eskadre meine Anerkennung
für die Waffentat ausgesprochen, welche die Marine mit goldenen Lettern
in ihre Annalen eintragen kann.
Wir sind einem übermächtigen Feinde gegenüber gestanden und
doch ist es der heldenmütigen und aufopfernden Pflichterfüllung von Seite
der Kommandanten, Offiziere und Mannschaften gelungen, die seit
mehreren Tagen bedrohte und belagerte Insel Lissa zu entsetzen, dem
Feinde bedeutende Verluste und Schäden beizubringen und die gegne-
rische Flotte zu bewegen, vorläufig diese Gewässer zu verlassen.
Wir können stolz sein auf den gestrigen Tag und wenn wir das
nächste Mal dem Feinde begegnen, mit dem Bewußtsein in den Kampf
gehen, daß seine Überlegenheit an Schiffen und Geschützen in Zahl und
Kaliber durch die Tüchtigkeit österreichischer Seeleute aufgewogen wird.
Wenngleich ich die Relationen der einzelnen Schiffe abwarten muß,
um alle hervorragenden verdienstlichen Leistungen zu würdigen und zur
hohen Kenntnis zu bringen, so glaube ich doch einer Pflicht nach-
zukommen und dem innersten Gedanken der Flotte Ausdruck zu geben,
wenn ich heute schon Kommodore v. Petz und Linienschiffskapitän
Baron Sterneck als solche namhaft mache, die jedenfalls zu den
Tapfersten unter den Tapferen zählen und Gelegenheit gefunden haben,
Großes zu leisten.
Die Namen jener unserer Waffenbrüder, welche die Allerhöchste
Anerkennung für die Leistungen der Flotte, die wir anhoffen dürfen, mit
ihrem Blut und Leben bezahlt haben, werden wir in dankbarer treuer
Erinnerung bewahren.
Hurrah! der Kaiser
Gez. V. Tegetthoff m. p., Vizeadmiral.*
Nachtrag:
„Mit dem Gefüiilo der wärmsten Dankbarkeit für den mir zu teil
gewordenen unverdienten Beweis Allerhöchster huldreicher Goade und
mit dem Bewußtsein, daß ich diesn nur den ausgezeichneten, tapferen
Leistungen der Kommandanton, Offiziere, Kadetten und Mannschaften
schulde, die ich die Ehre habe zu kommandieren, bringe ich das nach-
stehende, soeben eingelangte Telegramm zur Kenntnis der Flotte:
Der Kaiser an Vizeadmiral v. Tegetthoff in Lissa!
Ich ernenne Sie zum Vizeadmiral.
Den Offizieren und der Mannschaft Meiner tapicren Flotte Meinen
Dank.
Ich ei-warte Ilire Auszeichnuiigsanüäge.
Gez. Franz Joseph m. p.*
Als am „Ferdinand Max" die KonunandoQagge des Aduiirols vom
Kreuztop niedergeholt wurde und dafür am Vortop in die Höhe ging,
begrül3l mit einem Kanonensalut von 15 Schüssen, da erzitterte die Luft
von den tausendsUmmitjen Hurralis der Mannschaften, in welche zugleich
die Salutschüsse der Eskadre eiiiiielcn, denn allgemein und tief empfunden
war die Freude über diese so ehrenvolle, wohlverdiente Auszeichnung
des geliebten Führers.
Um 5'' p. m, wurden die gefallenen Waffengei'älirten unter dem
Donner der Geschütze zu Grabe getragen.') die Schwerverwundeten auf
den Lloyddampfer »Venezia* eingeschiS't, der sie nach Spalato und Zara
übe] führte.
Die nach den Gewässern des Kampfplatzes entsendeten Schiffe
.Elisabeth* und .Dalmat" kehrten zurück, ohne Schiffbrüchige gefunden
') Die einlache, jedoch gerade infolge der sie begtcitenden Umstajido in ihrer
Wirkung um so ergreifendere Totenfeier wird gewifi noch allen, die Zeugen üeraelbea:
n-aren, in Erinnerung geblieben eein. Alle Schiffe hatten Dctnchcmenta ana I aod
feschickt, aueli von der Insel besatmng war eine Mntinciiifaiiteriekompagnie ausgerückt.
UnienschifTBkapitftn Faber kommandierte den Kondutt. Die ganze Eskadre halle die
Flagge auf halben Top, „Novara* und .Drache* gaben Toleiisaiven. In dem kleinen
Kircblein von S, Girolaino lagen die Leichen der Gefallenen, fast alle noch In den
Kleidern, die sie iv.ihrcnd der Schlacht getrogen, einige, die ganz zerrissen oder ver- 1
slDiiimdl waren, in Kotzen gehallt. Die zwei Linienschiflskapit&nc Eowie Linienachiffv
I3hnrlch Proch lugen auf dea Stufen des Ällar«. Die Leichen wurden zu zweien \iz.i
dri^icn in grofie Säi^ gegeben, die mun in aller Eile angefertigt balle, und diese vob
J
237
zu haben und brachten nur aufgefischte Boote sowie sonstige Schiffs-
ausrüstungsgegenstünde mit.
Das Linienschi flf war inzwischen mit seinen Arbeiten fertig geworden,
die Forts des Hafens von S. Giorgio hallen ihre Schäden gleichfalls, so
gut es ging, ausgebessert und die Geschütze wieder in stand gesetzt; vom
Feinde war den ganzen Tag über nichts mehr zu sehen, somit auch
keine Veranlassung mehr vorhanden, in dem an Ressourcen jeder Art
armen Lissa länger zu verbleiben.
Die Flotte war um 872^ abends wieder in kampfbereitem Zustande
und ging um diese Zeit — mit Ausnahme der beiden Schiaubenschoncr
,Kerka* und ^Narenta*, die zur Disposition des Inselkommandanten
zurückblieben — in ihrer gewohnten Formation mit Nordwestkurs in
See, um wieder auf ihre Operationsbasis zurückzukehren.
Am 22. Juli, abends 10^\ ankerte dieselbe auf der Rhede von
Fasana, vollzählig, wie sie dieselbe vor drei Tagen verlassen hatte.
Den nächsten Morgen um 7^ kam der Raddampfer ,Sta. Lucia*
mit dem Hafenadmiral und Festungskommandanten von Pola, Vize-
admiral Baron Bourguignon, auf die Rhede hinaus, um den siegreichen
Führer der Eskadre namens der Marine zu beglückwünschen und salutierte
bei dieser Gelegenheit die „Lucia* zuerst die Flagge des Siegers von Lissa.
Um 11^ a. m. überschiffte sich Vizeadmiral v. Tegetthoff vom
„Ferdinand Max** auf den „Greif**, da ersterer nach Pola abgehen nmßte,
um gedockt und repariert zu werden. Dasselbe war mit dem Linienschiff
der Fall, der Rest der Eskadre ergänzte inzwischen seine Kohlen- und
Munitionsvorräte und nahm die notwendig gewordenen Reparaturen vor.
Malrosen getragen. Unter den Klängen des Beethoven-Trauermarsches setzte sich der
lange Zug in Bewegung. Vizeadmiral v. Tegetthoff mit einer großen Suite von
OfQzieren folgten. Auf einer kleinen Anhöhe unweit der Kirche, die einen freien AusbliclL
auf den Hafen bietet, war ein großes Massengrab gegraben, das die sterblichen Übci-
rcste dieser Tapferen aufzunehmen bestimmt war und welches heute mit dem von der
Marine ihren gefallenen Kameraden gewidmeten Denkmal geziert ist. Nach vollzogener
Einsegnung und nachdem der Admlral noch einige dem Augenblick angepaßte und zu
Herzen gehende Worte gesprochen hatte, wurden die Särge zugeschüttet. Die Mai ine-
infanteriekompagnie gab die üblichen Dechargen, alle Schiffe der Flotte eine Grabsalvc.
Als der Vizeadmiral auf dem Rückwege die Front der ausgerückten Mannschaften
passierte, war er der Gegenstand einer ebenso spontanen als herzlichen Ovation und die
stürmischen Hurrahs, die ihm ausgebracht wurden, gingen mit auf die InselbevOlkerung
über. A. d. V.
9. Kapitel.
Wir haben im vorigen Kapitel die Beschreibung der Schlacht von
Lissa, um den Zusammenhang und den Überblick des Ganzen nicht zu
beeinträchtigen, mehr in allgemeinen Umrissen gegeben und nur jene
Momente eingehender behandelt, welche gewissermaßen die Haupt-
phasen derselben bilden.
Im nachstehenden soll nun die Tätigkeit der einzebien SchiS'e in
dieser denkwürdigen Schlacht etwas ausführlicher geschildert sowie
auch der besonderen Vorfallenheiten Erwähnung getan werden, die sich
im Verlaufe der Aktion an Bord derselben zugetragen haben und welche
anzuführen aus dem oben acgegebenen Grunde bis jetzt unterlassen
wurde. Es muß jedoch gleich anfangs betont werden, daß es ungemein
schwierig, ja in vielen Fällen geradezu unmöglich ist, die Bewegungen
der einzelnen Schiffe während der Melee derartig zu verfolgen, um stets
mit Bestimmtheit angeben zu können, welche Schiffe es waren, die in den
verschiedenen Einzelnengagements einander gegenüber standen.
Wir haben uns der Mühe unterzogen, an der Hand der österreichi-
schen und italienischen Berichte den diesbezüglichen Angaben über die
Bewegungen der einzelnen Schiffe nachzugehen und versucht, durch
wiederholte genaue Vergleiche derselben wo möglich einen Zusammen-
hang zwischen ihnen herauszufinden, müssen aber leider gestehen, daß
uns dies nur in einigen wenigen Fällen mit Sicherheit gelang, wogegen
wir bei der Mehrzahl auf solche Hindemisse stießen, daß wk von unserem
Vorhaben abstehen mußten, da die gegenseitige Darstellungsweise eine
derartige ist, daß eine Übereinstimmung oder Deckung absolut nicht
erzielt werden konnte.
Auf beiden Seiten berichten die Schiffskommandanten wiederholt
von Rammversuchen, die sie entweder selbst unternahmen oder dia
gegen sie gerichtet waren, desgleichen von gegebenen und empfangenen
Breitseiten, ohne daß sie jedoch — mit äußerst geringen Ausnahmen —
d
239
hinreichende Anhaltspunkte zu geben im stände wären, um den Namen
des Schiffes herauszufinden, mit welchem sie es bei dieser oder jener
Gelegenheit zu tun hatten, und dies letztere wird um so schwieriger, als
die Situationen zu oft und zu rasch abwechselten.
War schon mit Ausnahme der Farbe des Schiffsanstriches — bei
den Österreichern schwarz, bei den Italienern grau — und der Flaggengala
überhaupt kein weiteres Merkmal geboten, Freund und Feind voneinander
zu unterscheiden, so war dies noch viel weniger zwischen den einzelnen
Schiffen selbst möglich. Nur die österreichischen Panzerschiffe konnten
infolge der glücklichen Idee, den Schlot verschiedenartig zu bemalen,
einander von weitem erkennen. Es scheint, daS bei den Italienern für die
Panzerschiffe ähnliche Erkennungszeichen nicht bestanden, da auf italie-
nischer Seite in vielen Fällen nicht mit Bestimmtheit angegeben wird,
wen man in diesem oder jenem Moment als Freund zur Seite hatte.
Es lassen sich daher mit Sicherheit blofi die Bewegungen der ganzen
Gruppen, sodann von einzelnen Schiffen nur die jener verfolgen, welche
sich entweder durch ihre besonderen Affären — wie „Ferdinand Max'',
„R6 d'Italia*, „Palestro*, „Re di Portogallo* — oder aber durch ihre
beiden kämpfenden Teilen erkennbare Form — wie das Linienschiff
„Kaiser'' und das Widderschiff „Affondatore* auszeichneten. Betreffs
aller anderen gelten nur Vermutungen mit euiem gröfieren oder geringeren
Grade von Wahrscheinlichkeit, zu welcher hauptsächlich die jeweilige
Situation führt, aber auch dies nur in einigen Fällen, da von dem Moment,
wo die taktische Formation aufgehört hatte und die Melee an ihre Stelle
getreten war, die Positionen der Schiffe, wie schon erwähnt, sich zu oft
und zu rasch veränderten.
Zum Schlüsse sei hier noch bemerkt, daß der Vollständigkeit und
des Zusammenhanges halber sich einige Wiederholungen aus dem vorigen
Kapitel nicht umgehen liefien.
Die Kämpfe der einzelnen Schiffe.
A. Österreicher.
I. Division (Panzerschiffe).
^^Erzh. Ferdinand Max^^ — Flaggenschiff des Kontreadmirals
V. Tegetthoff — Kommandant Linienschiffskapitän Freiherr v. Stern-
eck — durchbrach um 10*" 50°" a. m. an der Spitze der Panzerdivision
die feindliche Schlachtlinie, in das große Inter>'all zwischen dem dritten
und vierten Schiffe derselben — „Ancona', Red'ltalia— eindringend
und kehrte, nachdem die Division über die feindliche Aufstellung hinaus-
gekommen war und mit Gegenmarsch gewendet hatte, sofort zum er-
neuerten Angriffe zurück.
Wie schon im vorigen Kapitel erwähnt, rammte derselbe binnen
kurzem zwei feindliche Panzerschiffe (watirscheinüch ,Re d'ltalia" und
.Paieslro"), jedoch beidcmale ohne durchsclilagenden Erfolg, worauf es
ihm endlich gelang, gegen Vgl^" den .Re d' Italia* durch einen fast senk-
rechten Ranimstoß zum Sinken zu bringen. Gleich darauf selbst von einer
in der Nähe befindlichen ilalienischen Panzerfregatte bedroht, wich er
dem ihm zugedachten Stoße geschickt ans und beteiligte sich dann noch
lebhaft bis zum Ende der Melee am Kampfe.
In richtiger Erkenntnis des Urastandes, daß sich die Artillerie des
Schiffes, weder der Zahl noch dem Kaliber der Geschütze nach, in einem
günstigen Verhältnisse zu dem Panzer des Gegners befand, nahm der
Kommandant Linienschiffskapitän Freiherr v. Sterneck beim Manöv-
rieren auf die eigene Batterie weniger Rücksicht und verlegte sich mehr
auf das Rammen, um auf diese Weise die Hauptstärke seines Schiffes
soviel als möglich auszunützen. Nichtsdestoweniger gelang es den beiden
Batterien dennoch, ab und zu eine gute konzentrierte Lage anzubringen
und insbesondere halten die Blockhausgeschütze des öfteren Gelegenheit,
aus der nächsten Nälie wirken zu können.
Unmittelbar vor dem Rammen wurde jedesmal die Dcckmannscbaft
sowie die erste Enterableilung zur Enterung gerufen, da man nicht wissen
konnte, ob die Schiffe nicht vielleicht doch aneinander hängen bleiben
würden; aber in keinem Falle kam es zu einer wirklichen Enterung, weil
dieselben stets noch im vollen Gebrauche ihrer Maschinen blieben und
liiedurch keine Möglichkeit geboten war, das gegnerische Schiff für eine
Zeit feslzulialten. Die Cnlferaung erfolgte hier ebenso schnell als die
Annäherung stattgefunden hatte; zwischen Anprall und Trennung ver-
strichen nur wenige Minuten.
Es zeigte sich aucli, daß die Stöße in schiefer Richtung zwar be-
deutende Havarien verursachten, jedoch keineswegs den beabsichtigten
Zweck — das Sinken des feindlichen Schiffes — herbeiführten, trotzdem
sie beidemale mit großer Wucht erfolgten und von dem Maschinen-
personale, darin gewiß dem unbefangensten und kompetentesten Richter,
als in gleicher Stärke mit dem drillen angegeben wurden. Während deo-
Zusammenstößen unterhielt man auf beiden Seilen ein kurzes aber*
heftiges Kleingewehrfeuer und wurde der Ordonnanzoffizier des E3kadri!*J
240
«iKS!tciiivi'«KAi-ri
MAX FREIHERR v. STERJNECK,
rirAN, KOMMAXDA.xr s. ti. scuirrm^uuil. FMD
241
kommandanten Linienscbiffsleulnant Freiherrv.Minutillo beim zweiten
Zusammenstoße mit dem „Re d'Italia* durch eine Gewehrkugel am
rechten Handgelenke schwer verletzt.
Auch die Erbeutung der Flagge des .Palestro* geschah unter
heftigem Kleingewehrfeuer und war ein Bravourakt ersten Ranges, Als die
Besangaflfel mit der riesigen Trikolore auf das Vorkastell des „Erzh.
Ferdinand Max* stürzte, gewahrte dies als einer der ersten der Admiral
selbst. , Wer holt die Flagge?* hörte man in diesem Moment die energische
Stimme Tegetthoffs. Steuermann 3. Klasse Nicolo Carcovich,
welcher zur ersten Enterabteilung gehörig, eben nach vome geeilt war,
stürzte sofort aufs Vorkastell, erfaßte dort die Flaggenleine, welche in
einem großen Bogen herüberhing, in der Absicht, dieselbe zu zerreißen
oder zu zerschneiden, imi mit dem laufenden Part die Flagge an sich zu
holen. Nach einem vergeblichen Versuche machte er dann die Flaggenleine
an einer in der Nähe befindlichen Belegklampe fest, so daß, als die
Schiffe sich voneinander trennten, die Flagge als Trophäe auf dem
,Erzh. Ferdinand Max* zurückblieb. Unter den tosenden Beifallsrufen der
Offiziere und Mannschaft brachte er diese kostbare Beute dem Admiral,
der ihm freundlich auf die Achsel klopfte und für seine wackere Tat
belobte.^)
Kurz nachdem sich beide Schiffe getrennt hatten, drang aus der
Nähe eine Granate durch die Deckbordwand an Steuerbord, dieselbe auf
eine Länge von beiläufig 5 bis 6 Fuß und 3 Fuß Tiefe zertrümmernd
und tötete den Marineinfanteriegemeinen Kanczuk. Der zweite Kom-
mandant Linienschiffsleutnant Freiherr v. Spaun, wurde durch die
Knochensplitter desselben leicht verwundet. Es muß als ein wahres Glück
bezeichnet werden, daß diese Granate nicht einige Minuten früher ein-
drang, da sonst die Verluste des „Erzh. Ferdinand Max* ganz erhebliche
gewesen wären. Sie kam ungefähr auf der Höhe der beiden vorderen
Lucken, in deren Nähe sowie auf den Gretings derselben sich eben die
zurückgerufene ei*sle Enterabteilung — größtenteils Marineinfanteristen —
befand, welch letztere sich schiebend und drängend wieder auf ihre
Gefechtsposten in die Batterie begaben. Der Marineinfanteriegemeine
Kanczuk war zufällig der letzte und stand, sein Bajonett versorgend, noch
1) Steuermann Carcovich erhielt die goldene Tapferkeitsmedaille und genofi die
hohe Auszeichnung, die von ihm erbeutete Flagge zuerst Seiner k. k. Hoheit dem Erz-
herzog-Marschall in dessem Hauptquartier in Cormons und sodann später Seiner
Majestät dem Kaiser in der Hofburg zu Wien überreichen zu dürfen.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 15
242
bei der Lücke, als ihn ein großes Sprengstück der Granate mitten in den
Unterleib traf und in Stücke zerriß.
Ungefähr eine Viertelstunde später erfolgte der verhängnisvolle
Stoß des ,Erzh. Ferdinand Max" gegen den „Re d'Italia''. Als dieser
gesunken, war, wie bereits erwähnt, der erste Gedanke Tegetthoffs
und seiner Umgebung der, Hilfe zu leisten und den in der unmittelbaren
Nähe des Admiralschiflfes vorbeitreibenden Schiffbrüchigen Boote und
sonstige Gegenstände zum Anklammem zukommen zu lassen. So sehr
war alles unter der unmittelbaren Leitung des Admirals damit beschäftigt
und in Anspruch genommen, daß man erst ziemlich spät die drohende
Bewegung eines italienischen Panzerschiffes bemerkte, welches von
backbord achter herankam und dem „Erzh. Ferdinand Max'' das gleiche
Schicksal bereiten zu wollen schien. Das kaiserliche Admiralschiflf war
eben in seiner Rückwärtsbewegung gestoppt und zur Erlangung der
nötigen Steuerfähigkeit in Fahrt nach vorwärts gebracht worden,
gehorchte aber noch langsam dem Steuer und der Maschine. Rasch
gefaßt, ließ nun Linienschiffskapitän Freiherr v. Sterneck zuerst etwas
nach steuerbord ausbiegen, sodann rasch das Ruder backbord am Bord
gebend aufluven, um sich in eine möglichst parallele Richtung zum
Gegner zu bringen und sodann die Maschine rückwärts arbeiten. Der
Erfolg dieses brillant ausgeführten Manövers war, wie wir bereits im
vorigen Kapitel erzählt haben, ein so vollständiger, daß beide Schiffe
einander bloß streiften und langsam vorüberglitten.
Der „Erzh. Ferdinand Max** war in dieser Affäre sehr vom Glücke
begünstigt, denn aligemein war damals die Anschauung an Bord, daß
einen Moment später oder wenn der italienische Kommandant den ernsten
Willen zum Rammen gehabt und nicht, wie es wahrscheinlich ist, durch
eine drohende Bewegung des in der Nähe befindlichen „Prinz Eugen'
(siehe Seile 247) veranlaßt, im letzten Momente ein bloßes Ausweich-
manöver ausgeführt hätte, bei der Nähe, m der man sich befand, ein
Zusammenstoß zwischen den beiden Schiffen unfehlbar hätte erfolgen
müssen.
Während sich dieselben mit ihren Backbordseiten passierten, kamen
sie während zwei bis drei Minuten langschiffs so nahe aneinander zu liegen,
<laß vom Backbordbuganker des „Erzh. Ferdinand Max** eine Schaufel ab-
gebrochen wurde und die Geschütze der Backbordbaltorie, welche eben
vorher gefeuert halte, beim Laden nicht bedient werden konnten, da die
Setzer an die feindliche Bordwand stießen. Miui erwartete auf dem ,Erzh-
Ferdinand Max" eine verheerende Lage von Seite des Gegners, doch fielen,
243
wie wir bereits erwähnt haben, nur einige Schüsse, deren Rauch durch die
Stückpforten drang; von Geschossen oder deren Splittern hatte man nichts
zu leiden, so daß man zu der Annahme berechtigt ist, daß die Geschütze
in der Hast nur blind geladen wurden.^) Möglich, daß sich das italienische
SchifiF betreflEs der Batterie in einer ähnlichen Lage befand wie das öster-
reichische. Die beiden Schifife trennten sich hierauf ohne weitere Feind-
seligkeiten. Obschon alle Enterabteilungen gerufen worden waren, da es
diesmal allen Anschein hatte, daß die Schiffe aneinander hängen bleiben
würden und es zu einer Enterung kommen müsse, fand dieselbe aus den
bereits erklärten Gründen ebenfalls nicht statt.
Zum Schlüsse des gegenseitigen Kampfes der beiden Panzerflotten,
während sich die kaiserliche Eskadre auf das Signal des Admirals
sammelte, fand der „Erzh. Ferdinand Max* noch einmal Gelegenheit,
aktiv vorzugehen. Er beteiligte sich gegen 1^ nebst »Kaiser Max** an der
Jagd auf den brennenden „Palestro**, welche Bewegung jedoch bald
wieder aufgegeben wurde, weil dieser noch rechtzeitig von seiner eigenen
Flotte aufgenommen und in Sicherheit gebracht wurde, übrigens eine
weitere Annäherung an das stark brennende Schiff aus Sicherheitsgründen
nicht mehr rätlich schien.
Was die während der Schlacht erlittenen Havarien des ,Erzh.
Ferdinand Max' anbelangt, so waren dieselben im allgemeinen von keiner
großen Bedeutung. Vornehmlich hatten die ungepanzerten Teile desselben,
die Deckbordwände, die Deckplanken, in welche ganze Furchen gerissen
und Späne herausgetrieben waren, der noch ungepanzerte Turm, in
welchem viele Sprengstücke von Granaten steckten sowie seine sämt-
lichen Mäste und Boote gelitten, dagegen waren merkwürdigerweise trotz
des öfteren Kämmens die Struktur des Schiffes sowie die Maschine ohne
nennenswerte Havarien gebUeben.
1) Diese Tatsache wird italienischerseits ganz verschwiegen. Wir vermochten die
im österreichischen Generalstabswerk Seite 75 angeführte, angeblich vom Linienschifls-
kapitän Piola herstammende Erklärung nirgends zu finden. Auch der sonst so gewissen-
hafte xmd in seinen Schilderungen der italienischen Vorgänge unparteiische Geschichts-
schreiber Randaccio erwähnt dieselbe nicht speziell, sondern schreibt diesbezögUcli
(Band II, Seite 202) nur: „ che 1 bastimenti itallani taluna volta tirassero a sola
polvere 6 fola* etc. etc. Und dennoch fand dieses Ereignis statt und der Verfasser,
damals Divisionskommandant der Backbordbatterie des ,Erzh. Ferdinand Max", war selbst
Augenzeuge desselben. Er erinnert sich noch heute lebhaft des Eindruckes davon sowie
des allgemeinen Erstaunens, als, nachdem sich der dichte, in die Batterie gedrungene
Hauch etwas verzogon IjpUe, niemand verletzt vrorded und auch keine materielle Be-
schädigung sichlbwr war. A. d. V.
Wie sich naclilräglich bei der in Pola Tot^oiiommenen Dockiing
herausstellte, war der Stoß nicht g:enau senkrecht erfolgt (siehe Skizze 1^ i
und der Bug ö'/g Fuß tief in die Backbordseite des ,Re d'Italia' ein-
gedrungen. Das in diesen gerissene Loch wurde auf 136 '41 QuadralfuB,
von welchen 78-82 Quadratfuß unter der Wasserlinie, bereclmel.
Die Schneide des Rammstevens des ,Enih. Ferdinand Max* war
damals noch nicht aus einem Stöcke, sondern nur durch die Vereinigung
der Panzerplatten, welche den Bug bekleideten und vorne sich aneinander
fügten, gebildet. Durch die dreimal mit aller Wucht geführten Stöße
begannen sich die Platten zu trennen und aufzuschürfen, während die
darunterliegenden Plankenenden zersplitterten. Dies und einige heraus-
geschleuderte Bolzenköpfe verursachten das Lecken des Schiffes. Nach
dem ersten Stoße war der Pumpensood plötzlich um drei Zoll, nach dem
zweiten um fünf Zoll gestiegen, wflhrend er nach dem dritten nur un-
merklich zugenommen hatte, so daß die Pumpen zur Bewältigung des-
selben völlig ausreichten.
Maschine und Kessel halten, wie schon froher erwähnt, keine einzige
wesentliche Havarie erlitten, nur lockerten sich bei dea Stößen die Stopf-
büchsen etwas, so daß Dampf durchdrang, schlössen sich jedoch wieder
von selbst. Bei der großen Stopfbüchse am Stevenrohre lockerte sich die
Packung derart, daß ein starker Wasserstrahl eindrang, der indes, nachdem
man die Stopfbüchse lun einen Zoll angezogen hatte, wieder aufhörte. Der
beste Beweis, wie wenig das Schiff trotz der wiederholten Rammstöße im
ganzen gelitten hatte, ist. daß die Maschinen unterlagen sich nicht im
mindesten bewegt hatten und beim Gange der Maschine keine Spur von
einer Störung bemerkbar war.
Die Panzerung bewährte sieh vollkommen ; von derselben waren nur
vier Platten beschädigt: ein schief auilreffendes Projektil hatte eine der-
selben vollkommen durchdrungen und war das siebenzöUige Stahlgeschoß
in der Bordwand stecken geblieben.
Einige leichte Reparaturen, die Ausbesserung der zersplitterten
Plankenenden unter den vorderen Panzerplatten und der gequetschten
Schneide des Rammstevens waren genügend, um das Schiff wieder voll-
kommen kämpf- und rammfähig zu machen.
,Erzh. Ferdinand Max' halte 15(j Schösse abgegeben und 42 Treffer
erhalten. Vom Stabe waren 1 Offizier schwer. 1 leicht verwundet; von der
Mannschaft 1 Toter, 1 schwer und 4 leicht Verwundete.
Habsbnrg — Linienschiffskapitän Faber — zum linken Flügel
gehörig, drang backbord vom Admiralschiff durch die feindliche Linie and
S. M. Panzerfregatte „EH. Ferdinand Max^^ im Dock.
Litliu Druck tu? der k k Bnfu StsatsdndcBnl
245
beschoß im Vereine mit , Salamander* mid »Kaiser Max* zuerst die Tete-
schiffe des Kontreadmirals Vacca. Nach der Wendung und Rückkehr zum
Angriffe hielt sich »Habsburg* anfänglich in der Nähe des Admiralschiffes
und versuchte einige Male Rammstöße gegen feindliche Schiffe anzubringen,
die jedoch von diesen vermöge ihrer Schnelligkeit und Steuerfähigkeit
stets verhindert wurden. , Habsburg* befand sich einmal vom Flaggenschiff
und dem Gros der Panzerschiffe getrennt in einer ziemlich kritischen Lage ;
es gelang ihr aber durch das Versuchsmanöver zum Rammen sich wieder
mit den Ihrigen zu vereinen.
Die Havarien des Schiffes waren nicht von Belang und hatte dasselbe
auch keine Toten und Verwundeten. , Habsburg* hatte 170 Schüsse
abgegeben und 38 Treffer erhalten.
Kaiser Max — Linienschiffskapitän Ritter v. Gröller — linker
Flügel, eröffnete beim ersten Anlauf sein Feuer mit der Backbordbatterip
gegen die italienischen Teteschiffe des Kontreadmirals Vacca, empfing
das ihrige und wendete sodann über Backbord, sofort gegen ein feindliches
Panzerschiff („R6 d'Italia*?), um dasselbe zu rammen; dieses war jedoch
schneller und steuerfähiger als „Kaiser Max*. Derselbe konnte nur zwei
konzentrierte Lagen mit der Steuerbordbatterie anbringen, worauf er dann
Jagd auf ein kleineres Panzerschiff („Palestro*?) machte, das die Linie
verließ, jedoch vom , Kaiser Max* noch eine konzentrierte Lage ins Heck
bekam. Eine weitere Verfolgung desselben mußte er auf das Signal:
,1. Division Holzdivision unterstützen*, einstellen.
Wahrscheinlich geschah es bei dieser Gelegenheit, daß sich , Kaiser
Max* im Vorbeipassieren gegen den ,R6 d'ltalia* wandte und ihm jene
verhängnisvolle Breitseite beibrachte, die dessen Steuer unbrauchbar
machte.
, Kaiser Max* kämpfte dann noch mit dem letzten Schiffe der feind-
lichen Mittelgruppe, dem „San Martino*, gegen welches sich auch der
„Don Juan* gewendet hatte, beschoß sodann noch die feindliche Queue-
gruppe und vereinigte sich hierauf mit dem Flaggenschiffe. Der nach dem
Signal „Sammeln* dem „Kaiser Max* erteilte Befehl, den brennenden
„Palestro* zu nehmen, konnte, wie schon bei „Erzh. Ferdinand Max*
bemerkt wurde, nicht mehr ausgeführt werden.
Im ganzen gab „Kaiser Max* 15 konzentrierte Lagen und zweimal
Vormeisterfeuer ab, 217 Schüsse und erhielt 28 Treffer.
Havarien unbedeutend, vom Stabe niemand, von der Mannschaft
1 schwer und zwei leicht verwundet.
246
Don Juan d'Anstria — LinienschiffskapitänWiplinger — rechter
Flögel, durchbrach bei Beginn der Schlacht achter vom 4. Schiff — ,Rfe
d'Itaha* — die feindliche Linie und engagierte sich nach vollzogener
Wendung dem Flaggenschiflfe folgend, mit den Schififen der Mittelgruppe
,,Palestro* und „San Martino*, Breitseiten gebend und empfangend. Mit
letzterem scheint «Don Juan'' einige Zeit im Einzelkampfe gestanden zu
sein, während welcher sich das italienische Schiff vergeblich bemühte, ihn
zu rammen, denn so wie es einen Anlauf hiezu nahm, fiel «Don Juan'
gleichzeitig mit ihm ab, seine Breitseite abfeuernd. Später mit anderen
feindlichen Panzerfregatten der Queuegruppe im Kampfe und hart bedrängt,
machte ihm «Kaiser Max* Luft Als sich das Linienschiff «Kaiser" gegen
Lissa zurückzog und hiebei vom «Affondatore" angegriffen wurde, kamen
ihm «Don Juan* und „Prinz Eugen", welche seine bedrängte Lage ge-
wahrten, zu Hilfe und unterhielten ein lebhaftes Feuer gegen den «Affon-
datore*, unbekümmert um die feindlichen Panzerschiffe, welche auf das
Signal Kontreadmirals Vacca sich sammelten und hiebei in ihre Nähe
kamen. «Don Juan* erhielt bei dieser Gelegenheit vom «Affondatore*, der
seine 300pfQnder ununterbrochen feuern ließ, einen Schuß in eine
Panzerplatte zwischen zwei Stückpforten, einen zweiten in die Panzerung
einen Fuß unter der Wasserlinie, endlich einen dritten in den Bugspriet-
stuhl, der diesen zerschmetterte.
«Don Juan* feuerte 277 Schüsse ab und erhielt 41 Treffer. Mann-
schaflsverluste 1 Toter, 4 leicht Verwundete.
Prinz Engen — Linienschiflfskapitän Barry — rechter Flügel,
durchbrach ebenfalls im Intervall zwischen „Re d'Italia* und »Palestro*
die feindliche Linie imd warf sich nach vollzogener Wendung im Vereine
mit dem Flaggenschiflf auf die feindliche Mittelgruppe.
Nach dem Eintreten der Melee passierten in sehr kurzen Inten^allen
an jeder Seite des , Prinz Eugen* feindliche Panzerfregatten, die ihr Feuer
auf ihn richteten; ein Geschoß zertrümmerte die Gallionsfigur und
beschädigte die Verlängerung des Vorstevens, andere Geschosse trafen
Panzerplatten, denen sie indes keinen Schaden anrichteten. „Prinz Eugen*
erwiderte das Feuer des zirka 2 Kabel entfernten Feindes mit zwei Breit-
seiten. Fast ^gleichzeitig passierte der ^Affondatore'*, beschoß den »Prinz
Eugen** von achter, ernMchte jedoch keinen Erfolg, da der Schuß in das
Wasser ging.
Unmittelbar nachdem das kaiserliche Admiralschiff den tödlichen
Stoß gegen den „Re ditalia* ^reführt und um klar zu kommen, seine
Maschine nach „rückwärts" angesetzt hatte, bemerkte „Prinz Eugen* ein
247
feindliches Panzerschiff, das auf dasselbe lossteuerte. Linienschiffskapitän
Barry, befürchtend, daß der „Erzh. Ferdinand Max* nicht die nötige
Manövrierfähigkeit haben werde, um dem nun andringenden Feind recht-
zeitig begegnen zu können, ließ mit voller Kraft vorwärts arbeiten, um
womöglich den Gegner zu rammen. Dieser schien indes die Absicht zu
merken, wandte allsogleich nach backbord und passierte zwischen
«Erzh. Ferdinand Max* und , Prinz Eugen*, von letzterem aus dessen
Backbordbatterie beschossen.
„Prinz Eugen* wandte sich hierauf der Stelle zu, wo die italienischen
Panzerqueueschiffe kämpften und wurde binnen kurzem von zwei feind-
lichen Panzerfregatten über Heck und von einer anderen vom Buge be-
schossen. Ein von vorne kommendes Projektil durchschoß die große Jolle
und das Boot Nr. 4, ein anderes streifte den Kopf eines 48pfünders an
Backbord und verbog die letzte Unterstückpforte an dieser Seite ; die übrigen
prallten am Panzer ab, wo sie nur schwache Eindrücke zurücldießen.
Bei dieser Gelegenheit war „Prinz Eugen* der feindlichen Holz-
flotte näher gekommen und eine italienische Panzerfrcgatle — „Maria
Pia* — welche befürchten mochte, daß er die Absicht habe, sich gegen
ein Schiff derselben zu wenden, eilte ihm entgegen und versuchte, als er
dwars vor ihr passierte, i!m zu rammen. „Prinz Eugen* wich jedoch rasch
nach Steuerbord aus, von .Maria Pia* eine volle Breitseite und Gewehrsalven
in dem Augenblicke erhaltend, als beide Schiffe ganz nahe aneinander
vorbeikamen, merkwürdigerweise jedoch ohne einen Verlust davonzu-
tragen.^) „Prinz Eugen* beteiligte sich später noch im Vereine mit „Don
Juan* an der Verteidigung des Linienschiffes „Kaiser* bei dessen Rück-
zug nach Lissa.
Im ganzen hatte dieses Schiff 234 Schüsse abgegeben und 21 Treffer
erhalten. Von der Mannschaft war 1 Mann leicht verwundet
Drache — Linienschiffskapitän Freiherr v. Moll — rechter Flügel,
durchbrach die feindliche Linie zwischen dem „Re d'ltalia* und „Palestro*.
Gleich bei dieser Gelegenheit erhielt „Drache* mehrere Schüsse und ein
Projektil ging durch den Maschinenwindfang an Steuerbord, streifte den
^) LinienschifTskapitän Marcheso del Caretto. Kommandant der «Maria Pia*,
schreibt in seinem Bericht über diesen Punkt folgendes: ^Possni randeggiandola da
fregata uemica) quasi a toccare, scaricando la batteria e facendo fuoco di moschetteria
dai portclli; ma eravamo tanto vicini che puntando u tutta inclinazione non si poteva
colpire a liuea d'aqua. Linienschiffskapitän Barry, der Kommandant des , Prinz Eugen'',
erzählte, daß der feindliche Kommandant im Vorüberfahren mit der Mütze gegrüßt habe.
A.d.V
GroBmast, zertrümmerte einen Teil des Mascbinentelegraphen und riß dem
Kommandanten, LinienschitTskapitän Freiherrn v. Moll, den halben Kopf
weg. Seekadett Ignaz Mader wurde leicht verwundet. Hierauf übernahm
für den ersten Augenblick der Manöverofiizier Linienschifräfähnricli
Weiprecht, sodann der Gesamtdetailoffizier LinienschiS'sleutnant
Mathieu das Kommando. Der Verkehi' mit der Maschine war auf einige
Zeit unterbrochen, wurde jedoch gleich wieder hergestellt. Gleichzeitig
zündete eine einschlagende Granate in der Deckbordwand vorne, es gelang
aber noch das Feuer rechtzeitig zu löschen.
Nach vollzogener Wendung in die Nähe des AdmiralschifFes gelangt,
gab „Drache* gegen zwei feindliche Panzerfregatlen auf die Distanz von
1 bis 1 '/h Kabel konzentrierte Lagen ab. Als sich der Rauch etwas verzogen
hatte, passierte auf backbord eine andere feindliche Panzerfregatte
— wahrscheinlich »San Martino" — welche auf das Linienschiff zu-
steuerte, das gerade seinen Fockmast verloren hatte. .Drache" gab der-
selben auf zirka i Kabel Distanz eine konzentrierte Lage und zwar mit
sichtlichem Effekt, denn sie fiel sogleich gegen steuerbord ab.
Später bemerkte der Kommandant in ziemlicher Entfernung ein
kleines Panzerschiff — wahrscheinlich .Palestro" — . welches vom Gros
getrennt, sich mit demselben zu vereinigen strebte. Mit Gegenbord ihm
entgegensteuernd ließ «Drache" es etwas backbord. Um der Breitseite
des , Drache* auszuweichen, hielt das italienische Panzerschiff, als es
näher gekommen war, plötzlich ganz steuerbord ab; jener ging nach
backbord und gab ilim auf Pistolenschußweite eine konzentrierte Lage
in sein Heck, Dann vollendete er seine Kreisbewegung und ließ ihm auch
noch die andere Breitseite zukommen. In diesem Augenblicke brachen
die Marsgasten in den Marsen des .Drache' in den Ruf aus: .Feuer
an Bord des feindlichen Schiffes", .Drache" verfolgte es hierauf noch eine
Zeitlang, es gelang ihm jedoch infolge seiner größeren Geschwindigkeit
zu entkommen. Man hatte nach einiger Zeit die Flammen über Deck
hinausschlagen sehen.
Mit Ausnahme eines Vormeisterfeuers auf 9 Kabel Distanz bei dem
späteren oftmaligen Kurswechsel der italienischen Flotte zwischen IS und
S"" sowie demöfterenFeuerausdenBuggeschützenauf Deck, gab .Drache*
nur konzenlrierte Breitseiten ab, da wegen des für dieses kleine Panzerschiff
starken Seeganges, der die Batterie zeitweise überschwemmte, eia
genaues und erfolgreiches Zielen der Vormeister ganz unmöglich
gewesen wäre.
J
249
Auch die Havarien des , Drache* waren im ganzen nicht bedeutend
und bestanden hauptsächlich in Schüssen in der Takelage, in den Booten
und Deckbordwänden.
Er gab 121 Schüsse ab und empfing 17 Treffer.
Vom Stabe der Kommandant, Linienschiffskapitän Freiherr v. Moll,
tot, Seekadett Ignaz Mader leicht verwundet. Von der Mannschaft 5 Mann
schwer verwundet.
Salamander — Linienschiffskapitän Kern — linker Flügel, gab
die ersten Schüsse aus den Deckgeschützen auf die erste von vom gegen
backbord sich annähernde Panzerfregatte der Tete. („Principe di Cari-
gnano*"). Die feindlichen Schüsse schlugen über und auf das Blockhaus,
die Splitter drangen in den Turm und verwundeten den Kommandanten,
den Signalkadetten August Süss und den Steuermann Scopinicb, indem
sie zugleich den Tuimkompaß zertrümmerten. Eine Granate zerriß den
Kreuzmarsstag aus Drahttau und ihre Splitter sowie Teile des Stages
machten auf der Bleideckung des Turmes, dessen Geländer und dem
Batterriesprachrohre ziemlichen Schaden, ohne indes Jemanden zu ver-
wunden. Nach dem Durchbruche durch die feindliche Linie und vollzogener
Wendung bot sich dem , Salamander" eine hohe Panzerfregatte — wahr-
scheinlich ,R6 d'Italia* — die ihm dwars vorbeifuhr, in einer günstigen
Stellung dar, so daB der Kommandant sogleich den Entschluß zum
Ranmien faßte. Der Feind, welcher auf die Schüsse der Bugkanonen des
, Salamander* nur mit einem schwachen Feuer aus seiner Backbordseite
antwortete, wobei er die Deckbordwände des , Salamander* durchschoß,
den Kopf eines gezogenen 24pfünders und eine Stückpforte zertrümmerte,
schien diese Absicht zu erraten und wendete sofort steuerbord, so daß
, Salamander* in seinem Kielwasser fuhr. Auf dem feindlichen Schiffe
wurden die Enterabteilungen auf Deck gerufen, was man deutlich hörte
und vom Heck und aus den Marsen ein lebhaftes Kleingewehrfeuer auf
den B Salamander* unterhalten. Die weitere Verfolgung mußte indes,
trotzdem man sich schon bedeutend genähert hatte, aufgegeben werden, da
in der Richtung des Steuerbordkrans ein zweiter Feind herbeieilte. Der
Kommandant ließ deshalb die Sleuerbordbatterie auf die Distanz von
1 Kabel konzentrieren, fiel auf Backbord ab und feuerte sie mit sichtbarem
Erfolge in das feindliche Heck. Unmittelbar darauf hielt er wieder nach
steuerbord gegen die erwähnte sich nähernde Panzerfregatte ab, mußte
aber schleunigst das Steuer abermals umwerfen, da, kaum als sich der
Rauch verzogen hatte, der »Affondatore** gegen ihn herandampfte. Der
Kommandant hatte nur noch Zeit, den Bug gegen ihn zu kehren und die
Backbordbutlerie bereit zu halten. In nächster Nähe wich der .Äffondatore''
jedoch etwas nach steuerbord ab und passierte mit Pfeilgeschwindigkeit
den .Salamander" auf wenige Klafter an der Backbordseite. Von der
Batterie konnten in. der Eile nur 2 4SpfCinder ihre Scliüsae auf ihn ab-
geben und ein Schuß von Seite des .Affondatore' Tiel knapp achter in
das Wasser.
.Salamander' hatte sich dann später gegen die feindliche Queue-
gruppe gewendet und die dort kämpfenden eigenen PanzerschiS'e mit
unterstützt.
Außer den bereits erwähnten Havarien hatte .Salamander" nur
noch einige Schäden in der Takelage und an den Booten,
Derselbe hatte :211 Schüsse abgegeben und 35 Treffer erhallen.
Vom Stabe waren der Kommandant, Linionsehiffskapitän Kern, und
Seekadett Süss schwer, von der Mannschaft 7 Mann leicht verwundet
II. Division (schwere Holzschiffe).
Kaiser — Kommodore v. Petz. — Über die Teilnahme dieses
tapferen Schiffes, das sich gleich dem ,Erzli. Ferdinand Max*- einen
unvergänghchen Ruhm erworben, haben wir bereits im vorhergehenden
Kapitel das Nähere an der gehörigen Stelle gebracht, so daß wir, um nicht
schon Gesagtes zu wiederholen, uns darauf be;(iehen. Gleichwohl sei es
uns hier gestattet, rekapitulierend noch einige Bemerkungen daran
zu knüpfen.
Die Aufgabe, welche dem Linienschiff .Kaiser", dem letzten Reprä-
sentanten der aussterbenden großen Sclilachtschiffe der früheren Jahrhun-
derle, in der Seeschlacht von Lissa zugefallen war. war tatsächlich keine
geringe und es muß daher um so mehr mil Stolz und Befriedigung erfüllen,
daß sie so glänzend gelöst wurde.
Eigenilich nur zur Bekämpfung der feindlichen Holzschiffe bestimmt,
war es sein Los geworden, sich im Sehlachtcngewühl mit Panzerschiffen
messen und mit diesen um die Siegespalme riugen zu müssen. Schon das
erste Engagement mit dem „AlTondatore' halle unter anderen Umständen
für ihn verhängnisvoll werden können; mit schweren Havarien zwar, aber
noch kampffähig, kam er aus diesem heraus und nalim zum Schulze der
schwächeren Genossen sofort wieder den ungleichen Kampf mit neuen
gepanzerten Gegnern auf, mit wuchtigem Stoße sich den Weg bahnend
und damit den folgenden Schiffen Luft schaffend.
Nach langem heroischem Kampfe crscliüpft und bis zur ä,uBersteD
Grenze der Welirfäliigkeit verwundet, jedoch nicht besiegt, zieht sich das
251
wackere Schiff zurück, um den schützenden Hafen aufzusuchen, dort den
ausgebrochenen Brand zu löschen sowie seine Schäden auszubessern.
Aber auch dieser Rückzug soll nichtunbelästigtbleibenundauf dem Wege
nach Lissa wird es plötzlich und zum zweiten Male vom «AfFondatore'^
angegriffen und hat einen Kampf auf Leben und Tod zu bestehen, aus dem
es jedoch abermals glücklich hervorgeht, so daß sein weiterer Rückzug
ungefährdet bleibt. Selbst in der schweren bangen Zeit, in welcher es
sich jetzt vornehmlich um die Bewältigung des immer mehr um sich grei-
fenden Feuers handelt, ist es noch darauf bedacht, einem etwa in den Hafen
nachfolgenden Feinde begegnen zu können und vertäut sich deshalb mit
einem Spring gegen die Einfahrt, um in diesem Falle seine mächtige
Artillerie gebrauchen zu können.
Und kaum daß es seine Toten und Verwundeten ausgeschifft, ist
dieses so arg mitgenommene Schiff, dank der unermüdlichen Anstren-
gungen seiner Offiziere und Mannschaft, binnen kurzem wieder kampffähig !
Glänzender und ruhmvoller konnte seine Aufgabe nicht gelöst werden.
Bezüglich der Havarien duich die 300 pfünder des »Affondatore* beim
ersten Engagement haben wir schon an der betreffenden Stelle berichtet,
daß sie ziemlich bedeutende waren; die infolge des Rammstoßes gegen
den ,Re di Portogallo** erlittenen waren jedoch noch größer und empfind-
licher. Der Stoß war so gewaltig gewesen, daß hiedurch alle Geschütze
sich von selbst nach vorne baksten und die Bemannung zu Boden ge-
schleudert wurde. Das Scheg und das Gallion wai'en zertrümmert, das
Bugspriet total zersplittert, der Fockmast über der Höhe der Reeling glatt
abgebrochen. Durch den umgestürzten Mast wurde der Maschinenschlot
selbst ober Deck ganz zertrümmert und so verlegt, daß der Zug in den
Kesseln gehemmt wurde und kein entsprechender Dampfdruck mehr zu
halten war; das Tauwerk brannte lichterloh und das ganze Vorschiff war
ein großer Feuerherd.
In dieser Verfassung war es, daß der »Kaiser* auf seinem Rückzug
abermals vom „Affondatore* angegriffen wurde. Man war am Bord
desselben auf das anscheinend unabwendbai'e Schicksal geraßt und vor-
bereitet. Eine starke Enterabteilung stand bereit, um im Augenblicke des
Anrennens auf das feindliche Deck zu springen, Pulversäcke sollten in
den Maschinenschlot des Gegners geworfen werden, um die Feuer aus den
Kesseln herauszuschleudern und das Schiff bewegungsunfähig zu machen,
die Batterien waren zum konzentrierten Feuer bereit. Wenigstens hätte
man den Untergang des eigenen Schiffes teuer verkauft! Doch sollte es
glücklichweise nicht zu diesem Äußersten kommen.
25S
.Kaiser' lief mit der Eskadre am 22, Juli in Pola ein, wo die nötigstea
Reparaturen sofort in Angriff genommen und der Fockmast ersetzt wurden.
so daß er am 11. August abends wieder zum Auslaufen bereit war.
Das Linienschiff hatte in der Schlacht 850 Schüsse abgegeben, selbst
80 Treffer erlitten. Vom Stabe waren, wie schon früher erwähnt. Linien-
schiffsfähnrich Robert Proch gefallen, Linienschiffsleutnant JosefFrank,
Linienschiffsfähnrich Hugo Pogatschni gg und Seekadett Eduard Hanslik
schwer, Kommodore Anton v. Petz, der II. Kommandant Linienschiffs-
leutnant Julius Steiskal leicht verwundet; von der Mannschaft 23 Tote,
34 schwer und 36 leicht Verwundete. Bootsmann S.Klasse E. S fici aro vich
fiel bei der Affäre mit dem ,Re di Portogallo", nachdem erdieDeck-und
Manflvermannschafl durch sein tapferes Beispiel zur Nachahmung an-
geeifert hatte. Auch derHochbootsmannG. Bu du a wurde leichtverwundet.
Novara — Linien schiffskapil an Erik afKlint — eilte, als Kommo-
dore V. Petz das Signal hißte, ihm zum Angriffe auf die italienische Holi-
flolte im Kielwasser zu folgen, mit ihrer kräftigen Maschine sofort gegen
die Spitze der Division und nahm ihren Posten achter vom »Kaiser* em.
Beim Engagement der Tete der österreichischen Holzschiffe mit
der Queue gruppe Ribotys erhielt .Novara* gleich von einer an Back-
bord vorbeisteuemden Panzerfregatte eine Breitseite, welche ihr einige
Havarien verursachte und wobei der Kommandant getötet ') sowie
der Manöveroffizier Linienschiffsfähnrich KIoss und der Signalkadeil
Sarabuchi leicht verwundet wurden. Sofort übernahm der Detailoffizier
Linienschiffsleutnant Schröder das Kommando. „Novara" richtete nun
auf die feindlichen Panzerfregaiten, welche jetzt von beiden Seiten an-
griffen, ihr Feuer und trachtete, so oft als möglich ihre konzentrierten
Lagen abgeben zu können.
Nachdem der Kampf mit der feindUchen Queue vorüber war und
das Linienschiff seinen Rückzug nach Lissa angetreten hatte, folgte
»Novara* einem ihr gemachten Signale gemäß den Bewegungen dea
Admiralsctiiffes, um bei der 1. Division unterstützend mitwirken zu können.
Mitten unter den Panzerschiffen kämpfend, nahm hier .Novara" jede
Gelegenheit wahr, mit ihrer Batterie einzugreifen und es gelang ihr, eine
italienische Panzerfregalle, welche von einer österreichischen beschosseUi
wurde, so von achter zu enfilieren, daß jene sofort nach steaerboi
abfiel und vom Kampfe abließ.
>) IJoienachilTskapililnKlint wurde durch e
traf, mitten auieiasnder ^bmd.
e Graualc. welche ihn auf den Leib
253
Während der Melee überholte eine italienische Panzerfregatte,
gefolgt von einer österreichischen, die , Elisabeth** an deren Steuerbord-
seile; die österreichische konnte infolge ihrer geringeren Geschwindig-
keit die feindliche nicht einholen. »Elisabeth* beschoß nun so gut sie ver-
mochte den Feind mit ihrer Steuerbordbatterie, der das Feuer mit semer
Backbordbreitseite erwiderte, zum Glück jedoch stets zu hoch traf, so
daß „Elisabeth** außer einigen TrefiFemin der Takelage keinen besonderen
Schaden erliti ^) Da drängte sich zwischen sie und die feindliche Panzer-
fregatte die „Novara** hinein und nahm nun in einer äußerst schneidigen
und tapferen Weise den Kampf so lange auf, bis die österreichische
Panzerfregalte zur Unterstützimg herbeikam. Im weiteren Verlaufe des
Kampfes und gegen Ende desselben schoß „Novara* noch auf alle in ihr
Schußbereich kommenden feindlichen Schiffe und verblieb bis zur For-
mation der drei Kiel Wasserlinien bei der 1. Division.
Die Havarien der „Novara* waren etwas zahlreicher als die der
meisten übrigen Holzschiflfe — das Linienschiff ausgenommen — jedoch
im allgemeinen auch nicht bedeutend, da der aus Ketten und Stahl-
schienen improvisierte Panzer derselben recht gute Dienste geleistet hatte.
»Novara** gab 342 Schüsse ab und erhielt 47 Treffer. Vom Stabe
verlor dieselbe, wie schon erwähnt, ihren Kommandanten Linienschiflfs-
kapitän Erik af Klint, sonst wurden noch Linienschiflfsfähnrich Anton
Kloss und die Seekadetten Viktor Sambuchi, Adolf Hlouschek und
Stefan v. Doymi leicht verwundet. Von der Mannschaft blieben 6 Mann
tot, 3 Mann waren schwer, 13 leicht verwundet.
Der Obersteuermann Nicolo Feretich, ein alter gedienter Unter-
offizier, der die Weltumseglung der ,Novara** sowie die Reise derselben
mit dem Kaiser Maximilian nach Mexiko mitgemacht hatte, wurde auf
seinem Gefechtsposten am Steuer durch Knochensplitter des getöteten
Kommandanten und ein Granatsprengstück schwer verwundet Er
weigerte sich jedoch, während des Getöses der Schlacht seinen Posten zu
verlassen und ließ sich erst gegen Ende derselben verbinden.
Schwarzenberg — Linienschififskapitän Millossich — befand
sich im Anfange der Schlacht auf ihrem Posten in der 2. Division und
beschoß hierauf die feindlichen Teteschiffe des Kontreadmirals Vacca, als
diese der Division näher kamen, mit einem lebhaftenjFeuer, hatte dagegen
das von zweien derselben (»Principe di Carignano** und j,Castelfidardo**) aus-
0 Siehe Seite 263.
354
zuhalten, welches jedoch glückhcherweise nur wenig Schaden anriclitete,
da der Feind meistens überschoß.
Im weiteren Verlaufe des Kampfes steuerte eine feindliche Panzer-
fregattfc (wahrscheinlich ,Re diPortogallo," siehe Seite 284) auf ,Schwar-
zenberg* und die in ihrer Nähe befindlichen Schiffe los, vielleicht in der
Absicht, zu rammen. Als die italienische Panzerfregatte auf zirka 2 Kabd
(400 Meter) angelangt war, gab ,Schwarzenberg* ihr eine konzentrierte
Lage, welche den Erfolg halle, daß sie sogleich wendete und sich entfemle.
ohne mit einem Schuß zu antworten. Die Lage hatte ihr einen erhebUchea
Schaden im Heck und an der Bemastung beigebracht.
, Schwarzen berg" begleitete hierauf mit den Fregatten .Radetzkj*,
„Adria" und .Donau' das Linienschiff auf seinem Rückzüge nach Lissa
und übemalim sptäter auf das Signal .Sammeln* die Führung der
2. Division.
jSchwarzenberg' feuerte 286 Schüsse ab und erhielt 9 Treffer,
hievon 7 Schüsse in die Takelage und einen in die Vormars, der gleich-
zeitig den Fockmast stark beschädigte. Der dort postierte Linienschifls-
fühnrich Ferdinand Gebhardt wurde bei dieser Gelegenheit schwer
verwundet. Em Grundschuß, der einen Fuß unter der Wasserlinie traf,
war von ziemlicher Bedeutung. Das durch dieses Leck eindringende
Wasser, welches das ganze Brotdepot überschwemmte, konnte mit der
Dampfpumpe allein nicht überwältigt werden und mußten alle anderen
Pumpen am Bord mitarbeiten.
Vom Stabe wurde außer dem genannten Linienschi^ähnrich
Gebhardt sonst niemand, von der Mannschaft 1 Mann leicht verwundet.
Radetzky — Linienschiffskapitän v, Auernhammer — war mit
Aufwand der ganzen Masehinenkraft bestrebt, sich während des Kampfes
des , Kaiser" demselben so eng wie möglich anzuschließen und unter-
stützend zu wirken und gab zu diesem Behufe, als die zwei feindlichen
Teteschiffe .Principe di Carignano" und .CastelfidardC die 2. und 3.
österreichische Holzdivision durchbrechen wollten, im Vereine mit den
übrigen Schiffen kräftige Lagen gegen dieselbe ab. Als das Linienschiff
Kurs gegen Lissa genommen hatte, begab sich .Radetzky» in die
Nähe der ,Schwarzenberg" und begleitete die Ilolzschiffe, welche sich
hier vereint hatlen.
.Radetzky' gab 289 Schüsse ab und erhielt keinen Treffer. Vom.
Stabe und von der Mannschaft niemand verwundet.
Adria ■ — Fregattenkapitän Adolf Daufalik — traclitete gleichfalls'
dem Linienschiff naher zu kommen und wechselte mit den feindlich<
255
Panzerschiffen, welche ihr an Backbord vorbeipassierten, Breitseiten,
wobei sie einige Havarien in der Takelage und an den Booten erlitt Von
einem derselben erhielt »Adria** 4 Schuß an Backbord, darunter 3
SOpfündige und eine lOOpfündige Granate, welche explodierten und im
Zwischendeck dreimal zündeten. Teils durch die Granatsplitter, teils
durch durchdringende Eisensplitter des Kettenpanzers wurden hiebei
4 Mann schwer und 2 Mann leicht verwundet. Die zwei Bordkai faterer,
pflichteifrige, unerschrockene Männer, waren eben mit der Verstopfung
eines durch ein SOpfündiges Hohlgeschoß nahe an der Wasserlinie ver-
ursachten Loches beschäftigt, als das lOOpfündige Projektil einschlug,
explodierte, diese Leute förmlich zerriß und im Schiffe zündete. Zugleich
wurde die Vorkammer des vorderen Pulvermagazins mit glühenden
Granatsplittern übersät und nur der Geistesgegenwart und Entschlossen-
heit des Oberstückmeisters, welcher sogleich alle Hähne öffnete, ist es zu
verdanken, daß das Feuer die Pulverkammer nicht weiter erfaßte. Das-
selbe wurde rasch gedämpft und der angestrengten Arbeit der Zimmer-
leute gelang es auch bald die Lecks zu verstopfen, so daß das Schiff,
trotz der nicht unbedeutenden See, nur wenig Wasser zog.
„Adria** gab 221 Schüsse ab und hatte 27 Treffer erhalten. Vom
Stabe war niemand verwundet, von der Mannschaft 2 Mann tot, 3 Mann
schwer und 2 Mann leicht verwundet.
Donau — Fregattenkapitän Pitner — blieb anfangUch infolgeihrer
schwachen Maschine etwas zurück und beteiligte sich an der Beschießung
der Teteschiffe des Kontreadmirals Vacca, begleitete sodann im Vereine
mit den übrigen Holzschiffen den „ Kaiser •* auf seinem Rückzuge nach
Lissa, hiebei öfters das Feuer auf die in die Nähe kommenden italieni-
schen Panzerschiffe richtend.
„Donau* hatte 326 Schüsse abgegeben und 7 Treffer erhalten. Die
Havarien waren, da der Feind meist zu hoch schoß, nur geringe und
bestanden größtenteils in Schäden in der Takelage. Der Schiffskörper
wurde nur von wenigen Schüssen getroffen, unter denen eine Kugel an
Backbord die Kettenpanzerung durchschlug und dann in der Bordwand
stecken blieb und eine Kugel, welche die Kreuzmars traf, daselbst einen
Marsgast tötete, einen anderen schwer verwundete und den Top des
Kreuzmastes durchlöcherte. Einem Matrosen wurde in der Nähe des
Großmastes von einer Kugel der rechte Arm weggerissen.
Vom Stabe niemand verwundet; von der Mannschaft 1 Mann tot
und 2 Mann schwer verwundet.
äse
Erzh. Friedrich — Fregattenkapitän Florio — beschoß gleich bei
Beginn der Schlacht mit seinen beiden gezogenen 24-pfündem auf Deck
auf eine Distanz von 10 Kabel (2000 m) das ihm an Backbord zunächst
erreichbare italienische Panzerschiff der Tetegrupi^e. Als die Schiffe
dieser Gruppe bei ilirer Wendung nach backbord der österreichischen
Holzdivision näher kamen, gab ^Eruh, Friedrich" mit der Backbordbalterie
das Feuer gegen dieselben ab und erhielt das ihrige, wie sie nach einan-
der passierten. Dasselbe richtete jedoch keinen großen Schaden au, da
sie fast durchgehends zu hoch schössen, so daß zwar einiges Tauwerk
zerrissen wurde, der Schiffskörper jedoch ohne Beschädigung blieb. Bei
der Affflre des Linienschiffes erhielt die Korveite, welche sich in der
Nühe desselben gehalten hatte, vom ,Re di Porlogallo' einen SchuS
unter die Wasserlinie, infolgedessen sie 19" Wasser pro Stunde zog.
Das Leck konnte jedoch von der Dampfpunipe bewältigt werden. Die
Lugen des mit dem Linienschiff engagierten ,Re di Porlogallo" gingen
fast beständig über das Deck des ,Erzii. Friedrich", glücklicherweise
jedoch so hoch, daß niemand getroffen wurde.
„Erzh. Friedrich- unlerstQtzle hierauf noch zwei österreichische Pan-
zerfregatlen (,Don Juan' und .Kaiser Max*) in der Bekämpfung des .San
Martino". Als der ,Äffondatore' dem gegen Lissa steuernden Liniensdiiff
denWegzuverlegeulrachtele,blieb , Erzh. Friedrich" auf Schußdiätanz hinler
diesem und unterhielt ein beständiges Feuer auf den .Affondatore*, wobei
Kanonenboot „Seehund" unlerslützend mitwirkte. Als jener sich vom
Linienschiff abgewendet hatte, steuerte die Korvelle zum Gros der Eskadre
zurück, um sich ihrer Division anzuschließen.
,Erzh. Friedrich' hatteSSO Schüsse abgegeben und 9 Treffer erhaiteo.
Die Havarien waren mit Ausnahme des früher erwälmlen Grundschusses
alle geringfügiger Natur.
Vom Stabe und von der Mannschaft niemand verletzt,
III. Division (Kanonenboote).
Die Aufgabe dieser Division, welche die Kanonenboote und
Schraubenschouer umfaßte, bestand wie schon früher erwähnt wurde»
im allgemeinen darin, sich aus ihrer taktischen Formation aufzulösen und
die Holzfregatten durch Enßlierung ihrer jeweiligen Gegner zu unlerstötzen,
welcher Bestimmung dieselben auch, trotzdem sie imter den obwalteodea'
Umständen mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, wacken
nachkamen.
J
257
Die für diese kleineren Schiffe ziemlich stark bewegte See verur-
sachte ein heftiges Rollen derselben, was die Geschützbedienung ungemein
erschwerte und die Treffsicherheit beeinträchtigte. Zu wiederholten Malen
fanden Entgleisungen der Geschütze von den Schienen statt oder sprangen
dieselben aus den Pivots, allein immer, wenn auch mit großer Anstren-
gung, wurden dieselben wieder eingehoben und das Feuer fortgesetzt.
Weim die Anzahl der von den einzelnen Schiffen dieser Kategorie abge-
gebenen Schüsse berücksichtigt wird, so kann ihnen das Zeugnis nicht
versagt werden, daß sie nach Möglichkeit geleistet haben, mehr als unter
derartigen schwierigen Verhältnissen erwartet werden konnte.
Hnm — Fregattenkapitän Eberle — hatte als das Gefecht schon
eingeleitet war, vor sich die Fregatte ^Schwarzenberg* an Backbord und
an Steuerbord die Fregatte „Donau**, welche ihr Feuer nach Umständen
auf die ihnen in die Schußlinie kommenden feindlichen Schiffe abgaben
und hiebei mitunter gerade vor dem Bug des „Hum* und selbst über das
Kanonenboot hinweg schössen. Hinter dem „Hum" dampften der Repeti-
teur „Andreas Hofer*" und Kanonenboot ^Dalmaf* unter beständigem
Feuern heran. Auf das Signal des „Hum**: „Zwei Striche nach backbord
abfallen "*, waren die Kanonenboote des linken Flügels, „Seehund*,
«Dalmat*, „Reka*, vorgelaufen und eröffneten ihr Feuer nach beiden
Seiten auf die sich nähernden Panzerschiffe der Tetegruppe Vaccas. Der
rechte Flügel der Division — „Velebich*, „Wall", „Streiter* — hielt sich
steuerbord dicht hinter „Hum* und feuerte ebenfalls ununterbrochen
mit beiden Borden. Dampfer „Andreas Hofer* hielt sich gleichfalls dicht
in der Nähe des führenden Kanonenbootes und repetierte noch das oben
erwähnte Signal. Als die Division näher gerückt war und von den Panzer-
schiffen der Queuegruppe mit beschossen wurde, flogen zahlreiche
Projektile, zumeist Granaten, über „Hum* hinweg, doch glücklicherweise
fast stets zu hoch gezielt. Eine Kugel ging durch den Rauchfang, eine
andere zertrümmerte den Untertrempel einer Stückpforte, eine dritte
richtete Schaden in der Takelage an und eine Granate schlug unmittelbar
neben dem Schiffe an Backbord ins Wasser, platzte im Momente des Auf-
schlagens imd überschüttele den Kommandanten auf der Brücke, den
Batterieoffizier und das Deck mit Wasser, ohne jedoch sonst jetoanden zu
verletzen.
Gegen 11*" halten die zwei Panzerfregatten der feindlichen Flotte
„Principe di Carignano* und „Castelfidardo* sich der 3. Division bedeutend
genähert, die Kanonenboote des rechten Flügels kamen mit voller Kraft
zu „Hum* heran und die ganze Division begann eine Kurs Veränderung
F 1 e i 8 c h er. Die k. k. Krie^marine 1866. 1 7
gegen Osten, immer im KielwEisser der österreichischen Fregatten. Die
Italienischen Schiffe beschossen im Duhlieren der österreichischen'
Queue die Kanonenboote mit Granaten und Kartätschen, ohne ihnen
jedoch besonderen Schaden zuzufügen. Mittlerweile waren einige Schiffe
der österreichischen Panzerdivision (linfeer Flügel) zu Hilfe geeilt und
befreiten die Holzschiffe von ihren wuchtigen Feinden. Als später, 12'' 10°,
das Signal „Sammeln" gegeben wurde, übernahm ,Hum' wieder die
Führung der 3. Division. Derselbe halte 48 Schüsse abgegeben und
3 Treffer erhallen. Stab und Mannschaft unverletzt.
Velebich — Korvellenkapitän Herzfeld — blieb bei Beginn der
Schlacht an der Queue der 2. Division, um die schlecht laufenden Holz-
fregatten unterstützen zu können.
Einige Zeit nach erfolgtem Durchbrache der österreichischen'
Panzerdivision steuerten zwei feindliche Panzerschiffe (die Tetesehiffe
Vaccas , Principe di Carignano' und „Caslelfldardo") von backboret
kommend gegen die Mitte der in dichtem Pulverrauch gehüllten 2. Division
los. Der Kommandant befürchtete, daß einHineinrennen dieser zwei feind-
lichen Panzerschiffe in die dicht gedrängt steuernde Holzdivision großes
Unglück anrichtenkönnle. Im Vereine mit ,Da!mat', „Wall* und .Andreiw
Hofer* richtete er sein Feuer auf dieselben; Fregatte .Donau' gab eine
wohlgezielte konzentrierte Breitseite ab und sonderbarerweise ließen sich'
die zwei feindlichen Panzei-schiffe durch dieses Feuer abschrecken und,
indem sie den genannten Fahrzeugen einige Lagen zuschickten, die aber
sämtlich zu hoch gezielt waren, fielen sie gegen steuerbord ab und'
dublierten sodann die österreichische Queue in einem großen Bogen.
Spater nahm , Velebich" noch an dem Kampfe gegen den das LinienschtS'
„Kaiser* belästigenden .Affondatore" mit teil.
Nachdem die österreichische Eskadre am Abend des 20. im Hafea
von S. Gioi^io vor Anker gegimgen war, kreuzte , Velebich* in Gemein-
schaft des ,Dalmat" von Sonnenuntergang bis früh in den Gewässern-
von Lissa.
.Velebich' hatte 93 Schüsse abgefeuert und war nicht getroffen-
worden,
Dalmat ~ Korvettenkapitän v. Wickede — beteiligte sich, wi»
schon erwähnt, an der Beschießung der zwei italienischen Panzerfregatterf
.Principe di Carignano' und .Castelfldai-do'. Als die erstere auf zirka
2 Kabel (400 m) nahe gekommen war. fiel „Dalmat* nach Nordwest ab,-
hielt eine Breitseite aus, die ihn ganz uherschoß und kam, einen Bogens
bescbreibend, wieder zu den Holzschiffen zurück. Die beiden ilalieniscbea
259
Panzerfregatten dublierten sodann in einem großen Bogen die öster-
reichische Queue. Zur Zeit als das Linienschiff sich gegen Lissa zurück-
zog, hielt sich »Dalmat'' in der Nähe von „Hum**, „Velebich* und
^Andreas Hofer'*.
Nach Beendigung der Schlacht erhielt ^Dalmaf* den Befehl, im
Vereine mit „Vellebich* den abziehenden Feind zu beobachten und die
Nacht ober in den Gewässern von Lissa zu kreuzen.
„Dalmat* hatte 75 Schüsse abgegeben und hatte einen Treffer (in
der Takelage) erhalten.
Wall — Korvettenkapitän Graf Kielmansegge — kam ebenfalls
mit den schon mehr erwähnten beiden italienischen Panzerfregatlen,
welche in die österreichische Holzdivision einzubrechen suchten, ins
Gefecht und mußte, um seine Isolierung zu vermeiden, fortwährend mit
ganzer Maschinenkraft arbeiten, um sich dem Gros derEskadre anschließen
zu können. Er wurde von vielen Projektilen Überschossen, deren einige in
der Takelage geringfügigen Schaden verursachten. Später beteiligte er
sich mit an der Unterstützung des Linienschiffes.
„Wall- gab 32 Schüsse ab.
Seehund — Fregattenkapitän Calafatti — richtete nach Beginn
der Aktion sein Feuer gleichfalls gegen die zwei auf die österreichische
Holzdivision lossteuernden italienischen Panzerschiffe und beschoß später
die in seinen Schußbereich kommenden feindlichen Schiffe. „Seehund*
hielt sich bei dem Rückzuge des Linienschiffes nach Lissa mit der Korvette
,Erzh. Friedrich** in unmittelbarer Nähe zur Unterstützung desselben.
„Seehund" gab 51 Schüsse ab, keine Havarien.
Beka — Korvettenkapitän Nölting — bewegte sich anfänglich in der
Nähe der österreichischen Holzfregatten, bestrebt, dieselben dort wo sich
ein Ausschuß bot, nach Möglichkeit zu unterstützen und befand sich nach
einiger Zeit in der Nähe des Linienschiffes, welches brennend seinen
Rückzug nach Lissa angetreten hatte. „Reka** hielt sich deshalb zum allfall-
sigen Beistande bereit, folgte, als das Linienschiff das Signal gehißt
hatte: „Man gibt die Hoffnung auf, das Feuer zu bewältigen'*, diesem mit
voUer Maschinenkraft im Kielwasser und lief zu gleicher Zeit mit ihm in
den Hafen von Lissa ein. Der Kommandant begab sich mit allen Booten
und dem Arzte an Bord und stellte sich dem Kommodore zur Verfügung.
Glücklicherweise war mau des Feuers unterdessen bereits Herr geworden.
Nach einer halben Stunde, als die Anwesenheit der „Reka** für das
Linienschiff nicht mehr miumgänglich notwendig war, lief „Reka* wieder
aus, um zur Flotte zu stoßen. Allein es war bereits der Befehl gegeben,
17*
daß die 3. Dtvisioi) sidi in den Hal'en von lAssn zu begeben habe, worauf
„Reka" wieder umkehrte und mit den übrigen Kanonenbooten im innerair
Hafen ankerte. ,Reka* gab 93 Schüsse ab; keine HaToricn.
Streiter — Korvettenkapitän Ungewitter — nahm ebenfalls
Begiim der Aktion Anteil an der BeschieBung der zwei italienischen Panzer-
fregatten der Tetegruppe, half sodann später den .Affondatore* zu be-
schießen und folgte mit den übrigen Holzscliiffen dem Linienschiffe, als sick
dasselbe nach Lissa zurückzog. , Streiter" gab 55 Schüsse ab, keine Havarien.
Narenta — Linienschiffsieotnant Spindler — befand sich mfolge
ihrer schwachen Maschine bei Beginn der Schlacht noch zirka 6 bis 7
Kabel (läOO bis 1400 m) hinter der 3. Division und war in Gefahr, von den
so oft erwähnten zwei italienischen Panzerfregatten der Tete ab-
gesclinitten zu werden ; es gelang ihr jedoch, das Gros der österrelchischett'
Eskadre wieder zu erreichen.
Nach der Katastrophe des ,Rö d'llaüa* bemerkte der Kommandant
vor seinem Schiffe eine große Anzahl an zwei großen Spieren und vielem
kleineren Holzwerk sich anklammernder Menschen im Wasser sohwimmen.
Er ließ sofort nach Steuerbord abfallen und die Maschine stoppen, um me
nicht zu überfahren, gleichzeitig Befehl erteilend, die Boote zu streichen,
um den Leuten zu Hilfe zukommen, die fortwährend um ,Pietä' schrieen
und die Hände bittend gegen das Schiff ausstreckten. Die beiden
italienischen Panzerfregatten, welche eben die Queue der österreichischen
Holzschiffe dublierten, vereitellen jedoch da? Bemühen des Komman-
danten; emige ihi-er Kugeln gingen mitten in ihre eigenen schwimmenden
Leute hinein.
Obschon an Bord der .Narenta' die Geschütze infolge der schwere ,
Seenur mit äußersterAnstrenguJig bedient werden konnten, so hatte dieselbe
doch 17 Schüsse gegen die oben erwähnten feindlichen Schiffe abgegeben.
Korka — Linienschiffsleuljianl Masotti') — befand sich bei Beginn
der Schlacht ebenfalls noch außer Schußweite und lief mit .Narenta"
dieselbe Gefahr, vom Gros der österreichischen Eskader abgeschnitten i
werden. Um den zwei entgegenkommenden Teteschiffen auszuweichen,
steuerte der Kommandant in der Voraussetzung, daß dieselben ball
wenden und sich wieder mit ihren Panzerschiffen vereinigen würden, an
') Der tum Komm and an len dieses Scliiffos emaniiLe LinictiichitFaleiit&ad
Schickh liaLtc krankheiubalber das Kommando nichl übemelimen kflnncn und ward
dasselbe interimistisch vom Delaiiofßiier LinienschilTsleulnQnt MaaotU eerohrt. Nftolf
der Schlaclit von Lissa Qhcmahm LinienscIiiflAIeuUianl Beak das Kutnmando.
SGI
die Weslspitze der Insel Lissa zu, bemerkte jedoch bald, daß gerade dort
die feindliche Holzflotle lag, die ihm sicher den Weg verlegt hätte. Er
steuerte deshalb geradewegs auf die österreichischen Kanonenboote los
und war um 1 1 ** a. m. so nahe, daß er aus dem vorderen gezogenen
24pfQnder das Feuer auf ein feindliches Panzerschiff eröffnen konnte. Gleich
darauf hatte er zu beiden Seiten je ein Panzerschiff, die auf ihn zuhielten.
Trotz dieser gefährlichen Situation blieb ihm nichts anderes übrig,
als mit voller Kraft weiterzufahren und sein Schiff derart zu wenden, daß
es dem nächsten der beiden Feinde sein Heck als kleinste Zielscheibe bot,
während er eine Annäherung an den anderen Panzer, der am Heck
brannte („Palestro"?) und wenig feuerte, für minder gefährlich hielt. Bei
dieser Gelegenheit bemerkte Linienschiffsleulnant Masotti eine Menge
Menschen auf Holztrümmem im Wasser, konnte sich aber, seiner ersten
Absicht nach, mit der Rettung derselben nicht befassen, da die feindliche
Panzerfregatte an seiner Steuerbordseite sich näherte und ihn beschoß.
„Kerka* vereinigte sich sodann mit dem Gros der österreichischen
Holzschiffe.
Auch auf „Kerka* machte sich die schwere See bei der Geschütz-
bedienung äußerst fühlbar; trotzdem gab sie 16 Schüsse ab.
Raddampfer.
Elisabeth — Fregattenkapitän Oeste reich er — welche als Repeli-
teur der 1 . Division zugeteilt war, fuhr bei Beginn der Schlacht das Signal
„den Feind anlaufen, um ihn zum Sinken zu bringen'* repetierend, in der
Mitte des vorspringenden Winkels der Panzerschiffsdivision mit voller
Kraft dem Admiralschiff nach und befand sich im heftigsten Kugelregen,
wobei der erste Schuß backbord beim Fallreep einschlug, das Gig
zertrümmerte und einen Mann schwer, zwei andere leicht verwundete.
Ehiige Zeit darauf kam das Admiralschiff im dichten Pulverrauch
der , Elisabeth'* außer Sicht, dagegen erschien plötzlich vor ihr auf zirka
2 bis 3 Kabel (400 bis 600 m) Distanz der ,Afifondatore'*i), welcher
zwischen ihr und der österreichischen Panzerdivision, dieser letzteren im
Rücken, die Linie entlang von Südwest nach Nordwest steuerte. Die
„Elisabeth* anfänglich für ein Panzerschiff haltend*), gab er mit seinem
J) Siehe Seite 201 und 295.
2) Rendicontictc; (leposizioni d'Amico, Seite 69; ebenso Randaccio, Storia
dellainarina ilaliana II, Seile 166. Merkwürdigerweise scheint die „Elisabelh* von den
Italienern für ein Panzerschiff angesehen worden zu sein, wahrscheinlich weil sie den
Repetiteur nicht mitten in der Panzerdivision vermuteten. A. d. V.
äuä
vorderen 300pfüiider einen Schliß gegen dieselhe ab, der jedoch nicht traf,
sondern knapp vor ihr ins Wasser gijig. Sie wendete hinter ihm nach
backbord, hatte jedoch kaum einige Kaliel in der neuen Richtung zurück-
gelegt, als der „Affondatore", welcher inzwischen gleichfalls gewendet
hatte, direkt auf sie lossteuert«, mit der deutlichen Absicht za
jElisalieth" beschrieb nun über Backbord einen möglichst kleinen
Kreis, während sie mit ihrer Backbordbatterie feuerte: der .AfTondatore'
folgte ihr in dieser Kreisbewegung, erreichte es jedoch infolge seiner
geringeren Drehungsßbigkeit nicht, in eine solche Richtung zur
, Elisabeth* zu gelangen, um einen Rammstoß ausführen zu können.
Nachdem die .Elisabeth" einen halben Kreis vollendet, lief jener, der erst
den Viertelkreis beendigt hatte und plötzlich das Linienschiff .Kaiser'
auf sich zukommen sah, mit Gegenbord auf zirka 50 Faden ('/» Kabel
oder 100 m) backbords an ihr vorüber und erhielt in diesem Augenblicke
das Geschützfeuer aus der Backbordbatlerie, welches von dem Klein-
gewehrfeuer der Manövennannschaft mit unterstützt wurde.
Die .Elisabeth" hatte ihren Bogen kaum vollendet und sich von
ihrem mächtigen Gegner befreit, als an ihrer Steuerbordseite ein großes,
feindliches Panzerschiff („Re di Portogallo") sichtbar ward. Um demselben
zu entgehen, hielt der Kommandant sogleich nach backbord ab und
steuerte östlich. Je mehr sich die Distanz verringerte, desto mehr hielt
er sich nach steuerbord, in der Hoffnung, sich der Panzerdivision wied«
anschließen zu können und ließ lebhaft aus der Steuerbordbalterie feuern,
um seine Bewegungen durch den Pulverrauch zu maskieren, bi der
Bichtung der Windvierung vom Feinde steuernd und die Gelegenheil
erspöhend, seinem Gegner entweder auf der einen oder anderen Seite
entrinnen zu können, sah der Kommandant plötzlich das Linienschiff
.Kaiser" vor sich, mit einem Kurse, der mit dem seinigen konver'
gierend war.
Wenn die drei m Rede stehenden Schilfe so fortsteuerten, so
mußten sie alle drei in einem Punkte zusammcntrelFen und aneinander
rennen. Zum Glück für die .Elisaljeth' fiel das Linienschiff nach steuere,
bord, der Feind nach backbord ab und kaum war die .Elisabeth" auf
diese Weise frei gekommen, als das Linienschiff in die Backbordfock"-
rüste der italienischen Panzerfregatte (vergl. Seite 204) hineinrannte.,
.Elisabeth" gab hierauf das Ruder steuerbord am Bord und hielt sick<
an der Steuerbordseite der italienischen Panzerfregalte, dieselbe mit doe
263
Stcuerbordbalterie beschießend. Vier bis fünf feindliche Geschütze
erwiderten das Feuer, jedoch nur ein Schuß traf, und zwar in das
Zwischendeck. Dann blieb sie noch beim Linienschiff, um ihm nötigenfalls
Beistand zu leisten, doch binnen kurzem kam die ganze Linie der
österreichischen Holzschiflfe mit einem Male aus dem Rauch hervor und
umgab das Linienschiff. Um der Holzdivision Raum zu geben wendete
der Kommandant über Backbord und beschloß, da »Kaiser* seine
Maschine gebrauchen, somit der Schleppdienste entbehren konnte, die
eigene Panzerdivision wieder aufzusuchen, welche er auf zirka 8 bis 10
Kabel (1600 bis 2000 m) nordöstlich im Kampfe erblickte.
Aber bereits näherte sich ein anderer Feind. Eine italienische
Panzerfregatte, gefolgt von einer östen-eichischen, holte , Elisabeth* an
Steuerbord ein. Die österreichische Panzerfregatte konnte der feindlichen
nicht nachkommen. Mit der Steuerbordbatterie engagierte , Elisabeth*
den Feind auf seiner Backbordseite; dieser beschoß sie, jedoch ohne
andere Treffer als in der Takelage. Da drängte sich zwischen sie und die
feindliche Panzerfregatte die österreichische Fregatte »Novara* und ver-
hinderte »Elisabeth*, das Feuer fortzusetzen. In einer äußerst schneidigen
Manier unterhielt nun diese Holzfregatte das Gefecht mit der feindlichen
Panzerfregatte so lange, bis die österreichische zur Unterstützung heran-
gdangt war. Die Mannschaft der »Elisabeth* war indessen so auf den
Kampf verbissen, daß der Befehl »Halt* mit Stimme und Hom mehr-
mals wiederholt werden mußte, um sie abzuhalten, in die »Novara* zu
feuern.
»Elisabeth* setzte hierauf ihren Weg gegen die österreichische
Panzerdivision fort und erblickte, näher gekommen, vorne an Steuerbord
das Admiralschiff »Erzh. Ferdinand Max*, welches eben im Begriffe war, den
„Re d'Italia* iiiederzurennen. Nachdem die Katastrophe dieses letzteren
Schiffes vorüber war, bemerkte man an Bord der »Elisabeth* eine Menge
mit den Wellen kämpfender Menschen und der Kommandant wollte eben
die Boote zur Rettung dieser Unglücklichen streichen lassen, als von Süd-
west eine feindliche Panzerfregatte — »Ancona* — erschien. Er mußte mit
voller Kraft rückwärts schlagen lassen, um dem bedrohten Admiralschiff
freien Raum zum Manövrieren zu geben, welches die italienische Panzer-
fregatte engagierte und mit ihr im Rauch verschwand.
»Elisabeth* ging hierauf südwestlich zur Stelle des gesunkenen
»Re d' Italia*, um womöglich Leute desselben zu retten, als ein feindliches
Panzerschiff — die schon erwähnte »Ancona* nach ihrer Affäre mit dem
»Erzh. Ferdinand Max* — achter von ihr passierte und sie heftig beschoß.
Vorwärts ai'beitend, um weiiigsLens etwas aiis dem Schußbereiche des- j
selben zu kommen, erbhckle der Kommandant gleich darauf noch ein j
anderes feindliches Panzerschiff — .Varese' — welches der , Elisabeth»
von vom entgegenkam. Diese halte gerade noch Zeit, durch schleuniges
Röckwörtsschlagen den beiden Gegnern auszuweichen, die hierauf selbst
zusammenstießen und mit ihrer Takelage ineinander gerieten. ,
Einen Bogen beächreibend, kehrte der Kommandant wieder in die
Nähe jener Stelle i^urück, wo sich die SchifTbrüchigen befanden, doch auf J
der entgegengesetzten Seite, zwischen der .Elisabeth" und den schwim-
menden Leuten, erschienen abermals zwei feindliche PanzorCregatten —
wahrscheinlich , Maria Pia* und ,San Martino" — welche ein heftiges
Feuer auf die .Elisabeth" unterhielten. Ein Schuß traf auf Deck,
anderer den Schiffskörper unter Wasser und rund umher schlugen die
Projektile auf. So zum zweiten Male vertrieben, verließ der Kommandant
nur ungern diese Stätte, welche neuerdings der Schauplatz eines heftigen
Kampfes zu werden schien, steuerte einige Kabel aus dem verheerendea
Geschützfeuer weg, worauf er dem Admiralschiff begegnete und dessen
Signale: „Sammeln" sowie ,Dem Kommandierenden im Kielwasser folgen"
repetierte.
»Elisabeth* wurde hierauf, nachdem sie diese Signale wiederholt
hafte, vom Eskadtekommandanlen zur Hilfeleistung für .Kaiser' nach
Lissa geschickt, kehrte Jedoch bald mit der Nactiricht zur Eskadre zurfick,
daß es diesem Schiffe inzwischen gelungen sei, des Feuers Herr zu werden.
.Elisabeth" hatte 2 durchgehende Schüsse über Deck und I im
Zwischendeck erhalten sowie Flavarien an Booten und in der Takelage.
Sie gab aus vier BreilseitengeschütKen 71 Sciiüsse ab und war in beidei
entscheidenden Augenblicken, wo möglicherweise eine Schleppkraft nötig
gewesen wäre, zur Hand. Vom Stabe war niemand verletzt, von der Mann-
schaft 2 Mann schwer, 3 Mann leicht verwundet.
Greif — Fregattenkapitän Kronowetler — der !2. Division als Repe«
titeur zugeteilt, komite sich bei seiner schwachen Armierung natürlich
nicht aktiv am Kampfe beteiligen. Der Konmiandant glaubte seine Aufgab«,
am besten zu erfüllen, indem er sich möghchst außer dem SchiiBbereid^
der italienischen Panzerschiffe hielt und bereit blieb, im Bedarfsfälle stariB!
beschädigte Schilfe in Sclilepp zu nehmen, zu welchem Zwecke auch alle.
Vorkehrungen schon bei Beginn der Schlacht getroffen waren.
Gegen das Ende derseÜjen kam der brennende .Palestro*, als c
mit nördlichem Kurse sich am Winde hielt, gajiz m der Nähe des ^GreiC*,«
265
ohne jedoch auf diesen zu feuern und wendete sodann, um sich der
italienischen Holzflotte zu nähern.
Andreas Hof er — Korvettenkapitän Lund — befand sich, als das
Signal „Klarschiflf zum Gefecht** gegeben wurde, an seiner Stelle als
Repetiteur der 3. Division und kam mit den zwei italienischen Panzerschiffe n
„Principe di Garignano'* und „Castelfidardo" der Tetegruppe, welche in
die österreichische Holzdivision einzudringen versucht hatten, ins Gefecht,
wobei er einige leichte Havarien am Schiffskörper, Booten und Takela ge
erhielt. Später stand er im Vereine mit den Kanonenbooten dem Linien-
schiffe „Kaiser* bei seinem Rückzuge nach Lissa bei.
„Andreas Hof er* gab 51 Schüsse ab und hatte 3 Treffer erhalten.
Stab und Mannschaft unverletzt.
Stadium — militärischer Kommandant Linienschiffsleutnant Graf
Wimpffen, Lloydkapitän Marinich — vor der Schlacht als Ausluger
verwendet, nahm bei Beginn derselben seinen Platz im Luv von der
3. Division außerhalb des Schußbereiches ein.
Gegen 1**, als „Palestro* schon in vollen Flammen stand, war
dieser, welcher bisher nördlichen Kurs gesteuert hatte und nun in einem
großen Bogen über Backbord wendete, um sich der eigenen Holzflotte zu
nähern, dem „Stadium* in die Nähe gekommen. „Stadium* blieb eine
Zeitlang in der Nähe des brennenden „Palestro*, da der Kommandant
glaubte, derselbe werde biimen kurzem in die Luft gehen, und er sich für
verpflichtet hielt, nach geschehener Explosion an die Rettung der Ober-
lebenden zu gehen. Doch wurde bekanntlich „Palestro* noch rechtzeitig
von der eigenen Flotte aufgenommen und erfolgte dessen Explosion erst
später und in großer Entfernung von der österreichischen Eskadre.
B. Italiener.
Panzerschiffe.
Von den 12 Panzerschiffen der italienischen Flotte beteiligten sich,
wie in dem vorhergehenden Kapitel über die Schlacht von Lissa gezeigt
wurde, eigentlich bloß 10 in mehr oder minder hohen Grade an der
Aktion, nachdem die beidenPanzerkorvetten .Terribile* und „Formidabile*,
die erstere bei der Holzflotte Albinis, die letztere bis zu ihrem Abgange
nach Ancona, um 12** außerhalb des Gefechtsbereiches postiert, passive
Zuseher geblieben waren.
Im nachstehenden soll der Anteil der einzelnen Schiffe an der
Schlacht sowie auch der besonderen Vorfallenhoiten Erwälmung getan
werden, die sich am Bord derselben ereignet haben.
All der Tele befand sich;
PriDcipe di CaHgiiano — LinienschiffskapitänJaach — fla^en-
scliiff des Koiitreadmirals Vacca. Dieser letzlere fuhr bekanntlich Dailden
y Schiffen seiner Gruppe: „Principe di Carignano*, Castelßdardo*,
jAncona", ein lebhaftes Geschützreuer gegen die österreichischen Panzer-
schiffe des linken Fliigels — .Habsburg', „Salamander", „Kaiser Max' —
unterhaltend, bis ober die Spitze der Österreichischen Formation hinaus
und, sodann über Backbord wendend, hielt er gegen die österreichischen
Holzdlvisloneh ab, angeblich in der Absicht, sie von der Panzerdivision zu
tifinien. Durch das wohlgezieite, heftige Feuer der österreichischen Holz-
sehiffe (siehe Seite 200) jedoch abgeschreckt, ließ er von seinem Vorhaben
ab, wendete wieder nach steuerbord und fuhr nun mit dem .Principe di
Carignano" und ,Castelfidardo" an der Linie der österreichischen Holz-
schiffe vorüber imd sodami Im Bogen über Backbord durch das Intervall
zwischen der Queue der österreichischen Kanonenboote und den beiden
stark zurück geh h ebenen Schraub enschonem ,Kerka" und „Narenta"
herum erst gegen 74'^'' im Westen in der Nähe der italienischen Holz-
flotte wieder auftauchend. Diese völlig nutzlose ümschifftmg der ösler-
reichischen Holzflotle, weiche ungefähr V^ Stunde in Anspruch nahm,
entfernte den Kontreadmiral Vacca mit den beiden Schiffen , Principe di
Carignano" und „Gastelfidardo" — die , Ancona" hatte sich früher selbst-
ständig von ihm abgetremit — längere Zeit vom eigentlichen Gefechts-
felde und dies gerade, während dort die Entscheidung fiel. Als Kontre-
admiral Vacca gegen '/«IS" bei den eigenen Panzerschiffen wieder
angelangt war, sah er dieselben nach allen Richtungen zerstreut herum-
fahren und kein Signal des kommandierenden Admirals war sichtbar,
welches die Rallüerung derselben angeordnet hätte. Er idell sich daher
für berechtigt, H'' lO™ den Panzerschiffen das Signal zu machen: ,DJe
Kielwasserliiiie ohne RücLsicht auf den Standpunkt der SchilTe formieren*.
Allein wir haben im vorigen Kapitel gesehen, wie lange Zeit es brauchte,
ehe diese Kielwasserlinie zu stände kam und wie untätig sich hierauf die
italienischen Panzerschiffe in dieser letzten Phase der Pchlachl verhielten.
Wir kommen an anderer Stelle auf diese Passivität, die hauptsächlich dem
Kontreadmiral Vacca selbst zuzuschreiben ist, zurück.')
Nachdem noch der brennende .Palestro' um diese Zeit. 1" p. m.,
von den Schiffen Vaccas, welche ihm zunächst lagen, aufgenommen
worden war und sodann die gesamte ilahenische Flotte sich neuerdings
1) Siehe Seile 31'J.
267
in 2 Kolonnen formiert halte, deren Oberbefehl nunmehr wieder der am
Bord des ^Affondalore* befindliche Admiral Persano übernahm, kam es
bekanntlich zu keiner weiteren Aktion mehr. Die Havarien des »Principe
di Garignano* am 20. Juli waren so unbedeutend, daß im Prozesse
Persano die Verteidigung von diesem Umstände Gebrauch machen zu
sollen glaubte und die Verlesung derselben verlangte. Sie beschränkten
sich auf einige zerschossene Manöverbestandteile, ein GranatspUtter war
in den Großmast auf 13 ctn Tiefe eingedrungen, ein anderer in den Kreuz-
mast auf 5 cm Tiefe; sonst noch diverse klemere Schäden an den
ungepanzerten Schiös teilen und Booten. 15 Treffer auf der Steuerbord-
seite und 9 auf der Backbordseite halten bloße Flecke und kaum wahr-
nehmbare Verliefungen an den Panzerplatten verursacht.
Vom Stabe und von der Mannschaft niemand verletzt
Castelfldardo — Linienschiffskapitän Cacace. Für dieses Schiff gilt
bezüglich seiner Teilnahme an der Aktion das im vorherstehenden
Gesagte. Havarien unbedeutend. Stab mid Mannschaft unverletzt.
Als am Nachmittage des 20. die italienische Flotte endUch ihre
Formierung in 2 Kolonnen, jede derselben hi Kielwasserlinio, vollzogen
hatte, steuerte »Castelfidardo** um 3*" 20"* p. m. plötzlich aus der Linie
heraus und hißte das Signal: „Man kann infolge des hohen Seeganges die
Schiffsartillerie nicht gebrauchen" (non posse servirmi delle artiglierie
a causa del mare);^) da um diese Zeit das Feuer längst eingestellt war
und beide Flotten sich schon in entgegengesetzter Richtung voneinander
zu entfernen begannen, so sollte offenbar mit diesem Signal angedeutet
werden, daß im Falle einer Erneuerung des Kampfes man infolge von
Schwierigkeiten bei der Geschützbedienung nicht werde teilnehmen
können, was um so unbegreiflicher erscheint, als nachmittags der Seegang
schon im Abnehmen und — für Schiffe dieser Kategorie wenigstens —
ein bereits erträglicher geworden war. Tatsächlich fand keiner der übrigen
Kommandanten sich veranlaßt, diesem Umstände eine solche Bedeutung
beizumessen und selbstverständlich war auch die Antwort des komman-
dierenden Admirals eine dementsprechende, indem dieser „Castelfldardo*
sofort mittels Signals den Befehl zurückerteilte, augenblicklich wieder den
Posten in der Linie einzunehmen, das Signal des Tadels hinzufügend.
Dieses Faktums machte der Verteidiger des Admirals Persano vor
dem Senate mit der maliziösen Bemerkung Erwähnung, „daß dies eine
ausgezeichnete Begründung (una eccellente ragione) gewesen sei, von
') Signal Verzeichnis ; Rendiconli etc., Seite 96.
dpren Sli(;li)iillfigkeit er jedoch — obsuhon kein Seemann — nicht Gher-
zeugt sein könne, wenn er bedenke, daß alle übrigen itahenischen Schiffe
in denselLen Gewässern fuhren",^)
Anrona — LinienschiffskapitanPiola — das dritte Schiff in der Linie
und Schlußschitr der Reserve unter Kontreadmiral Vacca, fuhr unbe-
kümmert um das Haiton des ,Ue d'Halia'*) seinem Vordermanne nach,
folgte sodann den Bewegungen des Führers und beteiligte sich mit an der
Beschießung des hnken Flügels der östen"eicliischen Panzerdivision und
der österreichischen HoIzTregatten. Während sodann Kontreadmiral Vacca
mit dem , Principe di Carignano' und , Castelfidardo " die Queue der
österreichischen Holzschiffe dublierte, trennte sich jAncona' von der
Reserve, da Linienschiffskapitän Piola plötzlich die Idee kam, .daß der
große Bogen, den die Reserve beschrieben hatte, dieselbe zwar den feind-
lichen Holzschiffen nahe gebracht, dagegen von ihrem eigentlichen Kampf-
plätze, der dort war wo die Panzerschiffe kämpften, entfernt hatte*.
,Ancona" steuerte deshalb gegen den ,Re d' Italia" zu, welchen sie isoliert
und stark gefährdet sah, in der Absicht, ihn zu unterstützen. Allein diese
Hilfe kam, wie wir wissen, bereits zu spät, denn, bevor »Ancona" auf
diesem Teile des Kampfplatzes erschien, hatten sich dort entscheidende
Ereignisse vollzogen: der „Re d' Italia" war gesunken, der ,Pales1ro*
stand in vollen Flammen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit, die sich aus der Situation ei^bl,
kann angenommen werden, daß .Ancona" jenes Schiff war, welches
unmittelbar nach der Kata.^trophe des ,Re d'Itaha* den ,Erzh, Ferdinand
Max" bedrohte, als dieser noch nicht seine volle Fahrgeschwindigkeit
erlangt hatte und hinreichend sleiierffthig ^ar.
Auf eine Entfernung von 4 bis 5 Kabel senkrecht gegen die Backbord-
seite de^ ,Erzh. FerdinandMax' steuenid, schien, Ancona' dicAbsichtiu
haben, diesen /.u ranmien und mit Rücksicht auf die geringe Distanz
befOrclilele man schon an Bord des „Erzli. Ferdinand Max*, daß es zu spät
werden könnte, dem drohenden Stoße zu entgehen. Dank dem rasch und
brillant ausgeführten Manfiver des österreichischen Kommandanten
(siehe Seite 243) sowie einer augenscheinlichen Unentschlnssenheil des
italienischen im letzten entscheidenden Momente, welcher, anstatt seinen
Kurs fortzusetzen, von selbst dasAuswoichmanöver des .Erzb. Ferdinand
Max" noch unterstützte, gelang es diesem noch knapp, sich aus seiner
'}neile des Vcrleidigprs
:)Si«hp Seile 811.
ein, Rftiilieoiili elc. etc; Sei
2G9
gefährlichen Lage zu befreien. Daß hiebei von Seite der ^Ancona** einige
bUnde Schüsse abgegeben wurden, haben wir schon an anderer Stelle
erwülint.
»Ancona* steuerte hierauf in südwestlicher Richtung, um sich mit
dem „Re di Portogallo* zu veremigen. Auf dem Wege dahin stieß sie auf
den österreichischen Raddampfer „Elisabeth", welcher eben Anstalten
zur Rettung der Schiffbrüchigen dos ,Re d' Italia** machte, und versuchte,
ihn zu rammen. Der , Elisabeth'' kam in diesem Augenblicke auch noch
ein zweites italienisches Panzerschiff — „ Varese* — entgegen, doch beiden
wußte ,,EIisabeth'' geschickt auszuweichen, worauf diese selbst miteinander
zusammenstießen und mit ihrer Takelage längere Zeit hängen bUeben
„Ancona** vereinigte sich sodann mit den von Eontreadmiral Vacca
ralliierten Schiffen in der Kielwasserlinie.
Die in der Schlacht mit Ausnahme der durch die zwei erwähnten
Zusammenstöße erlittenen Havarien waren unbedeutend. Stab und Mann-
schaft unverletzt.
Be d'Italia — Lmienschififskapitän Conte Faä di Bruno. Über die
Vorfallenheiten auf diesem Schiffe bis zum Momente der Oberschiflfung
des Admirals Persano auf dem „Aflfondatore* haben wir auf den Seiten
1 94 — 1 96 berichtet. Was die weiteren Ereignisse auf demselben anbelangt,
so stehen in dieser Beziehung nur die Aussagen der aus der Katastrophe
geretteten Offiziere und Mannschaften zu Gebote und aus diesen läßt sich das
Folgende konstatieren:
Nach derÜberschiflfung des AdmiralsPersano auf den „Aflfondatore'',
Führer der 2. Gruppe geworden, setzte sich LinienschifTskapitän Faä di
Bruno mit dem „Re d'Italia* sofort und ohne sich die Zeit zu nehmen,
das zu dem Zwecke der Überschiffting des kommandierenden Admirals
gestrichene Boot wieder zu hissen, in Bewegung, bestrebt, die inzwischen
in der Linie entstandene bedeutende Lücke schleunigst auf die normale
Distanz zu schließen. Als die Schlachtlinie durchbrochen wurde, fiel „Re
d'Italia*, um den drohenden Stößen der österreichischen Panzerschiffe zu
entgehen, gegen Norden ab, empfing, zwischen diesen passierend, ihr
Feuer, wobei ein Matrose getötet wurde, und wendete sodann über Back-
bord, wodurch er sich der österreichischen Holzflotte näherte, welche er
steuerbord auf ungefähr 3 bis 4 Kabel (600 bis 800 m) passierte.
Linienschiffskapitän Faä di Bruno, welcher sich erinnerte, daß in
den Ordini di massima den Panzerschiffen das Engagement mit den feind-
lichen Panzerschiffen vorgeschrieben war, setzte deshalb seine Wendung
über Backbord fort und betand sich aJsbald diesen letzteren gegenüber,
als sie nach der ilirerseits vollzogenen Wendung nun zum zweiten Offensiv-
stoß vorgingen.
Hier wurde ,Re d'Iialia" gleich vom österreichischen AdmiralschifTe
vome an Steuerbord gerammt und erlitt hiebei einige Havarien, doch, da'
der Stoß in schieler Hichtuiig erfolgte, war der Effeki nur ein unvoll-
kommener. Die beiden Schiffe trennten sich rasch wieder voneinander.
Während des gegenseitigen VorÜberstreifens fand auf beiden Seiten von den
bereit gehaltenen Enterabteilungen ein lebhaftes Heingewehrfeoer statt. beP
welchen auf dem ,Re d'Italia" der Guardia-marina Ivancich getötet
wurde. Unterdessen waren auch die drei anderen österreichischen Panzer-
schiffe, die ihrem Admiral gefolgt waren, näher herangekommen und
beteiligten sich an dem Kampfe gegen den „Re d* Italia*, der somit augen-
blicklich das Feuer von vier Gegnern auszuhalten hatte. Linienschi ffskapilfln
Faä di Bruno, von allen Seiten angegriffen und tapfer mit Breitseiten
antwortend, sieht sich vergebens nach seinen Kampfgenossen behufs
Unterstützung um, doch weder ,Paleslro* noch „San Marlino, sind im
Stande, ihm in diesem Augenlilicke zu Hilfe zu kommen, da auch sie den
migestümen Angriff der österi'eicbischen Panzerschiffe auszuhallen haben,
zu denen jetzt noch jene des linken Flügels gestoßen sind.
Kaum hatte sich ,Re d'Italia" nach seinem Zusammenstoße mit dem
„Erzh. Ferdinand Max" von diesem freigemacht, als Ihn schon wieder eine
andere österreichische Panzerfregatte — wahrscheinlich .Kaiser Max* —
achter zu rammen versuchte ; doch auch diesmal gelang es dem ,Re d' llalia*
noch, durch eme rasche Wendung dem drolienden Stoße auszuweichen.
Die Österreichische Panzerfregatte gab hiebei aus nächster Nähe ein^ce
Schüsse ab und eme Granate di-ang üi die Wohnung des feindlichea
Admirals, dortselbst einen Brand verursachend, der jedoch bald wieder
gelöscht wurde. Als dieselbe achter vom ,Re d' llalia* passierte, feuerte
sie noch eine konzentrierte Lage gegen ihn ab. durch welche der Steuer-
kopf desselben getroffen worden sein mußte, denn von diesem Äugeoblicka
an funktionierte sein Steuer nicht mehr.')
'jQuando la fregala corazzata ci fece fuoco dl poppa, vi Tu un Instante in c
bastimcnio non ubbidl piü nl timone; il commaDdanle se ne accorse, io pur«: antmail
sottuurii/iiili Ulla luota per giraik, mii cssa resisleva. Calai giü in batleria e trorai che i
frenelli «raoo io buono sla!o : anüul nella inuieru Jel cammandante e fu \i die acopetd '
esserc il timone rot tu ed inuliliziato. Rapporto dell'uniiiale pUolo Giuseppe Kil>hi. Hqi
äaccio etc. elc, (om H, Seile ITI).
271
In dieser kritischen Lage sah Linienschiffskapitfin Faa diBruno
eine feindliche Panzerfregatte — ,Erzh. Ferdinand Max* — auf kurze
Distanz fast senkrecht auf den ,Re d' Italia" lossteuern. Befürchtend, daß
es ihm unter diesen Umständen kaum gelingen werde, dem ihm zugedachten
Rammstoße zu entgehen, ließ er sofort die Enterabteilungen auf das Deck
rufen, um für eine allfäUige Enterung bereit zu sein. Mit voller Dampfkrafl
nach vorwärts arbeitend, blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Heil zu
versuchen, ob er nicht vielleicht doch noch vorne passieren oder wenigstens
den Stoß etwas abschwächen könne.^) Allein diese schwache Hoflhung
1) Bezüglich des Gerammtwerdens des «R^ d* ItaJia" durch den ^Erzh. Ferdinand
Max*' wird in vielen Schilderungen, so auch im österreichischen Generalstabswerke
Seite 73, angegeben, dafi dem «Rö d* Italia'' in jenem kritischen Momente, als er den
,Erzh. Ferdinand Max** auf sich losstürzen sah und er durch schnelles Vorwärtsarbeiten
mit der Maschine demselben zu entrinnen trachtete, «eine österreichische Panzerfregatte
den Weg verlegt habe". Diese Version verdient jedoch keinen besonderen Glauben, und
zwar aus folgenden Gründen: Erstens schildern die Augenzeugen dieser Affäre, nämlich
Linienschiffskapitän Freiherr v. Sterneck sowie die zwei schon öfter angeführten
geretteten Offiziere des „R6 d' Italia*", der 2. Stabschef Fregattenkapitän del Santo und
der Maiiöverofßzier Linienschiffsleutnant Marchese Gualterio, den Vorgang in der von
uns gebrachten einfachen Weise, nämlich, daß, als der ,.R^ d^Italia" plötzlich aus dem
Pulverrauchc heraustrat, der „Erzh. Ferdinand Max' sich sofort auf ihn losstürzte und
d<afi wegen der Nähe die Vermeidung eines Rammstoßes nicht mehr möglich war. Es
blieb ihm daher nichts anderes übrig, als zu trachten, diesen Zusammenstoß so viel als
möglich abzuschwächen, und da läßt sich allerdings darüber reden, ob es für den ,Re
d* Italia** nicht besser gewesen wäre, an seiner Fahrt nach vorwärts festzuhalten, statt von
vorwärts auf rückwärts überzugehen und damit das Schiff, wenn auch nur auf einen
Moment zu einem vollständigen Stillstehen zu bringen, wodurch dem „Erzh. Ferdinand
Max" das Rammen in jeder Beziehung erleichtert und gefahrloser gemacht wurde.
Hierin lag unserer Meinung nach das verhängnisvolle für den „R^ d* Italia**.
Wir haben uns der Mühe unterzogen, nachzuforschen, woher diese Darstellung de»
^Weg verlegen '^ stamme, und gefunden, daß sie in den ursprünglichen österreichi^hen
Berichten nicht vorkommt. Dagegen brachte sie der bekannte, dem Prinzen v. Joinvillc
zugeschriebene Artikel der „Revue de deux Mondes** vom 15. November 1866, als
angebhchvon den Österreichern herrührend. Sie ging sodann in italienische Darstellungen
über und so bringt sie aucti das italienische Generalstabswerk Seite 324, indem es schreibt:
., . . . una di quelle corazzate ncmiche (^la Salamander) gli chinde la via". Attlmayr
nimmt dies wieder, Seite 192, vom italienischen General^^tabswerk mit den Worten ab:
, . . . nach italienischen Berichten soll der „Re d'Italia*' deshalb gestoppt haben,
weil ein feindliches Panzerschiff ihm vorne den Weg verlegte*. Man ersieht hieraus, wie
derartige Schilderungen oft die Runde machen.
Aber sei dem wie ihm wolle, die oben angeführte Version ist schon aus dem
Grunde nicht glaubwürdig, weil, wenn wirklich eine österreichische Panzerfregatte dem
erwies sich bald als ü'flgerisch; er ließ nun wieder die Maschine mit voller
Ki'aft nach rückwärts schlagen, doch umsonst! Sein Schicksal war bereits
besiegelt, denn eben, als die Wirkung der beiden einander entgegen-
gesetzten Bewegungen einzutreten begann und der ,Re d' Italia* wie
regungslos dalag, empfing er den verhängnisvollen Stoß des „Erzh. Ferdinand
Max' ungefähr 2 m vor dem Maschinenräume. Die verursachte Bresche
betrug zirka 5 m', wovon 3 m' unter Wasser. Während der «Crzh.
Ferdinand Max" langsam seinen Rammbug aus der Flanke des ,He
d'Halia* herauszog, hatte sich dieser infolge des furchtbaren Anpralles
zuerst auf etwa 25° nach steuerbord geneigt, rollte sodann nach backbord
zurQck und versank nach ungefähr 2 Yj™ mit dem VorschilTe voraus in den
"Wogen unter den Hurrahrufen des Siegers.
Noch im letzten Augenblicke, als der ,Re d'Italia' eben den töd-
lichen Stoß empfing, wurden aus der Batterie einige Schüsse abgegeben,
sodann stürzte sich alles, was nur konnte, in die See. Der Kommandant
Linienschiff^kapitän Faä di Bruno, obschon am Fuße verwundet, hielt
bis zuletzt auf seinem Posten auf der Kommandobrücke aus und schoS
sich sodann aus seinem Revolver eine Kugel in den Kopf.')
Während des Sinkens waren einige Leute nach achler geeilt, um,
wie es schien, die Flagge an der Gaffel zu streichen — angeblich, damit
sie nicht in die Hände des Feindes falle — doch der dem Flottenstabe
zugeteilte Guardia-marina Razzetto widersetzte sich diesem Vorhaben,
stieß den Malrosen, der die Flaggenleine in der Hand hielt, zur Seite and
hißte die Flagge, die übrigens erst ein kurzes Stück gestrichen worden
war, wieder ganz top, so daß das dem Untergänge geweihte Schiff mit
wehender Nationalflagge in sein nasses Grab ging.
Schiffslrümmer und zaiilreiche Seeleute, denen es gelungen war, in
das Wasser zu springen, bevor sie von dem reißenden Wirbel des unter-
gehenden Scliiffes ergriffen wurden und die jetzt, mit den Wellen um ihr
,Itö d' Ilalia' im Momcnle, wo er schon vom .Enh, FerUinnmi Max* bedroht war imd
wegen seintr SteuLThavarie nicht mehr zur Seile nuswelchen konnte, den Weg veriegt
fafllle, das heiBt so gekommen w&re, daB sie seinen Weg kreuzte, doch buchst wahr-
seheinlich sie selbst verloren (gewesen wAre. Der Kommanilant des ,R'< d'IlaJia* wOrdt
in seiner verzweifelten Lage wohl nicht gezögert haben, den ihm drohenden Unlersanf
an diesem SchifTe in gleicher Weise zu rRchcn, es sei denn, daß ihn Mut und Geiste»-
ge^Enwarl glmlieli verlassen hätten. A. d, V.
'1 Der OberatückmeiEler PolHo und der Oherboutsmmin Maresca beicugtaa
3 Faktum Tor der Unlcrsuthuiigski
273
Leben kämpfend, um Hilfe riefen, bezeichneten die Stelle dieser furchtbar
großartigen Katastrophe. Sich an Rundhölzer, Riemen und Holz-
trümmer jeder Art anklammernd, trieben diese Unglücklichen mit der
See der Insel Lesina zu, immer in der Angst, von den eigenen oder feind-
lichen Schiffen, welche zum Teile mitten zwischen ihnen passierten,
überfahren oder durch Zufall angeschossen zu werden,^) da die Schlacht
ihren weiteren Fortgang nahm.
Wir haben schon früher (Seite 214) gezeigt, wie die humanen und
edlen Absichten des österreichischen Admirals, ihnen Hilfe zu leisten,
durch die Umstände und ihre eigenen Landsleute vereitelt wurden; ähn-
liche Verhältnisse dürften italienischerseits vorgewaltet haben. Es gelang
den Schiffbrüchigen endlich, sich in Gruppen zu vereinigen imd nach
vielen Anstrengungen so gut als möglich aus den herumtreibenden
Gegenständen zwei Flöße zu konstruieren.
1) Es wurde später vom Admiral Persano der allgemeine Vorv\Tirf erhoben, daß
Österreichischerseils auf die in den Wellen um ihr Leben kämpfenden Leute des ,Re
d' Ilalia'* noch absichtlich geschossen worden wäre. Wie böswillig diese so allgemein
gehaltene Beschuldigung ist und wie wenig sie dem ritterlichen Sinne, der anerkannter-
maßen in der österreichischen Armee und Marine seit jeher geherrscht hat und traditio-
nell hochgehalten wird, entspricht, dies glauben wir wohl nicht erst des näheren erörtern
zu müssen. Der italienische Admiral scheint dieselbe auf den Bericht des Linienschiffs-
leutnants Marchese Gualtcrio (siehe Beilage IV) hin erhoben zu haben, welcher berich-
tete, daß sich die Schiffbrüchigen mitten zwischen den beiden kämpfenden Flotten
befanden, daß sie nahe an den österreichischen Kanonenbooten vorübertrieben, daß
man von diesen aus drohende Geberden auf sie machte und daß von einem derselben
sogar mit Gewehren auf sie geschossen worden sei. Ohne die Tatsache im geringsten zu
bezweifeln, daß dort Geschosse einschlugen, möchten wir aber nur auf den einen
Umstand hinweisen, daß auch die österreichischen Kanonenboote, wie wir früher gezeigt
haben, sich lebhaft an dem Kampfe ihrer Holzfregatten gegen die Teteschiffe Kontre-
admirals Vacca beteiligten, welcher Kampf gerade um die Zeit stattfand, als die Schiff-
bruchigen in ihre Nähe gekommen sein mußten (zirka 12**), daß es somit immerhin
möglich ist, daß eine oder die andere Gewehrkugel, welche diesen zugedacht war, sich
unabsichtlich zwischen die schwimmende Mannschaft des „Re d'Italia** verirrte. Der
Kommandant des Schraubenschoners flNarenta"*, Linienschiffsleutnant Spindler, der
nahe an derselben passierte, wollte Hilfe leisten und die Boote streichen; seine Absicht
wurde aber durch die beiden Panzerfregatten Vaccas, welche ihn beschossen, unmöglich
gemacht und auch bei dieser Gelegenheit sah man, wie einzelne ihrer Projektile mitten
zwischen die Schiffbrüchigen fielen. Es sind dies eben Zufölle, wie sie mitten in der
Aufregung des Kampfes, wo die verschiedenen Möglichkeiten nicht lange berechnet
werden, stets vorkommen können, ohne daß man denselben gerade eine Absichtlichkeit
zu Grunde zu legen berechtigt ist. A. d. V.
FJ üi scher. Diu k. k. Kriogsuiariiiü 1W3C. 18
Auf dem einen befand sich der dem FloUenstabe zugeteüle
Fregaltenkapilän Andrea del Santo mit dem Liiiienschiffsleutnant
Gaetano Gaudiano, dem Guardia-marina Alberto Isola nebst 38 Unter-
offizieren und Matrosen, auf dem anderen größeren LiiiienscliiEfsleulnant
Enrico Marchese dt Gualterio, der Pilot I. Klasse Giuseppe Russo, der
Linienschiffs -Unterleutnant Giuseppe Casanova, die Guardie-mariua
Michele Razzelto, Torello Orsini und Carlo Olivk-ri mit ungefähr
100 Unteroffizieren und Malrosen. Man trachtete, sieh durch das Empor-
halten von Stangen und Bootsriemen, an welchen Tücher oder Hemden
gebunden waren, bemerklich zu machen, doch umsonst ! Sowohl die
eigenen wie die feindlichen Schiffe entfernten sich immer mehr vcn dieser
Stelle, da die Schlacht inzwischen in anderer Riclitung fortgesetzt wurde.
Die Offiziere, Unteroffiziere sowie einige ältere Matrosen belebten so TJel
als möglich den sinkenden Mut der Mannschaft, von der eiiiigün die
Kräfte auszugehen drohten. Es fehlte hiebei nicht an Zügen aufopfernden
Mutes und kameradschaftlicher Hingebung. Linienschiffsleutnant Ali^da
Bosano gmg in dem edlen Bestreben, den Kammerdepulierien Pier
Carlo Boggio, welcher nicht schwimmen koimte, zu retten, selbst zu
Grunde. Der Matrose Pietro A'esi rettete mit eigener Lebensgefahr den
Matrosen Buoncore, Matrose Paolo Vene hielt und unterstützte den in
der See von einem Projektil gelroCfenen Kameraden Fanelii, dabei selbst
im hohen Grade geffihrdel; ebenso zeichnete sich der Segelmacber
Raffaeie Laprea, ein alter befahrener Seemann des genuesischen Lito-
rale, durch seinen Mut wie durch die tatkräftige Unterstütziuig der
Schwachen aus, bis er zuletzt bei diesem edlen Bestreben selbst in des
Wellen verschwand.
Endlich nach 8 Stunden schwerer körperlicher wie seelischer
Leiden, denen die meisten fast schon zu erliegen drohten, nable die
Rettung. Gegen T*" abends entdeckten die Ausluger der Schraubenfregattfr
.Principe Umberto', Kommandant Linienschi ffskapitän Guiglielmof
Acten, das grÖj3ere der beiden treibenden Flöße. Sofort steuerte .Prin-
cipe Umberto' aus der Linie imd der angedeuleleii Ricbtung zu, wo nuui'
endlich die luiglücklicheu Gefährten aus ihrer gräßlichen Lage be&ejtft
und in die rasch gestrichenen Boote aufiiahm. Der .Affuudatore" sowie
die , Stella d'Italia' näherten sich nun gleichfalls der Stelle, wo »Principe
Umberto' seinem Rettungswerke oblag und nahmen die Leute des
zweiten Floßes an Bord. Die Raddampfer .Messiiggiere', .Calatafitni*
und ,Indipendenza' durchfuhren noch bis lO'/V' abends die See Q&cb>
allea Richtungen, ohne jedoch irgend jemand melir aufzufischen.
275
Im ganzen wurden gerettet durch
»Stella d'Italia« .... 2 Offiziere, 38 Mann
»Afifondatore'* 1 Offizier, —
, Principe Umberto** ... 6 Offiziere, 121 Mann
somit . 9 Offiziere, 159 Mann
vom Bootsmann abwärts. 18 Mann hatten, wie sich später herausstellte,
durch Schwimmen die Insel Lissa erreicht, wo sie von den Bewohnern
und dem Inselkommando gelabt und mit Kleidung versehen wurden.
Sonst entgingen der Katastrophe des „Rfe d'Italia* — außer Admiral
Persano, dem Stabschef der Flotte, Linienschififskapitän Edoardo
d'Amico, dem ersten Flaggenadjutanten Linienschiflfsleutnant Emesto
Conte di Persano, dem zweiten Ordonnanzoffizier Roberto de Luca und
2 Steuerleuten, die sich alle vor Beginn der Schlacht auf den „Afifonda-
tore" überschiffl hatten — noch der Guardia-marina Salvatore Palermo
und 11 Mann des Bootes, die der „Govemolo* aufgenommen hatte; femer
38 Mann des Ausschiflfungsdetachements unter Führimg des Marine-
infanteriehauptmannes Ernesto Oliva, die noch vom Abend des 19. an
Bord der „Maria Adelaide ** verblieben waren, somit weitere 6 Offiziere
und 51 Mann.
Von der ganzen Bemannung des „Re d'Italia", welche aus 42 Offi-
zieren und 620 Mann bestand, kamen sonach bloß 15 Offiziere und
228 Mann vom Bootsmann abwärts mit dem Leben davon, während
27 Offiziere und 392 Mann zu Grunde gingen.
Die geringe Fürsorge des Admirals Persano nach der Schlacht
betreffs der Schiflbrüchigen des „Re d'Italia", denen in den langen
Nachmittagsstunden des 20. auch nicht ein einziger der zahlreichen Rad-
dampfer, welche sehr gut zm* Durchsuchung der See verwendet werden
konnten, zu Hilfe kam und die nur zufällig von den Auslugem des
, Principe Umberto** entdeckt \vurden, ist wohl hauptsächlich die Ursache,
daß nicht mehr Menschenleben nach dieser Schiffskatastrophe gerettet
werden konnten. ^)
1) Und doch wußte er um 4^ bereits positiv, daß der ,Re d'Italia** gesunken
war. Des Linienschiffskapitäns d' Amico hatte sich bereits früher eine Ahnung von dem
Verluste dieses Schiffes, dessen Untergang man am „Affondatore* nicht bemerkt
hatte, bemächtigt, als er gegen 1^ einmal die Flotte mit dem Femrohre musterte
und den ,Re d'Itaüa* nicht finden konnte. Er teilte auch seine Besorgnis einigen Offi-
zieren am Bord des ^Affondatore** mit, doch gab man sich noch immer der Hoffnung
18*
276
Palestro — Fregattenkapitän Cuppetliai. Dieses Schiff war in-
folge des Nichleiiirüekeüs der Panzerkorvette , Formidiibile ' auf ihrem
Posten in der Schlachtlinie beim Durchbrechen derselben durch di»
Österreicher bedeutend von seinem nmimehrigen Vordermanne, dem
,Re d'Italia", entfernt.^) Obschon mit ganzer Maschinenkrafl fahrend,
konnte es diesem doch nicht mehr auf die normale Distanz näher
kommen und ihm wähi'end des heftigen Angriffes, den er seitens der
ftsterreichischen Panzerscliiffe auszuhallen hatte, Unterstützung briugea
Wähi'end dieser VorwSrtsbewegimg wurde ,Palesti-o* von dem.
österreichischen Admiralachiffe .Erzh. Ferdinand Max", dessen Kurs
er kreuzte, steuerbord achter gei'amral. Durch die Wucht des Stoßeai
wurden ihm dabei einige Panzerplatten heruntergerissen, auch erhielt
er aus der Batterie des ,Erzli. Ferdinand Max" some von dessen
Blockhausgeschötzen einige Schüsse aus nächster Nähe; trotzdem gelang
es ihm aber, sich wieder frei zu machen. Beim Zusammenstoße war die
Kreuzmarsstenge heruntergestürzt, auch die Besangaffel mit der Flagge
fiel herunter mid gerade auf das Vorkastell des kaiserlichen Admiral-
schiffes, auf welchem sie als Trophäe zurückblieb (Seite 241).
Nachdem der „Palestro* dem Stoße des, Erzh. Ferdinand Max' glück-
lich entgangen war, wurde er alsbald von anderen österreichischen Panzer-
schiffen sowie von der .Novara* engagiert, die ihn heftig beschossen
und von denen erstere zu rammen ti'achteten. Von einem dieser Schiffe
— wahrscheinlich , Drache' — erhielt er auf ungefähr I Kabel
(200 H») eine konzentrierte Lage in sein ungepanzerles Heck, wobeie
eine Granate in den Vorraum zur Offiziersmesse drang, in welchem man
zirka 20 ( Kohle gestaut hatte, um das Schiff mehr achterlastig zu
machen. *) Diese Kohlen nun fingen Feuer, welches man aber am Bord
des »Palestro" in der Hitze de.^ Gefechtes erst bemerkte, als dasselbe
schon größere Dimensionen angenommen hatte, worauf der Komraandanl
hin, daß er vielleicht in lier Nähe des bräunenden ,Paleslro' und doreh den Hauch ilci-
selben gedeckt sei; erst nach der Kataatroiihe des ,Paleslro' wurde man gewahr, dal
.Bi? d'Ilalia' noch immer fehle, und deshalb richtete um **> 4™ p. m. der ,ÄtTond»tore-
das äignal un die Flotte: .Hau verlangt Nachricht Ober die verschwundenen SchifTe oder
unter welcbem Windstriche sie gepeilt werden, ,Re d' Italia' — (,Si domanda noUne dei
bastimenli dispers! o per quäl rombn si rUevano, ,R^ d' Italia*), woranf von eioigriJ
Schiffen das Signal gehitt wurde: , He d' Italia" — gesunken {,Re d'Italia — affondatn*:.
Beiidiconti etc.; despusizionc d'Amico, Seile 69. A. il. V.
1) Ifach dem Berichte des Guardia-marina Fabrizi 6 Kabel; siehe Beilage V.
^ Bericht des GuardiB-rn&riaa Fabrizii siebe Beilage V.
277
über Backbord wendend außerhalb des Gefechtsbereiches zu kommen
trachtete und nun alle seme Anstrengungen auf die Bekämpfung des
immer mehr um sich greifenden Brandes richtete.
Die Pulverkammern werden unter Wasser gesetzt und sodann die
ganze Mannschaft zu den Löscharbeiten beordert. Doch infolge des unge-
heuren, immer dichter werdenden Rauches kann man sich der eigent-
lichen Brandstelle nicht nähern, so daß das Feuer trotz alledem von
Minute zu Minute weitere Fortschritte macht. Man bringt nun das Schiff
an den Wind, damit die Flammen mehr außer Bord gehen, nähert sich
aber durch diese Kursveränderung wieder dem Feinde, der, die kritische
Lage und Position des „Palestro** bemerkend, ein Panzerschiff zu dessen
Verfolgung abschickt. Diese Bewegmig wird aber von der eigenen Flotte
wahrgenommen und die Schiffe der Reser\'e unter Kontreadmiral Vacca
erhalten den Befehl, den „Palestro" aufzunehmen, was auch geschieht,
und imter ihrer Deckung steuert derselbe zur eigenen Flotte, hinter
die Linie der Panzerschiffe.
Auch der kommandierende Admiral auf dem „Affondatore* nähert
sich jetzt dem brennenden Schiffe imd vnid beim Passieren des Hecks
mit den Rufen: „Evviva il Re! Evviva Italia" empfangen. Der Stabschef
d'Amico ruft mit dem Sprachrohr hinüber: „Mannschaft retten, wir
werden Boote schicken**, worauf der Kommandant Cappellini noch die
beruhigende Antwort gibt: , Keine Gefahr, die Pulverkammern sind unter
Wasser gesetzt**. Der „Affondatore** steuert sodann wieder auf seinen
Posten an der Tete der Linie. Vizeadmiral Albini befiehlt mittels
Signals dem „Govemolo**, sich dem Kommandanten des „Palestro** zur
Verfügung zu stellen, der diese Hilfe annimmt imd den „Govemolo*
anweist, ihn in Schlepp zu nehmen und mit dem Bug an den Wind zu
bringen, nachdem das eigene Steuer nicht mehr zu gebrauchen ist. Dies
geschieht, aber beim Inbewegungsetzen reißen die Schlepptaue. In
diesem Augenblicke nähert sich auch die „Indipendenza**, welche ein
Boot streicht, das dem ,Govemolo** beisteht, neue Trossen auszubringen.
Der erste Offizier des „Palestro**, Linienschiffsleutnant Viterbo, leitet
diese Arbeiten vom Vorkastell aus; der Kommandant Cappellini schickt
ihm den Guardia-marina Fabrizi mit dem Auftrage zu, sich zu beeilen,
und läßt inzwischen Anstalten zur Ausschiffung der Mann-
schaft treffen. Während man sich aber hiezu anschickt, ungefähr um
V 28**, vernimmt man rasch nacheinander das Platzen mehrerer Granaten,
sodann eine fürchterliche Detonation und der „Palestro** mit seiner
Bemannung fliegt in die Luft.
Schiffstrüninier aller Art und Glieder menschlicher Leichen regiien
auf den .Governolo, die .Indipendonza" und die Boote herab, weichen
es gelingt, den Guardia-niarina Fabrizi sowie 22 Matrosen in noch
lebendem aber meist sehr beschädigtem Znstande aufzufischen, die Obeiv
lebenden der Katastrophe und die Reste eines Bemannungsstandes
Ton 12 Offizieren und 228 Mann. Dies ist die wahre und ungeschminkte
Darstelhmg des Sachverhaltes bezüglich der Katastrophe des ,Pa!estro*,
so wie dieselbe aus den vor der Untersuchungskonimission gemachten
Aussagen der Geretteten, insbesondere des Guardia-marina Fabrizi
hervorgeht. Sie weicht im wesentlichen von jener ab, wie gewöhnlich
das Ende des ,Palestro' und seiner wackeren Bemannung erzählt wird.
Damach hätte Fregattenkapitän Cappellini es für eine Ehren-
sacheangesehen, sein Schiff überhaupt nicht zu verlassen und es vor-
gezogen, mit demselben unterzugehen, iiidem er* ausrief: ,Wer gehen will,,
mag gehen — ich bleibe', worauf die Mannschaft, von dem Beispiele
ihres Kommandanten begeistert, unter donnernden Ewivas geschworen
habe, ebenfalls zu bleiben und nur die Kranken und Verwundeten in die
Boote des ,Govemolo" überschißl wurden- Dem ist, wie nun mit Sicher-
heit festgestellt wurde, nicht so.
Als die italienische Regieniug mittels königlichen Dekretes vom
l.Augustdem FregattenkapitänÄlfredo Cappellini die goldene Militär-
verdienstmedaille zuerkannte, geschah dies allerdings mit der Motivierung,
.daß er vorgezogen habe, lieber mit seinen Offizieren und seiner Mann-
schaft unterzugehen, als das seinem Kommando anvertraute Schifl^
welches eine Beute der Flammen geworden war, zu verlassen*. Dw
Regierung hatte jedoch damals schon von dem Resultate der Unter-
suchungskommission bezüglich des Untei^anges des ,Palestro' sowie
von den Aussagen der Oberlebenden desselben Kenntnis. Sie fand e*
aber aus pohtischen Gründen für gut, den über dieses Ereignis im
Publikum zirkulierenden Gerüchten nicht entgegenzutreten, da sie der
Ansiebt war. daß bei der gedrückten Stimmung die allgemein herrschte,
dieser vermeinUiehe Akt von Heroismus lindernd auf das verwundete
Selbstgefühl der Nation wirken werde und zur Beruhigung der Gemüter
beitragen könne. Anstalt daher die ÖffentlichkeiL über das Wahre an der
Sache aufzuklären, schwieg man und bestäi-kte hiedurch dieselbe in dem
Glauben, der von den Journalen überschwenglich geschilderten Dar-
stellung. So geschah es auch, daß das Munizipium von Livomo, der
Vaterstadt Capp eil ini's, eine Gedenktafel an dem Geburtshause desselben
anbringen ließ, deren Inschrift emphatisch betonte: .che sdegnoso
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soprawivere alla mancata vittoria — se e gli annuenti compagni — spro-
fondö nel mare — insegnando come la fortuna ai magnanimi -— piiö
torre il trionfo* etc., etc.^)
Die Geschichte aber, welche die Pflicht hat, selbst liebgewonnene
und gern gehörte Überlieferungen der Wahrheit zu opfern, kann auch
in diesem Falle nicht umhin, den Untergang des „Palestro* des Sagen-
haften zu entkleiden und die reine, nüchterne Wirklichkeit an dessen
Stelle zu setzen. Nach dieser ist bezüglich des Unterganges des „Palestro"
das nachstehende festgestellt:
Aus den übereinstimmenden Aussagen aller Geretteten geht hen'^or,
daß man auf dem „Palestro**, als die Pulverkammern unter Wasser gesetzt
waren, bezüglich einer allfälligen Explosion keine Befürchtungen mehr
hegte und sich mit verdoppelten Eifer den Lö?charbeiten hingab. Es
läßt sich aber auch nicht bezweifeln, daß zu der Zeit, in welcher der
Kommandant Cappellini den „Govemolo" anwies, den „Palestro* in
Schlepp zu nehmen, er selbst bereits die Hoffnung aufgegeben hatte, des
Feuers Herr zu werden und Dispositionen zur Ausschiffung der
Mannschaft getroffen hatte. Dies letztere geht aus den Aussagen der
meisten der geretteten Steuerleute und Matrosen hervor, welche sich auf
Deck in dessen Nähe befanden und die übereinstimmend vor der Unter-
suchungskommission zu Protokoll gaben, „daß der Kommandant im
letzten Momente, als sich schon jede Hoffnung auf Rettung des Schiffes
unmöglich erwies, mit großer Ruhe und Kaltblütigkeit den Offizieren
Befehle erteilt habe, die Einschiffung der Leute in die Boote voi-zunehmen,
daß aber unmittelbar nach dem erteilten Befehle schon die
Explosion stattfand'*. Daß diese dennoch eintrat, trotzdem man die
Pulverkammern unter Wasser gesetzt hatte, läßt sich nur so erklären,
daß dieses Unterwassersetzen kein vollständiges, sondern nur ein teil-
weises gewesen sein mag, bei welchem die einzelnen Munitionskisteji
nicht — wie vorgeschrieben — geöffnet wurden, wobei dann allerdings
die Munition für Kriegszwecke unbrauchbar wird, daß sodann als das
Feuer die hölzernen Wände der Pulverkammern ergriffen und verzehrt
hatte, das Wasser wieder seinen Ablauf fand, worauf sich die kupfernen
Munitionskisten erhitzten und die Entzündung des Pulvers herbeiführten.
Auf diese einfache imd völlig wahrscheinliche Erklärung ist also
die Ursache der plötzlichen unerwarteten Explosion sowie die Erzälilung
vom Untergange des ,Palestro** zurückzuführen, wodurch gleichwohl
J) Randaccio, elc , etc.; tom. II, Seile 191.
der Ruhmes);kiiz, der sich um Alfredo Cappellini und seine Gelreuen
verbreitet hat, nicht im geringsten verdunkelt zu werden braucht. Sie
haben als wackere Seeleute behufs Erhaltung ihres Schiffes in der
Bekämpfung des Elementes das möglichste geleistet und mit größter
Hingebung so lange ausgeharrt, als noch eine Hoffnung auf Rettung vor-
handen war; in dieser ihrer getreuen Pflichterfüllung, als eben das
unglückliche, dem Untergange geweihte Schiff verlassen werden sollte,
gingen sie zu Grunde. Aber niclit, wie man ursprünglicti verbreitet hatte,
nach dem Beispiele des ,Vengeur"M aus Schmera über den lujglück-
lichen Ausgang des Kampfes und den Untergang der Gefangenschaft
vorziehend, hatte sich der Kommandant des .Paleslro' mit seiner wackeren
Bemannung dem Tode geweiht; er befand sich ja nicht, wie jener, rbigs
vom Feinde umgehen; er lag bereits in Sicherheit inmitten seiner
eigenen Kampfgenossen, die ihm zu Hilfe eilten. Seine Pflicht als Kom-
mandant erstreckte sich daher nur mehr darauf, alle Anstrengungen auf
die Erhaltung des ihm anvertrauten Schiffes zu richten und als diese sich
nicht mehr als möglich erwies, die Reltmig der Mannschaft zu veran-
lassen, um seinem Lande und seinem Kriegsherrn das Leben dieser
Braven zu erhalten. Dieser doppelten Pilicht als Soldat und Mensch war,
wie wir gesehen haben, der tapfere Kommandant auch im vollsten Maße
nachgekommen und die italienische Marine kami daher auch bei Hiiiweg-
lassung des Sagenhaften mit Stolz auf die Episode des ,Paiestro' surück-
Idicken.
Die Namen der Verunglückten des Stabes haben wir auf Seite 23S
gegeben.
San Hartino — Fregattenkapitön Roberli. Dieses Im Zentrum
der italienischen Linie postierte Schiff, bestreble sich bei Beginn der
Schlucht dem Führer der Gruppe — ,R6 d'Itaha" — narhziikomnwn,
nahm aber im Vorbeifahren vorher noch kurze Zeit teil an dem Kampre
der Gruppe Rihot y gegen die österreichische Holzdivision. ,S.*ui
') Dtr bekannten durch zahlreiche Gedichte und Gemälde der Nachwell Hbef
lieferten Episodp aus der Seeschlaclit von XIU Prairial l'an 1 (1-Janil793) im Meer«
huseu von Gascogue zwischen der frajuOfiscbeu Flotte unter Admiral Villaret-
Joyeuse und der eT:gIi«cheD untt;r LArd Howe, in welcht^r es znisclien dem
französischen LIiüenschifT ,Le Vengcur* ußd dem engh^i-hen .Brunswick* la ünen
N'nhgefceblG kam. welches damit endete, daß nach längerer tapferer Gegenweur und
grofien Verlusten des .Vengeur* der KapilSn und die Mannschaft desselben ea vl)^
zogen. Blatt die Flagge zu strcielien und sich dem Feinde zu ergeben, das Schiff in dift
Luft lu sprengen. A. d. V.
281
Martino** steuerte hierauf wieder dem ^Re d'Italia" zu und trachtete
eine feindliche Panzerfregatte (wahrscheinlich ^Kaiser Max"), welche sich
achter desselben befand und mit diesem engagiert war, zu rammen,
doch hatte die österreichische Panzerfregatte noch Zeit, durch eine
rasche Bewegung nach backbord dem drohenden Stoße auszuweichen.
»San Martino* erhielt bei dieser Gelegenheit von einem anderen öster-
reichischen Panzerschiffe (wahrscheinlich » Drache") auf kurze Distanz
eine Breitseite, welche einen großen Teil seiner Achterbekleidung zer-
trümmerte und in der Kommandanten wohn ung einen Brand verursachte,
der indes bald wieder gelöscht wurde. Der Kommandant steuerte aus
dieser Veranlassung außerhalb des Gefechtsbereiches und wandte sich hier-
auf wieder der Gruppe Riboty zu. Dort von zwei österreichischen Panzer-
fregatten (wahrscheinhch „Don Juan** und „Prinz Eugen**) imd einer
Holzkorvette „Erzh. Friedrich** engagiert, brach hiebei abermals durch eine
in die Offizierskabinen an Steuerbord einschlagende Granate Feuer aus.
Auf die große Geschwindigkeit seines Schiffes bauend, entzog sich der
Kommandant dieser neuen Gefahr dadurch, daß er, mit beiden Borden
feuernd, mitten zwischen zwei der feindlichen Schiffe hindurchfuhr und
im Pulverdampfe verschwand. Nach Bewältigung des Brandes sodaim
die eigenen Panzerschiffe an seiner Backbordseite erblickend, welche im
Begriffe waren sich zu vereinigen, steuerte er auf diese los und bemerkte
nun das Signal des Kontreadmirals Vacca, welches die Formierung einer
Kielwasserlinie ohne Rücksicht auf Rang und Posten anbefahl. Im
Begriffe, diesem Signale Folge zu leisten, stieß .San Martino** mit der
„Maria Pia** zusammen, wobei er einige Beschädigungen davontrug.
Die Havarien des „San Martino** außer den durch das Feuer ent-
standenen Beschädigungen der Holzwände an den Offizierskabinen und
der Kommandantenwohnung waren folgende: Eine Panzerplatte durch-
schossen, wobei das Projektil in der Holzpolsterung unter derselben
stecken geblieben war, mehrere andere Panzeii;)latten leicht beschädigt
Der Sporn war infolge des Zusammenstoßes mit der „Maria Pia* nach
links gedrückt, so daß das Schiff Wasser zog, welches indes von der
Maschine mit Leichtigkeit bewältigt wurde. Femer waren noch einige
Winkeleisen und Eisenbleche der Verkleidung an Steuerbord beschädigt,
2 Stückpfortendeckel heruntergerissen, 3 Fockwanten zerschossen sowie
noch einige andere unbedeutende Beschädigungen in der Takelage.
Im ganzen war selbst nach italienischem Urteile die Beteiligung
des „San Martino* am Kampfe keine besonders ausgiebige, entsprechende
gewesen und wurde — wie wir glaul^en mit Recht — dem Komman-
(lauten verübelt, durch die großen Bügen, in wtlchen er jedesmal aus
dem Gefei'htäbereiche steuerte um den entstandenen Brand zu löschen,
die kritische Zeit versäumt zu haben, sich noch weiter mit Erfolg an der
Aktion beteiligen zu können. Auch erscheint das von ihm um 4"" p. m,
gemachte Signal: ,Man ist nicht mehr im stände, die Linie zu halten" mit
Rücksicht auf den Grad der erlittenen Havarien nicht gerechtfertigt.') Vom
Stab war niemand verletzt, von der Mannschaft blieben 3 Mann tot
und 2 Mann waren schwer, 3 Mami leicht verwundet.
Rt di Portogallo — Linienschi ffskapilän Riboty — dieses Schiff,
Führer der dritten Gruppe — ,Rc di Portogallo", .Varese", , Maria Pia*
— lag am Morgen des 20. abseits des Gros der Panzerschiffe mit der
Reparatur einer Maschinenliavai'ie beschäftigt, die erst gegen S'/a'' beendet
war. Admiral Persano hatte den , Govemolo ' entgegengescliickt, um es
nötigenfalls in Schlepp zu nehmen, doch erwies sich diese Hilfe als nicht
mehr notwendig, da der „Re di Portogallo" inzwischen darapfbereit
geworden war und sich von selbst gegen die italienischen Panzerschiffe
in Bewegung setzte, welche eben eine Fronlliaie mit westlichem Kurse
formierten. Linienschiffskapitän Riboty hatte in diesem Augenblicke
noch keine Kenntnis von dem Erscheinen der österreichischen Eskadre.
Er vereinigte sich sofort mit dem Gros, seinen Posten als Führer der
dritten Gruppe am linken Flügel einnehmend und gewahrte nun das
Anrücken des Feindes.
Da in Bezug auf die Angriffsweise vorher nichts Näheres bestimmt
worden war und auch keine weiteren darauf bezüglichen Signale erfolgteu,
er somit aufsein eigenes Urteil angewiesen blieb, nach welchem ihm die
inzwischen angenommene Kielwasserlinie keineswegs vorteilhaft für den
Angnff gegen die Österreichischen Panzerschiffe erschien, glaubte er am
besten zu handeln, wenn er sich mit seiner Gruppe auf die feindliche
Holzdivision würfe, um diese womöghch von ihren Panzerschiffe» zu
ilrennen und hiedurch der Holzilottedes Vizeadmirals Albini den aubU"
nehmenden Kampf zu erleichtern.*!
') Siehe HiLndacciu, Slori» della marinu itiilianti II. Seile ä03.
') Rendiconri etci depostzioue Riboty Seite 91. ,Tosta che i ncomlnciä U eon
batlimento, dopa le primc bordstc dell' ammiraulio Vacca, pcnsando che calla Unea
di flu naturalmcDte non si era in posizione propizia per accettarc il rombaltimtnlo,
voiliii la prua al nemico, endni vcrso Tala dritta de! mpdesimo cotl' inlcnzione di difldefs
la squndra ausIriRca in legno da qaella dells eorrazzatc onde facitilare alla Doctt<
sqnadra in legno il ronibalümenle con la nnnica.'
283
In dieser Absicht steuerte er mit ^ Maria Pia** und ^Varese*' gegen
den rechten Flügel der österreichischen Holzdivision, welche ihm aber
schon, das Linienschiff , Kaiser" an der Spitze, entgegenkam, da Kom-
modore V. Petz dieses Manöver bemerkt, die Absicht erraten und
behufs Deckung seiner rückwärtigen kleineren Schiffe sofort nach back-
bord abgefallen war.
Unter dem heftigen Geschützfeuer, das nun auf beiden Seiten
begann, näherten sich rasch die feindlichen Abteilungen und es währte
nicht lange, so sah der „Re di Portogallo** an seiner Backbordseite den
„Kaiser" auf ganz kurze Entfernung vor sich, der in der unverkennbaren
Absicht zu rammen auf ihn losdampfle und eine Lage seiner Backbord-
batterie abgab. Wie wir wissen (siehe Seite 204), hatte sich der öster-
reichische Kommodore, im Vertrauen auf die Stärke seines Schiffes zu
dieser heroischen Tat entschlossen, da er wegen der allzu großen Nähe
nicht mehr anders ausweichen konnte, ohne die achter von ihm
befindlichen Schiffe „Elisabeth* und „Erzh. Friedrich* im höchsten Grade
zu gefälirden. Linienschiffskapitän Riboty ahmt das Manöver seines
Gegners nach und fällt gleichfalls nach backbord ab, um ihm den Bug
zu zeigen und womöglich durch einen Ranrunstoß seinerseits zuvor-
zukommen; aber die beiden Schiffe sind einander schon zu nahe und der
Stoß des Linienschiffes erfolgt früher, jedoch nicht mehr senkrecht,
sondern im schiefen Winkel, backbord in der Nähe der Maschine. Das
Linienschiff verliert hiebei seinen Fockmast und die beiden Schiffe streifen
aneinander vorüber, sich gegenseitig beschießend und im dichten Rauch
verschwindend. Auf dem „Re di Portogallo" glaubt man sogar, das Linien-
schiff sei gesunken.
Die Havarien, welche der „Re di Portogallo**, der nach dem er-
littenen Stoße stark nach steuerbord überkrängte, bei dieser Gelegenheit
davontrug, waren ziemlich bedeutende. Alles was auf der Backbordseite
vom Schiffe herausragte, wurde abrasiert; er verlor 2 Anker und
mehrere Boote; von 4 Landungsgeschützen, welche sich achter befanden
WTirden die Lafetten zertrümmert, eines fiel ins Meer, ebenso wie 1 1 Stück-
pfortendeckel an Backbord, endlich wurde die Bordwand auf eine Länge
von mehr als 60 Fuß vollständig zertrümmert. Auch die Takelage und
das Heck hatten einige Beschädigimgen erlitten.
Bald nach diesem Zusammenstoße mit dem „Kaiser* war ,R6 di
Portogallo" backbord von einigen Holzschiffen, steuerbord von zwei
Panzerfregatten bedroht und befand sich, da er von den übrigen Schiffen
seiner Gruppe getrennt war, in einer bedenklichen Lage. Er beantwortete
kräfli^ ihr Ffuer mit seiiii?r Batterie und bes^trc-bte sich durch rasche
Bewegungen den beabsichtigten Stößen der gepanzerten Gegner zu
entziehen. Viele feindliche Geschosse beschädigten das Deck und die
Takelage; der zweite Kommandant, Fregattenkapitän Emerich Acton,
wurde bei dieser Gelegenheit durch einen Granatsplitter leicht verwundet,
kehrte aber, nachdem er verbunden, wieder auf seinen Posten zurück.
Eine Granate platzte in der Großmars und tötete und verwundete einige
der dort postierten Marsgasteu.
Linienschiffskapitän Riboty, der seine Augen in diesem kritischen
Augenbhcke nach den anderen Kampfgenossen umherschweifen ließ, sich
aber von diesen verlarfsen fand,') versuchte nun eine 6sterreichische
Holzfregalte — .Schwarzenberg" — anzurennen, um sich Bahn zu
brechen, erhielt alier von derselben eine konzentrierte Breitseile, durch
welche ihm Heck und Masten neuerdings beschädigt wurden. Es gelang
ihni aber schließlich doch sich frei zu machen und mit jenen italienischen
Panzerschiffen, die sich jetzt in westlicher Richtung um die nun auf-
tauchenden Teteschiffe des Kontreadmirals Vacca sammelten, zu
vereinigen.
Noch einmal im Verlaufe der Schlacht gelang es tiem tapferen
Kommandanten dieses Schiffes, sich vorteilhalt bemerkbar zu machen.
Auf das Signal des kommandierenden Admiials an die Flotte. 12'' 15"":
(Die Flotte hat mit Freiheit der Bewegung und des Manövers den Feind
zu verfolgen*, welches Signal erfolgte, als das Gros der österreichischen
Holzschiffe sich von der Begleitung des Linienschiffes .Kaiser* abge-
wendet hatte, um wieder den eigenen Panzerschiffen zuzusteuern und
welche Vereinigung Admiral Persano durch ein kühnes Daraufgehen
zu verhindern trachtete, ging nur der ,R^ di Portogallo* aus der Linie
der Panzerschiffe heraus, um diesem Befehle nachzukommen. »Aber*,
wie Linienschiffskapitün Ribotj' vor der Unlersuchungskommission aus-
1) .Fecidel mio megliQ per isvintolarini. cercai se era possibile di andare ad
invealire una Tregnla, che sup|mngo fosse la ,Novara'; nia nientre nii avvirinava a.
queslo bastimenl'j. due pornwalc tiPiiilche si presentnrono e m'impedirono quella
tnanovra. Allora rcrrai ro^tli occhl i tniei compagDi, cercai gU aJtri Itasiimenli e mi vidi
sulo in mezzo aüa squadra neniica: gli aitri basUiiienli si rirorniavano naluralntent« col-
rislenlo di litoniare all' aliacco. Allora mi fcei siradai diressi'per sorllre e vi liiucUi |
il nemiL'O dovetle lasciarmi passare cd aodai a prendere 11 mio posto nclla linea della
corraizftlc* Rcndiconli ele. elc; deposizioneBiboty Seile 91. Riholy meinl hiermit def !
.Novara* eu^-a^ieii gewesen zu sein, doch sprichl Hie Situalion für die, Schwanenlwr^.
da entere um diese Zeit sich in der Nfthe des Pla^^nschifies berand.
285
sagte, »als ich sah, daß keinerlei Signal, weder des Lobes noch des
Tadels für dieses Manöver gehißt wurde; als ich fand, daß mir niemand
gefolgt war und ich allein diese Bewegung gegen die feindliche Eskadre
ausgeführt hatte^ überkam mich das Gefühl, als ob ich vielleicht gefehlt
hätte und dies nicht die Absicht des Admirals en chef gewesen wäre und
aus diesem Grunde begab ich mich wieder auf meinen Posten zurück*.
Wir werden später sehen, daß LinienschifTskapitän Riboty sich nicht
geirrt hatte und was die Ursache der Nichtausführung dieses Befehls
gewesen ist.
Linienschiffskapitän Riboty wui'de für sein ausgezeichnetes Ver-
halten vor und während der Schlacht von Lissa mit der goldenen Miliär-
verdienstmedaille dekoriert und gleichzeitig zum Kontreadmiral befördert.
Die Verluste des „Re di Portogallo" waren: 1 Offizier leicht ver-
wundet, 3 Mann tot, 4 Mann schwer und 7 Mann leicht verwundet.
Maria Pia — Linienschififskapitrm Marchese del Garetto — folgte
ihrem Gruppenführer ,Re di Portogallo", als derselbe bei Begmn der
Schlacht gegen die österreichische Holzdivision abfiel und beteiligte sich
an der Beschießung derselben. Als sich das Linienschiff „Kaiser** bei
seinem Kampfe mit dem „Re di Portogallo** von diesem befreit hatte, war
es „Maria Pia", die auf ungefähr 4 Kabel (800 Meter) entfernt, dasselbe
engagierte und so wirksam beschoß, daß die 2. Sektion der 2. Batterie
außer Gefecht gesetzt, das Dampfrohr zerschossen und auch ein Teil der
Achterdeckdivision kampfunfähig wurde. Als sodann später „R6 di Por-
togallo" neuerdings von mehreren feindlichen Schiffen umgeben und
angegriffen war, trachtete „Maria Pia** demselben zu Hilfe zu kommen,
mußte aber einen großen Bogen beschreiben, um den zwei itaUenischen
Panzerschiffen „Ancona** und „Varese" auszuweichen, die sich selbst
angerannt hatten und mit ihrer Takelage ineinander geraten waren. Hie-
durch ging so viel Zeit verloren, daß die beabsichtigte Unterstützung des
„Re di Portogallo*. der sich inzwischen selbst Luft gemacht hatte, über-
flüssig ward. Sie wollte daim zwei österreichischen Panzerschiffen, welche
in einem Manöver begriffen, scheinbar Kurs gegen die italienische Holz-
flotte nahmen, den Weg verlegen, kam aber dabei selbst ins Gedränge,
indem noch zwei andere Panzerschiffe an dieser Stelle erschienen. „Maria
Pia* bestrebte sich nun, eines^der österreichischen Panzerschiffe — walir-
scheinlich „Prinz Eugen" — welches dwars vor ihr passierte, zu rammen;
dieses wich jedoch rasch nach steuerbord aus, von „Maria Pia** eine volle
Breitseite und Gewehrsalven in dem Augenblicke erhaltend, als beide
Schiffe ganz nahe aneinander vorbeikamen (siehe Seite 247).
Bei diesem Enjragement erhiell , Maria Pia" zwei Graiiatschüsse in die
Koramandanteriwohnuiig, welche zündeten; der Kommandant steuerte
aus dieser Veranlassung eine Zeitlang außerhalb des Gefechtsbereiches,
um das entstandene Feiier zu löschen. Nachdem dies hinnen kurzem
gehingen war, nahm .Maria Pia" sodami wieder die Richtung gegen die
eigenen Panzerschiffe, welche das inzwischen gemachte Signal Kontre-
admirals Vacca. Formierung einer Kielwasserlinie, auszuführen begannen.
Hiebei stieß „Maria Pia" noch mit dem ,Sau Martino" zusammen.
An Havai'ion hatte dieselbe eine Panzerplatte beschädigt, wobei
das Projelrtil in der Unterlage stecken geblieben war; ansonst noch ver-
schiedene kleinere Beschädigungen am Schiffskörper und in der Takelage.
Vom Stabe waren die LinienschiCfsleutnaute Topputi und Pinna leicht
vei-wundet, von der Mannschaft blieb 1 Mann tot, 9 Mann schwer und
15 Mann leicht verwundet.
Tarese — Fregattenkapitän Fincati — war (siehe Seite 184) ata
Morgen des 20. nebst der Panzerkorvette .TeiTibile" vor Comisa, um die
dortigen Werke zu beschießen mid hiedurch zu verhindern, daß die
Besatzung derselben nach dem Hafen S. Giorgo als Unterstützung
gezogen werden könne.
Beim Erscheinen der östeireichisclien Eskadi-e durch den Aviso
.Messaggiere* von dort abberufen, kam .Varese* diesem Befelüe sofort
nach und erreichte kui'z vor 11'' a. m., nachdem also die Schlacht schon
begonnen halte, die Flotte, sieh als SciilußschiEf in der von den Panzer-
schiffen angenommenen Kiehvasserlinie postierend. Im weiteren Verlaufe
der Aktion folgte „Varese" dem Führer der Gruppe ,.Re di Portogallo*.
beim Angriffe auf die österreichische Holzdivision, befand sich sodann
in der hierauf entstandenen Melee und stieß wälirend deiijclben mit der
.Ancona" (siehe Seite 215) zusammen, wodurch beide Schiffe gerade
Wi'dirend der kritischeu Zeit dem Kampfe entzogen wurden.
Von Stab und Mannschaft niemand verwundet, Havarien unbe-
deutend, bloß eine Panzerplatte infolge des Zusammenstoßes etwas
verrückt.
Tenibile — Fregattenkapitän Baron de Cosa — war in Begleilang
der .Varese" Tags vorher nach Comisa geschickt worden, um die
Besatzungen der dortigen Forts wähi-eod der am 20, Juli moi-geus beab-
sichtigten Landung in Tätigkeit zu halten. An diesem Morgen befand«!
sich die beiden Schiffe zirka 2 Seemeilen westsüdwestiich vom Orte
Comisa.
287
Noch vor dem Erscheinen der österreichischen Eskadre am 20. hatte
Admiral Persano den Raddampfer »Guiscardo** nach Comisa abgeschickt,
um sich über deren bisherige Tätigkeit Bericht erstatten zu lassen. Aber
schon kurze Zeit nach dem Eintreffen des „Guiscardo** und während
dieser gerade ein Boot an Bord der „Terribile" abgesandt hatte, erschien
dort gegen 9^ a. m. auch der Avisodampfer „Messaggiere**, der sofort nach
dem Sichtbarwerden der Österreicher vom kommandierenden Admiral
entsendet worden war, mit dem Signale „Vereinigung" am Vortop.
Fregattenkapitän de Cosa behauptete nun, daß diesem Signale des
„Messaggiere* nur das Präsignal der „Varese** beigefügt gewesen wäre,
so daß er geglaubt habe, daß es nur dieser allein gelte. Aus diesem Grunde
habe er, als rangälterer Kommandant, ihr das Signal gegeben: .Den erhal-
tenen Befehl ausführen", worauf auch ^Varese" alsbald — 9^ 15°^ a. m. —
zur Flotte abgegangen sei.
Er selbst habe noch Kurs gegen Comisa genommen „um nachzusehen,
was zu tim wäre (onde veder il da farsi)". Erst als ihm seine m den Marsen
postierten Ausluger das Herannahen der feindlichen Eskadre meldeten,
sei auch er — aber aus eigener Veranlassung — ^) mit der „Terribile"
1) Hier besteht infolge der voneinander abweichenden Darstellungen in den
Zeugenaussagen eine Lücke, die nicht auszufüllen ist, in welcher aber nach unserem
Dafürhalten gerade der Schwerpunkt der ganzen Angelegenheit liegt.
Auf der einen Seite behauptete Fregattenkapitän de Cosa (und mit ihm die
meisten Zeugen der ^Terribile**), daß das Einberulungssignal ^Vereinigung** nur an die
^Varcse" gerichtet gewesen wäre und daß er dann dieses Signal erst wieder nach lü'S
nachdem er aus eigener Veranlassung die Fahrt zur Flotte angetreten hatte und schon
auf dem Wege dorthin war, auf den drei Dampfern „Messaggiere**, ^fEsploratore* und
.Guiscardo**, zu gleicher Zeit habe wehen sehen.
Auf der anderen Seite sagten dagegen die Kommandanten der Dampfer ^Guiscardo*
und ^ Messagiere *", die Fregattenkapitäne Pepi und Giribaldi vordem Senate aus, daß
sie die „Terribile" noch rechtzeitig mittels des Signals „Vereinigung'*, welches auch vom
„Guiscardo** wiederholt worden war, verständigt und einberufen hätten.
Fregattenkapitän Fincati endlich deponierte „daß die „Terribile" vor ihm ge-
wesen sei**, jedoch gestoppt habe (er wisse nicht warum) und der „Varese** den Befehl
erteilte, ihren Kurs weiter fortzusetzen. Diese Widersprüche lassen sich nicht zusam-
menreimen und den Fall direkt zur Beurteilung bringen. Aber unwillkürlich drängen sich
die Fragen auf: Warum sollte der „ Messagiere **, der doch vom kommandierenden Admiral
abgesendet worden war, beide Schiffe einzuberufen, nachdem er sich doch mit beiden
auf Signaldistanz befand und der als Repetiteur für Signalisierungen zusanmiengesetzter
Art eingerichtet sein mußte, nur der „Varese** allein das Signal ,. Vereinigung* gemacht
und nicht beide Präsignale zugleich gehißt haben? Ferner warum verstärkte „Messag-
giere" in diesem wichtigen Falle nicht, >vie es üblich, ja sogar vorgeschrieben isti
288
zur Flotte abgegangen, da ihm die erhaltenen Instruktionen für diesen Fall
von selbst das Einrucken vorschrieben. Es dürfte dies jedenfalls zwischen
9*^ 30"* und 9^ 45"* a. m. gewesen sein.
Wenn die Entfernung des Kampfplatzes von der Bai von Comisa
mit imgefähr 10 bis 12 Seemeilen angenommen wird, so konnten noch
immer bei gehörigem Eifer und Bemühen beide Schiffe in längstens
1 bis 174 Stunden («Terribile** besaß eine Geschwindigkeit von 11 Seemeilen)
auf demselben eingetroffen sein und an der Schlacht teilnehmen, nachdem
diese erst um 10** 43"* a. m. begann.
Wie wir wissen, langte „Varese** kurz nach Beginn derselben gegen
10^50°*, «Terribile** aber erst nach liy^^ auf dem Schlachtfelde an;
letztere gerade zu der Zeit, als sich das Linienschiff „Kaiser* entmastet
und brennend nach S. Giorgio zurückzog. Während aber ,Varese* sich
gleich an dem Angiiffe der Queuegruppe Riboty auf die österreichische
Holzdivision mitbeteiligte, stürzte sich „Terribile* nicht sofort in die eben
stattfindende Melee der Panzerschiffe, sondern hielt sich abseits in der
Nähe der Holzflotte des Vizeadmirals Albini auf, sich darauf beschränkend,
das Linienschiff auf eine Entfernung von 7 bis 8 Kabel (1400 bis 1600 m) zu
beschießen. Und doch mußte Fregattenkapitän de Cosa wissen, daß sein
Platz dort sei, wo die Panzerschiffe kämpften, daß er also auf jede Gefahr
hin, koste es was es wolle, dorthin zu gelangen habe. Welche willkonmiene
und wertvolle Unterstützung er aber mit seinem Schiffe gerade in dieser
seine Signale mit Kanonenschüssen, um auf das Pressante derselben aufmerksam zu
machen?
Andrerseits könnte man auch fragen, ob es denn dem Fregattenkapitän de
Cosa — wenn seine Angabe die richtige ist — nicht auffallen mußte, daß in diesem
Momente die ihm unterstellende ^Varese"* mittels eines eigenen Avisodampfers allein
abberufen wurde und ob es denn nicht der Mühe wert gewesen wäre, sich über die
Ursache dieser plötzlichen Einberufung naher zu erkundigen, bevor er ihr die Erlaubnis
gab, abzufahren. Daß etwas Wichtiges vorgefallen sein mußte, um die Einberufung
gerade in diesem Momente zu veranlassen, lag doch nahe.
Wie dem nun sei und wen immer die Hauptschuld daran treffen möge, die
Tafsache bleibt bestehen und ist geradezu unbegreiHich, daß, trotzdem der komman-
dierendt^ Admiral noch ruchtzeitii,' (einige Minuten nach 8^^ a. ni.) einen seiner schnellsten
Avisodampfer 1 -Messag^'iere* verfügte über eine Gescliwindigkeit von Itibisl? Seemeilen
l'FO Stundei nach dem nur lObisl:^ Seemeilen entfernten Comisa absandte, daß also mit
llücksicht auf dess<Mi dorti^'es ElutretlVn nocli immer t'a.^t 1* Stunden Zeit bis zum
Degiun <ier Schlacht zur Verfügung standen, dennoch die einberufenen Schiffe und
speziell die ,Terril)ile- nicht auf ih:en Posten eintrafen. A. d. V.
289
Phase der Schlacht seinen Kampfgenossen hätte bringen können, brauchen
wir nach dem geschilderten Verlaufe derselben nicht weiter zu erörtern.
Es wurde dem Fregattenkapitän de C o s a auch der Vorwurf gemacht,
daß er nicht die Gelegenheit benätzt habe, ein dem .Kaiser** folgendes
österreichisches Kanonenboot — „Reka* — zu rammen. Inwieweit diese
Beschuldigung begründet und gerechtfertigt sein mag, läßt sich mit
Sicherheit nicht feststellen, zumal diese Beschuldigung nicht von berufener
Seite (bloß auf die Aussage des 2. Piloten und eines Steuergastens hin)
erfolgte oder in klarer einwandfreier Weise bewiesen wurde. Wir glauben
daher, daß auf dieselbe nicht viel zu geben ist und sie sich mehr als eine
individuelle Anschauung der erwähnten Zeugen darstellt Charakteristisch
bleibt es immerhin, daß diese Beschuldigung erhoben wurde.
,Terribile" beschrieb noch während der Dauer der Melee, jedoch
stets außer Schußbereich einige unnütze Kreise ^) und reihte sich sodann
in die vom Kontreadmiral Vacca inzwischen anbefohlene Kielwasser-
linie ein.
Infolge dieser seiner Haltung vor und während der Schlacht, die
nach den Aussagen der am Bord eingeschifften Offiziere sowohl bei diesen
wie auch bei der Mannschaft einen ungünstigen Eindruck hinterließ, wurde
Fregattenkapitän Baron de Cosa wegen , Feigheit vor dem Feinde* vor
ein Kriegsgericht gestellt, von diesem zwar freigesprochen, jedoch hierauf
einem Disziplinargericht überwiesen und mit der einfachen Dienstes-
entlassung (rivocazione di grado) bestraft. Wir unterlassen es, auf diesen
Prozeß des Fregattenkapitäns de Cosa, welchen man mit auf d^Eis poUtische
Gebiet hinüberzuspielen versucht hatte, des weiteren einzugehen und
beschränken uns nur darauf, unserer Anschauung dahin Ausdruck zu geben,
daß, von welchem Standpunkte immer man das Verhalten dieses Offiziers
beurteilt und bei vollkommen unparteiischer Berücksichtigung aller Um-
stände, man zu der Oberzeugung gelangt, daß ihm eine besondere Umsicht
und Tatkraft nicht innewohnte sowie daß er es nicht verstand, mit dem von
ihm befehligten Schiffe jenen Anteil an der Schlacht zu nehmen, der ihm
zukam und den nehmen zu können er möglich machen mußte. ') Es ist nicht
^) „Dopo girammo in contromarcia faori di portata del Uro, non saprei per quäle
motivo, ma credo per indecisione del Gommandante ; vidi che girammo intomo a noi
stessi e dopo alquanti di questi giri che durarono una mezza ora approssimativamente
la Terribile entrö nella linea di fila ordinata dal ^Principe di Garignano.*^ Aus der
Zeugenaussage des 1. Piloten Zicavo.
2) Randaccio etc. etc. tomü, Seite 279 bis 280; ebenso Giuriati, „Memorie di
un vecchio awocato'; cap. Lissa, Seite 59 bis 80.
Fleischer, Die k.k. Kriegsmarine 1866. 19
anders denkbar, als daß die .Terribile" unnötig spät von Comisa ab-
gefahren ist, nicht den kürzesten Weg eingeschlagen und auch sonst alles
aufgeboten hat, um so schnell als möglich auf ihrem Posten einzutreffen.
Diese Anschauung stimmt auch mit jener der überwiegenden Mehrheit
der eigenen Offiziere sowie fast aller italienischen Geschichtsschreiber
überein.
Formidabile — Fregattenliapitän Saint -Bon — hatte die
ÜbereehilTung ihrer Verwundeten vom vorhergehenden Tag auf das
Hospitalschifi' .Washington" eben beendet, als vom .R^d'Italia* das
Signal zur Formierung der Frontlinie gegeben wurde. Noch am Abend
des 19. gelegentlich der Berichterstattung über sein Gefecht mit der
Madonna-Batterie hatte Fregattenkapitän Saint-Bon dem komman-
dierenden Admiral die Meldung gemacht, daß er die Havarien seines
SchilTes für solche halte, die ihm nicht erlaubten, bei der herrschenden
See noch an einer weiteren Aktion teilnehmen zu können und gleich-
zeitig um die Erlaubnis angesucht, behufs Reparatur derselben nach
Ancona abgehen zu dürfen. Auf dieses Ansuchen hin verlangte der
Admiral von ihm einen detaillierten, schriftlichen Rapport, nach dessen
Emsichtnahme er ilim seinen Entschluß kundzugeben versprach. Dieser
Rapport befand sich jedoch beim Erscheinen der österreichischen Eskadre
noch nicht in den Händen des Admirals,
Als nun der ,Re d' Itaha" das Signal zur Formierung der FrontUiiie
gab, signalisierte der Kommandant Saint-Bon dem ,Red*Italia' tele-
grapbisch: ,Chiedo di riparare ad AnconaP", auf welche Anfrage dieser
vorläufig nur mit dem Signale „Verstanden* antwortete, da eben die
Überschiffung des Admirals Persano auf den „Affondatore' stattfand.')
Später hißte der ,Re d'ltalia" das Signal: .Affondatore — Formlda-^
bile*, wahrschemlich um hiermit dem „ Affondalore * die Austragung
dieser Angelegenheit, die nur dem kommandierenden Admiral zukam, zn
übertragen. Aber dieses Hin- und Hersignahsieren wurde dadurch unvCT-
ständlich, daß in diesem Augenblicke aucli der »Affondatore* dem ,Rfc
d' Itaha* Signale zeigte, auf welche letzterer nait der Intelligenz (pro*»
)) Eid eigentQmUches Lacht auf die rasche Entschluß fossung sowie auf die All
der Befehlsgel) ung des Admirals Persano wirft die von seinem Slaltschef Linienscbib
kapilAn d'Amico angeführte Tatsache, daB, als dein Admiral lias Signal der ,Formid>>
bile" gemeldet wurde, er dem Stabschef befalil, keine andere AnlwQrt za gcUen als
.Verstanden*. Mittlerweile erfolgte die überstürzte ÜberschiQung auf den ,AiTot)(ialoi**
und die Folge davon war diese Konfusion.
Rendiconti etc.j de[)09izione d'Amico Seite Gl. A. (L V.
291
sima) antwortete. Da nun die Prossima, als Antwort auf eine vorher-
gehende Anfrage gehiBt, dieselbe bejahend macht, so glaubten Komman-
dant Saint-Bon und mit ihm die Offiziere seines Schiffes, welche von
der Überschiflung des kommandierenden Admirals auf den «Affondatore*
keine Ahnung hatten, daß der Admiral eine bejahende Antwort auf zwei
gleichzeitige Anfragen geben lasse, eine von der «Formidabile* ausgehend,
die andere vom «Affondatore*. Fregattenkapitän Saint -Bon hielt sich
darnach für berechtigt, dem früher erwähnten Formationssignale keine
Folge leisten zu müssen, nahm seinen Posten in der Frontlinie nicht ein,
sondern steuerte abseits der Flotte gegen Busi, wo er bis 12^ mittags
müßiger Zuseher blieb und dann nach Ancona abging.
Indem wir es dahingestellt sein lassen, inwiefern eine solche unbe-
stinmite, nicht jeden Zweifel ausschließende Antwort den Kommandanten
der „Formidabile* ermächtigen konnte, angesichts der bevorstehenden
Aktion und der ihm hieraus erwachsenden Verpflichtung, die Flotte zu
verlassen, wollen wir nur den Umstand ins Auge fassen, ob die Verluste
und Havarien der «Formidabile'* am vorhergehenden Tage auch wirklich
solche waren, daß sie das gestellte Verlangen überhaupt rechtfertigten.
Dieselben bestanden in folgendem: 1 Offizier war schwer, 1 leicht ver-
wundet; von der Mannschaft waren 3 Mann tot und 39 in mehr oder
minder hohem Grade verwundet. Da die Bemannung der «Formidabile''
aus 356 Mann bestand, so blieben immer noch mehr als 300 Mann kampf-
fähig. Das Schiff selbst ^) zog zwar vorne etwas Wasser infolge der Locke-
rung der Panzerplatten durch die erhaltenen Schüsse; dieser Umstand
fiel aber nicht schwer ins Gewicht, da das Steigen des Pumpensoodes
ganz unbedeutend und die Maschine im Gange war; die Kettenwuhling
auf Deck war an zwei Stellen gesprungen, ein Ventilator zertrünmiert,
zwei andere, welche in die Maschine führten, ganz durchschossen, 6 Stück-
pfortendeckel der Batterie verloren, andere unbrauchbar geworden,
mehrere Schüsse im toten Werk, die zwei Ankerkrane beschädigt, Kamin
stark durchlöchert, Boote unbrauchbar, ebenso 1 Geschütz.
So wenig diese Havarien zu unterschätzen gewesen sein mögen,
so waren dieselben — wie auch später bei der Besichtigung hervorge-
hoben wurde — doch nicht der Art, daß sie die Beteiligung des Schiffes
in der bevorstehenden Schlacht geradezu ausschlössen, wenn anders an
die notwendigsten Ausbesserungen und Reparaturen während der Nacht
^) Ofilzieller Ausweis über die Beschädigungen der Schiffe bei den Angriffen am
18. und 19. Juli gegen die Forts von Lissa.
19*
mit aller Energie und Hingebung geschritten wurde. Insbesondere was
den vom Kommandantea angeführten Cbelstand anbelangt, daß das Schiff
wegen seiner beschfidigten Stöckpforten Gefahr lief, bei bewegter See
unterzugehen, so erscheint gerade dieser etwas übertrieben, da demselben
wohl zur Not mit Bordmitteln abgeholfen werden konnte. Wir sind zu
dieser Anschauung um so mehr berechtigt als es in der italienischen Flotte
noch andere Schiffe mit gleicher Batteriehöhe über Wasser gab und auch
die kleinen österreichischen Kanonenboote, welche viel von der bewegten
See am 20. zu leiden hatten, dennoch alle ausnahmslos auf das Signal
ihres Admirals sich in den Gefechtszustand versetzten und den Ktunpf
aufnahmen.
Admiral Persano ließ die vom Fregattenkapitän Saint-Bon ange-
führten Gründe seiner Nichtbeteiligung an der Schlacht auch nicht gelten
und berichtete hierüber an den Minister: «daß der Kommandant Saint-
Bon, welcher sich durch die Bekämpfung der Batterie im Hafen von
S. Giorgio so ausgezeichnet hatte, sich infolge des Zustandes seines
Schiffes für ermächtigt gehalten habe, ohne Erlaubnis die Flotte zu
verlassen und nach Ancona zu gelien und daß derselbe dadurch seine
Pflicht verletzt habe, daß er es nicht verstand, die erlittenen Havarien so
gut als möglich auszubessern und sich an der Aktion zu beteiligen*. ')
Tatsächlich war anfangs die Absicht vorhanden, den Fregatten-
kapitän Saint-Bon wegen seines eigenmächtigen Vorgehens und Vei^
haltens am 20. Juli vor ein Kriegsgericht zu stellen und wenn später
bievon Umgang genommen wurde, so dürfte der Grund wohl nur darin
zu suchen sem, daß man nachträglich einer weiteren Ausdehnung der
durch die unliebsamen Ereignisse des 20. Juli hervorgerufenen Prozesse
abgeneigt war und aus politischen Gründen lieber jene Episoden heraus-
kehrte, welche dem Nationalgefühl schmeichelten und die Marine mit dem
so notwendigen militärischen Ruhme umgaben. Wir werden später noch
auf diesen Punkt zu sprechen kommen, glauben aber schon hier an dieser
Stelle die Bemerkung machen zu sollen, daß es keinem Zweifel unterliegt*
daß nur die schöne Haltung des Fregattenkapitäns Saint-Bon vom 19.
es war, die ihn vor den Folgen seines Verhaltens am 20. bewahrte. Auch
>) .H commandante Saint-Bon, che tanto bene si era distiot« battendosi in Porto
S, Giorgio, credette lo stato del suo basümento lale da essere autorizzalo. lenia aletm
penneaso ad uscire dolla linea e dirigere per Ancona e percio mancö del uon «Ter
sftputo rip&rare ai suoi danni e preader oosl parle bJT azione,'
Rendiconti etc.; Rapporto del'aminiraglio Persano al miiÜBtro delta matina.
293
der italienische Geschichtsschreiber Randaccio, so reserviert er sich
sonst über diesen Punkt ausspricht, läfit dies durchblicken. ^)
Affondatore — Linienschiffskapitän Martini. Über dieses Schiff«
welches als Flaggenschiff des Admirals Persano während der See-
schlacht von Lassa nachmals so oft genannt wurde, dessen Leistungen
aber gerade seinem Namen und den gehegten Erwartungen so wenig ent-
sprachen, glauben wir zum besseren Verständnis der später zu schildern-
den Ereignisse eine kurze Beschreibung vorausschicken zu sollen.
Der «Affondatore*, zu London aus Eisen erbaut, war ZW lang.
Der Panzer auf einer Teakholzimterlage von IV Dicke mittels Holz-
schrauben befestigt, die jedoch nicht durch die eiserne Schiffswand
gingen, reichte T unter Wasser und war an der Wasserlinie 5" dick.
Vom Oberdeck (Sturmdeck) 1' über Wasser aufwärts war das Bordwand-
blech bloß IVs'' ^^^K konnte daher leicht von Hohlgeschossen durch-
schlagen werden. Das Oberdeck war unter der Holzbeplankung mit
S Lagen V dickem Eisenbleche belegt, um gegen auf Deck fallende
Schüsse Schutz zu bieten und befanden sich auf demselben eine
Menge Einrichtungen aus Holz hergestellt, so daß Hohlgeschoße leicht
einen Brand entzünden konnten. Jeder der 2 Drehtürme besaß ein gezo-
genes SOOpfündiges Armstronggeschütz.
Der Eommandotium, vollständig gepanzert, befand sich beiläufig in
der Mitte des Schiffes, war elipsenförmig und lag seine größere Achse in
der Richtung der Breite des Schiffes. Ringsherum waren in demselben
Scharten (ferritoje) angebracht, durch welche man einen kleinen Teil des
Horizontes übersah. Nach oben hatte er für den Kommandanten zwei
Löcher, durch die man den Kopf herausstecken konnte, um einen vollstän-
digen Überblick zu haben, ferner eine gi'ößere öfihung mit einer Stiege,
durch welche man von Deck aus in den Turm gelangte.
Das Schiff hatte eine mittlere Geschwindigkeit von 11 Seemeilen,
brauchte aber zum Beschreiben eines Drehkreises 8 bis 9 Minuten. Als
fühlbare Mängel waren außer diesen soeben genannten noch zu bezeichnen :
daß das Schiff einen größeren Tiefgang hatte, als nach dem Konstruktions-
plane festgesetzt worden war; die Panzerung zu tief unter und zu wenig
ober die Wasserlinie ging; daß die nur mit dünnem Blech bedeckte Bord-
1) Saint-Bon, der eine sehr rasche Karriere machte, im Jahre 1873 Konlre-
admiral und Marineminister wurde, starh 23. November 1892 als Vizeadmiral und
Senator, nachdem er seit Februar 1891 abermals das Portefeuille der Marine über-
nommen hatte. A. d. V.
wand und das Oberdeck leicht von Projektilen durchschlagen werden
konnten, femer ganz besonders, daß das Steuer, welches vom Kommando-
turm aus bewegt wurde, infolge der unzweckmäßig angebrachten Über-
setzungen und Führungen sehr schwerfällig funktionierte sowie daß das
ganze Schiff seiner bedeutenden Länge wegen überhaupt nicht genug
leicht manövrierte.')
Alle diese Mfingel waren dem kommandierenden Admiral vom Kom-
mandanten Martini bei dessen Eintreffen bei der Flotte am 19. gemeldet
worden, als Jener die Absicht zu erkennen gab, bei der zu gewärtigenden
Aktion sich auf den jAffondatore' zu überschiffen; trotzdem beharrte der
Admiral auf seinem Entschlüsse, welchen er schon seit langem gefaßt
haben mußte, wie aus allen seinen an den Marineminister gerichteten
Schreiben und Telegrammen hervorgeht.
Am Morgen des 20. Juli lag der .Affondatore" ziemlich abseits der
Flotte, als die österreichische Eskadre signalisiert wurde. Wir haben
bereits auf Seite 196 erwähnt, daß Admiral Persano Befehl gegeben
hatte, denselben mittels Signals unter Bord des ,R6 d'Itaüa" zu rufen
und daß, als der „Affondatore" diesem Signale nicht sofort Folge leistete,
ihm noch der .Esploratore" entgegengeschickt wurde.
Einige Minuten nach 10'' näherte er sich endüch dem Flag^enschifFe,
von welchem indes schon ein Boot, in dem sich der Admiral en chef und
dessen Begleitung befand, entgegenruderte. Diese letzte bestand aus dem
Stabschef der Flotte, Linienschiffskapitän d'Amico, dem Sohne des
Admirals, Linienschiffsleutnant und erster Flaggenadjutant Ernesto
Conte di Persano, aus dem zweiten Ordonnanzoffizier Linienschiffs-
unterleutnant de Luca sowie aus zwei Signalunteroffizieren, welche
Signale und Bücher mitbrachten. Der Admiral selbst hatte ein in Lein-
wand gehülltes Paket in den Händen, welches Schriften und ver-
schiedene diensthche Dokumente enthielt. Unter Bord des ,Affondatore*
angekommen, wurde der Admiral vom zweiten Kommandanten desselben.
Linienschiffsleutnant Chinca, am Fallreep empfangen, welchem er djis
Paket mit den Schriften einstweilen übergab, das er sodann, als man
ihm an Bord geholfen hatte, sofort wieder zu sich nahm. Der , Affondatore*
hißte die Kommandoflagge') und nachdem er noch ungefähr 10 Minuten
gewartet hatte, bis das Gefechtssteuer im Turme eingekoppelt war, drehte |
er über Steuerbord und steuerte in dem Intervalle zwischen ,Re d' Italia" i
1) Siehe Beilage Mi.
1) Siehe hierQbcr die Anmerkimg Seile 309.
295
und «Palestro* die eigene Linie passierend, mit nördlichem Kurse gegen
die österreichische Eskadre. bidem er den Panzerschiffen des rechten
Flügels derselben im Vorüberfahren auf weite Distanzen einige wirkungs-
lose Schüsse zusandte, geriet er in das Intervall zwischen der 1 . und
2. Division. Hier stieß er zuerst auf die , Elisabeth'*, welche der öster-
reichischen Panzerdivision als Repetiteur zugeteilt, im dichten Pulver-
rauch das Admiralschiff eine Zeitlang außer Sicht verloren hatte und
nun bestrebt war, dasselbe virieder einzuholen.
Dieselbe anfänglich für ein Panzerschiff haltend, gab er mit seinem
vorderen 300pfünder einen Schuß gegen sie ab, ohne zu treffen und
drang nun mit außerordentlicher Geschwindigkeit, mit seinem Sporn eine
riesige Schaumwelle aufwerfend, auf dieselbe ein. Die , Elisabeth' fiel
nach backbord ab und begann einen möglichst kleinen Kreis zu
beschreiben, fortwährend ihre Backbordgeschütze gegen den feuidlichen
Widder abfeuernd; ,Affondatore* versuchte in der gleichen Richtung
zu wenden, doch gelang es ihm nicht mehr, sich senkrecht auf den Kurs
der «Elisabeth'' zu stellen, denn diese hatte schon einen halben Kreis
beschrieben, bevor noch das feindUche Turmschiff, das seine Wendung
mit einem Durchmesser von 1000 bis 1200 m vollziehen mußte, ein
Viertel des seinigen vollendet hatte, worauf es die Vergeblichkeit seiner
Bemühungen erkennend, zirka 100 m backbords an der ,, Elisabeth'* vor-
überschoß, hiebei das Geschützfeuer aus der Backbordbatterie derselben
erhaltend, welches von dem Kleingewehrfeuer der Manövermannschafl
mit unterstützt wurde.
Nachdem sich der Pulverrauch etwas verzogen hatte, gewahrte der
„Affondatore* auf kurze Entfernung das Linienschiff , Kaiser', welches
in einer schrägen Richtung ihm entgegenkam. Infolge seiner augenblick-
lichen Position und bei der kurzen Distanz befürchtend selbst angerannt
zu werden, wendete er sofort nach backbord, so daß nun die beiden
Schiffe einander mit Gegenbord entgegenkamen. Eine bei dieser Gelegen-
heit vielleicht anfänglich vorhandene Absicht, das Linienschiff zu rammen,
gelangte nicht zur Ausführung, da der ,,Kaiser'* durch sein Manöver dieses
Vorhaben zu vereiteln vnißte. Die beiden Schiffe passierten einander an
Steuerbord auf eine Entfernung von ungefähr 60 bis 80 m, wobei der
«Affondatore* seine beiden SOOpfilnder auf den , Kaiser' abfeuerte,
welche am Bord desselben eiüe bedeutende Verheerung anrichteten.
, Kaiser' hatte mit zwei konzentrierten Lagen geantwortet, die ihrerseits
dem , Affondatore' auf Deck und in der Takelage ziemUche Schäden ver-
ursachten. Als die beiden Schiffe einander passierten, fand auf beiden
Seiten ein lebhaftes Kleingewehrfeuer statt, bei welcher Gelegenheit am
Bord des ,Affondatore" der Linienschiffsleutnant Gregoretti leicht ver-
wundet wurde.
Seine Kreisbewegung über Backbord fortsetzend, war der »Affon-
datore', nachdem er die zweite österreichische Holzdivision passierte,
deren Schiffe ihn zwar heftig beschossen, selbstverständlich jedoch nach
allen Richtungen vor ihm auszuweichen sich bemühten, ganz außerhalb
des Gefechtsbereiches gelangt und seine erlittenen Havarien inzwischen
ausbessernd, steuerte er jetzt längs der Nordküste der Insel wieder der
Flotte zu.
Während dieser Zeil hatte das Linienschiff «Kaiser* das Engagement
mit dem ,Re di Portogallo" gehabt und zog sich entmastet und brennend
nach Lissa zm-ück, gelbigt von mehreren österreichischen Holzschiflfen.
Als dies .Affondalore' gewahrte, schien ihm abermals eine passende
Gelegenheit gekommen, in die Aktion zu treten. In der Absicht, dem
Linienschiff den Weg nach Lissa zu verlegen, steuerte er mit voller
Müschinenkraft auf dasselbe los. Beide Schiffe hatten einen annähernd
]jarallelen Kurs und da das Linienschiff infolge seiner erlittenen Havarien
langsam zu fahren gezwungen war, so dauerte es auch gar nicht lange, daß
der .Affondatore* dem .Kaiser" an der Steuerbordseite desselben so
nahe und in eine solche Position gelangt war, daß diesmal ein Entrinnen
des letzteren auf beiden Schiffen für unmögUch gehalten wurde. Dreimal^)
fiel der .Äffondatore* gegen den „Kaiser' ab und schien den Anlauf zum
Rammen zu nehmen, doch ebenso oft gab das schwer verwundete
Linienschiff seme konzentrierten Lagen gegen ihn ab und hielt sich ihn
damit vom Leibe. .Kaiser" wui'de hiebei von den Österreichischen
Panzerfregatten .Prinz Eugen* und ,Dou Juan' wacker unterstützt,
welch letzterer vom ^Affondatore" beschossen wurde. Ab dieser zum
dritten Male seinen Aulauf gegen den .Kaiser" genommen hatte, war er
bis auf ungefähr 1 Kabel (200 »0 Distanz herangekommen, eine kleine
Bewegung mit seinem Steuer nach backbord und der .Kaiser* konnte
ihm nicht mehr entgehen, der Zusammenstoß mußte erfolgen. Im
Kommandoturme dos .Affondalore", wo der Admiral mil seinem Stabe und
einigen Bordoffizieren sich befinden, erwartet man in fieberhafter
Spannung das Kommando ,alla sinistra" des SchÜTskommandanteti
Martini, der mit dem Kopfe außerhalb des Spähloches stehend das
Manöver leitet und dessen Befehle von einem Guardia-mariua wiederhol!
1) Die italienlBcheD Berictite ipreehen nur von einem einmBligen Anlaut«.
297
werden; schon ist dem Maschinisten die Weisung zugekommen zum
Halten und Rückwärtsgehen bereit zu sein ; der zweite Kommandant des
«Affondatore'^, Linienschiffsleutnant Chinca, hat bereits der Mannschaft
den Befehl erteilt: «pancia in terra!"" (platt auf Deck!), da der nächste
Augenblick die Entscheidung bringen kann. — Da mit einem Male zum
Erstaunen aller Anwesenden gibt Admiral Persano persönlich den
Befehl: .alla diritta!'. Kommandant Martini sowie der Stabschef
d'Amico, anfänglich im Glauben, daß der Admiral sich geirrt habe,
erlauben sich zu widersprechen und entgegnen: ,alla sinistra, ammiraglio,
alla sinistra'', worauf dieser mit strenger Miene bemerkt: ^alla diritta!
son io, Chi commanda; il posto dell' ammiraglio non i solo al fuoco; io
debbo pensare all'intiera armata*"; das Steuer wird nach steuerbord
gegeben, der «Affondatore'' fällt ab und entfernt sich wieder vom Linien-
schiff, das ihm noch ein wohlgezieltes Sektions- imd Vormeisterfeuer
nachschickt, welches ihm schwere Beschädigungen auf Deck und an den
imgepanzerten Teilen zufQgt. Hiemit war die Gefechtstätigkeit des
«Affondatore* eigentlich beendet, da er sich mit Ausnahme einiger
imwirksamer Schüsse, welche er später auf große Distanz auf die feind-
liche Flotte abgab, nicht weiter aktiv beteiligte. Über seine Hin- und
Herfahrten, welche den Zweck haben sollten, die Flotte zur Wiederauf-
nahme der Schlacht zu bringen, haben wir an anderer Stelle bereits
berichtet
Während des größten Teiles der Aktion hielt sich Admiral Persano
im Innern des Turmes auf und erteilte von hier dem Kommandanten
Martini, der mit dem Kopfe aus einem der Löcher heraussehend, das
Schiff manövrierte, seine Befehle über die Richtung die er eingeschlagen
wissen wollte. Er selbst sah durch die Lichtscharten (ferritoje) hinaus.
Nur zweimal während der Schlacht und beide Male, während das Schiff
sich außerhalb des Gefechtsbereiches befand, verließ er den Turm ; ein-
mal um den zweiten Kommandanten, Linienschiffsleutnant Chine a, über
seine Haltung zu bekomplimentieren und ein zweites Mal, als er sich in die
Kommandantenwohnung begab.
Durch sein Benehmen während der Schlacht gab Admiral Persano
Veranlassung zu den schwersten Beschuldigungen bezüglich seines per-
sönlichen Mutes. Wir werden später auf diesen Punkt zurückkommen
und nachzuweisen versuchen, bis zu welchem Grade dieselben eine
Berechtigung haben. Vorläufig beschränken wir uns bloß darauf, nach-
stehendes Faktum anzuführen: Stabschef d* Ami CO, von Besorgnis erfüllt,
daß das nutzlose Hin- und Herfahren der Flotte, welches den Gedanken
an eine wirkliche Absicht, den Kampf neuerdings aufzunehmen, nicht
aufkommen ließ, ferner der Verlust der beiden Schiffe ,Re d'Italia" und
,PaIestro" von schädhchem Einflüsse auf das moralische Element in der
Fiotte sein mußten, nahm in den Nachmittagsstunden Veranlassung, den
Ädmiral — zuerst unter vier Augen — auf diesen Umstand aufmerksam
zu machen und ihn zu beschwören: das Schicksal des Tages womöglich
noch durch eine kötine Tat zum Besseren zu wenden und mit dem
„Affondatore" direkt gegen die feindliche Flotte zu steuern, welchem
Beispiele die übrigen Schiffe gewiß folgen würden. Admiral Persano
entgegnete, daß er diesen schwungvollen Gedanken (slancio) zwar sehr
vortrefflich fmde, daß er aber der Ansicht sei, über seinem Namen und
über seinem Ruhme stehe noch das Land und daß, im Falle man
geschlagen würde, die Situation hiedurch nur noch verschlechtert werden
könne. Stabschef d'Amico replizierte hierauf ganz trocken, seiner
Meinimg nach könne die Situation gar nicht mehr verschlechtert werden,
und als er wahrnahm, daß der Admiral zu einem derartigen Entschlüsse
nicht zu bewegen sei, rief er ihm vor der ganzen Umgebung laut zu:
.Admiral, greifen wir mit dem .Affondatore" den Feind anl" Dieser
gab jedoch keine Antwort und schien die gemachte Bemerkung sehr
übel aufzunehmen,')
Gegen 6" p, m. Heß der Admiral der Fiotte das Signal geben, den
Kurs nordöstlich, zwischen Kap Planka und Eiland Pomo zu nehmen.
Er selbst blieb noch etwas zurück, um den inzwischen in Sicht gekom-
menen Dampfer , Calalafimi " abzuwarten und mit dem ,Messaggiere'
die Meldung über die slattgefundene Aktion an den Marinemjnister
abzuschicken. Plötzüch sah man die Schraubenfregatte .Principe
Umberto' sich von der Flotte entfernen und gegen Lesina Kurs nehmen.
Die Ausluger derselben hatten nAmlich am Horizonte schwimmende
Flöße mit Menschen gesichtet und es unterlag keinem Zweifel, daß dies
Gberlebende aus der Katastrophe des ,Re d'Italia" sein mußten. Sofort
steuerte der .Affondatore" ebenfalls gegen diese Richtung und bald
hatte man die Genugtuung, zu sehen, wie sich die Boote des .Principe
Umberto'' mit der Rettung dieser Unglücklichen beschäftigten. Mittels
Signals wurden noch die Dampfer „Messaggiere", .Stella d'Italia" und
,Indipendenza' an diese Stelle gerufen, welche nun nach allen Richtungen
abgefahren wurde, um zu sehen, ob nicht noch andere Hilfsbedürftige
wären. Erst gegen lO'/j" abends, nachdem jede Hoffnung, noch andere
1) ReDdicoDt) etc., deposizione d'Amico Seite 69.
299
Schififbröchige aufzufinden aufgegeben wurde, verlieB der Admiral mit
der Flotte diese Stelle und kam den 21. Juli 3^ p. m. in Ancona an, wo
er seine Flagge auf dem »Govemolo* hißte.
Der «Affondatore'^ hatte mit seinen Geschützen 11 Schüsse abge-
geben imd 32 Treffer erhalten, hievon 18 am Schifiiskörper, die anderen
in der Takelage, Booten und Ankervorrichtung. Die Drehvorrichtung des
vorderen Geschützturmes war durch die Breitseiten des „Kaiser'' stark
beschädigt worden, so daß sie nicht mehr funktionierte. Von den Treffern
an den Bordwänden waren 4 an Steuerbord imd 7 an Backbord. Vom
Stabe war Linienschiffsleutnant Gregoretti leicht, von der Mannschaft
niemand verwundet.
Holzschiffe.
Wie schon in der Beschreibung der Schlacht bemerkt wurde, nahm
die unter dem Kommando des Vizeadmirals Albini stehende Holzflotte
fast gar keinen Anteil an derselben. Mit Ausnahme einiger Schüsse, die
gegen die österreichischen Panzerschiffe auf weite Distanzen abgefeuert
wurden, als dieselben zuerst die italienische Linie durchbrochen und
hiedurch sich der feindlichen Holzflotte genähert hatten, desgleichen als
sich dieselben auf das Signal , Sammeln" des Kontreadmirals v. Tegett-
hoff ralliierten und hiebei abermals in die Nähe der italienischen Holz-
flotte gelangten, war keine Initiative der letzteren zu bemerken. Bloß
.Principe Umberto '^ fuhr auf das gemachte Signal „Allgemeine Jagd''
aus der Linie heraus, gab einige Schüsse gegen die österreichischen
Schiffe ab und zog sich — wie an anderer Stelle berichtet — wieder
zurück, um seinen Posten einzunehmen. Es lassen sich daher besondere
Vorfallenheiten ■— der Rettung der Schiffbrüchigen des ,R6 d'ltalia*
durch die oben genannte Fregatte haben wir bereits Erwähnimg getan —
von diesen Schiffen nicht registrieren.
10. Kapitel.
Wir haben in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt, welche Um-
stände dazu beitrugen, daß sich die Lage des Admirals Persano am
Morgen des 20. zu jener schwierigen gestaltete, in welcher er, noch nicht
am Ziele seines Strebens — des Besitzes der Insel Lissa — angelangt.
Jeden Augenblick die Ankunft der österreichischen Eskadre erwarten
mußte. Im vorliegenden Kapitel wollen wir uns nun damit beschäftigen.
einige allgemeine Betrachtungen über diese denk^vürdige Schlacht selbst
zu machen und vor allem versuchen darzulegen, wie es kam, daß die
mächtige itaüenische Flotte, welche im Besitze von Schiffen neuester
Konstruktion und mit Geschützen des schwersten Kalibers armiert war.
von der schwächeren und über bedeutend gerU^ere Streitmittel ver-
fügenden Österreichischen geschlagen werden konnte.
Dank der Gunst des Zufalles und dem guten Auslug des ,E^plo-
ratore* war der italienische Admiral noch rechtzeitig von dem Heran-
nahen der Österreicher benachrichtigt und davor bewahrt worden, mitten
in der Bekämpfung der Insel vom Feinde überrascht zu werden. Wir
sagen nicht olme Grund „Dank der Gunst des Zufalles", denn in der Tat
war es ein reiner Zufall, daß bei dem dicken Wetter, welches am Morgen
des 20. herrschte, der ,EspIoratore" die österreichische Eskadre noch
rechtzeitig entdeckte. Er hatte die zirka 30 Seemeilen lange Linie zwischen
Kap Planka imd Eiland Pomo zu überwachen, während von Pomo
bis Pelagosa, iu südlicher Richtung, die .Stella d'ltaha" kreuzte. Wie
nun, wenn sich der ,Esploralore' auf seiner Kreuzung gerade in der
>) Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, daB ei» Teil dieser BetracblangeD uifaogt
der Achtziger] ahre unter BerDcksichtigung der damaligen Anschauungen und takiiscbeo
GrundBAtze geschrieben wurde. Heute, im Zcilaller der modernen Hariae, der Schlacht-
schiffe von 14.000 bis 15.000 Tonnen, mit Gescbwindigkciten von 18 bis 20 Seemeilen,
der schweren 30*5 fni- Geschütze für den FemkamiifsowiederSchneUfeuergeschDtzeund
Torpedos, bat sich selbstverständlich wieder eine neue Taktik mit veränderten Gmnd-
sRtzen, inabesondere was das Rammen anbelangt. Babn gebrochen.
301
Nähe von Porno befand und während dieser Zeit die österreichische
Eskadre auf dem andern Ende der Linie, auf welcher ihr Kurs führte,
passierte? Es war ein Glück für die italienische Flotte, daß dies nicht
zugetroffen. ^)
Admiral Persano blieb also noch die Zeit, alle vorhandenen Streit-
kräfte zu sammehi, geordnet dem Feinde entgegenzugehen und in offener
Schlacht um die Palme des Sieges zu ringen, ^ine Lage war in dieser
Beziehung eine günstige, da ihm eine bedeutende Übermacht zu Gebote
stand, so daB er mit voller Hoffnung auf den Sieg in den Kampf treten
konnte. Um lO'/i^ a. m., zur Zeit des Beginnes der Schlacht, hatte er
9 Panzerschiffe zur sofortigen Verfügung und auf das Eintreffen der
Holzflotte auf dem Kampfplatze bis zu der Zeit, zu welcher die öster-
reichischen Holzschiffe diesen erreicht haben würden, war mit Sicherheit
zu rechnen.
Die italienischen Streitkräfte bestanden sonach aus 9 Panzerschiffen
mit 6.000 Pferdekräften, 204 der schwersten und modernsten Geschütze
und 7 schweren Holzfregatten, 1 Holzkorvette, 5 Raddampfern mit 5.570
Pferdekräften, 386 Geschützen; die österreichischen dagegen aus 7 Panzer-
schiffen mit 4.550 Pferdekrälten, 172 Geschützen und 1 Linienschiff,
2 schwere, 3 leichte Holzfregatten, 1 Holzkorvette, 9 Kanonenbooten,
3 Raddampfern mit 5.450 Pferdekräften und 356 Geschützen verschie-
denen Kalibers. Es befanden sich daher 22 fast durchgängig schweren
itaUenischen Schlachtschiffen mit zusammen 11.570 Pferdekräften und
590 Geschützen, 26 österreichische Schiffe verschiedener Dimensionen
mit zusammen 10.000 Pferdekräften und 528 Geschützen gegenüber, bei
welcher Vergleichung noch bemerkt werden muß, daß itaUenischerseits
die Mitwirkung der beiden aus Comisa zurückberufenen Panzerschiffe
^Terribile* und „Varese" jeden Augenblick zu erwarten stand, während
österreichischerseits 9 kleine Kanonenboote mitgezählt sind, die weitaus
nicht zu den eigentlichen Schlachtschiffen gehörten; auch war es frag-
lich, ob dieselben unter den obwaltenden Umständen für ihren Admiral
nicht eher eine Last als Hilfe bedeuteten, da die unruhige See ihre
1) «Verso le 5^ 30°^ a. m. del giorao 20., il tempo essendo foschissimo per la
nebbia e pioggia, non potendosi estendere la vista al di lä di due miglia, le vedette mi
avertirono che scoprivasi un legno a vapore di prua, e contemporaneamente awertirono
che questo legno era seguito da parecchi altri. Fu una vera fortuna, perche se
fossero passati a poche miglia distanti non avreinmo potuto scorgerli/ Rendiconti etc
cte., deposizione del commandante Marcbese d'Orengo Seite 63.
Geschützbedienung bedeutend erschwerte, sie dagegen leicht dem Feindt
zur Beute fallen konnten. Es läßt sich somit unschwer herausfinden, auf
welcher Seite die tatsächliche Übermacht bestand.
Adrairal Persano hatte beim Erscheinen der österreichischen
Eskadre seiner Flotte sogleich die Formierung einer Frontlinie mit West-
sOdwestkurs anbefohlen, da er die feindliche Eskadre in der Fahrtrichtung
des .Esploratere" wähnte. In dieser Frontlinie nahm die Reserve unt«
Kontreadmiral Vacca den rechten Flügel, die unter seinem unmittel-
baren Oberbefehle stehende Gruppe das Zentrum und die Gruppe Ribotr
den Unken Flügel ein. Diese Formation kann nur als eine vollkommen
passende und zweckmäßige bezeichnet werden, da sie es ermöglichte,
sich dem Feinde in kompakter, geschlossener Ordnung entgegenzuwerfen
und von der Ranune, der mächtigsten Waffe der Panzerschiffe, gleich
den ausgiebigsten Gebrauch zu machen. Als es sich beim Aufhellen des
mistigen Wetters zeigte, daß die österreichische Eskadre etwas nÖrdUcber
lag, ließ Adnüral Persano seine Panzerschiffe Westkurs nehmen, wo-
durch die Frontlinie in eine Schachordnung überging. Auch diese
Maßregel war gerechtfertigt und durch die Umstände geboten; btt
Einhaltung dieser Ordnung näherte man sich gleiclifalls geschlossen
dem Feinde und gelangte durch ein gleichzeitiges Wenden um zwd
Strich wieder in die frühere Frontlinie zurück, um in dieser den Feind
anzugreifen.
Einige Minuten nach 10", nachdem sich die feindlichen Schiffe schon
beträchtlich genähert hatten, gab Admiral Persano seinen Panzerschiffen
das Signal: ,Man,wende gleichzeitig nach Nordnordost • und veränderte
hiedurch die bisherige Schachordnung in eine Klelwasserlinie. In dieser
bildete nun die Reserve unter Konti-eadmiral Vacca die Avantgarde, die
von ihm selbst befehligte Gruppe das Zentrum und die Gruppe Riboty die
Arneregarde. Durch die Vornahme dieser Formation beging Admiral
Persano einen großen taktischen Fehler, der sich bitter rächte und tob
weittragender Bedeutung wurde, denn die Folge desselben war, daft
seine Panzerschiffe nunmehr eine Linie von zirka 2 Seemeilen Aus-
dehnung, welche leicht vom Feinde durchbrochen werden konnte, ein-
nahmen und daß hiedurch gleichzeitig ihre Breitseiten, die schwächste
und verwundbarste Stelle, den Stößen der feindlichen Schiffe preisgegeb^
ivurden. Durch die Anordnung dieser verfehlten Maßregel zeigte Admiral
Persano wohl deutlich, daß er dem durch die Einführung des Dampfes
und der Panzersclüffe hervorgerufenen großen Umschwung in der Taktik
zur See nicht gefolgt war und von der Verwendung dieser neuen Streit-j
303
mittel keinen richtigen Begriff hatte.^) Seit den Gefechten von Hampton
Road (8. und 9. März 1862), in welchen zuerst das amerikanische
konföderierte Panzerschiff ,Merrimac* die unionistische Korvette ^Cum-
berland* in den Grund rannte, um am folgenden Tage vom unionistischen
Turmschiff «Monitor* erfolgreich bekämpft zu werden, war es jedermann
klar geworden, daß für die Zukunft die Hauptwaffe des Panzerschiffes der
Sporn sei, daß dasselbe hauptsächlich durch seine Masse zu wirken habe
und daß hiedurch ein bei weitem größerer Erfolg erzielt werde als mit der
bloßen Schiffsartillerie, welcher fortan nur mehr die sekundäre Rolle
beschieden war. Die Zeiten der Rodney und Nelson, in denen die
Flotten zuerst lange manövrierten, sich dann regelrecht beschossen, die
Linie durchbrachen und endlich zum Enterkampf übergingen, waren
vorüber; die neuen Schiffe verlangten eine neue Taktik und die
Charakteristik dieser letzteren war das sofortige Anrennen des Feindes,
um ihn zum Sinken zu bringen. Die beste und zweckmäßigste Formation
zur Erreichung dieses Zieles war daher jene, welche es ermöglichte, die
eigenen Schiffe geschlossen dem Feinde entgegen zu führen, um bei der
sich nunmehr entwickelnden Melee und unter Mitwirkung des Geschütz-
feuers Rammstöße gegen den nächsten Gegner anzubringen.
Diese Ideen waren es auch, welche der französische Vizeadmiral
Bouet-Willaumez als einer der ersten in seiner für Panzerschiffe
herausgegebenen Taktik niedergelegt hatte und da diese Taktik von der
italienischen Marine angenommen und im Dienste eingeführt war, muß es
um so mehr wimdemehmen, wie sich Admiral Persano von den
elementarsten Grundsätzen derselben so weit entfernen konnte. Die
italienischen Panzerschiffe der Gruppen Faä di Bruno und Riboty
drehten beim Anlaufe der österreichischen Eskadre instinktiv und von
selbst nach backbord, um dem Feinde den Bug zu zeigen und ihre
Flanken vor den drohenden Stößen desselben zu bewahren; dies allein
zeigt schon deutlich, in welcher Weise und in welcher Formation die
geschlossene Masse der anrückenden österreichischen Panzerschiffe
empfangen werden mußte.
1) Admiral Persano verantwortete sich bezflgllch dieses Punktes vor dem Senate
in folgender Weise: .Ordinal la linea di fila siccome speciale e propria ad impedire al
nemico di correre verso le sue terre ed a colpirlo d* infilata coUe mie artiglierie. Dicono,
che 11 fianco ö 11 lato piü debole. Se si tratta di battaglioni di fanteria, si, non cosi di
baslimenti, che avendo 1 cannoni in sul fianco, di necessitä devono presentarlo al nemico
se lo YOgUono offendere." Rendiconti etc.; Seite 36.
Die langgestreckte Kielwasserlinie der italienischen Panzer war
formiert; aber sie war nicht einmal geschlossen und wir wissen aus dem
Vorhergehenden, welche Umstände darauf eingewirkt haben, daß sie es
nicht sein konnte. Auch hieran trägt Admiral Persano die Hauptschuld.
Ihm muß vor allem der schwerwiegende Vorivurf gemacht werden,
daß er nie mit seinen Unterbefehlshabem und Kapitänen einen Kriegsrat
noch eine Besprechung abgehalten hatte, in welcher Weise er den Feind
anzugreifen und zu bekämpfen gedenke, daß er sie nicht in seine Pläne
und Ideen einweihte, so daß ein jeder von denselben durchdrungen sein
und wissen mußte, wie er sich zu verhalten habe, trotzdem es zum ersten
Male stattfand, daß zwei zahlreiche, mit den modernen Kampfmitteln aus*
gestattete Dampf- und Panzei-flotten daran gingen, sich gegenseitig in
offener Schlacht zu messen. Und doch hätte Admiral Persano auch in
dieser Beziehung nur die einleitenden Bemerkungen und Prinzipien der
Taktik seines französischen Kollegen Bouet-Willaumez zu beherzigen
brauchen, welcher es als Regel hinstellte. ,daß der Admiral en chef
wo möghch seinen Operationsplan vor dem Gefechte vorbereiten und
seinen Kapitänen mitteilen solle, damit diese von den Ideen ihres
Admirals durchdrungen seien, so daß die Signale aufhörten für sie eine
Notwendigkeit zu werden*. ^) Die Ordini di massima vom 15. und
21. Juni mit dem Nachtrag vom 7. Juli waren in dieser Beziehung nicht
ausreichend, da sie nur ganz allgemeine Anhaltspunkte boten und über-
dies der Reserve einen ganz freien Spielraum ließen, ohne ihrer
Verwendung in der Gesamtformation zu gedenken; endlich war die gleich-
zeitige Mitwirkung der Holzflolte im Vereine mit der PanzerQolle gani
ausgeschlossen, ja' derselben geradezu anbefohlen, sich auf eine
Eufemmig von 3000 m von derselben zu halten und erst auf das Signal
des kommandierenden Admirals am Kampfe teil zu nehmen. (Siehe
Seite 67). Diese Anordnung wai' unter den obwaltenden Umständen, wo
Admiral Persano eine genaue Kenntnis der feindlichen Streitkräfte
hatte und ihm die Obermacht sowohl an Panzer- als wie auch an Holz-
schiffen zu Gebote stand, eine Absurdität und es ist mindestens zweifel-
haft, ob in einem freien Meinungsaustausche zwischen den Admiralen
i)L'uniral en chef doit, antaiit que poasible, preroir avant le combut U
manoeuvre i. faire et une foia le feu engagi, les capitainos doivent £tre teOement
peactr£s des mettaodes d'attoque et des intentions de leur amirat, que lei slgnaux
ceaseat alors d'£tre uoe Qecessi{4 de leor acUon. — Bouet-Willaumei, TBcti<|u«
oavaie etc. etc.
305
und Kapitänen man nicht vielleicht dahin gelangt wäre, den Admiral
Persano von dieser Anschauung abzubringen. Diese Maßregel erwies
sich auch, wie wir gesehen haben, infolge der Unselbständigkeit imd des
geringen Tatendranges des Vizeadmirals Albini als eine verderbliche und
war Mitursache an dem Mißerfolge des Tages.
Eine weitere Folge des Mangels eines vorher festgestellten und den
Admiralen wie Kommandanten mitgeteilten Angriffsplanes war die, daß
der kühne, ungestüme Angriff der österreichischen Panzerdivision von
der italienischen Flotte nicht in einer anderen, wirksameren Weise
erwidert wurde. Anstatt sich sofort auf die durchbrechenden öster-
reichischen Panzerschiffe zu werfen und dieselben anzugreifen, sehen wir
sowohl die Tete wie die Queue der italienischen Linie gegen die öster-
reichischen Holzschiffe steuern und mit diesen anbinden, während ihnen
doch vor allem die Bekämpfung der feindlichen Panzerschiffe zußel. Wir
halten weder die vom Kontreadmiral Vacca gegebene Begründung,
zu verhindern, daß die österreichische Eskadre vorne passiere, noch
jene des Linienschiffskapitäns Riboty, „daß die Kielwasserlinie nicht die
günstige Position bot, um das Gefecht anzunehmen"^), hiezu für aus-
reichend und stichhältig. Man bedenke nur, welche Wendung die Schlacht
hätte gleich bei Beginn nehmen können, wenn sofort nach dem Durch-
bmche der österreichischen Panzerdivision die gesamten 9 italienischen
(mit dem „Affondatore" 10) Panzerschiffe sich auf die 7 österreichischen
gestürzt und hiedurch die Melee veranlaßt hätten, während man die
Bekämpfung der österreichischen Holzschiffe dem Vizeadmiral Albini
überUeß. Wäre da wohl die verhängnißvolle Isolierung des ,R6 d*ltalia*
möglich gewesen? Wir bezweifeln es und glauben, daß in diesem Falle
dem österreichischen Admiral, trotz der unvergleichlichen Kühnheit, mit
welcher er seinen Angriff ausführte, der endliche Erfolg nicht so leicht
geworden wäre. Ebenso wäre dann der vom Vizeadmiral Alb in i
angegebene Grund für seine Untätigkeit an und für sich entfallen ; er
hätte angreifen und mittun müssen.
Wir sind nun bei der weiteren Besprechung der vom Admiral
Persano am Tage der Schlacht von Lissa begangenen Fehler zu jenem
Punkte gelangt, der ihm ganz besonders zum Vorwurfe gemacht wurde
und welcher mit die Veranlassung gab, daß nachträglich die schwersten
Beschuldigungen bezüglich seines persönlichen Mutes erhoben wurden.
1) Siehe die Anmerkung Seite 282.
Fleischer, Die k. k. KriegsmariDe 186C. 20
30C
Wir meinen damit seine plötzliche und wenig würdevoll diu'clige führte
Übersehitlung auf den „AlTondatore* unmittelbar vor der Schlacht.
Es wird dem Leser gewiß noch aus dem Schiiftenwechsel zwischen
dem Admiial und dem Marin eminister erinnerlich sein, welche große
Wichtigkeit <Ier Admiral diesem WidderechilTe beimaß und wie sich bei
ihm gewissermaßen die fixe Idee herausgebildet halte, daß er ohne dem-
selben nichts Ordentliches zu unternehmen im stände sei. Es verging faat
Itein Tag, wo er nicht von ilim sprach, wo ei- ilin nicht verlangt und
heriieige wünscht hatte. Ursprünglich in der vom Miiii.sler verfügten
Eiiiteilimg der Flolt^^ der 3, Eskadi'e (squadra d'assedio) zugewieseu,
hatte er es bei ihm durchgesetzt, daß der „AfTondatore* der Hauptcikadre
(squadra di battaglia, (siehe Seite 67) zugeteilt werde und in den am
15. Juni herausgegebenen Ordini di massima erhielt derselbe die
Bestimmung, außerhalb der Linie .ebensowohl zum Schutze und zur
Unterstützung des Fla^ensciiiffes des Höchstkommandiereuden als auch
zu dem Zwecke, um dort verwendet zu werden, wo die Not es erhebcbt,
spezielle Befehle ausgenommen".')
Admiral Persano rechtfertigte die Ülterschitfung auf den
lAffondalore' in seinem Berichte folgendermaßen: ,Es war das eiste
Mal, daß in einer Seeschlacht sich die neuen Streitmittel des Seekrieges
gegenüber befanden. Es erschien mir daher passend, mich auf einem.
Panzerschiffe von großer Geschwindigkeit außerhalb der Linie
zu befinden, damit ich einerseits bei sich darl>ietender Gelegenheit in das
heftigste Gefecht eingreifen, anderseits eiÜgst die notwendigen Befehle
zu den verschiedenen Teilen der Flotte bringen und diese gemäß dem
■} Auszug au6 dem Brief- and Depeschonwechsel zwischen dem Adounl
Pcraano und dem Marinemlnister bezüglich des .AObudatore':
38. Juni; .Sehbene preferirei avere ton ino i'Affondatore per avero vi(t>iria
couiplclla; fate urgenza percbe mi sia finilo elc. etc."
30. Juni ; .Vi prego fare sollecitudine per 1 'Affondatore etc. elc. '
3. Juli; „Scongiunj aollecitare l'Affondatoro b camioni; tl rimanviito uoa
imporla etc. elc"
3. Juli: .CoateDtone l'arriTo Affondatore.'
6. Juli: ,Si! possiamo aspetlare rairivo dolt'AfTotidatore non sarebbe ni>le,
p(-relii io vorrei tcntare un nolpo ardito con quel legno, fidandomi solU sua
veloriti »tc. etc."
7. Juli: ,Se poaao aspeltare AfTondatore credo utile per colpo aidilo • lenuinan
d'un Iralto «e possibilc etc. elc'
8. Juli: ,Arrivalo ajutante di baudicra che mi dicc me^avi)Eli(^ deirAlfon-
dalore etc. etc.*
307
Bedürfnisse bewegen könne. Zu diesem Ende wählte ich den »Affondatore*,
auf welchem ich meine Flagge hißte und wohin ich den Stabschef der
Flotte, meinen Personaladjutanten sowie einen der dem Flottenstabe
zugeteilten Offiziere mitnahm. " Hiezu muß nun bemerkt werden, daß die
Frage, ob der Platz des kommandierenden Admirals während der Aktion
auf einem Panzerschlachtschifife sei oder ob derselbe seine Flagge auf
einem schnellen Avisodampfer hissen solle, in der neuen Taktik für
Panzerflotten allerdings noch eine offene gebüeben war, da die Gründe,
welche in jedem dieser beiden Fälle für und wider sprachen, sich so
ziemlich die Wagschale hielten. Aber so viel stand doch schon damals
fest, daß, falls auch der Admiral sich außerhalb der Linie begeben und
von dort aus die Schlacht leiten wollte, dies der Flotte bekannt sein
müsse sowie daß die Befehlsgebung hiedurch nicht erschwert oder
gar immöglich gemacht werden dürfe.
Was die eigentlichen und wahren Beweggründe gewesen sein
mögen, welche den Admiral Persano veranlaßten, diesem Schiffe solch
eine außerordentliche Wichtigkeit beizumessen, um dasselbe unmittelbar
vor der Schlacht zu besteigen, dies wird wohl für immer in ein
mysteriöses Dunkel gehüllt bleiben. Es lassen sich in dieser Beziehung
nur Vermutungen aufstellen, die allerdings nach keiner Richtung hin vor-
teilhaft für den Admiral sind. Wir wollen nicht so weit gehen wie der
öffentliche Ankläger im Prozesse Persano, der mit einer schonungslosen
Offenheit den Admiral geradezu der Feigheit zieh und behauptete, der-
selbe habe sich auf den »Affondatore" nur zu dem Zwecke überschifft
um im gepanzerten Turme desselben seine eigene Person in Sicherheit
zu bringen. Es widerstrebt unserem militärischen Gefühle, dieses ver-
ächtliche Motiv, welches damit dem Admiral Persano unterstellt wurde,
in dieser nackten Form anzunehmen, trotzdem sich nicht leugnen läßt,
daß so manche Umstände, insbesondere aber sein späteres Benehmen an
Bord desselben, mit erdrückender Schwere gegen ihn sprechen. Wir
neigen nach den uns bereits bekannten Charaktereigenschaften des
italienischen Admirals mehr zu der Ansicht hin, daß es ihm wahrscheinhch
darum zu tun war, in der Hoffnung, vom Glücke begünstigt zu werden,
mit dem mächtigen Widderschiffe irgend einen leichten, nicht riskanten
Rammstoß anzubringen sowie durch die schweren SOOpfündigen Arm-
strong-Geschütze desselben einen Erfolg zu erzielen, um sich so auf billige
Weise die Lorbeeren zu holen, deren er zur Auffrischung seines schon
etwas verblaßten Ansehens dringend bedurfte. Wir wissen ja, daß er es
liebte, Erfolge auf eine leichte Weise zu erringen sowie daß er es meister-
20*
haft verstand, im großen bombastischen Stile die geringste Leistung auf-
zubauschen und für sich zu verwerten. Admiral Persano war ferner ein
Mann, der sich fQr eine große seemännische Kapazität liielt und alles nach
seinem Kopfe mit mögUclist viel Aplomb anzupacken gewohnt war,
unbekümmert darum, ob die ergriffenen Maßnahmen den obwaltenden
Umständen angepaßt waren oder nicht. Er kopierte auch gerne, leider
mit wenig Glück, große MSnner. Weil Admiral Farragut bei der
Beschießung von Fort Mobile auf seinem Flaggenschiffe , Hartford* sich
des besseren Ausblickes wegen in die Mars begeben hatte, glaubte er vor
Lissa dasselbe tun zu müssen und hatte sich zu diesem Zwecke die Gruß-
mars de:; ,Re d'Italia* herrichten lassen'), in welcher er sich einige Zeit
aufhielt, wäJirend welcher aber der Stabschef der Flotte, Linienschiffs-
kapitän d'Amico von der Brücke aus das Manöver der Gruppe selb-
ständig leitete. Weil die neue Taktik den Fall vorhersah, daß der
Kommandierende unter Umständen es vorziehen könnte, sich außerhalb
der Linie zu begeben und von dort aus die Schlacht zu leiten, für weichen
Fall ein eigens zu diesem Zwecke bestelltes Substitutsschiff den Platz
des Admirals in der Linie einzunehmen hatte, hielt es Admiral Persano
schon für notwendig, sich dieser Methode zu bedienen und wählte biezu
den .Affondatore*, obschon gerade dieser im gegebenen Falle das am
wenigsten geeignete Schiff war. Denn wollte er, um seinen Ausdruck zu
gebrauchen, eine kühne Tat (un colpo ardito) ausföliren, indem er sich
auf das Rammen verlegte, so mußte ihm in derMelee von diesem niederen
Schiflfe, welches aus dem Turme nur einen sehr beschränkten Ausblick
bot. die Übersicht und Leitung des Ganzen bald abhanden kommen: ver-
zichtete er dagegen auf das Rammen und hielt sich des besseren Cberv
bhckes wegen mehr außerhalb der Melee, so entzog er der Flotte dadurch
vrieder ein mächtiges Kampfmittel. Diese beiden Verwendungen des
„Affondatore* paßten nicht zusammen und sclüossen einander aus. Ent-
weder wurde er seiner Bestimmung gemäß als Widder gebraucht od«
als Aviso. Als beides konnte er nicht dienen.*). Den größten und nicht
zu entschuldigenden Felder beging jedoch Admiral Persano dadurch,
daß er es, wie selion erwähnt, unteriieß, seine Überschiffung vorher zur
Kenntnis der Flotte zu bringen, damit jedermann während der Schlacht
wußte, wo der kommandierende Admiral zu suchen sei und von wo man
die eventuellen Signale zu erwarten habe. Dieses wichtige Faktum durfta
1) Siehe Seite 15S.
-] Siebe dds Gatacbten Her Sauhver^trindigen bezüglich de^ ,Arrondatore-, B«i,-
309
für dieselbe kein Geheimnis bleiben und auf eine würdige Weise, aber
nicht mit jener auffallenden Heimlichkeit, als ob er sich gewissermaßen
dieses Schrittes schäme, mußte die Überschiffung des Admirals vor sich
gehen.
Es ist durch die Zeugenaussagen vieler Offiziere erwiesen worden,
daß gerade diese Form es war (come se fosse uno scampo), welche nicht
nur auf dem ^R^ d'Italia*, sondern auch auf jenen wenigen Schiffen, die
infolge ihrer Nähe das Abstoßen eines Bootes vom ,Rfe d'Italia* sowie
das Rudern dieses Bootes gegen den „Affondatore' bemerkt und den
Zusammenhang erraten hatten, einen üblen Eindruck hervorbrachte.
Ohne abzuwarten bis der mittels Signals und Avisos herbeigerufene
„Affondatore* dem »Re d'Italia* auf eine entsprechende Distanz nahe
gekommen, ließ er den letzteren halten und bestieg in sichtbarer Hast
und Aufregung, einen lemenen Pack in den Händen haltend, mit seiner
Begleitung das Boot, welches in größter Eile dem »Affondatore* ent-
gegenruderte. Die Bemannung dieses Bootes, um welches sich niemand
mehr kümmerte, wurde zum Glück noch vom „Govemolo* aufgenonunen.
Am Bord des »Affondatore* wurde zwar eine Kommandoflagge
gehißt, aber nicht die eines Admirals, sondern eines Vizeadmirals, weil
sich keine andere am Bord befand, trotzdem man auf dem ^Affondatore*
schon den Tag vorher von der bevorstehenden Überschiffung des
kommandierenden Admirals Kenntnis hatte und aus diesem Anlasse
eigens an die Herstellung einer Admiralskommandoflagge ging.^) Die
Anklageakte erwähnt auch diesen sonderbaren Umstand und fmdet ihn
höchst auffallend. Wir können indes hier an eine Absichtlichkeit nicht
glauben imd halten diese für unwahrscheinlich; aber bezeichnend für den
Dienst und die Pünktliclikeit, mit welcher derselbe gehandhabt wurde,
bleibt dieses Faktum. Nebstbei wurde die Kommandoflagge noch unklar
gehißt und so geschah es, daß man dieselbe bei der kleinen Flaggengala,
welche gleichzeitig geführt wurde, gar nicht beachtete. Mit Ausnahme der
^) ,Si alzava intanto suiralbero dimaestra una bandiera di commando, noD p^ro
col distintivo di amroiraglio in capo, che consiste in tre palle bianche, bensl con quello
di vice-ammiraglio che ne ha dae; ed e per veriU alquanto singolare che dal
momento che quella bandiera era stata, come dice rufßciale Ghinca, confezionata
apposta nel i^omo precedente a bordo dello slesso „AfTondatore*^ quando (come si
accennerä in appresso) Tammiraglio Persano aveya fatto pre venire il commandante
Martini, che in caso di battaglia sarebbe forse passato sull* Affondatore, siasi
sbagliato il distintivo del Supremo Commando, che era Tunico oggetto della sua
formazione*". Rendiconti etc. etc. Atto d^accusa. Seite 28.
Schiffe der Reserve wiir, wie gesagt, der ülirige Teil der Flotle nicht
davon in Ketmtuis. daß der Adniiral sein Schiff gewechselt hatte und alle
Blicke waren bezüglich der Signale nach wie 7or auf den ,R6 d'ltalia*
gürichlet.
Adniiral Persano versuchte sich damit zu entschuldigen, daß er
sagte : in der Schlacht hören die Signale auf, da jeder Kommandant nach
eigenem Ermessen handeln muß. Zugegeben, aber nur bis zu einer
gewissen Grenze, denn ganz wiid niaji ihrer nie entbehren können und
für gewisse Fälle, vne zum Beispiel das Sammeln der Schiffe aus der
Melee und eventuelle Neuformieren derselben zum Zwecke eines neuen
Angriffes, muß der Kommandierende seinen Schiffen bekannt und sichtbar
bleiben, wie diese ihn unter allen Umständen zu finden wissen müssen.
Dies war aber bei der italienischen Flotte in der Schlacht von Lissa nicht
der Fall. Und wenn es auch seine Richtigkeit damit hat, daß die Komman-
danten nach dem Beginne der Schlacht infolge des beständigen Wechsels
der Situationen größtenteils nach eigenem Ennessen zu handeln haben, so
ist es doch nicht minder richtig, daß sie vorher über die Generalidee dea
Angriffes sowie über die Intentionen ihres Admirals im klaren sein
müssen. Allein auch dies traf, wie wir wissen, bei Lissa nicht zu.
Was mag nun, so drängt sich emeui wohl die Frage auf, die Ursache
gewesen sein, daß Admiral Persano sich dieses so schwerwiegenden
Versäumnisses schuldig machte und die Flotte von seiner Überschiffung
in Unkenntnis Heß? Wir glauben nicht zu iiren. wenn wir annehmen,
daß er instinktiv fühlen mochte, er begehe einen Schritt, der ihm Ton der
Flotte übel gedeutet werden würde und daß er den Kritiken und Witzeleien
hierüber sich nicht im vorhinein aussetzen wollte. Ein anderer ver-
nünftiger Grund ist sonst wirklich schwer denkbar.
Des schädlichen Einflusses, welchen die stattgehabte Dberscbiffung
des Admirals auf die Kielwasserlinie dadurch ausübte, daß eine Lücke io
derselben entstand, indem der ,R^ d'ItaUa* aus dieser Veranlassung
einige Zeit halten mußte, während die vor ihm befindlichen Schiffe unter
Konireadmiral Vacca ruhig weiterfuhren, haben wir bereits Erwähnung
getan, Wohl wäre es, nachdem die Kielwasserlinie diesmal von der
gesamten italienischen Panzerflotte, die Reserve mit inbegriffen, gebildet
worden war und diese nun gleichfalls unter dem direkten Befehle des
kommandierenden Admiials stand, Pflicht der »Ancona* — als dem
Vordermanne des ,Re d'ltalia" — gewesen, gleichfalls die Fahrt zw ver-
mindern, um sieh hiedurch soviel als mOgUch auf der anberohlenen
Distanz zu halten, als dieser seine Fahrt vermindert und endlich sogtr
311
gestoppt hatte. Die Nichteinhaltung dieser taktischen Vorschrift, die im
vorliegenden Falle von weittragender Bedeutung wurde, zeigt al^emials
deutlich die völlige Unkenntnis der Admirale und Kommandanten mit den
Absichten des Admirals bezüglich der bevorstehenden Aktion. Linien-
schiflfskapitän Piola, der Kommandant der ,Ancona**, in der öCfentlichen
Debatte des Prozesses Per s an o als Zeuge befragt, ob er nicht gewußt habe,
daß es in der Kielwasserlinie Pflicht eines jeden Vordermannes sei, bei
einer durch Umstände hervorgerufenen Fahrtverminderung des Hinter-
mannes gleichfalls die Fahrt zu vermindern, um die vorgeschriebene
Distanz einzuhalten, gab ganz kaltblütig zur Antwort, „daß ihm dies wohl
bekannt gewesen sei, daß er jedoch zur Reserve gehört habe und bloß die
Signale des Kommandanten der Reserve zu befolgen verpflichtet gewesen
sei; daß dieser im Gegenteil mittels Signals befohlen habe, die Distanzen
(in der Reserve) zu schließen, er sich somit um den ,Re dltalia* nicht
zu kümmern brauchte**.^) Daß es sich jedoch hier vor allem darum handeln
mußte, zu verhindern, daß eine Lücke in der Linie entstand, daß zu
diesem Behufe nötigenfalls selbst ein Signal zu hissen war, um „ Gaste 1-
fidardo* und «Principe di Carignano** zur Nachahmung des eigenen
Manövers zu veranlassen, dies leuchtete damals dem Kommandanten der
„Ancona" nicht ein.
Admiral Persano befindet sich nun auf dem „Afifondatore*. Wo
sind aber seine kühnen Taten, jene colpi arditi, welche er mit diesem
„mächtigen Streitmittel**, wie er es nannte, zu vollführen gedachte? Die
Antwort auf diese Frage fällt nicht befriedigend aus und bleibt hinter den
bescheidensten Erwartungen zurück. Wir sehen ihn gleich bei Begimi des
Kampfes gegen die Panzerschiffe des österreichischen rechten Flügels im
Vorüberfahren auf weite Distanzen einige wirkungslose Schüsse abgeben,
er folgt ihnen aber nicht, sondern gelangt, seinen Kurs fortsetzend in das
Intervall zwischen der 1. und 2. Division, wo er sich die „Elisabeth* als
Opfer für seine Ramme auserkoren hat. Der kurze, lenksame Raddampfer
weicht ihm jedoch gewandt aus und der „ Afl'ondatore'* gerät nun bei semer
Kreisbewegung über Backbord auf die 2. österreichische Division, deren
Führerschifif „Kaiser* ilmi in schräger Richtung schon auf kurze Ent-
fernung entgegenkommt. Es gelingt ihm daher auch nicht mehr, sich in
1) Rendlconti etc. etc.; deposizione Piola, Seite 141. Und doch waren es
gerade die Schiffe der Reserve, von welchen man sah, daß vom ,,R6 dltalia*" ein Boot
abstieß, daß somit etwas außerordentliches vorgehen mußte, was dessen Hallen
in diesem kritischen Momente vcranlaCte.
eine solche Position zu bringen, um das Linienschiff mit Aussicht auf
Erfolg rammen zu können und es erfolgt ein bloßes AusweichmanÖTer.
indem beide SchiEfe pinander in entgegengesetzter Richtung passieren,
wobei allerdings der .APfondatore" seine beiden 300pfünder auf eine
Entfernung von nur 50 bis 100 m gegen den „Kaiser" mit verheerendpr
Wirkung abfeuert. Aber auch „Kaiser" antwortet mit zwei konzentrierten
Lagen, die auf Deck und in der Takelage des .Affondatore* ziemlichen
Schaden verursachen. Dieser gelangt nun durch die fortgesetzte Kreis-
bewegung ganz außerhalb des Gefeclitsfeldes; ersieht den heroischen Kampf
des ,Re di Portogallo" mit dem , Kaiser" nur von weitem, ohne selbst mit
einzugreifen und vergeudet, inzwischen seine Havarien ausbessernd, eine
kostbare Zeit von 1.5 bis SO Minuten, während welcher an anderer Stelle
die Entscheidung fällt. Er sieht und weiß nichts vom ,Re d'ItaÜa*, dessen
Schicksal er erst um 4'' p. m, ertährt.
Endlich ergibt sich für den .Affondatore" die günstige Gelegenheil,
seinem Namen und seiner Bestimmung entsprechend wirken zu können
und diesmal mit aller Aussicht auf Erfolg. Das brennende und übel zuge-
richtete Linienschifl' trachtet, nur von wenigen schwachen Holzschiffen
begleitet, mit aller Anstrengung den Hafen S. Gioi^io zu erreichen.
Der »Affondalore-, längs der nördlichen Küste der Insel Lissa steuernd.
hat es erspäht und will ihm den Weg dahin verlegen. Die beiden ScIiifTe,
welciie einen ilahezu parallelen Kurs steuern, der .Affondatoi-e' an
Steuerbord des , Kaiser', haben sich bald genähert, denn der erstere ist
im Vollbesitze seiner Maschinenkrafl, während das Linienschiff infolge
seines Brandes langsam zu fahren gezwungen ist. Er hat somit die Über-
legenheit in der Fahrt und kann sich mit Leichtigkeit die ihm passendst«
Position zum Rammen wählen. An ein Entrinnen des .Kaiser' ist unter
diesen Umständen nicht zu denken. Auf eine Distanz von i^irka 1 Kabel
(200 Hl) gegenseitig angelangt, erwai-tel man auf beiden Schiffen in
fieberhafter Spannung den Ausgang dieses Duells; da, im letzten entschei-
denden Momente, wo man sowohl an Bord des .Affondatore* wie auch
auf jenen Schiffen der Flotte, welche Zeuge dieses Intermezzos waren,
den .Kaiser" bereits verloren wähnte, macht der Admiral von seiner
Autorität Gebrauch und vereitelt durch sein Machtwort das Manöver des
Schiffskommandanten Martini,
Woher dieser plölzHchi^ Wechsel des schon einmal gefaßten Ent-
schlusses bei einer Gelegenheit, welche wie diese sich vielleicht nicht so
bald wieder darbietet? Wir stehen da abermals vor einem Rätsel, dessen
richtige Lösutig jedoch leider nur auf Kosten der Ehre des Admirals
313
erfolgen kann. Es scheint wohl aller Grund zur Annahme vorhanden, daB
ihn im letzten entscheidenden Momente seine Nerven im Stiche ließen
und daß er das mit jedem Rammstoße verbundene Risiko nicht tragen
wollte. Er versuchte zwar nachträglich zu beweisen, daß sein Kommando
,alla diritta* das im gegebenen Falle richtigere gewesen wäre, weil der
«Kaiser" eine Bewegung nach steuerbord gemacht hatte, allein abge-
sehen davon, daß diese angebliche Bewegung von keinem der an Bord
befindlichen Offiziere bestätigt wurde, ist dieselbe auch ganz unwahr-
scheinüch und der Position der beiden Schiffe nicht entsprechend. Der
«Kaiser**, welcher sich etwas voraus befand, wäre durch diese Bewegung
geradezu in sein Verderben gerannt, da er dem «Afifondatore" seine Breit-
seite präsentiert hätte, so daß dieser nur seinen Kurs fortzusetzen brauchte,
um ihn senkrecht zu trefien; im Gegenteile wurde von allen Offizieren
ausgesagt^) und das Urteil dahin abgegeben, daß bloß eme leichte
Bewegung von Seite des «Aflfondatore** nach backbord hinreichend ge-
wesen wäre, um die Katastrophe unvermeidlich zu machen. Daraus geht
zur Evidenz hervor, in welcher nahen und günstigen Rammstellung sich
der «Afifondatore" befunden haben mußte und daß — wie die Anklage
ganz richtig bemerkte — es einer Absicht bedurfte, daß der Rammstoß
nicht ausgeführt wurde. Admiral Persano gab sich zwar viel Mühe vor
dem Senate, durch gelehrte Abhandlungen über das Rammen und Aus-
weichen seine Richter von der Richtigkeit seines Manövers zu über-
zeugen, doch gelang es ihm nicht, das gesunde Urteil derselben zu trüben,
da die Klarheit und Bestimmtheit der Zeugenaussagen mit erdrückender
Schwere gegen ihn sprach.
Er hatte übrigens vorher noch eine andere Erklärung für sein
Manöver respektive über die Ursache desselben gegeben und zwar gleich
in den ersten Tagen nach der Schlacht, wo er das Bedürfnis gefühlt haben
mochte, sein Benehmen den Offizieren seines Stabes gegenüber zu recht-
fertigen. Der Stabschef der Flotte, Linienschiflfskapitän d' Amico, erzählte
nämlich, daß der Admiral eines Tages an Bord des «Messaggiere* bei der
Tafel die Bemerkung machte, er habe damals die große Achse des Turmes
des «Affondatore" (welche der Breite des Schiffes nach lag) in der Längen-
richtung genonunen und daraus sei der Irrtum und die Verwechslung
von Backbord mit Steuerbord entstanden. Es braucht wohl nicht erst
bemerkt zu werden, daß diese Erklärung nicht ernst genommen wurde
und bei niemanden Glauben fand; Admiral Persano selbst hütete sich
I) Siehe Beilage VI.
wohl, vor dem Senate auf dieselbe zurückzukommen. Übrigens isl die von
ihm in jenem Augenblicke gemachte Äullerung: ,ii posto di;ir amniiriiglio
non c solo ai fuoco; io debbo pensare all' inliera armala' wohl der
sprechendste Beweis dafür, daß er seine Erhaltung für so wichtig hielt,
um sich ihr zu Liebe nicht der mit dem Rammen unvenneidlichen Gefahr
auszusetzen. Wenn dies aber seine Ansciiauung war, dann kam er aller-
dings zu spät zur Erkemitnis derselben; dann durfte er aber auch nicht
den .Affondatore* als sein Flaggenschiff wählen und dui-ch seine Gegen-
wart die Aktion dieses .mächtigen Streitmittels " neutralisieren.
Unter den obwaltenden Umständen, wo die Chancen stark auf seiner
Seite lagen, hätte er im Gegenteile nicht zögern dürfen, dieses wenn
auch schon stark beschädigte Schiff vollends zu vernichten, schon des
mächtigen Eindi-uckes wegen, den diese Tat auf seine Flotte, die bis jetzt
noch keinen Erfolg errungen hatte, ausüben mußte. Dies war auch die
Auffassung alier Offiziere am Bord des .Affondatore' sowie die des Stabs-
chefs d'Araico. Die Befürchtung, möglicherweise selbst dabei zu (irunde
zu gehen, hätte ihn nicht davon abhatten dürfen; selbst wenn dies der
Fall gewesen wäre, so hätte er seinem Lande doch einen großen Dienst
emiesen, da der Verlust des Linienschiffes mit seiner Bemamiung
von 900 Mann österreichischerseits wohl schwerer empfunden worden
wäre, als italienischerseits der Verlust des .Affondatore", der übrigens
schon nach dem ZcUensystem gebaut war, also weniger Gefahr liet
Es wäre dies eine Kompensation für den Verlust des ,Re d'Italia* ge-
wesen.
Mit dieser Affäre war die Rolle des .Affondatore" als Widder
beendigt, denn es ergab sich für ihn keine Gelegenheit mehr, in dieser
Eigenschaft aufzutreten; was die weitere Tätigkeit des Admirals Persano
auf diesem Schiffe imd während des Endes dei- Schlacht anbelangt, so
haben ivir m den vorhergehenden Kapiteln ausführlich darüber berichtet
und gezeigt, wie verhängnisvoll sich die Geheimhaltung seiner Ober-
schiffung gestaltete, wie lange es dauerte, ehe der größte Teil der fTotte
seine Signale anerkannte und als dies endlich der Fall war, welche geraatne
Zeit wieder mit nutzlosen Formationen und Kursvenuiderungen vergeudet
wurde, anstatt entschlossen gegen die österreichische Eskadre, welche
sich bloß 4 bis 5 Seemeilen entfernt befand, zu steuern und diese nochmals
anzugreifen. Aber offenbar hatte Admiral Persano genug. Er mußte den
Glauben an sich und seine Flotte verloren haben; denn nur so läßt es
sich erklären, dafl seinerseits kein Versuch mehr gemacht wurde, dos
launenhafte Kriegsglück an sich zu fesseln und nochmals um den Sieg zu
•J15
kämpfen. Man wai' doch im Monate Juli, es standen ihm somit bis zum
Abend noch 5 bis 6 Stunden zu Gebot und es war immerhin noch möglich,
in dieser Zeit den erüttenen Echec wieder gut zu machen. Man verfugte
auch noch immer über die Übermacht und konnte 9 Panzerschiffe den
7 österreichischen, sowie 386 schwere Geschütze der Holzflotte den in-
folge des Bückzuges des „Kaiser" auf 260 reduzierten der österreichi-
schen Holzeskadre gegenüberstellen. Die italienischen Holzschiffe waren
überhaupt noch nicht zur Aktion gelangt. Wohl mochte das Schickscd des
,Re d'Italia** und des ,Palestro* einen gewissen deprimierenden Eindruck
bei der Fotte zurückgelassen haben, aber es gibt Lagen, wo gerade der-
artige Unfälle mächtig auf das Ehrgefühl einwirken, den schon wanken-
den Mut wieder beleben und zu den größten Taten begeistern, wenn die
Führer es verstehen, die richtige Seite anzuschlagen sowie mit gutem
Beispiele voranzugehen. Dies gilt in den Kriegen zur See mehr noch wie
in jenen zu Lande, weil dort die Selbständigkeit der Einzelnen viel
früher aufhört und nur den Admiralen und Schiffskommandanten ein
größerer persönlicher Wirkungskreis beschieden ist. Die wackere Beman-
nung des „Palestro** bildet den besten Beweis hiefür.
Wir glauben daher mit unserer Behauptung nicht fehlzugehen, daß;
wenn die italienischen Admirale das Herz auf dem rechten Flecke gehabt
hätten und die Mehrzahl der Kommandanten vom Schlage der Faä di
Bruno und Cappellini, der Riboty und Acton gewesen wären, bei
einem zweiten ernsten Zusammenstoß vielleicht noch mancher Erfolg
erreicht worden wäre, auf alle Fälle aber der Sieg vom Gegner hätte teuer
erkauft werden müssen. Daß diese Voraussetzung nicht zutraf, darin mag
eine teilweise Entschuldigung für den Admiral Persano gefunden werden,
der nach den gemachten Erfahrungen allerdings kein besonderes Ver-
trauen mehr in seine Untergebenen zu setzen berechtigt war.
Wir haben hiemit alle Hauptmomente nochmals zusammengefaßt
sowie die Ursachen angegeben, welche unserer Ansicht nach dazu
gefühil haben, daß die imposante, italienische Flotte von der in jeder
Hinsicht schwächeren österreichischen besiegt wurde imd dabei gezeigt,
welche Schuld in dieser Beziehung dem kommandierenden Admiral bei-
gemessen werden muß. Daß dieser der Hauptschuldige ist, daran kann
jetzt nicht mehr gezweifelt werden. Aber wir sagen nicht ohne Grund der
Hauptschuldige, denn er steht nicht ohne Mitschuldige da.
Vizeadmiral Albini, Kommandant einer Eskadre von 12 größten-
teils schweren Schiffen mit nahezu 400 Geschützen, hatte den traurigen
Mut, sich auf unpassende, dtin Augen liliokf; nicht entsprechende BefehJe
stützend, wahrend der ganzen Aktion ein passiver Zuschauer zu bleiben,
trotzdem ilui die Tatsache, daß selbst die kleinen, fast wehrlosen Rad-
dampfer der österreichischen Flotte am Kampfe teilnahmen, aller Be-
denken hätte überheben können und zweimal vom kommandierenden
Admiral das Signal gemacht worden war. ,jedes Schiff, welches nicht
kämpft, ist nicht auf seinem Posten*.
Mit vollem Rechte muß ihm der Vorwurf gemacht worden, daß er
nicht kühn darauf los ging, sondern jeder vermeintlichen Gefahr auswich.
Es war aber nicht zu verhindern, beim Vorgehen zum Angriffe einem oder
dem anderen österreichischen Panzerschiffe zu begegnen. Dieses Risiko
mußte er tragen, so gut es Kommodore v. Petz getragen hat.
Welcher Tatendrang Vizeadmual Alblni innewohnte sowie welche
Auffassung der Sachlage und der ganzen neuen Kriegsführung zur See
er überhaupt haben mußte, läßt sich am besten aus dem nach-
stehenden Teile seines eigenen Berichtes entnehmen, den wir in wört-
licher Übersetzung hier wiedergeben:
»Ich versuchte es, mit den österreichischen gemischten Schiffen ins
Gefecht zu kommen und wartete zu diesem Behufe auf den güiistigea
Zufall ehies freien Intervalles zwischen den feindlichen Panzerfregatten,
ohne jedoch das Manöver der unsrigen hiedurch zu beeinträchtigen; bei
meiner Annäherung fand ich den Angriff bereits auf der ganzen Linie im
Gange, aber drei östeiTeicIiische Panzerfregalten. welche sich mit ganzer
Kraft in die Intervalle zwischen unseren Panzerfregatten der Tete stürzten
und die Richtung gegen unsere Kolonne nahmen, zwangen mich, eino
rasche Bewegung im Gegenmarsch auszuführen, vermittelst welcher meine
ganze Eskadre dem Feinde den Bug zeigen und sich so iu eine weniger
gefähi'liche Position bringen sollte, als unsere Panzerfregalten kamen
und die angreifenden feindhchen zum Abfallen brachten.
Eine zweite günstige Gelegenheit erscliien mir um 10'' 55" a, m.
zu welcher Zeit ich die Queue der gemischten Schiffe fast isoliert
bemerkte, und dawar es, wo ich das Signal machte: ,die Distanzen
schließen", um mich dem Feinde zu nähern. Das Geschützfeuer zwischen
den Panzerschiffen dauert unterdessen sehr lebhaft fort; ich nähere mich
einem Zwischenräume der Kolonne unserer Panzerschiffe, werde aber
neuerdings durch zwei österreichische Panzerschiffe, welche versuchen,
die zweite Eskadre zu rammen, von meinem Wege abgebracht; doch di»*
317
Reserve sowie zwei Panzerfregatten der Schlachteskadre drängen den
Feind zurück.
In dieser Phase des Gefechtes war es mir möghch erschienen, den
Rückzug der gemischten Schiffe abzuschneiden, welche mit ganzer Kraft
fahrend, nach dem Kanal von Lissa abfielen, das Linienschiff an ihrer
Spitze, welches schon sehr stark beschädigt und dessen Fockmast
gestürzt war und welches vom in eine dichte Rauchwolke eingehüllt
erschien; und wirklich wäre es angezeigt gewesen, eine gleichzeitige
Veränderung der Marschordnimg vorzunehmen (everamente sarebbe stato
ovvio di cambiare ad un tempo lordine di marcia); aber unter Berück-
sichtigung der durch das Signalisieren hervorgerufenen Verzögerung
sowie des Zusammenwirkens, welches die erwähnte Bewegung erforderte,
zog ich es vor, dieselbe im Kontremarsch auszuführen.
In diesem Augenblicke, 11^ 30°^ a. m., versank die Panzerfregatte
,Re d'ltalia*, ihre Flaggen gehißt behaltend.
Auf dieses imglückUche Ereignis hin, glaubte ich den Gang des
Gefechtes durch nichts mehr stören zu sollen. (A questo infausto
awenimento pensai non doversi disturbare per nuUa il corso del com-
battimento).*
Wieviel in diesem Berichte bezüglich der vermeintlichen Angriffe
durch östeiTeichische Panzerschiffe der Wahrheit oder bloß der Ein-
bildung entspricht, haben wir bereits aus den vorhergehenden Kapiteln
ersehen und überlassen daher die weitere Beurteilung des Benehmens
des Vizeadmirals Albini dem Leser; auch halten w^ir es für überflüssig,
dem Schlußpassus — so unglaublich derselbe auch klingt — noch einen
Kommentar beizufügen.
Vizeadmiral Albini, der in früherer Zeit in der sardinischen Marine
einen guten Ruf genoß, mag vielleicht die löbliche Absicht, an der
Aktion teilzunehmen, gehabt haben, zur Ausführung aber brachte er sie,
wie wir sahen, nicht, und zwar soll zu dieser Untätigkeit viel der Einfluß
seines Stabschefs, des Linienschiffskapitäns Marquis Paulucci, bei-
getragen haben, der dem Vizeadmiral einredete, daß er sich einer
schweren Verantwortung aussetze, wenn er von den durch die Ordini di
massima aufgestellten Grundsätzen abweichen würde. Ob nicht auch,
wie von mancher Seite behauptet wird, eine gewisse Ranküne gegen den
AdmiralPersano, welche von der Belagerung von Ancona im Jahre 1860
herrührte und im Verlaufe der diesmaUgen Kampagne noch gesteigert
wurde, vielleicht das ihrige mit dazu beigetragen haben mag, daß sich
der Vizeadmiral sn starr hintor licn Wortlaut der Ordini di raa^isima
verschanzte, möge daiiingestellt bleiben. Ein eigentümlicher Zufall aber
ist es, wenn man sich erinnert '). daß nach der Affäre vom 27. Juni
gerade diese beiden Offiziere es waren, welche sich in ziemlich siib-
ordinationswidiTger Weise über das Verhalten des Admirals Persano an
jenem Tage aussprachen, so daß man versucht wäre, dem VizeadmiriU
Albini bezOgUch semes Benehmens in der Schlacht von Lissa die
eigenen Woi'te von damals vorzuhalten: ,Cosi rion si fa la guerra'. denn
gleichviel, ob er sich im formellen Rechte befand oder nicht, die Vor*
gänge und Ereignisse während der Schlacht mußten ihn belehi-eii. daß es
seine Pflicht sei. von selbst den UmstSndeu Rechnung zu tragen and sich
am Kampfe zu beteiligen.
Die unparteiische Geschichte wird daher den Vizeadmiral
Älbini als den zweiten Mitschuldigen an dem Verluste der
Schlacht von Lissa hinstellen.
Kontreadmiral Vacca, der Kommandant der Resen'e. diesmal der
Avantgarde, hatte bemerkt, daß der Hauptstoß der im Angriffswinkd
anstürmenden feindUehen Panzerdivision gegen das Zentrum der italieni-
schen Linie gerichtet war; dennoch fuhr er, sich um dasselbe nicht im
geringsten kümmernd, weit über die feindliche Formation hinaus und
wendete sodann über Backbord statt über Steuerbord, wodurch er von .
seiner eigentlichen Bestimmung — den Kampf mit Panzerschiflfen aufou-
nehmen — abgebracht und gegen die feiudhche Holzdiiision geführt
wurde. Obschon dieses Manöver anfänglieh von mancher Seite sogar als
einen genialen Blick bekundend angesehen worden war, können wir uns
dieser Anschauung nicht anschließen und müssen dasselbe vielmt^hr,
weil es das einheitliche Zusammenwiiken zerstörte, für eui verfehltes und
unzweckmäßiges bezeichnen.
Schon nach den Ordhii di massima, obgleich dieselben dem Kom-
mandanten dei' Reserve ehien gewissen Spieh-aum ließen, war sein Platz
dort, ,wü die Panzerschiffe kämpften', wie sich LinienscliiSskapitfio
Piola, der Kommandant der „Ancona*, sehr bald und zu seiner Ehrft
erinnerte und deshalb auch von Kontreadmiral Vacca tremite,
um dem arg bedrohten ,R6 d'Itaha' zu Hill'e zu eilen. Von einem
Äßgrifl'e der feindUcheu Holzschiffe durch die Reserve war in den vor*
em'ähnten Instruktionen nichts enthalten, dagegen ihrem Konunandanton.
1) Sidie Snte 87.
319
zur Pflicht gemacht, ohne ein Signal abzuwarten, in die Aktion zu treten,
so wie die eigene Linie vom Feinde durchbrochen würde (Abs. 2, S. 72).
Daß der österreichische Admiral aber diese Absicht hatte, war deutlich
zu erkennen, wie es femer keinem Zweifel unterlag, daß mit dem „in die
Aktiontreten** der Reserve nur ein Angriff auf die feindUchen Panzer-
schiffe gemeint sein koimte, wenn zui* Bekämpfmig der Holzschiflfe die
eigenen Holzschiffe da waren.
Und nachdem schon der Kontreadmiral Vacca diese Bewegung
über Backbord, welche ihn auf die österreichischen Holzschiffe warf,
ausgeführt hatte, warum ließ er sich durch das Feuer derselben ein-
schüchtern imd bog sogar wieder nach steuerbord aus, anstatt einem
Wolfe gleich, der in eine Herde Schafe einbricht, sich mitten unter sie
hineinzustürzen und mit dem Sporae semer Panzerfregatten unter ihnen
aufzuräumen? Wer hätte ihn daran gehmdert, eines oder das andere
derseüjen zu rammen, etwa die schwachen Kaliber der österreichischen
glatten Geschütze?
So vollzog er eine ganze Umschiffung der österreichischen Holz-
eskadi^e und langte erst nach ungefähr einer halben Stunde wieder auf
dem eigentlichen Kampfplätze an, auf w^elchem sich inzwischen die
bekannten Episoden abgespielt hatten. Als er hier die italienischen
Panzerschiffe in allen Richtungen planlos herumfahren sah und kein
Ralhierungssignal für dieselben bemerkte, kam ihm die glückliche Idee,
sie in eine Kielwasserlinie zu formieren, um sie für einen eventuellen
Neuangi'iff beisammen zu haben. Gerade in diesem Momente bot sich
auch die Gelegenheit, wieder in die Aktion zu treten, dar. Der komman-
dierende Admiral hißte eben das Signal: „Allgemeine Jagd mit Freiheit
des Manövers**, um der Vereinigung der österreichischen Holzschiffe mit
ihren Panzerschiffen zuvorzukommen, aber Kontreadmiral Vacca selbst
geht nicht mit gutem Beispiel voran und befolgt dieses Signal nicht,
obschon es allen sichtbar und wohlverständlich sein muß, indem „R6 di
Portogallo* und „Principe Umberto* es auszuführen im Begriffe sind.
Was veranlaßte nun Kontreadmiral Vacca zu einer derartigen
schweren Verletzimg der miUtärischen Disziplin und zur Verweigerung
des schuldigen Gehorsams gegen seinen vorgesetzten Admiral? Mit
beklagenswerter Offenheit gestand er dies in seinem Verhöre vor dem
Senate ein. „Als der Admiral — so ließ er sich vernehmen — dieses
Signal zum Wiederangriff machte, ohne Ordnung, ohne Einheit in der
Aktion, ohne Zusammenwirken zwischen uns, ohne eine Formation in
diesem Momente, hielt ich es nicht für angemessen, uns auf den
Feind zu werfen.* ') Kontreadmiral Vacca hielt es also nicht für
angemessen, zu gehorchen und ein vom kommandierenden Ädniiral
anbefohleues Manöver auszuführen! Man muß ebensowohl über die
Handlungsweise wie über diese Sprache des Konlreadmirais Vacca in
Erstaunen geraten, denn nicht nur, daß durch beide das erste militärische
Prinzip, das der Subordination, im höclisten Grade verletzt wird, sind
auch die von ihm angeführten Gründe nicht einmal stichhältig, wenigstens
nicht in dem Grade, daß sie ihn ermächtigen konnten, den vom Admiral
en chef erteilten Befehl nicht auszuführen.
Wie schon oben erwühnt, handelte es sich hier darum, die Ver-
einigung der österreichischen Holzschiffe mit ihren Panzerschiffen so
rasch als mOgüch zu verhindern. Für diesen Zweck war das Signal des
kommandierenden Admirals ein voUkonunen entsprechendes, da es die
sofortige Ausführung zuließ und sich auch die österreichischenSchiffenoch
in keiner taktischen Formation befanden. Es wäre eben sofort wieder
zur Melee gekommen, welche, da diesmal keine Isolierung einer Gruppe
stattfand, infolge der Übermacht eine günstige Chance boL Übrigens
müssen wir immer wieder darauf zurückkommen, daß nach militärischen
Grundsätzen Kontreadmiral Vacca als Untergebener die Zweckmäßigkeit
des vom Admiral en chef erteilten Befehles nicht erst lange zu beurteilen,
sondern einfach zu gehorchen und mit gutem Beispiele voranziigeheji
hatte, da im Falle eines Mißerfolges nicht er, sondern der letztere die
Verantwortung trug. Daß durch seine Handlungsweise die schon ein-
gerissene Konfusion in der Führung der italienischen Flotte nur noch
erhöht wurde, ist unbestritten, ebenso daß nur politische Rücksichten ihn
später vor den Folgen einer Stellung vor ein Kriegsgericht bewahrten.
Die Geschichte kann deshalb nicht umhin, Kontreadmiral
Vacca als den dritten der an dem Verluste der Schlacht von
Lissa Schuldtragenden zu bezeichnen.
Was die Leistungen der einzelnen Schilfskommandanten anbelangt,
so haben wir bereits in dem Kapitel über die Kämpfe der einzelnen
Schiffe gesehen, daß dieselben im allgemeinen keine außerordentlicht^n
waren, daß vielmehr auch von dieser Seite viele Fehler und Unter-
lassungssünden begangen wurden. Selbst von italienischer Seite wird
>) Quando l'anuniraglio Tece i segnali per ritornare alla carica, setua ordiiUi
senza uniüi d'azlone, senza accordo fra noi, senza ronoiuioDe in qael momeoto, iu naa
hu creduto regolare di getlarci sul nemico etc. etc. Reodiconli elc. «tc; dejitf-
«iiione Vaeea, Seite 48.
321
dies heute zugegeben. ^) Es ist offenbar und kann nicht geleugnet werden,
daß mit einigen wenigen ehrenvollen Ausnahmen die überwiegende Mehr-
heit der italienischen Kommandanten nicht jene Schneidigkeit entwickelte,
die man wohl zu erwarten berechtigt war, wie auch bei ihnen die gegen-
seitige Unterstützimg in der Melee viel zu wünschen übrig ließ. Von
einer kühnen, aggressiven Anwendung des Sporns während derselben
war wenig oder nichts zu bemerken ; dagegen wurde sehr viel, aber auch
sehr rasch sowie oft unnützerweise geschossen mid das überlegene
Artilleriematerial aus diesem Grunde nicht in jener Weise ausgenützt,
wie es bei größerer Ruhe leicht möglich gewesen wäre. Es muß femer
auffallen, daß man sich in einigen Füllen der Überwindung jener
Schwierigkeiten, wie sie eben die Situationen mit sich brachten, nicht
gewachsen zeigte und oft ohne zwingende Notwendigkeit das Gefechtsfeld
verließ, um einen plötzüch entstandenen Brand geringerer Natur zu
löschen, oder Schäden, deren Reparatur keine dringende war, auszu-
bessern.
Das schwerfällige und langsame Zustandekommen der taktischen
Formationen, die häufigen Zusammenstöße der Schüfe bei dieser Gelegen-
heit geben endlich Zeugnis davon, daß manche der Schiffskommandanten
nicht die nötige Sicherheit und Übung im Manövrieren der neuen Panzer-
schiffe besaßen, weshalb auch im großen und ganzen ihre Leistungen in
keinem Verhältnisse zu dem vorzüglichen Materiale standen, über welches
die italienische Marine verfügte.
Werfen wir dagegen unsere Blicke auf die österreichische Eskadre.
Als Kontreadmiral v. Tegetthoff die Überzeugung gewonnen
hatte, daß es sich bei dem von der italienischen Flotte gegen die Insel
Lissa gerichteten Unternehmen keineswegs um eine bloße Diversion
handle, darauf berechnet, ihn von seiner Operationsbasis hin wegzulocken,
sondern daß der Zweck desselben tatsächlich die Eroberung der Insel
bilde, ließ er sich durch nichts, selbst nicht durch die entgegengesetzte
ministerielle Anschauung*) davon abhalten, dieser zu Hilfe zu eilen und
ihr Entsatz zu bringen.
Es als seine Pflicht ansehend, daiüber zu wachen, daß auch nicht
der kleinste Teil der dem Schutze der kaiserlichen Marine anvertrauten
Küstenprovinzen dem Feinde in die Hände falle, hatte er diesen Entschluß
gefaßt, im vollen Bewußtsein, daß er bei der großen Übermacht der geg-
i)Randaccio; Sloria della marina italiana, II., Seite 199.
2) Vergleiche Seile 189.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. g]^
tierischen Streitkräfte einem schweren und ungleichen Kampfe entgegen-
gehe; doch er hatte ihn gefaßt im Vfirtrauen auf die Gerechtigkeit seiner
Sache, wie auf den vorzüglichen Geist, der seine Untergebenen beseelte
und konnte er auch nicht des Sieges gewiß sein, so wollte er diesen dem
Feinde wenigstens teuer preisgc'ben, müßte er dabei selbst mit den Seinen
den Untergang Dnden.
Wir kennen bereits seine vorbereitende, für alles sorgende und
Kai schaffende Tätigkeit, welche nur das eine Ziel verfolgte: den großen
zwischen den beiden Flotten bestehenden Abstand in der Ausrüstung und
Bewaffnung soviel als möglich auszugleichen und weniger fühlbar zu
machen. Tag und Nacht übte er seine Mannschaften und Offiziere im
Handhaben von Geschützen und Schiffen; in häufigen Konferenzen mit
den Schiffskommandanten weihte er dieselben in seine Pläne ein. Nach,
dem Vorbilde der Amerikaner ließ er die Seiten der Holzschiffe mit Eisen-
ketten schätzen und führte, um die Wirkung seiner schwachen Kaliber
wenigstens etwas zu erhöhen, das konzentrierte Feuer ein; vor allem abef
stellte er den Grundsatz auf, daß durch den Rammstoß ersetzt werden
müsse, was inlolge der Inferiorität der Artillerie nicht erreicht werden
könne. ,Den Feind anrennen, um ihn zum Sinken zu bringen' sowie:
»Hölzerne Schiffe — eiserne Herzen' waren die Wahlsprüche für sich und
seine Kommandanten, welch letzleren er empfahl, für alle Fälle stets die
Regel im Auge zu behalten, daß nur dann ein Schiff auf seinen Posten
sei, wenn es mit einem Gegner Breitseiten wechsle.
Es ist uns bekannt, in welcher Formation Kontreadmiral v. Tegetl-
h off die österreichische Flotte in den Kampf fijhrte, ebenso wt-lche Ge-
fechtsdisposilionen er für dieselbe erließ. Die einfache klare Weise, in
welcher in diesen für die verschiedenen Divisionen die ilinen entspre-
chendste Verwendung normiert wurde, gibt ein beredtes Zeugnis davon,
wie er mit den Umständen zu rechnen wußte, nicht minder aber auch
von der Külmlieit und dem eisernen Willen seines Charakters.
Noch in den Abendstunden des 19. besprach der Admiral mit den
Offizieren seines Stabes die möglichen Fälle, welche für den folgendea
Tag gewärligl werden konnten und die Maßnaimien, die jedem einzelnen
gegenüber zu ei-greifen wären.
Da es immerhin möglich war, daß die Italiener noch vor Aiikonft
der österreichischen Eskadre Besitz von der Insel genommen hfttteo,
ordnete er an. daß für diesen Fall demungearhlel in den Hafen rca^
S. Giorgio einzulaufen und millcn in die feindlichen Schiffe hineinzu-
rennen sei.
323
Selbst die Möglichkeit seines Todes ins Auge fassend, bestimmte
er, daß dieser erst in einem passenden Momente der Flotte kundzugeben
sei und bis zu diesem das Flaggenschifif die Leitung fortzuföhi*en habe. ^)
Von der Kampagne des ^Erzh. Ferdinand Max** herab, umgeben
von seinem Stabe, in einer Haltung, die selbst den Gegner zu rückhalt-
loser Bewunderung hinriß,*) leitete er mit ruhigem kalten Blicke das
Gefecht, ab und zu mit seinem Flaggenkapitän wie mit den Offizieren
seines Stabes Ansichten austauschend und Befehle gebend. Nichts entging
seinem Scharfblicke und jede kühne Bewegung eines seiner Schiffe er-
füllte ihn mit innerer Befriedigung, der er dann gegen seine Umgebung
Ausdruck gab.
In ausgezeichneter und tapferer Weise wurde der Admiral von den
Kommandanten der Schiffe unterstützt, vor allem von dem Komman-
danten der 2. Division, Kommodore v. Petz. Die Art und Weise, mit
welcher sich dieser den italienischen Panzerschiffen der Queue entgegen-
warf, ist über J3des Lob erhaben und trug nicht wenig zum Gesamterfolge
des Tages bei. da die letzteren hiedurch einige Zeit in Schach gehalten
und von der Aktion gegen die österreichische Panzerdivision abgezogen
wurden.
Der Vizeadmiral charakterisierte die Tat dieses tapferen Offiziers
mit folgenden Worten: i, Kommodore v. Petz, als Kommandant der
2. Division und des Linienschiffes „Kaiser*, hat durch das mit ausge-
zeichneter Geschicklichkeit, Kühnheit und Aufopferung ausgeführte
Manöver mit dem seiner Führung anvertrauten Schiffe, eine Tat voll-
bracht, die voraussichtlich für immer vereinzelt in den Annalen der
Marine dastehen wird und durch die er nicht nur sein eigenes Schiff und
die ihm untergeordnete Abteilung der Flotte unter den erdenklirli
schwierigsten Umstünden vor eminenter Gefahr gerettet, sondern auch
^) Bis zu welchem Grade sich die Fürsorge des Kontreadmirals v. Tegctihoff
für alle Zweige des Dienstes erstreckte, geht aus folgendem Faktum hervor: Die Eskadre-
kassa hatte gerade einen großen Geldbestand; auf Befehl des Admirals wurde derselbe
in kleineren Partien auf mehrere Schiffe verteilt, damit, wenn aucli ein oder das andere
Schiff gerammt würde, nicht gleichzeitig so viel Geld mit verloren ginge. Der italienische
Admiral hatte diese Vorsicht nicht gebraucht, dafür schlummern noch heute über
1 Million Franken in Gold am Meeresgrunde. A. d. V.
2) ,Mentre 1' ammiraglio nemico sta sul casseretto di poppa della sua nave, ritto
in piedi, impavi«lo, in mezzo al suo stato maggiore, sotto il fuoco della nostra moschel-
teria e dei noslri cannoni, sfidando la morte, il conte Pellion di Persano, nostro primo
ammiraglio, se ne sta rinchiuso entro una torre, corazzata da tutti i lati etc. etc. Rendi-
conti; Kequisitoria del publico Ministerio Seite Ino."
"21*
dem ;inger;uinl en fiändlidioii PanzcTsohiffe durch den wuchtigen Sloß,
wie den anderen durch gutgezieite Brcilseiteii. die auch nach dem Sturz
des Mastes fortgesetzt wurden, bedeutende Schäden beigebracht."
Ein gleiches unverfängliches Verdienst erwarb sich der Flaggen-
kapitän des ,Erzh. Ferdinand Max", LinienschifTskapitän Freiherr v,
Sterneck, dermitunülKTtreEFUcherMeisterächaft sein Schiff manövriert«
imd jede Gelegenheit wahrnahm, Rammstöße auszuführen, bis es ihm
endlich auch gelang, dem ,Re d' Itaha' jene tö<Uiche Wunde beizubringeu.
die dessen Untergang zur Folge halte. Sein Verdienst wird um so höher
anzuschlagen sein, als dieser dritte Rammstoß seiner eigenen Initiative
entsprang und durch kühnes Wagen im richtigen Momente ausgeführt
wurde,
Vizeadmiral v. Tegetthoff beurteilte die zur Berühmtheit gelangte
Tat teines Flaggenkapitüns wie nachstehend:
»Linienschiffskapitäu Baron Sterueck führte mit seinem Schiffe
ein Manöver aus, für welches zwar von allen Seestaaten in neuest»
Zeit Schiffe gebaut werden, welches jedoch zur Stunde — auf offener
See, wo Freund und Feind unter voller Dampfkiaft in Fahrt — von keiner
Marine noch ausgeführt wurde.
Daß Lmienschiffskapitän Baron Sterneck — unter hefUgem
Kanonenfeuer — mit bewunderungswürdiger Kaltblütigkeit und üneiv
schrockenheit sein Sctiiff fährte, bin ich so glöcldich als Äugenzeuge be-'
stütigen zu können; ihm ist hauptsächUch der Erfolg des Tages zoztK
schreiben."
Was die übrigen Kommandanten anbelangt, so haben wir beim
Kapitel der Seeschlacht von Lissa gesehen, in welcher Weise sich die-
selben ihrer Aufgabe, mit inferioren Mittehi mächtige Gegner zu be-
kämpfen, enllediglen. Selbst der itahenische Geschichtsschreiber erkennt
dies in rückhaltloser Weise an,') hl der Anwendung des GeschOtzfeuers,
welches größtenteils in wohlgezielten konzentrierten Lagen erfolgte sowie
in der gegenseitigen ünlorslützung, wenn es sich darum handelte, einem '
bedrängten Naobbai' ku Hilfe zu eilen oder einen Schwächeren za
schätzen, wurde das Möghchste geleistet Dies gilt nicht nur allein vo»
den Panzerschifl'en, sondern auch von den Hokfregatten, von denen ins-
besondere ^Novara" fast ununterbrochen in der Nähe der Panzordivisio«
>) FuTegelllioff mirsiülmealesecondModa'e
viloroso eammodore v. Pelz i^c. elc. ttBudnccio,
Seil« 19S.
loi e piü che da ogni altru, dil)
Storia deUa niuina italiana Ui
325
weilte und einige Male den Kampf mit Panzerschiffen aufnahm. Ebenso
wacker hielten sich die schwachen Kanonenboote und Raddampfer, deren
Leistimgen um so höher anzuschlagen sind, als sie infolge der hohen See
mit großen Schwierigkeiten bei der Geschützbedienung zu kämpfen hatten
und dennoch unausgesetzt am Kampfe teilnahmen.
Es ist von mancher Seite die Frage aufgeworfen worden, wieso es
kam, daß in der Seeschlacht von Lissa österreichischerseits nicht mehr,
das heißt eigentlich bloß von einem einzigen Schiffe, dem i,Erzh. Ferdinand
Max*, wirklich gerammt wurde. Darauf muß nun erwidert werden, daß,
wenn die itahenische Schlachtlinie besser geschlossen gewesen wäre, es un-
zweifelhaft schon beim Durchbruch zu einigen Rammstößen hätte kommen
müssen. Infolge des gewaltigen Pulverdampfes jedoch, der gerade in
diesem wichtigen Momente jeden Ausblick benahm und die richtige Be-
urteilung der Positionen der Italiener immöglich machte, gelangte die
Mehrzahl der österreichischen Panzerschiffe, deren Whikelformation
bereits eine langgezogene war, in die Lücke zwischen der ersten und
zweiten Gruppe, so daß bei dieser Gelegenheit ihre ursprüngliche Absicht,
das Signal des Kontreadmirals v. Tegetthoff zu befolgen, nicht zur Aus-
führung gelangen konnte.
Was das Nichtrammen der österreichischen Panzerschiffe im wei-
teren Verlauf der Schlacht während der Melee anbelangt, so ist ohne
Zweifel auch da von vielen Seiten der Anlauf dazu genommen worden ;
es darf aber nicht aus dem Auge gelassen werden, daß der glückliche
Erfolg dieses Manövers von verschiedenen Faktoren abhängt und nicht
immer in der Hand des Kommandanten allein liegt. Was den Stoß im
rechten Winkel anbelangt, der wie es sich beim „Rc d'Italia" zeigte, der
ausschlaggebende, tödliche ist, so wird es einem gewandten Gegner,
dessen Schiff gut steuert imd noch manövrierfähig ist, wohl stets gelingen,
einem solchen auszuweichen, außer, wenn sich durch die Ungunst der
Verhältnisse noch ein zweiter oder dritter angreifender Gegner dazu-
gesellt.
Auch der „Erzh. Ferdinand Max* hat, wie es keinem Zweifel mehr
uuterliegt und der Situation ganz entspricht, seine ersten zwei Stöße zu
der Zeit abgegeben, als er beim zweiten Angriffe an der Spitze der
Division gegen die feindliche Mittelgruppe losstürmte und dort zuerst den
,Re d'Italia", sodann den »Palestro* in ziemlich isolierten Positionen
fand. Das Gelingen des dritten von ihm ausgeführten und diesmal töd-
lichen Stoßes war, wie wir wissen, zum größten Teile von dem Umstände
begünstigt worden, daß der „Rfe d'Italia* sein Steuer nicht mehr
326
gebrauchen konnte und im ciitscheidenien Momente als er sah. daß er
nicht mehr vorne passieren könne, plötzlich stoppte und nach rückwärts
scljlagen ließ, so daß er wie auf den Fleck gebannt war. Solche für den
Rammenden glückliche Umstände wiederholen sich aber nicht zu ofL
Wenn daher, wie es keinem Zweifel unterliegt, andere Kommandanten
gleichfalls Rammanöver versucht haben, die resultatlos verblieben, so
dürften die Verhältnisse ihnen eben minder günstig gelegen gewesen seia
und ihre ursprüngliche Absicht vereitelt haben.
Auch italienijicherseils scheint aus dem gleichen Grunde kein Erfolf;
erzielt worden zu sein, obzwar alle Kommandanten berichteten, Ramm-
versuche gemacht zu haben.
Übrigens ist nicht zu leugnen, daß die persönlichen Eigenschaften
des Kommandanten bedeutend mit in die Wag-schale fallen. Richtiges
Benützen des Momentes, kaltes Blut, vorzügliches Manövrieren und
Kennen des eigenen Schiffes sowie im entscheidenden Augenblicke ein
kühner, rücksichtsloser Entschluß, dem ohne Zaudern die Ausführung
nachfolgt — dies sind die Grundbedingungen für das glückliche Gelingen
dieses Manövers, das zwar einen hohen Einsatz verlangt, jedoch dafür
auch einen furchtbaren Erfolg zu erzielen im stände ist. Daß diese
Eigenschaften sich nicht bei Jedermann und nicht in gleich hohem Maße
vereint finden, ist einleuchtend.
Es darf femer nicht übersehen werden, daß vor der Schlucht von
Lissa die Befürchtungen wegen der aus dem Stoße für die Maschine dm
Rammenden erwachsenden Gefaliren sowie ferner wegen der Schwierig-
keiten, das eigene Schiff vom sinkenden zu trennen, bedeutend über-
schätzt wurden; insbesondere hegte man dieselben für die Schiffe, welche
noch den alten vorspringenden Sporn anstatt des neueingeführten
sogenannten Schwanenhals führten. Einen Rammbug dieser letzteren
Konstruktion hallen aber österreichischerseits nur die beiden neuen
Panzerfregalten ,Erzti. Ferdinand Max' und , Habsburg*.
Wenn man endlich bedenkt, wie ungemein rasch die Bewegungen
der Schiffe in einer Melee statllinden, weil oft schon der nächste Moment
die Situation verändert und den Rammenden in die Gefahr bringen kann.
selbst gerammt zu werden, so wild aus dem Gesagten es vielleicbt
begreiflich sein, wenn in dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum der
eigentlichen Melee (zirka 30 bis 40 Minuten) dieses Manöver nicht öftent
zur erfolgreichen Ausführung kam. Es so oft als möglich ausgeführt und
in dieser Beziehung eigentlich die Bahn gebrochen zu haben, dies wird
unter allen Umständen das unbestrittene und unvergängliche Vi
gängUcbe Verdkaig|
327
des Kontreadmirals v. Tegetthoff sowie seines tapferen Flaggen-
kapitäns bleiben.
Resümieren wir zum Schlüsse den Inhalt dieses Kapitels, so finden
wir auf der einen Seite Planlosigkeit und Zerfahrenheit in der obersten
Leitung, kein einheitliches Zusammenwirken der Führer untereinander,
von denen jeder einzelne auf eigene Faust operiert, Zaudern und Unent-
schlossenheit im entscheidenden Momente, weshalb die Überlegenheit
nicht zur Geltung gelangt — auf der anderen Seite dagegen eine geniale
Führung, zielbewußtes Handeln derselben bei voUstündiger Ausnützung
der vorhandenen Kräfte sowie aufopfernde Hingebung, gegenseitige Unter-
stützung von Seite der Untergebenen. Diese Faktoren waren es, denen
die kaiserliche Marine jenen herrlichen Sieg verdankte, der für alle Zeiten
mit goldenen Lettern in der Seekriegsgeschichte verzeichnet bleiben wird.
328
11. Kapitel
Vorbereitungen der k. k. Eskadre fQr eine eventuelle Wiederaufnahme der Feindseligkeiten. — Auslaufen
derselben nachTriest. — Waffenstillstand. — Flottenrevue durch Seine k. k. Hoheit Erzh. Alb recht. —
Schreiben desselben an Vizeadmiral v. Tegetthoff. — Anerkennungen und Auszeichnungen. —
Auflösung der k. k. Eskadre. — Abschiedsbefehl des Vizeadmirals v. Tegetthoff.
Die Seeschlacht von Lissa fiel in die Zeit, in welcher über Frank-
reichs Vermittlung bereits die Friedenspräliminarien mit PreuBen in
Nikolsburg im Zuge waren, während ihr auf dem südlichen Kriegsschau-
platze noch die Gefechte gegen Garibaldi in den Judicarien, im Val
di Ledro (21. Juli), in der Val Sugana (22. bis 25. Juli) sowie am Isonzo
bei Versa (26. Juli) gegen General Medici folgten und gleichzeitig
Venetien von den Österreichern bis auf die Festungen geräumt wurde.
Auf dem Gardasee behauptete indes die österreichische Flottille unter
Korvettenkapitän v. Manfroni noch immer die unbedingte Herrschaft.
Die kaiserliche Flotte vor Fasana benützte diese Frist zur Vornahme
der notwendigsten Reparaturen. Das Linienschiff „Kaiser*, Fregatte
„Schwarzenberg* und Panzerfregatte „Erzh. Ferdinand Max* liefen zu
diesem Zwecke am 22. in Pola ein. Die übrigen Eskadreschiffe ergänzten
inzwischen ihre Vorräte auf der Rhede von Fasana und gingen abwechselnd
in den Zentralhafen, um dort die nötigen Reparaturen so rasch als mögüch
vorzunehmen. Beim „Erzh. Ferdinand Max'* erwies sich eine Dockung als
unumgänglich notwendig und wurde derselbe am 3. August in das Balance-
dock verholt, wo er bis zum 8. abends, zu welcher Zeit die Arbeiten
beendet waren, verl)lieb, worauf noch in derselben Nacht mit der Wieder-
einschiffung der Batterie, der Munition und Vorräte l)egonnen wurde, so
daß das Schiff schon am 10. um 7^ a. m. nach Fasana auslaufen und sich
mit der Eskadre vereinigen komite. Für den Fall der Aufnahme der
Feindseligkeiten hatte der Eskadrekommandant, der sich jetzt auf dem
^Gniil''* befand, seine Wiedereinschiffung auf dem , Erzh. Ferdinand Max*
in Aussicht genommen.
Inzwisclion war auch das Linienschiff mit dem Ersätze seines Fock-
mastes luid den sonsti^^en Arbeiten ziemlich fertig geworden, so daß sich
am 10. August die Österreichische Eskadre, mit alleiniger Ausnahme des
329
, Kaiser*, dessen Vereinigung aber auch in küi*zester Zeit zu erwarten
stand, wieder kampfbereit und vollzählig auf der Rhede von Fasana in der
früheren Ordnung vertäut befand.
Die italienische Regierung zeigte sich seit der am 26. Juli ein-
getretenen Waffenruhe wenig bereit zum Abschlüsse eines definitiven
Waffenstillstandes und wollte diesen nur imter Bedingungen, welche weit
über die seitens Österreichs freiwillig zugestandene Abtretung Venetiens
hinausgingen, trotzdem die kaiserlichen Waffen zu Lande und zur See
glänzend gesiegt hatten. Zunächst forderte ItaUen den Abschluß des
Waffenstillstandes auf der Basis des Uti possidetis imd verweigerte aus
diesem Grunde die Räumung einiger Positionen. Darauf konnte Österreich
nicht eingehen, weil italienische Truppen sowohl in Tirol als am Isonzo
die Grenze Venetiens überschritten hatten.
Nachdem nun Itahen seine Truppen trotz wiederholter Aufforderung
Österreichs nicht zurückziehen wollte, wurde, um derselben Nachdruck
zu geben, wieder ein Teil der inzwischen bereits nach der Donau
dirigierten Südarmee zurückbeordert. Noch bevor diese Streitkräfte voU-
zähhg im Süden anlangten, waren gemäß den am 6. und 7. August
erlassenen Dispositionen des Armeekommandanten Erzh. Albrecht die
Operationen zu Land und zur See eingeleitet worden. Das ID. Armee-
korps — Erzh. Ernst — wurde angewiesen, von Kärnten aus gegen die
Grenze vorzugehen, während das VII. — FML. Baron Maroiöic — sich
zwischen dem Isonzo imd Indria, das V. — GM. Rodich — zwischen
Görz und Monfalcone und das IX. — FML. Härtung — im Wippachtale
aufwärts bis 6emica zu entfalten hatte.
Am 8. August ging EH. Alb recht mit seinem Hauptquartier von
Wien nach Görz ab und kam in Nabresina mit dem dorthin berufenen
Vizeadmiral v. Tegetthoff zusammen, um bei dieser Gelegenheit die
Eventualitäten einer Mitwirkung der österreichischen Flotte bei den
künftigen Operationen zu besprechen; es wurde hiebei festgesetzt, daß
die k. k. Eskadre in die Bucht von Muggia einlaufen und als Demonstration
eine Überschiffung von 35.000 Mann Truppen teils auf Schiffen der
Ekadre, teils auf gemieteten Lloyddampfem von Triest nach Venedig
ausführen solle, um den Glauben zu verbreiten, als beabsichtige das
österreichische Armeekommando einen Angriff in die Flanke und den
Rücken der italienischen Operationsarmee vorzubereiten.
Am 11. früh sollten die Feindseligkeiten wieder beginnen und
denselben Tag um 5*" a. m. setzte sich die kaiserliche Eskadre von Fasana
aus mit nördlichem Kurs in Bewegung. Um 10^ 40°* a. m. befand sie sich
vor Grado, nahm einige laktischo Exerzitien vor imd steuerte sodanii
gegen Triest, wo um 5*" p. m. die Panzerdivision auf der Rhede, die
2. und 3. Division hingegen in der Bucht von Muggia vor Anher gingen.
Das Wetter war nachmittags regnerisch geworden und der Wind blieä
steif aus Nordosten; trotzdem harrte man stündhch der zu gewärtigenden
Befehle bezüghch der Einschiffung der Truppen.
Doch es kam nicht soweit, da Italien angesichts der Tnippeo-
konzenlralionen nachgab mid am Nactimiltage desselben Tages in
Gormons die Verhandlungen zwischen den .beiderseitigen Bevollmächtigten
wieder aufgenommen worden waren, welche auch zum Abschluß eines
vierwöchentliehen Wafifenstiilstandes geführt halten. Das Eskadre-
kommando wurde hievon am 12. zeitlich früh durch das Hauptquartier
aus Cormons telegraphisch verständigt und noch während der Morgen-
wache wurde diese Nachricht der Eskadre mittels Signals bekannt sowie
der Verkehr mit dem Lande freigegeben.
Hiemit endigte auch die kriegerische Tätigkeit der operativen
Eskadre. nachdem sie unter den schwierigsten Verhältnissen ihre PQiiht
im weitesten Umfange erfüllt, die Küsten des Kaiserstaates geschützt und
den Feind, als er seine Hand nach einem Teile derselben ausgestreckt, so
nachdrückhch geschlagen hatte, daß der errungene Sieg bei den später
erfolgenden Verhandlungen nicht wenig mit in die Wagschale fiel.
Seine k. k. Hoheit der Erzherzog-Armeekommandant hatte der
Eskadre seinen Besuch für den 13. in Aussicht gestellt und aua dieser
Veranlassung ging auch die Panzerdivision in die Bucht von Muggia ab,
woselbst die ganze Eskadre — das Linienschiff „Kaiser* war noch am
Abend des 11. dort eingelroffen — in zwei Kolonnen,' die leichten SchiRe
unter Land, die schwereren seewärts, verankert wurde.
SIrahlend ging am 13. August die Sonne auf und beleuchtete eines
der großartigsten maritimen Schauspiele, das einer Flottenrevue, Alle
Schiffe prangten in großer Flaggengala und boten einen wunderbaren
Anbhck dar, der in der ungeheuren Menge Zuseher. welche sich tn
S. Andrea versammelt hatten, den beredlesten Ausdruck fand. Um '/« 1 1'
kam Seine k. k. Hoheit derErzh, Albrecht in Begleitung der Herren
Erzh. Ernst und H einrieb, des FML. Baron Maroicic und einer zahl-
reichen Suite am Bord des „Greif" bei der Eskadi'o an, mit dem vor-
schriltsmäßigcn Kanonensalut und den Hurrarufen der auf den Raaen
paradierenden Mannschaften begrüßt. Der «Greif, welchem die, Elisabeth*
als Wegweiser vorausfuhr, passierte langsam fahrend zuerst die Linie der
schweren Schiffe, sodann jene der Kanonenboote und ankerte hierauf
331
zwischen beiden Kolonnen. Ihre k.k. Hoheiten besuchten nun den ^Kaiser**,
hierauf den ^.Erzh. Ferdinand Max*, erkundigten sich mit vielem Interesse
um die Einzelheiten aus der denkwürdigen Schlacht, die sich auf diesen
beiden Schiffen zugetragen hatten und kehrten sodann von den erhaltenen
Eindrücken sichtlich befriedigt unter den gleichen Ehrenbezeigungen
wieder ans Land zurück. Seine k. k. Hoheit der Erzh. Albrecht geruhte aus
dem Hajjptquartiere Görz am 14. August das nachstehende Handschreiben
an den Eskadrekommandanten zu erlassen:
»Die gestern vorgenommene Besichtigung der Euer Hoch wohl-
geboren unterstehenden L k. Eskadre konnte nicht verfehlen, den vorteil-
haftesten Eindruck zurückzulassen und es gereicht mir zur besonderen
Befriedigung, einige Worte wohlverdienter Anerkennung an Sie, den
tapferen Führer dieses größten Teiles der österreischen Seestreitkräfte,
zu richten.
Wenige Tage nach dem heroischen Kampfe bei Lissa fand ich die
Flotte, die dort einen weit überlegenen Gegner so glänzend besiegte, in
einem alle Erwartungen übertreffenden Zustande vollkommenster Schlag-
fertigkeit.
Offiziere und Mannschaft sind sichtlich vom vortrefflichsten Geiste
militärischer Disziplin und echter Kameradschaft beseelt, durch das
lohnende Bewußtsein treu erfüllter Pflicht gehoben und durch die voll-
gültig erprobte Leistungsfähigkeit in Mut und Selbstvertrauen gestählt.
Möge die kaiserliche Marine durch die wohlwollende Fürsorge
unseres allergnädigsten Kriegsherrn, durch die opferwillige Mitwirkung
des dankbaren Vaterlandes in edlem Wetteifer und treuer Waffen-
brüderschaft mit den Soldaten der Landarmee einer schönen Zukunft und
jener raschen, mächtigen Entwicklung entgegengehen, die nicht um*
erreichbar, sondern notwendig ist, um Österreichs Macht und Sicherheit
zur See zu wahren, hochwichtige nationalökonomische Interessen der
Monarchie zu schützen und zu fördern.
Ihnen aber, Herr Vizeadmiral, der mit Kopf imd Herz am rechten
Flecke die rühmlichen Kämpfe der Flotte ebenso tatkräftig und umsichtig
vorzubereiten, als klug und tapfer durchzuführen wußte, wird mit Recht
für alle Zeiten ein ehrenvolles Blatt der Erinnerung in der Geschichte
unsererer hoffnungsvollen Monarchie gewahrt bleiben.
Empfangen Sie nochmals meinen aufrichtigen Glückwunsch zu den
schönen Erfolgen Ihrer braven Eskadre, seien Sie meiner vollen
Anerkennung und Hochachtung versichert.
Gez. Erzh. Albrecht m. p.**
Null folgten für die Eskadre Tage der Erliolung und der Feste, die
nur durcti einen unheimlichen Gast — die Cholera — in etwas unan-
genehmer Art unterbrochen wiirden, nachdem diese anfangs Septemher
in der Eskadre auftrat und manchen tapferen Mann zum Opfer verlangte,
den die feiiidhchen Geschosse unversehrt gelassen hatten. Der Vizeadmiral
hielt es daher für angezeigt, die Eskadre nach Fasana zurückzufuhren,
wo sie am 10. September 3'' p. m. wieder in ihrer gewohnten Formation
vor Anker lag.
Die Ehrenbezeigimgen, die ihrem tapferen Führer nun von allen
Seiten zu teil wurden, geben lebhaft Zeugnis davon, wie hoch der
Wert des Sieges von Lissa in jenen schweren Tagen, die das Vaterland
betroffen hatten, empfunden und angeschlagen wurde.
Unter vielen derartigen Beweisen der Anerkennung erföllte keiner
den Vizeadmiral mit größerer Fi'eude mid Befriedigung als jener, der ihm
ober den Ozean von seinem kaiserlichen Freunde und Gönner, dem
Gründer der österreichischen Marine, Kaiser Maximilian von Mexico
zukam, AllerhÖchslwelcher das nachstehende Kabellelegramm an ihn zu
richten gerulit halte, welches sofort im Eskadrebefeid vom 13. September
publiziert wurde:
, Seine Majestät der Kaiser von Mexico geruhten nachstehendes
Telegramm an mich zu richten, welches ich, durchdrungen vom Gefühle
der Dankbarkeit für die von Seiner Majestät der kaiserlichen Marine
bewahilo rege Teilnahme, hiemit zur Kenntnis bringe:
Maximilian I. an den Vizeadmiral v. Tegetthoff.
Beglückwünschen Sie Slah imd Mannschaften zum glänzenden
Seesieg. Ihnen, dem heldenmütigen Admiral, meinen wärmsten Dank.
Stolz auf meine Seegefährton, sende Ich der ganzen Flotte herzlichen
Gruß."
Gleichzeitig erfolgte auch die Bekanntmachung der mittels Aller-
höchster Entschließung vom 27- August verliehenen Auszeichnungen an
die Offiziere tmd Mannschaften der operativen Eskadre. Es erhielten
das BltterbreoE des Leopold -Ordens mit der KrlogsdoborBtloi i
Außer den bereits mit Allerhöchster Entschließung vom 22. Juli
dekorierten Linienschiffskapitän Anton v. Pelz (unter gleichzeitiger
Beförderung zum Kontreadmiral) und LinienscbifTskapitän Maximilian
Freiherr v. Sterneck noch die LinienschifTskapilAne : Karl v. Faber.
Georg Millosich, Josef Auernhammerv. Aue rn stein, Alfred Barry,
333
Gustav Ritter v. Gröller, Adolf Daufalik, Karl Kern, Anton Ritter
V. Wiplinger;
die Fregattenkapitäne: Markus Florio, Tobias Oestreicher,
Maximilian Pitner und Karl Ritter v. Lindner;
der Linienschiflfsleutnant: Rudolf Schröder;
den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse mit der Kriegsdekoration :
die Fregattenkapitäne: Ludwig Eberle, Rudolf Ungewitter;
die Korvettenkapitäne: Viktor Herzfeld, Alexander Graf Kiel-
mannsegge, Wilhelm Freiherr v. Wickede, Ulrich William Lund,
Ferdinand Attlmayr;
die Linienschiffsleutnante: Julius Steyskal, Hermann Freiherr
V. Spaun, Josef Pichler, Eduard Germonig, Karl Beck, Josef
Maraspin, Wilhelm Kropp, Karl Mathieu, Camillo Ritter v. Henri-
quez, Ernst Jacobi, Arno v. Rohrscheidt, Oskar Kern, Fridolin
Jägermayr, Hamilkar Marquis Paulucci, Julius Wurmb, Franz
Freiherr v. La Motte, Karl Ritter Semann v. Treuenwart, Juhus
Ritter v. Gröller, Franz Freiherr v. Minutillo;
die Linienschiffsfähnriche: Karl Weyprecht, Edmund Ritter v.
Henneberg, Karl Marinich,
alle mit Nachsicht der Taxen;
endlich die vor dem Feinde gebliebenen Linienschiffskapitäne: Erik
af Klint und Heinrich Freiherr von Moll;
das Militärrerdienstkrciiz mit der Kriegsdekoration :
der Fregattenkapitän: Wilhelm Calafatti;
der Korvettenkapitän: Adolf Nölting;
die Linienschiffsleutnante: Heinrich Berthold, Ferdinand Feld-
mann, Hermann Czedik v. Brundlsberg, Karl Scheuermann, Josef
Primavesi, Franz Tschernatscli, Hermann Biringer, Ottokar Faukal,
Johann Hinke, Karl Paschen, Gustav Masotti, Heinrich Fayenz,
August Trapp, Julius Fidler v. Isarborn, Emil Palese Edler
v. Grettaberg, Eugen Gaal de Gyula, Peter Grancich, Friedrich
Stecher, Paul Frankl, Karl Müller v. Müllenau, Paul Hauser,
Franz Hopfgartner, Alexander Kalmar, Richard Pogatschnigg,
Wilhelm Freiherr Handel-Mazzetti, Michael Mariässy de Markus
et Batizfalu, Eugen Fürst Wrede, Wilhelm Graf Mercandin;
die Linienschiffsfähnriche: Karl Baritz von Ikafalva, Josef Schel-
lander, Leo Ahsbahs, Alfred Müller, Josef Lehnert, Karl Barth,
Vinzenz Edler v. Rosenzweig, Stefan Stojanovic, Wenzel Para-
deiser, Hugo Deschauer, Lukas Binicky, Aurel v. Wittemberski,
Kai-1 Herber, Anton Kloß, Maximilian Rothauscher, Hugo Pogatsch-
nigg, Hugo Poglayen;
die Marineinfanterie-Oberleutnante: Josef Luksch, Anton
Schaffer;
der Marineinfanterie-Unterleutnant: Franz Gorischek:
die Allerhöchste belobende Anerkennung:
der Fregattenkapitän: Karl Kronowetter;
die Linienschiflfsleutnante: Viktor Graf Wimpffen, Karl Rosen-
stiel, Hyppolit Ritter v. Henriquez, Eugen Bachmann, Richard Ban-
field, Julius Heinz, Theodor Albrecht, Edmund Czelehowsky;
die Linienschiffsfähnriche: Kamillo Döry v. Jobbahaza, Johann
Hentschl, Gustav Kemmel, Anton Panfilli, Rudolf Berghofer, Karl
Spetzler, Egon Graf Hoyos, Anton Pirchann, Moriz Ritter v. Szabel
Amadeus Ziller, Dominik Hladky, Rudolf Graf Montecuccoli, Artur
GrafSermage, Karl Ritter v. Pöltl, Alexander Millinkovic, Gustav
Brosch, Josef Fleischer, Peter Pulgher, Martin Rukavina, Josef
Afan de Rivera, Albert Zuanetti, Franz Laschober, Johann Rud.
Schmidt, Emil Krumholz, Josef Riha, Karl Adamovich, Wilhelm
Mörth, Friedrich Pick, Ferdinand Gebhardt, Josef Rezniczek, Wil-
helm Barta, Josef Wilfan, Gustav Schindler, Franz v. Klezl, Benno
V. Pechmann;
das groldenc geistliche Yerdionstkronz:
der provisorische Korvotlenkaplan : Albort Milcetich;
das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens:
der Liniouj-chifTsarzt: Dr. Moriz Bernstein;
dio Maschinenmeister I. Klasse: Martin Gerber, Franz Prauso;
dv.Y Lloydkapitan: Johann Marenigli;
das g^oldone Yordionstkronz mit dor Krone:
der MasdiiniMimoistor I. Klasse: Jons Jenson;
(li(^ M.ischiiionnioistor II. Klas?o: Josef En^M^rth, Valentin Reinold:
das järoldcnc Verdienst liroiiz:
die Scliiirswundai'zlc^: Simon Ilartdodlor, Johann llopfos-
l)er{i:er:
335
der Maschinenmeister I. Klasse: Albert Hacker;
die Lloydkapitäne: Theodor Ukropina, Franz Romano:
der Lloydmaschinist: William Tomkins;
das silberne Yordienstkreaz mit der Krone:
die Maschinenmeister L Klasse: Matthias Ernst, Heinrich Reichl;
die ^ II. ^ Wilhelm Hinsenkamp, Wenzel
Lehmann;
der Marineverwaltmigsoffizial : Michael Ricci;
der Marine verwaltungsakzessist: Wenzel Gor da;
der Lloydbootsmann: Luigi Gherzmann;
der Lloydlotse: Franz Ar sich;
das silberne Terdlenstlcrcaz:
der Schififbauuntermeister: Johann Ranzato;
die Kalfaterer: Johann Caracich, Franz Bassich, Franz Tugas-
sero;
der Zimmermann: Pasquale Crosilla;
die Lloydsteuermänner: Philipp Dabinovich, Saverio Danzu-
ovich;
die Allerhöchste belobende Anericennangr :
die Fregattenärzte: Dr. Eduard Michel, Dr. Adolf Prußnig;
der Schiffswundarzt: Karl Neuer;
die Maschinenmeister I. Klasse: Eduard Bau du in, Friedrich
Mayer;
die Maschinenmeister IL Erlasse: Karl Niemann, Johann Spetzler
(unter gleichzeitiger Beförderung zum Maschinenmeister 1. Klasse), Karl
Goldschmidt, August Seibelt, Georg Hueber;
dieMaschinenuntermeistcr: Andreas Schwarz, Johann Jerneiczik,
Paul Wegmann, Ferdinand Hüttner;
die Marineverwaltungsoffiziale : Andreas Gailer, Anton Winkler:
der Marineverwaltungsakzessist: Josef Samuel;
die goldene Tapfericoltsmedaille :
die Seekadetten: Karl Sinkowsky, Konstantin Ritter v. Görtz
Eduard Hanslik, Isidor Freiherr v. Benko;
336
die i^ilbeme Tapferkeitsmodaille I. Klasse:
die Seekadetten: Josef Präs ch, Josef Teufel, August Süss, Johann
Jene, Adalbert Haller, Franz Lorenz, Vinzenz Poglies, Rudolf
Labres;
der provisorische Seekadett: Stefan Doymi Ritter v. Delupis;
die silberne Tapfericeitsmcdaille IL Klasse:
die Seekadetten: Leodegar Kneißler, Konstantin Pott, Wenzel
Arleth, Karl Mayler, Adolf Krein, Karl Koppel, Simon Lenhard,
Johann Kalan, Gustav Wiedemann, Hugo Graf Oberndorf, Wenzel
Kozelka, Ignaz Mader, Bernhard v. Grisogono, Sebastian Stoisich,
Rafael Ho ff mann, Josef Bayer, Viktor Sambuchi, Friedrich Rubelli
v. Sturmfest, Karl FreiheiT v. Wüllerstorf und ürbair, Heinrich
Ritter v. Cischini, Friedrich Hajek, Viktor Ritter v. Jenik, Eduard
Weiße, Eduard Bischoff, Karl Payerle, Moriz Freiherr v. Lüttichau;
die provisorischen Seekadetten: Hektor Pitner, Friedrich Freiherr
von der Decken, Georg Dabinovich;
der Zögling der Marineakademie: Franz Witti;
die Allerhocliste belobende Anerkennung:
die Seekadetten: Richard Schönberger (unter gleichzeitiger Be-
förderung zum Linienschiflfsfähnrich), Franz Part seh, Gustav Beer,
Otto Freiherr V. SchoUey, August Schweisgut, Jakob de Leva, Alfons
Freiherr V. Pereira-Arnstein, Karl Achelpohl, Friedrich Fritz, Otto
Pauspertel v. Drachenthal;
die provisorischen Seekadetten: Eugen Kassel, Artur Marti-
nich, Anton Ruth.
Außerdem wurden noch an die Schiffsmannschaften verliehen:
12 goldene Ta])ferkeitsmedaillen,
G2 silberne „ I. Klasse
358 , , IL .
Bei der am 29. August 18G6 stattgeiundenen Promotion des mili-
tärisrlion Maria Theresia-Ordens erhielten Vizeadmiral v. Tegetthol'u
welchem vom ürdenskapitel selbst die höchst schmeichelhaite Aufforde-
rung zukam, um die Aufnahme in diesen hohen Orden einzuschreiten,
das Kommandeurkreuz, sowie Kontreüdmiral v. Petz und LiniensohifTs-
kapitan Freiherr v. St erneck das Ritterkreuz zuerkannt.
337
Mit Allerhöchster Entschließung vom 18. September wurde die
Auflösung der operativen Eskadre anbefohlen und vom Kriegsministe-
rium gleichzeitig angeordnet, daß die Abrüstung der Schiffe mit 24. zu
beginnen und sukzessive in Pola stattzufinden habe.
Vizeadmiral V. Tegetthoff, welcher für eine besondere Mission
ins Ausland bestimmt und angewiesen wurde, das Kommando inzwischen
provisorisch dem rangältesten Linienschitlskapitän v. Faber zu über-
geben, nahm aus diesem Grunde Veranlassung, sich am 23. mit folgen-
dem Tagesbefehle von der Eskadre zu verabschieden:
Rhede von Fasana, 23. September 1866.
, Wenngleich die Abrüstungen der hiezu bestimmten Schiffe nur
sukzessive stattfinden und ein großer Teil derselben noch durch eine
Reihe von Tagen auf dieser Rhede vereint liegen bleiben wird, so drängt
es mich doch heute schon, als am letzten Tage, der vollzähligen Eskadre,
jedem einzelnen als Abschiedsgruß zuzurufen, daß er stolz sein könne
auf die Kampagne des Jahres 1866 und zwar nicht nur auf den denk-
würdigen Tag von Lissa, an dem es den vereinten Kräften aller gelang,
einen übermächtigen Gegner zurückzuschlagen, eine hartbedrängte Insel
zu entsetzen und zwei Provinzen des Kaiserstaates vor drohender Invasion
zu schützen, sondern auch auf die Zeit der diesmal spät begonnenen
Vorbereitung, die allen Schiffen, ohne Ausnahme karg zugemessen, den-
noch hinreichte, um dank dem vortrefflichen Geiste, der Kommandanten
und Offiziere beseelte, aus hastig und unvollständig ausgerüsteten Schiffen
schnell kriegstüchtige, aus neuen und ungeübten Bemannungen binnen
kürzester Frist solche herzustellen, die nicht nur zu kämpfen, sondern
auch zu siegen wußten.
Das stolze Bewußtsein, durch den Tag von Lissa unserem Korps
eine neue Ära gegründet und diesem die huldvollsten Beweise der Aner-
kennung von Seiner Majestät dem Kaiser erworben, den warmen
begeisterten Beifall unseres großen Vaterlandes errungen zu haben, kann
jeder von uns mit sich nehmen !
Mich veranlaßte dieses erhebende Bewußtsein in jüngster Zeit zu
dem Ausspruche, daß die kurzen W^orte: „Denkt an Lissa!* in kommen-
den Jahren im Momente der Entscheidung genügen werden, um alles,
was den blauen Rock trägt, zu aufopfernder Hingebung zu begeistern.
Heute aber, am Vorabende mehies Scheidens vom Kommando der
Flotte, rufe ich allen meinen tapferen Kampfgenossen vom 20. Juli, ange-
Fleiscber, Die k.k. Kriegsmarine 1866. 22
338
sichts der nun beginnenden Friedensära ein »Vergeßt nicht Fasana* zu
und will damit an die jedem einzelnen zufallende Aufgabe erinnern, im
eigenen Wirkungskreise, auch wenn dieser noch so bescheiden, mit allen
Kräften dahin zu wirken, daß der (Jeist, der heute die Flotte beseelt,
wach erhalten bleibe ; daß aber auch die Flotte, wenn Kaiser und Vater-
land wieder rufen, kampftüchtig bereitstehe und sich würdig erweisen
könne des Tages von Lissa, würdig der Ehren und Auszeichnungen, die
ihr für ihre Taten in so reichlicher Fülle zu teil wurden.
Gez. V. Tegetthoff ni. p.
Vizeadmiral. **
Am 30. September holte Vizeadmiral v. Tegetthoff seine Kora-
mandoflagge an Bord des „Greif* nieder und trat seine Reise nach
Wien an.
339
12. Kapitel.
Telegramm des Admirals Persano an den MarineminUter Qber die Seeschlacht von Lissa. — Antwort des
Letzteren. — Allmähliches Bekanntwerden des Verlustes dieser Schlacht. — Eindruck auf die Bevölkerung.
— Maßnahmen der Regierung. — Petition der Stadt Genua. — Enthebung des Adrairala Persano vom
Kommando der Operationsflotte. — Kreiening einer Operationseskadre unter Kontreadmiral Vacca. —
Untei^ang des fiAffondatore" auf der Rhede von Ancona. — Auflösung der Operationseskadre. — Der
Prozeß Persano. — Schlußwort.
Admiral Persano hatte noch am Nachmittage des 20. Juli aus den
Gewässern von Lissa folgenden telegraphischen Bericht an den Marine-
minister abgesandt:
»Gestern forcierten »Carignano", »Formidabile'*, »Castelfidardo*
und , Ancona* den Hafen von Lissa, während der Rest der Panzerschiffe
von außen die Forts angriff, welche den Tag vorher zum Stillschweigen
gebracht worden waren und in der Nacht neue Geschütze aufgeführt
hatten.
Gestern abends schwiegen alle Batterien im Inneren des Hafens,
heute morgens, als eben eine Ausschiffung durch Matrosen und Marine-
infanterie stattfinden sollte, signalisierte unser Ausluger: „Feind m Sicht*.
Ich befahl sofort die Ausschiffung zu sistieren, ordnete die Flotte m
Schlachtordnung und hißte hierauf meme Flagge auf dem »Affondatore*.
Der Feind kam uns kühn entgegen und wurde mit gleichem Mute
empfangen. Ich befahl dem Kommandanten Martini sich mitten in das
Feuer hineinzubegeben mid war so glücklich, dem Linienschiff den Bug
zu zerstören, den Fockmast und den ganzen Schlot desselben zum Falle
zu bringen, während ich von feindlichen Schiffen umgeben, mit Projek-
tilen jeder Art überschüttet wurde, von denen 33 in die Bordwand ein-
schlugen. Unterdessen wurde die Panzerfregatte, auf welcher ich bisher
meine Flagge gehißt hatte, in den Grund gebohrt; der „Palestro* flog in
die Luff, die „Formidabile* signalisierte mir, daß sie wegen der Tags vor-
her erlittenen schweren Beschädigungen und vielen Toten und Verwun-
deten nicht an der Aktion teilnehmen könne. Demungeachtet versuchte
ich neuerdings den Angriff, wurde aber zu meinem Schmerze nicht von
allen Panzerschiffen gefolgt, da diese mehr oder weniger beschädigt
22*
wureii. Die gewöhnlichen Schraubeiilregattea uiihmL'n geringen Anteil
am Kampfe, besonders bei diesem zweiten Versuche.
Ich wechselte hierauf noch ehiige Schüsse mit dem Feinde, wobei
ich zuerst das Feuer eröfthete, aber dieser, ohne zu fliehen, erwartete
uns nicht und wendete gegen Lesuia. Ich werde mich noch bis zum Äbeud
hl den Gewässern des Kampfplatzes aufhalten und dann nach Äncona
abgehen, um mich dort mit Kolilen und Munition zu versehen, die ich
benötige, und sodann wieder auslaufen um Revanche zu nehmen.
Indem ich die erlittenen Verluste mit dem lebhaftesten Schmerze
zur Keimlnis bringe, habe ich die Genugtuung, melden zu können, daB
kein Schiff der Flotte in feindliche Hände fiel und daß der Komjnandant
sowie die Mannschaft des „Palestro", obschon letzterer in Flammen stand,
ihr Schiff nicht verlassen wollten und es vorzogen mit den Rufen: ,Es
lebe der König, es lebe Italien* unterzugehen."
Diesem Telegramme folgte den nächsten Tag ein zweites, welches
die Details der Rettmig der Schiffbrüchigen des ,Rd d'ltaüa" brachte und
noch kurz beifügte .nach letzteren Nachrichten Ober das Gefecht von
Lissa sei mit Bestimmtheit anzunehmen, daß ein feindliches Linienscliiff
sowie zwei Raddampfer durch die Artillerie in den Grund gebohrt
wurden* .
Darüber selbstverständlich großes Jubetgeschrei in ganz Itfülen, das
seine Nahrung in den unsinnigsten Gerüchten fand, welche die Journale
ihren Lesern auftischten'), in vielen Städten wurde illuminiert und in
Neapel erwartete man stündlieh das Viktoriascliießen vom KastelL Der
Marinemiuister beglückwünschte sofort telegrapbisch den Ädmiral, fand
wich aber doch veraidaflt, dem Telegramme das nachstehende Schreiben
folgen zu lassen:
,Aus den über die jüngst stattgefundeneii Gefechte eingelangten
Berichten habe ich mich mit Leichtigkeit überzeugen können, mit weicher
Tapferkeit Euer Exzellenz daran teilgenommen und wie die OfGziere
i)ln dieser Beziehung leistete Slgii. PetruccclH dclla Gattiaa, der B(-ricbt-
trstaller dea .Journal des Debats* das Unglaub lieh sie. Nach seiner Meinung hatten die
Italiener einen kompletten Steg erfoi-hlen. die Österreicher 1 Linienschiff, 1 Fregalle.
1 Korvette und 3 Kaiioneoboole verloren, Vizeadmiral Albini halte den feindiichcn
Admiral bis in den Kanal van Lesina verfolgt, das Linienschiff , Kaiser', wekbei
1HH3 Manu Tiroler ^ScbarfscLQLien an Bord halte, sei mit Manu und Haus gesunken miil
die Verluste der Österreichischen Flotte bellefen sieh allein auf 'JIOO OfSziere und
Soldaten, die Offiziere der Osterreichischen Schiffe seien lauter Amerikaner m4
EDftSnder und dergleichen Absurditäten mehr. A. d. V.
341
und Mannschaften der Flotte heldenmütig gekämpft haben. Die Flotte,
obschon sie die Herrin der Gewässer des Kampfplatzes gebUeben ist, hat
jedoch schmerzliche Verluste erlitten und es ist notwendig, daß sobald als
möglich dem Könige wie dem Lande die Ursachen bekannt werden,
welche zu diesem Resultate geführt haben.
Euer Exzellenz wollen mir daher einen ausführlichen Bericht
darüber erstatten, mit welchen Kräften Sie sich vor Lissa begeben haben,
weiters über jene, welche sich dort unter Ihre Befehle gestellt, über die
Befesligimgen der Insel, welche Sie bekämpfen sollten, die Lage derselben,
ihre Bestückung u. s. w., über die Dispositionen, die für die verschiedenen
Angriffe getroffen wurden, endlich über die dabei von Einzelnen an den
Tag gelegten Beweise von Tapferkeit und Befähigung. Es wird gut sein,
wenn Euer Exzellenz Ihrer Relation einen Auszug aus dem Bordjoumale
eines jeden der Schiffe, welches an der Aktion teilgenommen hat, wie
auch aus den Privatjoumalen der Unterbefehlshaber der einzelnen
Eskadres, aus denen ihi*e Flotte besteht, beifugen werden.
Die Regierung sowie das Land drücken hiemit durch meine Ver-
mittlung Euer Exzellenz den Dank für die bisher erreichten Resultate aus.
Nach den Proben, welche die unter den Befehlen Euer Exzellenz
stehenden Schiffe der italienischen Marine abgelegt haben, können diese
mit gerechtem Stolze die nationale Flagge auf allen Meeren führen.**
Bald sollte dem Lande die reine Wahrheit bekannt werden und es
an den Tag kommen, daß sich Admiral Persano in seinen Telegrammen
bemüht hatte, in bombastischen, zweideutigen Ausdrücken die Öffentlich-
keit irrezuführen und über die erlittene Niederlage hinwegzutäuschen.
Obschon er bei seinem Einlaufen in Ancona am 21. der Flotte den Vei-
kehr mit dem Lande untersagt hatte, so waren doch trotzdem genug
Einzelnheiten über die Schlacht bekannt geworden, welche den schön
gefärbten offiziellen Kundgebungen widersprachen, weshalb diese keinen
Glauben mehr fanden, sondern um so mehr einem offen an den Tag gelegten
Mißtrauen begegneten, als die ausländischen Zeitungen bereits detaillierte
Nachrichten entgegengesetzten Inhaltes zu bringen begannen.
Ein Schrei der Entrüstung ging durch ganz Italien. Das nationale»
Ehrgefühl war an der empfindlichsten Stelle getroffen worden und es ist
begreiflich, daß die Bevölkerung von einer Wut sondergleichen gegen den
Admiral Persano erfüllt war. Auch die Nachricht von dem Verluste der
Schlacht von Custoza hatte gewiß ein jedes patriotische Herz mit tiefer
Trauer erfüllt; die hohen Erwartungen, welche man an das neugebildete
italienische Heer gestellt hatte, waren enttäuscht worden; aber man fand
sich scliließlich mit dem Gedanken ab, daÜ nur ein Teil desselben damals
zum Kampfe ^kommen und daß dieser einem der ältesten und geübtesten
Heere gegenüber gestanden sei, mau habe wacker gekämpft und dem
Feinde den Sieg schwer genug erringen lassen, Alier Lissa 1 Was komite
man da zur Entschuldigung anführen? Die imposante starke Flotte, welche
dem Lande Millionen gekostet mid dessen Stolz und Hoffnung war, sie
wurde besiegt von einer bedeutend schwächeren, bisher geringschätzig
behandelten Marine! Alle die früheren glorreichen maritimen Erinnerungen
der Italiener verblaßten da vor dieser traurigen, nicht mehr wegzu-
leugnenden Tatsache.
Die itahenischc Regierung bot anfänglich alles auf, um die Nieder-
lage so unbedeutend als möglich erscheinen zu lassen und hielt es daher
für angezeigt, vorläufig von alten strengen Maßregeln abzusehen; sie
brachte ihre ursprüngliche Absicht, den Kommandanten der .Formidabile'
vor ein Kriegsgericht zu stellen, nicht zur Ausfühmng, beföi-derte den
Linienschiffskapilän Ribo ty zum Kontreadmiral und verlieh dem geblie-
benen Fregattenkapitän Cappelliui die goldene MihtärverdienstmedaiUe.
In einem inspirierten Artikel der «Gazzetta ufficiale* vom 36. Juli wurdo
den Büi^ein Riilie anempfohlen und zugleich erklärt, die Ereignisse von
Lissa seien noch nicht genügend aufgehellt, man müsse den Beschuldigten
Zeit und Gelegenheit geben, sich zu verteidigen, übrigens kenne die Regio
rmig ihre Pflicht und werde sie auszuüben wissen.
Nichtsdestoweniger trat die durch die vorsichtige Abfassung der
eisten vom Admu-al Persano eingelangten Nachrichten versuchte
Täuschung immer mehr zu Tage und es wurde zur Gewißheit, daß das
einzig wahre an ihnen der Verlust der beiden Schiffe ,Re d'Itaha* und
.Palestro" blieb, während der sonstige Verlauf der Aktion von Umstäuden
begleitet gewesen sein mußte, welche auf grobe Fehler in der obersten
Leitung schUeßen Ueßen.
Die Tagesblätter aller Farteischattierungen wüteten nun gegen die
Regierung und den Admiral Persano. In Ancona, dessen Bewohner dte
Flotte unter ihren Augen hatten, sammelte sich die Menge an der Riva
imd stieß imler drohenden Geberden Verwünschungen gegen den Admiral
aus. so daß dieser es für geraten hielt, sein bisheriges FlaggenschiCT im
Dunkel der Nacht zu verlassen und sich auf den .Messaggiere' zu ül»er-
Kchififen, während seine Flagge auf dem .Govemolo- weiter gebiBt blieb!
Die Schiffe wurden weiter in See verankert und der Verkehr mit dem
Lande blieb strengstens untersagt.
343
In allen Städten des Litorales, besonders aber in Genua war die
Aufregung eine ungeheure und führte zu offenen Schritten gegen die
Regierung. In letzterer Stadt begab sich eine Deputation von Bürgern zum
Sindaco und verlangte von diesem, daß er bei dem Ministerium eine Bitte
um Versetzung des Admirals Persano in den Anklagezustand verbringen
solle. Diesem Verlangen schlössen sich auch die dort befindlichen Offiziere
der italienischen Marine an und es wurde die nachstehende Petition,
welche binnen km*zem mit zahlreichen Unterschriften bedeckt worden war,
an den Ministerpräsidenten L a Marmora abgesandt:
„Euer Exzellenz!
Die Schlacht von Lissa, welche Italien den Verlust so vieler Leben
und zweier mächtigen Schiffe kostete, hat die Stadt Genua in den größten
Schmerz versenkt. Gegenüber der so unei*warteten Katastrophe war Genua,
welches immer der eifersüchtige Wächter seines Ruhmes blieb, durch diese
Nachricht tief betroffen. Die öffentliche Meinung schiebt die Schuld des
beklagenswerten Ereignisses auf die sprichwörtliche Unfähigkeit des
Admirals en chef der italienischen Flotte. Ein allgemeiner Ruf dringt aus
dem Herzen der Bevölkerung, daß Graf Persano (wie einst der englische
Admiral John Byng) vor ein Kriegsgericht gestellt und abgeurteilt werde.
Wie eines Tages Venedig vom Senate verlangte, daß an die Spitze
seiner Flotte Vittorio Pisani gestellt werde, so bittet heute die Bevölkerung
von Genua, welche vorzugsweise die maiitimen Taten zu schätzen weiß,
Euer Exzellenz möge von Seiner Majestät dem Könige verlangen, daß mit
Hintansetzung aller hierarchischen Ordnung das Kommando der ita-
lienischen Flotte einem Manne anvertraut werde, der auf der Höhe der
Forderungen seiner Zelt steht und in dem die Kühnheit sich mit Erfahrung
und Klugheit paart. Als dieser Mann wird durch die Stimme der öffent-
lichen Meinung Konlreadmiral G alli della Mantica bezeichnet und indem
sich die Unterzeichneten zu Dolmetschern dersell)en machen, sprechen sie
nur einen Wunsch aus, der gegenwärtig im Herzen und auf den Lippen
alier ist: Retten, Euer Exzellenz, durch diese energischen und unerläß-
lichen Maßregeln das Geschick und die Ehre der italienischen Flotte.**
Admiral Persano hatte anfänglich eine scheinbar zuversichtliche
Haltung beobachtet und dem Minister auf sein Gratulationstelegramm mit
folgenden Worten geantwortet: „Meinen Dank im Namen der ganzen Flotte.
Sie werden Heldentaten sehen; nun wird der Vorteil auf der Seite sein,
welche zuerst wieder schlagfertig ist. Wir brennen vor Begierde noch
mehr zu tun. Die Holzeskadre muß kämpfen. (Grazie per parte dell'intiera
Annala. Vfdrä aUi di eroi; ori il vantaggio sarä di chi ripara il primo.
Aneliamo di far prü. La squadradi legno deve combattere.) " Erst als der
Minister die Zusenduii^ des aJjverlanfrten detaillierten Rapportes, ins-
besondere aber der Privatjournale der Admirale und SchifTskommandanlen
urgierle, zeigte er sich hierüber verletzt und beschwerte sich io einem
Telegramme, in welchem er seine schmerzliche Überraschung über das
ofl'enkundige „Mißtrauen", welches ihm gezeigt werde und worunter die
Diszijilin leiden müsse, aussprach; er könne sich eine derartige Strenge
ihm gegenüber von Seite der Regierung nicht erictären, nachdem diese
sehr gut wissen müsse, daß er nicht aus eigener Initiative gehandelt habe,
sondern vielmehr nur infolge ilu'es unausgesetzten Drängens und schloB
mit der Wendung, ,daß, wenn er nicht närrisch würde oder sonst einen
Akt von Verzweiflung begehe, dies ein wahres Wunder sei (se non
impazzerö o non commetlerö qualche atto disperato ö un vero miracolo)*.
Am 36. Juli sandte er dem Minister den Rapport über die Ereignis»*
vor Lissa sowie die verlangten Auszüge aus den Bordjoumalen ein, er-
suchte aber zwei Tage spater selbst mittels nachstehenden Telegrammes
um eine Untersuchung über sein Benehmen: »Nachdem nun die Rapporte
Ihnen bereits zugegangen sind und ich nicht länger unter der Schwere der
vom Liinde mir zugeschleuderten Anklagen ruhig bleiben kann, erlaube
ich mir das Verlangen auszusprechen, mein Operat einer Untersuchung
zu unterziehen, damit die Tatsachen ans Licht kommen zur Entlastung
meiner Ehre (mi faccio a chiederle di sottoporre il mio operato ad una
inchiesta, aflinche i falti abbiano lucc a scarico del mio onore),'
Gleichwohl scheint es dem Admiral Persano mit dem Verlangen
einer Untersuchung gegen ihn nicht recht Ernst gewesen zu sein, vielmehr
dürfte er damit bloß den Zweck verbunden hatien, die Regierung
veranlassen, den Sturm der gegen ihn gerichteten öffentlichen Meinung VI-
besch Wichligen und diese in ein ruhigeres Fahrwasser zu lenken: den»
unter einem frug ersieh an, ,ob die Regierung gedenke, ihm noch weiter
das Kommando der Flotte zu belassen, in welchem Falle er gewisse Vor-
richläge zu machen hätte u. s, w,, u. s. w.- Aber der Marhieminister zeigt*
ihm sofort mittels Telegrammes vom 20. formell an, daß es unmOglidi
sei, ihm noch weiter das Kommando zu belassen und ihn vor der Stellung
vor em Kriegsgericht zu bewahren. , Das Land muß*, so schloß derMini^t^,
,die volle Wahrheit kennen; Ihre Ehre sowohl wie jene der Regierung axiA^
der Flotte erfordern dies. Die Flotte wm-de mit Dekret vom gestrigen Tagtt
in eine einzige Eskadre zusammengestellt ; heute noch wird Ihnen mitgeti
werden, an wem Sie das Kommando zu übergeben haben werden.*
345
Und dabei blieb es. Mittels königlichen Dekretes vom 28. wurde die
Auflösung der bisherigen „Operationsflotte* (armata d'operazione) verfügt
und dieselbe in eine ^Operationseskadre** (squadra d'operazione) ver-
wandelt, die aus zwei Divisionen bestehen sollte, von denen jede alle
Schififsgattungen zu enthalten hatte, da man sich das Beispiel der Öster-
reicher, welche bei Lissa alle ihre HolzschiflFe zur Verwendung gebracht
hatten, zu nutze machen wollte. ^)
Das Kommando dieser Operationseskadre wurde dem Kontreadmiral
V a c c a übertragen, unter welchem der neuernannte Kontreadmiral R i b o t y
1) Die Art und Weise der Begründung dieser neuen Verfügung in dem an den
König gerichteten Vortrage ist so charakteristisch und wirft ein so eigentümliches Licht
auf die Anschauungen der damaligen leitenden Persönlichkeiten der italienischen Marine
bezüghch der Verwendung des Flottenmateriales, daß man geradezu in Erstaunen geraten
muß und glauben wir deshalb dieses Aktenstück (Randaccio, Storia della marina
italiana, IL Seite 2^6) unseren Lesern in wortgetreuer Übersetzung bringen zu sollen:
^Mit königlichem Dekret vom 3. Mai laufenden Jahres wurde die Errichtung einer
«Operationsflotte' angeordnet, bestehend aus 3 Eskadren nebst einer ihr zugewiesenen
Flottille. Hiebe! war keine Rücksicht genommen auf den so wichtigen Dienst der Transport-
schiffe sowie auf den noch viel uneotbehrlicheren der Kreuzer und Ausluger. Die
PanzerschifiFe der Flotte bildeten auf Grund des angeführten Dekretes zwei jener drei
erwähnten Eskadren, die dritte war durchgehends aus ungepanzerten Schraubenschiiten
zusammengesetzt.
Mit Rücksichtnahme auf die speziellen Eigentümlichkeiten des Adriatischen
Meeres (?) und auf die guten Dienste, die man mit Recht noch von den ungepanzerten
Fregatten erwarten kann, wäre der Referent der Ansicht, daß dieselben bei einem
richtigen Verhältnisse zu den gepanzerten für die Zusammensetzung der Divisionen einer
Eskadre unler gegebenen Verhältnissen eine äußerst wertvolle Unterstützung abgeben
könnten und daß man vielleicht auf diese Weise besser den angestrebten Zweck erreichen
würde, als wie es mit der gegenwärtigen Einteilung der Seestreitkräfte angehofft werden
kann. (?)
Diese Betrachtungen gewinnen nach den letzten Kriegsereignissen eine noch
größere Berechtigung und während einerseits die Erfahrung die schon gebildeten
Meinungen bestätigt, erlaubt andererseits die Unterbrechung der Feindseligkeiten ohne
jede Inkonvenienz die neue Zustammcnsctzung der Eskadre.
Aus diesem Grunde hält der Unterzeichnete dafür, daß die gegenwärtig aus-
gerüsteten Schlachtschifife in eine „Operationseskadre**, bestehend aus 3 Divisionen
vereint werden, die anderen Schiffe dagegen mit Rücksicht auf ihren Zweck nach zwei
gesonderten Diensteszweigen verteilt werden, nämlich als Kreuzer, bestehend in Aviso-
dampfern und leichten Schiffen der Flottille, ferner als Transportschiffe.
Wenn heute ein jeder Teil der Seemacht von einem dreifachen Standpunkte aus
beurteilt werden muß: nämlich dem des Gefechtes, des Kreuzungsdienstes und des
Transportwesens, so sind diese Envägungen von der größten Bedeutung, wenn sie auf
den konkreten Fall einer Kampagne im Adriatischen Meere angewendet werden. ( ? )
iJas Kommando einer Division fülute. Admira! Persano und Vizeadmiral
Albini erhielten Befehl, sich auszuschulen und holten am 31. Juli ihre
. Kommandoflaggen nieder.
Wahrend nun die italienische Operalionseskadre vor Ancona be-
strebt war, die erlittenen Beschädigungen so i-asch als möglich auszubessern
und sich wieder in einen kampfbereiten Zustand zu versetzen, ereignete
sich auf der dortigen Rhede ein Unfiill, dor den abermaligen Verlust eines
Panzerschiffes zur Folge halte.
In den Nachmitlagsstunden des <i. August brach |ilfttzlich ein starker
Nordweststut m aus. Der ,.\ffondatore', dessen Klüsen im Banjerdeck
lagen, schiöte durch diese srIit viel Wasser ein, welches seinen Abfluß in
die vorderste wasserdichte Abteilung (der „Affondalore" war, wie er-
innerlich nach dem Zellensystem erbaul) fand. Man scheint nun an Bord
mit dem Rohrleitungssystem nicht recht vertraut und nicht im stände
gewesen zu sein, dem Wasser den Abfluß in die andern wasserdichten
Abteilungen zu verschaffen, da das Schiff sich mit dem Achterteil ganz
außer Wasser hob, dagegen vorn immer mehr einsank, so daß dasselbe,
trotzdem der Kommandant die Anker schlüpfen ließ und in den inueren
Hafen zu gelangen Irachtele, noch auf der Bhede versank. Die Mannschad
wurde gerettet,')
Nachdem noch in den Tagen vom IG. bis21. September eine Divisioa
der Operalionseskadre, bestehend aus 8 Schiffen unter Konlreadniiral '
Riboly zur Unterdrückung eines Aufstandes in Palermo verwendet worden
war, bei weicher Gelegenheit dieselbe vorzügliche Dienste leistele, war
Auf die?e AustüUrungen geslüUl, erlaubt sich liahcr lier Unterzeichnete
Wir mochten nns zu diesen Ausführungen die Bemerkung erlauben, daB roa
.speziellen Eigeotümlicbteiten des Adriatiechen Meeres', welche für die Znsammro-
selzung oiner Flotte oder Eskadre ma£gebeni] sein könnten, liier wohl keine IteiJe $«ia
kami, zumal die italienische Marine an Tarent, BfindJsi und Ancona Stülzpunkte besoli.
welche die openillve Eskadrc rasch mit allem SOligen viTsehen honnlen, sodann iui
diese Gesichtspunkte vielmehr fQr die Zusammensetzuug eiuer Eskadi'e übcrtuDpl mi
gebend sind und nichts neues enthalten. EigenlQmhch finden wir es nur, d&ft lÜc-
iialienische Marineleilung zur Erkenntnis der , guten Dienste- der UulzsehilTe In der
Schlacht eritt nach den Ittzten Krieg sereigitissen gekommen war, nachdem sie von den
Oslerreichem gesehen haUe, wie diese ihre HolzschllTe bei Ussa vcntendeten. IlälM
dort Vizeailmiral Albini mit seiner Eskadre nnr kühn angegriffen, dann wÄre such
wahrscheinlich diese neue Bestimmung nicht erfolgt, A. d. V.
n Der „Affondatore' wurde am äii. Oklolier \S6a unli^r Leitung des Marine-
iugenieoTS Musdea wieder gehoben.
347
für dieselbe die Periode ihrer kriegerischen Tätigkeit erschöpft. Am
3. Oktober schloß Italien seinen Frieden mit Österreich.
Mit königlichem Dekret vom 7. Februar 1867 wurde die » Opera tions-
eskadre* aufgelöst imd an ihrer Stelle eine permanente Eskadre des
mittelländischen Meeres (squadra permanente del Mediterraneo) errichtet,
deren Kommando an den Kontreadmiral Riboty überging.
Hiemit wäre unsere Aufgabe, eine möglichst genaue imd un-
parteiische Darstellimg der Ereignisse auf der Adria während des
österreichisch-italienischen Krieges im Jahre 186(3 zu geben, beendet.
Gleichwohl glauben wir die vorliegende Arbeit nicht schließen zu
sollen, ohne bevor noch des Prozesses des Admirals Persano, welcher
gleichsam den dramatischen Schlußakt des von uns Gebrachten bildet,
hier Erwähnimg zu tun. Wir haben zu oft aus dieser reichhaltigen Quelle
geschöpft und unsere Ausführungen mit Bruchstücken aus diesem
sensationellen Prozesse, welcher besser als alles Andere die Ursachen des
unglücklichen Ausganges dieser Kampagne für Italien aufdeckte, belegt,
als daß wir denselben mit Stillschweigen übergehen könnten.
Nachdem sich die italienische Regierung infolge des Drängens der
öffentlichen Meinung entschlossen hatte, den Admiral Persano vor ein
Kriegsgericht zu stellen, wurde der die Funktionen emes Auditors bei der
Marine versehende Generalauditor des Heeres, Commendatore Trom-
betta, mittels des nachstehenden Schreibens des Marineministers
Depretis angewiesen, die Untersuchung zu führen.
Florenz, 31. JuU 1860.
„Beim ersten Bekamitwerden der Nachricht von der Schlacht von
Lissa und bevor es noch möglich war, sich über den Ausgang 'derselben
ein Urteil zu bilden, hatte die Regierung einige Dokumente, welche Licht
in die Angelegenheit zu bringen bestimmt waren, abverlangt; ebenso
forderte sie deren noch andere im weiteren Verlaufe, damit nichts fohle,
was im stände sein könnte, zur völligen Aufliellung derselben beizutragen.
Gegenwärtig hat die Regierung einen offiziellen Bericht über die
Schlacht von Lissa aus der Feder des Admirals Persano, Ober-
kommandanten der Flotte, in ihren Händen, ebenso emige Berichte und
Auszüge aus den Bordjournalen von Schiffen, die unter seinen Befehlen
stimden. Im Besitze dieser Dokumente hat die Regierung den Entschluß
gefaßt, gegen den Admiral Persano eine Untersuchung einzuleiten und
seine Tätigkeit einer kriegsgerichtlichen Behandlung zu unterziehen
(e di sottopore il suo operato ad un consiglio di guerra) und wenn im
348
Verlaufe dieser Untersuchung sich Anhaltspunkte dafür ergeben sollten,
daß andere Offiziere ihre Schuldigkeit nicht getan haben, so ist dieselbe
auch auf diese auszudehnen.
Die vernehmlichste Aufgabe des Admirals Persano bestand darin,
die österreichische Flotte zu bekämpfen und zu vernichten; dieser seiner
Aufgabe ist ernichtnachgekommen; die Untersuchung muß daher feststellen,
ob Ungeschicklichkeit, Nachlässigkeit oder eine andere schwerere Schuld
die Veranlassung war, welcher man den Ausgang der Affäre des
20. Juli zuzuschreiben hat.
Was die vom Admiral ausgestreute Behauptung anbelangt, daß die
Regierung einen gewissen Zwang auf ihn ausgeübt hätte, so wird diese,
während sie sich bezüglich dieser Behauptung noch das Weitere vorbehält,
da sie entschlossen ist, die volle Verantwortung für ihre Handlungen zu
übernehmen, alle von ihr ausgegangenen Instruktionen sowie die ganze
mit dem Admiral gewechselte Korrespondenz ausfolgen, damit hievon,
wenn nötig, im Verlaufe der Untersuchung Gebrauch gemacht werden
könne.
Die Regierung wird Euer Hochwohlgeboren alle hierauf bezüg-
lichen Dokumente, von denen ein Teil beigeschlossen mitfolgt, sofort
nach deren Einlauf zukommen lassen, damit die Untersuchung mit
größtmöglichster Beschleunigung unternommen und durchgeführt werden
könne, was Euer Hochwohlgeboren hiemit nachdrücklichst anempfohlen
wird.**
Auf diesen Befehl hin wurde nun vom Goneralauditor Commendatore
Trombetta die Untersuchung begonnen und während der Monate
August und September geführt. Es \viirden eine Menge Zeugen aller
Ranggrade verhört, nur der Admiral selbst war, vermutlich weil seine
hohe Stellung als Admiral und Senator des Königi^eiches bezüglich der
Form (Mnige Schwierigkeit bot, nicht einvernommen worden.
Ol) es der Regierung mit ihrer Aufforderung des Generalauditors
Trombetta, seines Amtes mit aller Strenge zu walten, wirklich voller
Ernst war oder ob sich hinter den Kulissen nicht auch höhere Einflüsse
gelt(^nd machten, welche darauf hinzuwirken suchten, daß die Unter-
sucliung keine allzu großen Dimensionen annehme, wollen wir daliin-
geslellt sein lassen. Wir glaul)(»n aber nicht fehl zu gehen, wenn wir uns
zu der letzten^n Ansrhauung liinnoi^^Mi.
Einmal muß <is auffallen, daß der als äußerst tüchtig bekannte
Untursucliungsricliter Commendatore Trombetta aus dem reichhaltigen
349
Akteiimateriale, das ihm nun zu Gebote stand und welches die von uns
des öfteren gebrachten Fehler und Unterlassungssünden der ünter-
admirale wie einzelnen Kommandanten enthielt, nicht hinreichende
Anhaltspunkte gewonnen haben sollte, um auch diese mit in die Unter-
suchung einzubeziehen. Femer darf nicht außer acht gelassen werden,
daB die Regierung, da sie sich noch im Kriege mit östeireich befand, ein
politisches Interesse daran hatte, daß die Schwächen der itaUenischen
Flotte nicht zu sehr nach außen drangen und hiedurch das militärische
Prestige derselben noch mehr gefährdet werde, als dies durch den Aus-
gang der Schlacht von Lissa bereits geschehen war. Man wollte den
Strahlenglanz, der sich um die Namen „Re d'Italia" und »Palestro"
gebildet hatte, in diesem Augenblicke nicht durch neue unangenehme
Enthüllungen verdunkeln lassen, zumal man italienischerseits zum
Abschlüsse eines Waffenstillstandes noch wenig geneigt war, vielmehr
die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten gewünscht hätte. Da nun der
Admiral Persano in seinem Berichte an den Marineminister über die
Schlacht in Voraussicht der kommenden Dinge gegen seine Untergebenen
tatsächlich eine äußerst weitgehende Nachsicht gezeigt und hiedurch in
einer Beziehung dem stillen Wunsche der Regierung vorgearbeitet hatte,
so fand dieselbe auch nichts dagegen einzuwenden, als der Generalauditor
nach gepflogener Voruntersuchung bloß gegen den Admiral Persano
sowie gegen den Kommandanten der Panzerkorvette „Terribile",
Fregattenkapitän Baron de Gosa, Beschuldigungen erhob. Sogar die
ungenügend gerechtfertigte, vorzeitige Abfahrt der ^Formidabile" nach
Ancona, welche der Admiral in seinem Berichte als „ ohne Erlaubnis **
geschehen bezeichnete, mit der weiteren Bemerkung, »daß deren
Kommandant es nicht verstanden habe, seine Havarien provisorisch
auszubessern und an der Schlacht teiJzunehmen'*, wurde nicht mehr
beachtet imd die ursprünglich beschlossene Stellung des Fregatten-
kapitäns Saint-Bon vor ein Kriegsgericht nicht zur Ausführung ge-
bracht.
In diesem Stadium der Angelegenheit intervenierte plötzlich —
wahrscheinlich über Veranlassung der Freunde des Admirals -— der
Senat des Königreiches ItaUen, der sich nun auf einmal erinnerte und
geltend machte, daß nach den Verfassungsgrundgesetzen Persano als
Senator nur von dem Senate, der sich zu diesem Zwecke als oberster
Gerichtshof zu konstituieren habe, verhört und gerichtet werden könne.
Obschon die Geltendmachung dieses Privilegiums im vorliegenden Falle,
bei welchem es sich um ein rein militärisches, noch dazu in Kriegszeiten
begangenes Delikt handelte, wohl iinzureclifen gewesen wäre'), so gab die
Regierung doih der Forderung des Senates nach und mittels kdoiglichen
Dekretes vom 4. Oktulier wurde der Senat beanfiragt, sich als oberster
Gerichtshof zu konatituit-ren, um über die Angelegenheit des Senators
Admiral Carlo Pell ion Conte di Persano, welcher der Verletzung der
g 324, 225, 34U und 541 des Marinestrafgesetzbnches beschuldigt war,
zri Gericht zu sitzen.
Als öffentlicher Ankläger von Seite der Regierung wurden der
Gencralauditor Commendatore Trombetta, der Oberstaatsanwalt Com-
mondalore Neüi und dessen Substitut Cavaliere Diomede Marvasi
ernannt.
Der Admiral wurde der liachstehenden Verbrechen und Vergehen
bcscliuidigt:
1. Des Verbrechens des militäiischen Hochverrates (alto tradimenlo
mililare) nach Artikel 224, Punkt 4 des Mannestrafgesetzbuches vom
18. .Mi 1826. («Wer in Kriegszeiten oder wübrend einer Seekampagne
wissentlich [scientemente] etwas begeht oder unterläßt, wodurch die
Flotte oder Armee oder ein Teil doi-selben einer Gefahr ansgesetxt und
hiedurch der glückliche Ausgang einer miülfirischen Untcmebmimg
verhindert werden köimte; wer auf was immer för eine Art wissentlich
die Flotte oder Eskadre oder ein Scliiö' irgend eines Mittels beraubt odwr
zu bcraubfn versucht hat, um gegen den Feind vorzugehen und hiedurch
es demselben erleichtert, sich besser zu verteidigen oder mehr zu
schaden: ist des Verbrechens des militärischen Hochverrates schuldig
und wird mit dem Tode auf scliinipilichf Art [alla niorle ignominiosa]
l.cstrall.-l
2. Des Verbrechen:! der Feigheit vor dem Feinde, begangen durrfa
die Art, wie er sich in der Zeit vom 20. Juni bis 20. JuH und insbesondere
am 20. Juli während und nach der Schlacht benahm, zufolge
Artikels 225 des obigen königliehen Ediktes.
3. Des im Artikel 241 des erwähnten königlichen Ediktes voige-
schenen Vergehens, begangen dadurch, daß er von seinen erhaltenen
Instruktionen abwich, die Mission und Unternehmung, mit welcher er
beauftragt war. zu Schanden werden Meß und schlecht ausführte, indem
er die feindliche Flotte während der Zeit vom Ö. bis 13, Juli weder
i| Man M-ird sicli erinnern, dnS auch Mikr^diall Bai
iler rraniösischen Pairskammer. sondern von eini-iii
!t dem Vorsilte des dac d'Aumale gerichtet wurde
Ine. oliglelGb Scnatnr. nkU
niUltarischeii Kriegsgcrlriila
A-d-V.
351
herausforderte, blockierte oder schlug, noch versuchte, sie zu blockieren
oder zu schlagen.
4. Des im Artikel 240 des mehrerwähnten Ediktes vorgesehenen
Vergehens, begangen dadurch, daß er durch Ungeschicklichkeit und
Nachlässigkeit während der ganzen Kampagne des Jahres 1866 im
Adriatischen Meere nicht die ihm übertragene Mission und Aufgabe
erfüllte und insbesondere durch die Art und Weise, wie er sich am
27. Juni benahm und kommandierte, dann vom 8. bis 13. JuU, bei der
versuchten Eroberung von Lissa am 18., 19. und am 20. Juli morgens,
sowie endlich während der am selben Tage des 20. erfolgten See-
schlacht
Nachdem auf die ersten zwei Verbrechen, deren der Admiral
beschuldigt wurde, die Todesstrafe stand, so war die gesetzliche
Konsequenz hievon, daß er in Haft genommen und im Senatspalaste zu
Florenz bewacht wurde.
Am 12. Oktober ernannte der Senat eine Untersuchungskommission
bestehend aus dem Präsidenten des Senates und Vorsitzenden des
Gerichtshofes Marzucchi, den Senatoren Castelli und de Ferrari, dem
Senator und Vizeadmiral Serra sowie dem Senator Chigi, einem
gewesenen Seeoffizier. Diese Kommission beschäftigte sich nun mit der
Zusammenstellung der verschiedenen von ihr verlangten Daten und legte
am 26. Jänner 1867 dem Senate eine detaillierte Darstellung der
Begebenheiten vor Lissa sowie des Anteiles, den der Admiral Persano
an denselben genommen hatte, vor, enthielt sich jedoch dabei eines
jeden Urteiles sowie einer Antragstellung.
Gleichzeitig überreichten die öffentlichen Ankläger die Anklage-
schrift, ein umfangreiches, meisterhaft verfaßtes Elaborat, in welchem aus-
fulirHch die ganze Kampagne behandelt wurde. Die Beweisführung der
von den Vertretern der Anklage erhobenen Beschuldigungen war mit
großer Schärfe ausgeführt und in einigen Punkten von geradezu nieder-
schmetternder Gewalt. Besonders war dies in dem auf Feigheit lautenden
Anklagepunkte der Fall.^)
„Der Oberkommandant, ** so hieß es darin, „hat weder zu befehlen
noch zu leiten gewußt. War er wenigstens allen ein Beispiel des Mutes,
der Unerschrockenheit, der Kühnheit? Diese Frage bringt uns dahin, von
der gegen ihn erhobenen Beschuldigung, der Feigheit vor dem Feinde, zu
sprechen. Es ist eine schmerzliche Sache, hieran nur denken zu müssen!
1) RcndicoDÜ etc. etc.; Requisitoria del Publico Ministero etc. etc.
Der Grai"Pellion di Persano, Admiral, Senator des Königreiches, geliort
nicht sich allein an, er gehört auch dem Staate, der Flotte, allen Italienern
an. Diese Beschuldigung trifft daher nicht nur ihn selbst; sie trifft, sie
erniedrigt und schmerzt auch uns alle. Wir haben deshalb zu prüfen, ob
sie sich aus der Voruntersuchung ableiten läßt; dies erfordert das Gesetz,
welches über die edelsten Gefühle, über die großherzigste Milde erhaben
ist und dies ist vielleicht unser einziger Trost, die einzig mögliche Genug-
tuung in diesem nationalen Mißgeschick.
Der Artikel 225 des Marinestrafgesetzbuches behandelt dieses Ver-
brechen.
Wir haben zwei Bemerkungen vorauszuschicken: Erstens findet
dieser Artikel Anwendung auf alle jene, welche zur Flotte gehören, nicht
nur auf Untergebene, sondern auch auf Vorgesetzte, denn über den Vor-
gesetzten steht das Gesetz, die Pflicht und der Staat. Überdies hat der
Gesetzgeber die Arten der Feigheit nicht mittels allgemeiner Bestim-
mungen deöniert, sondern hat eine Aufzählung einzelner Tatsachen,
welche alle von einer gemeinschaftlichen Ursache, nämlich von der
Furcht vor dem Feinde abhängig sind, gegeben. Nun ist es einleuchtend,
daß diese Aufzälilung bloß eine erläuternde (dichiarativa) und nicht fest-
stellende (tassativa) sein kann, denn es lassen sich von diesem Artikel
andere, nicht aufgezählte Fälle, welche ihrer Natur nach dennoch zu ihm
gehören, nicht trennen, so daS, wenn zufällig die Tatsachen, welche die
Furcht des Beschuldigten an den Tag brachten, sich auch nicht buch-
stäbHch in diese Aufzählung einreihen sollten, man ihn deshalb dennoch
nicht von dem Verbrechen der Feigheit lossprechen könnte. Wie immer
auch die Form sei, imter welcher sie sich zeigt, die Feigheit beim Soldaten
wird unter allen Umständen bestraft.
Bei der Beurteilung dieses Deliktes wird der hohe Gerichtshof in
seiner Weisheit sich gegenwärtig htdten müssen, daß es sich um Tat-
sachen bandelt, welche nach den unerbittlichen Gesetzen der militärischen
Ehre anzusehen sind und daß wir sicher nicht die Absicht haben, dem
Oberkomraandanten die Furcht in ihren verächtlichsten und gemeinsten
Formen zu imputieren, sondern daß wir dabei einen Admiral im Auge
haben, der auf einem so hohen Posten gestellt ist, daß er allen ein Vor-
bild der Ehre, des Mutes und der Kühnheit sein solle. Ein Akt der Zag-
haftigkeit, der bei einem einfachen Matrosen vielleicht unbemerkt vorüber-
ginge, gewinnt eine große Bedeutung beim obersten Führer, Man bedenke
femer, daß die Furcht jenes Gefühl ist. welches die Menschen am meisten
verbellten; alle, insbesondere der Soldat, eiTÖten darüber. Es ist daher
853
nicht leicht möglich, in dieser Beziehung GestAndnisae oder direkte Be-
weise zu erlangen; man muB diese meist aus Anzeichen und Meriunalen
ableiten und sie •— wir möchten sagen — bei der Flüchti^eit und Behut-
samkeit der Handlungen, wodurch sie sich verrät, ertappen.
Man sage uns nicht, dafi, nachdem der Admiral einmal an Bord
des «Affondatore'^ gegangen, sein Posten im Turme gewesen sei. Dieser
war ftkr den Kommandanten des Schiffes, nicht fflr den kommandierenden
Admiral, welcher die ganze Schlacht zu leiten, aber nicht das unmittel-
bare Kommando eines Schiffes zu Übernehmen hatte. Und selbst ange-
nommen, sein Posten wäre im Turme gewesen, warum erhob er so selten
den Kopf außerhalb der Löcher, mit solcher Zaghaftigkeit und nur aufier
dem Bereiche des feindlichen Feuers?
Man wende ims femer nicht ein, daß nicht behauptet werden
könne, der Admiral sei aus Feigheit auf den « Affondatore "" geflüchtet, da
dieses Schiff sich doch mitten in der Aktion befunden habe und weil der-
jenige, der sich an Bord desselben befand. Gefahren ausgesetzt war.
Dieses Argument ist bestechend imd scheinbar richtig, entbehrt aber doch
jeden Haltes. Nehmen wir an, ein Matrose hätte sich mitten im Getümmel
der Schlacht irgendwo im Innern des Schiffes versteckt und wäre ent-
deckt worden. Er würde gewiß wegen Feigheit bestraft werden, obschon
sein Schiff im Feuer stand. Und macht sich ein Admiral, der sich während
des feindlichen Feuers in einen gepanzerten Turm zurückzieht, anstatt auf
der Kampagne seines Flaggenschiffes mit freier Brust dazustehen, um den
Gang des Gefechtes zu überwachen und zu leiten und auf diese Weise
allen das Gefühl der Pflicht, der Ehre einzuflößen, macht sich dieser
Admiral hiedurch nicht schuldig?
Ist ein Kommandant en chef, der ungeachtet der erhaltenen Be-
fehle zögert, sich zu schlagen, der, um sich zu schützen, die Wirkung
eines mächtigen Streitmittels paralysiert, der während der Schlacht sich
nur in einem gepanzerten Turme, welcher keinen Oberblick des Ganzen
gestattet, aufhält: ist, fragen wir, dieser Kommandant en chef nicht
ebenso schuldig wie der Matrose, welcher nach Artikel 225 des zitierten
königlichen Strafediktes in Gegenwart des Feindes einen Befehl seines
Vorgesetzten nicht ausführt, nicht kämpft, nicht den Feind entert, oder
der, um sich dem Kampfe zu entziehen, sich krank stellt oder sich außer-
halb des Handgemenges hält, einen ihm anvertrauten Posten verläßt,
flieht oder sich verbürgt? Die Äußerung der Furcht ist wohl eine ver-
schiedene, das innere Gefühl bleibt jedoch dasselbe.*
Fleigcher, Die k. k. Kriegsmarine 1866. ^3
So die Anklage bezüglich des dem Admiral zur Last gelegten
Kapital deliktes. Unzweifelhaft meisterhaft ausgeführte Argumente, die viel
Wahres enthielten und wohl geeignet waren, einen tiefen Eindruck zn
machen.
Die Vertreter der Anklage hatten die Beschuldigung wegen des
Verbrechens des militärischen Hochverrates nach Artikel 224, Absatz 4
des königlichen Strafediktes für die Marine nachträglich fallen lassen und
wie wir glauben mit Recht; denn man konnte über das persönliche Ver-
halten des Admirals Persano während der ganzen Kampagne denken
wie man wollte, der wissentlichen oder vielmehr absichtlichea
Schädigung der eigenen Flotte und der Stärkung des Feindes, wie sie
dieser Artikel voraussetzt, war der Admiral gewiß nicht schuldig. Eine
derartige Zumutung würden ihn nicht einmal seine allsten Feinde ge-
macht haben.
Die Anklage hielt sonach nur die drei Anklagepunkte auf Unge-
schicklichkeit. Nichtausführung der übertragenen Mission und Feigheit
lautend, aufrecht. Daß man einen Admiral, der die höchste Stelle der
maritimen Hierarchie eionahm, wegen Unerfahrenheil oder Ungeschick-
lichkeit (imperizia) anklagte, war gleichfalls eine der vielen Eigentämbch-
keiten dieses merkwürdigen Prozesses. Trug, so mußte man sich onwill-
kßrlich fragen, in diesem Punkte nicht auch die Regierung, welche ihm
jenen hoben Grad verliehen und an die Spitze der Operationsflotte ge-
stellt hatte, mit einen großen Teil der Schuld?
Admiral Persano hatte sich zu seiner Verteidigung zwei der tüch-
tigsten Anwälte und Redner gewählt; es waren dies die Advokaten San-
miniatelli und Giacosa. für den technischen Teil trat der Liuienschifls-
kapitän de Clavesana ein.
Am 29. Jänner fand die Sitzung statt, in welcher über die Zulässig-
keit der von der Anklage erhobenen Beschuldigungen zur ö£feDtUchen
Verhandlung Beschluß gefaßt wurde. Von den 384 einberufenen Mit-
gliedern des Senates waren an diesem Tage nur 131 erschienen, 153
waren teils mit, teils ohne Entschiüdigung der Sitzung fem gebliehen.
Über die zwei Punkte, welche den Admiral der Ungeschicklichkeil
sowie der Nichtausführung der ihm übertrageneu Mission beschuldigten,
einigte man sich bald imd ohne große Schwierigkeiten; die Zulassung
derselben zur öffentlichen Verhandlung wurde mit überwiegender Majo-
rität ausgesprochen; über den die Feigheit betreffenden Anklagepunkt
erhob sich jedoch eine lange und störmische Debatte. Wälu^nd ein Teil
der Senatoren der Anschauung war, daß die hiefür notwendige B^rün-
355
düng nicht erbracht oder nicht ausreichend wäre, behauptete eine nicht
minder ^ofie Anzahl und hauptsächlich die von Regierungs- und den Hof-
kreisen unabhängige Partei der Senatoren das gerade Gegenteil und
fand, daß vornehmlich bezüglich dieses heiklen Punktes sowohl der
Nation, dem hohen Grerichtshofe wie auch dem Angeklagten selbst daran
gelegen sein müsse, daß durch die gerichtliche Verhandlung die volle
Wahrheit an den Tag komme. Die Abstimmung ergab, daß 61 Senatoren
für die Zulassung dieses Anklagepunktes und 70 gegen dieselbe waren.
Wenn nun auch durch diese Abstimmung allerdings die schwerste
Folge einer eventuellen späteren Verurteilung bezüglich dieses Kapital-
deliktes vom Admiral abgewendet worden war, so ließ sich doch nicht
verkennen, daß dieselbe bei dieser geringen Majorität, wie auch ins-
besondere nach der vom Gerichtshofe ausgesprochenen Motivierung der
Ablehnung,*) dennoch einer moralischen Verurteilung gleichkam. Darüber
gab es nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb Italiens nur eine
Meinung.
Nachdem auf die zur öffentlichen Verhandlung gelangenden, in den
übrigen zwei Anklagepunkten enthaltenen Vergehen keine Leibesstrafe
gesetzt war, wurde der Admiral sofort aus seiner Haft entlassen und die
weitere Verhandlung mit ihm auf freien Fuß geführt.
Es war ein beklagenswertes Schauspiel, das sich in den Tagen
vom 3. bis 13. April im Senatspalaste zu Florenz abspielte und nicht mit
Unrecht sagte man sich später, daß dieser Prozeß für Italien eigentlich
einem zweiten Lissa gleichgekommen sei. Welchen Eindruck mußte es
hervorbringen, wenn man hier die höchsten maritimen Würden-
träger sich gegenseitig anklagen hörte, wahrnahm, wie ein jeder die
eigene Verantwortung von sich abzuwälzen suchte und nur das Bestreben
an den Tag legte, womöglich selbst im reinsten Lichte zu glänzen? Die
unbefangenen Zuhörer hatten hiebei die Empfindung, daß einige dieser
Zeugen, die hier von ihren Heldentaten erzählten, die Manöver ihres
vorgesetzten Admirals kritisierten und den Senatoren gelehrte Abhand-
lungen darüber hielten, selbst auf die Anklagebank gehörten, weil sie das
erste militärische Prinzip, das des Gehorsams und der Unterordnung
gröblich verletzt hatten, weil sie nicht der Stimme der Ehre gefolgt und
^) Nachdem der Artikel 225 des zitierten königlichen Ediktes nicht anwendbar
sei auf die im zweiten Anklagepunkte erhobene Beschuldigung, so sei auch kein Grund
vorhanden, weiter nachzuforschen, ob das Prozeßverfahren mehr oder weniger stich-
hältige Beweise liefern würde, um dieselbe aufrecht zu erhalten.
23*
sich eritiDert hatten, daß. sowie einmal das Geschütz gesprocheo, die alte
Regel zur Geltung kommt, daß .das Schiff, welches nicht kämpft,
nicht aul seinem Posten ist".
Man hörte hier vom Kontreadmiral Vacca den uns schon be-
kannten, ihm wenig zur Ehre gereichenden Ausspruch, daß er es nicht
für angezeigt gehalten habe, den Befehl des kommandierenden Admirals,
den Femd anzugreifen, auszuführen, einen Ausspruch, den auch die Ver-
teidigung zu verwerten nicht ermangelte.
Eine wohlverdiente Abfertigung erhielt Vizeadmiral Albin i von dem
berühmten Advokaten und Verteidiger Sanminialelli. Als der Vize-
admiral bei seiner Einvernahme sich soweit verstieg, dem österreicliischeo
Admu-al den Vorwurf zumachen, daß dieser einen groben Fehler dadurch
begangen habe, daß er nach der Schlacht in den Hafen von S. Giorgio
eingelaufen sei und daß es für die italienische Flotte ein Leichtes gewesen
wäre, ihn dasell)st, sogar in der Nacht, anzugreifen und sein Schiff in den
Grund zu bohren, da konnte sich der schlagfertige Advokat nicht enthalten,
hierauf mit beißender Ironie zu entgegnen: ,Es ist leicht, nach geschehenen
Ereignissen dieselben zu kritisieren sowie die Fehler des Freundes und
Feindes aulzudecken. Der Vizeadmiral Älbini nahm sich, wie Sie, meine
Herren Senatoren, gehört haben, diese Freiheit; ich bestreite ihm aber
das Recht dazu. Was würde wohl der tapfere, feindliche Adniiral daM
sagen, wenn diese Bemerkung zu seiner Kenntnis käme? Wenn er erfahren
würde, was er nach dieser Kritik für einen schwerwiegenden Fehler be-
gangen habe? Wenn er hören möchte, daß gerade derjenige, der es nicht
verstanden hatte, ihn bei Lissa zu bekämpfen, sich dennoch herausnahm,
ihn zu Florenz so streng zu kritisieren!" 'l
Allgemein war ferner die Empfmdung, daß, wenn auch die oberite
Leitung sich in schlechten Händen befand, mit anderen Unterbefelilshalwm
und Kommandanten weder der Angriff auf Lissa derartig verfehlt, noch
die Schlacht auf diese Weise verloren werden konnte.
Eine geradezu bemitleidenswerte Rolle spielte bei der Verhandlung
der Admiral selbst. Was er sich hier von seinen früheren Untergebenen,
ja selbst von jungen Guaidie-marina, die sonst nur vor ihm zu zittern
I) .Clie direbbe, ioBodavapmisanilo da itie, quell'intrepiiia nostru nemico. qni
) questa parte dei risultati di queato dibatlimeiito? Quando s&pease !■ critiefi
che gli i stalo Tatta di quel euo gtOBEissimo sbaglio? Quanda sapesse che coloi, U q
non pali combatlerlo a Lissa, La sapuLo cosl bene ceoeurarlo a Fireoze?* RendieoaH
etc. elc.; I'arringa dpirATTOc. äBniniiiiBtelli, Seite 138.
357
gewohnt waren, sagen lass^i mufite, das mag für ihn wohl mit die här-
teste Strafe gewesen sein. Anscheinend gefaBt und anfänglich sogar etwas
schroff auftretend, versuchte er sich mit großem Wortschwall in der ihm
eigenen Weise, welche seine Überlegenheit in allen maritimen Dingen
beweisen sollte, zu verteidigen. Aber die reinen Tatsachen, welche von der
überwiegenden Menge der wider ihn geführten Zeugen bestätigt wurden,
vermochte er weder zu leugnen, noch zu rechtfertigen; auch der Ver-
teidigung, welche von ihrem Standpunkte übermenschliche Anstrengungen
machte und in forensischer Beredsamkeit geradezu Ausgezeichnetes leistete,
konnte es trotzdem nicht gelingen, die Überzeugung herzustellen, daß
Admiral Persano an dem llißerfolge der ganzen Kampagne nicht die
Hauptschuld trage, denn die verschiedenen Tatsachen selbst waren es,
die mit elementarer Gewalt wider ihn zeugten.
Am 15. April fand die Urteilsfällung statt. Von den 284 Mitgliedern
des Senates waren diesmal gar nur 111 erschienen, 117 hatten sich unter
allerlei Vorwänden und 56 ohne jede Entschuldigung absentiert.
Des ersten Anklagepunktes— Ungeschickliclikeit und Nachlässigkeit —
wurde der Admiral mit 73 gegen 38, des zweiten — Nichtausführung
der ihm übertragenen Mission — mit 93 gegen 18 Stimmen schuldig
befunden.
Unter aUgemeiner Stille verkündete sodann der Präsident Marzucchi
das Urteil: ,daß der Angeklagte Graf Carlo Pellion di Persano der ihm
zur Last gelegten Vergehen schuldig befunden worden sei imd deshalb
zur Strafe der Entlassung, des Verlustes seiner Admiralscharge und zur
Tragung der Kosten dieses Prozesses verurteilt werde.**
Als Rechtsfolge dieses ürteiles verlor derselbe auch weiters alle
seine Orden und Dekorationen sowie den Anspruch auf eine Pension.
Letztere verlieh ihm indes der König im Gnadenwege. Das Land, die
Nation waren wenig erbaut über diesen Ausgang des Prozesses, welcher
durch seine Enthüllungen keineswegs beigetragen hatte, das Ansehen der
italienischen Marine vor dem gesamten In- und Auslande zu erhöhen und
der im Interesse des Dienstes wie der Disziplin besser unterblieben wäre.
Oflfenbar hatte die italienische Regierung hiebei keine glückliche Hand
gehabt. Sie befand sich — es kann dies nicht geleugnet werden — wohl
in einer äußerst schwierigen Situation. Von der öffentlichen Meinung, welche
gebieterisch eine Satisfaktion für die dem Lande angetane Schmach, för
den Verlust zweier schöner Schiffe und so vieler Menschenleben verlangte
zum Handeln gedrängt, konnte sie sich aber zu keinem rechten Entschlüsse
emporraflfen. Und doch stand sie nur vor zwei Wegen.
War sie wirklich entschlossen, den beleidigten Gesetzen Achtung
sowie eine Sühne zu verschaffen und hiedurch bezüglich der Marine
gleichzeitig reinigend zu wirken, dann bheb ihr nichts anderes übrig, als
ihrer ursprünglich gezeigten, energischen Hallung treu zu bleiben und den
bereits gemachten Schritten die weiteren folgen zu lassen; dann waren alle
Schuldigen vor das Kriegsgericht, dem einzig kompetenten Forum in
derlei Ffillen, zu stellen, um sie der verdienten Strafe, mochte diese nun aus-
fallen wie sie wollte, entgegenzuführen. Dann durfte aber auch den Admiral
Pe rsan 0 sein Privileg als Senator vor dieser Maßregel nicht schützen und die
Regierung mußte dem Senat gegenüber den Standpunkt vertreten, daS im
vorliegenden Falle der Senator den Admiral nicht decken könne. Durch ein
solches Vorgehen hätte sie ebensowohl ihre völlige Unbefangenheil wie den
Ernst gezeigt, welcher der Situation entsprach und unzweifelhaft einen
wohltätigen Einfluß auf die eiTegten Gemüter ausüben können.
Hielt sie es jedoch aus verschiedenen Gründen für opportun, von
einer solchen slrengen Maßregel abzusehen, dann durfte sie sich aber auch
trotz des Drängens der öffentlichen Meinung nicht zu einem Schritte ver-
leiten lassen, der nur eine halbe Maßregel und deshalb von zweifelhaflera
Werte war; dann mußte sie sich darüber klar sein, daß mit der alleinigen
Preisgebung des Admirals sowie mit seiner Unterstellung unter die
Gerichtsbarkeit des Senates in Wirklichkeit nichts erreicht, dagegen an
ihrer Unbefangenheil und Anfrichligkeit nur gezweifelt werden würde. Im
Falle eines Freispruches hielt man trotz allen gegenteiligen Versiche-
rungen dennoch den Senat von ihr beeinflußt, wodurch ihre Lage
keineswegs besser wurde und durch die alleinige Verurteilung des Admirals
verhalf man diesem nur zu einer Arl von Märlyrertum, welches der Sache
nach doch nicht berechtigt war. Dami genügte auch, ohne daß es erst
notwendig war, durch einen derartigen Prozeß so viel Staub aufzuwiibeln.^
die sofortige bleibende Entfemimg aller Schuldigen aus ihrem Wir-'
kungskreise, eine Strafe, die um so schwerer wiegen mußte, je höher und.
ehrenvoller dieser gewesen.
Zu dieser Auffassung scheint man auch später gelangt zu sein imd
es ist unzweifelhaft hierauf der Umstand zurückzuführen, daß nur wenige
Monate nachher auch Vizeadmiral Albini, Kontreadmiral Vacca und
Linienschiffskapitän Marquis Pauluc c i dienstlich (per anzianitä di servizio)
pensioniert wurden. Fregattenkapitän Baron de Cosa wurde mit der
Entlassung aus seiner Charge bestraft.
^
Beilagen.
(Zu Abschnitt I.)
im Jahre 1866.
361
Pferde-
krftfle
Tonnen-
gehalt
Be-
man-
nung
Anmerkung
platte
80 pf.
32 pf.
4
800
5.700
620
FiaggenschifT des Admirals Persano.
•
800
5.700
550
4
700
4.250
484
4
700
4.250
484
4
700
4.250
484
4
700
4.250
484
i 4
1
600
4.086
440
FlaggenschifTdcs KontreadmiralsVacca
1
700
4.070
290
1 4
•
400
2.700
356
f ÜbcrschiSte sich als Kommandant des
2
400
2.700
356
< AusschifTungsdetachements an Bord
300
2.000
250
( der «Maria Adelaide*.
12
300
2.000
250
7
24
450
3.800
658
. 22
•
^»1
600
3.459
550
Flaggenschiff des Vizeadmirals Albini.
iiio 'punj^ J9"ö!A\ Qt 1*®!^ sonnqosof) aditB|S uadipngijdgt 89p |oiln^|iii)s 9013
ahre 1866.
^.ttlmayr.
Vranz Freiherr v. Minntillo.
Pferde-
kräfte
Tonnen-
gehalt
Be-
raan-
nnng
1
1
Anmerkung
^ latte
Granat-
kanonen
pf.
12
pf.
4
pf.
60
800
800
4.757
4.757
489
478
FlaggcnschiCr des Kontreadmirals v.Tegett-
hoff, I. Division.
650
3.330
386
650
3.330
386
650
3.330
386
'
500
2.824
343
500
2.824
343
16
800
5.194
904
Kommodore v. Petx, Führer der II^Dlvi-
4
500
2.497
538
sion.
6
400
2.514
547
4
300
2.198
398
4
300
2.198
398
1
4
300
2.198
398
4
230
230
1.474
869
294
139
Fohrer der III. Division. |
230
869
139
230
869
139
1
230
852
139
t
230
852
139
230
230
90
90
350
300
ISO
360
300
120
220
852
852
501
501
1.472
1.260
770
1.400
1.353
675
1.102
139
139
100
100
166
102
109
33
180
8i
66
1
Übernahm provisorisch das Kommando 1
statt Linienschiffsleutnant Schickh.
42
•
•
ll.O(H)
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Beilage I.
Berieht des Vizeadmirals t. Tegetthoff fiber die Seeschlacht
Ton Lissa.
An die hohe Generaladjutantur Seiner Majestät des Kaisers, Wien.
Rhede von Fasana, 23. Juli 1866.
Ich gestatte mir im nachstehenden, einen summarischen Bericht üher die
Schlacht bei Lissa am 20. Juli d. J. zu unterbreiten. Einen Detailrapport zu
verfassen werde ich erst in der Lage sein, nachdem die Sehlachtberichte von den
einzelnen Schiffen eingetroffen sind.
Telegramme, welche mir vom k. k. Generalkommando zu Zara
am 19. Juli zukamen und die Fortsetzung der Beschießung der Insel Lissa durch
die sardinische Flotte anzeigten, ließen mir keinen Zweifel, daß der Feind mit
seiner Expedition gegen die Insel Lissa nicht wie ich anfangs glaubte, eine
Diversion beabsichtige, um mich von meiner Operationsbasis abzuleiten und
hiedurch sich fireie Hand im nördlichen Golf der Adria zu verschaffen, sondern
daß es sich in der Tat um die Wegnahme der genannten losel handle.
Ich setzte mich daher um Mittag desselben Tages mit der Eskadre in
Bewegung und steuerte gegen Lissa.
Morgens den 20. Juli gegen 7^ meldeten die Ausluger mehrere Dampfer
in Sicht, doch bald entzog eine Regenbö aus SQdwest selbe wieder dem Blicke.
Der Seegang aus SQdwest war mn diese Zeit derart, daß die Panzerschiffe
11. Klasse und die Panzerfregatte «Salamander* ihre StQckpforten schließen
mußten. Bei allm&hlicher Annäherung gegen Lissa, welches gegen die See aus
südlicher Richtung Deckung gibt und nachdem auch die Brise nach Nordwest
umgesetzt hatte, nahm der Wellengang nach und nach ab und gegen 10*^
hellte sich der Himmel wieder auf. Man gewahrte auch sofort den Feind unter
Lissa in zwei Gruppen getrennt, welche, wie es schien, sich zu vereinigen
suchten.
Nach den spälorcD Aussagen von Gefangenen waren zur besagten Zeil
die Holzfregatlen der Sarden unter Comisa'), um Landungstruppen wieder
zurück einzuschiffen, denn es war die Absicht des feindlichen Oberkoniraandanlen,
Lissa an diesem Tage mit aller Krall, anzugreifen, um es zum Falle zubringea;
daher sollte an diesen] Tage am erwähnten Orte und im Hafen Manego gelandet
werden, während die PatizerfloUe die Befestigungen der Sladl Lissa anzugreifen
hatte. Doch war der Kommandierende der sardinisr hon Flotte, Admiral Persano,
noch rechtzeitig vom Auslaufen der k. k. Flotte aus Fasana unterrichtet
worden, indem nach erwähnter Aussage dasselbe durch telegraphische Milleiluog
von einem Orle der Küste Ulriens nach Brindisi und von hier durch einen
Schnelldampfer der sardinischen Flotte bekannt wurde.*) Die vorerwähnte
Bewegung der feindlichen Flotte dürfte daher nicht schwer dadurch eine
Erklärung finden. daB sich die voi Lissa liegenden Schiffe mit jenen vor ComJu
zu vereinigen strebten.
Nicht lange währte es, so entwickelte sich die feindliche Flotte in Kiel-
wasserlinie, Kurs beiläufig Nordnordosl und zwar ihre mächtige PanzerdivifioD
an der Spitze. Die Annäherung geschah dalier sehr schnell und es blieb nicht
mehr Zeit, das bereits vorbereitete Signal: ,Muß Sieg bei Lissa werden* an die
Eskadre zu machen, sondern ich beeilte mich jene Dispositionen zu treffen, die
ich als nötig erachtete.
Die Aufstellung der österreichischen Eskadre war folgende: Nach der
Gattung der Schiffe waren selbe in 3 Divisionen geteilt, nämlich die Division
der Panzerschiffe, jene der schweren und endlieh die der leichten Holzschiffe.
Diese Divisionen waren, die Panzerdivision an der Spitze, hintereinander im
Kielwasser, jede einzelne im vorspringenden Winkel formiert. Ich ließ sofort die
Divisions- und Schiffsdistanzen schließen, die Schiffe in Gefechtsbereitschaft
setzen und die Fahrt derselben erhöhen. Der Panzerdivision erleille ich den
Befehl: ,Den Feind anlaufen, um ihn zum Sinken zu bringen*.
Die feindliche Linie kreuzte indessen vor der Kurslinie der Eskadre und
der Führer derselben, das Panzerschiff , Principe di Corignano* mit Konlre-
admiral Vacca am Bord, erölTnete aU erslss ein nicht sehr wirksames Feuer,
welches akbald von den nächsten österreichischen Schiffen erwidert und is
Kürze allgemein wurde. Bald hierauf wurde die Linie der Sarden von der
österreichischen Panzerdivision durchbrochen und es entspann sich eis
allgemeiner Kampf. Die Schiffe der feindlichen Panzerkolonne, welche hinta
1) Soll heißen Car.iber; die Aussagen der fiefangeneu
ichtiit.
^ Auch das traf bekanntlich nicht zu.
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dem Punkte lagen, wo durchgebrochen worden war, fielen nordwärts ab;
hiedurch waren die eigenen Holzdivisionen bedroht und ich lieS demnach die
Panzerdivision ebenfalls nordwärts wenden, um den Holzschiffen Luft zu
machen und die vom Gros getrennten feindlichen Panzerschiffe ins Kreuzfeuer
zu bringen.
Die Holzdivisionen verfolgten indessen ihren Weg und brachen sich Bahn
durch die feindlichen Panzerschiffe, wobei sie — FVegatten wie Kanonenboote —
mannigfache Gelegenheit fanden, sich mit den gegnerischen Panzerschiffen zu
messen.
Das Linienschiff „Kaiser*' , Flaggenschiff der II. Division, Kommodore v. Petz,
wurde inzwischen von 4 Panzerschiffen gleichzeitig angegriffen. Kommodore
V. Petz blieb über den von ihm einzuschlagenden Weg nicht lange in Zweifel:
er stürzte sich dem einen sogleich entgegen, während er den anderen
konzentrische Lagen in den Leib jagte und dies in den geeigneten Momenten,
um ebensowohl den Mut und die Ausdauer seiner Leute zu zeigen, indem
während des Angriffes sein Fockmast stürzte, den Maschinenschlot
zertrümmerte und verschiedene Schäden auf Deck verursachte, ohne jedoch
merkwürdigerweise die auf Deck befindliche Mannschaft besonders zu
beschädigen. Gleichzeitig drohte die Gefahr einer größeren Feuersbrunst, nachdem
der Fockmast mit seinem ganzen stehenden Tauwerk auf den Schlot gefallen
war. Durch das tapfere Benehmen seiner Mannschaft war es aber Kommodore
V. Petz gelungen, sich und seiner Division den Weg durch die zahlreichen
feindlichen Schiffe zu bahnen.
Die Melee ward stets allgemeiner und es ist schwer, in dessen Einzeln-
heiten einzugehen, da sich die Schiffe, mit ganzer Kraft fahrend, stets kreuzten
und es oftmals schwer war, Freund und Feind zu unterscheiden, obgleich
beiderseits die Fiaggengala gehißt war. Ein glücklicher Zufall war es, daß die
sardischen Panzer durchgehends grau angestrichen waren. Nur die Division der
feindlichen Holzschiffe lag ziemlich geordnet unter der Küste von Lissa in nord-
westlicher Richtung steuernd und sendete gelegentlich den passierenden Schiffen
ihre Breitseiten zu.
Bei dieser allgemeinen Jagd gelang es dem Geschicke und der Bravour
des Kommandanten meines Flaggenschiffes, Linienschiffskapitän Max Baron
Sterneck, im Zeiträume einer halben Stunde drei sardische Panzerschiffe anzu-
laufen ; zwei wurden schwer beschädigt, die Flagge des einen herabgerissen, das
dritte, der ,R^ d'Italia'', eines der größten der italienischen Flotte, wurde in den
Grund gebohrt und versank in weniger als zwei Minuten mit einer Bemannung
von über 600 Mann. Jeder Versuch, die schwimmende Mannschaft zu retten.
mußte leider aufgegeben werden, denn, von allen Seiten aogegrifTen, waren wir
genötigt, auf die eigene Sicherheit bedacht zu sein.
Wfihrend dieses beiderseitigen Kampfes war ein sudinisches PanzencbilT
vom Feuer ergrifTeu worden und ilie feindliche Panzereskadre schien sich
sammein zu wollen, um dasselbe in die Milte zu nehmen und zu decken. Ich
machte daher pleict)rHlls den mir unterstehenden Schiffen das Signal: .Sammeln*
und ließ dieselben sich in dreiKolonnea mit der Richtung nach Nordost formieren,
wodurch die Holz ilivisio neu von der Panzerdivision gedeckt blieben, während
Raddampfer,Elisabelh*Befehlerhieh, dem Linienschiff, Kaiser', welches sehr übel
zugerichtet erschien, nötigenfalls Hilfe zu leisten.
Inzwischen hatte sich die s;irdinische Fljtte auf ihrem Rückzuge in einer
sehr ausgedehnten Linie auf eine Distanz von 3 bis l Meilen gesammelt und
sleuerte derart, um das brennende Panzerschiff in die Milte zu nehmen, was ihr
natürlicher Weise auch gelang, nachdem das in Rede stehende Panzerschifl
Gebrauch tod seiner Maschine machen tonnte.
Nach einigen wechselseitigen Schüssen wendete die sardische Flolle in
westlicher Richtung und somit erreichte das Gefecht ein Ende, nachdem es
von I0''/4'' vormittags bis 2'' nachrailtags gedauert hatte. Mein Zweck war
hiemit erfüllt und Lissa vom Feinde entsetzt.
Um S"" 30" p. m. sah man das brennende sardinische PanzerschilT in die
Luft fliegen. Nach den Aussagen der Gefangenen muß dasselbe entweder der
.Palestro* oder der »Principe di Carignano* gewesen sein: auf jeden Fall ein
Balterieschiff von 10 bis 12 Geschützen.
Eine Verfolgung unterließ ich, weil selbe resultatlos geblieben wäre und
nahm daher Kurs nach dem Hafen von S. Giorgio; denn bei der groften
Verschiedenheit der LeistungsKhigkeil in Bezug auf Fahrt, welche den unter-
stehenden Schiffen eigentümlich ist, erschien ein kompaktes und zugleich
schnelles Vo^ehen nicht tunlich, die Möglichkeit eine MoU-c herbeizuführen
gleich Null. Die Nacht in See zu bleiben wäre zwecklos gewesen und würde nur
unnützen Aufwand an Brennmaterial und Kohlen herbeigeführt haben, der um
so mehr vermieden werden mußte, als Lissa nicht die Mittel zum Ersatz in
entsprechendem Maßslab bietet. Zudem konnte der Aufenthalt im Hafen dazu
dienen, um allfällige kleine Herstellungen vorzunehmen und befand sich die
Eskadre überdies auf diese Art gesammelt und slels hereil, um für den Fall
eines omeuerlen Angriffes am folgenden Tage mit aller Kraft dem Feinde za
begegnen. Der folgende Tag wurde auch demgcmäB dazu henUtzl, die SchiJTe tu
imtereuchen und kleinere Reparaturen zu bewerkstelligen.
Das Linienschiff klarte seinen Bug von den Trümmern des Bngaprlels und
. sein Deck von jenen des Fockmastes und seiner Takelung und setzle seinen
367
Schlot in brauchbaren Zustand; das Panzerschiff «Erzh. Ferdinand Max*
nahm von Fregatte «Sch¥rarzenberg* einen Anker an Bord, um einen
seiner Buganker zu ersetzen, der beim Anrennen undienstbar geworden war.
Die schwer Verwundeten wurden ausgeschifft und die transportablen
mit dem Dampfer «Venezia* nach Spaiato und Zara entsandt; die Gefallenen
wurden mit militärischen Ehren zur Erde bestattet.
Bei Nacht wie bei Tag waren stets Schiffe in See, welche die Aufgabe als
Eclaireurs zu erfQllen hatten; Kanonenboot «Dalmaf und Raddampfer «Elisabeth*
wurden beordert, auf dem Schlacbtfelde und längs der Küste Nachforschungen
anzustellen, ob sich noch Leute vom versenkten feindlichen Panzerschiffe vor-
fänden, um selbe zu retten.
Die feindliche Flotte war am Abend des Schlachttages vom Monte Hum
aus noch sichtbar, am Morgen des 21. aber nicht mehr zu entdecken.
Da bis Sonnenuntergang vom Feinde nichts mehr sichtbar wurde und der
Feind einen neuen Angriff auf Lissa nicht mehr zu wagen schien, so war meine
Aufgabe vorderhand beendet und ließ ich die Eskadre, nachdem das Linienschiff
„Kaiser* gegen 8^ abends seine Reparatur am Schlot vollendet hatte, wieder
in See stechen, um meine frühere Stellung auf der Rhode von Fasana, als die
uns zukommende Operationsbasis, einzunehmen.
Die Stärke des Feindes wurde beim ersten Zusammentreffen auf
12 schwere Panzerschiffe, im ganzen auf ungefähr 27 bis 30 Schiffe geschätzt.
Nach Aussage der Leute jedoch, welche sich vom versenkten „R^ d'Ilalia* an
den Strand von Lissa retteten, betrug die Zahl der schweren sardinischen
Panzerschiffe — hierunter das Turmschiff „Aflfondatore* — 12, leicht-
gepanzerte 3; an Holzschiffen: 8 Fregatten, 6 Dampfer, 3 Transportschiffe,
zusammen also 32.
Die Bestückung der gegnerischen Flotte bestand sowohl nach Aus-
sage der obenerwähnten Gefangenen als auch nach den an verschiedenen
Stellen der Insel Lissa aufgefundenen Projektilen und den an Bord der
Schiffe zurückgelassenen Spuren von Projektilen zu schließen, aus Geschützen
schwersten Kalibers imd mitunter neuester Konstruktion. Es wurden
Geschosse von 80 bis 300 Pfund vorgefunden. Nach der mehrerwähnten
Aussage der Gefangenen soll der ,,Affondatore* GOOpfünder an Bord gehabt
haben.
Ich fühlte mich verpflichtet, gleich nach Beendigung des Kampfes der
Bemannung der Flotte ohne Unterschied meine Anerkennung auszusprechen ;
Kommandanten, Offiziere und Mannschaften haben ihre Pflicht getan ; sie haben
mit einer Hingebung, Ausdauer und Ruhe gekämpft, der selbst der Gegner die
Anerkennung wird nicht versagen können.
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Ihre Leistungen stehen um so höher, wenn man bedenkt, welch kurze
Zeit der größte Teil der Schiffe ausgerüstet ist und daS bei manchen zwischen
dem Tage der AusrOstung und dem der Schlacht kaum der Zeitraum von
3 Wochen hegt. Zudem ist nicht aufter acht zu lassen, daft sie mit dem
Bewußtsein in den Kampf gingen, es mit einem materiell stärkeren Feinde zu
tun zu haben und daß nur moralische Kraft und seemännisches Geschick dieser
Obermacht das Gleichgewicht zu halten yermochten.
Gez. Wilhelm Tegetthoff m. p.,
k. k. Vizeadmiral.
3G9
Beilage 11.
Anszng aus dem Bor^onmale 8. H. Panzerfregatte
.Erzh. Ferdinand Hax^^
Lissa, 20. Juli 1866.
Morgens mistiges Wetter. Zeitweise Böen mit kurzen Regenschauern.
Der Wind aus dem III. und IV. und endlich aus dem I. Quadranten.
Die Eskadre Süd Ost zu SQd ein halb Süd steuernd in 3 Divisionen, jede
im Angriffswinkel in natürlicher Ordnung im Kielwasser formiert.
9 Kaiser Max* und «Stadium* als Ausluger mehrere Meilen voraus. Um
5*^ a. m. passiert Lloyddampfer «Smyme*, wurde vom , Stadium* angepreit; San
Andrea und Monte Hum von Lissa in Sicht.
Um 6*^ 40*° a. m. signalisierte , Kaiser Max* 6 Dampfer, deren Takelage
von Bord aus anfänglich gesehen werden konnte, die jedoch infolge des ein-
tretenden Regens bald wieder außer Sicht kamen. Um 97^ eine frische Süd-
westbö von kurzer Dauer mit Regenguß, dann im Süden aufheiternd.
Um 9^^ kam an der Nord Westseite der Insel Lissa die sardische
Flotte in Sicht, bestehend aus 27 Schiffen; dieselbe steuerte in 2 Kolonnen
westlich und formierte dann die Schlachtlinie mit Kurs Nordnordost, die
Panzerschiffe an der Spitze. , Kaiser Max* und , Stadium* auf ihre
Posten. Signal Nr. 441 „die Schiffe haben möglichst aneinander zu
schließen*. Um 10^ Nr. 131 , Klarschiff zum Gefecht*, hierauf: «mit ganzer
Kraft fahren*, endlich um lO*' 35"" BI Nr. 169, «Panzerschiffe den Feind
anrennen, um ihn zum Sinken zu bringen*. Um 10*^ 43™ eröffnete der
Führer der feindlichen Flotte das Feuer auf zirka 8 Kabel, wir antworten
zuerst mit der Steuerbord batterie und brechen in das Intervall zwischen
dem 3. und 4. Schiff durch die feindliche Schlachtlinie, deren Tete über
Backbord wendet. Mit beiden Borden gefeuert. Nachdem wir die feindliche
Linie im heftigsten Feuer passiert und die getrennten feindliehen Schiffe sich
auf unsere Holzschiffe zu werfen schienen, wendete 10^ 50™ die erste Division
auf Signal mit «Kontremarsch im Kielwasser des Kommandierenden* über
Backbord mit nördlichem Kurs. Während dieser taktischen Bewegung bemerkten
wir, daß S. M. Linienschiff «Kaiser* von mehreren feindlichen Panzerfregatten
engagiert, eine derselben anrannte, worauf sein Fockmast auf Deck stürzte und
Feuer am Bord ausbrach. Mit volli;r Kr&fl fahrend, gelang es uns bald ein
großes feindliches Panzerschiff vorne steuerbord zu rammen, doch ohne durch-
schlagenden Erfolg, da der Stoß in schiefer Richtung erfolgt war. 1. Eater-
abteilung gerufen, Enlerung unierblieh, da sich die beiden Schiffe wieder rasch
trennten.
Auf Signal — 10'' 57'" — ,1. Division die Holzschiffe unters lützen'
gegen diese gesteuert. Bei Ausführung dieses Signals ein zweites feindliches
Panzerschiff achter an Steuerbord aogerannt; demselben fielen einige Panzer-
plallen herab sowie die Kreuimarsstenge und Besangaffel, letztere mit der
Nationalflagge auf das Vorkastell, wobei es dem Steuermann 3. Klasse Nicolo
Carcovich gelingt, dieselbe durch das Abreißen der Fiaggeulcine an Bord lu
ziehen und zu erbeuten. Vor dem Ramnien die 1. Enterabteilung auf Deci
gerufen, eine Enterung konnte jedoch abermals nicht cffektuiert werden, da sich
die beiden Schiffe durch die Raschheit des Manövers sofort wieder Ircnnlea.
In nächster Nähe erhielt das feindliche Schiff mehrere Schüsse von der
Steuerbordbatterie und den Blockhaus gesc hü tzen; gleichzeitig drang eine
Granate durch die Deckbordwand der Steuerbordseite und lötete den Marine-
inranteriegemeinen Kanczuk, der 2. Kommandant Linienschiffsleuluant Baron
Spaun wurde durch Knochensplitter desselben erheblich verwundet, .
Das Engagement mit den feindlichen PanzersciiiiTeD dauerte lieCl^ fort
bis es gegen '/*'2''a. m. gelang, mit voller Kraft fahrend, ein groSes feindliches
Panzerschiff, welches den Kurs des .Ferdinand Mas" kreuzte, an der Bai^kbord-
Seite, etwas achter vom Fockmast, senkrecht zu rammen. Das feindliche Sdüff
rollte noch einmal über und versank dann zirka 1 '/« Minuten nach dem Slofte.
Die Rettung der Mannschaft wurde durch zwei feindliche Panzerschiffe vereitelt,
die uns enfilierteu. Eines derselben steuerte in der augenscheinlichen Absicht
uns zu rammen, was jedoch durch ein rasche:^ ManOver unsererseits verhindert
wurde, worauf die beiden Schiffe an ihrer Backbordseite dicht aneinander vorbei-
glitten. Der Personaladjutant des Eskadrekommandanten, Linienschi&leutoaol
Baron Minutillo, durch einen GewehrschuB in das rechte Handgelenk schwor
verwundet.
Inzwischen folgten die II. und III. Division S. M. Linienschiff .Kaiser*,
welches nach S. Giorgio steuerte und sammelten sich sodann auf Signal
— 13'' 10" — Nr. 484 .Sammeln' dwars vom Gros, worauf alle 3 Divisioneo
auf das Signal Nr. 21 D 4 ,die natürliche Kielwasserlioie mit Kurs Nordost*
formierten. Die feindliche Flotte sammelte sich nordwestlich von uns agtl
beiläufig 3 Meilen Distanz, nur blieb eine In Brand geschossene Panzerfr«gatlt
östlich von ihrem Gros gelrennt. Panzerfregalle .Kaiser Mas" wurde miltäta
Signals beordert, itir den Weg zu verlegen und sie zu nehmen; wir fallen gleidt-
371
falls gegen dieselbe ab. Es gelingt ihr jedoch inzwischen von ihrer eigenen
Flotte aufgenommen und in Sicherheit gebracht zu werden. Die feindliche Flotte
wechselt hierauf noch einige Male den Kurs in nordwestlicher und westlicher
Richtung; von beiden Flotten werden noch einige Schüsse auf größere Distanzen
abgefeuert, insbesondere vom „Affondatore*,der später, gefolgt von den übrigen
Schiffen, den Kurs gegen den Kanal zwischen Ussa und Busi nimmt.
Um SVi^ P* ^* Klarschiff abgeblasen. Um ^Yg^ die brennende feindUche
Panzerfregatte in die Luft geflogen. Gegen 3^ auf Signal im Gegenmarsch nach
Südost gewendet, sodann steuerten auf Signal 1045 G 500 zuerst die III. und II.
und zuletzt die I. Division gegen den Hafen Ton S. Giorgio.
Um 6^ im Hafen eingelaufen, von den geankerten Schiffen mit Hurras
begrüßt und bei S. Girolamo geankert.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 24
Beilage III.
Bericht des Ädmirals Persano über die Seeschlacht von Lissa.
(Aus .1 fatli (li Lissa.")
Übersetzung:
Mit Tagesanbruch des 20. Juli 18G6 hatte das Welter einen slnrmischeo
Charakter angenummcn. Einige Schiffe der Flotte besaßen nur noch für zwei
Tage Kohlen Vorräte, die feindliche Flotte konnte uns dagegen schon nahe sein.
Es mußte daher ein Entschluß gefaßt werden; entweder mußte man von dieser
schon ziemlich weit fortgeschrittenen Unternehmung vorläufig ablassen, um sie
erst wieder aufzunehmen, nachdem wir uns mit den verbrauchten Kohlen und
Kriegsvorrälen versehen, oder sich für die ungesäumte Landung entschlie&en.
In dieser Verlegenheit langte gerade der Transport dampf er .Piemonle" mit
einem Bataillon Marineinfanterie bei der Flotte an. Diese Verstärkung genügte.
um mich für die Landung und die noch nachdrücklichere Fortsetzung des
Angriffes auf die Insel eu bestimmen. Ich gab zu diesem fiehufe dem Vize-
admiral Albini präzise Befehle, indem ich zu gleicher Zeit mittels des
iGuiscardo* dem Kommandanten de Cosa die Ordre zugehen ließ, mit den
beiden Schiffen .Terribile' und ,Varese' die befestigten Stellungen der Bai
von Comisa lebhaft anzugreifen und zu beschäftigen, während ich meinerseits
mich anschickte, dasselbe hezQglich des allerdings sehr geringen Widerstandes
zu tun, der innerhalb des Hafens von S. Giorgio noch vorhanden war.
Diese Befehle waren kaum erflossen, als, eingehüllt in eine Regenbd
aus Nordwest, der .Esploralore", Kommamlant Orengo, von der Spitze Planta
kommend, sichtbar wurde, mit dem Signale aiu Top: (Verdächtige Schiffe in
Sicht*. Ich zögerte keinen Augenblick sie für feindhebe zu halten tmd all«
meine Anstrengungen waren von diesem Momente an — ß*" a, m. — auf den
Angriff der feindlichen Flotte gerichtet.
Die nicht gepanzerte Eskadre im Vereine mit der Flotille befand dch m
der Nähe des Hafens Carober, um die Ausschiffung jener Streitkraile vom-
nehmen, welche sich der Insel Lissa bemächtigen sollten.
Die Panzerschiffe .Terribile* und ,Varese' schickten sich an, in der Bai
von Comisa anzugreifen.
Die Panzerkorvelie .Formidabile' war damit beschäftigt, die Verwundeten
ifom vorbeigehenden Tage auf den .Washington' zu überachiffen.
373
Die Panzerfregatten «R^ di Portogallo* und «Castelfidardo* signalisierten
Hayarien in den Maschinen.
Die anderen Panzerschiffe hielten sich gegenüber dem Hafen Yon S.Giorgio
und erwarteten meine Befehle, um die Kasemattebatterie des inneren Hafens
wieder anzugreifen, als Diversion zu der beim Hafen Garober und in dessen
Nähe Torzunehmenden Landung.
Obschon ich die Richtung des Feindes, da derselbe in eine dichte Regen-
wolke eingehüllt war, nicht erkennen konnte, so ließ ich doch ohne Säumen
die Flotte mittels des Signales Nr. 2 der Supplementartaktik eine Frontlinie mit
dem Kurse Westsüdwest herstellen, da ich annahm, daß sich der Feind in der
Kursrichtung des «Esploratorc* herannähere, aber beim Nachlassen der Regenbö
erkannte ich aus dem Rauche seiner Schiffe, daß er mehr nördlich sei, weshalb
ich die Frontlinie etwas mehr konvergieren ließ, indem ich befahl, West zu
steuern, statt Westsüdwest wie früher.
Unterdessen hatte ich die Dampf korvetten «Govemolo* und «Guiscardo*
abgeschickt, um die Panzerschiffe „R^ di Portogallo* imd .Gastelfidardo* in
Schlepp zu nehmen, ferner den « Messagiere'', um mit größtmöglicher Be-
schleunigung die .Terribile* und ,Varese'' herbeizurufen.
Die zur Verfügung stehenden gegenwärtigen Schiffe manövrierten infolge
des erhaltenen Signals, um alsbald die anbefohlene Frontlinie herzustellen. Es
fehlten nur noch ,R6 di Portogallo* und »Gastelfidardo* sowie »Terribile* und
«Varese*. Die beiden ersteren kamen, nachdem sie inzwischen ihre Maschinen-
havarien ausgebessert hatten und somit der ihnen zugesandten Hilfe nicht mehr
bedurften, von selbst mit ganzer Kraft angedampft, ihre Posten in der FrontUnie
einzunehmen.
Der Kommandant der zweiten Eskadre, Vizeadmiral Albini, hatte bis
jetzt noch nicht die Landung angefangen, sondern diese nur so weit vorbereitet
als notwendig war, auf daß sie mit Raschheit stattfinden könne. Anstatt nun der
Flottille die Sorge für die Bergung des Materialcs, bestehend aus [Flach- und
Lastbooten, zu überlassen und sich rasch auf seinen Posten zu begeben, glaubte
er sich selbst damit befassen zu müssen, dasselbe in Sicherheit zu bringen,
weshalb ich dies bemerkend, sofort das Signal hißte: »Der Feind in Sicht* und
gleich darauf jenes: «Klarschiff zum Gefecht", um ihn von der Notwendigkeit
zu überzeugen, sich sofort nach den Vorschriften der Taktik, in zweiter Linie
von den Panzerschiffen zu formieren.
Der Feind näherte sich unterdessen in zwei Frontlinien mit Ostsüdost-
kurs, die Panzerschiffe in der ersten, die ungepanzerten in der zweiten Linie.
Es war jetzt der Moment, sich in Schlachtlinie zu formieren, um die
gegnerischen Schiffe, welche zusehends näher kamen, mit Enfiladeschüssen zu
24*
empfangen und gleichzeitig ihnen ilen Weg gegen ihre Küste sowie gegen unsere
uagepanzerten Schiffe, welche sich noch nicht in zweiler Linie rangiert halten.
XU verlegen. Ich signalisierte dalier: .Gleichzeitig gegen Nordnordost abfallen* und
formierte auf diese Weise die Kiel Wasserlinie auf die Schiffe der Reserve, welche
jene des Kontreadmirals Vacca waren, als Avantgarde; hierauf , Distanzen
schließen* und endlich: «Den Feind angreifen, sohald auf Schufidlslaiiz
gelangt.'
Nach den früher in den Ordini di massima herausgegebenen Befehlen
hätte die Formation der unter meinem Kommando siehenden Flotte die folgende
Fein sollen:
Kolonnendi stanz lü Kabel =
ScIiitTsdistanz i . =
3000 Meter
Cngnang ^
CUIBdurdD f
Accona A
Q EsplOMtO»
Rt d'itii» y
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im ganzen 22 Scliiffe zum kämpfen, wenn nicht im Momente des Beginnes der
Aktion die ,Formidabile* gefehlt hätte, deren Kommandant sich bei demAagnITe
auf die Kasematlebalterie im Innern des Hafens von S. Giorgio durch Tapferkeit
und UmsiclU so ausgeieicbnel halte und der nun mittels Signals die Erlaubnis
nachsuchte, nach Ancona abgehen zu dürfen, indem er sein SchifT wegen der
Uga vorher im Kampfe erlittenen Havarien für gefecblsunlUhig hielt. Das auf
diese Anfrage gehißte Signal .Verstanden' sciion für die Gewährung ansehend,
fuhr er ohne das Weitere abzuwarten in dieser Richtung ab; ebenso fehlte auch
die .Terribile", welche, obschon noch rechtsieitig avisierl, infolge ihres langsamen
Manövers sich nicht einmal in die Linie eingereiht halte; ferner die gesamte
nngepanaerte Eskadn?. welche im Manöver begriffen schien, ihren Posten ein-
Eunehmen. Wir stellten indes noch immer 10 Panzerschiffe dem Feinde gegen-
öber, der bloß 7 in der ersten Linie halle. Er näherte sich in geschlossener
Ordnung, mit einer guten Anzahl von großen ScMffen, unter denen sich ein
Linienschiff von 92 Kanonen befand, im ganzen 27 Schiffen zRhlenrt, welche
man entschlossen und gut zu sammenge hallen anrücken sah, »rtllirend bei un?
die zweite Eskadre. ungefähr 400 Kanonen stark, sich noch nicht auf ihren
Posten begeben balle. Ich hodle indes noch immer, daß sie dies ohne Säumen
lun werde, insbesondere nach den letzten ihr erteilten Signalen.
Es war zum ersten Male, daß wir uns zur Erprobung der neuen furchtbaren
Kriege Werkzeuge in einer Seeschlacht anschickten ; aus diesem Grunde und
sowohl nach meinem Urteile wie nach jenem der besten Autoren der modernen
Seetaktik und in Übereinstimmung mit den in Kraft bestehenden Reglements
der königlich itahenischen Marine liberschiffte ich mich auf den ,Affondatore*,
meine Kommandodagge auf denr-elbcn hissend. Zu diesem Schritte entschloß
ich mich in der Absicht, mich auf einem Schiffe zu befinden, welches ich gleich-
leitig für stark und schnell hielt, sei es um mich mit demselben nach Belieben
mitten in das Getümmel der Melec hinetnzubegeben, um entweder, im Falle
wir siegreich wären, den Ausschlag zu geben (o per detenninare la TÜtoria
se vincenti) odnr im Falle des Verlustes das Gefecht wieder herzusteUen (o per
rinfrancarc il cambaliimento se perdenli), sei es um mich überhaupt besser
bewegen und Befehle mit der Gewi&heit, daß sie in die Augen
fallen, erlassen zu können. (Sia perchä megllo polen muovermi e spiucar
ordini con certeiza dVsscre veduto.)
Ich nahm mit mir den Slabschcf der FloUe, Gommendalorc d'Amico,
meinen ersten Flaggenadju tauten und den zweiten Ordonnanzoffizier nnd hinter-
ließ dem Kommandanten des ,Bä d'ltalia* als nunmehr rangäUeslcm Oftizier
den Befehl, die Leitung über die zweite Gruppe der Panzerschiffe zu übernehmen.
Den zum Fiotlenslahe gehörigen ehrenwerten Deputierten Boggio ließ ich die
Wahl, mich entweder auf den .Affondatore' zu begleilen oder auf dem ,R6
d'ltalia* zu verbleiben ; er wählte das letztere.
Sowie ich an Bord des .Affondatore* gelangt war und auf demselben
meine Kommandoflagge gehißt hatte (die Taktik schreibt in genauester Weise
die Pflichten der Eskadre- und Schiffskommandanten während der Schlacht vor
und zwar mit Voraussicht der in einer Seeschlacht sich möglicherweise
ergebenden Fälle), befahl ich dem Komoiaodanteii dieses SchitTes, Cavaliere
Marliai, sich mit gröftt möglichster Dam pfkrafl vor die Linie unserer Panzerschiffe
zu begeben uod hißle das Signal Nr. 432: .Die Distanzen von einem SchlGTe sum
andern sind zu vermindern" , weil ich eine Lücke in ihrer Linie bemerlile infolge
des FehleuE der .Formidabile' und der ,Terribile*. Als ich Im weiteren Ver-
laufe die Entfernung, welche uns vom Feinde trennte, sich verringern sah,
wiederholte ich das Signal Nr. 12: ,Deo Feind angreifen, sobald auf Schuft-
distanz gelangt.*
Nachdem unsere Linie und die Eursliuie des Feindes konvergierend
waren, so erfiffoete Kontreadmiral Vacca als erster das Feuer und gleich
darauf der .Äffondatore', welcher .dwars* vom ,Rh d'llalia' gekonunen, die
Genugtuung halte, seinen ersten Schuß gegen die feindliche AdmiraliregaUe
abzufeuern, auf die Distanz von zirka 1000 Meter (5 Kabelj (?), welche Distanz
sich auf einmal verringerte, nachdem die Melee allgemein wurde.
Ich unterlasse es vorläufig, die einzelnen Manöver des „Affondalore*, aof
welchem meine Kommando flagge wehte, hier zu besprechen; nachdem dieser
keinen Teil der Schlacbtiinie bildete, so sehe ich ihn als ein isoliertes Schiff
an und werde über ihn separat und zuletzt sprechen.
Unsere Reserve, Konlreadmiral Vacca, welche in der Kielwasserlinie die
Avantgarde bildete, wendete, nachdem sie die erste Gruppe der feindlichen
Panzerschiffe beschossen hatte, nach hackbord, in der Absicht, die ungepa^izerten
Schiffe des Gegners von den Panzerschiffen desselben zu trennen und durch*
brach jene, eingehüllt in eine dichte Rauchwolke, Südsüdwest steuernd.')
1) Daß es Admiral Fers an o, seiner GepDogenheit getreu, mit der Wahrheit niebl
genau nimmt und es sehr gut versieht, die verschiedenen Momente der Schlaebt narli
seinem Belieben zu verwerten, so dafi hiedurcb eiu ganz anderes, von der Wirklichkeit
völlig abweichendes Bild entsteht, wird mau sofort gewahrwerden. Der italienische Admiral
spricht hier immer von einer ersten und zweiten Österreichischen Panzergruppe; nun
hatte die Österreictiische Panzerdivision bei Ihrem Angriffe hekanntlich die Winkel-
formation inne, woraus sich wohl ein rechter und ein linker FlOgcl. formiert aof den
Schenkeln illeses Winkels, ergibt, die aber nur noch beim Durchbruche durch die
italienische Linie bestanden. Hit dem Eintreten der Melee hOrte auch diese tJnler-
Scheidung auf und die Csterreichlschea Panzerschiffe kimpllcn dann selbständig wo und
wie sie sich eben fanden und brauchten. Was Admiral Persano hier berichtet, geMh«b
bekanntlich nacli dem Durchbrechen seiner Linie beim zweiten OBensivstoBe der
ÖBtcrreicber. Auch die Darstellung des Kampfes des Kommodore v. Peti mit der
italienischen Queucgruppe gibt er so, als ob diese letztere zuerst von Csterreiehiscbm
Panzerschiffen bedroht gewesen wSre und nichtsdestoweniger in die Ssterreichtsdia
zweite Division hineingebroebcn sei, was absolut unwahr ist Die Cslerrelchischen
Panzerschiffe tiedroblen bei Beginn der Sahlacht keineswegs die Queuegruppe, aondsn
377
In der Zwischenzeit wurde unsere zweite Gruppe, Kommandant Faä di
Bruno, von der ersten Gruppe des Feindes angerannt, wobei derselbe seine
Hauptanstrengimg gegen den «R^ d'Italia" konzentrierte.
Das Panzerkanonenboot «Falesiro*, Kommandant Gappellini, welches
mit ganzer Kraft fahrend, dem ,R^ d*ltalia* zu Hilfe eilte, wurde Ton einer
Granate in das Heck geschossen, so daß ein Brand entstand, welcher dasselbe
zwang, nach backbord abzufallen, „dwars" vom feindlichen Gros vorüberzufahren
und sich aus dem Gefechtsbereiche zu ziehen, um des ungemein rasche Fort-
schritte machenden Feuers Herr zu werden.
Der «San Martino*, Kommandant Roberti, stQrzte sich, nachdem er die
zweite Gruppe der feindlichen Panzerschiffe beschossen und ihr den Weg ver-
sperrt hatte (?), zur Unterstützung des ,Rd d'Italia* mit ganzer Dampfkraft auf
die erste Gruppe und trachtete die feindliche Panzerfregatte, welche sich achter
von diesem unserem Schiffe befand, zu rammen; dieselbe wich aber rasch nach
backbord aus imd, dicht am Heck des „R& d'Italia* passierend, schickte sie
diesem eine volle Lage zu, welche unglücklicherweise ihm das Steuer be-
schädigte.
Der feindliche Admiral, den Moment benützend, wo der .R^ d'Italia*,
imfähig zu steuern, gewissermassen still stand, rammte ihn mit dem Sporne
seines Schiffes an und bohrte ihn in den Grund.
Die kämpfenden italienischen Schiffe waren somit auf 8 reduziert und
zwar: 1 Dampffregatte ersten Ranges, 1 zweiten Ranges, 4 dritten Ranges,
1 Panzerkanonenboot und 1 Widder, sämtlich gepanzert. Nichtsdestoweniger
setzten sie voll Mut und Zuversicht den Kampf gegen 27 feindliche Schiffe fort,
von denen kein einziges untätig blieb.
Auf gleiche Weise wie die erste feindliche Panzerschiffsgruppe ihren
Angriff gegen das Führerschiff der zweiten italienischen Panzergruppe konzentriert
hatte, manövrierte die zweite österreichische Panzergruppe, um das Führerschiff
der dritten italienischen Panzergruppe, welches der „Rfe di Portogallo* war, zu
umfassen und zu vernichten; aber dieser, geschickt manövrierend, wich dem
Stoße aus (?), beschoß aufs äußerste seine Angreifer und zwischen die feind-
lichen ungepanzerten Schiffe hineinfahrend, welche die Angriffe ihrer Panzer-
schiffe unterstützten, engagierte er sich mit dem Linienschiff , Kaiser^, mit
welchem er zusammenstieß, ihm das Bugspriet und das ganze Scheg zertrüm-
dle Mittelgruppe und wir wissen aus der Aussage des Linienschiffskapitäns Riboty, daß
im Gregenteil er sich die österreichische Holzdivision als Angriffsobjekt gewählt hatte.
Man ersieht hieraus, wie Admiral Persano Berichte zusammenzustellen wußte.
A.d.V.
merte, den Fockmasl und Kamin zum Falle bracht-? und damit endele, daft er
Verwimmg in die ganze feindliche Linie der uogepanzerlen Schiffe hinein-
brachte. 1)
Die zweite feiödlich".' Panzergruppe wandte sich nach dem Fehlschlagen
ihres Vorhabens bezüglich des ,R6diPorlogallo', die .Varese* vorae passJercDd,
gegen unsere bisnun zu vollkommen untätige zweite Eskadre, ein Manöver, an
welchem sie von der .Maria Pia', Kommandant del Garetto, gehindert wurde,
welche sich quer verlegend kühn den Weg vorspcrrle und sie zwang abzufallen
und sich gegen Nordwest zu wenden, in welche Richtung die Gruppe auch gerufen
wurde, um den Rückzug der eigenen ungepanzerlen SchiETe zu decken, welche
von den italienischen Panzerschiffen .Carignano", „Caslelfidardo* und ,Rä di
Portogallo* angegriffen, mit ganzer Maschinenkraft gegen die Oslspilze von Lissa
steuerten.
Die , Ancona' , welche sich von der Reserve abgetrennt hatte, war bemüht
gewesen, sich mit dem .RediPortogallo' zu vereinigen, welcher, wie ich bereits
erwähnte, mitten unter die ungepanzerten üslerreichi sehen Schiffe gestünl
war. Nachdem sie ein lebhaftes Geschützfeuer begonnen, stieß sie mit der
.Varese" zusammen, welches unglückliche Ereignis den erwähnten feiodlicheD
Schiffen leider gestattete, sich zurückzuziehen.
„Ancona* und .Varese* war es bald wieder gelungen, sich voneinander
frei zu machen, so daß die erslere im stände war, sich mit der Reserve. lO
welcher sie gehörte, wieder zu vereinigen und mit dieser das Feuer auf die sict
zurückziehenden feindlichen Schiffe zu unterhalten. Um diese Zeit nahm dai
Gefecht, welches um 11'/*'' '^- ^ begonnen (??), so ziemlich sein Ende. Es war
12'' 20" p. m. Eröffnet wurde es unsererseits von 10 Panzerschtfl'eD, infolge
des Äbgehens der .Formidabile", der geringen oder vielmehr gar keiner Teil'
nahnic der .Terribile' und der Unläligkeil der gesamten zweiten Eskadre: es
wurde von denselben immer mit Kraft fortgesetzt und unterhalleu, obscboQ sie
auf 8 reduziert waren infolge des Unterganges des ,Rfe d'Italia' und des
Brandes am .Palestro", über dessen Ende ich später berichten werde. Sie
konnten stolz darauf sein, den Feind zu jagen (V), als derselbe gegen seine Küste
wendete und daS sie, nachdem sie ihn nicht früher erreichen konnten als \ät
derselbe Schutz fand (??), die Herren der Gewässer des Kampfplatzes blieben.
>) Man vergleiche iinsi're Darsleltung des Kampfes des .R^ di Porlogailo* mit d>f
obigen des Admlrals PerBano (Seiten i04 nnd 383) und man wird sofort heranft--
finden, wie auch hier spatere Momente mit aolchen, die frOher staltfanden, nisamme»
gemischt werden und ein ganz anderes, von der Wirklichkeil völlig ahweichendä
Bild liefern. A. d. V.
379
Ich übergehe nun zum ^Affondatore* und den Befehlen, welche ich als
Kommandant en chef während der Schlacht gegeben habe. Nachdem der
vAffondatore" seinen ersten SchuB gegen die feindliche Admiralsflregatte abge-
geben hatte, manövrierte der Kommandant desselben, Linienschiffskapitän
Martini, auf meinen Befehl derart, daftder ^Affondatore* jenes Schiff, welchem
das Linienschiff , Kaiser* folgte, in seine Flanke anrennen könne.
Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, daß man infolge einer mangelhaften
Führung des Sleuerreeps nur mit großer Anstrengimg den ganzen Steuer-
mechanismus bewegen konnte; ein großer Obelstand für ein jedes Schiff,
besonders aber für ein solches, welches vor allen andern bestimmt ist, den
Feind durch Rammstöße zum Sinken zu bringen. Und wirklich verfehlten wir
nicht nur unsere Absicht, sondern wir liefen noch Gefahr, selbst von dem
gerammt zu werden, den wir rammen wollten. Ohne Raschheit des Manövers
hätten wir schwerlich, da wir mit voller Kraft fuhren, den Zusammenstoß, der
zu unserem Schaden erfolgt wäre (?) vermieden.*) Martini manövrierte das
seinem Kommando anvertraute Schiff mit Meisterschaft und ich beglück-
wünschte ihn aus diesem Anlasse.
Nachdem unsere ursprüngliche Absicht fehlgegangen, was eine Sache
von wenigen Minuten war, befanden wir uns in der feindlichen zweiten Linie und
ich sagte zum Kommandanten Martini, er möge sehen, ob es ihm nicht gelänge,
gegen das Linienschiff loszugehen; aber auch in diesem Falle gehorchte der
„ Affondatore* nichtprompldem Steuer und anstatt dasselbe zu rammen, passierten
wir es langschiffs sehr nahe und erliielten seine ganze Breitseite, welche das
Schiff an mehreren Stellen durchbohrte, begleitet von einem wohl unterhaltenen
Kleingewehrfeuer auf unsere Leute, welche am Deck beschäftigt waren, das
zerfetzte Tauwerk herzurichten sovile den Backbordbuganker, der infolge seiner
zerschossenen Sorrungen herunterhing und heftig gegen die Bordwand schlug,
wieder an seine Stelle zu bringen. Sie standen hiebei unter der Leitung des
Detailoifizicrs Linienschiffsleutnants Gh ine a, eines Ofßziers von bewunderungs-
würdiger Tapferkeit und Unerschrockenheit. welche Eigenschaften bloß von
einer ebenso seltenen Bescheidenheit übertroffen werden; ich beeilte mich, ihm
herzlich die Hand zu schütteln.
Nachdem es uns nicht gelungen war, das Linienschiff zu rammen, voll-
führte der „Affondatore" einen ganzen Kreis über Backbord, um meinen Befehlen
gemäß, neuerdings den Bug gegen dasselbe zu kehren, immer mit der Absicht,
dasselbe in den Grund zu bohren, wobei wir ihm, als es inzwischen im Kampfe
1) Man erinnere sich, daß hier die kleine schwache , Elisabeth'* gemeint ist auf
die der „Affondatore" zuerst stieß! A. d. V.
mit dem ,Rö di Portogallo' sichlbar wurde, einige gute Schüsse mit unseren
BOOpfüodem zusandteo, welche wir deutlich auftreffea sahen. Aber obschoa
es von diesem unseren Schiffe unausgeseUt beschossen, sehr in die Enge
getrieben wurde, so gelang es ihm nichtsdestoweniger, dem Stoße auszuweichen,
welchen wir ron achter gegen dasselbe führten und es hörte nicht auf, uns rak
einem wahren Hagel von Projektilen aller Art Überschüttend, mit ebensovid
TreOsicherheit auf unsere wiederholten Schüsse zu antworten, Itiebei das Deck
mit seinen Stechschüssen aufreißend, welche einen Brand in einer Kabine
Unterdecks entzündeten, der jedoch gleich von den Leuten unter l''ührung jenes
unerschrockenen Ghinca, dessen ich schon erwähnt habe, gelöscht wurde.
Unterdessen sah man den Fockmast und den Kamin des Linienschiffes
stürzen. Da ich es nun nicht mehr tür notwendig hielt, einem Schiffe noch
größere Aufmerksamkeit zu schenken, welches derartig beschädigt war und
nicht mehr besonders wirksam auDreten konnte und da es femer zu viel Zeit
erfordert hätte, einen neuen vollen Kreis zu beschreiben, um sich neuerdings
gegen dasselbe zu kehren, zu deinsen aber ein unrichtiges Manöver gewesen
wäre, da hiebci das Schiff auf einige Zeit steuerunfähig wird: so fuhr ich in der
Richtung der Sclilacht weiter (passai avanti nclla direzione della batlagliat')
und kurze Zeit, nachdem ich aus dem dichten Rauch, der uns von allen Seiten
dnhütlte, herausgekommen, erblickte ich zu meiner großen Verwunderung is
einer weiten Entfernung vom eigentlichen Aktionsfelde die gesamte nicht-
gepanzerte Eskadre, welche, ohne am Kampfe teilgenommen zu haben, eine
Bewegung im Gegenmärsche ausführte.
Ohne einen Augenblick zu zögern, befahl ich dem Kommandanten Martini
mit ganzer Dampfkraft gegen dieselbe zu steuern und signalisierte ihr da
Signal Nr. IS: ,Den Feind angreifen, sobald auf Schußdistanz gelangt' und
gleich darauf Nr. 25: .Die feindUche Arri^regarde dublieren*, wonmler icl
jene Panzergruppe meinte, welche von dem Manöver der .Maria Pia* zum
Abfallen gezwungen worden war. Als ich hierauf die feindlichen ungepanseiteo
Schilfe, mit dem Linienschiffe auf ihrem äußersten rechten Flügel, gegen du
Ostspilze der Insel Lissa steuern sah, gefolgt und beschützt vonih^ere^stenPanze^
gruppe, während die zweite bemüht war, sich auf dem linken Flügel zu postieren (?),
welcher von unserer Reserve — die, um ihn angreifen zu können, manö^-rierte,
eine Frontlinie zu formieren — bedroht war, hielt icli dafür, daß wir mitttls
einer raschen Bewegung uusererseits die feindlichen Streitkräfte teilen küntden.
i)Hiedurcli gibt Admiral Persanc
anderen Richtung fortgesetzt hatte und i
befand.
seU)st zu, daß die Schlacht sich i
r seihet sich aaßerhalb dieses AktioasfeLdcc
A. d. V.
381
indem wir uns mitten zwischen ihre beiden Linien hineindr&ngten und ich
signalisierte zu diesem Behufe Nr, 976: , Allgemeine Jagd mit Freiheit des
Manövers und der Geschwindigkeit* und steuerte sofort mit dem «Affondatore*
gegen die Spitze der ersten feindlichen Linie, welche jene der ungepanzerten
Schiffe war. Aber die PanzerschifiTe unter meinem Kommando, mit Ausnahme
des vR^ di Portogallo*^, der sofort in Ausführung dieses Befehles sich in Bewegung
setzte, Terstanden vielleicht dieses gemachte Signal nicht und fuhren fort zu
manövrieren, um die Frontlinie herzustellen uud die zweite Eskadre folgte dem
Beispiel, sich unt&tig zuhalten, obschon der zu ihr gehörige , Principe Umberto"
— Linienschiffskapitän Baron Acton — sich vorwärts begeben und das gute
Beispiel gegeben hatte, allein das Feuer gegen die erste feindliche Linie zu
eröffnen.
Als ich dieses Zögern in der Ausführung des Signales: .Allgemeine Jagd
mit Freiheit des Manövers und der Geschwindigkeit* bemerkte, lief ich mit
demselben am Top die Front unserer ganzen Linie entlang, damit dieser Befehl
von einem Jeden, ohne Zweifel zu hegen, gesehen und deshalb vollführt werden
könne.
Aber der günstige Moment war vorüber, indem die feindlichen Panzer-
fregatten Zeit gefunden hatten, sich in einer geschlossenen Ordnung zu formieren
und in zweiter Linie aufzustellen, hiedurch die nicht gepanzerten Schiffe auf
ihrem Wege gegen die Ostspitze von Lissa deckend.
Nachdem die Gelegenheit, die feindliche Flotte zu trennen, versäumt war,
blieb mir nichts anderes übrig, als die Flotte zu einer AngrifTsordnung zu
railiieren, was ich auch tat. Aber die zu dieser Formation notwendige Zeit gab
der österreichischen Flotte einen derartigen Vorsprung, daß wir sie nicht mehr
in geordnetem Zustande erreichen konnten.
Die Entrüstung, welche ich darüber empfand, war eine solche, die sich
nicht beschreiben läßt, sondern die empfunden werden muß, und um dieselbe
nachhaltiger zu machen, wirkten auf mein Gemüt alle die Empfindungen des
Seemannes, Befehlshabers und Bürgers ein und wenn nicht die Rücksicht auf
die schwere Verantwortung, die mir die Pflicht auferlegte, mich vor allem mit
der Lage der Flotte zu beschäftigen und sie nicht ohne Führung zu lassen, vor-
gewaltet hätte, so würde mich mein Inneres sicher dazu getrieben haben, meinem
Stabschef Gonmiendatore d' Amico nachzugeben, welcher in einem Augenbhck der
Erregtheit — und er hatte wohl Recht dazu — mir anriet, allein mit dem
«Affondatore* mitten in den Feind hineinzurennen und dort bis zum äußersten
zu kämpfen.
Unterdessen Uef der «Palestro*, das Heck in vollen Flammen, mit größter
Geschwindigkeit, um sich dem Feinde zu entziehen, welcher ihm den Weg
abschneiden lu wollen schien. SoroK setzte ich mich mit tiem .Affoiidalore* ao
die Spitze unserer Panzerschiffslinie und steuerte mit ganzer Maschinenkraft
derart, um mich zwischen ihm und die feindlichen Schiffe zu legen. Diese unsere
Bewe^ng genügte, um die letztere zu veranlassen, von ihrem Vorhaben abltt-
stehen und wieder den früheren Kurs einzuschlagen.
Nachdem der .Paleslro' sich unter den Schutz unserer Linien hegeben
hatte, wurde er vom ,Governolo' in Schlepp genommen, welchen der Kom-
mandant der zweiten Eskadre, Vizeadmiral Albini. abgesandt hatte. Um mich
von der Ausdehnung des Brandes am .Palestro* besser zu ilbei'zeiigen. passleitt
ich mit dem „Affondatore' ganz knapp dessen Heck und wurde von seinem
Kommandanten Ca valiere Cappellini sowie der Mannschaft mit den Rufen: ,R|
lebe der König, es lebe Italien!' begrüßt. Nachdem ich ihn sieber im Schleppe
des ,Govemolo' sah, in dessen Nähe sich auch der Transportdampfer ,lndi-
pendenza' befand, und überzeugt war, daß er, wie vorgeschrieben, die Pulver-
kammern unter Wasser gesetzt hatte, daS somit, wenn das Schiff nicht mehr
zu retten wäre, niemand von der Bemannung zu Grunde gehen könne, kehrte ieh
wieder zurück, die Führung der Flolle zu übernehmen.
Mein ganzes Bestreben war nun darauf gerichtet, die Flotte in einer ge-
schlossenen Ordnung in zwei Linien zu formieren, die Panzersehifle in det
ersten und sie zur Verfolgung des Feindes zu bewegen, in der HofTnung. diesen
hiedurch zu einem neuen Kampfe zu veranlassen. In dieser angenehmen Er-
wartung hißte ich. um der Mitwirkung eines Jeden bei dem antuhoffenden nenea
WatTengange sicher zu sein, Nr. 18. welches lautet: , Auf kurze Distanz tämpfcD*
und hernach Nr. 73: .Der Kommandant erinnert die Flotte, daß jenes Schiff-
weiches nicht kämpft, nicht auf seinem Posten ist.'
Aber der Feind machte unsere Hoffnung zu Schanden und [inslatt uns n
erwarten, war er gegen hackbord abgefallen und nahm die Richtung gegen
den Kanal, welcher Lissa von Lesina trennt, hiedurch die zwischen uns befitid-
liehe Distanz ver^öEemd, da wir unsererseits wegen des ,San Martido"l
11 Wie .Admiral Persano liier der Walirlipil ina Gcsioht Hchlägl, dies aber$lMfl
stlion alle Grenzen seiner erkQnstclten Bericht erslattang. Er bcliauplet hier ireraden
Unwahres. Die österreichische Flutte liieh bekannllieh in drei Ki^lontien formiert n
immer in Erwartungeines neuerlichen Aneriff es seilen! der italioniaeksB
ihre Potiliou von 1 bis i,,3'' p. m., um welclie Zeit der , Palestro* in die Lull Bogu
KuiitreadmiraJ v. Tegetthoff. als er sali, dsB der Feind keinen Ernst zeige, noehmili
anzugreifen, erst den Kanonenbooten Befehl erteilte, nach S. Giorgio abzugeben. D*
,San Martine- hißte das obenerwfüinte Signal, wie aus dem Sign al Verzeichnis RemGcoaB
etc. etc., Seite 96, ersiehtlirb ist. erst um 4*" 4"" p. m. Warum grifT Admiral Peraat
in d»r Zwischenteil von S>> p. m., lu welcher Zeil die Flolle wieder fartniert war, 1
383
welcher signalisierte, infolge von Havarien sich nicht aof seinem Posten halten
zu köinnen» gezii^ningen waren, langsamer zu fahren. Ich befahl hierauf nach dem
Kanal zwischen Lissa undBusi zu steuern, in der Hoffnung, mit der gegnerischen
Flotte in südöstlicher Richtung zusammenzutreffen, (d'incontrarmi colla flotta
avversaria a scirocco di quella). (??! !)
Um diese Zeit flog das Panzerkanonenboot .Palestro*^ in die Luft; weder
der Kommandant Gavaliere Cappellininoch die Mannschaft hatte das Schiff ver*
lassen wollen, sondern es vorgezogen mit demselben unterzugehen, anstatt auf
dem in der Nähe befindlichen ,Govemolo'^ und auf der «Indipendenza** Rettung
zu suchen. Nach der furchtbaren Explosion, die erfolgte, wurden bloß 19 Mann,
darunter 1 Offizier gerettet.
Unterdessen entfernte sich der Feind immer mehr. Wenn auch hiedurch
die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Zusammenstoßes zu nichte wurde und
wir lebhaft die Notwendigkeit fühlen mußten, keine Zeit zu verlieren, um die
erlittenen Havarien auszubessern und uns mit den verbrauchten Munitions- und
Kohlenvorräten — an denen wir schon Mangel zu leiden begannen — wieder
zu verseben, so gab ich doch nicht den Befehl, nacb Ancona zu gehen» indem
ich abwarten wollte, bis der Feind außer Sicht gekommen war, während ich
mich immer in den Gewässern des Kampfplatzes hielt. Erst gegen 6^ p. m. gab
ich der Flotte das Signal, mit Gegenmarsch zu wenden und zwischen der
Spitze Planka und Eiland Pomo zu steuern, wobei ich mit dem „Affondatore"
etwas zurQckblieb um einige Depeschen abzuwarten, die mir der Dampfer
«Calatafimi*, Linienschiffsleutnant Ferrari, welcher jetzt gerade ankam, zu
überbringen hatte, wie auch ich die Absicht hatte, einen kurzen Bericht der
Schlacht dem Marineminister zu übersenden.
PlOtzUch sah man die Dampffregatte „Principe Umberto*, Kommandant
Baron Wilhelm Acten, sich von der Flotte entfernen und gegen Lesina zu
steuern. Augenblicklich befahl ich, mit dem „Affondatore* ihr nachzufahren, um
mich zu überzeugen um was es sich handle und es dauerte nicht lange, daß
man wahrnahm, sie fahre gegen schwimmende Flöße, auf welchen sich hilfs-
bedürftige Menschen befanden. Diese wurden von den Auslugem entdeckt, die
sich wachsamer als die anderen Schiffe erwiesen, eine Tatsache, welche diesem
4^ p. m. nicbt an? Wir wissen es heute warum. Ebenso ist seine Bemerkung, daß er
hoffte, mit der österreichischen Flotte noch einmal in südöstlicher Richtung zusammen-
zutreffen, während er in den Kanal zwischen Lissa undBusi steuerte, der reinste Unsinn,
an den er selbst nicht geglaubt haben kann. Der italienische Geschichtsschreiber
Randaccio äußerte sich über diesen Bericht des Admirals Persano dahin, daß er es
verschmähe ihn wiederzugeben, weil er von lauter Falschheiten und Unwahrheiten
strotze. Und wohl hatte er ein Recht, dies zu sagen. A. d. V.
Schiffe zur Ehre gereichl, da sie den Beweis liefert, daB dasselbe pünJcÜicbe
OrdnuDg und Aufmerksajnkeil in allem einhielt, somit niusterhan kommandiert
war. Und hierin hegt auch der Beweis, daß es Monalc und Monate braucht, um
nicht zu sagen Jahre, bis ein SchiiT auf jenen Punkt der strikten Ordnung
gelangt, welche notwendig ist, damit dasselbe den wahren Obliegenheilen eines
Kriegsschiffes nachliommen kann. Der , Principe Umberto* war erst kOrilicli
Ton seiner Kampagne aus der Südsee zurückgekehrt.
hidem ich mich an diesem Werke der Liebe und Pflicht beteilig;te, im
Vereine mit den Dampfern , Messaggiere " , ,Galatafimi' und .fndipetidenza*,
welche ich eigens zu diesem Zwecke herbeirief, wurde uns die Genugtuung lü
teil, 157 unserer Waffengefährten, worunter 9 Offiziere. sÄmthch vom ,R*
d'Italia' lu reiten. Der größte Teil derselben wurde — Lob dem Lob gebOhrt —
von dem Schiffe aufgenommen, welches sie zuerst entdeckte.
Mit Einbruch der Nacht und nachdem ich diese Gewässer nach allen
Richtungen durchfahren, in der Hoffnung, immer noch andere Überlebende n
treffen, sandte ich der Flotte den Befehl zu, die Fahrt nach Ancona fortzusetzeo
und machte mein Manöver unabhängig, da ich als der Letzte diesen Platz ve^
lassen wollte.
Es war schon 10'/,'' p. m. als ich mich, nachdem jede HofTnung va-
schwunden war, noch andere Schiffbrüchige aufzunehmen, entschloß, gegen
Ancona zu wenden, nachdem ich noch früher die KanoDcnbootQo Lille nach
Manfredonia, als dem nächsten Orte instradiert hatte, und zwar, da ihnen dit
Kohlen schon ausgingen, im Schlepp der Dampfer .Washington* und
.Guiscardo'.
Es tut mir leid, hier die Bemerkung macheu zu müssen, daß aus den
ühereins timmenden Aussagen der Geretteten des ,Rä d'Italia* her\'orgebt, dal
dieselben, während sie zur Rettung ihres Lebens in der See schwammen, die
Zielscheibe von Beschimpfungen einiger feindUcher Schiffe waren, ja selb*!
ihres Geschütz- und Kleingcwehrfeuers,
Indem ich diesen Schandfleck (tanto obbrobrio) veruffentUche, zweiDe id
nicht, daß sich gegen jenen Akt der Grausamkeil auch der Unwille des feind-
lichen Admirals erheben wird.
385
Beilage IV.
Berieht des Uiiensehiffslentnaiits Ed. Gnalterio yom y,Re d'Italia^^
(Randaccio, Storia della marina italiana, 11, Seite 216 bis 219.)
(Übersetzung.)
Herr Kommandant!
Als der rangälteste der Oberlebenden von der Panzerfregatte ,R^ d'Italia*^,
welche in der gestrigen Seeschlacht in den Grund gebohrt wurde, habe ich die
Ehre, Ihnen einen Bericht über alle jene Ereignisse abzustatten, von denen ich
Augenzeuge gewesen bin.
Um 10%^ a. m., nachdem Seine Exzellenz der Admiral Persano sich
ausgeschifift hatte, imi seine Kommandoflagge auf dem ,Affondatore* zu hissen,
haben wur uns in Bewegung gesetzt und mit ganzer Kraft fahrend, getrachtet,
die Distanzen zu schliefen, die uns von unseren Vordermännern trennten.
Um 10%^ eröffiieten wir, die kleine Flaggengala hissend, auf eine Distanz
von 300 m von den feindlichen Panzerschiffen ein Vormeisterfeuer auf dieselben,
welches sofort erwidert wurde.
Bei diesem ersten Angriffe erhielten wir einen Granatschuß in den Kreuz-
mast, wobei ein Splitter desselben den Matrosen Fazioli der Eskadremann-
schaft tödlich verwundete.
Nachdem wir eine Wendung im Gegenmarsche ausgeführt und neuer-
dings zum Angriffe gegen den Feind vorgegangen waren, trachtete eine Panzer-
fregatte von größerer Schnelligkeit als der unseren uns achter zu rammen,
was ihr aber nicht gelang, da wir derart manövrierten, um dem Stoße aus-
zuweichen. Unsere auf der Achterhütte postierte Manövermannschaft unterhielt
bei dieser Gelegenheit ein lebhaftes Gewehrfeuer auf die Österreicher, welches
von diesen wacker erwidert wurde und der Guardia-marina I. Klasse Ivan eich
fiel tödlich in die Brust getroffen.
Die österreichische Panzerfregatte feuerte, als sie sah, daß sie uns nicht
rammen könne, mit ihren Jagdkanonen und eine Granate entzündete einen
Brand in der Admiralswohnung, während eine andere, wie ich glaube, uns das
Steuer unbrauchbar gemacht haben mußte, da das Steuerrad nach keiner
Richtung hin mehr zu bewegen war, ungeachtet man die Anzahl der Steuer-
leute vermehrt hatte. Der Pilot I. Klasse Giuseppe Russe begab sich in
Begleitung des Pilolen II. Klasse Schiaffino sofort in die Batterie, um
dort nachzuseheo, ob nicht das Sleucrreep unklar geworden sei, fand al>er
nichts in Unordnung, so daß wir in unserer ursprünglichen Idee best&rkt
wurden. Inzwischen war der Brand gelöscht worden.
Unser Manöver, den feiadlicheo Panzerfregatien auszuweichen, halte wns
vom Reste der Flotte abgetrennt, so daß wir uns allein mitten unter der feter-
reichischen Eskadre befanden. Wir hatten auf unserer Steuerbordseile die
feindlichen Holzfre galten, welche uns mit ihrer Artillerie beschossen, an Back-
bord auf eine Distanz von ungel^hr 800 m das Linienschiff .Kaiser*, welches
gleichfalls auf uns schoß und auf derselben Seite drei Panzerfregatien, ?od
denen zwei, eine achler und eine vorn auf sehr kurze Diatanz auf uns feuerteUf
w&hrend die dritte — welche meiner Vermutung nach das Adnairalschiff
gewesen sein dürfte, da sie den anderen signalisierte — mit ganzer Maschinen-
kiaft auf uns lossteuerte, um uns in der Mitte zu rammen. Wir feuerten mit
unserer Backbordbalterie und waren es, wie ich glaube, unsere Geschos^e^
welche den Fockmast des .Kaiser' zum Falle brachten und mit ganzer Kraft
vorwärts fahrend, trachteten wir dem StoAe auszuweichen.
In Anbetracht des Umstandes, daß das Schiff nicht steuerte sowie daA
die rasche Bewegung des feindlichen Admirals es uns unmöglich macfale, dem
drohenden Rammstoße auszuweichen, rief der Komoiandanl die Enterabteiluagen
auf Deck, um zu versuchen, ob es nicht möglich wäre, das österreichische Sc-hlff
zu entern.
Unmittelbar nachdem wir den Stoß empfangen hatten, legte steh der
.Re d'ltalla" auf die Backbordseite und der Slab der kaiserlichen Panzer'
Fregatte, welcher sich auf der KommandobrOcke befand, schwenkte die MOIiea
und rief dreimal .Hurra*.
Auf Befehl des Kommandanten begab ich mich zum Sprachrohr für die
Batterie und rief hinunter: .Feuer" und unsere letzte Bord an Bord abgegebene
Breitseite antwortete auf ihr .Hurra", während wir, ohne die Flagge la
streicheo, im Begriffe waren unterzugehen.
Nachdem ich den erhalleneo Befehl ausgeführt, eilte ich auf die Sleuer-
hordseile, um mich in die See zu stürzen, wie es die anderen schon getan
hatten, als der Strudel des Schiffes, welches in weniger als zwei Minuten un1e^- '
ging, mich erfaßte und hioabzog. Als ich wieder an die Oberfläche gekommen
war, schwang ich mich mit den dort in der Nähe befindlichen auf ein Torbei- \
schwimmendes Brett. Ich fragte nach dem Kommandanten und den Oftiziei«a J
und man sagte mir, daß der Fregattenkapitän del Santo, der LimeoschiA>> 1
leutnaot Gaudiano und die Giiardte-marina Isola und Orsini eine Grupp« )
bildeten, weiche die Richtung gegen die Küste der Insel Lissu nähme. Bei v
387
befand sich der Pilot I. Klasse Giuseppe Russo, der Linienschiffs-Uoterleutnant
Giuseppe Casanova, der Guardia-inarina Razzetlo sowie jene Mannschafls-
Individuen, über welche ich beigeschlossen die Nominalliste beifüge, mehr
einiger wenigen, die wie ich glaube, sich auf dem „Affonjiatore* befanden.
Wir trieben zwischen den beiden Eskadren, welche sich beschossen;
es passierten nahe an uns die österreichischen Kanonenboote, von welchen aus
uns drohende Geberden mit den Händen gemacht wurden und von einem der-
selben erhielten wir Gewehrschüsse, welche die Matrosen Giov. Batt. Tubin o
und Giudice Nunzio verwundeten, den ersteren in der Gegend des linken
unteren Schlüsselbeines bei Durchdringen der Muskelsubstanz und Austritt des
Projektiles in der entsprechenden unteren Schultergegend ohne Verletzung des
Gelenkes, den zweiten am linken vorderen Oberschenkel mit Verletzung der
Muskelsubstanz und speziell des vorderen geraden Muskels und Austritt der
Kugel in der Gegend des hinteren Geßlßmuskels derselben Seite, ohne Ver-
letzung des Gelenkes.
Wir hißten Schnupftücher und Hemden auf Riemen und Bretter, in der
Hoffnung, daß vielleicht eines unserer Schiffe dieselben wahrnehmen und uns
zu Hilfe kommen werde, wurden aber in dieser Erwartung sehr lange getäuscht,
denn niemand kam uns von ungefähr 1 1 V«^ ^- ^-y ^^ welcher Zeit wir unter-
gingen, bis gegen 7*" zu Hülfe. Um 7 Yg** p. m. nahm uns der , Principe Umberto*
auf und Ihnen, Herr Kommandant, unterbreite ich deshalb diesen Bericht, gleich-
zeitig sämtliche Unteroffiziere bezüglich ihres Benehmens, mit welchem die-
selben die Mannschaft aufmunterten und jene unterstützten, welchen schon
die Kräfte ausgingen, Ihnen wärrastens empfehlend; wie auch femer die
Matrosen: Gatrani Antonio, Forno Andrea, Tubino Giov. Batt., Giudice
Nunzio, von denen die beiden letzteren» obgleich selbst verwundet, dennoch jene
ermunterten, welche infolge des Kräfleverlustes schon den Mut verloren und
speziell den Matrosen Nesi Pietro, der in jenen verzweifelten Momenten mit
Gefahr seines eigenen Lebens den Matrosen Buoncuore, welcher nicht
schwimmen konnte und jeden Augenblick zu sinken drohte, vom sicheren Tode
rettete.
Gez. Ed. Gualterio,
LinLenschififslcutnant
An den Herrn Kommandanten der
Dampffregatte „Principe Umberto**,
21. JuU 1866.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarioo 1866.
25
388
Beilage V.
Bericht des Linienschiffs -Unterlentnants Fabmio Fabrizi toh
„Palestro^^ aber die Aktion am 20. Jnli 1866.
(Randaccio, Storiadella marina italiana etc., II, Seite 219 bis 220.)
(Übersetzung.)
Das Dampfkaoonenboot ,Palcs(ro* befand sich auf ungefähr sechs Kabel
vom ,R^ d'Italia* und fuhr mit ganzer Maschinenkraft, um den Posten der
.Formidabilc* einzunehmen, welche die Linie verlassen hatte, dabei das Feuer
wenig später als der , Principe di Garignano' eröffnend.
Beim ersten Angriff kamen wir infolge unserer geringen Geschwindig-
keit aufter Formation und befanden uns bald mitten unter der ganzen öster-
reichischen Eskadre. Wir mußten den Angriff von zwei der kleinsten feind-
lichen Panzerlregatten aushalten sowie den von einer Holzfregatte ; die ersteren
haben uns fünf Stöfte beigebracht, einen schief an der Steuerbordseite, die
andern vier an den Seitentaschen (giardinetti) und war es das Verdienst des
verstorbenen Piloten d'Agostini, welcher die Bewegungen des Schiffes leitete,
es verstanden zu haben, die Stöße schief zu empfangen. Die Fregatte legte sich
achter dwars von uns und sandte einige Lagen Granaten herüber, die Ursache
unseres Unterganges.^)
J) Wie wir schon auf Seite 210 erwähnt haben, machten sich die Ehre, den
^Palestro* in Brand geschossen zu haben, die beiden Panzerschiffe , Drache • un«i
„Don Juan" streitig. Nach diesem Berichte könnte wieder die „Novara* dieses Ver-
dienst lür sich in Anspruch nehmen. Es will uns indes scheinen, daß die obige
Behauptung des LinienschirTs-Unterleutnanls Fabrizi auch nur auf einer bloßen Vrr-
mutung beruht imd sich gewisses darüber nicht sagen läßt. Berücksichtigt man div
Situation, nach welcher sich die österreichischen Panzerschiffe des rechten FlögoU.
also „ Drache **, ,.Don Juan** und „Prinz Eugen" und speziell die beiden ersteren ^denii
A^nnz Eugen'' hielt sich mehr zum Flaggenschiff) in nächster Nähe des „Paleslrc die
.Novara" aber noch weiter entfernt befinden mußten, fern»T die Bestückung <ler Panz»^r
schiffe und jene der .Novara", sowie endlich den Umstand, daß die usterreichisrb^h
l'anzorschitTe vorzugsweise konzentrische Breitseiten abgaben, so spricht dio größer'
Walirscheinlichkeit dafür, daß es ein Tanze rschi ff war, von welchem der ,Pale>tro' ii.
IJrand geschossen wurde und nach der Darstellung auf Seite 2i8 dürlle dies in der Ti'.
,. Drache* gewesen sein. A. d. Y.
389
Es befanden sich nämlich im Offiziers- Vorkarr^e ungefähr 20 Tonnen Kohlen
und bei dem Zerplatzen der Granaten fingen diese Feuer. Wir versahen uns
des Brandes erst, als dieser schon große Dimensionen angenommen hatte. In
Anbetracht der großen Gefahr gab der Kommandant den Befehl, die Pulver-
kammern unter Wasser zu setzen, was augenblicklich ausgeführt wurde.
Inzwischen griff uns die österreichische Fregatte an der Backbordseiten-
tasche (giardinetto di sinistra) an und zog sich hierauf mit den gepanzerten
Kanonenbooten zurück, uns unserem Schicksal überlassend.
Nun wurde die ganze Mannschaft aus der gepanzerten Batterie auf Deck
beordert und im Vereine mit der Hanövermannschaft, welche schon auf Deck
bisher damit beschäftigt war, gab man sich alle Mühe, des Feuers Herr zu
werden, indem gleichzeitig getrachtet wurde, in den Schutz unserer Eskadre
zu gelangen. Es glückte uns auch wirklich derselben näher zu kommen und
sie zu durchfahren; der „Governolo* kam auf uns zu, mit der Anfrage, ob
unser Kommandant Hilfe brauche; dieser erwiderte: » Nehmt mich in Schlepp,
bringt den Bug gegen den Wind und schleppt mich vorwärts •.
Kaum waren die Trossen zum Schleppen genommen, als dieselben beim
Inbewegungsetzen des „Govemolo" rissen. Man verlangte neue Trossen,
während man aber damit beschäftigt war, diese auszubringen, erfolgte die
Explosion.
Mein Gewissen macht es mir zur Pflicht, am Schlüsse dieses Berichtes
zu erklären, daß alle am Bord des »Palestro* ihre Schuldigkeit mit Uner-
schrockenheit erfüllten; der Herr Kommandant, Herr Viterbo, der Pilot
d'Agostini, Herr Lauro sowie der Guardia-marina Barbaro zeichneten
sich aus.
Von der ganzen Bemannung des ,Palestro* retteten sich 23 Personen;
19 Matrosen, der Stabskoch, zwei Steuerleute und ich.
Gez. Fabrizio Fabrizi,
Linienschiffs • Unterleutnant
25*
390
Beilage VI
Zengenanssagen nnd Dokumente bezäglich der Tätigkeit des
,yAffondatore^' in der Schlacht.
Wir haben bereits in der Anmerkung auf Seite 202 erwähnt, daß die
OfTensivtätigkeit des , Affondatore " in der Schlacht von Lissa keine so hervor-
ragende war, wie man nach den ersten Berichten des Admiifals Per sano anzu-
nehmen berechtigt gewesen wäre und wie dieselbe auch von öslerreichischer
Seite ihm zugeschrieben wurde. Admiral Persano ließ sich in seinen Tele-
grammen und ersten Berichten offenbar starke Übertreibungen zu Schulden
kommen, welche durch die Untersuchung auf das richtige Maß zurückgeführt
wurden. Nach dem Endergebnisse derselben war seine Tätigkeit keine andere
als wie wir sie wiederholt geschildert haben und wie sie sich als das Gesamt-
resultat der Zeugenaussagen der am Bord des „Affondatore" eingeschifft
gewesenen Seeoffiziere ergibt.
Im nachstehenden lassen wir zur besseren Beurteilung des Gresagten die
betreffenden Stellen aus diesen Zeugenaussagen und aus den Berichten des
Admirals sowohl im italienischen Originaltexte, wie auch in wortgetreuer Über-
setzung folgen.
I . Aus der Zengenanssage des Onardia-marina Comotto (OIot. Batt).
(Rendiconti etc. etc., Seite 88.)
Pros. : Appena rammiraglio in capo fu
montato suU' , Affondatore " , questo
presc subito il movimcnto?
Tost. : Sissignoro.
Pres.: Quäle fu la dircziono prosa?
Test. : Non saprei, perche non poteva
v(»dorlo, essendo abasso.
Pres.: Qual era la sua attribuzioiie suU-
l\AiTondatüre"?
Tost. : AI linione.
Präs.: Setzte sich der »Affondatore*.
nachdem sich der Admiral eu
chef am Bord desselben einge-
schifft halte, sofort in Bewegung?
Zeuge: Jawohl, mein Herr!
Präs.: Welches war die Richtung, di^
er nahm?
Zeuge : Darüber weiß ich nichts, nach-
dem ich es nicht sehen konnte,
da ich unten war.
Präs. : Welches war Ihre Dienstesbestim-
mun^ am Bord des ^Affondatüre" ."
Zeuge; Beim Steuer.
391
Pres. : Non conobbc quali erano le dire- Präs. : Erkannten Sie nicht die Rich-
zioni che prese l\Aflfondalore*? tungen, welche der »Affondatore*
nahm?
Test.: Nossignore.
Pres. : Vide che fossero cambiate queste
direzioni con qualche frequcnza?
Test.: Sissignore, con frequenti ordini
che dava Tammiraglio a diritta
ed a sinistra.
Pres. : L'ammiraglio dava questi ordini?
Test.: Sissiguore.
Pres. : L'ammiraglio aveva il commando
deir^Affondatore?
Test.: Sissignore, perche gli ordini mi
venivano direttamente da lui.
I* es.: Sa, che l\Affondatore* tentasse
Turto di qualche vascello nemico?
Test.: Tentö l'urto del , Kaiser*.
Pres. : Una volta o due volle?
Test. : Non so.
Pres.: Quella volta della quäle ha
cognizione, come andö che non
si urtö il »Kaiser**?
Test.: Eravamo vicino ad investirlo,
quando Tammiraglio, dicendo che
faceva troppo fuoco ordino di
accostare a diritta ed in tal
modo si h evitato l'urlo.
Zeuge: Nein, mein Herr!
Präs.: Bemerkten Sie, daB die Kurs-
richtungen sehr oft geändert
wurden?
Zeuge: Jawohl, durch häufige Befehle
nach steuerbord und backbord,
welche der Admiral gab.
Präs. : Der Admiral gab diese Befehle
Zeuge: Jawohl, mein Herr!
Präs.: Hatte der Admiral das Kom-
mando des »AfTondatore* über-
nommen?
Zeuge: Jawohl, da mir die Befehle von
ihm direkt zukamen.
Präs.: Ist Ihnen bekannt, daß der
»Affondatore* einen Ramm ver-
such auf ein feindliches Linien-
schiff versuchte?
Zeuge: Er versuchte einen Rammstoft
auf den » Kaiser".
Präs.: Einmal oder zweimal?
Zeuge: Das weiß ich nicht.
Präs. : Von jenem Male, von welchem
Sie Kenntnis haben, wie geschah
es, daß der, Kaiser "nicht gerammt
wurde ?
Zeuge: Wir waren schon so nahe um
rammen zu können, als der
Admiral, indem er sagte, daß er
(der , Kaiser*) ein zu starkes Feuer
abgebe, befahl nach steuerbord
abzufallen und auf diese Weise
wmrde der Rammstoß verhindert.
392
Pres.: In quäl senso prese Ella questa
esprcssionc che 11 vascello faceva
troppo fuoco?
Test.: Che stimava prudentc di litirarsi.
Pres. : Quäle fu Fimpressione che fece
neirequipaggio il vedere che si
poteva urtare il vascello e che si
evilö di urtarlo?
Test.: Cattiva.
Pres.: L',Affondatore* tentö urtare
altrc navi oltre il , Kaiser'?
Test.: Credo di no.
Präs.: In welchem Sinne nahmen Sie
den Ausdruck, daß das Linien-
schiff ein zu starkes Feuer unter-
halte?
Zeuge : In dem Sinne, daß er es für
angezeigt hielt, sich zurückzu-
ziehen.
Präs. : Was fQr einen Eindruck machte
es auf die Mannschaft, als die-
selbe bemerkte, daß man das
Linienschiff rammen konnte und
dennoch auswich?
Zeuge: Einen schlechten.
Präs.: Versuchte der .Afifondatore'
außer dem , Kaiser* noch andere
Schiffe zu rammen?
Zeuge: Ich glaube nein.
2. Aus der Zeugenaussage des Ouardia-marina Salrati (Ferdinande).
(Rendiconti etc. etc., Seite 84.)
„Dopo che Tammiraglio fu sul-
r,Affondatore', il legno stette fermo
forse per 10 minuti; trascorso questi
10 minuli, il fuoco incomincio e allora
Tammiraglio con quella parte di Stato
Maggiorc, che erasi condotto con se
discese nella torre."
,La maestranza, destinala ad in-
granare la ruota del timone, che era
nella torre, si diede airopera, ma il
fuoco del nemico impedi questo lavoro. "
^Trascorsero int.into ad un di-
presso 10 minuti, successivamenle il
baslimento si inisc in moto, dapprinia
alquanlo lenlamenle, poscia con lutla
la t?ua celeriia; dirigendo verso il
„Nachdem der Admiral auf dem
„Affondatore" war, stand das Schiff
noch ungefähr 10 Minuten still; sowie
diese 10 Minuten abgelaufen waren,
begann das Feuer und nun begab sich
der Admiral mit dem mitgebrachten
Teile seines Stabes iu den Turm.*
,Die Schiffszimmerleute, welche
bestimmt waren, das im Turme befind-
liche Steuerrad (Gefechtssteuer) einzu-
koppeln, gaben sich dieser Arbeit hin.
welche jedoch durch das Feuer des
Feindes verhindert wurde. •
„F]s vergingen imgefahr 10 Mi-
nuten, bis das Schiff nach und nach
sich in Bewegung setzte, zuerst etwas
langsam, sodann seine Fahrt mit der
größtmöglichsten Geschwindigkeit auf-
393
nemico, una corazzata nemica, passando
suUa sinistra dell^AfTondatore*, gli
fece fuoco interrotto, che ha prodotto
qualche danDO.''
,Dopo 4 minuti, sempre cammi-
nando, vedemmo il «Kaiser* dirigersi
contro di noi in atto d'invcstire.
L\Affondalorc* ha evitato Turlo an-
dando a lulta forza e sparandovi contro
i suoi due cannoni. 11 vascello passan-
doci di poppa alla dislanza di 80 sino
a 90 m, ci scarico addosso le suc hat-
terie ; allontanandoci da qucsto vasccllo
incontrammo una corazzata austriaca,
checi fece fuoco addosso cd un projctlile
passö da un bordo alFaltro; intanlo
vedendosi da una ferritoja della torre
nuovamente il „ Kaiser*, fermo appa-
renteraente, colFalbero di trinchello in
coperta, bompresso e fumajuolo abba-
tuti, si pensö di andarlo ad investirc,
o fu lo stesso ammiraglio che, infor-
malo di qucsto diedc Tordine al com-
mandante Martini. Allora girando ci
dirigemmo sul vasccllo, ma dopo un
buon tratto di cammino ed csscndo
bastantemente vicini girammo sulla
diritta e pigliaudo nel ßanco i projet-
tili del «Kaiser", il quäle ad una cerla
dislanza era sostenuta da una coraz-
zata.*
nehmend und indem es gegen den
Feind steuerte, passierte eine feind-
liche Panzerfregatte an Backbord des
«Afifondatore* und gab ein Vormeister-
feuer gegen ihn ab, welches einigen
Schaden anrichtete.*
«Nachdem wir 4 Minuten so
fortgesteuert, sahen wir das Linien-
schiff auf uns abhalten, mit der Absicht
zu rammen. Der «Affondalore* wich,
mit ganzer Kraft fahrend, dem Stoße
aus und feuerte seine beiden Kanonen
ab. Indem das Linienschiff uns achter
passierte, auf eine Distanz von 80 bis.
90 m, feuerte es seine Batterien gegen
uns ab und nachdem wir uns von ihm
entfernten, begegneten wir einer öster-
reichischen Panzerfregatte, die ihr
Feuer auf uns richtete und ein Pro-
jektil ging von einer Bordwand durch
die andere ; als man hierauf durch eine
Spähscharte neuerdings den «Kaiser*
bemerkte, anscheinend haltend, mit dem
Fockmast auf Deck und Bugspriet wie
Kamin heruntergestürzt, hielt man es für
angezeigt, gegen ihn zu gehen und ihn
zu rammen; und es war der Admiral,
welcher hievon in Kenntnis gesetzt, dem
Kommandanten Martini hiezu den Be-
fehl gab. Indem wir nun wendeten, steu-
erten wir auf das Linienschiff los, aber
nach einer hübschen Zeil, die wir ge-
fahren waren und nachdem wir uns schon
genügend nahe befanden, drehten wir
nach steuerbord, die Kugeln des
«Kaiser" in unsere Flanken empfan-
gend, der auf eine gewisse Entfernung von
einer Panzerfregatle unterstützt wurde. *
394
8. Ans der Zengenaossage des Gaardia-maiina Fergola (Franeeseo).
(Rendiconti etc. etc., Seite 78.)
Pres. : Quando si pose in moto 1\ Affon-
datore* quäl direzionc prese?
Test. : Si prese la direzione del nemico.
Pres.: Incootrarono qualche nave
amica?
Test. : Dopo non molto, trovammo due
legni nemici dinanzi, anzi ci fu
un momento che ci passarono
bordo a bordo due corazzate
nemiche, poi si vidc passare il
vascello ed altri poi non si
videro.
Pres.: E quando passo il vascello, non
si fece un tentativo per investirlo?
Test.: II tenlativo d'investimento fu
dopo.
Pres. : Nel principio del combattimento
non vi fu un tentativo per inve-
stire il vascello?
Test. : Quando si vide la prima volta,
no.
Pres.: E dopo aver incontrato le due
frogate nemiche, come ella dice,
dove si dircsse r,Affondatorc*?
Test.: Non saprei specificarlo.
Pros.: Qual era il suo ufficio sul-
l\Affon(laloro*'?
Test.: Era quölle di stan» pronto a
qualunquo ordine do\ coinnian-
(lante; per consejiucnza sc mi
Präs.: Als sich der «AfTondatore* io
Bewegung setzte, welche Rich-
tung nahm er?
Zeuge: Man nahm die Richtung gegen
den Feind.
Präs.: Begegneten Sie irgend einem
feindlichen Schiffe?
Zeuge: Bald darauf fanden wir zwei
feindliche Schiffe vor uns, es war
sogar ein Moment, wo uns zwei
feindliche Panzerfregatten Bord
an Bord passierten, hierauf sah
man das Linienschiff passieren,
andere sah man später nicht.
Präs.: Als das Linienschiff passierte,
wurde da nicht ein Versuch
unternommen es zu rammen?
Zeuge: Der Versuch zum Rammen ge-
schah Später.
Präs. : Bei Beginn des Kampfes geschah
kein Versuch um das Linienschiff
zu rammen?
Zeuge: Als man dasselbe zum ersten
Mal sah, nein.
Präs.: Und wohin begab sich der
^Affondatore*, nachdem er die
iwei feindlichen Fregatten, wi<*
Sie sagen, begegnet hatte?
Zeuge: Darüber weiß ich nicht-
Näheres.
Präs. : Welches war IhreDienstesbestim-
muug am Bord des „AfTon-
datore'' ?
Zeuge : Auf jeden vom KommandanteL
go{;ebenen Befehl bereit zu sein:
wenn daher derselbe mir den
395
ordinava di andar in un luogo,
10 doveya obbedire.
Pres.: Ha parlato di un tentativo fatto
contro il .Kaiser*, come avenne
che questo tentativo non riuscl ?
Test.: Si dirigeva sul ,, Kaiser*, e si
era giä dato Tordine in macchina
di Star pronti per arrestarla, e
quasi quasi si era a poco distanza
da esso; quando, non mi ricordo
bene il perch^, TammiragUo volle
fare accostare a diritta e non
piü investirlo, e credo sia stato
scoraggito dal gran fuoco, che
faceva il bastimento. (Mormorio.)
Pres. : Chi commandava V , Affondatore ■
durante il combattimento ?
Test. : lo non andai subito nella torre,
ma quando vi andai, Tammiraglio
aveva preso il commando; ed
allorch^ qualcuno dci nostri uffi-
ciali, piloti o commandanti, che
vi erano, proponevano d'investire
ora un bastimento ora un altro,
mi ricordo bene che Tammiraglio
abbia detto: «Ho io il com>
mando, voglio far io tutto.'
Pres.: Dove stava durante il combat*
timento Tammiraglio?
Test. : Nella torre. Allorquando ci por-
tammo per investire il , Kaiser*
Befehl erteilte, irgendwohin zu
gehen, so muftte ich gehorchen.
Präs.: Sie erwähnten eines gegen den
„Kaiser* versuchten Stoßes; wie
geschah es, daß dieser Versuch
nicht gelang?
Zeuge: Man hielt auf den „Kaiser* ab
und der Maschine war bereits der
Befehl erteilt worden, sich zum
stoppen bereit zu halten und fast
war man schon auf eine geringe
Entfernung von ihm, als — ich
erinnere mich nicht des Grundes
warum — der Admiral wollte,
daß man nach steuerbord ab-
falle und nicht mehr ramme und
ich glaube, daß er von dem hef-
tigen Feuer abgeschreckt wurde,
welches dieses Schiff unterhielt.
(Gemurmel.)
Präs.: Wer kommandierte den , Affon-
datore* während des Kampfes?
Zeuge: Ich ging nicht gleich in den
Turm, aber als ich in denselben
ging, hatte der Admiral das
Kommando übernommen und so
oft irgend jemand von unseren
Offizieren, Piloten oder Komman-
danten, die sich daselbst be-
fanden, den Vorschlag machte,
dieses oder jenes Schiff zu ram-
men, erinnere ich mich ganz
wohl, daß der Admiral dann
sagte : „ Ich habe das Kommando,
ich will alles machen*.
Präs. : Wo stand während der Schlacht
der Admiral?
Zeuge: Im Turme. Als wir uns dem
„Kaiser* genähert hatten, um ihn
3%
c che rAflbndatore poi usc), quasi
direi, fuori del combattimento (dico
quasi perch^ si sentirono i colpi
giä ad una certa distaoza bench^
io non posso precisarla), allora fu
che rammiraglio mise fuori la
testa da un boccaporto che c'^
nella torre, dicendo una certa
fräse colla quäle yoleva far in-
ten dere che cgli bramerebbe far
fclice la giomala anche perdendo
la testa.
zu rammen und der, AfTondatore*
sich dann von ihm ab wandte und
fast außer Gefechtsbereich kam
(ich sage fast, denn man hurte
die SchQsse schon von einer
ziemlichen Distanz, die ich aller-
dings anzugeben nicht im stände
bin), da war es, daß der Admiral
den Kopf zu einer Lücke, welche
sich am Dache des Turmes be-
findet, heraussteckte, indem er
dabei gleichzeitig eine gewisse
Phrase gebrauchte, mit welcher
er zu verstehen geben wollte, daß
er den Tag noch zu einem glück-
lichen gestaltet sehen möchte,
selbst wenn es ihm den Kopf
kosten sollte.
4. Aus der Zeugenaussage des Linienscliiffs-Unterleutnants de Luci
(Alberto)^ Ordonnanzoffiziers des Admirals Persano.
(Rendiconti etc. etc., Seite 81.)
Pres.: Quando r,Affondalore* si mise
in meto, che direzione prese?
Test.: Diretlamente contro la flotta
nemica; queslo fu il primo movi-
menlo.
Pres.: Incontro per istrada qualche
baslirnenlo?
Te.<t. : 11 , Kaiser*.
Pres. : E si tenlu d'invcslirlo?
Test.: Veniva perfotlanienio di contra-
biirdo air, AHnndaloro*' fino ad
una corla dislanza. (li fu un ino-
nicnlo clie si nrcdeva quasi certo
Präs.: Als der „Affondatore* sich in
Bewegung setzte, welche Rich-
tung nalim er?
Zeuge: Direkt gegen die feindliche
Flotte; das war die erste Bewe-
gung.
Präs. : Begegnete er auf dem Wege
irgend einem Schiffe?
Zeuge: Dem »Kaiser*.
Präs. : Und versuchte man ihn zu
rammen?
Zeuge: Er kam gerade mit Gogenhord
zum ^AfFondalore" bis auf eine
gewisse Distanz. Es gab einen
Moment, wo man sicher glaubte.
397
d'inveslirlo, ma Tabbianio evitato
ed ^ rimasto sulla sinistra.
Pres.: Perch^ fu evitato?
Test. : Questo non so, non fu ordinato
di evilarlo, ma si evitö di fatto.
Pres.: BisogDava forse fare qualche
movimento?
Test.: La velocita con cui si va, un
minuto, sccondo, basta per evitarc
un bastimenlo.
Pres. : Quesl* incontro fu sul principio
del combattimento?
Test. : AI primo iucontro ed alla prima
bordata dcl «Kaiser'' suir«AfToQ-
datore*.
Pres. : E dopo questo iucontro, dove si
b diretlo »rAffondatore?*
Test.: L'.'imnnraglio voleva tomare
contro il »Kaiser*, si girö sulla
sinistra (r,Affondatorc* fa giri
molto lunghi) ed il giro ci porto
fuori dol combattimento. Com-
piulo il noslro giro, per cui si im-
picgo 7 sino a 8 minuti, vedemmo
il .Kaiser* (che in tulto questo
tempo pare fosse stato adosso al
,Re di Portogallo) uscirne dal
conibatlimento, uialtrattato di prua
e mandando molto fumo, che sem-
brava avesse Tincendio a bordo. Gi
siamo diretli nuovamentc vcrso di
lui e lo avvicinammo fino alla di-
ihn zu rammen, aber wir haben ihn
verfehlt under blieb an Backbord.^)
Präs.: Warum wurde er verfehlt?
Zeuge: Das weiß ich nicht, es wurde
nicht befohlen, ihn zu verfehlen,
aber tatsächlich verfehlte man ihn.
Präs.: War es vielleicht hiezu not-
wendig eine Bewegung auszu-
führen ?
Zeuge : Die Geschwindigkeit, mit welcher
man fahrt, eine Minute, Sekunde
sind ausreichend um ein Schiff
zu verfehlen.
Präs.: War diese Bewegung zu Anfang
der Schlacht?
Zeuge: Beim ersten Zusammentreffen
und bei dem ersten Gange des
. Kaiser* gegen den »Affon-
datore. *
Präs.: Und wohin begab sich der
»Affondalorc* nach dieser Begeg-
nung?
Zeuge: Der Admiral wollte gegen den
, Kaiser* kehren, man wendete
über Backbord (der „ Affondatore"
macht sehr große Bögen) und
dieser Bogen brachte uns außer-
halb des Gefechlsbereiches. Nach-
dem wir unseren Bogen be-
schrieben halten, wozu man 7 bis
8 Minuten brauchte, sahen wir
den , Kaiser* (welcher wie es
scheint in der Zwischenzeit mit
»R6 di Portogallo* engagiert war)
sich aus dem Gefechte zurück-
ziehen, vorne sehr beschädigt und
viel Rauch von sich gebend, so
1) Kommodore v. I'etz bcriditet an Steuerbord.
398
stanza di 150 sino a 200 m, ma
allora siamo tornaii indietro.
Pres.: E perch^? E stato dato qualche
ordine contrario al primitivo?
Test.: Credo che rammiraglio voleva
far vedere qualche segnale alla
squadra in legno.
Pres.: Qual era il movimento che
avrebbe dovuto fare l\Affon-
datore* per investire il , Kaiser*
in qucsta seconda volta?
Test.: Sc voleva invcsth-e il , Kaiser*,
dovcva conlinuare la sua rotta.
Pres.: E quäl direzione hanno preso
allora?
Test. : Siamo andati verso la squadra
in legno.
daß es schien, er habe einen
Brand an Bord. Wir nahmen
neuerdings unseren Kurs gegen
ihn und kamen ihm bis auf eine
Distanz Ton 1 50 bis SOO m nahe,
aber dann kehrten wir um.
Präs.: Und warum? Wurde ein dem
früheren entgegengesetzter Befehl
gegeben ?
Zeuge: Ich glaube, der Admiral woUle
der Eskadre der Holzschifife ein
Signal zeigen.
Präs.: Welche Bewegung hätte der
»Affondatore* ausfuhren müssen.
um den „Kaiser* dieses zweit«'
Mal zu rammen?
Zeuge: Wenn erden „Kaiser* rammen
wollte, so hätte er seinen Kurs
fortsetzen müssen.
Präs. : Und welche Richtung haben Sie
dagegen genommen?
Zeuge: Wir sind gegen die Holz-
eskadre gegangen.
5. Aus der Zengenanssage des Linienschiff sleutnants Solaroli
(Dayide).
(Hcndiconti etc. etc., Seite 8.3.)
Pres.: Che direzione prese r,Affon-
datore" appena che fu in movi-
mento?
Te^^t. : Verso un gruppo di corazzate
clie erano inlomo ad un vascello.
AUniv<'rsavii la linca neinica, ci
sianiü rivoUi verso il nemico e ci
siamo diretli sopra il „Kaiser**.
Präs.: W(?lche Richtung nahm d«'r
, Affondalore " , nachdem er sich
in Bewegung gesetzt hatte?
Zeuge: Gegen eine Gruppe von Panzer-
sehifTen. in deren Mitte sieh ein
LinienschifT befand. Er fuhr länir<
der feindlichen Linie, wir wandttn
uns gegen den Feind und rich-
teten unseren Lauf gegen doi.
, Kaiser •*.
309
Pres.: Quando si sono diretti sul
,, Kaiser*, era sul principio o sul
finc del combattimento?
Test.: Gl dirigemmo due voIte sul
, Kaiser * , una volta quando questo
si spingeva avanti^ Taltra quaado
tornava indietro.
Pres.: E quando andarono verso il
^ Kaiser" la prima volta. fu tentato
d'investirlo?
Te>t.: Sissignore, gli andavammo in-
contro; era facile d'urtarlo.
Pres.: Ma perche non fu urtato?
Test. : Non saprei dirlo ; infalli si pas-
sava a brevissima distanza.
Pres. : E la seconda volta, come avenne
che non fu urtato?
Test.: Lammiraglio ha ordinato di
accostare sulla destra e con
questo movimento si e evitato
l'urlo.
Präs.: Als Sie sich gegen den „Kaiser"
wandten, war dies am Anfange
oder gegen das Ende derSchlacht?
Zeuge: Wir wandten uns zweimal
gegen den »Kaiser", einmal als
dieser offensiv auftrat, das ander-
mal als er sich zurückzog.
Präs. : Und als sie das erste Mal gegen
den .»Kaiser* gingen, wurde da
versucht, ihn zu rammen?
Zeuge: Jawohl, mein Herr, wir gingen
ihm entgegen ; es war leicht, ihn
anzurennen.
Präs.: Aber warum wurde er nicht
angerannt?
Zeuge: Das weiß ich nicht zu sagen;
tatsächUch passierte man auf sehr
kurze Distanz.
Präs. : Und das zweite Mal, wie geschah
es da, daß er nicht gerammt
wurde ?
Zeuge: Der Admiral gab den Befehl,
steuerbord abzufallen und
durch diese Bewegung wurde der
Stoß vermieden.
Pres. : Ma vi era chi diceva di piegare Präs. : Aber war nicht jemand da, der
a sinistra? sagte backbord zu gehen?
Test.: II commandanle Martini di-
ceva: »Accostiamo a sinistra" e
questa era Tidea della maggior
parte degli ufßciali che erano
nella torre; perche accostando a
de^Hra ci allontanavammo dal
vascello. ecc. ecc.
Zeuge: Der Kommandant Martini
sagte: »Fallen wir nach backbord
ab" und dies war die Meinung
des größten Teiles der Offiziere,
welche sich im Turme befanden ;
denn steuerbord abfallend ent-
fernten wir uns vom Linienschiff
etc. etc. etc.
400
6. Ans der Zeugenaussage des LIniensehlffsleutnants Chinca
(Domenico).
(Rendiconti etc. etc., Seite 83.)
Pres. : Quando r.Affondatore'cominciö
il suo movimento, che direzione
prese?
Test. : Eravamo solto vento a linea dei
Dostri baslimenti corazzati di-
sposti a scacchiera di fronte.
Pros.: Hanno incontrato fregale ne-
miche?
Test. : Due corazzale al largo ; si sono
falti varii colpi, non mi ricordo se
due o tre, che non ci colsero ; poi
h venuto il vascello il quäle cor-
reva contro di noi; cioe no, non
▼eniva contro di noi, ma si muo-
Teva obliquamenlc alla rotta che
noi tenevamo.
Pres.: Si e tentato d'invesüre il
„Kaiser"?
Test.: La rotta era contraria perfetta-
mcnte a quella che aveva il va-
scello; ci fu un momento che
stando in coperta pareva che il
basliniento si dirigesse sulla rotta
che facova il , Kaiser", ma poi ci
siarno allargati sulla diritta ed
allora abbiarno riccvuto una prima
scarica. poi colpo per colpo tutta
la l)ordata dcl gKaiser", oltre
(jualcbc colpo di fucilo.
Präs.: Wie der „Affondalore* sich in
Bewegung setzte, welche Rich-
tung nahm er?
Zeuge: Wir waren in Lee von der Linie
unserer Panzerschiffe, welche in
Schachfront formiert waren.
Präs.: Haben Sie feindliche Fregatten
begegnet?
Zeuge: Zwei Panzerschiffe weit von
uns; es wurden einige Schusse
abgegeben, ich erinnere mich
nicht ob zwei oder drei, welche
uns nicht erreichten ; hierauf kam
das Linienschiff, welches gegen
uns steuerte ; das heißt nein, es
kam nicht gerade gegen uns.
sondern etwas schräg zu unserem
Kurse.
Präs.: Wurde versucht, den »Kaiser'
anzurennen?
Zeuge: Der Kurs war vollkommen
entgegengesetzt dem, welchen das
Linienschiff inne hatle; es gab
einen Augenblick, wo es schien
— auf dem Deck stehend — als
ob sich das Schiff gegen die Kurs-
richtung,wclchc der, Kaiser" inne-
halte, l>owege, aber hierauf fielen
wir nach steuerbord ab und da
erhielten wir zuerst eine Breitseite
und sodann Sclmß nacli Schuß
aus der Flanke des ^Kaiser",
nebst einigen Gewehrschüssen.
401
Pres.: Ma c'ä stato un momento in cui
credette che si poteva investire il
, Kaiser«?
Test. : Non saprei, forse per quelV ansia
in cui era; ma mi pare che un mo-
mento ci fosse stato piegando piü
a sinistra: anzi Taveva comuni-
cato ad allri ed aveva ordinato
pancia a terra.
Pres. : Ella ha gridato
Test.: Pancia a terra!
Pres.: Uammiraglio in capo che posto
occupava suir.Affondatore«?
Test.: Si ä portato al posto di Com-
mandante nella torre.
Pres. : Ed 6 rimasto sempre nella torre?
Test. : Per quel tempo che ho potuto
vedere io, fmchö terminö la
raischia credo vi sia stato; dopo
terminata, venne sopra.
Pres.: fe stato Ella nella torre?
Test.: Mai.
Pres.: Quando ha creduto possibile
d' investire il , Kaiser*, dove era
Ella?
Test.: Era sopra coperta; ma mi sono
ritirato, quando ho veduto Tam-
miraglio lä in cima alla torre.
Pres.: Ma in cima a quäl torre? Non
era Tallra?
Präs. : Aber gab es nicht einen Moment,
in welchem Sie glaubten, den
.Kaiser* rammen zu können?
Zeuge: Ich wüßte nicht, vielleicht in-
folge der Aufregung, in welcher
ich mich befand; aber es scheint
mir, daft ein solcher Moment ge-
wesen sei durch Abfallen nach
backbord; ich habe sogar mit
anderen darüber gesprochen und
anbefohlen, sich platt auf Deck
zu werfen.
Präs.: Sie haben gerufen
Zeuge: Platt auf Deck!
Präs.: Welchen Posten nahm der Ad-
miral en chef am Bord des , AfTon-
datore* ein?
Zeuge: Er begab sich auf den Posten
des Kommandaatcn im Turme.
Präs. : Und verblieb er immer im Turm?
Zeuge: Die Zeit über, was ich sehen
konnte und bis die Melec beendet
war, glaube ich, daß er in dem-
selben war, nach deren Beendi-
gung kam er herauf.
Präs.: Waren sie in dem Turm?
Zeuge: Niemals.
Präs. : Zu jener Zeit, als nach Ihrer Mei-
nung das Rammen des „Kaiser*
möglich war, wo befanden Sie
sich?
Zeuge : Ich befand mich auf Deck ; aber
ich zog mich zurück, als ich den
Admiral oben auf dem Turme sah.
Präs. : Aber auf welchem Turme oben ?
War es nicht der andere?
402
Test.: No, alla torre dei cannoni.
Pres.: Dopo avuto questo cozzo col
, Kaiser', che direzione ha preso
r.Affondalore*?
Test. : Dal momento che abbiamo avuti
tutli quei colpi, ho ricevuto gli
ordioi del commandante in capo
di provvedere a tutle quelle ripara-
zioni cd a tutti quei bisogni che
fossero urgenli.
Sono disceso abbasso dove
feci quanto si poteva in quei mo-
mento, piü tardi ho sentito una
granata che era scoppiata sulla
coperla e che aveva fatto saltare
un poco della medesima. Dopo
salito in coperta, non c*6 stato
altro tentativo; io non sono stato
testimone che al primo fatto.
Pres. : Non ha saputo che verso la fine
del combattimento, anzi quando
si poteva dir terminalo, ci sia
stalo un altro tenlativo?
Zeuge: Nein, auf dem Geschutzturme.^)
Präs. : Nachdem dieser Zusammenstoß
mit dem «Kaiser" stattgefunden.
welche Richtung nahm dann der
,Affondatore*?
Zeuge: Vom Momente an, wo wir diese
Schüsse erhielten, wurde mir
vom Oberkommandanten anbe-
fohlen, alle jene Reparaturen und
Maßnahmen vorzunehmen, welche
sich als dringend notwendig
herausstellten.
Ich stieg unter Deck, wo ich
soviel, als eben in diesem Mo-
mente möglich war, die Ordnung
herstellte; später hörte ich eine
Granate auf Deck platzen, welche
von diesem etwas aufriß. Nach-
dem ich wieder auf Deck gekom-
men war, wurde kein anderer
Versuch mehr unternommen; ich
war nur Zeuge vom ersten.
Präs.: Haben Sie nicht gewußt, daß
gegen Ende des Gefechtes, als
dieses sozusagen schon beendet
war, noch ein anderer Rammver-
such unternommen worden sei?
1) Sowohl die Frage wie die Antwort hierauf sind in dieser Form unverstSind-
lich und duifle im Texte des stenographischen Protokolls wohl ein Irrtum unterlaufen
oder etwas ausgelassen worden sein. Der „Affondatore* hatte, wie erinnerlich, (siehe
Seile 203) 2 drehbare GeschQtzturme, je einen vorne und achter sowie einen soge-
nannten Koiiiiiiandoturm in der Mitte des Schiffes, welche aber nicht miteinander kom-
munizierten und in welche man sich vom Deck aus begab. Der Admiral befand sich im
Komniandolurm und mußte, um aus demselben heraus und auf das Deck zu gclantren.
durch die große ÖlTnimg am Dache desselben, wo sich die Stiege befand, hinauf und
sodann vom Dache des Turmes über eine zweite Stiege auf das Deck herabsteigen. Da?
ist L'S. was Linionschiffsleulnant Chi nca mit dem Ausdrucke «cima della torre* saj?ea
will und es wird zweifelsohne in seiner Antwort heißen sollen: ,No, alla torre di com-
mandu" und nicht , torre dei cannoni*'. A. d. Y.
403
Test. : Ho sentilo palarne, ma uon ho
Teduto Dulla.
Pres. : Non puö dir nuUa sulle segnali-
zioni?
Test.: No, soltanto quando rammi
raglio § uscito ho sentito che si
lamentava che non si fosse ese
guito un Signale; ma non so
perchö non Tho letto, ne inter
pretato.
Zeuge: Ich habe davon reden gehört,
aber ich habe nichts gesehen.
Präs. : Können Sie etwas Ober die Sig-
nale sagen?
Zeuge: Nein, nur als der Admiral
herunterstieg, hörte ich, wie er
sich beklagte, daß man ein Sig-
nal nicht ausgeführt habe; aber
ich kenne es nicht, ich habe es
nicht abgelesen noch entziffert.
7. Aus der Zeugenaussage des Linlenschiffskapit&ns €aT. Maiüni
(Federico)^ Kommandanten des ^^Affondatore^^
(Rendiconti etc. etc. ; Seite 83.)
Pres.: E quäle direzione prese l\Affon-
datore*?
Test.: L^Affondatore* appena si mise
in moto cercö di entrare nella
mischia; s'incontrö col vascello
.Kaiser' che veniva con la prua
verso di noi; lo evitö non essendo
in posizione favorevole, quindi
diresse contro un altro bastimento
austriaco, ma fu costretto diver-
gere la rotta perchä eravamo
molestati da una corazzata; ordi-
nai di accostare suUa sinistra e
dirigere sul vascello.
Pres.: Per dirigere la manovra, dove
slava?
Test.: lo guardai dal buco circolare
che era nella parte superiore della
Fleischer, Diek. k. KriegBmarine 1866.
Präs. : Und welche Richtung nahm der
«Affondatore*?
Zeuge: Sofort, nachdem sich der j^Affon-
datore* in Bewegung gesetzt
hatte, trachtete er in die Melee zu
kommen; auf dem Wege dahin
begegnete er dem Linienschiff
, Kaiser*, welches mit dem Buge
gegen uns zukam; er wich ihm
aus, da er in keiner günstigen Po-
sition war; hierauf steuerte er
gegen ein anderes österreichisches
Schiff, war aber genötigt, aus sei-
nem Kurse zu gehen, da wir von
einer Panzerfregatte belästigt wiu>
den; ich gab den Befehl, backbord
zu gehen und auf das Linienschiff
loszusteuern.
Präs. : Wo standen Sie, um das Manö-
ver zu leiten?
Zeuge : Ich sah zum kreisrunden Loche
heraus, welches im Dache des
26
404
torre. Dirigemmo sul vascello
„Kaiser'' e quando fiimmo a
300 m di distanza ordinal al-
Tufficiale Solaroli di avrisare in
macchina di tenersi pronti, perchd
andarammo ad urtare contro il
Tascello. Ad un tal punto Tammi-
raglio mi ordinava di accostare
a diritta; io crede?a fosse piü
adatto a sinistra, invece Tammi-
raglio volle che si fosse portale a
diritta cd il vascello evitava
interamente l'urlo, ricevendo noi
qualche scarica.
Turmes angebracht ist. Wir
steuerten auf das Linienschiff
„Kaiser* und als wir zirka 300 m
von ihm entfernt^) waren, befahl
ich dem LinienschiCEBleutnant So-
laroli in der Maschine zu avi-
sieren, daß man sich dort bereit
halte, indem wir das Linienschiff
rammen würden. So weit ange-
langt, befahl mir der Admiral
steuerbord zu gehen; ich hielt
es für mehr angezeigt, nach back-
bord zu halten, aber der Admiral
bestand darauf, daß steuerbord
abgehalten viKlrde und das Linien-
schiff entging gänzlich dem Stoße,
während wir bei dieser Gelegen-
heit einige Lagen erhielten.
8. Ans der Zengenanssage des Linienschlflflskapit&ns €onim. d'Amieo
(Edoardo), Stabsehef der Flotte.
(Rendiconti etc. etc.; Seite 69.)
, Quando abbiamo cominciato il
combattimento lo cominciammo col
tirare con cannone di prua da 300
contro la nave nemica in testa, pol
abbiamo diretto per investire una
corazzata che credevamo o almeno io
credetti Tammiraglia del neinico; ma
il vascello nemico si b fatto avanli per
investirci di traverso e allora il com-
mandante deir , Affondatore • fu obbli-
pBei Beginn des Gefechtes war
unser erster Schuß mit dem 300pfun*
der aus dem vorderen Turm gegen das
feindliche Schiff an der Spitze gerich-
tet; hierauf steuerten wir, um eine
Panzerfregatte zu rammen, welche wir ')
oder wenigstens ich für das feindliche
Admiralschiff hielten ; aber das feind-
liche Linienschiff kam entgegen in der
Absicht, uns dwars anzurennen und da
1) Nach den österreichischen Angaben wäre der ^Affondatore* bis auf 1 Kabel
= 200 m nahe gekommen.
'^) Die ^Elisabeth'' welclie für ein Panzerschiff gehalten wurde; siehe Seite i(^\,
261 unJ 295.
405
gato di deviare ed abbiamo mancato
rurlo.«
sAbbiamo faito un giro tutto in«
tomo per andare ad iovestire U ya«
scello nemico, quäl giro ci spinse aulla
seconda linea nemica e facendo queato
ricevemmo parecchie scaricho dal ya*
acello aleaso che h passato contro ü
Oestro bordo a breviasima diatanza,
tanto che la facileria ci tirö adoaso.*
yLa secouda ?oUa che abbia-
mo fatto questo giro per cercare d'in-
vestire il vascello eravamo in rotta quasi
parallela al yascello stesso e mi pare?a
che se avessimo accostato alquantosulla
sinistra, lo ayremmo investito; main
quel momento ho inteso Tordinc del-
l'ammiraglio di accostare a diritta e sie*
come questa rotta ci do?e¥a deviare
dal vascello Tho avvertito dicendo:
«Ammiraglio, a sinistra!" e ho poi
presente che anche il commandante
Martini aYeva fatto questa osserva-
zione; ma l'ammiraglio ha detto che
commandava lui ed allora io mi sono
laciuto.*
war der Konmiandant des «Affonda-
tore* gezwungen auszuweichen und so
haben wir den Stoft verfehlt*
9 Wir beschrieben nun einen
vollsiftndigen Krds, um gegen das
Linienschiff zu gehen und dasselbe zu
rammen, welcher Kreis uns auf die
feindliche zweite Linie warf und indem
wir dies taten, erhielten wir einige
Lagen vom Linienschiff, welches uns
mit Gegenbord sehr nahe passierte, so
daft ein Gewehrfeuer auf uns unter-
halten wurde.*
«Als wir zum zweiten Male
diesen Kreis beschrieben, um zu ver-
suchen, das Linienschiff zu rammen,
befanden wir uns in einem fast paral-
lelen Kurse zu diesem und es schien
mir, daß, wenn wir etwas nach
backbord abgehalten hfttten, wir
es rammen mfiftten; aber in diesem
Augenblicke hörte ich den Admiral be-
fehlen, steuerbord abzuhalten und da
diese Richtung uns vom Linienschiff
entfernen mußte, so machte ich ihn
hierauf auflnerksam, zurufend: , Ad-
miral, backbord!* und Mt mir bei
dieser Gelegenheit ein, daß auch Kom-
mandant Martini dieselbe Bemerkung
machte; aber der Admiral entgegnete
uns, daß er befehle und so schwieg
ich.*
9. Aus der Yerteidigangsrede des Admirals Persano im Proiesse.
(Hendiconti etc. etc. ; Seite 129.)
yUn appunto grave che mi si „Eine schwere gegen mich vor-
fece e che forse ä quello che ha piü gebrachte Beschuldigung und eine, die
26*
ioDuito neU'opinioQe Reoerale e dirö
anche dei miei giudici, 6 la manovra
che eseguii neilo intento d'inveslire il
, Kaiser". Giunto a queslo punio, o
Signori, io desidcro mi portnellJalc, a
meglio farvi inleiiderc la cosa, di spie-
garmi con similitudinj, giacchfi il farmi
capire qui, dove seggono due soll am-
miragli, di cose puramente proprie al-
l'aile noslra, sarebbe difßcile per chi non
compreude i termini marinareschi. '
fSuppoDete per un momcnto
che un generale d'Armata abbia un
cavallo forte, Tocoso, ma dod adde-
Strato al maneggio del caTaliere che lo
Tuole »olgere prootamente od a dritla
od a sinistra. Supponele che veda da
lontano ud CommaDdante dl Cavalleria
che fugge avendo un cavallo pronto e
ubbidleote ai suoi ardini. II primo lo
vede, gU corre contro a briglia sciolta
e lenla urlarlo nel RaDCO sinistro che
h quello che gh si presenla. li fuggente
che h abile cavaliere e fortuna tarnen te
lia sotto di sh un destriero obbediente
alla chiantata, volta a un tratlo il suo
cavallo e presenta il fianco destro a chi
veniva per urlarlo nel fianco sinistro.*
vielleicht am meisten dazu beigciragen
hat, daS sich sowohl die allgemeine
Meinung wie vielleicht auch die Stim-
mung meiner Richter gegen mich ge-
wendet haben, ist jene, welche sich airf
das Manöver bezieht, welches ich io
der Absicht, den .Kaiser" m mm~
nien. ausführte. Bei diesem Punkte
angelangt, erlauben Sie, meine Her-
ren, duB ich za Ihrem besseren Ver-
standnisse, nachdem hier bloB zwei
Admiralu als mit dem Seewesen
besser Vertraute sitzen, Ihnen ein
Gleiclinis vorHihre, weil sonst meine
Auseinandersetiungea fllr jene, wel-
che die seemännischen AusdrQcbo
nicht kennen, schwer vers ländlich
.Nehmen Sie einmal an, eia
General des Landheeres besitze ein
kräftiges, feuriges aber nicht zugerit-
tenes Pferd, welches nicht dem ZOgel
des Beilers, der es rasch nach rechts
oder links wenden wiU, folgt. Nehmen
Sie Weilers :m, daft dieser General
von weitem einen KavaUeriekomman-
danten erblickt, welcher auf der Rächt
begriffen ist, der aber ein zugeriltenet
und folgsames Pferd unter sich haL
Der erste rennt mit verhängtem Zugd
auf ihn zu und versucht in die Unke
Seite des Gegners — das ist Jen«.
welche sich ihm darbietet — lu stofiea.
Der Fliehende, ein gewandter Reiter,
der glücklicherweise ein dem ZQgelfoIg-
sames Streitroß unter sich hat, wendet
plötzlich sein Pferd und zeigt quo
dem, welcher die Absicht halte, in dit-,
407
«A chi giudicasse solo dal senso
della vista, parrebbe che dovesse urtare
da un lato dato, ma chi giudica col
eriterio, si avvede facilmente che il
lato verso cui deve dirigere per pro-
durre l'urto, 6 Fopposto.*
,Si dirä Turto non b seguito.
Vero, non e seguito; ma vi prego di
considerare, che Tuno, il fuggente,
aveva un cavallo rapido, maestrevol-
mcnte addestrato, docile alla voce ed
alla briglia: del suo cavaliere. L'altro
aveva un cavallo röbuslo, potentissimo,
ma ribelle al maneggio. Ed il succe-
dcre 0 non succedere deir urto b cosa
che dipende da pochi minuti, secondil*
,Gome adunque si vuol far colpa
al cavaliere della inettitudine del ca-
vallo?*
«Domando scusa di questa simi-
litudine al Senate, ma a parer mio b
la piü atta a poter convincere. *
linke Seile zu stoßen, die rechte
Seite. 1)»
9 Demjenigen, der nur nach dem
ersten Blick urteilen wollte, würde es
nun scheinen, daß er nach der ge-
gebenen Seite zustoßen müsse; der-
jenige aber, der mit Überlegung urteilt,
wird mit Leichtigkeit bemerken, daß
die Seite, nach welcher hin er sich
wenden müsse, um den Stoß auszu-
führen, die entgegengesetzte Seite sei.'
»Man wird mir einwenden, der
Stoß ist nicht erfolgt. Wahr, er ist
nicht erfolgt; aber ich bitte Sie zu be-
rücksichtigen, daß der eine, der Flie-
hende, ein schnelles, meisterhaft ab-
gerichtetes, der Stimme wie dem Zügel
seines Reiters folgendes Pferd hatte.
Der andere hatte ein derbes, sehr kräf-
tiges aber der Leitung widerstrebendes
Pferd. Und das Gelingen oder Nicht-
gelingen des Stoßes ist eine Sache, die
von wenigen Minuten, Sekunden ab-
hängt!«
„Wie will man also dem Reiter
wegen der Untauglichkeit seines Pfer-
des Schuld geben?*
«Ich bitte den Senat um Ent-
schuldigung, mich dieses Gleichnisses
bedient zu haben, aber nach meinem
1) Dies ist einfach nicht wahr und deshalb hinkt das Gleichnis. Der «Kaiser*
welcher hier mit dem fliehenden Reiter verglichen wird, zeigte dem „Afirondatore* stets
nur eine, und zwar die Steoerbordseitc, da er sich backbord vom „AfiTondatore* befand
und die beiden SchifTe einen nahezu parallelen Kurs steuerten. Der Admiral konnte daher
nie die Absiebt gehabt haben^ den «Kaiser*" an Backbord zu rammen. Der Vergleich des
„Kaiser*, der sich wie wir wissen, mit schwachen Feuern und havariertem Steuer nach
S. Giorgio zurückzog, mit einem schnellen, meisterhaft abgerichteten und dem Reiter
folgenden Pferde, ist überhaupt ein sehr gewagter. A. d. V.
408
,Ora, dopo questo &tto chi g;ui-
dava il cavallo, perdato Turto, h traspor-
tato dal suo veloce correre in avanti
dove scorge una parte delle sue forze
inatüve; egli allora continua la sua
corsa verso quelle föne e non pensa
piü a litofuare terso il fuggitito, ma
pensa solo a quelle forze inattive onde
spingerle nuovamente a riprendere la
battaglia. '^
, Questo era Tesempio su cui
io intesi di appoggiare tutta la manovra
che ho eseguito, paragonando due navi
a due cavalieri che s'inseguono.'
,Io ricoDOsco in quclli che sono
venuti a deporre contro di me a questo
proposito molta bravura e molto ardi-
mento, ma quanto al giudicare delle
mie operazioni, nissuno vivaddio, h piü
competente di me.*
Dafürhalten ist es am meisten geeignet,
überzeugen zu können. '
»Nun, nach dem mißglückten
StoBe, wurde derjem'ge, welcher das
(ungelenkige) Pferd ritt, durch seinen
raschen Lauf weit nach vorne gebracht,
wo er einen Teil seiner Streitkrifte
untätig sieht; er setzt nun seinen Lauf
gegen diese fort und denkt nicht mehr
daran, zu dem Fliehenden zurückzu-
kehren, sondern denkt nur an diese
untätigen Streitkräfte, um sie neuerdings
anzuspornen, die Schlacht wieder her-
zustellen.'
, Dieses war das Beispiel, nach
welchem ich beabsichtigte, das ganze
Manöver, welches ich vollführte, zu
erklären, indem ich- zwei Schiffe mit
zwei Reitern, die sich gegenseitig ver-
folgen, verglich.'
«Ich lasse aUen jenen, welche
über dieses Faktum hier gegen mich
ausgesagt haben, bezüglich ihrer groBen
Bravour und ihres großen Eifers volle
Anerkennung widerfahren, aber was
die Beurteilung meiner Handlungen
anbelangt, so ist da, Gott sei Dank,
niemand kompetenter als ich.**)
10. Aus dem Tagebuche des Admirals Persano.
(Rendiconü etc. etc. ; Seile 29.)
„Verso le 11** antemeridiane »Gegen 11^ a. m. eröffnet die
Tarmata sotto il niio commando apre unter meinem Kommando stehende
1) Dieser Ausspruch zeigt so recht den Größenwahn des Admirals Persano. In
maritimen Dingen war er unfehlbar! A. d. V.
409
prima il fuooo sul nemico. Ordino
allora al commandante Martini del-
r.Affondatore' di correie contro il
vascello nemico ed affondarlo. La mi-
schia s'impegna accanita; il comman-
dante Martini dirige benissimo sul
vascello, passando in mezzo al fuoco
nemico. Anelo di raggiungere qoel
legno. L'ho sotto gli occhi: gli sparia-
mo contro i nostri cannoni da 300 e
vedo chiaramente ch'^ colpito in
pieno.*
9 II tenente di vascello Chinca,
esposto sulla tolda con alcuni marinai
spiega una temeritä di coraggio sor-
prendente. Ne lo complimento; lo
trovo modesto quanto valoroso, e lo ^
all'estremo. Arrivano corazzate ne-
miche a sostegno del vascello, contro
cni correvarao, che non ha piü bom-
presso ne albero di trinchetto, ne
fnmajuolo. Gorre al vento presentando
vista spettacolosa ed imponente. II
suo ftioco contro di noi ci colpisce da
varii lati e ci ferisce in piü partL
Avvicinatolo, oltre al vivo ftioco delle
sue artiglierie ci riceve con scariche di
moschetteria contro i nostri che stanno
suUa tolda con Chinca alla testa.*^
,Sono sempre nella speranza di
raggiimgerlo ed afferarlo. Se non che
per mala disposizione del frenello del
timone, male si püo govemare e Turto
Flotte zuerst das Feuer gegen den
Feind. Ich erteile mm dem Komman-
danten Martini den Befehl, gegen das
feindliche Linienschiff zu steuern und
es zu rammen. Die Melee entspinnt
sich erbittert; der Kommandant Mar-
tini steuert ausgezeichnet gegen das
Linienschiff, mitten zwischen dem
feindlichen Feuer passierend. Ich strebe
sehnlichst danach, dieses SchifiT zu er-
reichen. Ich habe es bereits unter den
Augen; wir schleudern ihm unsere
SOOpfQnder entgegen und ich sehe
deutlich, daß es mitten hinein ge-
troffen ist/
«Der auf dem Oberdeck mit
einigen Matrosen postierte Linienschiffs-
leutnant Chinca entwickelt eine be-
wunderungswürdige Kühnheit. Ich be-
glückwünschte ihn hiezu; ich finde
ihn ebenso bescheiden vrie tapfer und
er ist dies bis zum Äußersten. Es
kommen feindliche Panzerschiffe dem
Linienschiffe zu Hilfe, gegen welches
wir lossteuern und das kein Bugspriet,
keinen Fockmast und keinen Schlot
mehr hat. Es fährt am Wind, einen
sehenswerten und imponierenden An-
blick darbietend. Sein Feuer gegen ans
trifft uns an verschiedenen Stellen. Ihm
nihergekommea empfingt es uns außer
seinem lebhaften Artilleriefeuer auch
noch mit Gewehrsalven gegen unsere
Leute, die mit Chinca an der Spitze
auf dem Oberdecke stehen."
«Ich bin ixomer noch in der
Hoffnung, es zu erreichen und zu ver-
senken, wenn es nicht geschehen
wäre, daß man zufolge einer schlech-
410
viene evitato; e cosl succede di allri
legni contro i quali pure si voltö la
prora. Ma il fuoco dei noslri due can-
noni ricsce micidiale a chi colpisce.*^
ten Installierung des Steuerreeps nur
schlecht steuern kann, wcslialb der
Stoß verfehlt wird und so geschah
es auch noch mit anderen Schif-
fen, gegen welche wir den Bug
gerichtet hatten. Aber das Feuer
unserer zwei Geschütze erwies sich als
ein verderbenbringendes für den, wel-
chen es traf.*
11. Aus dem Berichte des Admirals Persano über die Schlacht von
Lissa.
(J fatU di Lissa% Seite 28 u. ff.)
«Scagliato che ebbe i^Affonda-
tore* ilsuo primo colpo contro la fregata
ammiraglio nemica, il suo comman-
dante cav. Martini, in eseguimento de'
miei ordini, manovrö per dirigere
r^Affondatore^ ad investire in pleno
quella nave seguita dappresso dal va-
scello »Kaiser".*^)
,Fu allora che mi avvidi che
per cattiva disposizione del frenello
della barra del timone, a stento si po-
tcva far agire quella potenza mecca-
nica: grave inconvenienle sempre per
una nave, massime poi quando il basli-
menlo e chiamato, anzi tutto, a spro-
fondare il neniico a colpi d'ariete.
Difalli non solo si mancö al nostro in-
lento, ma si corse rischio di venire noj
stessri investiti da chi si voleva in-
, Nachdem der » Affondatore *
seinen ersten Schuß gegen die feind-
liche Admiralsfregatte abgegeben Iiatte.
manövrierte der Kommandant des-
selben, Linienschiffskapitan Martini,
auf meinen Befehl derart, daß der
, Affondatore* jenes Schiff, welchem
das Linienschiff „Kaiser* folgte,^) in
seine Flanke anrennen könne.*
„ Bei dieser Gelegenheit bemerkte
ich, daß man infolge einer mangel-
haften Führung des Steuerreeps nur
mit großer Anstrengung den ganzen
Steuermechanisnius bewegen konnte:
ein großer Obelstand für ein jedes
Schiff, besonders aber für ein
solches, welches vor allen anderen
bestimmt ist, den Feind durch
Rammstöße zum Sinken zu brin-
gen. Und wirklich verfehlten wir
1) .Elisabeth-.
411
Testire. E senza prontezza di manovra,
correndo a tulta forza, difficilmenle
avremmo evitata la collisione a nostro
danno. II Martini maneggiö con
maestria la nave affidata al suo com-
mando, c mi congratulai seco.*^
«Fallito il primo intendimento,
che fu cosa di pochi minuti, trovan-
doci nella seconda linea nemica, dissi
al commandante Martini che vedesse
se gli venisse fatto di dar contro al
vascello : ma qui pure, non obbcdendo
l\AfTondatore^ prontamente al timone,
invcce di dargli di cozzo, gli pas-
sammo allato rascntandolo, ricevendo
rintiera sua fiancata che ne pcrforava
il legno in piü parti, accompagnata da
un nudrito fuoco di moschetteria
contro la nostra gente che lavorava
sulla tolda per abbozzare il sarliamc
troncato qua e lä, e fermare Täncora
di posta di sinistra, la quäle penzo-
lante, per rottura delle sue bozze,
batteva forte contro il bordo. Erano
diretli dal loro bravo primo luogo-
tcnente Ghinca, ufßciale di un co-
raggio e di un*intrepidezza ammirabili,
superati solo da una modestia piuttosto
unica che rara: corsi a stringergli
cordialmente la mano.*
nicht nur unsere Absicht, sondern wir
liefen noch Gefahr, selbst von dem
gerammt zu werden, den wir rammen
wollten. Ohne Raschheit des Man-
övers hätten wir schwerlich, da wir
mit voller Kraft fuhren, den Zusammen-
stoß, der zu unserem Schaden erfolgt
wäre, vermieden. Martini manöv-
rierte das seinem Kommando anver-
traute Schiff mit Meisterschaft und ich
beglückwünschte ibn aus diesem An-
lasse. '^
9 Nachdem unsere ursprüngliche
Absicht fehlgegangen, was eine Sache
von wenigen Minuten war, befanden
wir uns in der feindlichen zweiten
Linie und ich sagte zum Komman-
danten Martini, er möge sehen, ob
es ihm nicht gelänge, gegen das
Linienschiff loszugehen; aber auch in
diesem Falle gehorchte der «Affonda-
tore* nicht prompt dem Steuer und
anstatt dasselbe zu rammen, passierten
wir es langschiffs sehr nahe und er-
hielten seine ganze Breitseite, welche
das Schiff an mehreren Stellen durch-
bohrte, begleitet von einem wolilunter-
haltenen Klei ngewehrf euer auf unsere
Leute, welche am Deck beschäftigt
waren, das zerfetzte Tauwerk berzu-
richtcn sowie den Backbordbuganker,
der infolge seiner zerschossenen Sor-
rungen herunterhing und heftig gegen
die Bordwand schlug, wieder an seine
Stelle zu bringen. Sie standen hiebei
unter der Leitung des Detailoffiziers,
LinienschifDsleutnant G h i n c a , eines
Offiziers von einer bewunderungswür-
digen Tapferkeit und Unerschrocken-
,Non essendoci riuscito d'in-
veslirc il vascGÜo, r,Affondatore* com-
pieva rintiero pro sulla siniatra,
rilornando, in cimformitä dei miei
ordini, a meUergli la prora adosso,
aempre mirando di mandarlo a piccu ;
nel mentre che, scorgendolo alle prese
col ,Re di Püi'logallo*,gli lanciavammo
alcuni buonj tiri coi nostri cannont da
300, che distinlamente abbiamo veduti
colpirlo in pieuo. Ma sebben» si tro-
vasse alle strelle con quella nostra
na*c che lo rultiiinava senza posa, non
pertanto riusciva ad cvilare rurto che
glt purUnimo di poppa e non rislava
dal rispondere con altrettanta giustewa
di uro ai nostri ripeluti spari, crivel-
landüci vcramentc cüd ogni sorta di
projellili, perforandoci persino la lolda
con colpi liccanli che appiccaroDO il
fuoco ad uno dei canierini sotto co-
perla, presto spento dagli uümini con-
dotti da qiieU'intrepido Chisca che
ricordai. Fu in qiiel frattempo che
si vide l'albero di Iriiichotto
dei VBScello cd il suo fumajuolo
cadere. Non occorrendo volgerc piü
ollre rattenzione ad ud legoo che,
cosl smanteUato, non poteva piii agire
con eflicacia, troppo leuipo richieden-
dosi B fare im'altro intiero giro per
ritonuTgli contro, e dare indielro
heil, welche Eigenschaften bloft iod
einer ebenso seltenen Bescheidenheit
übertroffen werden; ich beeilte mich,
ihm henlich die Hand zu schütteln.*
(Nachdem es uns nicht gelun-
gen war, das LioienschiEr zu rammeo,
vollführte der ,Affondatore* einen
ganzen Kreis über Backbord, um,
meinen BefehleD gemäß, neuerdings
den Bug gegen dasselbe zu kehren,
immer mit der Absicht, dasselbe In
den Grund zu bohren, wobei wir ihm,
als es inzwischen im Kampfe mit dem
,R& di Portogallo' sichtbar wurde,
einige gute Schüsse mit unseren
SOOpfündem zusandten, welche wir
deutlich ins Volle aunreflen sahen.
Aber obschon es von diesem unserem
Schiffe unausgesetzt beschossen, selir
in die Enge getrieben wurde, so gelang
es ihm n ic h Isdc stowen ige r, dem Stofte
auszuweichen, welchen wir von ach-
ler gegen dasselbe führten und
es hörte nicht auf, uns mit einem
wahren Hagel von ProJektUea aller Art
überBchültend, mit ebensoviel Treff-
sicherheit auf unsere wiederholten
Schüsse ') EU antworten, hiebei das
Deck mit seinen Slechschüssen auf-
reißend, welche einen Brand in einer
Unterdeckkabinc entzündeten, der je-
doch gleich von den Leuten anter
Führung jenes uoersc brocken ea
Cbinca, dessen ich schon erwUmt
habe, gelöscht wurde. Unterdessen
sah man den Focl:mast und den
■) Dem .AfTondalore' wurde gerade in diesem Monienle d
des Torderen Turmes durch äcbässe des .Kaiser* unbrauchbar.
413
essendo manovra falsa, perch^ rende
per alcun tempo la nave inabile al
govemo de* suoi movimenti, passai
avanti nella direziono della bat-
taglia: e uscito qualche poco dal
denso fumo che ne awolgeva da ogni
lato, con mio gran stupore scorsi in
distanza inoperosa rintiera squadra
delle navl non corazzate, la quäle,
senza aver preso parte al combatti*
mento, eseguiva un movimento dl
contromarcia.'
Kamin des Linienschiffes stür-
zen. Da ich es nun nicht mehi* fQr
notwendig hielt, einem Schiffe noch
gruAerc Aufmerksamkeit zu schenken,
welches derartig beschädigt war und
nicht mehr besonders wirksam auf-
treten konnte und da es femer zu viel
Zeit erfordert hätte, einen neuen vollen
Kreis zu beschreiben, um sich neuer-
dings gegen dasselbe zu kehren, zu
deinsen aber ein unrichtiges Manöver
gewesen wäre, da hiebei das Schiff
auf einige Zeit steuemnfähig wird: so
fuhr ich in der Richtung der
Schlacht (?) weiter und kurze Zeit,
nachdem ich aus dem dichten Rauch,
der uns von allen Seiten einhüllte,
herausgekommen, erblickte ich zu
meiner großen Verwunderung in einer
weiten Entfernung vom eigentlichen
Aktionsfelde die gesamte nicht ge-
panzerte Eskadre, welche, ohne am
Kampfe teilgenommen zu haben, eine
Bewegung im Gegenmarsch ausführte. *
Aus der Vergleichung und Prüfung der vorstehend gebrachten Dokumente
geht nun folgendes hervor:
Die Depositionen der Zeugen Salvati, Pergola, de Luca, Solaroli,
Martini und d'Amico stimmen darüber überein, daß zwischen dem ,Affon-
datore' und dem , Kaiser' zwei Begegnungen stattgefunden haben. Während
aber die Zeugen de*Luca und Solaroli die Absicht zu rammen auch bei
der ersten Begegnung -zugeben, behaupten die Zeugen Salvati, Fergola,
Martini und d'Amico ganz bestimmt, daß bei dieser nicht beabsichtigt
worden war, zu rammen, indem beide Schiffe einander schon so nahe ge-
kommen waren, daß man im Gegenteile befürchtet hatte, selbst gerammt zu
werden und daß es sich somit diesmal nur mn ein bloßes Ausweichmanöver
gehandelt habe. Dies ist nach der Situation, in welcher sich beide Schiffe
befanden, auch vollkommen erklärlich und glaubwürdig. Ein derartiges [nein-
tlt
aitdL'i-fahren mit Gogonkurs würde höchslwahrscheinüch den Uolergang Ton
beiden li erb ei geführt haben und daß ein solches Hisika nicht in den Inten-
tionen des Admirals Persano lag. glauben wir jetzt nach allem, was uns
Ober ihn bekannt ist, mit BcsUmmIbcit annehmen zu kOnnen. Der eigeotlicbe
Rammversuch fand daher ohne allen Zweifd erst bei der zweiten Begegnung
des »Affondalore* mit dem , Kaiser' slatt. narbdem jener iazwischen sei
Bogen über Backbord beschrieben halte.
Hierür spricht auch forner der Umstand. daS das Maschinen personale.
welches durch das in die Maschine gegebene Aviso: .Altenli! appena dello
arresta ad esser pronli ad andare indiclro* aufmerksam wurde, daß ein
Rainmsloß beabsichtigt werde, angab: nur einmal und nicht zweimal kun
nach diesem Aviso das Auflreffen der Projektile auf die Bordwand backbord
des .Affondalore' Temommen zu haben. Die vom Linieoscbifle bei der ersten
Begegnung auf so nahe Distanz abgegebenen Breitseiten hatten nämlich den
, Affondatore • grßßlenteils überschössen und nur in der Takelage und auf
Deck einige Schäden zugefügt.
Die Aussage des Zeugen Chinca weicht allerdings von denen der
übrigen Zeugen ab und beläBt die Rammtäligkeit des .Affondalore* in einem
solchen Dunkel, daß man im Zweifel bleibt, ob jene Affäre sich beim ersten
oder beim zweiten Engagemcnl des , Affondalore* mit dem .Kaiser' ereignet
habe. Allein auch dieser Offizier halle in der Voruntersuchung^) anders a
gesagt und insbesondere deponiert; ,Da8 sämtliche feindlichen TreQer aof
der Backbordseile des „Affondatore' vom Linienschiffe herrührten, und zwjr
von jenem Momente, iu welchen man einen RammsloÜ — jedoob
ohne Erfolg — versucht habe und in welchem der .Afroadatoi
nach steuerbord abfiel, sowie daS, wenn dieses Manöver nicht erfolgt
war«, der .Kaiser* dem Stoße nicht mehr halle entgehen können: er
ferner von dem sicheren und unausweichlichen Zusammensloße so Qberzeiigl
geivesen, daß er durch das Mascbinenschoilicht dem Maschinen personale
sowie auch der Mannschaft des vorderen Gesell Qlzlurmes zugerufen habe:
.pancia a terra'" u, b. w.. u. s, w. Nach der Aussage Ghincas, welche wir
hier mit den übrigen Zeugenans!>agen gebracht haben und welche derselbe
in der Sffcntlichen Verhandlung vor dem Senate abgab, müBte man wohl
diese eben erwähnten Umstände auf die erste Begegnung beziehea, aber im
Zusammenhaitc mit den Aussagen der überwiegenden Majorität der anderen
Zeugen kann man nicht umhin, sie dem zwMten Engagement znxuscbreibes;
auf welches sie viel eher passen.
1) Rcndioonli etc. etc., ä. 29.
415
Es muß allerdings auffallen, daß ein so alter und erfahrener Offizier,
wie Linienschififsleutnant Ghinca^ der sich in dieser kritischen Zeit auf
Deck befunden hat, nicht vollkommene Klarheit in eine Angelegenheit zu
bringen im stände war, die infolge ihres aufregenden Charakters gewiß
einen nachhaltenden Eindruck zurücklassen mußte. Man wird jedoch den
Erklärungsgrund hievon darin zu suchen haben, daß dieser Offizier vom
Admiral Persano für sein wackeres Verhalten während der Schlacht in
einer geradezu überschwenglichen und ostensiblen Weise ausgezeichnet, bei
der Rückkehr der Flotte nach Ancona sofort zur Beförderung zum Fre-
gattenkapitän und für das Kommando der Panzerkorvette «Terribile* vor-
geschlagen worden war, so daß sich gerade nicht sagen läßt, er sei ein voll-
kommen unbefangener Zeuge gewesen, wodurch dann allerdings seine eigen-
tümliche zweideutige Aussage sowie seine momentan eingetretene Gedächtnis-
schwäche erklärlich wird.
In dem für den Admiral Persano so gravierendem Punkte des Ab-
fallens nach steuerbord beun zweiten Engagement stimmen — mit Ausnahme
Ghincas — alle anderen Zeugepaussagen überein, so daß dieses Faktum als
erwiesen angesehen werden muß. Übrigens leugnete es der Admiral nach-
träglich nicht mehr, sondern bestrebte sich vielmehr, dafür eme Begründung
abzugeben, welche ihn entlasten und sein Manöver als das richtige hinstellen
sollte. Inwieweit ihm dies gelang und insbesondere inwieweit sich diese seine
EIrklärung wieder mit seinen Berichten vereinbaren läßt, überlassen wir dem
Urteile des Lesers. Soviel ist jedoch sicher, daß seinen anfänglichen schrift-
lichen Schilderungen über die Tätigkeit des vACTondatore*^ — wie dies auch
die Anklageakte ganz richtig bemerkte — die Absicht zu Grunde lag, sich in
recht großartigem Lichte zu zeigen, gleichzeitig aber seine Manöver so dar-
zustellen, daß es unmöglich ward, das Richtige heiauszufinden.
Nach dem Partikularjournal des Admirals Persano wäre man versucht
zu glauben, daß, sowie das Feuer eröfifnet war, der «AfiTondatore* sich sofort
gegen das Linienschiff gewendet habe, daß sodann ein heftiges Gefecht zwischen
diesen beiden Schiffen stattgefunden habe, daß er seine beiden 300pfÜnder
gegen dasselbe abgefeuert und mitten hineingetroffen habe, hiebei wiederum
von ihm getroffen worden sei und daß er ganz deutlich in diesem
Momente gesehen habe, wie das Linienschiff Bugspriet, Fockmast
und Schlot verlor. Daß er unmittelbar darauf versucht habe, es zum
Sinken zu bringen, daß aber infolge eines Hindernisses am Steuerreep dieser
Versuch mißlungen wäre und daß sich dasselbe bei später wiederholten
Rammversuchen gegen andere Schiffe wiederholt habe. Diese letzteren
fanden aber, wie wir nun wissen, in Wirklichkeit nicht statt imd es stellt
sich daher diese DarsleUuag des Admirctls als eioe falsche, auf Täuschung
berechnete dar.
Wallte man wieder seinem offiziellen Bericht über die ScbJachl Glauben
EchenkeD, eo niQßle man sich zu der Anschauung bequemen, daS nicht beim
ersten, sondern beim zweiten Engagement mit dem .AtTondalore* das Linien'
schiff .Kaiser* seinen Fockmast, Bugspriet und Schlot verloren habe und doB
dies geschehen sei, nachdem der , AfTondatore • von achter einen SloB ge^en
dasselbe geführt habe, dem jedoch auszuweichen es dem LinienschifT gelang.
Man müßte ferner annehmen, daS die guten Schüsse aus den SOOpfündem
e> gewesen waren, welche den Sluri des Fockmastes und Schlotes auf dem
UnieaschifTe herbeigeführt liStlen. während wir doch aus den Zeugcmiussagen
erfahren haben, daft die erwähnten Schüsse schon beim ersten Engagement
abgefeuert worden waren sowie daß die schweren Havarien des Linienschiffes
hauptsächlich von seinem Kampfe mit dem ,Rö di Portogallo" herrührten.
Es unterliegt somit keinem Zweifel, daß die ganze Leistung des .Affoa-
datore', wie sie vom Admiral Persano dargestellt wurde, der Wirklichkeit
nicht entspricht, daß sich vielmehr ein gewisses Bestreben herausßnden läßt,
der reinen Wahrheit aus dem Wege zu gehen, durch Verquickung von Neben-
umständen, welche in die Schilderung geschickt eiogeflochten sind, die Auf-
merksamkeit von der eigentlichen Hauptsache abijulenken, die gravierenden
Pimktc dagegen so viel als möglich im unklaren zu belassen.
Faßt man datier alles nochmals zusammen, so ergibt sich für die
OfTensiviatigkeit des .AiTondalore* während der kritischen Zeit der Schlacht
nahezu mit Gewißheit das folgende Bild: Der jAffondatore* fuhr nach go-
Bchchencr Einschilfimg des kommandierenden Admirats und ktuzem Halt behub
Einkuppflung seines Gefechts Steuers, zwischen ,B6 d'llalia' und .Palestro*
durchbrechend, der Linie der italienischen Panzerschiffe entlang, mit nOnl-
iichem Kurse gegen die österreichische Pauzerdivision. Nach dem Passieren
der Panzerschiffe des rechten Flügels stieß er auf die .Elisabeth*, welche
im Pulvcrdampfe für ein Panzerschiff, ja sogar für das AdmiralschilT gehalten
wurde. Im Manöver begriffen, dieselbe lu rammen, gewahrt der , AlTondatare*
plötzlich das Linienschiff, welches mit einem Kurse gegen ihn kommt, den
er für sich gefährlich hält. Er läßt deshalb von der .Elisabeth* ab und weicht,
indem er nach backbord ablallt, dem vermeintlich vom Lioienschiffe
beabsichtigten Stoße aus. Erstes Engagement des .Adbndatore* mit dem
.Kaiser'. Beide Schiffe passieren sich an steuerbord.') Seine Kreisbewe-
gung über Backbord weiter fortsetzend, gelangt der .Affondatore* in die fetnd-
1) Baiieht de« Kummodore v. Petz; die llaUeiier bebau)) teu Backbord.
417
liehen Holzschiffe hinein, die selbstversllndlich Tor ihm nach allen Richtungen
anseinanderstieben, damit aber auch außer den Bereich des eigentlichen
Kampfes, der mehr in nördlicher Richtung stattfindet.
Während dieser Zeit, ungefähr 10 bis 12 Minuten, nachdem sich , Kaiser **
und »AfTondatore* getrennt, findet das Engagement des »Kaiser* mit dem
»Rä di Portogallo* statt, aus welchem sich der erstere stark beschädigt imd
entmastet nach Lissa zurückzieht, während »Affondatore* imterdessen seinen
Kreis vollendet hat imd, inzwischen seine Schäden ausbessernd, wieder einen
nordöstlichen Kurs steuert. Hiebei erspäht er das LinienschifT auf seinem
Rückzuge nach S. Giorgio und steuert auf dasselbe los, um es einzuholen und
ihm den Weg zu rerlegen. Es konmit zum zweiten Engagement zwischen
.Kaiser' und «Affondatore*. Beide Schiffe steuern einen fast parallelen Kurs,
der «Affondatore*^ an Steuerbord des .Kaiser*, welch letzterer etwas vor-
aus ist. Der .Affondatore* hat diesmal die Absicht zu rammen, geht aber
im entscheidenden Augenblicke, nachdem er schon auf 1 Kabel (200 Meter)
nahe gekommen ist, wieder nach steuerbord zurück, anstatt nach back-
bor d zu halten und gibt dann das Rammen auf. Hierauf steuert er gegen
die Hoizcskadre des Vizeadmirals Albini, womit seine Rammtätigkeit während
der Schlacht beendet ist
418
Beilage VII
ßitaehten der SaehYerattidigen iber den y,Affomdatore'^
Verlkflt über Anftng der Untersnclmiigekommission des Senates.^)
Obersetsung.
Die imteneichneten Sachverstiiidigen beehren sich hiemit, im ntch-
stehenden die Beantwortung der ihnen ton der Untersnehongskommiseiott dei
Senates gestellten Fragen tn beantworten:
Frage L Welche sind die nn-
umganglieh notwendigen Bedingungen
für einen Widder, damit er seiner Be-
»fimmting im Yolien Umfange gentige?
Bei der Beantwortung dies»
Frage gruben die SachTerstindigen
ton dem Gesichtspunkte ausgehen n
mflssen, daS, obzwar man bei der
Konstruktion des grOBten Tales der
Panzerschiffe, sowohl der eigenen als
auch der fremden Marinen, das Haupt-
augenmerk darauf gerichtet hat, sie
alle zum Rammen befthigt zu machen,
es dennoch fQr opportun befunden
wurde, in das schwimmende Flotten-
material Schiffe einzuführen, welche
ausschließlich zu diesem Zwecke be-
stimmt sind.
In Berücksichtigung dessen, daft
das Marineministerium, welches die
Erbauung des « Affondatore* anordnete,
diese Zweckmftftigkeit anerkannt hat
ist es die Aoschauimg der SachTcr-
I) Rendiconti etc. etc., Seite 38—39.
419
ständigen, daft ein Schiff dieser letzte-
ren Klasse den nachstehenden An-
forderungen zum größten Teil ent-
sprechen soll :
1. Die erste und wichtigste Be-
dingung ist die der größtmöglichsten
Geschwindigkeit, welche unter ge-
nauer Berücksichtigung aller gegen-
wärtig bestehenden Verbesserungen
sowohl im Schiff- wie im Maschinen-
bau, nicht unter 14 Seemeilen pro
Stunde betragen darf, denn es ist be-
greiflich, daß bei der Geschwindigkeit,
welche man heutzutage schon bei den
großen Panzerfregatten erreicht hat,
eine geringere dem Widder wenig
Chancen ließe, mit Erfolg zu wirken.
2. Eine andere von selbst ein-
leuchtende, unbedingt notwendige
Eigenschaft eines Widders muß die
sein, unter Berücksichtigung seiner
Länge mit der größtmöglichsten
Schnelligkeit sich zu drehen und hie-
bei einen so kleinen Kreis als nur
möglich zu beschreiben ; dies wird nur
durch eine zweckmäßig angebrachte
Steuervorrichtung zu erreichen sein,
welche es ermöglicht, die Ruderpinne
fast augenblicklich unter dem nötigen
Winkel zu bringen.
3. Ist es gleichfalls notwendig,
daß der Sporn sowie das ganze Vor-
schifTeines Widders die größtmöglichste
Festigkeit in der Konstruktion besitze,
um eventuelle Gefahren und Havarien
beim Stoße hintanzuhalten; diese bei
einem aus Holz erbauten Schiffskörper
schwer zu erreichende Bedingung
Fleiicher. Die k.k. Kriegsmarine 1866. 27
420
erlangt man aber leicht bei einem
solchen aus Eisen.
4. Bei der ungemein großen
Schwierigkeit, die für einen Widder
besteht, ein feindliches Schiff zu ram-
men, wenn dieses vorzüglich manövriert
wird, ergibt sich die Notwendigkeit,
daß am Bord des ersteren ein Ge-
schütz großen Kalibers derartig postiert
sei, um in der Kielrichtung mit großer
Schnelligkeit feuern zu können tmd um
zu ermöglichen, daß das feindliche
Schiff in der Zone der verwundbarsten
Stellen, das ist in der Nähe der Wasser-
linie getroffen werden könne.
5. Nachdem ein Widderschiff
sich vermöge seiner Bestimmung mitten
in die feindlichen Linien zu begeben
hat und nicht nur dem Feuer des an-
zurammenden Schiffes allein ausge-
setzt ist, sondern auch jenem Ton
Schiffen, die zu dessen Schutze herbei-
eilen, so ist es absolut notwendig, daft
dasselbe längs der ganzen Zone der
Wasserlinie sowie der Türme und
ihrer Drehvorrichtungen von einem
Panzer von hinreichender Stärke be-
schützt sei, welche Stärke natürlich
zu dem Kaliber der feindlichen Artil-
lerie im richtigen Verhältnisse stehen
muß. Nachdem ferner zum toten
Werk gehörige nicht gepanzerte Teile
existieren, so hat im Inneren des Schif-
fes eine jede Anhäufung von leicht
zündbaren Stoffen vermieden zu wer-
den, um so viel als möglich eine:
Feuersgefahr durch fein dliche Höh.
geschosse zu begegnen.
421
Frage H. Ob diese Bedingungen
beim Widdor aAffondatore' zutreffen
oder ob und welche Mängel Im der
Konstruktiondeeselben bemerkbar sind,
welche insbesondere dessen wirksame
Aktion beeinträchtigen kannten, und
zwar:
jL bezüglich der Steuervorrich-
tung,
B. bezüglich der Tauchung,
C. bezüglich des Sporns,
D. bezüglich der Form des Kom-
mandoturmes?
Weder die erste noch die zweite
der unter I gestellten Bedingungen
treffen beim «Affondatore* zu. In
erster Linie beträgt seine (jeschwindig-
keit nach den eingeholten hiforma-
tionen bloß etwas weniges mehr als
11 Seemeilen pro Stunde mit kom-
pleter Ausrüstung und erreicht nicht
ganz 12 Seemeilen ohne derselben.
Die unterzeichneten Sachverständigen
sind der Ansicht, daft ein derartiges,
den berechtigten Erwartungen in keiner
Weise entsprechendes Resultat zmn
Teile seinen Grund darin hat, daft die
Tauchimg bei geladener Wasserlinie
eine größere als die im Konstruktions-
risse vorhergesehene ist, und zwar be-
trägt der Unterschied nicht weniger
als 2 englische Fuß (0'60m); hiemil
ist auch das Alinea B dieser Frage be-
antwortet.
Was die Trägheit beim Man-
övrieren anbelangt, so hängt diese teil-
weise von der großen Länge des Schif-
fes sowie von der geringen Geschwin-
27*
digkeit desselben ab; femer ist diese
zum Teil der wenig sinnreichen und
schlecht ausgeführten Einrichtung des
Steuerapparates zuzuschreiben, bei
welchem die Sachverständigen die
nachstehenden Mängel vorgefunden
haben :
1 . Befindet sich die Steuerpinne
nicht in einer Ebene mit den beiden
Enden des Steuerreeps, weshalb eine
Übertragung vermittels zweier Rollen
an jedem Ende unter nicht unbedeu-
tender Vermehrung der Reibung statt-
findet.
2. Sind die oben erwähnten
Rollen und die verschiedenen Blöcke
des Steuerapparates weder von einem
entsprechenden Durchmesser nocii
von einer entsprechenden und passen-
den Form für ein Kettensteuerreep.
3. Ist die Art und Weise der
Verbindung der geradlinigen Teile des
Steuerreeps, bestehend aus Querstan-
gen von Rundeisen in der Stärke von
25 mm Durchmesser, eine äußerst
schwache, wodurch die Gefahr einer
Havarie am Apparate, falls die Pinne
bei einer raschen Wendung ganz am
Bord gelegt wird und das Schiff mit
ganzer Kraft fährt, sehr nahe liegt.
Was die dritte Hauptbedingung
— Stärke und Solidität des Sporns —
anbelangt sowie seiner anliegend»^n
Teile (C), so geht die Ansicht Jt-r
Saclivcrsläütligen daliin, daß dtT
,Affond;itore" in dieser Bezie-
hung nichts zu wünschen übrij:
läßt, da sie bei der Untersuchung j:»-
funden haben, daß er in diesem sowi«;
423
in jedem anderen Teile des
Schiffskörpers mit besonderer Solidität
und Genauigkeit nach den besten im
Gebrauche stehenden Methoden er-
baut ist.
Die Sachverständigen hegen kei-
nen Zweifel, daft das beim «Affonda-
tore* angewendete System der Dreh-
türme das vorteilhafteste ist, um der
unter I, Punkt 4, gestellten Hauptbe-
dingung zu entsprechen; sie erkennen
jedoch anderseits als einen Hauptübel-
stand die geringe Höhe des Geschütz-
standes und der Stückpforten über
Deck an, welche Ursache ist, daß bei
Jagdschüssen auf kurze Distanz unmög-
lich ein Schiff in der Zone der Wasser-
linie getroffen werden könne.
Was die fünfte der früher aus-
gesprochenen Hauptbedingungen an-
belangt, so ist die Kommission weit
entfernt, in dieser Beziehung vom
, Affondatore ' zufriedengestellt zu
sein, nachdem ein großer Teil
des Gürtelpanzers, der dazu be-
stimmt ist, den Schiffskörper an
der Wasserlinie zu beschützen, den
Fehler besitzt, daß seine obere vor-
springende Kante unter die Lade-
wasserlinie fällt, so daß ein einziges
der jetzigen bei den verschiedenen
Marinen im Gebrauche stehenden
schweren Projektile hinreichen würde,
das Schiff zum Sinken zu bringen.
Dieser Übelstand des erwähnten Gür-
telpanzers wurde den 16. d. M. am
Bord festgestellt und ist auf dem Kon-
struktionsrisse mit Blaustift bezeichnet
und wenn auch die vorspringende
4M
Kante anf dem Rfase sieh oberhalb der
Waweilime befindet, so eiiikt äe in-
fidge der grdSeren Tutehnng in Wirk-
Uofakeit doch gröBtenteOs unter das
Waaaer.
Ebenso Terdient an dieser SteDe
der Umstand erw&hnt m werdoi« daS
die groBe Menge der ans Holx ange-
fertiglen Gegensttnde nnd Verscba-
longen an den Teilen des Schifls-
kOrpers, dernidit gepamert ist» das
Schiff in einem höheren Grade als
notwoidig ist, einer Feansgebbr
dnrch feindliche Hohlgesehosse ans-
setst Bezugnehmend anf das Alinea A
sind die SachverstSndigen der An-
sicht, daB der Kommandoinnn des
»Affondatore* mehr als gewCAudidi
gertomig nnd bequem ist: sie mOssen
jedoch als einen groBen Fehler den
Umstand besdchnai, daB die Spib-
scharten (ferritoje) anstatt horiiontal,
Tertikai angebracht sind, wodurch
natürlich das Gesichtsfeld einer jeden
derselben unnötigerweise eingeengt
wurde. Die Sachverstfindigen Rauben,
auf die Enge der Aussichtslöcher im
Dache des Turmes kein besonderes
Gewicht legen zu sollen, da der Kom-
mandant, wenn er eine Umschau üb«
einen gröBeren TeU des Horizontes
halten will, dies dadurch bewerkstel-
ligen kann, daB er den Kopf durch die
in der Nähe befindliche Luke, durch
welche man bequem in den Turm ein-
oder aussteigt, heraussteckt
Die gefertigten Sachverständigen
glauben ferner, Uer bemericen zu
müssen, daB wie immer auch die
425
Frage III. Ob, die vorangeführten
Obelstände zusammengehalten, der
«Affondatore* mit Vorteil als Admiral-
schiff in einer Seeschlacht, in welcher
eine Flotte, bestehend aus 3 Eskadren,
kämpft, verwendet werden könne, ohne
Beeinträchtigung der Rolle, die ihm
durch seine Bauart zugewiesen ist?
Form oder Einrichtung ähnlicher
Türme sein möge, das Gesichtsfeld
vom Innern des Turmes aus stets nur
ein sehr beschränktes sein könne und
daß der Kommandant, um sich
gewissenhaft von der eigenen
Lage zu überzeugen, öfters seine
geschützte Stellung verlassen
müsse, da nicht zugegeben wer-
den kann, daß die Unzulänglichkeit
des Ausblickes vom Inneren des
Turmes im Falle eines Mißerfolges
fQr ihn eine Entschuldigung bilde,
(essendo inammessibile che Timper-
fezione di vista dair intemo della torre
possa servirgli di esonero in caso di
nsuccesso.)
Die unterzeichneten Sachver-
ständigen sind der Meinung, daß auf
diese Frage eine Antwort in absoluter
Form nicht gegeben werden könne;
sie glauben aber, daß in einzelnen
Fällen, wie z. B. jenen, wenn der
Kommandierende eine ganze Division
dazu verwenden v^, um die feind-
liche Linie mit der Ramme anzugreifen,
es ganz opportun sein kann, wenn er
seine Flagge auf demjenigen hißt,
welches sich zu dieser Angriffsart am
geeignetsten erweist. Aber als allge-
426
Frage IV. Ob man vom Inneren
des Kommandoturmes aus hinreichend
das Manöver des ^^ Affondatore" in seiner
eigentlichen ihm zukommenden Be-
stimmung leiten und mit Vorteil die
Bewegimgen und die Tätigkeit der
Flotte während des Gefechtes dirigieren
könne?
meinen Grundsatz müssen sie hin-
stellen, daß infolge der Natur des
Dienstes selbst, zu welchem ein
Widder bestimmt ist, indem er unab-
hängig von der Eskadre zu wirken hat,
der Admiral en chef, welcher denselben
während der Schlacht besteigt, sich
unvermeidlich vor die Alternative ge-
stellt finden wird: entweder den
allgemeinen Gang des Kampfes,
den er zu leiten berufen ist,
außer Sicht zu verlieren, oder
die Spezialbestimmung des Wid-
ders zu neutralisieren, wenn er
sie gewissermaßen auf jene
eines einfachen Avisos reduziert.
Nachdem von den Sachverstän-
digen im vorhergehenden schon die
Ansicht ausgesprochen wurde, daß im
allgemeinen die Funktionen eines
Widders und eines Admiralschiffes
sich gegenseitig ausschließen, können
dieselben in Beantwortung der vor-
liegenden Frage nur noch hinzufügen,
daß, vorausgeschickt die einleuchtende
Notwendigkeit für einen kommandieren-
den Admiral, während des Gefechtes
nicht nur die eigenen Schiflfe, sondern
auch jene des Feindes beständig im
Frage V. Ob insbesonders mit
Rücksichtnahme auf die Gattung und
Höhe der Masten des »Affondatore*,
man auf selben die notwendigen Sig-
nale in der Weise hissen könne, um
leicht das Präsignal des Schiffes oder
der Eskadre^ an welche sie gerichtet
sind, unterscheiden zu können sowie
die Bedeutung derselben Signale, wenn
die Signalisierung ausschließlich ent-
weder auf dem Großmaste oder auf
dem Fockmaste gemacht wurde?
427
Auge zu behalten, femer, daß, wenn
Rücksicht genommen wird auf die
Schnelligkeit der Bewegungen, welche
bei Dampfern stattfindet, wodurch sich
die gegenseitigen Positionen so unge-
mein rasch wechseln, es die Sachver-
ständigen als ihre Meinung ansehen,
daß es für einen kommandieren-
den Admiral unmöglich sei^
seinen wichtigen Obliegenhei-
ten vom Innern eines Turmes
aus genügend nachzukommen,
von wo das Auge nur einen be-
schränkten Teil des Horizontes
erfassen kann und von wo es
daher unmöglich gemacht wird,
sich ein richtiges Urteil über
die eigenen Positionen sowie
über jene des Feindes zu bilden.
In Bezug auf den Gegenstand
dieser Frage sind die Sachverständigen
der Anschauung, daß die geringe Höhe
der Bemastung, mit welcher der
«Affondatore" versehen ist, einen Um-
stand bildet, der an und für sich
428
minder günstig fflr die Vermittlung Ton
Signalen ist.
Was nun den in der Frage spe-
ziell berührten Fall anbelangt« in
welchem ein aUgemeines Signal der
Taktik nur für ein Schiff oder fQr eine
Division geltend gemacht werden soll,
indem dasselbe gleichzeitig von dem
Präsignal des Schiffes oder der Divi-
sion begleitet wird, so sind sie der
Meinung, daß die einzige Art, dieses
Doppelsignal auf einer Bemastung wie
die des ,Affondatore* zur Geltung zu
bringen — indem man sich bloB ent-
weder des Großmastes oder des Fock-
mastes bedient — darin besteht, daß
man das allgemeine Signal an der
Gaffel und das Präsignal am Top des
Mastes hißt; aber bei Berücksichtigung
der geringen Höhe der Masten selber
und vor allem der geringen Lftnge der
Gaffeln (von nur 9*70 m) glauben sie,
daß es in manchen Fällen nicht leicht
sein wird, die Flaggen des allgemeinen
Signals von jenem des Präsignals zu
unterscheiden. Dieselben sind daher
der Ansicht, daß, um jeden Irrtum
möglichst zu vermeiden, im Falle von
einem Schiffe mit einer Bemastung
wie der des , Affondatore* einem anderen
Schiffe Doppelsignale zu geben sind,
das allgemeine Signal am Großmaste
und das Präsignal am Fockmaste zu
liissen wäre und nicht beide Signale
zusammen auf einem Mäste.
Die unterzeichneten Sachverständigen erklären hiemit, daß die Beant-
wortung der obigen ihnen von der Untersuchungskommission vorgelegten Fragen
^uf Grund einer von ihnen persönlich vorgenommenen Besichtigung des
429
.Affondatore* in allen seinen Teilen verfaftt wurde, welche Besichtigung gleich-
zeitig mit jener durch die Untersuchungskommission selbst in den Tagen vom
14. bis 16. 1. M. vorgenommenen stattflEuid, sowie auf Grund der Einsichtnahme
der Eonstruktionsplftne dieses Schiffes xmd des Baukontraktes.
Rücksichtlich der ferneren Untersuchungen, die zufolge Auftrages der
Untersuchungskommission vom 22. 1. M. von den Sachverständigen noch vor-
genonmien werden sollten und welche in einer Probefahrt zu dem speziellen
Zwecke bestehen sollte, um den Drehungskreis des «Affondatore* zu bestimmen
sowie das Funktionieren des Steuerapparates desselben, bemerken die Sach-
verständigen :
1. DaA bezüglich der Grescbwindigkeitsbestinunimg der Zustand der See
an diesem Tage jede stichhältige Probe verhindert hätte, außerdem aber würde
auch der Zustand des Schiffskörpers, nachdem er fast 3 Monate im Schlamme
gelegen ^), jedem Experimente, selbst wenn dieses imter günstigen Umständen
stattfände, in dieser Beziehung nur einen sehr geringen Wert verleihen, abge-
sehen von der Beschädigung einzelner Blaschinenbestandteile durch das lange
Liegen im Salzwasser und dem Funktionieren der Maschine unter solchen Um-
ständen.
2. Was den Steuerapparat anbelangt, so hat sich der Zustand desselben
nach der Besichtigung durch die genannte Kommission insofeme bedeutend
geändert, als man den in dem Berichte angeführten Übelständen bereits abge-
holfen hat, somit ließe sich auf Basis seines gegenwärtigen Funktionierens kein
Schluß ziehen auf die Resultate, welche vor der Verbesserung zu erzielen
gewesen wären.
In Berücksichtigung der angeführten Gründe erklären somit die Sachver-
ständigen, daß nach ihrem Dafürhalten eine jede Vornahme weiterer Experimente,
sowie der früher erwähnten Probefahrt überflüssig wäre.
Florenz, 29. November 1866.
gez. Mattel. gez. de Ferrari.
• Provana. , Ohigi.
1) Der ,Affondatore* war bekanntlich am 6. August 1866 auf der Rhede von
Ancona bei einer NordnordwestbO gesunken und wurde erst am S5. Oktober desselben
Jahres gehoben. (Siehe Seite 346).
II. Abschnitt.
Die k. k. Lagnnenf lottille in Venedig.
Mit einer Karte der Hafeneinfahrten von Venedig.
433
Die k. k. Lagunenflottille in Venedig.
Ausrflstnng und Indienststelltmg der k. k. Lagimenfahneaf«. — Sptmixig dtr Haftncinfahrtan Ton
Chioggia und Malamocco. — übergäbe des k. k. Seeareenals an die königlich italienische Marine. — Stand
und Armierung der k. k. Lagunenflottille in Venedig 1866.
Auch in Venedig — Festungsgouvemeur FZM. Baron Ale mann»
Hafenadmiral Kontreadmiral Julius Ritter v. Wissiak — waren trotz
der in Aussicht stehenden Kriegsgefahr bezüglich der Ausrüstung der
Lagunenflottille keinerlei Vorbereitungen getroffen worden.
Nach den damaligen Anschauungen galt Venedig, mit Rücksicht auf
seine eigentümliche Lage an der Adria, welche schweren, tiefgehenden
Kriegsschiffen die Annäherung an die Festungswerke nur bis zu einer
gewissen Grenze gestattete, für ziemlich sicher und von der Seeseite so
gut wie uneinnehmbar. Nur von der Landseite aus oder durch die inneren
Kanäle mittels Fahrzeugen von geringem Tiefgange, war ihm beizu-
kommen. Trotzdem man nach der allgemeinen Annahme im bevor-
stehenden Kriege bezüglich der vom Gegner beabsichtigten Unter-
nehmungen gerade in ihm das wahrscheinliche Angrififsobjekt durch Heer
und Flotte zu suchen hatte, so war doch bis Ende April alles noch im
Friedenzustande.
Die für den Dienst in den Lagunen bestimmten Schraubenkanonen-
boote , Ausluger**, „Deutschmeister** imd „Pelikan** lagen abgerüstet im
Arsenale. Von den Raddampf-Kanonenbooten war nm* Nr. VI aus-
gerüstet und hatte den Stationsdienst in Chioggia zu versehen; die
anderen lagen gleichfalls im Arsenale, ebenso die kleinen Lagunen-
raddampfer „Thum-Taxis**, „Alnoch**, „Messaggiere** und „Gorzkowsky**.
Alle diese Schiffe wurden gewöhnlich einmal des Monats, anläßüch des
Truppenwechsels in den verschiedenen Lagunenforts oder auch zu
Materialtransporten, je nach Bedarf und ohne armiert zu werden, aus-
gerüstet, um nach vollendeter Mission wieder in das Arsenalsverhältnis
zu treten.
Von den Positionsschiffen standen Prahme »Vesuvio** bei Alberoni,
Ponton „Fermo** am Lido als Wachschiffe im Dienste, die übrigen lagen
abgerüstet im Arsenal.
434
Dasselbe galt, mit Ausnahme der Pirogen »Euridice* und
„Umile'*, die bei Treporti und S. Erasmo stationiert waren, von der
Lagunenruderfloltille.
Erst mittels Befehls vom 30. April, gleichzeitig mit der Indienst-
stellung der Hochseeschiffe, verfugte das Kriegsministerium, daß zuerst
nur die mit Dampfkraft versehenen Schiffe, nämlich die Schrauben-
kanonenboote „Ausluger**, „Deutschmeister** und „Pelikan*, die Rad-
dampf-Kanonenboote Nr. I, U, III, IV, V sowie die Raddampfer „Thum-
Taxis**, „Abioch*', „Messaggiere** und „Gorzkowsky**, in volle Aus-
rüstung zu treten hatten, was mit 21. Juni bezüglich aller hier genannten
Schiffe, mit Ausnahme der Schraubenkanonenboote, die erst am 25. fertig
wurden, vollzogen war.
Die LagunendampfQottille nahm ihren Ankerplatz im Kanal von
S. Marco ein. Raddampfer „Gorzkowsky*, zur Disposition des Festungs-
gouvemements gestellt, ankerte vor der Piazzetta.
Um die diu-ch keine Fortifikationen geschützten Lagunen durch
Positionsschiffe sichern zu können, traf das Festungsgouvemement im
Einvernehmen mit dem Hafenadmiralat am 21. Juni die Verfügung, daß
noch die Obusiera „Saötta**, femer die Pirogen „Elvira*, „Eulalia",
„Teresa**, „Iride**, „Rondina* und „Agile** in Ausrüstung traten, und
zwar wurden Obusiera „Saötta** und Piroge „Elvira** für Chioggia
bestimmt, während „Eulalia**, „Teresa** und „Iride* die Bewachung bei
S. Giorgio in Alga, im Kanal Murano und bei Torcello, wo die Kanäle
Trambetta und Buflfone überwacht werden konnten, zu übernehmen
hatten. „Rondina" und „Agile** wurden zum Patrouillendienste und zur
Bewachung verschiedener Objekte verwendet.
Die gepanzerte Batterie „Feuerspeier", welche vermöge ihrer
starken Armienmg bei der Verteidigung wesentliche Dienste leisten
konnte, wurde Ende Juni westwärts der Hafeneinfahrt von Malamocco
verankert. Segelfregatte „Venus**, welche bisher als Akademieschalschiff
auf der Rhede von Muggia gelegen war, sollte ebenfalls noch eine Ver-
wendung finden, wurde nach Venedig geschleppt, dort für Kriegszwecke
provisorisch ausgerüstet und im Kanal Murano vertäut, von wo dieselbe
die Stadt Murano und die P'ondainenta nuova behen*schte.
Auf diese Weise wurden die alten, größtenteils einer fniheren
Periodt* angehörigen SchitTe und Flottanten zum Wachdienste in
l)estiinmten Gewässern verwertet, während die Dampffahrzeuge die
mol)ile lokale Verteidigung darstellten und zngleich die Vorbindungen
inni'rhalb der Lagunen vermittelten.
435
Die Werke der Seeseite waren am 12., jene der Landseite am
26. Juni im Verteidigungszustande und mit 846 Geschützen armiert Die
Besatzung Venedigs bestand aus 10 Bataillonen Infanterie, SVs Kom-
pagnien Festungs- und Küstenartillerie, 2 Kompagnien technischen
Truppen und 1 Raketenbatterie mit dem Gesamtstande von 12.987
Mann und 8 Raketengeschützen.
Das Hafenadmiralat hatte zur Bemannung der Binnengewässer-
schifife, zu Arsenalszwecken etc. 4 Kompagnien des Matrosen-, 2 Kom-
pagnien des Marinezeugskorps und 2 Kompagnien Marineinfanterie mit
dem Stande von 3561 Mann zur Verfügung.
Am 28. Juni war die Hafeneinfahrt von Ghioggia zwischen den
Forts Feiice und Garoman durch eine Barrikade von Fregattenketten,
auf 113 Ankern vertäut, jene am Lido zwischen den Forts S. Andrea und
S. Nicolo durch eine gleiche auf 48 Ankern vertäute Kette gesichert.
Eine schwere Barrikade von einer Linienschiffs- und einer
Korvettenkette, auf 149 Ankern vertäut, sperrte die Einfahrt bei Mala-
mocco zwischen dem Fort S. Pietro und der nördlichen Diga. Westlich
und parallel derselben befanden sich 17 Seeminen (System Oberst
Baron Ebner). Im Canal della Rochetta, an der engsten Passage, lagen
7 Merkantilschiffe zum Versenken bereit.
Die Passage der Handelsschiffe war seit Mitte Juni nur bei Tage
und durch die Einfahrten Malamocco und Ghioggia gestattet.
Kriegerische Ereignisse ergaben sich nicht.
Als nach abgeschlossenem Frieden mit Hallen, Venedig, welches
vorher infolge der Mediation Frankreichs und der Obergabe desselben an
den Kaiser Napoleon III. von dem General Leboeuf nominell in Besitz
genommen war, von Österreich geräumt wurde, begann am 9. Oktober
die Übergabe des k. k. Seearsenals an die itaUenische Marinebehörde, bei
welcher Gelegenheit von Seite Italiens Kontreadmiral Wright und von
jener Österreichs Kontreadmiral Ritter v. Wissiak als Bevollmächtigte
fungierten.
Die Lagunenraddampfer „Thum-Taxis**, ^jAtooch*, „Messaggiere"
und ,,Gorzkowsky*, dann die Schraubenkanonenboote „Ausluger*,
»Deutschmeister* und „Pelikan* vnirden nebst einem großen Teile des
wertvollen Marinematerials nach Pola überfuhrt, während die Raddampf-
Kanonenboote und sonstigen Lagunenfahrzeuge teils von der italienischen
Regierung übernommen, teils im Auktionswege an Unternehmer abge-
geben wurden. Dasselbe geschah nach Ausscheidung der alten, noch von
den Zeiten der Republik heiTührenden historischen Objekte, welche in
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. <2S
436
italienisehetn Besitze Terblteben, mit jaoem Materials, welches nicht mdir
die Kosten des Transportes wert war.
Damit endete nach fOnzi^ährigem Besitze trotz der Siege sm
Costoza und Lissa, die Herrschaft Österreichs Ober die .Königin dfts
Meeres' !
Die italienische Regierung machte Venedig zum Sitze da
m. Marinedepartements.
Im nachstehenden bringen wir die Standes- und Armierim^
tabeUe der k. k. L&gunenflottiUe von Venedig.
I
438
Stand und Amiemig der k. k. La^naei-
Schiffsgattung
1
Name
des Schiffes
Tonnen- 1
gehalt 1
•8
1
BestQckiing
t
&
Schwimmende Batterie
Feuerspeier
1650
—
16 glatte 48pfÜnder
Segelfregatte
Venus
1577
—
12 . 18 ,
Obusiera
Prahme
Safitta
Vesuvio
268
268
—
J2 . 30 . \
(4 , 24 , Karronadenf
6 , 30 , )
< 1 GOpfQndige Granatkanone V
( ä la Paixhans )
Ponton
Nr.n(nFermo)
251
—
10 12pfd. gezogene Hinieriader
Schraubenkanonenboot
Ausluger
188
50
2 12 .
1»
Deutschmeister
188
50
2 12.
«
Pelikan
188
50
2 12 .
Raddampf-Kanonenboot
Nr. I
, 11
75
75
25
25
il24. , , }
\ 1 7pfandige lange Haubitze f
dto.
n I»I
75
25
dto.
. IV
75
25
dto.
. V
75
25
dto.
, VI
75
25
dto.
Raddampfer
Thum-Taxis
Alnoch
170
137
40
40
4 6pf0ndige gezogene Vorder-
lader (La Hitte)
[ 1 glatter SOpfünder
\ 4 12pfündige gezogene Hinter-
( lader, 2 Petrier
1»
Messaggiere
50
20
3 Ipfündige Petrier
»
Gorzkowsky
42
IG
dto.
Peniche
Najade
70
j 1 36pfündige Karronade, )
12 1 . Petrier (|
Piroge
Elvira
35
i 1 24 „ Karronade, (
(2 1 , Petrier i
n
Eulalia
35
dto.
n
Euridice
35
—
dto.
1
1 ?»
Umile
35
dto.
3
Teresa
35
dto.
•»
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::5
dto.
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Rondina
35
dto. 1
1
Ajrile
35
dto . ;
}
flottUle in Venedig im Jalire 1866.
1= '^
Charge und Naiiie
lies Seh iffsko mm andante 11
Anmertuii|i
929
LmienBchifTskapilän Hadrian Morelli
In der Haftineinfalirl von
Malarnocco
516
Gusta» V. Zaccaria
Im Kanal Yon Murano
37
Unienschiffsleulnant GoltFried v. Le
Blanc-SouvUle
la Chiogpia
5*
Linieuschiffsleutnant Josef Tiefenbacher
In Alheroiii
5*
Hariuczeugi^korps- Leutnant I. Klasae
Peter Pisoni
Am Lido
+t
Linienschiftäf&hnrich Karl Freiherr v.
Puteani
Im Kanal voa San Marco
4^1
Uni en Schiffs fähnricli Johann r. Porten-
sehlag
Linienscliirrsraiinrith Kar! Cheyalier
Rousseau
33
33
Julius V. Jager
bS
Peter Bozich
33
Ruii. Rilt. V. Jenny
32
33
EponGrf.Chorinsky
Paulucci
In Cliio((gia
34
Linienschjffsleutnant Eduard Pilner
Im Kanal von San Harco
20
19
Hoiiiolacs
19
37
LmieuschifTsfBhnrich Friedrich Freiherr v.
Gagern
Linienschiflsfthnrich Karl v. Appeltauer
Vor der PiaKetta
In verscliarflet Scebereitschaft
bei der Porta nuova
15
—
In Chiö^ia
15
-
In S. Gioi^io in Alga
In Treporü
In S. EraEmo
15
_
Im Kanal Burtmo
15
—
Bei Torcello
ir.
lä
-
dierisle
15
"
dto.
il53
III. Abschnitt.
Die k. k. Gardaseeflottille.
Mit einer Karte des Gardasees und einer
Porträttafel in Heliogravüre.
♦ »
l f
1 »f I ■ . I S * ^' •
MORITZ MONFROKI v. MONFORT,
KOHUAKRANT OKU UARUAKCK' rLUn ILLX.
443
Die G ardaseeflottille.
AusrQstaog und ladienststellang dar Flottille. — Kreuzungen und SdiarmQtzel der verschiedenen Schiffe
sowie der ganzen Flottille. — Kampf des „Wildfaog* mit der Batterie von Gargnano und Wegnahme des
talienischenRaddamprem «Benaeo« durch «Wildfang« und .ScharfschStze*" (90. Juli). — Kampf der Flottille
mit den italienischen Kanonenbooten vor Salö. — Kritische Lage der Osterreichischen Truppen in SQdtirol.
— Dienste der Flottille in diesem Stadium. — Besetzung und Haltung von Riva. — Waffenstillstand. —
Abrdstung der Flottille. — Übergabe derselben an die Italiener. — Auszeichnungen.
In dem bevorstehendem Kriege mit Italien mußte der neu-
geschaffenen Flottille am Gardasee eine wichtige Rolle zufallen. Während
Österreich bis zum Jahre 1859 im Besitze des ganzen Sees war, hatte der
Friede von Zürich bei der Abtretung der Lombardei die Grenze derart
gezogen, daß der Gardasee seiner ganzen Länge nach, von Peschiera bis
Riva, in eine östliche und westliche Hälfte geteilt wurde, welch letztere
Italien zufiel.
Infolge des auf diese Weise geschaffenen Zustandes hatte das
Kommando der IL Armee zur Sicherung der österreichischen Küsten-
strecke und der Festung Peschiera von der Seeseite unter anderem auch
eine Vermehrung der bisher auf dem Gardasee stationierten Kriegs-
fahrzeuge verlangt und wurde gleich nach der im Jahre 1860 erfolgten
Übernahme des k. k. Flottillenkorps durch die kaiserliche Marine der Bau
von sechs Schraubenkanonenbooten in Angriff genommen.
Dieselben hatten ein Deplacement von 280 Tonnen, eine Maschine von
nominell 90 Pferdekräften, eine Armierung von zwei Stück 48pfündigen
und zwei Stück 30pfündigen glatten Geschützen sowie einen Bemannungs-
stand von 72 Mann.^) Ihre Namen waren: .Raufbold", „Scharfschütze*,
„ Speiteufel *, „Uskoke", , Wespe *, , Wildfang**. Von älteren Stations-
schiffen befanden sich bei Ausbruch des Krieges noch am Gardasee die
zwei Raddampfer .Heß* von 360 Tonnen Gehalt, 100 Pferdekräften,
vier glatten 12pfündem mit 44 Mann Bemannung, und . Franz Joseph*
von 170 Tonnen Gehalt, 50 Pferdekräften, zwei glatten 12pfündem und
34 Mann Bemannung.
1) „Speiteufel* hatte bei Ausbruch des Krieges statt seiner SGpfQnder gezogene
3ipffindige Wahrendorffgeschütze erbalten. A. d. V.
444
Dieser für die dortigen Verhältnisse immerhin ganz ansehnlichen
Seestreitmacht war Italien nicht im stände, am Gardasee eine gleich
starke entgegenzustellen. Merkwürdigerweise hatte es die italienische
Regierung, welche doch zur Hebung der nationalen Marine so außer-
ordentliche Anstrengungen machte, ganz verabsäumt, für die Binnenseen
etwas zu tun und sich auch hier die Superiorität zu sichern.
Italien besaß am Gardasee anfänglich bloß die fünf von den
Franzosen im Feldzuge des Jahres 1859 zur Belagerung von Peschiera
mitgebrachten kleinen eisernen Kanonenboote, welche nach Beendigung
des Feldzuges an Italien überlassen und mittels königUchen Dekretes vom
15. September 1859 von der Marhie übernommen wurden. Jedes der-
selben führte drei kleine gezogene Vorderlader und besaß eine Ißpferde-
kräftige Maschine. Später änderte man die Bestückung und gab einem
jeden ein gezogenes \6cm und ein gezogenes San Cavalligeschütz.
Diese Fahrzeuge hießen: «Sesia", „Castenedolo*, „Torrione*, ^Frassi-
netto** und ^Pozzolengo".
„Sesia* war am 8. Dezember 1860 infolge einer Kesselexplosion zu
Grunde gegangen; dagegen hatte man später den Bau zweier neuen,
, Mincio ** und „Adda", in Angriff genommen und vollendet. Für
Transportzwecke diente der kleine Raddampfer ^Benaco*, der früher
den Postdienst besorgt hatte.
Als Hafen- und Marinestation war Salö ausersehen worden.
Bei Ausbruch des Krieges hatte das Marineministerium sämtliche
Seeoffiziere vom Gardasee zur Dienstleistung bei der Flotte zurück-
berufen und die Gardaseeflottille wurde dem General Garibaldi, welcher
die Bildung von Freischaren zur Bekämpfung Österreichs übernommen
hatte, unterstellt.
Als General Garibaldi — Mitte Juni — in Salö ankam, war nur
das Kanonenboot , Mincio" in Ausrüstung, von den fünf übrigen war
..Frassinetto" nicht mehr zum Dienste tauglich und die anderen vier
hatten ihre Maschinen nicht in Ordnung. Mit der ihm eigenen Energie und
Sachkenntnis betrieb er sofort die schleunige Ausrüstung derselben und,
da gleichzeitig sein Freund, General Avezzana, mit zahlreichen see-
kundigen Freiwilligen aus Livorno und den übrigen Seestädten anlangte,
so war man auch im stände, die Boote, so gut es eben ging, zu bemannen.
Als Kommandanten dienten Auxiliaroffiziere, Divisionskommandant der
Flottille war der dem Stabe Garibaldis zugeteilte Oberstleutnant Vechj.
Wie aus dieser Darstellung ersichtlich, lagen im Gegensatze zu
der Hochseeflotte Italien?, welche jener Österreichs bedeutend über-
I
445
legen war, hier die Verhältnisse ganz anders und zu Gunsten des
letzteren.
Die Ausrüstungsordre für die österreichische Gardaseeflottille
erging an dieselbe zugleich mit jener für die Flotte — 30. April — und
war sie unter der Leitung des Marinestationskommandanten von
Peschiera, Korvettenkapitäns Man fr oni V. Manf ort in verhältnismäßig
kurzer Zeit durchgeführt, gleichzeitig auch sämtliche Kanonenboote mit
Eisenbahnschienen gepanzert worden.
Die ausgerüstete Flottille bestand aus folgenden Fahrzeugen:
Kanonenboot „ Speiteufel " , Kommandant Linienschiffsfähnrich Grat
Zichy, Führerschiff des Korvettenkapitäns v. Manfroni;
Kanonenboot «Uskoke'', Kommandant Linienschiffsleutnant Natti;
Kanonenboot , Scharfschütze **, Kommandant Linienschiffsleutnant
Freiherr v. Haan;
Kanonenboot „Wildfang**, Kommandant Linienschiffsleutnant Joly;
Kanonenboot „Raufbold'', Kommandant Linienschiffsleutnant
Meder;
Kanonenboot „Wespe", Kommandant Linicnschiffsleutnant
V. Adler;
Raddampfer „Heß**, Kommandant Linienschiffsfähnrich Graf
Seyssel d'Aix;
Raddampfer „Franz Joseph", Kommandant Linienschiffsfähnrich
Freiherr v, Pelichy.
Schon vor Beginn der Feindseligkeiten waren von den Freischärlern
bei der Spitze von Mademo Strandbatterien aufgeführt worden und
große Abteilungen, dem 2. Freiwilligenregiment angehörig, hatten sich
vom 10. Juni an bei Maderao und Gargnano unter dem Schutze der dort
aufgestellten Batterien und unter persönlichem Kommando Garibaldis
angesammelt.
10. Juni.
Korvettenkapitän v. Manfroni schiffte sich den 10. Juni an Bord
des „Speiteufel" ein und übernahm damit faktisch das Kommando über
die ausgerüstete Flottille. Die ihm vom Armeekommando erteilten
Instruktionen lauteten dahin, „eine Landung von Freischaren in Tirol zu
verhindern, die feindliche Flottille in Salö festzuhalten und Riva zu unter-
stützen*. In Ausführung derselben begab er sich mit der Flotlüle sofort
auf die Höhe von S. Virgilio, um die im Hafen von Salö liegenden feind-
lichen Sireitkräfte besser beobachten und bei Beginn der Feindseligkeiten
446
gleich die Aktion gegen dieselben eröffnen zu können.. In dieser ver-
schärften Bereitschaft verstiich indes noch einige Zeit, welche zur Ein-
übung der Mannschaften und mit taktischen Exerzitien bestens aus-
genützt wurde.
23. Juni.
Am 23. Juni morgens begannen die Feindseligkeiten und die all-
gemeine Vorrückung der italienischen Armee über den Mincio. Um
iV/z^ a. m. verließ der Flottillenkommandant den Ankerplatz bei
S. Virgilio mit den Kanonenbooten „Speiteufel% ^Wildfang**, ,,üskoke*
und , Scharfschütze**. Raddampfer „Heß** wurde der Eskadre voraus-
gesendet, um eine Rekognoszierung von Lech! bis Gargnano vorzu-
nehmen und den kreuzenden Kanonenbooten , Raufbold* und „Wespe**
den Ausbruch der Feindseligkeiten mitzuteilen.
Nachdem Dampfer „Heß* bei dieser Rekognoszierung von feind-
licher Seite nicht gestört worden war, so eröffnete die Flottille um 12'/4**
das Feuer gegen die Spitze von Mademo, wo sich sehr viele Garibaldianer
befanden, um sich ebensowohl von der Lage der Batterie wie auch von
der Tragweite und dem Kaliber der Geschütze zu überzeugen. Nach dem
dritten von der Flottille abgegebenen Schusse eröffnete die Batterie von
Maderno ein langsames Feuer gegen die Schiffe, welche dasselbe drei
Viertelstunden lang aus 10 bis 13 Kabel (2000 bis 2600 m) Entfernung
erwiderten. Die Batterie befand sich auf der östUchen Spitze von Mademo.
Der erste Schuß ging über die Schiffe hinweg und erreichte eine Trag-
weite von zirka 15 Kabel (3000 m). Die österreichische Flottille erlitt
weder Verluste noch Havarien, obgleich der Feind schon beim dritten
Schusse sehr gut feuerte und die Geschosse in unmittelbarer Nähe und
zwischen den Schiffen niederschlugen. Die Garibaldianer zerstreuten sich
gleich nach den ersten von den österreichischen Schiffen abgegebenen
Schüssen in ein naheliegendes Gehölz. Die im Hafen von Salö liegenden
italienischen Kanonenboote ließen ihre Truppen von der k. k. Flottille
beschießen, ohne herauszukommen.
Durch diesen vom Korvettenkapitän v. Manfroni unternommenen
Angriff wurde jeder Versuch der Garibaldianer, durch eine Landung an
der österreichischen Küste der Südarmee während der Schlacht von
Custoza in Flanke oder Rücken zu fallen, vereitelt und speziell der
Reservedivision GM. v. Rupprochts sowie den Ausfallstruppen von
Peschiora der Rücken freigehalten.
447
29. Juni.
Am 29. Juni sandte der Flottillenkommandant auf die ihm zuge-
kommene Nachricht, daß bei Limone eine Batterie im Baue und dort
Militär postiert sei, den Raddampfer »Heß** zur Rekognoszierung ab.
Derselbe kam um 9^ abends mit der Meldimg zurück, daß er bis auf
einige Faden von Limone entfernt gewesen sei, jedoch nichts Verdächtiges
beobachtet habe.
30. Juni.
Am 30. morgens 5*' waren bei Fort Lechi drei italienische Kanonen-
boote unter Dampf und hinter denselben ein Raddampfer sichtbar.
Kanonenboot „WUdfang* wurde beordert, so nahe als möglich denselben
entgegenzugehen, um sie möglicherweise herauszulocken. Bei Ausführung
dieses Manövers kam „Wildfang** ins Feuer der Batterie von Maderno,
welche aus ihren schweren Geschützen vier Schüsse auf ihn abgab, ohne
jedoch zu treffen. Trotz der kräftigen Unterstützung, welche die
italienischen Kanonenboote von ihren Landbatterien zu erwarten hatten
und obwohl ihnen nur ein österreichisches Kanonenboot gegenüberstand,
gingen sie nicht außer Lechi heraus, sondern zogen sich wieder in das
Innere des Hafens von Salö zurück.
Dampfer „Heß** wurde nun beordert, eine scharfe Rekognosziening
der Küstenstrecke von Sermione bis Desenzano vorzunehmen. Er fand,
daß die ganze Halbinsel von Sermione weder befestigt noch besetzt sei.
Auf einem Plateau, links von Desenzano, bemerkte „Heß** etwa 400 eben
im Exerzieren begriffene Garibaldianer. Er näherte sich denselben auf
zirka 12 Kabel (2400 w) und schoß vier Granaten mitten in den
exerzierenden Haufen hinein, welcher eiligst auseinanderstob, so daß
Korvettenkapitän v. Manfroni, als derselbe mit Kanonenboot „Spei-
teufel* und Raddampfer „Franz Joseph** zur Unterstützung näher kam,
schon den ganzen Platz gesäubert fand. Die Schiffe kehrten hierauf auf
ihren Beobachtungsposten vor Lechi zurück.
General Garibaldi, welchem nach der Schlacht von Gustoza vom
italienischen Hauptquartier der dringende Befehl zukam, Brescia und die
obere Lombardei zu decken sowie zu verhindern, daß der sich hinter dem
Oglio zurückziehenden Armee durch einen Flankenmarsch der Öster-
reicher der Rückzug abgeschnitten würde, halte Lonato besetzt, um von
dort aus ebensowohl Salö wie Brescia sichern als auch Versprengte und
448
Transporte des Heeres aufnehmen zu können.^) Da er auf einen Angriff
von Peschiera aus gefaßt sein zu müssen glaubte, so hatte er Densenzano
besetzen lassen und seine Vorposten bis Rivoltella vorgeschoben.
1. Juli.
Nachdem Korvettenkapitän v. Manfroni hievon Kenntnis erlangt
hatie, begab sich derselbe am I.Juli mit Tagesanbruch bis in die nächste
Nühe von Desenzano, fand aber, daß der Ort selbst wie ausgestorben
war. Auf der östlichen Seite der Stadt hatten die Garibaldianer von
Laubwerk ein Lager errichtet; einige wohlgezielte Schüsse in die Mitte
desselben zwangen sie jedoch zum eiligen Rückzug gegen den Eisen-
bahndamm. Von Padenghe aus zogen nun neue Massen von Freischärlern
Desenzano zu Hilfe, kamen aber, dort angelangt, in eine Schlucht zu
stehen. Die österreichischen Schiffe unterhielten auf dieselben ein so
wohlgezieltes Granatfeuer, daß sie zur eiligen Rückkehr nach Padenghe
veranlaßt wurden. Diese konnten sie indes nicht ohne Verlast bewerk-
stelligen, da die Rückzugsstraße von den Schiffen beherrscht und be-
schossen wurde. Obwohl mit Artillerie versehen, schienen die Italiener
nur auf Rettung bedacht zu sein, denn sie führten nicht einmal ihre
Geschütze vor und erwiderten das Feuer der Schiffe gar nicht. Der
errungene Vorteil konnte nicht weiter ausgebeutet werden, da die Flottille
über keine Ausschiffungstruppen verfügte.
Korvettenkapitän v. Manfroni mußte sich daher mit den dem
Feinde zugefügten Verlusten begnügen und begab sich wieder vor Salö,
wo während der ganzen Zeit nur drei Kanonenboote geblieben waren,
welche jedoch der Feind nicht anzugreifen wagte.
Dieses Scharmützel halte aber noch den weiteren Vorteil, daß die
k. k. Södarmee bei ihrer Vorruckung am 2. JuU über den Mincio in der
Richtung auf Desenzano auf keinen Feind stieß.
Auf mündlichen Befehl Seiner k. k. Hoheit des Erzh. Albrecht sollte
bei dieser allgemeinen Vorrückung der Südarmee im Vereine mit den
unter Kommando des GM. Freiherrn v. Kuhn aus Tirol hervorbrechenden
Truppen eine Landung bei Gargnano bewerkstelligt werden, um die von
den Garibaldianern aufgeführten Strandbatterien zu nehmen.
± Juli.
Um diese Landung vorzubereiten, unternahmen am 2. Juli die
Kanonenboote .Wildfang", Kommandant Linienschiffsleutnant Joly, und
1) Garibaldi, Meinorio autobiogratiche etc., Seite 411.
449
«Raufbold*, Kommandant Linicnschififsleutnant Meder, eine Rekognos-
zierung nach Gargnano. Bei Tagesanbruch steuerte Linienschiffsleutnant
Joly diesem Orte zu, gab dem Kanonenboot „Raufbold '^ den Befehl,
einstweilen in nordwestlicher Richtung von Gargnano zu kreuzen, und
näherte sich dann bis auf eine Entfernung von 4Vb Kabel (900 m).
Gleich bei den ersten nordwärts gelegenen Häusern entdeckte man 10
bis 12 Freischärler, welche nach einem erhaltenen Schrapnellschuß, der
einen Mann zu Boden streckte, eiligst die Flucht ergriffen. „Wildfang*
steuerte nun bis zur Brücke, welche sich in der Nähe des Hauptplatzes
befindet, und fand dort die Hauptwache der Freischärler. Auf den ersten
Schuß, der auf sie abgefeuert wurde, versammelten sich zirka 50 bis
60 Mann unter einem Offizier hinler der Hauptwache. Es wurden weitere
vier Schrapnellschüsse und ein Granatschuß aut dieselben abgegeben,
welche sämtlich in guter Richtung und in unmittelbarer Nähe der Haupt-
wache explodierten. Ein Schrapnellschuß ging durch das ebenerdige
Fenster der Haupt wache ; doch war die Wirkung aller dieser Schüsse,
wenngleich einige Treffer erzielt wurden, noch eine zu geringe, als daß
die Freischärler den Platz, respektive die Hauptwache gänzlich geräumt
hätten. Das Kanonenboot näherte sich daher weiter bis auf P/2 Kabel
Distanz (300 m) und feuerte eine 48pfündige Kartätsche auf die
Wache ab, welcher Schuß zur Folge hatte, daß drei Freischärler tot oder
verwundet zu Boden stürzten und die übrigen die Wache gänzlich räumten
und sich in wilder Flucht in die weiter entfernt gelegenen Straßen
Gargnanos zurückzogen.
An demselben Abend versuchte zwar ein feindliches Kanonenboot
von Salö bis Gargnano vorzudringen, wurde aber sofort von dem kreuzen-
den „Raufbold'' angegriffen und zum Rückzuge nach Salö gezwungen.
4. Juli.
Obwohl Korvettenkapitän v. Manfroni schon am 4. Juli die Nach-
richt zukam, daß sowohl die allgemeine Vorrückung der Armee als auch
die Landung bei Gargnano unterbleiben würde, ließ er doch von neuem
die dort befindlichen Freischärler angreifen.
An diesem Tage morgens ging Linienschiffsleutnant Meder mit dem
„Raufbold* dicht bis unter Gargnano vor, näherte sich, als er der Gaii-
baldianer ansichtig wurde, dem Lande bis auf ein Kabel (200 m) und er-
öffnete sodann auf selbe ein wohlunterhaltenes und erfolgreiches Klein-
gewehrfeuer, da sie sich sofort in die umliegenden Zitronenpflanzungen zer-
streut hatten. Die Garibaldianer erwiderten dasselbe, jedoch ohne Erfolg
und zogen sich unter Zurücklassung von vielen Toten und Verwundeten
eiligst in die Berge zurück.
Gegen 11" a. m. zog abermals eine dichte Kolonne Freischärl«
gegen Gargiiano: dieselbe wurde aber vom Korvettenkapitön v. Manfroni^
der mit der Flottille gleich zu Hilfe kam, zurückgeschlagen und auf dia
Höhen zurückgeworfen, indem die Häuser, in welchen sich die Gari»
baldianer befanden, beschossen und in Brand gesetzt wurden. Da elov
Verfolgung nicht möglich war, ließ Korveltenkapitän v. Manfroni du
, Wespe" vor Gargnano als Unterstützung zurück, sandte den ,Uskoke'
vor Torri auf Kreuzung und steuerte hierauf gegen Süden, da sich in-
zwischen die italienischen Kanonenboote außerhalb Mademos zeigten. BJr
stellte sich nun außerhalb des Schußbereiches der Batterie von Mademo
mit den Kanonenbooten .Speiteufel' und „Wildfang". den Raddampfeni
„Heß* und „Franz Joseph" denselben entgegen, ließ die Maschinen halten
und wartete ab, ob sie so weit vordringen würden, daß er sie. ohne in
den Bereich der Batterie zu kommen, angreifen könnte. Die italienischen
Kanonenboote zogen sich .jedoch alsogleich hinler Mademo zurück. Gegea:
Abend wurde Dampfer „Heß" dem vor Gargnano und „Franz Joseph*'
dem vor Desenzano kreuzenden Kanonenboote zur Verstärkung zugesandt.
Gegen 10'' abends versuchten drei itaUenische Kanonenboote gegen
Gargnano vorzudringen, wurden aber von dem kreuzenden Kanonenboot'
-Wespe" alsogleich gesichtet und angegriffen, worauf sich dieselben nach
einigen abgegebenen erfolglosen Schüssen wieder zurückzogen.
5. Juli.
Am 5. Juli früh ging Raddampfer .Heß" behufs einer erneuerten
Rekognoszierung unter Land. Als er sich Gargnano auf ungefähr 5 Kabel
(1000 m) genähert hatte, demaskierte der Feind plötzlich auf verschiedenen
Punkten vier Batterien zu je zwei gezogenen 12pfündern und eröffiiete
ein wohlgezieltes Feuer auf denselben, welcher sogleich wendete und das
Feuer mit Erfolg erwiderte, da eine Batterie zum Schweigen gebracht
wurde. Dampfer ,Heß" zog sich dann auf die ihm zu Hilfe eilenden
Kanonenboote zurück, nachdem er fünfmal von feindlichen Projektilen
getroffen worden war, einige unbedeutende Havarien erlitten und zwei
durch Splitter leicht Verwundete halte.
G. Juli.
Am &. Juh morgens unternahmen die Kanonenboote , Wildfang*
und .Raufbold" wieder eine Rekognoszierung gegen Gargnano. Sie.
451
wurden außer von den früher erwähnten leichten Batterien auch noch
aus mehreren Positionsgeschützen beschossen, erwiderten jedoch das
feindliche Feuer auf das kräftigste. Gleich nach den ersten Schüssen begab
sich Korvettenkapitän v. Manfroni mit dem , Speiteufel* an Ort und
Stelle, fand jedoch die beiden Kanonenboote schon außer Schußbereich.
^Wildfang* hatte eine kleine Havarie in der Bemastung erlitten. Als das
Kanonenboot „Scharfschütze*, von Norden kommend, in den Bereich der
Landbatterien trat, eröffneten diese sogleich das Feuer auf dasselbe, worauf
sich , Speiteufel* zur Unterstützung näherte und das Feuer der Batterien
so lange erwiderte, bis , Scharfschütze* außer Schußbereich war, worauf
er dann ebenfalls zurückfuhr.
7. Juli.
Am 7. morgens kam es endlich zu einem Kampfe zwischen den
Schiffen selbst. Kurz nach 7^ a. m. zeigten sich außerhalb Mademos die
fünf italienischen Kanonenboote, von denen eines das Feuer gegen das
kreuzende österreichische Kanonenboot „Wespe* eröffnete, welches von
diesem erwidert wurde. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich deutlich der
Unterschied in der gegenseitigen Bestückung. Die glatten 48pfünder und
30pfünder der »Wespe* erreichten kaum den Feind, während dieselbe
von dem 16 cm gezogenen Cavalligeschütz ^) weit Überschossen wurde.
Korvettenkapitän v. Manfroni, welcher sich mit „Speiteufel* und
„Scharfschütze* an Ort und Stelle begeben hatte, fand es daher für
angezeigt, mit seinen drei Kanonenbooten direkt auf die italienischen
Kanonenboote loszufahren, um womöglich eine Melee herbeizuführen oder
zu einem Enterkampf zu gelangen. Die feindlichen Kanonenboote ließen
es jedoch nicht darauf ankommen, sondern zogen sich, sobald sie das
entschiedene Drauflosgehen der österreichischen Schiffe bemerkten,
eiligst nach Salö zurück. Eine Verfolgung derselben war nicht möglich
da sie sich immer innerhalb des Schutzes ihrer Strandbatterien
befanden, einen Vorsprung von einer Seemeile hatten imd bei ihrer
guten Fahrt bald in Salö waren. Die Kanonenboote „Raufbold*, „Wild-
fang* und „Uskoke* wurden zur Kreuzung zwischen S. Virgilio
und Casteletto bestimmt, während bei Nacht Raddampfer „Heß*
zwischen den Schiffen und Manerba kreuzte, um jeden Durchbruch zu
verhindern.
1) Langgranate a 40 piemontesische Pfund.
Fleischer, Die k. k. Kriegsmarine 1866. 29
452
18. Juli.
Am 18. Juli erhielt Korvettenkapitän v. Manfroni die Nachricht,
daß starke feindliche Abteilungen aus Venetien nach Tirol vordrängen
und daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Garnison von Riva beordert
werden würde, dasselbe zu verlassen, da ein Nachschub aller nur irgend
disponiblen Truppen sich als dringend notwendig erweise. In diesem
Falle wäre dann aber sowohl Riva wie auch das ganze Sarcatal den
Freischärlern preisgegeben gewesen. Korvettenkapitän v. Manfroni
stationierte deshalb vorsichts weise das Kanonenboot „Wespe* nach Riva,
um diese Stadt möglichst zu schützen, imd gab dem bei Malcesine
kreuzenden „Uskoke** den Befehl, im Falle der Notwendigkeit sich ohne-
weiters ebenfalls nach Riva zu begeben und das dortige Kanonenboot zu
unterstützen.
19. Juli. •
Am 19. Juli gegen 7^ abends kam der italienische Raddampfer
„Benaco* aus Salö heraus und steuerte, dicht unter Mademo passierend,
gegen Gargnano mit einem Lastboot im Schlepp. Es war hieraus deutlich
die Absicht des Feindes zu erkennen, seinen Truppen in Gargnano
Munition und Lebensmittel zur See zu überbringen, da der Landweg sehr
weit und sehr beschwerlich war. Korvettenkapitän v. Manfroni lief
sogleich mit „Speiteufel* aus und befahl dem Dampfer „Heß*, im Kiel-
wasser zu folgen.
Kanonenboot „Wildfang*, LinienschiflFsleutnant Joly, welches die
Kreuzung zwischen S. Virgilio und Casteletto hatte, bemerkte gleichfalls
den italienischen Dampfer und verfolgte, indem es längs der Küste steuerte,
dessen Bewegungen. Als der feindliche Dampfer am Südende von Gar-
gnano angelangt war, fiel „Wildfang* auf denselben ab und näherte sich
ihm trotz des heftigen Feuers der Batterie von Gargnano bis auf 1^2
Kabel (300 m) Distanz imd brachte ihm solche Havarien bei, daß eine
Rettung desselben nach Salö unmöglich und er vom Feinde vor dem
Kai vertäut wurde. Mittlerweile war auch Kanonenboot „Scharfschütze"
angelangt und feuerte auf die Batterie, bis Dunkelheit und sehr schlechtes
Wetter mit Regen und Hagelböen jedes weitere sichere Treffen unmöglich
machte. Auf die bei seinem Eintreffen an Ort und Stelle vom Komman-
danten des „Wildlang •* empfangene Meldung, der feindliche Dampfer
habe solche Havarien erlitten, daß ein Entkommen desselben nicht
möglich sei, beschloß Korvettenkapitän v. Manfroni, das feindliche
Schiff wegzunehmen. Er gab den beiden Kanonenbooten „Wlldfang' und
453
, Scharfschütze* den Befehl, vorläufig bei Gargnano zu verbleiben und
einen eventuellen Fluchtversuch desselben zu verhindern. Raddampfer
»Heß* wurde auf Kreuzung vor Maderno geschickt, um jede Annäherung
des Feindes aus Salö sofort zu melden. Da die Nacht unterdessen so
schlecht und finster ward, daß anderseits eine Überrumpelung der bei S.
Virgilio liegenden Kanonenboote , Raufbold* und „Uskoke* durch die fünf
italienischen auch leicht möglich war, so verfügte sich Korvettenkapitän
v. Manfroni gegen Mittemacht mit dem »Speiteufel* zu denselben.
20. Juli.
Beim Morgengrauen lichtete man die Anker und steuerte, nachdem
sich Dampfer »Heß* vereinigt hatte, auf Gargnano zu. Die Kanonenboote
»Wildfang* und »Scharfschütze*, welche die Nacht über sich dort in
nächster Nähe des Landes gehalten hatten, eröffneten bei Tagesanbruch
ihr Feuer wieder auf den »Benaco*, das sowohl von der Batterie als auch
von Freischärlern auf das heftigste erwidert wurde. Zwei feindliche
Kugeln trafen den »Wildfang*, ohne indes viel Schaden anzurichten.
»Wildfang* und »Scharfschütze* unterhielten nun, ohne die Batterie,
welche sie überschoß, weiter zu beachten, ein wohlgezieltes Granaten-
und Kartätschenfeuer auf die Freischärler, welche, nachdem ein Haus in
Brand geschossen war, gezwungen wurden, sich zurückzuziehen. Dieselben
faßten nun in den umhegenden Häusern Fuß und unterhielten ein
lebhaftes Gewehrfeuer auf die Kanonenboote, bei welcher Gelegenheit
zwei Mann des »WUdfang* schwer verwundet wurden. Korvettenkapitän
V. Manfroni steuerte, inzwischen angelangt, gleich unter die Batterie von
Gargnano, um die beiden Kanonenboote zu unterstützen. Obwohl ihn die
Batterie bald überschoß, hatte auch er das feindUche Gewehrfeuer auszu-
halten, ohne indes einen Verlust zu erleiden.
Die Boote des »Scharfschütze* und des »Wildfang* wurden nun
gestrichen und begaben sich unter dem Kommando des Linienschiffs-
leutnants Freiherm v. Haan und des Seekadetten Burian mit Trossen
auf das feindliche Schiff. Unter heftigem Gewehrfeuer Ueß nun Linien-
schiffsleutnant Freiherr v. Haan eine Trosse festmachen, dagegen die
Landfeste des »Benaco* los werfen und Seekadett Hlawaty, der wäh-
rend der Abwesenheit seines Konmiandanten den »Scharfschütze* mit
großer Ruhe und Geschicklichkeit manövrierte, fuhr nun mit dem
»Benaco* im Schlepp ab. Bei dieser Gelegenheit kam jedoch das Boot des
»Scharfschütze* unter die Räder des feindlichen Dampfers und kenterte.
Das Boot des »Wildfang* unter dem Kommando des Seekadetten Burian
29*
154
machte zwar iille Anstrengungen, trotz des Gewehrfeuerä der Freischärler
das gekenterte Boot zu retten, wobei Matrose Fischer auf dem Kiele
desselben saß und die Fangleine festhielt; die schwere See jedoch machte
diesen Versuch des Seeltadetten Burian zu nichte und da das Feuer des
Feindes ein sehr heftiges war, wurde, um die Mannschaft zu schonen,
Matrose Fischer an Bord genonunen und das Boot des .Scharfschütze'
sodann im Stich gelassen.
Raddampfer »Heß' ging nach diesem gelungenen Untemebmeii
mit den Verwundeten nach Riva ab und Korvettenkapitän v, Manfroni
steuerte mit den Schiffen au die österreichische Küste unter Caateletto,
wo die Lecke des „Benaco" notdürtlig verstopft wurden, worauf ihn
, Wildfang" als gute Prise nach Peschiera schleppte.
Mittlerweile waren die feindlichen fönf Kanonenboote aus Salo
herausgekommen und hatten sich unter dem Schutze der Batterie von
Mademo in Kielwasserlinie formiert, als ob sie die Wegnahme ihres
Transportschiffes zu rächen gesonnen seien. Trotzdem augenblicklich nur
zwei Österreichische Kanonenboote zur Stelle waren, so wagten sie es
doch nicht, diese anzugreifen; im Gegenteil, als die österreichischen
Kanonenboote sich den Italienern zu nähern begannen, zogen sich letztere
eiligst nach Salö zurück.
Erst gegen Mittag, nachdem .Benaco" bereits nach Peschiera in
Sicherheit geschleppt worden war. kamen die italienischen Kanonenboote
wieder bei der Batterie von Maderao zum Vorschein und eröffneten im
Vereine mit dieser ein heftiges Feuer gegen das vor Salö kreuzende
Kanonenboot „Raufbold", jedoch aus so großer Entfernung, daß von
einem Treffen keine Rede sein konnte. Korvettenkapitän v, Manfroni
sandte demselben sogleich das Kanonenboot .Wespe" zur Unterstützung
und machte sich mit dem .Speiteufel' wieder zum Auslaufen bereit.
Kaum war jedoch „Wespe" auf dem Wege und .Speiteufel* zum In-
bewegungsetzen klar, so zogen sich die feindlichen Kanonenboote so eilij
wieder nach Salö zurück, daß Korvettenkapitän v. Manfroni die
, Wespe' wieder zurückberief.
21. Juli.
Am 21. Juli früh ließ Korvettenkapitän v. Manfroni durch d&a
Raddampfer .Franz Joseph" das Fort von Lechi rekognoszieren; dasselbe
gab einige Schüsse gegen den Dampfer ab, jedoch ohne Erfolg, während
die Schösse des .Franz Joseph' das Fort trafen. Nachmittags :£^ kamen
die fünf feindlichen Kanonenboote abermals aus Salö heraus, anscfaeinend -^
455
zur Deckung einer großen geladenen Barke, welche nach Gargnano segelte.
Korvettenkapitän v. Manfroni begab sich mit den beiden Kanonenbooten
»Speiteufel* und , Wespe* alsogleich nach Toni und steuerte auf die
feindUchen Schiffe los, in der Erwartung, dafi die fünf italienischen einen
Nahkampf gegen die zwei österreichischen annehmen würden, zumal sie
sich in unmittelbarer Nähe der Strandbatterie von Mademo befanden, ihr
Rückzug demnach auf alle Fälle gesichert war. Kaum hatte er sich jedoch
den feindlichen Schiffen genähert, als diese nach einigen gewechselten
Schüssen sich wieder nach Salö zurückzogen. Trotzdem er sodann mit
seinen zwei Kanonenbooten bis 6^ abends vor Salö verblieb, erneuerten
dieselben den Angriff nicht mehr.
22. Juli.
«
Am 22. Juli nachmittags kamen die fünf feindlichen Kanonenboote
neuerdings bis unter die Batterie von Mademo. Korvettenkapitän v.
Manfroni setzte sich mit „Speiteufel* und , Wespe* allsogleich wieder
gegen dieselben in Bewegung. Bei Torri stieß noch der «Wildfang* zu
ihm. Während dieser einige Schüsse mit der Batterie von Gargnano
wechselte, steuerte Korvettenkapitän v. Manfroni gegen die feindlichen
Kanonenboote los, um sie anzugreifen. Dieselben nahmen jedoch abermals
den Kampf nicht auf, sondern flüchteten nach Salö zurück.
24. Juli.
Am 24. Juli mittags kamen die feindlichen Kanonenboote aus Salö
heraus und griffen das dort auf Kreuzung befindliche österreichische
Kanonenboot „Scharfschütze* an. Der Kommandant desselben, Linien-
schiffsleutnant Freiherr v. Haan, steuerte sofort auf die feindlichen Schiffe
los, um sie zum Nahkampf zu zwingen, da er gewiß war, daß ihm sofort
Unterstützung zu teil würde. Korvettenkapitän v. Manfroni eilte auch
sofort auf den Kampfplatz, ebenso kam auch das Kanonenboot „Uskoke*,
von der Batterie Gargnano beschossen, vom oberen See heran. Auf
dieses hin zogen sich die italienischen Kanonenboote sofort wieder nach
Salö zurück.
Abends 7V«^ kam dem Korvettenkapitän v. Manfroni von dem
vor Riva stationierten Kanonenboote „Wespe* die Meldung zu, daß die
k. k. Truppen Riva verlassen hätten, bei dem plötzUch erfolgten Ab-
märsche derselben viel ärarisches Gut zurückgeblieben wäre und daß man
das Einrücken der Garibaldianer in Riva sowie deren Vorrückung in das
Sarcatal jeden Augenblick besorge. Wir haben schon früher erwähnt, daß
456
Korvettenkapitän v. Manfroni bereits am 18. eine Meldung zugekommen
war, nach welcher er allerdings auf das Eintreten dieser Eventualität
gefaßt sein mußte, gleichwohl kam ihm dieselbe in dieser Form etwas
unerwartet und es erscheint uns daher der Vollständigkeit halber sowie
zum besseren Verständnisse des Ganzen passend, hier rekapitulierend den
Gang der Ereignisse , welche zu jener Maßnahme führten, einzuschalten.
Bekanntlich ergriff die k. k. Südarmee nach der siegreichen Schlacht
von Custoza die Offensive und drang über den Mincio vor; auch GM.
Freiherr v. Kuhn, der Kommandant der österreichischen Streitkräfte in
Tirol, überschritt auf Befehl Seiner k. t Hoheit des Erzh. Albrecht mit
den ihm unterstehenden Truppen auf allen Punkten die Grenze. Von den
Judicarien und vom Ledrotale aus gelangten die zwei Halbbrigaden,
Oberstleutnant v. Höffern und Oberstleutnant Thour, bis in den
Rücken von Rocca d'Anfo. Abteilungen derselben streiften bis Limone
und Tremosine an die Ufer des Gardasees. Vom Tonale und von Sponda-
lunga waren die Halbbrigaden angrififsweise herabgestiegen, um sich im
Valtellin zu vereinigen. Gleichzeitig hatte GM. Freiherr v. Kuhn die beiden
Reservebrigaden GM. Kaim und Oberst v. Montluisant durch rasche
Überschreitung des Hochgebirgeüberganges Madonna di CampigUo am
3. Juli auf der Einsattlung des Tonale konzentriert, um einen kräftigen
Oflfensivstoß in Feindesland zu führen und sodann mit Umgehung von
Brescia direkt gegen Mailand vorzudringen und derart die Flanke der
k. k. Südarmee zu sichern.
Infolge des Mißgeschickes der k. k. Nordarmee jedoch wurde dem
siegi'eichen Vordringen der Südarmee , Halt geboten imd damit kamen
selbstverständlich auch die Operationen des GM. Freiherrn v. Kuhn ins
Stocken. Die Südarmee ging über den Mincio zurück ihrer neuen Bestim-
mung nach und infolgedessen drang der Feind sogleich mit Übermacht
gegen die Grenzen Tirols vor, wobei sich das Korps des Generals
Garibaldi bis auf 40.000 Mann verstärkte. Von der Offensive sah sich
GM. Freiherr v. Kuhn auf einmal zur Defensive und dies unter den
schwierigsten Verhältnissen gezwimgen.
Sofort leitete er mit der ihm eigenen Energie und Umsicht den Rück-
zug sämtlicher Kolonnen ein. Bei der Vorzüglichkeit der von ihm befehlig-
ten Tmppen gelang es ihm auch, dieselben nach angestrengten Märschen,
zum Teile über höchst unwegsames Hochgebirge am 5. Juli abends in
ihre ursprünglichen Verteidigungsstellungen rückzuversetzen. Der an allen
Punkten nachdrängende Feind fand überall unei-warteten kräftigen
Widerstand.
457
Infolge des Abmarsches des größten TeQes der Südarmee nach dem
Norden wurde aber die Verteidigmigslinie des GM. Freiherr v. Kuhn zu
einer Ausdehnung vom Stilfiser Joch bis zur Grenze Kärntens verlängert
und bot dem Feinde neue günstige Angriffspunkte, die bei seiner Über-
macht durch die Val Arsa und Val Sugana leicht ausführbar waren. GM.
Freiherr v. Kuhn war daher genötigt, seine verhältnismäßig geringe
Truppenmacht in Sudtirol neuerdings zu teilen, um Detachements aller
Waffen in die Val Arsa und Val Sugana entsenden zu können. Zu
diesem Zwecke brauchte er aber tatsächlich jeden nur halbwegs verfüg-
baren Mann. Glücklicherweise konnte Garibaldi, wiewohl durch reguläre
Truppen, namenthch Artillerie verstärkt, trotzdem inzwischen nur schritt-
weise in den von den Österreichern gut verteidigten Abschnitten des
Ledrotales und der Judicarien Boden gewinnen.
Um denselben einzuschüchtern und auf einige Zeit untätig zu
machen, entschloß sich GM. Freiherr v. Kuhn, ihn am 21. anzugreifen.
Er ließ die Brigade des Obersten v. Montluisant den GOOO Fuß hohen
Monte Pichea übersteigen imd sodann den in das Ledrotal eingedrungenen
4 — Sfachen Feind angreifen. Es kam zu dem ruhmvollen Gefechte von
Bececa, in welchem die Garibaldianer 500 Tote und Verwundete ver-
loren, nebst 1100 Gefangenen, worunter 19 Offiziere, und nach welchem
ihre Macht derart gebrochen war, daß sie sich bis zur Beendigung der
Kriegsereignisse nicht mehr erholen konnten. Trotzdem ihnen infolge der
unausgesetzten Detachierungen der österreichischen Truppen nur mehr
ein Häuflein von 2000 Mann (gegen nahezu 40.000) gegenüberstand,
wagten sie es nicht, über Lardaro hinaus vorzudringen.
Da drohte dem tapferen Verteidiger Tirols eine neue Gefahr. Die
italienische Armeedivision Medici drang durch das obere Brentatal, die
Val Sugana, von Osten her in Südtirol ein, um gegen Trient vorzurücken.
In Voraussicht der kritischen Situation, in welche ihn das allgemeine Vor-
dringen des Feindes versetzen mußte, hatte sich GM. Freiherr v. Kuhn an
das Hauptquartier der Südarmee mit der Anfrage gewendet, wie er sich
nunmehr zu verhalten habe. Mit telegraphischem Erlaß vom 23. Juli wurde
ihm die Ermächtigung erteilt, nötigenfalls Südtirol schrittweise zu räumen
und seine Streitkräfte zur Verteidigung Deulschtirols zu konzentrieren.
Von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen, wäre jetzt nahe-
liegend gewesen, um so mehr als sich die Nachrichten häuften, der starke
Feind sei im steten Vormarsche begriffen und stehe bereits im Fleimser
Tal. Doch GM. Freiherr v. Kuhn war zu sehr von der Wichtigkeit Trients
überzeugt, als daß er so leichthin nachgegeben hätte, und im Vertrauen
458
auf die bewährte Tüchtigkeit seiner Truppen entschloß er sich, Trient auf
das äußerste zu halten, eventuell »ein zweites Saragossa daraus zu
machen*.
Um nun die Verteidigung Trients mit allen nur irgend disponiblen
Kräften durchzuführen, hatte er auch Rovereto und den Abschnitt von
Riva momentan aufgegeben und die dort gamisonierenden Truppen eben-
falls an sich gezogen. Allerdings wurde durch diese Maßregel das ganze
fruchtbare Sarcatal den Eontributionen des Feindes preisgegeben ; aber in
seiner zwingenden Notlage blieb GM. Freiherm v. Kuhn nichts anderes
übrig. Eine gewisse Beruhigung mußte es ihm daher gewähren, zu wissen,
daß die k. k. Flottille am Gardasee ihre Herrschaft auf demselben mit
gleichem Erfolge wie bisher ausüben und nach Möglichkeit für die ab-
ziehenden Landtruppen eintreten werde. In dieser Voraussetzung hatte er
sich auch nicht getäuscht und Korvettenkapitän v. Manfroni war der
Mann, der sich der erhöhten Wichtigkeit seiner Aufgabe wie der zuge-
spitzten Situation, in der man sich befand, vollkommen bewußt war. Denn
es gab auch noch einen anderen Umstand, der berücksichtigt werden
mußte und der gerade jetzt schwer ins Gewicht fiel. Man stand nämlich
am Vorabend des bevorstehenden Friedensschlusses. Italien wollte, um bei
den Verhandlungen Südtirol mit mehr Aussicht auf Erfolg beanspruchen
zu können, auch tatsächlich im Besitze eines Teiles desselben sein
und machte deshalb die größten Anstrengungen, auf diesen Punkt zu
gelangen. Aus demselben Grunde mußte dies von österreichischer Seite
verhindert und dem Gegner jeder Zoll österreichischen Besitzes streitig
gemacht werden. Allen diesen drohenden Gefahren wurde nun dadurch
vorgebeugt, daß die Flottille am Gardasee da war und sich der unbe-
strittenen Superiorität auf demselben erfreute.
Nach dieser Abschweifung, welche wir für nötig hielten, um dem
Leser zu zeigen, welche vorzüglichen Dienste dieselbe berufen war, bei
der Verteidigung Tirols zu leisten, kehren wir wieder zur Darstellung der
weiteren Ereignisse zurück.
Wir haben bereits erwähnt, daß Korvettenkapitän v. Manfroni am
24. Juli abends TVs^ von dem bei Riva stationierten Kanonenboote
„Wespe" die Meldung zugekommen war, daß die k. k. Truppen Riva
verlassen hätten, bei dem plötzlich erfolgten Abmärsche derselben viel
Tirarisclies Gut zurückgeblieben wäre und daß man das Einrücken tier
GaribaldiaritT in Riva sowie deren Vorrückung in das Sarcatal jeden
Augenblick besorge. Die Ponalbatterie war, um deren isolierte Besatziui^'
nicht nutzlos in Gefahr zu bringen, demoliert worden und nur die Fort
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S. Nicolo und Nago besetzt geblieben. Linienschiffsfähnrich Sembach
war mit dem Matrosendetachement nach S. Virgilio abgerückt.
Eorvettenkapit&n v.Manfroni fuhr alsogleich mit dem « Speiteufel ^
nach Riva ab, bestimmte zu dessen Deckung die Hälfte seiner Schiffe, und
zwar 9 Speiteufel'', , Wespe ''f «Uskoke*" und den Raddampfer , Franz
Joseph^, während er die vier anderen Schiffe vor Salö zurückUeß, um die
feindliche Flottille zu beobachten sowie einen Durchbruch derselben nach
Riva um jeden Preis zu verhindern. Sehr schlechtes Wetter hielt seine
Fahrt derart auf, daß er erst um 2^ nach Mittemacht vom 24. auf den 25.
bei Riva ankam. Nachdem er sich mit den Kanonenbooten »Wespe*" und
yUskoke'' vereinigt hatte, ließ er bei Tagesanbruch durch seinen Adju-
tanten Linienschiffsfähnrich Heinze Riva rekognoszieren. Da dieser die
Stadt vom Feinde noch nicht besetzt fand, begab sich Korvettenkapitän
V. Manfroni sogleich ans Land, visitierte selbst die ärarischen Gebäude
und barg alles Material, das sich in der Roccakaseme vorfand, auf den
Schiffen. Die früher vor dieser Kaserne gelegenen Kanonen waren schon
vernagelt oder ins Wasser geworfen worden, ebenso fand man alle Privat-
boote versenkt, so daß die Bergung von zirka 100 t Steinkohlen sehr er-
schwert wurde. Durch den mittlerweile angelangten Dampfer , Franz
Joseph* wurde ein Lastboot requiriert und auf dieses, nachdem alle
Fahrzeuge sich mit Kohlen versehen hatten, der übrige Vorrat verladen.
Femer wurden auch, um mehr Ausblick zu haben, die Erdschanzen vor
der Roccakaseme abgetragen.
Während man mit allen diesen Arbeiten eifrigst beschäftigt war,
rückten — gegen 10^ a. m. — auf der Ponalstraße starke Abteilungen
von Garibaldianem gegen Riva vor. Augenblicklich nahmen nun die
österreichischen Schiffe eine Stellung ein, aus der sie einen Teil der
Straße der Länge nach bestreichen konnten und als nun auch das Fort
S. Nicolo sein Feuer eröfl&iete und die Granaten mitten unter den Frei-
wiUigen platzten imd mächtige Felstrümmer loslösten, ergriffen diese
eiligst die Flucht, um hinter den zahlreichen Serpentinen und Fels-
vorsprüngen Deckung zu suchen. Gegen 2*" p. m. rückten sie wieder vor,
zogen sich aber schon nach den ersten von den Schiffen abgegebenen
Schüssen abermals schleunigst zurück. Im Laufe des Nachmittags
wurde vom Linienschifisfähnrich Heinze mit einer Abteilung Matrosen
ein Teil der Einfassungsmauem der Straße abgetragen, um die An-
näherung der Freischärler besser übersehen zu können. Für die Nacht
ließ Korvettenkapitän v. Manfroni die Schiffe bis auf Vi Kabel (100 m)
Entfemung vom Lande Stellung nehmen, um die möglicherweise in
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der Dunkelheit vorrückenden Italiener mit Kartätschen beschießen zu
können.
Um 10^ abends kam Raddampfer »Heß* aus Peschiera imd über-
brachte die telegraphische Nachricht vom Abschlüsse der WafTenruhe.
Korvettenkapitän v. Manfroni stellte infolgedessen die Feindseligkeiten
ein, ließ jedoch bei Tagesanbruch Riva imd das Sarcatal von einer
Abteilung des Forts S. Nicolo und einer Abteilung Matrosen besetzen
und durch Patrouillen bewachen. Hiedurch wurde ebensowohl die Stadt
Riva für die Dauer der Waffenruhe in österreichischem Besitze erhalten,
was bei dem bald darauf eintretenden Waffenstillstands- imd Friedens-
verhandlungen von höchstem Werte war, als auch nach dem eingetretenen
Waffenstillstände das österrei<:hische Gebiet vor einer Überflutung durch
die Freischäler bewahrt, welche durch den langen Aufenthalt auf den
Bergen, Mangel an Lebensmitteln und Strapazen aller Art derart demo-
ralisiert waren, daß sie trotz des Waffenstillstandes — allerdings unbe-
waffnet, dafür aber in ganzen Trupps — bis nach Riva und Arco
streiften, um Lebensmittel aufzutreiben.
Sowohl die als Parlamentäre in Riva angekommenen Offiziere als
auch die Mannschaft der Freiwilligen sagten einstimmig aus, ihre Auf-
gabe, nämlich Riva und das fruchtbare Sarcatal noch vor Abschluß des
Waffenstillstandes zu erreichen, um dort durch große Requisitionen die
Erhaltung eines großen Teiles der Garibaldianer zu erzwingen, sei durch
das energische Vorgehen der k. k. Flottille vereitelt worden.
Nachdem Korvettenkapitän v. Manfroni das Kanonenboot , Wespe*
zur Überwachung der Stadt zurückgelassen hatte, begab er sich mit dem
„Speiteufel* auf den Ankerplatz von S. Virgilio, wohin sich die anderen
Schiffe bereits zurückgezogen hatten.
1. August.
Am 1 . August mittags begab sich die Flottille wieder nach Riva. Von
Torri aus sandte Korvettenkapitän v. Manfroni das Kanonenboot
„Uskoke" nach Salö, imi dort die Verlängerung der Waffenruhe bekannt-
zugeben. Da sich auf Fort Lechi kein Ofizier befand, fuhr „Uskoke** mit
der Parlamentärflagge am Top direkt bis in den inneren Hafen von Salt»
unter die feindliche Batterie, welche jedoch einen scharfen Schuß in
abweichender Richtung als Haltsignal abfeuerte. Ein Boot unter Kom-
mando des Seekadetten Baron Codelli ging dann zur Batterie ab, wo sich
der Divisionskommandant Oberstleutnant Vechj einfand, welchem eine
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Abschrift des Telegrammes übergeben wurde. Hierauf vereinbarte man
gegenseitig die Bestimmung der Demarkationslinie am Gardasee.
Damit schloß die kriegerische Tätigkeit d^r Gardaseeflottille ab, nach-
dem sie die ihr gestellte Aufgabe auf das glänzendste durchgeführt und
dank der rastlosen Tätigkeit ihres Kommandanten ungemein viel zur
Sicherung der Operationen der k. k. Südarmee am Mincio sowie zur
erfolgreichen Verteidigung Tirols beigetragen hatte.
Es folgten mm für dieselbe Tage der Ruhe bis in die Mitte Septem-
ber. Die von der Marinesektion anbefohlene allgemeine Abrüstung machte
ihrem Dasein vollends ein Ende, da bei dem kurz darauf eintretenden
Friedensschlüsse sowohl die Schiffe wie das ganze am Gardasee befind-
liche Marinematerial der italienischen Regierung gegen Entschädigung
überlassen wurde, wobei Korvettenkapitän v. Manfroni als Mitglied der
Liquidierungskommission für Österreich fungierte.
Für hervorragende Leistungen während dieser kurzen Kriegsepoche
wurden dekoriert:
mit dem Bitt«rkreaze des militärischen Maria TlieresleD-Ordens:
Korvettenkapitän Moritz Freiherr Manfroni v. Manfort über Votum
des Ordenskapitels in der Promotion vom 29. August 1866, nachdem
ihm bereits am 12. August der Orden der Eisernen Krone HI. Klasse mit
der Kriegsdekoration verliehen worden war;
mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit der Kriegsdekoration:
die Linienschiffsleutnante :
Julius Joly,
Friedrich Freiherr v. Haan;
mit dem HUlitärrerdienstkrenz mit der Kriegsdekoration:
die Linienschiffsleutnante:
Ludwig Med er,
Viktor Adler Edler v. Adlerschwung,
Josef Na tti.
Die Allerlideliste Belobung
erhielten die Linienschiffsfähnriche:
Julius Graf Seyssel d'Aix,
Hugo Freiherr v. Pelichy,
Stephan Graf Zichy,
Anton Heinze;
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«to giMoM fqpItelwllBMialltox
Seekadett Jos^ Hlawaty;
ile fllberM TtiffMultaMiallle IL KliiMt
die Seekadetten:
Otto Bnrian,
Carl Frdheir y. Godelli,
und wurden 1 goldenei 6 äilbeme Tapferkeitsmedaillen L Klasse,
3 n. Klasse an die Mannschaft verteüi
463
Schlußwort.
Vier Jahrzehnte sind seit der Zeit vergangen, in welcher die von
uns hier beschriebenen Ereignisse stattfanden. Vieles hat sich seitdem
geändert; so auch das Verhältnis zwischen uns und unserem früheren
Gegner.
Das damals junge, mächtig emporstrebende Königreich Italien steht
mm nach einer glücklich überstandenen Sturm- und Drangperiode voll-
kommen geeint da und nimmt eine Achtung gebietende Stellung im Rate
der Großmächte ein. Aus dem langjährigen, erbitterten Feinde ist ein
loyaler Freund und Alliierter geworden, mit dem uns nun so manche
Interessengemeinschaft verbindet und der als dritter im Bunde bemüht
ist, gleich uns, Europa die Segnungen des Friedens zu erhalten. So wie das
Land selbst, so hat auch die italienische Marine seit jener Zeit einen
großen Umschwung erfahren und den Anforderungen des nie rastenden
Fortschrittes im Seewesen Rechnung tragend, in stetiger Entwicklung
jene Höhe und Vervollkommnung erreicht, welche ihr gegenwärtig einen
so hervorragenden Platz unter allen Marinen anweist, weshalb sie auch
heute wieder den berechtigten Stolz der Nation bildet.
Niemand wird dies bereitwilliger anerkennen als wir, die wir so oft
Gelegenheit hatten, auf auswärtigen Stationen das ausgezeichnete Material,
welches die italienische Marine besitzt, zu bewundem und mit dem ebenso
ritterlichen wie hochgebildeten Offizierskorps derselben in echt kamerad-
schafüicher Weise in Verkehr zu treten. Wir wünschen und hoffen, daß,
wenn es ihr beschieden sein sollte, wieder in den Kampf zu ziehen, wir
sie diesmal auf unserer Seite finden, mit uns wetteifernd in der Vertei-
digung einer gemeinsamen und gerechten Sache.
Aber auch die österreichische Marine hat in den langen Jahren seit
1866 namhafte Fortschritte gemacht und sich, den Forderungen der
Neuzeit entsprechend, neu reformiert. Wenngleich ihrer numerischen
Vergrößerung durch die notwendige Rücksichtnahme auf die ander-
weitigen Bedürfnisse des Staates eine gewisse Grenze gezogen ist, so ist
sie dennoch bei ihrer Umwandlung in die moderne Marine bedeutend
verstärkt und gekräftigt hieraus hervorgegangen.
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Durch geraume Zeit unter der Leitung von Männern gestanden,
welche selbst bei Lissa gekämpft haben und seitdem vorzugsweise bemüht
waren, die organisatorischen Ideen des leider zu früh dahmgeschiedenen
Vizeadmirals v.Tegetthoff zur Durchführung zu bringen sowie in seinem
Geiste fortzusetzen, ist sie auch heute in der Lage, ihre im heißen Kampfe
errungene ehrenvolle Stellimg unter den verschiedenen Marinen weiter zu
behaupten.
Wenige der alten Kampfgenossen vom 20. Juli 1866 stehen heute
noch im aktiven Dienste. Ihre Reihen sind gelichtet und bereits durch eine
jüngere Generation ersetzt, gleichwie sich auch das Flottenmaterial von
damals zum größten Teile verändert hat und neue Streitmittel eingeführt
worden sind. Aber nichtsdestoweniger glauben wir mit Bestinmitheit
annehmen zu können, daß der Geist, der die heutige Marine beherrscht,
jener geblieben ist, wie er sich durch die Tradition vererbt hat, und zwar
der von Helgoland und Lissa; daß auch die heutige Generation, wenn
Kaiser und Vaterland rufen sollten, nicht hinter der älteren zurück-
stehen, sondern sich ebenbürtig erweisen und neue Lorbeeren den früher
erworbenen hinzufügen wird, zum Ruhme unserer Flagge imd zum Wohle
des geliebten Vaterlandes. Dies walte Gott!
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