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Full text of "Geschichte der k. k. Kriegsmarine während des Krieges im Jahre 1866. Nach authentischen Quellen verfasst"

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GESCIUCHTK 


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i]l.  TEIL 

DIE  K,  K.  KRIEG SMAKliVK, 

I»  DEM  ZEIIRAUMK  Volt  I81S-1Ü71 


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GESCHICHTE 


DER 


K.  UND  K.  KRIEGSMARINE 


IlL  TEIL 


DIE  K.  K.  KRIEGSMARINE 


IN  DEM  ZEITRAOMK  VON  1848-1871 


IIL  BAND 


1866 


AVIEN  1906 

YERUG  DES  K.  UND  K.  REICUSKRIEUSMIMSTERIUMS,  MARINESEKTION 

OBDCK  DIB  K.  K.  BOF-  VXD  MTAATSDBUCCBBXl 

IN  KOMMISSION  BEI  GEROLD  k  Co.,  WIEN. 


GESCHICHTE 


DER 


K.  K.  KRIEGSMARINE 


WÄHREND  DES 


KRIEGES  IM  JAHRE  1866 


■♦■ 


NACH  AUTHENTISCHEN  QUELLEN  VERFASZT 


VON 


JOSEF  FLEISCHER 

X.  U.  K.  UXIXHSCHirFSLXUTRAVT  D.  R. 


ALS  BEITRAG  ZUR  GESCHICHTE  DER  K.  U.  K.  KRIEGSMARINE  III.  TEIL, 

PERIODE  1848  —  1871 


MIT  vfER  PORTRÄTTAFELN  IN  HELIOGRAVÜRE, 
SECHS  KARTEN,  FÜNF  PLÄNEN  UND  VIER  SKIZZEN 


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EN  1906 


YERLA6  DES  K.  UND  K.  REIGHSKRIEGSMINISTERIUMS,  MARINESEKTION 

OAUCK  DIB  K.  K.  HOF-  ÜMO  8TAAT80AUCKIAII 

IN  KOMMISSION  BEI  GEROLD  k  Co.,  WIEN. 


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APR29  192  t 


Vorwort. 


In  dem  vorliegenden  Werke  sollen  die  denkwürdigen  kriegerischen 
Ereignisse,  welche  sich  während  der  kurzen  Kampagne  im  Sommer  des 
Jahres  1866  sowohl  auf  der  Adria  wie  auch  auf  dem  Gardasee  abspielten, 
eine  möglichst  getreue  und  den  Tatsachen  entsprechende  Schilderung 
finden. 

österreichischerseits  bestanden  lange  Jahre  hindurch  an  beachtens- 
werten Schilderungen  dieser  Ereignisse  bloß  diejenige  des  k.  k.  General- 
stabes (herausgegeben  im  V.  Bande  des  Werkes:  »östreich's  Kämpfe  im 
Jahre  1866*),  die  des  damaligen  k.  k.  Generalstabshauptmannes  Alexander 
Hold«)  in  seinem  Werke :  , Geschichte  des  Feldzuges  1866  in  Italien* 
sowie  endlich  jene,  die  in  der  Marinezeitschrift:  »Archiv  für  Seewesen* 
8.  und  9.  Heft  des  Jahrganges  1866,  enthalten  ist. 

Die  erste  dieser  drei  genannten  Schilderungen  trägt  einen  offiziellen 
Charakter;  ihrer  Bearbeitung  liegen  die  Berichte  des  Inselkommandos  von 
Lassa  sowie  jene  des  k.  k.  Eskadrekommandos  zu  Grunde.  Sie  kann  des- 
halb, was  die  Vorfallenheiten  auf  österreichischer  Seite  anbelangt,  auf 
volle  Authentizität  Anspruch  machen,  dagegen  stimmt  sie  in  manchen 
Punkten  mit  den  italienischen  Berichten  über  die  Vorfälle  auf  italienischer 
Seite  nicht  ganz  überein. 

Auch  die  beiden  anderen  erwähnten  Arbeiten,  welche  noch  unter 
dem  frischen  Eindrucke  der  eben  erlebten  Ereignisse  geschrieben  wurden, 
besitzen  zwar  bezüglich  ihrer  Darstellungsweise  einen  nicht  zu  imter- 
schätzenden  Wert,  aber  auch  ihnen  haften  Irrtümer  an,  deren  Ursprung 
in  der  Unkenntnis  mancher  Vorgänge  auf  italienischer  Seite  gesucht 
werden  muß. 

In  neuerer  Zeit —  1896  —  gesellte  sich  hiezu  das  äußerst  verdienst- 
voDe  Werk  des  k.  L  Regierungsrates  Ferdinand  Ritter  v.  Attlmayr  »Der 


<)  Des  nachmaligen  FZM.  Riller  v.  Hold. 


Krieg  Österreichs  in  der  Adna  18(56",  eine  seekriegsgeschichtliche  Studie, 
wie  es  der  Verfasser  selbst  bezeichnet.  In  gediegener  und  sachlicher 
Weise  werden  in  demselben,  besonders  auf  österreichischer  Seite,  die 
einzelnen  Phasen  der  denkwürdigen  Kampagne  vom  Beginne  der  Aus- 
rüstung der  Flotte  bis  zu  ihrem  Schlüsse  vom  kritischen  Standpunkte  des 
Politikers,  Seemanns  und  Taktikers  beleuchtet  und  der  Schwerpunkt 
darauf  gelegt,  die  Erwägungen  zu  erörtern  und  zu  begründen,  welche  bei 
den  verschiedenen  Begebenheilen  zu  den  jeweiLgen  Maßnahmen  und 
Handlungen  führten. 

Aber  so  lehrreich  und  geradezu  meisterhaft  Attlmayr  den  Stofifvon 
diesem  dreifachen  Standpunkte  aus  behandelt  hat,  so  ist  —  es  läßt  sich  dies 
nicht  verhehlen  —  der  eigentliche  historische  Teil  hiebei  etwas  zu  kurz 
gekommen,  besonders  in  der  Schilderung  der  Ereignisse  auf  italienischer 
Seite,  wo  manche  Begebenheiten  eine  eingehendere  Besprechung  verdient 
hätten,  um  den  richtigen  Einblick  zu  gewinnen.  Ferner  läßt  sich  die  zu  nach- 
sichtige Beurteilung,  die  Admiral  Persano  und  seine  Unterbefehlshaber 
bei  ihm  finden,  nach  dem  heutigen  Quellenmal  erial  nicht  mehr  aufrecht- 
erhalten. 

Auch  italienischei-seits  bestand  längere  Zeit  nach  1866  außer  der 
Anklageakte  im  Prozeß  Persano  kein  nach  authentischen  Quellen  verfaßtes 
Geschichtswerk  über  die  Seekampagne  dieses  Jahres,  denn  von  der  vom 
Admiral  Persano  zu  seiner  eigenen  Verteidigung  und  ganz  in  seinem 
Sinne  verfaßten  Broschüre:  ,1  fatti  di  Lissa",  die  von  Unrichtigkeiten  — 
um  keinen  anderen  Ausdmck  zu  gebrauchen  —  geradezu  strotzt,  kann 
füglich  Abstand  genommen  werden,  da  sie  für  den  Geschichtschreiber  nur 
einen  ganz  geringen  Wert  besitzt. 

Das  italienische  Generalstabswerk: ,  La  campagna  del  1866inltalia'', 
1 875  geschrieben,  dessen  maritimer  Teil  aber  erst  zwanzig  Jahre  später 
erschien,  hat  zwar  im  großen  und  ganzen  das  Bestreben,  eine  gewissen- 
hafte Darstellung  der  Begebenheiten  zu  bringen,  gleichwohl  geht  dasselbe 
über  alle  jene  dunklen  Punkte,  welche  gerade  einer  Aufhellung  oder  in- 
tensiveren Besprechung  bedurft  hätten,  mit  Stillschweigen  oder  nur  ganz 
kurz  hinweg,  es  dem  Scharfsinne  des  Lesers  überlassend,  das  Weitere  zu 
erraten  und  die  Schlußfolgerungen  zu  ziehen.  Auch  sträubt  sich  dasselbe 
noch  immer,  den  Erfolg  des  Gegners  voll  imd  ganz  anzuerkennen,  was  an 
der  sichtbaren  Tendenz,  die  Seeschlacht  von  Lissa  unbedeutender  er- 
scheinen zu  lassen  imd  die  Tragweite  derselben  herabzusetzen,  deutlich 
wahrnehmbar  ist. 


J 


VIT 

Heute,  wo  der  Schleier  über  die  Ereignisse  des  Jahres  1866  voll- 
kommen gelüftet  ist,  macht  man  aber  in  den  vorurteilsfreien  Kreisen 
Italiens  kein  Hehl  mehr  aus  Tatsachen,  welche  nun  nicht  mehr  wegzu- 
leugnen sind,  die  jedoch  zuzugeben  sich  früher  das  Nationalgefühl  heftig 
gesträubt  hatte.  Man  weiß  dort  heute  sehr  gut,  daß  der  Sieg  der  öster- 
reichischen Flotte  bei  Lissa  ein  vollständiger  gewesen  sowie  daß  das  von 
ihr  ins  Auge  gefaßte  Ziel  — -  die  Insel  Lissa  zu  entsetzen  —  durch  den- 
selben erreicht  wurde,  während  die  der  eigenen  Flotte  zugefallenen  Auf- 
gaben ungelöst  blieben.  Ebenso  ist  es  aber  auch  heute  allgemein  bekannt, 
daß,  wenngleich  der  größte  Anteil  an  dem  Mißerfolge  der  ganzen  Kam- 
pagne dem  Admiral  Persano  zuzuschreiben  ist,  die  ihm  unterstehenden 
Admiräle  sowie  einzelne  Kommandanten  sich  nicht  minder  grobe  Fehler 
zu  Schulden  kommen  ließen,  so  daß  auch  diese  mitverantwortlich  gemacht 
werden  müssen. 

Wenn  dem  nicht  schon  früher  derart  Ausdruck  gegeben  wurde  wie 
in  neuerer  Zeit,  so  ist  der  Grund  hievon  nur  darin  zu  suchen,  daß  man 
während  der  Konsolidierung  des  jungen  Königreiches  Italien  nach  voll- 
brachtem Einigungswerke  ein  ebenso  großes  politisches  wie  patriotisches 
Interesse  daran  fand,  die  Wunde  langsam  verheilen  zu  lassen,  welche 
dem  nationalen  Stolze  durch  die  Niederlage  der  Marine,  auf  welche  man 
so  große  Hoffnungen  gesetzt  hatte,  geschlagen  worden  war,  daß  femer 
auch  eme  gewisse  Rücksichtnahme  auf  viele  damals  noch  lebende  Per- 
sönlichkeiten mit  die  Veranlassung  war,  die  offene  Besprechung  von  Tat- 
sachen, welche  weder  diesen  noch  der  Marine  angenehm  sein  konnte, 
vorläufig  zu  unterlassen. 

Im  Verlaufe  der  Jahre  sind  nun  fast  alle  jene  Persönlichkeiten, 
welche  bei  den  damaligen  Kriegsereignissen  eine  hervorragende  Rolle 
spielten  oder  in  irgend  einer  Weise  kompromittiert  waren,  aus  dem  Leben 
geschieden  und  mit  dem  im  Jahre  1886  erschienenen  Werke  des  italieni- 
schen Kammerdeputierten  C.  Randaccio  „Storia  delle  marine  militari 
italiane  dal  1750  al  1860  e  della  marina  militare  italiana  dal  1860  al 
1870*  wurde,  wie  dieser  selbst  in  seiner  Vorrede  zugibt,  die  Bahn  für 
eine  rückhaltlose  Besprechung  der  Seekampagne  des  Jahres  1866  ge- 
brochen. 

Dieser  mit  dem  Seewesen  äußerst  vertraute  Autor,  dem  in  seiner 
Eigenschaft  als  Deputierter  die  Archive  der  königlichen  Marine  leicht  zu- 
gänglich waren,  bespricht  in  dem  genannten  Werke  mit  anerkennens- 
werter Offenheit  die  Mängel  und  Schäden  der  damaligen  jungen  natio- 


naleo  Marine  und  deckt  ohne  Scheu  die  Fehler  auf,  welche  während  der 
ganzen  Kampagne  von  den  leitenden  Persönlichkeiten  begangen  wurden. 
Zum  ersten  Male  auf  italienischer  Seite  begegnet  man  aber  auch  einer 
offenen  und  unparteiischen  Würdigung  der  LeLetungen  der  Österreichischen 
Flotte  unter  ihrem  heldenmütigen  Ädmira!,  dessen  glänzende  Eigeii- 
Bchallen  und  große  Verdienste  Randaccio  in  beredter  Weise  hervorhebt, 
ein  Akt,  welcher  nicht  nui"  jenen,  sondern  auch  ihn  selbst  ehrt. 

Der  genannte  italienische  Geschichtsschreiber  hat  bezüglich  der 
Darstellung  der  Seekampagne  des  Jahres  1806  mit  aus  denselben  Quellen 
geschöpft,  welche  auch  ich  benützt  habe  und  welchen  wohl  jeder  spätere 
Geschichtsschreiber  dieser  Kampagne  wird  folgen  müssen,  nämlich  den 
Verhandlungen  während  des  Prozesses  Persano  im  stenographischen  Aus- 
züge: ,Rendiconti  delle  udienze  pubbhche  dell'atta  corle  di  giustizia  nell 
dibattimento  del  processo  Persano.  Edizione  ufficiale  del  Senato  del 
Begno.  Firenzo  1867",  mit  dem  vielen  in  diesen  Akten  vorkommenden 
Beweismaterial. 

Unter  diesem  bildet  die  Anklageakte  allein  ein  so  ausführliches  und 
meisterhaft  verfaßtes  Elaborat,  daß  man,  sich  ihrer  bedienend,  alle 
wichtigen  Ereignisse  auf  italienischer  Seite  bis  in  ihre  Details  verfolgen 
und  sich  dann  unter  Vergleichung  mit  den  betreffenden  Zeugenaussagen 
ein  ziemlich  richtiges  Urteil  über  dieselben  bilden  kann.  Randaccio  hat 
dieses  Material  noch  mit  neuen  Angaben  und  Beweisstücken  aus  dem 
Marinearchive  bereichert,  wodurch  sich  Lücken  ergänzt  haben  und  eine 
sehr  genaue  Einsicht  in  die  damahgen  Verhältnisse  der  italienischen 
Marine  ermöglicht  ist. 

Unter  sorgfältiger  Vergleichung  und  Verwertung  des  gesamten  bis- 
her genannten  Quellenmaterials  die  in  mehrfacher  Hinsicht  interessante 
Seckampagne  in  allen  ihren  verschiedenen  Phasen  auf  beiden  Seiten 
gleich  eingehend  behandelt,  zum  besseren  Verständnis  der  einzelnen  Be- 
gebenheiten sowie  auch  zur  richtigen  Beurteilung  der  belreCfenden  Per- 
sönlichkeiten die  nötigen  Details  gebracht.  Angaben,  die  sich  in  der  bis- 
herigen gegenseitigen Darslelluiigsweise  nicht  deckten,  näher  untersucht  und 
das  zu  ihrer  Aufklärung  nötige  Material  geliefert  zu  haben,  damit  die  Wahr- 
heit ergründet  werde  oder  wenigstens  ein  der  Wirklichkeit  so  nalie  als 
möglich  kommendes  Bild  entstehe  —  dies  war  die  vornehmste  Aufgabe  des 
vorliegenden  Werkes.  Die  für  Venedig  und  das  Lagunengebiet  getroffenen 
Maßnalimen  und  Vorbereitungen,  welche  jedoch  zu  keiner  ernsten  kriege- 
rischen Betätigung  führten,  wurden  der  Vollständigkeit  halber  gebracht. 


J 


IX 

Bezüglich  der  Ereignisse  am  Gardasee  war  es  des  ZusammenhaDges 
wegen  angezeigt,  außer  der  Schilderung  der  Tätigkeit  der  k.  k.  Schiffe 
auch  eine  kurze  aUgemeine  Darstellung  der  wichtigsten  kriegerischen 
Ereignisse  in  Südtirol  zu  geben,  um  den  Leser  in  den  Stand  zu  setzen,  die 
von  der  k.  k.  Flottille  geleisteten  Dienste  nach  ihrer  vollen  Bedeutung 
würdigen  zu  können. 

Die  beigeschlossenen  Schlachtpläne  sollen  hauptsächlich  den  Zweck 
erfüllen,  dem  Leser  eine  allgemeine,  übersichtliche  Darstellung  der 
Bewegungen  der  beiden  Flotten  während  der  Schlacht  zu  geben  und  ihm 
die  Art  und  Weise  vor  Augen  führen,  wie  sich  die  Hauptphasen  derselben 
entwickelten.  Es  ist  selbstverständhch,  daß  sich  ohne  Verletzung  der 
historischen  Treue  bei  dem  raschen,  kaleidoskopartigen  Wechsel  der 
SchifiEsbewegungen  während  der  Melee  nichts  Ähnliches  hätte  feststellen 
lassen,  daher  auch  nur  jene  Momente  skizziert  werden  konnten,  welche 
vor  dem  Anfange  und  nach  dem  Ende  derselben  lagen. 


L  eitmeritz,  im  April  1905. 


Der  Verfasser. 


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5.  Kapitel. 


Seite 


Unvermutetes  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre  vor  Ancona  am 
27.  Juni.  —  Verfassung  der  italienischen  Flotte  an  diesem  Tage.  — 
Formierung  derselben  unter  Monte  Gonero  und  Rückkehr  nach  An- 
cona. —  Kriegsrat  am  Bord  des  , Principe  di  Garignano'.  —  Ungünstiger 
Eindruck  auf  der  Flotte.  —  Bemerkungen  über  das  Verhalten  des 
Admirals  Persano.  —  Depeschen  Wechsel  und  Korrespondenz  zwischen 
dem  Admiral  und  dem  Marineminister.  —  Neue  Instruktionen.  —  De- 
peschenwecbsel.  —  Kreuzung  der  italienischen  Flotte  in  der  Adria  vom 
8.  bis  13.  Juli  und  ihre  Rückkehr  nach  Ancona.  —  Briefwechsel 
des  Admirals  mit  dem  Marineminister.  —  Sein  Verhalten.  —  Ministerri^ 
im  Hauptquartier  des  Königs.  —  Schreiben  des  Generals  LaMarmora 
an  den  Admiral  Persano.  —  Beratungen  über  ein  Unternehmen  gegen 
die  Insel  Lissa.  —  Beschluß  desselben.  —  Auslaufen  der  Flotte  nach 
Lissa.  —  Tagesbefehl  an  die  Flotte   82—132 

6.  Kapitel. 

Beschreibung  der  Insel  Lissa.  —  Ihre  Wichtigkeit  für  die  Franzosen 
und  Engländer  zu  Anfang  des  XIX.  Jahrhundorts.  —  Befestigungsbauten 
der  Engländer.  —  Fortsetzung  derselben  durch  die  Österreicher.  —  Stand 
der  Werke  Ende  Juni  1866.  —  Stärke  der  Garnison.  —  Kurze  Beschrei- 
bung der  Werke 133—144 

7.  Ki^iitel. 

Fahrt  der  italienischen  Flotte  gegen  Lissa. — Rekognoszierungsfahrt  des  Stabs- 
chefs d*Amico  und  Rapport  desselben.  —  AngrifTsplan  des  Admirals 
Persano.  —  Mission  Sandri.  —  Angrif!  der  italienischen  Flotte  auf  die 
Insel  lissa  am  18.  Juli.  —  Kontrcadmiral  Vacca  vor  Gomisa.  —  Vize- 
admiral Albini  vor  Porto  Manego. — Angriff  der  Gruppen  Persano  und 
Riboty  auf  S.  Giorgio.  —  Explosion  in  der  Batterie  Schmidt.  —  Mifi- 
glfickter  Versuch  der  Panzerfregatten,  Maria  Pia"  und  «SanMartino",  die 
Hafeneinfahrt  zu  forcieren.  —  Eingreifen  der  Gruppe  Vacca.  — 
Schweigen  der  Batterien  mit  Ausnahme  jener  von  Wellington,  Bentink 
und  Zupparina.  —  Ende  des  Kampfes  am  18.  Juli.  —  Zustand  der  Werke 
und  der  Garnison.  —  Resultat  der  Mission  Sandri.  —  Schwacher  Angriff 
am  19.  Juli  vormittags.  —  Ankunft  von  Verstärkungen.  —  Dispositionen 
für  den  Angriff  am  Nachmittag.  —  Kampf  der  .Formidabile'  mit  der 
Batterie  Madonna.  —  Resultat  desselben.  —  Mißlingen  der  Landung  des 
Vizeadmirals  Albini.  —  Benehmen  desselben.  —  Ende  des  Kampfes  am 

19.  Juli.  —  Zustand  der  Werke  Lissas  und  deren  Verluste.  —  Kritische 
Lage  des  Admirals  Persano.  —  Beschlußfassung.  —  Situation  der 
italienischen  Flotte  während  der  Nacht  —  Beratung  am  Morgen  des 

20.  Juli  am  Bord  des  «R^  dTtalia*.  — Erseheinen  der  österreichischen 

Bskadre 14ö— 184 


xni 

Seite 

8.  Kapitel. 

Verteidigungsanstalten  der  Garnison  von  Lissa  (Ür  den  20.  Juli.  —  Die 
österreichische  Eskadre  in  Fasana.  —  Einlangen  der  ersten  Nachrichten 
vom  Angriffe  der  italienischen  Flotte  auf  Lissa.  —  Entschluß  des  Kontre- 
admirals  v.  Tegetthoff,  zum  Entsätze  auszulaufen.  —  Abfahrt  der 
k.  k.  Eskadre  am  19.  Juli  mittags.  —  Fahrt  derselben  gegen  Lissa.  — 
Die  italienische  Flotte  am  Morgen  des  20.  Juli.  —  Seeschlacht  von 
Lissa. — ÜberschiOung  des  Admirals  Persano  auf  den  «Affondatore*. — 
Die  österreichische  Panzerdivision  durchbricht  die  italienische  Schlacht- 
linie. —  Die  italienische  Tetegruppe  fällt  gegen  die  österreichischen 
Holzdivisionen  ab.  —  Die  italienische  Queuegruppe  ahmt  dieses 
Manövernach. — Kommodore  v.Petz  wirft  sich  der  letzteren  entgegen.  — 
Erstes  Engagement  des  Linienschiffes  ^Kaiser*  mit  dem  ,Affondatore*.  — 
Sein  Kampf  mit  dem  ,Re  di  Portogallo*  und  Rückzug  nach  Lissa.  — 
Kontreadmiral  t.  Tegetthoff  greift  die  feindliche  IGttelgnippe  an.  — 
Auflösung  des  taktischen  Yeribandes  und  Beginn  der  Melee.  —  Wieder- 
holtes Rammen  des  österreichischen  Admiralschiffes  ,Erzh.  Ferdinand 
Max*.  —  Untergang  des  ,R6  dUtalia.'  —  .Palestro*  in  Brand.  — 
Sammlung  der  italienischen  Panzerschiffe  durch  Kontreadmiral  Vacca. — 
Untätigkeit  der  italienischen  Holzflotte.  —  Zweites  Engagement  des 
Linienschiffes  «Kaiser'*  mit  dem  .Affondatore*.  —  Vereinigung  der 
österreichischen  Holzschiffe  mit  den  Panzerschiffien.  —  Kontreadmiral 
V.  Tegetthoff  foimiert  seine  Eskadre  in  drei  Kolonnen.  —  Uaent- 
schlossenheit  in  der  Führung  auf  italienischer  Seite.  —  Zweckloses 
Hin-  und  Herfahren  der  italienischen  Flotte.  —  Ende  der  Schlacht.  — 
Rückzug  der  italienischen  Flotte.  —  Auffliegen  des  «Palestro**.  — 
Einlaufen  der  österreichischen  Eskadre  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio.  — 
Beiderseitige  Verluste.  —  EskadrebefehL —  Ernennung  Tegetthoffs 
zum  Vizeadmiral.  —  Rückkehr  der  k.  k.  Eskadre  nach  Fasana 185—337 

9.  KapiteL 

Die  Kämpfe  der  einzelnen  Schiffe 238—299 

A.  Österreicher: 

L  Division  (Panzer) 238—250 

11.       ,        (schwere  Holzschiffe) 250—256 

IIL       ,        (Kanonenboote) 256—261 

Raddampfer 261—265 

B.  Italiener: 

Panzerschiffe    265—299 

Holzschiffe    ^. .  299 

10.  Kapitel. 

Allgemeine  Betrachtungen  über  die  Seeschlacht  von  Lissa 300 — 327 


XIV 

Seite 

11.  Kapitel. 

Vorbereitungea  der  k.  k.  Eskadre  fQr  eine  eyentuelle  Wiederaufnahme  der 
Feindseligkeiten.  —  Auslaufen  derselben  nach  Triest.  —  Waffen- 
stillstand. —  Flottenrevue  durch  Seine  k.  k.  Hoheit  Erzh. Albrecht.  — 
Schreiben  desselben  an  Vizeadmiral  ▼.  Tegetthoff.  —  Anerkennungen 
und  Auszeichnungen. —  Auflösung  der  k.  k.  Eskadre.  —  Abschiedsbefehl 
des  Vizeadmirals  v.  Tegetthoff 328—338 

12.  Kapitel. 

Telegramm  des  Admirals  Persano  an  den  Marineminister  Ober  die 
Seeschlacht  von  Lissa.  —  Antwort  des  letzteren.  —  Allmähliches 
Bekanntwerden  des  Verlustes  dieser  Schlacht.  —  Eindruck  auf 
die  Bevölkerung.  —  Maßnahmen  der  Regierung.  —  Petition  der  Stadt 
Genua.  —  Enthebung  des  Admirals  Persano  vom  Kommando  der 
Operationsflotte.  —  Kreierung  einer  Operationseskadre  unter  Kontre- 
admiral  Vacca.  — Untergang  des  «Affondatore*  auf  der  Rhede  von 
Ancona.  —  Auflösung  der  Operationseskadre.  —  Der  Prozeß  Persano. 
—  Schlußwort 339—358 

Beilagen: 

A.  Stand  und  Armierung  der  königlich  italienischen  Operationsflotte  im 

Jahre  1866 361 

B.  Stand  und  Armierung  der  k.  k.  operativen  Eskadre  im  Jahre  1866 362 

I.  Bericht  des  Vizeadmirals  v.  T e ge  tth of  f  über  die  Seeschlacht  von  Lissa    363 — 368 

II.  Auszug  aus  dem  Bordjournale  S.  M.  Panzerfregatte  «Erzh.  Ferdinand  Max*  369 — 37 1 

ni.  Bericht  des  Admirals  Persano  über  die  Seeschlacht  von  Lissa 372 — 384 

IV.        ,         ,    Linienschiffsleutnants  £d.  Gualterio  vom  ,R^  dltalia*     .  385 — 387 
V.        ,         ^    Linienschiffs-Unterleutnants       Fabrizio       Fabrizi     vom 

,Palestro*  über  die  Aktion  am  20.  Juli  1866 388—389 

VI.  Zeugenaussagen  und  Dokumente  bezüglich  der  Tätigkeit  des  ,Affon- 

datore«  in  der  Schlacht 390—417 

VII.  Gutachten  der  Sachverständigen  über  den  «Affondatore"   418 — 429 

Femer  4  Karten,   5  Pläne,  4  Skizzen  und  3  Porträttafeln,  und  zwar : 

\/  Karte     I  Ankerplatz  der  operativen  Eskadre  auf  der  Rhede 

von  Fasana zu  Seite  51 

/    ,       II  Verschärfte  Rekognoszierung   der  k.  k.  Eskadre 

vor  Ancona  27.  Juni ,      ,  77 

>/   ,     ni  Detailkartc   der  Insel  Lissa  mit  der  damaligen 

Befestigung ,      ,  133 

/     „     IV  Kampf  der  «Formidabile*  mit  der  Batterie  Madonna 

im  Hafen  von  S.  Giorgio ,      .  170 

y  Plan     I  Situation  der  beiden  Flotten  zu  Beginn  der  Schlacht 

10»^  43«  a.  m ,      ,  193 


XV 

S«ite 

VPlan  II  Durchbrechen  der  italienischen  Schlachtlinie 
seitens  der  österreichischen  Panzerdivision 
10^  bO"^  a.  m.  Zweiter  Offensivstoß  der  Oster- 
reichischen Panzerdivision  und  Engagement  der 
Gruppe  Riboty  mit  der  österreichischen  Holz- 
flotte 1 1^  a.  m.  Beginn  der  Melee zu  Seite  306 

/   0    m  RQckzug  des  Linienschiffes  ^Kaiser'  nach  S.  Gior- 
gio, n.  Engagement  desselben  mit  dem  ^Affon- 

datore*.  Die  Holzflotte  des  Vizeadmirals  Albini    ,      ,  HS 

^  ,  IV  Ende  der  Meiee.  Vereinigung  der  österreichischen 
Holzschiffe  mit  den  Panzerschiffen.  12^  10°^  bis 
1 2^  55°^.  Formierung  der  österreichischen  Eskadre 
in  drei  Kolonnen.  Formierung  der  italienischen 

Flotte   ,      ^  219 

^  ,  V  Situation  der  beiden  Flotten  gegen  1*^  p.  m.  Ende 
des  Kampfes.  Situation  der  beiden  Flotten  nach 

Beendigung  der  Schlacht  2^  15°^  bis  6*"  p.  m ^      ,  225 

y  Skizze    I  Marschordnung  der  k.  k.  Eskadre ,      ,  49 

v^      ,       II  ,  ^    italienischen  Flotte ,      ,  70 

^      ,      III  Schlachtordnung  der  italienischen  Flotte ,      ^  374 

^      ,      rV  Das  Vorschiff  S.  M.  Panzerfregatte ,  Erzh.  Ferdinand 

Max  "bezüglich  des  Eindringens  in  den  «Rödltalia'^    ,      ,  244 

v/Porträttafel  des  Lk.EskadrekommandantenKontreadmirals 

WilheUnv.  Tegetthoff 39 

v^ 9  des  k.  k.  Kommodore  Anton  v.  Pe tz ,      ,  200 

y  ,  fi    n  «  Linienschiffdkapitäns  Max  Freiherr  v. 

Sterneck   ,      ,  240 

IL  Abschnitt. 
Die  k.  k.  Lagnnenflottille  in  Venedig. 

AasrQstung  und  Indienststellung  der  k.  k.  Lagunenfahrzeuge.  —  Spenning  der 
Hafeneinfahrten  von  Chioggia  und  Malamocco.  —  Obergabe  des  k.  k. 
Seearsenals  an  die  königliche  italienische  Marine. —  Stand  und  Armierung 

der  k.  k.  Lagunenflottille  in  Venedig  im  Jahre  1866 433—436 

y  Karte  der  Hafeneinfahrten  von  Venedig. 

in.  Abschnitt. 

Die  k.  k.  Gardaseeflottille. 

Ausrüstung  und  Indienststellung  der  Flottille. — Kreuzungen  und  Scharmützel 
der  verschiedenen  Schiffe  sowie  der  ganzen  Flottille. — Kampf  des  ,  Wild- 
fang* mit  der  Batterie  von  Gargnano  und  Wegnahme  des  italienischen 
Raddampfers     .Benaco*^     durch     ^Wildfang**     und     »Scharfschütze*' 


XVI 

Seite 

(20.  Juli).  —  Kampf  der  Flottille  mit  den  italienischen  Kanonenbooten  top 
Salö. — Kritische  Lage  der  österreidiischen Truppen  in  Südlirol. — Dienste 
der  Flottille  in  diesem  Stadium.  —  Besetzung  und  Haltung  von  Riva.  — 
WaffenstiUstand.  — Abrüstung  der  Flottille.  —  Übergabe  derselben  an  die 

Italiener.  —  Auszeichnungen 443 — 462 

V  Karte  des  Gardasees 445 

^  Porträttafel  des  Korvettenkapitäns  Moriz  v.  Maufroni 443 

Schlußwort 463 


Benutzte   Quellenwerke : 

Von  österreichischer  Seite: 

, Der  Kampf  auf  dem  Adriatischen  Meere  im  lahre  1866*,  Separatabdmek  aus 
dem  V.  Bande  „Österreichs  Kämpfe  im  Jahre  1866*,  herausgegeben  vom  k.  k.  General- 
stab. Wien  1869. 

„Geschichte  des  Feldzuges  1866  in  Italien*  von  Alexander  Hold,  k.  k.  Hauptmann 
im  Generalstabe.  Wien  1867. 

„Archiv  für  Seewesen*,  Jahrgang  1866,  Heft  8  und  9. 

„Aus  Wilhehn  v.  Tegetthoffs  Nachlaß*  von  Adolf  Beer.  Wien  1882. 

„Der  Krieg  Österreichs  in  der  Adria  im  Jahre  1866.*  Seekriegsgeschichtliche 
Studie  von  Ferdinand  Ritter  v.  Attlroayr.  Pola  1896. 

«Der  militärische  Maria  Theresien-Orden*.  lU  Abteilung  1850  bis  1878. 

„Die  Kanoniere  von  Lassa*  von  Wilhelm  Knobloch.  Pola  1896. 

Diverse  Notizen  und  das  Tagebuch  des  Verfassers  aus  jener  Zeit. 

Von  italienischer  Seite: 

„Rendiconti  delle  udienze  pubbliche  dcll  alta  Corte  di  giustizia  nel  dibattimento 
del  processo  Persano.*  Edizione  ufQciale  del  Senato  del  Regno.  Flrenze  1867. 

„I  fatti  di  Lissa*  di  Carlo  di  Persano.  Torino  1866. 

C.  Randaccio:  „Storia  dclle  marine  militari  italiane  dal  1750  al  1860  e  della 
marina  militare  italiana  dal  1860  al  1870.*  Roma  1886. 

„La  campagna  del  1866  in  Italia*,  redatla  dalla  Sezione  Storica  del  Corpo  di 
SUto  Maggiore.  Roma  1875  bis  1895. 

„Memorie  autobiografiche  di  Giuseppe  Garibaldi.*  Flrenze  1888. 

Diverse  Zeitschriften  und  Zeitungen  aus  dem  Jahre  1866. 


I.  Abschnitt. 


Die  Seekampagne  auf  der  Adria. 


Mit  vier  Karten,  fünf  Plänen  und  vier  Skizzen,  femer 
drei  Porträttafeln  in  Heliogravüre. 


Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  IMMi. 


1.  Kapitel. 


Einleitaiig.  —  Die  italienisch«  Murine  anfangs  186A.  —  Kreierung  einer  Operationtflotte.  —  KriegtTOiberei- 
tnogen.  —  Admiral  Persano.  —  Stand  und  Armierung  der  italienischen  Operationsflotte.  — Tabelle 

Beilage  A. 

Der  politische  Himmel  zeigte  sich  zu  Anfang  des  Jahres  1866  für 
Österreich  stark  umdüstert.  Auf  zwei  Seiten  begann  es  zu  blitzen  und 
dumpf  grollend  ließ  sich  der  Donner  des  im  Anzug  befindlichen  Gewitters 
aus  der  Ferne  vernehmen.  Die  alte  ehrwürdige  Monarchie  stand  abermals 
am  Vorabend  großer,  tief  in  ihr  Geschick  einschneidender  Ereignisse. 

Österreich  und  Preußen  hatten  zwei  Jahre  zuvor  im  Norden  gemein- 
schaftlich gesiegt,  Schleswig-Holstein  war  gemeinschaftlicher  Besitz  der 
beiden  Sieger  geworden,  aber  eben  diese  Gemeinschaft  sowie  die  schon 
seit  Jahren  zwischen  den  beiden  führenden  Staaten  Deutschlands  be- 
stehende Rivalität  enthielten  die  Keime  eines  unvermeidlichen  Konfliktes. 
Nach  längeren,  fruchtlosen  Verhandlungen  fühlte  man  es  auf  beiden 
Seiten  heraus,  daß  hier  unüberbrückbare  Gegensätze  vorhanden  seien, 
daß  der  Appell  an  die  Wafifen  unvermeidlich  geworden.  Ebenso  war  es 
das  junge  Königreich  Italien,  welches,  die  entstandene  Lage  benützend, 
die  Zeit  für  gekommen  erachtete,  seine  auf  die  Annexion  Venetiens 
gerichteten  Pläne,  die  noch  dazu  von  der  öffentlichen  Meinung  Italiens 
laut  gefordert  wurden,  nunmehr  zur  Ausführung  zu  bringen. 

Die  preußische  Politik  kam  ihm  hiebei  entgegen,  denn  sie  hatte  in 
Voraussicht  der  Dinge  die  Mitwirkung  Italiens  im  Kampfe  gegen  Österreich 
in  ihr  Programm  aufgenommen.  Das  Ministerium  La  Marmor a,  bereit- 
willig auf  die  Ideen  Bismarcks  eingehend,  sandte  den  General  Govone  in 
militärisch-politischer  Mission  nach  Berlin.  Nach  kurzen  Verhandlungen 
zwischen  den  beiden  Mächten  war  ein  Bündnis  zu  stände  gekommen  und 
am  8.  April  der  Offensiv-  und  Defensivvertrag  unterzeichnet  worden. 

Die  Würfel  waren  gefallen  und  man  trieb  bereits  dem  Kriege  zu. 
Von  den  Großmächten  unternommene  Versuche  zur  Bildung  eines  Kon- 
gresses konnten  unter  solchen  Umständen  keine  Aussicht  auf  Erfolg 
haben  und  die  schon  seit  einiger  Zeit  betriebenen  Rüstungen  Preußens 


und  Italiens  wurden  vielmehr  von  denselben  mit  verdoppeltem  Eifer  fort- 
gesetzt. 

Auch  in  Österreich,  welches  diesmal  einen  Krieg  auf  zwei  Seiten 
zu  führen  hatte,  in  dem  es  abermals  so  gut  wie  allein  dastand,  waren  die 
Kriegsvorbereitungen  mit  aller  Macht  in  Angriflf  genommen  worden. 
Während  aber  der  weitaus  größte  Teil  der  kaiserlichen  Armee  unter 
FZM.  Ritter  V.  Ben edek  als  Nordarmee  in  Böhmen  und  Mähren  gegen 
Preußen  konzentriert  wurde,  blieb  für  die  Südarmee  unter  Erzh.  Albrecht 
in  Italien  nur  die  bescheidene  Ziffer  von  80.000  Mann  zur  Verfügung, 
denen  200.000  Italiener  gegenüberstanden. 

Die  außerordentliche  Überlegenheit  an  Streitmitteln,  welche  sonach 
Italien  in  dem  Kriege  gegen  Österreich  diesmal  zu  Gebote  stand,  ward 
aber  noch  durch  den  Besitz  einer  äußerst  starken  Flotte  erhöht,  welche 
durch  die  Aufnahme  der  ehemaligen  neapolitanischen  und  sizilischen 
Marinen  sowie  durch  eine  außerordentliche  Energie  in  der  Erwerbung 
neuer  Kriegsschiffe  binnen  wenigen  Jahren  entstanden  war.  Die  italienische 
Regierung  hatte  den  Kostenaufwand  von  nahezu  200  Millionen  Franken 
nicht  gescheut,  um  sich  eine  Flotte  zu  schaffen,  die  der  Großmachtstellung 
des  neuen  Königreiches  Italien  entsprechen  und  namentlich  ein  kräftiges 
Angriffsmittel  gegen  Österreich  bilden  sollte. 

Der  Umwälzung  folgend,  die  der  Obergang  zur  Panzerflotte  in  allen 
Marinestaaten  herbeiführte,  wandte  man  auch  in  ItaUen  alles  daran,  um 
die  Flotte  durch  Panzerschiffe  bester  Konstruktion  und  schwerster  Armie- 
rung auf  eine  den  Anforderungen  der  Neuzeit  entsprechende  Höhe  zu 
bringen. 

Dank  dieser  außerordentlichen  Tätigkeit  sowie  den  vom  Lande 
bereitwillig  bewilligten  Geldmitteln  verfügte  die  italienische  Kriegsmarine 
zu  Anfang  des  Jahres  1866  über  nachstehende  Schiffe: 

L  Kriegsschiffe: 

a)  12  Panzerschiffe,  und  zwar: 

7  Panzerfregatten: 

Ri  d'Italia^  Holzkonstruktion,  vollständig  mit  11  cm  Platten  gepanzert, 
5700  Tonnen  Deplacement,  800  Pferdekräfte,  12  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 600  Mann  Bemannung ; 


36  Geschütze :    HO  cm  gezogene  Stahlreif- Armstrong,  150pfundig, 

16  20  em  gezogene,  bereifte,  französisches  System, 
14  16  et»  Cavalli, 
4  glatte  SOpfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

B^  di  Portogallo,  Holzkonstruktion,  vollständig  mit  II  ctn  Platten  ge- 
panzert, 5700  Tonnen  Deplacement,  800  Pferdekräfte,  12  Meilen 
Geschwindigkeit,  550  Mann  Bemannung; 

28  Geschütze :    2  25  cm  gezogene  Stahlreif- Armstrong,  300pfündig, 

12  16  cm  bereifte,  französisches  System, 
14  16  cm  CavaUl, 
6    8  ctn  gezogene  Landungsgeschütze. 

AncoDE  und  Castelfldardo^  Eisenkonstruktion,  vollständig  mit  1 1  cm 
Platten  gepanzert,  4250  Tonnen  Deplacement,  700  Pferdekräfte, 

13  bis  14  Meilen  Geschwindigkeit,  484  Mann  Bemannung; 
27  Geschütze:  22  16  cm  bereifte,  französisches  System, 

1  16  cm  Cavalli, 

4  glatte  80pfünder, 

5  8  et»  gezogene  Landungsgeschütze. 

Maria  Pia,  Eisenkonstruktion,  vollständig  mit  1 1  cm  Platten  gepanzert, 
4250  Tonnen  Deplacement,  700  Pferdekräfte,  13  bis  14  Meilen 
Geschwindigkeit,  484  Mann  Bemannung ; 
26  Geschütze:  18  16  cw  bereifte,  französisches  System, 

4  16  cm  Cavalli, 

4  glatte  SOpfünder, 

5  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

San  Martine,  Eisenkonstruktion,  vollständig  mit  1 1  cm  Platten  ge- 
panzert, 4250  Tonnen  Deplacement,  700  Pferdekräfte,   13  bis 

14  Meilen  Geschwindigkeit,  484  Mann  Bemannung; 

26  Geschütze:  16  16  cm  bereifte,  französisches  System, 

6  16  cm  Cavalli, 

4  glatte  80pfünder, 

5  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Principe  di  Carignano,  Eisenkonstruktion,  vollständig  mit  1 1  cm 
Platten  gepanzert,  4086  Tonnen  Deplacement,  700  Pferdekräfte, 
10  bis  11  Meilen  Geschwindigkeit,  440  Mann  Bemannung; 


22  Geschütze:  12  16  cm  bereifte,  französisches  System. 

6  16  cm  Cavalli, 

4  glatte  SOpfünder, 

5  8  cm  gezogene  Landungsgeschutze. 

1  Turm-  und  Widderschiff: 

Affondatore^  Eisenkonstruktion,  2  Türme,  an  der  Wasserlinie  mit 
1 1  cm  Platten  gepanzert,  4070  Tonnen  Deplacement,  700  Pferde- 
kräfte, 10  bis  11  Meilen  Geschwindigkeit,  290  Mann  Bemannung ; 

2  Geschütze:  25  cm  gezogene  Stahlreif- Armstrong  300pfündig. 

2  Panzerkorvetten: 

Terriblle  und  Formldablle,  Eisenkonstruktion,  vollständig  mit  1 1  cm 
Platten  gepanzert,  2700  Tonnen  Deplacement  400  Pferdekräfte, 
10  bis  11  Meilen  Geschwindigkeit,  356  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:  10  16  cm  bereifte,  französisches  System, 

6  16  cm  Cavalli, 

4  glatte  SOpfünder, 

5  8ctn  gezogene  Landungsgeschütze. 

2  Panzerkanonenboote: 

Palestro  und  Tarese^  Eisenkonstruktion,  in  der  Höhe  der  Batterie 
und  an  der  Wasserlinie  mit  1 1  cm  Platten  gepanzert,  2000  Tonnen 
Deplacement,  300  Pferdekräfte,  7  bis  8  Meilen  Geschwindigkeit, 
250  Mann  Bemannung ; 
5  Geschütze:    2  20  ctn  Stahlreif- Armstrong  ISOpfündig, 

1  1 2  cm  Cavalli, 

2  glatte  SOpfünder, 

2  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

b)  20  Schraubenschiffe,  und  zwax: 

1  Schraubenlinienschiff: 

Be  Oalantuomo^    3800    Tonnen    Deplacement,    450    Pferdekräfte, 
7  Meilen  Geschwindigkeit,  658  Mann  Bemannung; 
43  Geschütze :    6  1 6  cm  Cavalli, 

4  1 2  cm  Cavalli, 

7  glatte  80pfündcr, 

2  glatte  SOpfundige  Granatkanonen, 
24  glatte  32pfündige  Granatkanonen, 

8  8  cm  gezogene  Landungsgeschutze 


9  Schraabenfregatten: 

Maria  Adelaide^    3459    Tonnen    Deplacement,    600    Pferdekräfte, 
11  Meilen  Geschwindigkeit,  550  Mann  Bemannung; 
32  Geschütze:  10  16  m  Cavalli, 

22  glatte  SOpfönder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Dnca  dl  GenoTa^    3515  Tonnen  Deplacement,    600  Pferdekräfte; 
1 1  Meilen  Geschwindigkeit,  580  Mann  Bemannung ; 
50  Geschütze:    8  16  cm  Cavalli, 

10  glatte  80pfündigc  Granatkanonen, 
32  glatte  32pfünder, 
6  8ctn  gezogene  Landungsgeschütze. 

Friiicipe  UmberiiO^  3501  Tonnen  Deplacement,  600  Pferdekräfte, 
11  Meilen  Geschwindigkeit,  580  Mann  Bemannung; 
50  Geschütze :    8  1 6  cm  Cavalli, 

10  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
32  glatte  32pfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Tittorio  Emannele^  3415  Tonnen  Deplacement,  500  Pferdekräfte, 

10  Meilen  Geschwindigkeit,  580  Mann  Bemannung; 
50  Geschütze:    8  16  cn*  CavaDi, 

10  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
32  glatte  32pfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Garibaldi^   3680  Tonnen  Deplacement,  450  Perdekräfte,  9  Meilen 
Geschwindigkeit,  580  Mann  Bemannung; 
54  Geschütze:    8  16  cm  Cavalli, 

12  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
34  glatte  32pfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Italla^  3680  Tonnen  Deplacement,  450  Pferdekräfte,  9  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 580  Mann  Bemannung; 
54  Geschütze :    8  1 6  cm  Cavalli, 

12  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
34  glatte  32pfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 


8 


GaSta,  3980  Tonnen  Deplacement,  450  Pferdekräfte,  8  bis  9  MeUen 
Geschwindigkeit,  380  Mann  Bemannung; 
54  Geschütze:    8  16  cw  Gavalli, 

12  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
34  glatte  32pfünder, 
6  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Carlo  Alberto^  3200  Tonnen  Deplacement,  400  Pferdekräfle,  8  bis 
9  Meilen  Geschwindigkeit,  580  Mann  Bemannimg; 
50  Geschütze :    8  1 6  c»*  Gavalli, 

10  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
32  glatte  32pfünder, 
&  San  gezogene  Landungsgeschütze. 

Begina^  2913  Tonnen  Deplacement,  400  Pferdekräfte,  8  bis  9  Meilen 
Geschwindigkeit,  464  Mann  Bemaimung; 
36  Geschütze:    8  ißctn  Gavalli, 

8  glatte  80pfündige  Granatkanonen, 
20  glatte  32pfünder, 
5  8  an  gezogene  Landungsgeschütze. 

4  Schraubenkorvetten: 

Magenta^  2552  Tonnen  Deplacement,  500  Pferdekräfte,  12  Meilen 
Geschwindigkeit,  345  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:    6  16  m  Gavalli, 

14  glatte  32pfünder, 
4  8  cw*  gezogene  Landungsgeschütze. 

Frlncipessa  Clotilde^  2182  Tonnen  Deplacement,  400  Pferdekräfte, 
11  Meilen  Geschwindigkeit,  345  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:    6  16  m  Gavalli, 

14  glatte  32pfünder, 
4  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

San  Giovanni,  1780  Tonnen  Deplacement,  220  Pferdekräfte,  9  Meilen 
Geschwindigkeit,  345  Maim  Bemannung; 
20  Geschütze:    6  l&an  Gavalli, 

14  glatte  32pfünder, 
4  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Etna,   1524  Tonnen  Deplacement.   350  Pferdekräfte,   10  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 241  Mann  Bemainum^^; 


10  Geschütze:  2  16  cm  Cavalii, 

8  glatte  32pfönder, 

2  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

G  Schraubenkanonenboote: 

Yinzaglio^    Conflenza^  Curtatone    und  Montebello^   262  Tonnen 
Deplacement,  60  Pferdekräfte,  7  bis  8  Meilen  Geschwindigkeit, 
63  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  12 cm  Cavalii. 

Veloce  und  Ardita,    274  Tonnen  Deplacement,   40  Pferdekräfte, 
7  Meilen  Geschwindigkeit,  67  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  12cm  Cavalii. 

c)  25  Raddampfer,  und  zwar: 

3  Radkorvetten  1.  Klasse: 
Costituzlone^  1600  Tonnen  Deplacement,  400  Pferdekräfte. 

Fnlminante^  1411  Tonnen  Deplacement,  440  Pferdekräfte,  10  Meilen 

Geschwindigkeit,  260  Mann  Bemannung; 

10  Geschütze:  2  16cm  Cavalii, 

8  glatte  SOpfQndige  Granatkanonen, 
4  8  cm  gezogene  Landungsgeschutze. 

Govemolo,   1700  Tonnen  Deplacement,  450  Pferdekräfte,  11  Meilen 
Geschwindigkeit,  260  Mann  Bemannung; 
12  Geschütze:     2  16cm  Cavalii, 

10  glatle  80pfündige  Granatkanonen, 
4  8c^/»  gezogene  Landungsgeschütze. 

7  Radkorvetten  2.  Klasse: 

Ouiscardo^  Ruggero  imd  Ettore  Fieramosca,  1400  Tonnen  Deplace- 
ment,  300  Pferdekräfte,     9   bis    10   Meilen     Geschwindigkeit, 
190  Mann  Bemannung; 
6  Geschütze:  2  16cm  Cavalii, 

4  glatte  32pfünder, 

2  8cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

Ercole,  1306  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdeknlft*', 

Archimede,  1306  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfto, 


10 


Tancredi,  1186  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfte. 

9  Meilen  Geschwindigkeit,  190  Mann  Bemannung ; 
6  Geschütze:  2  l&cm  Cavalli, 

4  glatte  32pfünder, 

2  8  cm  gezogene  glatte  Landungsgeschütze. 

Tuckery  (ex  Veloce),   962  Tonnen  Deplacement,  380  Pferdekräfle, 

10  Meilen  Geschwindigkeit,  202  Mann  Bemannung; 
8  Geschütze:  2  16 an  Gavalli, 

6  glatte  32pfünder, 

2  8  cm  gezogene  Landungsgeschütze. 

3  Radkorvetten  3.  Klasse: 
Monzambano,  900  Tonnen  Deplacement,  220  Pferdekräfle,  8  bis  9 
Meilen  Geschwindigkeit,  120  Mann  Bemannung; 
3  Geschütze:  1  12cm  Gavalli, 

2     San  Gavalli. 

Tripolis  800  Tonnen  Deplacement,  180  Pferdekräfte, 

Malfatano,  800  Tonnen  Deplacement,  160  Pferdekräfte, 

8  Meilen  Geschwindigkeit,  120  Mann  Bemannung; 

3  Geschütze:  1   12cm  Gavalli, 

2     8  cm  Gavalli. 

2  Radavisos  1.  Klasse: 
Messaggiere  und  Esploratore^  1000  Tonnen  Deplacement,  350  Pferde- 
kräfte, 14  bis  15  Meilen  Geschwindigkeit,  108  Mann  Bemannimg; 

2  Geschütze:  12cm  Gavalli. 

9  Radavisos  2.  Klasse: 

Aqulla^  576  Tonnen  Deplacement,  130  Pferdekräfte,  8  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 71  Mann  Bemannung; 

4  Geschütze:  2  12cm  Gavalli, 

2    San  Gavalli. 

Peloro,  292  Tonnen  Deplacement,   120  Pferdekräfte,  8  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 63  Mann  Bemannung; 

3  Geschütze:  1  12cm  Gavalli, 

2     San  Gavalli. 

Sirena,  354  Tonnen  Deplacement,   120  Pferdekräfte,  8  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 63  Mann  Bemannung; 
3  Geschütze:  1   12cm  Gavalli, 

2     San  Gavalli. 


11 

Anthion^  500  Tonnen  Deplacement,  130  Pferdekräfte,  8  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 63  Mann  Bemannung ; 

3  Geschütze:  1  12cm  Cavalli, 

2     8  cm  Cavalli. 

Oarigliano^  330  Tonnen  Deplacement,  120  Pferdekräfte,  8  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 63  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  2  12cm  Cavalli, 

2     8  cm  Cavalli. 

Sesla,  334  Tonnen  Deplacement,  120  Pferdekräfte,  8  Meilen  Geschwin- 
digkeit, 63  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  12cm  Cavalli. 

Icknnsa,  450  Tonnen  Deplacement,  90  Pferdekräfte,  5  bis  6  Meilen 
Geschwindigkeit,  57  Mann  Bemannung ; 
2  Geschütze:  12c»*  Cavalli. 

Oulnara^  450  Tonnen  Deplacement,  90  Pferdekräfte,  5  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 57  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  12 an  Cavalli. 

Yedetta  (in  Umwandlung  zum  Schraubenschiflf  in  Genua),  792  Tonnen 
Deplacement,    200    Pferdekräfte,     9  Meilen    Geschwindigkeit, 
63  Mann  Bemannung; 
3  Geschütze:  1   12cm  Cavalli, 

2     8  cm  Cavalli. 

d)  8  Segelschiffe,  und  zwbx  : 

2  Segelfregatten: 

Partenope^  2583  Tonnen  Deplacement,  420  Mann  Bemannung; 
26  Geschütze :  glatte  32pfünder. 

San  Michele^  2400  Tonnen  Deplacement,  420  Mann  Bemannung; 
26  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

4  Segelkorvetten: 

Euridlce^  1400  Tonnen  Deplacement,  300  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

Iride^  752  Tonnen  Deplacement,  190  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

Taloroso^  600  Tonnen  Deplacement,  172  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  glatte  32pfünder. 


12 


Zeflflro^  594  Tonnen  Deplacement,  172  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

2  Segelbrigantinnen: 

Colombo^  480  Tonnen  Deplacement,  135  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

Eridano^  450  Tonnen  Deplacement,  135  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  glatte  32pfünder. 


n.  Transportschiffe : 

a)  12  Schraubentransportschiffe,  und  zwar: 

7  Schraubendampfer: 

Cittä  di  Napoli  und  Cittä  di  Genoya^  3730  Tonnen  Deplacement, 
500  Pferdekräfte.,  200  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  12cw  Cavalli. 

Conte  Cavour,  1870  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfte, 

Tolturno,  1935  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfte, 
130  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  12 cm  Cavalli. 

Bora,  1100  Tonnen  Deplacement.  220  Pferdekräfte, 

Tanaro^  1100  Tonnen  Deplacement,  125  Pferdekräfte. 
98  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  8c///  Cavalli. 

Washington,  1400  Tonnen  Deplacement,  250  Pferdekräfte,  98  Mann 
Bemannung; 

2  Geschütze:  8 aw  Cavalli. 

3  Schraubenremorqueure: 

Calataflmi,  269  Tonnen  Deplacement,  80  PferdekräRe, 

Ferruecio,  269  Tonnen  Deplacement,  80  Pferdekräfle. 

Weasel,  300  Tonnen  Deplacement,  80  Pferdekräfle. 
36  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  8 cm  italienische  Cavalli. 


13 


2  Zisternscbiffe: 


Sr.  I  und  Nr.  ü^  215  Tonnen  Deplacement,  60  Pferdekräfte,  15  Mfu^n 
Bemannung. 


&;  10  Radtransportschiffe,  und  zwar: 

» 

4  Raddampfer: 

Cambrla^  1949  Tonnen  Deplacement,  500  Pferdekräfte, 

Bosolino  Pilo,  1725  Tonnen  Deplacement,  350  Pferdekräfte, 
118  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze;  8cm  italienische  CavaUi. 

Plebiseito,  807  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfte, 

Indipendenza,  600  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekräfte, 
98  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  8cni  italienische  Cavalli. 

6  Radremorqueure: 

Oregon,  188  Tonnen  Deplacement,  60  Pferdekräfte, 

Baleno,  195  Tonnen  Deplacement,  70  Pferdekräfte, 
36  Mann  Bemannung; 
2  Greschütze:  8cm  italienische  Cavalli. 

Antelope,  154  Tonnen  Deplacement,  60  Pferdekräfte, 

Bondina,  154  Tonnen  Deplacement,  60  Pferdekräfte, 

Lani,  151  Tonnen  Deplacement,  40  Pferdekräfte, 

Giglio,  250  Tonnen  Deplacement,  60  Pferdekräfte, 
26  Mann  Bemannung. 

e)  2  Segeltransportschiffe,  und  zwar: 

de  Geneys^  1400  Tonnen  Deplacement,  156  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  glatte  32pfünder. 

Sparriero^  137  Tonnen  Deplacement,   21  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  glatte  32pfünder. 


14 

Rekapitulation. 

L  Kriegssehiffe: 

Geschütze   Pferdekräfte  ^^^^o^mT"^    Bemannung 

12  Panzerschiffe  mit. .  244  7.100  45.956  5.028 
20  ungepanzerte 

Schraubenschiffe  ^  ..  565  6.690  44.777  7.394 
25  ungepanzerte 

Raddampfer         ,  ..  118  6.050  22.828  3.381 

8  Segelschiffe           ,..  124  —  9.259  1.944 


65 

1.051 

19.840 

122.820 

17.747 

n.  TransportHchlffe : 

12  Schraubenschiffemit. . 

24 

2.550 

16.133 

1.092 

10  Raddampfer         ,  . . 

12 

1.800 

6.173 

608 

2  Segelschiffe           ,  . . 

6 

— 

1.537 

177 

24  42  4.350  23.843  1.877 

EifektiYStand  der  italie- 
nischen Seemacht : 

89  Kriegsschiffe  mit  1.093        24.190        146.663        19.624 

sonach  im  ganzen  ein  Effektivstand  von  89  Kriegsschiffen  mit 
1093  Geschützen,  24.190  Pferdekräfleo,  146.663  Tonnen  Deplacement 
und  19.624  Mann  Bemannung.  Von  diesen  befanden  sich  schon  anfangs 
1866  teils  in  Ausrüstung,  teils  in  Seebereitschaft: 

5  Panzerschiffe  („Re  d'Italia*,  „Principe  di  Carignano*,  „San  Martino*, 
„Maria  Pia",  „Palestro*), 

1  Schraubenlinienschiff  („Re  Galan tuomo"), 

2  Schraubenfregatten  („Gaeta**,  „Carlo  Alberto*'), 

2  Schraubenkorvetten  („Principessa  Clotilde**,  „Etna"), 

1  Radkorvette  („Fulminante*), 

4  Radavisos  („Messaggiere*',  „Esploratore",  „Sirena",  „Icknusa**), 

2  Schraubenkanonenboote  „(Confienza",  „Montebello**), 
2  Segelfregal ten  („Partenope",  „San  Michele**), 

1  Segelkorvette  („Euridice"), 

9  Schraubelltransportschiffe    („Citta   di   Napoli*,    „Cittä   di  Genova*, 


15 

«Conte  Cavour*,  ^Voltumo*,  ,Dora**,  ^Tanaro**,  ^Washington* 
^Calatafimi%  ^Weasel«) 

und  traten  noch  in  den  letzten  Tagen  des  Aprils  hiezu: 

2  Panzerkorvetten  (^Terribile*,  ,Fomiidabile**), 

2  Radkorvetten  (»Guiscardo'*,  ^Ettore  Fieramosca**), 

1  Schraubenkanonenboot  (^Vinzaglio*), 

2  Radtransportschiflfe  (»Rosolino  Pilo*,  ^hadipendenza*), 

so  daß  Italien  am  1.  Mai  über  eine  Zahl  von  25  seebereiten  Kriegs-  und 
11  Transportschiffen  mit  523  Kanonen  und  11.140  Pferdekrdften  verfügen 
konnte. 

Die  Schraubenfregatte ,  Regina  * ,  die  Schraubenkanonenboole  „  Ardita  * 
und  »Veloce*  sowie  die  Radkorvette  „Ercole*  befanden  sich  auf  der  süd- 
amerikanischen Station  in  den  La-Plata-Staaten,  die  Schraubenkorvette 
,Magenta*  war,  auf  einer  Weltumseglung  begriflfen,  in  Ostasien. 

Der  Personalstand  der  italienischen  Marme  bestand  anfangs  1866 
aus: 

1  Admiral, 

4  Vizeadmiralen, 

10  Kontreadmiralen, 

28  Linienschiflfskapitänen, 

42  Fregattenkapitänen, 

167  Linienschiffsleutnants  (tenente  di  vascello), 
113  Linienschiffs-Unterleutnants  (sottotenente  di  vascello), 
182  Seekadetten  (guardia  marina), 

18  Piloten  1.  Klasse, 

22       ,        2.       „ 

22        „         o.        „ 

57  Maschineningenieuren  (mit  Offiziersrang), 

somit  im  ganzen  aus  666  Offizieren. 

So  vortrefflich  und  einheitlich  nun  auch  das  Material  war,  über 
welches  die  italienische  Marine  zu  jener  Zeit  verfügte,  so  ließ  sich  aller- 
dings bezüglich  des  Personales,  speziell  des  Seeoffizierskorps,  ein  Gleiches 
nicht  sagen.  Die  Wirren,  unter  denen  im  Jahre  1860  die  Einigung  Italiens 
zu  Stande  gekommen  war,  hatten  zur  natürlichen  Folge  gehabt,  daß  die 
Offiziere  der  Marinen  jener  italienischen  Staaten,  welche  die  nationale 
Sache  ergriffen  hatten,  unter  ganz  eigentümlichen  Verhältnissen  zu- 
sammengewürfelt worden  waren.  Zu  den  sardinischen  Offizieren,  welche 


sich  auf  ihre  bei  Aiicona  und  Moio  di  Ga5ta  so  leicht  gehollen  Lorbeeren 
nicht  wenig  zu  gute  taten  und  stets  den  Vorranjf  beanspruchten,  ge- 
sellten sich: 

neapolitanische,  von  denen  einige  gleich  beim  Beginn  der  Erhebung 
sieh  ziemlich  vorgewagt  und  die  bourbonische  Flagge  auf  die  eine  oder 
andere  Art  verlassen  hatten-  und  von  denen  man  keineswegs  ganz  über- 
zeugt wai-,  ob  reine  Vaterlandsliebe  sowie  wahre  Begeisterung  für  die 
nationale  Sache  oder  nicht  vielmehr  bloße  Opportunitätsgründe  sie  zu 
diesem  Schritte  veranlaßt  hatten.  Diese  rangierlen  jetzt  vor  jenen  ihrer 
früheren  Kameraden,  die  für  sich  gellend  machten,  daß  sie  ihrem  Eide 
gelreu  zur  Flagge  ihres  Monarehen  so  lange  gehalten  hatten,  bis  sie,  vor 
vollendeten  Tatsachen  stehend  und  durch  die  Ereignisse  gezwungen,  sich 
in  Ehren  ihrer  früheren  Verpflichtung  als  enthoben  betrachten  konnten  i 

venetianische  aus  dem  Jahre  184S,  welche,  schon  im  reiferen  Alter 
stehend,  sich  der  neuen  Aufstandsbewegung  in  der  Hoffnung  angeschlossen 
halten,  nunmehr  ihre  Belohnung  durch  eine  raschere  Karriere,  die  ihnen 
bis  jetzt  versagt  gebUeben  war,  zu  finden;') 

sizilianische,  welche  es  nicht  begreifen  wollten,  daß  die  Ihnen  von 
derDiktatoriatregierung unter  Garibaldi  temporär  verliehenen  Rang^rade 
bei  der  Einreihung  in  die  nationale  Marine  nicht  weiter  aufrecht  zu 
erhalten  waren,  ohne  ältere  durch  längere  Dienstzeit  erworbene  Rechte 
zu  schmälern,  unter  denen  sich  ferner  Offiziere  befanden,  welche  Palermo 
bombardiert  und  Garibaldi  mit  den  Seinen  bekämpft  hatten; 

politische  Streber  endhch,  aus  allen  verschiedenen  Lagern,  die  von 
Volksmännern  und  Abgeordneten  ohne  Rücksicht  auf  ihre  militärische  wie 
seemännische  Tüchtigkeit  emporgehoben  und  vorwärts  geschoben  wurden. 

Dies  waren  die  verschiedenen  Elemente,  aus  denen  sich  das  Offiziers- 
korps der  national-italienischen  Marine  zusammensetzte,  einenKörperohne 
Kitt  und  inneren  Zusammenlialt  darbietend,  dessen  Mitglieder  einander 
mit  Mißtrauen  oder  Neid  begegneten  und  so  Übelstände  hervorriefen,  an 
denen  die  zidetzt  verllossenen  Jahre  nur  wenig  oder  nichts  zu  ändern  ver- 
mocht hatten. 

Cavours  Scharfblick  waren  diese  Übelstände  nicht  entgangen  und, 
so  lange  er  das  Portefeuille  der  Manne  in  seinen  Händen  hielt,  war  er 


')  EiDc  eigenldmliche  ErscheiauDg.  welche  hier  bemerkt  zu  werden  verdient,  war 
CS,  daB  die  ehemaligeii  vi^netianischen  Offiziere  sich  mit  wenigen  Ausnahmen  gerade 
keiner  besonderen  Gunst  von  Seile  der  sardinJBchen  Regierung  zu  erfreuen  hatten;  die 
meisten  derselben  standen  im  VL-rdachte  des  MazuJnismus  und  dieser  Umstand  war  ihrem 
Fortkommen  in  der  aardinischen  Marine  nicht  sehr  förderlich  gewesen.  A.  d.  T. 


17 

auch  bestrebt  gewesen,  denselben  nach  Möglichkeit  zu  begegnen.  Seiner 
Energie  und  Einflußnahme,  seinem  allen  voranleuchtenden  Patriotismus 
wäre  es  vielleicht  auch  mit  der  Zeit  gelungen,  die  vorhandenen  Gegen- 
sätze auszugleichen  sowie  unberechtigte  Aspirationen  auf  ihr  gebührendes 
Maß  zurückzufahren,  doch  schon  am  6.  Juni  1861,  viel  zu  fr&h  för  das 
noch  unfertige  Italien,  wurde  dieser  Staatsmann  seiner  Tätigkeit  durch 
den  Tod  entrissen.  Die  einander  nun  rasch  folgenden  Marineministerien, 
fast  durchgehends  aus  Parteimännern  und  Nichtseeleuten  bestehend, 
hatten  weder  die  nötige  Stabilität  noch  die  moralische  Kraft  imd  Unter- 
stützung im  Korps  selbst,  um  eine  durchgreifende  Reform  dieser  Verhält- 
nisse vornehmen  zu  können. 

Etwas  besser  war  das  Aufgehen  der  verschiedenen  italienischen 
Marinen  in  die  nationale  bei  der  Mannschaft  vor  sich  gegangen.  Die  zum 
paßten  Teile  der  seefahrenden  Bevölkerung  des  Königreiches  entnom- 
menen Leute  wußten  sich,  da  man  mit  ihnen  in  Bezug  auf  ihre  provin- 
ziellen Eigenarten  ziemlich  rücksichtsvoll  umging,  eher  in  die  neue  Ord- 
nung hineinzufinden ;  ein  Teil  der  jüngeren  imd  brauchbaren  Unteroffiziere 
hatte  freiwillig  wieder  Dienste  genommen,  zumeist  unter  Beförderung,  so 
daß  in  dieser  Beziehung  keine  besonderen  Schwierigkeiten  entstanden 
waren. 

Am  3.  Mai  befahl  ein  königliches  Dekret  die  Formierung  einer  Ope- 
rationsflotte, bestehend  aus  31  Schiffen  und  zwar: 

12  Panzerschiffen  („R6  d'Italia%  „Re  di  Portogallo%  , Maria  Pia«, 
,San  Martino*,  „Castelfidardo*,  „Ancona**,  „Principe  di  Carignano*, 
,Terribile*,  ,Formidabile",  »Palestro*,  „Varese**,  „Affondatore"), 

7  Schraubenfregatten  (, Maria  Adelaide",  „Duca  di  Genova*,  »Prin- 
cipe Umberto*,  „Vittorio  Emanuele**,  »Carlo  Alberto*,  »Gaßta*,  »Gan- 
baldi*), 

3  Schraubenkorvetten  (»Principessa  Clotilde**,  »San  Giovanni*, 
,Etna*), 

1  Raddampf korvette   (»Guiscardo*), 

3  Schraubenkanonenbooten  („Montebello%  „Vinzaglio*,  „Con- 
fienza-), 

3  Radavisos  („Messaggiere*,  „Esploratore*,  „Sirena**)  und 

2  Transportdampfern  (»Washington*,  „Indipendenza*.) 

Im  Verlaufe  des  Monats  Mai  wurden  dieser  Operationsflotte  noch 
zugeteilt: 

1  Schraubenlinienschiff  (»Re  Galantuomo*), 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  2 


18 

3  Raddampfkorvetten    (»Fulminante*,     »Govemolo*,      «Ettor 
»Fieramosca*), 

4  Radavisos  (»Icknusa*,  «Giglio*  sowie  die  gemieteten  Raddampfer 
»Flavio  Gioja*  und  .Stella  dltalia*), 

4  Schraubentransportschiffe  («Cittä  di  Napoli'',  «Cittä  di  Genova'', 
«Conte  Cavour*,  »Voltumo*), 

1  Schraubenremorqeur  (»Calatafimi')  und 

1  Segelbrigantine  («Eridano')  zur  Bewachung  der  Kohlendepots 
in  Tarent,  so  daß  diese  hiedurch  auf  den  Stand  von  38  Kriegs-  und 
7  Transportschiffen  gebracht  wurde,  mit  zusammen  760  Geschützen, 
17.790  Pferdekräften,  107.727  Tonnen  Deplacement  und  13.341  Mann 
Bemannung,  zu  denen  noch  einige  gemietete  Handelsdampfer  für  Trans- 
port-  und  Hafendienste  kamen.  ^) 

Ein  Teil  dieser  Schiffe  lag  im  Hafen  von  Ancona,  welches  zum  Sitz 
des  neuerrichteten  3.  Marinedepartements  unter  Kontreadmiral  Provana 
ausersehen  worden  war,  für  die  übrigen  zur  Operationsflotte  gehörenden 
wurde  der  Hafen  von  Tarent  als  Sammelplatz  gewählt.  An  der  raschen 
Instandsetzung  und  Ausrüstung  der  Schiffe  wurde  mit  dem  Aufgebote 
aller  Kräfte  gearbeitet  und  das  italienische  Marineministerium  gab  sich 
die  größte  Mühe,  den  zahlreichen  Schiffsausrüstungen  in  der  kürzesten 
Frist  gerecht  zu  werden. 

Ein  Hauptaugenmerk  war  auf  die  Verstärkung  der  Schiffsartillerie 
gerichtet  und  durch  Abschlüsse  mit  der  Firma  Armstrong  &  Co.  in 
London  die  Anschaffung  von  Schiffsgeschützen  schwersten  Kalibers 
gesichert;  ebenso  wurden  englischen  und  französischen  Firmen  die  Liefe- 
rungen von  Rapperten  und  Projektilen  neuester  Konstruktion  übertragen. 
Wie  bedeutend  die  Schiffsartillerie  der  italienischen  Flotte  jener  der 
österreichischen  sowohl  an  Zahl  als  Kaliber  überlegen  war,  ist  aus  einem 
Vergleiche  der  beiden  (siehe  die  Beilagen  A  und  B)  zu  ersehen. 

Die  italienische  Flotte  besaß  ferner  in  der  Rhede  von  Ancona,  das 
man  mit  gi'oßem  Kostenaufwande  für  die  Bedürfnisse  der  operierenden 
Flotte  einrichtete,  einen  Stützpunkt  für  ihre  Unternehmungen  im  Adriati- 
schen  Meere.  In  Ancona,  Brindisi,  Taient  Porto  Corsini  und  Messina 
wurden  Kohlendepots  angelegt  und  längs  der  Ostküste  der  Halbinsel 
Seniaphorenstationen  errichtet,  welche  die  Verbindung  zwischen  der  ope- 
rierenden Flotte  und  den  nächsten  Telegraphenstationen  des  Festlandes 
zu  vermitteln  hatten. 


<)  Siehe  Beihige  A. 


19 

Zum  Kommandanten  der  Operationsflotte  wurde  mittels  könig- 
Uchen Dekrets  vom  8.  Mai  der  Admiral  Carlo  Pellion  Conte  dl  Persano 
ernannt,  unter  dem  Vizeadmiral  Albini  und  Kontreadmiral  Vacca  als 
Divisionskommandanten  standen.  Wir  lassen  im  nachstehenden  die  Bio- 
graphien dieser  Mftnner,  welche  eine  so  hervorragende  Rolle  in  der  See- 
kampagne des  Jahres  1866  spielten,  folgen. 

Carlo  Pellion  Conte  di  Persano,  geboren  11.  März  1806  zu 
Vercelli  in  Piemont,  trat  in  seinem  17.  Jahre  in  die  sardinische  Marine 
ein.  Als  Seekadett  1.  Klasse  nahm  er  am  Bord  der  Fregatte  „Cristina*^  an 
der  unter  den  Befehlen  des  LinienschifFskapitäns  Sivori  stehenden  Expe- 
dition Anteil,  welche  die  sardinische  Regierung  im  Jahre  1825  zur  Züch- 
tigung des  Bey  von  Tripolis  ausgerüstet  hatte.  Bei  dieser  Gelegenheit 
gelang  es  ihm,  als  Kommandant  eines  Bootes  beim  Heraushauen  einer 
feindlichen  Brigantine  sich  derart  auszuzeichnen,  daß  er  hiefQr  belobt 
wurde.  Während  des  griechischen  Befreiungskrieges  längere  Zeit  in 
der  Levante  stationiert,  machte  er  sodann  in  den  folgenden  Jahren 
Reisen  nach  den  Mittelmeerstaaten,  England  und  Südamerika.  1841  zum 
Korvettenkapitän  ernannt,  wurde  Persano  in  Mission  nach  Neapel  und 
Frankreich  geschickt,  um  die  dortigen  Marineetablissements  kennen  zu 
lernen  und  hierüber  zu  berichten.  Von  1842  bis  1845  befehligte  er  die 
Kriegsbrigantine  «Eridano^,  mit  der  er  eine  größere  Reise  nach  Südamerika 
um  das  Kap  Hörn  in  den  Stillen  Ozean,  nach  Kalifornien  und  wieder 
zurück  nach  den  La-Plata-Staaten  durchführte,  auf  der  er  sich  den  Ruf 
eines  tüchtigen,  selbst  kühnen  Kapitäns  erwarb. 

Im  Jahre  1848  kommandierte  Persano  die  zum  Blockadegeschwader 
des  Kontreadmirals  Albini  gehörige  Brigg  „Dalno**,  mit  welcher  er  sich  am 
13.  Juni  beim  Angriff  auf  die  Befestigungen  von  Caorle  durch  vene- 
tianische  Kanonenjollen  beteiligte,  ein  Angriff,  der  jedoch  unglücklich 
ausfiel  und  gänzlich  abgewiesen  wurde.  ^)  Im  selben  Jahre  noch  zum 
Fregattenkapitän  befördert,  kommandierteer  hierauf  die  Fregatte  „Euridice* 
bis  zur  Abberufung  des  Geschwaders  im  Sommer  1849.  Im  Jahre  1851 
Kommandant  des  „Govemolo**,  welcher  Ausstellungsgüter  zur  Londoner 
Industrieausstellung  brachte,  fuhr  er  mit  seinem  Schiflfe  die  Themse  bis 
Gravesend  ohne  Lotsen  hinauf,  was  damals  kein  geringes  Aufsehen  bei 
den  Engländern  hervorrief.  1852  zum  Linienschiffskapitün  und  Komman- 
danten einer  kleinen  Übungseskadre  ernannt,  übernahm  er  nach  Auf- 
lösung  derselben  wieder  das  Kommando  des  „Governolo*.  welcher  im 


L)  Siehe  lU.  TeU,  I.  Band,  Seite  276. 

2^ 


Sommer  des  Jalires  185^  eleu  Köiii|f  Viktor  Emanu«!  zu  eiuem  Jagd- 
ausfluge nach  der  Insel  Sardiuieu  bringen  sollle.  Durch  sein  persönliches 
Verschulden  widerfulir  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  das  Mißgeschick,  bei 
hellem  Tage  und  dem  schönsten  Wetter  wätuend  des  Passierens  der 
kleinen  Insel  Santa  Maiia  in  der  BonifaciostraBe  deraitig  autzufahren,  daß 
der  König  sich  auf  einen  herbeigerufenen  Dampfer  überschiffen  mußte 
und  der  .Governolo*  erst  nach  vielen  mühseligen  Versuchen  wieder  flott 
gemaclit  werden  konnte.  Das  über  ihn  verhängte  Kriegsgericht  verurteilte 
ihn  zwar  nm-  zu  einer  unbedeutenden  Strafe,  ein  Kommando  erhielt  er 
jedoch  nicht  bis  zum  Jalu'e  1859,  in  welchem  er  erst  auf  wiederholte 
Bitten  zum  Kommandanten  der  Schi-aubenfregatte  .Carlo  Alberto'  ernannt 
wurde,  die,  zur  Schiffsabteilung  des  raiigjüngeren  Linlenscbiffskapitäns 
Baron  Tholosano  gehörend,  die  Bestimmung  hatte,  zur  französischen 
Belagerungsflolle  vor  Venedig  zu  stoßen. 

Unter  dem  Ministerium  Cavour  reliabilitiert  und  in  seinen  früheren 
Rang  wieder  eingesetzt,  wm-de  er  anfangs  1860  zum  Kontreadmiral 
befördert  und  übernahm  das  Kommando  einer  Eskadre,  bestehend  aus  den 
Schraubenfregatten , Miiria Adelaide " ,  .ViltorioEmanuele',  .GarloAlberlo", 
den  Raddampfern  .Governolo',  .Malfatano"  und  ,Anthion',  in  welcher 
Stellung  er  berufen  war.  bei  der  kurz  darauf  erfolgenden  Bewegung  in  ItitUen 
eine  gewisse  Rolle  zu  spielen.  Von  jeher  gerne  den  Politiker  lierauskelirend 
und  der  nationalen  Richtung  eifrig  zugetan,  verstand  es  Persano,  nüt  den 
leitenden  Staats-  und  Parteimännern  in  regen  Verkehr  zu  treten  und  sich  bei 
ihnen  beliebt  zu  maclien.  Cavour  glaubte,  in  ilim  den  Mann  gefunden  zu 
haben,  der  geeignet  wäre,  bei  dem  von  ilmi  angestrebten  Einigungswerke 
Beziehungen  mit  den  neapolitanischen  und  sizilischen  Seeoffizieren  anzu- 
knüpfen, die  darauf  hinzielen  sollten,  diese  Marinen  für  die  nationale 
Sache  zu  gewinnen,  ohne  daß  die  sardinische  Regieiiing  dabei  irgendwie 
kompromittiert  erschiene.  Persano  verstand  es  ancli  in  diesem  Sinne  zu 
wirken.  Nebst  den  einander  rasch  folgenden  politischen  Ereignissen 
jener  Epoche,  welche  eine  derartige  neue  Saclüage  schufen,  daß  der 
Obergang  der  beiden  früher  genamiten  Marinen  in  die  national-italienische 
wesentlich  erleichtert  wurde,  ist  derselbe  den  Einleitungen  und  Intri- 
gen Persanos  zum  guten  Teile  mit  zu  verdanken. 

Während  der  Unternehmung  Sardiniens  gegen  den  Kirchenstaat 
erhielt  Persano  mit  der  ihm  unterstehenden  Eskadre  den  Befehl,  die 
Einnahme  Ant^'onos  durch  die  sardinischen  Landtruppen  von  der  See  aus 
zu  unterstützen.  Mit  den  Schraubenfregatten  , Maria  Adelaide",  .Vitlorio 
Emanuele", , Carlo  Alberto», denRaddanipfern  .Governolo',  .CosÜtuzione' 


21 

und  «Monzambano*^  sowie  der  von  einem  Dampfer  geschleppten  Segel* 
fregatte  »San  Michele*  erschien  er  den  18.  September  1860  vor  Ancona  und 
brachte  nach  mehrtägiger  Beschießung  die  Batterien  der  Seefront  sowie  jene 
des  Hafeneinganges  zum  Schweigen  und  die  Festung  zur  Obergabe.  Am 
29.  September  erschien  General  Lamoriciöre  am  Bord  des  Admiral- 
schiffes  und  überreichte  Persano  seinen  Degen.  Für  diese,  vom  rein 
militärischen  Standpunkte  betrachtet,  gerade  nicht  besonders  großartige 
Waflfentat  —  die  noch  aus  alter  Zeit  herstammende  Befestigung  Anconas 
stand  mit  ihren  schwachen  und  wenig  zahlreichen  Geschützen  in  keinem 
Verhältnisse  zu  den  Angrififsmitteln  der  Eskadre  —  wurde  Persano 
nichtsdestoweniger  zum  Vizeadmiral  befördert  und  mit  dem  Großkreuze  des 
Savoyischen  Hausordens  ausgezeichnet.  Bei  der  Eskadre  selbst  jedoch  hatte 
das  Verhalten  Persanos  mit  seinem  Flaggenschiflfe  während  der  ganzen 
Aktion  einen  ungünstigen  Eindruck  hervorgerufen:  die  ,, Maria  Adelaide*, 
obschon  Geschütze  des  schwersten  Kalibers  fahrend,  hatte  sich  fast  stets 
außer  Schußweite  gehalten  und  überhaupt  einen  so  geringen  Anteil 
an  der  Beschießung  genommen,  daß  sie  zum  Gegenstande  des  Geredes 
unter  den  Offizieren  sowie  die  Zielscheibe  des  Matrosenwitzes  geworden 
war.  Von  dieser  Zeit  datiert  eine  Persano  nicht  eben  günstige  Stimmung 
in  der  Marine  und  ein  gewisses  Mißtrauen  in  seine  Tatki*aft,  ja  selbst  in 
seinen  persönlichen  Mut. 

Als  ehrgeiziger  Streber  an  und  für  sich  nicht  sehr  beliebt,  besaß  er 
nunmehr  wenig  Ansehen  im  Korps;  allein  durch  Cavour,  der  ihn  för 
seine  Zwecke  bei  der  Neuorganisierung  der  nationalen  Marine  verwendete, 
wurde  er  gehalten  und  immer  wieder  hervorragend  beschäftigt. 

Nach  der  Einnahme  von  Ancona  wurde  Persano  nach  Neapel 
geschickt,  um  die  dortigen  chaotischen  Verhältnisse  der  ehemaligen 
neapolitanischen  Marine  mit  den  nunmehr  geltenden  in  Einklang  zu 
bringen.  Dieser  nicht  eben  leichten  Mission  unterzog  sich  Persano  mit 
allem  Anstand  imd  wußte  die  oft  nicht  zu  befriedigenden  Ansprüche  der 
vielen  Ehrgeizigen  doch  so  zu  zügeln  und  mit  dem  Dienste  zu  vereinbaren, 
daß  im  großen  ganzen  in  diesem  Departement  wieder  eine  gewisse 
Ordnung  an  die  Stelle  der  Anarchie  trat. 

Ende  Oktober  an  die  Mündung  des  Garigliano  beordert,  hinter 
welchem  das  bourbonische  Heer  stand,  leistete  Persano  mit  seiner 
Eskadre  hier  gute  Dienste,  indem  er  die  nach  Mola  di  Gaöta  führende 
Straße  bombardierte,  einen  Brückenschlag  mit  den  Mitteln  der  Eskadre 
durchführte  und  auf  diese  Weise  den  Obergang  des  Korps  Cialdinis 
wesentlich  unterstützte.   Eine  Demonstration  vor  GaSta,   die  er  hierauf 


ausführen  wollte,  wurde  durch  das  Einschreiten  des  französischen  Vize- 
admirals Le  Barbier  de  Tinan  verhindert:  trotzdem  bombardierte  er  am 
4.  November  die  Batterien  vor  Mola  di  Ga&ta  imd  trug  dadurch  zur  Ein- 
nahme dieses  Ortes  durch  die  Division  Sonnaz  mit  bei.  Minder  umsichtig 
und  energisch  zeigte  er  sich  wieder  in  seinem  Auftreten  bei  der  eigent- 
lichen Belagerung  von  Gaßta  und  es  bedurfte  einer  sehr  energischen  Auf- 
forderung des  Generals  Cialdini,  um  ihn  hier  zu  einem  rascheren  Vor- 
gehen zu  veranlassen,  worauf  er  endlich  am  22.  Jänner  1861  einige 
Forts  beschoß,  ohne  jedoch  einen  wesentlichen  Effekt  zu  erzielen.  Am 
13.  Februar  kapitulierte  Gaöta,  mehr  infolge  der  inzwischen  eingetretenen 
politischen  Verhältnisse  und  der  von  der  Landseite  aus  geschaffenen 
Zwangslage  als  durch  die  von  der  Marine  errungenen  Erfolge.  Nach  einer 
kurzen  Mission  der  Esicadre  nach  Messina,  woselbst  ihr  Erscheinen  so- 
wie das  des  Generals  Cialdini  mit  dem  Belagerungspark  die  Zitadelle 
nach  geringer  Wehr  zur  Übergabe  zwang,  waren  die  kriegerischen  Unter- 
nehmungen zu  Ende  und  wurde  die  Eskadre  Persanos  aufgelöst. 

Bei  der  Neueinteilung  und  Reorganisierung  der  italienisclien  Marine 
wurde  Persano  zum  Kommandanten  des  Norddepartemenls  Genua 
ernannt  und  von  seinen  Freunden  zum  Abgeordneten  in  die  Kammer 
gewählt.  Am  3.  März  18&2  übernahm  er  in  dem  Ministerium  Ratazzi  das 
Portefeuille  der  Mcu-ine.  Als  Marineminister  ließ  es  sich  Persano  ange- 
legen sem,  der  von  allen  Maiinestaaten  angenommenen  Richtung  folgend, 
die  Marine  des  jungen  Königreiches  Italien  mit  möglichst  vielen  und 
starken  Panzerschiffen  als  Schlachtschiffen  auszurüsten,  zu  welchem  Be- 
hufe  mit  englischen,  französischen  und  amerikanischen  Werften  Kontrakte 
abgeschlossen  wurden,  um  in  der  kürzesten  Zeit  mit  diesen  neuen  Streit- 
mitteln versehen  zu  sein.  Auch  auf  den  heimischen  Werften  wurde  soviel 
als  möglich  gearbeitet,  so  daß,  als  nach  kurzer  Amtsführung  Persano  beim 
Rücktritte  des  Ministeriums  Ratazzi  sein  Portefeuille  niederlegte  (Dezem- 
ber 1862),  die  nötigen  Schritte  zur  Entwicklung  der  italienischen  Marine 
emgeleitet  waren-  Vor  seinem  Rücktritte  erhielt  Persano  über  Antrag 
Ratazzis  noch  die  höchste  maritime  Würde  durch  seine  Beförderung  zum 
Admiral;  im  Jahre  18tiö  wurde  er  überdies  zum  Senator  des  Königreiches 
Italien  emamit.  Als  im  Frühjahre  des  Jahres  1866  die  Politik  Italiens  den 
Ausbnich  der  Feindseligkeiten  mit  Österreich  zur  Gewißheit  werden  ließ, 
war  man  in  der  Marine  sehr  gespannt,  wem  das  Kommando  der 
Operationstlotte  übertragen  werden  würde.  Persano  erfreute  sich,  wie 
schon  erwölmL,  trotz  seines  hohen  Ranges  keiner  besonderen  Sympatliien. 
die  vielmehr   allgemein   dem  Vizeadmiral  Galli  della  Manlica  zu- 


23 

gewendet  waren;  selbst  der  Ministerpräsident  La  Marmora  hatte  gegen 
die  Ernennung  Persanos  zum  Kommandanten  der  Flotte  Einwendungen 
erhoben.  Der  Marineminister General  Angioletti  wußte  jedoch  dieselben 
zu  zerstreuen  und  diesem  sowie  Hofeinflüssen,  deren  Pers an o  sich  zu 
erfreuen  hatte,  gelang  es  demungeachtet,  die  Ernennung  des  letzteren 
zum  Oberkommandanten  der  Operationsflotte  durchzusetzen. 

Vizeadmiral  Albini  Conte  Giovanni,  geboren  1813  auf  der  Insel 
Maddalena  di  Sardegna,  trat  1829  in  die  königlich  sardinische  Marine  ein, 
war  1859  Linienschiffskapitän  und  Kommandant  der  Schraubenfregatte 
,Vittorio  Emanuelc*  in  der  Schiffsabteilung  Tholosano  vor  Venedig, 
hierauf  1860  in  der  Eskadre  Persanos  bei  der  Beschießung  Anconas, 
wurde  1860Kontreadmiral  und  kommandierte  1862  bis  1863  dieÜbungs- 
eskadre.  Albini  genoß  den  Ruf  eines  guten  Seemannes  der  alten  Schule; 
von  seinen  Fähigkeiten  als  Admiral  sowie  von  seinen  Kenntnissen  des 
neuen  Schiffsmaterials  und  der  modernen  Kriegsführung  zur  See  wußte 
man  indes  nicht  viel  zu  sagen. 

Kontreadmiral  Vacca  Giovanni,  geboren  1811  zu  Neapel,  war  bei 
Ausbruch  der  italienischen  Bewegung  Linienschiffskapitän  in  der  neapoli- 
tanischen Marine  und  Kommandant  des  «Ettore  Fieramosca**.  Der  neapoli- 
tanischen Regierung  des  Einverständnisses  mit  den  Sardinien!  verdächtig, 
wurde  er  des  Kommandos  dieses  Schiffes  enthoben  und  auf  das  in  Castel- 
lamare  verankerte  abgerüstete  Linienschiff  .Monarca*  versetzt.  Wie  berech- 
tigt dieser  Verdacht  war,  erhellt  daraus,  daß  Vacca  dem  sardinischen 
Admiral  Persano  freiwillig  das  Anerbieten  gemacht  hatte,  falls  der 
,Monarca*  von  den  Sardinien!  angegriffen  würde,  sich  ruhig  nehmen  zu 
lassen.  Bei  der  Verschmelzung  in  die  national-italienische  Marine  ursprüng- 
lich in  Disponibilität  versetzt,  wurde  er  im  April  1861  Kontreadmiral, 
ohne  jedoch  gleich  eine  aktive  Verwendung  zu  erhalten.  Als  Parlaments- 
mitglied war  er  in  einigen  Kommissionen  für  die  Marine  beschäftigt.  Im 
Februar  1863  erhielt  er  das  Kommando  der  Levanteeskadre,  1865  das 
der  permanenten  Eskadre. 


24 


2.  Kapitel. 


Die  österreichische  Marine.  —  Stand  derselben  sjifanga  1866.  —  Errichtung  der  operativen  Eskadre. 
Kontreadmiral  v.  Tegetthoff.  —  Kriegs  Vorbereitungen.  —  Ordre  de  bataille  der  Eskadre.  —  Instruk- 
tionen fttr  den  Eakadrekommandanten.  —  Operationsbasis  die  Rhede  von  Fasana.  —  Beschreibung 
derselben.  —  Verteilung  der  k.  k.  Kriegsschifife  in  Istrien  und  Dalmatien.  —  Stand  und  Armierung  der  k.  k. 

operativen  Eskadre.  —  Tabelle  Beilage  B. 

Der  neugeschaflfenen  ansehnlichen  Flotte  Italiens  konnte  Österreich 
in  materieller  Beziehung  keine  ebenbürtige  gegenüberstellen. 

Die  österreichische  Marine,  deren  Umwandlung  nach  der  Entlassung 
der  ehemaligen  venetianischen  Offiziere  in  den  Revolutionsjahren  1848 
bis  1849  vom  Vizeadmiral  Dahlrup  im  österreichischen  Sinne  eingeleitet 
und  anschemend  einer  gewissen  Prosperität  zugeführt  worden  war,  stand 
nichtsdestoweniger  schon  kurze  Zeit  darauf  wieder  unter  dem  Drucke 
von  Verhältnissen,  welche  ihrer  Entwicklung  hemmend  entgegentraten. 
Das  an  und  für  sich  schon  bestehende  geringe  Interesse  der  maßgebenden 
militärischen  Kreise  jener  Zeit  für  die  Marine  überhaupt,  die  finanzielle 
Notlage  des  Reiches  nach  den  Stürmen  der  Kriegsjahre,  die  großen  für 
die  Armee  benötigten  Summen,  um  dieselbe  auf  einer  den  damaligen 
Anforderungen  der  inneren  wie  äußeren  Politik  entsprechenden  Stärke  zu 
halten,  und  so  manche  anderen  Ursachen  noch,  die  in  die  Creschichte 
jener  Zeitperiode  gehören,  hatten  zur  Folge  gehabt,  daß  die  Marine 
nicht  auf  jene  Stufe  gebracht  worden  war,  die  der  Machtstellung  des 
Kaiserstaates  wie  der  Ausdehnung  seines  Küstengebietes  entsprochen 
hatte. 

Eine  Wendung  zum  Besseren  trat  erst  ein,  als  Erzli.  Ferdinand 
Maximilian  im  Jahre  1854  das  Marineoberkommando  übernahm  und 
mit  ebensoviel  Eifer  wie  Verständnis  für  seinen  Beruf  zu  wirken  be- 
gann. 

Die  schöpferische  Kraft  und  Tätigkeit  des  erlauchten  Prinzen  wird 
am  besten  gewürdigt  werden,  wenn  wir  anführen,  daß  es  seiner  Initiative 
zu  danken  ist,    daß  der  Bau  des  den  Anforderungen  einer    größeren 


25 

Marine  entsprechenden  Seearsenals  in  Pola  begonnen,  das  bestehende 
veraltete  Flottenmaterial  durch  Ankauf  von  neuen  modemen'Schiffen  in 
England  sowie  durch  den  Bau  derselben  auf  unseren  heimischen  Werften 
ersetzt  und  vergrößert  wurde,  solchergestalt  den  Obergang  von  der  alten 
Segelmarine  zur  Dampf-  und  später  zur  Panzerflotte  vorbereitend,  daß 
die  deutsche  Nomenklatur  und  Dienstsprache  zur  Einführung  gelangte, 
größere  Seereisen  unternommen  und  Übungseskadren  zur  Ausbildung  der 
Offiziere  und  Mannschaften  ausgeröstet  wurden  und  daß  eine  Weltum- 
segelung zu  wissenschaftlichen  Zwecken  durch  die  Fregatte  «Novara**  in 
den  Jahren  1857  bis  1859  zur  Ausführung  kam.  Ein  frischer  Hauch 
belebte  damals  die  Marine  und  berechtigte  zu  den  schönsten  Hoffnungen 
für  die  Zukunft.  Der  italienische  Krieg  im  Jahre  1859  war  für  die  weitere 
Entwicklung  der  Marine  insofern  ungünstig,  als  es  ihr  nicht  vergönnt 
war,  durch  die  Tat  den  Beweis  für  die  Notwendigkeit  und  Nützlichkeit 
der  auf  sie  verwendeten  Summen  erbringen  zu  können.  Obschon  die 
Offiziere  und  Mannschaften  vor  Begierde  brannten,  sich  mit  dem  Feinde 
zu  messen,  und  es  als  eine  Art  Demütigung  betrachteten,  von  der  als 
Avantgarde  eingetroffenen  schwachen  Fiottenabteilung  unter  Koiitre- 
admiral  Jurien  de  laGravierevorSpignon  blockiert  zu  werden,  hielt  man 
es  doch  nicht  für  angezeigt  eine  Flotte  aufs  Spiel  zu  setzen,  die  im  Falle 
eines  Verlustes  sicher  nicht  mehr  neu  gebildet  worden  wäre.  Hiedurch 
ist  es  leicht  erklärlich,  daß  im  Binnenlande  und  selbst  in  militärischen 
Kreisen  die  Ansicht  von  der  Nutzlosigkeit  der  Flotte  eine  weitverbreitete 
war,  obschon  es  sicher  stand  und  später  durch  den  Erfolg  eine  glänzende 
Bestätigung  fand,  daß  die  langgestreckte  österreichische  Seeküste  am 
wirksamsten  nur  durch  eine  entsprechend  starke  Marine  verleidigt  werden 
könne  und  daß  die  für  die  Armee  in  Italien  und  für  das  Festungsviereek 
im  Venetianischen  verausgabten  großen  Summen  erst  dann  ihre  volle 
Verwertung  fänden,  wenn  gleichsam  als  Abschluß  dieser  Verteidigungs- 
mittel und  zur  Entlastung  der  italienischen  Armee  die  Herrschaft  auf  dem 
Adriatischen  Meere  durch  die  Marine  hergestellt  würde. 

Aber  merkwürdigerweise  begegneten  seit  der  Einführung  parlamen- 
tarischer Institutionen  in  Österreich  gerade  bezüglich  der  Marine  die  An- 
sprüche der  Regierung  einem  heftigen  Widerstände,  so  daß  es  schien,  als 
ob  hier  das  richtige  Verständnis  für  die  Marine  fehle  und  dieselbe  sich 
keiner  besonderen  Würdigung  erfreuen  solle.  Die  im  Verhältnis  zur  Armee 
so  bescheidenen  Budgets  der  Marine  in  jenen  Jahren  sind  der  sprechendste 
Beweis  hiefür  und  selbst  diese  mußten  der  Volksvertretung  immer  müh- 
selig abgerungen  werden. 


Der  Ausbruch  des  deutsch-dänischen  Krieges  im  Jahre  1 864  und 
das  für  die  österreichische  Marine  so  ehrenvolle  Seegefecht  von  Helgo- 
land vermochten,  obschon  sie  raomenlan  einen  etwas  günsUgereu  Stim- 
mungswechsel für  dieselbe  hervorbrachten,  im  großen  und  ganzen  nichts 
daran  zu  ändern. 

Am  14.  April  1^1)4  trat  Erzh,  Ferdinand  Maximilian  seine  ver- 
hängnisvolle Fahrt  nach  Mexiko  an  und  mit  seinem  Scheiden  überging 
die  oberste  Leitung  der  Marine  an  das  schon  frülier  gebildete  Marine- 
ministeriura  mit  einem  Nichtseemamie  an  der  Spitze  und  an  die  neu- 
geschaffene Marinelruppen-  und  Flotleninspektion  unter  Erzh.  Leopold. 
Beide  Institutionen  vermochten  nicht,  sich  in  der  Marine  einer  besonderen 
Beliebtheit  zu  erfreuen  und  verfehlten,  ihr  jenen  Grad  der  Entwicklung  zu 
geben,  deren  sie  gerade  im  damaligen  Zeitpunkte  so  notwendig  bedurft 
hatte. 

So  kam  das  Jahr  1866  mit  dem  Kriege  in  Sicht  heran.  Es  kann  nicht 
wundernehmen,  wenn  angesichts  dieser  Tatsachen  die  Österreichischen 
Seeoffiziere  mit  Schmerz  und  Mißmut  auf  den  großen  Abstand  hinsahen, 
der  in  materieller  Beziehung  unterdessen  zwischen  der  österreichischen 
und  italienischen  Marine  Platz  gegriffen  hatte,  und  wenn  sie  einem  bevor- 
stehenden Kampfe  mit  dem  Gegner  nur  mit  der  Gewißheit  entgegen- 
blickten, in  Erfüllung  ihrer  Pflicht  sich  opfern  zu  müssen,  ohne  damit  dem 
Vaterlande  einen  Erfolg  erringen  zu  können.  Wenn  jedoch  etwas  im 
Stande  war,  das  zwischen  den  beiden  Flotten  bestehende  Mißverhältnis 
auszugleichen  und  die  Herzen  der  österreichisclien  Seeoffiziere  mit  Ver- 
trauen zu  beleben,  so  war  dies  das  Bewußtsein  des  eigenen  Wertes  und 
der  vortreffliche  Geist,  der  im  Seeolfizierskonis  wie  in  allen  anderen 
Zweigen  der  Marine  herrschte.  Der  geschiedene  Erzherzog-Admiral  hatte 
es  verstanden,  denselben  wachzurufen,  und  der  von  ihm  gestreute  Samen 
war  auf  frachtbaren  Boden  gefallen.  Die  kühle  Teilnahmslosigkeit  des 
Landes,  die  geringen  Mittel,  welche  man  der  Marine  gewälirte,  ver- 
morhlen  nicht  den  hingebungsvollen  Eifer  für  den  Beruf  zu  vermindern ; 
im  Gegenteile  setzte  ein  jeder,  vom  Höchsten  bis  zum  Niedrigsten,  sein 
bestes  Können  und  Wollen  für  den  Dienst  ein.  um  so  wenigstens  das 
Möglichste  zu  erreichen.  Dieser  Geist  war  es,  der  in  der  Folge  zum  Siege 
fülirte ! 

Die  österreichische  Marine  verfügte  am  1.  April  1866,  abgesehen 
von  der  Gardaseellottille,  der  Lagunenfloltille  in  Venedig  sowie  den 
PositionsschilTen  zur  Verteidigung  der  Hafeneinfahrten  und  der  ver- 
schiedenen Kanäle  Venedigs  über  nachstehende  seegehtnde  Schiffe  : 


27 

I.  Kriegsschiffe. 

q)  7  Panzerschiffe,  and  zwar : 

7  Panzerfregatten: 

Erzh.  Ferdinand  Max^  Holzkonstruktion,  vollständig  mit  i^/^" 
Platten  gepanzert,  4757  Tonnen  Deplacement,  800  Pferde- 
kräfte, 12  Meilen  Geschwindigkeit,  489  Mann  Bemannung; 
16  Geschütze:  glatte  48pfünder,  ^) 

2  4pf0ndige  glatte  Landungsgeschutze. 

Habsburg^  Holzkonstruktion,  vollständig   mit  i^/i"  Platten   ge- 
panzert,   4757    Tonnen    Deplacement,    800    Pferdekräfte, 
12  Meilen  Geschwindigkeit,  478  Mann  Bemannung; 
16  Geschütze:  15  glatte  48pfünder,  ^) 

1  gezogener  48pfünder,  System  Wahrendorflf, 

2  4pründige  glatte  Landungsgeschütze. 
Kaiser  Max^  Holzkonstruktion,  vollständig  mit  i^/^"  Platten  ge- 
panzert. 

PriM  Eugen^   3330    Tonnen    Deplacement,    650    Pferdekräfte, 
10  Meilen  Greschwindigkeit,  386  Mann  Bemannung; 
30  Geschütze:  16  glatte  48pfünder, 

14  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf, 
2  4pfündige  glatte  Landungsgeschütze. 

Don  Juan  d'Austria^  Holzkonstruktion,    vollständig    mit  4</a'' 
Platten  gepanzert,  3330  Tonnen  Deplacement,  650  Pferde- 
kräfte, 9  Meilen  Geschwindigkeit,  386  Mann  Bemannung ; 
28  Geschütze:  14  glatte  48pfünder, 

14  gezogene  ä4pfünder,  System  Wahrendorflf, 
2  4pfündige  glatte  Landungsgeschütze. 
Dnche,  Holzkonstruktion,  vollständig  mit  i^/z"  Platten  gepanzert. 

Salamander^    2824    Tonnen    Deplacement,     500    Pferdekräfle, 
10  Meilen  Geschwindigkeit,  343  Mann  Bemannung; 
26  Geschütze:  10  glatte  48pfünder, 

16  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf, 
2  4pfündige  glatte  Landungsgeschütze. 


1)  Als  Ersatz  für  die  eigentliche  Bestückung  von  je  3:2  8''  Kruppschen  gezogenen 
GoAstahlgesehfltzen,  die  Yor  Ausbruch  des  Krieges  schon  bestellt  waren,  von  der 
preußischen  Regierung  jedoch  mit  dem  Ausfuhrverbote  belegt  waren. 


28 


b)  21  Schraubenschiffe,  and  zwar: 

1  Schraubenlinienschiff: 

Kaiser^  5194  Tonnen  Deplacement,  800  Pferdekräfte,    12  Meilen 
Geschwindigkeit,  904  Mann  Bemannung ; 
92  Geschütze:  74  glatte  30pfünder, 

16  glatte  GOpfündige  Granatkanonen, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf, 
4  glatte  4pfündige  Landungsgeschütze. 

5  Schraubenfregatten: 

Novara^  2497  Tonnen  Deplacement,  500  Pferdekräfte,  12  Meilen 
Geschwindigkeit,  538  Mann  Bemannung; 
51  Geschütze:  44  glatte  30pfünder, 

4  glatte  60pfündige  Granatkanonen, 

3  gezogene  24pfünder,  System  WahrendorfiF, 
2  glatte  4pfündige  Landungsgeschütze. 

Fürst  Schwarzenberg^  2514  Tonnen  Deplacement,  400  Pferde- 
kräfte,  10  Meilen  Geschwindigkeit,  547  Mann  Bemannung; 
46  Geschütze:  36  glatte  30pfönder, 

6  glatte  60pfündige  Granatkanonen, 

4  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorff, 

2  glatte  4pfündige  Landungsgeschütze. 

Graf  Badetzky^  Adria  und  Donau,    2198  Tonnen  Deplacement, 
300  Pferdekrfifte,  8  bis  9  Meilen  Geschwindigkeit,  398  Mann 
Bemannung; 
31  Geschütze:  24  glatte  30pfünder, 

4  glatte  60pfündige  Granatkanonen, 

3  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorff, 
2  glatte  4pfündige  Landungsgeschütze. 

2  Schraubenkorvetten: 

Graf  Vandolo,  1 594  Tonnen  Deplacement,  230  Pferdekräfte, 
Erzh.   Friedrich,    1474  Tonnen  Deplacement,  230  Pferdekräfle, 

8  Meilen  Geschwindigkeit,  294  Mann  Bemannung; 

22  Geschütze:  16  glatte  30pfunder, 

4  glatte  60pfündige  Granatkanonen, 

2  gezogene  24pfunder,  System  Wahrendorff, 
2  glatte  4pfündige  Landungsgeschütze. 


29 


7  Schraubenkanonenboote  i.  Klasse: 


Hmn,  Dalmat  und  Yelebich^  869  Tonnen  Deplacement,  230  Pferde- 
kräfte, 11  bis  13  Meilen  Geschwindigkeit,    139  Mann   Be- 
mannung; 
4  Geschütze:  2  glatte  48pfünder, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorff. 

WaU^  Reka^  Seehund  und  Streiter^  852  Tonnen  Deplacement, 
230  Pferdekräfte,  11  bis  12  Meüen  Geschwindigkeit,  139  Mann 
Bemannung; 
4  Geschütze :  2  glatte  48pfünder, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf. 

3  Schraubenkanonenboote  S.Klasse: 

Orille,  Gemse  und  Sansego,  333  Tonnen  Deplacement,  90  Pferde- 
kräfte, 9  Meilen  Geschwindigkeit,  72  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  2  glatte  48pfünder, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorff. 

3  Schraubenschoner: 
Kerka  und  Nareuta^  501  Tonnen  Deplacement,  90  Pferdekräfte 
9  Meilen  Geschwindigkeit,  100  Mann  Bemannung; 
6  Greschütze:  4  glatte  30pfünder, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorff. 

Möre^  348  Tonnen  Deplacement,  50  Pferdekräfte,  7  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 72  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf. 

c)  11  Baddampfer,  und  zwar : 

Kaiserin  Elisabeth^  1472  Tonnen  Deplacement,  350  Pferdekräfte, 
12  Meilen  Geschwindigkeit,  166  Mann  Bemannung; 
6  Geschütze:  2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf, 

4  gezogene    12pfündige   Vorderlader,     System 
La  Hitte. 

Santa  Lucia^  1353  Tonnen  Deplacement,  300  Pferdekrafte,  9  Meilen 
Geschwindigkeit,  1 80  Mann  Bemannung ; 
6  Geschütze :  4  glatte  30pfänder, 

2  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf. 


30 


Triest^  1102  Tonnen  Deplacement,  220  Pferdekräfte,  9  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 66  Mann  Bemannung; 

4  Geschütze:    gezogene    6pfündige   Vorderlader,  System  La 

Hitte. 

Andreas  Hofer^  770  Tonnen    Deplacement,    160    Pferdekräfte, 
10  Meilen  Geschwindigkeit,  109  Mann  Bemannmig; 
4  Geschütze :  3  glatte  30pfünder, 

1  gezogener  24pfüQder,  System  Wahrendorflf. 

Curtatone,   751  Tonnen  Deplacement,    160  Pferdekräfte,   8  bis 
9  Meilen  Geschwindigkeit,  109  Mann  Bemannmig; 

4  Geschütze:  3  glatte  30pfQnder, 

1  gezogener  24pfünder,  System  Wahrendorflf. 

Ynlkan^  675  Tonnen  Deplacement,  120  Pferdekräfte,  8  bis  9  Meilen 
Geschwindigkeit,  84  Mann  Bemannmig; 
2  Geschütze :  gezogene  24pfünder,  System  Wahrendorflf. 

Flame,  403  Tonnen  Deplacement,  120  Pferdekräfte,  9  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 49  Mann  Bemannung; 

2  Geschütze:    gezogene  6pfündige  Vorderlader,   System  La 

Hitte. 

Taurus,  377  Tonnen  Deplacement,  100  Pferdekräfte,  7  Meilen  Ge- 
schwindigkeit, 63  Mann  Bemannung; 

5  Geschütze:  4  glatte  metallene  12pfünder, 

1  gezogener  12pfünder,  System  Wahrendorflf. 

Hentzi,  139  Tonnen  Deplacement,  45  Pferdekräfte,  5  bis  6  Meilen 
Geschwindigkeit,  48  Mann  Bemannung; 
4  Geschütze:  2  gezogene  12pfündige  Vorderlader,  System  La 

Hitte, 

2  glatte  metallene  4pfünder. 

Jacht    Greif,    1260   Tonnen    Deplacement,     300    Pferdekräfte, 
12  Meilen  Geschwindigkeit,  102  Mann  Bemannung; 
2  Geschütze:  gezoj^ene   12pfündige  Vorderlader,  System  La 

Hitte. 

Jacht  Fantasie,  i20->  Tonnen  Deplacement,   120  Pferdekräfte,    13 
bis  14  Meilen  Geschwindigkeit,  29  Mann  Bemannung. 


31 

d)  11  Segelschiffe,  and  zwar: 

2  Fregatten: 

Bellona^  1612  Tonnen  Deplacement,  362  Mann  Bemannung; 
35  Geschütze:  glatte  30pfiinder. 

Tenus^  1577  Tonnen  Deplacement,  140  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze  (Schulfregatte  der  Marineakademie). 

3  Korvetten: 

Carolina^  914  Tonnen  Deplacement,  169  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:  glatte  SOpfQnder. 

Diana^  833  Tonnen  Deplacement,  169  Mann  Bemannung; 
20  Geschütze:  glatte  30pfünder. 

Mlnerra^  593  Tonnen  Deplacement,  143  Mann  Bemannung; 
16  Geschütze:  glatte  30pfünder. 

3  Briggs: 

Huszar^  468  Tonnen  Deplacement,  101  Mann  Bemannung. 
12  Geschütze:  glatte  30pfünder. 

Pola  und  Montecuccoli,  412  Tonnen  Deplacement,  101  Mann  Be- 
mannung ; 
12  Geschütze:  glatte  30pf(!inder. 

3  Schoner: 

Saida,  288  Tonnen  Deplacement,  73  Mann  Bemannung. 
8  Geschütze :  glatte  30pfünder. 

Artemisia^  179  Tonnen  Deplacement,  63  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  metallene  glatte  12pfunder. 

Aretusa,  165  Tonnen  Deplacement,  63  Mann  Bemannung; 
10  Geschütze:  metallene  glatte  12pfünder. 

II.  Transportschiffe. 

5  Segelschiffe,  und  zwar: 

1  Brigg: 
Pylades^  468  Tonnen  Deplacement,  44  Mann  Bemannung. 

4  Briggschoner: 

Dromedar^  199  Tonnen  Deplacement,  23  Mann  Bemannung. 
Fido^  168  Tonnen  Deplacement,  23  Mann  Bemannung. 


32 


Braro^  168  Tonnen  Deplacement,  23  Mann  Bemannung. 
Chamäleon^  168  Tonnen  Deplacement,  23  Mann  Bemannung. 


I.  Kriegsschiife : 


Rekapitulation. 


Tonnen 
Geschütze    Pferdekräfte   Deplacement   Bemannung 


7  Panzerschiffe       mit 

172 

4.550 

25.152 

2.811 

:2l  ungepanzerte 

Schraubenschiffe   , 

380 

5.170 

33.425 

5.232 

11  Raddampfer           , 

39 

1.995 

8.594 

1.005 

11  Segelschiffe           „ 

165 

— 

7.453 

1.485 

50 

756 

11.715 

74.624 

10.533 

IL  Transportschiffe: 

5  Segelschiffe 

1.171 

136 

£ffektiTstand  der 
österreichischen  Seemacht: 

55  Kriegsschifife  mit  756        11.715  75.795        10.669 

sonach  im  ganzen  ein  Effektivstand  von  55  Kriegsschiffen  mit  756  Ge- 
schützen, 11.715  Pferdekräften,  75.795  Tonnen  Deplacement  und  10.669 
Mann  Bemannung. 

Von  diesen  Schiffen  befanden  sich  zu  Anfang  des  Jahres  1866  in 
Ausrüstung:  die  Schraubenfregatten  »Schwarzenberg*  und  , Donau",  die 
Kanonenboote  ,Hum",  „Dalmat**,  »Reka*  und  Schraubenschoner  ,Möve* 
als  Schiffsabteilung  in  der  Levante,  die  Schraubenkorvette  ^Dandolo*  in 
Mexiko,  die  Schraubenkorvette  „Erzh.  Friedrich*  aui  der  Rückreise  von  der 
Xordseestation  Geestemünde,  Schraubenschoner  „Kerka"  sowie  die  Rad- 
dampfer ^Curtatone**  und  „Vulkan"  als  Stationsschiffe  in  Dalmatien  und  für 
denDienst  im  Golf;  von  Segelschiffen  standen  Fregatte  „Bellona"  als  Artillerie- 
schulschiff sowie  Kor\'ette  „Minerva"  und  Schoner  „Saida"  als  Matrosen- 
schulschiffe zu  Kreuzungen  im  Golf  im  Dienst.  Der  größte  Teil  der  übriger; 
Schiffe  lag  vollkommen  abgerüstet  oder  behufs  Vornahme  von  Repara- 
turen im  Seearsenale  zu  Pola. 

Von  den  7  Panzerschiffen  waren  die  zwei  größten  „Erzh.  Ferdinand 
Max-  und  „Habsburg"  noch  im  Ausbau  zu  Triest,  die  Installierung  der 
Maschinen  war  zwar  beendet  imd  die  Panzerung  im  langsamen  Fort- 
schreiten, die  innere  Einrichtung  aber  war  kaum  begomien;  unter  den 


33 

5  älteren  Panzerschiffen  war  nur  „Draehe"  in  erster  Reserve  zur  augen- 
blicklichen Ausrüstung  bereit;  ,Don  Juan*,  bei  dem  das  hölzerne  Vorkastell 
ab^rissen  war,  um  durch  ein  eisernes  ersetzt  zu  werd^i,  stand  in  großer 
Reparatur.  Auf  den  3  übrigen  wurde  die  innere  Einrichtung  und  der  Yer- 
schlufi  der  Stückpforten  umgeändert 

Das  Schraubenlinienschiff ,,  Kaiser *',  für  nicht  mehr  ganz  seetüchtig 
eiidärt,  lag  abgerüstet  im  Arsenale,  imi  gedockt  zu  werden,  und  man 
stand  eben  vor  dem  Beschlüsse,  dasselbe  in  ein  Panzerschiff  zu  ver- 
wandeln. Von  den  ungepanzerten  Schraubenltegatten  war  nur  »Radetzky* 
in  erster  Reserve  und  zur  Ausrüstung  bereit,  „  Adria"  war  bis  vor  kurzem 
im  Dock  gewesen,  ^^Novara''  noch  im  Dock  und  auf  beiden  letzteren  eine 
Menge  größerer  wie  kleinerer  Reparaturen  im  Zuge. 

Fregatte ,  Schwarzenberg" ,  vordem  Flaggenschiff  des  Kontreadmirals 
V.  Tegetthoff,  zu  Anfang  des  Jahres  aus  der  Levante  zurückgekehrt,  war 
zu  einer  Expedition  nach  Ostasien  bestimmt  und  seither  mit  deu  dieser  Be- 
stimmung entsprechenden  Herrichtungen  und  Ausschiffungen  beschäftigt. 
Die  Adaptierungsarbeiten  waren  zum  großen  Teile  vollendet  und  diese 
Fregatte  hatte  daher  in  militärischer  Beziehung  aufgehört,  ein  Kriegsschiff 
zu  sein;  an  ihrer  Stelle  wurde  auch  die  gleichfalls  aus  der  Levante  zurück- 
beorderte Fregatte  „Donau"  zum  Flaggenschiffe  eingerichtet. 

Ähnlich  dem  Zustande  der  größeren  war  jener  der  kleineren  Dampf- 
und Segelschiffe;  Kanonenboot  „Velebich"  und  Raddampfer,  Triest*  waren 
in  erster  Reserve,  der  Rest  befand  sich  teils  in  Reparatur,  teils  in 
Abrüstung. 

Der  Personalstand  der  österreichischen  Marine  bestand  anfangs 
1866  aus: 

2  Vizeadmiralen, 
5  Kontreadmiralen, 
9  Linienschiffskapitänen, 
25  Fregattenkapitänen, 
90  Linienschiffsleutnants, 
101  Linienschiffsfähnrichen, 
188  Scekadetten, 
39  Marine-Zeugskorpsoffizieren, 
116  Matrosenkorps-  und  Marineinfanterieoffizieren, 
somit  im  ganzen  aus  575  Offizieren. 

In  Österreich  schien  man  in  Bezug  auf  die  Verwendung  der  Marine 
in  dem  bevorstehenden  Kriege  noch  bis  in  die  zweite  Hälfte  des  Monates 

FUischer,  Die  k.  k.  Kriegsmurine  1866.  3 


34 

April  im  unklaren  zu  sein  und  keinen  entscheidenden  Entschluß  gefaßt 
zu  haben;  denn  nur  so  läßt  es  sich  erklären,  daß  im  Gregensatze  zu  den 
mit  aller  Macht  imd  in  fieberhafter  Hast  betriebenen  Kriegsrüstungen  der 
Landarmee  bezüglich  der  Marine  die  Befehle  zur  Ausrüstung  der  Flotte 
noch  immer  auf  sich  warten  ließen.  Die  leidige  Finanzfrage,  die  der 
Marine  gegenüber  stets  eine  große  Rolle  spielte,  schien  trotz  des  drohen- 
den Krieges  sich  auch  jetzt  wieder  geltend  zu  machen.  Während  für 
die  Armee  Millionen  über  Millionen  zu  Rüstungszwecken  verausgabt 
wurden,  hieß  es  bezüglich  der  Marine:  „Man  dürfe  sich  nicht  in  Auslagen 
stürzen,  ohne  von  deren  Notwendigkeit  Gewißheit  zu  haben*.  Weder  das 
Ministerium  des  Äußern  (FML.  Graf  Mensdorff)  noch  das  Eriegs- 
ministerium  (FZM.  Ritter  v.  Franc  k)  schienen  in  Bezug  auf  die  schleunige 
Ausrüstung  der  Flotte  pressiert  zu  sein. 

Es  ist  bezeichnend  für  die  damaligen  Verhältnisse,  was  Kontre- 
admiral  v.  Tegetthoff,  der  tapfere  Streiter  von  Helgoland  und  spätere 
Sieger  von  Lissa,  welcher  sich  um  jene  Zeit  in  Wien  befand,  hierüber  an 
einen  Freund  schrieb:  ^) 

,Ich  bin  vorgestern  abends  von  Wien  zurückgekehrt,  wohin  ich 
berufen  worden  war,  um  im  Einvernehmen  mit  dem  Handelsministerium 
bei  den  Vorkehrungen  für  die  Expedition  nach  Ostasien  tätig  mitzu- 
wirken. 

Der  Zweck  meiner  Berufung  nach  der  Residenz  war  jedoch  gleich 
vom  Momente  meines  Eintreffens  in  den  Hintergrund  getreten,  da  der 
Konflikt  mit  Preußen  --  der  täglich  eine  akutere  Gestalt  annahm  —  die 
Aufmerksamkeit  der  höchsten  Kreise  ausschließlich  absorbierte.  Statt 
nun  meinerseits  mich  mit  den  Geschenken  für  die  Herrscher  von  Siam 
und  Japan  und  ähnlichen  Fragen  zu  befassen,  glaubte  ich  schon  während 
meines  Aufenthaltes  in  Wien  mein  ganzes  Streben  dahin  richten  zu 
müssen,  die  Fürsorge,  die  an  den  nördlichen  Grenzen  der  Begegnung 
einer  Kriegsgefahr  gewidmet  wurde,  mindestens  zum  Teile  auch  auf  die 
Vorkehrungen  zu  lenken,  die  zum  Schutze  unseres  Handels  und  unserer 
Küsten  unumgänglich  zu  treffen  wären,  und  zwar  um  so  mehr,  als  bereits 
vor  14  Tagen  eine  Allianz  Preußens  mit  Italien  —  dem  eine  kräftige 
Marine  zur  Verfügimg  steht  —  täglich  an  Wahrscheinlichkeit  gewann. 
Meine  in  dieser  Richtung  bei  jeder  sich  ergebenden  Gelegenheit  wieder- 
holten Bitten  und  Überredungsversuche  blieben  jedoch  erfolglos;  man 
fuhr  fort,  Truppen  gegen  die  preußischen  Grenzen  zusammenzuziehen, 

1)  Beer:  .Aus  Tegetthoffs  Nachlaß",  Seite  4-2. 


35 

die  böhmischen  und  mährischen  Festmigen  in  stand  zu  setzen,  wollte 
jedoch  nichts  davon  hören,  daB  es  dringend  notwendig  sei,  zur  Aus- 
rüstung der  Flotte  zu  schreiten,  um  den  Schiffen  womöglich  einige 
Wochen  Zeit  zu  geben,  ihre  neueinberufenen  Mannschaften  abzurichten, 
an  die  im  Falle  des  Ausbruches  von  Feindseligkeiten  die  schwere  Auf- 
gabe herantreten  würde,  einem  weitüberlegenen  Gegner  gegenüber  die 
biteressen  des  Kaiserstaates  zur  See  zu  wahren  und  zu  schützen. 

Ich  verließ  Wien  mit  dem  peinigenden  Gefühle,  daß  Unverstand 
und  Gleichgültigkeit  von  oben  auch  in  diesem  Jahre  der  viel  gelästerten 
und  geschmähten  Marine  harte  Opfer  auferlegen  würden,  und  ich  traf 
hier  in  Pola  ein,  um  trotz  des  Kriegsgeschreies  aller  in-  und  auslän- 
dischen Blätter  das  Hafenadmiralat  und  Arsenal  in  einem  gemütlichen 
Friedensschlummer  wiederzufinden,  den  zu  stören  einige  von  Wien  ein- 
getroffene Weisungen  halbverschwommener  kriegerischer  Färbung  nicht 
vermocht  hatten. 

Wir  sind,  wie  gewöhnlich,  nicht  gerüstet,  um  einer  plötzlich  heran- 
tretenden ernsten  Anforderung  einigermaßen  zu  genügen.  An  aus- 
gerüsteten Schiffen  verfügt  die  Marine  gegenwärtig  über  die  beiden 
Schraubenfregatten  »Schwarzenberg*  und , Donau", die  beidejedochSbis  10 
Tage  brauchen,  um  seeklar  zu  sein,  über  Korvette  ,Erzh.  Friedrich," 
die  von  ihrer  Stationierung  in  der  Nordsee  einberufen  wurde,  und  endlich 
über  die  4  Kanonenboote  ,Hum",  „Dalmat",  ,Reka"  und  »Kerka",  die  zwi- 
schen Pyräus,  Korfü  und  Triest  verteilt  liegen.  Nebst  diesen  befinden 
sich  noch  im  aktiven  armierten  Zustande  die  3  Segelschiffe  „BeUona", 
»Minerva*  und  »Saida",  die  jedoch  in  Bezug  auf  kriegerische  Eventualitäten 
nur  insofern  in  Betmcht  zu  ziehen  sind,  als  sie  ihre  Bemannungen  zur 
Ausrüstung  von  kriegstüchtigeren  Schiffen  abgeben  können. 

Bei  dem  Umstände,  daß  in  den  Gewässern  Italiens  7  Panzerschiffe 
und  zirka  4  bis  5  größere  Schraubenschiffe,  sämtlich  mit  einer  Aus- 
rüstungszeit von  mehr  als  einem  Jahre,  verteilt  liegen,  müssen  unser 
Handel  und  unsere  Küsten  als  vollkommen  schutzlos  erscheinen  und 
muß  es  daher  gerechtes  Befremden  erregen,  daß  von  Wien  aus  gar  nichts 
geschieht,  um  diesen  besorgniserweckenden  Verhältnissen  ein  Ende  zu 
machen  und  der  Marine  zu  zeigen,  daß  man  sich  einerseits  den  Umfang 
der  an  selbe  herantretenden  Aufgabe  gegenwartig  halte,  anderseits  aber 
beizeiten  das  Mögliche  tue,  um  sie  in  den  Stand  zu  setzen,  in  edlem 
Wetteifer  mit  der  Landarmee  ihre  Pflicht  zu  erfüllen." 

Am  18.  April  erfolgte  eine  kaiserliche  Entschließung  über  die  Betei- 
ligung der  Flotte  im  Kriegsfalle  und  der  Befehl  zur  Ausrüstung  für  die 


36 

Fregatten  «Schwarzenberg'^,  »Donau*^,  „Radetzky*  und  der  Panzerfregatte 
^Dtache'*;  am  26.  für  »Kaiser  Max*,  „Adria*^,  »Velebich*,  »Lucia*^  und 
,Trie»t\ 

Endlich  am  30.  Aprü  wurde  die  AufeteUuni^  einer  operativen  Eskadre 
angeordnet,  welche  aus  nachstehenden  Schiffen  zn  bestehen  hatte: 

5  Panzerfi'egatten:  »Kaiser  Max«,  »Prinz  Eugen*,  »Don  Juan  d*Austria*, 

»Drache*,  »Salamander*; 
5  Schraubenfregatten:  »Novara*,  »Schwarzenberg*,  »Radetzky*,  »Donau* 

imd  »Adria*; 
1  Schraubenkorvette:  »Erzh.  Friedrich« ; 
7  Schraubenkanonenbooten:    »Hmn*,    »Dalmat*^,    »Velebich*,    »Wall*, 

»Reka*,  »Serfiund*,  »Streiter«; 
5  Raddampfern:   »Elisabeth*,   »Sta.  Lucia«,    »Andreas  Hofer*,  »Greif*, 

»Triest«; 
1  Avisodampfer:  »Stadium*  (vom  Lloyd  zu  mieten).  ^) 

Nebstdem  wurden  die  Schraubenschoner  »Kerka*  und  »Narenta*,  die 
Schraubenkanonenboote  »Grille*,  »Gemse*,  »Sansego*  sowie  die  Rad- 
dampfer »Vulkan*  und  »Taurus*  zur  Erhaltung  der  Kommunikation  und 
Verwendung  längs  der  dalmatinischen  Käste  bestimmt.  Segelfregatte 
,Bellona*  hatte  den  Hafenwachdienst  in  Pola,  Goelette  »Saida*  in  Veruda, 
Raddampflsr  »Curtatone*  in  Cattaro,  Raddampfer  »Fiume*  wurde  dem 
Generalkommando  in  Zara  zugewiesen.  DampQacht  »Fantasie*  hatte  zur 
höheren  Verfügung  im  Hafen  von  Pola  bereit  zu  liegen,  Segelkorvette 
, Minerva*  war  abzurüsten  und  in  die  dritte  Reserve  zu  versetzen. 

Als  Grundsatz  filr  die  Ausrüstung  der  Schiffe  ward  festgesetzt,  daß 
vor  derselben  die  Versetzung  in  vollkommen  seetüchtigen  Zustand  und 
die  Komplettierung  der  Bemannung  zu  erfolgen  habe.  Nach  vollendeter 
Ausrüstung  waren  die  Schiffe  dem  zum  Eskadrekommandanten  ernannten 
Kontreadmiral  v.  Tegetthoff,  der  sich  am  9.  April  wieder  am  Bord  der 
Fregatte  »Schwarzenberg*  eingeschifft  hatte  und  mit  derselben  auf  der 
Rhede  von  Fasana  vor  Anker  lag,  zur  Verfügung  zu  stellen. 

Man  ersieht  leicht,  welch  außerordentlichen  Aufwandes  an  Energie 
und  Tätigkeit  es  bedurfte,  um  die  Flotte,  deren  Schiffe  zum  größten  Teile 
den  schwersten  Arsenalsarbeiten  unterzogen,  deren  Mannschaften  erst 
einberufen  und  exerziert  werden  mußten,  bis  zum  Beginn  der  Feindselig- 
keiten see-  und  kampftüchtig  zu  machen.  Nicht  nur  an  kampfbereiten 


>)  Siehe  Beilage  B. 


37 

ScbifTen^  auch  in  allem  tübrigen  war  der  Feind  derselben  überlegen. 
Während  von  den  österreichischen  Bemannungen  der  größte  Teil  in  den 
Jahren,  welche  dem  Kriege  Türangegangen  waren,  aus  finanziellen  Rück- 
sichten wenig  im  aktiven  Seedienst  hatte  gehalten  werden  können  und 
somit  an  der  Schwelle  des  Krieges  neuerdings  ausgebildet  w^den  mußte, 
hatte  die  italienische  Marine  schon  seit  längerer  Zeit  eine  größere  Eskadre 
ausgerüstet  und  infolgedessen  eine  größere  Anzahl  ausgebildeter  Mann- 
schaften. Während  die  italienische  Marine  mit  dem  Fortschritte  der  Neu^ 
zeit  im  Geschützwesen  Schritt  gehalten  hatte  und  über  gezogene  Geschütze 
schwersten  Kalibers  verfügte,  war  man  in  Österreich  in  dieser  Richtung 
kaum  weiter  als  bis  zu  den  ersten  Leistungen  der  moderne  Artillerie  in 
der  Gestalt  des  gezogenen  24pfündigen  Hinterladers  nach  dem  «System 
Wahrendorff  mit  der  preußischen  Verschlußverbesserung'  gekommen. 
Aber  auch  an  entscheidenden  Schlachtschiffen,  den  Panzerschiffen,  war 
die  italienische  Flotte  der  österreichischen  bedeutend  überlegen. 

Dieser  in  den  jetzigen  Zeitverhäitnissen  schwerwiegenden  Versäum- 
nisse gegen  die  Marine  schien  man  sich  in  Wien  bewußt  zu  sein  und  es 
kann  daher  nicht  wundernehmen,  wenn  man  sich  dort  großen  Erwar- 
tungen über  von  der  Flotte  zu  erringende  Erfolge  nicht  hingab.  Darauf 
wenigstens  deuten  die  Instruktionen  des  Kriegsministeriums  hin,  die  dem 
Eskadrekommandanten  zugekommen  waren. 

Die  erste  Weisung,  welche  derselbe  erhielt,  bewegte  sich  ganz  im 
allgemeinen  und  eröfhete  dem  Eskadrekommandanten  einen  wenig  selb- 
ständigen Wirkungskreis.  „Der  Eskadrekommandant*,  so  war  der  Inhalt, 
,ist  bezüglich  der  Operationen  im  großen,  des  Einklanges  und  der  nötigen 
Unterstützung  dieser  Operationen  wegen  an  den  Kommandanten  der 
Armee  im  lombardisch-venetianischen  Königreiche  gewiesen,  jedoch  ist 
derselbe  ermächtigt,  wenn  sich  günstige  Gelegenheit  bietet,  sowie  bei 
räumlicher  Trennimg  und  Unterbrechung  des  Verkehrs  mit  der  Südarmee 
auch  selbständig  vorzugehen.* 

Die  zweite  vom  Kriegsminister  FZM.  Ritter  v.  Franck  unterzeich- 
nete Instruktion  vom  15.  Mai  lautete  wie  folgt: 

K.M. 


M.  S. 


Nr.  794. 


^Die  Aufgabe  der  unter  Euer  Hoch  wohlgeboren  Befehl  stehenden 
k.  k.  Flotte  ist : 

1.  die  k.  k.  Armee  im  Süden,  insbesondere  jene  im  lombardisch- 
venetianischen  Königreiche,  an  deren  Konunandanten  Euer  Hochwohl- 


geboren  laut  erslgenannleiii    Erlasse    vom   21.  v,  M.  bezüglich  der  Ope- 
rationen im  gi-oßen  gewiesen  sind,  kräftigst  zu  unterstützen; 

2.  den  feindlichen  Streilkräflen  möglichst  Schaden  zuzufügen  und 
dieselben  in  ihren  Unternehmungen  zu  hemmen. 

Obwohl  Seine  Majestät  der  Kaiser,  unser  allergnädigster  Herr, 
zuversichtlich  erwarten,  daß  Ällerhöchstdessen  Flotte  in  aufopfernder 
Pflichteriüllung  mit  Ällerhöchstdessen  Landarmee  wetteifern  werde,  so 
wird  doch  keineswegs  die  bedeutende  numerische  Überlegenheit  der 
gegnerischen  Flotte  verkannt  und  aus  diesem  Grunde  und  bei  dem 
moralischen  Einflüsse.  dendieExistenzder  österreichischen  Flotte  auf  alle 
Operationen  des  Feindes  an  den  Seeküsten  zweifelsohne  ausüben  muß, 
bin  ich  von  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  beauftragt,  es  Euer  Hochwohl- 
geboren  zur  Pflicht  zu  machen,  keine  Uoteraehmungen  zu  beginnen, 
welche  die  k.  k.  Flotte  aufs  Spiel  setzen  könnten  oder  wo  die  zu 
erreichenden  Vorteile  die  voraussichtlichen  Opfer  nicht  aufwiegen. 

Insolange  die  Ereignisse  nicht  hindernd  dazwischen  treten,  wird 
Pola  der  Ort  sein,  wohin  alle  an  das  fc.  k.  Eskadrekommando  gerichteten 
Meldungen,  Mitteilungen  und  Befehle  von  den  verscliiedenen  kaiserliclieu 
Behörden  zu  gelangen  haben  werden,  daher  in  jenem  Hafen  stets  ein 
Dampfer  seeklar  zu  sein  hat,;  um  solche  Depeschen,  je  nach  ihrer  Dring- 
lichkeit, sogleich  oder  gelegentlich  an  die  Adresse  zu  befördern. 

Wenn  auch  selbstverständlich,  so  muß  ich  doch  zur  Veiraeidung 
jedes  Zweifels  hier  aussprechen,  daß  es  Euer  Hochwoh^eboren  frei- 
gestellt bleiben  muß,  die  eigene  Flagge  auf  welchem  immer  der  unter- 
stehenden k.  k.  Schiffe  zu  hissen. 

Die  betreffenden  k.  k.  Armeekonnnandanlen  erhalten  unter  einem 
Abschrift  vorstehender  Instruktionen  zur  eigenen  Richtschnur,  wälirend 
Euer  Hochwohlgeboren  die  unterstehenden  k.  k.  Kommandanten  von 
der  bezüghch  Pola  getroffenen  Verfügung  verständigen  wollen." 

Als  Operationsbasis  war  der  Eskadre  der  Kanal  von  Fasana  zuge- 
wiesen worden,  da  anzunehmen  war,  daß  der  maritime  Kriegsschauplatz 
sich  auf  den  nördlichen  Teil  des  Adriatischen  Golfes  und  speziell  auf  das 
venetianische  Küstengebiet  beschränken  werde. 

Nach  dem  Wortlaute  dieser  Instruktion  war  somit  der  Tätigkeit  der 
Österreichischen  Marine  in  diesem  Kriege  kein  großer  Wirkungskreis 
erößfnet  und  dieselbe  eigentlich  wieder  nur  auf  die  Defensive  angewiesen. 
Eine  Offensive  schien,  den  wenig  wahrscheinlichen  Fall  des  Angriffes  der 
italienischen  Flotte  auf  Venedig  oder  Pola  abgerechnet,  nahezu  ausge- 
schlossen. Um  so  größer  und  verdienstlicher  sind  daher  die  Leistungen 


38 


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39 

jenes  Mannes,  der  in  überraschend  kurzer  Zeit  die  kaiserliche  Eskadre 
nicht  nur  see-  und  kampftüchtig  zu  machen  wußte,  sondern  dieselbe  sogar 
zum  Siege  über  die  überlegene  feindliche  Flotte  führte.  Dieser  Mann  war 
Kontreadmiral  v.  Tegetthoff. 

Wilhelm  v.  Tegetthoff^)  wurde  am  23.  Dezember  1827  als  Sohn 
des  k.  k.  Majors  Karl  v.  Tegetthoff  zu  Marburg  in  Steiermark  geboren. 
Nachdem  er  in  seiner  Vaterstadt  kurze  Zeit  das  Gymnasium  besucht 
hatte,  kam  er  im  Jahre  1840  in  das  Marinekadettenkollegium  von  Venedig, 
um  dort  seine  Ausbildung  für  den  Seedienst  zu  erhalten. 

1845  als  Marinekadett  ausgemustert,  war  er  zuerst  am  Bord  der  Brigg 
»Montecuccoli*,  später  am  Bord  der  Korvette  „Adria"  eingeschiflft,  welche 
Schiffe  im  Adriatischen  und  Mittelmeer  kreuzten*.  Am  25.  Jänner  1848 
wurde  Tegetthoff  zum  Fregattenfähnrich  befördert  und  erhielt  nach 
kurzem  Kommando  der  Cannoniera  „Didone"  am  1.  April  provisorisch  das 
Gesamtdetail  der  Brigg  aMontecuccoli" ;  schon  am  IG.  April  wurde  er  infolge 
der  vielen  Vakanzen,  die  durch  den  Übertritt  der  venetianischen  OfBziere 
entstanden  waren,  Linienschiflfsfähnrich  und  als  solcher  2.  Leutnant  am 
Bord  der  Brigg  .Venezia*.  Am  13.  Oktober  zum  Personaladjutanten  des 
Marinekommandanten  Vizeadmirals  Ritter  v.  Martini  ernannt  und  mit 
demselben  im  Februar  1849  nach  Wien  berufen,  begleitete  er  diesen,  als 
derselbe  bei  seinem  Rücktritte  vom  Marinekommando  zum  Gesandten  am 
neapolitanischen  Hofe  ernannt  worden  war,  nach  Neapel,  blieb  bis  Ende 
Mai  1849  in  dieser  Stellung  und  schiffte  sich  am  1.  Juni  wieder  auf  die 
Korvette  „Adria"  ein.  Während  dieser  Einschiffung  fand  er  Gelegenheit, 
sich  am  5.  Juli,  als  der  Raddampfer  „Vulkan"  bei  Brondolo  aufgefahren 
war  und  in  dieser  kritischen  Lage  von  einer  Strandbatterie  heftig  be- 
schossen wurde,  als  Kommandant  eines  von  der  KoiTette  zu  Hilfe 
geschickten  Korveedetachements  bei  der  Flottmachung  desselben  so  her- 
vorzutun, daß  er  im  Schiflfskommandoberichte  des  „Vulkan*  lobend  er- 
wähnt wurde. 

Am  11.  September  zum  Gesamtdetailoffizier  des  Raddampfers 
„Maria  Anna"  bestimmt,  der  unter  dem  Kommando  des  Linienschiffs- 
leutnants Graf  Hadik  eine  Mission  nach  Tunis  imd  Tripolis  zu  vollführen 
hatte,  blieb  Tegetthoff  mit  diesem  Schiffe  sodann  noch  längere  Zeit  in 
der  Levante.  Am  16.  Juni  1851  zum  Fregattenleutnant  befördert,  über- 
nahm Tegetthoff  das  Gesamtdetail  der  Korvette  „Carolina**,  welche  bei 
Ausbruch  des  Krimkrieges    in  Konstantinopel  stationiert  war  und  zur 


<)  Beer,  ,Au8  Tegetthoffs  Nachlaß/  Seite  45. 


40 

Verfägung  des  k.  k.  iDtemuntius  stand.  Am  13.  Juli  1854  erhielt  Tegett- 
hoff  das  Eammando  der  Goelette  , Elisabeth'',  mit  welcher  er  häufige 
Kreuzungen  im  Archipel  und  an  der  syrischen  Küste  vorzunehmen  hatte. 
Im  Herbste  1 855  nach  mehrjähriger  Dienstleistung  zur  See  ausgeschifft 
und  dem  Hafenadmiralate  von  Pola  zur  Dienstleistung  zugewiesen^  über- 
nahm er  schon  Ende  November  desselben  Jahres  das  Kommando  des  für 
den  Stationsdienst  in  der  Sulinamündung  bestimmten  Raddampfers 
„Taurus*".  In  dieser  Stellung  fand  nun  Tegetthoff  Gelegenheit,  sich 
besonders  hervorzutun. 

Der  Ort  Sulina  war  während  des  Krimkrieges  von  den  Engländern 
niedergebrannt  worden.  Die  Donaumündungen  waren  teils  durch  den 
niederen  Wasserstand,  *  teils  durch  die  Maßnahmen  der  Russen  gesperrt; 
an  der  Barre  waren  kaum  8  Fuß  Fahrwasser,  während  in  der  unteren 
Donau  bei  800  Kauffahrer  verschiedener  Nationen  und  gegen  ISOO  mit 
dem  Auswurfe  der  Bevölkerungen  des  ganzen  Mittelmeeres  bemannte 
Lichterschiffe  lagen,  ohne  politische  Behörde^  ohne  StrompoUzei  im 
chaotischen  Zustande. 

Tegetthoff  gelang  es,  binnen  kurzem  hier  Ordnung  zu  machen 
und  die  Verhältnisse  zu  bessern,  gleichzeitig  aber  auch  das  Ansehen  der 
kaiserlichen  Flagge  so  zur  Geltung  zu  bringen,  daß  ihm  der  damalige 
Internuntius  FML.  Baron  Prokesch -Osten  wie  auch  der  komman- 
dierende General  in  den  Donaufurstentümein  FZM.  Graf  Coronini  und 
der  Marineoberkommandant  Erzh.  Ferdinand  Max  ihre  volle  Aner- 
kennung aussprachen.  Anfangs  1857  von  Sulina  abberufen,  erhielt 
Tegetthoff  gleich  darauf  abermals  eine  Mission,  die  zeigt,  daß  es  ihm 
gelungen  war,  den  Blick  des  Erzh.  Ferdinand  Max  auf  sich  zu  lenken. 
Die  Durchstechung  der  Landenge  von  Suez  war  bereits  in  Angriff 
genonmien  und  bildete  den  Gegenstand  eingehender  Erörterungen  sowie 
großer  Hoffiiungen  in  der  ganzen  Handelswelt.  Die  große  Tragweite  des 
Unternehmens  wurde  vom  Erzherzog  erkannt,  die  Bestrebungen  Englands 
und  Frankreichs,  sich  im  Roten  Meere  festzusetzen,  richtig  gewürdigt. 

Österreich  sollte  und  durfte  nicht  zurückbleiben  imd  Tegetthoff 
wurde  mit  dem  Auftrage  betraut,  die  Küsten  des  Roten  Meeres  zu  durch- 
forschen, um  daselbst  einen  Platz  für  eine  geeignete  Kohlenstation  aus- 
findig zu  machen. 

Seine  Instruktionen  wiesen  ihn  an,  sich  mit  dem  berdts  rühmlichst 
bekannten  Ornithologen  und  Afrikareisenden  Dr.  Heu  gl  in,  der  damals  in 
Ägypten  weilte,  in  Verbindung  zu  setzen  und  mit  ihm  gemeinsam  die 
Reise  zu  machen.   In  Gesellschaft  Heu  gl  ins  ging  Tegetthoff  im  Juni 


41 

1857  den  Nil  aufwärts  bis  Theben,  von  da  mit  einer  Karawane  nach  Kasselr 
am  Roten  Meere  und  befuhr  nun  beide  Küsten  desselben  unter  großen 
Beschwerlichkeiten. 

An  der  Somaliküste  in  Bender-Garn  wurden  die  beiden  Reisenden 
Ton  den  Eingeborenen  überfallen,  festgenommen  und  erst  nach  Entrich- 
tung eines  Lösegeldes  wieder  freigegeben.  Da  Dr.  Heuglin  bei  dieser 
Gelegenheit  verwundet  worden  und  genötigt  war,  über  Aden  nach  Kairo 
abzugehen,  um  dort  seine  Wunde  zu  pflegen,  setzte  Tegetthoff  die  Reise 
allein  fort,  kreuzte  in  einem  offenen  arabischen  Boote  neuerdings  gegen 
den  Nordost-Monsoon  auf,  gelangte  über  MacuUa  bis  Ras  Färtäk  und  von 
dort  bis  Sokotora.  Nach  Durchforschung  dieser  Insel  kehrte  er  nach  Aden 
und  nach  sechs  wöchentlichem  Aufenthalte  daselbst  über  Ägjrpten  nach 
Europa  zurück. 

Noch  in  Aden  erfuhr  Tegetthoff  seine  am  17.  Dezember  1857 
erfolgte  Beförderung  zum  Korvettenkapitän  und  seine  Bestimmung  zum 
Chef  der  I.  Sektion  beim  Marineoberkommando  in  Triest  Er  blieb  bis 
zum  Oktober  1858  in  dieser  Stellung  und  übernahm  sodann  das  Kommando 
der  Schraubenkorvette  „Erzh.  Friedrich*,  welche  nach  den  Küsten  von 
Marokko  abging,  um  über  ein  an  den  dortigen  Küsten  gescheitertes  öster- 
reichisches Handelsschiff  Nachforschungen  zu  pflegen,  dessen  Mannschaft 
angeblich  in  Gefangenschaft  gehalten  sein  sollte.  Vor  Beginn  des  Krieges 
1859  kehrte  das  Schiff  wieder  nach  der  Adria  zurück. 

Der  Ausbruch  des  französisch-italienischen  Krieges  hatte  die  Aus- 
rüstung der  ganzen  Marine  zur  Folge.  Korvette  »Erzh.  Friedrich*  befand 
sich  bei  der  im  Hafen  von  Spignon  liegenden  Eskadre  der  Schrauben- 
schiffe und  wurde  nach  mehreren  Kreuzungen  und  Materialtransporten 
nachAncona  zur  Verteidigung  der  Lagunen  sowie  der  Hafeneinfahrten  von 
Venedig,  speziell  mit  der  Aufsicht  über  die  schwimmende  Barrikade  im 
Hafen  von  Spignon  bestinmit. 

Nach  Beendigung  des  Krieges  erhielt  Tegetthoff  die  Ernennung 
zum  Adjutanten  des  Marineoberkommandanten  Erzh.  Ferdinand  Max 
und  begleitete  als  solcher  den  Erzherzog  auf  dessen  Reise  nach  Brasilien 
am  Bord  des  Dampfers  „Kaiserin  Elisabeth*. 

Die  in  vielfacher  Beziehung  interessanten  Berichte,  welche  der 
kaiserliche  Prinz  dem  Kaiser  erstattete,  flössen  aus  der  Feder  Teget  t- 
hoffs. 

Nach  Rückkunft  dei  „Elisabeth*  in  Triest  seiner  Stellung  bei  dem 
Erzherzog  enthoben  und  am  27.  April  1860  zum  Fregattenkapitän  befördert, 
übernahm  Tegetthoff  das  Kommando  der  Schraubenfregatte  «Radetzky*, 


die  anläßlich  einer  in  Syrien  ausgebrochenen  Christenverfolgung  schleu- 
nigst dorthin  beordert  worden  war,  bis  zu  deren  im  Herbste  1861  erfolgten 
Abrüstung. 

Am  9.  November  desselben  Jahres  avancierte  er  zum  Linienschiffs- 
kapitän  und  war  dem  Marineoberkommando  zur  Dienstleistung  zugewiesen. 
Im  Oktober  1862  zum  Eonmiandanten  der  Schraubenfregatle  .Novara' 
bestimmt,  übernahm  er  das  Kommando  dieses  Schiffes  am  4.  November 
und  erhielt  hierauf  die  Weisung,  nach  Lissa  abzugehen,  um  dort  auf 
Befehl  des  Kaisers  vom  Linienschiffskapitän  Baron  Pückh  das  Kommando 
der  nach  der  Levante  bestimmten  Fiottenabteilung  zu  übernehmen. 

Während  der  griechischen  Ereignisse,  welche  dem  Könige  Otto  den 
Thron  kosteten,  stationierte  Tegetthoff  mit  der  ,Novara*  größtenteils  im 
Pyräus,  indes  die  anderen  seinem  Kommando  unterstellten  Schiffe  in  den 
griechischen  Gewässern  zum  Schutze  der  österreichischen  Interessen 
kreuzten.  Tegetthoff  hatte  hier  Gelegenheit,  die  Persönlichkeiten  sowie 
die  geheimen  Fäden,  welche  jene  Umstm-zbewegung  geleitet  hatten,  kennen 
zu  lernen,  und  seine  Berichte  an  den  Erzh.  Ferdinand  Max,  der 
auch  als  Thronkandidat  ins  Auge  gefaßt  worden  war.  sind  für  die  Geschichte 
jener  Tage  ungemein  interessant  und  belehrend.  Sie  erzielten  auch  insofern 
ein  praktisches  Resultat,  als  der  kaiserliche  Prinz  durch  das  Studium  der- 
selben in  seinem  Vorsatze,  die  ihm  angebotene  Königskrone  abzulehnen, 
nur  noch  bestärkt  wurde.  Das  Lob  des  Erzherzogs  über  die  Klarheit  der 
Darstellung  und  die  Reichhaltigkeit  des  Inhaltes  war  daher  auch  ein 
ungemein  schmeichelhaRes. 

Im  November  1863  nach  erfolgter  Ankunft  des  neuerwählten  Königs 
Georgiosging  Tegetthoff  mit  der  Schraubenfregatte  .Schwarzenberg', 
welche  inzwischen  die  reparaturabedürftige  „Novara*  abgelöst  hatte,  auf 
eine  Kreuzung  nach  den  Küsten  Syriens  und  Ägjplens,  besuchte  die 
Arbeiten  am  Suezkanal,  über  welchen  er  einen  umfassenden,  sehr  inter- 
essanten Bericht  einsandte,  als  anfangs  des  Jahres  1864  der  deutsch -dänische 
Krieg  zum  Ausbruch  kam.  Tegetthoff  erhielt  die  Naclu-icht  hievon 
auf  dem  Wege  nach  Sdo  durch  einen  Lloyddampfer,  der  ihm  gleichzeitig 
einen  Befehl  überbrachte,  aus  der  unter  seinem  Kommando  stehenden 
Fiottenabteilung  eine  nach  seinem  Ermessen  genügende  Anzahl  von 
Schiffen  zu  wählen  imd,  nachdem  er  durch  eingeholte  Erkundigungen  die 
Überzeugung  gewonnen  haben  würde,  daß  keine  dänischen  Kriegs-  und 
Kapersdiiffe  den  Handelsverkehr  im  Mittelmeere  bedrohen,  nach  dem 
englischen  Kanäle  zu  fahren,  die  dänischen  Kreuzer  aufzusuchen  und  anzu- 
greifen, dänische  Handelsschiffe  zu  kapern  und  den  österreichischen,  iÜ>er- 


43 

haupt  deutschen  Handel  mit  allen  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  zu  schützen. 
Mit  seinem  Flaggenschiflfe  und  den  Kanonenbooten  „Wall*  und  „Seehund* 
machte  sich  Tegetthoff  alsbald  auf  den  Weg  nach  Lissabon,  wo  ihn  die 
Weisung  erwartete,  das  Gros  der  inzwischen  unter  Kontreadmiral  Baron 
Wüllerstorf  abgegangenen  Eskadre  zu  erwarten.  Als  von  dieser  nach 
Ablauf  von  drei  Wochen  nur  die  Schraubenfregatte  „Radetzky*  einge- 
troffen war,  ging  er  über  erhaltenen  Befehl  mit  diesen  Schiffen  bis  Brust 
weiter.  Das  andauernd  konträre  Wetter  verzögerte  aber  in  erhöhtem  Maße 
die  Ankunft  der  Eskadre,  daher  Tegetthoff  den  Befehl  erhielt,  nunmehr 
selbständig  weiter  vorzugehen  und  die  Blockade  der  deutschen  Häfen 
durch  die  Dänen  zu  brechen. 

Ohne  Säumen  verließ  Tegetthoff  hierauf  Brest,  nahm  in  Texel  die 
preußischen  Schiffe,  Raddampfer  „Adler"  und  die  Kanonenbote  „Blitz*  und 
„Basilisk*,  unter  seine  Befehle  und  lief  am  4.  Mni  in  die  Elbe  ein.  Die  Nach- 
richt, dänische  Kriegsschiffe  wären  bei  Helgoland  gesehen  worden,  ver- 
anlaSte  ihn  zu  einer  mit  allen  Schiffen  des  Geschwaders  unternommenen 
Kreuzfahrt,  die  am  8.  Mai  beendet  wurde.  Am  9.  Mai  morgens  wurde  in 
Kuxhaven  eingelaufen.  Kaum  in  die  Nähe  des  Ankerplatzes  angelangt, 
kam  jedoch  Tegetthoff  neuerdings  die  Nachricht  zu,  daß  die  Dänen 
nächst  Helgoland  gesehen  worden  seien.  Er  gab  seinen  Schiffen  sofort 
den  Befehl  nicht  zu  ankern,  wendete  mit  selben  gegen  Helgoland,  bekam 
gegen  Mittag  östlich  von  dieser  Insel  die  zwei  dänischen  Schraubenfregalten 
»Niels  Juel*  und  „  Jylland*  und  die  Schraubenkorvette  „Heimdal*  unter  dem 
Kommodore  Suenson  in  Sicht  und  griff  dieselben  sofort  an.  Das  fast 
zweistündige  Gefecht  hatte  zur  Folge,  daß  die  dänischen  Schiffe  die  Nord- 
see verließen  und  die  Blockade  der  Elbemündimg  aufgehört  hatte. 

Tegetthoff  hatte  das  Gefecht,  während  welchem  die  „Schwarzen- 
berg*  durch  den  Brand  ihres  Fockmastes  in  eine  sehr  kritische  Lage  kam, 
mit  solch  unerschütterlicher  Ruhe  und  Tapferkeit  geführt,  daß  auch  der 
Feind  derselben  alle  Anerkennung  zollte  und  sein  Name  in-  und  außerhalb 
Österreichs  ehrenvoll  genannt  wurde.  Vom  Kaiser  sofort  zum  Kontre- 
admiral ernannt  und  mit  dem  Eisernen  Kronenorden  2.  Klasse  ausge- 
zeichnet, nahm  Tegetthoff  nach  dem  Gefechte  von  Helgoland,  während- 
dessen das  Gros  der  kaiserlichen  Eskadre  im  Texel  eingetroffen  war,  noch 
an  der  Wegnahme  der  westfriesischen  Inseln  teil. 

Nach  Beendigung  des  Krieges  nach  Wien  berufen  und  mit  Marine- 
reorganisationsarbeilen  betraut,  erhielt  er  im  Frühjahr  1865  wieder  das 
Kommando  der  Eskadre,  mit  der  er  nun  im  Adriatischen  Meere  und  in 
der  Levante  kreuzte.  In  Korfü  hatte  er  Gelegenheit,  mit  seinem  früheren 


Gegner,  dem  dänischen  Kommodore  Suenson,  zusammenzutreffen,  und 
beide  Männer  waren  von  dieser  persönlichen  Bekanntschaft,  die  zu 
gegenseitigen  Sympathiekundgebungen  Veranlassung  bot,    sehr  erfreut. 

Nachdem  er  neuerdings  Ägj'pten  und  den  Suezkanal,  über  dessen 
Wichtigkeil  für  Österreich  er  sich  in  einem  gediegenen  Berichte  aus- 
sprach, besucht  hatte  und  mit  der  Eskadre  an  den  Küsten  von  Syrien 
und  Cypern  manövriert  hatte,  wurde  er  im  Jänner  186G  aus  Srnyma 
nach  Pola  einberufen,  um  mit  der  Fri-'gatte  .Schwarzenbei^*  und  Korvette 
,Erzh.  Friedrich"  eine  Expedition  nach  Ostasien  behufs  Abschließung  von 
Handelsverträgen  anzutreten,  die  jedoch,  wie  schon  früher  erwähnt,  in- 
folge der  inzwischen  eingetretenen  Kriegsaussichten  vertagt  wurde. 

Als  Kontreadmiral  v.  Tegelthoff  zufolge  Allerhöchster  Ent- 
schließung vom  9.  Mai  deflnitiv  zum  Kommandanten  der  operativen 
Eskadre  ernannt  worden  war,  nalimen  die  Ausrüstungsarbeiten  in  jeder 
Richtung  einen  ungemeinen  Aufschwung.  Einer  seiner  ersten  Schritte 
war  es,  zur  Veretfli'kung  der  Eskadre  die  Zuteilung  der  eben  in  der 
Panzerung  begriffenen,  neuerbauten  Panzerfrogattcn  ,Erzh.  Ferdinand 
Max*  und  „Habsburg,'  welche  am  G,  Mai  von  Triest  nach  Pola  abgegangen 
waren,  dann  des  als  minder  kriegstüchtig  erklärten  Linienschiffes  «Kaiser- 
zu  beantragen.  Gleichzeitig  stellte  er  das  Ansuchen,  die  zur  Verwendung 
an  der  dalmatinischen  Küste  bestimmten  Schraubenschoner  .Kerka"  und 
.Narenta"  sowie  denRaddampfer.Vulkan'ebenfallsderoperaliven  Eskadre 
einzuverleihen  und  dieselben  durch  gemietete  Lloyddampfer  zu  ersetzen. 

In  seinem  am  16.  Mai  von  der  Rhede  von  Fasana  diesbezüglich 
erstatteten  Berichte  an  das  Kriegsministerium,  aus  dem  wir  einige  Stellen 
anführen,  weil  sie  am  besten  Zeugnis  geben  von  der  Tatkraft  und  dem 
energischen  Willen  des  Admirals  sowie  von  seiner  hoben  Auffassung  der 
verantwortungsvollen,  wichtigen  Stellung,  zu  der  ilm  das  Vertrauen  des 
Allerhöchsten  Kriegsherrn  berufen  hatte,  äußerte  er  sich  unter  anderem 
folgendermaßen: 

.Noch  verfügt  die  k.  k.  Eskadre  gegenwärtig  über  sehr  geringe 
Streitkräfte  und  es  wird  Wochen  dauern,  bis  alle  der  operativen  Eskadre 
zugeteilten  Schiffe  nach  und  nach  aus  dem  Arsenale  auslaufen  können, 
worauf  sie  erst  ihre  neuen  Mannschaften  einzuteilen  und  zu  drillen  haben 
werden;  der  Moment,  in  welchem  eine  kampflüchtige  operative  Eskadre 
verfügbar  sein  wird,  liegt  dalier  noch  in  weiter  Feme,  während  möglicher- 
weise der  Ausbruch  der  Feindseligkeiten  nahe  bevorsteht.  Vor  Mitte 
Juni  kann  dio  Eskadre  keineswegs  bereit   sein.  Auch  wage  ich  nicht  zu 


45 

behaupten«  daB  es  bis  dahin  möglich  sein  werde,  die  Mannschaften  not- 
duiflig  einzuexerzieren 

Bei  dieser  Sadilage  und  bei  Erwägung,  daB  die  Eskadre  hoch- 
wichtige Staatsinteressen,  die  Ehre  ihrer  Flagge  und  den  guten  Ruf 
des  eigenen  Koips  zu  wahren  haben  werde,  stellt  es  sidi  wohl  als  eine 
gebieterische  Notwendigkeit  dar,  sie  in  den  Stand  zu  setzen,  um  in  der 
zweiten  Hälfte  des  Monats  Juni  mit  Kraft  und  Energie  in  den  Gang  der 
Kriegsereignisse  einzugreifen  und  durch  mxen  gewichtigen  Schlag  ihr  viel- 
leicht Wochen  dauerndes  —  gewiß  aber  unverschuldetes  —  tatenloses 
Zuwarten  glänzend  rechtfertigen  zu  können.  Daß  die  Mannschaften  von 
dem  besten  Geiste  beseelt  sind  und  gewiß  als  echte  österreichische  See- 
leute kämpfen  werden,  glaube  ich  verbürgen  zu  können.* 

Tegetthoff  stellte  sodann  den  Anti-ag,  unter  Zuhilfenahme  von 
Privatunternehmern  alle  Kräfte  anzuspannen,  die  in  Pola  liegenden  Schiffe 
,Erzh.  Ferdinand  Max*,  ,Habsbm*g*,  „Kaiser*  und  „Novara*  schleunigst  in 
kampftüchtigen  Zustand  zu  setzen  und  der  operativen  Eskadre  zuzuweiseo. 
Die  beiden  erstgenannten  könnten  binnen  3  bis  4  Wochen  gepanzert  sein, 
auch  wäre  es  während  dieser  Zeit  möglich,  die  beiden  Schiffe  mit 
48pfJUidem  zu  armieren;  aber  auch  ohne  Armierung  und  eventuell  selbst 
mit  nur  zum  Teile  ausgeführter  Panzerung  würden  sie  als  Widder- 
schiffe bei  einem  Angriffe  auf  den  Feind  die  ausgezeichnetsten  Dienste 
leisten  können. 

„Wird  an  diesen  vier  Schiffen*,  so  schließt  derBerichtTegetthoffs, 
,mit  voller  Energie  gearbeitet  und  beschränkt  man  die  Arbeiten  auf  das 
unumgänglich  Notwendige,  so  können  sie  binnen  kurzem  verwendbar 
sein  imd  die  Eskadre  sodann  unter  Anhoffhung,  daß  das  Kriegsglück  sie 
begleite,  die  Aufgabe  übernehmen,  das  Adriatische  Meer  vom  Feinde  zu 
säubern'.  Diesen  eingehend  motivierten  Anträgen  wurde  auch  Folge 
gegeben  und  mit  Allerhöchster  Entschließung  vom  23.  Mai  die  Ausrüstung 
des  Linienschiffes  „Kaiser*  und  der  Panzerfregatten  „Erzh.  Ferdinand  Max* 
und  „Habsburg*  genehmigt ;  gleichzeitig  wurde  die  Reparatur  der  Schrau- 
benfregatte „Novara',  welche  durch  einen  am  3.  Mai  am  Bord  derselben 
ausgebrochenen  Brand  für  einen  Zeitraum  von  mehreren  Wochen 
kampfunfähig  geworden  war,  angeordnet,  dieselbe  am  20.  Mai  durch  den 
Raddampfer  „Lucia*  nach  Triest  geschleppt,  um  dort  auf  der  Privatwerfie 
Tonnello  schleunigst  wieder  hergestellt  zu  werden. 

Die  ArbeitkraflTegetthoffs  während  dieser  Zeit  war  eine  geradezu 
Staunen  erregende.  Auf  alles  bedacht,  war  sein  persönlicher  Einfluß 
überall  fühlbar.  Über  den  Fortgang  der  Ausrüstungsarbeiten  der  einzelnen 


Sc!ii£fu  ließ  er  er  sicli  täglich  berichten  und  sah  selbst  häufig  nach 
denselben,  iille  Orpane  anfeuernd  und  etwa  auftauchende  Schwierigkeilen 
in  der  ihm  eigenen  energischen  Arl  ans  dem  Wege  räumend,  stets  nui- 
das  eine  Ziel  vor  Augen  behaltend:  die  ihm  unterstehenden  Schiffe  sobald 
als  möglich  auf  der  Rhede  von  Fasana  zu  vereinen,  damit  dort  gleich 
nach  ihrer  Ankunft  mit  den  Exerzitien  und  Scheib^nschießübungen 
begonnen  werden  könne. 

Von  seinen  Offizieren  und  den  verschiedenen  Organen  der  Marine 
kräftigst  unterstützt,  wendete  der  Admiral  alles  an,  die  ihm  anvertraute 
Eskadre  nicht  nur  see-  und  kampftüchtig  zu  machen,  sondern  auch  ihre 
Widerstandskraft  mit  den  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  nach  Möglichkeit 
zu  erhöhen. 

So  wurden  die  ungepanzerlen  Schiffe  außenbords  in  der  Sektion 
des  Maschinen-  und  Kesselraumes,  die  Fi-egatten  auch  auf  der  Höhe  der 
Stückpforten  mit  Ketten  gepanzert.  Wenn  auch  diese  Maßregel,  gegen- 
über den  schweren  Geschützen  des  Feindes  nur  von  geringer  Wirksamkeit 
sein  konnte,  so  war  sie  doch  ein  ausgezeichnetes  Mittel,  den  Mut  der 
Mannschaften  aufrecht  zu  erhalten,  und  schon  in  dieser  Beziehung  von 
großem  moralischen  Wert,  Sämtliche  Schiffe  wurden  schwarz  angestrichen 
und  die  Rauchfänge  verschiedenartig  bemalt,  so  daß  man  jedes  einzelne 
Schiff  auf  den  ersten  Blick  erkennen  konnte,  ohne  daß  es  seine  Nummer 
zu  hissen  brauchte.  Diese  Maßregel  hatte  sich  in  der  Folge  trefflich 
bewährt  und  ausgezeichnete  Dienste  geleistet. 

Um  endlich  die  bedeutend  schwächere  Schiffsartillerie  mit  der  feind- 
lichen so  viel  als  möglich  ins  Gleichgewicht  zu  bringen,  wurden,  da  an 
die  Herbeischaffung  stärkerer  Kaliber  an  Bord  der  Flotte  nicht  zu  denken 
war,  indem  die  zur  Armierung  der  Panzerschiffe  in  Bestellimg  gebrachten 
Kruppschen  Geschütze  infolge  des  von  Preußen  erlassenen  Ausfuhr- 
verbotes nicht  zu  erlangen  waren,  die  Schiffe,  soweit  die  Vorräte  es 
ermöglichten,  _mit  glatten  iSpfündern  armiert  und  am  Bord  derselben 
alle  Vorbereitungen  getroffen,  um  aus  den  48-und  30pfündem  glühende 
Kugeln  schießen  zu  können  und  so  wenigstens  halbwegs  den  schweren 
Sprenggeschossen  des  Gegners  Ähnliches  entgegenzusetzen;  ferner  wurde 
gleichfalls  zur  Erzielung  einer  größeren  Wirkung  auf  allen  Schiffen  das 
konzentrische  Feuer  eingeführt  und  geübt. 

Ein  Hauptaugenmerk  Kontreadminüs  v.  Tegetthoff  war  auch  dar- 
auf gerichtet,  der  k.  k.  Eskadre  stets  ein  genügendes  Kohlenquantum  zu 
sichern.  Der  große  Bedarf  an  Kohle  und  der    ungenügend  vorhandene 


47 

Vorrat  derselben  in  Pola  und  den  verschiedenen  Kohlenstationen 
boten  ihm  wiederholt  Veranlassung,  beim  Kriegsmmisterium  in  dieser 
Beziehung  die  dringendsten  Vorstellungen  zu  erheben. 

»Wenn  auch**,  schrieb  er,  , Fasana  als  Operationsbasis  bestimmt 
ist,  können  dennoch  Ereignisse  eintreten,  welche  einen  anderen  Eüsten- 
punkt  der  Flotte  als  Station  anweisen.  Da  außerdem  die  k.  k.  Eriegs- 
schifiTe  zum  großen  Teile  langsame  Läufer  sind,  so  ist  es  schon  aus 
diesem  Grunde  geboten,  nur  die  beste  Kohle  zu  gebrauchen.* 

Mit  Erlaß  vom  19.  Mai  gab  das  Kriegsministerium  Kontreadmiral 
V.  Tegetthoff  bekannt,  daß  der  Vorrat  an  Steinkohle  in  den  verschiedenen 
Kohlenstationen  in  Bälde  nachstehende  Höhe  erreichen  werde: 

Pola 19730  ^englische,  3800  inländische  Kohle, 

Venedig      .    .    .    2.000,       ,  1.600  „ 

Zara 590,-      „  790, 

Kumbor     .    .    .    4.090,       ,  325,  ,  , 

Lissa 4.720 ,       ,  900 ,  , 

Kiek 70,       ,  50, 

Summe.  .    .    .  31.200  t  englische,  7.465  t  inländische  Kohle. 

Nachdem  die  bisher  ausgerösteten  Eskadreschiflfe  mit  Kohle  ver- 
sehen worden  waren,  gab  am  9.  Juni  das  Hafenadmiralat  von  Pola  dem 
k.  t  Eskadrekommando  bekannt,  daß  in  Pola  zur  Zeit  noch  15.300^ 
englische  und  1200 1  inländische  Kohle  vorhanden  seien. 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  veranlaßte  durch  Fachleute  eine 
genaue  Schätzung  dieses  Vorrates,  welcher  insgesamt  mit  15.000  t  fest- 
gestellt wurde.  Hievon  waren  zwei  Drittel  englische,  ein  Drittel  inländische 
Kohle.  Wenn  noch  10%  für  Staub  und  Grießkohle  davon  in  Abschlag 
kamen,  so  waren  eigentlich  nur  ungefähr  13.000 1  brauchbarer  Kohle  vor- 
handen. Dieses  Ereignis  erschien  dem  Admiral  von  so  schwerwiegender 
Bedeutung,  daß  er  am  11.  Juni  sich  abermals  an  das  Kriegsministerium 
mit  der  dringenden  Bitte  um  Erhöhung  der  Kohlenvorräte  in  den  Marine- 
stationen wandte  und  darauf  hinwies,  ,  daß  nach  vollendeter  Ausrüstung 
der  gesamten  Flotte  der  tägliche  Bedarf  derselben  bei  Fahrten  mit  voller 
Kraft  zirka  1100^  betrage^  demgemäß  mindestens  30.000  ^  Kohle  ver- 
fügbar sein  sollten"^. 

Diesen  Vorstellungen  des  Admirals  wurde  auch  Rechnung  getragen 
imd  noch  vor  der  Kriegserklärung  die  Vorräte  nach  Tunlichkeit  erhöht. 
Der  außerordentlichen  Tätigkeit   aller,   ganz  besonders  des  damaligen 


KoDunandanten  des  k.  k.  Seearsenals  von  Pola,  Linien  schiflTskapitilns 
Alexander  Eberan  T.  Eberhorst,  der  eine  der  bedeutendsten  Aufgaben 
des  Arsenaldienstes  unter  den  denkbar  schwierigsten  Verhfdlnisaea 
vorzüglich  zu  lösen  verstand,  -war  es  zu  danken,  daß  bis  Ende  Mai  schon 
der  größere  Teil  der  für  die  operative  Eskadre  bestimmten  Schiffe  see- 
und  kampflüchtig  auf  der  Rhede  von  Fasana  eintraf,  zu  deren  Schutze 
seit  dem  18.  täglich  eine  Fregatte  und  ein  Kanunenboot,  vom  30.  an  noch 
ein  Raddampfer  den  Inspektionsdienst  versahen.  Diese  Schiffe  unterhielten 
tagsüber  stillen  Dampf  in  der  Hälfte  der  Kessel,  die  Boote  waren  eingesetzt, 
um  auf  das  erste  Aviso  in  See  gehen  zu  können.  Während  der  Nacht 
lag  die  Fregatte  an  der  Nordwest,-  der  Raddampfer  an  der  Südosteiu- 
fahrt  damplbereil  vor  Anker,  das  Kanonenboot  kreuzte  vor  der  Insel 
Brioni  auf  und  ab.  Mit  Pola  stand  die  Eskadre  durch  den  optischen 
Telegraphen  auf  Musil  und  den  elektrischen  vom  Fort  Brioni  in  Ver- 
bindung;. Außerdem  lag  in  Pola  stets  ein  Raddampfer  für  den  Depeschen- 
dienst bereit. 

"Waren  bisher  die  einzelnen  Scliiffe,  sobald  sie  auf  der  Rhede  von 
Fasana  erschienen,  eifrigst  bemüht  gewesen,  ihre  Bemannungen  durch 
Einzelmanöver  und  ScheibenschieBen  auszubilden,  so  nahmen  nun  die 
Übungen  einen  ausgedehnteren  Charakter  an.  Am  5.  Juni  ordnete  Kontre- 
admiral  v.  Tegetlhoff  die  Formierung  der  Eskadre  in  3  Divisionen 
nach  Panzerschiffen,  schweren  Holzschrauben  schiffen  und  Kanonen- 
booten an,  von  denen  jede  einen  Raddampfer  als  Repetiteur  erhielt  Die 
Divisionen  selbst  waren  im  vorspringenden  Winkel  formiert,  die  drei 
Winkel  in  Kielwasserordnung.  (Siehe  nebenstehende  Skizze.) 

Diese  Formierung  ward  unabänderlich  beibehalten;  sie  bildete  eine 
bequeme,  kompakte  Marschordnung  von  nicht  zu  großer  Ausdehnung, 
bei  der  die  einzelnen  Schiffe  leicht  übersehen  sowie  Zusammenstöße  am 
besten  vermieden  werden  konnten.  Sie  eignete  sich  auch  vorzüglich  für 
den  Angriff,  da  sie  die  ganze  verfügbare  Macht  in  einer  kompakten  Masse 
in  die  Aktion  brachte  und  auch  Übergänge  in  andere  Formationen  mehr 
als  jede  andere  erleichterte  und  mit  SchneUigkeit  ausführen  UeS. 

Die  Division  der  Panzerschiffe,  die  die  Spitze  der  ganzen  Auf- 
stellung bildete,  hatte  die  Aufgabe,  die  feindliche  Aufstellung  zu  durch- 
brechen und  eine  Melee  auf  kürzeste  Entfernungen  herbeizuführen,  da 
nur  in  einer  solchen  die  Überlegenheit  des  Feindes  an  Panzerschiffen 
einigermaßen  paralysiert  und  nur  in  einem  Nahkampfe  von  den  zu  Gebole 
stehenden  schwachen  Kalibern  ein  Erfolg  erwartet  werden  konnte. 


4» 


Die  Division  der  größeren  Holzschiffe  konnte  je  nach  der  Auf* 
Stellung  des  Feindes  vor  Beginn  des  Kampfes  vom  Ädmiral  an  den 
rechten  oder  linken  Flügel  der  ersten  Division  disponiert  werden  oder  es 
ihrem  Kommandanten  überlassen  bleiben,  je  nach  den  sich  ergebenden 


O  9  Sladiam 


i' 


4  C.  H.  Ferdinand  Max 
Habsburg  A  5  ^3  Don  Juan  d'Austria 

SalanMUider06  ^^  ^2  Drache 

•  Qisabalb 

7  m  1  Prinz  Cugan 


& 


14  Kaiser 
E.  H.  PriednchQ  13  Q  16  Radeliky 

Adria  Q  H  yv   |q  Q  16  Donau 

0  Greif 

11  0^'  Schwarienberg 


Qtl  Ham 
SeehiBdQst  Qfp  Valebieh 

DalmatQtt  0 19  Wall 

Reka024        Q«?         A.     o  ar         q^         QlSSlrailer 
Karka  N«rcnta 

Schiffs- Di  stanz  in  der  Division  =  1 1/2  Kabel  =  300  Meier. 
Divisions-Distanz  =  3  Kabel  ^  600  Meter. 

Umständen  im  entscheidenden  Momente   in  wirksamer  Weise  in  die 
Aktion  einzugreifen. 

Die  dritte  Division  —  Kanonenboote  —  endlich  hatte  den  Auftrag, 
nach  Herbeiführung  der  Melee  sich  in  drei  Gruppen  aufzulösen,  welche 

Fleischer,  Die  k.  k  Kriegsmarine  1866.  JL 


50 

die  größeren  Holzschiffe  durch  Enfilierung  ihrer  Gegner  unterstützen 
sollten. 

Die  Schiffe  der  zweiten  und  dritten  Division  mufiten  sich  hiemach 
immerhin  darauf  gefaßt  machen,  den  Kampf  mit  einem  gepanzerten 
Gegner  anzunehmen,  wie  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  überhaupt  allen 
Kommandanten  als  leitenden  Gedanken,  als  Endsmnme  aller  taktischen 
Regeln  den  Nelson'schen  Grundsatz  einschärfte,  ,dafi  nur  dann  ein 
Schiff  auf  seinem  Posten  sei,  wenn  es  mit  einem  Gegner  Breitseiten 
wechsle*. 

Es  folgten  nun  beinahe  ununterbrochen  taktische  Exerzitien  in 
größeren  Körpern,  bei  welchen  die  Eskadre  auch  mit  dem  Gebrauche  der 
am  4.  Juni  in  Wirksamkeit  getretenen  Signale  der  neuen  Taktik  sowie 
der  Colomb'schen  Nachtsignale  vertraut  gemacht  und  das  konzentrische 
Feuer  fleißig  geübt  wurden. 

Am  Abend  des  21.  Juni,  als  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  durch 
ein  Telegramm  des  Erzh.  Albrecht  von  dem  nahen  Beginn  der  Feind- 
seligkeiten in  Kenntnis  gesetzt  wurde,  lagen  folgende  Schiffe  der  k.  k. 
Eskadre  auf  der  Rhede  von  Fasana  zunächst  und  gegenüber  der  nord- 
westlichen Einfahrt  in  4  Kolonnen  vor  Anker : 

I.  Kolonne: 

6  Panzerschiffe: 

„Erzh.  Ferdinand  Max**,  , Don  Juan  d'Austiia*,  , Kaiser  Max*,  »Prinz 
Eugen*,  , Drache*,  „Salamander*. 

II.  Kolonne: 

5  schwere  Holzschraubenschiffe: 
„Schwarzenberg*,  „Donau*,  „Adria*,  „Radetzky*,  „Erzh. Friedrich* 

III.  Kolonne: 

7  leichte  Holzs<jhraubenschiffe: 

„Hum*,     „Dalmat*,     „Velebich*,     ,Wall*,     „Reka*,     „Streiter*, 
„Narenta*. 

IV.  Kolonne: 

5  Raddampfer: 
„Elisabeth*,  „Greif*,  „Stadium*,  „Andreas  Hofer*,  „Triest*. 

Es  fehlten  somit  auf  den  Stand    der  operativen  Eskadre  noch: 
Panzerfregatte  „Habsburg*,  Schraubenlinienschiff  „Kaiser*,  Schrauben- 


Änkerplan  der  k.  k.  Flotte  im  Eanai  von  Fasana. 


PuuerMbiffe: 

1.  PrimEBfMi 

LDimd» 

LDcnJou 


Schwer«  Holzschiffe:         Kanonenboote: 


1      I-Kmm-JKw 


11.  Nonn 
!<.  Adria 

15.  Fricdnch 

14.    iMi—T 

16.  fUdatiky 
M  Boam 

17. 


äeehund 
Dalmnt 
RAk 


<Si.  Y^MmML 


u. 


51 

fregatte  ,Novara*,  Schraubenkanonenboot  ,  Seehund*,  Schrauben- 
schoner »Kerka*  und  die  Raddampfer  ,Sta.  Lucia*  und  „Vulkan**. 
Linienschiff  »Kaiser*  und  Kanonenboot  „Seehund*  liefen  indes  noch 
am  25.  zur  Eskadre  auf  die  Rhede  ein. 

Von  den  ausgerüsteten  Schi^en  befand  sich  zwar  Panzeffregatte 
, Salamander**  erst  seit  10,  »Don  Juan  d'Austria*  seit  6,  ,Erzh.  Ferdinand 
Max*  gar  erst  seit  2  Tagen  bei  der  Eskadre  und  nahezu  die  Hälfte  der 
übrigen  Eskadreschiffe  zählte  kaum  4  Wochen  Äusrüstungszeit;  (|och 
war  der  Zustand  der  Flotte  ein  immerhin  befriedigender,  namentlich 
was  den  Geist  der  Equipagen  anbelangt,  die,  gestärkt  durch  das  Bewußt- 
sein des  bisher  Geleisteten,  mit  Zuversicht  in  die  Zukunft  sahen  und  mit 
unbedingtem  enthusiastischen  Vertrauen  auf  den  Helden  blickten,  der 
berufen  war,  sie  in  den  Kampf  zu  führen. 

Wir  glauben  an  dieser  Stelle  eine  kurze  Schilderung  der  Rhede  von 
Fasana,  dieses  Sammelplatzes  der  größten  österreichischen  Eskadre, 
welche  jemals  die  Adria  gesehen,  geben  zu  sollen.  (Siehe  Karte  I.) 

Nordwärts  vor  der  Einfahrt  in  den  Hafen  von  Pola  liegt  die  Gruppe 
der  Brioniinseln,  aus  zwei  größeren  Eilanden  Brioni  grande  und  Brioni 
minor  sowie  aus  mehreren  Klippen  bestehend,  die  sich  seewärts  des 
ersteren  wenig  über  das  Meeresniveau  erheben.  Beide  Inseln  sind 
hügelig  und  meist  mit  Gestrüpp  bedeckt.  Nur  Brioni  grande  ist  bewohnt 
und  besitzt  ein  mit  48pfündem  und  Mörsern  armiertes  Fort,  welches  den 
höchsten  Punkt  desselben  (zirka  45  m)  krönt;  unter  dem  nordöstlichen 
Abhänge  desselben  liegen  am  Ufer  einer  schmalen  Bucht  einige  Häuser, 
die  den  Ort  Brioni  bilden. 

Das  gegenüberliegende  istrianische  Festland  steigt  vom  Strande 
aus  allmählich  gegen  Osten  an,  bis  zu  den  Höhen,  welche  die  Ortschaft 
Dignano,  an  der  Straße  Pola— Pisino — Triest  gelegen,  tragen.  Stein- 
mauern durchziehen  das  spärlich  mit  Rebengeländen  und  Olivenbäumen 
kultivierte  Terrain.  Am  Ufer  des  Kanales,  welcher  durch  die  Brioniinseln 
und  dem  Festlande  gebildet  wird,  liegt  —  beiläufig  in  dessen  Längen- 
mitte —  das  Dorf  Fasana,  nach  welchem  dieser  sowie  die  Rhede 
benannt  ist. 

Von  Süden  kommend,  hat  man  drei  schmale  Einfahrten  zur  Rhede 
vor  sich,  die  durch  zwei  kleine  Felseneilande  —  S.  Girolamo  und  Cosada 
—  gebildet  werden.  Die  dem  Festlande  zunächst  liegende  Einfahrt  ist 
durch  eine  Barre  von  nur  6  m  Tiefe  für  größere  Schiffe  gesperrt,  während 
die  zwischen  den  Inseln  Brioni  und  S.  Girolamo  gelegene  breitere  Passage 
für  Schiffe  jeder  Größe  fahrbar  ist. 

4* 


52J 

Die  schmale  Durchfahrt  zwischen  den  Eilanden  S.  Girolamo  und 
Cosada  vermittelt  die  kürzeste  Verbindung  zwischen  Fasana  und  Pola, 
zwingt  jedoch  durch  die  nordwärts  vorliegende  Bank  Cosada  von  nicht 
unbeträchtlicher  Ausdehnung  und  nur  4*5  m  Wassertiefe  zur  äußersten 
Vorsicht 

Von  dieser  Untiefe  aus  nimmt  der  Kanal  bis  auf  die  Höhe  des  Ortes 
Fasana  eine  nordnordwestliche  Richtung  an.  Seine  geringste  Breite 
zwischen  der  Spitze  Saluga  (Brioni)  und  Fasana  beträgt  zirka  1  Seemeile. 
Nördlich  von  Fasana  verfolgt  er,  sich  erweiternd,  eine  mehr  nordwestliche 
Richtung  und  erreicht  an  seinem  nördlichen  Ende  eine  Breite  von  bei- 
läufig 1*8  Seemeilen. 

Wie  aus  der  beiliegenden  Karte  zu  ersehen  ist,  liegt  die  Rhede  von 
Fasana  gegen  Wind  und  Seegang  aus  Nordwest  offen,  doch  ihr  wesent- 
lichster Nachteil  ist  die  ungünstige  Beschaffenheit  des  Ankergrundes,  der 
durchaus  felsig  ist  und  nur  in  der  nördlichen  Hälfte  des  Kanales  größere 
Schlammbänke  aufweist,  welche  eine  sichere  Verankerung  ermöglichen. 

Um  diesem  Übelstande  in  etwas  abzuhelfen,  wurden,  soweit  es  Zeit 
und  Mittel  gestatteten,  durch  das  Seearsenal  in  Pola  für  die  zwd 
größten  Panzerschiffe  und  für  das  jeweilige  Inspektionsschiff  an  der 
nördlichen  Einfahrt  zur  Rhede  von  Fasana  Vertäubojen  ausgelegt. 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  bestimmte  den  nördlichen  Teil  des 
Kanales  von  Fasana  zum  Ankerplatze  der  Eskadre.  Diese  hatte  sich, 
sowie  die  Schiffe  sich  allmählich  einfanden,  in  vier  parallelen  Linien  je 
nach  der  Divisionseinteilung  und  Gattung  der  Schiffe  zu  verankern,  und 
zwar  derart,  daß  die  Intervalle  der  einen  Linie  jene  der  anderen  deckten. 

Die  Panzerschiffe  bildeten  die  äußerste  Linie  seewärts  gegenüber 
der  Nordwesteinfahrt;  es  folgte  sodann  die  Linie  der  ungepanzerten 
Breitseitenschiffe,  hierauf  jene  der  Kanonenboote,  endlich  jene  der  Rad- 
dampfer. 

Diese  Aufstellung  bot  hauptsächlich  den  Vorteil,  die  Schiffe  an  jener 
Einfahrt  des  Kanales  vereint  zu  halten,  welche  für  ein  augenblickliches, 
möglichst  gleichzeitiges  ,In  See  gehen**  das  weiteste  und  klarste  Fahr- 
wasser besaß. 

Fort  Brioni  lag  hoch  genug,  um  eine  bedeutende  Fernsicht  zu 
bieten ;  bei  Nacht  konnten  die  Einfahrten  im  Norden  und  Süden  durch 
geeignete  leichte  Schiffe  und  durch  Rundenboote  genügend  überwacht 
werden,  wälirend  Vedetteschiffe  in  See  kreuzten. 

Wie  man  aus  dieser  kurzen  Schilderung  der  Rhede  von  Fasana 
entnehmen    kann,    entsprach  sie  als  Operationsbasis  weder  in  nautischer 


53 

noch  in  militärischer  Beziehung  den  strengen  Anforderungen,  welche 
man  an  eine  solche  zu  stellen  berechtigt  ist;  indes  man  mußte  mit  den 
gegebenen  Verhältnissen  und  Mitteln  rechnen.  Ein  nicht  zu  unter- 
schätzender Vorteil  lag  aber  darin,  daß  sie  wegen  ihrer  unmittelbaren 
Nähe  znm  Hanptkriegshafen  Pola  die  rasche  Benützung  aller  jener  Hilfs- 
quellen gestattete,  über  welche  dieser  gebot. 

Es  erübrigt  uns  jetzt  noch,  der  Vollständigkeit  halber  der  zur 
Sicherung  von  Istrien  und  Dalmatien  getroffenen  Maßregeln  zu  erwähnen, 
soweit  die  k.  k.  Marine  daran  beteiligt  war. 

In  Pola  (Hafenadmiral  und  Festungskommandant  Vizeadmiral  Baron 
Bourguignon)  lag  Raddampfer  «Hentzi'^  (4  Geschütze,  Linienschiffs- 
fahnrich  Rudolf  Ritter  v.  Jedina)  zur  Bestreitung  des  Hafenwachdienstes 
und  für  den  Material-  und  Truppentransport  zwischen  den  Forts.  Seine 
geringe  Fahrtgeschwindigkeit  machte  noch  die  Miete  des  L'oyd- 
dampfers  , Francesco  Carlo*  notwendig,  der  dem  Hafenadmiralate 
am  1.  Juni  zur  Verfügung  gestellt  ward.  Segelschoner  „Saida* 
(8  Geschütze,  Fregattenkapitän  Zamboni)  versah  seit  23.  Mai  den 
Hafenwachdienst  in  Veruda ;  die  bisher  daselbst  stationierte  Kanonier- 
schaluppe dagegen  ward  nach  Pola  einberufen  und  abgerüstet. 

Die  Festungswerke  von  Pola  waren  gegen  Ende  Juni  in  voll- 
kommenem Verteidigungszustande  und  mit  510  Geschützen  armiert.  Die 
Besatzung  von  Pola  bestand  aus  4003  Mann  und  wurden  dem  Festungs- 
kommando wegen  Unzulänglichkeit  der  Artilleriemannschaft  von  den 
überzähligen  Leuten  des  Matrosenkorps  572  Mann  zum  KüstenartUlerie- 
dienste  zugewiesen.  Die  Hafeneinfahrt  war  anfangs  Juli  durch  ein 
Seeminennetz  geschlossen  worden.  Die  im  Hafen  liegende  Segel- 
fregatte ,Bellona*  (35  Geschütze,  Fregattenkapitän  v.  Pauer)  unterhielt 
an  der  Hafenmündung  unausgesetzt  ein  bemanntes  Boot,  das  den  ein-- 
laufenden  Schiffen  als  Lotsenboot  zu  dienen  hatte. 

Dalmatien  (Gouverneur  und  kommandierender  General  FML. 
Baron  Fr.  Philip po vi ch)  war  in  dem  bevorstehenden  Kriege  die  Rolle 
der  passiven  Verteidigung  zugewiesen. 

Die  zur  Verwendung  an  der  Küste  bestimmten  Schiffe  lagen  in 
folgenden  Stationen: 

in  der  Bai  von  Gattaro:  Raddampfer  „Curtatone**  (4  Geschütze, 
Korvettenkapitän  Julius  Daufalik), 

in  der  Bai  von  Topla:  Schraubenkanonenboot  ^Grille*  (4  Geschütze 
Linienschiffsleutnant  Hoschek,  später  Hassenpflug), 


54 

inCastelnuoYo:  Schraubenkanonenboot  «Gemse*  (4  Geschütze, 
LinienschifiEsleutnant  R  ö  d  i  g  e  r) , 

in  Gravosa:  Schraubenkanonenboot  «Sansego*  (4  Geschütze, 
Linienschiffsleutnant  Buchta), 

in  Zar a:  Raddampfer  «Fiume*  (2  Geschütze,  Linienschiffisleutnant 
Po o seh)  sowie  der  gemietete  Lloyddampfer  ,Venezia*  (militärischer 
Kommandant  Linienschiffsfähnrich  Ferd.  Giberti), 

in  Lissa:  der  gemietete  Lloyddampfer  ^^Egitto*"  (militärischer 
Kommandant  Linienschiffsleutnant  Stratti), 

in  Cattaro:  der  gemietete  Lloyddampfer  ^Vulcano*  (militärischer 
Kommandant  Linienschiffsleutnant  C  z  e  i  k  e) . 

Die  Minenlegung  und  Barrikadierung  der  Häfen  von  Lissa  und 
Cattaro  war  zwar  beabsichtigt,  gelangte  jedoch  nicht  mehr  zur  Aus- 
führung. 

Bis  zur  erfolgten  Kriegserklärung  ward  keine  den  Verkehr  der 
Handelsschiffe  hindernde  Maßregel  getroffen,  das  Einlaufen  italienischer 
Kriegsschiffe  in  österreichische  Häfen  jedoch  grundsätzlich  nicht  mehr 
gestattet.  Pola  als  Kriegshafen  bUeb  feindlichen  Handelsschiffen,  den  Fall 
erwiesener  Relache  for?ee  ausgenommen,  gesperrt;  in  den  übrigen  Häfen 
waren  Handelsschiffe  und  alle  Dampfer  tagsüber  nur  dann  zum  Einlaufen 
befugt,  wenn  ihnen  von  Seite  des  Hafenamtes  die  Pratica  erteilt  wurde.  ^) 


1)  In  Ausführung  der  den  Schutz  des  Handels  zur  See  in  Ejiegszeiten  regehiden 
Deklaration  des  Pariser  Friedenskongresses  vom  16.  April  1856  ordnete  eine  kaiserliche 
Verordnung  vom  13.  Mai  1866  an,  daß  feindliche  Handelsschiffe  —  vorausgesetzt,  daß 
selbe  weder  Kriegskontrebande  führen  noch  eine  rechtsverbindliche  Blockade  brechen 
—  von  k.  k.  Kriegsschiffen  dann  nicht  aufzubringen  seien,  wenn  der  feindliche  Staat, 
dem  sie  angehören,  österreichischen  Schiffen  gegenüber  die  Gegenseitigkeit  beobachtet. 
Italien  halte  durch  seine  Gesetzgebung  diese  zugestanden«  Preußen  erklärte  dieselbe 
durch  das  Gesetz  vom  19.  Mai  1866,  es  war  daher  der  freie  Verkehr  aller  Handelsschiffe 
nicht  gehemmt. 


55 


3.  Kapitel. 


KommandoObemihme  des  Admirals  Persano  Ober  die  italienische  Flotte  auf  der  Rhede  von  Tarent.  — 
TafMbefehl  an  die  Flotte.  —  Briefwechsel  des  Admirals  mit  dem  Bfarineminister.  —  Instruktionen  ftkr  den 
Admiral.  —  £inteilnng  der  Flotte  und  Instruktionen  fQr  dieselbe.  —  Kriegserklärung  an  Osterreich.  — 

Nachtinstruktionen.  —  Abfahrt  der  Flotte  nach  Ancona. 

Ädmiral  Persano  übernahm  am  16.  Mai  zu  Tarent  den  Oberbefehl 
über  die  neu  zu  bildende  Operationsflotte  und  hißte  seine  Flagge  am 
Bord  der  Panzerfregatte  „R6  d'Italia*.  Außer  dieser  lagen  auf  der  Rhede 
noch  vor  Anker  die  Panzerfregatten  ,  Principe  di  Carignano*,  ^San 
Martino'^,  .Maria Pia*,  das  Panzerkanonenboot  «Palestro'^,  die  Schrauben- 
fregatte ,6a6ta''  und  der  Radaviso  .Messaggiere*,  welche  bis  jetzt  das 
Evolutionsgeschwader  unter  Kontreadmiral  Vacca  gebildet  hatten, 
während  die  Panzerkorvetten  „Terribile*  und  ^Formidabile*,  die  Rad- 
dampfkorvette »Ettore  Fieramosca*,  das  Schraubenkanonenboot  ,Con- 
fienza*  und  der  Radremorqueur  „Calatafimi*  sich  im  Hafen  von  Ancona 
befanden.  Noch  am  selben  Tage  erließ  er  folgenden  Tagesbefehl  an  die 
Flotte: 

vAdmirale,  Kommandanten,  Offiziere,  Matrosen  und  Soldaten! 

Das  bis  jetzt  unter  dem  Kommando  des  Kontreadmirals  Vacca 
bestehende  Evolutionsgeschwader  wird  zufolge  hohen  Befehls  Seiner 
Exzellenz  des  Ministers  der  Marine  vom  8.  d.  M.  aus  Dienstesrücksichten 
mit  heutigem  Tage  aufgelöst. 

An  dessen  Stelle  tritt  eine  Eskadre,  welche  die  Bezeichnung  ,  Ope- 
rationsflotte* führen  wird.  Seine  Majestät  der  König  geruhte,  mich  zimi 
Oberkommandanten  derselben  zu  ernennen.  Ich  kann  nicht  unterlassen,  es 
hier  auszusprechen,  daß  es  meine  angenehmste  Hoffnung  ist,  diesem 
hohen  Vertrauen  auch  würdig  zu  entsprechen,  und,  wenn  ich  einen  Blick 
auf  die  ausgezeichneten  Bemannungen  werfe,  welche  ich  zu  komman- 
dieren die  Ehre  habe,  wenn  ich  an  die  heilige  Sache  denke,  die  wir  ver- 
fechten, an  die  Gefühle,  welche  heute  jedes  italienische  Herz  bewegen, 
glaube  ich,  ohne  in  Vermessenheit  zu  geraten,  annehmen  zu  dürfen, 
daß  sich  diese  Hoffnung  in  Gewißheit  verwandeln  werde. 


56 

Gott  bestärke  mich  in  dieser  Prophezeiung,  so  wie  ich  überzeugt 
bin,  dafi  keiner  von  uns  in  diesem  Wunsche  zurückbleiben  wird! 

Die  Flotte  wird  in  3  Divisionen  eingeteilt,  wie  folgt : 

1.  Schlachteskadre  (Squadra  di  battaglia)  unter  dem  unmittelbaren 
Befehl  des  Adnuralen  en  chef,  bestehend  aus  den  Schiffen : 

Panzerfregatte:  ,R6  dltalia*  (Flaggenschifl), 

,RediPortogaUo% 

«San  Martino*, 

«Ancona*, 

, Ifaria  Pia*, 

^Castelfidardo'^, 
Turmschiff:        «Affondatore*", 
Radaviso :  ,  Messaggiere "  • 

2.  Unterstützungseskadre  (Squadra  sussidiaria)  unter  dem  Kom- 
mando des  ^zeadmirals  Gonte  Albini;  (Stabschef:  Linienschiffskapitän 
Marquis  Paulucci),  bestehend  aus  den  Schiffen: 

Schraubenfregatte:  «Maria  Adelaide*  (Flaggenschiff), 

„Duca  di  (Jenova*, 
tVittorio  Emanuele*! 
,  Gaeta", 

,  Principe  Umberto  • , 
.Carlo  Alberto**, 
„  ^  Garibaldi*, 

Schraubenkorvette:  ,Principessa  Cloülde*, 
«  ,Etna*, 

„  »San  Giovanni*, 

Raddampfkorvette:  »Guiscardo*. 

3.  Belagerungseskadre  (Squadra  d'assedio)  unter  dem  Komouuido 
des  Kontreadmirals  Vacca;  (Stabschef:  Fregattenkapitän  Bucchia), 
bestehend  aus  den  Schiffen : 

Panzerfregatte:  »Principe  di  Carignano*  (Flaggenschiff), 

Panzerkorvette :  ,  Terribile  * , 

,  .Formidabile*, 

Panzerkanonenboot :  „  Palestro  * , 

,  »Varese*, 

Radaviso :  ,  Esploratore  * . 


57 

4.  FlottiQe,  bestehend  aus  den  Schiffen: 

Sehraobenkanonenboot:  «Montebello'', 

,  »Vinzaglio«, 

,  ,  Confienza* , 

RadaTiso :  ,  Sirena  • , 

Transportdampfer :  ,  Washin  gton  • , 

,  »Indipendenza*. 

Flottenstab: 
Stabschef:  Linienschiffskapitän  Commendatore  d'Amico, 
Souschef:  Fregattenkapitän  Cavaliere  del  Santo, 

1.  Flaggenadjutant:  Linienschiffsleutnant  Conte  di  Persano, 

2.  ,  Linienschiffs-Unterleutnant  Casanova, 

1.  Eskadreoffizier:  Linienschiffsleutnant  Pozzani, 

2.  ,  Linienschiffs-Unterleutnant  de  Luca, 
Sanitätschef:  Marine-Oberstabsarzt  Commendatore  Verde. 
Eskadrekommissär:  Marinekommissär  1.  Klasse  Cavaliere  Pagano.^) 

Indem  ich   dies  zu  Eurer  Kenntnis  bringe,  habe  ich  nicht  erst  nötig. 

Euch  von  der  Anhänglichkeit  an  den  König  und  das  Vaterland  noch  von 

dem  italienischen  National-  und  Unabhängigkeitsgeffihl  zu  sprechen,  denn 

all  dies  ist  Euch  eigen;  doch  kann  ich  nicht  umhin,  jedermann,  sei  er 

Vorgesetzter  oder  Untergebener,  dringend  ans  Herz  zu  legen,  in  dem  ihm 

zukommenden  Wirkungskreise  den  gi'ößten  Eifer  an  den  Tag  zu  legen, 

die  absoluteste  Aufopferung  für  den  Dienst  und  den  besten  Willen  die 

militärische  Ausbildung  ihrem  ganzen  Umfange  nach  durchzuführen,  ohne 

welche  —  ich  muß  Euch  dies  sagen  —  es  eine  eitle  Hoffnung  wäre,  die 

Ehre  des  dreifarbigen  Banners,  des  Stolzes  Italiens,  aufrecht   zu  erhalten. 

Lafit  uns  daher  von  diesem  Augenblicke  an  ans  Werk  gehen  und 

die  Mühen  nicht  scheuen,  sondern  dieselben  mit  HinbUck  auf  die  heilige 

Sache  frohen  und  heiteren  Mutes  ertragen.    Ein  Hoch  der  italienischen 

Marine,  ein  Hoch  Euch  Braven,  die  ihr  als  die  ersten  berufen  seid,    ihre 

Ehre  unversehrt  zu  bewahren! 

Conte  di  Persano  m.  p.* 

1)  Dem  Flottenstabe  waren  ferner  noch  zugeteilt  der  Kammerdeputierte  Pier 
Caiio  Boggio,  welchen  Admiral  Persano  in  der  Eigenschaft  eines  Berichterstatters  und 
kOnfllgen  Historiographen  zu  sich  an  Bord  genommen  hatte,  wohl  auch  mit  der  Neben - 
abacht,  an  ihm  seinerzeit  eine  parlamentariache  Stfltie^  zu  finden ;  endlich  beAmd  sich 
noch  an  Bord  des  «R§  dltalia*  der  Marinemaler  Cavaliere  Alessandro  Gaffi,  dem  die 
Aufgabe  zugeteilt  war,  die  hervorragendsten  Momente  der  bevorstehenden  Kampagne  zu 
verewigen. 


Nach  und  nach  langten  die  Schiffe  der  Flotte  aus  den  verschiedenen 
Häfen  auf  der  Rhede  von  Tarent  an:  am  19.  Mai  die  Panzerfregatte 
„Castelfidardo";  am  21.  der  Transportdampfer  „Indipendenza';  am  23.  Mai 
die  Panzerfregatte  .Ancona' ;  am  26.  die  Raddampfkorvette  „Guiscardo": 
am  3.  Juni  das  Panzerkononenboot  „Varese";  am  7.  Juni  Vizeadmiral 
Albini  mit  den  Scbraubenfregatten  .Maria  Adelaide"  und  ,Duca  di 
Genova":  am  9.  die  Schraubenkorvette  ,Etna";  am  10. die  Panzerfregalte 
,R^  di  Porto;fallo";  am  15.  die  Schraubenfregatte  .Garibaldi', 

Schon  nach  wenigen  Tagen  teilte  Admiral  Persano  mittels  eines 
Rerichtes  dem  Marineminister  Generalleutnant  Angioletti  den  Eindruck 
seiner  Wahrnehmungen  über  den  Zustand  und  die  SchlagferÜgkeit  der 
unter  seiner  Flagge  vereinten  Schiffe  mit.  Dieses  Schriftstück  ist  so 
bezeichnend  für  die  Schreibweise  wie  för  den  Charakter  des  Admirals, 
zu  dessen  stärkster  Seite  es,  wie  wir  später  sehen  werden,  nicht  gehörte, 
eine  gewisse  schöpferische  Tätigkeit  zu  entfalten,  Schwierigkeiten  zu 
bewältignn  sowie  das  Selbstgefühl  seiner  Uniergebenen  zu  heben,  daß 
wir  dasselbe  hier  in  wörtlicher  Übersetzung  wiedergeben. 


Operationsflotte. 


Rhede  von  Tarent.  31.  Mai  18Ü6. 


An  Seine  Exzellenz  den  Marineministor  in 


Exzellenz ! 

,Ich  sehe  mich  gezwungen.  Euer  Exzellenz  hiemit  die  Anzeige  zu 
erstatten,  daß  die  sukzessive  zur  Operationsflotte  auf  der  hiesigen  Rhede 
stoßenden  Schiffe  nicht  mit  vollzähligen  Betnannungen,  die  Unteroffiziere 
nicht  auf  den  vorgeschriebenen  Stand  und,  was  noch  wichtiger,  ohne  die 
nötige  Anzahl  von  Matrosenkanonieren,  welche  gegenwärtig  infolge  der 
neuen  gezogenen  Geschütze  mehr  als  je  notwendig  sind,  eintreffen  und 
dies  zu  einem  Zeitpunkte,  wo  die  Feindseligkeiten  von  einem  Augenblicke 
zum  anderen  ausbrechen  können. 

Dieser  Zustand  flößt  mir  schwere  Besorgnisse  ein.  Es  wird  wenig- 
stens einen  Monat  Zeit  brauchen,  um  dieselben  auf  einen  halbwegs  erträg- 
lichen Punkt  zu  bringen.  Helfen  mir  daher  Euer  Exzellenz,  ich  bitte 
dringendst  um  Ilire  Unterslülzung.  (Mi  ajuti,  Eccellenza,  ne  la  supplico 
caldamentel. 

Die  Chefs  der  Marinedepartements  mögen  sich  davon  Qberzeagen, 
daß  alles  nur  dem  einen  Zwecke  aufgeopfert  werde,  die  Flotte,  welche  zu 
kämpfen  berufen  ist.  zu  stärken.  Hiezu  verwende  man  alle  Tauglichen, 


59 

keiner  von  ihnen  werde  verschont.  Die  Rekruten  mögen  am  Lande 
bleiben,  wo  sie  leichter  ihre  militärische  Ausbildung  erhalten  können  als 
am  Bord,  und  erst  dann  eingeschiflPt  werden,  wenn  sie  die  nötige  Abrich- 
tung vorüber  haben;  zu  Arsenals-  und  ähnlichen  Diensten  behalte  man 
die  Schwächeren  und  Ungeschickteren  zurück.  Zu  Unteroffizieren  mache 
man,  wenn  anders  nicht  geholfen  werden  könnte,  noch  der  Dienstpflicht 
unterstehende  Merkantilkapitäne,  was  immerhin  besser  sein  wird,  als  ganz 
ohne  solche  zu  sein,  da  sie  doch  die  Seele  des  inneren  Dienstes  bilden. 
Die  Schifife  sollen  sofort  nach  ihrer  Ausrüstung  sich  vor  allem  die 
Ausbildung  der  Leute  im  Geschützexerzieren  angelegen  sein  lassen  und 
dieselbe  während  der  Reise  ohne  Unterlaß  fortsetzen. 

Ich  bitte  um  die  Befugnis,  denjenigen  Kommandanten,  welcher  einen 
Monat  nach  Ankunft  bei  der  Flotte  sein  Schiff  nicht  in  einen  vollkommen 
kampffähigen  Zustand  mit  jener  militärischen  Ausbildung  der  Mannschaft, 
welche  in  emem  so  kurzen  Zeiträume  erreicht  werden  kann,  zu  versetzen 
im  stände  ist,  des  Kommandos  entheben  zu  können. 

Für  außerordentliche  Zeiten  gehören  außerordentliche  Mittel,  ohne 
welche  ich  sonst  nur  für  persönliche  Tapferkeit  einstehen  könnte,  und  es 
würde  sich  bei  uns  das  Gleiche  wie  auf  den  SchilBfen  der  französischen 
Republik  und  des  Kaiserreiches  ereignen,  welche  mit  Hochrufen  auf  die 
.  Republik  oder  das  Kaiserreich  untergingen,  während  England  die  Herr- 
schaft auf  den  Meeren  behauptete." 

C.  di  Persano  m.  p. 

Mit  diesem  Bericht,  der  einen  geringen  Grad  von  Selbstvertrauen 
erkennen  läßt,  schoß  Admiral  Persano  wohl  über  das  Ziel  hinaus.  So 
gewiß  es  ist,  daß  es  seine  erste  und  vornehmste  Pflicht  bilden  mußte,  für 
die  Schlagfertigkeit  der  ihm  unterstehenden  Flotte  Sorge  zu  tragen  und 
nichts  zu  unterlassen,  um  dieselbe  mit  allen  zu  Gebote  stehenden  Mitteln 
in  der  kürzesten  Zeit  auf  die  möglichst  erreichbare  Höhe  zu  bringen, 
ebenso  sicher  ist  es  aber  auch,  daß  er  sich  in  in  diesem  Berichte  von 
seinem  Temperamente  zu  weit  hinreißen  Heß  und  den  bestehenden  Ver- 
hältnissen keine  Rechnung  trug.  Das  Verlangen,  bei  Übernahme  der  Flotte 
die  Schiefe,  welche  fast  durchgehends  nur  wenige  Tage  Ausrüstungszeit 
hinter  sich  hatten,  in  vollkommener  Ordnung,  den  Bemannungsstand  der- 
selben in  genauer  Übereinstimmung  mit  den  Bemannungslisten,  sowie  die 
Leute  schon  gedrillt  zu  finden,  war  ein  unbilliges,  einfach  unmögliches. 

Wem  sonst  als  ihm,  dem  früheren  Marineminister,  sollte  es  nicht 
bekannt  gewesen  sein,  daß  für  eine  allgemeine  Ausrüstung  der  Marine, 
wie  sie  die  gegenwärtige  war,  die  benötigte  Anzahl  von  Unteroffizieren 


sowie  absolvierten  Matrosenkanonieren  bei  den  Depots  nicht  vorhanden 
sein  konnte,  insbesondere  was  die  letzteren  anbelan^,  da  die  Institution 
des  Artülerieschulscbiffes  zur  Heranziehung  derselben  erst  seil  kurzem 
eingeführt  worden  war?  Woher  sollten  die  Departementschers  bei  dem 
gänzlich  unvermittelten  Übergänge  vom  Friedens-  zum  Eriegsstande  auf 
einmal  die  volle  Zahl  der  benötigten  Unteroffiziere  und  älteren  Leute 
hernehmen,  von  denen  die  meisten  mit  unbestimmtem  Urlaub  auf  Handels- 
schiffen iii  der  Welt  herumfuhren  und  der  Einberufungsordre  nicht  so- 
gleich nachzukommen  vermochten?  Auch  der  italienischen  Marine  war  so 
gut  wie  der  österreichischen  die  allgemeine  Mobilisierungsordre  mit  Rück- 
sieht auf  ihre  Stärke  etwas  spät  zugekommen  und  es  ließ  sich  deshalb  nur 
durch  Abkürzung  des  Lehrkurses  auf  dem  Artillerieschulschiffe  sowie  durch 
die  nach  und  nach  einrückenden  Reservemänner  dem  Mißverhältnisse  in 
der  Dotierung  der  Schiffe  mit  Unteroffizieren  und  artilleristisch  qualifizierten 
Leuten  abhelfen.  Es  erklärt  sich  auch  auf  diese  Art,  weshalb  einige  der  zur 
Flotte  stoßenden  Schiffe  nicht  ihren  vollen  Bemannungsstand  aufzuweisen 
hatten,  da  ihnen  der  noch  fehlende  Rest  später  nachgeschickt  werden 
sollte,  und  ebenso  begreiflich  ist  es,  daß  man  sich  notwendigerweise  mit 
einer  teilweisen  Verwendung  von  Rekruten  behelfen  mußte. 

Diese  Übelslände  trafen  aber  auch  und  in  noch  erhöhtem  Maße  den 
Gegner  und,  sich  durch  den  anfänglich  wenig  kriegsmäßigen  Zustand  seiner  * 
Schiffe  gleich  im  vorhinein  so  enimutigen  zu  lassen  und  ein  so  geringes 
Selbstvertrauen  an  den  Tag  zu  legen,  zeigte,  daB  Admiral  Persano  nicht 
der  richtige  Mann  auf  seinem  Posten  und  trotz  der  hohen  Würde,  die  er 
bekleidete,  seiner  Aufgabe  keineswegs  gewachsen  war.  Dieselbe  bestand 
ja  zum  großen  Teile  mit  darin,  die  einmal  vorhandenen  Schwierigkeiten 
mit  den  zu  Gebote  stehenden  eigenen  Mitteln  zu  bewäUigen,  alles  zur 
größtmöglichsten  Tätigkeit  und  Hingebung  anzuspornen  sowie  an  Aus- 
kunRsmitteln  nicht  verlegen  zu  sein,  um  so  die  Flotte  in  einer  relativ 
kurzen  Zell  auf  einen  höheren  Grad  der  Schlagfertigkeit  zu  bringen.  Was 
den  Mangel  an  Unteroffizieren  und  Matro.senkanonieren  aiibelangt.  so 
konnten  durch  Überscliiffungen  zwischen  den  einzelnen  Schiffen  die  größten 
Lücken  ausgegliciien  und  vorerst  wenigstens  die  schweren  Schlachtschiffe 
kampffähig  gemacht  werden,  während  man  bei  den  anderen  sich  vor- 
laufig mit  der  Beförderung  derjenigen,  die  sich  inzwischen  als  geschickt 
und  brauchbar  erweisen  worden,  behelfen  mußte. 

In  diesem  Sinne  erfolgte  auch  die  Erledigung  des  Berichtes  durch 
das  Marineministerium,  welcher  der  Minister  noch  folgendes  Reservat- 
schreiben für  den  Admiral  beischloß: 


61 

Florenz,  25.  Mai  1866. 

Der  Marineminister  an  den  Ädmiral  Persano. 

Exzellenz! 

,^Dem  offiziellen  Dienstschreiben,  mit  welchem  der  dortige  Bericht 
Tom  21.  d.  M.  seine  Erledigung  findet«  schließe  ich  noch  dieses  Reservat- 
schreiben bei,  um  Euer  Exzellenz  zu  versichern,  daß  von  Seite  des  Mini- 
steriums und  der  Departements  alles  Menschenmögliche  aufgeboten  wird, 
damit  die  Ausrüstung  der  Schiffe,  die  sich  nach  und  nach  unter  ihre  Be- 
fehle stellen  werden,  eine  solche  sei,  daß  den  Bedürfhissen  des  Dienstes 
entsprochen  wird. 

Es  ist  mir  bekannt,  daß  die  Ausbildung  der  Leute  nicht  bei  allen 
eine  gleich  gute  ist  sovrie  daß  noch  Unteroffiziere  auf  den  vorgeschrie- 
benen Stand  fehlen,  aber  von  diesen  Übelständen,  Admiral,  sind  wir  nicht 
allein  betroffen. 

Ohne  von  unserer  Armee,  die  keineswegs  ihre  Bataillone,  Schwa- 
dronen und  Batterien  auf  dem  vorschriftsmäßigen  Stand  hat,  zu  reden 
kann  ich  Euer  Exzellenz  versichern,  daß  die  Österreicher  sich  in  einer 
noch  schlechteren  Lage  befinden  als  wir;  wenn  es  sich  darum  handelt, 
die  Ausrüstungen  zu  verdoppeln,  zu  verdreifachen,  kann  eben  nicht  alles 
wie  am  Schnürchen  gehen.  Es  gereicht  mir  immerhin  zur  Genugtuung, 
daß  unsere  Marine  wenigstens  aus  zwei  wohltätigen  Quellen,  der  perma- 
nenten Übungseskadre  und  dem  Artillerieschulschiffe,  vorzügliche  Elemente 
an  sich  ziehen  konnte,  die  ihr  hoffentlich  jetzt  von  großem  Nutzen  sein 
werden,  um  so  mehr  als  sie,  wie  ich  glaube,  in  einem  gerechten  Verhält- 
nisse auf  die  verschiedenen  Schiffe  verteilt  werden,  damit  alle  derselben 
wenigstens  einen  Teil  gut  abgerichteter  Leute  an  Bord  haben.  Dem 
Mangel  an  Unteroffizieren  in  den  verschiedenen  Spezialitäten  muß  man 
durch  Beförderungen  der  Verdienstvollen  abzuhelfen  trachten. 

Anbelangend  die  Art  und  Weise,  wie  der  Geist  und  die  Ausbildung 
unserer  Mannschaften  auf  eine  höhere  Stufe  gebracht  werden  solle,  über- 
lasse ich  dies  zwar  der  hohen  Einsicht  Eurer  Exzellenz,  kann  aber  doch 
nicht  umhin,  hier  die  Bemerkung  zu  machen,  daß  es  meiner  Meinung  nach 
nicht  das  beste  Mittel  ist,  eine  außerordentliche  Strenge,  die  von 
manchen  für  Terrorismus  angesehen  wird,  zu  entwickeln,  um  die 
Ausbildung  zu  beschleunigen  sowie  die  militärischen  und  moralischen 
Eigenscliaften  von  Offizieren  und  Mannschaften  zu  heben.  Ich  bin  inner- 
halb gewisser  und  gerechter  Einschränkungen  ein  Freund  der  Strenge, 


G2 

aber  in  Verbindimg  mil  der  Strenge  bin  ich  auch  für  das  Hervorrufen 
eines  edlen  Wetteifers  und  für  die  Anregung  des  militärischen  Geistes,  der 
in  unseren  Offizieren  und  Mannschaften  ein  äußerst  lebhafter  ist. 

Ich  gebe  mich  daher  der  Hoffnung  hin,  daß  Euer  Exzellenz  mit  der 
Regierung  Seiner  Majestät  und  mit  den  ausgezeichneten  Führern  der 
Armee  jenes  Gefühl  des  Selbstvertrauens  teilen  werden,  welches  außer  der 
Heiligkeit  unserer  Sache  der  unbestrittenen  Tatsache  entspringt,  daß 
unsere  materiellen  wie  moralischen  Kräfte  sowohl  zu  Lande  als  zur  See 
unserem  Feinde  überlegen  sind,  den  wir  ohne  Selbstüberhebung  und 
ohne  unbodachle  Handlungen,  vielmehr  mit  aller  Ruhe  und  Kaltblütigkeit 
für  immer  heimschicken  wollen," 

Angioletti  m,  p. 


Der  Marineminisler  wies  gleichzeitig  die  unterstehenden  Departe- 
mentschefs nochmals  an,  alles  aufzubieten,  damit  den  Bedürfnissen  der 
für  die  Operationsflotte  bestimmten  Schiffe  nach  jeder  Richtung  hin  ent- 
sprochen werden  könne,  ordnete  die  Abkürzung  des  Instruktionskurses 
auf  dem  Artillerieschul  schiffe  an  sowie  die  schleunigste  Absendung  der 
bereits  hiezu  qualifizierten  Matrosenkanoniere,  die  strengste  Inanspruch- 
nahme aller  bei  der  Handelsmarine  dienenden,  im  Inlaode  befindlichen 
Reservemänner  und  heß  es  von  dieser  Seite  an  nichts  fehlen,  was  die 
Sehlagfertigkeit  der  Flotte  beschleunigen  und  erhöhen  konnte. 

Alle  diese  Maßnahmen  genügten  hides  Admiral  Persano  noch 
immer  nicht  und  derselbe  ftihr  fori,  beim  Ministerium  Klagen  zu  führen 
und  neue  Verlangen  zu  stellen,  bald  über  die  Monturen,  über  die  Kriegs- 
nmnitioii,  die  Sanitätsrequisilen,  sogar  über  den  Mangel  guter  Femrohre; 
er  verlangte  melir  Maschinisten,  Ärzte,  Seekadetten  u.  s.  w.,  so  daß  man 
fast  zur  Annahme  verleitet  werden  könnte,  die  italienische  Marine  hätte 
in  Bezug  auf  ihr  Ausrüstungsmaterial  in  gar  keiner  Weise  vorgesot^ 
gehabt,  eine  Annahme,  die  aber  der  Wirklichkeit  durchaus  nicht  ent- 
spricht; nicJitsdestoweniger  wurde  allen  nur  einigermaßen  gerechtfertigten 
und  erfüllbaren  Wünschen  des  Admirals  in  kürzester  Zeit  Rechnung 
getragen. 

Inzwischen  trieben  die  politischen  Verhältnisse  ihrem  Hähepunkte 
zu  und  am  10.  Juni  erhielt  der  kommandierende  Admiral  durch  einen 
Kurier  das  folgende  vom  8,  datierte  ministerielle  Schreiben,  in  welchem 
ihm  die  allgemeiiien  Verhaltungsmaßregeln  bekanntgegeben  wurden,  nach 
denen  er  sich  beim  Beginn  der  Feindseligkeiten  zu  richten  hatte: 


63 

Nr.  1014,  Florenz,  8.  Juni  1866. 

Exzellenz! 

,In  steter  Erwartung  der  Kriegserklärung,  von  welcher  man  Euer 
Exzellenz  rechtzeitig  in  Kenntnis  zu  setzen  nicht  verfehlen  wird,  damit 
sofort  von  Seite  Italiens  die  Feindseligkeiten  eröffnet  werden  können, 
halte  ich  es  inzwischen  für  zweckmäßig,  die  nachstehenden  Verhaltungs- 
mafiregeln  festzusetzen,  nach  denen  sich  Eure  Exzellenz  zu  richten 
haben  werden : 

1.  Das  Adriatische  Meer  ist  von  den  feindlichen  Kriegsschiffen  zu 
säubern;  dieselben  sind  anzugreifen  oder  zu  blockieren,  wo  immer  sie  sich 
befinden. 

2.  Triest  ist  zu  verschonen,  vorausgesetzt,  daß  sich  dort  keine 
Kriegsschiffe  befinden,  in  welchem  Falle  sonst  Triest  wie  jeder  andere 
Punkt  der  Küste  zu  betrachten  und  zu  behandebi  isL 

Auch  Venedig  ist  insolange  zu  verschonen,  als  nicht  ein  Angriff 
anf  dasselbe  eigens  anbefohlen  wird. 

3.  Die  Operationsbasis  ist  in  Ancona  zu  nehmen,  wohin  alle  für 
Euere  Exzellenz  bestimmten  Rapporte  zu  senden  sind  und  wo  Euere 
Exzellenz  auch  die  letzten  Befehle  aus  dem  Hauptquartiere  Seiner  Majestät 
erhalten  werden. 

4.  Die  feindliche  Handelsmarine  sowie  jene  der  Neutralen  sind 
nach  den  bestehenden  Grundsätzen  des  Gesetzbuches  für  die  italienische 
Handelsmarine  zu  behandeln. 

5.  Die  Eröfl&iung  der  Feindseligkeiten  wird  Eurer  Exzellenz  mittels 
eines  chifiiierten  Telegrammes  bekanntgegeben  werden,  welches  Tele- 
granmi  Caüffre  für  Chiffre  zu  wiederholen  ist;  der  Befelü  zum  Auslaufen 
der  Flotte  jedoch  wird  mittels  eines  zweiten  Telegrammes  erfolgen, 
welches  nur  die  Worte:  ,Sta  bene  —  viva  il  Re*  enthalten  wird.  Auch 
dieses  Telegramm  ist  nach  Empfang  und  vor  dem  Auslaufen  mit  den- 
selben Worten  zu  bestätigen. 

Falls  Eure  Exzellenz  bezüglich  dieser  Verhaltungsmaßregeln  etwas 
zu  bemerken  hätten,  so  bitte  ich,  mir  Ihre  Einwendungen  durch  den  Über- 
bringer dieses  Schreibens  zukommen  zu  lassen." 

Angioletti  m.  p. 

Admiral  Persano  fand  nichts  hierauf  zu  bemerken  und  antwortete 
noch  am  selben  Tage  dem  Minister:  „Alles  in  Ordnung.  Betreffs  der 
erhaltenen  Verhaltungsbefehle  habe  ich  nichts  einzuwenden.  Es  wird 
alles  genauestens  ausgeführt  werden  (Sara  tutto  eseguito  a  puntino).  Ich 


ersuche,  batreßs  der  Bojen  auf  der  Rhede  zu  iirgieren,  da  mir  dieselben 
unentbehrlich  sind.  Ich  bin  bereit,  mit  der  Flotte  auf  den  ersten  Wink  in 
Bewegung  zu  setzen  und  habe  das  Vertrauen,  daß  die  unter  meine  Befehle 
gestellte  Streitmacht  den  Erwartungen  des  Souveräns  sowie  jenen  der 
BegieruDg  entsprechen  werde. 

So  wahr  mir  Gott  helfe,  es  lebe  der  König!" 

Man  ersieht  hieraus,  daß  die  anfängliche  Entmutigung  des  Admirals 
nach  und  nach  einer  etwas  ruhigeren,  hoffnungsvolleren  Stimmung  Platz 
gemacht  hatte,  die  in  dem  Muße  wuchs,  als  sich  die  von  den  meisten 
Eskadreschiffen  inzwischen  erzielten  Forlschritte  wahrnehmen  lieSen.  Tat- 
sflchhch  waren  dieselben  in  Berücksichtigung  der  kurzen  Zeit  ganz 
zufriedenstellende  und,  wenn  auch  einige  Schiffe  noch  nicht  die  wünschens- 
werte Raschheit  und  Präzision  in  der  Ausführung  der  verschiedenen 
Manöver  erlangt  hatten,  so  war  doch  von  dem  regen  Eifer  der  Offiziere 
und  dem  guten  Willen  der  Mannschaften  zu  erwarten,  daß  auch  hierin 
das  noch  Fehlende  bald  erreicht  werden  würde. 

Am  15.  Juni  erUeß  Admiral  Persano  für  die  Operationsflotte  die 
nachstehenden  Instruktionen: 

Taktik  und  Navigation: 

»Die  Flotte,  welche  ich  zu  kommandieren  die  Ehie  habe,  ist  so 
ziemlich  die  erste,  von  der  man  sagen  kann,  daß  sie  alle  Elemente  einer 
Seemacht  enthält  und  mit  denen  die  Kriegskunst  zur  See  eine  neue 
Taktik  eröfliiet. 

Walirscheinlich  dürften  wir  schon  früher  in  die  Lage  kommen  zu 
operieren,  bevor  wir  noch  Zeit  gehabt  haben  werden,  diesbezüglich  Ver- 
suclie  anzustellen  und,  da  wir  in  dieser  Hinsicht  auch  von  früher  uns 
nirgends  Rat  erholen  körmen,  so  beschränke  ich  mich  im  nachstehenden 
darauf,  allgemeine  Verhaltungsmaßregeln  zu  geben,  und  vertraue  im  Qhrigen 
ganzauf  die  bewälu-te  Tüchtigkeit  der  Admirale  wie  Schiffskommandanten. 

YerhaltnngBinstruktionen  fOrdini  di  masslma). 

1.  Die  3  Eskadren,  aus  denen  die  Flotte  besteht,  bilden  3  Aktions- 
einheiten und  ebensovieie  Administrativkörper,  aber  keine  taktische  Ein- 
teilung. 

2.  Jeder  Eskadrekommandant  trifft,  falls  er  berufen  sein  sollte, 
selbständig  aufzutreten,  diejenigen  Dispositionen,  die  ihm  am  vorteilliaf- 
testen  erscheinen,  um  seine  Eskadre  zu  führen,  sei  dies  in  der  Na\'igation 
oder  gegen  den  Feind. 


L 


^  65 

3.  Für  die  TerschiedeneD  Ffille  einer  kombinierten  Aktion  werden  nach 
Mafigabe  der  Zusammenstellung  spezielle  Dispositionen  von  demjenigen  er- 
lassen werden,  der  die  hiezu  bestimmte  Streitmacht  kommandiert 

4.  Wenn  die  ganze  Flotte  operiert  oder  vollzählig  in  Fahrt  ist,  wird 
dieselbe  in  eine  gepanzerte  und  in  eine  ungepanzerte  Eskadre  geteilt 
Jede  dieser  Eskadres  ist  wieder  in  Gruppen  geteilt  Als  Präsignal  der 
Panzereskadre  wird  Nr.  21  (Kapitel  27  des  Signalbuches),  als  jenes  der 
ungepanzerten  Nr.  6  desselben  Kapitels  bestimmt  Die  Präsignale  der 
1.,  2.  oder  3.  Gruppe  einer  jeden  Eskadre  werden  beziehungsweise  die 
Nr.  8,  9  und  10  desselben  Kapitels  bilden. 

5.  Die  Panzereskadre  wird  sich  außer  der  reglementsmäSigen 
Taktik  noch  der  Supplementartaktik  von  Vizeadmiral  Bouet-Willaumez 
bedienen,  die  ungepanzerte  Elskadre  dagegen  bloß  die  reglementsmäßige 
gebrauchen.  Der  Wimpel  Nr.  1,  unter  einem  Signale  gehißt,  bedeutet  ein 
Signal  der  SupplementartaktiL 

6.  So  oft  die  Panzereskadre,  sei  es  in  Linie  oder  in  Gruppen,  in  der 
Kielwasserlinie  fährt,  wird  die  nicht  gepanzerte  Steuerbord  oder  Back- 
bord, je  nachdem  befohlen,  eine  zweite  Linie  bilden,  und  zwar  auf  die 
Distanz,  welche  signalisiert  wird. 

7.  So  oft  die  Panzereskadre,  sei  es  in  Linie  oder  in  Gruppen,  in  der 
Front  fährt,  wird  die  nicht  gepanzerte  achter  derselben  eine  zweite  Linie 
bilden,  und  zwar  auf  die  Distanz,  welche  signalisiert  wird. 

8.  »Esploratore*  und  »Messaggiere*  sind  Repetiteure  für  die  gepan- 
zerte, ,Etna*  und  »Guiscardo*  für  die  nicht  gepanzerte  Eskadre;  die 
.Sirena*  dient  für  den  Fall,  als  spezielle  Instruktionen  zu  überbringen 
wären,  als  Verbindung  zwischen  den  beiden  Eskadron. 

9.  Der  Anhang  zu  diesen  Instruktionen  enthält  die  Numerierung 
und  die  Verteilung  nach  Gruppen  in  der  Panzereskadre,  jene  der  unge- 
panzerten wird  entweder  von  der  1.  oder  3.  Eskadre  von  Fall  zu  Fall 
festgesetzt  werden.  Das  letztere  geschieht  auch  mit  der  Numerierung 
in  Abwesenheit  von  einigen  Schiffen. 

10.  Wenn  die  Flottille  im  Vereine  mit  der  ganzen  Flotte  fährt,  steht 
sie  unter  den  Befehlen  der  ungepanzerten  Eskadre. 

11.  Nachdem  eine  gleiche  Manövriergeschwindigkeit  die  Grundbe- 
dingung für  die  Taktik  von  Dampfern  bildet,  wird  die  Geschwindigkeit  von 
6  Meilen  als  Manövriergeschwindigkeit  für  die  Flotte  bestimmt  und  jeder 
Kommandant  beauftragt,  zu  veranlassen,  daß  der  1.  Maschinist  seines 
Schiffes  die  nötigen  Erfahrungen  behufs  der  hiezu  notwendigen  Drosselung 
des  Dampfes  sammle. 

Fleischer,  Die  k .  k.  Kriegsmarine  1866.  5 


66 

12.  Nachdem  ferner  eine  Gleichheit  des  Drehungskreises  eine  zweite 
Grundbedingung  für  die  oben  angeführte  Taktik  ist,  haben,  sobald  die 
Umstände  es  gestatten,  die  diesbezüglichen  Versuche  zur  Bestinmiung 
des  Durchmessers  des  Drehungskreises  eines  jeden  Schiffes  vorgenommen 
zu  werden,  ma  jenes  herauszufinden,  welches  den  größten  Durchmesser 
bei  einer  Drehung  mit  dem  Ruder  hart  am  Bord  hat  Die  anderen  Schiffe 
werden  dabei  den  Winkel  zu  bestimmen  trachten,  den  für  diesen  Fall  das 
Steuer  ihres  Schiffes  mit  der  Kiellinie  einzunehmen  hat,  um  auf  diese 
Weise  für  alle  Schiffe  einen  gleichen  Drehungskreis  zu  erzielen. 

13.  Eine  jede  Evolution,  die  man  ausführen  kann,  indem  man  in 
Bezug  auf  die  Geschwindigkeit  oder  die  Stellung  des  Ruders  .abwechselt, 
soll  nicht  mit  diesen  beiden  Mitteln  zu  gleicher  Zeit  ausgeführt  werden. 

14.  Wenn  mit  der  Supplementartaktik  manövriert  wird,  hat  stets 
das  Schiff  mit  der  höheren  Nummer  im  Falle  der  Gefahr  eines  Zusammen- 
stoßes auszuweichen.* 

Erster  Anhang. 

Segelordnung: 

»Die  Numerierung  der  Panzerschiffe,  im  Falle  alle  vereint  sind, 
und  ihre  Verteilung  in  die  verschiedenen  Gruppen  ist  die  folgende: 

1  »Principe  di  Carignano" 

'  1  Die  Schiffsdistanz  zwischen  den  ein- 

3  .Varese**  /   ^^j^^^  Schiffen  in  Fahrt  =  2  Kabel 

4  »Formidabile**  /  ^     jaa 
*                                        f                      oder  4fOO  m. 

5  .Re  d'Italia** 

6  »San  Martino« 

7  »Ancona**  /    Der  »Esploratore*  setzt  sich  an  die 

8  »Affondatore*  Tete  der  Flotte,  der,Messaggiere* 

9  »R^  di  Portogallo*  l    bleibt  an  der  Queue,  der  »Etna* 

10  ^Castelfidardo*  l    steuerbord,  der  »Guiscardo*  back- 

11  »Palestro*  |   bord,  die  »Sirena*  zwischen  beiden 

12  «Terribüe*  /  Eskadren." 

Zweiter  Anhang. 

Angriffsordnung: 

,Im  Falle  die  Flotte  einen  Angriff  auszuführen  hat,  sowie  jedesmal 
wenn  die  Formierung  einer  Reserve  mittels  Signals  angeordnet  wird, 
besteht  die  Reserve  aus  den  nachbenannten  Schiffen: 


67 

,Ancona*, 
»Varese*, 
»Palestro*, 

Die  Reserve  wird  sich  je  nach  dem  Angriffsplane  in  der  Richtung 
des  signalisierten  Windstriches  formieren. 

1  «Principe  di  Garignano* 

2  ,MariaPia*  f   1.  Gruppe.    Schiffsdistanz  =  1  Kabel 

3  «Formidabile*  (  z=  200  m. 

4  «Castelfidardo'' 

5  ,Re  dltalia» 

6  .San  Martino*  f   2.  Gruppe.    Schiffsdistanz  =  1  Kabel 

7  »Terribile'*  (  =  200  w. 

8  ,Re  di  Portogallo" 

Der  «Affondatore''  wird  bis  auf  weitere  Befehle  außerhalb  der 
Linie  bleiben,  ebensowohl  um  als  Unterstützung  des  Flaggenschiffes  des 
Höchstkommandierenden  zu  dienen  als  auch  um  sich  dorthin  zu 
begeben,  wo  es  gerade  am  nötigsten  sein  sollte. 

Die  nicht  gepanzerte  Eskadre  (Holzschiffe)  wird  sich  auf  eine  Ent- 
fernung von  3000  m  {V/%  Seemeilen)  von  der  Panzereskadre  in  der 
Richtung  des  signalisierten  Windstriches  formieren.  Im  Falle  sie  zur  Teil- 
nahme am  Gefechte  gerufen  werden  sollte,  wird  sie  eine  zweite  Kolonne 
gegenüber  den  Zwischenräumen  der  Panzerkolonne  bilden. 

Die  Radavisos  «Esploratore'^  und  .Messaggiere*^  halten  sich 
zwischen  den  beiden  Eskadren  behufs  Überbringung  von  Befehlen  und 
trachten,  außer  dem  Schußbereiche  des  Feindes  zu  bleiben. 

Der  «Guiscardo"  erhält  die  Bestimmung,  die  beschädigten  Schiffe 
aus  dem  Gefechte  zu  schleppen. 

Eine  Panzerfregatte  wird  auf  keine  größere  Entfernung  als  500  m 
angegriffen  mit  Ausnahme  der  25  cm  Armstronggeschütze;  dagegen 
wird  jede  Panzerfregatte  ein  ungepanzertes  Schiff  schon  auf  die  Entfer- 
nung von  1000  m  angreifen,  den  Fall  ausgenommen,  daß  sie  die  Absicht 
hätte,  zu  rammen." 

Obschon  diese  Instruktionen  im  allgemeinen  den  Grundsätzen  ent- 
sprachen, die  damals  bezüglich  der  im  Kampfe  mit  Dampf-  und  Panzer- 
schiffen anzuwendenden  Taktik  als  maßgebend  angesehen  wurden,  so 
läßt  sich  doch  nicht  verkennen,  daß  einige  Punkte  derselben  nicht  den 
Verhältnissen  angepaßt  waren,  mit  denen  Admiral  Per sano  in  seinem 
Falle  zu  rechnen  hatte.  Ihm  durfte  vor  allem  der  Umstand  nicht  entgehen, 


5* 


( 


daß  die  österreichische  Flotte  dev  weitaus  größeren  Zahl  nach  aus  Holz- 
schiEfeo  bestand  und  daß  sie  bloß  über  5,  im  besten  Falle  über  7  Panzer- 
schiffe verfügen  konnte,  der  die  italienische  12  Panzerschiffe  —  also 
beinahe  das  Doppelte  —  sowie  eine  bedeutsnd  stärkere  Holzeskadre 
entgegenzustellen  im  stände  war.  Der  österreichische  Ädmiral  war 
hiedurch  gezwungen,  gleich  seine  gesamten  Streitkräfte,  sowohl  Panzer- 
wie  Holzschiffe,  in  die  Aktion  zu  bringen,  und  es  konnte  kein  Zweifel 
darüber  herrschen,  daß  der  zu  gewärtigende  Kampf  sich  nicht  bloß  auf 
wnen  solchen  zwischen  Schiffen  gleicher  Gattung  beschränken,  sondern 
bald  in  eine  Melee  ausarten  werde,  in  welche  alles  mit  hineingerissen 
werden  würde. 

Die  Aufstellung  des  Prinzips,  daß  die  Holzeskadre  im  Angriffsfalle 
sich  auf  eine  Entfernung  von  IVs  Seemeilen  von  der  Panzereskadre  zu 
formieren  und  erst  dann  in  den  Kampf  einzutreten  habe,  wenn  sie  mittels 
Signals  hiezu  beordert  würde  —  welches  Signal  möglicherweise  im  Ver- 
laufe der  Aklion  des  Rauches  und  Pulverdampfes  wegen  einige  Zeit 
nicht  wahrnehmbar  blieb  —  konnte  bei  einem  minder  schneidigen,  der 
Initiative  entbehrenden  Kommandanten  derselben  von  schwerwiegender 
Bedeutung  und  ganz  geeignet  werden,  in  verhängnisvoller  Weise  den 
Erfolg  in  Frage  zu  stellen.  Tatsächlich  trat  dieser  Fall  in  der  Schlacht 
von  Lissa  ein  und  die  Untätigkeit  des  Vizeadmirals  Albini,  bei  dem  die 
oben  erwähnten  Eigenschaften  zutrafen,  an  diesem  Tage  wurde  von 
ihm  zum  großen  Teile  auf  diesen  Befehl  zurückgeführt  und  mit  demselben 
zu  entschuldigen  versucht') 

Am  20.  Juni  erfolgte  die  Kriegserklärung  Italiens  an  Österreich,  Am 
selben  Tage  übergab  der  bisherige  Marineminister,  Generalleutnant 
Angioletti,  dem  das  Kommando  einer  Armeedivision  übertragen  wurde, 
das  Portefeuille  der  Marine  an  den  Abgeordneten  Agostino  Depretis. 
wovon  dieser  den  kommandierenden  Admiral  mittels  Teleqramms  verstän- 
digte, ihn  gleichzeitig  seiner  vollsten  Unterstülzung  in  jeder  Beziehung 
versichernd. 

Wenige  Stunden  darauf  erhielt  Admiral  Persano  ein  zweites 
Telegramm  des  neuen  Ministers,  in  welchem  ihm  die  erfolgte  Kriegs- 
erklärung mitgeteilt  und  er  angewiesen  wurde,  sich  nunmehr  an  diu 
ministeriellen  Instruklioncii  vom  8.  d,  M.  zu  halten  sowie  das  vereinbarte 
Telegramm  wegen  der  Abfahrt  nach  Ancona  zu  erwarten. 

ii  Rrndiconli  M\e  vii'u-tiif  [lubliUche  dell'  alla  Corte  di  giustiiia  dcI  dibattimealo 
della  causn  conlro  ramniirairlio  senalore  coqIo  Carlo  Pellion  di  Persano  pIc.  etc.;  depo- 
Bixioni  Albini  e  Paulucci,  Seite  5G. 


69 

D^  Admiral  antwortete  sofort  darauf,  indem  er  dem  Minister  seine 
Freude  hierüber  ausdrückte  und  die  Versicherung  hinzufügte,  daß  er  auf 
alle  Fälle  den  Erwartungen  des  Königs  und  des  Vaterlandes  entsprechen 
werde  sowie  daß  er  nur  das  bewußte  Telegramm  abwarte,  um  sich  mit 
der  ihm  unterstehenden  Flotte  in  Bewegung  zu  setzen.  Gleichzeitig  bat 
er  aber  auch  noch  um  alle  disponiblen  Schiffe,  «denn*,  so  fügte  er  bei, 
,es  handelt  sich  hier  nicht  um  ein  Ehrenduell,  sondern  um  das  Heil 
Italiens.  Man  muß  siegen  und  sich  deshalb  der  nur  immer  möglichsten 
Stärke  bedienen.  Man  möge  mit  nichts  sparen,  beschwöre  ich  Euere 
Exzellenz,  und  die  Departementschefs  sollen  die  noch  auszurüstenden 
Schiffe  auf  das  beste  mit  allem  Nötigen  versehen.*  Diesem  Telegramme 
folgten  noch  am  selben  Tage  drei  andere  in  Intervallen  von  wenigen 
Minuten,  die  sich  fast  ausschließlich  auf  den  Sanitätsdienst  und  unbe- 
deutende Ausrüstungsgegenstände  bezogen,  an  die  man  sich  erst  jetzt,  im 
letzten  Augenblicke,  erinnerte. 

Während  dieses  Depeschen  wechseis  mit  dem  Minister  kam  dem 
Admiral  endlich  das  vereinbarte,  mit  der  Bezeichnung:  ,,urgentissimo* 
versehene  Telegramm  des  ersteren  zu,  welches  bloß  die  Worte  enthielt: 
,Sta  bene  —  viva  il^R^*.  ,Sta  bene  —  viva  ilR^*  gibt  AdmiralPersano 
zwar  sofort  zurück,  aber  anstatt  nun  die  Feder  wegzuwerfen  und  seiner 
Flotte  ohne  weiteres  Zögern  den  Befehl  zu  erteilen,  die  Anker  zu  hebten, 
fragt  er  beim  Minister  an,  ob  er  nicht  lieber  noch  die  Ankunft  der 
Schraubenfregatte  »Vittorio  Emanuele*  und  der  Schraubenkorvette  „San 
Giovanni*,  die  am  22.  in  Tarent  einzutreffen  hatten,  abwarten  solle 
oder  ob  diesen  beiden  Schiffen  der  Befehl  zu  hinterlassen  sei,  der  Flotte 
nachzufahren.  Mittels  eines  anderen  Telegrammes  holt  er  wieder  die 
Ansicht  des  Ministers  ein,  ob  die  Dampfer  des  österreichischen  Lloyd  zu 
kapern  seien,  beifügend,  daß  er  den  Befehl  zur  Abfahrt  nochmals 
erwarte. 

»Alsogleich  auslaufen!*  war  die  Gegenantwort  des  über  dieses  eigen- 
mächtige Zögern  erstaunten  Ministers,  „gestriges  Telegramm  ,Sta  bene  — 
viva  il  R6'  war  doch  nach  der  Vereinbarung  des  letzten  Alinea  der 
bstruktionen  vom  8.  Juni  gehalten.  Feindseligkeiten  gegen  Österreich 
beginnen  mit  dem  23.  d.  M.,  Lloyddampfer  nur  dann  kapern,  wenn  sie 
Eriegsmunition  führen.  *  Auf  diesen  kategorischen  Befehl,  welcher  keine 
Erwiderung  mehr  zuließ,  erteilte  endlich  AdmiralPersano  die  nötigen 
Befehle  zum  Auslaufen  und,  nachdem  er  dem  Minister  seine  Abfahrt  nach 
Ancona  telegraphisch  angezeigt  hatte,  verließ  er  in  der  Nacht  vom  21.  auf 
den  22.  Juni  die  Rhede  von  Tarent. 


70 

Vorher  hatte  er  noch  folgenden  Befehl  an  die  Flotte  herausgegeben: 

Flotten-Befehl  Nr.  13. 

Rhede  von  Tarent,  21.  Juni  1866. 

,1.  Der  Krieg  gegen  Österreich  ist  erklärt;  die  Feindseligkeiten 
nehmen  jedoch  erst  den  23.  morgens  ihren  Anfang.  Bis  dahin  unterbleibt 
daher  jeder  AngrifiF  auf  den  Feind,  falls  man  auf  ihn  stoßen  sollte. 

•0  Espluratore 


i 


Carignano 
VartM  9       9  Maria  Pia 


Miria  Adalaid 


ide  \j      "0"  Indipendenra  W 


Re  d'IUlia 


0<>ui«cardo  Ga»ta  U      U      U  Doc*  di  Gtnova  W      W  Sao  Martino  ^    *** 

Garibaldi  Ancona 


0 

Waihingtoo 


WRediPortofallo 
Palestro  W       W  Caslclfldardo 


-0  Mesaaggiere 

Schiffs-Distanz  =  2  Kabel  =    400  Meier 
Gruppen-      ,       =  6     ,      =  1200      , 
Distanz  zwischen  Holz-  und  Panzerschiffen  «s  0  Kabel ««  1800  Meier. 

i.  Die  Flotte  wird  bei  der  Abfahrt  von  dieser  Rhede  sich  in 
Gruppen  formieren  und  in  dieser  Ordnung,  die  Panzerschifife  in  Kiel- 
wasserlinie, fahren;  die  ungepanzerten  Schiffe  bilden  eine  einzige  Gruppe 


71 

und  nehmen  ihren  Platz  backbord  vom  Höchstkommandierenden  nach 
vorstehender  Skizze  ein. 

3.  Täglich  bei  Sonnenuntergang  werden  die  für  ein  Nachtklarschifi 
nötigen  Vorbereitungen  getroffen,  die  Mannschaften  auf  die  Grefechts- 
posten  gerufen  und  der  Appell  vorgenommen. 

4.  Täglich  nach  dem  Frühstück  der  Mannschaft  wird  der  Feuer- 
alarm nach  der  betreffenden  Rolle  eingeübt  und  nach  dem  Mittagessen 
die  Rollenbestimmung  für  «Mann  über  Bord**. 

5.  Alle  Schiffe  der  Flotte  werden  stets  ein  Seitenboot  zum  Streichen 
bereit  halten. 

6.  Beim  Klarschiff  haben  die  Herren  Ofßziere  mit  dem  Seitengewehr 
in  der  gewöhnlichen  Dienstesuniform,  ohne  Epauletten  und  Achselschnüre 
zu  erscheinen.  Die  Tapferkeitsmedaille,  der  Savoysche  Militärorden 
sowie  die  ErinnerungsmedaiUen  sind  von  den  hiezu  Berechtigten  zu 
tragen. 

Indem  ich  sämtlichen  Herren  Kommandanten  die  genaueste  Ein- 
haltung der  bereits  erlassenen  Befehle  und  Verhaltungsmaßregeln  sowie 
der  im  Diensthandbuche  der  Taktik  enthaltenen  Vorerinnerungen  ein- 
schärfe, empfehle  ich  ganz  besonders  das  Kapitel  der  «Allgemeinen  In- 
struktionen'', welches  die  Einleitung  bildet,  ihrer  Aufmerksamkeit. 

Die  Schiffsdistanz  in  jeder  Gruppe  beträgt  2  Kabel,  die  Distanz 
einer  Gruppe  von  der  anderen  6  Kabel.  Die  Holzeskadre  bleibt  auf  eine 
Distanz  von  9  KabeL  (Siehe  vorstehende  Skizze.) 

Die  Avisodampfer  halten  sich  nach  den  ihnen  speziell  erteilten 
Instruktionen.*' 

Während  der  Fahrt,  die  äußerst  langsam  (die  in  dem  Flottenbefehle 
anbefohlene  Geschwindigkeit  von  6  Meilen  wurde  auf  5  reduziert) 
vor  sich  ging,  vereinigten  sich  die  beiden  Panzerkorvetten  „Terribile* 
und  „Formidabile'',  die  der  Admiral  beordert  hatte,  von  Ancona 
entgegenzufahren,  mit  dar  Flotte.  Von  einem  Handelsschiffe  brachte 
man  in  Erfahrung,  daß  ein  österreichischer  Dampfer^)  an  der  Küste 
gesehen  worden  sei.  Anstatt  nun  von  seinen  Avisodampfem,  von  welchen 
,,  Esploratore  *  und  «Messaggiere*  eine  große  Geschwindigkeit  besaßen, 
seinerseits  eine  Rekognoszierung  und  Aufklärung  gegen  die  feindliche 
Küste  vornehmen  zu  lassen,  begnügte  sich  Admiral  Persano  damit,  den 


1)  Es  war  dies  der  der  österreichischen  Eskadre  zugeteilte  Lloyddampfer 
«Stadium*,  welcher  am  20.  von  Fasana  ausgelaufen  war,  die  italienische  Koste  von 
Ancona  bis  Bari  rekognosziert  hatte  und  am  23.  die  Meldung  nach  Fasana  brachte,  auf 
dieser  Krenznng  keine  italienischen  Kriegsschiffe  gesehen  zu  haben. 


(Messaggiere*  nach  Bari  zu  senden  und  von  dort  beim  Marineminister 
telegrapbiscli  anzufragen,  was  über  die  Posilion  des  Feindes  bekannt  sei. 

Der  Minisler  antwortete  sogleich  zurück;  , Nach  letzten  Nachrich- 
ten in  Fasana  5  Panzei-fregalten,  ebensoviele  Holzfregatten.  Ädmiral 
Tegetthoff,  vor  Begierde  brennend,  kühne  Handstreiche  sowie  Enterun- 
gen zu  unternehmen  (desideroso  di  colpi  audaci  ed  arambaggi),  will  die 
Flotte  des  Nachts  öberraschen:  sein  Flaggenschiff  soll  als  Widder  dienen.' 

Hierauf  erließ  Admiral  Persano  allsogleich  die  folgenden  Nacht- 
inslruktionen  an  die  Flotte,  zu  denen  der  italienische  Marinegeschichts- 
schreiber Randaccio.dem  wir  diese  Einzelnheiten  entnehmen,  selbst  die 
Bemerkung  macht,  „daß  es  scheine.als  ob  weder  Admiral  persano  noch 
sein  Stabschef  eine  klare  Idee  von  dem  gehabt  habe,  was  ein  Kampf 
Ewischen  Panzerschiffen,  ja  selbst  zwischen  Dampfern  überhaupt  sei, 
(che  ne  egli,  ne  it  suo  slato  maggiore  avevano  una  idea  chiara  di  ciö  che 
doveva  essere  una  battaglia,  non  solo  fra  corazzate,  ma  fra  navi  a  vapore).' 

Nachtlnstroktionen. 

,  1 .  Falls  der  Feind,  wie  man  zu  vermuten  Veranlassung  hat,  des 
Nachts  erscheint,  werde  ich  Nr.  3  der  Tabelle  1  der  Nachtsignale 
signalisieren,  welches  Signal  dann  anstatt:  .Man  will  sprechen'  bedeutet: 
.Kielwasserlinie,  verkehrte  Ordnung".  Alle  Schiffe  der  Linie  werden 
beim  Streichen  des  Signales  nach  steuerbord  wenden  und  dem  ,Re  di 
Portogallo"  folgen,  der  Kurs  nach  Osten  nimmt.  Die  Schifife,  welche  auf 
Schußdistanz  vom  Feinde  angelangt  sind,  werden,  ohne  ein  weiteres 
Signal  abzuwarten,  das  Feuer  eröffnen  und  der  ,Re  di  Portogallo'  wird, 
sobald  er  den  Augenblick  hiezu  für  gekommen  erachtet,  ganz  langsam 
gegen  backbord  abfallen,  um  dem  Feinde  den  Rückzug  abzuschneiden. 
Alle  Schiffe  der  Linie  folgen  mit  Gegenmarsch. 

9.  Die  Reserve  wird  das  Feuer  eröffnen,  so  wie  sie  den  Feind  ent- 
deckt, damit  er  hiedurch  eingeschüchtert  werde,  bis  die  Schlacbtlinie 
wieder  geordnet  ist;  hierauf  zieht  sie  sich  gegen  Nordwesten  zurück,  um 
sodann  auf  dem  geeignetsten  Punkte  in  die  Aktion  zu  treten,  so  wie  sie 
mehrere  Raketen  zu  gleicha-  Zeit  abgefeuert  erblicken  wird.  Die  Reserve 
hat  aber,  ohne  ein  Signal  abzuwarten  in  die  Aktion  zu  treten,  wenn  sich 
der  Feind  zurückzieht,  um  ihm  dann  den  Bückzug  abzuschneiden,  wenn 
unsere  Schlachtlinie  durchbrochen  wird  oder  wenn  unsere  Holzschiffe 
angegriffen  werden. 

3.  Die  Holzschiffe,  welche  den  Panzerschiffen  Ramn  zum  Manövrie- 
ren lassen  müssen,  fallen  ebenfalls  in  geschlossener  Kielwasseiiinie  gegen 


73 

Osten  ab  und  werden  das  Feuer  nur  in  dem  Falle  eröffnen,  wenn  der 
Feind  gleichartige  Schiffe  in  separater  Kolonne  mit  sich  führt  oder  wenn 
Tom  Höchstkommandirenden  hiezu  das  Signal  durch  das  Abfeuern  einer 
einzigen  Rakete  gegeben  wird  oder  endlich  wenn  es  dem  Feinde  gelungen 
wäre,  die  Linie  unserer  Panzerschiffe  zu  dublieren. 

4.  Es  wird  die  größte  Ruhe  und  Kaltblütigkeit  eingeschärft,  um  jede 
bei  einem  Nachtangriffe  leicht  eintretende  Konfusion,  auf  welche  der 
Feind  besonders  zu  rechnen  scheint,  zu  vermeiden. 

5.  Damit  die  Panzerschiffe  so  geschlossen  als  möglich  in  der  Fahrt 
bleiben,  wird  sich  die  Kolonne  der  Fregatten  strengstens  auf  nicht 
weniger  als  4Va  Kabel  Distanz  halten  und  haben  die  Äusluger  ihren 
Dienst  mit  der  größten  Gewissenhaftigkeit  zu  versehen. 

6.  Wenn  der  Höchstkommandierende  2  Raketen  mit  2  Minuten 
Intervall  abfeuert,  so  ist  dies  das  Zeichen,  daß  der  Feind  den  Rückzug 
antritt;  in  diesem  Falle  haben  ihn  die  Panzerfregatten  «Ancona*,  »Castel- 
fidardo*,  „San  Martino*  und  »Maria  Pia*  zu  verfolgen. 

7.  Der  »Elsploratore*  und  »Etna*  bleiben  zwischen  den  Panzer- 
fregatten und  der  Flotte.  * 

Am  25.  Juni  um  6^  p.  m.  ankerte  endlich  die  Flotte  auf  der  Rhede 
von  Ancona,  wo  schon  die  Kanonenboote  ,»Montebello*',  „Vinzaglio'^  und 
die  Raddampfkorvette  „Ettore  Fieramosca*  vor  Anker  lagen.  Es  befanden 
sich  an  diesem  Tage  11  Panzerschiffe,  4  Schraubenfregatten,  1  Schrauben- 
korvette, 3  Schraubenkanonenboote,  6  Raddampfer,  somit  im  ganzen 
25  Schiffe  dort  vereinigt. 

Der  Marineminister  Depretis  war  inkognito  in  Ancona  eingetroffen, 
um  sich  persönlich  von  dem  Zustande  der  Flotte  und  den  allenfalls  noch 
benötigten  Bedürfnissen  die  Überzeugung  zu  verschaffen.  Admiral 
Pers an 0  übergab  ihm  eine  Zusammenstellung  der  noch  als  notwendig 
erachteten  Erfordernisse  der  Flotte  folgenden  Inhaltes: 

1.  Mindestens  noch  4  von  der  Dampfschiffahrts-Gesellschaft 
Danovaro  Peyrano  zu  mietende  Schnelldampfer,  um  sie  als  Avisos 
gebrauchen  zu  können. 

2.  Fehlen  noch  15  Bojen  auf  der  Rhede  von  Ancona. 

3.  Die  Sanitätsbranche  ist  noch  nicht  hinreichend  gut  ausgerüstet. 

4.  Die  Schiffe,  welche  noch  zur  Flotte  zu  stoßen  haben,  sollen 
Messina  anlaufen  und  dort  weitere  Befehle  abwarten,  inzwischen  aber 
fleißig  Exerzitien  jeder  Art  vornehmen  und  so  wenig  als  möglich  mit  dem 
Lande  verkehren. 


74 

5.  Es  sind  noch  12  Fernrohre  erster  Qualität  (mit  besonders  großer 
Sehweite)  und  12  zweiter  Qualität  notwendig. 

6.  Noch  so  viel  Annstronggeschütze  als  nur  möglich  auftreiben. 

7.  Anstalten  treffen,  daS  alle  noch  am  Stapel  befindlichen  oder 
schon  abgelaufenen  Panzerschiffe  so  rasch  als  möglich  fertiggestellt  und 
ausgerüstet  werden. 

8.  2  bis  3  Guttaperchaschläuche,  um  von  der  Mars  auf  Deck  sprechen 
zu  könnnen. 

Wir  führen  diese  Forderungen  Persanos  nur  aus  dem  Grunde  an, 
um  zu  zeigen,  bis  in  welche  Kleinigkeiten  sich  der  Oberkonmiandant  der 
Flotte  verlor  und  in  welch  geringem  Grade  er  es  verstand,  mit  den  Ver- 
hältnissen zu  rechnen,  aus  eigener  Initiative  Abhilfe  zu  treffen  und  die 
ihm  gewordene  Aufgabe  von  einem  höheren  Gesichtspunkte  zu  erfassen. 

Der  Marineminister  versprach  sowohl  mündlich  wie  in  einem  noch 
von  Ancona  aus  an  den  Admiral  gerichteten  Schreiben  demselben  seine 
kräftigste  Unterstützung  in  der  Erfüllung  aller  gerechtfertigten  Wünsche, 
forderte  ihn  jedoch  gleichzeitig  auf,  die  unter  seinen  Befehlen  stehenden 
Streitkräfte  stets  schlagfertig  zu  halten,  die  weitere  Ausbildung  der  Mann- 
schaften fortzusetzen;  durch  Kreuzungen  der  Ausluger  sich  von  den  Be- 
wegungen des  Feindes  stets  in  Kenntnis  zu  erhalten  imd  derart  bereit  zu 
sein,  um  auf  den  ersten  erhaltenen  Befehl  sogleich  auslaufen  zu  können. 

Demzufolge  nahmen  sämtliche  Schiffe  sofort  die  Ergänzung  des 
Kohlenvorrates  und  einige  die  Vornahme  notwendig  gewordener  Repara- 
turen in  Angriff. 


75 


4.  Kapitel. 


ErOftauDg  der  Feiodseligkeiteii.  —  Rekognotxienmgsfahrt  der  k.  k.  Eskadre  vor  Ancona  am  27.  Jnni. 
—  Sonstige  Yorfallenheiten  auf  Osterreichiacher  Seite  bis  zum  Angriffe    auf  die  Insel  Lissa   durch   die 

italienische  Flotte. 

Am  Morgen  des  20.  Juni  überreichte  der  italienische  Oberst 
Bariola  auf  dem  Vorposten  bei  Le  Grazie  nächst  Mantua  die  Kriegs- 
erklärung Italiens  an  Österreich,  deren  Wortlaut  zufolge  die  Feindselig- 
keiten drei  Tage  später,  somit  am  Morgen  des  23.  beginnen  sollten. 

Vom  Hauptquartier  des  Kommandierenden  der  Südarmec  Erzh.  Al- 
brecht hievon  in  Kenntnis  gesetzt,  traf  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff 
sofort  die  nötigen  Maßnahmen  bei  der  Eskadre  und  gab  im  Vertrauen 
auf  die  Kraft  der  ihm  unterstehenden  Streitmittel  sowie  den  vorzüglichen 
Geist  der  SchiGTsmannschaften  den  Gedanken  nicht  auf,  offensiv  gegen  die 
feindliche  Flotte  vorzugehen,  so  wie  sich  ihm  eine  günstige  Gelegenheit 
hiezu  darbieten  würde. 

Vor  allem  handelte  es  sich  für  ihn  darum,  sichere  Nachrichten  über 
die  Stärke imd  dieBewegungen  derselben  zu  erhalten,  und  zu  diesem  Zwecke 
wurde  noch  am  20.  Dampfer  ,  Stadium"  zur  Rekognoszierung  der  Küste  von 
Ancona  bis  Bari  entsendet.  Derselbe  kehrte  am  23.  mit  der  Meldung  zur 
Eskadre  zurück,  auf  seiner  Fahrt  keinem  feindlichen  Kriegsschiffe 
begegnet  zu  sein.^)  In  der  Voraussetzung  nun,  daß  der  Feind  innerhalb 
der  adrialischen  Gewässer  noch  nicht  vöUig  gesammelt  sei,  die  k.  k. 
Eskadre  im  Falle  einer  Begegnung  vielleicht  nur  auf  eine  gleich  starke, 
werm  nicht  schwächere  Abteilung  desselben  stoßen  dürfte,  daß  femer, 
falls  sich  diese  Vermutung  als  richtig  erweisen  und  man  vor  Ancona 
wirklich  nur  einen  Teil  der  gegnerischen  Flotte  finden  sollte,  unter 
günstigen  Umständen  ein  Angriff  gegen  die  auf  der  Rhede  verankerten 
Schiffe  immerhin  eine  Aussicht  auf  Erfolg  bieten  könnte,  faßte  Kontre- 
admiral V.  Tegetthoff  rasch  den  Entschluß,  von  Fasana  aus  eine  Reko- 
gnoszierungsfahrt  nach  Ancona  zu  unternehmen  und  sich  bezüglich  seines 


3)  Siehe  Seite  71. 


76 

weiteren  Vorgehens  dortselbst  ganz  von  den  Umständen  leiten  zu 
lassen. 

Er  überschififte  sich  noch  am  24.  mit  seinem  Stabe  von  der  Fregatte 
^Schwarzenberg**  auf  die  Panzerfregatte  ,Erzh.  Ferdinand  Max",  die  von 
nun  an  sein  Flaggenschiff  blieb,  und  stellte  gleichzeitig  bei  dem  Ober- 
kommando der  Sudarmee  telegraphisch  die  Anfrage,  ob  es  ihm  gestattet 
sei,  mit  der  Eskadre  eventuell  die  Offensive  zu  ergreifen  und  an  der 
italienischen  Küste  Rekognoszierungen  vorzunehmen.  , Bitte''  so  heißt 
es  zum  Schlüsse  in  seinem  Telegramm  ,um  präzise  Weisungen  über  den 
Grad  der  Fieiheit  in  der  Aktion,  die  mir  nunmehr  eingeräumt  isf  Die 
Antwort  des  Erzh.  Albrecht,  welcher  unterdessen  am  24.  Jimi  das  feind- 
liche Landheer  bei  Custoza  schlug,  traf  erst  am  26.  bei  der  Eskadre  ein 
und  lautete  folgendermaßen:  „Der  freien  Aktion  der  Eskadre  kein  Hinder- 
nis im  Wege,  nur  nicht  über  Lissa  hinaus;  Mündungen  des  Po  und  Küste 
Venedigs  im  Auge  behalten.* 

Kontreadmiral  V.  Tegetthoff  hatte  inzwischen  mit  allen  Schiffs- 
kommandanten Kriegsrat  gehalten  und  die  Chancen  einer  Operation 
gegen  Ancona  mit  einem  eventuellen  Angriffe  auf  die  daselbst  geankerten 
italienischen  Schiffe,  falls  sich  bloß  ein  Teil  der  feindlichen  Flotte  dort 
befinden  sollte,  nach  allen  Richtungen  hin  reiflich  erwogen. 

Er  bestimmte  zu  diesem  Unternehmen  als  die  besten  Läufer  der 
Eskadre  nachstehende  Schiffe : 

Panzerfregatte  „Erzh.  Ferdinand  Max*  (Flaggenschifl), 
,  „Don  Juan", 

w  „Kaiser  Max*, 

„Prinz  Eugen«, 
„Drache*, 
„  „Salamander*, 

Schraubenfregatte :  „  Schwarzenberg* , 
Kanonenbot:   „Hum*, 

,  ^Velebich*, 

„Reka*. 
„  .»Streiter'. 

Radaviso:  „Elisabeth*, 
,  „Stadium* 

und  lief  mit  dieser  Eskadre,  bestehend  aus  6  Panzerfregatten,  1  Holz- 
fregatte, 4  Kanonenbooten  und  i  Raddampfern,  zusammen  13  Schiffe, 
am  26.  Juni  abends  8^  von  Fasana  aus.  In  See  formierte  sich  die  Eskadre 


Juni  II 


•IIaI 


Italiener: 

1.  Principe  di  Carignano 

2.  Castelfidardo 

3.  Ancona 

4.  Red'Italia 

5.  Formidabila 

6.  Paleslro 

7.  S.  Mariino 

8.  Re  di  Porlogallo 

9.  Tcrribile 

10.  Varoae 

11.  Maria  Pia 
2r>.  Eaploratore 

26.  Messaggiere 

10.  Gaßtu 

17.  Muria  Adelaide 
Duca  di  Genova 
Garibaldi 

33.  Etna 

'iü.  Montebello 

ti.  Confienza 

24.  Vinzaglio 

27.  Guiecurdo 

28.  Ettore  Fieramusca 


20 
21 


k 


<S 


*, 

9 


\ 


77 

in  zwei  Divisionen,  jede  im  vorspringenden  Winkel  (Angriflswinkel), 
die  Divisionen  in  Eielwasserlinie,  und  steuerte  bei  leichtem  Westwind 
Südsüdwest-Eurs.  (Siehe  Karte  II.) 

Die  Nacht  verlief  ohne  besondere  Vorfallenheiten  und,  als  die 
Morgendämmerung  vorüber  war,  bekam  man  die  italienische  Küste  in 
Sicht,  worauf  Kurs  gegen  den  Monte  Conero  genommen  wurde.  Gegen 
4^  morgens  meldeten  die  Ausluger  am  Flaggenschiffe,  daß  man  in  der 
Richtung  des  Kurses  Rauch  wahrzunehmen  glaube.  Bald  wurde  derselbe 
auch  deutlich  sichtbar  und  um 4^  20°*  von  der  ,,Elisabeth''  ein  verdächtiger 
Dampfer  signalisiert.  Sofort  erhielt  dieselbe  Befehl,  zur  Rekognoszierung 
und  Jagd  vorzugehen.  Auf  zirka  IVs  Meilen  angelangt,  hißte  der  fremde 
Dampfer  —  Radaviso  »Esploratore**,  Kommandant  Marchese  di  Orengo 
—  die  itaUenische  Flagge,  was  von  der  ,, Elisabeth**  mit  dem  Hissen  der 
eigenen  Flagge  sowie  mit  einigen  Schüssen  beantwortet  wurde,  worauf 
er  sogleich  wendete  und*  gegen  Ancona  steuerte.  Die  „Elisabeth*  hatte 
derartig  Kurs  genommen,  um  ihm  womöglich  den  Rückzug  abzuschnei- 
den, und  konnte  bei  dieser  Gelegenheit  einige  Schüsse  — 14  im  ganzen  — 
anbringen,  von  denen  ein  ISpfüüdiges  La  Hitte-Geschoß  seinen  Radkasten 
traf.  Infolge  seiner  größeren  Schnelligkeit  gelang  es  ihm  jedoch,  bald 
außer  Schußweite  zu  gelangen,  und,  häufige  Alarmschüsse  abfeuernd, 
fohr  er  mit  voller  Dampfkraft  gegen  Ancona,  der  itali^schen  Flotte  die 
Nachricht  von  der  Annäherung  der  Österreicher  zu  überbringen. 

Die  k.  k.  Eskadre  setzte  unterdessen  ihre  Fahrt  fort,  die  Mann- 
schaften auf  ihren  Posten  zum  Gefechte  bereit.  Um  572*'  befand  sie  sich 
auf  zirka  2Vs  Seemeilen  von  Ancona.  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  ließ 
nun  langsamer  fahren,  die  Frontlinie  formieren  und  endlich  stoppen.  Die 
Kanonenboote  erhielten  Befehl,  noch  näher  unter  Land  zu  fahren  und 
efötlheten  nun  ihr  Feuer  auf  die  feindlichen  Schiffe,  das  in  diesem  Falle 
lUmlings  mehr  eine  Art  Herausforderung  bedeutete,  als  daß  es  großen 
Schaden  anrichtete,  trotzdem  einige  Schüsse  mitten  unter  diese  hinein- 
iUen. 

Gegen  Erwarten  lag  die  feindliche  Flotte,  deren  größerer  Teil  unter 

Idmiral  Persano,  wie  wir  im  vorhergehenden  Kapitel  gesehen  haben, 

;;|Mn  25.  abends  aus  Tarent  in  Ancona  eingetroffen  war,  fast  vollzählig  auf 

Rhede  vor  Anker ;  man  konnte  1 1  Panzerschiffe,  4  Fregatten,  2  Aviso- 

ipfer  zählen,  außerdem  sah  man  hinter  den  Kaimauern  des  inneren 

'•fens  noch  Rauchsäulen  aufsteigen.  Die  feindlichen  Schiffe,  durch  ihren 

isluger  alarmiert,  hatten  sofort  ihre  Feuer  vorgeschoben  oder  ange- 

Ddet,  mehrere  von  ihnen  setzten  sich  in  Bewegung,  öfters  den  Kurs 


wechselnd,  und  ein  Panzerscliiff  näherte  sich  der  .EHsabeth",  welche  in 
der  Verfolgung  des  .Esploratore"  sich  am  meisten  vorgewagt  hatte, 
augenscheinlich  in  der  Absicht,  ihr  den  Weg  zu  verlegen,  drehte  aber 
dann  plötzlich  wieder  gegen  die  eigenen  Schiffe,  sich  mit  ihnen  verei- 
nigend. 

Gegen  G'/t^  sah  man  4  Panzerschiffe  in  Kieiwasserlinie  und  mit 
Södsüdost-Kurs  unter  Land  gegen  den  Monte  Conero  zusteuern,  denen  in 
Intervallen  andere  folgten :  zwischen  den  Panzerschiffen  und  dem 
Lande  bildeten  mehrere  Holzschiffe  eine  zweite  Kielwasserlinie.  Beide 
Kolonnen  schienen  sich  durt  unter  dem  Schutze  der  Forts  sammeln  und 
eine  Formalion  einnehmen  zu  wollen;  sie  entfernten  sich  jedoch  durch 
dieses  Manöver  zusehends  von  der  k.  k.  Eskadre  statt  sich  ihr  zu  näiiem. 
Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  hatte  unterdessen  mit  seinem  Stabe  die 
Bewegungen  der  Italiener  aufmerksamen  Auges  verfolgt  und,  da  eine  Ab- 
sicht derselben,  ihm  entgegenzukommen  und  den  Kampf  mit  der  öster- 
reichischen Eskadre  aufzunehmen,  bis  jetzt  (zirka  7'')  nicht  wahrgenom- 
men werden  konnte,  anderseits  er  aber  dio  Stärke  der  vor  Ancona  liegen- 
dea  feindlichen  Flotte  nunmehr  aufgeklärt  war,  gab  er  um  diese  Zeit 
zuerst  der  leichten  Division  den  Befehl,  sich  zu  sammeln,  den  einfallenden 
Winkel  (Rückzugswinkel)  zu  formieren  und  mit  nöuilichem  Kurs  wieder  in 
See  zu  steuern.  Die  Panzerdivision  folgte  ihr  hierauf  in  derselben  For- 
malion. 

Die  gegnerische  Flotte,  von  deren  augenblicklich  wenig  schlagfer- 
tigem Zustande  man  natürlich  keine  Kenntnis  hatte,  imter  Land  anzu- 
greifen mußte  sich  unter  den  gegebenen  Umständen  als  ein  Unter- 
nehmen darstellen,  das  wegen  der  Übermacht,  der  Nähe  der  Land- 
battfrien,  insbesondere  aber  wegen  der  Möglichkeit,  auf  eine  unterseeische 
Minenanlage  zu  stoßen,  die  k.  k.  Eskadre  unter  wenig  günstigen  Chancen 
aufs  Spiel  gesetzt  hätte,  und  wäre  hiedurch  itu-em  Kommandanten  eine 
Verantwortlichkeit  erwachsen,  die  er  mit  seinen  Instruktionen  nicht  in 
Einklang  zu  bringen  vermocht  hätte.  Die  k.  k.  Eskadre  trat  demnach 
gegen  T/i",  unbehelligt  vom  Feinde  und  langsam  fahrend,  wieder  den 
Rückweg  nach  Fasana  an,  zufrieden  mit  dem  erreicliten  Zweck  der  Reko- 
gnoszierung sowie  mit  dem  moralischen  Erfolge,  den  das  Nichtangreifen 
des  Feindes  auf  die  Mannschaften  hervorgebracht  halte.  Die  Stimmung 
war  auf  allen  Schiffen  eine  ungemein  gehobene,  so  dtiß  man  alle  Ursache 
haben  konnte,  von  dem  gewonnenen  Resultate  befriedigt  zu  sem. 

Auf  der  Rückfahrt  wurden  noch  Evolutionen  nach  der  neuen  Taktik 
geübt  und  gegen  ti  ''  abends  lag  die  Eskadre  wieder  in  der  früheren 


79 

Ordnung  in  Fasana  vor  Anker,  wo  sie  einen  Zuwachs  an  der  inzwischen 
eingetroffenen  Panzerfregatte  »Habsburg^  vorfand. 

Von  nun  an  trat  verschärfter  Dienst  bei  der  Eskadre  ein  und  mußten 
sich  alle  Schiffe  mit  stillem  Dampf  in  der  Hälfte  der  Kessel  zum  augen- 
blicklichen Auslaufen  bereit  halten.  Am  28.  gegen  Sonnenuntergang 
signalisierte  Fort  Brioni  ein  Panzerschiff  mit  trikolorer  Flagge  auf  15  See- 
meilen in  Sicht.  , Kaiser  Max*"  und  , Don  Juan'',  zur  Rekognoszierung 
beordert,  erkannten  das  englische  Panzerschiff  „Enterprise'',  Kapitän 
Rowley,  welches  auf  dem  Wege  von  Ancona  nach  Triest  passierte. 
Den  folgenden  Tag  ging  «Prinz  Eugen"  nach  Malamocco  ab,  nm 
ein  Kohlentransportschiff  auf  die  Rhede  von  Fasana  zu  schleppen, 
kehrte  mit  demselben  am  30.  zurück,  ohne  auf  der  Fahrt  feindliche  oder 
verdächtige  Schiffe  entdeckt  zu  haben. 

Die  italienische  Flotte  lag  eingeholten  Nachrichen  zufolge  noch 
immer  auf  der  Rhede  von  Ancona,  verwehrte  den  dort  anlangenden 
Lloyddampfem  das  Auslaufen  und  hatte  sich  inzwischen  um  einige  Schiffe 
verstärkt,  so  daß  zu  erwarten  stand,  dieselbe  werde  nun  in  kürzester 
Zeit,  auf  ihre  Überlegenheit  bauend,  die  Offensive  ergreifen.  Bei  der  k.  k. 
Eskadre  wurde  deshalb  die  ihr  noch  gegönnte,  allem  Anscheine  nach  nur 
sehr  kurze  Frist  eifrig  benützt,  um  sich  für  den  Kampf  vorzubereiten. 
Alles  Schiffsmaterial,  welches  im  Gefechte  nur  nutzlos  im  Wege  stehen 
und  Verlegenheiten  bereiten  konnte,  wurde  in  das  Arsenal  nach  Pola 
abgeführt ;  die  Panzerfregatten,  welche  alle  in  Hohl  gestrichen  hatten, 
schifften  ihre  Segel,  die  Holzfregatten  sämtliche  Reserverundhölzer,  dann 
mit  Ausnahme  des  Vormarssegels  und  Klüvers  alle  Segel  sowie  den 
vierten  Anker  aus.  Die  Eskadrekassa  ward  auf  mehrere  Schiffe  verteilt, 
endlich  wurde  das  neue  Signalbuch  mit  4.  Juli  für  den  allgemeinen  Ge- 
brauch eingeführt. 

Eine  willkommene  Verstärkung  erhielt  die  k.  k.  Eskadre  an  diesem 
Tage  an  der  Schraubenfregatte  »Novara*,  welche  mit  großer  Energie  und 
anerkennenswertem  Patriotismus  auf  der  Triester  Werfte  des  Giuseppe 
Tonello  in  der  kürzesten  Zeit  wieder  in  seetüchtigen  Stand  gesetzt  und 
in  Pola  ausgerüstet  und  armiert  worden  war. 

Am  C.  Juli  ging  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  behufs  Vornahme 
von  Divisionsmanövem  mit  der  Flotte  in  See.  Die  Manöver  führten  selbe 
bis  in  Sicht  des  Monte  di  Ancona,  der  um  SVa^  nachmittags  Süd  zu  Ost 
gepeilt  wurde,  sodann  nahm  die  Flotte  wieder  Kurs  nach  Fasana,  woselbst 
sie  gegen  8**  abends  in  3  Kolonnen  in  so  exakter  Weise  vor  Anker  ging 
daß  der  Admiral  dieses  Manöver  mittels  Signals  belobte. 


Am  9,  Juli  berief  der  Admiral  alle  Komiriaiidanlen  an  Bord  des 
Flagg  enscliiff es,  um  den  Bericht  derselben  über  die  Seetöchtigkeit  ihrer 
Schiffe  zu  weiteren  Missionen  abzufordern  und  ließ  an  diesem  und  den 
zwei  nächstfolgenden  Tagen  je  ein  Drittel  der  Operationsflotle  die  Feuer 
löschen  und  eine  gründlicJie  Reinigung  der  Kessel  und  Maschinen  vor- 
nehmen. 

Wie  man  sieht,  sflumle  die  italienische  Flotte  ganz  gegen  alle  Er- 
wartung mit  dem  Beginne  ihrer  Operationen.  Am  10.  Juli  kamen  zwar 
nachmittags  und  vor  Mitternacht  vom  Gouvernement  aus  Zara  Depeschen 
des  Inhaltes  an,  daß  etwa  20  feindliche  Schiffe  auf  20  bis  25  Seemeilen  in 
Sicht  von  Lissa  wären,  und  auch  bei  Isola  grossa  wurde  eine  feindliche 
Eskadre  in  der  Stärke  von  16  Schiffen  wahi^enommen.')  Doch  diese  Be- 
wegung der  feindlichen  Flotte  blieb  ohne  weiteren  Folgen,  so  daß  es  dem 
Gouvrmement  von  Dalmatien  gelingen  konnte,  im  Laufe  des  12.  und 
13.  Juli  mittels  der  Schiffe  ,Fiume",  ,Venezia".  .Egilto"  und  der  vom 
Eskadrekommando  entsendeten  ,Lucia"  und  .Vulkan"  vier  Bataillone 
aus  Sebenico,  Lissa,  Castelnuovo  und  Cattaro  einer  Anordnung  des 
Kriegsministeriums  gemäß  ganz  ungefährdet  nach  Triest  zu  überführen. 
Raddampfer  ,Curtatone"  konnte  noch  im  Laufe  des  14.  bis  17.  Juli 
2  Kompagnien  des  4.  Bataillons  Hohenlohe-lnfanterie  unangefochten  von 
Cattaro  nach  Zara  bringen  und  dann  wieder  an  seinen  Bestimmungsort 
zurückgelangen. 

Am  14.  Juli  morgens  kam  der  Eskadre  ein  Panzerschiff  ohne  Flagge 
in  Sicht,  dasselbe  ward  aber  durch  die  zur  Rekognoszierung  beorderten 
Panzerfregatten  .Habsburg"  und  «Kaiser  Max'  wieder  als  das  schon 
frulier  erwähnte  englische  Panzerschiff  , Enterprise'  erkannt. 

Am  16.  Juli  4'/i!''  morgens  rekognoszierte  der  kreuzende  .Drache' 
die  auf  der  Fahrt  nach  Venedig  begriifcne  französische  Panzerfregatle 
.Provence'  mit  der  Flagge  des  Kontreadmirals  d'Herbinghem. 

Leider  warfen  die  inzwischen  eingetroffenen  ungünstigen  Nachrichten 
über  die  Nordarmee  einen  Schatten  auf  die  andauernd  gute  und  dienstes- 
freudige Stimmung,  welche  auf  der  Eskadre  heiTSchte.  und  die  Verlaut- 
barung des  kaiserlichen  Manifestes,  mit  dem  die  Unfälle  der  Nordarmee 
amtlich  anerkannt  und  zugleich  die  Abtretung  Venetiens  an  den  Kaiser 
der  Franzosen  ausgesprochen  wurde,  konnte  nicht  verfehlen,  drückend 
auf  alle  Gemüter  zu  wirken. 


')  Siehe  Aaniertung  Seite  IS3. 


81 

Schon  schien  es,  als  ob  auch  diesmal  die  Rolle  der  kaiserlichen 
Marine  bereits  ausgespielt  wäre  und  es  zu  einem  Kampfe  auf  dem  Meere 
nicht  mehr  kommen  werde.  Die  Mediation  Frankreichs  auf  Grundlage 
der  Abtretung  Venetiens  war  in  vollem  Gange  und  die  Anwesenheit  eines 
französischen  Kriegsschiffes,  das  nach  einer  bei  der  Flotte  eingelaufenen 
offiziellen  Mitteilung  als  der  Vorläufer  ein<;r  ganzen  französischen  Eskadre 
betrachtet  werden  konnte,  sprach  für  den  Erfolg  der  mit  Italien  an- 
gebahnten Verhandlungen. 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  mußte  deshalb  sehr  besorgt  sein, 
daß  das  auf  die  Schiffe  gedrungene  GerQcht  über  die  bereits  vollzogene 
Abtretung  Venetiens  sowie  über  den  Rückzug  der  kaiserlichen  Südarmee 
einen  üblen  Eindruck  auf  die  Equipagen  üben  würjie,  von  denen  über 
800  Mann  aus  Venetien  stammten,  und  schlug  daher  dem  Kriegsministerium 
vor,  diese  letzteren  im  Falle  der  wirklich  bereits  erfolgten  Abtretung 
Venetiens  auszuschiffen.  Doch  die  hierauf  eingetroffene  telegraphische 
Rückantwort:  , Venetien  noch  nicht  abgetreten,  Aufgabe  der  Eskadre  un- 
verändert*, welche  den  Mannschaften  auch  mittels  Eskadrebefehles  ver- 
lautbart  wurde,  beruhigte  einigermaßen  und  ließ  nur  mehr  an  die  Pflicht 
und  an  die  Ehre  der  Flagge  denken. 

Willkonunenerweise  kamen  auch  Depeschen  aus  dem  Süden  an,  die 
vermuten  lassen  konnten,  daß  der  Gegner  endlich  seine  Untätigkeit  auf- 
gegeben und  sich  zu  irgend  einer  Aktion  entschlossen  habe. 


Fleischer.  Die  k.  k.  Kriegsmarino  1866. 


BD  dor  fluUiTBirhiBdhBD  Ehkarlm 
dlfseni  T»g8.  -  rormienme  ds 

vor  AMod«  au  27,  Juni,    - 
-»Iben    unter  Hnnl«  Canoro  u 

od  RBcU. 

n>  Bord  d.^  .Princip«  di  Carign. 

uf  der  Flo 

urhalleo  dcB  Admirols  P  e  r>  «  u  o.  - 

-  DepeKlienwecbael  und  Korr*. 

poideni zw 

-  Kreniu 

d.rAdri.  vom  8.  bi.  13.  Juli  un 

ihre  ROcUctbr   n«J>  Ancon. 

-  BrieU 

Die  italieniachü  Flotte  war,  wie  wir  am  Schlüsse  des  vorletzten 
Kapitels  gesehen  haben,  nach  ihrer  Ankunft  in  Ancona  damit  beschöfligt, 
den  Bedarf  an  Kohlen  und  Lebensmitteln  zu  ergänzen;  auch  war  einzelnen 
Schiffen  die  Vornahme  besonders  dringend  gewordener  Reparaturen 
gestattet  worden.  Ferner  sollte  der  „Principe  di  Carignano'  seine  un- 
bereiften Cavalligeschütze  mit  bereiften  Geschützen  französischen  Systems 
der  beiden  Panzerkorvetten  .Terribile'  und  , Formidabile '  wechseln  und 
war  die  .Ancona"  im  inneren  Hafen  vor  Anker  gegangen,  um  eine  größere 
Maschinenreparalur  durchzuführen,  welche  eine  Zerlegung  einzelner 
Maschinenbestandteile  erforderte.  Diesen  Beschäftigungen  gab  man  sich 
im  Laufe  des  26.  sowie  in  der  Nacht  vom  26,  zum  27.  mit  allem  Eifer  hin. 

Auf  den  Panzerfregatten  .Re  d'Italia"  und  ,Re  di  Portogallo"  war 
eine  Selbstentzündung  der  Kohlen  in  den  Depots  entstanden,  welche 
zwar  auf  ersterem  im  Laufe  des  2G.  gedämpft  wurde,  auf  letzterem  jedoch 
die  Ausschiffung  der  sämtlichen  Kohle  von  einer  Bordseite  bedingte. 

Zur  Sicherung  der  Flotte  während  der  Nacht  hatte  man  den  Rad- 
aviso .Esploratore " ,  Kommandant  Fregattenkapitän  Marchese  di  Orengo. 
am  Abend  des  26.  auf  Kreuzung  geschickt  mit  dem  Befehle,  am  nächsten 
Morgen  wieder  zur  Flotte  zu  stoßen.  Die  Morgendämmerung  des  27. 
brach  an  und  der  .Esploratore'  wollte  eben  von  seiner  Nachtkreuzung, 
auf  welcher  er  nichts  Verdächtiges  angetroffen  hatte,  nach  Ancona  zurück- 
kehren, als  seine  Auslugposten  am  Horizonte,  der  sich  klar  und  deutlich 
abgrenzte,  den  Rauch  von  Dampfern  wahrnahmen.  Sofort  darauf  los- 
steuernd, erkannte  Kommandant  Orengo  bald  an  der  Formation  eine 


83: 

Eskadre  von  Kriegsschiflfen,  der  ein  Aviso  vorandampfle.  Nachdem  zu 
dieser  Zeit  Abteilungen  sowohl  der  englischen  als  auch  französisclien 
Mittelmeerflotte  die  Adria  zu  besuchen  pflegten,  lag  ihm  daran,  sich  über 
die  Nation  dieser  Eskadre  Gewißheit  zu  verschaffen,  weshalb  er,  näher 
konunend,  die  italienische  Flagge  hißte.  Sofort  antwortete  der  fremde 
Aviso  mit  dem  Hissen  der  österreichischen  Flagge  und  eröffnete  sein  Feuer 
auf  den  «Esploratore*^,  der  dasselbe  mit  seinen  12  cm  CavaUigeschützen 
so  gut  als  möglich  erwiderte,  jedoch  alsbald  wendete  und,  von  Zeit  zu 
Zeit  Alarmschüsse  abfeuernd,  unter  höchstem  Dampfdruck  nach  Ancona 
steuerte.  Um  4**  50°*  a.  m.  kam  der  ^Esploratore**  in  Sicht  der  italienischen 
Flotte  mit  dem  am  Vortop  wehenden  Signale:  „Der  Feind  ist  in  Sicht*. 
Es  läßt  sich  begreifen,  daß  diese  Nachricht,  auf  die  man  nicht  gefaßt  war 
und  die  wie  ein  Blitz  aus  heiterem  Himmel  mitten  in  die  italienische 
Flotte  hineinfuhr,  imter  den  obwaltenden  Umständen  nicht  wenig 
Erstaunen  und  Verwirrung  bei  derselben  verursachte.  Diese  Kühnheit 
des  Feindes  hatte  man  denn  doch  nicht  erwartet;  dazu  befand  man  sich  in 
einer  Verfassung,  die  von  einer  Schlagfertigkeit  weit  entfernt  war  und 
dieselbe  nicht  so  leicht  herstellen  ließ.  Umgeben  von  allen  möglichen 
Flottanten,  die  Batterien  mit  Kohlensäcken  und  Lebensmittelvorräten 
gefällt,  die  nun  in  aller  Hast  weggestaut  werden  mußten,  die  Maschinen 
einzelner  Schiffe  im  augenblicklich  undienstbaren  Zustande,  kam  —  es  läßt 
sich  dies  nicht  verkennen  —  die  österreichische  Eskadre  gerade  im  denk- 
bar ungünstigsten  Momente  an,  in  einem  Momente,  wo  die  kriegerische 
Verfassung  der  Flotte  durch  die  vorzunehmenden  Arbeiten  ganz  in  den 
Hintergrund  getreten  war. 

Nichtsdestoweniger  gelang  es  auf  den  meisten  Schiffen  dennoch 
der  Energie  und  Tätigkeit  der  Kommandanten  und  Offiziere  sowie  dem 
lobenswerten  Eifer  der  Mannschaften,  in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  die 
Ordnung  herzustellen  und  sich  auf  das  vom  Admiralschiffe  gegebene 
Signal  in  den  Gefechtszustand  zu  versetzen.  Die  Feuer  wurden  sogleich 
vorgeschoben  oder  angezündet  und  in  dem  Zeitraum  von  1  bis  I72  Stun- 
den —  einige  Schiffe  auch  schon  früher  —  war  die  Flotte  dampfklar  und 
zum  Auslaufen  bereit. 

Als  die  ersten  hatten  sich  ,, Maria  Pia*  imd  »San  Maiüno*,  die  auch 
am  weitesten  in  See  geankert  lagen,  gegen  den  Feind  in  Bewegung 
gesetzt,  binnen  kurzem  vom  »Castelfidardo*  gefolgt.  Die  ,, Maria  Pia*, 
welche  dem  den  «Esploratore*  jagenden  österreichischen  Raddampfer 
, Elisabeth*  am  nächsten  war,  steuerte  auf  diesen  mit  voller  Kraft  in 
der  Absicht  los,  ihm  den  Rückzug  abzuschneiden,  wurde  jedoch  vom 


kommandierenden  Admiral  millels  Signals  zurückgerufen  und  selbst,  als  die 
.Enisabelh*  zwei  Schüsse  gegen  die  .Maria  Pia*  abgefeuert  hatte  und 
letztere  nun  um  die  Erlaubnis  bat,  das  Feuer  eröffnen  zu  dürfen,  wurde 
ihr  diese  verweigert.  Die  .Maiia  Pia"  drehte  hierauf  wieder  gegen  die 
eigene  Flotte  und  vereinigte  sich  mit  den  Schiffen,  die  bereits  in 
Bewegung  waren. 

Der  ,Re  d'ltalia",  dem  es,  wie  bereits  erwähnt,  tags  vorher  gelungen 
war,  des  Feuers  in  den  Koblendepots  Herr  zu  werden,  war  noch  damit 
beschäftigt,  die  durchnäßten  Kohlenreste  über  Bord  zu  werfen;  er  unter- 
brach jedoch  diese  Arbeit  und  trachtete,  alsbald  in  kampfbereiten  Zustand 
zu  gelangen.    Gegen  G'/a''  war  er  im  stände,  sich  in  Bewegung  zu  setzen. 

Der  ,Tle  di  Portogallo"  hatte  gleichfalls  die  Ausschiffung  der  Kohlen 
in  den  ßackbord-Kohlenräumen  vorgenommen  gehabt  und  lag  jetzt  stark 
auf  steuerbord  über;  es  gelang  aber  dem  Kommandanten  Riboty, 
wacker  unterstützt  von  seinen  Offizieren  und  Matrosen,  bald  das  Schiff 
wieder  auf  geradem  Kiel  und  gefechtsbereit  herzustellen;  durch  eine 
Unachtsamkeit  des  ersten  Maschinisten  beim  Dampferzeugen  war  jedoch 
Wasser  in  die  Zylinder  gedrungen,  so  daß,  kaum  in  Bewegung  gesetzt, 
die  Maschine  wieder  abgestellt  werden  mußte.  Trotzdem  wurde  auch 
diesem  Unfälle  noch  abgeholfen  und  der  ,R6  di  Portogallo"  folgte  gegen 
7''  den  inzwischen  unter  Monte  Conero  sich  in  Kiei Wasserlinie  for- 
mierenden Schiffen  nach. 

Die  jÄncona'  lag,  wie  wir  wissen,  im  inneren  Hafen  und  hatte 
behufs  Vornahme  euier  größeren  Reparatur  einzelne  Maschinenbestand- 
teile zerlegen  müssen.  Der  Kommandant  derselben,  Linien  schiff skapitän 
Piola,  befahl  sofort,  die  Maschine  so  gut  als  möglich  wieder  in  stand  zu 
setzen,  und  einige  Minuten  nach  7^  dampfte  auch  dieses  Schiff  zur  all- 
gemeinen Verwunderung  auf  die  Rliede.  sich  mit  den  Panzerschiffen  zu 
vereinigen  bestrebt.  Allerdings  konnte  die  .Ancona'  nur  mit  geringerer 
Gescliwindigkeit  als  sonst  fahren,  da  die  Maschine  nicht  sehr  angestrengt 
werden  durfte,  trotzdem  war  sie  aber  immer  im  stände,  6  bis  7  Meilen  pro 
Stunde  zu  machen. 

Der  .Principe  di  Carignano",  welcher  mit  der  Panzerkorvetle 
jTerribile'  Geschütze  wechseile,  unterbrach  diese  Operation  sofort  und 
wai-,  wenn  ihm  auch  infolgedessen  einige  Geschütze  auf  die  volle 
Zahl  seiner  Bestückung  fehlten,  mit  dem  Reste  seiner  Artillerie  — 
16  Geschützen  —  gefechtsbereit  und  in  kurzer  Zeit  in  Bewegung. 

Der  „Terribile*  fehlten  wiederum  die  noch  auf  dem  Ponton  liegen- 
den ausgewechselten  Geschütze  des  .Principe  di  Carignano*,   die  man 


85 

noch  nicht  zu  installieren  vennocht  hatte ;  trotzdem  war  aber  auch  sie  im 
Stande,  mit  14  Geschützen  am  Gefechte  teilzunehmen. 

Endlich  hatten  die  Panzerkanonenboote  »Palestro*  und  ^Varese* 
noch  französische  Maschinisten  an  Bord,  die  von  der  Schiffbaugesellschaft 
in  Frankreich,  welche  diese  Schiffe  erbaut  halte,  als  Garantiemaschinisten 
beigestellt  worden  waren  und  welche  jetzt,  wo  es  gegen  den  Feind  gehen 
sollte,  Schwierigkeiten  erhoben  und  ihre  Ausschiffung  verlangten,  da  sie 
kontraktlich  nur  zum  Dienste  in  Friedenszeiten  verpflichtet  waren.  Man 
mußte  notgedrungen  ihnen  Konzessionen  machen  und  gute  Worte  geben, 
um  sie  zu  veranlassen,  wenigstens  in  diesem  kritischen  Momente  nicht 
ihren  Posten  zu  verlassen. 

In  dieser  keineswegs  günstigen  Lage  befand  sich  also  die  italienische 
Flotte,  als  unterdessen  die  österreichische  Eskadre  in  vollkommen  ge- 
schlossener Ordnung  bis  auf  eine  Entfernung  von  ungefähr  2  V2  Seemeilen 
angekommen  war,  mit  den  Panzerschiffen  eine  Frontlinie  formierte  und 
sich  in  dieser  zuwartenden  Haltung  mit  gestoppten  Maschinen  bis  un- 
gefähr 7*^  verhielt.  Ein  oder  das  andere  der  österreichischen  Kanonen- 
boote wagte  sich  noch  näher  heran,  um  einige  Schüsse  abgeben  zu 
können,  von  denen  auch  mehrere  mitten  zwischen  die  italienischen 
Schiffe  hineinfielen. 

Admiral  Persano  hatte  sich  um  6^/4*"  auf  den  Radaviso 
»Esploratore*  überschifft,  vorher  aber  noch  der  Flotte  das  Signal  gemacht, 
.sich  in  Kielwasserlinie  mit  dem  einem  jeden  Schiffe  im  Angriffsplane 
zugewiesenen  Posten  zu  formieren.**  Nachdem  aber  ein  eigentlicher 
Angriflsplan  bis  jetzt  nicht  herausgegeben  worden  war,  so  glaubten  die 
Kommandanten,  der  Admiral  beziehe  sich  auf  die  „Verhaltungsmaß- 
regeln* (ordini  di  massima)  vom  21.  Juni  und  wollten  in  diesem  Sinne  ihre 
Posten  einnehmen,  wodurch  ein  Hin-  und  Herfahren  der  Schiffe  entstand, 
welches  gar  keinen  Zweck  hatte  und  um  so  mehr  eine  unnütze  Zeit- 
verschwendung war,  als  Admiral  Persano  auf  dem  „Esploratore*  von 
einem  Schiffe  zum  anderen  fuhr  und  auf  Preidistanz  durch  seinen  Stabs- 
chef mündlich  neue  Befehle  erteilen  ließ.  Am  „Principe  di  Carignano* 
vorbeipassierend,  erteilte  er  dem  Kontreadmiral  Vacca  den  Befehl,  mit 
den  bereits  in  Bewegung  befindlichen  Panzerschiffen  gegen  den  Monte 
Conero,  welcher  ungefähr  3  Meilen  nördlich  von  Ancona  liegt,  zu 
steuern,  dort  unter  dem  Schutze  der  Landbatterien  die  sukzessive  nach- 
kommenden aufzunehmen  und  die  Kielwasserlinie  zu  formieren.  Die 
Panzerschiffe  wurden  mittels  Signals  angewiesen,  den  Befehlen  des 
Kontreadmirals  Vacca  Folge  zu  leisten.  Dem  Vizeadmiral  Albini  befahl 


er,  mit  seinen  Holzfregatten  zwischen  den  Panzerschiffen  und  dßm  Lande 
eine  zweite  Kielwasserlinie  zu  formieren  und  sodann,  wenn  das  Feuer 
eröffnet  würde,  die  feindlichen  Holzschiffe  anzugreifen ;  ais  Unterstützung 
würde  ihm  dos  Panzerkanonenboot  ,Varese'  und  eventuell  noch  ein 
Äweites  Panzerschiff  zugeteilt  werden,  falls  sich  dies  tun  lassen  sollte. 

Gegen  G'/s''  dampften  daher  die  vier  Panzerschiffe  , Principe  di 
Carignano*,  .Maria  Pia",  «San  Martino'  und  ^Castelfidardo"  in  süd- 
südöstlicher Richtung  gegen  den  Monte  Conero.  wohin  sukzessive  alle 
anderen  Schiffe  sowie  Admiral  Persano  mit  dem  .Esploratore*  Kurs 
nahmen.  Dort  formierten  sich,  wie  anbefohlen,  die  Panzerschiffe  unter 
Fflhnin^  des  Konlreadmirals  Vacca  in  Kiel  Wasserlinie,  ebenso  die  Holz- 
schiffe unter  Vizeadmiral  Albini  an  Steuerbord  von  den  Panzerschiffen 
näher  dem  Lande  zu  und,  hierauf  mit  Gegenmarsch  wendend,  steuerte  die 
italienische  Flotte  in  zwei  Kolonnen  wieder  gegen  Ancona  zurück. 

Diese  Formierung  unter  Monte  Conero  hatte  aber  länger  als  eine 
Stunde  gedauert  imd  zur  Folge  gehabt,  daß  man  sich  immer  weiter  von 
der  Österreichischen  Eskadre  entfernte,  statt  sich  ihr  zu  nähern;  aus  eben 
-diesem  Grunde  war  es  aber  auch  dem  österreichischen  Admiral,  der  nun- 
mehr erkannt  hatte,  daß  er  es  mit  der  gesamten  italienischen  Flotte  zu 
tun  habe,  gelungen,  sich  inzwischen  langsam  und  von  ihr  unbelästigl 
zurückzu^iiehen;  denn  als  die  letztere  nach  8"  wieder  vor  Ancona  erschien, 
befand  sich  die  österreichische  Eskadre  schon  in  einer  solchen  Entfernung 
daß  man  nur  mehr  den  Ranch  und  die  Masten  ihrer  Schiffe  wahrnehmen 
konnte. 

Admiral  Persano  näherte  sich  jetzt  mit  dem  .Esploratore'  dem 
.Principe  di  Carignano",  befahl  zu  halten  und  überschiffte  sich  mit  dem 
Stabschef  d'Aniico  auf  dieses  Schiff.  Am  Bord  desselben  begab  er  sich 
sofort  auf  das  Hüttendeck,  berief  dorthin  den  Konti'eadmiral  Vacca  mit 
dem  Stabschef  der  3.  Division,  Fregattenkapitän  Bucchia,  sowie  den 
Schiffskommandanten  Linien  seh  iffskapit&n  Jauch  und  hielt  mit  diesen 
Offizieren  einen  Krieg-irat  darüber  ab,  wjls  nunmehr  zu  tun  sei.  Er 
eröffnete  denselben,  daß  der  ,R^  d'Ilalia"  gegenwärtig  i indienstbar  sei 
wegen  der  noch  immer  nicht  ganz  behobenen  Selbstentzündung  der 
Kohlen  in  den  Depots;  in  ähnlicher  Verfassung  befände  sich  der  ,Re  di 
Portogallo'",  die  .Ancona"  habe  ihre  Maschine  nur  notdürftig  wieder  her- 
gestellt und  sei  dieselbe  aus  diesem  Grunde  keiner  großen  Anstrengung 
ßhig.  Die  Kanonenboote  .Palestro'  und  .Varese'  hätten  nur  mehr  für 
wenige  Stunden  Kohlen  am  Bord  und  außerdem  verlangten  die  französi- 
schen Maschinisten    derselben    die    Ausschiffung;    die    Panzerkorvette 


87 

.Terribiie**  habe  nur  ihre  halbe  Bestückung.  Zum  Schluß  ließ  er  noch 
durchblicken,  daß  seine  Instruktionen,  deren  Inhalt  er  nicht  näher  mit- 
teilen könne,  es  ihm  zur  Pflicht  machten,  die  Flotte  nicht  aufs  Spiel 
zu  setzen,  nachdem  sie  baldigst  zu  einer  sehr  wichtigen  Mission  berufen 
sein  werde.  Er  frage  nunmehr  die  Offiziere  um  ihre  Meinung,  was  unter 
so  obwaltenden  Umständen  zu  geschehen  habe. 

Fregattenkapitän  Bucchia  als  der  Rangjüngste  der  Offiziere 
hatte  zuerst  zu  sprechen.  Derselbe  äußerte  sich  dahin,  daß  nach  den  Dar- 
stellungen des  kommandierenden  Admirals  bezüglich  der  Übelstände  auf 
einigen  Schiffen  seiner  Meinung  nach  eine  energische  und  längere  Ver- 
folgung des  Feindes  momentan  untunlich  erscheine,  zumal  sich  die  öster- 
reichische Eskadre  bereits  in  einer  solchen  Entfernung  befinde,  daß  eine 
Verfolgimg  derselben  die  italienische  Flotte  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
bis  unter  die  istrianische  Küste  nach  Pola  führen  würde,  wo  die 
gegnerische  Eskadre  Schutz  unter  den  Landbatterien  fände,  welch 
letztere  anzugreifen  man  außer  stände  sei;  nachdem  der  kommandierende 
Admiral  endlich  auch  bezüglich  seiner  Instruktionen  Bedenken  erhoben 
habe,  so  sei  er  der  Ansicht:  Die  Flotte  solle  nach  Ancona  zurückkehren, 
dort  so  rasch  als  möglich  sich  mit  allem  Nötigen  versehen  und  sich  sodann 
für  die  weiteren  Eventualitäten  bereit  halten. 

Dieser  Ansicht  schlössen  sich  Linienschiffskapitän  Jauch,  Stabschej 
Linienschiffskapitän  d'Amico  sowie  Admiral  Persano  ohne  weiteres  an, 
Konlreadmiral  Vacca  jedoch  nur  mit  dem  ausdrücklichen  Vorbehalte, 
daß  die  italienische  Flotte,  nachdem  sie  sich  in  Ordnung  gesetzt  und  ihre 
Vorräte  ergänzt  habe,  sofort  vor  Pola  erscheinen  solle,  um  dort  die 
Herausforderung  Tegethoffs  in  gleicher  Weise  zu  beantworten.  Hierauf 
begab  sich  Admiral  Persano  an  Bord  des  „Re  d'Italia**  und  erteilte  der 
Flolte  das  Signal  zum  Ankern. 

Der  Eindruck,  den  dieses  Signal  auf  allen  Schiffen  hervorrief,  war 
ein  überaus  peinlicher  und  ungünstiger,  die  Indignation  über  diese  der 
Flotte  zugewiesene  Rolle  eine  allgemeine.  Man  empfand  es  als  eine 
Demütigung,  so  ganz  unverrichteter  Sache  wieder  vor  Ancona  zurück- 
gekehrt zu  sein.  Selbst  unter  den  höheren  Offizieren  wurden  Stimmen 
laut,  die  sich  nicht  mehr  mit  der  militärischen  Disziplin  vereinbaren 
ließen;  Vizeadmiral  Albini  und  sein  Stabschef  Linienschiffskapitän 
Marquis  Paulucci  nahmen  ganz  offen  gegen  den  Admiral  en  chef  Partei 
und  der  erstere  ließ  sich  sogar  zu  der  Äußerung  hinreißen:  „Cosl  non  si 
fa  la  guerra*.  Das  bedauerlichste  bei  der  Sache  war  jedoch,  daß  Admiral 
Persano,  der  diese  Äußerungen  erfuhr,  zum  Nachteile  der  Disziplin  es 


nicht  wagte,  gegen  die  Urheber  derselben  in  strenger,  dienstgemäßer 
Weise  einzuschreiten. 

Es  sei  uns  gestattet,  an  dieser  Stelle  einige  Bemerkungen  über  diese 
AffSre  Tom  27.  Juni  sowie  über  das  Verhallen  des  Admirals  Persano 
an  jenem  Tage,  insoweit  sich  dies  aus  den  Tatsachen  und  aus  den 
offiziellen  Erhebungen  hierüber  ergibt,  beizufügen. 

Gewiß  befand  sich,  wie  wir  bereits  erwShnt  haben,  die  italienische 
Flotte  beim  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre  in  einer  äußerst 
schwierigen  und  ungünstigen  Lage.  Es  darf  dies  nicht  verkannt  werden. 
Wir  wollen  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  sie  gerade  eine  derartige  sein 
mußte  und  ob  es  einem  als  kühn  und  unternehmend  bekannten  Gegner, 
für  welchen  Kontreadmiral  v.  Tegelthoff  gehalten  wurde,  der  sich  noch 
dazu  bloß  80  Seemeilen  entfernt  befand,  ob  es,  sagen  wir,  einem  solchen 
Gegner  gegenüber  angezeigt  war,  sich  derart  in  Sicherheit  zu  wiegen  und 
die  dringend  notwendig  gewordenen  Arbeilen  nicht  auf  eine  vorsichtigere 
Art  durchzuführen. 

Bei  alledem  aber,  daß  sich  die  italienische  Flotte  durch  teilweise 
eigene  Schuld  am  Morgen  des  27.  Juni  in  einer  so  üblen  Verfassung 
befand,  war  die  Lage  des  Admirals  Persano  doch  immer  keine  derartige, 
daß  derselbe  bei  einiger  Energie  und  Schneidigkeit  nicht  dennoch  hätte 
eine  bessere  Rolle  spielen,  ja  vielleicht  sogar  selbst  einen  Erfolg  davon- 
tragen können. 

Dem  Eifer  und  wackeren  Benehmen  der  Offiziere  und  Mannschaften 
war  es  zu  verdanken,  daß  sobald  als  möglich  auf  den  einzelnen  Schiffen 
die  Gefechtsbereitschaft  wiederhergestellt  wurde.  Schon  früher  als  6'/«''. 
also  der  Zeit,  zu  welcher  die  Österreicher  auf  eine  Entfemung  von  2  bis 
2'/b  Seemeilen  in  Fronthnie  mit  gestoppten  Maschinen  vor  der  Hafen- 
einfahrt liielten.  standen  ihm  die  4  Panzerschiffe  .Maria  Pia'. 
,San  Marlino',  .Principe  di  Carignano"  und  .Castelfidardo*  sowie  die 
4  Holzfregatten  „Maria  Adelaide",  ,Duca  di  Genova',  ,Gafta*  und 
.Garibaldi",  die  Schraubenkorvette  ,Etna",  die  Schraubenkanonenboote 
.Montebello".  .Confienza'  und  »Vinzaglio*  sowie  die  Raddamptkorvetten 
.Guiscardo"  und  „Ettore  Fieramosca'  vollkommen  dampf-  und  gefechts- 
bereit zur  Disposition.  Die  Verfassung  des  ,R6  d'Ilalia"  und  der  beiden 
Panzerkorvetten  .Terribile'  und  „Formidabile"  war  um  diese  Zeit  schon 
eine  derartige,  daß  auf  ihr  baldigstes  Eintrelen  in  die  Aktion  ebenfalls 
mit  Sicherheit  gerechnet  werden  konnte,  wie  sie  tatsächlich  auch  ungelSltr 
eine  Viertelstunde  später  sich  in  Bewegung  setzten.  Nur  auf  ,R6  di 
Portogallo*   und  .Ancona'  sowie  auf  die  beiden  Panzerkanonenboote 


89 

.Palestro"  und  »Varese*  war  aus  den  uns  bekannten  Gründen  um  672^ 
noch  nicht  mit  Bestimmtheit  zu  rechnen.  Wir  wollen  daher  dieselben 
vorläufig  noch  außer  Betracht  lassen  und  bloß  die  oben  genannten 
7  Panzerschiffe,  5  schweren  und  3  leichten  Holzschiffe  sowie  die  2  Rad- 
dampfkorvetten als  augenblicklich  verfügbare  Kombattanten  ansehen.  ^) 

Entschloß  sichAdmiral  Fers  an  0,  dieselben  auf  derRhede  rasch  in 
Frontlinie  zu  formieren,  die  Panzerschiffe  im  ersten,  die  Holzschiffe  im 
zweiten  Treffen,  und  warf  er  sich  mit  dieser  Macht  noch  vor  7**,  um 
welche  Zeit  erst  die  österreichische  Eskadi-e  sich  zum  Rückzuge 
anschickte,  derselben  entgegen,  so  verhinderte  er  für  alle  Fälle  den 
Rückzug  des  Gegners  und  zwang  ihn,  das  Gefecht  vor  Ancona  unter 
Umständen  anzunehmen,  bei  welchen  die  Obermacht  der  italienischen 
Flotte  alsbald  zur  Geltung  kommen  mußte.  Hiedurch  wäre  unzweifelhaft 
die  Lage  des  österreichischen  Admirals,  der,  von  seiner  Operationsbasis 
entfernt,  mit  unzureichenden  Kräften  das  Gefecht  mit  dem  größten  Teile 
der  italienischen  Flotte  unter  den  Kanonen  Anconas  hätte  annehmen 
müssen,  zu  einer  sehr  kritischen  geworden  und,  wenn  auch  die  Öster- 
reicher den  Sieg  gewiß  teuer  verkauft  hätten,  so  ist  doch  nicht  abzusehen, 
welchen  Verlusten  dieselben  ausgesetzt  werden  konnten. 

Dadurch  nun,  daß  Admiral  Persano  diesen  einzigen  für  ihn  Erfolg 
verheißenden  Ausweg  nicht  einschlug,  sondern  die  unglückliche  Idee 
hatte,  die  Formation  der  Flotte  drei  Meilen  nördlich  unter  Monte  Conero 
vorzunehmen,  beging  er  einen  großen  Fehler,  der  sich,  ganz  abgesehen 
von  dem  ungünstigen  moralischen  Eindrucke,  den  er  hervorbringen 
mußte,  noch  dadurch  rächte,  daß  er,  wie  erwähnt,  dem  österreichischen 
Admiral  die  Zeit  ließ,  sich  ganz  unbehelligt  zurückzuziehen  und  einen 
bedeutenden  Vorsprung  zu  gewinnen. 

Hierüber  herrschte  auf  der  italienischen  Flotte  auch  nur  eine 
Meinung  und  mit  Ausnahme  des  Stabschefs  d'Amico,  der  wahrscheinlich 
der  geistige  Urheber  dieser  Maßregel  gewesen  sein  dürfte,  fand  sich  unter 
sämtlichen  Kommandanten  und  Offizieren,  die  während  des  Prozesses 
Persano  über  diesen  Punkt  vernommen  wurden,  auch  nicht  einer,  der 
diese  Idee  nicht  verworfen  und  nicht  als  eine  sehr  unglückliche  be- 
zeichnet hätte. 

Aber  selbst  noch  in  dem  Augenblicke,  wo  die  italienische  Flotte, 
bereits  in  zwei  Kolonnen  geordnet,  wieder  gegen  Norden  gewendet  hatte 


1)  Die  2  Radavisos  „Messaggiere*  und  „Esploratore*'   hatten  eine  so  schwache 
Bestückung,  dafi  wir  dieselben  bezügHch  ihrer  miliUirischen  Stärke  außer  Betracht  lassen. 


und  die  österreichische  Eskadre  sicJi  uiigefüiir  7  bis  8  Seemeilen  von 
Ancona  entfernt  befinden  konnte,  hatte  es  für  den  Admiral  Pei-sano 
noch  eine  Ehrensache  sein  müssen,  wenigstens  den  Versuch  /u  machen, 
mit  seinen  besten  Läufern  die  österreichische  Eskadre  zu  verfolgen  und, 
wenn  möglich,  sie  zum  Gefechte  zu  zwingen.  Gerade  die  intaktesten  seiner 
Panzerschiffe  waren  auch  die  besten  Läufer  der  Flotte  und  es  wäre 
vielleicht  noch  gelungen,  mit  denselben  ein  hinhaltendes  Gefecht  so  lange 
zu  führen,  bis  die  anderen  Schiffe  mit  Ausnahme  des  ,Re  di  Portogallo' 
und  der  .Ancona"  inzwischen  auf  dem  Kampfplätze  erschienen.  Auf  jeden 
Fall  wäre  aber  wenigstens  durch  diesen  Versuch  der  bei  der  Flotte 
hervorgebrachte  ungünstige  Eindruck  verwischt  und  ein  gewisser  mora- 
lischer Erfolg,  der  unter  den  obwaltenden  Umständen  höchst  wünschens- 
wert war,  erzielt  worden. 

So  aber  steuerte  Admiral  Persano  statt  gegen  die  österreichische 
Eskadre  nach  Ancona  und  berief  erst  einen  Kriegsrat,  während  dessen 
Dauer  die  ganze  Flotte  die  Fahrt  eingestellt  hatte  und  die  Österreicher 
fast  vom  Horizonte  verschwanden.  Bei  diesem  Kriegsrate  schilderte  er 
den  versammelten  Offizieren  den  Zustand  einiger  Schiffe  in  übertriebener 
Weise,  schützte  auflerdem  seine  Instruktionen  vor,  obschon  gerade  diese, 
wie  wir  gesehen  haben,  im  Punkte  1  es  ihm  zur  Pflicht  machten,  ,das 
Adriatische  Meer  von  den  feindlichen  Kriegsschiffen  zu  säubern,  dieselben 
anzugreifen  oder  zu  blockieren,  wo  immer  sie  sich  befinden",  und  veran- 
laßte  diese  Offfziere  hiedurch  zur  Abgabe  eines  Urteils,  welches  sie 
schwerlich  gefüllt  hätten,  wenn  sie  früher  befragt  oder  wenn  ihnen  der 
wirkliche  Stand  der  Dinge  auf  eine  minder  entstellte  Art  und  Weise  mit- 
geteilt worden  wäre.  Es  kann  schließlich  nicht  selu'  wundernehmen, 
wenn  diese  Ofliziere,  naclidem  sie  bei  ihrem  kommandierenden  Admiral 
kein  besonderes  Verlangen  mehr  wahrnahmen,  den  Feind  zu  verfolgen, 
nun,  wo  derselbe  bereits  in  einer  beträchtlichen  Entfernung  war,  sich  von 
den  vorgebrachten  Einwänden  beeinflussen  ließen  und  wenn  sie  deshalb 
von  einer  Verfolgung  desselben  Abstand  nahmen. 

Admiral  Persano  versuchte  sein  Verhalten  und  insbesondere  die 
Formierung  der  Flotte  unter  Monte  Conero  damit  zu  rechtfertigen,  daB 
er  glaubte,  Admiral  Tegetthoff  wäre  in  der  wirkhchen  Absicht 
gekommen,  ihm  eine  Schlacht  anzubieten,  und  er  legte  ein  besonderes 
Gewicht  darauf,  daß  der  österreichische  Admiral  nicht  so  lange  gewartet 
habe,  bis  er  seine  Formation  vollzogen,  um  in  geschlossener  Ordnung  ihm 
entgegengehen  zu  können.  Fürwahr,  eine  etwas  sonderbare  und  naive 
Zumutung!  Als   ob  Adrairjl  Tegetthoff  durch  sein  Erscheint 


Erscheinen   vor 

J 


91 

Ancona  vei-pflichtet  gewesen  wäre,  darauf  zu  warten,  bis  die  italienische 
Flotte  sich  vollständig  geordnet  und  formiert  hatte,  um  dann  mit  dieser 
bedeutenden  Übermacht  unter  ungünstigen  Verhältnissen  den  Kampf  auf- 
zunehmen! 

Der  österreichische  Admiral  handelte  eben,  wie  es  seine  Interessen 
Terlangten  und  die  Umstände  ihm  geboten,  seinen  Instruktionen  gemäß, 
nicht  aber,  wie  es  dem  Gegner  passend  und  wünschenswert  gewesen 
wäre.  Es  mußte  die  Sache  des  Admirals  Persano  sein,  sich  die  Gelegen- 
heit, in  die  Aktion  zu  kommen,  nicht  entgehen  zu  lassen,  daher  rasch  und 
umsichtig  die  Dispositionen  hiezu  zu  treffen  sowie  alles  aufzubieten, 
damit  die  österreichische  Eskadre  nicht  unbelästigt  sich  zurückziehen 
könne. 

Die  Bemühungen  des  Admirals  Persano,  sein  Verhalten  am 
27.  Juni  zu  rechtfertigen,  zerfallen  daher  in  nichts  und  es  ist  wohl 
begreiflich,  wenn  in  dem  später  gegen  ihn  geführten  Prozesse,  auf  den 
wir  noch  zurückkommen  werden,  die  Anklage  den  schweren  Vorwurf 
gegen  ihn  erhob:  „er  habe  es  nicht  verstanden,  an  jenem  Tage  von  den 
ihm  unterstehenden  Streitmitteln  den  entsprechenden  Gebrauch  zu 
machen  und  die  ihm  aufgetragenen  Befehle  auszuführen **.  —  Das 
schlimmste  und  schwerwiegendste  Ergebnis  der  ganzen  Affäre  war  aber 
wohl  jenes,  daß  Admiral  Persano,  der  sich  ohnehin  keiner  großen 
Sjrmpathien  bei  der  Flotte  erfreute,  sein  Ansehen  eingebüßt  und  die 
letztere  das  Vertrauen  in  ihren  Fuhrer  vollends  verloren  hatte. 

Federgewandt  und  in  den  von  ihm  behebten  phrasenreichen  Aus- 
drücken zeigte  der  Admiral,  nachdem  die  Flotte  geankert  hatte,  dem 
Marineminister  das  Ereignis  telegi*aphisch  in  folgender  Art  an:  „Bei 
Morgendämmerung  Erscheinen  der  feindlichen  Flotte.  Wir  uns  in 
Bewegung  gesetzt,  sie  anzugreifen.  Dieselbe,  unsere  zur  Formierung 
nötige  Zeit  benützend,  ergriff  die  Flucht  und  verschwand/ 

Nicht  besonders  erbaut  von  dem  kurzen  Inhalte  des  Telegrammes 
über  einen  so  wichtigen  Vorfall  und  nichts  Gutes  ahnend,  verlangte  der 
Minister  umgehend  nähere  Details  über  denselben,  worauf  dann  der 
Admiral  das  nachstehende  Telegramm  absandte:  „Bei  Morgendämmerung 
erschien  vor  Ancona  österreichische  Eskadre.  Wir  hatten  „Re  d'ltalia* 
mit  Entzündung  der  Kohlen  in  den  Depots;  Maschine  des  „Re  di  Porto- 
gallo*"  fast  undienstbar,  die  der  „Ancona**  noch  schlechter;  Maschinisten 
des  rPalestro*  und  „Varese**  wollten  ihre  Ausschiffung;  „Terribile*  mit 
halber  Batterie,  „Carignano*  die  seinige  noch  nicht  instalHert,  alle  Schiffe 
Kohlen  machend.  Trotzdem  waren  wir  in  kurzer  Zeit  bereit,  den  Feind 


an  zu  greifen,  der,  als  er  unsere  Formierung  wahrnahm,  die  Flucht  ergriff, 
gegen  Pola  steuernd.  Wieder  vor  Anker  gegangen,  um  die  Schilden  gut 
zu  machen.  Die  in  Ordnung  beQndJichen  Schiffe  haben  Kreuzung  aujäerhalb 
des  Hafens.  Nötigenfalls  werde  ich  meine  Flagge  auf  dem  ,San  Marlino' 
hissen.  Bitte  um  alsogleiehe  Zuweisung  von  sehr  schnellen  Dampfern 
und  ebenso  von  tüchtigen  Maschinisten. " 

Nach  unserer  früheren  Darstellung  ist  es  nun  leicht  zu  beurteilen, 
welcher  Übertreibungen  Admiral  Persano  sich  in  diesem  Berichte  an 
den  Minister  bediente  und  wie  wenig  streng  er  es  mit  der  Wahrheit 
nahm. 

Der  Minister,  überzeugt  von  der  keinen  Tadel  zulassenden 
Handlungsweise  des  Admirals,  antwortete:  .Erhoffte  diesen  Morgen  die 
Nachricht  von  Ihrem  Siege,  aber  der  Feind  wagte  es  nicht,  Sie  zu 
erwarten.  Ich  kenne  den  Zustand  der  .Schiffe  bei  der  Flotte.  Ich  mache 
alle  möglichen  Anstrengungen,  um  den  Bedürfnissen  abzuhelfen,  wo  sich 
solche  noch  herausstellen.  18  Maschinisten  aus  Frankreich  sind  bereits 
mitei-wegs  und  der  Befehl  erla-isen,  alle  in  den  Departements  befindlichen 
zur  Flotte  zu  schicken.  Ich  habe  vier  Schnelldampfer  gemietet,  die 
bestimmtesten  Befehle  erteilt,  auf  daß  allen  ihren  Bedürfnissen  ent- 
sprochen werde;  treffen  Sie  unlerdesseu  derartige  Dispositionen,  damit 
der  Feind  Sie  stets  vorbereitet  finde.  Bitte,  mir  mitzuteilen,  ob  das  Feuer 
in  den  Kohlendepots  gedämpft  wurde  und  in  was  die  Schäden  der 
Maschine  des  ,Re  di  Portogallo'  bestehen.  ,Govemolo",  »Archimede* 
und  .Vesuvio"  in  Messina  vor  Anker.  Die  Regierung  würdigt  vollkommen 
Ihre  Bemühungen  um  die  Ausrüstung  der  Flotte  und  ist  stets  bereit, 
Ihnen  das  zu  bewilligen,  was  Sie  verlangen.* 

Hierauf  wieder  der  Admiral:  »Meinen  Dank  aus  vollem  Herzen 
(grazie  col  cuore);  Feuer  bewältigt;  Maschine  des  ,Re  di  Portogallo' 
nahm  Schaden  infolge  Unachtsamkeit  des  ersten  Maschinisten;  jene  der 
.Ancona*  bedarf  Reparaturen,  die  in  vier  Tagen  beendet  .sein  können. 
Anderen  Cbelständen  helfe  nach  Möglichkeit  ab," 

Wir  haben  diese  telegraphische  Korrespondenz  zwischen  dem 
Admiral  und  dem  Marineminister  bauptsächhch  aus  dem  Grunde  ange- 
fahrt, um  zu  zeigen,  in  welchem  Grade  es  der  erstere  verstand,  den  Minister 
über  den  wirklichen  Zustand  der  Schiffe  im  dunklen  zu  lassen,  mit  einem 
großen  Wortschwall  Ober  die  Hauptpunkte  hinwegzugleiten  und  so  den 
üblen  Eindruck  seiner  Untätigkeit  am  27.  zu  verwischen.  Man  ersieht 
ferner  hieraus,  daß  er  dem  Minister  die  verschiedenen  Vorkommnisse 
stets  in  den  stärksten  Farben  auftrug,  und.  wenn  der  letzlere  dann  nähere 


93 

Details  zu  wissen  wünschte,  ergab  es  sich  gewöhnlich,  daß  man  den 
gemeldeten  Übelständen  bereits  abgeholfen  hatte,  so  daß  es  eigentlich 
gar  nicht  notwendig  gewesen  wäre,  so  viel  Aufhebens  daraus  zu 
machen. 

Dies  war  beispielsweise  mit  den  Maschinisten  des  „Palestro*  und 
aVarese*  der  Fall,  die  am  27.  tatsächlich  erst  im  Laufe  des  Nachmittags 
ausgeschifft  v^oirden,  somit  wahrend  des  Vormittags  noch  auf  ihren 
Schiffen  waren  und  den  Dienst  versahen,  bis  sie  von  Maschinisten  des 
, Washington*  und  der  „Indipendenza*  abgelöst  wurden.  Es  ist  nicht 
ohne  Interesse  imd  man  gewinnt  überhaupt  einen  merkwürdigen  Einblick 
in  das  Verhältnis  des  Admirals  Persano  zum  Marineminister  sowie  auch 
in  die  Art  der  Geschäftsführung  und  Befehlsgebung  des  letzteren,  wenn 
man  die  Menge  von  Privatbriefen  durchsieht,^)  die  in  weitaus  größerer 
Anzahl  als  die  dienstlichen  zwischen  den  beiden  gewechselt  und  in  denen 
die  wichtigsten  Angelegenheiten  in  einer  Art  behandelt  werden,  daß  sie 
hiedurch  gewissermaßen  einen  halbamtlichen  Charakter  erlangen. 
Manchmal  hat  es  fast  den  Anschein,  als  ob  der  Admiral  dem  Minister 
Weisungen  erteile,  wie  er  die  Dinge  angesehen  wissen  wolle,  wie  vorzu- 
gehen sei  und  welche  Verfügungen  man  zu  treffen  habe.  Er  erscheint 
dann  weniger  als  der  Subordinierte  des  Ministers,  sondern  mehr  als  ein 
politischer  Parteifreund  und  maritimer  Ratgeber  desselben,  der  sich  auch 
selbständig  etwas  erlauben  darf,  ohne  deshalb  einen  Tadel  von  der 
höchsten  Stelle  befürchten  zu  müssen.  Ein  andermal  jedoch  genügen  ihm 
wieder  seine  Instruktionen  nicht,  er  will  auch  nicht  selbst  eine  Ent- 
scheidung treffen,  will  gedeckt  sein  und  verlangt  vom  Minister  ganz 
spezielle  Befehle  über  das,  was  er  beginnen  soll. 

So  schrieb  zum  Beispiel  Admh'al  Persano  am  28.  dem  Marine- 
minister  bezüglich  des  Erscheinens  der  österreichischen  Eskadre  vor 
Ancona  unter  anderem  folgendes: 

,Ich  glaube,  es  sind  da  nur  drei  Fälle  denkbar: 

entweder  glaubte  der  Admiral  Tegetthoff,  uns  zur  Nachtzeit  zu 
überraschen,  und  irrte  sich  in  seinen  Berechnungen  bezüglich  der 
Geschwindigkeit,  die  ihn  erst  gegen  Morgen  ankommen  ließ, 

oder  glaubte  er,  daß  wir  noch  nicht  hier  wären, 


1)  Diese  Privatbriefe  sind  zum  größten  Teile  enthalten  in  dem  von  uns  ange- 
führten Werke :  ,  Hendiconti  dclle  udienzc  pubbliche  dell'  alta  Ck)rte  di  giustizia  nel 
dibattimenlo  della  causa  contro  V  ammiraglio  senatore  conte  Carlo  PelJion  di  Persano. 
Firenze  1867.  Cotta  &  Co.  A.  d.  V. 


04 


oder  er  halle  irgend  einen  anderen  Hinterhalt  im  Auge,  in  den  er 
uns  hineinfallen  lassen  wollte.  Ich  sage  dies  aus  dem  Grunde,  weil,  wenn 
er  wirklich  in  der  Ahsichl  gekommen  wäre,  uns  eine  Schlacht  anzubieten, 
er  uns  doch  oluie  allen  Zweifel  außerhalb  Kanonenschußdislanz  erwartet 
hätte,  und  wir  hätten  ihn  dann  wohl  angreifen  müssen.  Fünf  (Panzer- 
schiffe) wir,  sechs  sie  (die  Österreicher),  sechs  sagen  wir,  wenn  auch  die 
weniger  brauchbaren  unserer  Panzerschiffe  mit  ins  Gefecht  eintraten, 
eine  böse  Sache  (bratta  cosa),  aber  ich  hätte  mich  auf  keinen  Fall  ent- 
halten können,  gegen  den  Feind  zu  laufen.  Glücklicherweise  ist  er  abge- 
zogen, ohne  uns  zu  erwarten;  ich  sage  nicht  ohne  Grund:  glücklicher- 
weise, denn  wir  müssen  vor  allem  uns  unserer  Obermacht 
bedienen,  um  den  Feind  zu  vernichten  und  dürfen  nicht  Gefahr 
laufen,  zu  verlieren  auf  Unkosten  Italiens.  Glauben  Sie  nicht 
auch  so?  Wir  haben  noch  Zeit  für  alles.  Einstweilen  habe  ich  meine 
Vorkehrungen  derartig  geti-offen,  auf  daß,  wenn  er  nochmals  in  unseren 
Gewässern  erscheinen  sollte,  er  es  schwer  würde  vermeiden  kömien,  uns 
eine  ScUacht  zu  tiefern.  Nichtsdestoweniger  hatte  ich  gerne  den 
.Affondatore"  bei  mir,  um  eines  vollständigen  Sieges  sicher 
zu  sein.  Urgieren  Sie  doch,  damit  er  mir  mit  größtmöghchster  Beschleu- 
nigung zugeschickt  weide,  ebenso  die  Schiffe  der  KIntle,  welche  sich  in 
Messina  belinden.  So  wie  ich  hievon  in  Kenntnis  gesetzt  bin,  werde  ich 
ihnen  entgegengehen  und  dann  schon  auf  die  bestmöglichste  Art  ope- 
rieren, um  die  feindliche  Flotte  zu  verlocken,  mir  eine  Schlacht  zu  liefern, 
und  sie  zu  vernichten,  wenn  es  zur  Tat  kommt.  Falls  ich  etwas  gegen  die 
Forts  unternehmen  soll,  so  sagen  Sie  mir  es  und  auf  welche  Art;  ich  werde 
dann  gleich  darauf  losgehen.  Aber  sagen  Sie  mir,  was  ich  unternehmen 
soll.  Bis  jetzt  habe  ich  keine  anderen  Instruktionen  als  jene,  welche 
besagen,  die  feindliche  Flotte  zu  vernichten  und  das  hoffe  ich  zu  tun.* 

Daß  ein  solches  Verhältnis  zwischen  dem  Minister  und  dem 
Admiral  der  Flotte  bei  einem  Charakter  wie  der  Persanos,  welcher  an 
und  für  sich  schwer  zu  behandeln  war  und  eine  ziemlich  starke  Dosis 
von  Selbstgefühl  besaß,  kein  glücklicties,  den  Dienst  förderndes  sein 
konnte,  ist  nach  dem  Gesagten  leicht  einzusehen.  Admiral  Persano  war 
stets  ein  Freund  großer  Worte  sowie  leichter,  gefahrloser  Erfolge 
gewesen.  Dies  läßt  sich  nicht  leugnen  und  sein  Verhalten  vor  Ancona  und 
Gaeta  im  Jahre  1860  spricht  am  besten  hiefür.  Seine  Hauptsorge  war 
immer  die,  hn  Besitze  einer  starken  und  imponierenden  Obermacht  zu 
sein,  um  mit  derselben  auf  eine  leichte  Art  operieren  und  den  Feind 
gewissermaßen  erdrücken  zu  können,   Den  Sieg,  wenn  es  die  Umatfinde 


95 

erforderten,  mit  geringeren  Streilmitleln  kühn  und  mutig  zu  erringen,  was 
natürlicherweise  auch  mehr  Verluste  und  Opfer  zur  Folge  haben  konnte, 
dies  war  weniger  nach  seinem  Geschmack;  da  berief  er  sich  stets  darauf, 
daß  es  ,zum  Schaden  Italiens*  ausfallen  könnte,  wie  die  von  ihm 
beliebte  Phrase  lautete.  Es  erklärt  sich  hiemit  auch  die  auffallende  Hast, 
mit  welcher  er  die  Zusendung  des  Widderschiffes  „Affondatore*  beim 
Minister  betreibt,  da  fast  kein  Tag  vergeht,  ohne  daß  er  nicht  auf  diesen 
Punkt  zurückkommt. 

Er  mußte  sich  ganz  besonders  leichte  Erfolge  von  der  Leistungs- 
fähigkeit dieses  Schiffes  mit  seinen  300pfündigen  Armstronggeschützen 
und  seiner  mächtigen  Ramme  versprechen  und  doch  sollte,  wie  wir 
später  sehen  werden,  durch  eine  Ironie  des  Schicksals  gerade  dieses 
Schiff  bestimmt  sein,  seinen  Ruhm  sowie  seine  persönliche  Ehre  in  so 
hohem  Maße  zu  verdunkeln. 

Schon  am  30.  schreibt  er  wieder  dem  Minister:  ^Nachdem  wir 
einmal  absolut  siegen  müssen,  so  bleibt  auch  nichts  anderes  übrig,  als 
dem  Feinde  nur  mit  dem  vollen  Bewußtsein  des  Erfolges  entgegenzu- 
gehen. Ihr  Rat,  noch  zu  warten,  ist  deshalb  auch  ein  sehr  vernünftiger 
und  auch  der  meine.  Ich  bitte  Sie  nochmals,  die  Absendung  des 
,Affondatore*  zu  beschleunigen;  sowie  er  mit  den  anderen  Schiffen 
von  Messina  abgeht,  werde  ich  ihm  entgegenkommen.** 

An  diesem  Tage  zeigt  er  dem  Minister  den  Zusammenstoß  des 
,San  Martino"  mit  der  , Maria  Pia**,  der  am  27.  während  der  Formie- 
rung der  Flotte  unter  Monte  Conero  stattgefunden  hatte,  in  folgender 
Weise  an:  «San  Martino*  im  Hafen  eingelaufen  mit  schwerer  Havarie  in- 
folge Zusammenstoßes  mit  der  , Maria  Pia*.  Ich  bin  schon  ganz  her- 
genommen von  den  Fatiguen.  Je  mehr  Widerwärtigkeiten  sich  ergeben 
desto  mehr  muß  man  sie  zu  besiegen  verstehen  und  ich  werde  sie 
besiegen.*  Der  Minister,  alarmiert  über  diesen  neuen  höchst  unliebsamen 
Vorfall,  verlangt  nähere  Details.  Schon  den  nächsten  Tag  antwortet  der 
Admiral,  daß  die  Reparaturen  der  erlittenen  Schäden  bereits  in  Angriff 
genommen  seien,  und  am  3.  Juli  meldet  er  den  „San  Martino*  wieder 
seebereit.  Die  ganze  Havarie  hatte  darin  bestanden,  daß  durch  den  Stoß 
zwei  Eisenblechplatten  vorne  entzwei  gegangen  sowie  eine  Panzerplatte 
ungefähr  zwei  Zoll  verrückt  worden  war. 

In  einem  Schreiben  vom  3.  Juli  teilte  er  dem  Minister  mit,  daß  die 
Flotte  bereit  sei,  „sich  dem  Feinde  gegenüberzustellen  (a  traversarsi  al 
nemico)*,  daß  er  fünf  der  schnellsten  Panzerschiffe  unter  Kontreadmiral 
Vacca  beständig  auf  Kreuzung  vor  Ancona  habe  mit  der  Ordre,  den 


Feind  sofort  anzugreifen,  wenn  er  sich  zeige;  daß  während  der  Nacht  ein 
Kanonenboot  auf  500  m  Distanz  vor  der  Hafeneinfahrt  als  Ausluger  hatte 
und  vier  Dampfbarkassen  unter  dem  Befehle  eines  Linienschiffskapitäns 
«m  die  geankerten  Schiffe  Ronden  vornähmen,  daß  er  alles  selbst  mit 
eigenen  Äugen  sehen  wolle  und  weder  sich  selbst  noch  anderen  Ruhe 
gönne.  Er  habe  dem  Prinzen  (di  Carignano,  dem  obersten  Chef  des 
Admiralitätsrates)  geschrieben  und  ihm  auseinandergesetzt,  daß  man 
unter  den  gegenwärtigen  Umständen  alle  verfügbaren  Seestreitki-äfte 
zusammenziehen  und  vereinen,  si(:h  mit  starken  Geschützen  vorsehen 
müsse,  um  zur  Blockade  des  Feindes  ,in  seinem  starken  Neste  (nel  suo 
forte  nido)'  zu  schreiten;  es  wären  sodann  mit  den  Holzschiffen  in 
Begleitung  von  ein  bis  zwei  Panzerschiffen  Ausschiffungen  vorzunehmen, 
Islrien  und  Dalmatien  zu  insurgieren,  die  Werften  des  Lloyd  zu  zerstören 
u.  s.  w..  u.  s.  w.  Vorläufig  sei  man  damit  beschäfligt,  sich  militärisch 
auszubilden.  Aber  auch  in  diesem  Schreiben  kommt  er  zum  Schlüsse 
wieder  auf  sein  Lieblingsthema,  die  schleunigste  Absendung  des 
,Affondatore',  zu  sprechen  und  beschwört  den  Minister,  diesbezüglich 
keine  Zeil  zu  verliei-on. 

Ziifriedengestellt  von  dieser  anscheinend  den  besten  Ei-folg  verspre- 
chenden Tätigkeit  des  kommandierenden  Admirals  spricht  der  Minister 
in  seinem  Antwortschreiben  demselben  die  wärmste  Anerkennung  hiefür 
aus,  nicht  ohne  darauf  hinzuweisen,  daß  gerade  jetzt  der  Zeitpunkt  sieb 
nähere,  in  welchem  eine  Aktion  der  Flolle  von  ungemeiner  Wichtigkeit 
und  Tragweite  sein  werde.  Und  als  ob  er  gewissermaßen  befürchte,  daß 
der  Adniiral  nach  seinen  vielversprechenden  Meldungen  nun  vielleicht  in 
das  Gegenteil  umschlagen  und  sich  im  Tatendrange  zu  einer  voreiligen 
Handlung  hinreißen  lassen  könnte,  legt  er  ihm  ans  Herz,  zwar  ein  wach- 
sames Auge  für  den  Feind  zu  haben,  aber  ja  nicht  in  ungerechtfertigter 
Weise  die  Flotte  oder  einen  Teil  derselben  zu  kompromittieren, 

Er  übermittelte  ihm  auch  einen  Brief  mit  Kundschaflsnacbrichten 
vom  Feinde,  die  bis  zum  -2.  Juli  reichten,  nach  welchen  der  Österrei- 
chische Admiral  angeblich  auf  derRbfde  von  Fasaua  seine  Schiffsbeman- 
nungen ungewöhnlich  verstärkt  habe,  besonders  mit  Scharfschützen  und 
Freiwilligen,  daß  er  dieselben  vorzüglich  zum  Enlerkampfe  ausbilde  und 
sie  zu  diesem  Zwecke  im  Gebrauche  von  Handgranaten  einübe  sowie 
daß  er  hauptsächlich  auf  Erfolge  durch  den  Enterkampf  hoffe,  was  bei 
dem  bck3.imten  kühnen  Charakter  dus  feindlichen  Admirals,  der 
geschworen  habe,  Persano  entweder  tot  oder  lebendig  in  seine  Hände 
zu  bekommen,  nicht  unwahrscheinlich  sei. 


97 

Die  Aotwort  Persanos,  der  von  diesen  Mitteilungen  gerade  nicht 
sehr  erbaut  gewesen  zu  sein  scheint,  ist  zu  bezeichnend  für  denselben 
und  die  Meinung,  die  er  von  seinen  eigenen  Mannschaften  hegte,  als  daß 
wir  uns  versagen  könnten,  derselben  hier  einen  Platz  einzuräumen.  Nach- 
dem er  dem  Minister  seinerseits  Elogen  über  dessen  Tätigkeit  und  Für- 
sorge gemacht,  schreibt  er  bezüglich  der  erhaltenen  Kundschaftsnach- 
richt folgendes : 

,  Seien  Sie  unbesorgt,  ich  werde  nicht  mit  verbundenen  Augen 
darauf  losgehen.  Wenn  ich  eine  Schlacht  zu  liefern  haben  sollte,  so 
werde  ich  schon  trachten,  sie  in  pflichtschuldiger  Art  und  Weise  zu 
liefern.  (Se  avrö  a  dar  battaglia,  procurerö  di  farlo  a  dovere.)  Meine  Leute 
sind  noch  nicht  fähig,  eine  Enterung  abzuwehren,  deshalb  werde  ich 
trachten,  einer  solchen  auszuweichen.  Ich  habe  genug  Mühe  gehabt,  sie 
dahin  zu  bringen,  mittelmäßig  zu  schießen.  Wenn  sie  Mann  an  Mann 
kämpfen  müßten,  würden  sie  wohl  den  kürzeren  ziehen.  (Se  dovessero 
combattere  corpo  a  corpo  farebbero  cattiva  prova.)  Man  kann  Kriegsleute 
nicht  so  in  aller  Eile  schaffen,  dazu  braucht  es  Monate  und  Jahre ;  es  sind 
ja  größtenteils  Rekruten,  besonders  bei  der  Marineinfanterie.  Aber  was 
ist  da  zu  machen?  Das  ist  ein  Ding  der  Unmöglichkeit;  deshalb  werden 
wir  ims  vorsehen,  wie  wir  am  besten  vorzugehen  haben.  Ich  habe  nicht 
die  Prätension,  Tegetthoff  tot  oder  lebendig  in  meine  Gewalt 
bekommen  zu  wollen,  aber  ich  werde  mein  möglichstes  tun,  auf  daß  auch 
er  mich  nicht  bekomme  weder  auf  die  eine  noch  die  andere  Art. 

Ich  habe  Ihnen  heute  telegraphiert,  die  , Europa*"^)  zu  mieten,  und  Sie 
schreiben  mir  inzwischen,  daß  es  bereits  geschehen  sei.  Gott  segne  Sie 
dafür!  Ich  glaubte,  ein  tätiger  Mann  zu  sein,  ich  sehe  aber,  Sie  sind  es  noch 
mehr  wie  ich.  Wenn  wir  die  Ankunft  des  „Af fondatore**  abwarten 
könnten,  wäre  das  keine  üble  Sache,  denn  ich  möchte  mit  diesem 
Schiffe,  mich  auf  seine  Schnelligkeit  verlassend,  einen  kühnen  Handstreich 
ausführen. 

Ich  hatte  immer  alle  Achtung  vor  Tegetthoff,  aber  nun,  wo  ich 
gesehen  habe,  daß  er  es  verstand,  einer  Schlacht  auszuweichen,  um  nicht 
einer  Übermacht  gegenüber  zu  stehen,  ^)  halte  ich  ihn  geradezu  für  einen 
großen  Mann.   Ich  wäre  dessen  nicht  fähig  gewesen.* 


^)  Wieder  ein  Schnelldampfer. 

2)  Admiral  Persano  gesteht  somit  zu,  am  27.  Juni  eine  Obermadht  in  seiner 
Hand  vereinigt  gehabt  zu  haben,  die  geeignet  war,  seinen  Gegner  zum  Rückzug  zu  ver- 
anlassen.  Man  vergleiche  damit  seinen  Bericht  an  den  Marineminister,  Seite  9i. 

A.  d.  V. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1800.  y 


So  schrieb  Admiral  Graf  Carlo  Pellion  di  Persano!  Wir  glauben, 
dem  Leser  damit  hinreichend  Gelegenheit  geboten  zu  halien.  sich  ein  Urleil 
über  den  Charakter  und  die  Fähigkeit  desselben  zu  bilden. 

bizwischen  war  die  Schlacht  von  Königgrätz  geschlagen  worden  und 
der  Kaiser  von  Österreich  hatte  Venetien  an  den  Kaiser  der  Franzosen 
abgetreten,  die  Mediation  Frankreichs  behufs  Verhandlungen,  die  zum 
Frieden  führen  sollten,  annehmend.  Es  ist  begreiflicii,  wenn  sich  das 
Nationalgefuhl  der  Italiener  bei  dem  Gedanken  aufbäumte,  diese  Provinz 
nunmehr  von  dem  Kaiser  der  Franzosen  gewissermaßen  als  Geschenk 
annehmen  zu  sollen,  während  man  sich  doch  stark  genug  glaubte,  sie  dem 
Feinde  mit  Waffengewalt  entreißen  zu  kr>nnen.  Allerdings  hatte  der 
Verlust  der  Schlacht  von  Custozza  die  Sachlage  etwas  geändert,  aber  man 
gab  sich  noch  nicht  für  verloren  und  vornehmlich  aus  diesem  Grunde 
waren  die  Augen  ganz  Italiens  auf  seine  Flotte,  die  man  der  österreichi- 
schen überlegen  wußte,  gerichtet,  in  der  Hoffnung,  daß  diese  noch  im 
stände  sein  werde,  eine  Wendung  der  Dinge  herbeizuführen.  Außerdem 
handelte  es  sich  für  die  italienische  Regierung  auch  noch  darum,  irgend 
einen  Territorialbesitz,  sei  es  in  Istrien  oder  Dalmatien,  in  ihrer  Gewalt 
zu  haben,  um  bei  den  Friedensverhandlungen  nachdrQckhcher  auftreten, 
eventuell  diesen  Besitz  gegen  Welsehtirol,  das  man  so  sehnlich  wünschte, 
austauschen  zu  können. 

Noch  am  selben  Tage  daher,  an  dem  die  Nachricht  von  der  Zession 
Venetiens  an  den  Kaiser  der  Franzosen  eintraf,  5.  Juli,  telegraphierte  der 
Marineminister  dem  Admiral: 

.Schwerwiegende  Gründe  machen  die  Fertigstellung  der  Flotte 
dringend  notwendig.  Ich  habe  den  »Carlo  Alberto",  ,  Principe  Umberto'  und 
.Govemolo'  nach  Neapel  abgehen,  die  Beendigung  der  Arbeiten  am 
.Affondatore"  betreiben  lassen;  teilen  Sie  mh-  mit,  wann  die  Flotte  bereit 
sein  könnte,  in  See  zu  gehen,  und  aus  welchen  Schiffen  sie  bestände.  • 

Die  Antwort  des  Admirals  lautete: 

,Die  ganze  Flotte  ist  bereit,  in  See  zu  gehen;  sogleich,  wenn  dringend 
notwendig;  noch  zwei  Tage  wären  erforderlich,  wenn  man  die  Geschütze 
installiert  haben  will  und  die  Rapperte  anlangen.')  Die  anderen  M&ngel 

■)  Mit  der  losUllation  der  in  Rede  etehendea  Geschötie  halte  es  fol^ades 
BewandUiis;  Ende  Juni  waren  aus  England  6  Stück  SOemÄrmstronggcscbDlze  anklangt, 
von  denen  die  Panzerkanonenhote  .Palestro*  und  ,Varese*  sowie  der  ,Rä  d'ltslia*  e  3 
gegen  ihre  CaTalUgeschütze  auswechseln  aoUton. Da abcrdiehieju  gehörigen  Rapperte  nictit 
gleichzeitig  mit  angekommen  waren,  eo  verzögerte  sich  dieser  Austausch  und  hatl«  KUs 
diesem  Anlasse  in  den  Tagen  vom  30.  Juni  bis  5,  Juli  ein  lebhaßer  Depcschenwecbsel 
mit  dem  Haiineministerium  stattgefunden.  A.  d.  V. 


99 

sind  von  keiner  Bedeutung.  Ich  bedarf  neuer  Instruktionen,  denn  die 
gegenwärtig  in  Kraft  bestehenden  datieren  noch  vom  8.  Juni;  ich  werde 
mich  noch  an  dieselben  halten,  falls  ich  nicht  inzwischen  andere  Befehle 
oder  Weisungen  erhalten  sollte." 

Gleich  darauf  sandte  er  noch  das  folgende  Telegramm  ab: 

,Biszur  Ankunft  der  „Stella d'Italia*  und  des  „FlavioGioja*  (der  vom 
Minister  gemieteten  imd  ihm  angekündigten  Schnelldampfer)  kann  ich 
keine  Schiffe  detachieren.  Ich  möchte  gern  ein  gleich  starkes  wie 
schnelles  Schiff  haben,  besitze  aber  keines.  Bitte,  die  Absendung  des 
„Affondatore*  zu  beschleunigen.  Enternetze  nicht  gesehen.  Rapperte 
erwarte  ich  heute  abends.  Ich  hoffe,  daß  man  keinen  Frieden  schließen 
wird,  ohne  fi-üher  noch  zu  kämpfen.  Ich  benötige  noch  einen  Flaggen- 
adjutanten, damit  einer  beständig  im  Dienste  sein  kann,  einer  im  Korvee- 
dienste  imd  einer  freibleibt.* 

Der  Marineminister  antwortete  sofort  zurück: 

»Der  Vorschlag  des  Kaisers  der  Franzosen  verhindert  nicht  die 
Feindseligkeiten;  im  Gegenteile,  eine  Aktion  mit  glücklichem  Erfolge  wäre 
von  großem  Vorteile.  Beschleunigen  Sie  die  Vollendung  der  Arbeiten;  auf 
jeden  Fall  verlassen  Sie  die  Rhede  und  halten  Sie  sich  außerhalb  unter 
Dampf.  Ich  betreibe  die  Angelegenheit  bezüglich  der  Rapperte,  deren 
Ankunft  infolge  von  Oberfüllung  der  Frachten  auf  der  Bahn  verzögert 
wurde.  Absendung  des  „Affondatore"  lu^ert.  Morgen  werden  Sie  neue 
Instruktionen  erhalten.  Wählen  Sie  sich  selbst  Ihren  Flaggenadjutanten.  * 

Man  sollte  glauben,  daß  es  vorläufig  genug  des  Depeschenwechsels 
zwischen  dem  Minister  und  dem  Admiral  gewesen  wäre  und  der  letztere 
sich  begnügen  konnte,  die  neuen  Instruktionen  abzuwarten  und  inzwischen 
auf  die  strikte  Durchführung  der  ministeriellen  Befehle  hinzuarbeiten. 
Einem  Manne  von  der  Stellung  des  Admirals  Persano,  der  sich  noch  dazu 
für  einen  großen  Staatsmann  hielt,  konnte  doch  die  kritische  Lage,  in  die 
das  Land  versetzt  worden  war,  sowie  die  erhöhte  Bedeutung  der  Aufgabe, 
welche  der  Flotte  hiedurch  zufiel,  nicht  entgehen.  Unter  diesen  Umständen 
durften  daher  auch  die  zu  installierenden  Armstronggeschütze  für  ihn 
von  keiner  derartigen  Bedeutung  sein,  um  das  sofortige  Auslaufen  der 
Flotte  zu  behindern  und  nach  Erhalt  der  Instruktionen  denselben  gemäß 
aktiv  vorzugehen.   Dies  war  jedoch  bei  Admiral  Persano  nicht  der  Fall. 

Am  6.  JuU  telegraphierte  er  an  den  Minister: 

,Ich  bin  bereit,  ohne  die  Geschütze.  Der  Feind  wird  sich  wahr- 
scheinlich innerhalb  Pola  zurückgezogen  haben.  Erklären  Sie  sich,  ich 
bitte  darum,  ob  ich  ihn  auch  angreifen  soll,  wenn  er  durch  Forts  geschützt 


isl.  Wenn  der  .Al'fondatore"  kommen  würde,  wäre  es  besser 
sonst  gehe  ich  auch  ohne  denselben,  Sie  kennen  die  Lage  und  werden 
daher  wissen,  ob  eine  Schlacht  g^enügt  oder  ob  man  vielmehr  entscheidend 
siegen  muß,  (Se  basti  una  buona  battaglia  o  se  pure  oecorre  vincere 
sicuramente.) ' 

Endlich  langten  die  ersehnten  Rapperte  der  neuen  Ärmstrong- 
geschütze  an,  jedoch,  wie  der  Admiral  bemerkt,  ohne  von  einer 
genügenden  Munitionsdotalion  begleitet  zu  sein. 

Der  Minister  scheint  aber  schon  in  die  Eile  des  Admirals,  aus- 
zulaufen, kein  großes  Vertrauen  melu'  zu  besitzen  und  besteht  darauf,  daß 
die  Flotte  sofort  die  Rhede  von  Ancona  verlasse.  Er  sendet  noch  am 
Abend  des  6.  abermals  ein  darauf  bezügliches  dringliches  Telegramm  ab, 
das  folgendermaßen  lautet: 

»Lassen  Sie  in  der  Nacht  die  Flotte  auslaufen.  Sie  soll  sich  in  See 
unter  Dampf  halten  und  die  Schiffe,  welche  Geschütze  zu  installieren 
haben,  erwailen.  Beschleunigen  Sie  dies.  Der  Kommandant  Mantese  wird 
morgen  mit  neuen  Instruktionen  für  Sie  ankommen.  Die  .Eiu'opa*  wird 
sofort,  wie  sie  das  Dock  verlassen,  zur  Flotte  stoßen." 

Trotz  dieses  deutlichen  und  peremptorischen  Befelües  hef  Admiral 
Persano  dennoch  nicht  mit  der  Flotte  äus,  sondern  antwortete  dem 
Minister: 

»Ihr  Telegramm  erhalten.  Während  der  Nacht  die  Avantgarde 
(die  5  Schiffe  unter  Kontreadmrral  Vacca)  draußen.  Ich  lasse  nicht  au,s- 
laufen,  weil  leicht  eine  Kollision  entstehen  könnte,  indem  diese  nicht  davon 
in  Kenntnis  ist.  Morgen  führe  ich  Ihren  Befehl  aus." 

Wir  glauben,  nicht  weiter  gehen  zu  sollen,  sondern  hiemit  einen 
hinliünglichen  Beitrag  zur  Beurteilung  des  Charakters  des  Admirals 
Persano  sowie  über  die  Art  und  Weise,  wie  derselbe  die  Befehle  des 
Ministers  zu  vollziehen  gewohnt  war,  geliefert  zu  haben. 

Der  Marineminister  übersandte  noch  am  ö.  dem  Admiral  das  nach- 
.stehende  Schreiben,  aus  dem  die  zugespitzte  Situation,  in  der  man  sich 
befand,  so  recliL  ersichtlich  ist. 


Florenz.  6.  Juli  1866. 


Mein  lieber  Admiral  1 


.Die  Depesche,  welche  uns  die  Nachricht  von  dem  Vorsclüage 
überbrachte,  den  der  Kaiser  von  Österreicli  dem  Kaiser  der  Franzosen 
gemacht;    ihm  Venetien  mit  der    Bedingung  eines  WaffensliUstandes 


101 

abzutreten,  ist  von  so  schwerwiegender  Bedeutung  und  dieselbe  ver- 
ändert dermaßen  die  europäischen  Verhältnisse,  daß  sie  uns  zu  den 
ernstesten  Betrachtungen  führt. 

Nach  meinem  Dafürhalten  kann  Italien  Venedig  vom  Kaiser  der 
Franzosen  nicht  annehmen;  dasselbe  ist  stark  genug,  es  den  Händen  der 
Österreicher  mit  Gewalt  zu  entreißen.  Wenn  auch  die  erste  Schlacht  nicht 
gewonnen  wurde,  so  kann  man  doch  auch  nicht  sagen,  daß  sie  ganz  ver- 
loren ging.  Nur  ein  Teil  des  Heeres  nahm  an  derselben  teil  und  heute 
noch  haben  wir  200.000  Mann  in  der  Po-Ebene  und  600  Geschütze  im 
Adriatischen  Meere.  Wir  befinden  uns  deshalb  auch  noch  keineswegs  in 
einer  solchen  Lage,  um  eine  deraiiige  Beleidigung  unserer  nationalen 
Würde  uns  gefallen  lassen  zu  müssen.  Es  erübrigt  uns  aber  auch  daher 
mehr  denn  je,  an  der  Idee  festzuhalten,  zu  kämpfen  und  unsere  Unab- 
hängigkeit durch  unsere  Waffen  zu  erringen. 

Ich  bitte  Sie  deshalb,  die  vollständige  Bereitschaft  der  Flotte  zu 
betreiben  und  sich  derart  klar  zum  Auslaufen  zu  halten,  um  den  Feind  in 
seinen  Gewässern  aufsuchen  und  hiebei  nach  den  Instruktionen  handeln 
zu  können,  die  Ihnen  zukommen  werden,  welche  Instruktionen  Sie  nebst 
diesem  Schreiben  geheim  zu  halten  haben. 

Diesen  Morgen  wurde  ein  Ministerrat  abgehalten  und  heute  abend, 
sowie  der  Ministerpräsident  (Ricasoli)  angekommen  sein  wird,  soll  eine 
Entscheidung  getroffen  werden  und  infolge  dieser  Entscheidung  kann  es 
sich  ergeben,  daß  man  die  Fortsetzung  der  Aktion  durch  die  Flotte  ver- 
anlassen wird. 

Der  Hauptinhalt  der  Instruktionen,  welche  Sie  erhalten  werden, 
ist,  falls  Ihnen  keine  anderen  mehr  zukommen  sollten,  der,  die  feindliche 
Flotte  aufzusuchen,  sie  zu  bekämpfen  und  in  ihren  Häfen  zu  blockieren. 
Nachdem  dies  geschehen  und  die  Blockade  nach  jeder  Richtung  sicher- 
gestellt ist,  haben  Sie  mit  den  disponiblen  Kräften  derartig  zu  operieren, 
um  sich  eines  Punktes  der  feindlichen  Küste  oder  einer  Insel  zu 
bemächtigen.  Sie  besitzen  Elemente,  welche  genau  zu  beurteilen  im 
stände  sind,  welchen  Teil  der  feindlichen  Küstenstrecke  man  zu  diesem 
Zwecke  mit  Vorteil  angreifen  könnte.  Unter  den  wichtigsten  Punkten  in 
dieser  Beziehung  erlaube  ich  mir,  Ihnen  Duino  vorzuschlagen,  in  dessen 
Nähe  der  Knotenpunkt  (Nabresina)  der  Eisenbahnen  nach  Triest,  Laibach 
und  üdine  liegt. 

Wenn  Sie  mit  den  Kräften,  über  die  Sie  verfügen,  diesen  Knoten- 
punkt zerstören  könnten,  würde  dies  von  größtem  Vorteile  sein. 


Der  General  La  Marmora  wünschte,  daß  Sie  sich  einer  Passage 
znm  Lagunengebiete  Venedigs  bemächtigen  möchten,  ohne  jedoch  deshalb 
die  Stadt  Venedig  anzugreifen.  Ich  halte  dies  für  eine  sehr  schwierige 
Sache,  aber  auch  in  dieser  Hinsicht  haben  Sie  Elemente  unter  Ihren 
Befehlen,  die  beurteilen  können,  ob  diese  Operation  mit  Aussicht  auf 
einen  Erfolg  durchführbar  ist  oder  nicht.  Das  Wichtigste  von  allem  ist, 
daß  Sie  sieh  mit  der  Flotte  vollkommen  bereit  halten,  nötigenfalls  selbst 
unter  Dampf  vor  dem  Hafen  haltend.  So  können  Sie  dann  am  schnellsten 
etwas  ausfiihren. ' 

Den  folgenden  Tag,  7.  Juli,  überbraehte  der  Abgesandte  des 
Ministers,  Linienschiffskapitän  Mantese,  dem  Admiral  die  angekündigten 
Instruktionen,  deren  Inhalt  in  22  Artikeln  abgefaßt,  in  wortgetreuer  Über- 
setzung der  nachstehende  ist: 

B'lorenz.  5.  Juli  1866. 

,1.  Nach  Erhalt  der  gegenwärtigen  Instruktionen  werden  Eure 
Exzellenz  mit  der  unter  Ihren  Befehlen  stehenden  FloUe  sofort  die  feind- 
liche Eskadie  aufsuchen,  dieselbe  im  Begegnungsfalle  ohneweiters  — 
gemäß  den  Instruktionen  vom  8.  Juni,  Nr.  1014  —  angreifen  und  das 
Gefecht  behufs  Herbeiführung  eines  vollständigen  sowie  entscheidenden 
Resultates  bis  zu  den  äußersten  Konsequenzen  führen. 

2.  Wenn  die  feindliche  Eskadre  oder  eine  AbteUung  derselben  mit 
der  Absicht  betroffen  werden  sollte,  die  Bewegungen  vom  27.  Juni  zu 
wiederholen,  haben  Sie  die  österreichischen  Schiffe  anzugreifen  und,  Im 
Falle  der  Feind  sich  zurückziehen  sollte,  ihn  ohne  Verzug  zu  ver- 
folgen, sei  es,  um  ihm  den  Rückzug  in  seine  Häfen  abzuschneiden 
und  dergestalt  zu  zwingen  eine  Schlacht  anzunehmen  oder  um  ihn 
blockiert  zu  halten,  falls  es  ihm  gelingen  sollte,  sich  zurückziehen  zu 
können. 

3.  Wenn  die  österreichische  Eskadre  sich  unter  dem  Schulze  der 
Befestigungen  von  Pola  zurückgezogen  befinden  sollte  oder  falls  es  ihr, 
Ton  unserer  Flotte  gejagt,  gehngen  sollte,  in  diesen  Hafen  einzulaufen, 
werden  Eure  Exzellenz  Pola  mit  hinreichenden  Streitkräften  blockieren 
und  sich  dabei  auf  eine  entsprechende  Entfernung  von  den  Befestigungen 
halten,  welche  Pola  und  die  Rhede  von  Fasana  verteidigen. 

4.  Falls  sich  die  feindliche  Flotte  nach  Venedig  oder  einem  anderen 
Kriegshafen  zurückziehen  sollte,  werden  sich  Eure  Exzellenz  auf  analoge 
Weise,  wie  im  vorhergehenden  Absätze  vorgeschrieben,  verhalten.  I 


ellenz  auf  analoge     ■ 
verhalten.  Betreffe    i 


103 

der  Städte  Venedig  und  Triest  wird  hiemit  das  in  den  Instruktionen  vom 
8.  Juni  über  dieselben  Erwähnte  vollinhaltlich  bestätigt. 

5.  Falls  sich  die  österreichische  Eskadre  in  den  verschiedenen 
befestigten  Häfen  ihres  ausgedehnten  Küstengebietes  zerstreut  halten 
sollte,  werden  Euer  Exzellenz  dafür  Sorge  tragen,  daß  die  Flotte  in 
bezüglich  ihrer  Offensiv-  und  Defensivstärke  gut  zusammengestellten 
Gruppen  geteilt  und  mit  denselben  die  österreichischen  Schiffe  in  den 
Häfen,  in  welche  sie  sich  geflüchtet,  stets  in  strenger  Kontrolle  gehalten 
werden.  Solche  Häfen  wären :  Triest,  Pola,  Fiume,  Lussin,  Zara,  Castelli 
di  Spalato,  Lissa,  Ganale  di  Calamotta  und  die  Bocche  di  Cattaro.  Je  nach 
den  Umständen  werden  Euere  Exzellenz  so  viel  Gruppen  absenden,  als 
gerade  zu  diesem  Zwecke  angezeigt  erscheinen,  und  sich  mit  ihnen  der- 
gestalt beständig  in  Verbindung  halten,  damit  sie  nicht  zufällig  von  ver- 
einten Abteilungen  des  Feindes  oder  von  einer  Übermacht  überrascht 
werden. 

6.  Falls  sich  die  österreichische  Eskadre  nicht  nach  Pola  zurückziehen 
sollte  oder  falls  man  dort  nur  einen  Teil  derselben  vor  Anker  finden 
sollte,  erwächst  die  Notwendigkeit,  mit  der  größten  Umsicht  einen  wohl- 
organisierten Kreuzungsdienst  zu  etablieren,  mn  Nachrichten  zu  erlangen, 
wo  sich  der  Feind  befinde  und  in  welche  Häfen  er  sich  zurückgezogen 
habe. 

7.  Der  Dienst  der  Ausluger  im  Seekriege  gewinnt  noch  eine  erhöhte 
Bedeutung  im  Adriatischen  Meere,  welches  so  von  Inseln  und  Kanälen 
durchschnitten  ist,  die  dem  Feinde  einen  sicheren  Schutz  gewähren,  die 
Bewegungen  desselben  verbergen  und  auf  diese  Weise  Überraschungen 
leicht  Vorschub  leisten.  Tragen  Sie  daher  Sorge,  nach  Ancona  Instruk- 
tionen bezüglich  der  von  der  Regierung  gemieteten  leichten  Schifife  zu 
schicken,  welche  man  Ihnen  sofort  zusenden  wird,  sobald  sie  fertiggestellt 
sein  werden. 

8.  Es  wird  bemerkt,  daß  der  Dienst  der  Ausluger  ausschließlich 
sich  darauf  zu  beschränken  hat,  den  Feind  zu  entdecken,  sich  von  seiner 
Stärke  Gewißheit  zu  verschaffen,  das  Gros  der  Flotte  vor  Überraschungen 
zu  bewahren  und  Kundschaftsnachrichten  zu  erlangen.  Die  Ausluger 
haben  sich  in  keinerlei  Gefecht  einzulassen^  aber,  im  Falle  der  Feind 
fliehen  sollte,  in  aller  Eile  den  Admiral  oder  kommandierenden  Offlzier 
hievon  zu  verständigen. 

9.  Der  Hauptzweck  unserer  Kampagne  im  Adriatischen  Meere  muß 
vor  allem  darin  bestehen,  uns  zum  Herrn  desselben  zu  machen  und 
dieses  Meer  von  der  österreichischen  Flotte  zu  befreien;  im  Begegnungs- 


falle  ist  deshalb  der  Feind  anzugreifen,  zu  verfolgen  und  zu  besiegen  oder 
wenigstens,  soviel  es  angehl,  in  seine  Häfen  zu  jagen  und  dort  in  einer 
Weise  zu  blockieren,  daß  er  aus  denselben  nicht  herauskönne. 

10.  Nachdem  die  Blockade  der  österreichischen  Eskadre  in  Pola 
etabliert  und  sichergestellt  ist,  werden  sich  Eure  Exzellenz  der  Insel  Cherso 
bemächtigen,  von  wo  aus  Sie  sich  in  beständiger  Verbindung  mit  jenen 
Schiffen  halten  werden,  welche  für  di«  Blockade  Polas  bestimmt  sind.  Von 
diesem  Punkte  können  Sie  nebstdem,  daß  Sie  die  Sicherung  der  Blockade- 
division von  Pola  stets  im  Auge  behalten,  Fiunie  und  den  Quamero  über- 
wachen sowie  auch  die  Kanäle  von  Oberdalmatien.  Der  letztgenannte 
Zweck  kann  vielleicht  die  Okkupation  Meladaä  notwendig  machen,  nach- 
dem dieses  die  inneren  Kanäle  beherrscht  und  die  See  von  außen. 
Nötigenfalls  können  Eure  Exzellenz  versuchen,  die  zum  Ankorplalz  für 
die  Schiffe  gewählte  Lokalität  mittelst  provisorischer  Befestigungen  am 
Lande  zu  sichern,  damit  dieselben  besser  geschützt  werden  und  damit  auch 
dieser  Punkt  sich  eventuell  in  der  Verfassung  befinde,  eine  Sendung  Lan- 
dungstruppen aufzunehmen.  Einige  Schiffsgeschütze  mit  den  sonstigen 
Hilfsmitteln,  welche  Kriegsschiffe  bieten,  können  dazu  dienen,  um  die 
okkupierte  Position  sicherer  zu  machen.  Auch  ein  Signal-  und  Tele- 
graphendienst müßte  auf  den  dominiei-enden  Höhen  eingerichtet  werden, 
um  von  den  Bewegungen  des  Feindes  rasch   in  Kenntnis  gesetzt   zu  sein. 

11.  Immer  den  Fall  vorausgesetzt,  daß  die  feindlichen  Streitkräfte 
neutralisiert  sind,  sei  dies  durch  ein  Gefecht  oder  durch  die  Blockade, 
werden  Eure  Exzellenz  versuchen,  sich  mittelst  eines  Handstreiches  der 
Eisenbahn  zu  bemächtigen,  die,  längs  der  Küste  am  Golfe  von  Duino  sich 
hinziehend,  ihre  Kopfstation  in  Nabresina  hat,  von  wo  aus  sich  die  Linien 
nach  Triest,  Venedig  und  Wien  abzweigen.  Diese  Expedition  hätte  zum 
Zwecke,  die  Eisenbahn-  und  Telegraphendrähle  zu  zerslören.  Sie  werden 
jedoch  aufmerksnm  gemacht,  daß  die  Österreicher  in  der  Nähe  dieser 
Gegend  eine  Beobachtungstruppe  im  Lager  stehen  haben. 

12.  Werden  Sie  die  Rhede  von  Triest  besuchen  und  die  dort  vor 
Anker  befindlichen  österreichischen  Kriegsschiffe  als  Prisen  wegnehmen, 
wobei  aber  erinnert  wird,  daß  bei  der  Annäherung  zum  Lande  große  Vor- 
sicht zu  gebrauchen  ist,  teils  um  nicht  wegen  ausgelegter  Seeminen 
Gefahr  zu  laufen,  teils  um  zu  vermeiden,  unter  das  Feuer  der  Forts  zu 
geraten,  welche  die  Rhede  beherrschen. 

13.  Desgleichen  sollen  die  südlichen  Inseln  Dalmatiens  besucht 
werden  und,  wenn  sich  in  deren  Häfen  feindliche  Kriegsschiffe  belinden, 
werden  Eure  Exzellenz,  um  dieselben  besser  zu  überwachen,  sich  der 


105 

Insel  Lagosta  bemächtigen  und  dort  mit  den  im  Absätze  10  angegebenen 
Hilfsmitteln  provisorische  Befestigungen  errichten. 

14.  Werden  Eure  Exzellenz  Sorge  tragen,  daß  ein  Kreuzungs- 
dienst am  Eingange  des  Adriatischen  Meeres  zwischen  Kap  Linguetta  und 
Kap  Santa  Maria  bestehe,  der  zum  Zweck  hat,  eine  fortwährende  Ver- 
bindung mit  den  Semaphorstationen  an  der  Küste  zu  unterhalten  und 
wichtige  Nachrichten,  betreffend  die  Ein-  imd  Ausfahrt  von  Kriegsschiffen, 
gemachte  Prisen,  eingezogene  Erkundigungen  u.  dgl.  zu  übermitteln. 

15.  Eure  Exzellenz  werden  sich  in  beständiger  Verbindung  mit 
Ancona  und  Brindisi  halten  und  sowohl  das  Hauptquartier  Seiner 
Majestät  wie  den  Unterzeichneten  von  allen  jenen  Operationen  in  Kennt- 
nis halten,  die  Sie  anbefohlen  haben  imd  die  von  den  unter  Ihren  Befehlen 
stehenden  Schiffen  ausgeführt  worden  sind.  Eure  Exzellenz  werden  jedes 
Mittel  anwenden,  damit  die  Verbindungen  zwischen  den  Schiffen  unserer 
Flotte  und  unserem  Küstengebiete  niemals  behindert  oder  unterbrochen 
seien,  vor  allem  die  mit  Ihrer  Operationsbasis,  welche  immer  der  Hafen 
von  Ancona  bleiben  wird.  Sie  werden,  wenn  möglich,  dem  Unterzeich- 
neten einen  täglichen  Bericht  über  die  vorgefallenen  Ereignisse  erstatten. 

16.  Die  an  der  feindlichen  Küste  errichteten  Semaphorstationen 
sowie  die  unterseeischen  Telegraphenleitungen  müssen  zerstört  werden, 
um  die  Verbmdungsmittel  auf  dem  österreichischen  Küstengebiete  zu 
unterbrechen  oder  zu  behindern;  die  Handelsschiffe  sind  zu  visitieren,  ob 
sie  Kriegskontrebande  an  Bord  führen,  wobei  die  Vorschriften  ein- 
zuhalten sind,  welche  diesbezüglich  herausgegeben  wurden. 

17.  Alle  in  den  letzten  sieben  Paragraphen  —  10  bis  16  —  in 
Betracht  gezogenen  Operationen  haben  ausgeführt  zu  werden,  sobald  die 
Flotte  die  feindliche  Eskadre  entweder  geschlagen  hat  oder  dieselbe  in 
ihren  Häfen  eingeschlossen  und  blockiert  hält,  selbstverständlich  den  Fall 
ausgenommen,  in  welchem  außerordentliche  Umstände  anders  vorzugehen 
rätlich  erscheinen  lassen  würden. 

18.  Zur  allfälligen  Information  beehrt  sich  der  Unterzeichnete, 
Eurer  Exzellenz  auch  noch  mitzuteilen,  daß  am  10.  d.  M.  zwölf  Stück 
schwere  Geschütze  nach  Brindisi  abgeschickt  werden  behufs  Verteidigung 
der  dortigen  Rhede. 

19.  Der  Unterzeichnete  hätte  gewünscht,  daß  ein  kombinierter 
Plan  betreffs  der  Aktionen  der  Flotte  und  jener  der  Heeresleitung 
zu  stände  gekommen  wäre;  dies  ist  aber  für  den  Moment  unmöglich;  ich 
habe  mich  daher  aus  diesem  Grunde  darauf  beschränkt,  Eurer  Exzellenz 
präzisere  Instruktionen  zu  erteilen,  als  diejenigen  es  sind,  die  Ihnen  früher 


zugekommen  sind.  Ich  bemerke  jedoch  Eurer  Exzellenz,  daß  die  Idee 
einer  kombinierten  Aktion  oder  einer  Ausschiffung  an  der  istrianischon 
Küste  oder  im  Golf  von  Triest  nicht  ausgeschlossen  ist;  die  Regierung 
wird  zu  diesem  Zwecke  in  Ancona  alle  Mittel,  öher  die  zu  verfügen  sie 
im  stände  ist,  vereinigen. 

20.  Eure  Exzellenz  wolSen  berucbäichtigen,  daß  sich  in  Messina 
und  vornehmlich  in  Ancona  alle  erhältlichen  Mittel  und  Materialien 
befinden  behufs  Approvisionierung  und  Ausbesserung  der  Schiffe,  welche 
zur  Flotte  gehören. 

21.  Eure  E.xzellenz  wollen  ferner  in  ErwAgung  ziehen,  daß  der 
Chef  des  II.  Departements')  versprochen  hat,  daß  am  12.  der  .Affondalore- 
fertiggestellt  sem  werde.  Dieses  Schiff  wird  sofort  in  See  gehen  und  von 
den  Fregatten  .Cirlo  Alberto.*  „Principe  Umberto'  und  der  Radkorvetle 
,Governolo"  begleitet  sein.  Belieben  Eure  Exzellenz  zu  bestimmen,  in 
welchen   Gewässern  dieselben  sich  mit  der  Flotte  zu  vereinigen  haben. 

22.  Endlich  wollen  Eure  Exzellenz  dafür  Sorge  tragen,  daß  im  Falle 
einer  Waffentat  mir  so  rasch  als  möglich  ein  detaillierter  Bericht  über 
dieselbe  zukomme,  um  das  Pubhkum  hievon  gleich  in  Kenntnis  setzen  zu 
können. 

Der  Marineminister: 
Depretis  m.  p.' 

Diese  Instruktionen  waren  von  einem  Privatschreiben  des  Ministers 
begleitet,  in  welchem  derselbe  in  kurzen,  aber  eindringlichen  Worten  dem 
Admiral  nochmals  die  baldigste  Aktion  der  Flotte  ans  Herz  legte  und  das 
folgendermaßen  schloß: 

.Mein  lieber  Persano,  bedenken  Sie,  daß  ganz  Italien  die  BUcke  aul 
seine  Flotte  gerichtet  hat,  denn  sie  ist  seine  Stärke  für  die  Zukunft. 
Italien,  das  am  Meere  seine  schönsten  Städte  liegen  hat,  vertraut  Ihnen 
daß  Sie  zeigen  werden,  daß  dieses  Meer  auch  das  seinige  ist.' 

Nach  solchen  klaren  und  in  den  bestimmtesten  Ausdrücken  abge- 
faßten Instruktionen  wie  privaten  Andeutungen  des  Marineministers, 
welche  die  umgehende  Aufnahme  der  Tätigkeit  der  Flotte  verlangten, 
hätte  wohl  dem  Admiral  nichts  anderes  übrig  bleiben  dürfen,  als  sofort 
mit  derselben  auszulaufen  und  dieAktionzu  begbnen.  Am  28.  Juni  waren 
noch  die  Schraubenfregatte  .Viltorio  Emanuele',  die  Schraubenkorvette 
»San  Giovanni*  und  der  Radaviso  »Sirena- ,  am  7.  Juli  der  Schnelldampfer 


>]  Neapel. 


107 

.Flavio  Gioja**  zur  Flotte  gestoßen,  so  daß  diese  eine  Stärke  von  1 1  Panzer- 
schiffen, 5  Holzfregatten,  2  HolzkorveUen,  3  Kanonenbooten,  2  Rad- 
korvetten und  4  Radavisos,  darunter  3  von  sehr  großer  Schnelligkeit 
besaß.  Allerdings  war  die  Installierung  der  6  Armstronggeschütze  an 
diesem  Tage  noch  nicht  ganz  beendet,  allein  dieser  Umstand  durfte,  wie 
schon  früher  erwähnt,  mit  Rücksicht  auf  den  Ernst  der  Situation  und  die 
gebieterische  Notwendigkeit  kein  Hindernis  bilden,  die  Abfahrt  der  Flotte 
zu  verzögern.  Zudem  konnten  diese  Arbeiten,  nachdem  einmal  die  Rap- 
perte  da  waren,  in  längstens  2  Tagen  durchgeführt  sein,  wenn  mit  allem 
Nachdrucke  und  mit  Inanspruchnahme  aller  Kräfte  gearbeitet  wurde.  Im 
schlimmsten  Falle  konnten  die  2  Panzerkanonenboote,  wie  der  Minister 
ganz  richtig  bemerkte,  der  Flotte  nach  beendeten  Arbeiten  folgen.  In 
etwas  geringer  Voraussicht  hatte  aber  Admiral  Persano  die  Arbeiten  für 
sein  Flaggenschiff  „Re  d'Italia**  zuletzt  in  Angriff  nehmen  lassen  und,  als  nun 
vom  Ministerium  die  dringendsten  Mahnungen  eintrafen,  sofort  die  Rhede 
vonAncona  zu  verlassen,  um  dem  sowohl  in  der  Presse  wie  im  Publikum 
auftauchenden  Unwillen  über  das  untätige  Verweilen  der  Flotte  inAncona 
ein  Ende  zu  machen,  waren  gerade  die  Arbeiten  am  Flaggenschiffe  noch 
am  meisten  im  Rückstande,  so  daß  sich  zwischen  dem  Admiral  und  dem 
Minister  abermals  ein  langwieriger,  schon  etwas  gereizter  Depeschen-  und 
Briefwechsel  entspann,  aus  welchem  wir  das  Nachstehende  wiedergeben: 

Am  7.  Juli  telegraphierte  der  Admiral: 

, Gestern  abend  Zusammenstoß  zwischen  „Principe  diCarignano"  und 
,  Castelfidardo  ** ;  es  entstand  aber  kein  Schaden.  Die  Offiziere  verstehen 
nicht  zu  manövrieren.  Ich  schiffe  die  Rapperte  ein,  wir  werden  jedoch  vor 
morgen  abend  nicht  bereit  sein  und  selbst  dies  ist  noch  zweifelhaft,  da 
Eisenteile  zu  durchschneiden  sind.  Wenn  ich  den  „Affondatore"  erwar- 
ten könnte,  würde  ich  dies  eines  Handstreiches  wegen  und  damit  auf 
einmal  etwas  Ordentliches  geschehe,  für  nützlich  halten.  Im  Falle  der 
Zustimmung  wäre  es  angezeigt,  den  General  La  Marmora  hievon  in 
Kenntnis  zu  setzen,  der  mir  sehr  ungeduldig  zu  sein  scheint;  übrigens  bin 
auch  ich  es;  der  24.  Juni^)  ist  mir  aber  eine  Lektion.  Die  Instruktionen 
habe  ich  erhalten;  alles  in  Ordnung;  ich  werde  mein  Möglichstes  machen. 
Kann  ich  so  lange  warten  bis  die  Geschütze  installiert  sind?  Bitte  um 
schleunige  Antwort.* 

Dieselbe  kam  umgehend  und  lautete: 


1)  Schlacht  von  Gustoza. 


„Verlassen  Sie  mit  der  Flotte  den  Hafen  und  die  Rhede,  Lassen 
Sie  nur  die  Scliiffe  zurück,  welche  noch  ihre  Geschütze  einzuschiffen 
haben  und  geben  Sie  ihnen  Befehl,  sich  in  See  mit  der  Flotte  zu  ver- 
einigen. Lassen  Sie  auch  ein  kleineres  ScJilff  zurück  zu  dem  Zwecke,  lür 
Sie  bestimmte,  aber  verspätete  Sendungen  Urnen  nachzubringen.  Bestim- 
men Sie  den  Vereinigunpspunkt  für  den  „Affondatore".  Handeln  Sie  nach 
den  Instruktionen." 

Hierauf  replizierte  wiederum  der  Admiral: 

„Ich  bin  gerade  derjenige,  der  die  Geschütze  noch  nicht  an  Bord 
hat.  Ich  ai'btite  schon  seit  heute  morgen  daran  und  werde  auch  noch  den 
ganzen  morgigen  Tag  dazu  brauchen  (!I).  Die  Flotte  wird  auslaufen  und 
mich  erwarten.* 

Nun  riß  aber  dem  Minister  die  Geduld  und  er  ließ  diesmal  keine 
Widerrede  mehr  zu.  Seine  Rückantwort,  die  der  Admiral  den  folgenden 
Tag  (8.  Julii  erhielt,  lautete: 

»Oberscbiffen  Sie  sich  auf  ein  anderes  Panzerschiff.  Bleiben  Sie  in 
See  unter  Dampf  und  erwarten  Sie  die  Schiffe,  welche  bis  längstens 
morgen  fertig  sein  müssen;  beschleunigen  Sie  dies;  die  Flotte  darf  nicht 
länger  in  Ancona  bleiben,* 

Jetzt  endlich,  nachdem  der  Admiral  sah.  daß  ein  längeres  Hinhalten 
unmöglich  sei,  erließ  er  die  nötigen  Befehle  bezüglich  der  Abfahrt  und 
setzte  es  durch,  daß  die  Arbeiten  am  ,Re  d'ItaUa"  bis  abends  vollendet 
waren.  Bevor  er  die  Rhede  verließ,  sandte  er  an  den  Minister  noch 
folgendes  Schreiben  ab.  das.  mit  allem  Vorhergehenden  in  Zusammenhang 
gebracht,  wieder  einmal  die  Vielrednerei  des  Admirals  Persano,  welche 
so  recht  im  Gegensatze  zu  seiner  Tatkraft  steht,  in  vollem  Glänze 
erstrahlen  laßt. 

Rhede  von  Ancona,  8.  Juli  18fi6. 

.Ich  habe  Euer  Hochwohlgeboren  (V.  S.  Jma.)  meine  Abfahrt  mit 
der  Flotte  bereits  telegraphisch  angezeigt  und  keine  weiteren  Beifügungen 
gemacht,  weil  ich  des  Ghiffreschlüssels  nicht  sicher  bin.  Ich  beehre  mich 
demzufolge  mitzuteilen,  daß  es  nicht  nötig  war,  meine  Flagge  auf  einem 
anderen  Schiffe  zu  hL-^i-en,  weil  es  dank  der  von  allen  Beteiligten  ent- 
wickelten Tätigkeit  und  Energie  dem  ,Re  d'Italia"  gelang,  in  einigen  Stunden 
fertig  zu  werden, ')  und  ich  es  nicht  für  angezeigt  hielt,  wegen  einer  so 
geringen  Verzögerung  von  ein  paar  Stunden  mein  Flaggenschiff  zu 
wechseln. 


')  Also  doch! 


109 

Im  Gefechte  kann  der  Admiral  mit  aller  Leichtigkeit  und  ohne 
allen  Nachteil  für  den  Dienst  sein  Schiff  wechseln;  in  manchen  Fällen 
kann  dies  sogar  notwendig  und  nützlich  sein.  Aber  im  Gefechte  hat  man 
an  nichts  anderes  zu  denken,  als  die  Schlacht  zu  leiten  und  zu  kämpfen. 
Anders  ist  dies  aber  mit  einem  Wechsel  des  Flaggenschiffes  während  der 
Navigation,  in  welchem  Falle  sich  dieser  Wechsel  nicht  so  leicht  voll- 
ziehen läßt,  da  der  Admiral  nicht  nur  an  sich  allein,  sondern  auch  an 
seinen  Flaggenstab  zu  denken  hat  der  ihm  zur  Führung  der  vielen  ver- 
zweigten Dienstgeschäfte  notwendig  ist;  ebensowenig  kann  er  sich  von 
den  Archiven  trennen.  ^) 

So  würde  ein  umfangreicher  Wechsel  von  Personen  und  Sachen 
die  Folge  sein,  wenn  der  Admiral  während  der  Fahrt  seine  Flagge  auf 
einem  anderen  Schiffe  hissen  würde.  Wenn  nun  Euer  Hochwohlgeboren 
noch  dazu  die  innere  Einrichtung  und  Einteilung  unserer  Panzerschiffe 
berücksichtigen,  so  werden  Dieselben  leicht  zur  Überzeugung  gelangen, 
daß  es  nicht  angezeigt  ist,  den  Admiral  mit  dem  gesamten  Stabe  so  leicht- 
hin auf  das  nächstbeste  Schiff  zu  überschiffen,  nachdem  der  Flaggenstab 
desselben  aus  Dienstesrücksichten  bei  ihm  verbleiben  muß. 

Die  Armstronggeschütze  wurden  ordnungsmäßig  installiert  und 
wären  dies  schon  früher  gewesen,  wenn  nicht  die  Ihnen  bekannte  Ver- 
zögerung mit  den  Rapperten  eingetreten  wäre.  Es  fehlen  uns  aber  jetzt 
noch  die  Kardusen  imd  auch  die  Anzahl  der  Projektile  ist  eine  geringe; 
aber  dies  darf  kein  großes  Hindernis  bilden,  da  ich  schon  die  nötigen 
Dispositionen  getroffen  habe,  daß  beide  uns  sofort  nachgeschickt  werden, 
so  wie  sie  in  Ancona  eintreffen.  Sollte  es  inzwischen  nötig  werden,  sich  der 
Armstronggeschütze  bedienen  zu  müssen,  so  werden  wir  uns  schon 
betreffs  der  Kardusen  zu  helfen  wissen  und  die  Projektile,  die  wir  haben, 
genügen  vorläufig.  Zweifeln  Sie  daher  nicht  daran,  daß  von  nun  an  die 
Flotte  in  Bewegung  sein  werde  und  binnen  kurzem  in  den  Gewässern 
des  Feindes  erscheinen  wird. 

Niemandem  mehr  als  mir  und  den  unter  meinen  Befehlen  stehen- 
den Offizieren  und  Schiffsmannschaften  sind  die  Verzögerungen  unan- 
genehm gewesen,  zu  denen  wir  bis  jetzt  verurteilt  waren.  Sie,  Herr 
Minister,  kennen  die  Ursachen  derselben  und  es  gereicht  mir  zum  beson- 
deren Vergnügen,  Ihnen  nochmals  meine  Dankbarkeit  (riconoscenza)  für 
die  Raschheit  auszusprechen,  mit  welcher  Sie  bestrebt  waren,  denselben 
abzuhelfen,  so  daß  die  Flotte  bmnen  kurzem  mit  allen  jenen  Streitmitteln 


1)  Wahrscheinlich  die  EskadrekanzJei  gemeint.  A.  d.  V. 


ausgerüslet  wurde,  deren  sie  bedurfte,  um  ohne  Gefahr  ihrer  Tätigkeit 
den  Erfolg  zu  sichern.  Wollen  Sie,  Herr  Minister,  öberzeugt  sein,  daß, 
indem  ich  mich  mit  Ihren  Ratscldägen  und  den  Absichten  der  Regierung, 
die  mir  zu  wiederholten  Malen  bekannt  gegeben  wurden,  in  Obereinslim- 
mimg  setze,  ich  nichts  versuchen  werde,  was  unklug  oder  tollkühn 
(improwido  o  temerario)  wäre;  aber  inzwischen  wird,  wie  ich  glaulie, 
das  bloße  Erscheinen  der  italienischen  Flotte  an  den  Küsten  des  Feindes, 
die  beständige  Drohung,  welche  in  demselben  liegt,  die  Ungewißheit  des 
Feindes,  auf  welcliem  Punkt  sich  unsere  Kräfte  vereinen  werden,  eine  vor- 
teilhafte Unterstützung  für  die  Operationen  am  Lande  abgeben.  Sollte 
sieh  eine  günstige  Gelegenheit  ergeben,  mich  mit  dem  Feinde  zu  messen, 
so  können  Sie  überzeugt  sein,  daß  ich  mir  dieselbe  nicht  entgehen  lassen 
werde;  der  Geist,  von  welchem  alle  aji  Bord  der  Flotte,  die  zu  komman- 
dieren ich  die  Ehre  habe,  Offiziere,  Matrosen  und  Soldaten,  beseelt  sind, 
ist  mir  hinreichende  Bürgschaft  dafür,  daß  sich  diese  Hoffnungen  erfüllen 
werden." 

Aus  diesem  langen  Schreiben  ersieht  man.  wie  gut  der  Admiral  mit 
der  Feder  umzugehen  wußte,  um  dem  Minister  gegenüber  stets  im  Rechte 
zu  bleiben,  wobei  er  es  liebte,  die  belehrende  imd  überlegene  Seite  hervor- 
zukehren, sowie  daß  er  gewohntermaßen  mit  Versprechungen  nicht  kargte, 
deren  Erlüllung  aber,  wie  wir  bald  sehen  werden,  noch  immer 'auf  sich 
warten  Ueß.  Die  Art  und  Weise,  wie  er  die  ihm  jetzt  vom  Minister  auf- 
gedrungene Eröffnung  der  Aktion  ausführte,  hefert  den  besten  Beleg 
dafür. 

Am  8.  Juli  um  &^  p.  m.  verließ  Admiral  Persano  endlich  mit 
der  Flotte  die  Rhede  von  Ancona,  nachdem  er  vorher  noch  mittels 
Tagesbefehls  die  nachstehenden  Bestimmungen  hinausgegeben  hatte: 

Bestimmungen  bezüglich  Taktik  und  Navigation. 
.Die  mit  dem  Flotlenbefehl  Nr.  11  vom  21.  Juni  herausgegebenen 
Bestimmungen  und  Verhaltungsmaßregeln  werden  mit  folgenden  Abände- 
rungen bestätigt: 


1.  BeiQsUcb  der  Formleran^  der  Flotte. 

a)  Das  Signal  Nr.  1   der  reglementsmäßigen  Taktik  bedeutet:  Kiel- 
wasserhnie ; 

b)  das  Signal  Nr.  2  der  Supplementartaktik  bedeutet:  FronÜinie  ; 

c)  das  Signal  Nr.  3  der  Supplementartaktik  bedeutet:  Kielwasserlinie 
in  Gruppen; 


J 


111 

Distanz  zwischen  den  Gruppen  8  Kabel; 
Distanz  zwischen  den  beiden  Flotten  11  Kabel; 

d)  das  Signal  Nr.  4  der  Supplementartaktik  bedeutet:  Frontlinie  in 
Gruppen; 

Distanz  zwischen  den  Gruppen  8  Kabel; 
Distanz  zwischen  den  beiden  Flotten  11  Kabel; 

e)  das   Signal   Nr.  5    der  Supplementartaktik    bedeutet:    Kolonne; 
Schiflfsdistanz  in  den  Kolonnenlinien  2  Kabel; 
Kolonnendistanz  7  Kabel. 

2.  Bezüglich  der  Reserre. 

Die  Reserve  wird  sich  zusammensetzen  aus  den  PanzerschifiFen 
»Principe  di  Carignano*,  »Castelfidardo**  und  »Ancona";  sie  wird  auf  das 
Signal  Nr.  307  aus  der  Formation  treten,  um  jenen  Posten  einzunehmen, 
den  ihr  Kommandant  am  vorteilhaftesten  hält,  \xm  sich  im  entscheidenden 
Momente  plötzlich  auf  den  Feind  werfen  zu  können. 

Die  »Maria  Pia*  und  der  „SanMartino*  werden  sich  auf  das  Signal 
Nr.  308  mit  der  Reserve  vereinigen  und  auf  das  Signal  Nr.  309  wieder 
auf  ihren  früheren  Posten  in  der  Linie  zurückkehren.  Der  »Afifondatore**  wird 
nach  seinem  Eintreffen  bei  der  Flotte  außerhalb  der  Linie  bleiben,  eben- 
sowohl um  das  Flaggenschifif  des  Höchstkommandierenden  zu  decken  als 
wie  auch  um  sich  rasch  dorthin  begeben  zu  können,  wo  es  nötig  sein 
sollte;  besondere  Befehle  ausgenommen. 

8.  Bezüglich  der  ATisosehiffe. 

In  jedweder  Formation  werden  der  »Messaggiere*  an  der  Tete,  der 
»Esploratore"  an  der  Queue  der  Flotte  während  der  Fahrt  scharfen  Auslug 
halten;  ebenso  der  „Flavio  Gioja**  an  Steuerbord,  der  „Guiscardo*  an  Back- 
bord. 

Die  Korvett«  „Etna*  wird  sich  zwischen  beiden  Flotten  halten,  um 
Befehle  überbringen  zu  können. 

Während  der  Aktion  sind  die  Korvetten  »Etna*  und  »Guiscardo* 
zum  Schleppen  bestimmt. 

4.  Bezüglich  der  Flottille. 

Sowohl  wenn  die  Flottille  vollständig  beisammen  ist  als  auch  wenn 
ihre  Schiffe  vereinzelt  mit  der  Flotte  fahren  sollten,  werden  diesbezüglich 
spezielle  Befehle  erfolgen.  Vor  dem  Feinde  wird  sie  sich  stets  in  einer 
solchen  Position  halten,  um  auf  keinen  Fall  die  Bewegungen  der  Flotte  zu 
behindern. 


5.  Bezüglich  der  Fahrt  nälirenil  der  Kacbt. 

Während  der  Nacht  wird  ohne  Lichter  gefaliren  werden;  die 
Kabinenlichter  sowie  jene  der  Batterien  sind  daher  sorgfältig  zu  ver- 
decken. Die  Flaggenschiffe  werden  ihre  Lichter  am  Heck  stets  gut  bren- 
nend erhalten.  So  wie  das  Flaggenschiff  des  Ädmirals  en  chef  eine  Laterne 
an  der  Gaffel  hißt,  werden  alle  Schiffe  der  Flotte  das  Gleiche  tun;  es  ist 
jedoch  darauf  zu  achten,  daß  dieselbe  beim  Niederholen  auf  dem  Admi- 
ralschiffe  sofort  auch  niedergeliolt  werde. 

Das  Abfeuern  bloßer  Raketen  ohne  jedes  andere  Signal  bedeutet  stets 
die  Anwesenheit  des  Feindes  und  den  Befehl,  sichindeuGefechtszustand  zu 
versetzen.  Die  Flotte  wird  hierauf  sofort  die  Formation  Nr.  1  einnehmen, 
die  Reserve  jene  Posilion,  die  ihr  am  vorteilhaftesten  erscheint. 

3  weiße  Lichter  bedeuten  Nr.  1,  Kiel  Wasserlinie,  des  gegenwärtigen 
Befehls;  3  obere  und  1  unlere  Laterne:  Nr.  3,  Kielwasserlinie  in  Gruppen. 
Jede  Kursveränderung  wird  mittelsder  Positionslatemen  angezeigt  werden. 
Inder  Gruppen formation  werden  keine  Kursveränderungen  über  4  Strich 
vorgenommen  werden. 

«.  Bczütr^llcli  der  Tokttk. 

Die  Herren  Kommandatiten  werden  den  Herren  Wachofiizieren 
präzise  Vorschriften  ober  die  Ausführung  der  taktischen  Manöver  geben, 
damit  Kollisionen  vermieden  werden.* 

Von  diesen  Nachtragsbeslimmungen  verdient  jene  den  ,Affondatore* 
betreffende  eine  besondere  Beachtung. 

Schon  in  dem  ßefelile  für  den  Angriff  (siehe  Seite  67)  hat  der 
Admiral  diesem  Schiffe  die  spezielle  Aufgabe  zugewiesen,  das  Flaggenschiff 
zu  decken  und  sich  zu  diesem  Behufe  außerhalb  der  Linie  zu  halten. 
Dieser  Umstand  erscheint  ihm  so  wichtig,  daß  er  ihn  jetzt  sogar  wieder- 
holt, und  doch  werden  wir  später  sehen,  welche  Verwendung  Admiral 
Persano  im  entscheidenden  Augenblicke  von  diesem  Schiffe,  dessen  An- 
kunft er  kaum  erwarten  konnte,  machte. 

Bis  Mittemacht  des  8.  steuerte  die  Flotte  in  nordwestlicher  Richtung 
gegen  die  Punta  della  Maesira  und  wendete  hierauf  gegen  Saden,  Der 
Admiral  halle  dem  Stabschef  d'Amico  die  strengste  Weisung  gegeben, 
den  Kurs  und  die  Navigation  der  Flotte  derart  einzurichten,  daß  dieselbe 
bei  Tagesanbruch  weder  von  der  Küste  Italiens  noch  von  der  feindüchen 
aus  gesehen  werden  könne  und  daß  man  sich  gegen  2''  p.  m.  auf  ungefähr 
40  Meilen  Südost  von  Ancona  befmde.  Sei  es  nun  infolge  von  Strömungen 
und  Wilterungseinflüssen    (der  Admiral    behauptete   später  in  seinem 


113 

Berichte  an  den  Minister,  es  hätte  die  See  zugenommen  und  das  Wetter 
wäre  drohend  geworden)  oder  daß  während  der  Nacht  Fahrt  imd  Kurs 
nicht  streng  eingehalten  wurden,  kurz:  bei  Tagesanbruch  hatte  man  den 
Monte  di  Ancona  wieder  in  Sicht,  was  den  Ädroiral  veranlaßte,  deshalb 
einen  Tadel  gegen  den  Stabschef  auszusprechen. 

Am  10.  früh  war  die  italienische  Flotte  auf  zirka  15 — 20  Seemeilen 
in  Sicht  von  Lissa  und  Isola  grossa  (siehe  Seite  80)  und  kreuzte  hierauf, 
sich  immer  auf  demselben  Parallelkreis  von  43**  nördlicher  Breite  haltend 
in  dör  Mitte  des  Adriatischen  Meeres,  fleißig  taktische  Übungen  und 
Geschützexerzitien  (jedoch  nicht  im  Feuer)  vornehmend.  Fast  jeden  Tag 
befand  man  sich  um  2  ^  p.  m.  ungefähr  40  Meilen  Südost  von  Ancona,  dem 
Punkte,  der  Kontreadmiral  Provana  in  Ancona  als  Rendezvous  für 
nachzusendende  Schiffe  angegeben  worden  war. 

In  der  Nacht  vom  12.  auf  den  13.  gegen  Mitternacht  wurde  die 
Flotte  alarmieil;  man  sah  plötzlich  zahlreiche  Lichter  vor  sich  und  ver- 
mutete feindliche  Schiffe  in  ihnen.  Sofort  wurde  das  Gefechtssignal  ge- 
geben und  binnen  kurzem  war,  wie  der  Admiral  mit  Zufriedenheit  dem 
Minister  meldet,  die  Flotte  kampfbereit,  die  Schiffe  in  geschlossener  Ord- 
nung und  alles  von  größter  Kampfeslust  beseelt  auf  den  Posten.  (Tutta  la 
flotta  manovrö  in  modo  da  parere  composta  di  vecchi  equipaggi,  com- 
mandati  da  ufficiali  di  antica  esperienza.)  Nach  einiger  Zeit  der  Spannung 
löste  sich  jedoch  das  Ganze  dahin  auf,  daß  man  eine  Flottille  von  Fischer- 
booten und  Küstenfahrern  vor  sich  hatte. 

Am  nächsten  Tag,  den  13.  früh,  lief  die  Flotte  wieder  in  Ancona 
ein,  ihre  früheren  Ankerplätze  einnehmend. 

Diese  Kreuzungsfahrt  in  der  Mitte  des  Adriatischen  Meeres  in  gleich 
weiter  Entfernung  von  beiden  Küsten,  die  man,  wie  ein  Offizier  ^) 
schrieb,  selbst  mit  Hilfe  des  Femrohres  kaum  zu  sehen  bekam  und  auf 
welcher  man  zwar  viel  Kohlen  verbraucht,  sonst  aber  nichts  erreicht 
hatte  ^),  brachte  bei  den  Offizieren  und  Mannschaften  der  Flotte  aber- 
mals eine  schmerzliche  Enttäuschung  hervor.  Der  Stabschef  d'Amico  hatte 
sich  sogar  veranlaßt  gefunden,  am  11.  dienstlich  beim  Rapport  dem 
Admiral  Vorstellungen  in  dieser  Hinsicht  zu  machen  und  bei  aller  Sub- 
ordination dennoch  darauf  hinzuweisen,  daß  seiner  Meinung  nach  es  die 


1)  Linienschiffskapilän  Riboty  vom  ^Kd  di  Porlogallo*. 

')  Auf  hoher  See  hatte  die  Flotte  zwei  österreichische  Handelsschiffe,  einen  Lloyd- 
dampfer  und  ein  Segelschiff  angehalten  mit  der  Frage,  wo  sich  die  Osterreichische 
Flotte  befinde. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  g 


Aul'gabe  der  Flotte  sei,  den  Feind  in  einer  wirksameren  Art  und  Weise 
(piü  efficacemente)  aufzusuchen.  Er  stellte  sich  dem  Admiral,  falls  dieser 
noch  mehr  Naclirichlen  über  den  Feind  haben  wollte,  zur  Verfügung,  diese 
persönlich  einzuholen,  glaubte  aber  nochmals  wiederholen  zu  müssen, 
daß  eine  Aktion  olme  Zeitverlust  unabweislich  notwendig  sei-  (Ma  le 
ripeto,  che  credo  indispensabile  di  agire  senza  indugio.) ') 

Admiral  Persano,  bei  seinem  stolzen  hochfahrenden  Wesen  sonst 
gerade  nicht  der  Mann,  der  Widerspruch  oder  Ralschlage  von  seinen  Sub- 
ordinierten ruhig  hinzunehmen  gewohnt  war.  machte  jedoch  diesmal  mit 
den  in  einer  so  slrengdiensUichenForm  vorgebrachten  Vorstellungen  seines 
Stabschefs  eine  Ausnahme  und  nahm  dieselben  ziemlich  gnädig  auf;  er 
gab  ihm  zur  Antwort,  daß  es  sich  m  diesem  Falle  nicht  darum  handle 
sich  zu  schlagen  und  Tapferkeit  zu  entwickeln,  sondern  vielmehr  darum, 
zu  siegen  und  zwar  mit  Gewißheit  zu  siegen;  er  wisse  den  Beweggrund 
der  Handlungsweise  seines  Stabschefs  ihm  gegenüber  wohl  zu  würdigen, 
habe  sich  aber  trotzdem  entschlossen,  nocli  zu  warten,  bis  die  ganze  Flotte 
vereint  sei  und  besonders  bis  der  „Affondalore",  dieses  mächtige 
Schlachtschiff  der  Flotte,  der  von  Tag  zu  Tag  ku  erwarten  sei,  augelangt 
sein  werde.  Es  wäre  nicht  weise,  sich  schon  jetzt  zu  engagieren,  wenn 
man  morgen  oder  übermorgen  mit  größerer  Macht  angreifen  könne  und 
mit  mehr  Aussichl  auf  den  Sieg. 

Die  Vorstellungen  des  Stabschefs  d'Amico  beim  Admiral  fanden 
übrigens  noch  am  selben  Tage  ihre  Fortsetzung  in  einer  Szene,  welche 
sich  aus  demselben  Anlasse  zwischen  dem  letzteren  und  dem  am  Flaggen- 
schiffe eingeschifften  Kammerdepulierten  Boggio  abspielte.  Auch  diesem 
persönlichen  Freunde  und  Parteigenossen  Persatios,  der  sich  seines 
größten  Vertrauens  erfreute,  war  die  lange  Untätigkeit  der  Flotte,  die  am 
Lande  schon  scharf  beiu-teilt  wurde,  schwer  am  Herzen  gelegen.  Er 
glaubte, nach  dem  fehlgeschlagenen  Versuche  des  Stabschefs  d'Amico  nun 
seinerseits  auf  den  Admiral  einwirken  zu  sollen.  In  den  Naclimittags- 
slunden  des  11„  als  er  mit  dem  Admiral  auf  Deck  promonierte,  nalmi  er 
deshalb  eine  passende  Gelegenheit  wahr,  an  diesen  die  Frage  zu  stellen: 
.Wenn  wir  morgen  früh  in  Sicht  von  Pola  wären,  glaubst  Du  wohl,  daß 
Tegetthoff  herauskäme?" 

Admiral  Persano  begriff  den  Sinn  dieser  Frage  sowie  den  Zusam- 
menhang derselben  mit  den  am  Morgen  fiemachten  Vorstellungen  seines 

>)  ItendicoDli  dcllc  udienze  pubMiche  «IcU'  alr:^  Corle  ili  giuBtltia  nel  dibältiincuta 
della  Musa  contro  l'ommiraglb  senatsic  Carlo  Pi>Ilion  ili  Persano  iteposiiione 
tl'Amico.  Seile  CG. 


115 

Stabschefs  sofort  und  antwortete  Boggio  im  aufbrausenden  strengen 
Tone:  »Ich  wußte,  daß  auch  Du  mir  diesen  Rat  geben  würdest,  da  Du 
natürlich  nur  an  Dich  allein  denkst;  wenn  Du  nach  Hause  zurückkehren 
solltest  ohne  eine  Schlacht  mitgemacht  zu  haben,  würdest  Du  glauben  der 
Lächerlichkeit  verfallen  zu  sein  und  deshalb  machst  Du  alle  Anstren- 
gungen, mich  zu  einem  übereilten  Angriffe  zu  drängen.  Du  denkst  weder 
an  meine  Verantwortung  gegenüber  Italien,  welches  mir  diese  Flotte  an- 
vertraut hat,  noch  an  den  nicht  mehr  gutzumachenden  Schaden  im  Falle 
einer  Niederlage."  Ganz  erstaunt  und  etwas  pikiert  über  diesen  plötz- 
lichen Zomesausbruch  Persanos  erwiderte  Boggio  in  ebenfalls  gereizter 
Stimmung:  ^Wenn  Friede  geschlossen  werden  sollte  ohne  eine  vorher- 
gegangene Seeschlacht,  so  werde  nicht  ich  derjenige  sein,  der  dabei  etwas 
verliert,  aber  Du  bist  in  diesem  Falle  entehrt  und  die  Marine  unwieder- 
bringlich verloren.  Welchem  Parlamente  wird  es  dann  wohl  einfallen, 
noch  einen  Centesimo  für  die  Flotte  zu  bewilligen,  wenn  diese  im  Mo- 
mente des  Handelns  sich  unfähig  gezeigt  hat?'' 

»Für  meinen  Ruf  laß  mich  sorgen",  gab  der  Admiral  trocken  zur 
Antwort,  „ich  ziehe  es  eher  vor,  mit  Unrecht  entehrt,  als  mit  Recht  ver- 
urteilt zu  sein  (preferisco  essere  disonorato  a  torto,  che  condannato  a 
ragione).  Geduld,  wenn  der  Friede  eintreten  sollte,  werden  sie  mich 
einen  Blagueur  nennen,  aber  Italien  wird  seine  Flotte  wenigstens  noch 
ganz  haben  und  jene  Österreichs  wird  dann  unnütz  geworden  sein.  Wenn 
ich  mich  jedoch  tollkühn  in  etwas  stürzen  wollte,  würde  Italien  mit  Recht 
über  seine  zu  Grunde  gegangene  Flotte  Rechenschaft  von  mir  verlangen. 
In  drei  bis  vier  Tagen  muß  der  „Affondatore"  ankommen,  mit  ihm  ist  der 
Sieg  sicher  und  in  diesen  drei  bis  vier  Tagen  wird  man  nicht  den  Frieden 
machen.  Was  ist  nun  vorteilhafter,  zu  warten  und  zu  siegen  oder  sich  zu 
überstürzen,  auf  die  Gefahr  hin  besiegt  zu  werden?" 

Auf  die  Bemerkung  Boggios,  daß  man  ja  in  der  Übermacht  sei  und 
um  vier  Panzerschiffe  mehr  als  der  Feind  habe,  erwiderte  der  Admiral: 
»Irgend  eine  Kugel  im  Propeller  oder  Kamin  kann  uns  2 — 3  Schiffe 
kampfunfähig  machen  und  den  Rest  in  Gefahr  bringen ;  ein  Aufschub 
von  wenigen  Tagen  macht  alles  gut  und  sichert  den  Sieg.  Weder  Du 
noch  sonst  jemand  werden  mich  zu  einem  anderen  Entschlüsse  bringen. 
Was  hatte  Italien  für  einen  Gewinn  an  dem  kühnen  Vorgehen  vom  24.  Juni, 
welches  von  der  Art  war  wie  Du  mir  jetzt  anratest?"  Die  beiden  Freunde 
trennten  sich  hierauf  in  einer  etwas  kühlen  Stimmung,  es  erfolgte  jedoch 
bald  wieder  die  Versöhnung  und  über  dieses  Thema  wurde  während  des 
Restes  der  Kreuzungsfahrt  nicht  mehr  gesprochen. 


Wir  haben  diesen  Zwischenfall  angeführt,  um  zu  zeipcn,  welchen 
Anschauungen  Admiral  Persano  huldigle  und  wie  wenig  er  trotz  allem 
entschlossen  war,  die  Aktion  alsbald  zu  eröffnen.  Er  hielt  sich  noch  immer 
nicht  Cur  stark  genug,  um  den  Sieg  nach  seiner  Lieblingsart  durch  eine 
große  Übermacht  und  auf  eine  leichte  Weise  zu  erringen,  insbesondere 
da  der  ,  Aöbndatore" ,  von  dem  er  sich  geradezu  Wunder  versprach,  noch 
nicht  emgetroffen  war.  Diese  fixe  Idee,  weiche  sich  aus  allen  seinen  Kund- 
gebungen entnehmen  läßt,  hatte  ihn  derart  beherrscht  und  verblendet. 
daß  er  ganz  auf  die  Stimme  der  Ehre  und  Plhchl  vergaß;  sie  allein  Wal- 
es, die  ihn  abhielt,  den  erhaltenen  Befehlen  nachzukommen. 

Es  geht  dies  zum  Überflusse  auch  aus  den  Briefen  hen'or,  die  der 
Admiral,  welcher,  wie  wir  wissen,  gern  und  viel  schrieb,  während  seiner 
Kreuzungsfahrl  an  den  Marineminister  richtete  und  von  denen  wir  einige 
auszugsweise  hier  mitteilen  wollen. 

Der  erste,  vom  9.  Juli  Mittag,  40  Meilen  südöstlich  von  Äncona, 
enthält  unter  anderem  folgendes; 

,Es  war  meine  Absicht,  daß,  so  wie  wir  uns  in  der  Nacht  auf  ehie 
genügende  Entfernung  von  unserer  Küste  befänden,  eine  Wendung  vor- 
genommen würde,  welche  uns  in  Sicht  des  istrianischen  Litorales 
gebracht  hätte  und  in  diesem  Sinne  erteilte  ich  die  striktesten  und  ent- 
schiedensten Eefelile ;  doch  die  inzwischen  stark  zunehmende  See,  der 
drohend  gewordene  Zustand  des  Wetters  sowie  die  diclite  Finsternis  der 
Nacht  widerrieten  meinem  Stabschef,  eine  Eursveränderung  vorzunehmen, 
welche  Evolutionen  zur  Folge  gehabt  hätte,  die  bei  Nacht  und  schlechtem 
Welter  mit  einer  aus  zahlreichen  Schiffen  bestehenden  Flotte,  deren 
Offiziere  nicht  hinreichend  in  der  neuen  Taktik  geübt  waren  und  deren 
Schiffe  eine  ungleiche  Geschwindigkeit  besaßen,  nicht  ohne  Gefahr 
waren.' 

Das  zweite  Sehreiben,  gleichfalls  vom  9,  JuÜ  datiert,  enthüllt  schon 
(>twas  mehi'  die  Absichten  des  Admirals,  mit  denen  er  sich  beim  Verlassen 
Anconas  getragen  haben  mag.  Er  beginnt  in  demselben  mit  der 
bemerkung,  daß  ihm  der  , Esploratore "  die  Nachricht  gebracht  habe,  der 
Feind  befinde  sich  iJi  der  Stärke  von  16  Schiffen  in  Fasana  und  daß  eres 
niclit  für  angezeigt  gehalten  habe,  sich  dorthin  zu  begeben  und  ihn  in 
seiner  so  starken  Position  anzugreifen,  ebensowenig  ihm  eine  Schlacht 
in  See  anzubieten;  ,denn",  so  fuhr  er  fort,  .die  Herrschaft  zur  See  ist  in 
unserem  Besitz.  Wenn  er  aus  seinem  Neste  herauskommt,  werden  wir 
unser  Möglichstes  tun,  ihm  den    Rückzug  abzuschneiden,  hält  er  sich. 


117 

verkrochen  (accovacciato),  so  gibt  er  uns  dadurch  Gelegenheit,  die  Ver- 
stärkungen für  die  Flotte  abzuwarten,  speziell  den  „Affondatore*;  ^vir 
müssen  siegen,  dies  unser  Wahlspruch.  (Dobbiamo  vincere,  ecco  la 
nosira  divisa.) 

Darauf  bezüglich  erlauben  Sie  mir  die  Bemerkung,  welche  ich  dem 
Freunde  und  nicht  dem  Minister  gegenüber  ausspreche,  daB  für  einen 
Admiral  meines  Charakters  ein  derartiges  Antreiben  nicht  am  Platze  ist 
Dieses  Hinausjagen  von  der  Rhede  um  jeden  Preis,  wie  wenn  ich  dort  zu 
meiner  Unterhaltung  geblieben  wäre,  hätte  mich  an  diesem  Tage  eine 
Unüberlegtheit  begehen  lassen  können,  die  in  diesem  Momente  gewiß 
nicht  angezeigt  gewesen  wäre  (qualche  awentatezza  non  del  momento, 
certo).  Und  wenn  ich  nicht  die  Nacht  vor  mir  gehabt  hätte,  um  mich  zu 
beruhigen,  so  hätte  es  geschehen  können,  daß  ich  mit  ganzer  Kraft  in  den 
Kanal,  wo  die  feindliche  Flotte  vor  Anker  lag,  hineingefahren  wäre.  Ich 
hätte  damit  Unrecht  gehabt,  ich  weiß  dies,  aber  man  ist  nicht  immer 
Herr  über  sich  selbst.** 

In  einem  dritten  vom  10.  Juli  datiertem  Schreiben,  40  Meilen  südöst- 
lich von  Ancona,  ergeht  er  sich  anfangs  des  Langen  und  Breiten  über  die 
Flotte,  über  die  vielen  Schwierigkeiten,  die  ihm  erwüchsen,  sie  zum 
Gefechte  heranzubilden,  über  die  Genugtuung,  die  er  trotzdem  empfinde, 
bei  Allen  guten  Willen  zu  sehen,  über  den  guten  Geist,  der  auf  den 
Schiffen  herrsche,  daß  alles  vor  Begierde  brenne,  sich  auszuzeichnen, 
daß,  wenn  man  noch  nicht  den  richtigen  Höhepunkt  der  Ausbildung 
erreicht  habe,  hieran  nicht  Mangel  an  gutem  Willen  Schuld  sei,  sondern 
der  Umstand,  daß  man  nicht  im  Handumdrehen  Matrosen  und  Kriegs- 
leute schaffen  könne  u.  s.  w.,  u.  s.  w.  Er  spricht  hierauf  vom  feindlichen 
Admiral  und  behauptet,  daß  dieser  unstreitig  mit  Kühnheit  auch  viel 
Schlauheit  verbinde. 

»Ich  habe  alles  darangewendet,  um  ihn  zum  Auslaufen  zu  ver- 
anlassen (?)  und  doch  hat  er  sich  nicht  gerührt.  Zuerst  habe  ich  mich 
gegen  Venedig  gewendet,  in  der  HoflBiung,  daß  er  kommen  werde,  mich 
in  den  cul  de  sacco  einzuschließen  und  das  wäre  ein  gutes  Manöver 
gewesen.  Darauf  habe  ich  mich  gegen  die  Insel  Melada  gewendet,  derart 
manövrierend,  um  glauben  zu  machen,  es  handle  sich  um  eine  Ausschif- 
fung, in  der  Annahme,  die  Semaphorstationen  würden  unsere  Bewegungen 
sofort  veiraten  und  Tegetthoff  sogleich  erscheinen,  uns  in  unserem 
Unternehmen  zu  behindern;  aber  bis  jetzt  ist  nichts  in  Sicht,  daraus 
schließe  ich,  daß  er  sich  nicht  von  seinem  Posten  rühren  wird  und  sich 
innerhalb  der  Forts,  die  ihn  umgeben,  sicher  fühlt.  Dort  muß  er  irgend 


welchen  Hinterhalt  vorbereitet  haben,  in  welchen  er  mich,  wie  ich  anzu- 
nehmen glaube,  gerne  hineinfallen  lassen  möchte. 

Sowie  der  „Affondatore*  angekommen  sein  wird,  werde 
ich  ihn  veranlassen,  sich  jagen  zulassen,  und  aus  etwas  kann  etwas  ent- 
stehen. (E  da  cosa  püö  ntiseere  eosa.)" 

Am  1 1 .  Mi  schrieb  er  dem  Minister  wieder,  daß  er  in  seinen  Muße- 
stunden die  Instruktionen  nochmals  eingehend  studiert  habe,  um  besser 
zu  ersehen,  wie  er  sich  verhalten  solle  und  daß  er  nach  reiflicher  Erwägung 
aller  umstände  zur  Erkenntnis  gelangt  sei,  es  wäre  viel  klüger,  die  feind- 
liche Flotte  zum  Herausgehen  zu  verlocken,  als  wie  dieselbe  zu  blockieren, 
nachdem  dies  unter  den  gegenwärtigen  Umständen  mit  Dampfern  eine 
ganz  andere  Sache  sei  wie  in  früheren  Zeiten,  als  diese  noch  nicht  im 
Gebrauch  waren, 

, Das  Verhängen  der  Blockade',  schrieb  er,  , mit  Dampfern  ober 
einen  mftchtigen  Feind,  der  diesen  selben  Vorteil  hat,  ist  eine  Angelegen- 
heit, die  wir  uns  zweimal  überlegen  müssen,  denn  nach  einigen  Tagen 
muß  man  sich  wieder  mit  Kohlen  versehen,  was  in  See  nicht  immer  so 
leicht  auszuflthren  ist.  Außerdem  läßt  sieh  nicht  verlangen,  daß  Maschinen 
tagelang  beständig  in  Gang  gehalten  werden:  dies  wäre  ebensowohl 
bezüglich  des  Materials  wie  Personals  unmöglich."  In  diesem  Sinne  fügte 
er  noch  einige  andere  Bemei'kungen  hinzu,  welche  seiner  Meinung  nach 
von  großem  Gewichte  waren  und  den  Minister  von  der  Undurchführbar- 
keit  einer  Bluckade  überzeugen  sollten  und  fuhr  cl;mn  folgendermaßen 
fort:  .Übrigens  ist  der  Zweck  der  Blockade  ja  schon  dadurch  erreicht. 
daß  wir  die  absolute  Herrschaft  im  Adriatischen  Meere  ausüben,  indem 
wir  dasselbe  nach  allen  Richtungen  hin  durchkreuzen.  Wenn  die  feind- 
liche Flolte  dieser  unserer  Kühnheit  (?)  müde  sein  und  sich  entschließen 
wird,  aus  ihrer  festen  Position  herauszugehen,  um  uns  unsere  Suprematie 
zu  entreißen,  werde  ich  rasch  herbeieilen,  um  ihr  den  Rückzug  abzu- 
schneiden und  sie  zur  Schlacht  zu  zwingen,  was  die  Hauptsache  ist,* 

Nachdem  er  hierauf  noch  seine  gegenteilige  Anschauung  betreffs 
anderer  Punkte  der  Instruktionen  zum  Ausdrucke  gebracht  hatte,  so 
zum  Beispiel  bezüglich  der  Besetzung  von  Duino,  Cherso,  Melada  und 
Lagosttt.  schloß  er  mit  den  Worten:  „Ich  wünschte,  daß  das  Land  sich 
einmal  mit  dem  Gedanken  vertraut  maclien  möchte,  daß  die  feindlichen 
Streitkräfte  den  unserigen  nicht  nachstehen  (!),  wie  man  immer  zu  sagen 
beliebt,  und  daß  man  die  Hülfsmittel  zu  würdigen  verstünde,  die  der 
Feind  besitzt,  um  jede  Havarie  zu  reparieren,  was  wir  von  uns  nicht  sagen 
können  (?);  er  kann  sich  jederzeit  mit  allem  Nötigen  ohne  Unterbrechung 


119 

versehen.  Er  hat  alles:  Docks,  um  die  Schiffsböden  zu  reinigen,  Munition 
jeder  Gattung,  hat  bessere  Geschütze  (!!!)  als  wir  u.  s.  w.,  u.  s.  w.  Begehen 
wir  keine  Unüberlegtheiten,  um  Gottes  willen,  denken  wir  nicht  an  Ruhm, 
denken  wir  an  das  Land,  welches  um  jeden  Preis  beschützt  werden 
muß!  (Non  facciamo  imprudenze  per  amor  del  cielo,  non  pensiamo  a 
glorie,  pensiamo  al  paese,  che  va  salvato  ad  ogni  costo !) 

Wahrscheinlich  wird  Tegetthoff,  durch  die  »Novara*  verstärkt, 
herauskommen,  um  uns  eine  Schlacht  anzubieten,  dann  werden  wir  uns 
kerne  Voreiligkeit  vorzuwerfen  haben,  nicht  nur  bezüglich  des  Annehmens 
derselben,  sondern  auch  bezüglich  des  Angriffes,  den  wir  machen  werden. 
So  wahr  mir  Gott  helfe!  Wenn  die  Gelegenheit  kommen  wird,  wenn  wir 
den  Feind  vernichten  werden,  wie  ich  vertraue,  dann  würde  ich  vor- 
ziehen, mich  der  Inseln  von  Lissa  zu  bemächtigen,  statt  Cherso,  Melada 
und  Lagosta,  denn  der  eigentliche  Schlüssel  zum  adriatischen 
Meere  ist  Lissa.  Alle  diese  Advokaten  und  Klubhelden  bringen  mich 
so  in  Zorn,  daß  ich  aus  der  Haut  fahren  könnte.  (Tutti  questi  avvocati 
da  caffe  e  da  circolo  mi  mettono  la  rabbia  da  farmi  uscire  dai 
gangheri.)" 

Aus  diesen  Äußerungen  des  Admirals  Persano  ersieht  man,  daß  es 
ihm  nicht  voller  Ernst  damit  war,  den  erhaltenen  Instruktionen  gemäß  vor- 
zugehen, den  Feind  vor  Pola  aufzusuchen,  ihn  dort  entweder  blockiert  zu 
halten  oder  bei  seinem  Erscheinen  anzugreifen  und  zur  Schlacht  zu 
zwingen,  daß  er  vielmehr  seiner  alten  Gewohnheit  getreu.  Vieles  mit 
hochtönenden  Worten  versprach,  aber  unter  allerlei  Vorwänden  Zeit  zu 
gewinnen  trachtete,  um  noch  mehr  Verstärkungen,  besonders  aber  den 
so  sehr  ersehnten  „  Affondatore *  abzuwarten.  Damit  verkannte  aber  Admiral 
Persano  vollständig  die  augenblickliche  Sachlage  sowie  die  ihm  aus  der- 
selben erwachsende  VerpQichtung.  Angesichts  der  zugespitzten  Situation, 
in  der  man  sich  befand,  der  unausgesetzt  an  ihn  gelangenden,  in  den 
wärmsten  Ausdrücken  abgefaßten  Aufforderungen  des  Ministers,  konnte 
und  durfte  es  da  für  ihn  noch  einen  Zweifel  über  die  dringende  Not- 
wendigkeit einer  sofort  aufzunehmenden  Aktion  geben?  Die  Regierung 
sowohl  als  auch  die  Nation  verlangten  zur  Wahrung  der  nationalen  Würde 
und  der  Waffenehre  die  ungesäumte  Aufnahme  der  Tätigkeit  der  Flotte, 
bevor  noch  ein  durch  die  Macht  der  Verhältnisse  aufgedrungener  Waffen- 
stillstand dieselbe  unmöglich  machte. 

Nicht  zu  dem  Zwecke,  um  die  Herrschaft  im  Adriatischen  Meere  im 
Sinne  des  Admirals  Persano  durch  ein  bloßes  Hin-  mid  Herkreuzen  in 
der  Mitte  desselben  auszuüben,  wobei  es  fraglich  war,  ob  man  den  Feind 


je  in  Sicht  bekam,  hatte  Italieu  mit  solchen  großen  Geldopfern  seine 
Fiütte  geschaffen;  man  verlangte  diesmal  einen  positiven  Erfolg,  die 
feindliche  Flotte  sollte  bekämpft,  womöghch  besiegt  und  feindliches 
Küstengebiet  in  Besitz  genommen  werden. 

Für  die  Erreichung  dieser  Zwecke  würde  man  den  Verlust  einiger 
Schiffe  gern  verschmerzt  haben,  denn  diese  waren  ja  schließlich  für  den 
Kampf  bestimmt  und  es  zeigt  von  einer  ganz  eigentümlichen  Auffassung 
der  Situation  seitens  des  italienischen  Admirals,  wenn  er  unter  diesen 
Verhältnissen  die  Ertiallung  der  Flotte  höher  stellte  als  das  Erreichen  der 
ihr  vorgesteckten  Ziele. 

Man  vergleiche  einmal  dagegen  die  uns  bekannten  Anschauungen 
sowie  das  ganze  Verhallen  Kontreadmirals  v.  Tegetthoff  mit  jenen  Per- 
sanos  und  man  wird  sofort  den  großen  Gegensatz  herausfinden,  der  in  den 
Charakteren  dieser  beiden  Männer  zu  Tage  tritt.  Auf  der  einen  Seite  das 
regste  PHichtgefühl  sowie  der  lebhaftesle  Tatendrang  trotz  mfcriorer 
Streitkräfte  und  trotz  Instruktionen,  die  eher  an  eine  gewisse  Vorsicht  und 
Zurückhaltung  mahnten;  auf  der  anderen  zwar  die  Übermacht,  aber 
Mangel  an  richtigem  Versländnisse,  dieselbe  auszunützen,  sowie  Unent- 
schlossonlieit  imd  der  Fülu-er,  trotz  allem  Drängen  der  Regierung,  sich  in 
der  Rolle  eines  Cunctators  gefallend. 

Admiral  Persano  befand  sich  um  diese  Zeit  tatsächlich  der  öster- 
reichischen Flotte  gegenüber  in  der  Übermacht,  sowohl  was  die  Zahl  und 
die  Stärke  seiner  Schiffe  wie  jene  der  Geschütze  anbelangt.  Die  Aus- 
bildung der  M;mnschaften  hatte  nach  dem  Zeugnisse  hervorragender 
Offlziepe')  gleichfalls  eine  derartige  Slufe  erreicht,  daß  man  beim 
Verlassen  des  Hafens  von  Ancona  allgemein  der  Ansicht  war,  der 
Admira!  wolle  nun  den  Feind  aufsuchen  und  bekämpfen.  Statt  dessen 
sehen  wir  ihn  wieder  in  emem  Federkrieg  mit  dem  Minister  verwickelt 
und  demselben,  in  der  Absieht,  Zeit  zu  gewinnen  und  einer  energischen 
Aktion  auszuweichen,  alles  Mögliche  vorspiegeln,  wobei  er  es  mit  der 
Wahrheit  natürlich  nicht  sehr  gen.au  nimmt. 

Er  gefällt  sich  darin,  demselben  belehrende  Abhandlungen  über 
Blockaden,  Ausschiffungen  u.  s.  w.  zu  halten  und  vergißt,  daß  es  vielmehr 
seine  Pflicht  gewesen  wäre,  die  erhaltenen  Befehle  auszuführen,  wie  den 
Minister  zu  belehren  und  ihn  seiner  Auffassung  geneigt  zu  machen. 
Anfänglich  ganz  für  die  Blockade  der  österreichischen  Flotte  in  Fasana 


Seile  91. 


')  RendicoQti  elc,   elc,  ileposL 


a  rieite  +1   und 


ileposiziune  Rilioty. 


121 

eingenommen,  welche  er  in  Briefen  an  den  Prinzen  von  Carignano  wie 
auch  an  den  Minister  selbst  angeraten,  ist  er  nun,  wo  dieselbe  zur  Aus- 
führung kommen  soll,  auf  einmal  dagegen  und  findet  allerlei  Schwierig- 
keiten, die  eben  in  der  Natur  der  Sache  liegen,  aber  durchaus  nicht  von 
einer  solchen  Tragweite  sind,  um  die  Blockade  deshalb  unmöglich  zu 
machen.  Dieselbe  war  in  Anbetracht  der  Jahreszeit  und  sonstigen  Ver- 
hältnisse ganz  gut  durchführbar  und  hätte  auch  einen  praktischen  Erfolg 
nach  sich  gezogen;  denn  entweder  wurde  die  österreichische  Flotte  in 
Pola  eingeschlossen  gehalten,  in  welchem  Falle  man  sich  tatsächlich  der 
Herrschaft  in  der  Adria  hätte  rühmen  können,  oder  dieselbe  wäre  heraus- 
gekommen, um  eine  Schlacht  anzubieten,  was  man  ja  eigentlich,  wollte 
und  beabsichtigte.  Auf  jeden  Fall  hätte  aber  der  Admiral  damit  seine 
Pfiicht  als  Soldat  erfüllt. 

Sich  für  besonders  schlau  und  gerieben  haltend,  hat  er  dagegen 
stets  seine  eigenen  Pläne  bei  der  Hand,  die  aber  meist  so  angelegt  sind; 
daß  sie  im  Widerspruche  zu  den  erhaltenen  Instruktionen  stehen  und  auf 
Voraussetzungen  beruhen,  die  oft  sehr  weit  hergeholt  sind  und  der  Wahr- 
scheinlichkeit wenig  Rechnung  tragen. 

So  will  er  sich  bei  seinem  Auslaufen  mit  der  Flotte  am  8. 
anfänglich  mit  der  Absicht  getragen  haben,  den  Feind  mittels  einer 
Kriegslist  aus  seiner  Operationsbasis  herauszulocken,  um  dann  womöglich 
unter  günstigen  Umständen  über  ihn  herzufallen  und  ihn  zur  Schlacht  zu 
zwingen.  Hören  wir,  wie  sich  Admiral  Persano  in  seinem  Prozesse  vor  der 
Untersuchungskommission  des  Senates  bezüglich  der  Kreuzung  vom 
8.  bis  13.  JuU  und  der  Resultatlosigkeit  derselben  äußerte: 

„Ich  dachte  mir,  das  Klügste  wird  es  sein,  den  Feind  mittels  einer 
Kriegslist  aus  Pola  herauszulocken;  deshalb  beabsichtigte  ich  eine  ordent- 
liche Diversion,  ohne  aber  vorher  zu  verraten  wie  und  wohin,  denn  ohne 
Geheimhaltung  adieu  alle  Pläne,  adieu  aller  Erfolg. 

Nur  ein  Fall,  sagte  ich  mir,  kann  den  Feind  veranlassen,  aus  seiner 
Basis  herauszugehen,  und  zwar  der  Wunsch  oder  die  Notwendigkeit,  irgend 
eine  Operation  unsererseits  zu  verhindern.  Deshalb  müssen  wir  ihn 
glauben  machen,  daß  wir  nach  Chioggia  gehen  und  die  Spione,  deren  der 
feindliche  Admiral  gewiß  welche  hat,  werden  ihm  natürlich  sofort  unsere 
Richtung  anzeigen.  Wenn  es  nun  eine  günstige  Lage  zu  einer  Schlacht 
für  ihn  gibt,  so  ist  es  sicher  die,  mich  zwischen  seiner  Flotte  und  die 
venetianische  Küste  zu  bringen,  denn  auf  diese  Art  würde  er  mich  von 
meiner  Operationsbasis  abgeschnitten  haben.  Meine  Lage  wäre  hiedurch 
eine  sehr  prekäre  geworden,  indem  die  havarierten  Schiffe  dann  natürlich 


in  seine  Hände  fallen  mußten  und  ich,  wie  gesagt,  im  Falle  eines  Miß- 
geschickes von  meiner  OpenilionsbLisis,  die  Ancona  war,  abgeschnitten 
gewesen  wäre.  Es  war  daher  nötig,  den  Feind  glauben  zu  machen,  daß  ich 
nach  Chioggia  steuere,  zum  Beispiel  zu  einer  mit  dem  Heere  kombinierten 
Operation. 

In  dieser  AJjsicht.  von  der  niem<md  etwas  vni&ie  als  nur  der 
Advokat  Boggio,  lichtete  ich  die  Anker  und  verheß  am  8.  nat'hmittags 
Ancona,  indem  ich  sehr  ostensible  den  Bug  der  Schiffe  nach  Nordwest 
gegen  Chioggia  richten  ließ.  Nach  einigen  Stunden  befahl  ich  den  Kurs 
gegen  Südost  zu  nehmen,  nachdem  ich  früher  angeordnet '  hatte  so  zu 
steuern,  daß  ich  weder  von  der  italienischen,  noch  auch  von  der 
istrianischen  oder  dalmatinischen  Küste  gesehen  werden  könne.  Ich  rechnete 
nämlich  so:  Wahrscheinlich  wird  der  Feind  von  seinen  Kundschaftern, 
deren  er  sicher  sehr  gute  hat,  avisiert  werden,  daß  ich  Ancona  verlassen 
und  gegen  Chioggia  Kurs  genommen  habe.  Er  wird  von  Pola  auslaufen 
in  der  Hoffnung,  mich  gegen  den  Lido  zu  drücken,  indem  er  sich  zwischen 
mich  und  Ancona  legi  und  mich  hiedurch  in  eine  sehr  ungünstige  Lage 
bringt  (per  serrarmi  a!  Udo,  frapponendosi  fra  me  ed'Ancona  e  ponendomi 
in  tristissima  posizione).  Aber  bald  wird  er  erkennen,  daß  ich  nicht  in 
jener  Richtung  bin,  zu  gleicher  Zeit  wird  er  auch  informiert  werden,  daß 
ich  nicht  nach  Ancona  zurückgekehrt  bin  und  wird  vielleicht  einen  Hand- 
slreieh  gegen  diese  Stadt  untf-mehmen.  Vielleicht  werde  ich  hievon  unter- 
richtet (ich  ließ  zu  diesem  Zwecke  einen  Aviso  zurück,  mit  der  Angabe 
wo  ich  zu  ßnden  sei),  eile  nun  gegen  Ancona  und  kann  ihn  dann  in 
jene  Lage  bringen,  in  welche  er  mich  zu  versetzen  hoffte,  nämlith 
zwischen  meine  SchitTe  mid  die  italienische  Küste  und  ihn  dergestalt 
zwingen,  eine  Schlacht  annehmen  zu  müssen.  Damit  aber  dieser  Plan 
Aussicht  auf  Erfolg  habe,  war  es  absolut  notwendig,  daß  man  uns  von 
der  Küste  nicht  sah  mid  dies  war  die  Ursache,  weshalb  ich  den  hierauf 
bezüglichen  ßefehl  gegeben  habe.  Aber  leider  wollte  es  das  Mißgeschick 
(und  dieß  hängt  zuweilen  von  unvorhergesehenen  Ursachen  ab,  von 
Navigationsverhältnissen,  die  sich  ereignen  etc.  etc.),  daß  wir  uns  am 
Morgen  des  9.,  anstatt,  wie  ich  befolüen  hatte,  auf  der  hohen  See  gleich- 
weit  von  beiden  Küsten  befanden,  wir  in  Sicht  von  Ancona  waren. 
Da  glaubte  ich  nun,  daß  meine  Kombmation  zu  nichte  geworden  sei  imd 
begnügte  mich  damit,  diese  Kreuzung  auf  eine  andere  Ai't  auszunützen. 
Ich  verlegte  mich  aufs  Kreuzen,  indem  ich  mich  oft  von  der  dalmatinisclien 
Küste  aus  sehen  ließ:  vielleicht,  dachte  ich  bei  mir,  wird  der  Feind,  da 
«r  mich  nun  außerhalb  Auconas  weiß,  nicht  dem  Verlangen  widersteht.-n 


123 

können,  einen  Handstreich  auszufuhren  und  ich,  von  seinen  Bewegungen 
avisiert,  werde  ihm  entgegeneilen  und  ihn  in  der  Position,  die  ich  wünsche, 
festhalten,  indem  ich  mich  zwischen  ihn  und  Pola  stelle.*  ^) 

Man  bemerkt  wohl  sogleich,  auf  welch  schwachen  FQßen  dieser 
angebliche  Plan  des  Admirals  Persano  ruht  und  wie  wenig  glaubwürdig 
derselbe  ist.  Er  behauptet  einmal,  sein  Plan  habe  eine  Kursveränderung 
bedungen;  in  dem  Briefe  vom  9.  an  den  Minister  (Seite  116)  schreibt  er 
dagegen,  daß  das  schlechte  Wetter  seinem  Stabschef  widerriet,  eine 
Kurs  Veränderung  vorzunehmen,  daß  somit  der  nordwestliche  Kurs  noch 
durch  längere  Zeit  gehalten  wurde  und  daß  dieser  Umstand  die  Ursache 
des  Mißlingens  seines  Planes  gewesen  sei,  indem  am  nächsten  Morgen 
man  sich  wieder  in  Sicht  von  Ancona  befunden  habe. 

In  seiner  Aussage  vor  der  Untersuchungskommission  des  Senates 
behauptet  der  Admiral  femer,  er  habe  sich  mit  Rücksicht  auf  seinen  Plan 
weder  von  der  istrianischen  noch  von  der  italienischen  Küste  wollen 
sehen  lassen,  und  in  dem  Briefe  an  den  Minister  sagt  er  wiederum,  er  sei 
mit  der  festen  Absicht  ausgelaufen,  um  am  nächsten  Morgen  von  der 
istrianischen  Küste  aus  gesehen  zu  werden.  Seiner  Aussage  nach  war  der 
Plan  auf  der  Voraussetzung  basiert,  daß  der  Feind  sich  von  Pola  aus  in 
Bewegung  setze,  ohne  zu  wissen,  wo  sich  die  italienische  Flotte  befinde, 
und  am  10.  schrieb  er  dem  Minister:  „Unterdessen  haben  wir  gestern 
und  heute  (9.  und  10.)  bis  auf  9  bis  10  Meilen  von  d(ir  feindlichen  Küste 
gekreuzt.  ** 

Die  Durchführung  seines  Planes  und  das  Sichsehenlassen  an  der 
feindlichen  Küste  sind  aber  zwei  Dinge,  die  einander  ausschließen, 
entweder  ist  das  eine  wahr  oder  das  andere.  Woher  diese  Widersprüche? 

1)  Wie  wenig  j^enau  es  der  Admirai  in  seinen  Berichten  an  den  Minister  mit  der 
Wahrheit  zu  nelimen  pflegte  und  wie  sehr  er  es  vermieden  hatte,  sich  der  oslcr- 
reichischen  Küste  zu  nähern,  ersieht  man  aus  dem  folgenden  Faiitum.  Am  11.  war  das 
KohlentransportschifT  ,Gairo*  zur  Flotte  gestoßen  und  da  das  Panzericanonenhoot 
,Varcse*  sehr  dringend  Kohlen  brauchte,  so  sollte  dasselbe  in  See  seinen  Vorrat 
ergänzen.  Nachdem  aber  der  Zustand  der  See  diese  Operation  einigeiTnaßcn  erschwerte 
und  man  sich  gerade  ungefähr  12 — 1  i  Meilen  von  Isola  grossa  befand,  so  machte  der 
Stabschef  der  Flotte  dem  Admiral  den  Vorschlag,  mit  der  Flotte  die  Insel  Melada  anzu- 
laufen und  dort  auf  kurze  Zeit  zu  ankern.  Er  verband  damit  die  Absicht,  noch  ein  oder 
das  andere  Schiff  Kohlen  machen  zu  lassen  und  vielleicht  dadurch,  daß  mau  ösler- 
reichisches  Territorium  in  Besitz  nahm,  die  Österreicher  aus  Pola  herauszulocken.  Der 
Admiral  ging  aber  auf  diesen  Vorschlag  nicht  ein.  A.  d.  V. 

Hendiconti  etc.  etc.,  deposizione.  d'Amico,  Seite  (36. 


Man  ziehe  ferner  die  verschiedenen  Vorbedint,'uugen,  die  dem  Plane  des 
Admirals  zu  Grunde  lagwi.  in  Betracht.  Was  mußte  da  nicht  alles  zutreffen, 
damit  derseUie  gelinge!  Vor  allem  waren  die  Spione  nötig,  die  dem 
feindlichan  Adrairal  so  rasch  als  mögUch  von  den  Bewegungen  der 
italienischen  Flotte  Kunde  zu  geben  hatten.  Wie  nun,  wenn  dieselben 
nicht  exiEtieilen  und  Admiral  Tcgotthoff  nicht  so  programmgemäß 
avisiert  wurde,  was  dann?') 

Auch  hieß  es.  seinem  Gegner,  dem  Admiral  Persano  doch  sonst  stets 
große  Klugheit  nachrühmte,  nicht  viel  Umsicht  zumuten,  wenn  er  glaubte, 
daß  dieser  sich  so  leichthin  von  seiner  Operationsbasis  entfernen  würde. 
Nur  ganz  positive  Nachrichten  über  eine  ernstliche  Ausschiffung  oder 
über  einen  Angriff  auf  Venedig,  die  ihm  der  Telegraph  übermittelt  hätte, 
würden  den  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  veranlaßt  haben,  dieselbe  mit 
der  ihm  unterstehenden  Eskadre  zu  verlassen.  Eine  Diversion  von  einer 
emsthchen  Unternehmung  zu  unterscheiden,  war  man  österreichiseher- 
seits  wohl  zu  beurteilen  im  stände.  Dies  zeigte  Kontreadmiral  v.  Tegetl- 
h  0  ff  einige  Tage  später. 

Daß  aber  dieser  ganze  vom  Admiral  Persano  enthielte  Plan  nicht 
ernstliih  zu  nehmen  ist,  beweist  übrigens  auch  der  Umstand,  daß  er- 
seinen  Stabschef  nicht  mit  in  das  Geheimnis  zog,  weil  er  wußte,  daß  ihn 
dieser  auf  die  Schwächen  desselben  aufmerksam  machen  und  ihn  davon 
abzubringen  versuchen  würde.  Seine  Behauptung,  daß  er  dies  behufs 
Wahrung  des  Geheimnisses  nicht  getan  habe,  klingt  zu  al)surd.  Denn 
wem  war  in  dieser  Beziehung  von  einer  so  wichtigen  Sache  eher  Mit- 
teilung zu  machen  und  ein  größeres  Vertrauen  zu  schenken,  dem  Stab.=- 
chef  d'Amico,  mit  dem  der  Admiral  unausgesetzt  verkehrte  und  welcher 
Dienstgeheimnisse  zu  wahren  im  stände  sein  mußte,  oder  dem  Advokaten 
Boggio,  der  sich  mehr  oder  minder  doch  nur  als  eine  Art  Schlachten- 
bummler am  Bord  befand? 

Wir  schließen  uns  daher  auch  voilstiindig  den  Ausführungen 
des  öffentlichen  Anklägers  im  Prozesse  Persano.  Commendatore 
Marvasi,  an,  der  vor  dem  Senate  die  Behauptung  aufrechthielt,  der 
Admiral  habe  diesen  Plan  in  Wirklichkeit  gar  nie  gehabt,  derselbe  sei 
vielmehr  von  ihm  nur  als  ein  Mittel  zu  seiner  Verteidigung  ersonnen. 
,.Leider  ist  es  nur  zu  wahr'.  Heß  sich  Commendatore  Marvasi  in 
seinem  Plaidoyer  vernehmen,  »daß  dem  Admiral  Grafen  Persano  nicht 


')  TülsSt-hlii-h  cxistivrlcn  siu  iii 
bei  der  GEterreidiischcn  Flotte  nicht  ai 


ht,  wie  CS  abcrliaupt  mit  dt^m  lCundäctiafU<U<?Dst 
i  besten  bestellt  war.  A.  U.  V. 


125 

jener  geistige  Aufschwung,  jenes  Vorgefühl  des  Sieges  innewohnte,  das 
^Umlich  dem  Glauben  im  Kriege  Wunder  verrichtet  und  Außerordent- 
liches zu  leisten  im  stände  ist.  Seine  Offiziere,  seine  Mannschaften 
brannten  vor  Begierde,  sich  zu  schlagen;  er  wußte  diesen  Enthusiasmus 
nicht  zu  benützen.  Er  vermied  das  Gefecht  am  27.  Juni  und  während 
seiner  Kreuzung  vom  8.  bis  13.  Juli  hielt  er  sich  auf  hoher  See  mehr 
verborgen  als  Admiral  Tegetthoff  in  Pola.  (Allgemeiner  Beifall.)'* 

Der  Marineminister  hatte  sich  mit  den  verschiedenen  Anschauungen, 
welche  Admiral  Persano  in  seinen  während  der  Kreuzungsfahrt  abge- 
sandten Schreiben  entwickelte,  nicht  einverstanden  erklärt,  verwies  den- 
selben viehnehr  abermals  auf  seine  Instruktionen  und  benachrichtigte 
ihn,  daß  er  sich  am  13.  in  Ancona  einfinden  werde,  um  mit  ihm  über 
höchstwichtige  Angelegenheilen  zu  konferieren.  Offenbar  war  der  Zweck 
dieser  Reise,  den  Admiral  mit  Rücksicht  auf  die  politische  Situation 
persönlich  zu  einer  energischeren  Tätigkeit  anzuspornen. 

Übrigens  fand  sich  auch  der  Präsident  des  Ministerrates  Rieasoli 
veranlaßt,  aus  dem  nämlichen  Grunde  ein  Schreiben  an  Persano  zu 
richten,  aus  dem  wir  nur  die  nachstehende  Stelle  anführen  wollen:  „Wir 
stehen  im  letzten  und  entscheidenden  Augenblick.  Das  Land  erwartet 
alles  vom  Heere  und  von  der  Flotte.  Es  ist  von  zwingender  Notwendigkeit, 
daß  innerhalb  einer  Woche  die  feindliche  Flotte  vernichtet  und  Istrien 
besetzt  sei,  denn  sonst  überrascht  uns  der  Waffenstillstand  und  mit 
diesem  erleiden  unsere  Waffen  eine  Demütigung,  so  daß  wir  dann  einen 
armseligen  Frieden  zu  schließen  gezwungen  wären.  Du  ersiehst  hieraus, 
was  für  einen  Dienst  die  Flotle  der  Ehre  und  den  Interessen  Italiens  zu 
leisten  berufen  ist.* 

Der  Marineminister  hatte  nach  seinem  Eintreffen  in  Ancona  eine 
lange  Besprechung  mit  dem  Admiral,  in  welcher  er  seine  ganze  Bered- 
samkeit aulbot,  denselben  von  der  Notwendigkeit  zu  überzeugen,  daß  mit 
der  Flotle  unverzüglich  etwas  unternommen,  werden  müsse,  um  sowohl 
den  Interessen  des  Landes  wie  der  öffentlichen  Meinung  Rechnung  zu 
tragen.  Der  Admiral  verlangte  jedoch,  die  Ankunft  des  „Affondatore*  bei 
der  Flotte  abzuwarten,  worauf  er  sodann  vor  Pola  erscheinen  wolle, 
die  feindliche  Flotte  herauszufordern. 

Bezüglich  des  Tatendranges  Persanos  schon  etwas  mißtrauisch 
geworden,  berief  der  Minister  noch  separat  die  Admirale  Albiniund 
Vucca  sowie  die  Stabschefs  zu  sich,  um  sie  ganz  offen  zu  befragen, 
woran  es  liege,  daß  die  Flotte  bis  jetzt  noch  nichts  Positives  geleistet 
habe.  Sämtlich  gaben  sie  zur  Antwort,  daß  auf  der  Flotte  alles  von  dem 


Wunsche  beseelt  sei,  tu  die  Aktion  zu  kommen,  daß  dieser  Wunsch 
jedoch  bei  einpm  Oberkomniaiidanlen  wie  Adniiral  l'ersano  wolü  eine 
eille  Hoüfnimg  bleiben  dürfte;  derselbe  zeige  wenig  Unternehmungslust 
und  habe  bis  jetzt  noch  nie,  wie  im  Reglement  vorgeschrieben,  seine 
Unterbefehlrihaber  zu  einer  Beratung  über  die  einzuschlagenden  Schritte 
und  Maßnahmen  berufen. 

Von  diesen  Eröffnungen  wonig  erbaut,  versprach  der  Minister,  Vor- 
sorge zu  treffen,  daß  einem  derartigen  Zustande  ein  Ende  gemacht  werde. 
Noch  am  selben  ^Vbendii  verfügte  er  sich  in  das  königliche  Hauptquartier 
Uli  Ferrara  und  am  14.  wurde  dort  nnter  dem  Vorsitze  des  Königs  ein 
Ministerrat  abgehalten  und  der  Beschluß  gefaßt,  daß  die  Flotlo  sofort  die 
Aktion  aufnehmen  müsse.  Gleichzeitig  wurde  der  General  La  Marmora 
angewiesen,  im  Namen  der  Regierung  das  nachstehende  Schreiben  an 
den  Admiral  Persano  zu  richten: 

Hauptquartier  Ferrara.  1+.  Juli  18fiG. 


Exzellenz! 

, Heute  vormittags  wurde  imler  dem  Vorsitze  Seiner  Majestät  ('in 
Ministerrat  abgehalten,  an  welchem  außer  dem  General  Cialdini  und 
mir  noch  die  Minister  Ricasoli,  Visconti-Venosta,  Pettinengo  und 
Depretis  teihiahmen, 

Der  Ministerrat  beklagte  es  emmütig,  daß  die  Flotte  bis  jetzt  noch 
keine  Gelegeiilieit  gefunden  habe,  energisch  gegen  den  Feind  vorzugehen, 
und  aus  diesem  Grunde  haben  sowold  Seine  Majestät  wie  das  Ministerium 
mich  beauftragt,  Ihnen  den  peremptorischen  Befehl  zu  erteilen,  daß  eine 
derartige  Resultatlosigkeit  ehestens  aufzuhören  habe  (onde  una  siffatta 
negazione  di  risultatl  utili  abbia  a  cessare  al  plü  presto). 

So  wie  daher  der, AEfondatore' bei  derFlotteeingeti'offenseinwiixl, 
haben  Sie  sofort  in  See  zu  gehen  und,  sei  es  gegen  die  Forts  oder  gegen 
die  feindliche  Flotte,  jene  Operationen  zu  beginnen,  welche  Sie  am  zweck- 
mäßigsten halten,  um  einen  entsprechenden  Erfolg  zu  eriingen. 

In  der  schwierigen  politischen  Lage,  in  welcher  das  Land  sich 
gegenwärtig  befindet,  handelt  es  sich  für  uns  darum,  eine  vollzogeoe 
Talsache  geschaffen  zu  haben,  die  uns  in  den  Stand  setzt,  die  weitest- 
gehenden Aiisprüdie  erheben  und  aufrechterhalten  zu  können,  wenn  es 
zu  den  defmiliven  Friedensverhandlungen  kommen  wird. 

Das  Ministerium  beauftragt  mich,  Euer  Exzellenz  mitzuteilen,  daß, 
falls  die  Flotte  noch  ferner  m  itu-er  Untätigkeit  verharren  sollte,  man  sich 


127 

m  die  Notwendigkeit  versetzt  sehen  würde,  Sie  im  Oberkommando  der 
Flotte  zu  ersetzen  (di  surrogarlo  nel  commando  supremo  della  flotta)  und 
dasselbe  einem  anderen  anzuvertrauen,  der  sich  besser  eines  Angrilfs- 
elementes  zu  bedienen  wüßte,  dessen  Schaffung  so  viele  Opfer  gekostet 
hat  und  so  gerechte  Hoflfhungen  zu  nähren  geeignet  war." 

Gez.  La  Marmora  m.  p. 

Der  Ministerpräsident  Ricasoli,  ein  persönlicher  Freund  des 
Admirals  Persano,  beschwor  denselben  gleichfalls  in  einem  zweiten 
Schreiben,  der  allgemeinen  Stimmung  Rechnung  zu  tragen,  und  heben  wir 
aus  demselben  die  folgende  Stelle  hervor:  „Du  sagst,  daß,  so  wie  der 
„Aflfondatore''  bei  der  Flotte  erscheinen  wird.  Du  der  Seekampagne  die 
gebührende  Richtung  zu  geben  und  Deine  Mission  zu  erfüllen  wissen 
wii-st;  diese  Antwort  hat  mir  eine  große  Genugtuung  bereitet;  ich  würde 
einen  unsäglichen  Sclunerz  empfinden,  wenn  die  Dinge  anders  kämen 
und  wäre  in  großer  Angst  des  Landes  und  Deiner  wegen.  Ich  habe  Dir 
schon  gesagt,  daß  eine  Art  Verhängnis  auf  uns  allen  lastet  und  daß  es 
dringend  notwendig  ist,  in  kürzester  Zeit  schöne  und  nützliche  Erfolge  zu 
erzielen.  Der  Waffenstillstand  kann  in  sechs  bis  sieben  Tagen  uns  auf  den 
Hals  kommen  und,  wenn  wir  dann  etwas  ausgerichtet  und  Territorien 
in  Besitz  genommen  haben,  so  wird  dies  zu  unserem  Vorteile  gereichen ; 
haben  wir  nichts  unternommen,  so  wird  Schande  und  fürchterliches 
Geschrei  überall  die  Folge  sein. 

Es  ist  dies  ein  unerbittliches  Verhängniß  (E  una  fatalita  inesorabile), 
welches  sich  einem  jeden  italienischen  Herzen  aufdrängt;  aber  ebenso  ist 
es  nicht  weniger  wahr,  daß,  weit  entfernt,  daß  dasselbe  für  uns  eine 
unerlrägliche  Last  zu  sein  braucht,  es  die  Veranlassung  zu  glänzenden 
Taten  werden  kann,  ja  werden  muß.  Ich  bin  gewiß,  daß  Du  auf  demselben 
Standpunkt  stehest,  den  die  Regierung  einnimmt,  nämlich,  daß  durch 
Kühnheit  die  Schwierigkeiten  überwunden  werden  müssen,  denn  heute 
bedeutet  Kühnheit  so  viel  als  Klugheit. 

Mehr  habe  ich  nicht  hinzuzufügen  und  sende  Dir  den  patriotischesten 
Wunsch,  der  je  mein  Herz  erzittern  gemacht  hat." 

Der  Marineminister  begab  sich  als  Überbringer  dieser  beiden 
Schreiben  wieder  nach  Ancona  zurück.  Dort  ließ  or  sofort  den  Stabschef 
der  Flotte,  Linienschiffskapitän  d'Amico,  zu  sich  berufen  und  frug  den- 
selben um  seine  Meinung  betreffs  eines  Angriffes  auf  die  Insel  Lissa. 
Dieser  äuß<Tte  sich  dahin,  daß  mit  Rücksicht  auf  die  absolute  Notwendig- 
keit einer  militärischen  Operation  und,  nachdem  man  über  keine  größere 


Ti'uppeninacht  verläge,  um  gegen  Pola  vorgehen  zu  können,  ein  Hand- 
streich gegen  die  Insel  Lissa  wohl  versucht  werden  könnte,  um  so  mehr 
als  es  dadurch  möglich  wäre,  die  gegnerische  Flotte  aus  ihrer  Operations- 
basis herauszulocken.  Der  Minister  frug  nun  weiters  den  Stabschef 
d'Amico,  ob  er  diese  Anschauung  auch  dem  Admiral  Persano  gegen* 
über  vertreten  zu  können  glaube,  was  dieser  bejalite,  und  begalj  sich 
hierauf  an  Bord  des  Flaggenschiffes  ,Re  d'ltalia-',  wo  eine  sehr  lebhalte 
Unterredung  über  denselben  Gegenstand  zwischen  ihm  und  dem  Adnüral 
Persano  stattfand. 

Der  letztere  halte  im  Prinzipe  nichts  gegen  die  vorgeschlagene 
Unteniehmung  einzuwenden,  hielt  sieh  auch  tür  stark  genug,  um  die  Insel 
von  der  Seeseite  ijezwingen  zu  können,  glaubte  jedoch,  nicht  über 
genügende  Streitkräfte  zu  verfügen,  um  eine  Landung  behufs  Einnahme 
derselben  bewerkstelligen  zu  können,  zu  welchem  Zwecke  er  Landungs- 
truppen in  der  Stärke  von  5000  bis  GOOO  Mann  unter  dem  Befehle  eines 
Generals  der  Landarmee  verlangte. 

Der  Minister  erwiderte,  daß  es  ihm  nicht  möglich  sei.  augenblicklieh 
eine  Truppe  in  dieser  Stärke  beizustellen,  daß  er  vorläufig  nur  600  Mann 
Marineinfanterie,  die  sieh  in  Ancona  befanden,  zur  Verfügung  stellen 
könne,  jedoch  nicht  unterlassen  werde,  noch  weitere  Verstärkungen  zu 
verschaffen.  Der  Admiral  berief  hierauf  den  Stabschefs  d'Amico  zu  dieser 
Unterredung,  teilte  ihm  die  Eröffnungen  des  Ministers  mit  und  wünschte, 
seine  Meinimg  bezüglich  dieses  Unternehmens  zu  vernehmen.  Linien- 
schiffskapilän  d'Amico  stellte  nun  dem  Admiral  vor,  daß  die  auf  den 
Schiffen  der  Flotte  eingeschifften  Detachements  der  Marineinfanterie  mit 
den  vom  Minister  vorläufig  zur  Verfügung  gestellten  GOO  Mann  zusammen 
ungefähr  1500  Mann  ausmachten,  eine  Stärke,  die  auch  er  nicht  für  hin- 
reichend halte,  die  Insel  Lissa  zu  erobern,  daß  er  jedoch  der  Ansicht  sei, 
daß  man  immerhin  einen  Handstreich  gegen  dieselbe  schon  jetzt  unter- 
nehmen könne,  vorausgesetzt,  die  vom  Minister  in  Aussicht  gestellten 
Verstärkungen  würden  so  bald  als  möglich  nachgeschickt  und  die  Be- 
satzung der  Insel  sei  keine  stärkere  als  die  vermutete  von  ungefähr 
2000  Mann.  Er  bot  sich  auch  dem  Admiral  an,  eine  Rekognoszienuig 
der  Insel  vorzunehmen. 

Daraufhin  gab  der  Admiral  nach  längerer  lebhafter  Debatte  endlich 
den  vereinigten  Bemüliungen  des  Ministei-s  und  des  Stabschefs,  ihn  für 
eine  sofortige  Aufnahme  der  Aktion  zu  bestimmen,  nach  und  erklärte,  die 
Expedition  gegen  Lissa  unternehmen  zu  wollen.  Noch  am  selben  Tage 
richtete  er  das  folgende  Schreiben  an  den  Minister: 


120 

,  Zufolge  der  mit  Euer  Hoch  wohlgeboren  gehaltenen  mündlichen 
Unterredmig,  unterlasse  ich  es  vorläufig,  mit  der  Flotte  vor  Fasana  zu 
erscheinen,  um  die  österreichische  herauszufordern,  und  werde  morgen 
Mittag  auslaufen,  um  mich  der  Inselgruppe  von  Lissa  und  speziell  der 
Insel  Lissa  selbst,  welche  die  bedeutendste  derselben  ist,  zu  bemächtigen. 

Ich  werde  mit  den  Panzerschiffen  die  Aufgabe  übernehmen,  die 
Forts,  welche  die  Insel  verteidigen,  zum  Schweigen  zu  bringen,  während 
die  Ausschiflfungskompagnien  der  zweiten  Eskadre,  verstärkt  durch  die 
600  Mann  Marineinfanterie,  welche  Euer  Hochwohlgeboren  auf  dieselbe 
einzuschiffen  mir  anbefohlen  haben,  an  einem  noch  zu  bestimmenden 
Punkte  festen  Fuß  am  Lande  fassen  werden,  um  die  Insel  in  Besitz  zu 
nehmen. 

Nachdem  Euer  Hochwohlgeboren  für  gut  befunden  haben  an- 
zuordnen, daß  nicht  erst  die  Landtruppen,  welche  der  Herr  Kriegsminister 
zu  diesem  Zwecke  senden  will,  abgewartet  werden,  so  werde  ich  diesem 
Befehle  nachkommen  und  ohne  dieselben  vorgehen. 

Ich  ersuche  Euer  Hochwohlgeboren  noch,  mir  eine  Karte  der  Insel 
Lissa  im  größeren  Maßstabe,  als  es  die  unserige  ist,  verschaffen  zu  wollen, 
und  glaube  gleichzeitig  noch  bemerken  zu  sollen,  daß  es  angezeigt  wäre, 
wenn  dieser  Expedition  2  Artillerie-  und  1  Genieoffizier  zugeteilt  würden.** 

Auf  diesen  Bericht  antwortete  der  Marineminister  gleichfalls  noch 
am  15.,  wie  folgt: 

,Es  ist  die  Absicht  der  Regierung,  Euer  Exzellenz  vollkommen  freie 
Hand  bezüglich  der  Verwendung  der  unter  Ihren  Befehlen  stehenden 
Streitkräfte  zu  lassen,  und  zwar  ebensowohl  betreffs  der  Ihnen  mit  den 
Instruktionen  vom  8.  Juni  und  5.  Juli  aufgetragenen  Punkte  1,  2,  3,  4 
und  5  derselben,  welche  untereinander  in  keiner  Weise  abweichen,  als 
auch  bezüglich  einer  jeden  anderen  Unternehmung  von  Bedeutung. 

Wenn  daher  Euer  Exzellenz  es  für  angezeigt  halten  sollten,  mit  der 
Flotte  ohne  weiters  vor  Pola  zu  erscheinen,  um  dortselbst  den  Feind  zu 
einer  Schlacht  zu  bringen,  so  kann  ich  versichern,  daß  ich  weit  entfernt 
bin,  in  dieser  Beziehung  irgend  eine  Gegenbemerkung  zu  machen. 

Euer  Exzellenz  glaubten,  daß  zu  diesem  Unternehmen  es  vorzu- 
ziehen sei,  die  Ankunft  des  »Affondatore*  abzuwarten,  und  die  Regierung 
hat  sich  dieser  Anschauung  gefügt.  Nachdem  ich  heute  morgen  von  Euer 
Exzellenz  vernommen  habe,  daß  es  möglich  sei,  sich  in  kurzer  Zeit  der 
sehr  wichtigen  Insel  Lissa  bemächtigen  zu  können,  glaubte  ich  jedoch, 
Sie  bestärken  zu  sollen,  dieses  Unternehmen  auszuführen,  nachdem  mir 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  9 


ungemein  viel  daran  liegt,  daß  die  Flotte  ungeaäuint  ihre  Operationen 
aufiielime  und  dem  Feinde  ihre  Macht  fühlen  lasse.  Sowie  Lissa  einmal 
in  unserem  Besitze  ist,  kann  dieselbe  dann  vor  Pola  erscheinen  um  dort 
die  Österreichische  Flotte  zu  bettfimpfen.  Zu  diesem  Zwecke  habe  ich  die 
Marineinfanterie  der  Expedition  zugeteilt  und  Schritte  beim  Genpral 
Dufour  und  dem  Kriegsministcr  getan,  damit  1  Stabsoffizier  und  1  Sub- 
alteraorfizier  der  ArtiUiTJe  sowie  auch  1  Genieoffizier  dieselbe  begleiten. 
Wenn  Sie  dafür  halten  sollten,  daß  die  Truppen  über  die  Sie  verfügen, 
nicht  hinreichen,  die  Insel  Lissa  einzunehmen,  so  bitte  ich.  dies  noch  heule 
abend  behufs  weiterer  VeranlAsung  meinerseits  mich  wissen  zu  lassen. 
Es  war  mir  nicht  möglich,  die  von  Ihnen  gewQnsclite  Kai'te  der 
Insel  Lissa  zu  bekommen,  und  ermächtige  ich  Sie  deshalb,  sich  dieselbe 
zu  jedem  Kostenpreis  selbst  zu  verschaffen." 

Am  IG.  vormittags  wurde  in  Gegenwart  des  Marineministers  ein 
Kriegsrat  am  Bord  des  ,Be  d'ltalia"  abgehalten,  an  welchem  die  Admirale 
Albini  und  Vacca  sowie  der  Stabschef  der  Flotte,  Linienschiffskapitän 
d'Amico,  teilnahmen.  Der  Minister  eröffnete  denselben  mit  dem  Elinweise 
auf  die  di-ingende  Notwendigkeit  einer  militärischen  Aktion  imd  eines 
Erfolges;  einmal  protestiere  Preußen  gegen  die  Untätigkeit  der  italienischen 
Flotte,  weil  infolge  derselben  die  Österreicher  im  stände  seien,  150.000 
Mann  von  der  istrianischen,  dalmatinischen  und  venetianischen  Küste  in 
das  Innere  zu  senden  und  mit  ihnen  die  Nordarmee  zu  verslfirken;  dann 
sei  auch  schon  die  öffentliche  Meinung  in  Italien  eine  ungemein  erregte 
und  endlich  drohe,  in  vielleicht  vier  bis  fünf  Tagen  ein  Waifeiistillstand 
abgeschlossen  zu  werden,  der  nur  zu  einem  für  das  Land  unvorteilhaften 
und  wenig  ehrenvollen  Frieden  führen  würde,  wodurch  aber  dann  auch 
das  Schicksal  der  Marine  für  immer  besiegelt  wäre,  Aus  allen  diesen 
Gründen  müsse  er  sich  für  eine  schleunige  Aktion  aussprechen.  „Oas 
Adriatiache  Meer',  so  schloß  der  Minister,  ,mnß  italienisch  sein  und 
bleiben;  deshalb  muß  auch  jede  Spnr  des  Feindes  verschwinden.  Ich  ver- 
lange nur,  daß  gehandelt  werde,  sonst  nichts.* 

Nach  dieser  Auseinandersetzung  der  Lage  und  gedrängt  durch  die 
peremptorische  Aufforderung  aus  dem  Hauptquartier,  erklärte  sich 
Admiral  Persano  endlich  einverstimden,  die  Expedition  gegen  die  Insel 
Lissa  zu  unternehmen.  Auch  Kontreadmiral  Vacca  stimmte  zu,  nur 
Vizeadmiral  Albini  war  anderer  Meinung  und  brachte  dagegen  vor,  daß 
sein  Stabschef.  LinienschifTskapitän  Marquis  Paulucci,  welcher  früher  in 
österreichischen  Diensten  gestanden  und  die  Insel  aus  eigener  Anschauung 
kenne,  ihm  mitgeteilt  habe,  dieselbe  sei  stark  befestigt  und  dürfte  sich  als 


131 

ein  kleines  Gibraltar  erweisen.  ^)  Übrigens  wolle  aber  auch  er  sich  den 
Stimmen  der  anderen  Mitglieder  des  Kriegsrates  anschliefien,  weil  auf 
diese  Weise  wenigstens  die  Möglichkeit  geboten  sei,  die  Österreicher  aus 
Pola  herauszulocken  und  sie  unter  für  beide  Teile  ziemlich  gleichen 
Chancen  bekämpfen  zu  können. 

Sofort  wurden  nun  der  Flotte  die  nötigen  Befehle  zum  Auslaufen 
erteilt  imd  Vizeadmiral  Albini  beauftragt,  die  600  Mann  Marineinfanterie 
emzuschiffen  und  auf  die  yerschiedenen  Schiffe  seiner  Eskadre  zu  ver- 
teilen, welche  mit  den  eigenen  Marineinfanteriedetachements  der  Schiffe 
der  Flotte  sowie  mit  den  anderen  AusschifEungskompagnien  und  8  Feld- 
geschützen vorläufig  zur  Landung  bestimmt  waren. 

Bevor  jedoch  die  Flotte  die  Anker  hchtete,  erbat  sich  Admiral 
Persano  noch  vom  Marineminister  die  Beantwortung  folgender  Fragen: 

1.  Wie  stark  ist  im  ganzen  die  Landungstruppe,  welche  dem  Ober- 
kommandanten zur  Verfügung  gestellt  werden  wird? 

2.  Wie  stark  jene,  welche  sich  sogleich  einschiffen  wird? 

3.  Wie  stark  wird  jene  Truppe  sein,  welche  noch  zu  uns  stoßen  soll 
und  binnen  welcher  Zeit? 

4.  Werden  2  Geniekompagnien  mitkommen? 

5.  Wird  irgend  ein  Genie-  oder  Artillerieoffizier  sich  der  Expedition 
anschließen? 

Ich  bitte  um  präzise  Antworten  sowie  um  den  Zeitpimkt  der  Ein- 
schiffung der  Marineinfanterie. 

Wir  werden  nicht  vor  2**  p.  m.  auslaufen. 

Der  Marineminister  antwortete  ihm  hierauf  zurück: 

Ad  2.  Der  Chef  des  3.  Departements  Eontreadmiral  Provana  wird 
die  Stärke  der  Truppen  angeben,  die  sich  sogleich  einzuschiffen  hat. 

Ad  3.  Der  Kriegsminister  hat  den  Tag  nicht  angezeigt,  an  welchem 
sich  die  Frei  willigenjäger  in  der  Stärke  von  1200  bis  1400  Mann  in  Ancona 
befinden  werden. 

Ad  4.  Der  Kriegsminister  hat  die  2  Geniekompagnien  nicht  zugesagt. 

Ad  5.  Die  Artillerie-  und  Genieoffiziere  werden  sich  sofort  einschiffen. 


1]  Der  Marineminister  schien  sich  bezüglich  der  Möglichkeit,  die  Insel  Lissa  durch 
einen  Handstreich  zu  nehmen,  keinen  derartigen  Befürchtungen  hinzugeben,  die 
Expedition  vielmehr  als  eine  solche  zu  betrachten,  die  mit  Rücksicht  auf  die  Mittel  der 
Flotte  keine  besonderen  Schwierigkeiten  bereiten  werde.  So  hatte  er  im  Laufe  des 
Gespräches  die  Äußerung  fallen  lassen,  daß  ein  bloßes  „  Darüberfahren "  wohl  genügen 
dürfte  (che  basterebbe  una  leccata).  Rcndiconti  etc.  etc.;  deposizione  Persano, 
Seite  35.  A.  d.  V. 

9* 


132 

300  Mann  Marineinfanterie  werden  entweder  noch  heute  oder 
morgen  in  Ancona  eintreffen. 

Um  3*^  p.  m.  verließ  endlich  die  italienische  Flotte  in  der  imposanten 
Stärke  von: 

11  Panzerschiffen:  ,Rfe  dltalia*,  ,Re  di  Portogallo*,  , Maria  Pia*, 
»Principe  di  Carignano",  , Ancona*,  „Castelfidardo",  ,San  Martino*, 
»Terribile*,  »Formidabile*,  „Palestro*,  „Varese*, 

4  Holzfregatten:  «Maria  Adelaide*,  «Duca  di  Genova*,  »Vittorio 
Emanuele*,  »Ga6ta*, 

3  Korvetten:  Schraubenkorvette  »San  Giovanni*,  Raddampf- 
korvetten »Ettore  Fieramosca*  und  »Guiscardo*, 

5  Avisodampfem :  »Esploratore*,  »Messaggiere*,  »Flavio  Gioja*, 
»SteUa  d'Italia*,  .Giglio*, 

3  Schraubenkanonenbooten:  »Montebello*,  »Vinzaglio*,  »Confi- 
enza*, 

2  Transportdampfem:  »Washington*,  »Indipendenza*, 

somit  im  ganzen  28  Schiffe  die  Rhede  von  Ancona  und  steuerte  in* 
der  Absicht,  ihre  eigentliche  Route  zu  verbergen,  bis  zum  Einbrüche  der 
Nacht  einen  nordwestlichen  Kurs. 

Vorher  hatte  noch  der  Admiral  den  nachstehenden  Tagesbefehl  an 
die  Flotte  erlassen: 

»Admirale,  Kommandanten,  Offiziere,  Matrosen  und  Soldaten! 

Vom  ersten  Tage  der  Eröffnung  der  Feindseligkeiten  hat  die 
Operationsflotte  sich  im  Besitze  der  Herrschaft  über  das  Adriatische  Meer 
zu  erhalten  gewußt. 

Von  uns  ganz  unabhängige  Umstände  sind  die  Veranlassung  ge- 
wesen, daß  wir  bis  jetzt  keine  größere  Tätigkeit  entfaltet  haben. 

Wir  setzen  uns  mm  zu  dem  Zwecke  in  Bewegung,  um  für  Italien 
den  feindlichen  Waffen  Länder  zu  entreißen,  welche  zu  Italien  gehören. 

Ich  schätze  mich  glücklich,  dies  Euch  anzuzeigen  und  auf  diese 
Weise  Euere  gerechte  Ungeduld,  in  den  Kampf  zu  kommen,  zu  befriedigen. 

Unser  König  befiehlt  uns,  bis  aufs  äußerste  zu  kämpfen. 

Italien  sieht  auf  uns. 

Lasset  uns  daher  zeigen,  daß  wir  im  stände  sind,  die  allgemeine 
Erwartung  noch  zu  übertreffen. 

Es  lebe  der  König!  Es  lebe  Italien! 

Conte  di  Persano  m.  p.* 


ö] 


'■J 


133 


6.  Kapitel. 

Hiezu  Karte  IIL 

Besehreibong  der  Insel  Lissa.  —  Ihre  Wichtigkeit  für  die  Franzosen  and  Engländer  zu  Anfang  des 
19.  Jahihunderis.  —  Befeetigungsbauten  der  Engländer.  —  Fortsetzung  derselben  durch  die  Öster- 
reicher. —  Stand  der  Werke  Ende  Juni  1866.  —  StArke  der  Garnison.  —  Kurze  Beschreibung  der  Werke. 

Die  Insel  Lissa  liegt  fast  in  der  Längenmitte  des  Adriatischen  Meeres 
unter  dem  43.  Grad  nördlicher  Breite  und  zwischen  dem  16.  und  17.  Grad 
östlicher  Länge  von  Green  wich,  ungefähr  30  Seemeilen  von  der  dalmatini- 
schen, 70  von  der  italienischen  Küste  des  Festlandes  entfernt  und  ist  die 
am  weitesten  gegen  Südwesten  vorspringende  der  dalmatinischen  Inseln. 

Du:  Flächeninhalt  beträgt  30  Quadratseemeilen,  ihr  Umfang  24  See- 
meilen, ihre  Länge  von  West  gegen  Ost  8,  ihre  Breite  4  Seemeilen. 

Der  höchste  Punkt  der  Insel  ist  der  Monte  Hum  (592  m),  dessen 
Verzweigungen  sie  ganz  ausfüllen  und  in  steilen  felsigen  Ufern  gegen  das 
Heer  abfallen. 

Mehrere  gute  Häfen  und  zahlreiche  kleinere  Buchten  vermitteln  die  Ver- 
bindung der  wenigen  Ortschaften  auf  der  Insel;  die  nennenswertesten  sind' 

An  der  Nordseite  der  P/s  Seemeilen  tiefe  und  V2  Seemeile  breite 
Haupthafen  von  S.  Giorgio  (Lissa);  dann  die  Buchten  Carober,  Gradac, 
Portochiave  imd  Travna  westlich,  Stoncica  östUch  des  genannten  Hafens. 

An  der  Südostseite:  Die  Bucht  Milna,  der  Hafen  Manego,  die  Bucht 
Ruda,  endlich  im  Westen  die  1  Vs  Seemeilen  breite  und  1  Seemeile  tiefe 
Bai  von  Comisa. 

Die  Gangbarkeit  im  Innern  der  Insel  ist  auf  den  meist  nackten 
Felsenboden  sehr  erschwert;  nur  einige  für  Saumtiere  zur  Not  prakti- 
kable Reitwege  verbinden  die  verschiedenen  Befestigungen.  Der  beste 
Weg  ist  jener,  welcher  von  Lissa  (S.  Giorgio)  über  den  Sattel  Michelc 
nach  Comisa  führt. 

Früher  zum  venetianischen  Besitz  in  Dalmatien  gehörig,  kam  die 
Insel  nach  dem  Sturze  der  Republik  zunächst  an  Österreich,  wurde 
jedoch  von  diesem  im  Preßburger  Frieden  an  Frankreich  abgetreten  und 
zu  dem  Königreich  Italien  geschlagen.  Ihrer  günstigen  geographischen 
Lage  wegen  bildete  sie  nun  in  den  Kämpfen  zu  Anfang  des  19.  Jahr- 


134 

hunderts  unausgesetzt  den  Zankapfel  zwischen  den  Franzosen,  Engländern 
und  Russen,  von  denen  die  Engländer  sich  hauptsächlich  auf  derselben 
festsetzten,  von  hier  aus  ihre  Kreuzungen  im  Adriatischen  Meere  zu 
unternehmen  pflegten  und  auf  diese  Art  den  französischen  wie  italieni- 
schen Handel  schwer  schädigten. 

Napoleon  I.  legte  aus  diesem  Grunde  der  Insel  Lissa  einen  großen 
Wert  bei  imd  während  der  Herrschaft  des  damaligen  Königreiches  Italien 
wurden  wiederholte  Versuche  gemacht,  sich  ihrer  wieder  zu  bemächtigen, 
die  aber  immer  an  der  Überlegenheit  der  englischen  Flotte  und  deren 
Wachsamkeit  scheiterten.  Der  letzte  dieser  Versuche  geschah  im  März 
1811,  um  welche  Zeit  eine  Expedition,  bestehend  aus  den  drei  französi- 
schen Fregatten  „Favorite**,  »Flore«  und  ,Dana§«,  der  italienischen 
Fregatte  , Corona*,  den  italienischen  Korvetten  ^Bellona*  und  „Carolina* 
sowie  vier  kleineren  Schiffen,  welche  auch  Landungstruppen  am  Bord 
führten,  unter  dem  Kommando  des  französischen  Linienschiffskapiläns 
Dubourdieu,  zur  Eroberung  der  Insel  dorthin  abging. 

Am  11.  März  in  den  Gewässern  von  Lissa  von  einer  englischen 
Schiffsdivision,  bestehend  aus  den  Fregatten  „Amphion*,  „Active*  und 
„Cerberus*  und  der  Korvette  „Volage*  unter  dem  Linienschiffskapitän 
Sir  William  Hoste  angegriffen  und  geschlagen,  verlor  dieselbe  in  diesem 
Gefechte  die  Fregatten  „Favorite*,  „Corona*  und  „Bellona*  und  flüch- 
tete, ihre  Aufgabe  vereitelt  sehend,  mit  dem  Reste  nach  Lesina.  *) 

Die  Engländer  erbauten  an  der  Nordwestseite  des  Hafens  von 
S.  Giorgio,  auf  einer  gegen  das  Meer  vorspringenden  Landzunge  das  Fort 
S.  Georg,  und  auf  den  den  Hafeneingang  beherrschenden  Höhen  drei 
terrassierte  Defensionstürme:  Robertson,  ßentink  und  Wellington. 

Nachdem  die  Insel  im  Jahre  1815  mit  Dalmatien  an  Österreich 
rückgefallen  war,  wurden  in  der  langen  Friedensepoche  bis  zum  Aus- 
bruche des  Krieges  mit  Sardinien  1848  bis  1849  die  Befestigungen  gerade 
nur  in  dem  notwendigsten  Stand  gehalten  und  nichts  mehr  für  ihre 
Erweiterung  getan.  Man  hielt,  wie  aus  einer  diesbezüglichen  an  den  Hof- 
kriegsrat gerichteten  Denkschrift  aus  dem  Jahre  1832  hervorgeht,  nicht 
einmal  die  bloße  Verteidigung  der  Insel  für  zwingend  notwendig,  „da 
Lissa  mit  Rü  cksicht  auf  seine  natürlichen  Hilfsquellen  nichts  darbietet 
was  ihren  Besitz  interessanter  macht,  als  den  der  übrigen  unteren  Inseln 


1)  Noch  in  den  Sechzigerjahren  des  vorigen  Jahrhunderts  waren  auf  dem  kleinen 
nach  Sir  William  Hoste  benannten  Eiland  in  der  Einfalirt  zum  Hafen  von  S.Giorgio 
die  Gräber  der  in  dieser  Aktion  gefallenen  englischen  Offiziere  und  Matrosen  vorhanden. 


135 

des  dalmatinischen  Litorales*^)  Erst  infolge  der  politischen  Lage,  in 
welche  Österreich  seit  1848  durch  die  Verhältnisse  auf  der  italienischen 
Halbinsel,  welche  neuerliche  kriegerische  Verwicklungen  in  Aussicht 
stellten,  versetzt  worden  war,  fand  man  sich  veranlaßt,  der  so  günstig 
gelegenen  Insel  eine  größere  Bedeutung  beizumessen  und  die  bishe^* 
bestandenen  Werke,  welche  den  Haupthafen  S.  Giorgio  verteidigten, 
durch  die  Batterien  Mamula,  Zupparina  und  Schmidt  sowie  durch 
die  ganz  im  Hintergrunde  des  Hafens  gelegene  Batterie  Madonna  zu 
ergänzen.  Auf  dem  Sattel  S.  Michele  wurde  ferner  als  Talsperre  die  Erz- 
herzog Max-Feste  errichtet,  auf  der  westlichen  Seite  der  Insel,  den  Hafen 
von  Comisa  beherrschend,  die  Batterie  Magnaremi,  auf  der  östlichen, 
zum  Schutze  des  Hafens  Manego,  die  Batterie  Nadpostranje. 

1860  wurde  der  Hafen  von  S.  Giorgio  zum  Kriegshafen  erklärt  und 
dort  eine  Kohlenstation  für  die  k.  k.  Kriegsmarine  errichtet. 

Inzwischen  vollzog  sich  aber  der  Bau  der  Panzerschiffe  sowie  der 
Übergang  von  den,  glatten  Geschützen  zu  den  gezogenen  schwersten 
Kalibers.  Waren  bisnun  Festungswerke  im  allgemeinen  den  Holzschiffen 
als  bedeutend  überlegen  anzusehen  gewesen,  so  zeigte  es  sich  bald,  daß 
sie  den  schweren  Geschützen  der  Neuzeit,  welche  die  Panzerschiffe  am 
Bord  führten,  nicht  mehr  Stand  halten  konnten  und  der  Vorteil  jetzt  auf 
Seite  der  letzteren  lag,  ein  Umstand,  welchem  selbstverständlich  nicht 
so  leicht  begegnet  werden  konnte.  Auf  diese  Weise  erklärt  es  sich,  daß 
beim  Ausbruch  des  Krieges  im  Jalire  186G  die  Befestigungs werke  von 
Lissa  in  keinem  richtigen  Verhältnisse  mehr  zu  den  am  Bord  der  Panzer- 
schiffe bereits  eingeführten  neuen  Geschützsystemen  standen.  Es  wäre 
daher  vielleicht  angezeigt  gewesen,  sie  ganz  aufzulassen,  wie  man  dies  mit 
anderen  bereits  getan  hatte.  Tatsächlich  bestanden  sie  aber  noch  als  der 
Krieg  schon  in  Sicht  stand  und  man  beschränkte  sich  —  zumal  ein  Haupt- 
angriff auf  Lissa  von  Seite  der  italienischen  Flotte  aus  den  bereits  ange- 
führten Gründen  und  mit  Rücksicht  auf  das  für  Italien  viel  wichtigere 
Venedig  nicht  wahrscheinlich  schien  —  darauf,  dieselben,  soweit  es  noch 
die  Zeit  zuließ,  auszubessern  und  zu  verstärken. 

Der  Bauzustand  der  genannten  Werke  von  Lissa  war,  mit  Aus- 
nahme des  schon  etwas  in  Verfall  geratenen  Turmes  Wellington,  im 


1)  Tatsächlich  bietet  Lissa  als  Verpflegsstation  keine  großen  Ressourcen;  der 
Mangel  an  genügend  gutem  Trinkwasser  macht  sich  in  den  Sommermonaten  sehr 
fühlbar,  da  nur  eine  geringe  Anzahl  von  Quellen  vorhanden  ist  und  das  Regenwasser 
in  Zisternen  aufbewahrt  werden  muß.  Die  Franzosen  hatten  im  Kriege  1859  dasselbe 
gänzlich  unbeachtet  gelassen,  dagegen  Lussin  besetzt.  A.  d.  V. 


allgemeinen  nodi  ein  guter;  einige  Mängel  jedoch,  welche  zum  Teile  von 
der  Anlage  lierrülirend,  im  gegenwärtigen  Momente  und  bei  der  knapp 
bemessenen  Zeit  nicht  vollständig  zu  beheben  waren,  mußten  jetzt  um  so 
SL'hwerer  ins  liewicht  lallen. 

Die  meisten  Werke  halten  nämli<;h  den  Nachteil,  daß  die  dem  feind- 
lichen Feuer  bloßgestellten  Böschungen  wegen  Mangel  an  Erdreich  mit 
Mauerwerk  und  Steinen  verkleidet  und  die  Geachülzstfinde  nur  durch  aus 
lockeren  Steinen  zusammengefügten  Brustwehren  gedeckt  waren.  Ferner 
trat  bei  fast  allen,  trotzdem  sie  von  versi'hiedenen  Seiten  aus  enüliert 
oder  schräge  beschossen  werden  konnten,  der  Mangel  an  geeigneten  Erd- 
traversen zum  besseren  Schutze  der  Pulvermagazine  zu  Tage;  die  auf- 
geführten Steintraverseii  boten  hiefür  nur  einen  ungenügenden  Ersatz, 
wobei  noch,  wie  es  auch  die  Folge  zeigte,  die  Lielahr  drohte,  daß  die 
Bedienungsmannschaften  durcli  die  umlierfliegenden  Steintrümmer 
Schaden  nähmen.  Bereits  im  Monate  April  wurden  alle  Pulvermagazine 
iji  der  oben  ei-wälmten  Art  gesichert,  die  Enveloppe  .des  Turmes  Bentink 
erweitert  und  verstärkt,  der  Turin  Wellington  restauriert  und  an  dem- 
seilien  eine  Batterie  für  vier  Mörser  angebaut;  femer  wurden  an  mehreren 
Punkten  der  Insel  zur  Abwehr  von  Landungen  flöchtige  Geschütz- 
emplacemenls  errichtet. 

Ebenso  ungenügend  wie  die  fortifikalorische  Stärke  der  Befesti- 
gungen von  Lissa  war  die  zu  ihrer  Verteidigung  vorhandene  Anzahl  der 
Geschülze  und  deren  Kaliber. 

Demhisel-  und  Festungskommando  standen  im  ganzen  88  Geschütze 
zur  Verfügung,  mid  zwar: 

1.  Gezogene  Geschütze. 
20  Stück  24pfündige  Hinterlader  (System  Wahrendorff), 
8      ,     12       ,        Hinlerlader  (System  Wahrendorfif), 
3,6,         Vorderlader  (^System  La  Hitte). 


Summe  .     ;il  Slück 


il  Glalle  Geschütze. 
8  Stück  48  pfundige  KOstenkanonen, 
4      ,     30       ,         Granatkanonen  (Paixhans), 
6      ,     30       ,         Küslenhaubitzen, 
2       -     24       ,         kurze  Batteriekanonen, 


Fftrlrag.  .  20  Stück 


137 


Übertrag.  .  20  Stück 


12 

11 

18 

» 

eiserne  Verteidigungskanonen, 

4 

1» 

12 

n 

eiserne  Verteidigungskanonen, 

1 

J» 

10 

ji 

Batteriehaubitze, 

2 

T» 

7 

9 

Granatkanonen, 

1 

f» 

7 

» 

Feldhaubitze, 

3 

?» 

G 

» 

Feldkanonen, 

2 

J» 

60 

1» 

Küstenmörser, 

2 

1» 

60pfündige 

1  ordinäre  Mörser, 

2 

n 

30 

» 

weittreibende  Mörser, 

2 

j» 

30 

^ 

ordinäre  Mörser, 

2 

?» 

12 

n 

Raketengeschütze, 

4 

» 

6 

n 

Raketengeschütze. 

Summe  .  .  57  Stück. 

Wie  hieraus  ersichtlich,  ließen  sich  von  diesen  Geschützen  kaum 
die  Hälfte  als  solche  in  Betracht  ziehen,  welche  den  Kampf  mit  Panzer- 
schifiFen  mit  Aussicht  auf  Erfolg  unternehmen  konnten  und  es  kann  nicht 
geleugnet  werden,  daß  die  Verteidiger  Lissas  vor  die  schwere  Aufgabe 
gestellt  worden  waren,  mit  ungleichen  Waffen  zu  kämpfen,  eine  Aufgabe, 
die  sie  jedoch,  wie  wir  sehen  werden,  trotzdem  in  geradezu  glänzender 
Weise  lösten. 

Für  die  Verpflegung  der  Besatzung  war  genügend  vorgesehen 
worden,  Proviant  auf  mehrere  Monate  vorhanden,  die  Zisternen  wohl  mit 
Wasser  versehen.  Die  Dotation  der  Geschützmunition  betrug  durch- 
schnittlich 200  Schüsse  pro  Geschütz. 

Die  Besatzung  der  Insel  bestand  am  20.  Juni,  abgesehen  von  dem 
Stabspersonal,  aus: 

dem  4.  Bataillon  des  Infanterieregiments  Baron  Jellacic 

Nr.  69 1047  Mann, 

5  Kompagnien  Marineinfanterie,  und  zwar  die  4.,  9.,  10., 

11.,  12.  Kompagnie      1200 

3.  Kompagnie  des  Küstenartillerieregiments 297 

5.  Kompagnie  des  Küstenartillerieregiments         265 

Genietruppe 27       „ 

Matrosen 44      „ 


^ 


n 


n 


Zusammen  .    .  2880  Mann. 


138 

Als  infolge  der  Ereignisse  auf  dem  nördlichen  Kriegsschauplatze 
das  5.  und  9.  Korps  der  Südarmee  an  die  Donau  berufen  und  das  in 
Italien  verbleibende  7.  Korps  durch  Heranziehung  aller  an  der  dalma- 
tinischen Küste  nur  irgend  entbehrlichen  Besatzungen  verstärkt  wurde, 
erhielt  auch  das  4.  Bataillon  Jellacic-Infanterie  die  Bestimmung,  nach 
Triest  abzugehen  und  wurde  am  12.  Juli  dahin  überschiflft. 

Es  blieben  sonach  in  Lissa: 

5  Kompagnien  Marineinfanterie  mit 1200  Mann, 

3.  und  5.  Kompagnie  des  Küstenarlillerieregiments    .    .    .    562 

Genietruppe 27 

Malrosen 44 


in  Summa  .    .  1833  Mann. 

200  Mann  der  Marineinfanterie  waren  in  den  Batterien  teils  zur 
Geschützbedienung,  teils  als  Geschützbedeckung,  36  Mann  als  Pionier- 
abteilung bei  verschiedenen  Arbeiten,  14  Mann  als  Blessierten  träger 
verwendet,  der  Rest  der  Marineinfanterie  mit  950  Mann  blieb  disponibel. 

Im  Hafen  von  S.  Giorgio  lag  der  gemietete  Lloyddampfer  »Egitto*, 
Kommandant  Linienschiffsleutnant  Stratti,  für  Rekognoszierungen  etc. 
zur  Verfügung  des  Festungskommandanten;  derselbe  war  jedoch  nicht 
mit  Geschützen  armiert  und  deshalb  zu  keinem  Gefechte  geeignet. 

Zum  Insel-  und  Festungskommandanten  war  der  aus  dem  Ruhe- 
stande zeitlich  emberufene  Oberst  und  Maria  Theresien-Ordensritter 
David  Freiherr  Urs  de  Margina  ernannt  worden,  der  am  21.  Mai  das 
Kommando  übernahm;  Geniedirektor  war  Major  Hiltl  der  Geniedirektion 
Sjialato,  welcher  zugleich  die  Dienste  des  Generalstabschefs  versah, 
Artilleriedirektor  Hauptmann  Klier  des  Küstenartillerieregiments  und 
Infanteriebesatzungskommandant  Major  Kratky  des  Marineinfanterie- 
regiments. 

Von  der  Kuppe  des  Monte  Hum  und  dem  Turme  Wellington  komite 
der  Golf  bis  an  die  italienische  und  dalmatinische  Küste  beobachtet 
und  jede  Wahrnehmung  durch  den  optischen  Telegraphen  nach  der 
Roservestellung  auf  Cosmo-Andrea  signalisiert  werden,  woselbst  der 
dritte  optische  Telegraph  die  Befehle  des  Festungskommandanten  nach 
allen  befestigten  Punkten  übertrug. 

Die  Insel  war  durch  ein  von  der  Bucht  von  Stoncica  aus  gelegtes 
unterseeisches  Kabel  über  Lesina  mit  Zara  telegraphisch  verbunden. 


139 

Schliefilich  sei  noch  erwähnt,  daß  die  Verteidigung  des  Hafens 
durch  Seeminen  oder  Barrikaden  aus  Mangel  der  nötigen  Zeit  nicht  mehr 
tunlich  gewesen  war. 

Im  nachstehenden  folgt  eine  kurze  Beschreibung  der  Werke  bezüg- 
lich ihrer  Beschaflfenheit  nach  Durchführung  der  bereits  früher  erwähnten 
Arbeiten  sowie  ihrer  Armierung:  ^) 

Nr.  I.  Fort  Georg. 

Kommandant:  Oberleutnant  J.  U.  Dr.  Jakob  Girtler  des  KQstenartillerieregiments,  zu- 
gleich Respizierungskommandant  der  Batterie  Mamula  und  der  Türme  Robertson  und 

Bentink. 

Dieses  Fort  lag  55  m  über  dem  Meere  und  hatte  eine  Bankbatterie 
vorgelegt,  deren  gerade  Front  gegen  die  offene  See,  die  rechte  Flanke 
gegen  die  nordöstliche  Einfahrt,  die  linke  Flanke  gegen  die  Bucht  Carober 
gerichtet  war. 

An  die  Batterie  schloß  rückwärts  eine  für  Geschützverteidigung 
eingerichtete  Terrasse,  deren  untere  Räume  für  ein  Proviantmagazin,  ein 
Requisitendepot  imd  ein  Dotationspulvermagazin  adaptiert  waren.  An 
die  rückwärtige  Front  der  Terasse  war  das  große  Kriegspulvermagazin 
mit  einem  Fassungsraum  für  50.000  k(j  Pulver  angebaut.  Gegen  die  Bucht 
Carober  war  dieses  Magazin  nur  durch  eine  aus  Steinen  provisorisch 
hergestellte  Traverse  unzureichend  geschützt. 

Die  Länge  der  Front  der  Batterie,  welche  gar  keine  Traversen 
besaß,  betrug  64  wi,  jene  der  beiden  Flanken  je  32  w:  die  aus  Steinen 
hergestellte  Brustwehr  hatte  eine  innere  Höhe  von  1 72  wt  und  eine  Dicke 
von  etwa  1  m.  Der  Graben  war  4  m  tief  und  ebenso  breit. 

Die  Armierung  bestand  aus  17  Geschützen,  und  zwar: 

4  ISpfündigen  eisernen  Verteidigungskanonen  auf  der  Terrasse, 
4  24         „        gezogenen  Hinterladern, 
6  48         ,        glatten  Küstenkanonen, 

1  30         „        ordinären  Mörsern, 

2  60         „        Küstenmörsem, 
17  Geschütze. 

Nr.  II.  Batterie  Mamula. 

Kommandant:  Feuerwerker  Karl  Gomolka  des  Küstenartillerieregiments. 

Diese  etwas  vor  und  unterhalb  des  Forts  Georg  33  m  über  dem 
Meere  gelegene  Batterie  war  ganz  im  Felsen  gehauen,   mit  dem  Fort 


1)  Nach  Wilhelm  Knobloch  „Die  Kanoniere  von  Lissa**. 


140 

durch  eine  Zugbrücke  verbunden  und  bestrich  die  nordöstliche  Hafen- 
einfahrt. 

Die  beiden  Pulvermagazine  an  den  Flügeln  der  Batterie  fafiten 
zusanunen  kaum  den  dritten  Teil  der  Dotationsmunition.  Gegen  die 
Hafeneinfahrt  waren  sie  durch  eine  Vorlage  aus  Steinschotter  gedeckt. 

Armierung: 

S  24  pfundige  gezogene  Hinterlader, 
4  30       „        Küstenhaubitzen, 
1  30  pfundigen  ordinärer  Mörser, 

7  Geschütze. 

Nr.  m.  Turm  Robertson. 

Kommandant:  Kadettkorporal  Franz  Häring  des  Köstenartillerieregiments. 

50  m  über  dem  Meere,  auf  dem  Sattel  hinter  Fort  Georg.  Der  9  m 
hohe  runde  Turm  hatte  einen  Durchmesser  von  8  m,  eine  Steinbrust  von 
17«  w  Höhe  und  1  m  Stärke  imd  war  im  Innern  durch  eine  schwache 
Holzdecke  und  ein  Ziegelpflaster  in  zwei  Stockwerke  geteilt  Das  hori- 
zontale Turmverdeck  war  gebildet  durch  einen  30  cm  starken  Dippel- 
boden,  eine  8  cm  dicke  Pfostenlage,  75  cm  Erdaufschüttung  und  ein  8  cm 
starkes  Steinpflaster,  in  der  Mitte  wurde  es  durch  einen  Mauerpfeiler 
gestützt.  Auf  dem  Verdecke  stand: 

112  pfundiger  gezogener  Hinterlader. 

Nr.  lY.  Batterie  Zapparina. 

Kommandant:  Unterleutnant  Josef  Po m eis  1  des  Köstenartillerieregiments. 

28  m  über  dem  Meere.  Ursprünglich  als  Etagenbatterie  Ober-  und 
Unter-Zupparina  erbaut,  war  letztere  später  wieder  aufgelassen  worden. 

Die  Brustwehr  bestand  aus  einer  6  m  starken  Erdlage  imd  war 
innen  mit  einer  Mauer  verkleidet.  Das  Pulvermagazin  lag  am  rechten 
Flügel. 

Armierung: 

4  24pfündige  gezogene  Hinterlader. 

Nr.  V.  Turm  Bentink. 

Kommandant:  Kadettfeuerwerker  Karl  Winkler  des  Küstenartillerieregiments. 

Seehöhe  75  m.  Der  Turm  hatte  eine  Brustmauer  von  2  m  Stärke 
und  1  m  Höhe,  war  9  m  hoch  bei  einem  Durchmesser  von  14  m.  Die 
innere  Einrichtung  war  ahnlich  wie  bei  Robertson. 


141 

Kurz  vor  Ausbruch  des  Krieges  wurde  er  an  seiner  östlichen  Seite 
mit  einer  aus  Erde  hergestellten  und  mit  Scharten  versehenen  Enveloppe 
umgeben. 

Im  Turme  selbst  befanden  sich  Mannschaftsunterkünfte,  eine 
Zisterne  und  das  Pulvermagazin.  Letzteres  enthielt  auch  einen  Teil  der 
Munition  für  die  Batterie  Zupparina. 

Armierung: 

1  12  pfundiger  gezogener  Hinterlader  auf  dem  Verdecke  des 

Turmes, 

2  30pföndige  Küstenhaubitzen  der  Enveloppe, 

4  12  pfundige  eiserne  Verteidigungskanonen  der  Enveloppe, 
7  Geschütze. 

Nr.  VI.  Batterie  Schmidt. 

Kommandant:  Unterleutnant  Eduard  Pawlowsky  des  KQstenartUlerieregiments. 

Seehöhe  16  m.  Bankbatterie  aus  Erde,  in  den  Hang  einer  Kuppe 
eingeschnitten,  mit  der  Front  gegen  die  offene  See  und  dem  zurück- 
gebogenen linken  Flügel  gegen  die  nördliche  Einfahrt  gerichtet. 

Die  6  m  starke  Brustwehr  war  röckwärts  1  ^/2  tn  hoch. 

Die  zwei  Munitionsmagazine  waren  hinter  der  Geschützstellung 
minenartig  in  den  Berg  gegraben;  die  Eingänge  zu  ihnen  führten  aus  dem 
Batterieraume,  sahen  also  gegen  den  Feind,  doch  war  der  Zugang  wieder- 
holt rechtwinkelig  gebrochen  und  mündete  in  einen  seitlichen  Vorraum 
zum  Magazin.  Dafür  faßten  beide  zusammen  kaum  den  sechsten  Teil  der 
Dotation  und  mußte  die  Ersatzmunition  während  des  Gefechtes  aus  dem 
Pulvermagazin  der  2000  tn  entfernten  Madonna-Batterie  zugetragen 
werden.^)  Traversen  und  Rücken  wehren  hatte  die  Batterie  nicht 

Armierung: 

2  24  pfundige  gezogene  Hinterlader, 
2  48  pfundige  glatte  Küstenkanonen, 

4  Geschütze. 

Nr.  Vn.  Turm  Wellington. 

Kommandant:  Oberleutnant  Johann  Haberl  des  Küstenartillerieregiments. 

Seehöhe  190  m.  Bauart  analog  wie  bei  Robertson.  Auf  dem  Turm- 
verdeck stand  ein  optischer  Telegraph,  weshalb  der  Turm  auch  Tele- 
graphenturm  genannt  wurde.   Vor  dem  Turme  lag,  mit  dem   rechten 

1)  Diesem  Umstände  fiel,  wie  wir  sehen  werden,  durch  einen  unglücklichen 
Zufall  während  dos  Kampfes  die  Batterie  zum  Opfer. 


14ä 

Flügel  gegen  diesen  gelehnt,  eine  Mörserbatterie,  deren  Front  gegen  die 
Hafeneinfahrt  gerichtet  war  und  deren  Brustwehr  nur  aus  übereinander- 
gelegten  Steinen  mit  einem  30  cm  hohen  Erdaufschutt  bestand. 

Armierung : 

1  7  pfundige  kurze  Feldhaubitze,  auf  der  Terrasse  des  Turmes, 

1  lOpfündige  Batteriehaubitze,  auf  der  Terrasse  des  Turmes, 

2  30  pfundige  weittreibende  Mörser,  in  der  Mörserbatterie, 

5  60  pfundige  ordinäre  Mörser,  in  der  Mörserbatterie, 

6  Geschütze. 

Nr.  Vlll.  Batterie  Madonna. 

Kommandant:  Oberleutnant  Eduard  Jauernig  des  Küstenartilierieregiments. 

Diese  lag  im  Hintergrunde  des  Hafens  zwischen  den  Orten  Lissa 
und  Eut  Der  solid  aus  Quadern  gebildete  Steinbau  hatte  13  m  Seehöhe 
und  eine  6— 7  m  starke  Steinbrust,  deren  Krone  mit  Erde  bedeckt  war. 

Das  Munitionsmagazin  unter  dem  Wallgange  enthielt  außer  der 
eigenen  Dotation  noch  einen  großen  Teil  für  die  Batterie  Schmidt  und 
außerdem  die  Munition  für  die  Raketenbatterie. 

Die  Schußdirektion  der  Batterie  war  gegen  die  Mitte  der  Hafen- 
einfahrt gerichtet,  wodurch  gleichzeitig  die  Flankierung  der  Batterien 
Schmidt  und  Zupparina  auf  ungefähr  2000  m  Entfernung  eiinöglicht  war. 

Etwa  8  m  hinter  der  Batterie  befand  sich  eine  den  Wallgang  über- 
höhende, gemauerte  Defensionskaseme. 

Armierung: 

4  24  pfundige  gezogene  Hinterlader, 
4    30  pfundige  Granatkanonen, 
8  Geschütze. 

Nr.  IX.  Erzherzog  Max-Feste. 

Kommandant:  Unterleutnant  Eduard  Michaile  des  Küstenartillerieregiments. 

Steinernes,  rechteckiges  Blockliaus  mit  einem  Schartenstocke.  Diese 
Talsperre  war  für  Gewehr-  und  Geschützfeuer  eingerichtet  und  bestrich 
den  steilen  Weg  nach  Comisa. 

hn  Souterrain  lag  das  Proviant-  und  das  Pulvermagazin. 

Armierung: 

i  24 pfundige  kurze  Batteriekanonen, 
2  7  pfundige  Granatkanonen, 
4  Geschütze. 


143 
Nr.  X.  Batterie  Magnaremi. 

Kommandant:  Oberleutnant  Johann  Gogl  des  KQstenartillerieregiments. 

Diese  in  Lunettenform  gebaute  Batterie  lag  165  m  über  dem  Meere, 
war  1500  m  vom  inneren  Hafen  von  Gomisa  entfernt  und  hatte  eine 
Brustwehr  aus  steinigem  Erdreich. 

Das  an  die  rechte  Face  anschließende  Pulveimagazin  ragte  etwas 
über  die  Batterie  und  war  nur  schwach  mit  Steinen  und  Erde  eingedeckt. 

Armierung: 

4  12  pfundige  gezogene  Hinterlader, 
4  24pfündige  gezogene  Hinterlader, 
8  Geschütze. 

Nr.  XI.  Geschützstellung  auf  dem  Berg  Ferlii. 

Kommandant:  Feuerwerker  Anton  W^stawel  des  Küstenartillerieregiments. 

In  diesem  flüchtigen  Elmplacement  an  der  Südwestspitze  der  Insel 
standen  zur  Bestreichung  der  Einfahrt  in  den  Hafen  von  Comisa 

2  6  pfundige  gezogene  Vorderlader  (System  La  Hitte). 

Nr.  XII.  Batterie  Nadpostranje. 

Kommandant:  Oberleutnant  Josef  Hasel  bau  er  des  Küstenartillerieregiments. 

Seehöhe  170  m,  auf  dem  gleichnamigen  Berge  oberhalb  des  Hafens 
von  Manego,  in  Herzform  gebaut,  in  den  ausspringenden  Winkeln  mit 
kleinen  Rondellen.  Die  Kehle  war  durch  einen  Koffer  mit  Gewehrscharten 
geschlossen.  Im  Inneren  war  über  Antrag  des  Batteriekommandanten  in 
den  letzten  Tagen  ein  Blockhaus  hergestellt  worden.  Das  Pulvermagazin 
war  nur  schwach  geschützt,  die  Batterie  zur  Zeit  der  Beschießung  noch 
nicht  ganz  fertig. 

Armierung: 

2  12  pfundige  gezogene  Hinterlader, 

4  18 pfundige  eiserne  Verteidigungskanonen. 

6  Geschütze. 

Nr.  XIIL  Geschützstellung  zwischen  der  Höhe  Bariaki  und  dem 

Yranji  kamik. 

1   12  pfundiges  Raketengeschütz. 

Nr.  XIV.  Geschützstellung  auf  dem  Vraigi  kamik. 

1   12  pfundiges  Raketengeschütz. 


144 


Nr.  XT.  GeschützsteUung  Andrea. 

1  18 pfundige  eiserne  Verieidigungskanone. 

Nr.  XTI.  Doppelgeschützstellung  zwischen  Andrea  und  Cosmo. 

2  6  pfundige  Feldgeschütze. 

Nr.  XTn.  Oeschfltzstellung  Cosmo. 

1  6  pfundiger  gezogener  Vorderlader  (System  La  Bitte). 

Nr.  XVJJLl.  Geschützstellnng  zwischen  Andrea  und  S.  Tito. 

1  18  pfundige  eiserne  Verteidigungskanone. 

Nr.  XIX.  Geschützstellung  zwischen  S.  Tito  und  Cosmo. 

1  6  pfundiges  Feldgeschütz. 

Nr.  XX.  Geschützstellung  zwischen  Cosmo  und  Kut. 

1  18  pfundige  eiserne  Verteidigungskanone. 

Nr.  XXI.  Geschützstellung  S.  Tito. 

1  18  pfundige  eiserne  Verteidigungskanone. 


145 


7.  Kapitel. 


Fahrt  d«r  HsUenischen  Flotte  gegen  Lissa.  —  Rekognoezierungafahrt  dea  Stabachefa  d'  A  m  i  c  o  und  Rapport 
deaaelben.  —  Angrifbplan  des  Admirals  Peraano.  —  Miaaion  Sandri.  —  Angriff  der  italieniachen  Flotte 
auf  die  Inael  Lissa  am  18.  Juli.  —  Kontreadmiral  Vacca  vor  Gomiaa.  —  Vizeadmiral  Alb  in i  vor  Porto 
Manego.  —  Angriff  der  Gruppen  Peraano  und  Riboty  auf  S.  Giorgio.  —  Exploaion  in  der  Batterie 
Schmidt.  —  MiftglQekter  Versuch  der  Panzerfregatten  „Ilaria  Pia**  und  .San  Martino'*  die  Hafeneinfahrt 
XU  forcieren.  —  Eingreifen  der  Gruppe  Vacca.  —  Schweigen  der  Batterien  mit  Ausnahme  jener  von 
Wellington,  Bentink  und  Znpparina.  —  Ende  des  Kampfes  am  18.  Juli.  —  Zustand  der  Werke  undder  Gami- 
aon.  —  Resultat  der  Mission  Sandri.  —  Schwacher  Angriff  am  19.  Juli  vormittags.  —  Ankunft  von  Ver- 
stärkungen. —  Dispositionen  fQr  den  Angriff  am  Nachmittag.  —  Kampf  der  ^Formidabile"  mit  der  Batterie 
Kadonna.  —  Resultat  desselben.  —  Mißlingen  der  Landung  des  Vizeadmirals  Alb  in  i.  —  Benehmen 
desselben.  —  Ende  des  Kampfes  am  19.  Juli.  —  Zustand  der  Werke  Lissas  und  deren  Veriuste.  — 
Kritische  Lage  des  Admirals  Persano.  —  Beschlußfassung.  —  Situation  der  italienischen  Flotte  wahrend 
der  Nacht.  —  Beratung  am  Morgen  des  20.  am  Bord  des  „Rö  d'Italia*.  —Erscheinen  der  Csterreichischeu 

Eskadre. 

Die  italienische  Flotte  hatte,  wie  am  Schlüsse  des  vorletzten  Kapitels 
gesagt  wurde,  bei  ihrem  Auslaufen  von  Ancona,  um  ihre  wahre  Richtung 
zu  verbergen,  einen  nordwestlichen  Kurs  eingeschlagen,  den  sie  bis  zum 
Einbruch  der  Nacht  verfolgte  und  dann  erst  östlichen  Kurs  genommen, 
welcher  sie  gegen  die  Insel  Lesina  führte. 

In  See  trennten  sich  die  Avisodampfer  ,Flavio  Gioja*  und 
,Messaggiere*  von  derselben,  ersterer,  um  auf  der  Höhe  der  Testa 
di  Gargano  zu  kreuzen  und  dem  erwarteten  „Aflfondatore*  die  Ordre  zu 
überbringen,  sich  vor  Lissa  mit  der  Flotte  zu  vereinigen,  letzterer,  an 
dessen  Bord  sich  der  Stabschef  der  Flotte,  Linienschiffskapitän  d'Amico 
befand,  um  inzwischen  gegen  Lissa  vorauszufahren  und  eine  Re- 
kognoszierung der  Insel  vorzunehmen.  V 


1)  Der  Stabschef  der  Flotte,  welcher  sich  freiwillig  zu  dieser  Rekognoszierung 
angeboten  hatte,  sollte  ursprünglich  dieselbe  als  Padron  eines  nach  Manfredonia 
bestimmten  Trabakels  verkleidet  ausführen.  Zu  diesem  Behufe  hatte  man  ein  derartiges 
Küstenfahrzeug  mit  Namen  ,Leda*  gemietet,  dasselbe  mit  diversen,  angeblich  für 
Manfredonia  bestimmten  Waren  geladen  und  dementsprechend  die  SchifTspapiere  aus- 
gestellt. Dieses  Trabakel  sollte  vom  „Messaggicre*  bis  in  die  Nähe  von  Lissa  geschleppt 
und  dort  losgelassen  werden,  worauf  dann  der  Padron  unter  irgend  einem  Vorwande 
Lissa  anlaufen  und  auf  diese  Weise  eine  genaue  Rekognoszierung  der  Insel  imd  ihrer 
Befestigungen  vornehmen  sollte. 

Beim  Auslaufen  der  Flotte  am  16.  hatte  der  „Messaggicre"  zwar  ein  Trabakel 
namens  „Leda**   im  Schlepp,  es  zeigte  sich  aber  nachträglich;  als  man  sich  schon  in 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegümarine  1866.  ^0 


146 

Auf  den  Schiffen  waren  alle  Positionslichter  verdeckt  und  man 
steuerte,  langsam  fahrend,  die  Nacht  über  den  anbefohlenen  Kurs  weiter. 
In  den  Morgenstunden  des  17.  Juli  berief  der  kommandierende  Admiral 
mittels  Signals  die  unterstehenden  Admirale  und  ihre  Stabschefs  zu  sich 
an  Bord.  Dort  wurde  denselben  ein  Plan  zum  Angriflfe  der  Insel  Lissa 
mitgeteilt,  den  der  Admiral  selbst  entworfen  hatte  und  nach  welchem  den 
Panzerschiffen  die  Aufgabe  zufiel,  die  Forts  und  Batterien,  welche  die 
Einfahrt  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio  beherrschten,  anzugreifen  und  zum 
Schweigen  zu  bringen,  während  die  Holzeskadre  unter  Vizeadmiral  Albini 
die  Landung  im  Hafen  von  Gomisa  auf  der  Westseite  der  Insel  zu 
bewerkstelligen  hatte,  um  von  dort  aus  auf  der  schmalen  Bergstraße,  die 
über  den  Sattel  Michele  nach  Lissa  führt,  gegen  den  Hafen  von  S.  Giorgio 
vorzudringen  und  die  Forts,  welche  in  der  Kehle  offen  lagen,  im  Rücken 
zu  nehmen. 

Dieser  Plan  rief  auf  der  Flotte  eine  allgemeine  Überraschung  hervor, 
besonders  unter  den  eingeschifften  ehemaligen  venetianischen  Offizieren, 
die  nicht  begreifen  konnten,  daß  man  bezüglich  dieser  Unternehmung  sie 
nicht  früher  zu  Rate  gezogen  und  ihre  Lokalkenntnissc  über  die  Insel  mit 
verwertet  hatte. 

In  der  Tat  muß  es  auch  wundernehmen,  daß  Admiral  Persano 
darauf  verzichtet  hatte,  beim  Entwürfe  seines  Angrififsplanes  den  einen 
oder  anderen  seiner  venezianischen  Offiziere  zur  Beratvmg  beizuziehen,  da 
sich  doch  unter  ihnen  einige  schon  in  höheren  Chargen  stehende(Paulucci , 
Fincati,  Bucchia,  Sandri)  befanden,  welche  die  Insel  aus  ihrer  öster- 
reichischen Dienstzeit  her  kannten,  während  des  Baues  einiger  neuen 
Werke  anwesend  waren  und  deshalb  bei  der  Aufstellung  des  Planes 
immer  von  einigem  Nutzen  sein  konnten.  So  scheint  der  Admiral,  nach 
seinem  Plane  zu  urteilen,  von  dem  Vorhandensein  der  den  Hafen  von 
Comisa  beherrschenden  beiden  Batterien  sowie  der  Max-Feste  auf  dem 
Bergsattel  zwischen  Comisa  und  Lissa  keine  Ahnung  gehabt  zu  haben 
und  doch  hatte  er  —  wenigstens,  was  die  letztere  anbekingt  —  von  dt^n 
venezianischen  Offizieren  darüber  informiert  werden  können. 


hoher  ^^cc  hefand,  daß  e?^  nicht  jenes  war,  auf  welches  die  SchilTspapiere  gestelU  waren 
und  welches  die  Waren  am  Bor-l  hatte,  so  daß  Linienschiffskapitan  d'Amico  es  für 
j^eratener  fand,  diesen  Plan  aufzugehen  und  die  R(»kognoszicrung  mit  dem  ,  Messagiere  * 
selbst  vorzunehmen. 

Man  kann  hieraus  einen  Schluß  auf  die  Hast  und  Konlusion  ziehen,  die  beim 
Auslaufen  auf  der  Flotte  geherrscht  haben  mag.  Uendioonti  etc.  etc.;  dei>osizione 
dAmico,  Seite  (>7 


147 

Im  Laufe  des  17.  wurden  von  der  Flotte  einige  taktische  Manöver 
ausgeführt  und  man  war  gegen  Sonnenuntergang  auf  ungefähr  45  Meilen 
westlich  von  der  bisel  Lissa  angelangt,  dem  Punkte,  welcher  LinienschifiTs- 
kapitän  d'Amico  als  Rendezvous  angegeben  worden  war.  Derselbe  kehrte 
auch  um  diese  Zeit  mit  dem  «Messaggiere*  von  seiner  Mission  zurück 
und  erstattete  dem  Admiral  Persano  den  nachstehenden  Bericht: 

,In  der  Nacht  vom  16.  auf  den  17.  näherte  ich  micli  von  Busi  her 
der  Insel  Lissa  ^)  und  streifte  bei  Anbruch  des  Tages  hart  die  Ostküste 
derselben,  mit  den  Offizieren  des  „Messaggiere*  eifrig  die  kleinsten 
Details  und  Merkmale  der  Küste,  besonders  des  Teiles  derselben,  wo  sich 
der  Hafen  Manego  befindet,  studierend.  Der  Guardia-marina  Amari 
verzeichnete  auf  eigens*  hiezu  vorbereiteten  Plänen  die  Befestigungs- 
werke. Ich  bemerkte  vor  Manego  die  Batterie  ä  barbette  S.  Vito,  in  welcher 
wir  bei  einer  Höhe  von,  wenn  ich  mich  recht  erinnere,  200  bis  300  m 
9  Geschütze  konstatierten.^)  Wir  sahen  im  Rücken  derselben  eine  Kaserne 
sowie  den  Saumpfad,  welcher  von  der  Küste  zu  derselben  führt  Von 
der  Position  vom  Eiland  Budikovac  aus  schien  es  mir,  als  ob  nur  1 
und  zwar  das  äußerste  Geschütz  uns  Schaden  zufügen  könnte;  deshalb 
hielt  ich  bei  mir  diesen  Punkt  als  geeignet  für  eine  Ausschiffung  von 
Truppen. 

Indem  wir  näher  zum  Leuchtturm  kamen,  fanden  wir  da  einen 
Küstenteil  (Bucht  Stoncica),  der  von  keiner  Befestigung  beherrscht  ist  und 
wo  man  die  Ausschififuog  in  aller  Ruhe  vorbereiten  könnte.  Wir  näherten 
uns  dem  Leuchtturm  bis  auf  eine  solche  Distanz,  daß  wir  hätten  beinahe 
hinüberspringen  können  und  bemerkten,  daß  hier  das  eine  Ende  des 
Telegraphenkabels  lag,  welches  Lissa  mit  dem  nahen  Lesina  verbindet 
Nachdem  wir  die  Landspitze  mit  dem  Leuchtturm  umschifft  hatten  (es 
war  gerade  Sonnenaufgang),  entdeckten  wir  den  Hafen  von  S.  Giorgio 
und  sahen  auf  der  Esplanade  die  ganze  Garnison  in  Reih  und  Glied  auf- 
gestellt, welche  nach  beendeter  Inspektion  sich  dann  in  Abteilungen  auf- 
löste und  Exerzitien  begann.  Ich  glaube,  daß  mehrere  von  uns  die  Stärke 
derselben  auf  1200  Mann  schätzten.  Bald  nachher  wurden  auch  alle 
Batterien  des  Hafens  von  S.  Giorgio  bemannt,  die  Artilleristen  standen 


J)  Unter  englischer  Flagge. 

2)  Hierriit  war  die  kurz  vor  Beginn  des  Krieges  erbaute,  über  Bank  feuernde 
Batterie  Xadpostranje  von  G  Gescliützen  gemeint,  während  die  Bezeichnung  S.  Vito  der 
Geschützstellung  Nr.  XXI  zukommt. 

10* 


mit  der  Lunte  in  dcT  Hand  bereit.  Dit  Kommandant  des  ^Messaj^iere' 
fnig  mich,  was  zu  fresfhehen  habe:  Ich  befahl  ihm,  in  den  Hafen  von 
S.  Giorgio  hinpinzu fahren,  mit  dem  Vorderteil  nach  außen  gewendet 
(also  rörkwarts  fahrend)  und  bereit,  die  Maschine  mit  aller  Kraft  zu 
gebrauchen,  su  wie  man  auf  der  Festung  die  österreichische  Fta^e 
bemerken  würde,  die  ich  gehißt  hatte.  Indem  wir  uns.  wie  ich  glaube, 
ungefähr  */<  Stunden  zwischen  den  zwei  Batterien,  die  innerhalb  des 
Eilandes  Hoste  liegen,  aufliielten.  verzeichneten  wir  alle  Befestigungswerke 
mit  ihrer  Geschützanzahl  und  der  beiläufigen  Höhe.') 

Wenn  ich  mich  recht  erinnere,  so  be&nden  sich,  in  den  Hafen 
einfahrend,  links  die  Batterie  des  Telegraphenturmes*),  welche  mir  von 
dieser  Position  als  die  höchste  der  ganzen  Insel  erschien,  mit  einer  im 
Bau  befindlichen  Batterie  von  4  Gescliützen  zur  Rechten,")  femer  auf 
einer  vorspringenden  Landspitze  eine  Ober  Bank  feuernde  Batterie  von 
4  Geschützen.  *■) 


')  Dieser  Teil  des  BcrichLes  ist  nicht  rucliL  veraländticb  und  aucli  wenig  glaub- 
würdig. Natli  dem  Telegramme  dm  Inseltomiiiandos  von  Liasa  (siehe  Seite  186) 
erschien  alleriüiigs  um  Morgen  des  17.  Juli  gegen  G^  vou  Südwest  her  ein  Dampfer 
unter  englischer  Flagge,  der  sich  der  Insel  sehr  näherte,  dieselbe  «un  Süden  über  Osten 
umkreiste  und,  wie  das  Inselkommando  selbst  zugibt,  Rekognoszierungsnt-ecke  verfolgte. 
tiierniLch  iet  aber  nicht  gut  oniunchmen,  daß  man.  einmal  aulincrksam  geworden,  zu 
KricgGzeitea  einen  Dampfer  seibat  unter  Osterreiclii scher  Flagge  (der  .Heasagiere* 
mußte  daher  inzwischen  die  englische  Flagge  mit  der  österreichischen  vertauscht  haben), 
welcher  mit  dem  Achterteil  voraus  in  der  Hufencinfahrl  erschien,  Öfters  die  Maschine 
steppte  und  lotete,  mit  einem  Worlc  sich  »emlich  aulTSIIlg  benahm,  daü  man,  sagen 
wir.  einem  solchen  Dampfer  den  Aurenllialt  üwischen  den  Batterien  der  Einlahrt  so 
ohneweiters  gestuttet  hatte,  ohne  sich  durch  Abseaduug  eines  Bootes  von  dem  Zwecke 
seines  Komraens  tutd  Gelicns  zu  informieren  oder  einen  Wa^tl^ngsS[^huS  abzugeben. 
Linienschiffskapitän  d'Amieo  dürfte  daher  wohl  auch  aufleriialb  der  Einfahrt,  von  wo 
er  allerdings  die  Werke  uiid  si^lbat  einen  Teil  des  inneren  Hafens  sehen  k'mnle, 
geblieben  sein,  auf  welclie  Weise  es  sich  erbUrt,  daß  er  von  dem  Vorliandenscin  der 
Madonna-Batterie  im  Innern  dessellten.  welclie  verdeckt  blieb,  ntclils  bemerkte.  Was 
das  Beniannisein  der  Gescliiltze  anlielaiiijt,  so  dflrfle  dieser  Dm  stand  mit  dem  gewOhD- 
liehen  Morgcnexcnitium  der  Balteriemanii schoflen  xusaunien fallen-  Wir  machen  diesa 
Bemerkungen  bauptsäcldich  aus  dem  Griuide.  weil  der  italienische  .Marin egeschichtS' 
Schreiber  Rand  ac  ei  o  diesbezä  gl  ich  anfahrt.  daB  die  vom  LiniensehifTskapilün  d'Amico 
eingeholten  Informationen  .der  GulinQtigkeit  der  astorreichiscbeo  GarniBon  (alla  dabbe- 
nagglne  della  guamlgione  nuslrlaca]  zu  verdanken  gewesen  seien*.  (Randaccio,  Slotis 
della  marina  ilaliana,  II.  ü^eite  120).  A.  d.  V. 

*l  Turtn  Wellington  mit  dem  optischen  Telegraphen.  G  GeschütKe. 

3)  Die  an  demselben  nouangsbaule  MOrserballerio. 

'}  Die  40'  über  dc.u  Ucercssplegel  liegende  Batterie  Schmidt. 


149 

Auf  dem  Kamme  des  gegenüberliegenden  Hügels  sahen  wir  ein 
Fort,*)  eine  Batterie *)  und  zwei  Türme.  ^)  In  allen  den  Befestigungswerken 
der  Hafeneinfahrt  zählten  wir  42  Geschütze  in  Batterieaufstellung,  sämt- 
liche Werke  sind  in  der  Kehle  offen. 

Im  Hintergrunde  des  Hafens  sahen  wir  die  Hauptstraße,  welche 
nach  Comisa  fahrt,  und  am  Kai  einen  Loyddampfer,  welcher  Artillerie- 
material ausschiffte. 

Nachdem  wir  mit  dieser  Arbeit  fertig  waren  und  die  Lotungen  der 
Meerestiefe  sowie  jede  zur  Höhenbestimmung  nützliche  Angabe  ver- 
zeichnet hatten,  wendeten  wir  uns  ganz  langsam  nach  dem  Hafen  Carober 
und  von  dort  nach  der  Bai  von  Comisa,  wo  wir  nach  Annäherung  an 
den  Ort  ungefähr  Va  Stunde  stillstanden,  jedoch  jeden  Augenblick  bereit, 
uns  in  Bewegung  zu  setzen. 

In  die  Bai  von  Comisa  einfahrend,  sahen  wir  zur  Rechten  eine 
Batterie  ä  barbette  von  9  Geschützen^)  in  derselben  Höhe  oder  bloß 
wenig  niederer  als  jene  oben  angeführten  von  S.  Vito.  Wir  sahen  femer 
eine  gemauerte  Batterie  (casamalta)  von  4  Geschützen,^)  die  nicht  sehr 
hoch  ist,  auf  dem  Bergsattel  und  endlich  zur  Linken  auf  dem  Gipfel  des 
Berges  Perlic  noch  eine  andere  aber  sehr  hochgelegene  Batterie,*)  die  ich 
ohneweiters  von  der  See  aus  für  unbekämpfbar  hielt.  Wir  umfuhren 
die  Insel  nach  Osten,  ohne  Erfolg  nach  einem  Fischer  fahndend,  und 
steuerten  gegen  Vallona,  bis  wir  uns  außer  Sicht  der  Insel  befanden, 
worauf  ich  Kurs  gegen  den  Rendezvouspunkt  nahm,  um  mich  mit  der 
Flotte  zu  vereinen. 

Wenn  ich  alle  gewonnenen  Eindrücke  zusammenfasse,  so  komme 
ich  zu  der  Anschauung,  daß  das  Gelingen  eines  Handstreiches  nicht 
unmöglich  ist;  die  Befestigungsworke  liegen  allerdings  zum  größten  Teil 
ziemlich  hoch,  Irotzdem  halte  ich,  mit  Ausnahme  jenes  östlich  von  Comisa 
gelegenen  und  des  Telegraphenforts,  einen  Angriff  auf  dieselben  für  mehr 


1)  Fort  Georg,  17  Goschülze. 

*)  Batterie  Mannila,  7  Geschütze. 

8)  Die  Defensionsturme  Robertson  mit  1  und  Bentink  mit  7  Geschützen. 

^)  Die  im  Norden  der  Bai  auf  der  Punta  Magnaremi  gelegene,  fiber  Bank 
feuernde  Batterie  Magnaremi  mit  8  gezogenen  Geschützen. 

^)  Die  zur  Sperrung  der  Kommunikation  zwischen  der  Bai  von  Comisa  und 
dem  Hafen  S.  Giorgio  auf  dem  Bergsattel  Michele  befindliche  Max-Feste,  ein  gemauertes 
Blockhaus  mit  4  Geschützen. 

*!  Die  Geschützstellung  Nr.  XI  auf  dem  Berge  PcrliC  von  2  gezogenen  La  Hitte- 
Geschfltzen. 


oder  weniger  erfolgreich.  Mir  schien  es,  als  ob  speziell  in  Comisa  und 
Hafen  Manego,  selbst  wenn  man  auch  die  BaÜerien  nicht  zum  Schweigen 
bringen  sollte,  eine  Ausschiffung  von  Truppen  gelingen  müsse,  obzwar 
die  Garnison  der  Insel  —  soviel  wir  bemerken  konnten  —  sehr  wachsam 
ist.  Ich  glaube  demnach,  daß  mit  Rücksicht  auf  den  Umstand,  daß  wir 
von  der  See  aus  eine  so  starke  Macht  besitzen,  ein  Handstreich  versucht 
werden  sollte,  trotzdem  ich  denselben  jetzt  nicht  mehr  für  so  leicht  halte 
wie  fiTüher,  nachdem  ich  mich  überzeugt  habe,  daß  die  Bai  von  Comisa 
besser  verteidigt  ist,  als  ich  mir  es  vorgestellt  halte. 

In  diesem  Sinne  ließ  ich  am  Bord  des  ,Messaggiere"  viele  Kopien 
der  von  uns  zu  stände  gebrachten  Skizze  anfertigen  und  entwarf  einen 
auf  den  Angriff  bezüglichen  Plan. " 

Admira!  Persano  war  nach  Durchsicht  des  Berichtes  seines 
Stabschefs  zur  Überzeugung  gelang!,  daß  der  von  ihm  selbst  entworfi'ne 
Plan  in  einigen  Punkten  modifiziert  werden  müsse  und  nahm  deshalb 
den  neuen  ihm  vorgelegten  Entwurf  d'Amicos  mit  einigen  unwesent- 
lichen Abänderungen  an.  Es  ei^ngen  sofort  die  nachstehenden  Befehle 
an  die  Flotte: 

.Morgen  den  18.  bei  Tagesanbi-uch  wh-d  die  Flotte,  um  sich  in  den 
Besitz  der  Insel  Lissa  zu  setzen,  einen  Angriff  auf  dieselbe  unternehmen. 

Die  Flottille  unter  der  Führung  des  .Montebello'  muß  sich  noch 
vor  Tagesanbruch  bei  den  Inseln  Spalmadori  befinden;  ihre  Aufgabe 
ist  es,  das  submarine  Kabel  der  telegraphischen  Leitung  zwischen  Lissa 
und  Lesina,  falls  eine  solche  existiert,  zu  durchschneiden,  ebenso  die 
Semaphorstationen,  welche  sich  dort  belinden  sollten,  zu  zerstören  uaid 
zu  verhindern,  daß  Unterstützungen  oder  Korrespondenzen  von  Lesina 
nach  Lissa  herüberkommen. 

Der  „Espioratore*  bleibt  auf  Kreuzung  zwischen  dem  Kap  Planka 
und  den  Eilanden  Pomo  und  S.  Andrea. 

Die  .Stella  d'Italia'  übernimmt  die  Kreuzung  zwischen  den  Inseln 
S.  Andrea  und  Pelagosa. 

Der  .Messaggiere*  verbleibt  zur  Disposition  des  Admirals  en  chef. 

Zum  Schleppdienst  für  jene  Schiffe,  die  es  eventuell  nötig  haben 
sollten,  werden  für  die  erste  Gruppe  der  ,Guiscardo",  für  die  zweite  und 
dritte  Gruppe  der  „Ellore  Fieramosca"  und  für  die  Holzeskadre  der 
.San  Giovanni"  bestimmt. 

Die  erste  Gruppe  der  Panzerschiffe  unter  dem  Kommando  des 
Kontreadmirals  Vacca  wird  den  Hafen  von  Comisa  angreifen;  die  zweite 
Gruppe  unter  dem  unmittelbaren  Befehle  des  Höchstkoramandierenden 


151 

wird  die  auf  der  westlichen  Seite  der  Hafeneinfahrt  von  S.  Giorgio 
gelegenen  Werke,  die  dritte  Gruppe  unter  dem  Kommandanten  Riboty 
die  auf  der  östlichen  Seite  der  Hafeneinfahrt  gelegenen  Werke  angreifen; 
die  Holzschiffe  sind  zur  Bekämpfung  des  Hafens  Manego  bestimmt,  um 
dort  die  Ausschiffung  zu  bewerkstelligen  sowie  die  Werke  zum  Schweigen 
gebracht  worden  sind. 

Die  Landungstruppen  stehen  unter  dem  Befehle  des  Linienschiffs- 
kapittos  di  Monale  von  der  „Maria  Adelaide",  welchem  der  Linienschiffs- 
kapitän Martin-Franklin  als  Stellvertreter  und  Zweitkommandierender 
beigegeben  wird. 

Wenn  die  erste  Gruppe  der  Panzerschiffe  die  nördlich  von  Comisa 
gelegene  Batterie  sowie  jene  im  Innern  früher  zum  Schweigen  gebracht 
haben  sollte,  als  die  Holzschiffe  mit  den  Batterien  im  Hafen  Manego 
fertig  geworden  sind,  so  wird  dieselbe  sich  dorthin  begeben  und  die 
Bekämpfung  dieses  Punktes  übernehmen,  während  in  diesem  Falle  die 
Holzschiffe  die  Ausschiffung  der  Landungstruppen  in  Comisa  bewerk- 
stelligen würden,  sich  gut  geschlossen  unter  der  Küste  im  Südosten 
dieses  Hafens  haltend. 

Die  Streitmacht  über  die  wir  verfügen  ist  eine  mehr  als  hin- 
reichende für  die  Mission,  welche  wir  durchzuführen  haben ;  es  ist  daher 
überflüssig,  jene  Schiffe,  die  uns  zu  wichtigen  Zwecken  dienen,  unnötig 
auszusetzen. 

Nachdem  die  Batterien,  welche  wir  zu  bekämpfen  haben,  größten- 
teils sehr  hoch  liegen,  so  ist  es  angezeigt,  sich  vor  Bogenschüssen  in  acht 
zu  nehmen. 

Die  erste  Ginippe  wird  gut  tun,  ihren  Angriff  auf  die  nördlich  von 
Comisa  gelegene  Batterie  von  der  Außenseite  her  zu  unternehmen  und 
den  Angriff  auf  jene  im  Innern  von  Südosten  her. 

Für  die  zweite  Gruppe  wird  es  sich  empfehlen,  sich  hart  unter 
Carober  zu  halten  und  für  die  dritte  Gruppe  ebenfalls,  so  hart  als  nur 
möglich  unter  Land  zu  steuern,  um  den  Hauptfronten  der  auf  der  Spitze 
Suporina  gelegenen  Batterien  sowie  den  Bogenschüssen  der  Telegraphen- 
batteric  auszuweichen. 

Der  nicht  gepanzerten  Eskadre  empfiehlt  es  sich,  vom  Eiland 
Budikovac  aus  anzugreifen. 

Mit  Ausnahme  der  Nordspitze  der  Bai  von  Comisa  und  der 
Nordostküste  der  Insel  Lissa  genügt  es,  zur  Vermeidung  von  Navigations- 
hindemissen  die  Regel  zu  beachten:  Nicht  auf  das  zu  stoßen,  was 
sichtbar  ist. 


Der  Gebrauch  von  StahlprojekUlen  jeder  Gattung  ist  ausdinJcklich 
untersagt. 

Nachdem  mit  Ausnahnifi  von  zweien  der  feindlichen  Batterien  alle 
anderen  ober  Bank  feuern,  so  wird  es  hauptsächlich  von  der  Präzision 
des  Feuers  und  nicht  von  der  Anzahl  der  Schüsse  abhängen,  um  sie  zum 
Schweigen  zu  bringen;  es  wird  daher  strengstens  eingeschärft,  sich  jeder 
Munitionsverschwendung  zu  enthalten  und  die  Schüsse  sukzessive  zu 
berichtigen. 

Im  übrigen  überläßt  man  den  einzelnen  Kommandanten  die  Durch- 
führung ihrer  Aufgaben,  zu  welchen  vornehmlich  jene  gehört;  so  viel  als 
möglich  und  auf  die  wirksamste  Art  zur  baldigen  Übergabe  des  Platzes 
beizutragen. 

Die  .Indipendenza"  und  der  „Washington*  werden  sich  in  der 
Nähe   der  Insel  Busi  aufhalten  und  eines   jeden  Rufes   gewärtig   sein- 

Falls  der  , Esploratore *  den  Feind  entdecken  sollte,  so  wird  er  mit 
dem  Signal  am  Top  sogleich  die  Insel  von  S.  Giorgio  aus  umfahren-,  in 
diesemFallewerdensich  die  beiden  Gruppen,  welches.  Giorgio  bekämpfen, 
sofort  im  Kanäle  von  Lesina  außerhalb  des  Schußbereiches  von  Lissa  in 
Schlachtlinie  formieren. 

Die  Hoheskadre  wird  sich  in  einer  zweiten  Kolonne,  gegenüber 
den  Zwischenräumen  der  beiden  genannten  Gruppen,  formieren. 

Die  Gruppe  der  Panzerschiffe,  welche  Comisa  bekämpft,  wird  sich 
in  Reserve  halten,  um  die  feindliche  Flotte  zwischen  zwei  Feuer  zu 
bringen. 

Die  heute  morgens  herausgegebenen  Instruktionen  werden  hiemit 
annulliert." 

Die  Ausfertigung  dieser  Befehle  sowie  aller  auf  den  Angriff  Bezug 
habenden  Dispositionen  hatte  sich  bis  ungefähr  Mitternacht  verzögert,  um 
welche  Zeit  sich  die  Flotte  mit  dem  Kurs  gegen  Lissa  wieder  langsam  in 
Bewegung  setzte.  Kurz  vorher  war  noch  Fregattenkapitän  Sandri  mit 
der  unter  seinem  Befehle  stehenden  Flottille,  bestehend  aus  den  Kanonen- 
booten , Montebello ■ ,  .Confienza",  .VinzagHo"  und  dem  kleinen  Rad- 
aviso .Giglio"  zur  AusfiUuning  der  ihm  übertr^enen  Mission  nach  Lesina 
abgegangen.  Auf  das  Resultat  derselben  werden  wir  später  zurflclt- 
kommen. '  |  Den  1 8.  morgens,  während  sich  die  Flotte  auf  einer  Entfernung 
von  ungefähr  30  Seemeilen  südwestlich  von  Lissa  befand,  wurden  die  ver- 


1)  Siehe  Seite  161. 


153 

schiedenen  Gruppenkommandanten  mit  ihren  Stabschefs,  femer  der 
Kommandant  der  Ausschiffungstruppen  an  Bord  des  Flaggenschiffes 
berufen,  um  mit  ihnen  nochmals  die  näheren  Details  bezuglich  des 
Angriffes  zu  besprechen.  Diese  Beratung  sowie  die  Erteilung  der  nötigen 
Befehle  nahm  eine  derartige  Zeit  in  Anspruch,  daß,  als  die  Flotte  sich 
trennte  und  die  einzelnen  Gruppen  sich  nach  den  ihnen  im  Angriffsplane 
zugewiesenen  Posten  in  Bewegung  setzten,  es  noch  einer  geraumen  Zeit 
bedurfte,  ehe  dieselben  dort  anlangen  konnten.  Konti-eadmiral  Vacca, 
welcher  mit  den  Panzerschiffen  „Principe  di  Carignano",  .Castelfidardo" 
und  ,Ancona"  die  Avantgarde  der  Flotte  bildete,  war  der  erste,  der 
gegen  107«^  a.  m.  auf  seinem  Posten  eintraf.  Die  ersteren  zwei  Schiffe 
hatten  sich  die  rechts  am  Eingange  liegende  Batterie  Magnaremi,  die 
„Ancona*  dagegen  die  links  befindliche  (am  Berg  Perlic)  als  Angriffs- 
objekte gewählt. 

Von  der  Batterie  Magnaremi  mit  scharfen  Schüssen  begrüßt,  nahmen 
.Principe  di  Carignano**  und  „Castelfidardo"  Stellung  im  Nordwesten  der 
Batterie  und  eröffneten  auf  eine  Distanz  von  1500  m  (=  772  Kabel)  das 
Feuer  gegen  die  rechte  Flanke  derselben,  die  das  Pulvermagazin  enthielt. 
Die  Batterie  schoß  anfänglich  nur  mit  den  3  gezogenen  24pfündern  der 
angegriffenen  Flanke,  um  aber  das  Feuer  zu  verstärken,  ließ  der  Batterie- 
kommandant, Oberleutnant  Gogl,  die  Geschütze  der  hnken  Flanke 
wenden  und  feuerte  mit  denselben  über  die  Erddecke  des  Magazins 
hinweg.  Der  Feind,  durch  die  Verstärkung  des  Feuers  überrascht, 
veränderte  nun  öfters  seine  Aufstellung  und,  so  oft  eines  der  Schiffe  es 
unternahm,  gegen  das  Innere  der  Bai  vorzudringen,  fand  die  auf  dem 
Berg  Perliö  postierte  Geschützstellung  Nr.  11  (3  0 pfundige  gezogene 
La  Hitte-Geschütze)  Gelegenheit,  in  das  Gefecht  mit  einzugreifen  und 
einige  wohlgezielte  Schüsse  abzugeben. 

Das  Feuer  der  italienischen  Schiffe,  obschon  dieselben  mit  der 
größtmöglichsten  Eievation  schössen  und  sogar  in  den  Batterien  die 
hinteren  Räder  der  Rapperte  herabnahmen,  hatte  trotzdem  gegen  die 
zirka  165  m  über  dem  Meeresspiegel  gelegene  Batterie  Magnaremi  keine 
besondere  Wirkung  hervorzubringen  vermocht;  anfangs  die  Höhe  nicht 
erreichend,  überschössen  sie  selbe  später  und  brachten  im  ganzen  nur 
zwei  Treffer  in  die  Eskarpe  der  Batterie.  Die  meisten  Schüsse  wühlten 
sich  in  das  Erdreich  ein  und  entzündeten  das  dürre  Gestrüpp  vor  der- 
selben. Dagegen  hatten  2  Geschosse  der  Batterie  Magnaremi  das  Hütten- 
deck des  »Principe  di  Carignano*  getroffen  und  daselbst  gezündet;  das 
Feuer  konnte  indes  bald  gelöscht  werden. 


Während  dieser  Zeit  hatte  sich  die  Gmppe  des  Linienschiffskapitliis 
Riboty,  bestehend  aiia  den  Panzerschiffen  ,Redi  Portogallo*,  .Terribile", 
.Varese"  und  .Maria  Pia'  von  Südwest  her  der  hisel  genähert,  um  dieselbe 
auf  ihrer  Ostseite  zu  umschiffen.  Gegen  1 1 ''  a.  m.  in  KieJwasserUnie  Hafen 
Manego  passierend,  eröffnete  die  Batterie  Nadpostranje  ihr  Feuer  auf  diese 
Panzerschiffe,  was  die  drei  vordersten  sogleich  veraniaßte,  in  weitem 
Bogen  außer  Schußbereich  zu  steuern,  während  das  letzte  sich  etwas 
näher  heranwagte  und  mit  zwei  Schössen  empfangen  wurde,  welche  ganz 
in  der  Nähe  desselben  einfielen,  worauf  es  ohne  Erwiderung  derselben 
nach  Steuerbord  abhielt  imd  den  übrigen  Panzerschiffen  nm  die  Ostseite 
der  Insel  gegen  S.  Giorgio  folgte.*) 

')  Kach  der  DarBleliung,  welche  in  ilor  Broschüre  ,Dep  Kampf  uiir  dem  .AilrJiili- 
BChen  Meere  im  Jahre  IS6G'  (Separalubdiutt  aus  doiii  V.  Band  des  flslerreichischeii 
Generalslabswerles  «Öslcrreichs  Kämpfe  im  Jahre  18'i6")  auf  Seile  W  beiflglich  des 
AtifrifTcs  aufComisa  gegeben  wird,  wäre  die  BaUerie  Ha^oremi  zuerst  von  den  vier 
PauzerschiHeD  Ribotys,  hierauf  von  den  HolzschilTen  Albinis  und  zuletzt  erst  von 
der  Gi-uppe  Vacca  angegriffen  worden,  so  daü  dieselbe  einen  Kampf  tjiit  14  äcbilTen  zn 
bestehen  gehabt  hätte.  Eine  Rundbemerkung  fitgt  atlerdiugs  hinzu,  daß  man  litxüglich 
der  Darstellung  dieses  Kampfes  aus  den  ilalionlschea  Angaben  nicbts  Näheres  habe 
entnehmen  kSnnen  und  aus  diesem  Grunde  den  Österreichischen  Relationen  gefolgt  seL 
Wir  haben  uns  die  Mühe  genommen,  in  dieser  Beziehung  weiter  nnchzu forschen,  und 
lind  zu  dem  Resultate  gelangt,  daß  die  Darelellung  des  Generalslahswerkes  in  diesem 
Punkte  auf  einem  Irrtum  benihcn  müsse. 

Abgesehen  davon,  daß  sämiliche  Italienischen  Admirale  undSchllTiikonuniindanlen 
in  Ihren  Zeugenaussagen  Im  Prozesse  Persann  übereinslimnieml  angegeben  haben. 
daß  Konlreadmiral  Vacca  zuerst  auf  seinem  ihm  im  AngrilTsplane  zugewiesenen  Posten 
vor  Comira  elngclroffen  und  mit  der  dortigen  Batterie  ins  Feuer  gekommen  sei.  spricht 
hiefOr  schon  der  Umstand,  dafl  In  der  Marsehurdnung  der  Flotte  Kontraadniiral  Vaccs 
mit  seinen  unterstehenden  Schiffen  die  Avantgarde  bildete,  somit  auch  früher  vor 
l^omisa  ankommen  konnte  und  mufitc  als  die  Schilfe  Ribo'ys,  welche  In  der  Eienilich 
ansgedehteu  Linie  In  der  Arrleregarde  waren. 

Nachdem  ferner  im  AngrilTsplane  auf  ein  Irühes  und  möglichst  glelchieitiges 
Angreifen  der  in  demselben  bezeichneten  Punkte  der  hisel  ein  besonderes  Gewicht 
gelegt  wurde,  man  aber  infolge  der  in  den  Morgenstunden  am  Bord  des  Flagge nschiffes 
abgehaltenen  Besprechung  erst  spät  lum  AngritTe  gelangte,  so  ist  es  schon  aus  diesem 
Grunde  nicht  gilt  denkbar,  dall  sich  die  Gruppen  Riboty  und  Albini,  statt  sich  *o 
rasch  als  mOglich  auf  die  ihnen  angewiesenen  AngrifTsposlen  zu  begeben,  unlcrwi^gs 
—  wenn  auch  nur  vorübergehend  —  vor  Coniisa  %a\  Bescliießang  der  dortigen  BaUcrIen 
aufgch.-illen  iiuben  sollten,  wozu  >le  gar  nicht  beordert  waren  Gewiß  wlre  dieser 
tlmslanii  vm  den  Gmppenkomniandanten  in  ihren  sehr  detailliert  gehallenen  Aussagen 
erwähnt  worden,  was  jeiloch  nicht  der  Fall  gewesen  jsl.  Wir  lassen  im  narlisleh enden 
die  hierauf  bezüglichen  Stellen  aus  den  Aussagen  derselben  im  Origiasllexle  folgen- 


155 

Gleich  nach  ihnen,  gegen  1174^  erschien  die  Holzeskadre  unter 
Vizeadmiral  Albini,  bestehend  aus  den  Schraubenfregalten  „Maria 
Adelaide',  ,Vittorio  Emanuele'*,  ,Duca  di  Genova*,  «Gaöta*  und 
»Garibaldi*  nebst  der  Schraubenkorvette  „San Giovanni*  vor  Hafen  Manego 
und  legte  sich  der  Batterie  Nadpostranje  gegenüber.  Diese  eröffnete  sofort 
das  Feuer  gegen  das  an  der  Tete  befindliche  Flaggonschiflf  „Maria 
Adelaide",  welches  hierauf  mit  14  Schüssen  antwortete,  ohne  jedoch  mit 
seinen  Projektilen  die  170  m  über  dem  Meeresspiegel  gelegene  Batterie 
zu  erreichen.  Um  so  besser  trafen  die  Projektile  der  letzteren,  welche 
28  Schüsse  abgab  und  der  „Maria  Adelaide*  einen  Verlust  von  2  Toten 
und  3  Verwundeten  beibrachte:  ein  Projektil  war  50  cw  unter  Wasser 
durch  die  Bordwand  in  den  Kohlenraum  gedrungen  und  die  Fregatte 
mußte  sich  außer  Schußbereich  legen,  um  das  Leck  verstopfen  zu  können. 

Der  „Vittorio  Emanuele*,  welcher  der  „Maria  Adelaide*  folgte  und 
ein  amerikanisches  27Y2  c^  Dahlgreen-Geschütz  vorne  als  Pivotgeschütz 
führte,  erhielt  jetzt  mittels  Signals  Befehl,  mit  demselben  gegen  die  Batterie 
zu  feuern ;  es  scheint  jedoch,  daß  man  mit  der  Bedienung  und  Leistungs- 
ßlhigkeit  dieses  Geschützes  nicht  sehr  vertraut  war,  denn  man  gab  dem- 
selben weder  die  größtmöglichste  Elevation  noch  schoß  man  mit  der 
größten  Ladung,  so  daß  das  Resultat  auch  kein  günstiges  war,  indem  das 
Projektil  tatsächlich  bloß  die  halbe  Entfernung  erreichte.  Der  Kommandant 
des  ,Vittorio  Emanuele",  LinienschiflTskapitän  Imbert,  wollte  zwar 
noch  einen  zweiten  Probeschuß  abfeuern  lassen,  Vizeadmiral  Albini 
befahl  jedoch,  das  Feuer  einzustellen  und  sich  aus  dem  Schußbereich  zu 

entfernen.  M 

Ein  Kriegsrat,  der  hierauf  am  Bord  der  „Maria  Adelaide*  abgehalten 
und  zu  welchem  sämtliche  Schiffskommandanten,  der  Linienschiffskapitan 
Martin-Franklin,  der  Artilleriemajor  Conte  Taffini  und  der  Genie- 
hauptmann Pozzoli   berufen  wurden,  beschloß,  von  der  Beschießung 


«Sicconie  io  faceva  Tavanguardia  della  squadra.  cosi  fui  il  primo  a  ragi; lungere  il 
mio  punto  d'altacco  cd  a  aprire  il  fuoco  contro  Je^  balteric  di  Porto  Comisa  etc.  etc.* 
RendicoDii  etc.,  deposizione  Vacca,  Seite  44. 

,Io  so  che  la  mio  nave  cannoneggiava  i  forti  che  difendono  Tentrata  del  porto  di 
S.  Giorgio  etc.  etc."  Rendiconti  etc.,  deposizione  Riboty.  Seite  90. 

«Passai  d'avanii  Porto  Comisa  e  vidi  che  le  batterie  erano  alle;  arrivato  a  Porlo 
Manego  mi  postai  e  scorsi  che  le  batterie  di  questo  luogo  erano  un  po  piCi  alte  di  quelle 
di  Porto  Comisa;  il  nemico  fu  il  primo  a  comlnciare  il  Tvlocjo  ed  io  ordinai  alCommandante 
deUa  .Maria  Adelaide**  di  tirarc  etc.  etc."*  Rendiconti  etc.,  deposizione  Albini, 
Seite   54. 

1)  Rendiconti  etc.,  etc.;  deposizione  Imbert,  Seite  72. 


Hafen  Maiiegos  Abstand  zu  iielimen,  ,da  die  Batterien  zu  hoch  gelegen 
und  es  daher  nk-ht  angezeigt  sei,  in  einer  Lage  zu  verharren,  wo  der 
Feind  der  Eskadre  Schaden  zurüge,  während  diese  ihm  nichts  anhaben 
köuiie.  Was  die  Ausschiilung  anbelange,  so  könne  diese  nicht  unter- 
nommen werden,  wemi  nicht  früher  die  Batterie  zum  Schweigen  gebracht 
worden  wäre.' 

Vizeadmiral  Albini  entwandte  die  Korvette  ,San  (jiovanni*  nach 
S.  Giorgio,  um  dem  kommandierenden  Admiral  die  Meldung  von  der 
vorgefundenen  Situation  sowie  von  dem  gelaßlen  Beschlüsse  des  Ki-iegs- 
rates  zu  überbringen  und  sich  weitere  Befehle  zu  erbitten.  Seine  Esltadre 
blieb  hierauf  bis  G^  p.  m.  in  völliger  Untätigkeit. 

Kontreadmiral  Vacca  hatte  mit  seiner  Gruppe  vor  Comisa  um 
1 ''  p.  m.  gleichfalls  den  Kampf  eingestellt,  da  er  fand,  „daß  die  Batterien 
zu  hodi  gelegen  seien  und  er  mit  seinen  Schilfen  nichts  gegen  dieselben 
ausrichten  könne ' .  Er  sandte  hierauf  den  ihm  zugeteilten  Aviso 
.tjuiscardo*  mit  der  Meldung  zum  kommandierenden  Admiral,  .daß, 
nadidcm  er  die  ihm  im  Angriffsplane  zugowiesenen  Befehle  nicht  ausführen 
könne,  er  sich  mit  seinen  ScIiiEfen  nach  Hafen  Manego  begeben  habe,  um 
dort  dem  Vizeadmiral  Albini  bei  der  Durchführung  seiner  Aufgabe 
behilflich  zu  sein".  Ohne  eine  Rückantwort  abzuwai-ten,  setzte  ersieh 
auch  gleich  in  Bewegung  und  erschien  gegen  2 ''  vor  Hafen  Manego,  wo 
er  aber,  wie  schon  erwähnt,  Vizeadmiral  Albini  aus  gleichem  Anlasse 
untätig  fand,  welch  letzterer  jedoch  eine  Kooperation  Vaccas  dankend 
ablehnte.  Kontreadmiral  Vacca  steuerte  hierauf,  dem  Kanonendonner 
folgend,  weiter  nach  S,  (iiorgio.  in  der  Absiebt,  sich  dort  dem  komman- 
dierenden Admiral  zui'  Disposition  zu  stellen. 

Gegen  6''  p.  m.  traf  die  Korvette  ,San  Giovanni'  mit  dem  Befehle 
des  Admirals  Persano  wieder  vor  Hafen  Manego  ein,  daß  sich  auch  die 
Holzeskadre  mit  der  Flotte  vor  S.  Giorgio  zu  vereinigen  habe,  worauf 
sich  jene  dorthin  in  Bewegung  setzte. 

Admiral  Persano  war  nicht  wenig  Aber  die  Hesultatlosigkeil  der 
Operationen  seiner  Unterbefeldshaber  ei-staunt  und  machte  namenllicli 
dem  Vizeadmiral  Albini  schriftlich  Vorwürfe  darüber,  die  unseres 
Erachtens  auch  nicht  unverdient  waren. 

Sämtliche  Hohschiffe  halten  auf  Deck  schwere  Pivotgeschütze 
auf  Schlittenrapperlen  installiert  und.  wenn  man  auch  dem  Feinde  mit 
den  eigenen  Batteriegeschützen  mangels  genügender  Elevation  nicht  viel 
anhabftn  konnte,  so  war  man  doch  mit  den  schweren  PivotgeschQtzen 
im  Stande,  ein  derarliges  wirksames  Feuer  auf  die  Batterie  Nadposlrai^e 


157 

« 

ZU  unterhalten,  daß  unter  dessem  Schutze  bei  nur  einiger  Schneidigkeit, 
die  Landung  hätte  ausgeführt  werden  können.  Linienschiffskapitän 
di  Monale  von  der  „Maria  Adelaide**  gab  später  in  seiner  Aussage  selbst 
zu,  daß  man  durch  Wechseln  der  Stellung  und  Aufsuchen  einer  ent- 
sprechenden Distanz  bei  Gebrauch  der  größten  Ladung  das  Fort  hätte 
beschießen  können.  ^)  Wie  sich  tags  darauf  zeigte,  wurde  von  ihnen  der 
noch  etwas  höher  gelegene  Turm  Wellington  ganz  wirksam  beschossen. 
Es  ist  geradezu  unbegreiflich  und  wirft  ein  merkwürdiges  Streiflicht  auf 
die  betreffenden  Persönlichkeiten,  daß  man  so  ohne  weiteres  die  Flinte 
ins  Korn  warf  und  daß  sich  bei  dem  auf  der  „Maria  Adelaide*  abge- 
haltenen Kriegsrate  auch  nicht  eine  Stimme  für  die  Fortsetzung  des 
Kampfes  sowie  für  den  Versuch  einer  Landung  an  einer  sonst  geeigneten 
Stelle  (zum  Beispiel  im  Hafen  Huda)  aussprach. 

Der  italienische  Geschichtsschreiber  Randaccio  macht  selbst  an 
dieser  Stelle  2)  die  nicht  unpassende  Bemerkung,  daß,  wenn  auch  der 
erhaltene  Befehl  in  dieser  Form  ein  etwas  allgemein  gehaltener  und  viel- 
leicht unzweckmäßiger  (stolido)  war,  der  Vizeadmiral  als  Soldat  es 
dennoch  hätte  für  eine  Ehrenpflicht  ansehen  müssen,  die  Landung  zur 
Ausführung  zu  bringen,  um  das  angestrebte  Ziel  zu  erreichen,  aus- 
genommen, er  sei  der  Meinung  gewesen,  nur  dann  zu  landen,  wenn  der 
Feind  sich  überhaupt  nicht  widersetze. 

Auch  das  Vorgehen  des  Kontreadmirals  Vacca,  welcher  sich  eigen- 
mächtig und  ohne  die  Erlaubnis  abzuwarten,  von  seinem  angewiesenen 
Posten  entfernte  und  nicht  wenigstens  ein  Schiff  vor  Comisa  ließ,  um  mit 
diesem  die  dortige  Batteriebesatzung  in  Atem  zu  erhalten,  verdient  scharfen 
Tadel. 

Inzwischen  war  Admiral  Persano  mit  der  unter  seinem  direkten 
Befehle  stehenden  Gruppe,  bestehend  aus  den  Panzerschiffen  „Re  d'Italia", 
„Formidabile**,  «San  Martino"  und  „Palestro"  längs  der  Nordseite  der 
Insel  gegen  S.  Giorgio  gesteuert  und  um  1 1  *^  in  den  Schußbereich  dos 
Fort  Georg  angelani^'t.  Von  demselben  beschossen,  daniptte  die  Gruppe 
ohne  Erwiderung  vorüber,  fuhr  im  Bogen  bis  Carober  zurück  und 
steuerte  von  dortaus  in  Kiel  Wasserlinie  neuerdings  bis  über  die  Hafen- 
einfahrt hinaus,  bei  dieser  Gelegenheit  volle  Lagen  gegen  die  westliche 


i)  ,.  .  .  se  fossimo  stati  piü  distanti,  si  sarebbe  potulo  mandare  qiialche  projetlile 
nella  fortezza,  ma  noi  ci  trovavamo  alla  distanza  prefissaci  dalF  isola  di  Lissa  e  quindi 
cid  riusci  impossibile."  Rendi conti  etc.  etc.;  deposizione  di  Monale,  Seite  59. 

')  Randaccio,  Storia  della  marina  italiana,  H  Seile  13i. 


Bofeßtigungsfront  (Nr.  1  bis  5)  und  die  Batterie  Schmidt  abgebend,  worauf 
sodann  im  Gt-genmarsch  gewendet  und  abermals  dasselbe  Manöver  aus- 
geführt wurde. 

Admiral  Persaiio  hatte  seinen  Stabschef,  den  Linienschiffskapitän 
d'Amico,  beauftragt,  von  der  Kommandobrücke  des  ,Re  d'Italia'"  aus 
die  Bewegungen  der  Gruppe  zu  leiten,  während  er  selbst  sich  anfangs  in 
der  mit  Hängematten.  Kotzen,  Segeln  u.  dgl.  verkleideten  Großmars, 
sodann  ab  und  zu  auf  Deck  sowie  in  der  Batterie  bei  den  Geschützen 
aufhielt. 

Linienschiffskapitän  d'Amico  glaubte  am  besten  zu  operieren, 
wenn  er  bei  den  oben  erwäJinten  Defilieningen  vor  dem  Fort  Georg  ein- 
miil  auf  große  Entfernung,  das  andere  Mal  dagegen  sehr  nahe  passierte, 
um  auf  diese  Weise  den  feindlichen  Artilleristen  das  Richten  zu 
erschweren.  Das  Resultat  dieses  Manövrierens  war  jedoch,  daß  bei  den 
ersten  zwei  Fahrten  sämtliche  Schiffe  außer  dem  feindlichen  Schußbereich 
passierten  und  deshalb  das  von  ihnen,  besonders  vom  ,Re  d'Italia", 
äußerst  lebhaft  unterhaltene  Feuer  von  keiner  rechten  Wii'kung  war.  Erst 
bei  der  dritten  Vorbeifahrt  kam  die  Gruppe  zur  wirksamen  Aktion,  aber 
auch  dieses  Mal  wurde  nicht  eines  der  Schiffe  von  den  Projektilen  des 
Gegners  getroffen.') 

Admiral  Persano  gab  hierauf  der  .Formidabile'-  mittels  Signals 
den  Befehl,  ,Bich  näher  unter  das  Fort  Georg  zu  legen  und  dasselbe  zum 
Schweigen  zu  bringen".  Die  „Fnrmidahile"  ging  sofort  aus  der  Linie  heraus 
und  fuhr  in  der  Absieht,  sich  dort  vor  Anker  zu  legen,  näher  an  das  Fort 
heran.  Die  große  Tiefe  in  der  Einfahrt  vereitelte  jedoch  dieses  Vorhaben 
und  sie  war  gezwungen,  in  Bewegung  zu  bleiben;  es  gelang  ihr  endlich, 
eine  Position  herauszufinden,  von  welcher  aus  sie  die  auf  der  rechten 
Seite  der  Hafeneinfahrt  gelegenen  Batterien,  hauptsächlich  jene  des  Forts 


>■)  Fregatte  nkapitän  Saint-  Bon,  Korn  man  d  an  l  der  .Farmiduiiile-,  wi'lthc 
uiiiniltelbar  dein  ,H£  li'ltaUa'  folgte,  sagte  hierObor  FolgcadeB  aus: 

.Am  lä.  Juli  beim  AngrifTe  auf  dii'  Forts  vou  Lissa  war  ich  der  Uiiileriuaan  ijee 
,m  d'Italia*  ia  der  Gruppe,  die  vom  Admiral  Persano  selbst  befehligt  wurde.  Anl^iii;- 
lieh  passierten  wir  außerhalb  der  Schußweite  der  Forts  uiid  der  .Kfe  d'Italia*  gab  bei 
dieser  Gelegenheit  ein  äußerst  lebbaAes  Feuer  ab:  ich  beschränkte  mich  darauf,  nur  einen 
Si^bull  abzufeuern,  um  ganx  offen  darzutmi,  riaB  ich  nicht  auf  Sohußdislajiz  sei  und  des- 
halb mein  Feuer  Doch  unterlasse.  Han  fübrte  luetuuT  eine  zweite  Evolution  aus  mit 
ganz  gleicliein  Erfolge,  endlicli  eilte  dritte  und  nun  erst  gelangte  man  auf  ^chuBdistanx. 
Verwundelen  halte  Ich  an  diesen]  Tage  keinen.*  lleiidiconti  etc,  elc;  depoaütione 
Saint-Bon.  Seite  Sa. 


159 

Georg,  enfilieren  konnte,  während  sie  selbst  sich  hiebei  im  toten  Winkel 
befand.  In  dieser  Position,  dieselbe  mit  Maschine  und  Steuer  einhaltend, 
behauptete  sich  „Formidabile**  von  Mittag  bis  6^  p.  m.,  um  welche  Zeit 
sie  zur  Vereinigung  mit  ihrer  Gruppe  abberufen  wurde. 

Die  italienischen  Panzerschiffe,  die  schwache  Wirkung  des  Festungs- 
kalibers bald  erkennend,  näherten  sich  nun  den  Werken  bis  auf  6  Kabel 
(l^iOOm)  und  es  entspann  sich  jetzt  ein  um  so  heftigerer  Geschützkampf, 
als  an  demselben  kura  vor  Mittag  auch  die  von  Osten  kommenden  Panzer- 
schiffe Ribotys,  sich  Wellington  und  der  Batterie  Schmidt  gegenüber- 
legend, teilnahmen.  Doch  ruhig  und  unerschütterk  ihre  wohlgezielten 
Schüsse  abgebend,  hielten  die  angegriffenen  österreichischen  Werke  in 
diesem  ungleichen  Kampfe  das  übermächtige  Feuer  des  Feindes  aus, 
welcher  in  steter  Bewegung  Lage  auf  Lage  der  schwersten  Projektile 
ihnen  entgegenschleuderte. 

Besonders  wirksam  war  der  Angriff  der  Gruppe  Ribo  ty  auf  die  links 
von  der  Hafeneinfahrt  gelegenen  Werke.  Im  Bogen  herankommei^,  steuerte 
der  ,Re  di  Portogallo**  bis  auf  2  Kabel  (400  w)  an  die  Batterie  Schmidt 
heran,  welche  nur  16  m  über  dem  Meeresspiegel  liegend,  vergebens 
versuchte,  durch  wohlgezielte  Schüsse  den  gefährlichen  Gegner  zu  ver- 
treiben und  gleichzeitig  noch  das  Feuer  der  „Maria  Pia"  und  der 
.Terribile"  auszuhalten  hatte.  Um  1^'30"  p.m.  Hog  plötzlich  das  Pulver- 
magazin derselben  in  die  Luft  und  begrub  40  Mann,  die  sich  bisher  tapfer 
verteidigt  hatten,  unter  den  Trümmern.  Bloß  1  Unteroffizier  und  5  Mann, 
welche  gerade  aus  dem  Reservemagazin  in  der  Batterie  Madonna  Munition 
herbeiholten,  blieben  unversehrt.  Die  Batterie  wurde  kampfunfähig  und 
mußte  ihr  Feuer  einstellen.  Linienschiffskapitan  Riboty  schreibt  dem 
,Re  di  Porlogallo"  die  Ehre  zu,  diesen  glücklichen  Schuß  getan  zu  haben. 
Mit  weithinschallenden  ,Viva  il  Re!  Viva  Tltalia!" -Rufen  wurde  dieses 
Ereignis  von  der  italienischen  Flotte  begrüßt  und  von  derselben  das 
Feuer  mit  noch  größerem  Eifer  als  vorher  fortgesetzt.  ^) 

Nachdem  die  Batterie  Schmidt  zum  Schweigen  gebracht  worden 
war,  suchte  Linienschiffskapitan  Riboty  mit  seinen  Schiffen  eine  der- 
artige Stellung  zu  nehmen,  um  sich  an  der  Bekämpfung  der  auf  der 
rechten  Seite  der  Einfahrt  gelegenen  Werke  mitbeteiligen  zu  können, 


1)  In  dem  Gange  des  rechten  Handinagazins  und  vor  demselben— also  im  Einganpe 
-—waren  nacli  dem  Gefechtsberichte  des  Oberst  Baron  Urs  zwei  Fässer  mit  Kardusen, 
welche  man  eben  geliolt  hatte,  stehen  gebüeben,  die  unglücklicherweise  getroffen 
wurden  und  explodierten.  Über  die  Anlage  dieser  Haudmagazine  siehe  Seite  141  bei 
Batterie  Schmidt. 


welche,  wie  wir  wissen,  den  Angriff  der  Gruppe  Persanos  bereils  aus- 
zuhallen goliabt  hatten.  Wahrend  so  die  Front  und  die  rechte  Flanke  des 
Forts  Georg  heftig  beschossen  wurde,  verursachte  in  demselbeu  eine 
Granate  der  , Maria  Pia*  die  Explosion  einiger  Wallkästen,  wodurch  viele 
Leute  verwundet  wurden  und  das  Feuer  desselben  etwas  nachließ.  Der 
,R6  di  Portogallo",  diesen  Erfolg  wahmohmend,  hißte  jetzt  die  kleine 
Flaggengala,  um  dem  kommandierenden  Adnnral  anzuzeigen,  daß  man 
auch  hier  reüssiert  habe  und  wandte  sich  hierauf,  gefolgt  von  der 
.Terribile*  und  der  „Varese"  zur  Beschießung  des  Turm.«  Wellington.  Es 
war  ungefähr  4''  p.  ni.  •) 

Um  diese  Zeit  erteilte  Admiral  Persano  den  Panzerfregatlen 
, Maria  Pia'  und  .San  Martino'  mittels  Signals  den  Befehl,  die  Hafenein- 
fahrt zu  forcieren,  um  die  im  Innern  derselben  gelegenen  Batterien  zu 
bekämpfen.  Beide  Schiffe  setzten  sich  .sofort  in  Bewegung  und  drangen 
in  dieselbe  ein,  beschossen  von  Wellington,  Bentink  und  am  wirk- 
samsten ven  der  Batterie  Zupparina,  welche  unbekümmert  um  das 
Feuer  der  übrigen  Schifle,  nun  alle  ihre  Geschütze  auf  den  eindringenden 
Feind  richtete.  Vor  Zupparina  angelangt,  feuerten  die  beiden  Schiffe 
auf  zirka  '/»  Kabel  ihre  Lagen  gegen  die  Batterie  ab,  deren  Bedienungs- 
mannschaft aber  mit  ebenso  großer  Bravour  wie  Kaltblütigkeit  das  Feuer 
erwiderte  und  wohlgezielte  Schüsse  gegen  die  Stückpforten  abgab,  von 
denen  einer,  ein  Sipfündiges  Hohlgeschoß,  vorne  in  den  ungepanzerten 
Teil  des  Schiffskörpers  der  »Maria  Pia"  eindrang,  zündete  und  ihr  einen 
Verlust  von  t  Toten  und  (i  Verwundelen  beibrachte.  Di(^ser  Umstand,  ■ 
sowie  die  Wirkung  der  aus  der  Mörserbatterie  beim  Turme  Wellington 
geworfenen  Bomben,  welche  die  beiden  Schiffe  trafen,  endlich  das  Ein- 
treten der  im  Hintergründe  des  Hafens  gelegenen  Batterie  Madonna  in 
den  Kampf,  als  sie  nach  Ober.>ichreitung  der  Linie  Zupparina —  Schmidt 
in  den  Schußbereich  derselben  gelangten,  veratilaßte  die  feindlichen 
Panzerschiffe  von  der  Forcierung  des  Hafens  abi^istehen  und  aus  der 
Hafenmündung  wieder  lierausznsteuem.^) 

')  II  Rb  di  PorlogaUo  alz6  allura  il  plccolo  pavese,  per  far  intender?  all'ammiraglio 
die  abblüiiiü  vinto'.  Kendiconli  elc.  itepüslzione  Hiboly  Seile  91. 

ä)  Der  Darstellung  des  öslerreichischen  Generals  lab  swerk  es  auf  Seite  48  tufol^, 
wären  alle  drei  Paazerscliiffe  ,Formidab)lo',  .Maria  Pia"  und  ,San  Martino*,  erstero  an 
der  Tele,  lur  Forcierung  des  Hafens  eingedrangen.  Nacb  dtn  Bericbten  und  Aussagen  der 
Kapitäne  Saint  Bon  und  dcl  Careltu  ist  dem  nicht  so  gewesen,  sondern  nur  .Maria 
l^a*  und  .SanMartino*  drangen  in  das  Innere  desHaTens  ein,  wahrend  .Formidablle*  in 
ihrer  oben  crwfihnten  Stellung  an  der  Einfahrt  verblieb  und  da.selbst  ihr  Feuer  fortEeliie 
0er  glückliche  Sc liuS  aus  der  Balleiie  Zupparina  traf  die   .Maria  Pia*,  wie  ihr  Korn- 


J 


161 

Während  dieser  eben  geschilderten  Versuche,  den  Hafen  zu  forcieren, 
wurde  der  gemietete,  zu  Stationsdiensten  bestimmte  Lloyddampfer  »Egitto* 
im  letzten  AugenbUcke,  als  die  Panzerschiffe  schon  im  Hafen  waren,  um 
ihnen  nicht  zur  Beute  zu  werden,  nahe  des  Kais  bis  zur  Höhe  des  Deckes 
versenkt  und  die  ursprüngUch  im  Orte  Lissa  aufgestellte  Marineinfanterie- 
kompagnie auf  die  Höhe  Cosmo-Andrea  gezogen.  Die  Pionierabteilung 
der  Marineinfanterie  brachte  die  Feldgeschütze  aus  den  zur  Rücken- 
deckung auf  dieser  Höhe  errichteten  Geschützstellungen  gegen  den  Hafen, 
um  nötigen  Falls  die  Batterie  Madonna  zu  unterstützen.  Bis  zu  diesem 
Zeitpunkte  hatte  der  elektrische  Telegi'aph  die  Vorgänge  auf  der  Insel 
nach  Zara  berichtet;  nach  Abgang  der  Depesche  über  das  unglückliche 
Ende  der  Batterie  Schmidt  versagte  plötzlich  die  Leitung. 

Um  4^4^  p.  m.  langte  Kontreadmiral  Vacca,  mit  seinen  drei 
Panzerschiffen  vom  Hafen  Manego  kommend,  vor  S.  Giorgio  an  und 
Admiral  Persano  befahl  ihm,  sich  sofort  gegen  die  Türme  Wellington 
und  Bentink  ins  Feuer  zu  setzen. 

Der  Geschützkampf,  welcher  sich  nun  durch  das  ununterbrochene 
Feuer  der  gesamten  italienischen  Panzerschiffe  und  der  österreichischen 
Batterien  entspann,  gestaltete  sich  zu  einem  wahrhaft  großartigen. 
Hunderte  von  Geschützen  des  schwersten  Kalibers  ließen  ihre  Donner- 
stimmen ertönen  und  erschütterten  die  Luft,  die  Bomben  und  Hohl- 
geschosse explodierten  ohne  Unterlaß,  während  Rund-  und  zylindro- 
ogivale  Vollgeschosse  mit  dem  ihnen  eigenen  Pfeifen  sich  in  den  ver- 
schiedensten Richtungen  kreuzten.  Die  ganze  Insel  erbebte  und  das  Echo 
wiederholte  langtönend  den  Donner  der  Geschütze  von  ihren  hohen 
Bergen.  Die  Haltung  der  österreichischen  Batterien,  die  mit  ihrem 
schwachen  Kaliber  sich  im  Kampfe  gegen  die  mächtigsten  Angriffsmittel 
der  Neuzeit  gestellt  sahen  und  denselben  trotzdem  so  mutig  und  ent- 
schlossen aufnahmen,  war  eine  geradezu  bewunderungswürdige.  Selbst 
der  Feind  konnte  ihr  seine  Anerkennung  nicht  versagen. 

Das  Fort  Georg,  der  Zielpunkt  fast  aller  italienischen  Schiffte,  hatte 
ein  Fünftel  seiner  Besatzung  verloren,  die  Hälfte  seiner  Geschütze 
demontiert  und  einen  Teil  der  schwachen  Steinbrustwehr  bis  zum  Wall 
rasiert;  nach  sechsstündigem  Kampfe  gegen  die  vereinigte  Panzerflotte 


mandant  dcl  Garetto  in  seinem  Berichte  meldet:  ,Dopo  trequarti  d'ora  in  circa  dl 
eombaUimento,  una  granata  a  percussione  colpl  nella  farmacia,  dove  il  bastimento  non 
e  corrazato  e  produsse  Tincendio,  cio  che  mi  obbligo  ad  abbandonare  il  posto  e  andar 
fuori  tiro  a  spegnerlo.  Ebbi  uii  mariiiaro  morlo  e  sei  feriti  etc.  etc.*  Rapporto  de 
marchesc  del  Caretto,  Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  63. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  18ßC.  \\ 


mit  ihren  240  Geschützen  sah  sich  dasselbe  endlich  um  5"  p.m.  gezwungen, 
sein  Feuer  einzustellen. 

Die  Batterie  Mamula,  unterhalb  des  Forts  Georg  liegend  und  der- 
selben Heftigkeit  des  feindlichen  Angriffes  ausgesetzt,  verlor  ihren 
Balteriekommandanten,  Feuerwerker  Gomola.  ein  Drittel  der  Besatzung 
und  schwieg  auch  bald  nach  Fort  Georg. 

Die  Balteric  Schmidt  war,  wie  erwähnt,  durch  die  Explosion  ihres 
Pulvermagazins  und  die  dadurch  entstandenen  schweren  Verluste  schon 
früher  zum  Schweigen  gebracht  worden. 

Nur  Turm  Wellington,  Turm  Bentink  und  die  Batterie  Zupparina 
unterhielten  noch,  wenn  auch  schon  etwas  schwächer,  das  Feuer  gegen 
den  Feind, 

So  war  der  Stand  der  Dinge  zwischen  5  und  6''  p.  m. 

Nacli  dem  mißlungenen  Versuche,  den  Hafen  zu  forcieren,  schien  es, 
als  wollte  die  feindliche  Flotte  sich  dieVemichtung  des  Turmes  Wellington 
zur  Aufgabe  machen,  um,  da  den  inneren  Hafen  bat  terien  nicht  beizu- 
kommen gewesen  war,  wenigstens  die  äußeren  an  diesem  Tage  zum 
Schweigen  zu  bringen.  Es  war  gegen  6''  als  alle  Panzerschiffe  ihr  Feuer 
gegen  den  Turm  konzentrierten.  Dieser,  mit  seiner  ansloßenden  Mörser- 
batterie 190  m  hoch  gelegen,  wurde  nun  auf  das  heftigste  beschossen 
und  in  seiner  Verteidigung  durch  Bentink  und  insoweit  auch  durch 
Batterie  Zupparina  unterstützt,  als  die  Schiffe  in  deren  Schußbereich 
kamen.  Unbekümmert  um  den  Hagel  der  Projektile,  welche  oft  weit  über 
den  Turm  gingen  und,  wo  sie  auffielen,  das  Gebüsch  zündeten,  erwiderten 
Wellington  und  die  Mörserbatterie  standhaft  das  Feuer  des  Feindes. 
Dank  der  hohen  Lage  beider  Werke  sowie  der  mutigen  Ausdauer  ihrer 
Besatzung  scheiterte  das  Gehngen  der  Absicht  des  Feindes  und  der 
mächtige  Gegner  hatte  hier  keinen  Erfolg  errungen. 

Nach  T^,  um  welche  Zeit  vom  Hafen  Manego  kommend  sich  die 
Holzschiffe  unter  Vizeadmiral  Albini  mit  dem  Gros  der  Flotte  vor 
S.  Giorgio  vereinigten,')  glaubte  AdmiralPersano  seinen  Schiffen,  deren 

1)  Nach  der  Darstellung  dos  Österreichischen  GeneralslabeB  Heita  47  halle  die 
fiolzeskadre  unter  Vizeadmiral  Älbini  an  der  BesrhieBunK  des  Furts  Georg  um  NacL- 
mitUge  des  18.  mitteitgenommen  und  hauptsächlich  die  linke  Flanke  desselben 
angegriffen.  Auch  diese  Darstellung  entspricht  niclit  der  WirklichkeiL  Die  Haltesk&drt- 
Albin  ia  wurde  erat  gegen  6^  p.  m.  vomHafenManego  durch  die  Korvette, San  GiofSuni', 
welche  die  Antwort  des  kommandiprenden  Admirals  auf  die  Meldung  Albtnis  Qber- 
brachlc,  abberufen  und  konnte  Tor  7"  niclit  vor  S.  Giorgio  cintrefTen.  Um  diese  Zeit 
halte  ober  die  itaücnische  Flotte  bereits  vom  Angriflfe  abgelassen  und  sich  lurflck' 
gelogen.  Talsächlich  griff  die  Hoheskadre  an  diesem  Tage  nicht  mehr  in  die  Aktion  c 


163 

Mannschaften,  wie  er  in  seinem  Berichte  hervorhebt,  «durch  ihr  wohl- 
gezieltes Feuer  wie  durch  ihren  Kampfesmut  sich  so  ausgezeichnet 
hatten',  die  wohlverdiente  Ruhe  gönnen  zu  müssen  und  vereinigte  die- 
selbe in  Kielwasserlinie,  nur  die  Abteilung  Vaccas  vor  Wellington 
zurücklassend,  welche  noch  die  an  den  Turm  sich  anlehnende  Mörser- 
batterie durch  Enfiladeschüsse  zum  Schweigen  zu  bringen  suchte.  Der 
Turm  fing  jedoch  gleich  einer  Traverse  die  feindlichen  Projektile  auf  und 
erhielt  selbst  an  seiner  Nordseite  eine  bei  3  V<  ^  hohe,  ebenso  breite  und 
1  Va »» tiefe  Bresche,  welche  dessen  Stabilität  sehr  in  Frage  stellte.  Trotz- 
dem begleiteten  die  auf  der  Plattform  des  Turmes  postierten  Haubitzen 
Tmd  die  Mörser  der  Batterie  mit  ihren  Würfen  die  Abteilung  Vaccas, 
als  auch  sie  sich  um  8^  aus  dem  Schußbereich  entfernte,  um  zur  Flotte 
zu  stoßen,  welche  sich  bereits  in  zwei  Kielwasserlinien  formiert  hatte 
und  in  kurzen  Gängen  zwischen  Lissa  und  Lesina  lavierte.  Bei  dieser 
Gelegenheit  stießen  während  der  Nacht  die  Holzfregatten  «Vittorio 
Emanuele*  und  ,Duca  di  Genova**  zusammen,  sich  gegenseitig  eimgen 
Schaden  zufügend. 

Die  Raddampfkorvette  „Ettore  Fieramosca*  war  nach  Rodi  ab- 
gegangen mit  einem  Berichte  des  Admirals  Persano  über  den  Verlauf 
des  Kampfes  an  den  Marineminister,  in  welchem  er  meldete,  «daß  das 
Gibraltar  des  Adriatischen  Meeres  zwar  erobert  sei,  daß  jedoch  wegen 
Mangel  an  genügenden  Ausschiffungstruppen  eine  Landung  nicht  aus- 
geführt wurde*. 

Auf  der  Insel  waren  die  Werke,  außer  Batterie  Schmidt,  trotz  der 
heftigen  Beschießung  noch  verteidigungstähig  und  ungefähr  zwei  Drittel 
ihrer  Geschütze  noch  im  brauchbaren  Zustande.  Die  Erschöpfung  der 
Truppen,  ihre  gebotene  Kampfbereitschaft  auf  ihren  Positionen  sowie 
der  Umstand,  daß  die  meisten  Einwohner  der  Insel  sich  geflüchtet 
hatten,  ließ  aber  die  Auswechslung  aller  Lafetten  nicht  zu  und  man  mußte 
sich  begnügen,  mit  den  teilweise  hergestellten  und  noch  brauchbaren 
Geschützen  die  Fortsetzung  des  Kampfes  für  den  kommenden  Tag  ruhig 
abzuwarten.  Das  zur  Besatzung  der  Insel  zählende  2.  Bataillon  des 
Marineinfanterieregiments  stand  während  des  Kampfes  mit  einzelnen 
Abteilungen  zur  Verhinderung  von  Landungen  hinter  den  hiezu  besonders 


wie  dies  aus  der  ganz  präzisen  Aussage  des  Vizeadmirals  Albini  über  diesen  Punkt 
hervorgeht:  ,Verso,  il  tramonto  nil  mandö  il  commandante  in  capo  Tordine  verbale  di 
riunirmi  all'armata  e  non  ebbi  piü  occasione  di  fare  altro,  perch^  eravamo  alla  sera 
dellS.  lo  sono  arrivato  di  notte  ed  il  fuoco  era  giä  cessato*.  Rendiconti  etc.  etc.,  depo- 
sizione  Albini,  Seite  55. 

11* 


geeigneten  Buchten  Carober,  Gradac,  Chiave,  Stoncica  u.  s.  w.,  dann  zur 
Verteidigung  von  Comisa  und  der  Batterie  Mfi^'naremi  auf  den  dortigen 
Höhen,  endlich  bei  der  Batterie  Nadposlranje  sowie  nächst  Kut  und 
Lissa  in  Bereitschall,  während  die  Reserve  auf  Cosmo-Andrea  Stellung 
genommen  hatte  und  je  nach  dem  örtlichen  Wechsel  der  feindlichen 
Angriffe  an  die  entsprechenden  Kostenpunkte  disponiert  wurde.  Trotz- 
dem, daß  diese  Truppe  durch  die  von  allen  Seiten  über  die  Höhen  in  das 
Innere  der  Insel  dringenden  Geschosse  fortwährend  belästigt,  durch  die 
Märsche  auf  dem  unwegsamen  TeiTain  bis  ziu-  Erschöpfung  ermüdet  war 
und  bezüglich  der  Verptlegimg  unter  den  obwaltenden  Umständen  selbst- 
verständlich manches  entbehren  mußte,  verblieb  sie  die  ganze  Nacht  in 
Bereitschaft  und  bewähiie  sich  bei  ihr  ein  ausgezeichneter  Geist, 

Oberst  Urs  mit  seinen  Offizieren,  entschlossen,  die  Insel  bis  zum 
äußersten  zu  halten,  ei-wartete  ruhig  den  Angriff  des  nächsten  Tages. 

Bei  der  italienischen  Flotte  war  um  10'' abends  Fregattenkapitän 
Sandri,  der,  wie  bekannt,  behufs  Zerstörung  der  Telegraphcnleitung  mit 
der  ihm  unterstehenden  Flottille  nach  Lesina  abgegangen  war,  nach  Voll- 
endung der  ihm  übertragenen  Mission  wieder  zu  derselben  gestoßen.  Er 
meldete  dem  kommandierenden  Admiral,  daß  es  iluu  zwar  nach  Über- 
windung vieler  Schwierigkeiten  endlich  gelungen  sei,  die  Telegraphen- 
leitung mit  dem  Kontinente  zu  unterbrechen,  daß  jedoch  kurz  vorher 
noch  eine  Depesche  des  Kontreadmirals  v,  Tegetthoff  durchgelaufen 
wäre,  nach  davn  Inhalt  man  die  österreichische  Eskadre  vor  Lissa  zu 
gewärtigen  habe.*) 

1)  Mit  dem  Erfolge  der  Mission  Sundri  und  mil  dieser  Depesche  hiiUe  es  folgendes 
Bcnandlnis;  Als  sieb  Fregattenkapitän  Sandri  ani  Abende  des  IT.  um  ll'/^^  von  der 
Flotte  trennte,  waren  Ton  seinem  Äbfahrlsp unkte  noch  56  Seemeilen  bis  zu  den  Spalma- 
dori  zu  durchlaufen ',  da  nun  seine  Schiffe  nicht  mehr  als  6  bis  G'/g  Seemeilen  pro  Stunde 
zu  machen  im  stand«  waren(c!:  zeigt  dies  allerdingsvun  keiner  besonderen  Um  sieht  seitens 
des  Kommandos  der  italienischen  Flotte,  daß  man  zu  dieser  hOchst  wichtigen  Mission 
gerade  die  langsamsten  SchilTe  bestimmte,  wflhrcnd  man  doch  Qber  eine  g^nQgende 
Anzahl  von  t^chuelldampfem  und  Fregatten  verfügte),  eo  konnte  er  selbstverstftndlicb 
nicht,  nie  im  Angriffsplane  vorgesehen,  sich  schon  hei  Tagesanbruch  dort  befinden. 
Fregatte nkapil an  tiandri  langte  am  18.  erst  um  lOVv'' a.  m.  bei  den  Spaltnadari  an, 
unteriucble  dieselben  nach  allen  Richtungea  (hiebcl  vernahm  er  schon  den  GeschQlz- 
donner,  der  vom  Angriffe  des  Kontreadmiials  Vacca  aufComisa  lierrührte),  fand  aber 
lins  gesuchte  Kabel  nicht,  weil  dasselbe  bei  der  Inse!  Lesina  lag.  Erst  gegen  3^  p-  m. 
lief  er  in  den  Kanal  von  Lesina  ein  und,  nachdem  er  noch  —  jedoch  ohne  Erfolg  —  mit 
dem  Padroii  eines  Trabakels  bebuTs  Angabe  der  Kabclstelle  verhandelt  halte,  fuhr  er 
gegen  den  Hauplort  der  Insel  weiter,  von  wo  ihm  schon  ein  ßooi  mit  der  Parlamentär- 


J 


165 

Diese  Nachricht,  welche  Fregattenkapitän  Sandri  von  einem  öster- 
reichischen Beamten  auf  der  Insel  Lesina  erhalten  hatte  und  welche,  wie 
er  sich  ausdrückte,  auf  ihn  vollkommen  den  Eindruck  der  Wahrheit 
gemacht  hatte,  erschien  dem  Admiral  Per sano  von  großer  Wichtigkeit 
bezüglich  der  von  ihm  zu  fassenden  weiteren  Beschlüsse.  War  wirklich 
diese  Antwort  des  Admirals  Tegetthoff  auf  die  erhaltene  Nachricht  von 
dem  Angriffe  auf  die  Insel  Lissa  eingetroffen  oder  hatte  man  es  hier  nur 
mit  einer  Kriegslist  zu  tun,  die  darauf  berechnet  war,  den  italienischen 
Admiral  von  der  Fortsetzung  des  Angriffes  abzuhalten? 


flagge  entgegenkam.  In  demselben  befanden  sich  der  Seesanitatsdeputierte  sowie  ein 
Kommunalbeamter,  welche  beide  Fregattenkapitän  Sandri  vorstellten,  daß  Lesina  eine 
unbefestigte  Stadt  sei  und  unter  Berufung  auf  die  Pariser  Konvention  um  Schonung 
derselben  baten.  Fregattenkapitän  Sandri  gab  dies  zu,  verlangte  aber  vor  allem  die 
Angabe  der  Stelle,  wo  sich  die  Telegraphenleitung  befinde,  welche  zu  geben  die  Beamten 
jedoch  mit  Hinweis  auf  ihre  Pflicht  verweigerten.  Indem  er  den  einen  der  beiden 
Beamten  einstweilen  als  Gefangenen  am  Bord  behielt,  sandte  er  den  anderen  mit  dem 
Auftrage  in  die  Stadt  zurück,  der  Munizipalbehorde  in  seinem  Namen  l)ekannt  zu  geben, 
daß,  wenn  binnen  einer  Stunde  ihm  nicht  die  Stelle  bezeichnet  wurde,  wo  das 
Telegraphenkabel  liege,  er  trotzdem  die  Stadt  bombardieren  würde.  Gleichzeitig  ver- 
langte er  den  Telegraphenbeamten  zu  sprechen.  Dieser,  Telegraphenamtsoffizial 
Bräuner,  leistete  jedoch  der  Aufforderung,  an  Bord  des  feindlichen  Schifl'es  zu  gehen, 
keine  Folge,  sondern  flüchtete  mit  dem  Apparate  in  Begleitung  von  5  Gendarmen  auf 
die  Bergspitze  bei  Grablje  und  gab  von  hier  nach  Zara  Nachrichten  über  das  Vorgefallene 
sowie  über  den  weiteren  Kampf  an  diesem  und  dem  nächsten  Tage.  Während 
Fregattenkapitän  Sandri  einstweilen  mit  seinen  Leuten  den  optischen  Telegraphen 
sowie  alle  Telegraphen stangen  zerstörte,  kam  gegen  41/3^  p.  m.  das  Sanitätsboot  mit 
dem  Kominunalbeaniten  von  der  Stadt  zurück  und  brachte  zwei  Piloten  mit,  welche 
nun  dem  Fregattenkapitän  Sandri  die  Kabelstelle  bezeichneten,  worauf  die  beiden 
Kabel,  welche  Lissa  mit  Lesina  und  Lesina  mit  dem  Kontinente  verbanden,  auf  eine 
Länge  von  je  500  m  durchschnitten  und  unbrauchbar  gemacht  wurden.  Unterdessen 
war  es  aber  schon  6\ '4^  p.  m.  geworden,  ehe  man  mit  dieser  Arbeit  zu  Ende  gekommen 
war  und  die  Rückfahrt  antreten  konnte.  Der  Kommunalbeamte  hatte  inzwischen  — 
vielleicht  nicht  ohne  Absicht  —  die  Äußerung  fallen  lassen,  dafi  die  Zerstörung  der 
Telegraphenleitung  jetzt  eigenthch  von  keinem  großen  Belang  mehr  sein  könne,  da  man 
noch  im  Laufe  des  Tages  den  Angriff  der  italienischen  Flotte  auf  die  Insel  Lissa  nach 
Zara  telegraphiert  habe  und  daß  als  Antwort  hierauf  schon  eine  Depesche  an  das  Insel- 
kommando zurückgelangt  sei  des  Inhalts,  ^man  möge  sich  nur  bis  zum  äußersten 
halten,  die  österreichische  Eskadre  unter  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  werde  von 
Pola  aus  der  Insel  zu  Hilfe  kommen".  Diese  Depesche,  welche  der  Kommunalbeamte 
dem  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  unterlegte,  wurde  aber  von  diesem  in  Wirklichkeit 
nicht  abgeschickt;  derselbe  hat  weder  am  IS.  noch  am  19.,  an  welchem  Tage  er  erst 
den  Entschluß  faßte,  nach  Lissa  auszulaufen,  ein  Telegramm  dieses  Inhalts  an  das 
Inselkommando  al)gosariflt:  dagegen  war  allerdings  vom  Generalkommando  in  Zara 
eine  Depesche  ähnlichen  Inhalts  für  das  Inselkommando  durchgelaufen.         A.  d.  V. 


Die^e  beiden  Fäile  mußten  in  Erwägung  gezogen  weriien  und 
Admiral  Persano  gleichzeitig  mit  sich  zu  Rate  gehen,  ob  er  mit  den 
ihm  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  den  Angriff  erneuern  und  die  Landung 
auf  dem  feindlichen  Boden  unternehmen  solle. 

Admiral  Persano  entschied  sich  für  den  Angriff  und,  wie  die  Dinge 
lagen,  erschien  dieser  Entschluß  auch  vollkommen  gerechtfertigl.  War  die 
österreichische  Eskadre  wirklich,  wie  besten  Falls  angenommen  werden 
konnte,  gegen  Abend  des  18.  von  der  Rhede  von  Fasana  ausgelaufen, 
so  konnte  sie  schwerHch  vor  dem  19.  abends  zu  erwarten  sein')  und 
gegen  das  Eintreten  der  Dunkelheit  enthielt  sie  sich  aller  Wahrscheinlich- 
keil nach  des  Kampfes.  Ein  zweiter  Versuch  zur  Erol)erung  der  Insel 
am  19.  war  daher  der  italienischen  Flotte  erlaubt  und,  nicht  bloß  dies,  er 
erschien  unter  den  obwaltenden  Umständen  sogar  angezeigt.  Durch  die 
Beschießung  im  Laufe  des  18.  waren,  es  läßt  sich  dies  nicht  leugnen,  die 
üußeren  Werke  der  beiden  Befestigungsfronten  der  Hafeneinfahrt  von 
S.  Giorgio  bereits  bedeutend  erschüttert  worden  und,  wenn  auch  die 
Verteidiger  ihr  möglichstes  taten,  den  zu  gewärtigenden  neuen  Angriff 
nach  Kräften  abzuwehren,  so  war  es  doch  bei  den  mächtigen  Mitteln, 
über  welche  die  italienische  Flotte  gegenüber  den  schwaclien  Kalibern 
der  Österreicher  verfügte,  keine  Frage  mehr,  daß  es  geUngen  mußte,  jeden 
weiteren  Widerstand  der  letzteren  zu  brechen  und  im  Verlaufe  des  19. 
alle  äußeren  Batterien  zum  Schweigen  zu  biiiigen.  Man  hatte  sodann  nur 
noch  die  bisher  intakt  gebliebene  Batterie  Madonna  zu  berücksichtigen 
und,  wenn  auch  deren  Bekämpfung  rechtzeitig  sowie  in  entsprechender 
Weise  unternommen  wurde,  so  fiel  mit  derselben  das  letzte  Hindernis 
hinweg,  welches  sich  der  nunmehr  vorzunehmenden  Landung  in  den  Weg 
stellen  konnte.  Wurde  diese  mit  einer  gleichzeitig  stattfindenden 
Diversion  bewerkstelligt  und  der  Hauptangriff  auf  S,  Giorgio  selbst  mit 
dem  gehörigen  Nachdrucke  geführt,  so  kann  nicht  bezweifelt  werden, 
daß  die  schwache  und  an  vielen  Punkten  zerstreut  aufgestellte  Insel- 
besatzung bald  den  Kampf  hätte  aufgeben  müssen  und  man  am 
Abende  des  19,  im  Besitze  der  Insel  sein  konnte.  Daß  aber  hicdurch, 
wenn  um  diese  Zeit  die  österreichische  Eskadre  erschien,  ihre  Auf- 
gabe eine  bedeutend  schwierigere  wurde,  bedarf  wohl  keiner  weiteren 
Erwähnung. 

1)  Lissa  liegt  15Ü  Seemeilen  von  Pol&  entfernt;  die  Durchs chnilts^e seh wiadi^i-it 
der  Österreichischen  Eskndre  mit  6  Seemeilen  pro  Stunde  angenommen,  wuren  dftlier 
35  Stunden  erforilerüch,  um  dahin  zu  gelangen,  A.  d.  V. 


J 


167 

Haupibedingung  für  das  Gelingen  der  Unternehmung  war  also  ein 
rasches  und  kraftiges  Vorgehen  am  folgenden  Tage.  Dieses  fand  jedoch, 
wie  wir  sehen  werden,  nicht  statt.  Nach  einer  noch  am  Abend  des  18.  an 
Bord  des  Flaggenschiffes  „R^  d'Italia*  abgehaltenen  längeren  Beratung,  an 
welcher  der  Kommandant  der  Landungstruppen,  LinienschifEskapitän 
di  Monale,  der  Artilleriemajor  Conte  Taffini,  der  Geniehauptmann 
Pozzoli  sowie  der  Kammerdeputierte  Boggio,  welch  letzterer  besonders 
zur  Aktion  drängle,  teilnahmen,  wurde  zwar  die  Fortsetzung  des  Angriffes 
für  den  morgigen  Tag  beschlossen,  die  vorerwähnten  Offiziere  drückten 
aber  dem  Admiral  ihre  Zweifel  bezüglich  des  Gelingens  der  Landung 
aus  und  rieten  ihm,  trotzdem  man  über  eine  Ausschiffungstruppe  von 
2200  Mann  verfügen  konnte,  Ueber  noch  das  Abwarten  von  Verstärkungen 
an.  Admiral  Persano  glaubte  in  diesem  Punkte  nachgeben  zu  sollen 
und  befahl,  in  Erwartung  dieser  Verstärkungen  einstweilen  bloß  die 
Beschießung  der  Werke  fortzusetzen. 

Zu  diesem  Behufe  erhielt  Kontreadmiral  Vacca  am  19.  morgens  7** 
den  Befehl,  mit  seiner  Gruppe  gegen  die  äußeren  Werke  der  Hafeneinfahrt 
vorzugehen  und  jeden  etwa  noch  vorhandenen  Widerstand  zu  überwinden. 
Wiedenim  war  es  hauptsächlich  das  Fort  Georg  und  dessen  Nebenwerke, 
auf  welche  sich  das  Feuer  dieser  Panzerschiffe  konzentrierte.  Das  Feuer 
wurde  von  den  Werken  mit  den  noch  disponiblen  Geschützen  nach 
Kräften  erwidert,  war  jedoch  von  keinem  besonderen  Belange  mehr  und 
schwieg  endlich  ganz,  so  daß  Kontreadmiral  Vacca  um  8^  a.  m.  das  Feuer 
einstellen  ließ. 

Um  9V2**  a.  m.  machte  Admiral  Persano  der  Holzeskadre  das 
Signal,  „auf  eine  halbe  Stunde  gegen  die  äußeren  Werke  Scheibe  zu 
schießen"  und  damit  den  letzten  Rest  ihrer  Widerstandskraft  zu  besiegon 
Während  die  „Maria  Adelaide*  und  der  „Duca  di  Genova*  sich  haupt- 
sächlich auf  der  südlichen  Seite  des  Forts  Georg  beschäftigten,  nahmen 
die  anderen  Holzschiße  Stellung  bei  Novaposta  und  beschossen  von  dort 
die  Werke  im  Rücken,  so  daß  ihre  Projektile  im  hohen  Bogen  bis  in  das 
Tal  von  Samogor  gingen,  wie  die  dort  aufgefimdenen,  zum  Teil  nicht 
explodierten  Hohlgeschosse  bezeugten.  Das  Reservemunitionsmagazin 
des  Forts  Georg  sowie  das  im  Tale  gelegene,  mit  Munition  überfüllte 
Friedenspulvermagazin  kamen  bei  dieser  Gelegenheit  in  die  höchste 
Gefahr.  Zum  Glück  ließ  Vizeadmiral  Albini  diese  „Scheibenschießübung* 
nach  ungefähr  einer  Stunde  einstellen  und  gegen  11^  zogen  sich  alle 
Schiffe,  ohne  einen  größeren  Schaden  angerichtet  zu  haben,  aus  dem 
Schußbereiche  zurück. 


Dpr  Vizeadmiral  legle  fihrigeiis  selbst  dieser  Beschießung  k&iiien 
besonderen  Wert  bei  und  äußerte  sich  iu  seinem  Gefechlsbeiichte,  nicht 
ohne  einen  Anflug  von  Ironie,  hierüber  in  folgender  Weise:  „Ich  näherte 
mich  dem  Fort  Georg  bis  auf  eine  EntfL'niung  von  2  Kabeln  und  begann 
hierauf  das  angeordnete  Exerzitium.  Ich  muß  hier  bemerken,  daß  das 
Fort  nicht  mehr  feuerte,  obschon  noch  einige  Geschülze  aufgestellt 
standen;  es  war  aber  keine  Bedienungsmannschaft  mehr  bei  denselben 
zusehen;  nach  55  Minuten  brach  ich  diese  Übung  ab.  Ani'angs  waren 
unsere  Schösse  minder  gut  gerichtet,  weshalb  ich  eine  halbe  Stunde 
länger  schießen  ließ,  später  trafen  sie  besser,  worauf  ich  dann  das  Feuer 
einstellte  und  wieder  meinen  Posten  beim  Gros  der  Flotte  einnahm." ') 

Um  diese  Zeit  vereinigten  sich,  von  Neapel  kommend,  die  Scbrauben- 
fregatten  „Principe  Umberto"  «Carlo  Aiberlo'  die  Raddampfiregatte 
,Govenio!o'  und  der  so  lang  erselnite  Widder  ,Affondalore'  mit  der 
Flotte,  Der  , Principe  Umberto"  brachte  1Ü5  Mami  Marineinfanterie  als  Ver- 
stärkung für  die  Au.--3chiffmigstruppe  mit.  Hiedurch  war  diese  auf  den 
Stand  von  zirka  21500  Mann  gebracht  und  Admiral  Persano,  der  nun  den 
Erfolg  nicht  mehr  bezweifolle  und  aus  bloßer,  nur  auf  ein  Gerücht 
gegründeter  Besorgnis,  die  österreichische  Flotto  kCnne  erscheinen,  nicht 
untätig  bleiben  zu  dürfen  glaubte,  hielt  es  nun  an  der  Zeit,  seinen  Angriff 
zu  erneuern  und  sich,  teils  durch  kräftige  Beschießung,  teils  durch 
Landung,  der  Insel  zu  bemächtigen. 

Demzufolge  erließ  er  folgende  Dispositionen: 

,1.  Die  Holzcskadi'e  unter  Vizeadmiral  Albini,  bestehend  aus 
7  Schraubenfregatten.  ]  Schraubenkorvette,  3  Schrauljeiikanonenbooten 

1)  Nacb  dem  öBlerreidiiBilien  Gene ralslulis werke  billte  die  ilalienische  Hol;;- 
eskadre  am  19.  luorgeDs  schou  um  7''  die  Batlorien  beschossen,  hierauf  abermals  um 
9',,a'' "*■  *"■  ''O"  der  Stellung  bei  Novaposta.  nacli mittags  ä';,''  aus  di-rselben  Position 
und  endlich  »värcu  um  U""  p.  m.  nocb  ß  Hohs^hiffe  vor  Comisa  im  Gefechte  mit  der 
Ballerie  Mspiaremi  lälig  gi-wesen.  Auch  in  diesem  Puntle  hedOrfen  die  Angaben 
des  Generals  Inbs  werk  es  einer  Berichtigung,  indem  dieselben  gami  im  Widerspruche  mit 
lien  nbereinsli  mm  enden  Zeugenaussagen  des  Viieadmimls  Albini,  des  SlAbschel» 
Paului;ci,derLinienschifr=kapilänediMonale,Imbert,Martin-VranLlin  und  andrer, 
nelclie  itlle  der  Holzeskadic  angebörlen  und  über  i^ie  Täljitkeil  derselben  am  19. 
berichten,  sielten.  Nacb  ibier  Aussage  setzte  sich  die  Holzesladre  nShiend  der  ganzen 
Benennung  der  Insel  durch  die  ilalienUcJie  Flotte  übiThnupl  nur  zweimal  ins  Feuer,  und 
iwar  am  18.  11''  n.  in.  anläßlich  der  Bescbießung  der  Batterie  Xadposlmnje  beim  Hafen 
Hanego  und  am  19.  10''  a.  m.  gelegenüich  der  angeordneten  .Schießübung*.  Am  Nach- 
mitlugc  des  lelxteren  Tages  war  die  Holzeska'lrc  hei  Carober  mit  den  Vorbereitungen 
zur  anbefohlenen  Landung  vollauf  beschüfligt.  {Siebe  Seile  ITä).  A.  d.  V, 


1G9 

und  3  Raddampfern,  zusammen  14  SchifTe,  bewerkstelligt  sogleich  die 
Landung  bei  Carobcr. 

2.  Die  Panzerschiffe  ^Terribile**  und  „Varese"  begeben  sich  vor 
Comisa  und  beschießen  die  dortigen'Werke,  um  die  Besatzung  derselben 
zu  beschäftigen  und  zu  verhindern,  daß  dieselbe  nach  dem  Hafen  von 
S.  Giorgio  gezogen  werde. 

3.  Die  Panzerkorvette  „Formidabile"  dringt  in  den  Hafen  von 
S.  Giorgio  ein,  um  die  noch  kampffähige  Batterie  Madonna  zum  Schweigen 
zu  bringen. 

4.  Kontreadmiral  Vacca  unterstützt  (appoggia)  mit  den  Panzer- 
schiffen „Principe  di  Carignano*,  „Castelfidardo*  und  „Ancona"  den 
Angriff  der  „Formidabile**. 

5.  Die  Panzerschiffe  „Re  di  Portogallo"  und  „Palestro**  greifen 
mit  ihren  300-  und  150 pfundigen  Geschützen  den  Telegraphenturm 
(Wellington)  an. 

6.  ^Red'Itaha",  „SanMartino"  und  ^MariaPia''  unter  den  Befehlen 
des  Admirals  en  chef  verhindern,  daß  die  Werke  der  westlichen  Be- 
festigungsfront (rechte  Seite)  die  Landung  bei  Garober  stören,  für  den 
Fall,  als  deren  Geschütze  noch  kampffähig  sind.** 

Die  Herausgabe  dieser  Dispositionen  nahm  indes  einige  Zeit  in 
Anspruch  und  erst  gegen  4V2"  p.  ni.  näherte  sich  die  feindliche  Flotte 
wieder  der  Insel,  um  erneuert  den  Kampf  gegen  die  Werke  des  Hafens 
von  S.  Giorgio  aufzunehmen. 

Als  erste  feuerte  die  »Formidabile^,  Kommandant  Fregattenkapitän 
Saint-Bon,  gegen  57-2^  noch  einige  Lagen  auf  das  Fort  Georg  ab  und 
lief  sodann,  sich  dicht  unter  Wellington  haltend,  um  dessen  Bomben- 
wnürfen  zu  entgehen,  langsam  und  dabei  öfters  das  Lot  gebrauchend,  in 
den  inneren  Hafen  ein.  Zur  Unterstützung  bei  ihrem  Einlaufen  ließ 
Admiral  Persano  den  „Affondatoi'e**  aus  seinen  300pfündeni  von  der 
Einfahrt  aus  gegen  das  Innere  des  Hafens  feuern,  doch  hatten  diese 
Schüsse  keinen  besonderen  Erfolg. 

Unerschrocken  näherte  sich  die  „Formidabile*  der  Batterie  Mamula 
bis  auf  IV2  Kabel  (300  ?/?),  hielt  das  Feuer  derselben  sowie  gleich 
darauf  jenes  der  Batterie  Zupparina  ruhig  aus  und  erst,  über  den  Punkt 
gekonmien,  in  welchem  sich  das  Feuer  dieser  beiden  Batterien  kon- 
zentrierte, gab  die  „Formidabile"  nun  auf  eine  Entfernung  von  kaum 
1  Kabel  (200  »/)  ihre  Karlätschenladungen  mit  solcher  Wirkung  gegen 


die  Batterie  Zuppartna  ab,  daß  infolge  der  bei  der  Bedienungsmaaschaft 
erlittenen  Verluste  auch  diese  bald  zum  Schweigren  gebracht  war.  M 

Hierauf  weiter  vorwärtsdringend  und  von  dem  Geschülzfeuer  der 
ganz  im  Innern  des  Hafens  liegenden  Batterie  Madonna  empfangen,  drehte 
sie,  ungefähr  lYa  Kabel  (300  m)  von  derselben  entfernt,  auf  und  warf 
einen  Anker.  Von  der  Kette  tiinreichend  ausstechend  ließ  sich  die 
,Formidabile''  langsam  rückwärls  gegen  S.  Girolamo  treiben  und 
Fregattenkapitän  Saint-Bon  vollführte  nun  unter  Zuhillenahme  von 
Maschine  und  Steuer  das  Manöver,  sich  um  seinen  Anker  zu  drehen 
und  abwochsehid  mit  der  einen,  dann  mit  der  anderen  Breitseite  seine 
Lagen  gegen  die  Batterie  Madonna  abzugeben,  wobei  er,  um  seinen 
Leuten  soviel  als  möglich  Schutz  zu  geben,  die  Vorsicht  gebrauchte,  die 
eigene  Batterie  während  der  Zeit  laden  zu  lassen,  als  das  Schiff  dem 
Gegner  den  Bug  zukehrte.  (Siehe  Karle  IV). 

Aber  auch  die  Madonna-Batterie  richtete  ihr  Feuer  dementsprechend 
ein  lind  diese  Absicht  erkennend,  vermied  sie  es,  um  nicht  unniützer 
Weise  Munition  zu  verschwenden,  dasselbe  in  diesen  Intervallen  zu 
geben,  den  Zeitpunkt  abwartend,  wenn  die  Korvette  ihr  die  Breitseite 
zukehrte. 

Das  Duell  zwischen  diesen  beiden  mächtigen  Gegnern  hatte  in  dieser 
Weise  eine  Weile  gedauert,  als  Koni readmira!  Vacca,  der  sich  inzwischen 
vor  der  Einfahrt  aufgehalten  hatte,  um  die  dorligen  Werke  in  Schranken 
zu  halten,  es  doch  für  nötig  liielt.  den  erhaltenen  Befehlen  gemäß,  zur 
Unterstützung  der  „Formidabile"  in  den  inneren  Hafen  einzulaufen. 
Seinen  Schiffen  das  SigniU  gebend,  ihm  in  Kielwasserlinie  zu  folgen, 
drang  er  gegen  e'/a"  p.  m.  mit  .Principe  di  Carignano",  »Castelfidardo* 
und  ,Ancona"  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio  ein.  Sämtliche  Batterien  der 
Einfahrt  mit  Ausnahme  des  Turmes  Bentink  schwiegen  bereits  und  ohne 
einem  Widerstände  zu  begegnen,*)  steuerten  diese  Panzerschiffe  auf  die 
Balterie  Madonna  los  und  vor  derselben   auf  zirka   l'/^  Kabel  (300  m) 


1)  .Subii  il  fuo<;o  de]]e  ballerie  di  dritta,  che  avevano  il  giomo  prima  ragionato 
graTi  ilanni  aUa  .Maria  Pia'  e  giunsi  loslo  al  traverso  delle  medcsimp.  La  iiiltraglia  dei 
miei  cannoDi  non  tarda  a  sban^lierae  la  guarnigione  ed  il  mio  equipaggio  saliitö  con 
(hiura*  la  lora  fuga  precipitoGa."  Bericht  des  FregalLenkspitfins  Saint-Bon.  Ran- 
daccio.  Sloria  della  marina  ilatiaüB  U,  Seile  141. 

sj  lo  mi  irovuva  in  crociera  avanti,  oaserva™  tuHe  le  mosse,  qaando  vidi  che  la 
Formidabile  era  mollo  compromesso,  perchä  tutle  ie  ballerie  tiravano  su  di  essa; 
nrdioai  alla  mia  aquadra  di  seguinni  ed  enlrai  oel  poHo  con  le  Ire  fregatc  corauBte  Cari- 
gaanu.  Cnst^U^dardo.  Ancona.   Quando  entrai  nel  porto  S.  Giorgio  ([uello  batteria  che 


Kampf  der  „Formidabile 


LISSA  ,/;g^ 


BatifficMadonjui^ 


4L 


SJndna 


1.  Fort  S.  G«org 

2.  Batterie  MamaU 
8.  Turm  Robertson 

4.  Batterie  Zopparina 

5.  Turm  Bentink 


171 

mit  Gegenmarsch  wendend,  sandten  sie  derselben  nacheinander  ihre 
Breitseiten  zu;  die  Enge  des  inneren  Hafens,  welche  die  Bewegmigen 
der  Panzerschiffe  erschwerte,  sowie  der  Umstand,  daß  die  «Formidabile* 
mit  ihrem  Körper  teilweise  die  Madonna-Batterie  deckte,  bewogen  jedoch 
Kontreadmiral  Vacca,  den  Hafen  mit  seinen  Schiffen  gleich  wieder  zu 
verlassen. 

Dieser  Rückzug  sollte  indes  nicht  ohne  einige  Verluste  und  Havarien 
für  dieselben  abgehen.  Oberst  Urs  hatte  nämlich  gleich  beim  Einlaufen 
der  feindlichen  Schiffe  die  Geschütze  der  ReseiTestellung  sowie  jene  von 
Cosmo-Andrea  nahe  an  den  Höhenrand  gegen  das  Hafenbecken  vor- 
bringen und  die  10.  Marineinfanteriekompagnie  in  dichter  Plänklerkettc 
den  Hang  beiderseits  der  Madonna-Batterie  sowie  die  Häuserreihe  des 
vorliegenden  Ortes  Kut  besetzen  lassen.  Als  nun  die  drei  Panzerfregatten 
Kontreadmirals  Vacca  beim  Verlassen  des  inneren  Hafens  während  des 
Abfallens  dem  Lande  sehr  nahe  kamen,  nahmen  diese  Geschütze  mit 
einigen  glücklichen  Stechschüssen  Anteil  am  Kampfe  und  selbst  die  am 
Bergabhange  sowie  in  Kut  postierte  Marineinfanterie  konnte  ihre  Kampf- 
lust nicht  mehr  zügeln  und  versuchte  durch  wohlgezielte  Gewehrschüsse 
der  Mannschaft  des  Gegners  Schaden  zuzufügen.  Einem  La  Hitle- 
Geschütze  auf  Cosmo  gelang  ein  glücklicher  Schuß,  indem  eine  Granate 
desselben  in  die  Batterie  der  «Ancona*  drang,  in  der  Wohnung  des 
Kommandanten  die  dort  befindlichen  zwei  Mann  tötete  und  zündete. 
Es  gelang  jedoch  nach  Verlauf  von  einiger  Zeit,  den  Brand  zu  löschen. 
Außerdem  waren  eine  Panzerplatte  aus  ihrem  Lager  gerückt  und  zwei 
Rapperte  zertrümmert  worden.  Im  ganzen  hatte  die  „Anco na*  einen 
Verlust  von  6  Toten  und  19  Verwundeten.  Die  Havarien  des  „Carignano'* 
und  »Castelfidardo*  waren  geringer. 

Mit  großer  Umsicht  und  Kaltblütigkeit  hatte  während  dieser  Zeit  der 
tapfere  Kommandant  der  Madonna-Batterie,  Oberleutnant  Jauern ig,  in 
dem  soeben  beschriebenen  furchtbaren  Nahkampfe  das  Feuer  seiner 
Batterie  geleitet  und  durch  sein  Beispiel  die  ganze  Besatzung  in  todes- 
mutiger Ausdauer  und  Tätigkeit  aufrecht  erhalten.  Wahrend  er  aus  den 
vier  gezogenen  24pfündern  die  Panzerschiffe  Vaccas  beschießen  ließ, 
gab  er  mit  den  übrigen  drei  30  pfundigen  Granatkanonen  (eine  war  tags 
zuvor  demontiert  worden)  eine  Lage  nach  der  anderen  gegen  die 
.Formidabile"    ab   und  wenn   auch   die   österreichischen    30  pfundigen 


erano  mascherate,  vedendo  cntrarc  la  flotta,  tacquero.  La  sola  batteria  della  Madonna 
ed  un  altra  di  cui  non  ricordo  11  nome  (Cosmo),  che  stava  in  alto,  ci  feccro  fuoco  a  dosso. 
Rendiconti  etc.  etc.;  deposizione  Vacca  Seite  44. 


Granaten  größtenteils  machtlos  an  dem  Eisenpnnzer  derselben  zer- 
schellten, so  fand  doch  manche  derselben  ihren  Weg  in  eine  Geschütz- 
pforte und  trug  damit  Tod  und  Verheerung  in  den  inneren  Schiffsraum. 

Nach  dem  Abziige  der  drei  Panzerfregatlen  Vaccas  war  nun  die 
.Forraidabile'  wieder  allein  dem  Feuer  der  Madonna-Batterie  und  jenem 
von  Cosmo  ausgesetzt.  Das  ihre  begann  bereits  langsamer  zu  werden 
und  schwieg  endlich  ganz.  Zweimal  sank,  durch  Gewehrkugeln  abgerissen, 
die  Flagge  an  der  Gaffel;  aber  immer  ward  die.se]]ie  sofort  wieder  gehißt 
und  die  Österreichische  Besatzung,  die  Zeuge  der  Voi'gSnge  auf  diesem 
Schiffe  war,  konnte  der  tapferen  Haltung  derselben  ihre  Achtung  nicht 
versagen. 

Als  die  Abteilung  Vaccas  aus  dem  inneren  Hafen  ohne  die 
.Forniidabile*  herauskam,  erkamite  Admiral  Persano  sogleich  die 
kritische  Lage  der  letzteren  und  gab  seinem  Flaggenkapilfin  Befehl,  zu 
ihrer  Unterstützung  in  den  Hafen  einzulaufen,  um  sie  mittels  Signal 
abzuberufen;  doch  eben,  als  der  „Re  d'Italia"  sich  anschickte,  diese 
Bewegung  auszuführen, ')  sah  man  schon  die  „Formidabile*  aus  dem  Hafen 
heraussteuem.  Fregattenkapitän  Saint-Bon  war  nämlich  inzwischen 
zur  Oberzeugung  gelangt,  datl  es  ihm  unter  diesen  Verhältnissen  nicht 


')  Noch  der  sclion  mehrfach  ziUcrlen  Broschüre  des  öBterreichisclien  General- 
stahes,  Seite  52.  wäre  die  Gruppe  des  Ädmirals  Persano  hcslehcnd  nus  ,Rt  d'llalia*, 
„San  Manino'  und  „Mnria  Pia'  um  5"  (i,  m.  ehcnfalla  iii  den  Kampl  getrelen,  und  zwar 
,in  der  von  der  .rormidabile'  luersl  innegehahicn  Slellung',  an  welrhem  Kamprc  von 
Seite  der  Verteidiger  Bentink,  WelUnglon  und  Zupparlna  teilnahmen.  Auch  diese  Äu- 
gulien  bedürTen  einer  Berichtigung.  Wohl  war  nach  Punkt  ü  der  vom  kommandierenden 
Admiral  um  Mittag  cilassenea  Disposilionen  ein  derartiger  Ängi'iff  gegen  die  wesüiche 
BefeEtigungsfronl  vorausgesehen,  „falls  deren  Goächütie  noch  kampITahig  Wären*, 
allein  zur  Ausführung  gelangte  er  tatsächlich  nicht.  Der  Gnind  davon  mag  darin 
ZU  suchen  sein,  daß  um  diese  Zeit  Liereits  Fort  Georg,  Ballerie  Mamula.  die  Türme 
RotHjrtson  und  Benlink  bis  auf  eine  SOpfäudige  ÜQslenhauhitie  des  letzteren  znm 
Sr1iwci);en  gebracht  norden  waren,  cndlicb  auch  Ballerie  Zupparina  —  in  ivelclier  noch 
drei  gezogene  24pfÜndige  Hinterlader  kampffähig  wnrcu  —  infolge  der  orlitteucn  Ver- 
luste beim  Einlaufen  der  .Formidabile*  und  der  drei  Pamerfregalien  Konlreadrairals 
Tacca  ihr  Feuer  einstellen  rauBte.  Diese  Werke  hatte  Konlreadmirnl  Vncca  in 
Schach  [rclialten,  bevor  er  sich  selbst  In  das  Innci'e  des  Hafens  begab.  Weder  der 
Rapport  des  Adniirald  Persana,  der  gewiß  nicht  verfehlt  hfitte.  diesen  Umstand 
aiiiuröhren.  noch  die  Obriiren  Berichte  etwiSlincn  diesen  Angriff  mit  einer  Silbe,  dagegn 
wurde  von  der  Cnlersuchun^fkommission  festgestellt,  daß  der  .R^d'ltaha*  am  19. 
teiuen  Angriff  nnlemommen  habe.  .La  nave  aramirnglia  in  quel  secondo  giomo  (IB.) 
non  prese  alcima  parle  all'  attacco,  avcndo  il  commandante  su|ireino  (eonie  dice  taluno 
dei  suoi  urUciali)  dovutu  couiunicare  coi  legni  nuoramcnle  arrivati.*  Rendieonli  etc.  elc; 
Älto  d'ndeasR  Seite  iÜ. 


173 

gelingen  werde,  die  Batterie  Madonna  zum  Schweigen  zu  bringen  und 
da  es  bereits  Sonnenuntergang  war  und  er  trachten  mußte,  sich  noch  vor 
Einbruch  der  Nacht  aus  seiner  mißUchen  Lage  zu  befreien,  so  ließ  er 
den  Anker  schlüpfen  und  diesen  samt  der  Kette  zurücklassend,  dampfte 
er  aus  dem  Hafen  heraus,  begleitet  von  dem  Geschützfeuer  und  den 
Hurrarufen  der  Verteidiger. 

Die  Verluste  und  Havarien  dieses  tapferen  Schififes  waren  ziemHch 
bedeutende:  dasselbe  zog  infolge  der  an  der  Wasserlinie  erhaltenen 
Schüsse,  welche  Panzerplatten  gelockert  hatten,  Wasser;  vom  toten 
Werk  waren  besonders  die  nicht  gepanzerten  Teile  wie  Bordwände, 
Stückpfortendeckel  u.  s.  w.  arg  beschädigt,  die  Ankerkrane  zertrümmert 
und  der  Kamin  stark  durchlöchert  Alle  Boote  waren  zerschossen  und  zum 
momentanen  Gebrauch  unbenutzbar,  endUch  auch  ein  Geschütz  stark 
beschädigt.  Außerdem  hatte  die  „Formidabile"  2  Offiziere  verwundet 
(Linienschiflfsleutnante  Vaglieco  und  Raggio,  ersterer  schwer)  und 
3  Tote  sowie  39  Verwundete  von  der  Mannschaft.  ^) 

Die  Batterie  Madonna  war  in  diesem  Kampfe  zumeist  unter-  oder 
Überschossen  worden.  Die  unter  der  Kammlinie  einschlagenden  Schüsse 
bohrten  ihre  Projektile  in  die  mit  Stein  verkleidete  stark  geböschte 
Eskarpe,  Trichter  von  3' Durchmesser  und  gleicher  Tiefe  erzeugend;  die 
über  der  Kammlinie  einfallenden  aber  flogen  durch  das  obere,  die  Brust- 
wehr überragende  Stockwerk  der  die  Kehle  schließenden  Kaserne  und 
platzten  und  zündeten  teils  in  derselben  oder  flogen  über  die  Kaserne 
in  den  Felshang  und  zwischen  die  dort  postierte  Marineinfanterie.  Das 
Dach  der  Kaserne  geriet  zweimal  in  Brand,  der  jedoch  noch  im  Entstehen 
durch  die  Besatzung  gelöscht  wurde.  Der  Verlust  der  Batterie  war 
staunenswert  gering;  er  bestand  nur  in  1  Toten  und  1  Verwundeten. 

Der  Angriff  auf  die  Batterie  Madonna  war  also  gescheitert.  Nach 
der  Art  und  Weise  wie  er  unternommen  wurde,  konnte  dies  auch  nicht 
gut  anders  der  Fall  sein.  In  erster  Linie  war  der  Zeitpunkt,  den  man 
hiezu  gewählt  hatte,  nicht  der  richtige.  In  den  späten  Nachmittagsstunden 
den  Angriff  einer  Batterie  zu  beginnen,  von  deren  Stärke  man  sich  tags 
vorher  überzeugt  hatte  und  deren  völlige  Bekämpfung  für  die  gleichzeitig 
in  Aussicht  genommene   Landung  eine  Vorbedingung  war,   dies   läßt 


1)  Der  Kommandant  der  ,Formidabile*  hatte  in  seinem  Berichte  ursprünglich 
die  Zahl  der  Toten  und  Verwundeten  seines  Schiffes  mit  zirka  60  angegeben;  die  oben 
angeführte  Anzahl  ist  jene,  welche  der  Flotlenchefarzt  am  Abende  des  19.  konstatiert 
hatte.  A.  d.  V. 


mindestens  jenen  möglitheu  Grad  dor  Voraussicht  vermissen,  den  inaji 
bei  einer  Unternehmung  dloser  Art  unbedingt  beobachten  und  in  Rechnung 
ziehen  mußte. 

Ferner  war  nach  der  Heftigkeit  des  Widerstandes,  den  die  Öster- 
reicher trotz  ihres  inferioren  Kalibers  im  Kampfe  gegen  die  italienische 
Fiotte  gezeigt  hatten,  nicht  gut  anzunehmen,  daß  die  .Formidabile'  allein 
die  Batterie  bezwingen  würde.  Es  war  daher  die  Disposition,  jene  zu  so 
später  Stunde  allein  in  den  inneren  Hafen  zu  schicken  und  hauptsSchlich 
ihr  die  Bewältigung  dieser  Baüc-rie  zu  überlassen,  während  die  drei 
Panzerfregatten  Kontreadmirals  Vacca  erst  eventuell  .unterstützend' 
vorgehen  sollten,  keine  Kweckmilßige  zu  nennen;  viel  entsprechender 
wäre  es  gewesen  und  wurde  wahi-scheinlich  auch  zu  einem  anderen 
Erfolg  geführt  haben,  wenn  man  gleich  nach  der  Herausgabe  der  Befehle 
um  S*"  die, Formidabile"  in  Begleitung  der  Panzerkanonenboote, Palestro" 
und  .Varese",  welche  300pfünder  am  Bord  führten,  von  keiner  großen 
Länge  waren  und  keinen  großen  Tiefgang  besaßen,  zu  diesem  Unternehmen 
beordert  hätte.  Diese  Schiffe  konnten  sich  viel  freier  im  Innern  des 
etwas  engen  Hafens  von  S.  Giorgio  bewegen  als  die  Panzerfregatten 
Vaccas  und  wfiren  eher  im  stände  gewesen,  sich  die  richtige  Position 
und  Distanz  behufs  Abgabe  ihres  Feuers  gegen  die  Batterie  zu  wählen, 
welche  dann  einen  migleich  schwereren  Stand  geliabt  hätte. 

Aber  auch  die  Angriffsweise  des  Kommandanten  der  »Formidabile*, 
80  große  Anerkennung  man  sonst  seinem  tapfereu  Benehmen  zollen 
muß,  war  für  diesen  Fall  keine  glücklich  gewählte  und  den  Verhältnissen 
angepaßte.  Statt  die  Batterie  vor  Anker  zu  bekämpfen  und  sich  dergestalt 
zu  einer  nicht  zu  verfehlenden  Zielscheibe  zu  machen,  hätte  es  sich  wohl 
eher  empfohlen,  in  Bewegung  zu  bleiben,  dieselbe  während  des  Öfteren 
Vorbeifabrens  auf  nahe  Distanzen  mit  Granaten  und  Schrapnells  zu 
beschießen  imd  mehr  gegen  die  ungedeckt  sldiende  Bedienungsmann- 
schaft zu  wirken,  welche  auf  diese  Art  Verluste  hätte  erleiden  müssen, 
welche  sie  bald  kampfunfähig  gemacht  hätten.  So  verlegte  sich  Fregatten- 
kapitän Saint-Bon  gleicli  von  allem  Anfang  auf  das  Demontieren  der 
Batterie  und  feuerte  in  dieser  Absicht  vorwiegend  ganze  Lagen  massiver 
Vollgeschosse  gegen  dieselbe  ab,  welche  aber,  da  sie  die  Kamralinie 
größtenteils  über  oder  Unterschossen,  keinen  besonderen  Schaden  an- 
richteten. Jedenfalls  stehen  die  kaum  nennenswerten  Verluste  der  Batterie 
Madonna  nach  einem  solchen  mehrstündigen  Nahkampfe  —  besonders 
was  die  Mannschaft  anbelangt  —  in  keinem  Verhältnisse  zu  den  von  der 
.Formidabile'*  erlittenen.  DieHaltmig  des  Kontreadmirals  Vacca  im  Hafen 


lunnaien 


175 

von  S.  Giorgio  und  die  Eile,  mit  der  er  wieder  aus  demselben  heraus- 
zukommen trachtete,  ohne  sich  viel  um  die  »Formidabiie  •  zu  kümmern, 
noch  ihr  wenigstens  mitteis  Signals  den  Befehl  zu  erteilen,  ihm  im  Kiel- 
wasser zu  folgen,  kann  gleichfalls  nur  als  eine  im  hohen  Grade  tadelns- 
werte bezeichnet  werden.  War  auch  das  Manövrieren  mit  diesen  Panzer- 
schiffen im  Hafen  von  S.  Giorgio  gerade  kein  leichtes,  so  mußte  dennoch 
Eontreadmiral  Vacca  die  Bekämpfung  und  Bewältigung  der  Batterie 
Madonna  sich  zur  Aufgabe  machen  oder,  wenn  er  nach  der  Sachlage  dies 
für  untunlich  und  den  Moment  hiezu  schon  für  zu  spät  erachtete,  dennoch 
wenigstens  so  lange  im  Hafen  verbleiben,  bis  die  »Formidabilc*  ihren  Rück- 
zug angetreten  hatte,  der  ihr  in  diesem  Falle  anzubefehlen  war.  Das  vor- 
eih'ge  Verlassen  des  Hafens  seitens  der  Gruppe  Vacca  machte  tatsächlich 
auf  die  Mannschaft  der  zurückbleibenden^  Formidabile'  einen  äußerst  depri- 
mierenden Eindruck.  *) 

Während  diese  eben  beschriebenen  Ereignisse  sich  vor  und  in 
S.  Giorgio  abspielten,  waren  »Terribile**  und  »Varese*,  den  erhaltenen 
Befehlen  gemäß,  nach  Comisa  abgegangen  und  hatten  dort  gegen  6^  p.  m. 
ihr  Feuer  gegen  die  Batterie  Magnaremi  und  die  Max-Feste  eröffnet, 
ohne  jedoch  einen  besonderen  Erfolg  zu  erzielen.  Durch  die  Bogen- 
schüsse der  am  Berge  Perlic  aufgestellten  zwei  6  pfundigen  La  Hitte- 
Geschütze  auf  Distanz  gehalten,  erreichten  ihre  Projektile  die  Werke 
nicht  und  das  Ganze  blieb  wie  tags  zuvor  eine  erfolglose  Kanonade. 

Von  weit  größerer  Bedeutimg  als  das  Mißlingen  des  Angriffes  auf 
die  Batterie  Madonna  für  das  vom  Admiral  Persano  vorgesteckte  Ziel, 
noch  im  Laufe  des  19.  in  den  Besitz  der  Insel  zu  gelangen,  war  jedoch 
der  Umstand,  daß  auch  Vizeadmiral  Albini  die  ihm  übertragene 
Mission,  die  Landung  bei  Carober  zu  bewerkstelligen,  nicht  ausgeführt 
hatte.  Derselbe  erhielt  den  Befehl  hiezu  um  27«  ^  p.  m.  mit  dem  Bei- 
fügen^ sofort  zm*  Ausführung  zu  schreiten.  Indem  er  sich  mit  der  ihm 
unterstehenden  Holzeskadre  nach  Carober  begab,  glaubte  er,  dort  an- 
gekommen, daß  dieser  Punkt  wegen  des  etwas  steilen  Ufers,  des  daselbst 
herrschenden  Seeganges  wie  auch  wegen  des  Umstandes,  daß  er  zum 
Teile  im  Schußbereiche  des  Forts  Georg  gelegen,  für  eine  Landung  nicht 
geeignet  sei  und  unterließ  aus  diesem  Grunde  die  Vornahme  derselben. 
Er  sandte  den  2.  Kommandanten  der  Aüsschiffungstruppen,  Linienschiffs- 
kapitän Martin-Franklin  mit  der  Meldung  hievon  an  den  komman- 
direnden  Admiral  ab,  sich  weitere  Befehle  erbittend. 


^)  Rendiconti  elc;  deposizione  Saint-Bon,  Seite  89. 


Adniirnl  Persano.  von  diesem  Zwischenfalle  höchst  unangcnelini 
berührt,  bestand  auf  der  Durehl'ührung  der  Landung,  überließ  jedoch 
nunmehr  die  Wald  des  Punktes  dem  Vizeadmiral  Albini,  indem  er  auf 
den  ihm  vom  Linienschiffskapitän  Martin-Franklin  vorgelegten  Plan 
der  Insel  Lissa  mit  eigener  Hand  die  Worte  schrieb:  .Der  Vizeadmiral 
Älbiniist  ermächtigt,  die  Landung  dort  zu  bewerksteUigen,  wo  er  es  am 
geeignetsten  halten  wird.*"  (,E  autorizzato  il  vice-ammiraglio  Albini  dj 
fare  lo  sbarco  dove  megho  credera.") 

Als  Linienschiffskapitän  Martin-Franklin  mit  dieser  Antwort  des 
Admirals  Persano  wieder  bei  seiner  Eskadre  eintraf,  bel'and  sich  diese 
in  der  Nähe  der  Bucht  von  Gradac.  wohin  sich  Vizeadmiral  Alblnl 
inzwischen  begeben  hatte,  weil  ihm  die  dortigen  Terrainverhäl  Inisse 
besser  erschienen  als  jene  von  Carober.  Trotzdem  nun  die  Vorkehrungen 
für  die  Landung  sofort  in  Angriff  genommen  wurden,  so  verstrich  doch 
eine  viel  zu  lange  Zeit,  bevor  man  mit  denselben  zu  Ende  kam  und  es 
war  beinahe  '/a^"  geworden,  ehe  das  Signal  zur  Ausschiffung  gehißt  werden 
konnte.  Der  Wind  halte  inzwischen  ein  wenig  aufgefrischt.  Auf  das 
gegebene  Signal  nfiherten  sich  alle  Schiffe  der  .Maria  Adelaide"  und 
sandten  ihre  mit  der  AusscliiiTangsmannschaft  besetzten  Boote  derselben 
zu,  unter  deren  Bord  sie  geordnet  und  von  Dampfbarkassen  in  Schlepp 
genommen  wurden,  Obzwarnun  dieDampfbaikasse  der  »Maria  Adelaide' 
unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  8  bis  9  Boote  in  Schlepp  nahm,  so 
kam  sie  diesmal,  wie  Vizeadmiral  Albini  berichtet,  infolge  des  herr- 
schenden Seeganges  kaum  mit  zweien  fort,  weshalb  er  dem  Kanonen- 
boote .Montebello*  befitb),  die  Dampfbarkasse  samt  den  angehängten 
Booten  unter  Land  zu  schleppen.  Hierüber  war  es  aber  schon  fast 
dunkel  geworden  und  als  man  eben  sich  anschickte,  in  der  Nähe  von 
Portochiave  die  Leute  ans  Land  zu  setzen,  wurden  die  Boote  vom  Lande  aus 
mit  Schüssen  empfangen  '),  worauf  sie  sich  gleich  wieder  zurückzogen 
und  weiter  nichts  mehr  unternommen  wurde. 

Vizeadmiral  Albini  meldete  hierauf  dem  kommandierenden 
Admiral  einfach,  daß  er  die  Landung  aufgegeben  habe,  »weil  die  unruhige 
See  dieselbe  sehr  erschwert  und  die  Avantgarde  der  Boote  Widerstand 
von  am  Lande  aufgestellten  fehidhchen  Truppen  gefunden  hittte.*  *) 


■)  Durch  einen  Schwärm  der  i.  Maxin einf an lerietompagnie  und  1  Ratelen- 
Ifeschütz. 

3)  Admiral  Pcrsuno  Tand  diese  Meldung  sehr  sonderbar  und  schrieb  anf  die 
Bückseite  de rsctben  die  t'olgen'len  Bemerkunfien:  .Dieser  Widersland  kann  nicht  sehr 
grdfi  gewesen  sein,  da  niemand  den  gerlngsleiL  Schaden  uuhiii.  Wie  dem  übrigens  auch 


177 

Eben  als  diese  zweite  Meldung  des  Vizeadmirals  Alb  in  i  an  den 
Admiral  Persano  abging,  traf  bei  ihm  ein  Schreiben  des  Stabschefs  der 
Flotte  ein,  in  welchem  auf  Befehl  des  kommandierenden  Admirals  die 
Landmig  für  diesen  Tag  eingestellt  wurde.  Linienschiffskapitän  di  Monale 
sowie  der  Artilleriemajor  Taf  fini  hatten  sich  sofort  an  Bord  des  Flaggen- 
schiffes zu  begeben,  damit  dort  die  weiteren  Maßnahmen  bezüglich  der 
Landung  am  nächsten  Morgen  vereinbart  werden  könnten. 

Die  Veranlassung  zu  diesem  Gegenbefehle  war  folgende  gewesen : 
Gegen  8^  p.  m.  hatten  sich  der  Kommandant  der  »Formidabile*,  Fregatten- 
kapitän Saint-Bon  sowie  der  Stabschef  der  dritten  Eskadre,  Fregatten- 
kapitän Bucchia  an  Bord  des  „Re  d'Ilalia*  begeben,  um  dem  Admiral 
Bericht  über  den  Kampf  gegen  die  Batterie  Madonna  zu  erstatten.  Bei 
dieser  Gelegenheit  machte  Fregattenkapitän  Bucchia  dem  Admiral 
Persano  den  Vorschlag,  am  nächsten  Morgen  die  Bekämpfung  der 
Batterie  Madonna  in  der  Weise  vorzunehmen,  daß  man  mit  den  Panzer- 
schiffen in  den  Hafen  von  S.  Giorgio  einlaufe,  diese  an  der  Batterie  vor- 
überpassierend ihr  Feuer  gegen  dieselbe  abzugeben  und  dann  mit  Gegen- 
marsch zu  wenden  hätten.  Wenn  auf  diese  Weise  die  Batterie  vollständig 
demontiert  und  zum  Schweigen  gebracht  worden  wäre,  hätte  die  Landung 
im  Innern  des  Hafens  S.  Giorgio  stattzufinden. 

Admiral  Persano  schien  diesem  Vorschlage  nicht  abgeneigt  zu 
sein,  machte  aber  die  Bemerkung  hiezu:  »Und  wenn  in  diesem  Augen- 
blicke die  österreichische  Eskadre  erscheint,  was  dann?*  „Dann  greifen 
wir  sie  mit  dem  Sporne  an  und  jagen  sie  davon*,  antwortete  Fregatten- 
kapitän Bucchia.  ^)  „Das  sind  kindische  Redereien  (son  ragazzate  queste),* 


immer  sei,  die  Kriegskunst  hätte  dem  Vizeadmiral  Albini  lehren  müssen,  dafi  in  diesem 
Falle  die  Küste  vorher  durch  ein  lebhaftes  Granaten-  und  Kartätschenfeuer  zu  säubern 
war,  dafi  er  einen  Scheinangriff  vorbereiten  mufite  und  hierauf  erst,  gedeckt  durch  das 
Feuer  der  Flottille,  die  eigentliche  Ausschififung  an  dem  gewählten  Punkte  vornehmen 
konnte.  Aber  nichts  von  alledem !  Der  Vizeadmiral,  dem  die  Ausführung  der  Landung 
mit  aller  Vollmacht  anvertraut  war,  glaubte  seiner  Pflicht  genüge  geleistet  zu  haben, 
wenn  er  dem  kommandierenden  Admiral  die  Meldung  erstatten  ließ,  daß  er  von  der 
Ausführung  der  Landung  aus  dem  Grunde  abgelassen  habe,  weil  er  unruhige  See 
(maretta)  und  Widerstand  durch  Truppen  vorfand.  Der  Hafen  von  Garober  liegt  aber 
doch  im  Norden  der  In  sei,  der  Wind  wehte  aus  Südosten  ohne  besonders  stark  zu  sein  und 
ohne  daß  wir  auf  hoher  See  besondere  Rollbewegungen  empfunden  hätten.  Warum 
wurden  femer  die  Boote  nicht  gleich  durch  die  Kanonenboote  geschleppt,  nachdem 
man  doch  im  stände  sein  mußte,  die  ViTindstärke  im  vorhinein  zu  beurteilen?  Aber  was 
soll  man  zu  alledem  sagen,  wenn  dies  von  einem  Vizeadmiral  berichtet  wird?** 
Randaccio,  Storia  della  niarina  italiana,  II,  Seite  153. 

1)  Rendiconti  etc.  etc;  deposizione  Bucchia,  Seile  51. 

Fleidch  er,  Dio  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  \0 


replizierte  hierauf  AdmiralPersano  und  schien  plÖlzUch  diese  Bemerkung' 
übel  aufzunehmen,  DerStabschef  der  B'lotte,  LiriienschiEfska|iitäii  d' Amico. 
der  bei  dieser  Unterredung  zugegen  war,  griff  nun  vermittehid  ein  und 
OS  wurde  hierauf  beschlossen,  nachdem  es  für  heute  ohnehin  schon  spät 
sei,  bezüglicli  der  Landung  Gegenbefeid  zu  erteilen  und  dieselbe  für  den 
nächsten  Morgen  anzuberaumen.  Die  näheren  Bestimmungen  sollten 
während  der  Nacht  mit  Linienscliiffskapib'in  di  Monale  besprochen  und 
festgestellt  werden. 

Auf  die.se  Weise  unterblieb  die  Landung  am  19.  und  auch  dieser 
Tag  war  vorübergegangen,  oline  daß  man  das  angestrebte  Ziel  erreicht 
hatte. 

Admiral  Pursano  war  bei  diesem  Unlernelimen  offenbar  vom 
Glücke  nicht  begünstigt,  aber,  es  läßt  sieb  dies  nicht  verkennen,  auch  von 
seinen  Unterbefehlshabern  nicht  entsprechend  unterstützt  worden.  Es 
muß  geradezu  Staunen  erregen,  in  welch'  geringem  Grade  Vizeadmiral 
Albini  der  ihm  erteilten  wichtigen  Mission,  die  für  das  Gelingen  des 
ganzen  Unlernebraens  von  solcher  Bedeutung  war.  gerecht  wurde,  und 
welchen  geringen  Eifer,  welchen  Mangel  an  Tatkraft  er  bei  dieser 
Gelegenheit  au  den  Tag  legte.  Wir  wollen  zugeben,  daß  die  Terrain- 
verhältnisse bei  Carober  sich  für  die  anbefohlene  Landung  nicht  gerade 
als  die  günstigsten  herausstellten,  aber  möglich  und  in  dem  Zeitraum 
von  5  Stunden  (2'/»''  bis  T'/j" !'.  ni.)  auch  dui'chführbar  war  dieselbe  bei 
genügender  Energie  deshalb  noch  immer,  Angesichts  der  vorgeschrittenen 
Unternehmung  sowie  der  durch  die  Verhältnisse  zugespitzten  Situation, 
in  welcher  man  sich  befand  und  bei  der  es  kein  .Zuröck'  mehr  gab. 
wenn  das  voi^esteckte  Ziel  erreicht  werden  sollte,  durften  die  sich  dem 
Vizeadmiral  Albini  entgegentretenden  Schwierigkeiten  kein  Hindernis  für 
die  auszuführende  Landung  bilden.  Dieselbe  mußte,  kostete  es  was  es 
wollte,  bewerkstelligt  werden,  und  zwar  noch  im  Laufe  des  19.,  denn  es 
bandelte  sich  darum,  den  letzten  entscheidenden  Schlag  gegen  den  bereits 
erschütterten  Feind  zu  führen,  bevor  noch  die  österreichische  Eskadre 
anlangen  konnte. 

Man  bedenke  nur,  welche  Wirkung  das  Erscheinen  der  italienischen 
Landungstruppen  im  Rücken  oder  in  der  Flanke  der  Forts  während  des 
Kampfes  der  Madonna-Batterie  mit  den  feindlichen  Panzerschiffen  auf  die 
Verteidiger  hatte  hervorbringen  müssi^n  uud  man  wird  sich  der  An- 
schauung nicht  verschließen  können,  daß  in  diesem  Falle  die  schwache 
und  schon  ziemlich  ermüdete  Inselbesatzung  beim  Erscheinen  der  feind- 
lichen Angriffskolorme  wohl  bald  gezwungen  worden  wäre,  den  ungleichen 


179 

Kampf  aufzugeben.  Daß  bei  der  Landung  und  dem  darauf  erfolgenden 
Angriffe  Verluste  in  Aussicht  standen,  war  klar.  Dieser  Umstand  war 
aber  unvermeidlich  imd  mußte  mit  in  den  Kauf  genommen  werden. 

Der  italienische  Geschichtsschreiber  Ran daccio  macht  bezüglich 
der  Haltung  des  Vizeadmirals  Albini  bei  der  von  ihm  durchzuführenden 
Landung  selbst  die  etwas  boshafte  aber  unseres  Erachtens  ganz  zutreffende 
Bemerkung,  „daß  es  geradezu  den  Anschein  gewinne,  als  ob  dieser 
Admiral  der  Ansicht  gewesen  sei,  die  Landung  jedesmal  aufgeben  zu 
müssen,  wenn  die  See  nicht  spiegelglatt  war  oder  wenn  der  Feind  es 
wagte,  herüberzuschießen."  ^) 

Wie  tags  zuvor  entfernte  sich  die  feindliche  Flotte  gegen  8**  abends 
wieder  von  der  Insel,  ihren  Kurs  gegen  die  Mitte  des  Kanales  von  Lissa 
nehmend. 

Mit  dem  Einbrüche  der  Nacht  war  somit  der  Kampf  am  19.  beendet; 
auf  allen  Werken  Lissas  flaggte  noch  das  rot- weiß-rote  Banner  Österreichs 
bis  auf  Fort  Georg,  wo  der  Flaggenstock  abgeschossen  und  im  feindlichen 
Feuer  nicht  wieder  aufgerichtet  worden  war.  Fort  Georg,  Batterie  Mamula 
und  Turm  Robertson  waren  aber  zum  Schweigen  gebracht 

Fort  Georg  hatte  an  Eskarpe  und  Kontreeskarpe  zahlreiche  Treffer, 
welche  kleine  Trichter  hinterließen.  Das  Glacis  war  stark  aufgewühlt,  das 
Ziegeldach  des  Reservemunitionsmagazins  vielfach  durchschossen,  dieses 
selbst  war  aber,  geschützt  durch  die  vorgelegte  Kastentraverse,  unverletzt 
geblieben. 

Die  der  Defensionskaseme  zum  Schutze  der  im  Erdgeschoße  unter- 
gebrachten Munition  vorgelegte  Traverse  war  durch  die  in  die  Holz- 
konstruktion eingedrungenen  Projektile  erschüttert.  In  das  Innere  der 
Kaserne  war  kein  Schuß  gedrungen;  die  Brustmauer  der  Terrasse,  auf  der 
die  ISpfönder  standen,  war  vollkommen  rasiert.  Die  offene  Batterie  hatte 
am  meisten  gelitten.  Die  3  bis  5'  dicke  Steinbrust  war  größtenteils  bis 
zum  Walle  rasiert,  ein  Teil  des  Wallganges  durch  die  Explosion  der 
Wallkästen  eingeworfen  und  mit  Steintrümmem  übersät;  die  Lafetten 
aller  Geschütze  waren  unbrauchbar. 

Die  Batterie  Mamula  hatte  einige  Schußtrichter  in  dem  wenig 
soliden  Mauerwerk  der  Eskarpe ;  einige  Projektile  hatten  in  die  Schutz- 
traverse des  Pulvermagazins  eingeschlagen,  ohne  jedoch  zu  explodieren. 


>)  „Quasi  dircbbesi  che,  secondo  U  Tice-ammiraglio  Alb  in  i,  ogniqualvoita  i 
nemici  tirassero  cannonate  o  fucilate  o  che  il  mare  non  fosse  come  oglio,  si  avesse  a 
tornar  Indietro."  Randaccio,  Storla  della  marina  italiana,  II,  Seite  154. 

12* 


Die  Batterie  Zuppai'ina  hatte  stark  gelitten  und  glich  mehr  einem 
Erdhaufen  als  einem  Werke  der  Kunst;  Eskarpe  und  Brustwehr  waren 
größtenteils  zerstört.  Von  den  vier  Geschützen  derselben  lagen  drei  mit 
zertiümmerten  Lafetten  in  den  Bettungen,  das  vierte  allem  war  noch 
kampffähig.  Eine  seit-  und  rückwärts  der  Batterie  gestandene  Holzbaracke 
war  i:i  Brand  geschossen  und  bis  auf  den  Grund  in  Flammen  auf- 
gegangen. 

Turm  Benlink  imd  die  Eskarpe  des  neuen  Enveloppenteiles  zeigten 
mehrere  Treffer  mit  den  gewöhnlichen  Trichtern.  Im  alten  Teil  der 
Enveloppe,  wo  die  Eskarpe  nur  trocken  verkleidet  wai",  hatten  die  feind- 
lichen Projektile  eine  2°  breite  Bresche  erzeugt.  Ein  Schuß  war  durch 
den  Eingang  in  das  Innere  des  Turmes  auf  die  Pulverraagazinsmauer 
gedrungen,  ohne  sie  jedoch  zu  durchschlagen. 

Turm  Robertson  hatte  wenige  Schüsse  erhalten, 

Batterie  Schmidt  war  in  ihrer  rechten  Seite  in  einen  Erd-  und 
Steinhaufen  verwandelt,  während  die  linke  Hälfte  mit  dem  zweiten  Hand- 
pulvermagazin, in  dessen  Decke  gleichfalls  einige  Projektile  eingeschlagen 
hatten,  unversehrt  stand.  Die  Geschütze  waren  umgeworfen,  deren 
Lafetten  zertrümmert, 

Turm  Wellington  hatte  nach  Batterie  Schmidt  am  meisten  Schaden 
genommen.  Auf  seinen  Mauern  zeigte  beinahe  jeder  QuadralfuB  einen 
feindlichen  Treffer,  die  Eskarpe  an  der  Nordseite  eine  bis  2*  hohe,  ebenso 
breite  und  1°  tiefe  Bresche;  einige  glückliche  Schüsse  hätten  die  Mauer 
und  mit  ihr  die  Deckbatterie  unfehlbar  zum  Falle  gebracht. 

Die  Batterie  Magnaremi  hatte  2  Treffer  in  der  Eskarpe  aufzuweisen, 
die  innere  Brustwehr  war  beschädigt. 

Die  Batterie  Nadpostranje  hatte  gar  nicht  gehtten;  eine  bis  an  den 
Fuß  des  Glacis  gedrungene  Kugel  war  das  einzige  Zeichen  der  stalt- 
gehabten Beschießung  vom  vorigen  Tag, 

Die  Lafeltierungen  der  Geschütze  hatten  durchgehends  so  namhaft 
geÜtten,  daß  die  Werke  Nr.  1  bis  8  nur  mehr  den  dritten  Teil  ihrer 
Geschütze  noch  benützen  konnten.  Dieselben  hatten  im  Laufe  der  bis- 
herigen zweitägigen  Verteidigung,  abgesehen  von  einigen  Raketenwürfen, 
2733  Schüsse  abgegeben,  i) 

Die  Truppe  war  durch  den  36stündigen  Dienst  sehr  ermüdet. 
Dieselbe  arbeitete  gleichwohl  die  ganze  Nacht,  trug  Munition  und  Proviant 


1)  Gegeo  miuileBtens  äö  bb  SU.tXHj  Schüsse  der  iUUeoiädien  SdiiCTe. 


181 


in  die  Werke,  besserte  diese  möglichst  aus  und  führte  brauchbare  Lafetten 
an  Stelle  der  zerschossenen  in  einige  Werke  ein. 

Es  blieben  nur  mehr  1  Geschütz  in  der  Batterie  Zupparina,  2  in 
Bentink,  5  in  Wellington  und  7  in  Madonna  sowie  die  auf  Cosmo  und  im 
Innern  der  Insel  aufgestellten  Verteidigungs-  und  Raketengeschütze  zur 
Disposition. 

Die  Verluste  der  Besatzung  bezifferten  sich,  wie  folgt: 
Fort  Georg 2  Mann  tot,     1  Offizier,  21  Mann  verwundet. 


Batterie  Mamula  .  . 
Batterie  Zupparina  . 
Turm   Bentink  samt  En- 

veloppe 

Batterie  Schmidt  .  . 
Turm  Wellington  und 

Mörserbatterie  .  . 
Batterie  Madonna 


4 
7 


16 

1 
1 


-  17 

-  8 

2 

1  Offizier,  18 

—  4 

—  1 


31  Mann  tot,  2  Offiziere,  71  Mann  verwundet. 


Das  Marineinfanterie- 
bataillon hatte  außerdem 
noch - 


a> 


zusammen  31  Mann  tot,   2  Offiziere,  73  Mann  verwundet. 
Die  feindliche  Flotte 
zählte 16     ,         ,4        ,         95     ,  . 


Die  Verluste  derselben 
wie  folgt: 

Am  18.  Juli: 
,Re  di  Portogallo* 
, Maria  Pia*    .    . 
«San  Martino*"   . 


verteilten  sich  auf  die  einzelnen  Schiffe, 


•       •       •       • 


,Palestro"  .  . 
^Varese*  .  .  . 
, Maria  Adelaide*' 

Am  19.  Juli: 
^Formidabile*    . 
.Ancona"    .    .    . 


4  Tote,    2  Offiziere,  12  Mann  vervnmdet, 

1  Toter,  —  6     „ 

-  -  6     , 

-  -  9     , 

-  1     . 

2  Tote,  —  3     „ 


n 


« 


Summe  .    7  Tote,    2  Offiziere,  37  Mann  verwundet. 


3  Tote,    2  Offiziere,  39  Mann  verwundet. 


6      . 


—         19 


Summe  .    9  Tote,   2  Offiziere,  58  Mann  verwundet. 
Zusammen  .  16  Tote,  4  Offiziere,  95  Mann  verwundet. 


Melirere  SchiÖe,  darunter  besonders  ,FormidabUe",  hatten  Havarien 
erlitten,  die  meisten  führten  nur  mehr  für  zwr-i  Tage  Knlilen  am  Bord. 

Die  Lage,  in  welche  sich  Admiral  Persano  am  Abend  des  19. 
versetzt  sah,  war  nunmehr  eine  sehr  schwierige  geworden,  denn  es  hieß 
einen  keineswegs  leichten  Entschluß  zu  fassen.  Er  hatte  nur  die  Alter- 
native vor  sich,  entweder  am  nächsten  Tag  in  den  frühesten  Morgen- 
stunden, noch  vor  dem  möglichen  Erscheinen  der  österreichischen 
Eskadre,  den  letzten  kräftigen  Schlag  sowohl  zu  Wasser  als  zu  Lande  zu 
lühren,  um  auf  diese  Weise  die  Insel  in  seinen  Besitz  zu  bekommen  und 
nicht  die  Früchte  der  bisherigen  zweitägigen  Kämpfe  zu  verlieren  oder 
aber  diese  schon  ziemlich  weit  gediehene  Unternehmung  zu  sistieren, 
nach  Ancona  zurückzugehen,  sich  mit  Kohlen  imd  Munition  zu  versehen 
imd  den  Umständen  gemäß  zu  handeln. 

Der  Admiral  entschied  sich  in  einer  bis  spät  in  die  Nacht  dauernden 
Beratung  mit  dem  Stabschef  der  Flotte,  dem  Kommandanten  der  Aus- 
schiffungstruppen Linienschiffskapitän  di  Monale  sowie  dem  Arlilierie- 
major  ConteTaffini  dafür,  die  Bekämpfung  der  Insel  wieder  aufzu- 
nehmen, und  zwar  sollten  die  Panzerschiffe,  um  für  alle  Fälle  bereit  zu 
sein,  außerhalb  des  Hafens  verbleiben  und  nur  die  Schiffe,  welche 
300pfündige  Armstronggeschütze  am  Bord  führten,  die  Bewältigung 
der  Batterie  Madonna  übernehmen,  während  die  Ausschiffung  der 
Landungstruppen  im  Hafen  von  Carober  vorbereitet,  aber  im  entschei- 
denden Momente  im  Innern  des  Hafens  von  San  Giorgio  erfolgen  sollte. 

Die  Nacht  auf  den  20.  war  finster  und  regnerisch;  der  Wind  wehte 
ziemlich  frisch  aus  Südwesten.  Nachdom  man  es  unterlassen  hatte,  für  die 
Navigation  während  der  Nacht  eine  Formation  bekannt  zu  geben,  so 
fehlte  es  an  jeder  Ordnung;  die  Schilfe  der  verschiedenen  Gruppen 
bewegten  sich  untereinander  und  ein  jeder  Schiffskommandant  handelte 
nach  eigenem  Ermessen,  bloß  auf  die  Sicherheit  seines  Schiffes  Bedacht 
nehmend.  Besonders  die  Holzeskadre  befand  sich  in  einer  recht  un- 
erquicklichen Lage,  da  die  vielen  Boote  und  Flottanten,  welche  man  im 
Wasser  gelassen  hatte,  sich  jeden  Augenblick  zu  füllen  drohten,  so  wie 
man  nicht  ganz  dicht  unter  Land  hielt. 

Am  frühen  Morgen  des  20,  begab  sich  Konlreadmiral  Vacca  an 
Bord  des  ,Re  ditalia"  und  riet  dem  kommandierenden  Admiral  in  An- 
betracht des  för  eine  Ausschiffung  ungünstigen  Wetters  sowie  des 
Umstandes,  daß  mehrere  Schiffe  nicht  mehr  hinreichend  mit  Kohlen 
versehen  seien,  von  einer  jeden  weiteren  Unternehmung  gegen  Lissa  ab, 
dafür  sogleich  nach  Ancona  zurückzukehren,  die  Havarien  auszubessern 


183 

und  sich  wieder  mit  allem  Nötigen  zu  versehen.  Er  führte  aus,  daß  die 
Eroberung  der  Insel  mittels  eines  Handstreiches,  wie  man  gehofft  hatte, 
eigentlich  mißlungen  sei,  daß  man  genug  Schüsse  mit  den  Batterien 
gewechselt  und  dem  Feinde  vielen  Schaden  zugefügt  habe,  so  daß  nicht 
mehr  gesagt  werden  könne,  die  Marine  habe  nichts  getan.  Auch  dränge 
sich  ihm  immer  mehr  die  Oberzeugung  auf,  daß  mit  dem  Besitze  der 
Insel  Lissa  dem  Lande  eigentlich  wenig  gedient  sei,  und  er  müsse  in 
dieser  Beziehung  eher  auf  Venedig  hinweisen,  welches  als  italienischer 
Boden  bei  weitem  mehr  Wichtigkeit  habe  als  diese  dalmatinische  InseL 
Übrigens  könne  man  ja,  nachdem  man  wieder  mit  allem  nötigen,  beson- 
ders mit  mehr  Äusschiffungstruppen  versehen  sein  werde,  nach  Lissa 
zurückkommen  und  dasselbe  dann  mit  Aussicht  auf  vollstündigen  Erfolg 
erobern. 

Admiral  Persano  wollten  die  angeführten  Gründe  seines  Unter- 
befehlshabers nicht  vollständig  einleuchten  und  er  machte  diesem  die 
Gegenbemerkung,  daß,  seiner  Anschauung  nach,  es  nicht  angezeigt  sei, 
im  jetzigen  Augenblicke,  wo  der  Feind  bereits  bedeutend  erschüttert  sei, 
die  Unternehmung  aufzugeben;  trotzdem  schien  aber  auch  er  einen  festen 
Entschluß  nur  schwer  fassen  zu  können. 

Der  Stabschef  der  Flotte,  Linienschiffskapitän  d'Amico,  welcher  zu 
dieser  Unterredung  hinzugerufen  wurde,  machte  hierauf  einen  anderen 
Vorschlag,  und  zwar  den,  mit  der  Flotte  nach  dem  Hafen  von  Cittavecchia 
auf  der  Insel  Lesina  zu  gehen  und  inzwischen  außerhalb  desselben  bei 
den  Spalmadoren  einen  Aviso  als  Ausluger  kreuzen  zu  lassen.  Von 
diesem  Hafen  aus  solle  man  nach  Ancona  um  weitere  Truppen,  Munition 
und  Kohlen  schicken,  in  deren  Erwartung  sich  aber  immer  bereit  hallen, 
den  Feind  zu  empfangen  und  sowie  er  signalisiert  würde,  sofort  hervor- 
brechen, um  ihm  im  Osten  der  Insel  Lesina  die  Schlacht  anzubieten. 

Auch  dieser  Plan  erfreute  sich  nicht  der  vollständigen  Zustimmung 
des  kommandierenden  Admirals,  welcher  kurz  erwiderte,  daß  er  denselben 
wohl  beachtenswert  finde,  hierüber  jedoch  vor  allem  erst  der  eingeschiffte 
Lokallotse  gehört  werden  müsse. 

Der  Abgeordnete  Boggio,  welcher  gleichfalls  bei  dieser  Beratung 
gegenwärtig  war,  drang  wieder  unter  Hinweis  auf  die  öffentliche  Meinung 
in  den  Admiral,  den  Angriff  auf  die  Insel  Lissa  fortzusetzen  und  zu 
beenden. 

Während  man  noch  so  hin-  und  herdebattierte,  wurde  dem  Admiral 
die  Ankunft  des  gemieteten  Dampfers  »Piemonte*  gemeldet,  der  von 
Ancona  500  Mann  Marineinfanterie  unter  Oberst  Magnasco   brachte. 


184 


Dieser  Umstand  überwog  nun  bei  Admiral  Persano  alle  anderen 
Bedenken  und  bestimmte  ihn  zu  der  Fortsetzung  des  Angriffes,  dem- 
zufolge auch  sogleich  die  hierauf  bezüglichen  Befehle  erlassen  wurden. 

Vizeadmiral  Albini  wurde  neuerdings  angewiesen,  ungesäumt  die 
Ausschiffung  an  einer  ihm  passenden  Stelle  vorzubereiten;  die  Panzer- 
schiffe »Terribile*  und  ^Varese*,  welche  sich  seit  dem  vorhergehenden 
Abend  bei  Busi  befanden,  erhielten  den  Befehl,  die  Batterien  von  Comisa 
neuerdings  zu  beschießen  und  zu  verhindern,  daB  ihre  Bedienungs- 
mannschaft als  Verstärkung  der  Garnison  nach  Lissa  gezogen  würde. 
,Re  dltalia*,  „Re  di  Portogallo**,  ,Palestro*  und  »Affondatore*  sollten, 
wie  schon  erwähnt,  mit  ihren  SOOpfündern  von  der  Einfahrt  aus  gegen 
die  Batterie  Madonna  wirken. 

Diese  Befehle  waren  kaum  erflossen  und  an  ihre  Bestimmung 
gelangt,  als  plötzlich  um  8^  a.  m.  im  Nordwesten,  in  eine  Regenbö  gehüllt, 
der  Aviso  «Esploratore""  auf  die  Flotte  zusteuernd,  in  Sicht  kam,  mit  dem 
Signal  am  Top:  „Verdächtige  Schiffe  in  Sicht".  Nun  blieb  wohl  kein 
Zweifel  mehr  daran  übrig,  daß  sich  die  österreichische  Eskadre  der  Insel 
Lissa  nähere. 

„Ecco  i  pescatori!"  rief  Admiral  Persano  hochmütig  aus,  ohne  zu 
ahnen,  daß  er  noch  vor  dem  Abend  desselben  Tages  von  diesem  so 
gering  geschätzten  Gegner  geschlagen  sein  und  sich  mit  seiner  mächtigen 
Flotte  auf  dem  Rückwege  nach  Ancona  befinden  werde. 


185 


8.  Kapitel 


Verteidigungsanstalten  der  GamisoQ  von  Linsa  fQr  den  20.  Juli.  —  Die  ÖHterreichisiche  Eskadre  in  Fasana.  — 
Einlangen  der  ersten  Nachrichten  vom  Angriffe  der  italienischen  Flotte  auf  Lissa.  —  Entschluß  des  Kontre- 
adznirals  v.  Tegetthoff,  zum  Entsätze  auszulaufen.  — Abfahrt  der  k.k.  Eskadre  am  19.  Juli  mittags.  —  Fahrt 
derselben  gegen  Lissa.—  Die  italienische  Flotte  am  Morgen  des  20.  Juli.  —  Seeschlacht  von  Lissa.  —  über- 
schiffung  des  Admirals  P  e  r  s  a  n  o  auf  den  ^Affondatore*.  —  Die  Osterreichische  Panzerdivision  durchbricht  die 
italienische  Schlachtliuie.  —  Die  italienioche  Tetogruppe  fällt  gegen  die  Csterreichischen  Holzdivisionen  ab. 
—  Die  italienische  Queuegruppe  ahmt  dieses  ManOver  nach.  —  Kommodore  v.  Petz  wirft  sich  der  letz- 
teren entgegen.  —  Erstes  Engagement  des  Linienschiffes  f  Kaiser"  mit  dem  ^Affondatore**.  —  Sein  Kumpf 
mit  dem  „Rö  di  Portogalio"  und  ROckzug  nach  Li^sa.  —  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  greift  die  feind- 
liche Mittelgruppe  an.  —  Auflösung  des  taktischen  Verbandes  und  Beginn  der  Melee.  —  Wiederholtes 
Rammen  des  Ost erreichi sehen  Admiralschiffes  «Erzh.  Ferdinand  Max*.  —  Untergang  des  „Rö  d'Italia".  -- 
«Palestro*  in  Brand.  —  Sammlung  der  italienischen  Panzerschiffe  durch  Kontreadmiral  Yacca.  —  Untä- 
tigkeit der  italienischen  Holzflotte.  —  Zweites  Engagement  des  Linienschiffes  «Kaiser"  mit  dem  «Affonda« 
datore".  —  Vereinigung  der  Österreichischen  Holzschiffe  mit  den  Panzerschiffen.  —  Kontreadmiral  v.  Tegett- 
hoff  formiert  seine  Eskadre  in  3  Kolonnen.  —  Unentschlossenheit  in  der  FQlining  auf  der  italienischen 
Seite.  —  Zweckloses  Hin-  und  Herfahren  der  italienischen  Flotte.  —  Ende  der  Schlacht.  >-  RQckzug  der 
italienischen  Flotte.  —  Auffliegen  des  «Pulestro".  —  Einlaufen  der  Österreichischen  Eskadre  in  den  Hafen 
von  San  Giorgio.  —  Beidenteitige  Verluste.  —  Eskadrebefehl.  —  Ernennung  Tegetthoffs  zum  Vize- 
admiral. —  ROckkchr  der  k.  k.  Eskadre  Lach  Fasana. 

Das  Wetter  am  Morgen  des  20.  Juli  war  sehr  veränderlich.  Regen- 
schauer wechselten  mit  heftigen  Windstößen  ab  und  gegen  7^  brach  ein 
heftiges  Gewitter  los.  Als  dasselbe  vorüber  war,  lag  die  Insel  Lissa  in 
einem  dichten  Nebel  eingehüllt.  Nacheinander  waren  von  mehreren 
Punkten  der  Küste  Meldungen  über  während  der  Nacht  versuchte 
Rekognoszierungen  beim  Inselkommando  eingelangt,  ^)  von  Porlo- 
cliiave  und  Carober  die  Anzeige,  daß  der  Feind  daselbst  Vorbereitungen 
für  größere  Landungen  treffe.  In  Ungewißheit  darüber,  von  welcher  Seite 
der  feindliche  Angriff  erfolgen  werde,  hatte  die  Besatzung  die  Ver- 
teidigungsstellung bei  Cosmo-Andrea  bezogen;  die  Besatzung  des  Forts 
Georg  wurde  durch  1  Offizier  und  70  Mann  der  Marineinfanterie  verstärkt 
und  eine  halbe  Kompagnie  mit  zwei  12pfündigen  Raketengeschützen  auf 
die  gegen  das  Tal  von  Samogor  vortretende  Höhe  gegen  Portochiave- 
Carober  vorgeschoben. 


1)  Während  des  Morgengrauens  wurde  bei  Punta  Stupi§<ie  durch  einen  feindlichen 
Bragozzo  eine  Landung  versucht,  von  der  in  der  Nähe  postierten  Marineinfanterie  und  der 
Geschützstellung  auf  Berg  Perliö  jedoch  verhindert;  ebenso  mißlang  eine  bei  Stonciöa 
unternommene  Rekognoszierung. 


Es  war  beschlossen,  solange  des  Feindes  wahre  Absicht  nicht  zu 
erkennen  sei,  ihn  in  dieser  Stellung  zu  erwarten. 

Da  brach  gegen  10''  die  Sonne  durch  die  NebelhQlle  hervor  und 
beleuchtete  ein  großartiges,  erhabenes  Schauspiel;  von  Nordwesten  her 
dampfte  in  fester  geschlossener  Ordnung  die  Österreichische  Eskadre 
heran,  der  schwer  geprüften  Insel  den  Entsatz  bringend. 

Die  wackere  Besatzung,  welche  in  dem  zweitägigen  blutigen  Kampfe 
mit  wahrhaft  heldenmütiger  Aufopferung  das  Banner  Österreichs  hoch- 
gehalten hatte,  brach  bei  diesem  Anblicke  in  ein  Freudenhurrah  aus  und 
harrte  sodann  in  höchster  Spannung  der  Entscheidung,  welche  der 
gewaltige  Zusammenstoß  der  beiden  Flotten  vor  ihren  Augen  bringen 
mußte.  Daß  die  Hilfe  noch  zur  rechten  Zeit  kommen  konnte,  beruht  auf 
folgendem : 

Wie  wir  am  Schluß  des  4.  Kapitels  geschildert  haben,  tag  die 
österreichische  Eskadre  Mitte  Juli  auf  der  Rhede  von  Fasana  in  vier 
Kolonnen  vor  Anker  und  schien  es  infolge  der  auf  dem  nördlichen  Kriegs- 
schauplatze eingetretenen  unglücklichen  Ereignisse,  welche  den  Abschluß 
eines  Waffenstillstandes  wahrscheinlich  machten,  als  ob  dieselbe  in 
diesem  Kriege  zu  keiner  Aktion  mehr  gelangen  sollte. 

Da,  wie  mit  einem  Schlage,  änderte  sich  die  Situation  für  sie,  und 
gerade  ihr  wurde  noch  das  Glück  zu  teil,  dem  Vaterlande  einen  wichtigen 
Dienst  leisten  zu  können  sowie  ihre  Flagge  durch  einen  glorreichen  Sieg 
zu  hohem  Ansehen  zu  bringen. 

Am  17.  Juli  war  durch  das  Generalkommando  in  Zara  das  folgende 
Telegramm  des  Insel-  und  Festungskommandanten  von  Lissa  bei  der 
Eskadre  angelangt:  .Ein  Kriegsschiff  unter  englischer  Flagge ')  mit  Kurs 
Nordwest  in  Sicht  gelangt,  hat  Insel  rekognosziert,  dann  mit  Kurs 
Südost  retoumiert. " 

Am  18.  Juli  trafen  gegen  11''  vormittags  folgende  vom  Insel- 
kommando zu  Lissa  um  8'*  30'"  a.  m.  und  '.!''  50"'  a.  m.  aufgegebenen 
telegraphischen  Depeschen  ein:  ,9  Kriegsschiffe  ohne  Flagge  vonNordwest 
steuern  auf  20  Meilen  der  Insel  zu"  —  dann:  .10  Kriegsdainpfer  steuern 
signalisierten  Kurs,  französische  Flagge,  15  Meilen  entfernt". 


')  Es  war  dies,  wio  bekannt,  iler  italienische  Avismlampfer  .Mcssa^gicro*,  der 
mit  dem  Slalischef  dtr  ilalienisnlicn  Flotte.  Linie nschilTskapitBn  d'Amico  an  Bord, 
wftltrccd  des  Vormittag  des  17.  eine  Rekogoosiiening    der  Insel  vornslira.    Si«hfl 

hierüber  die  AiitiitTtungen  Sfite  118. 


187 

Kontreadmiral  Tegetthoff  teilte  diese  Depeschen  dem  Kriegs- 
ministerium sowie  dem  FML.  Baron  Maroiöic  in  Grörz  telegraphisch  mit 
und  fügte  hinzu:  , Glaube  deshalb  nicht  nach  Südost  gehen  zu  sollen, 
da  dies  eine  Demonstration  von  italienischen  Schiffen  sein  dürfte,  um 
die  Eskadre  von  hier  wegzulocken.  Bitte  aber  jedenfalls  um  Mitteilung 
der  Ansicht,  wie  sich  die  Eskadre  bei  ähnlichen  Nachrichten  zu  verhalten 
hätte.  ^  Salamander  *'^)  zieht  viel  Wasser  und  muß  nach  Pola**. 

Gegen  2  ^  p.  m.  kamen  neuerdings  Telegramme  von  Lissa:  «Signali- 
sierte Schiffe  lavieren  Nordwest;  die  Flagge  eingezogen;  ich  alarmiere.* 
(abgegangen  10^  10"  a.  m.)  —  ^Signalisierte  Schiffe  steuern  gegen 
Lissa,  10  Meilen  entfernt.  Angriff  steht  bevor.*  (11^  45°*  a.  m.)  — 
«Comisa  mit  12  Schiffen  angegriffen.  Sardinische  Flagge.*  (0^  20" 
p.  m.)  *) 

Letzteres  Telegramm  gelangte  auch  vom  Generalkommando  Zara 
an  das  Eskadrekonunando,  worauf  der  Kontreadmiral  um  2*"  20"  p.  m. 
dessen  Inhalt  an  das  Kriegsministerium  mit  dem  Beifügen  bekanntgab: 
,Ich  halte  meine  frühere  Ansicht  aufrecht.  Bitte  um  Befehl,  da  Lissa  sehr 
entfernt  vom  voraussichtlichen  Hauptangriffsobjekte  ist.*  An  das  Insel- 
kommando Lissa  stellte  derselbe  die  Anfrage  nach  der  Gattung  der  feind- 
lichen Schiffe,  um  daraus  auf  die  eigentlichen  Absichten  des  Gegners 
schließen  zu  können. 

Bald  darauf  trafen  die  Depeschen  ein :  , Hafen  von  Lissa  angegriffen.* 
(abgegangen  0*"  40"  p.  m.)  „Heißes  Kanonengefecht  bei  Lissa,  ohne 
Schaden.*  (1**  15"  p.  m.) 

Im  Laufe  des  Nachmittags  langten  vom  Inselkommando  Lissa,  vom 
dalmatinischen  Gouvernement  und  von  dem  Brigadekommando  zu  Spalalo 
fortgesetzt  Telegramme  ein,  welche  den  Kampf  von  10  Panzerfregatten 
und  3  Dampfern  gegen  S.  Giorgio,  die  Zerstörung  der  Batterie  Schmidt, 
die  um  4  ^  erfolgte  Besetzung  Lesinas  durch  feindliche  Kanonenboote 
und  die  Unterbrechung  der  telcgraphischen  Verbindung  zwischen  Lissa 


1)  , Salamander"*  liatle  ein  Leck,  das  kommissioneil  untersucht,  für  bedenklirh  — 
wenn  auch  in  Fahrt  weniger  gefährlich  —  erklärt  worden  war. 

2)  Wir  beziehen  uns,  was  den  Angriff  auf  Gomisa  belrifTl,  nochmals  auf  unsere 
Seite  154  gegebene  Berichtigung.  Die  vom  Insel-  und  Festungskommando  in  dieser 
Form  gemachte  Meldung  scheint  in  der  Hast  und  unter  dem  Eindrucke  des  bevor- 
stehenden Angriffes  auf  Basis  der  Angaben  der  Objektskommandanten  gemacht  worden 
zu  sein,  die  alle  in  Sicht  befmdlichen  SchifTe  mitzählten.  Fast  alle  italienischen  Scliiffe 
näherten  sich  der  Insel  und  speziell  Comisa,  aber  nicht  alle  griffen  dieses  letzteie  an; 
die  Gruppen  Riboty  und  Albini  passierten  es  blofi.  A.  d.  V. 


und  Lesina,  liie  um  7  ''  orfolgte  Ansammlung  von  14  Dampfern  an  der 
Nordost-,  von  6  Dampfern  an  der  Nordwestseile  des  Hafens  S.  Giorgio, 
das  Ausharren  dor  Werke  dieses  Hafens  in  der  Verteidigung,  endlich  den 
um  7''  20""  p.  m.  erfolgten  Rückzug  der  feindlichen  Schiffe  aus  dem  Schuß- 
bereiche und  ihre  langsame   Entfernung  mit  Kurs  Nordwest  meldeten. 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  mußte  nun  aus  diesen  Telegrammen 
wohl  ersehen,  das  sich  das  Gros  der  feindlichen  Flotte  vor  Lissa  befand; 
er  blieb  jedoch  immer  noch  der  Ansicht,  daß  diese  Unternehmung  gegen 
die  Insel  Lissa  bloß  eine  Diversion  sei,  darauf  berechnet,  die  kaiserliche 
Eskadre  von  den  nördlichen  Gewässern  des  Golfes  wegzulocken,  um  einen 
Hauplangriff  in  den  Gewässern  desisonzo,  gegen  welchen  Fluß  Cialdinis 
Armee  vorrückte,  vielleicht  auf  Triest,  mit  größerer  Leichtigkeit  und  mit 
der  Wahrscheinlichkeit  unternehmen  zu  können,  durch  einige  Tage  von 
der  See  aus  unbehelligt  zu  bleiben.  Dieser  Ansicht  stimmten  auch  die 
meisten  der  zu  einem  Kriegsrate  berufenen  SchiQskommandanten  zu; 
sie  erhielt  auch  die  Zustimmung  des  Kriegsminisleriums  und  des  Kom- 
mandos der  Südaimee,  welch  letzteres  auf  die  wiederholten  Anfragen  des 
Eskadrekommandanten,  ,  welcher  Küstenstrecke  man  unter  den  bestehen- 
den Verhaltnissen  die  meiste  Wichtigkeit  beilege  und  was  daher  zu  tun 
sei",  mit  einem  um  11  ''  nüchts  einlangenden  Telegramme  die  Antwort 
gab;  .Keine  Teilung  der  Eskadre  vornehmen  und  jedfn  Angrill  auf  die 
Küste  von  Istrien  und  Triest  möglichst  vereiteln," 

Doch  am  Morgen  des  19.  Juli  kamen  vom  dalmatinischen  Gouver- 
nement zwei  Depeschen  an,  welche  anzeigten,  daß  der  Kampf  bei  Lissa 
neuerdings  begonnen  habe  und  die  entnehmen  ließen,  daß  die  ganze 
feindliche  Flotte  noch  immer  bei  Lissa  beschäftigt,  also  noch  in  keiner 
Operation  an  einem  anderen  Küstenpunkte  begriffen  sei. 

Die  zweite  Depesche  aus  Zara  (aufgegeben  um  8 "  20  "  a.  m.)  lautete: 
„Heute  um  7  '*  Kampf  bei  Lissa  wieder  begonnen,  heftiger  Kanonendonner 
bei  Lesina  hörbar.  Um  5  '*  fmh  die  italienische  Flotte,  22  SchiETe,  vom 
Kanal  Curzola  gegen  Lissa,  ein  feindlicher  Dampfer  in  Kurs  Südsüdwest 
sichtbar." 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff,  weicherjetzt  zur  Überzeugung  gelangt 
war,  daß  es  sich  im  vorliegenden  Falle  um  keine  Diversion  handeln  könne, 
sondern  daß  der  Feind  ein  ernsteres  gegen  die  bisel  Lissa  gerichtetes 
Unternehmen  vorhaben  müsse,  beschloß  nun  auszulaufen,  die  feindliche 
Flotte  anzugreifen  und  dabei  Lissa  um  jeden  Preis  zu  entsetzen.  Er 
meldete  dies  dem  Kriegsministerium  und  dem  Kommando  der  Südarmee 
mit  dem  Telegramme:    .Soeben  erhalte  Nachricht  von  Zara,  daß  Kampf 


189 

bei  Lissa  heute  7  ^  wieder  begonnen,  22  feindliche  Schiffe.  Gehe  mit 
Eskadre  ab,  lasse  Dampfer  zurück,  um  mir  Weisungen  nachzubrmgen^ 
bitte  schleunige  Antwort.** 

Um  IOV2  ^  a.  m.  berief  der  Kontreadmiral  sämtliche  Schiffskomman- 
danten an  Bord  seines  Flaggenschiffes  und  kündigte  ihnen  den  Entschluß 
an,  dem  bedrängten  Lissa  zu  Hilfe  eilen  zu  wollen,  eine  Mitteilung,  die  mit 
Hurrahs  aufgenommen  wurde.  ^)  Nachdem  er  dieselben  noch  mit  seinen 
weiteren  Absichten  bekannt  gemacht  hatte,  wurde  um  IO7*  ^  der  Eskadre 
das  Signal  gegeben:  »Alle  Kessel  heizen**,  sodann  „Wer  dampfklar,  in 
Bewegung  setzen  • . 

Dampfer  »Vulkan"  erhielt  Befehl,  alle  Flottanten  nach  Pola  zu 
schleppen  und  sich  mit  den  Dampfern  »Lucia**  und  »Triest**  dem  Hafen- 
admiralate,  welches  für  die  möglichst  rasche  Einschiffung  von  1000  Tonnen 
Steinkohle  Sorge  zu  tragen  hatte,  zur  Verfügung  zu  stellen;  Aviso 
»Stadium"  legte  sich  unter  Fort  Brioni,  um  die  bis  2  ^  p.  m.  anlangenden 
Telegramme  dem  Admiral  nachzubringen. 

Ein  großer  Teil  der  Schiffe  war  bereits  in  See  gegangen,  als  dem 
Eskadrekommandanten  einige  Minuten  vor  Mittag  das  nachstehende  Tele- 
gramm des  Kriegsministeriums  zukam:  «Auf  Allerhöchsten  Befehl 
nach  eigenem  Ermessen  handeln;  wegen  Demonstration  gegen 
Lissa  nicht  auslaufen.*  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  blieb  jedoch  bei 
seinem  einmal  gefaßten  Entschluß.^) 


1)  Wie  ernst  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  die  Situation  nahm  und  wie  wenig 
optimistisch  er  über  den  Ausgang  der  ihn  seiner  Ansicht  nach  —  trotz  des  gegenteiligen 
Telegrammes  des  Kriegsministeriums  —  verpflichtenden  Bekämpfung  der  italienischen 
Flotte  vor  Lissa  dachte,  läfit  sich  aus  einer  damals  an  Bord  des  FlaggenschiiTes 
zirkulierenden  Äußerung  entnehmen,  die  er  den  versammelten  Schiffskommandanten 
gegenüber  tat,  als  sich  deren  Begeisterung  und  Jubel  über  die  bevorstehende  Aktion 
etwas  gelegt  hatte.  „Nun,  meine  Herren/  so  soll  beiläufig  der  Kontreadmiral  in  seiner 
bekannten,  ihm  eigenen  Ausdrucksweise  gesagt  haben,  «Ihr  Wunsch,  vor  den  Feind  zu 
kommen,  geht  also  in  Erfüllung  und  ich  glaube,  es  wird  heifi  zugehen.  Ob  wir  zurück- 
kommen oder  wie  wir  zurückkommen,  darüber  läßt  sich  unter  diesen  Verhältnissen 
nichts  sagen ;  aber  von  dem  einen  bin  ich  fest  überzeugt,  dafi,  wenn  es  uns  schlecht 
gehen  sollte,  wir  die  Italiener  doch  so  zudecken  wollen,  daß  auch  sie  genug  haben 
werden.*  A.  d.  V. 

^  Die  Antwort  vom  Kommando  der  Südarmee  erreichte  den  Eskadrekomman- 
danten  erst  am  Tage  nach  der  Schlacht.  Wir  haben  den  Depeschenwechsel  Kontre- 
admirals  V.  Tegetthoff  absichtlich  so  ausführlich  gebracht,  um  zu  zeigen,  in  welch 
schwerer  verantwortungsvoller  Lage  sich  derselbe  befand.  Wir  lassen  es  dahingestellt, 
ob  ein  anderer  weniger  energischer  und  tatendurstiger  Admiral  auf  eigene  Verantwortung 


Um  '/■i^  ''  ^ei'ließ  das  FlaggenschilV  .Erzh.  Ferdinand  Max"  die 
Rhede  von  Fasana,  süeß  um  1'/,  "  zu  den  zwisclien  Compare  und 
Promantore  auf  einige  Meilen  in  See  gesanimellen  SchiÖ'en  und  nahm, 
im  Vorüberfahren  an  denselben  von  den  Klängen  der  A'olkahymne  sowie 
den  donnernden  Ilurrahs  der  auf  Reelings  und  Wanten  aurgeenterten 
Mannschaften  begrüßt,  seinen  Posten  an  der  Spitze  der  Panzerdivision 
ein,  worauf  die  ganze  Eskadre,  bestehend  aus  ä7  Schiffen,  sich  in  Bewe- 
gung setzte  und  bei  südöstlichem  Kurse  mit  ganzer  Kraft  gegen  Lissa 
dampfte. 

Die  Eskadre  war,  wo  wir  bereits  mitgeteilt  haben'),  schon  anfangs 
Juni  gelegentlich  der  Vornahme  der  taktischen  Übungen  in  drei  Divisionen 
eingeteilt  worden,  Panzerschiffe,  schwere  Holzschiffe  und  Kanonenboote. 
Jede  Division  formierte  den  vorspringenden  Winkel;  die  Divisionen  folgten 
einander  mit  einem  Abstände  von  3  Kabel  in  Kiel  Wasserlinie.  Diese 
Formation  hatte  sich  bei  den  taktischen  fJbungen  als  sehr  zweckmäßig 
bewahrt  und  war  beibehalten  worden.  Sie  eignete  sich  nicht  nur  für  die 
bequeme,  geschlossene  Fahrl,  bei  welcher  dieSchiffe  möglichst  zusammen- 
gehalten und  dennoch  Unfälle  durch  Zusammenstöße  vermieden  werden 
mußten,  sondern  auch  ganz  vorzüglich  för  das  Gefecht,  da  sie  die  ganze 
verfügbare  Macht  in  kompakter  Masse  in  die  Aktion  brachte  und  den 
Übergang  in  jede  andere  Formation  leicht  und  schnell  zuließ. 

Der  Panzerdivision  fiel  die  Aufgabe  zu,  heim  Zusammenstoße  mil 
dem  Feinde  in  dessen  Aufstellung  hineinzurennen,  liiebei  womöglich  von 
der  Ramme  Gebrauch  zu  machen  und  eme  Melee  herbeizuführen,  du  man 
nur  durch  die  vereinte  Anwendung  des  Sporns  mit  der  Schiffsartillerie 
auf  kürzeste  Distanz  hoffen  durfte,  die  Überlegenheit  des  Gegners  einigei'- 
maßen  zu  paralysieren. 

Die  Division  der  schweren  Holzschiffe  sollte  je  nach  den  Umständen 
und  der  Aufstellung  des  Femdes,  entweder  auf  einem  oder  dem  anderen 
Flügel  der  Panzerechiffe  disponiert  werden  oder  es  ihrem  Kommandanten 
überlassen  bleiben,  eintretenden  Falls  selbständig  in  die  Aktion  einzu- 
greifen. 

Die  Kanonenboote  und  Setiraubenschoner  endlich,  von  welchen  die 
ersleren  eine  größere  Schnelligkeit  als  die  meisten  Fregatten  besaßen  und 
zusammen    eine  Zahl  von  40   Geschützen,    worunter   37    des   größten 


jeata  eiitaclieidcriden  Entschluß  gefafll  halte,  der  dnna  zum  glorreiclien  Siege  führt« 
uniJ  glauben,  dsB  achou  bierin  ein  Haupt  verdienst  Tegelhoffs  liegt. 
1)  Siebe  Seile  4ä. 


191 

Kalibers  der  Flotle,  repräsentierten,  waren  im  allgemeinen  angewiesen, 
sich  nach  Herbeiführung  der  Melee  in  3  Gruppen  aufzulösen  und  gruppen- 
weise oder  auch  einzeln  die  größeren  Holzschiflfe  durch  Enfilierung  ihrer 
jeweiligen  Gegner  zu  unterstützen.  So  wurde  es  möglich,  alle  vorhandenen 
Kräfte  auszunützen  und  sich  mit  der  Gesamtmacht  auf  den  Feind  zu 
werfen.  Vor  allem  sollte  ein  Massenangriflf  auf  einen  Punkt  erfolgen,  um 
eine  Teilung  und  Verwirrung  des  Feindes  herbeizuführen,  wobei  man 
hauptsächlich  durch  die  Wucht  des  Anpralles  und  das  gleichzeitige 
Rammen  zu  wirken  hoffte.  Durch  die  angenommene  Formation  erschien 
für  den  wichtigsten  Moment,  den  des  Durchbrechens,  die  Einheit  der 
Führung  gesichert  und  da  es  den  Panzerschiffen  anheimfiel,  den  ersten 
Chok  auszuhalten,  waren  hiedurch  die  eigenen  Holzschiffe  so  viel  als 
möglich  gedeckt,  ohne  daß  man  auf  ihre  Mitwirkung  im  Kampfe  gegen 
Panzerschiffe  Verzicht  zu  leisten  brauchte. 

Dies  waren  die  leitenden  Ideen,  nach  welchen  Kontreadmiral 
V.  Tegetthoff  den  Angriff  auf  die  italienische  Flotte  auszuführen  gedachte. 

Die  Eskadre  hatte  um  2V2  ^  P-  m.  den  Leuchtturm  von  Promontore 
passiert  und  steuerte  sodann  der  dalmatinischen  Küste  entlang  Südost- 
kurs. Das  Wetter  war  ziemlich  heiter,  es  wehte  eine  frische  Brise  aus  Süden, 
die  gegen  Abend  nach  Südost  überging  und  derart  zunahm,  daß  infolge 
des  hiedurch  verursachten  Seeganges  die  Fahrt  auf  S^/a  Knoten  herab- 
gemindert werden  mußte,  um  die  geschlossene  Ordnung  zu  erhalten,  da 
einige  der  langsameren  Schiffe  Mühe  hatten,  ihre  Posten  zu  behaupten. 

Nach  7  *"  p.  m.  stieß  Avisodampfer  „Stadium*'  wieder  zur  Flotte, 
ohne  Nachrichten  von  Belang  zu  bringen. 

In  den  Abendstunden  besprach  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  mit 
seinem  Flaggenkapitän  und  den  Offizieren  seines  Stabes  die  möglichen 
Fälle,  die  für  den  kommenden  Tag  gewürtigt  werden  konnten,  sowie  die 
Maßnahmen,  die  jedem  einzelnen  gegenüber  zu  ergreifen  wären.  Er 
gedachte  hiebei  auch  der  Möglichkeit,  daß  der  Feind  bereits  im  Besitze 
des  Hafens  von  S.  Giorgio  sei;  es  wurde  festgesetzt,  daß  auch  in  diesem 
Falle  mitten  in  die  feindlichen  Schiffe  hineinzureimen  sei.  Für  den  Fall, 
daß  der  Admiral  im  Kampfe  fallen  sollte,  ward  bestimmt,  daß  dies  erst  in 
einem  geeigneten  Momente  der  Eskadre  bekannt  gemacht  werde  und  daß 
bis  dahin  und  bis  zur  Übernahme  des  Kommandos  durch  den  rang- 
ältesten  Linienschiffskapitän,  das  Admiralschiff  die  Leitung  der  Eskadre 
fortzuführen  habe. 

Gegen  Morgen  des  20.  umwölkte  sich  der  Himmel,  Wind  und  See- 
gang nahmen    derart  zu,    daß  die  sehr  tief  liegenden  Panzerfregatten 


2,  lind  3.  Klasse  —  .Kaiser  Max",  „Don  Juan  (rAiistria",  .Prinz  Eugen' 
, Drache'  und  .Salamander*  —  des  Wellenganges  wegen  genötigt  wareil 
ihre  Stückpforten  zu  schließen.  Unter  solchen  Umständen  war  zu  besoT^ 
daß  bei  Fortdauer  des  Wetters  und  Seeganges  der  größle  Teil  derPanzeii 
schiffe  sowie  die  Kanonenboote  ihre  Geschütze  vielleicht  gar  nicht  od« 
doch  kaum  mit  Erfolg  würden  gebrauchen  können. 

Gegen  1^  a,  m.  meldete  „Kaiser  Max*,  welcher  sowie  .Prinz  Eugrai 
und  „Stadium"  als  Ausluger  voranfuhr:  ,G  Dampfer  in  Sicht*;  auc 
vom  Flaggenschiffe  wurden  in  südöstlicher  Richtung  Rauchsäulen  bemeii 
doch  hOllle  bald  darauf  eine  Regenbö  aus  Südwest  die  Eskadre  in  dicht« 
Nebel  und  benalim  jede  Fernsicht. 

Nichts  konnte  dem  kaiserlichen  Admiral  ungelegener  komniQ 
Wind  und  Wetter  schienen  sich  verbündet  zu  haben,  um  seine  c 
so  verantwortungsvolle  und  schwierige  Unternehmung  noch  gefährlichf 
und  prekärer  zu  gestallen.  Dauerte  das  dicke  Welter  an,  so  muSte  nac 
Verlauf  von  höchstens  einer  bis  zwei  Stunden  wegen  der  Nfdie  des  Landi 
unbedingt  ein  Kurswechsel  stattfinden,  da  eine  Eskadre  von  27  Schiffi 
sich  unmöglich  in  den  nicht  sehr  breiten  Kanal  von  Lissa  hineinwa^ 
konnte,  wie  es  anderseits  auch  selir  schwer  hielt,  für  eine  so  große  Änza 
von  Schiffen  einen  entsprechenden  Ankerplatz  aufzusuchen.  An 
Teilung  der  Eskadre  war  bei  der  Nähe  des  Feindes  nicht  zu  denken ;  u 
Dampf  in  See  zu  bleiben  veranlaßte  einen  Kohlenverbrauch,  der  bei  dei 
geringen  Fassungsraum  an  Brennmaterial  von  einigen  Schiffen  absolut  t 
vermeiden  war  und  Segel  zu  setzen,  um  beizuliegen,  war  wiederum  nf 
für  einen  Teil  der  Schiffe  tunlich,  da  manche  derselben  unvollkommeiK 
einige  sogar  keine  Takelage  hatten. 

Doch  Kontreadmiral  v.  Tegelthoff  verzagte  nicht  und  ließsidil 
seinem  einmal  gefaßten  Entschlüsse  nicht  mehr  wankend  machen;  nur  d 
Durchführung  seiner  Aufgabe  vor  Augen  und  l'tisl  durchdrungen  von  d 
Überzeugung,  daß  Macht  und  Ansehen  des  Vaterlandes,  das  Wohl  und  i 
gute  Ruf  der  Marine  in  diesem  Augenblicke  auf  dem  Spiele  ständen  Hl 
alles  in  Gefahr  käme,  wenn  er  schwankte,  steuerte  er,  vor  allem  bauei 
auf  den  vorlrefTlichen  Geist  seiner  Offiziere  und  Mannschaften,  ruhig  u 
unerschütterlich  seinem  großen  Ziele  entgegen.  4 

Es  war  zum  Glück  Sommer,  daher  die  Hoffnung  erlaubt,  dal 
Wetter  sich  vielleicht  doch  binnen  kurzer  Frist  aufklären  werde.  Uni 
sollte  der  feste  Wille  des  entschlossenen  Führers  belohnt  werden  i 

k      schon  jetzt  den  ersten  Sieg  davontragen,  begaim  sich  nach  9''  der  HinH 
1 


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193 

au&uheitcm;  der  Wind  setzte  nach  Nordwest  um,  die  See  legte  sich  all- 
mählich, wenn  auch  der  Seegang  noch  immer  stark  genug  blieb,  um  das 
Batteriedeck  der  Panzerschiffe  2.  und  3.  Klasse  mit  Wasser  zu  überspülen 
and  den  Kanonenbooten  mitunter  noch  während  des  Gefechtes  die  Hand- 
habung ihrer  Geschütze  nur  mit  aller  Vorsicht  und  Anstrengung  zu 
gestatten. 

Um  10^  endlich  hatte  der  Nebel  sich  völlig  gehoben;  deutlich 
erschienen  nun  die  Berge  der  Insel  Lissa  und  vor  derselben  erblickte  man 
die  feindliche  Flotte,  in  zwei  Gruppen  getrennt,  welche,  wie  es  schien, 
sich  zu  vereinigen  suchten. 

Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  signalisierte  nun:  „Ausluger  auf  ihre 
Posten*,  ,Klarschiflf  zum  Gefecht*,  „Distanzen  schließen*  und  ließ  zu 
diesem  Behufe  stoppen,  doch  bald  wieder  in  Bewegung  setzen,  um  den 
vollen  Dampfdruck  in  den  Kesseln  zu  erhalten.  Um  10^  30°*  folgte  das 
Signal:  »Mit  ganzer  Kraft  fahren!*  imd  endlich  um  10**  35™  „Panzer- 
schiffe den  Feind  anlaufen,  um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen*,  welch 
letzteres  von  der  Eskadre  mit  begeisterten  Hurrahs  aufgenommen  wurde. 
Das  vorbereitet  gewesene  telegraphische  Signal  „Muß  Sieg  von  Lissa 
werden!*  konnte  der  raschen  Annäherung  wegen,  nicht  mehr  gegeben 
werden,  ebenso  ließ  sich  das  Schließen  der  Distanzen  nicht  mehr  durch- 
führen, da  das  Flaggenschiff  zu  schnell  lief  und  die  hinreichende  Zeit 
fehlte. 

Im  raschesten  Laufe,  die  kleine  Flaggengala  am  Top  der  Masten, 
steuerten  die  kaiserlichen  Schiffe  mit  Kurs  Südost  zu  Süd  der  feindlichen 
Panzerflotte  entgegen,  welche  sich  in  einer  etwas  unterbrochenen  Kiel- 
wasserlinie mit  Kurs  Nordnordost  näherte.  (Siehe  Plan  1.) 

Wir  müssen  uns  nun  wieder  der  italienischen  Flotte  zuwenden,  die 
wir  am  Schlüsse  des  vorigen  Kapitels  verlassen  haben,  als  der  „Esplo- 
ratore*  mit  der  Meldung  von  dem  Herannahen  der  österreichischen 
Eskadre  in  Sicht  kam.  Die  von  ihr  um  diese  Zeit  eingenommene  Stellung 
und  Verfassung  war  folgende: 

Die  Holzeskadre  mit  der  Flottille  lag  zwischen  Travna,  Portochiave 
und  Carober,  mit  den  Vorbereitungen  zur  Landung  beschäftigt. 

„Terribile*  und  „Varese*  hatten  den  Befehl  zur  neuerlichen 
Beschießung  von  Comisa  und  lagen  dort,  im  Begriffe  denselben  auszu- 
führen. 

Die  „Formidabile*  überschiffte  ihre  Verwundeten  auf  das  Hospital- 
schiff „  Washington  * . 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1860.  13 


194 

Die  Panzerschiffe  ,Re  di  Portogalio"  und  .Castelüdardo**  signali- 
sierten Havarien  in  der  Maschine  und  befanden  sich  abseits  vom  Gros 
der  Flotte. 

Die  Reserve  unter  Kontreadmiral  Vacca  lag  beim  Eingang  des 
Kanals,  sudlich  von  San  Giorgio,  die  anderen  Panzerschiffe  vor  demselben, 
in  Erwartung  der  Befehle  zum  Angriffe. 

Admiral  Persano  hatte,  nachdem  er  zur  Überzeugung  gelangt  war, 
daß  sich  die  österreichische  Eskadre  zum  Entsätze  der  Insel  Lissa  nähere, 
sofort  das  Signal  gegeben:  »Die  entdeckten  Schiffe  sind  feindliche**  und 
sodann  die  Formierung  einer  Frontlinie  mit  Westsudwest-  Kurs  anbefohlen,  da 
erdiefeindlicheEskadreinder  Fahrtrichtung  des  „Esploratore*  wähnte.  In 
dieser  Frontlinie  hatte  die  Reserve  unter  Kontreadmiral  Vacca  den 
rechten  Flügel,  die  unter  dem  unmittelbaren  Befehle  des  Admirals  en  chef 
stehende  Gruppe  das  Zentrum  und  die  Gruppe  Riboty  den  linken  Flügel 
einzunehmen. 

Die  Formierung  der  Frontlinie  wurde  jedoch  nicht  von  sämtlichen 
Panzerschiffen  ausgeführt,  denn  „Re  di  Portogallo*  und  aCastelfidardo"* 
lagen  noch  immer  abseits  der  Flotte  mit  der  Reparatur  der  schon 
erwähnten  Maschinenhavarien  beschäftigt.  Der  Admiral  schickte  die 
beiden  Raddampfer  „Governolo**  und  ,Guiscardo*  ab,  um  sie  herbeizu- 
schleppen, welche  Hilfe  sich  indes  als  nicht  mehr  notwendig  erwies,  weil 
sie  inzwischen  wieder  im  stände  waren,  selbst  ihre  Maschinen  gebrauchen 
zu  können.  Tatsächlich  kamen  beide  Schiffe  bald  nacheinander  ange- 
dampft und  nahmen  ihre  Plätze  ein.  Es  fehlten  somit  nur  noch  „Terribile* 
und  ^Varese**,  welche  vor  Comisa  lagen  und  die  von  der  Ankunft  des- 
Feindes  zu  verständigen  der  „Messagiere"  eiligst  abgeschickt  wurde. 
Von  diesen  beiden  Schiffen  vereinigte  sich  jedoch  nur  „Varese"  nach. 
Beginn  des  Kampfes  mit  seiner  Gruppe,  während  die  „Terribile"  so  spät 
anlangte,  daß  sie  nicht  mehr  ihren  Posten  bei  der  Panzerflotte  einnahm, 
sondern  zu  der  Holzflotte  des  Vizeadmirals  Albini  stieß  und  bei  dieser 
verblieb. 

Die  „Formidabile*'  hatte  die  Überschiflfung  ihrer  Verwundeten  auf 
das  Hospitalschiff  „Washington**  eben  beendet,  als  vom  „R6  d'llalia'*  das 
Signal  zur  Formierung  der  Frontlinie  gegeben  worden  war.  Fregatten- 
kapitän Saint-Bon,  welcher  die  Havarien  seines  SchifTes  für  derartige 
hielt,  daß  sie  ihm  nicht  erlaubton,  bei  der  herrschenden  See  an  einer 
Aktion  noch  weiter  teil  zu  nehmen,  erbat  sich  jetzt  vom  kommandieren- 
den Admiral  mittels  Signals  die  Erlaubnis,  behufs  Ausbesserung  der 
erlittenen  Schäden  nach  Ancona  gehen   zu  dürfen.  Obschon  der   ,Re 


195 

d'ILalia'  auf  dieses  Ansuchen  vorerst  bloß  mit  dem  Intelligenzzeichen 
ip Verstanden*  geantwortet  hatte,  die  Bewilligung  desselben  somit  noch 
nicht  erfolgt  war,  glaubte  Konmiandant  Saint-Bon  doch  schon  berechtigt 
zu  sein,  dem  oben  erwähnten  Formationssignale  keine  Folge  leisten  zu 
müssen,  nahm  seinen  Posten  in  der  Frontlinie  nicht  ein,  sondern  steuerte 
abseits  der  Flotte,  wo  er  sich  durch  einige  Zeit  noch  als  müßiger  Zuschauer 
aufhielt,  bis  er  gegen  Mittag  endlich  nach  Ancona  abging.  ^) 

Es  blieben  sonach  Admiral  Persano  im  ganzen  bloß  9  Panzer- 
schiffe übrig,  welche  augenblicklich  dem  Feinde  entgegengestellt  werden 
konnten  und  die  in  Ausführung  des  erteilten  Signals  sich  auch  bestrebten, 
ihre  Posten  einzunehmen.  Als  es  sich  beim  Nachlassen  des  mistigen 
Wetters  zeigte,  daß  die  österreichische  Eskadre  etwas  nördlicher  lag,  Ueß 
Admiral  Persano  seine  Panzerschiffe  Kurs  West  nehmen,  wodurch  die 
Frontlinie  mehr  in  eine  Schachordnung  überging. 

Vizeadmiral  Albini  hatte  inzwischen  mittels  Signals  den  Befehl 
erhalten,  die  Landungsoperationen,  welche  sich  eben  in  der  Vorbereitung 
befanden,  wieder  einzustellen.  Es  ist  begreiflich,  daß  sich  seine  Situation, 
als  ihm  dieser  Befehl  mit  der  gleichzeitigen  Mitteilung  zukam,  daß  der 
Feind  in  Sicht  sei,  zu  einer  etwas  schwierigen  gestaltete.  Seine  Schiffe 
hatten  die  Landungsdetachements  bereits  abgeschickt,  dieselben  lagen 
unter  Bord  der  »Maria  Adelaide**  und  man  war  eben  im  Begriffe,  dieselben 
abteilungsweise  ans  Land  zu  schleppen.  Der  so  plötzlich  erlassene  Gegen- 
befehl brachte  daher  keine  kleine  Aufregung  heiTor  und  es  hielt  schwer, 
die  Ordnung  in  der  alsbald  entstandenen  Verwirrung  aufrecht  zu  erhalten. 
Zu  alledem  präsentierten  sich  ihm  auch  noch  in  diesem  Augenblicke  der 
Kapitän  des  »Piemonte"  und  Oberst  Magnasco  mit  einem  Befehle  des 
Admirals  Persano,  nach  welchem  die  eben  angekommenen  425  Mann 
Marineinfanterie  sofort  zu  übernehmen,  auf  die  verschiedenen  Schiffe 
zu  verteilen  und  bei  der  stattfindenden  Ausschiffung  gleich  mit  zu  ver- 
wenden waren.  Unter  diesen  Umständen  und  in  Anbetracht  der  nun 
vöUig  veränderten  Sachlage  hielt  sich  Vizeadmiral  Albini  für  berechtigt, 
diesen  Befehl  nicht  zur  Ausführung  zu  bringen,  und  befahl,  die  Marine- 
infanterie auf  dem  »Piemonte*  zu  belassen,  dem  kommandierenden 
Admiral  jedoch  hievon  die  Anzeige  zu  erstatten. 

Unbedingt  muß  man  dieses  Vorgehen  des  Vizeadmirals  Alb  in i  als  ein 
ganz  zweckmäßiges  und  der  kritischen  Situation  des  Augenblickes 
entsprechendes  anerkennen,  weniger  derselben  angepaßt  waren  jedoch 
dessen   weitere   Maßnahmen,    welche    die   ungesäumte   Schlagfertigkeit 

1)  Näheres  siehe  Seite  290. 


seiner  Eskadre  sehr  beeint räclitip^ten.  Anstatt  sich  darauf  zu  beschränken, 
die  Ausschiffungsdetachementa  den  Schiffen  eiligst  zurückzuschicken  und 
denselben  anzubefehlen,  sicli  so  rasch  als  möglich  in  gefechtsklaren  Zustand 
zu  versetzen,  befahl  er  auch  noch  die  Bergung  des  gesamten  von  ihnen 
ausgeschifften  Materials  an,  wodurch  eine  kostbare  Zeit  verloren  ging,  so 
daß  sich  Admiral  Persano  veranlaßt  fühlte,  der  Holzflotte  das  Signal  zu 
wiederholen:  .Der  Feind  ist  in  Sicht"  und  damit  zu  erinnern,  daß  dieselbe 
sich  sofort  auf  iliren  Gefechtsposten  hinter  den  Panzerschiffen  zu  begeben 
habe.  Nun  erst  überließ  Vizeadmiral  AI  b  in  i,  wie  er  es  hätte  gleich  von  Anfang 
tun  sollen,  der  FloliUe  die  Bei^ung  des  Materials  mit  dem  Bedeuten,  das- 
selbe eventuell  auch  im  Stiche  zu  lassen,')  befahl  sodann  den  Fregatten 
die  Formierung  euier  Kielwasserlinie  und  steuerte,  als  diese  endlich  nach 
längerer  Zeit  zu  stände  gekommen  war,  gegen  9'/»"  der  Panzerflotte  zu. 
Während  dieser  eben  beschriebenen  Vorgänge  hatte  sich  die  öster- 
reichische Eskadre  zusehends  genähert  und  Admiral  Persano  gab  jetzt 
seinen  Pajizerschiffen  das  Signal:  ,Man  wende  gleichzeitig  nach  Nord- 
nordost", so  daß  die  bisherige  Schachordnung  in  eine  Kielwasserlinie 
verwandelt  wurde,  in  welcher  die  Reserve  unter  Kontreadmiral  Vacca 
die  Avantgarde,  die  von  Admiral  en  chef  kommandierte  Gruppe  das 
Zentrum  und  die  Gruppe  Riboty  die  Arrieregarde  bildeten. 

Dem  .Affondatore",  welcher  sich  weit  ab  am  Ende  der  Linie  befand, 
war  schon  froher  mittels  Signals  befohlen  worden,  achter  vom  Admiral- 
schiff  zu  passieren  und,  da  dieses  Signal  von  demselben  längere  Zeit 
entweder  nicht  gesehen  oder  nicht  verstanden  worden  zu  sein  schien, 
wurde  noch  eiligst  der  ,  Esploratore "  abgeschickt,  um  ihn  herbeizuholen. 

Endlich,  einige  Minuten  nach  10'',  näherte  er  sich  dem  ,R6  d'Italia' 
und  nun  erst  wurde  am  Bord  dieses  Fla^enschiffes  die  Absicht  des 
kommandierenden  Admirals  bekannt,  sich  für  die  bevorstehende  Aktion 
auf  den  .Äffondatore"  zu  überschiffen,  welcher  Beschluß  sowohl  beim 
Stabe  wie  bei  der  Mannschaft  des  ,Re  d'ltalia'  eine  allgemeine  Verwun- 
derung hervorrief  und  infolge  der  Überstürzung  und  wenig  würdevollen 
Art,  mit  welcher  er  durchgeführt  wurde,  einen  ebenso  peinlichen  wie 
ungünstigen  Eindruck  zurückließ. 


■)  Dilles  HaLerial  ging  auch,  insbesondere  was  die  Dampfbarkasscn  anbelangt, 

gri^Blen teils  verloren,  da  inFalge  des  Ausganges  der  ächkcht  auch  die  Flottille  dasseUw 
nicht  behaupten  konnte,  sondern  in  Stich  lassen  mußte.  Nur  der  Schraub enfregatle 
.Gnfla*  war  es  gelungen,  ihre  Dampfbarbasse  einzuheizen.  Zwei  der  ml  Ige  führten, 
zerlegbaren,  eisernen  Chalunds,  die  man  hatte  treiben  lassen,  wurden  spSter  von  den 
Österreichern  geborgen.  A.  d,  V. 


197 

Der  Admiral  hatte  bestimmt,  daß  ihm  aiif  den  „  AflFondatore*  nur  der 
Stabschef  der  Flotte,  LinienschiflFskapitSnd'Amico,  ferner  sein  Sohn  und 
erster  Flaggenadjutant,  Linienschiflfsleutnant  Ernesto  Conte  di  Persano, 
der  zweite  Ordonnanzoffizier  Linienschiflfs-Unterleutnant  de  Luca  sowie 
zwei  Signalunteroffiziere  begleiten  sollten.  Das  übrige  Personal  seines 
Flaggenstabes  erhielt  den  Befehl,  am  Bord  des  „Re  dltalia*  zu  verbleiben. 
Dem  Advokaten  und  Kammerdeputierten  Pier.  Carlo  Boggio  ließPersano 
die  Wahl,  ihm  auf  den  „Aflfondatore*  zu  folgen  oder  auf  dem  ,Re  d'Italia* 
zu  verbleiben;  derselbe  wählte  das  letztere. 

Ungefähr  um  10**  20"  befahl  der  Admiral  dem  Kommandanten  des 
,Re  d'Italia"  zu  halten;  ein  Boot  mit  10  Mann  unter  Führung  des  Guardia- 
marina  Palermo  wurde  gestrichen  und,  nachdem  man  noch  in  aller  Eile 
einige  Schriften  in  einen  leinenen  Sack  gegeben,  den  der  Admiral  in 
eigene  Verwahrung  nahm^)  sowie  ein  Spiel  Signalflaggen  nebst  der 
Taktik  zusammengerafft  hatte,  schifften  sich  die  oben  genannten  Personen 
in  das  Boot  ein,  welches  rasch  dem  „Afifondatore*  entgegenruderte,  der 
sich  mittlei-weile  selbst  schon  auf  ungefähr  die  halbe  Entfernung  genähert 
hatte.  Der  zweite  Kommandant  des  „Affondatore*,  Linienschiffsleutnant 
Chinca,  empfing  den  Admiral  am  Fallreep  und  erhielt  aus  seinen  Händen 
den  Sack  mit  den  Schriften,  welchen  der  Admiral,  nachdem  man  ihm  an 
Bord  geholfen  hatte,  sofort  wieder  zu  sich  nahm;  der  „Äfifondatore*  hißte 
die  Kommandoflagge*)  und  steuerte,  nachdem  er  einige  Minuten  behufs 
Einkupplung  des  Gefechtssteuers  gehalten  hatte,  unter  vollem  Dampf  den 
Panzerschiffen  nach,  die  inzwischen  der  österreichischen  Eskadre  bedeu- 
tend näher  gekommen  waren.  Das  Boot,  welches  den  Admiral  an  Bord 
des  „Affondatore"  gebracht  hatte,  konnte  den  „Re  d'Italia**,  der  sich  unter- 
dessen wieder  in  Bewegung  gesetzt  hatte,  nicht  mehr  erreichen,  wurde 
aber  von  der  Raddampffregatte  .Govemolo'*  in  Sicherheit  gebracht. 

Kein  Signal,  kein  vorhergegangener  Befehl  teilte  der  Flotte  die  so 
überaus  wichtige  Tatsache  der  Überschiffung  des  kommandierenden 
Admirals  vom  „R6  dltalia**   auf  den  „Affondatore**  mit;  mit  Ausnahme 


1)  Tatsache.  Deposizione  Chinca  und  d^'Amico;  Rendiconti  etc.  etc.  Seite  83 
und  GG. 

>)  In  Ermangelung  einer  Admiralsflagge  wurde  eine  Yizeadmiralsflagge  auf  den 
Grofitop  gehißt.  Daß  man  dieser  Kommandoflagge  keine  besondere  Aufmerksamkeit 
schenkte,  dazu  trugen  auch  noch  folgende  Umstände  bei:  Erstens  kam  sie  beim  Hissen 
unklar  auf  den  Top  und  zweitens  wurde  gerade  in  diesem  Augenblicke  von  sämtlichen 
Schiffen,  somit  auch  vom  «Affondatore",  die  kleine  Flaggengala  gehißt.  Siehe  übrigens 
Näheres  Seite  309. 


jener  Schiffe,  die  vermöge  ihrer  Position  diesen  Vorgang  beobachten  oder 
wenigstens  erraten  konnten,  wußte  niemand  elwas  davon. 

Das  Halten  des  ,R6  dllalia'  behufs  der  Überschiffung  des  AdmJrals, 
welches  ungefähr  15  Minuten  gedauert  hatte,')  war  aber  Veranlassung 
geworden,  daß  eine  bedeutende  Lücke  in  der  Kiel  Wasserlinie  entstanden 
war.  Die  „Ancona',  Vordermann  des  ,R^  d'Itaüa*,  nahm  nämlich  auf 
das  Halten  desselben  keine  Rücksicht  und  steuerte  mit  der  Gruppe  Va  cca, 
zu  der  sie  taktisch  gehörte,  weiter;  der  ,Pa!estro',  infolge  des  Fehlens 
der  ,Formidabile'  augenblicklich  der  Hintermann  des  „R6  d'Italia",  war 
noch  im  Zweifel  ob  er  den  Posten  der  .Formidabile"  einnehmen  solle 
oder  nicht,  und  fuhr  in  der  Erwartung  des  Einmckens  derselben  inzwischen 
etwas  langsamer  und  ebenso  die  übrigen  Schiffe,  die  hinter  ihm  kamen. 
Als  der  ,Re  d'Italia"  seine  Fahrt  wieder  aufnahm  und  die  Lücke  bemerkte, 
die  zwischen  ihm  und  der  Avantgarde  mittlerweile  entstanden  war, 
strengte  er  sich  zwar  an,  dieselbe  soviel  als  möglich  auszugleichen,  hiebei 
bUeb  aber  wieder  der ,  Palestro "  als  schlechterer  Läufer  bedeutend  zurück. 

Auf  diese  Weise  war  kurz  nach  lO'/s''  die  angeordnete  Kielwasser- 
linie der  italienischen  Panzerschiffe  in  die  folgende  Verfassung  geraten: 
An  der  Tete  derselben  die  Gruppe  Vacca,  bestehend  aus  .Principe  di 
Carignano*,  .Castelüdardo'  und  ,Ancona",  alle  drei  geschlossen  und  in 
der  anbefohlenen  Distanz  voneinander;  hierauf  ein  größeres  Intervall 
von  6 — 7  Kabel,  entstanden  durch  das  längere  Halten  des  ,R6  d'Italia"; 
sodann  die  zweite  Gruppe,  gegenwärtig  unter  dem  Befehle  des  Linien- 
sehiffskapitäns  Faä  di  Bruno  mit  dem  „R6  d'llaüa",  nach  diesen  in  einer 
Entfernung  von  ebenfalls  zirka  6  Kabel  .Palestro",  der  nun  vergebliche 
Anstrengungen  machte,  dem  ,R6  d'Italia"  näher  zu  kommen,  sodann 
,San  Martino";  endlich  die  Gnippe  Riboty  mit  dem  ,R^  di  Portogallo" 
und  der  »Maria  Pia",  die  letzten  drei  genannten  Schiffe  mit  ziemhch 
normalen  Distanzen.')  Die  italienische  Schlachtlinie  zeigte  sich  somit 
unmittelbar  vor  dem  zu  erwartenden  Stoße  des  Gegners  an  zwei  Stellen 


1)  Die  Äli|;ai)eii  Qber  die  Zeitdauer  des  Haltens  des  ,R£  d'ltBlia'  anl&Blirh 
der  übersctiifiiuie  des  Admirala  Fersano  auf  den  .ÄfloQdatore*  variieren  von  10  bis 
40  Hinnten;  die  meisten  Zeugen  jedoch,  und  zwar  insbesondere  jene,  welchen  in  dieser 
Beziehung  mehr  Vertrauen  und  richtigeres  Urleil  geschenkt  werden  kann,  erklürlen  siell 
lUr  eine  Dauer  von  üirka  15 — 30  Hinulen.  A.  d.  V. 

^  .Varese'  und  ,Terribile*  waren  um  diese  Zeit  noch  nieht  in  die  Linie  eingerflckt 
(Vftrese*  VHeinlgte  sich  ersi  ungeßlbr  It^  Hinuten  nach  Er9Rnung  des  Kamiifes  mit  den 
Abrigen  PaDienchiff^n,  weh  als  Schlußechifl  postierend,  wahrend  .Tembile*  Ober  dl« 
ganie  Dauer  der  eigentlichen  Aktion  sich  bei  der  Holzflolte  des  Vizeadmirals  Albini 
aufhielt. 


199 

nicht  geschlossen  und  der  »R6  d'ltaha*  von  Vorder-  und  Hintermann 
durch  größere  Zwischenräume  getrennt. 

Um  10^  43"  eröffnete  die  an  der  Tete  der  italienischen  Linie 
steuernde  Panzerfregatte  ,  Principe  di  Carignano*,  Flaggenschiff  des 
Kontreadmirals  Vacca,  auf  ungefähr  8  Kabel  (1600  m)  Distanz  das 
Feuer  auf  die  heranrückende  österreichische  Panzerdivision,  welches 
Feuer  sukzessive  von  den  übrigen  Schiffen  aufgenommen  wurde.  Gleich 
einer  der  ersten  Schüsse  tötete  hiebei  den  Kommandanten  der  Panzer- 
firegatte  »Drache*,  Linienschiffskapitan  Freiherm  v.  Moll.^)  Die  öster- 
reichische Panzerdivision,  deren  linker  Flügel  inzwischen  etwas  voraus- 
gekommen war,  erwiderte  das  Feuer,  ohne  in  ihrem  Laufe  inne  zu  halten. 
Dichter  Rauch  hüllte  alsbald  die  beiden  Flotten  ein  und  behinderte  jeden 
Ausblick.  Hiedurch  nun  geschah  es,  daß  die  österreichischen  Panzer- 
schiffe, die  respektiven  Stellungen  der  feindlichen  eine  Zeit  lang  außer 
Sicht  verlierend,  in  die  oben  erwähnten  beiden  Lücken  der  feindlichen 
Schlachtlinie,  das  ist  zwischen  „  Ancona* — »Röd'Italia*  und  „Räd'Italia**  — 
„Palestro*  *)  hineingerieten  und  auf  diese  Art  zwar  eine  förmliche 
Trennung  der  feindlichen  Tete  von  den  übrigen  Gruppen  bewirkten, 
jedoch  ihre  Absicht,  gleich  zu  rammen,  nicht  erreicht  wurde.  Immerhin 


1)  Ihm  wurde  der  halbe  Kopf  weggerissen;  im  ersten  Augenblicke  übernahm 
der  ManOveroffizier  Linienschiffsfähnrich  Weip recht,  sodann  der  Gesamtdetailofllzier 
Linienschiffsleutnant  Mathieu  das  Kommando. 

2)  Attlmayr  behauptet  in  seinem  Werke  ,Der  Krieg  Österreichs  in  der  Adria 
1866**  auf  Seite  187,  daß  die  österreichische  Panzerdivision  in  der  ganzen  Breiten- 
ausdehnung ihrer  Formierung  durch  die  Lücke  zwischen  dem  3.  und  4.  Schiffe,  also 
«Ancona*  und  «Rädltalia"  durchgebrochen  sei.  Dies  wird  nicht  gut  möglich  gewesen  sein 
wie  ein  Blick  auf  das  Diagramm  unter  Berücksichtigung  der  verschiedenen  Schiffs- 
geschwhidigkeiten  sofort  erkennen  läßt.  Selbst  wenn  die  Lücke  größer  gewesen  wSre 
ais  er  annimmt,  und  7  bis  8  Kabel  betragen  hätte,  konnte  dies  nicht  zutreffen,  da  ^edltalia*" 
llVt  bis  12  Meilen  pro  Stunde  lief,  während  die  Schiffe  des  österreichischen  rechten 
Fldgeis  eine  bedeutend  geringere  Geschwindigkeit  (,Don  Juan"  kaum  9  Meilen)  hatten. 

Gesehen  warde,  wie  schon  oben  bemerkt,  wegen  des  Rauches  und  Pulverdampfes 
in  diesem  Momente  absolut  nichts;  man  hielt  Kurs  und  fuhr  ins  Dunkle.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  werden  die  Schiffe  des  linken  Flügels  mit  dem  „Erzh.  Ferdinand  Max** 
an  der  Spitze  den  „Rd  dltalia"  vorne,  dagegen  jene  des  rechten  Flügels  ihn  achter 
passiert  haben  und  dieser  selbst,  als  er  gegen  Norden  abgefallen  war,  in  das  Intervall 
zwischen  den  beiden  Flügeln  hinehigeraten  sein,  auf  welche  Weise  sich  auch  die  Aus- 
sage der  beiden  geretteten  Offiziere  des  „Rd  d'Italia^  Fregattenkapitän  del  Santo  und 
Linienschiffüleutaant  Gualterio,  erklären  ließe  „daß  der  ,Rö  d'Italia''  gleich  vom 
Anbeginne  an  von  österreichischen  Panzerschiffen  umgeben  gewesen  sei,  die  er  auf 
zirka  IVt  Kabel  beschoß  etc.,  etc."  —  Auch  die  neueren  italienischen  Darstellungen 
schließen  sich  dieser  Anschauung  nn.  A.  d.  V. 


lag  schon  wegen  dos  moralischen  Eindruckes,  den  dieser  mit  aller 
Vehemenz  ausgeführte  Durchbrueh  auf  den  Gegner  ausüben  mußte,  ein 
gewisser  Erfolg  vor;  die  feindlichen  Schiffe  waren  gelrennt,  dieselben  zu 
einem  isolierten  Handeln  genOligt,  die  Melee  eingeleitet.  {Siehe  Plan  I). 

Infolge  des  schnellen  Laufes  der  mit  äußerster  Dampfkraft  fahrenden 
Panzerschiffe  blieben  die  2.  und  3.  österreicliische  Division  etwas  zurück. 
Kontreadmiral  Vacca,  welcher,  um  dem  ihm  drohenden  Anpralle  zu  ent- 
gehen, mit  seinen  Schiffen  gleichfalls  andern  größtmöglichsten  t'ahrtausmaße 
festgehalten  hatte,  wendete  nun,  nachdem  er  über  den  linken  Flügel  der 
österreichischen  Formation  hinausgekommen  war,  in  einem  großen  Bogen 
über  Backbord  und  nahm  sodaun,  ein  lebhaftes  Feuer  gegen  diesenunter- 
haltend,  seinen  Kurs  gegen  das  entstandene  vergrößerte  Intervall  in  der 
unverkennbaren  Absicht,  die  österreichischen  Holzschiffe  anzugreifen  und 
von  ihren  Panzerschiflen  zu  trennen;  die  hmter  der  Durchbruchsstelle 
zunächst  beflndlichen  Schiffe  der  Gruppe  Faa  di  Bruno:  ,Re  d'Ilalia' 
und  .Palestro"  fielen  ebenfalls  mit  nördlichem  Kurse  ab  und  beteiligten 
sich  an  dem  Kampfe  gegen  die  anrückenden  österreichischen  Holz- 
divisionen. 

Die  Gefahr,  welche  diesen  drohte,  war  somit  keine  kleine;  sie  lief 
indes  glQckhch  ab,  Kontreadmiral  Vacca  ließ  sich  nämlich  durch  das 
heftige  Geschützfeuer  der  österreichischen  Holzschiffe,  insbesonders  des 
Linienschiffes  .Kaiser'  derart  einschüchtern,  daß  er  es  nicht  wagte,  eines 
oder  das  andere  von  ihnen  zu  rammen,  sondern  vielmehr  wieder  nacli 
Steuerbord  abbog  und  sich  darauf  beschränkte,  mit  einer  ebenso  über- 
hasteten wie  wirkungslosen  Kanonade  zu  antworten,  worauf  er  seinen 
Weg  um  die  Queue  der  österreichischen  Holzflotte  herum,  zwischen  dieser 
und  den  noch  zirka  3  Seemeilen  zurückgebliebenen  Schraubenschonern 
jKerka"  und  .Narenta'  fortsetzte.') 

Durch  dieses  Manöver  entfernte  sich  aber  Kontreadmiral  Vacca 
bedeutend  vom  eigentlichen  Aktionsfelde,  ein  Umstand,  der,  wie  die 
Dinge  sich  weiter  entwickelten,  von  schwerwiegender  Bedeiilung  für  die 
Geschicke  des  Tages  werden  sollte. 

Kommodore  V.  Petz,  Kommandant  der  2.  Division,  welchem  nach 
den  für  einen  ^Yngriff  erlassenen  allgemeinen  Instruktionen  vornehmlich, 
die  Bekämpfung  der  italienischen  Holzflotte  zufie!,  gewahrte  diese  etwas 
steuerbord  vor  seinem  Buge  auf  eine  Entfernung  von  ungefähr  4  See- 
meilen, als  sie  eben   im  Begriffe  stand,   ihre  Position  an  Steuerbord  der 


1)  Ober  dieses  Manöver  des  Kcintreadmirals  Va 
siehe  Seite  318. 


e  dessen  ZivetkinSBigkeit 


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lag  schon  wegen   des  moralischen  Eindruckes,  den   dieser  mit  aller 


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201 

eigenen  Panzerschiffe  einzunehmen.  In  der  Absicht,  sie  anzugreifen,  ßel  er 
aus  der  Formation  hinter  der  1.  Division  nach  steuerbord  ab  und  gab 
10^  50"  seinen  Schiffen  das  Signal:  ,, Dem  Kommandierenden  im  Kiel- 
wasser folgen",  worauf  sich  die  beiden  Schenkel  des  Angriffswinkels 
hinter  dem  «Kaiser'*  schlössen  und  die  Kielwasserlinie  in  beiläufig 
folgender  Ordnung  hergestellt  wurde:  , Kaiser",  »Novara",  , Friedrich*' 
»Radetzky",  ^^Adria*,  „Schwarzenberg",  , Donau ".^) 

Die  3.  Division  —  Kanonenboote — hielt  keine  bestimmte  Ordnung, 
,Hum*,  ,Dalmat",  „Velebich"  blieben  an  der  Queue  der  2.  Division; 
.Seehund",  ,Reka"  fielen  nach  backbord,  „Wall",  ^^Streiter"  nach 
steuerbord  ab;  die  beiden  Schraubenschoner  „Kerka"  und  „Narenta" 
waren,  wie  schon  erwähnt,  infolge  ihrer  schwachen  Maschinen  noch 
ungefähr  3  Seemeilen  zurückgeblieben.  (Siehe  Plan  U.) 

Während  nun  der  „Kaiser"  an  der  Spitze  der  Holzschiffe  unter  heftigem 
Geschützfeuer  an  der  Gruppe  Faädi  Bruno  vorbeifuhr,  war  der  „Affon- 
datore"  auf  dem  Kampfplatze  eingetroffen  und  in  die  Aktion  getreten. 

Dieser  Widder  hatte  nach  der  Einschiffung  des  Admirals  Persano 
über  Steuerbord  gedreht  und,  in  dem  Intervall  zwischen  „R6  d'ltalia"  und 
.Palesti'o"  die  eigene  Linie  passierend,  sich  mit  nördlichem  Kurse  der 
österreichischen  Eskadre  genähert.  Indem  er  den  Panzerschiffen  des 
rechten  Flügels  im  Vorüberfahren  auf  weite  Distanzen  einige  wirkungslose 
Schüsse  zugesandt,  war  er  in  das  Intervall  zwischen  der  1.  und  2.  Division 
hineingeraten.  Dort  stieß  er  zuerst  auf  die  „Elisabeth",  welche,  der 
1.  Division  als  Repetiteur  zugeteilt,  im  dichten  Pulverrauch  das  Admiral- 
sehiff  eine  Zeitlang  außer  Sicht  verloren  hatte  und  nun  bestrebt  war, 
ihren  Posten  wieder  einzunehmen.  Dieselbe  anfänglich  für  ein  Panzerschiff 
haltend,  *)  gab  er  mit  seinem  vorderen  300pfünder  einen  Schuß  ab,  der 
die  „Elisabeth"  jedoch  nicht  traf,  und  ebensowenig  gelang  es  ihm,  einen 
Rammstoß  gegen  dieselbe  anzubringen,  da  die  „Elisabeth",  einen  Bogen 
über  Backbord  beschroibond,  gewandt  dem  gefährlichen  Gegner  auswich . 
Während  dieses  Engagements  gewahrte  der  „Affondatore",  nachdem  sich 


1)  Es  entstand  anfänjrlich  eino  etwas  unrcgelmSßige  Doppellinie.  Die  beiden 
Flögelschiffe  waron  infolge  ihrer  größcrenGeschwindigkeitihren  Vordermännern  voraus 
»Schwarzenherg"  hatte  die  ^Donau'*,  ^Novara*,  die  .Adria*  und  , Friedrich*  überholt 
Als  der  Kommandant  der  ^Novara"  sali,  daß  die  letztgenannten  Schiffe  gegen  den 
, Kaiser*  zurückbliebeu,  legte  er  sich  mit  seiner  Fregatte  in  die  hiedurch  entstandene 
Lücke  hinein. 

2)  Rendiconli  etc.   etc.;   deposizione  d'Amico,  Seite  69;  ebenso   Randaccio. 
Sloriadclla  mariua  italiana,  tom.  11,  Seite  106. 


der  Pulverrauch  etwas  verzogen  hatte,  auf  kurze  Eütfemung  den  „Kaiser", 
der  in  einer  etwas  schrägen  Richtung  ihm  entgegenkam.  Infolge  seiner 
augenblicklichen  Position  befürchtend,  möglicherweise  selbst  gerammt 
zu  werden,  gab  er  sofort  die  Verfolgung  der  .Elisabeth"  auf  und  wendete 
rasch  nach  backbord,  so  daß  nun  die  beiden  Schiffe  einander  mit  Gegen- 
bord entgegenkamen.  Eine  bei  dieser  Gelegenheilursprflnglich  vielleicht 
vorhanden  gewesene  Absicht,  das  Linienschiff  zu  rammen  (Admiral 
Persano  spricht  wenigstens  in  seinem  Berichte  von  einer  solchen),  kam 
jedoch  nicht  zur  Ausführung,  da  man  schon  so  nahe  war,  daß  es  dem 
.Affondatore"  nicht  mehr  gelang,  sich  in  eine  solche  Position  zu  bringen, 
um  seinen  Gegner  mit  Aussicht  auf  Ei-folg  rammen  zu  können,  zumal  der 
„Kaiser*  von  Kommodore  v.  Pelz  meisterhaft  manövriert  wurde,')  Die 
beiden  Schiffe  passierten  einander  an  Steuerbord  auf  eine  Entfernung  von 
ungefähr  '/i  Kabel  (100  wl,  wobei  der  .Affondatore"  seine  beiden 
300pfünder  auf  den  .Kaiser"  abfeuerte.  Diese  beiden  auf  so  nahe  Distanz 
abgegebenen  Schüsse  trafen  und  waren  von  einer  verheerenden  Wirkung. 
Von  der  vorderen  Deckdivision  wurde  ein  Geschütz  demontiert  und 
14  Mann  außer  Gefecht  gesetzt,  6  Steuerleute  verwundet,  Peilscheibe, 
Maschinen telegraph  und  KompaßhJiuschcn  zerti-ümmert.  Kommodore 
V.  Petz  selbst  wurde  von  einem  Holzsplitter  im  Gesicht,  zum  Glück  nur 
leicht  verwundet.  .Kaiser"  hatte  mit  zwei  konzentrierten  Lagen  geant- 
wortet, die  auf  Deck  und  in  der  Takelage  des  „Affondatore"  bedeutende 
Schäden  anrichteten.  Als  ctieser  achter  vom  .Kaiser"  passierte,  fand  auf 
beiden  Seiten  ein  lebhaftes  Kleingewehrfeuer  stalt,  bei  welcher  Gelegen- 
.  heit  der  in  der  Ki-euzmars  des  .Kaiser"  postierte  LinienschilTsfähnrich 
Robert  Proch  tödlich  getroffen  wurde  und  au(  Deck  herabstürzte.  Am 
Bord  des  „Affondatore"  wurde  der  LinienschiEfsleutnant  Gregoretti, 
Kommandant  des  vorderen  Turmes,  leicht  verwundet. 


')  Die  Darstellung  im  üstetreichitielicii  GeoereJslabs werke:  .Der  Kampf  auf  dem 
AdriaÜschen  Meere"  Seile  68,  bezüglich  des  Erscheinans  des  .AfTondatore'  in  diesem 
Momenle,  iibcIl  welcher  dieser  .miüen  in  das  GewQld  der  Kanonenboote  und  Fregatten 
lünein  rannte  und  nach  manchem  veri;cblichen  Rummversuche  sich  endlich  auf  d:is 
Linienschiff  siarzte,  dasselbe  zweimal  anzurennen  versuchte'  a.  b.w.,  enispricht  nicht 
der  Wirklichkeit  und  kann  mit  den  italienischen  Berichten  hierüber  sowie  mit  den 
ZengenausKRgen  der  wflbrend  der  Schlacht  am  Bord  dos  .AQbndalore*  eingeschifft 
gewesenen  Offlzicre  nicht  in  Rloklang  gebrachl  werden.  Nach  den  italienischen  Angaben 
wSrc  in  diesem  Falle  der  .AtTondatore*  backbord  vom  .Kaiser*  erschienen  und 
passiert,  Kommodore  v.  Petz  berichtet  jedoch  steuerbord.  Beide  Falle w&ren  mOglicJi, 
wir  halten  uns  hier  an  die  Österreichische  An^be,  die  nach  <\vt  Situation  auch  die 
wahrscbciiilicbcrc  ist,  Ausfühiliihcs  hicrülier  Seite  i^b  und  Beilage  VI. 


203 

Kaum  war  der , Kaiser'  auf  diese  Weise  seines  gefährlichen  Gegners 
ledig,  als  ihm  schon  wieder  eine  neue  und  diesmal  noch  größere  Gefahr 
drohte.  Die  dritte  Gruppe  der  italienischen  Schlachtlinie,  bestehend  aus 
den  von  dem  ersten  Chok  der  österreichischen  Panzerdivision  unberührt 
gebliebenen  beiden  Panzerschiffen  «Re  di  Portogallo*  und  «Maria  Pia" 
sowie  der  eben  aus  Comisa  auf  dem  Gefechtsfelde  anlangenden  ,Varese", 
steuerte  in  einer  etwas  unregelmäßigen  Frontlinie  direkt  auf  die  öster- 
reichische Holzflotte  los. 

Mit  raschem  Blicke  übersah  Kommodore  v.  Petz  sofort  das  Ge- 
fährliche seiner  Lage.  Befürchtend,  daß  dieser  Gegner  die  rückwärtigen 
Holzschiffe  angreifen  und  abschneiden  könnte,  faßte  er  den  kühnen  Ent- 
'  Schluß,  zur  Deckung  dieser  Schiffe  —  entgegen  seiner  eigentlichen  Bestim- 
mung —  die  feindlichen  Panzerschiffe  mit  seinen  Holzschiffen  selbst 
anzugreifen.  Erst  ein  wenig  nach  steuerbord  ausbiegend,  fiel  er  sodann 
rasch  nach  backbord  zurück  und  warf  sich  ihnen  ohne  weiteres  Bedenken 
entgegen. 

Es  währte  nur  kurze  Zeit,  daß  man  sich  so  weit  genähert  hatte,  um 
auf  beiden  Seiten  das  Feuer  zu  eröflhen  und  die  7  Holzschiffe  der  2.  Divi- 
sion wurden  alsbald  von  den  oben  genannten  3  italienischen  Queue- 
schiffen sowie  auch  von  dem  noch  etwas  zurückgebliebenen  «San 
Martino"  der  Mittelgruppe,  welch  letzterer  sich  gleichfalls  vorübergehend 
an  diesem  Kampfe  mitbeteiligte,  beschossen. 

Die  österreichischen  Holzschiffe  erwiderten  das  Feuer  des  Gegners 
auf  das  kräftigste  durch  wohlgezielte  konzentrierte  Lagen.  Der  «Kaiser*, 
*  den  man  italienischerseits  vielleicht  für  das  Ädmiralschiff  der  Flotte  hielt, 
war  bald  auf  beiden  Seiten  engagiert  Dicht  hagelnd  sausten  die  Geschosse 
über  ihn  hinweg  und  überschütteten   «Novara*,   « Friedrich  •  und  «Elisa- 
I  beth*,  von  denen   erstere   sich  in   diesem  Augenblicke   steuerbord,  die 
I  beiden  anderen  backbord  des  Linienschiffes  befanden;  eine  feindliche 
;  Granate  tötete  hiebei  den  Kommandanten  der  «Novara*,  Linienschiffs- 
kapitän Erik  af  Klint,  an  dessen  Stelle  sofort  der  Gesamtdetailoffizier, 
^  Linienschiffsleutnant   Rudolf   Schröder,    das    Kommando    übernahm; 
-  «Friedrich*   wurde  unter   der  Wasserlinie  derartig  getroffen,  daß   die 
I  Korvette   19 "  Wasser    pro   Stunde  zog,     welches  jedoch   durch    die 
!  Dampfpumpe  bewältigt  werden  konnte. 

Dichter  Rauch  hüllte  die  Kämpfenden  derart  ein,  daß  «Kaiser*  den 
«R6  di  Portogallo*  erst  gewahr  wurde,  als  dieser  schon  auf  ganz  kurze 
Distanz  mit  voller  Kraft  auf  ihn  zudampfte.  Wohl  hätte  das  Linienschiff 
durch  ein  rasches  Abfallen  nach  steueri:)ord  dem  gefahrdrohenden  Stoße 


ausweichen  können,  doi-'h  wären  dann  die  auf  kaum  1  Kabel 
(200  m)  entfernten  , Elisabeth"  'i  und  .Friedrich"  Gefahr  gelaufen, 
von  der  mächtigen  Panzerfrogatte  in  den  Grund  gebohrt  zu  werden. 
Kommodore  v.  Petz  zo^  es  daher  im  Vertrauen  auf  die  Größe  und  Stärke 
seines,  wenngleich  nicht  gepanzerten  Schiffes  vor,  sich  dem  Gegner  selbst 
entgegenzuwerfen  und  denselben  anzurennen.  Zuerst  ein  wenig  nach 
steuerbord  abfallend,  gab  er  sodann  das  Ruder  backbord  an  Bord  und 
rannte,  mit  voller  Kraft  vorwärts  dampfend  —  wobei  der  .Kaiser'  eine 
volle  Lage  des  Gegners  auszuhalten  hatte  ^  den  ,Re  di  Portogallo'-  an 
der  Backbordseite  ungefähr  in  der  Höhe  der  Maschine  an.  1 

Es  war  Punkt  11  *■  17"°  seitdem  der  erste  Schuß  feindlicherseits  ' 
gefallen.  J 

Der  Zusammenstoß    erfolgte    unter  dröhnendem  Gekrache.  Devl 
schlanke  hölzerne  Schiffsbug  des  , Kaiser*  ging  an  der  feindlichen  PanzePrl 
wand  in  Trümmer  und  war  zu  einer  Fläche  plattgedrückt.  Backbord  an  | 
dem  ,Re  di  Porlogalio'  vorbeistreifend,  erlitt  , Kaiser'  selbst,  durch  dio 
Rückwirkung  des   eigenen  gewaltigen  Stoßes  und  eine  auf  die  kürzeste 
Entfernung  abgegebene  Breitseite  des  Gegners  sehr  bedeutende  Havarien. 
Das  Bugspriet  mit  seinem  ganzen  Gesehkr  sowie  das  Scheg  waren  zer- ' 
trümmert  und  herabgerissen,   so  ddß  kurze  Zeit  darauf  der  Fockmast 
achter  überkippte  und  unglücklicherweise  gerade  auf  den  Maschinen- 
schlot fiel,   einen  Teil  desselben  und  das  Abblasrohr  zertrümmerte  und 
den   noch  unversehrten   Teil  mit  der  Mars  zudeckend,   bald  in  Brand 
geriet.  Ein  Teil  des  Galllons  und  die  Kaiserkrone  der  GaUionsfigur  lielea 
auf  das  feindliche  Deck. ') 

Doch  auch  der  ,Re  di  Portogollo"  war,   obgleich  Linienschi£fs- 
kapitän  Riboty,  das  kühne  Manöver  des  .Kaiser'  erkennend,  sein  Schiff 


')    .Elisabelh"    war  durch  den  Kreisbogen,  den  sie  beschrieb,  um  dem  Ramm? 
versuche  des  .ÄITondatore'  zu  euigeheo,  bis  auf  die  Osterrcic bische    UolzfloUe  gelangt, 

^)  Die  Dar^lellung  dieser  AfHire  im  ilalienischen  Generalstabswerke,  Seite  331,. 
ist  nicht  genau.  Nach  dei'selben  mOfite  man  glauben.  da3  die  Initiative  des  Rammciu 
dem  ,R^  di  Purlogalfo"  lukomme  und  .Kaiser*  der  Gerammte  gewesen  sei,  also  das 
gerade  Gegenteil  von  dem,  was  wirtlich  der  Fall  war.  Der  ,R*  di  Porlogalio-,  welcher 
schon  zu  nalie  war  und  keine  Zeit  mehr  gewann,  um  sich  in  die  zum  Rammen  notwen- 
dige Riclitung  VI  versetzen,  machte  in  diesem  Falle  nur  ein  Gegenmanöver,  um  den  ihm 
drohenden  Stoß  womöglich  zu  paralysieren,  wie  dies  aus  der  Aussage  des  LinienschifTs- 
kapitSnB  Bibo  ty  (Kendiconli  ete,  etc., 5«i1e91)deiillichber%'orgcht.  Dortheißt  es:, Quondo 
io  mi  awicinava  al  nemico  mi  fu  gridato  da]  mio  UfQciale  in  secondo,  che  it  rascello  da 
<W  connoni,  il  Kaiser,  volgeva  la  prua  verso  di  me  con  intenzione  apparente  d'inr»>  1 
sUrmi.  Allora  feci  la  stessa  sua  manovra;  venni  tulto  sulla  sinistra,  natiirolmente  pwJ 


205 

im  letzten  Augenblicke  noch  rasch  nach  backbord  abfallen  ließ  und 
dadurch  die  Gewalt  des  Stoßes  abgeschwächt  hatte,  wenn  auch  nicht  in 
gleicher  Weise,  so  doch  bedeutend  beschädigt.  Alles,  was  auf  der  Back- 
bordseite vom  Schiffe  herausragte  wurde  abrasiert.  Er  verlor  zwei  Anker 
und  mehrere  Boote ;  von  4  Landungsgeschützen,  welche  sich  achter  befan- 
den, wurden  die  Lafetten  zertrümmert,  eines  fiel  ins  Meer,  ebenso  wie 
1 1  Stückpfortendeckel  an  Backbord,  endlich  wurde  die  Reeling  und  Bord- 
wand auf  eine  Länge  von  mehr  als  60  Fuß  vollständig  zertrümmert 

Trotz  seiner  argen  Verletzungen  sandte  „  Kaiser '^  dem  «RödiPorto- 
gallo**,  welcher  nach  dem  Stoße  sehr  stark  nach  steuerbord  überkrängte, 
von  der  vorderen  Division  der  1.  Batterie  (die  augenblicklich  Bord  gewech- 
selt hatte)  eine  Lage  auf  die  Entfernung  von  kaum  einigen  Metern  nach, 
welche  unter  der  Panzerung  traf,  dann  auf  das  feindliche  Deck  ein  24  pfun- 
diges Projektil,  endlich  unmittelbar  hierauf  abermals  eine  Lage  der  ganzen 
Flanke.  Die  „Ri  die  Portogallo**  verschwand  hierauf,  ohne  einen  Schuß 
mehr  zu  tun,  aus  dem  Gesichtskreise  des  „  Kaiser  **. 

Der  beabsichtigte  Zweck  war,  wenn  auch  mit  Opfer,  erreicht. 
Kommodore  v.  Petz  hatte  durch  sein  kühnes  Manöver  sich  und  den 
folgenden  Schiffen  seiner  Division  Luft  verschafft.  Aber  nicht  auf  lange, 
denn  schon  wenige  Minuten,  nachdem  sich  der  „Kaiser'^  auf  diese  wahr- 
haft heroische  Weise  von  seinem  nicht  minder  herzhaften  Gegner  befreit 
hatte,  erschien  an  der  Steuerbordseite  auf  zirka  4  Kabel  (800  m)  aber- 
mals eine  feindliche  Panzerfregatte  (wahrscheinlich  „Maria  Pia*),  mit 
welcher  er  sich,  obschon  bereits  das  über  dem  Schlote  liegende  Holz 
und  Tauwerk  heftig  zu  brennen  begann,  sogleich  wieder  engagierte. 

Da  trafen  2  feindliche  Hohlgeschosse  das  Linienschiff  so  unglück- 
lich, daß  die  2.  Sektion  der  2.  Batterie  vollkommen  außer  Gefecht 
gesetzt,  das  Dampfrohr  zerschossen  und  ein  Teil  der  Achterdeckdivision 
gleichfalls  stark  gelichtet  wurde,  wobei  ihr  Kommandant  Linienschiffs- 
leutnant Josef  Frank  sowie  der  seit  Demontierung  der  vorderen  Deck- 
division denselben  unterstützende  Linienschiffsfähnrich  Hugo  Pogatsch- 
nigg  schwere  Verietzungen  erhielten.  Gleichzeitig  wurde  die  Bordwand 
backbord  in  Brand  geschossen,  derselbe  jedoch  von  der  Deckmannschaft 
sogleich  gelöscht.  Nachdem  noch  aus  der  Maschine  die  Meldung  erstattet 


andarlo  ad  investire  e  colla  speranza  di  poterlo  colare.  Ma  eravamo  giä  tanto  vicini  che 
non  ebbi  il  tempo  di  fargli  presentare  la  prua  diritta ;  per  conscguenza  c*investimmo 
an  poco  sul  fianco.  Questo  investimento  produsse  nel  Kaiser  la  perdita  del  suo  albero 
di  bompresso  e  dell'  albero  di  trinchetto,  che  portö  con  se  il  camino  della  macchina** 
etc.  etc.  etc.* 


I. 


1  . 
I 


1 


206 

wurde,  daS  sie  nicht  mehr  verlaßlich  sei  und  des  zertrümmerten  und 
verdeckten  Schlotes  wegen  jedenfalls  nur  mehr  mit  kleinen  Feuern 
arbeiten  könne,  der  Brand  über  dem  Schlote  aber  immer  gfrößere  Dimen- 
sionen annahm,  schließlich  auch  noch  das  Steuerruder  durch  einen 
Schuß  verletzt  wurde  und  Zweifel  in  seine  weitere  Verläßlickcit  auf- 
kommen ließ,  mit  einem  Worte  das  Schiff  nicht  mehr  kampffähig  war, 
so  blieb  seinem  tapferen  Kommandanten  zur  Erhaltung  desselben  nichts 
mehr  übrig,  als  es  außer  Schußbereich  zu  bringen  und  den  Hafen  von 
Lissa  aufzusuchen,  um  dort  das  Feuer  zu  löschen  und  die  unumgänglich 
notwendigsten  Reparaturen  ausführen  zu  können.  „ Kaiser **  nahm  deshalb 
—  11^15°'  —  Kurs  gegen  den  Hafen  von  S.  Giorgio,  gefolgt  von  den  meisten 
größeren  Holzschiffen  und  einigen  Kanonenbooten,  welche  schon  während 
des  früher  beschriebenen  großartigen  Zweikampfes  das  Linienschiff  durch  ihr 
Feuer  unterstützt  und  insbesondere  die  2  Teteschiffe  des  Kontreadmirals 
Vacca,  „Principe  di  Carignano*  und  „Castelfldardo*  bekämpft  hatten.*) 
Es  ist  nun  an  der  Zeit,  daß  wir  uns  wieder  der  österreichischen 
Panzerdivision  zuwenden,  welche  jetzt  erst  in  die  eigentliche  Aktion  tritt 
Kontreadmiral  v.  Tegetthoff,  welcher  die  von  der  Tete  unter 
Kontreadmiral  Vacca  ausgeführte  Bewegung  (siehe  Seite  200)  wahr- 
genommen und  den  dieselbe  für  seine  Holzflotte  besorgt  gemacht  hatte, 
beschloß,  sofort  nach  erfolgtem  Durchbruche  umzukehren  und  diesen 
zu  Hilfe  zu  eilen.  Er  ließ  deshalb  —  10'*  50'"  —  das  Signal  hissen:  „Dem 
Kommandierenden  im  Kielwasser  folgen.**  Diese  taktische  Bewegung  ver- 
langte vorerst  die  Bildung  einer  Kiehvasserlinio  —  in  diesem  Falle  auf 
die  Tete  und  den  linken  Flügel  —  zu  welchem  Behufe  die  Schiffe  des 
letzteren  sich  sukzessive  in  das  Kielwasser  des  Flaggenschiffes  zu  legen 

'  hatten,  während  jene  des  rechten  Flügels  inzwischen  ihre  Fahrt  ver- 

minderten und  die  bisherige  Fomiation  beibehielten.  Da  jedoch  keine 
Zeit  zu    verlieren  war,  wendete    Kontreadmiral  v.  Tegetthoff,   ohne 

I  die    Beantwortung    des    obigen    Signals  abzuwarten,    mit  dem  „Erzh. 

!  Ferdinand   Max",   nachdem   die   feindliche   Linie   im    heftigsten  Feuer 

i  passiert  war,  sofort  über  Backbord,  von  den  übrigen  Schiffen  im  Gegen- 

marsch gefolgt,  worauf  die  ganze  Division,  das  Flaggenschiff  an  der 
Sijitzo,  die  anderen  Schifte  beiderseits  desselben  gruppi(»rt,  mit  nörd- 
lichem Kurse  wieder  drm  Feinde  zuslürmto.  (Sielie  Plan  II.) 

M  Das  ;j.  SchifT  der  (irui^pc  Vacca,  ilii;  ^.Aiicona'*,  machto  die  Uinsc.liilTiing  der 
ö.slorreichisclit'ii  HülzlloLli;  nicht  mil;  es  hatte  sich  bereits  frülier  von  ilir  abgetrennt 
und  war  jiiil  eigene  Faiiist  der  Stelle  zugesteuert,  ^wo  die  eigenen  ranzerschiffe 
k:nni»neii."  Anssnge  drs  LiniensdiilVskapiläiis  Piula-,  Rendicoiiti  etc.  etc  ,  Seite  CO— 61. 


r  . 


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207 

Nach  vollzogener  Wendung  stand  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  von 
seiner  ursprunglichen  Absicht,  den  Schiffen  des  Kontreadmirals  Vacca 
nachzujagen,  wieder  ab,  da  es  sich  zeigte,  daß  diese  bereits  einen  zu 
großen  Vorsprung  gewonnen  hatten,  um  sie  noch  einholen  zu  können. 
Zudem  war  die  Situation  schon  wieder  eine  veränderte,  da,  wie  wir 
wissen,  sich  inzwischen  die  Queuegruppe  Riboty  der  italienischen  Panzer- 
schiffe gegen  die  2.  österreichische  Holzdivision  gewendet  und  diese 
angegriffen  hatte.  Kaum  gewahrte  daher  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  diese 
neue  G.eiährdung  seiner  Holzschiffe,  als  auch  schon  sein  Entschluß 
gefaßt  war,  ihnen  Hilfe  zu  bringen  und  sie  zu  degagieren. 

Zu  diesem  Behufe  ließ  er  kurz  vor  1 1  ^  a.  m.  das  Signal  geben :  „  2.  Divi- 
sion unterstützen  *"  und  nahm  Kurs  gegen  die  feindlichen  Panzerschiffe.  Die 
österreichischen  Panzerschiffe  zerstreuten  sich  nun;  die  des  früheren 
linken  Flügels  zogen  sich  mehr  rechts,  also  nördlich,  jene  des  rechten 
Flügels,  insbesondere  „Drache*  und  „Don  Juan",  nach  links  in  südlicher 
Richtung.  Die  Panzerschiffe  des  Zentrmns  der  gesprengten  feindlichen 
Schlachtlinie  waren  es  zunächst,  welche  diesen  zweiten  Offensivstoß 
Tegetthoffs  auszuhalten  hatten. 

Es  währte  nicht  lange,  so  gelang  es  dem  Flaggenschiffe  „Erzh. 
Ferdinand  Max**,  das  allen  voran  mit  ganzer  Kraft  dem  Feinde  zusteuerte, 
eine  große  feindliche  Panzerfregatte  —  wahrscheinlich  „Re  d'Italia*  — 
steuerbord  vorne  anzurennen,  ^)  doch  ohne  durchsclüagenden  Erfolg,  da 
der  Stoß  in  schiefer  Richtung  erfolgte  und  die  Maschine  noch  vor 
erfolgtem  Anprall  gestoppt  worden  war.  Nichtsdestoweniger  schien 
dieselbe  einige  Havarien  erlitten  zu  haben  und  während  die  Schiffe 
aneinander  vorüberstreiften,  fand  auf  beiden  Seiten  ein  lebhaftes  Klein- 
gewehrfeuer statt  Zu  einer  Enterung  kam  es  nicht,  weil  beide  Schiffe, 
im  vollen  Gebrauche  ihrer  intakten  Maschinen,  sich  wieder  rasch  trennten. 
Bald  darauf  ergab  sich  für  den  „Erzh.  Ferdinand  Max*  zum  zweiten  Male 
die  Gelegenheit,  ein  feindliches  Panzerschiff  zu  rammen. 

Es  war  dies,  wie  nun  mit  voller  Sicherheit  angenommen  werdem 
kann,  der  „Palestro**,^)  welcher,  wie  erinnerlich,  bei  Beginn  der  Aktion 


1)  Nach  dem  Berichte  des  Linienschiffskapitäns  Freiherrn  v.  Stern  eck. 

2)  Über  die  Wahrscheinlichkeit,  welche  Schiffe  der  feindlichen  Miltelgruppe  die 
vom  ,Erzh.  Ferdinand  Max*  zuerst  angerannten  Panzerschiffe  waren,  sei  folgendes 
bemerkt:  Nach  allen  italienischen  Berichten  und  wie  auch  von  der  Untersuchungs- 
kommission konstatiert  wurde,  wollte  keines  der  aus  der  Schlacht  zurückgekehrten 
Schiffe  —  den  ,Ke  di  Portogallo**  ausgenommen,  welcher  vom  , Kaiser**  angerannt 
wurde  —  einen  Rammstoß  erhallen  haben;   es  kann  daher  schon  aus  diesem  Grunde 


sich  noch  in  ziemlicher  Entfernung  [6  bis  7  Kabel,  liOO  bis  1400  m)  vom 
„Re  d'ltalia*  befand  und  diesem  zu  Hilfe  eüen  wollte,  hiebei  aber  gleich 
von  zwei  österreichischen  Panzerschiffen  —  wahrschcinHch  , Drache"  und 
,Don  Juan"  —  die  ihm  den  Weg  verlegten,  angegriffen  und  auf  das 
heftigste  beschossen  wurde.  In  dem  Bestreben,  seinen  Angreifem  auszu- 
weichen, kreuzte  aber  der  .Palestro"  gerade  den  Kurs  des  österreichischen 
Admiralschiffes  und  wurde  von  diesem  steuerbord  achter  angerannt 
Durch  die  Wucht  des  Stoßes  wurden  ihm  zwar  einige  Panzerplatten 
herabgerissen,  auch  wurde  derselbe  von  der  Batterie  des  ,Erzh. 
Ferdinand  Max',  insbesondere  durch  die  Blockhausgeschütze,  aus  der 
unmittelbarsten  Nfihe  beschossen,  trotzdem  konnte  auch  diesmal,  da  der 
.Palestro'  noch  rechtzeitig  nach  der  Seite  abgefallen  war  und  hiedurch 
den  Stoß  etwas  abgeschwächt  hatte,  der  beabsichtigte  Erfolg  nicht  ganz 
erreicht  werden. 

Beim  Zusammenstoße  stürzte  die  Kreuzmarssteiige  und  die  Besan- 
gaffel  des  italienischen  Schiffes  herunter;  letztere  mit  einer  riesigen 
Trikolore  fiel    auf   das  Vorderkastell   des  ,Erzh.  Ferdinand  Max*,    bei 

angeaommeD  werden,  daB  die  beide»  vom  ,Erzh.  Ferdinand  Uax'  gleich  zu  Beginn 
der  Schlacht  angerannten  Seliiire  wirkücli  der  ,Re  d'ltalia*  und  der  .Palestro'  gewesen 
seien,  was  auch  der  Süualion  tu  dieser  Zeit  vollkommen  entspricht  Der  Umstand,  daB 
das  Deck  des  zuerst  gerammten  ScltiQea  von  Mannschaft  ziemlich  cntliloBI  schien,  191il 
darauf  schließen,  daB  es  ein  BatlerieschifT  gewesen  «ein  müsse  und  nicht  das  Panzer- 
kanonenboot .Palestro*,  welches  viel  Mannschaft  auf  Deck  hatte.  Das  andere  Battarie- 
Bchiff  dieser  Gruppe,  der  .San  Marlino',  diirße  in  diesem  AugenhUcke  noch  weiter  zurQck 
gewesen  sein;  es  läSt  sich  daJier  rait  vieler  Wabrscheinlichheit  annehmen,  daß  das 
zuerst  gerammte  ScbÜT  dec  ,Re  d'ltalia*  war.  Endlich  kommt  noch  bezQghch  dieses 
letzteren  ca  berücksichlij^n.  daS  zwei  aus  der  Katastrophe  desselben  gerettete  italtenieche 
Offliiere  — Fregatlentapitaadel Santo  undLinienschiffsleutnnnt  Gualterio  —  bestäti- 
gen, daß  der  ,Re  d'ltalia*  gleich  bei  Beginn  wiederholten  Haramversuchen  ausgeselzl 
gewesen  sei,  aus  welchem  Grunde  mehrere  Male  die  Enterabteilungen  gerufen  wurden. 
Rendiconli  etc.  etc.  deposizione  del  Santo,  Seite  85  und  deposJiioneGualterio,  Seile  8S. 
Für  die  Annahme,  daB  da-t  zweite  vom  .Erzh.  Ferdinand  Max*  gerammla 
Schiff  der  , Palestro*  gewesen  sei,  sprechen  außer  dem  bereits  oben  erwähnten  Grunde 
die  Situation,  die  Aussage  des  einzigen  vom  .Palestro"  geretteten  Offiziers,  des  Guardia- 
marina  Fabrizi,  welcher  angibt,  daß  auch  auf  den  .Palestro'  zu  wiederholten  Haien 
Raaimatöfle  versucl.l  worden  seien,  von  denen  einer  an  der  Sleuerhordseite  gelang, 
femer  ganz  besonders  die  Angabe  des  Kommandanten  des  Österreichischen  Kanonen- 
bootes .Reka",  welcher  deuthch  ein  Llaiienischea  PanzerscbifT  brennend  und  ohne  Flagg« 
an  der  Gaffel  gesehen  haben  will.  Rapport  des  Guordia-marina  Pabrlzi,  Beilage  V.  D>l 
der  ,Rä  d'ltalia*  jenes  gcramjntc  reindltcheSdiifTwar,  welches  in  den  Wollen  sein  Qnb 
gelinden  hatte,  erfuhr  man  erst  tags  darauf  durch  die  Mannschaflsindividuen,  wclehe 
sich  cchwimmend  auf  die  Insel  Lissa  gerettet  hatten.  A.  d.  7. 


209 

welcher  Gelegenheit  es  dem  Steuermaime  Nicolo  Garcovich  gelang,  die 
feindliche  SchifEsflagge  an  sich  zu  reißen  und  zu  erbeuten.^) 

Unterdessen  waren  österreichische  Panzerschiffe  —  darunter  ,  Prinz 
Eugen''  und  ,,Don  Juan*"  —  in  die  Nähe  ihrer  Holzflotte  gelangt  und 
unterhielten  ein  Engagement  mit  der  Gruppe  Riboty,  während  welchem 
das  Linienschiff  Gelegenheit  fand,  in  Begleitung  der  übrigen  Holzschiffe 
durchzubrechen  imd  seine  Fahrt  nach  dem  Hafen  S.  Giorgio  fortzusetzen. 

Es  kam  jetzt  auf  der  ganzen  Linie  zu  einem  allgemeinen  Zusammen- 
stoß zwischen  den  beiderseitigen  Panzerschiffen,  welcher  sich  um  so  heftiger 
gestaltete,  als  er  auf  den  Umkreis  von  wenigen  Quadratkilometern  be- 
schränkt war. 

Zum  ersten  Male  seit  der  Anwendimg  von  Dampfkrafl  und  der 
modernen  Zerstörungsmittel  maßen  sich  zwei  Flotten  auf  hoher  See  und 
ganz  im  Gegensatze  zur  früheren  Kampfesart,  bei  welcher  die  taktische 
Formation  möglichst  lange  beibehalten  wurde,  war  dieselbe  nun  im 
vollsten  Sinne  des  Wortes  in  eine  Melee  übergegangen,  welche  immer 
größere  Dimensionen  annahm  imd  dem  Kampfe  ein  eigentümliches  wildes 
Gepräge  verlieh. 

Die  Schiffe  verfolgten  sich  gegenseitig  nach  allen  Richtungen  unter 
dem  Feuer  ihrer  Geschütze,  jene  die  eine  Ranune  hatten,  trachteten  die- 
selbe einem  günstig  gelegenen  Gegner  in  den  Leib  zu  rennen  oder 
manövrierten  um  drohenden,  oft  spät  bemerkten  Rammstößen  auszu- 
weichen, sowie  auch  um  einem  bedrängten  Nachbar  zu  Hilfe  zu  eilen ; 
daher  ein  unentwirrbares  Gewühl,  in  dem  Freund  und  Feind  sich  fort- 
während kreuzten,  häufig  auf  die  Distanz  von  wenigen  Metern  aneinander 
vorbeifuhren  oder  wenn  der  versuchte  Ranunstoß  mißlungen,  dem  beinahe 
Bord  an  Bord  vorüberstreifenden  Gegner  mindestens  noch  eine  Breitseite 
nachjagten.  Es  war  ein  glücklicher  Zufall,  daß  die  italienischen  Panzer- 
schiffe grau  angestrichen  und  daher  an  ihrer  Farbe  leicht  zu  erkennen 
waren;  die  Flaggen,  obwohl  sie  nicht  nur  an  den  Gaffeln,  sondern  nach 
altem  Brauche  während  der  Schlacht  auch  von  den  Toppen  aller  Masten 
wehten,  waren  in  Wolken  von  Pulverdampf  und  Kohlenrauch  gehüllt  und 
oft  schwer  zu  unterscheiden. 

Am  heißesten  wogte  der  Kampf  an  der  Stelle,  wo  sich  ,R^  d'ltalia', 
.Palestro*^  und  ,»San  Martine''  befanden,  gegen  welche  um  diese  Zeit  die 
Anstrengungen  der  meisten  österreichischen  Panzerschiffe  gerichtet 
waren.  ICaum  hatte  sich  der  «Re  dltalia**  nach  seinem  ersten  Zusammen- 


1)  N&heres  hierüber  siehe  Seite  241. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  14 


210 


stoße  mit  dem  „Erzh.  Ferdinand  Max'  von  diesem  freigemacht,  als 
ihn  schon  wieder  eine  andere  österreichische  Panzerfregatte  —  wahr- 
scheinlich , Kaiser  Max*  —  achter  zu  rammen  versuchte;  doch  auch  dies- 
mal gelang  es  dem  ,Re  d'Italia*  noch  durch  eine  rasche  Wendung  dem 
drohenden  Stoße  auszuweichen.  Die  österreichische  Panzerfregatte  gab 
hiebei  aus  nächster  Nähe  einige  Schösse  ab  und  eine  Granate  drang  in 
die  Wohnung  des  feindlichen  Admirals,  dortselbst  einen  Brand  ver- 
ursachend, der  jedoch  bald  wieder  gelöscht  wurde.  Als  dieselbe  achter 
vom  ,Re  d'ltaha"  passierte,  feueile  sie  noch  eine  konzentrierte  Lage 
gegen  ihn  ab,  dmxh  welche  der  Steuerkopf  getroffen  worden  sein  mußte, 
denn  von  diesem  Augenblicke  an  funlctionierte  sein  Steuer  nicht  mehr. 

Der  .Palestro",   welcher  nach  dem  Stoße   des  ,Erzh.  Ferdinand 
Max"  etwas  abseits  gekommen  war  und  sich  nun  wieder  mit  seiner  Gruppe 
zu  vereinigen  trachtete,  wurde  hierauf  neuerdings  von  zwei  österreichi- 
schen Panzerschiffen  —  watirscheinhch  wieder  »Drache*  und  .Don  Juan' 
—  sowie  von  der  in  der  Nahe  der  österreichischen  Panzerdivision  befind-     1 
liehen  Holzfregatte  .Novara*  engagiert  und  indem  er  dem  lebhaften  Feuer 
dieser  Schiffe  ausgesetzt  war,  hatte  er  sich  auch  gleichzeitig  der  Ramm-     '' 
Stöße  zu  erwehren,  die  die  ersteren  gegen  ihn  versuchten.  Durch  geschicktes    . 
Manövrieren   gelang   es   ihm  zwar,  denselben  auszuweichen,  doch  drang     , 
während  des  heftigen  Kreuzfeuers  eine  Granate  durch  sein  ungepanzertes 
Heck  in  den  Vorraum  zur  Offiziersmesse  und  zündele  dort,  so  daß  der     i 
Kommandant  über  Backbord  wendend,  außerhalb  des  Gefechtsbereiches 
zu  kommen  li'uchtete,  um  den  immer  mehr  um  sich  greifenden  Brand 
löschen  zu  können.')  i 

»San  Marlino',  das  dritte  Schiff  der  Mittelgruppe,  war  mit  aller 
Maschinenkraff,  arbeitend,  gleichfalls  bestrebt  gewesen,  dem  ,Re  d'Italia*     I 
näher  zu  kommen.    Im  Vorbeipassieren  das  Feuer  der  österreichischen 
Panzerschiffe   des   rechten  Flügels  aushaitend,  als  diese  nach  vollzogener    1 
Wendung  ihrer  Holzdivision  zu  Hilfe  eilten,  trachtete  er  eine  Panzer- 
fregatte —  wahrscheinlich  .Kaiser  Max"  —  welche  sich  backbord  achter    ' 
des  ,Rö  dllalia'  befand  und  mit  diesem  engagiert  war,  zu  rammen;  doch 
diese  wich,  die  ihr  drohende  Gefahr  noch  rechtzeitig  wahrnetunend,  rascb 
nach  steuerbord  aus,  setzte  ihre  drehende  Bewegung  über  Steuerbord 

i)Die  Ehre,  den  „Paleatro'  in  Brand  geschossen  zu  babeiii  maclitea  steh  , Drache' 
und  ,Doii  Juan'  streitig.  Aber  auch  die  ,Novara'  nahm  sie  för  sich  in  Anspruch.  Ober 
die  Wahrscheinliolikeit,  welchem  Schiffe  dieses  Verdienst  zucresprochen  werden  konnte,   ! 

sowie  Ober  die  näheren  ünislände  siehe  Seile  äi8  sowie  die  Annierltung  auf  Seite  I,  1 
Beilage  V, 


211 

fort  und  beschoß  hierauf  den  «San  Martino*  auf  kaum  eine  halbe  Kabel 
(100  Meter)  mit  einer  Breitseite,  welche  einen  großen  Teil  seiner  Achter- 
bekleidung zertrümmerte  und  in  der  Eommandantenwohnung  einen  Brand 
verursachte,  der  indes  bald  wieder  gelöscht  wurde.  „San  Martino*  steuerte 
aus  dieser  Veranlassung  eine  Zeit  lang  aus  dem  Gefechtsbereich  und 
wandte  sich  später  der  Gruppe  Riboty  zu. 

Es  war  jetzt  imgefähr  1 1 V»^  a.  m.  und  die  Schlacht  auf  ihrem  Höhe- 
punkt angelangt,  als  ein  Ereignis  eintrat,  welches  in  seiner  Wirkung  von 
weittragender  Bedeutung  für  das  Schicksal  des  Tages  werden  sollte.  Das 
große  Panzerschiff  der  feindlichen  Mittelgruppe  —  ,R6  d'Italia*  — 
welches,  wie  wir  in  der  vorhergehenden  Schilderung  gesehen  haben,  den 
ungestümen  Angriff  mehrerer  kaiserlicher  Panzerschiffe  allein  auszuhalten 
gehabt  hatte  und  dem  bei  dieser  Gelegenheit  sein  Steuer  zerschossen 
wurde,  war  etwas  abseits  geraten  und  befand  sich  isoliert  von  seinen 
Kampfgenossen.  Seine  Lage  war  zu  einer  um  so  kritischeren  geworden, 
als  sich  seine  Bewegungen  nur  mehr  auf  jene  nach  vor-  und  rückwärts 
beschränkten. 

Der  wachsame  Kommandant  des  „Erzh.  Ferdinand  Max*,  Linien- 
schiffiskapitän  Freiherr  v.  Sterneck,  welcher  des  besseren  Ausblickes 
wegen  sich  auf  der  halben  Höhe  der  Backbordkreuzwanten  postiert  hatte 
und  von  dort  aus  sein  Schiff  manövrierte,  gewahrte  plötzlich  in  einem 
jener  seltenen  Momente,  in  welchen  sich  der  Pulverdampf  etwas  verzog, 
die  graue  Wand  eines  feindlichen  Panzerschiffes  auf  kurze  Entfernung 
(3  bis  4  Kabel,  600  bis  800  Meter)  vor  sich  auftauchen.  Es  war  dies  der 
«Re  dltalia''.  Die  Gelegenheit,  abermals  einen  Rammstoß  anbringen  zu 
können  und  zwar  diesmal  mit  Aussicht  auf  vollen  Erfolg,  erschien  ihm 
ungemein  günstig.  Der  Entschluß  zu  rammen  und  die  Ausführung  folgten 
einander  ohne  Verzug,  denn  hier  entschieden  Augenblicke.  Sofort  und 
mit  der  größtmöglichsten  Maschinenkraft,  über  die  der  „Erzh,  Ferdinand 
Max"  verfügte,  steuerte  er  auf  das  feindliche  Panzerschiff  los,  welches  ihm 
die  Backbordseite  zuwendete.  ^) 

Der  Kommandant  des  ,Re  d'ltalia",  welcher  die  österreichische 
Panzerfregatte  gerade  auf  seine  Mitte  losstürzen  sah,  wollte  zuerst  nach 
backbord  abfallen,  um  sich  zu  dem  herankonunenden  Gegner  in  eine 
möglichst  parallele  Richtung  zu  bringen  imd  hiedurch  dem  Stoße  zu  ent- 
gehen oder  ihn  wenigstens  abzuschwächen;  doch  das  Steuer  funktionierte 


1)  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  sprach  das  Verdienst  dieser  Tat  ausschließlich 
seinem  Flaggcnkapitän  zu.  Siehe  Lukesch:  „Der  militärische  Maria  Theresien-Orden* 
m.  Band,  Seite  439. 


nicht  mehr.  Mit  voller  Kraft  nach  vorwärts  arbeitend,  hoSte  er  den 
,Epzh.  Ferdinand  Max"  noch  vorne  passieren  zu  können,  allein  dies 
envieä  sich  bald  als  unmöglich.  Er  ließ  nun  die  Maschine  halten  und 
sodann  mit  ganzer  Kraft  nach  rückwiirts  arbeiten,  in  der  Hoffnung,  der 
,Erzh.  Ferdinand  Max*  werde  vor  seinem  Bug  passieren,  aber  schon  war 
es  zu  spät,  sein  Sciiicksal  bereits  besiegelt. 

Gerade  als  sich  die  beiden  entgegengesetzten  Bewegungen  aufzu- 
heben begannen  und  das  Schiff  gewissermaßen  wie  regungslos  dulag, 
erhielt  es  dun  verhängnisvollen  Stoß  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max",  welcher 
seine  Masse  von  4500  t  mit  einer  Geschwindigkeit  von  11'/*  Knoten 
unter  einem  fürchterlicben  Gekrache  fast  senkrecht  in  die  linke  Planke 
des  Gegnere,  nahe  an  der  Maschine,  bohrte  und  Panzer,  Planken  und 
Spanten  desselben  zertrümmerte,  dabei  selbst  bis  in  seine  innersten 
Verbindungen  erbebend. 

Der  Stoß,  welcher  in  den  unteren  Räumen  des  ,Erzh.  Ferdinand 
Max",  wo  niemand  darauf  vorbereitet  gewesen,  alles  zu  Boden  schleuderte, 
war  kaum  erfolgt,  als  der  Maschinist,  den  früher  erhaltenen  Weisungen 
gemüß  die  Maschine  gleich  auf  .ganze  Kraft  zurück"  stellte  wodurch  es 
gelang  den  Sporn,  welcher  zirka  2  m  tief  eingedrungen  war,  zurück- 
zuziehen und  so  das  eigene  Schiff  aus  der  Flanke  des  tödlich  getroffenen 
Gegners  zu  befreien. ') 

Weiter  krachend  und  brechend  zog  sich  der  von  der  Farbe  entblrtßte, 
blankpolierte  Ranunbug  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max",  aus  der  feindhchen 
SchifTswand  herau-s,  eine  weitklaffende  Wunde  im  Umfange  von  zu-ka 
5  w".  wovon  mehr  als  3  m*  unter  der  Wasserlinie,  zurücklassend. 

1)  Die  Darstellung  deR  Gerammtwerdens  des  .Hä  d'ItaJia*  in  den  lieiden  General- 
stahsneAen,  sowohl  im  Osterreicliiscbcn  als  auch  im  italienischen,  wie  auch  ferner  in 
den  meisten  aiideren  G esc bichts werken,  welche  elien  diese  Schilderung  mil  üherDominea 
biUien,  enlspriehl  nii-ht  volliommen  der  Wirk  lieh  keil.  Es  ist  nicht  richtig,  daß  bei  diesem 
Bammsloße  des  .Erzh.  Ferdinand  Max*  gegen  den  ,Rfi  d'llalia"  die  Maschine  des  ersteren 
auf  eine  Entfernung  von  lirta  30  Faden  gestoppt  wurde.  Weil  mau  eben  infolge  der 
Anwendung  dieser  Vorsichtsmaßregel  bei  den  früheren  Rammvcrjuchen  keinen  duroh- 
liH'hlageD den  Erfolg  erzielt  hatte,  wurde,  wie  dies  auch  Attlmajr  in  seinem  W^e 
erwälmt,  beschlosHn,  dafi  ton  nun  an  heim  Rammen  mcht  mehr  vorher  mittels  Signal« 
die  Hiuchine  gestoppt,  sondern  ddß  in  voller  Falirt  hincifigeraunt  werden  würde.  Der 
leitende  Maschinist  erhielt  deshalb  den  Befehl,  seine  Anordnungen  derart  zu  treffen.  AaH 
sowie  der  Stoß  erfolgt  sei,  die  Mascliine  sofort  und  ohne  weiteres  Signal  auf  „ganze  KraR 
rOckwIrts*  umgestellt  werde.  Und  so  geschah  es  auch.  Als  der  .Enh.  Ferdinand  Mai* 
seinen  RaiamsloB  gugen  den  ,l\i  d'ltulia'  in  voller  Fahrt  angcbraclit  lialte,  bUeb,  in- 
folge  des   Widerstandes     und  der   ungeheuren    Erschütterung    die  Mascltine    «neA 


213 

Während  der  «Erzh.  Ferdinand  Max'  langsam  vom  «R6  d'ltalia' 
frei  wurde,  neigte  sich  dieser  infolge  des  furchtbaren  Anpralles  zuerst 
langsam  auf  etwa  25*"  gegen  steuerbord,  worauf  er  dann  plötzlich  nach 
backbord  überrollte  imd  seine  klaffende  Wunde  in  die  rasch  hinein- 
strömenden Wassermassen  tauchte.  Binnen  weniger  denn  2^/a  Minuten 
versank  er  sodann,  mit  dem  Vorschiff  voraus,  in  den  Wogen  unter  den 
Hurrarufen  der  Bemannung  des  „Erzh.  Ferdinand  Max*. 

Es  war  selbst  f&r  den  Sieger  ein  furchtbar  großartiger  Anblick,  als 
das  ganze  Deck  des  feindlichen  Schiffes  sich  dicht  vor  seinen  Augen  auf- 
richtete, die  wackere  Bemannung,  welche  noch  in  diesem  AugenbUcke 
Yon  Deck  und  Marsen  ihre  letzte  Salve  abgab.^)  allmählich  an  Boden  verlor, 
die  Menschen  nach  Lee  hinabglitten  und  endlich  das  schöne  Schiff  in 
einen  Abgrund  von  200  Faden  für  immer  verschwand.  Während  des 
Sinkens  sah  man  einige  Leute  nach  achter  eilen,  um,  wie  es  schien,  die 
Flagge  an  der  Gaffel  zu  streichen,  doch  der  dem  Flaggenstabe  zugeteilte 
Guardia-marina  Razzetto  widersetzte  sich  diesem  Vorhaben,  stieß  den 
Matrosen,  der  die  Flaggenleine  in  der  Hand  hielt  zur  Seite  und  hißte  die 
Flagge,  die  übrigens  erst  ein  kurzes  Stück  gestrichen  worden  war,  wieder 
ganz  top,  so  daß  das  Schiff  mit  wehender  Nationalflagge  in  sein  Grab  ging.') 

Tausendstimmiges  , Hurrah!"  erscholl  von  den  kaiserlichen  Schiffen, 
welche  Zeugen  der  gewaltigen  Tat  ihres  Admiralschiffes  waren,  das  aus 
diesem  Ghok,  abgesehen  von  einer  Verletzimg  am  Vorsteven,  unversehrt 
hervorging.  •) 


Augenblick  in  ihrer  vollen  Leistung  zurück  und  es  schien  als  ob  sie  süllstehen  würde ; 
dieser  eine  Augenblick  hatte  indes  schon  genügt,  um  sofort  die  Rückwärtssteuerung 
anzusetzen  und,  da  das  Schiff,  infolge  des  gewaltigen  Stoßes  und  seiner  Wirkung  das 
Geschwindigkeitsmoment  bereits  eingebüßt  hatte,  so  vollzog  sich  auch  die  Rückwflrts- 
bewegung  sofort. 

Diese  Schilderung  wurde  dem  ebenfalls  auf  dem  „Erzh.  Ferdinand  Max*  eingesohifll 
gewesenen  Verfasser  vom  damaligen  leitenden  Maschinisten  desselben,  Maschinenmeister 
I.  Klasse  Martin  Gerber,  mit  welchem  er  über  diesen  Punkt  sprach,  gegeben.  A.  d.  V. 

1)  Liuienschiffsleutnant  Freiherr  v.  Minutillo,  Personaladjutant  Tegetthoffs, 
bereits  vorher  verwundet,  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  am  rechten  Handgelenke 
abermals  schwer  verwundet. 

^  Im  österreichischen  Greneralstabswerke  ist  der  Zeitpunkt  des  Unterganges  des 
,Rö  dltalla*  mit  11^  20"^  a.  m.  angegeben;  nach  einer  im  Tagebuche  des  Verfassers 
gemachten  Aufzeichnung,  welcher  die  Daten  des  Bordjoumales  des  ,EH.  Ferdinand  Max* 
zu  Grunde  liegen,  wurde  der  ,Re  d'Italia*  «gegen  Vi  12^*  gerammt.  Die  italienischen 
Berichte  geben  ziemlich  übereinstimmend  11^  30™  an. 

')  Dem  Schauplätze  am  nächsten  waren:  , Habsburg*,  „Prinz  Eugen*,  .Drache*, 
dann  .Novara*  und  „Elisabeth\ 


SU 


Die  Stelle,  wo  kurz  zuvor  noch  ein  mächtiger  Gegner  gestanden, 
bezeichneten  nunmehr  Schiffstrümmer  und  zahlreiche  Schiflbriichige, 
denen  es  gelungen  war,  in  das  Wasser  zu  springen,  bevor  sie  von  dem 
reißenden  Wirbel  des  untergehenden  Schiffes  ei-griffen  wurden  und 
die  jetzt  um  ihr  Leben  kämpfend  mit  flehenden  Geberden  um  Hilfe 
riefen. 

Der  ersle  Gedanke  des  österreichischen  Admirala  war  die  Rettung 
dieser  UnglückUchen,  von  denen  einige  sich  an  Schifl'siriimmer-  zerbro- 
chene Masten  u.  dgl.,  welche  das  Wasser  an  die  Oberfläche  gebracht 
hatte,  klammerten,  während  andere  sich  durch  Schwimmen  zu  retten 
suchten.  Es  wurde  sogleich  der  Befehl  gegeben,  das  steuerbord  hängende 
Jollboot,  das  einzige  noch  schwimmfähige  Boot,  zu  sireichen;  doch 
während  man  sich  eben  damit  beschäftigte,  dasselbe  von  seinen  Vertäu- 
ungen zu  befreien,  drohte  dem  ,Erzh.  Ferdinand  Max"  selbst  eine  große 
Gefahr,  Es  erschien  plötzlich  auf  backbord  gegen  achter,  mit  voller  Kraft 
fahrend,  ein  feindliches  Panzerschiff,  wahrscheinlich  „Ancona*  und  nahm 
mit  der  unverkennbaren  Absieht,  zu  rammen,  seinen  Kurs  gegen  den^Erzh, 
Ferdinand  Max".  Nur  der  Kaltblütigkeit  des  Kommandanten  und  der  vor- 
züglichen Steuerfälligkeit  des  ,  Erzh.  Ferdinand  Max"  war  es  zu  danken,  daß 
dieser  vor  einem  ähnlichen  Schicksal  bewahrt  wurde,  wie  er  es  unmittelbar 
vorher  dem  ,Re  d'Italia"  bereitet.  Die  beiden  Schifife  streiften  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  so  nahe  aneinander  vorüber,  daß  die  Bedienungs- 
mannschaft der  Backbordbatterie  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max'  die  Setzer 
in  die  Geschützmündungen  nicht  einführen  konnte.  Das  feindliche 
Panzerschiff  feuerte  einige  Schüsse  ab,  deren  Rauch  in  die  Stückpforten 
des  ,Erzh.  Ferdinand  Max'  drang;  sie  fügten  indes  trotz  der  unmittel- 
baren Nähe  keinen  Schaden  zu,  so  daß  die  Annahme  gerechtfertigt  ist, 
daß  die  Geschütze  in  der  Verwirrung  und  Aufregung  nur  blind  geladen 
wurden.  Die  beiden  Gegner  trennten  sich  hierauf  ohne  weitere  Feind- 
seligkeiten. ') 

So  wie  ,Erzh.  Ferdinand  Max'  wurden  auch  einige  andere  Schiffe  der 
kaiserlichen  Eskadre,  welche  dem  Orle  der  Katastrophe  nahe  kamen  und 
wiederholte  Anstrengungen  zur  Rettung  der  Scliiffbnichigen  machten, 
durch  feindliehe  Angriffe  in  ihrer  humanen  Absicht  gestört  und  gezwungen, 
auf  ihre  eigene  Sicherheit  bedacht  zu  sein, 

, Elisabeth',  welche  ebenso  wie  .Novara'  in  die  nächste  Nähe  des 
Admirals  gelangt  war,  stand  im  Momente  des  Unterganges  des  ,R^  d'Italia' 

1)  NUierrs  hierüber  siehe  Seite  342  und  Seite  tdS. 


215 

nordöstlich  von  diesem.  Sie  eilte  sofort  zur  Rettung  der  Unglücklichen 
herbei,  wurde  aber  durch  zwei  feindliche  Panzerschiffe  daran  verhindert, 
von  denen  das  eine — ,  Ancona**  — nach  der  Affäre  mit  dem  ,EFzh.  Ferdinand 
Max*  sie,  achter  passierend,  beschoß  und  ihr  einigen  Schaden  zufügte, 
während  das  andere  —  „  Varese "  —  ihr  von  vom  entgegenkam.  Beide  Gegner 
schienen  es  auf  die  « Elisabeth'  abgesehen  zu  haben  und  dieser  blieb 
gerade  nur  noch  so  viel  Zeit,  durch  schleuniges  Rückwärtsschlagen  den 
ihr  zugedachten  Stößen  auszuweichen,  worauf  die  beiden  Schiffe  selbst 
zusammenstießen  und  mit  ihren  Takelagen  stark  aneinander  gerieten. 
Zum  Glück  für  beide  bUeben  sie  eine  Zeitlang  durch  den  Pulverrauch 
gedeckt  und  hatte  sich  inzwischen  das  Gefechtsfeld  schon  etwas  verrückt, 
so  daß  im  Augenblicke  keine  österreichische  Panzerfregatte  in  der 
Nähe  war.  ^) 

Der  Kampf,  der  nach  dem  Sinken  des  ,Re  d'  Italia'*  sich  mehr  in 
südwestlicher  Richtung  gezogen  hatte,  nahm  nun  wieder  seinen  erbitterten 
Fortgang  und  waren  es  jetzt,  nachdem  von  den  Schiffen  der  Mittelgruppe 
eines  in  den  Grund  gebohrt,  ein  anderes  in  Brand  geschossen  sich  außer- 
halb des  Gefechtsbereiches  begeben  hatte,  hauptsächlich  die  Schiffe  der 
Queuegruppe  sowie  der  „San  Martino*,  auf  welche  sich  der  Angriff  der 
kaiserlichen  Panzerschiffe  richtete. 

,Re  di  Portogallo"  war  bald  nach  seinem  Zusammenstoße  mit  dem 
„Kaiser*  backbord  von  einigen  österreichischen  Holzschiffen,  steuerbord 
von  zwei  Panzerfregatten  bedroht  imd,  für  einige  Zeit  von  den  Schiffen 
seiner  Gruppe  getrennt,  in  einer  kritischen  Lage,  so,  daß  er  sich  nur  mit 
der  größten  Anstrengung  seiner  Gegner  erwehren  konnte.  Der  Kommandant 
Riboty  versuchte,  eine  österreichische  Holzfregatte*)  anzurennen,  um  sich 
Bahn  zu  brechen,  erhielt  aber  von  derselben  eine  konzentrierte  Breitseite, 
durch  welche  Rumpf  und  Takelage  des  „Re  di  Portogallo"  neuerdings 
beschädigt  wurden.  Es  gelang  ihm  aber  schließlich  doch,  sich  frei  zu  machen 
imd  mit  den  zwei  Teteschiffen  des  KontreadmiralsVacca  „Principe  di 
Carignano"  und  „Castelfidardo'*,  die  nun  in  südwestlicher  Richtung 
auftauchten,  zu  vereinigen. 


1)  Bezüglich  der  beiden  Panzerschiffe  «Ancona"  und  , Varese**  ist  es  konstatiert, 
daß  sie  während  der  Schlacht  zusammenstießen  und  es  längere  Zeit  währte,  ehe  sie  von- 
einander freikamen.  Es  werden  daher  die  oben  erwähnten  Schiffe,  welche  ^Elisabeth*' 
bedrohten  und  dann  karambolierten,  wohl  ,Ancona*  und  , Varese*  gewesen  SQin. 

^Riboty  meinte  in  seinem  Berichte  die  ,Novara**,  doch  dürfte  es  die  ,Schwar- 
zenberg*  gewesen  sein,  da  erstere  um  diese  Zeit  sich  in  der  Nähe  des  Flaggenschiffes 
befand. 


Kontreadmiral  Vacca  hatte  nämlich  während  der  bislier  geschil- 
derten Ereignisse  mit  den  genannlen  zwei  Schiffen  seiner  Abteilung  —  das 
dritte,  .Ancona",  hatte  sich,  wie  erinnerlich  schon  früher  auf  eigene  Faust 
von  ihm  abgetrennt  —  die  ösleiTeichische  Holzflotte  im  Rücken  dubliert 
Langsam  gegen  Süden  fahrend  erblickte  er  die  anderen  Panzerschiffe  nach 
allen  Richtungen  zerstreut;  es  war  aber  weder  ein  Signal  des  kommandieren- 
den Ädmirals  noch  eine  Bewegung  wahrzunehmen,  welche  auf  eine  Samm- 
lung und  Neuformation  hingedeutet  hü  tten.  Da  ihm  diese  aber  nach  der  Sach- 
lage angezeigt  erschien,  so  hielt  er  sich  für  berechtigt  —  11''  10"  —  den 
Panzerschiffen  das  Signal  zumachen:  ,Die  Kielwasserlinie  ohne  Röcksicht 
auf  den  Rang  oder  Posten  formieren'  („Formate  prontamente  una  linea  di 
fila,  senza  soggezione  ne  di  grado  ne  di  posto"),  worauf  nun  diese  ihm  zu- 
steuerten und  sich  sukzessive  in  die  angeordnete  Linie  einzureihen 
begannen. 

Auf  den  ,Re  di  Portogallo"  schloß  sich  als  nächste  die  .TerribHe* 
an,  welche  während  der  ganzen  Zeit  bei  der  Holzflotte  des  Vizeadmirals 
Albini  verblieben  war,  von  dort  aus  auf  sehr  weite  Distanzen  einige 
wirkungslose  Schüsse  auf  das  Linienschiff  , Kaiser'  und  die  dasselbe  be- 
gleitenden Holzschiffe  abgegeben,  hierauf  —  jedoch  stets  außer  Schuß- 
weite —  einige  Drehkreise  beschrieben  hatte  und  somit  bis  jetzt  noch  zu 
keiner  eigentlichen  Aktion  gekommen  war.  .Ancona'  und  ,Varese*  war 
es  inzwischen  gelungen,  sich  voneinander  frei  zu  machen  und.  indem 
die  erstere  wieder  ihren  Posten  hinter  .Castelfidardo*  einnahm,  reihte 
sich  ,Varese°  nach  der  .Terribile*  ein. 

Die  zur  Gnippe  Riboty  gehörige  .Maria  Pia"  hatte  die  Absicht  ge- 
habt, dem  ,Re  di  Portogallo'  in  der  früher  beschriebenen  kritischen  Lage 
zu  Hilfe  zu  kommen,  mußte  aber,  um  den  beiden  ineinander  geratenen 
Panzerschiffen  „Ancona"  und  „Varese"  Raum  zu  geben,  in  einem  weiten 
Bogen  ausweichen,  wodurch  so  viel  Zeit  verloren  ging,  daß  die  beab- 
sichtigte Unterstützung  des  ,Re  di  Portogallo",  der  sich  mittlerweile  selbst 
Luft  gemacht  hatte,  überflüssig  ward.  Sie  ging  dann  zwei  österreichischen 
Panzerschiffen,  welche  bei  ihrem  Manöver  scheinbar  Kurs  gegen  die 
italienische  Holzflotte  nahmen,  entgegen,  gab  aber  ihr  Vorhaben,  denselben 
den  Weg  zu  verlegen,  gleich  wieder  auf,  da  noch  zwei  andere  öster- 
reichische Schifl'e  folgten. 

Bei  dieser  Gelegenheit  wollte  .Maria  Pia'  eines  der  österreichischen 
Panzerschiffe  —  .Prinz  Eugen'  —  welches  dwais  vor  ihr  passierte, 
anrennen;  dieses  wich  jedoch  rasch  nach  steuerbord  aus,  von  .Maria  Pia* 
eine  volle  Breitseite  und  Gewehrsalven  in  dem  Augenblicke  empfangend. 


217 

als  beide  Schiffe  einander  ganz  nahe  gekommen  waren.  «Maria  Pia"  nahm 
hierauf  die  Richtung  gegen  die  eigenen  Panzerschiffe,  die  sich  auf  das 
erwähnte  Signal  des  Eontreadmirals  Vacca  zu  formieren  begonnen  hatten. 

»San  Martino*  war,  nachdem  er  zur  Bewältigung  des  an  Bord 
ausgebrochenen  Feuers  einen  Bogen  beschrieben  hatte,  der  ihn  auBerhalb 
des  Gefechtsbereiches  brachte  (siehe  Seite  281),  hierauf  zur  Gruppe 
Rib  oty  gesteuert;  dort  wurde  er  von  zwei  österreichischen  Panzerfregatten 
und  einer  Holzkorvette  —  ,Erzh.  Friedrich*  —  engagiert,  bei  welcher 
Gelegenheit  neuerdings  durch  eine  Granate,  welche  in  eine  Offizierskabine 
an  Steuerbord  einschlug,  Feuer  ausbrach.  Der  Kommandant  fand  sich  durch 
diesen  Umstand  zum  zweiten  Male  veranlaßt,  aus  dem  Gefechtsbereiche  zu 
steuern,  und  nahm  dann  später  gleichfalls  Kurs  gegen  das  Gros  der  eigenen 
Panzerschiffe.  Im  Begriffe,  dem  Signale  des  Kontreadmirals  Vacca  Folge 
zu  leisten  und  sich  der  Kielwasserlinie  desselben  anzuschließen,  stieß  er 
mit  der  ^^MariaPia**  zusammen,  wobei  er  einige  Beschädigungen  davontrug. 

Die  neue  Kielwasserlinie,  bestehend  aus  den  8  Panzerschiffen:  , Prin- 
cipe di  Carignano'',  «Castelfidardo**,  „Ancona**,  „Re  di  Portogallo**, 
»Terribile**,  „Varese",  «Maria  Pia*,  »San  Martino*,^)  setzte  sich  nun 
unter  Führung  des  Kontreadmirals  Vacca  gegen  12*^  mit  südlichem  Kurs 
in  Bewegung,  wobei  sie  an  der  Holzflotte  des  Vizeadmirals  Alb  ini  vorüber- 
kam, welche,  in  nordwestlicher  Richtung  steuernd,  bis  jetzt  untatig  ge- 
blieben war.  Kontreadmiral  Vacca  fuhr  hierauf,  im  Bogen  über  Backbord 
wendend,  mit  den  Panzerschiffen  in  nordöstlicher  Richtung,  während  die 
Holzschiffe,  erstere  dublierend,  sich  in  zweiter  Linie  formierten.  (Siehe 
Pläne  IV  und  V.) 

Hiemit  hatte  der  kurze,  aber  heiße  Kampf  der  beiden  Panzerflotten 
seinen  Abschluß  gefunden.  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  gab  zu  dieser 
Zeit  —  12^  10°"  —  seiner  Panzerdivision  das  Signal  „Sammeln*. 

Während  diese  Ereignisse  sich  bei  der  österreichischen  Panzer- 
division abspielten,  waren  die  beiden  Holzdivisionen  mit  Ausnahme  der 
«Novara*  dem  Linienschiff  bei  seinem  Rückzug  nachLissa  gefolgt.  Es  be- 
gleiteten dasselbe  auf  dieser  Fahrt  zunächst  „Reka*,  sodann  ^Seehund* 
und  ,Erzh.  Friedrich*,  worauf  die  Fregatten  «Schwarzenberg*,  »Radetzky*, 
»Adria*,  „Donau*  und  die  Kanonenboote  „Hum*,  »Wall*,  »Streiter*, 
endlich  der  Raddampfer  „Andreas  Hofer*  im  Kielwasser  folgten.  (Siehe 
Plan  III.)  Während  der  »Kaiser*  mit  aller  Anstrengung  bemüht  war,  dem 


i)  Der  brennende  „Palestro"*  befand  sich  ganz  außerhalb  des  Gefechtsfeldes  mit 
dem  Kurse  gegen  Lesina. 


Brande  Einhalt  zu  tun,  erschien  neuerdings  und  plötzlicli  auf  der  Steuer- 
bordseite der  österreichischen  Holzschiffe  der  „Äffondatore",  welche) 
nach  seiner  ersten  Begegnung  mit  dem  „Kaiser"  (siehe  Seile  202)  einen 
großen  Bogen  über  Backbord  beschrieben  hatte,  hiedurch  eine  Zeitlang 
außerhalb  des  Gefechtsbereiches  gelangt  war  und  nun,  längs  der  Nord- 
küste der  Insel  steuernd,  dem  Linienschiff  den  Weg  zu  verlegen  drohte. . 
Die  beiden  Schiffe  hatten  einen  annähernd  parallelen  Kurs,  nur  war 
das  Linienschiff  infolge  der  erlittenen  Havarien,  welche  den  Gang  seiaer' 
Maschine  beeinträchtigten,  gezwungen,  langsamer  zu  fahren,  während 
der  „Affondatore"'  über  seine  volle  Dampfkraft  verfügte.  Die  Gefahr, 
gerammt  zu  werden,  war  daher  diesmal  für  den  .Kaiser'  eine  auBer^ 
ordentliche,  ja  es  schien  geradezu  unmöglich,  daß  er  diesem  Schickst 
werde  entgehen  können.  ^ 

Dreimal')  fiel  der  .Äffondatore'  gegen  den  .Kaiser"  ab,  als  wollte  e 
einen  Anlauf  zum  Rammen  nehmen;  doch  das  schwer  verwundete  Linien- 
schiff wehrte  sich  auf  das  tapferste,  gab  trotz  Brand  und  Havarien  Breit- 
seite auf  Breitseite  ab  und  hielt  sich  so  den  geföhrlichen  Gegner  vom  Leib."] 
.Kaiser"  ivurdc  dabei  durch  die  nachfolgenden  Holzschiffe,  später  auchi 
durch  die  zwei  Panzerfregatten  , Don  Juan'  und  .Prinz  Eugen",  welche 
den  .Affondatore"  unausgesetzt  beschossen,  auf  das  wackerste  unter-' 
stötzt.») 

Als  der  .Affondatore'  zum  dritten  Mal  seinen  Anlauf  gegen  den. 
.Kaiser"  nahm,  war  er  bis  auf  ungefähr  I  Kabel  (200  wi)  Distanz 
herangekommen;  noch  eine  kleine  Bewegung  mit  dem  Steuer  nacli, 
backbord  und  der  Zusammenstoß  mußte  erfolgen.  Schon  war  auf  dem, 
,Affondatore"  der  Befehl  in  die  Maschine  erteilt  worden,  zum  Halten  und 
Rückwärtsgehen  bereit  zu  sein,  schon  halte  sich  die  Mannschaft  platt  auf 
das  Deck  geworfen  und  erwartete  man  auf  beiden  Schiffen  in  fieberhafter 

')  Nach  Ost erreicbis eben  Angaben;  die  italienischen  berichten  nur  von  el 
mal  igen  Abfallen. 

-)  Admiral  Pefsano  fiuBerte  sieb  hierüber  wie  folgt:  Soa  perUnto  rioadva  fed 
evitare  rurto  vhe  gli  portammo  di  poppa  e  non  rislaTa  dal  rispondere  con  altretaato 
di  giustezza  tiro  ai  noslri  ripetuli  «pari,  crivellaadoci  veramente  con  ogni  sortA  di  pifh 
jcttili,  perfurandaci  perstno  In  Lolda,  con  colpi  Bccanti  che  appicaroao  il  fuoeo  ad  uno 
dei  cammerini  solto  coverta.  presto  spento  dagli  nomini  condolti  da  quel  intrepido  Chinoli 
che  ricordai  etc.  etc.,  I  fatti  dl  Lissa  Seite  29. 

*)  ,Uon  Juan*  erhielt  bei  dieser  Gelegenheit  ein  Projektil  vom  .AfTondiilore*.  dU 
in  eine  Panxerplalle  zwischen  zwei  StQckpforten  einschlug,  einen  xweilen  Schuß  in 
Panzer  unlerfaaib  der  Wasserlinie  und  einen  dritten  in  den  Bngsprielsluhl,  der 
IrQmntert  wurde. 


i  mit  dem ,,  Affondatore''  lP45'"a.m. 


»■■^i 


j 


/ 


219 

Spannung  den  Ausgang,  welchen  die  nächsten  Augenblicke  bringen  mußten, 
als  plötzlich  der  „Affondatore*  nach  steuerbord  abfiel,  hiebei  vom  Linion- 
schiflf  mit  einem  wohlgezielten  Sektions-  und  Vormeisterfeuer  aus  beiden 
Batterien  beschossen,  welches  ihm  schwere  Beschädigungen  auf  Deck  und 
in  den  unteren  Räumen  zufügte.^) 

Während  sich  der  „Alfondatore"  hierauf  der  eigenen  Holzflotte  zu- 
wandte, setzte  das  Linienschiff  in  Begleitung  des  Kanonenbootes  „Reka** 
seinen  Weg  bis  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio  fort,  wo  es  um  1  ^  15"^  p.  m. 
anlangte  und  sich  sofort  mit  einem  Spring  gegen  die  Hafeneinfahrt  ver- 
täute, um  gegen  einen  allenfalls  nachkommenden  Gegner  kampfbereit  zu 
sein.  Das  Kanonenboot  „Reka*,  welches  auf  demselben  das  Signal  gesehen 
hatte:  „Man  gibt  die  Hoffnung  auf,  das  Feuer  zu  bewältigen**,  folgte  ihm 
bis  in  den  Hafen  nach,  verweilte  dort  eine  halbe  Stunde,  verließ  jedoch 
dann  wieder  den  Hafen,  da  seine  Hilfe  vom  „Kaiser"  nicht  weiter  benötigt 
wurde.  Die  übrigen  Schiffe  nahmen  sodann  unter  Fuhrung  der  „Schwarzen- 
berg"  wieder  den  Kurs  in  nördlicher  Richtung,  um  sich  mit  den  Panzer- 
schiffen zu  vereinigen,  welche  ihnen  indes  nach  dem  um  12*^  20*"  erfolgten 
Signale  Kontreadmirals  v.  Tegetthoff:  „Dem  Kommandierenden  im 
Kielwasser  folgen**,  bereits  auf  halbem  Wege  entgegenkamen,  da  der 
Admiral  die  seinen  Holzschiflfen  drohende  Gefahr,  von  der  Eskadre  des 
Vizeadmirals  Alb  in  i  angegriflen  zu  werden,  inzwischen  bemerkt  hatte.*) 
(Siehe  Pläne  III  und  IV.) 

Nachdem  auf  diese  Weise  die  Vereinigung  der  ganzen  Eskadre 
ijewirkt  war,  ließ  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff,  um  möglichst  schnell 
die  Ordnung  wiederherzustellen,  drei  Kielwasserlinien  nebeneinander 
—  Kurs  Nordost  —  formieren,  und  zwar  die  Panzerschiffe  zunächst 
dem  Feinde,  steuerbord  derselben  die  2.,  dann  die  3.  Division.  In  dieser 
Aufstellung  konnte  rasch  durch  ein  gleichzeitiges  Abfallen  nach  backbord 
die  Eskadre  wieder  in  eine  für  den  direkten  Angriff  geeignete  Formation 
mit  den  Panzerschiffen  im  ersten  Treffen  gebracht  werden,  falls  sich  ein 
solcher  als  notwendig  erwies. 

Als  die  österreichischen  Panzerschiffe,  um  sich  vor  den  eigenen 
Holzdivisionen  in  Kielwasserlinie  zu  formieren,  der  Holzeskadre  des 
Vizeadmirals  Alb  in i  näher  kamen,  eröffneten  einige  der  Fregatten  ein 
lebhaftes  Feuer,  jedoch  ohne  alle  Wirkung. 


1)  Näheres  hierüber  siehe  Seite  299. 

2), Elisabeth'*  wurde,  nachdem  sie  das  Signal  repetiert  hatte,  vom  Kontreadmiral 
V.  Tegetthoff  zur  Begleitmig  und  Hilfeleistung  für  »Kaiser*  al)geschickt,  kehrte  indes 
bald  wieder  zurück,  da  vom  letzteren  keine  Unterstützung  beansprucht  worden  war. 


Wir  kommen  nun  dazu,  uns  mit  der  italienischen  Holzeskadre  näher 
zu  befassen,  welche,  wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  bisher  eine  nahezu 
passive  Haltung  beobachtet  liatte.  Die  Ursache  dieses  eigentümUchen  Ver- 
haltens derselben  lag  in  folgendem:  Wie  erinnerlich  (siehe  Seite  196) 
hatte  Vizeadmiral  Albini  beim  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre 
eine  kostbare  Zeit  mit  der  Bergung  des  Aussehiffungsmateriales  verloren 
und  seine  Eskadre  erst  gegen  9Vs''  a.  m.  vom  Hafen  Carober  aus  gegen 
den  anrückenden  Feind  in  Bewegung  gesetz*.  Die  durchschnittliche 
Geschwindigkeit  seiner  Schiffe  betrug  ungefUhr  8  Seemeilen  pro  Stunde. 
AnfSngUch  in  westlicher  Richtung  steuernd,  ging  er  sodann  mittels  Gegen- 
marsch in  die  mittlerweile  vom  kommandierenden  Adniiral  anbefolilene 
und  von  den  PanzerschüTen  bereits  angenommene  Kursrichtung  Nordnord- 
ost über,  war  jedoch  im  Momente,  als  die  Schiacht  begann  —  10''  43" 
a.  m.  —  erst  an  der  Queue  der  Panzeriinie  angelangt,  parallel  zu  welcher 
er  seine  Eskadre  auf  die  in  den  Ürdini  di  massima  vom  21,  Juni  vorge- 
schriebene Distanz  von  3000  ni  (15  Kabel)  zu  führen  trachtete. 

Vizeadmiral  Albini  will  nun  die  Absicht  gehabt  haben,  die  öster* 
reichische  Holzflolte  anzugreifen')  und  zu  diesem  Behufe  die  eigenen 
Panzerschiffe  achter  zu  passieren;  tatsächlich  war  er  auch  gegen  Westea 
abgefallen;  in  diesem  Momente  erfolgte  aber  der  Durchbruch  der  öster* 
reichischen  Panzerdivision  durch  die  italienische  Panzerlinie  und  die  Schiffe 
des  österreichischen  linken  Flügels,  welche  am  meisten  voraus  waren, 
kamen  hiebei  seiner  Tete  bis  auf  ungefrihr  10  Kabel  nahe,  so  daß  er, 
der  Meinung,  diese  beabsichtigten  ihn  anzugreifen,  schleunigst  wieder  naek 
steuerbord  abhielt,  um  den  Gegnern  den  Bug  zeigen  zu  können. 

Nachdem  die  Österreichischen  Panzerschiffe  ihre  Wendung  zqd 
zweiten  OEfensivstoß  vollzogen  hatten  und  die  vermeintliche  Gefahr 
öbtr  war,  ging  Vizeadmiral  Albini  wieder  nach  backbord  zurück  und 
hielt  nun,  da  der  Kampf  der  Panzerschiffe  sich  mehr  nach  Norden  zog, 
westlichen  Kurs,  dabei  bestrebt,  die  Formation  seiner  Eskadre,  welohtf 
durch  den  öfteren  Kurswechsel  auseinander  geraten  war.  wieder  her» 
zustellen,  *)  Inzwischen  hatte  der  AngriCF  der  italienischen  Queuepanzer- 
schiffe auf  die  Österreichische  Holzflotte  staltgefunden  und  Vlzeadnündl 
Albini,  in  westhcher  Richtung  fortfahrend,  gewahrte  auf  seiner  Steuer* 

>)....  ,olme  jedoch  hieboi  das  Manöver  der  eigenen  Paiizprscjjifle  zu  stOnn, 
(seiaa  perii  imbarauart;  la  manovra  delle  noslre  coraKate). 

3)Aussage  des  Vizeadmirals  Albini.  RendieonU  etc.  etc.  Seite  55,  sowis 
desselben;  ebeiiso  des  Linie nschiffskapi lins  Butlione  diMonale  voq  der 
Adelaide*.  Heodiconti  eU.  etc.  Seile  59. 


221 

bordseile  das  Linienschiff  , Kaiser*'  mit  dem  Kurs  gegen  Lassa,  gefolgt  von 
den  übrigen  Holzschiffen  und  ebenso  den  «Affondatore*',  welcher  einen 
zum  Linienschiff  annähernd  parallelen  Kurs  steuernd,  sich  demselben 
zusehends  näherte. 

Vizeadmiral  Albini  erkannte  wohl  die  günstige  Gelegenheit,  die 
rückwärtigen  österreichischen  Holzschiffe  anzugreifen  und  nach  der 
augenblicklichen  Position  der  beiden  Gegner  (siehe  Plan  HI)  würde  ein 
gleichzeitiger  Kurswechsel  von  4 — 6  Strich  alle  Aussicht  auf  Erfolg 
gehabt  haben,  um  zu  einem  Engagement  zu  gelangen.  Auffallender  Weise 
liefi  er  sich  jedoch  diese  günstige  Gelegenheit  entgehen,  wendete  nicht 
gleichzeitig,  sondern  mit  Gegenmarsch  und  fiel  nur  bis  Nordwest  ab,  so 
daß  den  österreichischen  Holzschiffen  die  volle  Freiheit  blieb,  ihre  Fahrt 
unbehindert  fortzusetzen,  was  um  so  unbegreiflicher  erscheinen  muB,  als 
seine  Schiffe  den  gegnerischen  an  Stärke  und  Geschwindigkeit  jedenfalls 
überlegen  waren.  ^) 

Eben  als  er  im  Begriffe  stand  den  Gegenmarsch  auszuführen, 
näherte  sich  seiner  Eskadre  —  11^  45°* —  der  „Affondatore*  mit  den 
Signalen  am  Top,  »den  Feind  angreifen,  sobald  auf  Schufidistanz  gelangt'' 
(attaccate  il  nemico  appena  a  portata)  und  ^^die  feindliche  Arri^regarde 
dublieren**  (radoppiate  la  retroguardia  nemica).  Admiral  Persano 
wollte  mit  letzterem  Signale  offenbar,  daß  Vizeadmiral  Albini  die 
österreichischen  Holzschiffe,  welche  dem  „Kaiser^  folgten,  dublieren  und 
zwischen  zwei  Feuer  bringen  solle,  ein  Manöver,  welches,  wie  wir  schon 
oben  sagten,  vollkommen  der  Situation  angepaßt  und  möglich  war.  Doch 
der  vom  kommandierenden  Admiral  direkt  befohlene  Angriff  blieb  imaus- 
geführt  und  hiezu  mag  folgender  Umstand  mit  beigetragen  haben :  Vize- 
admiral Albini,  der  von  der  Anwesenheit  des  letzteren  auf  dem 
«Affondatore''  keine  Ahnung  hatte,  konnte  sich  nämlich  die  von  diesem 
Schiffe  ausgehenden  Signale  nicht  erklären  und  zeigte  ihnen  anfänglich 


1)  Vizeadmiral  Albini  schreibt  diesbezüglich  in  seinem  Berichte:  ,In  questafase 
del  combaltimento  mi  era  parso  possibile  di  tagliarc  la  ritirata  dei  legni  misti,  che 
piegaTano  a  tutta  corsa  verso  il  canale  di  Lissa,  col  vascello  in  testa,  giä  considere- 
Yolmente  daneggiato,  col  aibero  di  trinchelto  abbattuto,  avviluppato  in  denso  fumo  snlla 
prua;  e  veramcnte  sarebbe  stato  otyIo  di  cambiare  ad  un  tempo  Tordine  di  marcia;  ma 
sotto  il  riflesso  del  ritardo  pei  signali  e  per  rinsicme  che  esigeva  sifatto  movimento 
prescelsi  di  compirlo  per  la  contromarcia*^.  Wir  glauben  indes,  dafi  nicht  die  Rücksicht- 
nahme auf  den  etwaigen  Zeitverlust  beim  Signalisieren  der  wahre  Grund  hievon  war, 
sondern  vielmehr  Mangel  an  Tatkraft  und  Energie.  Es  fiel  dem  Vizeadmiral  Albini,  wie 
wir  später  noch  seilen  werden,  schwer,  dieses  sein  Vorgehen  überzeugend  zu  recht- 
fertigen. Anm.  d.  V. 


wenig  Beachtung;  erst  später  als  vom  neuen  am  „Affundatore'  Signale 
sichtbar  wurden,  vermutete  man  am  Bord  der  .Maria  Adelaide*  infolge 
dieses  unausgesetzten  Signal  isierens  die  Anwesenheil  des  komman- 
dierenden Ädmirals  auf  dem  .AfFondatore"  und  schenkte  nun  den 
Signalen  und  Bewegungen  desselben  eine  größere  Aufmerksamkeit.') 

Admiral  Persano  hatte  inzwischen  bemerkt,  daß  das  Gros  der 
österreichischen  Holzschiffe  sich  vom  , Kaiser"  abgewendet  hatte,  um  den 
eigenen  Panzerschiffen  zuzusteuern.  In  der  Annahme,  durch  ein  rasches 
Eingreifen  diese  Vereinigung  verhindern  zu  können,  gab  er  —  12''  15™  — 
der  ganzen  Flotte  das  Signal:  „Die  Flotte  hat  mit  Freiheit  der  Bewegung 
und  des  Manövers  den  P'eind  zu  verfolgen'  (l'armata  dia  caccia  al  nemico 
con  libertä  di  cammino  c  di  manovra),  allein  auch  dieser  Befehl  gelangte 
nicht  zur  Ausführung.  Von  sämtUchen  Panzerschiffen  ging  nur  der  ,Be  di 
Portogallo"  —  Linienschiffskapitän  Riboly  —  aus  der  Linie  heraus, 
kehrte  aber,  als  er  sah,  daß  ihm  keines  der  übrigen  Schiffe  folgte,  wieder 
in  die  Linie  zurück.  Die  übrigen  Pan-!erschiffe  steuerten  langsam  weiter 
und  bestrebten  sich,  bloß  die  Distanzen  in  der  Kiel  Wasserlinie  herzustellen. 
Nicht  anders  verhielt  es  sich  auf  Seite  der  Holzschiffe,  von  denen  nur  der 
.Principe  Umberto'  —  Linienschiffskapitäii  Guiglielmo  Aclon  —  vor- 
wärts gesteuert  war  und  ein  lebhaftes  Feuer  auf  die  vor  ihm  passierenden 
österreichischen  Schiffe  eröffnet  hatte;  als  Linienschiffskapitän  Acton 
jedoch  bemerkte,  daß  niemand,  auch  nicht  sein  Admiral,  ihm  nachkam, 
begab  er  sich  wieder  auf  seinen  Posten  zurück,  (Siehe  Plan  IV.) 

Aber  ebensowenig  vollzogen  die  Holzschiffe  des  Vizeadmirals 
Albini,  als  ihnen  dieser  selbst  um  12''  30'"  das  Signal  machte:  »Die 
feindliche  Vorhut  angreifen"  (attaccate  l'avanguardia  nemica),  worunter 
gleichfalls  die  ihre  Vereinigung  mit  den  Panzerschiffen  sucliendeo 
österreichischen  Holzschiffe  gemeint  waren,  diesen  Befehl,  wahrscheinlich 
weil  sie  dieses  Signal  nicht  verstanden  und  bei  ihrem  Admü-al  selbst 
keine  Initiative  wahrnahmen. 

So  kam  es,  daß  um  diese  Zeit  jede  elnheithche  Leitung,  jedes 
Zusammenwirken  bei   der  itahenischcn  Flotte  fehlte  und  ihre  Haltung 

■)  Es  darf  nicht  vergessen  werden,  daS  aämllii-lie  SchifTe  bei  Beginn  der  Selilkclit 
die  kleine  Flaggengala  geliiBt  halten  nnd  deshalb  die  Kommandollitgge  schwer  von  der 
NatianalOngge  zu  unterscheiden  war.  Erst  nis  man  aufmerksamer  die  Flaggen  dei 
.AfTnndatore-  mit  dem  Fernrohre  musterte,  glaubte  man  an  den  weiQen  Kngdn 
(lu  |jallololi.<j  im  grQnen  Felde,  welche  den  Ranggrad  des  Admirala  bezeiclinen,  riM 
Kommando  flagge  wahrzunehmen,  kounle  aber  Ihre  Aniahl  nicht  genao  festatolira, 
Itcndiconli  ctu.  clc.^  deposizioiie  Paulucci,  SciU-  59. 


d 


223 

eine  geradezu  passive  wurde.  Die  Nichtausführung  des  vom  Admiral 
Persano  gegebenen  Signals,  den  Feind  mit  Freiheit  der  Bewegung  und 
des  Manövers  zu  verfolgen,  muß  aber  um  so  unbegreiflicher  erscheinen, 
als  ein  Zweifel  bezüglich  dessen  Durchführung  nicht  aufkommen  konnte. 
Insbesondere  den  beiden  Unterbefehlshabem,  welche  nunmehr  erkannt 
hatten,  daß  sich  der  kommandierende  Admiral  am  Bord  des  „Aflfondatore* 
befand,  oblag  es  diesem  Befehle  sofort  zu  entsprechen,  sich  an  die  Spitze 
der  Bewegung  zu  setzen  und  den  unterstehenden  Schiffen  mit  gutem 
Beispiel  voranzugehen.^) 

Admiral  Persano  sah  mit  Entrüstung  diese  Untätigkeit  der  Flotte 
und  verstärkte  den  vorerwähnten  Befehl  —  12*^  30°^  —  durch  die  Signale: 
,,Der  Kommandant  verlangt  die  ungesäumte  Ausführung  der  erteilten 
Befehle^  (il  commandante  desidera  la  pronta  esecuzione  degli  ordini 
dati)  und:  »Der  Kommandierende  erinnert  die  Flotte,  daß  jedes  Schiff, 
welches  nicht  kämpft,  nicht  auf  seinem  Posten  ist*  (il  commandante  in 
capo  previene  Tarmata  che  ogni  bastimento,  che  non  combatte,  non  e  al 
suo  posto),  doch  trotzdem  kamen  weder  Kontreadmiral  Vacca  noch 
Vizeadmiral  Albini  diesem  peremptorischen  Befehle  des  Admirals  en  chef 
nach  und  die  Flotte  verharrte  in  ihrer  bisherigen  Untätigkeit 

In  der  Besorgnis,  daß  das  mehrei-wähnte  Signal,  den  Feind  mit 
Freiheit  der  Bewegung  und  des  Manövers  zu  verfolgen,  vielleicht  nicht 
gehörig  gesehen  oder  verstanden  worden  sein  könnte,  lief  hierauf  Admiral 
Persano  mit  demselben  am  Top  gegen  die  Linie  der  mittlerweile  vom 
Kontreadmiral  Vacca  geführten  Panzerschiffe,  setzte  sich  an  ihre  Spitze 
imd  —  12*^  40™  —  die  Signale  gebend:  „Kiel Wasserlinie  ohne  Rücksicht 
auf  Rang  und  Posten*  (formate  prontamente  una  linea  di  fila  senza 
soggezione  ne  di  grado  ne  di  posto)  sowie:  „Dem  Manöver  des  Komman- 
dierenden mit  Gegenmarsch  folgen*  (seguite  per  la  contromarcia  le 
manovre  del  commandante),  nahm  er  den  Kurs  gegen  die  österreichische 
Eskadre,  fiel  jedoch  bald  wieder  nach  backbord  zurück,  als  er  sah,  daß 
der  richtige  Moment,  welcher  die  Wiederaufnahme  des  Gefechtes  unter 
ziemlich  günstigen  Umstünden  ermöglicht  hätte,  verabsäumt  worden  war, 
denn  der  kaiserlichen  Eskadre  gelang  es  inzwischen,  sich  vollzählig  —  bis 
auf  „Kaiser*  und  „Reka*  —  zu  vereinigen  und  die  schon  früher  erwähnte 
Formai ion  in  3  Kolonnen  —  Kurs  gegen  Nordost  —  einzunehmen. 

Zwischen  den  beiden  gegnerischen  Flotten,  die  sich  auf  eine  Ent- 
fernung von  ungefähr  4  bis  5  Seemeilen  voneinander  befanden,  steuerte 

1  Wir  worden  später  (Seite  316  und  319)  sollen,  wie  sich  die  beiden  Admirale  dies- 
bezü Jülich  zu  verantworten  suchten. 


jetzt  üi  vollem  Laufe,  aus  der  Richtung  von  Lesina  kommend, 
brenjiende  ,Palestro*,  bestrebt  die  eigenen  Schiffe  zu  erreichen.  KoQtr 
admirat  von  Tegetthoft,  welcher  schon  während  der  Formierang  g 
Eskadre  die  Nähe  und  kritische  Lage  desselben  bemerkt  hatte,  gab  einig 
Minuten  vor  l*"  dem  , Kaiser  Max'  den  Befehl,  ihm  den  Weg  zu  verle 
Sein  Flaggenschiff  .Erzh.  Ferdinand  Max*  fiel  gleichfalls  gegen  ' 
,Palestro*  ab;  beide  Schiffe  kehrten  jedoch  bald  wieder  um  und  nal 
ihre  Posten  ein,  da  „Kaiser  Max*  meldete,  daß  eine  weitere  Annäherun 
das  eigene  Schiff  gefährden  würde  und  dem  .Palestro"  schon  italienisch 
Panzerschiffe  entgegenkamen,  welche  ihn  aufnahmen  und  deckten. 

Admiral  Persano  hatte  nämlich  gleichfalls  die  gefährdete  Situatio 
desselben  wahrgenommen  gehabt  und  der  Tete  seiner  Panzerscl 
—  der  Reserve  unter  Kontreadmiral  Vacca  —  um  12"  Öö""  mittels  Signal 
den  Befehl  gegeben,  gegen  um  abzufallen  (la  riserva  entri  in  azione  f 
sostenere  l'attacco  in  vicinanza  del  baslimento  che  si  segnala,  .Palestail 
Indem  er  gleichzeitig  noch  sein  eigenes  Manöver  von  dem  der  Y 
unabhängig  machte  (il  commandante  rende  la  sua  manovra 
pendenle)').  steuerte  er  selbst  dem  ,Palestro'  zu,  dessen  Heck  bereite-i 
vollen  Flanmien  stand,  die  sich  immer  mehr  und  mehr  ausbreiteten.  ] 
gelang  jedoch  dem  .Palestro",  von  den  Tete-Schiffen  aufgenommen  j 
werden  und  hinter  die  Linie  der  Panzerschiffe  zu  kommen,  wo  ihm  I 
bald  die  Raddampfer  .Govemolo"   und  ,Indipendenza"  Hilfe  leis 


■)  Durch  dieses  Signal  des  Admirals  Persano  trat  aUerdings  bei  der^ 
wieder  eine  Unterbrechung  im  Oberbcfelile  ein,  die  sich  gerade  in  diesem  wicht 
Momente  äuUcrsl  fühlbar  machte,  Es  ist  eine  Tatsache,  welche  iu  dem  später  gegen, 
eingeleiteten  Prozess^e  von  der  Anklage  auch  verwertet  wurde,  daS  durch  dieses  S 
die  an  und  fQr  sich  schon  Torhandene  Unentschlossenheit  seiner  ünterbcfehlsl 
nicht  unerheblich  gesteigert  wnrde.  Wie  die  Dinge  in  diesem  Augenblicke  lagen, 
dem  kommandierenden  Adiniraj  wohl  nichts  anderes  übrig,  uls  mittels  Signals  (Qr| 
Sicherheit  des  „Palestro*  Sorge  zu  tragen  und  nachdem  er  anfgenommeo  worden 
seine  Rettung  den   SchitTen  in   dessen  Nähe   zu  überlassen.   Das  alles  v 
geschehen.  Im  übrigen  muSle  .\dmiral  Persano  die  Fortseliimg  des  Kampfes  und 
Schicksal  des  Tages  mehr  am  Herieii  liegen  als  das  Schicksal  des  „Palestro*.  So  I 
entfernte  er  sich  gerade  in  dem  Angenblieke.  wo  eine  fesle.  einheitliche  Leitung  atnl 
wendigsten  gewesen  wäre,  von  der  Spitze  der  Flolle,  ohne  weitere  Befelile  in  gel 
wodurch  nor  Verwirrung  und  ein  Stillstand  in  der  Aktion  eintrat,  , 

Auch  Konlreadmiral  Ton  Tegetthoff  war  utn  das  Schicksal  des  .Kaiser*  f 
besorgt,  er  fuhr  ihm  aber  selbst  nicht  nach  und  blieb  bis  i  'jS''  in  Unkenntnis  über  da| 
Lage,  'Erst  nachdem  .Elisabeth*  das  Signal  , Sammeln*  um  IS""  lO"*  wioderhoft  I 
schickte  er,  wie  wir  schon  wissen,  dieselbe  nach  S.  Gior^o  ab.  um  NachricUK 


bringen. 


I 


p.  n  p.  m 


-^ 


i 


^  .1  .. 


] 


Italiener: 

I  I  I  jstnltidaiiio.  3.  Ancona.  0.  Falestro.  7.  San  Mailino.  S.  lU»  rli 
«e.  LI.  Maria  Pia.  1:2.  Allondalore.  1.').  (larlo  Alhcrto.  1  i.  Principe 
ta.  17.  Maria  Adelaide.  18.  Vittorio  EnKitmele.  10.  Sau  (iiuvaniii. 
Jili.  äo.  Esploratore.  !20.  Messaggicre.  ä7.  Gniscanlo.  t2S.  Eltore 
Cuiiiienza.  üi^.  Vinzaglio.  29.  Öteihi  dUtalia.  30.  (.{i^Hio.  31.  Imli- 
pcnJensa.  32.  Washington. 


r 

/ 


\ 


225 

Nachdem  der  ^Palestro*  geborgen  war,  entfernte  sich  der 
,  Aflfondatore "  von  demselben  und  übernahm  wieder  die  Führung  der 
Flotte,  die  bis  dahin  untätig  geblieben  war.  Um  1*"  15"*  signalisierte 
AdmiralPersano:  „Auf  kurze  Distanz  kämpfen"  (battetevi  a  tiro  corto); 
der  „Afifondatore**  selbst  nahm  Richtung  gegen  die  österreichische 
Eskadre  und  gab  einige,  jedoch  völlig  unwirksame  Schüsse  ab,  da  die 
Distanz  noch  immer  eine  zu  große  war,  weshalb  auch  wahrscheinlich  die 
anderen  Scliifife  es  imterließen,  sein  Beispiel  nachzuahmen.  Admiral 
Persano  ließ  hierauf  —  1**  30"*  —  noch  das  Signal  folgen:  „Der 
Kommandierende  erinnert  die  Flotte,  daß  jedes  Schiff,  welches  nicht 
kämpft,  nicht  auf  seinem  Posten  ist**  (il  commandante  in  capo  previene 
larmata  che  ogni  bastimento,  che  non  combatte,  non  e  al  suo  posto),  da 
er  jedoch  sich  selbst  nicht  in  entschlossener  und  unzweideutiger  Weise 
dem  Feinde  näherte,  so  verblieb  auch  die  ganze  Flotte  in  ihrer  bisherigen 
Haltung. 

Durch  die  Hin-  und  Herbewegimgen  einzelner  Gruppen  und  Schiffe, 
aus  denen  hauptsächlich  die  Tätigkeit  der  Flotte  in  diesem  Stadium 
bestanden  hatte,  befanden  sich  aber  weder  die  Panzer-  noch  die  Holzschiffe 
in  der  ordentUchen  taktischen  Formation,  so  daß  Admiral  Persano  es 
für  angezeigt  hielt,  diese  wieder  herzustellen.  Er  befahl  zu  diesem  Behufe 
um  1**  40"  neuerdings  die  Bildung  einer  Kielwasserlinie,  sowohl  für  die 
Panzer-  als  auch  für  die  Holzschiffe,  welche  taktische  Bewegung  gegen 
2^/4**  vollzogen  war  und  die  italienische  Flotte  steuerte  nunmehr  in  zwei 
Kolonnen  formiert  —  die  Holzschiffe  in  einem  Abstände  von  2  Kabel 
(400  m)  —  an  Backbord  der  Panzerschiffe  und  gegenüber  den  Zwschen- 
räumen  derselben  (colonna  addentellata)  langsam  in  ziemlich  paralleler 
Richtimg  mit  der  österreichischen  Eskadre,  welche  ungefähr  4  Seemeilen 
entfernt,  ihre  schlagfertige  imd  abwartende  Haltung  beibehielt.  Sie  griff 
diese  letztere  jedoch  nicht  mehr  an,  sondern  beschränkte  sich  nur  darauf, 
auch  in  der  neuen  Formation  noch  einige  Male  den  Kurs  zu  wechseln, 
wobei  jedoch  der  in  westlicher  Richtung  der  vorherrschende  blieb  und 
es  ward  in  der  Folge  der  stets  zunehmenden  Entfernung  zwischen  den 
beiden  Flotten  bald  klar,  daß  Admiral  Persano  jeden  Gedanken  einer 
Wiederaufnahme  des  Kampfes  definitiv  aufgegeben  haben  mußte. 
(Siehe  Plan  V.) 

Um  i^  30™  p.  m.  flog  miter  einem  donnerartigen  Gekrache  der 
„Palestro**  in  die  Luft.  Trümmer  aller  Art  und  Glieder  verstümmelter 
Leichen  bedeckten  die  See  imd  fielen  auf  die  zur  Hilfeleistung  in 
unmittelbarer  Nähe  befindlichen  Raddampfer  ,Govemolo**  und  ^Indipen- 

Fleischer.  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  15 


deaza".  Nur  1  Offizier  und  23  Mann  der  Bemannung  konnten  von  den 
Booten  derselben  gerettet  werden.^) 

Langsam  fahrend  und  in  einem   großen  Bogen   über  Backbord 
wendend,    nahm    nach    diesem    abermaligen    schweren    Verluste    die   i 
italienische  Flotte   ihren  Kurs  gegen  den  Kanal  zwischen  Lissa  and  BusL 
Um  3''20'"  signalisierte  zuerst  sCastelfidardo",  dann  4'' 4"  „SanMartino*, 
den  Posten  in  der  Linie  nicht  mehr  halten  zu  können. 

Sehr  besorgt  und  ganz  im  ungewissen  über  das  Sctiicksal  dea 
,R6  d'Italia",  bezüglich  welchen  man  sich  noch  immer  der  Hoffnung 
hingab,  er  sei  aus  irgend  einem  Grunde  gegen  Lesina  zugesteuert,  liißle 
der  .Affondatore"  um  4''  das  Signal:  .Man  verlangt  Nachricht  über  das 
bezeichnete  Schiff—  ,R^  d'Italia"  — ",  worauf  von  den  Schiffen,  die 
dessen  Untergang  gesehen  halten,  geantwortet  wm-de;  .Gesunken". 

Um  G"  p.  m.  nalim  die  Flotte  den  Kurs  gegen  S.  Andrea  und  war 
etwa  eine  Stunde  in  dieser  Richtung  gefahren,  als  man  gegen  T'  die 
Schranbenfregatte  .Principe  Umberto"  plötzlich  die  Linie  verlassen  und 
in  östlicher  Richtung,  gegen  Leslna  zusteuern  sali.  Die  Ausluger  der- 
selben hatten  die  Schiffbrüchigen  des  ,Re  d'Italia"  entdeckt  und  binnen 
kurzem  waren  die  Boote  des  .Principe  Umberto",  dann  jene  des 
„Affondatore",  welcher  sofort  der  Bewegung  desselben  gefolgt  war  mid 
des  gleichfalls  herbeigeeilten  Raddampfers  .Stella  d'Italia"  mit  der  Auf- 
nahme dieser  Unglücklichen  beschäftigt,  welche  sich  unter  unsäglichen 
Mühen  und  Leiden  die  lange  Zeit  von  8  Stunden  auf  notdurftig 
zusammengesorrten  Flößen  gehalten  hatten.  Es  gelang  auf  diese  Weise, 
9  Offiziere  und  159  Maim  der  Bemaraiung  zu  retten. 

Nachdem  noch  einige  Zeit  die  See  nach  vei-schiedenen  Richtungen 
behufs  etwaiger  Rettung  anderer  Schiffbrüchiger  durchsucht  worden  war, 
jedoch  ohne  Erfolg,  befahl  der  kommandierende  Admiral  um  10"  p.  m., 
daß  die  Kanonenboote  der  Flottille,  denen  ihr  Kohlenvorrat  bereits  aus- 
gegangen war,  durch  die  Dampfer  .Guiscardo*,  .Indipendenza"  und 
.Washington'  nach  Manfredonia  geschleppt  werden.*)  Um  lO'/i''  P-  ni. 

>)  Nfilieres  auf  Seite  274  u.  298. 

3)  Dieser  Befehl  dea  Admirals  Peraano  muß  geradMU  Verwunderung  erregen, 
weojt  man  bedenk),  daß  die  DÜTereiu  in  der  Entremung  zwischen  Manfredouit, 
liexichuDgs weise  Äiieona  vom  Alifahrtspunkle  der  Flillc  nur  10  Seemeilen  iielrS^, 
während  diese  8  fast  wehrlosen  Schiffe  hledurch  geüwungen  wareu,  eine  Fahrt  von  lirka 
100  Seemeilen  aUein  zurQckiulegen,  auf  der  sie  einer  einzigen  Ftegatle  zum  Opfer  fallen 
tonnten.  War  femer  die  Verwendung  de»  Hospitalsciüffes  .Washington"  zu  Sdilepp- 
diensten    gerechtfcrtigl,     wodurch     die    am    Bord    desselben    bcfindlicfaen    Schwer^ 


227 

setzte  sich  sodann  die  Flotte  gegen  Ancona  in  Bewegung,  wo  sie  den  21. 
um  3^  p.  m.  einlief. 

Es  konnte  nicht  in  den  Absichten  des  Kontreadmirals  von  Tegett- 
hoff  liegen,  eine  Verfolgung  des  abziehenden  Feindes  vorzunehmen. 
Gewichtige  Bedenken  sprachen  dagegen.  Zunächst  war  der  Zweck,  Lissa 
zu  entsetzen  vorderhand  erreicht  worden,  die  italienische  Flotte  befand 
sich  auf  dem  Rückzuge.  Auf  einen  Femkampf  mit  derselben  konnte  sich 
die  kaiserliche  Eskadre  der  Inferiorität  ihrer  Kaliber  wegen,  grundsätzlich 
nicht  einlassen,  da  die  Wahl  der  Gefechtsdistanz  hiebei  stets  vom  Feinde 
abhing  und  dieser  die  Freiheit,  mit  seinen  weittragenden  Geschützen  ein 
vorteilhaftes  Rückzugsgefecht  zu  liefern,  nach  Belieben  zu  verwerten  im 
Stande  war.  Der  feindlichen  Flotte  noch  mit  sämtlichen  Schiffen  nah- 
kommen zu  können,  war  bei  der  verschiedenen  Fahrtgeschwindigkeit, 
in  welcher  Richtung  sich  schon  auf  der  Fahrt  von  Fasana  nach  Lissa 
einige  Schwierigkeiten  ergeben  hatten,  nicht  möglich.  Zudem  waren  sämt- 
liche Schiffe  in  ihren  Eohlenvorräten  fast  durchgehends  schon  etwas 
beschränkt,  was  um  so  mehr  berücksichtigt  werden  mußte,  als  die  Vorräte 
Lissas  in  dieser  Beziehung  für  eine  so  groBe  Anzahl  von  Schiffen  nicht 
ausreichend  waren  und  ein  anderer  Hafen  in  der  Nähe  nicht  zur  Ver- 
fügung stand.  Schließlich  war  man  in  dem  Momente,  wo  es  sich  darum 
handelte  zu  entscheiden,  ob  eine  Verfolgung  stattfinden  solle  oder  nicht, 
noch  in  Ungewißheit  über  den  Zustand  des  Linienschiffes  «Kaiser''  und 
betreffs  des  Flaggenschiffes  «Erzh.  Ferdinand  Max"*  hatte  sich  inzwischen 
herausgestellt,  daß  dasselbe  infolge  der  vollführten  drei  Rammstöße 
mehr  Wasser  als  früher  zog,  seine  fernere  Brauchbarkeit  zum  Rammen 
deshalb  fraglich  wurde.*) 


verwundeten  aus  den  vorhergegangenen  Tagen  erst  am  22.  in  Ancona  ausgeschifft 
werden  konnten? 

Die  Anklage  verfehlte  nicht,  sich  auch  dieses  Umstandes  zu  bemächtigen  und  mr 
glauben  auch,  daß  die  Bestimmung  eines  Hospitalschififes  doch  eine  andere  ist,  als  die 
zu  Schleppdiensten  zu  dienen.  A.  d.  V. 

1)  Es  wurde  in  neuerer  Zeit  in  italienischen  Werken  die  Behauptung  aus- 
gesprochen, Admiral  Tegetthoff  sei  kein  Nelson  gewesen,  weil  er  es  nicht  ver- 
standen habe,  seinen  Erfolg  auszunützen  und  die  italienische  Flotte  zu  verfolgen  und  zu 
vernichten;  femer  habe  er  einen  schwerwiegenden  Fehler  dadurch  begangen,  daß  er 
mit  semer  Flotte  in  Lissa  eingelaufen  sei,  wodurch  er  geradezu  Gefahr  lief,  selbst  ver- 
nichtet zu  werden.  Was  den  ersteren  der  gemachten  Vorwürfe  anbelangt,  so  verweisen 
wir  ebifach  auf  das  oben  Gresagte;  die  Gründe,  welche  Kontreadmiral  von  Tegetthoff 
veranlagten,  von  einer  Verfolgung  abzusehen,  sind  so  stichhältig  und  einleuchtend,  dafi 
wahrscheinlich  auch  Nelson,  trotz  seiner  Tollkühnheit,  in  diesem  Falle,  wo  er  es  mit 

15* 


Diese  Erwägungen  waren  es,  welche  Kontreadmiral  v.  Tegeltho  ff 
von  einer  Verfolgung  des  Feindes  Abstand  nehmen  ließen  und  da  aliea 
darauf  hindeutete,  daß  derselbe  an  eine  Wiedereröfifnuiig  des  Kampfes, 
wenigstens  an  diesem  Tage  nicht  denite,  so  ließ  Kontreadmiral  v.  Tegett- 
hoff  die  Eskadi-c  mit  Gegenmarsch  gegen  Södosten  wenden  nnd  gab  — 
2''  15"  —  den  Kanoneiüjooten  den  Berehl,  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio 
einzulaufen;  ungefähi-  eine  Stunde  später  folgte  die  Division  der  größeren 
HolüschiETe,  dann  jene  der  Panzer,  endlich  das  Adniiralschiff,  welches  kura 
nach  6''  p.  m.  den  Hafen  erreichte  und  von  dem  begeisterten  Jubel  der 
Besatzung  und  Bevölkerung  empfangen  wurde. 


Die  Verluste  der  beiden  Flotten  waren  folgende: 

a)  österreichische  Flotte. 

Tote:  3  Offiziere,  35  Mann 

Schwer  Verwundete:     7        ,         52      , 
Leicht  ,  8        ,         71      , 

Summe:   18  Offiziere,  158  Mann. 


i 


Damprem  und  nicht  mit  SegelscliiCTen  zu  tun  gebabt  bStle.  nicbis  anilercä  Ql 
ge tili pben  wäre,  wie  dem  Osterreicbischen  Admiral,  so  dnß  es  wirtlich  nicht  der  Hübe 
lohnt,  hierüber  weitere  Wurtc  la  verlieren.  BetrelTadesELüIaufens  iaLissa  um  6''  abends, 
als  die  italienische  Flutte  eich  schon  weit  nach  Westen  gezogen  hatte,  erwidern  w 
daß  der  österreiche  Admiral  gewiß  die  Wahrscheinlichkeit  oder  Unwahrseheinliehkeil, 
eines  Nachtangrifles  durch  die  geschlagene  Flotte  in  den  Bereich  seines  Kalküls  gezogen 
hat,  doB  ober  die  lange,  ofTen  gezeigte  Untätigkeit  derselben  zu  einer  Zeit,  no  sie  noch 
ganz  gut  die  Schlacht  ueu  herstellen  konnte,  ihm  die  tlberzcugung  beigebracht  hatte, 
daß  der  Gegner  infolge  des  moralischen  EfTetta,  den  der  Verlast  iweier  Panzerschiffe 
auf  Um  hervorgebracht  hoben  dürfte,  derart  erschnltert  sein  müsse,  daß  er  sich  jedea 
Angriffes  bei  Nnclit  enlholten  werde.  Wie  richtig  Kontreadmiral  von  Tegetthofrseii 
abziehenden  Gegner  beurteilt  hatte,  haben  die  Tatsachen  bewiesen  und  wir  finden  hierin 
nar  einen  Bcncis  mehr  für  seinen  scharren  Bück  wie  für  ccine  KühnheiL  Es  ist  nicht 
anzunehmen,  daß  jeder  Admiral  so  entschlossen  gehandelt,  vielnielir  mancher  die  Nacht 
über  in  See  noch  viel  Kohlen  unnütz  verbraucht  hätte,  ein  Faktor,  der  im  vorlicgenilca 
Falle  aber  von  großer  Bedeutung  war,  da  Lissa  dann  nicht  die  MflgÜclibeit  bot,  Tür  eo 
viel  Schiffe  den  nötigen  Kohlenbedarf  lU  liefern. 

Aber  darin  lag  eben  der  geniale  Zug  Tegclthoffs,  erst  zu  wflgen,  dann 
wagen.  Übrigens  waten  auch  für  einen  etwaigen  Nachtangriff  alle  notwendigen  Voi^. 
bereitungen  gctioffcn  worden,  die  nGligen  Eclaireura  hielten  in  See  und  auf  dem  Turm«. 
Wellington  war  gute  Wacht.  A.  d.  V, 


Die  einzelnen  Schiffe  hatten  folgende  Verluste 

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Name  des  .Schiffes 

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.Ei-zli.  Fer.imandMa\' 

.Kaiser  Max' 

,DonJu3Tid'Auslria' 

.Prini  Eugen- 

,  Drache' 

.Kaiser* 

,Novara' 

.Scliwarzenberg" 

.Radelzky' 

.Adria- 

.Donau' 

.El Eh.  Friedrifli' 

,Hum' 

.Dalmal' 

.Velebich' 

.Wall- 

.Seehund- 

.Streilor' 

,Reka" 

,KerLi' 

.Narenta- 

.Kaiserin  Elisahclh' 

.Greif" 

„Andreas  Hofer' 

.Stadium' 

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38 

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17« 

1 

Vom  Stabe: 

Tot: 

Linienschiffskapitän  Heinrieb  Freiherr  von  Moll,  Kommandant  S.  M. 
Panzerfregattc  .Drache". 

LinienschifTskapitän  Erik  af  Klint,  Kommandant  S.  H.  Schrauben- 
fregatte .Novara". 


230 

Linienschiffsfähnrich  Robert  Proch,  S.  M.  Linienschiff  »Kaiser*. 
Schwer  verwundet: 

Linienschiffskapitän  Karl  Kern,  Kommandant  S.  M.  Panzerfregatte 
«Salamander*. 

Linienschiffsleutnant  Josef  Frank,  S.  M.  Linienschiff  »Kaiser*. 

Linienschiffsleutnant  Franz  Freiherr  v.  Minutillo,  S.  M.  Panzer- 
fregatte »EH.  Ferdinand  Mar*. 

Linienschiffsfähnrich  Hugo  Pogatschnigg,  S.  M.  Linienschiff 
»Kaiser*. 

Linienschiffsfähnrich  Ferdinand  Gebhardt,  S.  M.  Schraubenfregatte 
,  Schwarzenberg* . 

Seekadett  Eduard  Hanslik,  S.  M.  Linienschiff  »Kaiser*. 

Seekadett  August  Süss,  S.  M.  Panzerfregatte  »Salamander*. 

Leicht  verwundet : 

Linienschiffskapitän  und  Kommodore  Anton  v.  Petz,  S.  M.  Linien- 
schiff »Kaiser*. 

Linienschiffsleutnant  Julius  Steiskal,  S.M.  Linienschiff  »Kaiser*. 

Linienschiffsleutnant  Hermann  Freiherr  v.  Spaun,  S.  M.  Panzer- 
fregatte »EH.  Ferdinand  Max*. 

Linienschiffsfähmich  Anton  Kloss,  S.  M.  Schraubenfregatte 
»Novara*. 

Seekadett  Ignaz  Mader,  S.  M.  Panzerfregatte  »Drache*. 

Seekadett  Viktor  Sambuchi,  S.  M.  Schraubenfregatte  »Novara*. 

Provisorischer  Seekadett  Adolf  Hlouschek,  S.  M.  Schrauben- 
fregatte »Novara*. 

Provisorischer  Seekadett  Stefan  v.  Doimi,  S.  M.  Schraubenfregatte 
»Novara*. 

bj  Italienische  Flotte: 

Mit  »Re  d'Italia*  zu  Grunde  gegangen:  27  Offiziere,  392  Mann 

.     »Palestro*        »        »  »  11        ,         206      » 

Auf  Lissa  gerettet  und  in  Gefangenschaft:    —        »  18     » 

Femer  noch  während  der  Schlacht : 

Tote :    —  Offiziere      7  Mann 
Schwer  Verwundete:   —        „  8      „ 

Leicht  »  4        „  28      , 


Summe:   42  Offiziere,  659  Mann. 


Die  einzelnen  Schiffe  hallen  folgende  Veriuste  eriitten: 


Name 
des 

Schiffes 

ii 

Vom  Stabe 

Von  der 
Mannschaft 

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1 

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.Rt  .rilalia- 

.H«  di  Porlogallo' 

.AncDtia' 

.Miria  Kn- 

„Castelfidardo' 

,San  Martino- 

„Principe  diCarignano" 

.TerribiJe* 

.Fortnidabile* 

.Paleslro' 

.Vareae' 

.AfToadalore' 

„Maria  Adelaide  • 

,Duca  di  Geaova' 

.Carlo  Alberto' 

„Viltorio  Emaiiude' 

.Garibaldi' 
.Principe  Umberto' 

.San  Giovanni- 

.GoTernolo' 
.Guiscardo* 
.Ettore  Ficramosca' 
.Messaggiere" 
.EspluralöTe' 
.Slefla  d'Italia* 
.IndipendeMa' 

.Gigllo" 
,Monteliello' 
.Vinwglio- 
,  Conti  enia' 
.Washington- 

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8 

7 

23 

232 

Eine  bemerkenswerte  Tatsache  bleibt  es,  daß  die  Anzahl  der  von 
den  italienischen  SchiiBfen  abgegebenen  Schüsse  sich  offiziell  nicht  konsta- 
tieren ließ,  da  in  dieser  Beziehung  außer  vom  „AfTondatore*  nur  noch 
vom  „San  Martino*  offizielle  Aufschreibungen  vorhanden  sind,  während 
von  den  anderen  Schiffen  die  in  der  Schlacht  abgegebenen  Schüsse  mit 
den  vor  Lissa  gemachten  kumulativ  angegeben  werden.  (Bericht  der  Unter- 
suchungskommission etc.  etc.  Randaccio,  IL,  Seite  202).  Italienischer- 
seits  wird  die  Anzahl  der  während  der  Schlacht  abgegebenen  Schüsse  der 
italienischen  Flotte  mit  zirka  1500,  die  Anzahl  der  erhaltenen  Treffer  mit 
zirka  500  angegeben.  (Randaccio,  ebenda.) 

Mit   dem    ^Re   d*  Italia**   gingen   zu   Grunde:  LinienschifTskapltän 
Emilio  Conte  Faa  di  Bruno,  Kommandant; 
Fregattenkapitän  Gustavo   Barone  Malaussena,   II.  Kom- 
mandant; 
die  LinienschifTsleutnante :  Tommaso  Costa,  Luigi  Ferrari 

Alfredo  Bosano,  Giuseppe  Serra; 
der  Linienschiffs-Unterleutnant:  Francesco  Negri; 
die  Guardie-marina:   Camillo  Scotti,   Ernesto   Selvaggio* 
Giustinolvancicli,  DonDnico  Villa,  Giovaaai  de  Boni 
Giro  Chiesi,  Leonardo  Palm  isani,  Claudio  Mar  Ulli  er, 
der  Marineinfanterie-Unterleutnant:  Napoleone  Fowls; 
der  Flottenchefarzt:  Commendatore  Luigi  Verde; 
die   Bordärzte:  Orlando   Sandoro,   Carlo  Cobucci,   Arc- 

angelo  Pettinati; 
der  Flottenzahlmeister:  Cavaliere  Maria  Pagano; 
die  Bordkommissäre:  Giuseppe  Benvenuto,  Luigi  Bonghi: 

Giovanni  Battista  Burnongo; 
die  Maschinisten:  John  Walker,  Richard  Coombs; 
der  Bordkaplan :  Vincenzo  Pizzonia; 
der  Kammerdeputierte:  Pier  Carlo  Boggio; 
der  Marinemaler:  Cavaliere  Alessandro  Caffi; 
der  Lokallotse  des  Adriatischen  Meeres. 
Mit  dem  „Palestro**   gingen  zu  Grunde:  Fregattenkapitän  Alfredo 
Cappellini,  Kommandant; 
die     Linienschiffsleutnante:     Ernesto     Viterbo.      V^inceiizo 

Cacciottolo,  Aniello  Lauro; 
die  Linienschiffs-Unterleutnanto:  Emanuele  Barbaro,   Carlo 

Marullier; 
der  Pilot  3.  Klasse:  Andrea  di  Agostino: 


233 

der  Bordarzt:  Ferdinando  Garzilli; 
der  Auxiliararzt:  Carlo  Gloag; 
der  Bordkommissär:  Pietio  Ribaud; 
der  Maschinist:  Giuseppe  Banner. 
Vom  Stabe: 

Leicht  verwundet:    Fregattenkapitän  Emerico   Acton   vom 

^Re  di  Portogallo** ; 
LinienschiflFsleutnant   Francesco   Gregoretti    vom    ^Affon- 

datore" ; 
Linienschiffsleutnant  Antonio  Topputi  von  ^Maria  Pia*; 
^  Alessandro  Pinna  von  «Maria  Pia*. 

Die  Havarien  an  den  Schiffen  waren  auf  beiden  Seiten  im  all- 
gemeinen nicht  bedeutend.  Das  Linienschiff  ausgenommen,  dessen 
Abräumung  und  Notreparaturen  24  Stunden  in  Anspruch  nahmen, 
war  die  ganze  Eskadre  vollkommen  kampffähig  geblieben.  Von  sonst 
erwähnenswerten  Havarien  wären  nur  hervorzuheben,  daß  —  wie  schon 
froher  bemerkt  —  am  Vorsteven  des  , Ferdinand  Max*  beim  Rammen 
des  „Re  d'ltalia*  eine  Bugpanzerplatte  verbogen  worden  war  und  daß 
von  den  Holzschiffen  „Schwarzenberg*  und  „Friedrich*  größere  Lecks 
davongetragen  hatten,  die  jedoch  ihre  Kampffähigkeit  nicht  beeinträch- 
tigten, da  das  eindringende  Wasser  durch  die  Pumpen  bewältigt  werden 
konnte. 

Italienischerseits  waren  ,Re  d'Italia*  und  »Palcstro*  zu  Grunde 
gegangen,  „Formidabile*  tags  vorher  kampfunfähig  geworden  und  in  der 
Schlacht  ,Re  di  Portogallo*,  „Ancona*  und  »San  Martino*  (letztere  beide 
übrigens  hauptsächlich  durch  ihre  Zusammenstöße)  stark  beschädigt 
worden ;  die  ansehnliche  Holzflotte  dagegen  ist  infolge  ihrer  Untätigkeit 
vollkommen  unversehrt  geblieben. 

Die  Toten  und  Schwerverwundeten  der  österreichischen  Flotte 
wurden  noch  am  Abend  des  20.  ans  Land  gebracht  und  die  notwen- 
digsten Herstellungsarbeilen  an  den  Schiffen  in  Angriff  genommen,  auf 
einigen  im  Laufe  der  Nacht  Kohlen  und  Wasser  eingeschifft;  die  Panzer- 
fregatten , Habsburg*  und  „Prinz  Eugen*  sowie  die  Kanonenboote 
»Dalmat*  und  „Volebich*  kreuzten  von  Sonnenuntergang  an  in  den 
Gewässern  der  Insel. 

Noch  am  selben  Abend  ging  über  Spalato  das  nachstehende  Tele- 
gramm nach  Wien  ab : 

Eskadrekommandant  KontreadmiralTegetthoff  an  Seine  Exzellenz 
den  Ersten  Generaladjutanten  Seiner  Majestät  FML.  Grafen  Crenncville: 


, Heute  vormittag  unter  Lissa,  feindliche  Flotte  34  Schiffe  stark, 
darunter  .Affondatore",  11  andere  Panzerächiffe  angetrofTen.  Im  Verlauf 
des  Kampfes  mit  Panzerfregatte  ,Erzh.  Ferdinand  Max"  eine  große 
feindliche  Panzorfregatte  in  den  Grund  gerannt,  eine  andere  wurde  in  die 
Luft  gesprengt,  Linienschiff  „Kaiser",  von  vier  feindlichen  Panzerschiffen 
umgeben,  verdrängte  sie  alle,  rannte  eines  an,  verlor  Fockmast,  Bugspriet, 
22  Tote,  82  Verwundete.  Gefallen:  Linienschiffskapitän  Erik  af  Klint 
und  Heinrich  Freiherr  v.  Moll,  beide  gleich  bei  Eröffnung  des  Gefechtes, 
dann  Linienschi ffsfähnrich  Robert  Proch.  Schwer  verwundet:  Linien- 
schiffsleutnant Josef  Frank  undFranzFreiherrv.  Minutillo,  Linienschiffs- 
fälinriche  Hugo  Pogatschnigg  und  Ferdinand  Gebhardt.  Leicht  ver- 
wundet: Linien  Schiffskapitän  Karl  Kern.  Linienschiffsleulnant  Julius 
Steifikal  und  Hermann  Freiherr  v.  Spann,  Seekadett  Ignaz  Mader, 
Viktor  Sambuchi,  Eduard  Hanslik,  August  Süss  und  Adolf  Hlouschek. 
Kommodore  v.  Petz  durch  Holzsplitter  sehr  leicht  im  Gesicht  verwundet. 
Von  der  Mannschaft,  mit  Ausnahme  jener  des  Linienschiffes,  10  Tote, 
42  Verwundete.  Die  Verwundungen  auf  dem  Flaggenschiffe  größtenteils 
vom  Kleingewehrfeuer  der  sinkenden  Fregatte.  Havarien,  mit  Ausnahme 
jener  des  Linienschiffes,  sehr  gering.  Eskadre  vollkommen  kampffähig, 
Mannschaft  vom  besten  Geiste  beseelt. 

Nach  zweistündigem  Kampfe  den  Feind  verdrängt,  Lissa  entsetztj 
gestern  sind  vier  feindliche  Panzerfregatten  in  Lissa  eingelaufen,  wurden 
durch  gut  gezieltes  Feuer  der  Strandbatterien  aus  dem  Hafen  getrieben, 
nachdem  sie  den  Lloyddampfer  „Egitto"  mit  Granaten  beschossen.  Kom- 
mandant desselben,  Linienschiffsleutnant  Stratti,  ließ  das  Schiff  rechtzeitig 
versenken  und  verhinderte  dadurch  dessen  Wegnahme.  Drei  Landungen 
bei  Comisa  wurden  durch  die  Besatzung  kriftig  zurückgewiesen."  — 

Am  21.  um  37g''  morgens  war  die  ganze  Flotte  dampfklai-,  bis  auf 
das  Linienschiff,  welches  die  notwendigen  Herstellungen  am  Schlote  erst 
bis  abends  beendigen  konnte. 

Bei  Tagesanbruch  meldete  die  Signalstation  am  Monte  Hum,  da£ 
der  Feind  nicht  mehr  in  Sicht  sei  und  nur  noch  einige  Rauchsäulen  am 
fernen  Horizont  in  Westnordwest  zu  bemerken  wären,  die  aber  endlich 
ganz  verschwanden. 

In  den  Vormittagsstunden  trafen  in  Lissa  18  Mann  der  Bemannung 
des  in  den  Grund  gebohrten  italienischen  Panzerschiffes  ein.  die  sich 
durch  Schwimmen  an  die  Küste  der  Insel  gereitet  hatten.  Es  wurde 
ihnen  sofort  an  AVäsche  und  Kleidungsstücken  alles  Nötige  verabfolgt  und 
für  ihre  gute  Unterkunft  gesorgt.  Von  ihnen  erst  erfuhr  man,  dafl  die 


J 


235 

gerammte  feindliche  Panzerfregatte  der  ,Rä  d'  Italia*  gewesen  und  daß 
Admiral  Persano  beim  Erscheinen  der  kaiserlichen  Flotte  sich  auf  den 
«Affondatore*  überschifift  habe.  Über  das  in  die  Luft  geflogene  Schiff  waren 
ihre  Aussagen  abweichend;  erst  nachträgUch,  durch  italienische  Zeitungs- 
berichte, brachte  man  in  Erfahrung,  daß  es  der  .Palestro*  gewesen  war. 
Bald  nach  Mittag  erschien  der  Lloyddampfer  .Venezia'^  aus  Zara 
bei  der  Eskadre  mit  einem  Telegramm  Seiner  Majestät  des  Kaisers,  welches 
der  Eskadrekommandant  mit  dem  nachstehenden  Tagesbefehl  sofort  zur 
Kenntnis  der  Eskadre  brachte: 

Eskadrebefehl  Nr.  92. 

Lissa,  21.  JuU  1866. 

.Ich  habe  bereits  gestern  mit  Signal  der  Eskadre  meine  Anerkennung 
für  die  Waffentat  ausgesprochen,  welche  die  Marine  mit  goldenen  Lettern 
in  ihre  Annalen  eintragen  kann. 

Wir  sind  einem  übermächtigen  Feinde  gegenüber  gestanden  und 
doch  ist  es  der  heldenmütigen  und  aufopfernden  Pflichterfüllung  von  Seite 
der  Kommandanten,  Offiziere  und  Mannschaften  gelungen,  die  seit 
mehreren  Tagen  bedrohte  und  belagerte  Insel  Lissa  zu  entsetzen,  dem 
Feinde  bedeutende  Verluste  und  Schäden  beizubringen  und  die  gegne- 
rische Flotte  zu  bewegen,  vorläufig  diese  Gewässer  zu  verlassen. 

Wir  können  stolz  sein  auf  den  gestrigen  Tag  und  wenn  wir  das 
nächste  Mal  dem  Feinde  begegnen,  mit  dem  Bewußtsein  in  den  Kampf 
gehen,  daß  seine  Überlegenheit  an  Schiffen  und  Geschützen  in  Zahl  und 
Kaliber  durch  die  Tüchtigkeit  österreichischer  Seeleute  aufgewogen  wird. 

Wenngleich  ich  die  Relationen  der  einzelnen  Schiffe  abwarten  muß, 
um  alle  hervorragenden  verdienstlichen  Leistungen  zu  würdigen  und  zur 
hohen  Kenntnis  zu  bringen,  so  glaube  ich  doch  einer  Pflicht  nach- 
zukommen und  dem  innersten  Gedanken  der  Flotte  Ausdruck  zu  geben, 
wenn  ich  heute  schon  Kommodore  v.  Petz  und  Linienschiffskapitän 
Baron  Sterneck  als  solche  namhaft  mache,  die  jedenfalls  zu  den 
Tapfersten  unter  den  Tapferen  zählen  und  Gelegenheit  gefunden  haben, 
Großes  zu  leisten. 

Die  Namen  jener  unserer  Waffenbrüder,  welche  die  Allerhöchste 
Anerkennung  für  die  Leistungen  der  Flotte,  die  wir  anhoffen  dürfen,  mit 
ihrem  Blut  und  Leben  bezahlt  haben,  werden  wir  in  dankbarer  treuer 
Erinnerung  bewahren. 

Hurrah!  der  Kaiser 

Gez.  V.  Tegetthoff  m.  p.,  Vizeadmiral.* 


Nachtrag: 

„Mit  dem  Gefüiilo  der  wärmsten  Dankbarkeit  für  den  mir  zu  teil 
gewordenen  unverdienten  Beweis  Allerhöchster  huldreicher  Goade  und 
mit  dem  Bewußtsein,  daß  ich  diesn  nur  den  ausgezeichneten,  tapferen 
Leistungen  der  Kommandanton,  Offiziere,  Kadetten  und  Mannschaften 
schulde,  die  ich  die  Ehre  habe  zu  kommandieren,  bringe  ich  das  nach- 
stehende, soeben  eingelangte  Telegramm  zur  Kenntnis  der  Flotte: 

Der  Kaiser  an  Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  in  Lissa! 

Ich  ernenne  Sie  zum  Vizeadmiral. 

Den  Offizieren  und  der  Mannschaft  Meiner  tapicren  Flotte  Meinen 
Dank. 

Ich  ei-warte  Ilire  Auszeichnuiigsanüäge. 

Gez.  Franz  Joseph  m.  p.* 

Als  am  „Ferdinand  Max"  die  KonunandoQagge  des  Aduiirols  vom 
Kreuztop  niedergeholt  wurde  und  dafür  am  Vortop  in  die  Höhe  ging, 
begrül3l  mit  einem  Kanonensalut  von  15  Schüssen,  da  erzitterte  die  Luft 
von  den  tausendsUmmitjen  Hurralis  der  Mannschaften,  in  welche  zugleich 
die  Salutschüsse  der  Eskadre  eiiiiielcn,  denn  allgemein  und  tief  empfunden 
war  die  Freude  über  diese  so  ehrenvolle,  wohlverdiente  Auszeichnung 
des  geliebten  Führers. 

Um  5''  p.  m,  wurden  die  gefallenen  Waffengei'älirten  unter  dem 
Donner  der  Geschütze  zu  Grabe  getragen.')  die  Schwerverwundeten  auf 
den  Lloyddampfer  »Venezia*  eingeschiS't,  der  sie  nach  Spalato  und  Zara 
übe]  führte. 

Die  nach  den  Gewässern  des  Kampfplatzes  entsendeten  Schiffe 
.Elisabeth*  und  .Dalmat"  kehrten  zurück,  ohne  Schiffbrüchige  gefunden 


')  Die  einlache,  jedoch  gerade  infolge  der  sie  begtcitenden  Umstajido  in  ihrer 
Wirkung  um  so  ergreifendere  Totenfeier  wird  gewifi  noch  allen,  die  Zeugen  üeraelbea: 
n-aren,  in  Erinnerung  geblieben  eein.  Alle  Schiffe  hatten  Dctnchcmenta  ana  I  aod 
feschickt,  aueli  von  der  Insel besatmng  war  eine  Mntinciiifaiiteriekompagnie  ausgerückt. 
UnienschifTBkapitftn  Faber  kommandierte  den  Kondutt.  Die  ganze  Eskadre  halle  die 
Flagge  auf  halben  Top,  „Novara*  und  .Drache*  gaben  Toleiisaiven.  In  dem  kleinen 
Kircblein  von  S,  Girolaino  lagen  die  Leichen  der  Gefallenen,  fast  alle  noch  In  den 
Kleidern,  die  sie  iv.ihrcnd  der  Schlacht  getrogen,  einige,  die  ganz  zerrissen  oder  ver- 1 
slDiiimdl  waren,  in  Kotzen  gehallt.  Die  zwei  Linienschiflskapit&nc  Eowie  Linienachiffv 
I3hnrlch  Proch  lugen  auf  dea  Stufen  des  Ällar«.  Die  Leichen  wurden  zu  zweien  \iz.i 
dri^icn  in  grofie  Säi^  gegeben,  die  mun  in  aller  Eile  angefertigt  balle,  und  diese  vob 


J 


237 

zu  haben  und  brachten  nur  aufgefischte  Boote  sowie  sonstige  Schiffs- 
ausrüstungsgegenstünde  mit. 

Das  Linienschi flf  war  inzwischen  mit  seinen  Arbeiten  fertig  geworden, 
die  Forts  des  Hafens  von  S.  Giorgio  hallen  ihre  Schäden  gleichfalls,  so 
gut  es  ging,  ausgebessert  und  die  Geschütze  wieder  in  stand  gesetzt;  vom 
Feinde  war  den  ganzen  Tag  über  nichts  mehr  zu  sehen,  somit  auch 
keine  Veranlassung  mehr  vorhanden,  in  dem  an  Ressourcen  jeder  Art 
armen  Lissa  länger  zu  verbleiben. 

Die  Flotte  war  um  872^  abends  wieder  in  kampfbereitem  Zustande 
und  ging  um  diese  Zeit  —  mit  Ausnahme  der  beiden  Schiaubenschoncr 
,Kerka*  und  ^Narenta*,  die  zur  Disposition  des  Inselkommandanten 
zurückblieben  —  in  ihrer  gewohnten  Formation  mit  Nordwestkurs  in 
See,  um  wieder  auf  ihre  Operationsbasis  zurückzukehren. 

Am  22.  Juli,  abends  10^\  ankerte  dieselbe  auf  der  Rhede  von 
Fasana,  vollzählig,  wie  sie  dieselbe  vor  drei  Tagen  verlassen  hatte. 

Den  nächsten  Morgen  um  7^  kam  der  Raddampfer  ,Sta.  Lucia* 
mit  dem  Hafenadmiral  und  Festungskommandanten  von  Pola,  Vize- 
admiral Baron  Bourguignon,  auf  die  Rhede  hinaus,  um  den  siegreichen 
Führer  der  Eskadre  namens  der  Marine  zu  beglückwünschen  und  salutierte 
bei  dieser  Gelegenheit  die  „Lucia*  zuerst  die  Flagge  des  Siegers  von  Lissa. 

Um  11^  a.  m.  überschiffte  sich  Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  vom 
„Ferdinand  Max**  auf  den  „Greif**,  da  ersterer  nach  Pola  abgehen  nmßte, 
um  gedockt  und  repariert  zu  werden.  Dasselbe  war  mit  dem  Linienschiff 
der  Fall,  der  Rest  der  Eskadre  ergänzte  inzwischen  seine  Kohlen-  und 
Munitionsvorräte  und  nahm  die  notwendig  gewordenen  Reparaturen  vor. 


Malrosen  getragen.  Unter  den  Klängen  des  Beethoven-Trauermarsches  setzte  sich  der 
lange  Zug  in  Bewegung.  Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  mit  einer  großen  Suite  von 
OfQzieren  folgten.  Auf  einer  kleinen  Anhöhe  unweit  der  Kirche,  die  einen  freien  AusbliclL 
auf  den  Hafen  bietet,  war  ein  großes  Massengrab  gegraben,  das  die  sterblichen  Übci- 
rcste  dieser  Tapferen  aufzunehmen  bestimmt  war  und  welches  heute  mit  dem  von  der 
Marine  ihren  gefallenen  Kameraden  gewidmeten  Denkmal  geziert  ist.  Nach  vollzogener 
Einsegnung  und  nachdem  der  Admlral  noch  einige  dem  Augenblick  angepaßte  und  zu 
Herzen  gehende  Worte  gesprochen  hatte,  wurden  die  Särge  zugeschüttet.  Die  Mai  ine- 
infanteriekompagnie  gab  die  üblichen  Dechargen,  alle  Schiffe  der  Flotte  eine  Grabsalvc. 
Als  der  Vizeadmiral  auf  dem  Rückwege  die  Front  der  ausgerückten  Mannschaften 
passierte,  war  er  der  Gegenstand  einer  ebenso  spontanen  als  herzlichen  Ovation  und  die 
stürmischen  Hurrahs,  die  ihm  ausgebracht  wurden,  gingen  mit  auf  die  InselbevOlkerung 
über.  A.  d.  V. 


9.  Kapitel. 


Wir  haben  im  vorigen  Kapitel  die  Beschreibung  der  Schlacht  von 
Lissa,  um  den  Zusammenhang  und  den  Überblick  des  Ganzen  nicht  zu 
beeinträchtigen,  mehr  in  allgemeinen  Umrissen  gegeben  und  nur  jene 
Momente  eingehender  behandelt,  welche  gewissermaßen  die  Haupt- 
phasen derselben  bilden. 

Im  nachstehenden  soll  nun  die  Tätigkeit  der  einzebien  SchiS'e  in 
dieser  denkwürdigen  Schlacht  etwas  ausführlicher  geschildert  sowie 
auch  der  besonderen  Vorfallenheiten  Erwähnung  getan  werden,  die  sich 
im  Verlaufe  der  Aktion  an  Bord  derselben  zugetragen  haben  und  welche 
anzuführen  aus  dem  oben  acgegebenen  Grunde  bis  jetzt  unterlassen 
wurde.  Es  muß  jedoch  gleich  anfangs  betont  werden,  daß  es  ungemein 
schwierig,  ja  in  vielen  Fällen  geradezu  unmöglich  ist,  die  Bewegungen 
der  einzelnen  Schiffe  während  der  Melee  derartig  zu  verfolgen,  um  stets 
mit  Bestimmtheit  angeben  zu  können,  welche  Schiffe  es  waren,  die  in  den 
verschiedenen  Einzelnengagements  einander  gegenüber  standen. 

Wir  haben  uns  der  Mühe  unterzogen,  an  der  Hand  der  österreichi- 
schen und  italienischen  Berichte  den  diesbezüglichen  Angaben  über  die 
Bewegungen  der  einzelnen  Schiffe  nachzugehen  und  versucht,  durch 
wiederholte  genaue  Vergleiche  derselben  wo  möglich  einen  Zusammen- 
hang zwischen  ihnen  herauszufinden,  müssen  aber  leider  gestehen,  daß 
uns  dies  nur  in  einigen  wenigen  Fällen  mit  Sicherheit  gelang,  wogegen 
wir  bei  der  Mehrzahl  auf  solche  Hindemisse  stießen,  daß  wk  von  unserem 
Vorhaben  abstehen  mußten,  da  die  gegenseitige  Darstellungsweise  eine 
derartige  ist,  daß  eine  Übereinstimmung  oder  Deckung  absolut  nicht 
erzielt  werden  konnte. 

Auf  beiden  Seiten  berichten  die  Schiffskommandanten  wiederholt 
von  Rammversuchen,  die  sie  entweder  selbst  unternahmen  oder  dia 
gegen  sie  gerichtet  waren,  desgleichen  von  gegebenen  und  empfangenen 
Breitseiten,  ohne  daß  sie  jedoch  —  mit  äußerst  geringen  Ausnahmen  — 


d 


239 

hinreichende  Anhaltspunkte  zu  geben  im  stände  wären,  um  den  Namen 
des  Schiffes  herauszufinden,  mit  welchem  sie  es  bei  dieser  oder  jener 
Gelegenheit  zu  tun  hatten,  und  dies  letztere  wird  um  so  schwieriger,  als 
die  Situationen  zu  oft  und  zu  rasch  abwechselten. 

War  schon  mit  Ausnahme  der  Farbe  des  Schiffsanstriches  —  bei 
den  Österreichern  schwarz,  bei  den  Italienern  grau  —  und  der  Flaggengala 
überhaupt  kein  weiteres  Merkmal  geboten,  Freund  und  Feind  voneinander 
zu  unterscheiden,  so  war  dies  noch  viel  weniger  zwischen  den  einzelnen 
Schiffen  selbst  möglich.  Nur  die  österreichischen  Panzerschiffe  konnten 
infolge  der  glücklichen  Idee,  den  Schlot  verschiedenartig  zu  bemalen, 
einander  von  weitem  erkennen.  Es  scheint,  daS  bei  den  Italienern  für  die 
Panzerschiffe  ähnliche  Erkennungszeichen  nicht  bestanden,  da  auf  italie- 
nischer Seite  in  vielen  Fällen  nicht  mit  Bestimmtheit  angegeben  wird, 
wen  man  in  diesem  oder  jenem  Moment  als  Freund  zur  Seite  hatte. 

Es  lassen  sich  daher  mit  Sicherheit  blofi  die  Bewegungen  der  ganzen 
Gruppen,  sodann  von  einzelnen  Schiffen  nur  die  jener  verfolgen,  welche 
sich  entweder  durch  ihre  besonderen  Affären  —  wie  „Ferdinand  Max'', 
„R6  d'Italia*,  „Palestro*,  „Re  di  Portogallo*  —  oder  aber  durch  ihre 
beiden  kämpfenden  Teilen  erkennbare  Form  —  wie  das  Linienschiff 
„Kaiser''  und  das  Widderschiff  „Affondatore*  auszeichneten.  Betreffs 
aller  anderen  gelten  nur  Vermutungen  mit  euiem  gröfieren  oder  geringeren 
Grade  von  Wahrscheinlichkeit,  zu  welcher  hauptsächlich  die  jeweilige 
Situation  führt,  aber  auch  dies  nur  in  einigen  Fällen,  da  von  dem  Moment, 
wo  die  taktische  Formation  aufgehört  hatte  und  die  Melee  an  ihre  Stelle 
getreten  war,  die  Positionen  der  Schiffe,  wie  schon  erwähnt,  sich  zu  oft 
und  zu  rasch  veränderten. 

Zum  Schlüsse  sei  hier  noch  bemerkt,  daß  der  Vollständigkeit  und 
des  Zusammenhanges  halber  sich  einige  Wiederholungen  aus  dem  vorigen 
Kapitel  nicht  umgehen  liefien. 

Die  Kämpfe  der  einzelnen  Schiffe. 

A.  Österreicher. 

I.  Division  (Panzerschiffe). 

^^Erzh.  Ferdinand  Max^^  —  Flaggenschiff  des  Kontreadmirals 
V.  Tegetthoff  —  Kommandant  Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Stern- 
eck —  durchbrach  um  10*"  50°"  a.  m.  an  der  Spitze  der  Panzerdivision 
die  feindliche  Schlachtlinie,  in  das  große  Inter>'all  zwischen  dem  dritten 


und  vierten  Schiffe  derselben  —  „Ancona',  Red'ltalia—  eindringend 
und  kehrte,  nachdem  die  Division  über  die  feindliche  Aufstellung  hinaus- 
gekommen war  und  mit  Gegenmarsch  gewendet  hatte,  sofort  zum  er- 
neuerten Angriffe  zurück. 

Wie  schon  im  vorigen  Kapitel  erwähnt,  rammte  derselbe  binnen 
kurzem  zwei  feindliche  Panzerschiffe  (watirscheinüch  ,Re  d'ltalia"  und 
.Paieslro"),  jedoch  beidcmale  ohne  durchsclilagenden  Erfolg,  worauf  es 
ihm  endlich  gelang,  gegen  Vgl^"  den  .Re  d'  Italia*  durch  einen  fast  senk- 
rechten Ranimstoß  zum  Sinken  zu  bringen.  Gleich  darauf  selbst  von  einer 
in  der  Nähe  befindlichen  ilalienischen  Panzerfregatte  bedroht,  wich  er 
dem  ihm  zugedachten  Stoße  geschickt  ans  und  beteiligte  sich  dann  noch 
lebhaft  bis  zum  Ende  der  Melee  am  Kampfe. 

In  richtiger  Erkenntnis  des  Urastandes,  daß  sich  die  Artillerie  des 
Schiffes,  weder  der  Zahl  noch  dem  Kaliber  der  Geschütze  nach,  in  einem 
günstigen  Verhältnisse  zu  dem  Panzer  des  Gegners  befand,  nahm  der 
Kommandant  Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Sterneck  beim  Manöv- 
rieren auf  die  eigene  Batterie  weniger  Rücksicht  und  verlegte  sich  mehr 
auf  das  Rammen,  um  auf  diese  Weise  die  Hauptstärke  seines  Schiffes 
soviel  als  möglich  auszunützen.  Nichtsdestoweniger  gelang  es  den  beiden 
Batterien  dennoch,  ab  und  zu  eine  gute  konzentrierte  Lage  anzubringen 
und  insbesondere  halten  die  Blockhausgeschütze  des  öfteren  Gelegenheit, 
aus  der  nächsten  Nälie  wirken  zu  können. 

Unmittelbar  vor  dem  Rammen  wurde  jedesmal  die  Dcckmannscbaft 
sowie  die  erste  Enterableilung  zur  Enterung  gerufen,  da  man  nicht  wissen 
konnte,  ob  die  Schiffe  nicht  vielleicht  doch  aneinander  hängen  bleiben 
würden;  aber  in  keinem  Falle  kam  es  zu  einer  wirklichen  Enterung,  weil 
dieselben  stets  noch  im  vollen  Gebrauche  ihrer  Maschinen  blieben  und 
liiedurch  keine  Möglichkeit  geboten  war,  das  gegnerische  Schiff  für  eine 
Zeit  feslzulialten.  Die  Cnlferaung  erfolgte  hier  ebenso  schnell  als  die 
Annäherung  stattgefunden  hatte;  zwischen  Anprall  und  Trennung  ver- 
strichen nur  wenige  Minuten. 

Es  zeigte  sich  aucli,  daß  die  Stöße  in  schiefer  Richtung  zwar  be- 
deutende Havarien  verursachten,  jedoch  keineswegs  den  beabsichtigten 
Zweck  —  das  Sinken  des  feindlichen  Schiffes  —  herbeiführten,  trotzdem 
sie  beidemale  mit  großer  Wucht  erfolgten  und  von  dem  Maschinen- 
personale, darin  gewiß  dem  unbefangensten  und  kompetentesten  Richter, 
als  in  gleicher  Stärke  mit  dem  drillen  angegeben  wurden.  Während  deo- 
Zusammenstößen  unterhielt  man  auf  beiden  Seilen  ein  kurzes  aber* 
heftiges  Kleingewehrfeuer  und  wurde  der  Ordonnanzoffizier  des  E3kadri!*J 


240 


«iKS!tciiivi'«KAi-ri 


MAX  FREIHERR  v.  STERJNECK, 
rirAN,  KOMMAXDA.xr  s.  ti.  scuirrm^uuil.  FMD 


241 

kommandanten  Linienscbiffsleulnant  Freiherrv.Minutillo  beim  zweiten 
Zusammenstoße  mit  dem  „Re  d'Italia*  durch  eine  Gewehrkugel  am 
rechten  Handgelenke  schwer  verletzt. 

Auch  die  Erbeutung  der  Flagge  des  .Palestro*  geschah  unter 
heftigem  Kleingewehrfeuer  und  war  ein  Bravourakt  ersten  Ranges,  Als  die 
Besangaflfel  mit  der  riesigen  Trikolore  auf  das  Vorkastell  des  „Erzh. 
Ferdinand  Max*  stürzte,  gewahrte  dies  als  einer  der  ersten  der  Admiral 
selbst.  ,  Wer  holt  die  Flagge?*  hörte  man  in  diesem  Moment  die  energische 
Stimme  Tegetthoffs.  Steuermann  3.  Klasse  Nicolo  Carcovich, 
welcher  zur  ersten  Enterabteilung  gehörig,  eben  nach  vome  geeilt  war, 
stürzte  sofort  aufs  Vorkastell,  erfaßte  dort  die  Flaggenleine,  welche  in 
einem  großen  Bogen  herüberhing,  in  der  Absicht,  dieselbe  zu  zerreißen 
oder  zu  zerschneiden,  imi  mit  dem  laufenden  Part  die  Flagge  an  sich  zu 
holen.  Nach  einem  vergeblichen  Versuche  machte  er  dann  die  Flaggenleine 
an  einer  in  der  Nähe  befindlichen  Belegklampe  fest,  so  daß,  als  die 
Schiffe  sich  voneinander  trennten,  die  Flagge  als  Trophäe  auf  dem 
,Erzh.  Ferdinand  Max*  zurückblieb.  Unter  den  tosenden  Beifallsrufen  der 
Offiziere  und  Mannschaft  brachte  er  diese  kostbare  Beute  dem  Admiral, 
der  ihm  freundlich  auf  die  Achsel  klopfte  und  für  seine  wackere  Tat 
belobte.^) 

Kurz  nachdem  sich  beide  Schiffe  getrennt  hatten,  drang  aus  der 
Nähe  eine  Granate  durch  die  Deckbordwand  an  Steuerbord,  dieselbe  auf 
eine  Länge  von  beiläufig  5  bis  6  Fuß  und  3  Fuß  Tiefe  zertrümmernd 
und  tötete  den  Marineinfanteriegemeinen  Kanczuk.  Der  zweite  Kom- 
mandant Linienschiffsleutnant  Freiherr  v.  Spaun,  wurde  durch  die 
Knochensplitter  desselben  leicht  verwundet.  Es  muß  als  ein  wahres  Glück 
bezeichnet  werden,  daß  diese  Granate  nicht  einige  Minuten  früher  ein- 
drang, da  sonst  die  Verluste  des  „Erzh.  Ferdinand  Max*  ganz  erhebliche 
gewesen  wären.  Sie  kam  ungefähr  auf  der  Höhe  der  beiden  vorderen 
Lucken,  in  deren  Nähe  sowie  auf  den  Gretings  derselben  sich  eben  die 
zurückgerufene  ei*sle  Enterabteilung  —  größtenteils  Marineinfanteristen  — 
befand,  welch  letztere  sich  schiebend  und  drängend  wieder  auf  ihre 
Gefechtsposten  in  die  Batterie  begaben.  Der  Marineinfanteriegemeine 
Kanczuk  war  zufällig  der  letzte  und  stand,  sein  Bajonett  versorgend,  noch 


1)  Steuermann  Carcovich  erhielt  die  goldene  Tapferkeitsmedaille  und  genofi  die 
hohe  Auszeichnung,  die  von  ihm  erbeutete  Flagge  zuerst  Seiner  k.  k.  Hoheit  dem  Erz- 
herzog-Marschall in  dessem  Hauptquartier  in  Cormons  und  sodann  später  Seiner 
Majestät  dem  Kaiser  in  der  Hofburg  zu  Wien  überreichen  zu  dürfen. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  15 


242 

bei  der  Lücke,  als  ihn  ein  großes  Sprengstück  der  Granate  mitten  in  den 
Unterleib  traf  und  in  Stücke  zerriß. 

Ungefähr  eine  Viertelstunde  später  erfolgte  der  verhängnisvolle 
Stoß  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max"  gegen  den  „Re  d'Italia''.  Als  dieser 
gesunken,  war,  wie  bereits  erwähnt,  der  erste  Gedanke  Tegetthoffs 
und  seiner  Umgebung  der,  Hilfe  zu  leisten  und  den  in  der  unmittelbaren 
Nähe  des  Admiralschiflfes  vorbeitreibenden  Schiffbrüchigen  Boote  und 
sonstige  Gegenstände  zum  Anklammem  zukommen  zu  lassen.  So  sehr 
war  alles  unter  der  unmittelbaren  Leitung  des  Admirals  damit  beschäftigt 
und  in  Anspruch  genommen,  daß  man  erst  ziemlich  spät  die  drohende 
Bewegung  eines  italienischen  Panzerschiffes  bemerkte,  welches  von 
backbord  achter  herankam  und  dem  „Erzh.  Ferdinand  Max''  das  gleiche 
Schicksal  bereiten  zu  wollen  schien.  Das  kaiserliche  Admiralschiflf  war 
eben  in  seiner  Rückwärtsbewegung  gestoppt  und  zur  Erlangung  der 
nötigen  Steuerfähigkeit  in  Fahrt  nach  vorwärts  gebracht  worden, 
gehorchte  aber  noch  langsam  dem  Steuer  und  der  Maschine.  Rasch 
gefaßt,  ließ  nun  Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Sterneck  zuerst  etwas 
nach  steuerbord  ausbiegen,  sodann  rasch  das  Ruder  backbord  am  Bord 
gebend  aufluven,  um  sich  in  eine  möglichst  parallele  Richtung  zum 
Gegner  zu  bringen  und  sodann  die  Maschine  rückwärts  arbeiten.  Der 
Erfolg  dieses  brillant  ausgeführten  Manövers  war,  wie  wir  bereits  im 
vorigen  Kapitel  erzählt  haben,  ein  so  vollständiger,  daß  beide  Schiffe 
einander  bloß  streiften  und  langsam  vorüberglitten. 

Der  „Erzh.  Ferdinand  Max**  war  in  dieser  Affäre  sehr  vom  Glücke 
begünstigt,  denn  aligemein  war  damals  die  Anschauung  an  Bord,  daß 
einen  Moment  später  oder  wenn  der  italienische  Kommandant  den  ernsten 
Willen  zum  Rammen  gehabt  und  nicht,  wie  es  wahrscheinlich  ist,  durch 
eine  drohende  Bewegung  des  in  der  Nähe  befindlichen  „Prinz  Eugen' 
(siehe  Seile  247)  veranlaßt,  im  letzten  Momente  ein  bloßes  Ausweich- 
manöver ausgeführt  hätte,  bei  der  Nähe,  m  der  man  sich  befand,  ein 
Zusammenstoß  zwischen  den  beiden  Schiffen  unfehlbar  hätte  erfolgen 
müssen. 

Während  sich  dieselben  mit  ihren  Backbordseiten  passierten,  kamen 
sie  während  zwei  bis  drei  Minuten  langschiffs  so  nahe  aneinander  zu  liegen, 
<laß  vom  Backbordbuganker  des  „Erzh.  Ferdinand  Max**  eine  Schaufel  ab- 
gebrochen wurde  und  die  Geschütze  der  Backbordbaltorie,  welche  eben 
vorher  gefeuert  halte,  beim  Laden  nicht  bedient  werden  konnten,  da  die 
Setzer  an  die  feindliche  Bordwand  stießen.  Miui  erwartete  auf  dem  ,Erzh- 
Ferdinand  Max"  eine  verheerende  Lage  von  Seite  des  Gegners,  doch  fielen, 


243 

wie  wir  bereits  erwähnt  haben,  nur  einige  Schüsse,  deren  Rauch  durch  die 
Stückpforten  drang;  von  Geschossen  oder  deren  Splittern  hatte  man  nichts 
zu  leiden,  so  daß  man  zu  der  Annahme  berechtigt  ist,  daß  die  Geschütze 
in  der  Hast  nur  blind  geladen  wurden.^)  Möglich,  daß  sich  das  italienische 
SchifiF  betreflEs  der  Batterie  in  einer  ähnlichen  Lage  befand  wie  das  öster- 
reichische. Die  beiden  Schifife  trennten  sich  hierauf  ohne  weitere  Feind- 
seligkeiten. Obschon  alle  Enterabteilungen  gerufen  worden  waren,  da  es 
diesmal  allen  Anschein  hatte,  daß  die  Schiffe  aneinander  hängen  bleiben 
würden  und  es  zu  einer  Enterung  kommen  müsse,  fand  dieselbe  aus  den 
bereits  erklärten  Gründen  ebenfalls  nicht  statt. 

Zum  Schlüsse  des  gegenseitigen  Kampfes  der  beiden  Panzerflotten, 
während  sich  die  kaiserliche  Eskadre  auf  das  Signal  des  Admirals 
sammelte,  fand  der  „Erzh.  Ferdinand  Max*  noch  einmal  Gelegenheit, 
aktiv  vorzugehen.  Er  beteiligte  sich  gegen  1^  nebst  »Kaiser  Max**  an  der 
Jagd  auf  den  brennenden  „Palestro**,  welche  Bewegung  jedoch  bald 
wieder  aufgegeben  wurde,  weil  dieser  noch  rechtzeitig  von  seiner  eigenen 
Flotte  aufgenommen  und  in  Sicherheit  gebracht  wurde,  übrigens  eine 
weitere  Annäherung  an  das  stark  brennende  Schiff  aus  Sicherheitsgründen 
nicht  mehr  rätlich  schien. 

Was  die  während  der  Schlacht  erlittenen  Havarien  des  ,Erzh. 
Ferdinand  Max'  anbelangt,  so  waren  dieselben  im  allgemeinen  von  keiner 
großen  Bedeutung.  Vornehmlich  hatten  die  ungepanzerten  Teile  desselben, 
die  Deckbordwände,  die  Deckplanken,  in  welche  ganze  Furchen  gerissen 
und  Späne  herausgetrieben  waren,  der  noch  ungepanzerte  Turm,  in 
welchem  viele  Sprengstücke  von  Granaten  steckten  sowie  seine  sämt- 
lichen Mäste  und  Boote  gelitten,  dagegen  waren  merkwürdigerweise  trotz 
des  öfteren  Kämmens  die  Struktur  des  Schiffes  sowie  die  Maschine  ohne 
nennenswerte  Havarien  gebUeben. 


1)  Diese  Tatsache  wird  italienischerseits  ganz  verschwiegen.  Wir  vermochten  die 
im  österreichischen  Generalstabswerk  Seite  75  angeführte,  angeblich  vom  Linienschifls- 
kapitän  Piola  herstammende  Erklärung  nirgends  zu  finden.  Auch  der  sonst  so  gewissen- 
hafte xmd  in  seinen  Schilderungen  der  italienischen  Vorgänge  unparteiische  Geschichts- 
schreiber Randaccio  erwähnt  dieselbe  nicht  speziell,  sondern  schreibt  diesbezögUcli 

(Band  II,  Seite  202)  nur:  „ che  1  bastimenti  itallani  taluna  volta  tirassero  a  sola 

polvere  6  fola*  etc.  etc.  Und  dennoch  fand  dieses  Ereignis  statt  und  der  Verfasser, 
damals  Divisionskommandant  der  Backbordbatterie  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max",  war  selbst 
Augenzeuge  desselben.  Er  erinnert  sich  noch  heute  lebhaft  des  Eindruckes  davon  sowie 
des  allgemeinen  Erstaunens,  als,  nachdem  sich  der  dichte,  in  die  Batterie  gedrungene 
Hauch  etwas  verzogon  IjpUe,  niemand  verletzt  vrorded  und  auch  keine  materielle  Be- 
schädigung sichlbwr  war.  A.  d.  V. 


Wie  sich  naclilräglich  bei  der  in  Pola  Tot^oiiommenen  Dockiing 
herausstellte,  war  der  Stoß  nicht  g:enau  senkrecht  erfolgt  (siehe  Skizze  1^  i 
und  der  Bug  ö'/g  Fuß  tief  in  die  Backbordseite  des  ,Re  d'Italia'  ein- 
gedrungen. Das  in  diesen  gerissene  Loch  wurde  auf  136 '41  QuadralfuB, 
von  welchen  78-82  Quadratfuß  unter  der  Wasserlinie,  bereclmel. 

Die  Schneide  des  Rammstevens  des  ,Enih.  Ferdinand  Max*  war 
damals  noch  nicht  aus  einem  Stöcke,  sondern  nur  durch  die  Vereinigung 
der  Panzerplatten,  welche  den  Bug  bekleideten  und  vorne  sich  aneinander 
fügten,  gebildet.  Durch  die  dreimal  mit  aller  Wucht  geführten  Stöße 
begannen  sich  die  Platten  zu  trennen  und  aufzuschürfen,  während  die 
darunterliegenden  Plankenenden  zersplitterten.  Dies  und  einige  heraus- 
geschleuderte Bolzenköpfe  verursachten  das  Lecken  des  Schiffes.  Nach 
dem  ersten  Stoße  war  der  Pumpensood  plötzlich  um  drei  Zoll,  nach  dem 
zweiten  um  fünf  Zoll  gestiegen,  wflhrend  er  nach  dem  dritten  nur  un- 
merklich zugenommen  hatte,  so  daß  die  Pumpen  zur  Bewältigung  des- 
selben völlig  ausreichten. 

Maschine  und  Kessel  halten,  wie  schon  froher  erwähnt,  keine  einzige 
wesentliche  Havarie  erlitten,  nur  lockerten  sich  bei  dea  Stößen  die  Stopf- 
büchsen etwas,  so  daß  Dampf  durchdrang,  schlössen  sich  jedoch  wieder 
von  selbst.  Bei  der  großen  Stopfbüchse  am  Stevenrohre  lockerte  sich  die 
Packung  derart,  daß  ein  starker  Wasserstrahl  eindrang,  der  indes,  nachdem 
man  die  Stopfbüchse  lun  einen  Zoll  angezogen  hatte,  wieder  aufhörte.  Der 
beste  Beweis,  wie  wenig  das  Schiff  trotz  der  wiederholten  Rammstöße  im 
ganzen  gelitten  hatte,  ist.  daß  die  Maschinen  unterlagen  sich  nicht  im 
mindesten  bewegt  hatten  und  beim  Gange  der  Maschine  keine  Spur  von 
einer  Störung  bemerkbar  war. 

Die  Panzerung  bewährte  sieh  vollkommen ;  von  derselben  waren  nur 
vier  Platten  beschädigt:  ein  schief  auilreffendes  Projektil  hatte  eine  der- 
selben vollkommen  durchdrungen  und  war  das  siebenzöUige  Stahlgeschoß 
in  der  Bordwand  stecken  geblieben. 

Einige  leichte  Reparaturen,  die  Ausbesserung  der  zersplitterten 
Plankenenden  unter  den  vorderen  Panzerplatten  und  der  gequetschten 
Schneide  des  Rammstevens  waren  genügend,  um  das  Schiff  wieder  voll- 
kommen kämpf-  und  rammfähig  zu  machen. 

,Erzh.  Ferdinand  Max'  halte  15(j  Schösse  abgegeben  und  42  Treffer 
erhalten.  Vom  Stabe  waren  1  Offizier  schwer.  1  leicht  verwundet;  von  der 
Mannschaft  1  Toter,  1  schwer  und  4  leicht  Verwundete. 

Habsbnrg  —  Linienschiffskapitän  Faber  —  zum  linken  Flügel 
gehörig,  drang  backbord  vom  Admiralschiff  durch  die  feindliche  Linie  and 


S.  M.  Panzerfregatte  „EH.  Ferdinand  Max^^  im  Dock. 


Litliu  Druck  tu?  der  k  k  Bnfu  StsatsdndcBnl 


245 

beschoß  im  Vereine  mit  , Salamander*  mid  »Kaiser  Max*  zuerst  die  Tete- 
schiffe des  Kontreadmirals  Vacca.  Nach  der  Wendung  und  Rückkehr  zum 
Angriffe  hielt  sich  »Habsburg*  anfänglich  in  der  Nähe  des  Admiralschiffes 
und  versuchte  einige  Male  Rammstöße  gegen  feindliche  Schiffe  anzubringen, 
die  jedoch  von  diesen  vermöge  ihrer  Schnelligkeit  und  Steuerfähigkeit 
stets  verhindert  wurden.  , Habsburg*  befand  sich  einmal  vom  Flaggenschiff 
und  dem  Gros  der  Panzerschiffe  getrennt  in  einer  ziemlich  kritischen  Lage ; 
es  gelang  ihr  aber  durch  das  Versuchsmanöver  zum  Rammen  sich  wieder 
mit  den  Ihrigen  zu  vereinen. 

Die  Havarien  des  Schiffes  waren  nicht  von  Belang  und  hatte  dasselbe 
auch  keine  Toten  und  Verwundeten.  , Habsburg*  hatte  170  Schüsse 
abgegeben  und  38  Treffer  erhalten. 

Kaiser  Max  —  Linienschiffskapitän  Ritter  v.  Gröller  —  linker 
Flügel,  eröffnete  beim  ersten  Anlauf  sein  Feuer  mit  der  Backbordbatterip 
gegen  die  italienischen  Teteschiffe  des  Kontreadmirals  Vacca,  empfing 
das  ihrige  und  wendete  sodann  über  Backbord,  sofort  gegen  ein  feindliches 
Panzerschiff  („R6  d'Italia*?),  um  dasselbe  zu  rammen;  dieses  war  jedoch 
schneller  und  steuerfähiger  als  „Kaiser  Max*.  Derselbe  konnte  nur  zwei 
konzentrierte  Lagen  mit  der  Steuerbordbatterie  anbringen,  worauf  er  dann 
Jagd  auf  ein  kleineres  Panzerschiff  („Palestro*?)  machte,  das  die  Linie 
verließ,  jedoch  vom  , Kaiser  Max*  noch  eine  konzentrierte  Lage  ins  Heck 
bekam.  Eine  weitere  Verfolgung  desselben  mußte  er  auf  das  Signal: 
,1.  Division  Holzdivision  unterstützen*,  einstellen. 

Wahrscheinlich  geschah  es  bei  dieser  Gelegenheit,  daß  sich  , Kaiser 
Max*  im  Vorbeipassieren  gegen  den  ,R6  d'ltalia*  wandte  und  ihm  jene 
verhängnisvolle  Breitseite  beibrachte,  die  dessen  Steuer  unbrauchbar 
machte. 

, Kaiser  Max*  kämpfte  dann  noch  mit  dem  letzten  Schiffe  der  feind- 
lichen Mittelgruppe,  dem  „San  Martino*,  gegen  welches  sich  auch  der 
„Don  Juan*  gewendet  hatte,  beschoß  sodann  noch  die  feindliche  Queue- 
gruppe und  vereinigte  sich  hierauf  mit  dem  Flaggenschiffe.  Der  nach  dem 
Signal  „Sammeln*  dem  „Kaiser  Max*  erteilte  Befehl,  den  brennenden 
„Palestro*  zu  nehmen,  konnte,  wie  schon  bei  „Erzh.  Ferdinand  Max* 
bemerkt  wurde,  nicht  mehr  ausgeführt  werden. 

Im  ganzen  gab  „Kaiser  Max*  15  konzentrierte  Lagen  und  zweimal 
Vormeisterfeuer  ab,  217  Schüsse  und  erhielt  28  Treffer. 

Havarien  unbedeutend,  vom  Stabe  niemand,  von  der  Mannschaft 
1  schwer  und  zwei  leicht  verwundet. 


246 

Don  Juan  d'Anstria  — LinienschiffskapitänWiplinger  —  rechter 
Flögel,  durchbrach  bei  Beginn  der  Schlacht  achter  vom  4.  Schiff  —  ,Rfe 
d'Itaha*  —  die  feindliche  Linie  und  engagierte  sich  nach  vollzogener 
Wendung  dem  Flaggenschiflfe  folgend,  mit  den  Schififen  der  Mittelgruppe 
,,Palestro*  und  „San  Martino*,  Breitseiten  gebend  und  empfangend.  Mit 
letzterem  scheint  «Don  Juan''  einige  Zeit  im  Einzelkampfe  gestanden  zu 
sein,  während  welcher  sich  das  italienische  Schiff  vergeblich  bemühte,  ihn 
zu  rammen,  denn  so  wie  es  einen  Anlauf  hiezu  nahm,  fiel  «Don  Juan' 
gleichzeitig  mit  ihm  ab,  seine  Breitseite  abfeuernd.  Später  mit  anderen 
feindlichen  Panzerfregatten  der  Queuegruppe  im  Kampfe  und  hart  bedrängt, 
machte  ihm  «Kaiser  Max*  Luft  Als  sich  das  Linienschiff  «Kaiser"  gegen 
Lissa  zurückzog  und  hiebei  vom  «Affondatore"  angegriffen  wurde,  kamen 
ihm  «Don  Juan*  und  „Prinz  Eugen",  welche  seine  bedrängte  Lage  ge- 
wahrten, zu  Hilfe  und  unterhielten  ein  lebhaftes  Feuer  gegen  den  «Affon- 
datore*,  unbekümmert  um  die  feindlichen  Panzerschiffe,  welche  auf  das 
Signal  Kontreadmirals  Vacca  sich  sammelten  und  hiebei  in  ihre  Nähe 
kamen.  «Don  Juan*  erhielt  bei  dieser  Gelegenheit  vom  «Affondatore*,  der 
seine  300pfQnder  ununterbrochen  feuern  ließ,  einen  Schuß  in  eine 
Panzerplatte  zwischen  zwei  Stückpforten,  einen  zweiten  in  die  Panzerung 
einen  Fuß  unter  der  Wasserlinie,  endlich  einen  dritten  in  den  Bugspriet- 
stuhl, der  diesen  zerschmetterte. 

«Don  Juan*  feuerte  277  Schüsse  ab  und  erhielt  41  Treffer.  Mann- 
schaflsverluste  1  Toter,  4  leicht  Verwundete. 

Prinz  Engen  —  Linienschiflfskapitän  Barry  —  rechter  Flügel, 
durchbrach  ebenfalls  im  Intervall  zwischen  „Re  d'Italia*  und  »Palestro* 
die  feindliche  Linie  imd  warf  sich  nach  vollzogener  Wendung  im  Vereine 
mit  dem  Flaggenschiflf  auf  die  feindliche  Mittelgruppe. 

Nach  dem  Eintreten  der  Melee  passierten  in  sehr  kurzen  Inten^allen 
an  jeder  Seite  des  , Prinz  Eugen*  feindliche  Panzerfregatten,  die  ihr  Feuer 
auf  ihn  richteten;  ein  Geschoß  zertrümmerte  die  Gallionsfigur  und 
beschädigte  die  Verlängerung  des  Vorstevens,  andere  Geschosse  trafen 
Panzerplatten,  denen  sie  indes  keinen  Schaden  anrichteten.  „Prinz  Eugen* 
erwiderte  das  Feuer  des  zirka  2  Kabel  entfernten  Feindes  mit  zwei  Breit- 
seiten. Fast  ^gleichzeitig  passierte  der  ^Affondatore'*,  beschoß  den  »Prinz 
Eugen**  von  achter,  ernMchte  jedoch  keinen  Erfolg,  da  der  Schuß  in  das 
Wasser  ging. 

Unmittelbar  nachdem  das  kaiserliche  Admiralschiff  den  tödlichen 
Stoß  gegen  den  „Re  ditalia*  ^reführt  und  um  klar  zu  kommen,  seine 
Maschine  nach  „rückwärts"  angesetzt  hatte,  bemerkte  „Prinz  Eugen*  ein 


247 

feindliches  Panzerschiff,  das  auf  dasselbe  lossteuerte.  Linienschiffskapitän 
Barry,  befürchtend,  daß  der  „Erzh.  Ferdinand  Max*  nicht  die  nötige 
Manövrierfähigkeit  haben  werde,  um  dem  nun  andringenden  Feind  recht- 
zeitig begegnen  zu  können,  ließ  mit  voller  Kraft  vorwärts  arbeiten,  um 
womöglich  den  Gegner  zu  rammen.  Dieser  schien  indes  die  Absicht  zu 
merken,  wandte  allsogleich  nach  backbord  und  passierte  zwischen 
«Erzh.  Ferdinand  Max*  und  , Prinz  Eugen*,  von  letzterem  aus  dessen 
Backbordbatterie  beschossen. 

„Prinz  Eugen*  wandte  sich  hierauf  der  Stelle  zu,  wo  die  italienischen 
Panzerqueueschiffe  kämpften  und  wurde  binnen  kurzem  von  zwei  feind- 
lichen Panzerfregatten  über  Heck  und  von  einer  anderen  vom  Buge  be- 
schossen. Ein  von  vorne  kommendes  Projektil  durchschoß  die  große  Jolle 
und  das  Boot  Nr.  4,  ein  anderes  streifte  den  Kopf  eines  48pfünders  an 
Backbord  und  verbog  die  letzte  Unterstückpforte  an  dieser  Seite ;  die  übrigen 
prallten  am  Panzer  ab,  wo  sie  nur  schwache  Eindrücke  zurücldießen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  war  „Prinz  Eugen*  der  feindlichen  Holz- 
flotte näher  gekommen  und  eine  italienische  Panzerfrcgatle  —  „Maria 
Pia*  —  welche  befürchten  mochte,  daß  er  die  Absicht  habe,  sich  gegen 
ein  Schiff  derselben  zu  wenden,  eilte  ihm  entgegen  und  versuchte,  als  er 
dwars  vor  ihr  passierte,  i!m  zu  rammen.  „Prinz  Eugen*  wich  jedoch  rasch 
nach  Steuerbord  aus,  von  .Maria Pia*  eine  volle  Breitseite  und  Gewehrsalven 
in  dem  Augenblicke  erhaltend,  als  beide  Schiffe  ganz  nahe  aneinander 
vorbeikamen,  merkwürdigerweise  jedoch  ohne  einen  Verlust  davonzu- 
tragen.^) „Prinz  Eugen*  beteiligte  sich  später  noch  im  Vereine  mit  „Don 
Juan*  an  der  Verteidigung  des  Linienschiffes  „Kaiser*  bei  dessen  Rück- 
zug nach  Lissa. 

Im  ganzen  hatte  dieses  Schiff  234  Schüsse  abgegeben  und  21  Treffer 
erhalten.  Von  der  Mannschaft  war  1  Mann  leicht  verwundet 

Drache  —  Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Moll  —  rechter  Flügel, 
durchbrach  die  feindliche  Linie  zwischen  dem  „Re  d'ltalia*  und  „Palestro*. 
Gleich  bei  dieser  Gelegenheit  erhielt  „Drache*  mehrere  Schüsse  und  ein 
Projektil  ging  durch  den  Maschinenwindfang  an  Steuerbord,  streifte  den 


^)  LinienschifTskapitän  Marcheso  del  Caretto.  Kommandant  der  «Maria  Pia*, 
schreibt  in  seinem  Bericht  über  diesen  Punkt  folgendes:  ^Possni  randeggiandola  da 
fregata  uemica)  quasi  a  toccare,  scaricando  la  batteria  e  facendo  fuoco  di  moschetteria 
dai  portclli;  ma  eravamo  tanto  vicini  che  puntando  u  tutta  inclinazione  non  si  poteva 
colpire  a  liuea  d'aqua.  Linienschiffskapitän  Barry,  der  Kommandant  des  , Prinz  Eugen'', 
erzählte,  daß  der  feindliche  Kommandant  im  Vorüberfahren  mit  der  Mütze  gegrüßt  habe. 

A.d.V 


GroBmast,  zertrümmerte  einen  Teil  des  Mascbinentelegraphen  und  riß  dem 
Kommandanten,  LinienschitTskapitän  Freiherrn  v.  Moll,  den  halben  Kopf 
weg.  Seekadett  Ignaz  Mader  wurde  leicht  verwundet.  Hierauf  übernahm 
für  den  ersten  Augenblick  der  Manöverofiizier  Linienschifräfähnricli 
Weiprecht,  sodann  der  Gesamtdetailoffizier  LinienschiS'sleutnant 
Mathieu  das  Kommando.  Der  Verkehi'  mit  der  Maschine  war  auf  einige 
Zeit  unterbrochen,  wurde  jedoch  gleich  wieder  hergestellt.  Gleichzeitig 
zündete  eine  einschlagende  Granate  in  der  Deckbordwand  vorne,  es  gelang 
aber  noch  das  Feuer  rechtzeitig  zu  löschen. 

Nach  vollzogener  Wendung  in  die  Nähe  des  AdmiralschifFes  gelangt, 
gab  „Drache*  gegen  zwei  feindliche  Panzerfregatlen  auf  die  Distanz  von 
1  bis  1  '/h  Kabel  konzentrierte  Lagen  ab.  Als  sich  der  Rauch  etwas  verzogen 
hatte,  passierte  auf  backbord  eine  andere  feindliche  Panzerfregatte 
—  wahrscheinlich  »San  Martino"  —  welche  auf  das  Linienschiff  zu- 
steuerte, das  gerade  seinen  Fockmast  verloren  hatte.  .Drache"  gab  der- 
selben auf  zirka  i  Kabel  Distanz  eine  konzentrierte  Lage  und  zwar  mit 
sichtlichem  Effekt,  denn  sie  fiel  sogleich  gegen  steuerbord  ab. 

Später  bemerkte  der  Kommandant  in  ziemlicher  Entfernung  ein 
kleines  Panzerschiff  —  wahrscheinlich  .Palestro"  — .  welches  vom  Gros 
getrennt,  sich  mit  demselben  zu  vereinigen  strebte.  Mit  Gegenbord  ihm 
entgegensteuernd  ließ  «Drache"  es  etwas  backbord.  Um  der  Breitseite 
des  , Drache*  auszuweichen,  hielt  das  italienische  Panzerschiff,  als  es 
näher  gekommen  war,  plötzlich  ganz  steuerbord  ab;  jener  ging  nach 
backbord  und  gab  ilim  auf  Pistolenschußweite  eine  konzentrierte  Lage 
in  sein  Heck,  Dann  vollendete  er  seine  Kreisbewegung  und  ließ  ihm  auch 
noch  die  andere  Breitseite  zukommen.  In  diesem  Augenblicke  brachen 
die  Marsgasten  in  den  Marsen  des  .Drache'  in  den  Ruf  aus:  .Feuer 
an  Bord  des  feindlichen  Schiffes",  .Drache"  verfolgte  es  hierauf  noch  eine 
Zeitlang,  es  gelang  ihm  jedoch  infolge  seiner  größeren  Geschwindigkeit 
zu  entkommen.  Man  hatte  nach  einiger  Zeit  die  Flammen  über  Deck 
hinausschlagen  sehen. 

Mit  Ausnahme  eines  Vormeisterfeuers  auf  9  Kabel  Distanz  bei  dem 
späteren  oftmaligen  Kurswechsel  der  italienischen  Flotte  zwischen  IS  und 
S""  sowie  demöfterenFeuerausdenBuggeschützenauf  Deck,  gab  .Drache* 
nur  konzenlrierte  Breitseiten  ab,  da  wegen  des  für  dieses  kleine  Panzerschiff 
starken  Seeganges,  der  die  Batterie  zeitweise  überschwemmte,  eia 
genaues    und    erfolgreiches    Zielen    der    Vormeister    ganz    unmöglich 


gewesen  wäre. 


J 


249 

Auch  die  Havarien  des  , Drache*  waren  im  ganzen  nicht  bedeutend 
und  bestanden  hauptsächlich  in  Schüssen  in  der  Takelage,  in  den  Booten 
und  Deckbordwänden. 

Er  gab  121  Schüsse  ab  und  empfing  17  Treffer. 

Vom  Stabe  der  Kommandant,  Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Moll, 
tot,  Seekadett  Ignaz  Mader  leicht  verwundet.  Von  der  Mannschaft  5  Mann 
schwer  verwundet. 

Salamander  —  Linienschiffskapitän  Kern  —  linker  Flügel,    gab 
die  ersten  Schüsse  aus  den  Deckgeschützen  auf  die  erste  von  vom  gegen 
backbord  sich   annähernde  Panzerfregatte  der  Tete.  („Principe  di  Cari- 
gnano*").  Die  feindlichen  Schüsse  schlugen  über  und  auf  das  Blockhaus, 
die  Splitter  drangen  in  den  Turm  und  verwundeten  den  Kommandanten, 
den  Signalkadetten  August  Süss  und  den  Steuermann  Scopinicb,  indem 
sie  zugleich  den  Tuimkompaß  zertrümmerten.  Eine  Granate  zerriß  den 
Kreuzmarsstag  aus  Drahttau  und  ihre  Splitter  sowie  Teile  des   Stages 
machten  auf  der  Bleideckung  des  Turmes,  dessen  Geländer  und  dem 
Batterriesprachrohre  ziemlichen  Schaden,  ohne  indes  Jemanden  zu  ver- 
wunden. Nach  dem  Durchbruche  durch  die  feindliche  Linie  und  vollzogener 
Wendung  bot  sich  dem  , Salamander"  eine  hohe  Panzerfregatte  —  wahr- 
scheinlich ,R6  d'Italia*  —  die  ihm  dwars  vorbeifuhr,  in  einer  günstigen 
Stellung  dar,   so  daB  der  Kommandant   sogleich  den  Entschluß  zum 
Ranmien  faßte.  Der  Feind,  welcher  auf  die  Schüsse  der  Bugkanonen  des 
, Salamander*  nur  mit  einem  schwachen  Feuer  aus  seiner  Backbordseite 
antwortete,  wobei  er  die  Deckbordwände  des  , Salamander*  durchschoß, 
den  Kopf  eines  gezogenen  24pfünders  und  eine  Stückpforte  zertrümmerte, 
schien  diese  Absicht  zu  erraten  und  wendete  sofort  steuerbord,  so  daß 
, Salamander*  in  seinem  Kielwasser  fuhr.  Auf  dem  feindlichen  Schiffe 
wurden  die  Enterabteilungen  auf  Deck  gerufen,  was  man  deutlich  hörte 
und  vom  Heck  und  aus  den  Marsen  ein  lebhaftes  Kleingewehrfeuer  auf 
den   B Salamander*  unterhalten.   Die  weitere  Verfolgung  mußte  indes, 
trotzdem  man  sich  schon  bedeutend  genähert  hatte,  aufgegeben  werden,  da 
in  der  Richtung  des   Steuerbordkrans   ein  zweiter  Feind  herbeieilte.  Der 
Kommandant  ließ  deshalb  die  Sleuerbordbatterie  auf  die  Distanz  von 
1  Kabel  konzentrieren,  fiel  auf  Backbord  ab  und  feuerte  sie  mit  sichtbarem 
Erfolge  in  das  feindliche  Heck.  Unmittelbar  darauf  hielt  er  wieder  nach 
steuerbord  gegen  die  erwähnte  sich  nähernde  Panzerfregatte  ab,  mußte 
aber  schleunigst  das  Steuer  abermals  umwerfen,  da,  kaum  als  sich  der 
Rauch  verzogen  hatte,  der  »Affondatore**  gegen  ihn  herandampfte.  Der 
Kommandant  hatte  nur  noch  Zeit,  den  Bug  gegen  ihn  zu  kehren  und  die 


Backbordbutlerie  bereit  zu  halten.  In  nächster  Nähe  wich  der  .Äffondatore'' 
jedoch  etwas  nach  steuerbord  ab  und  passierte  mit  Pfeilgeschwindigkeit 
den  .Salamander"  auf  wenige  Klafter  an  der  Backbordseite.  Von  der 
Batterie  konnten  in.  der  Eile  nur  2  4SpfCinder  ihre  Scliüsae  auf  ihn  ab- 
geben und  ein  Schuß  von  Seite  des  .Affondatore'  Tiel  knapp  achter  in 
das  Wasser. 

.Salamander'  hatte  sich  dann  später  gegen  die  feindliche  Queue- 
gruppe gewendet  und  die  dort  kämpfenden  eigenen  PanzerschiS'e  mit 
unterstützt. 

Außer  den  bereits  erwähnten  Havarien  hatte  .Salamander"  nur 
noch  einige  Schäden  in  der  Takelage  und  an  den  Booten, 

Derselbe  hatte  :211  Schüsse  abgegeben  und  35  Treffer  erhallen. 

Vom  Stabe  waren  der  Kommandant,  Linionsehiffskapitän  Kern,  und 
Seekadett  Süss  schwer,  von  der  Mannschaft  7  Mann  leicht  verwundet 

II.  Division  (schwere  Holzschiffe). 

Kaiser  —  Kommodore  v.  Petz.  —  Über  die  Teilnahme  dieses 
tapferen  Schiffes,  das  sich  gleich  dem  ,Erzli.  Ferdinand  Max*-  einen 
unvergänghchen  Ruhm  erworben,  haben  wir  bereits  im  vorhergehenden 
Kapitel  das  Nähere  an  der  gehörigen  Stelle  gebracht,  so  daß  wir,  um  nicht 
schon  Gesagtes  zu  wiederholen,  uns  darauf  be;(iehen.  Gleichwohl  sei  es 
uns  hier  gestattet,  rekapitulierend  noch  einige  Bemerkungen  daran 
zu  knüpfen. 

Die  Aufgabe,  welche  dem  Linienschiff  .Kaiser",  dem  letzten  Reprä- 
sentanten der  aussterbenden  großen  Sclilachtschiffe  der  früheren  Jahrhun- 
derle, in  der  Seeschlacht  von  Lissa  zugefallen  war.  war  tatsächlich  keine 
geringe  und  es  muß  daher  um  so  mehr  mil  Stolz  und  Befriedigung  erfüllen, 
daß  sie  so  glänzend  gelöst  wurde. 

Eigenilich  nur  zur  Bekämpfung  der  feindlichen  Holzschiffe  bestimmt, 
war  es  sein  Los  geworden,  sich  im  Sehlachtcngewühl  mit  Panzerschiffen 
messen  und  mit  diesen  um  die  Siegespalme  riugen  zu  müssen.  Schon  das 
erste  Engagement  mit  dem  „AlTondatore'  halle  unter  anderen  Umständen 
für  ihn  verhängnisvoll  werden  können;  mit  schweren  Havarien  zwar,  aber 
noch  kampffähig,  kam  er  aus  diesem  heraus  und  nalim  zum  Schulze  der 
schwächeren  Genossen  sofort  wieder  den  ungleichen  Kampf  mit  neuen 
gepanzerten  Gegnern  auf,  mit  wuchtigem  Stoße  sich  den  Weg  bahnend 
und  damit  den  folgenden  Schiffen  Luft  schaffend. 

Nach  langem  heroischem  Kampfe  crscliüpft  und  bis  zur  ä,uBersteD 
Grenze  der  Welirfäliigkeit  verwundet,  jedoch  nicht  besiegt,  zieht  sich  das 


251 

wackere  Schiff  zurück,  um  den  schützenden  Hafen  aufzusuchen,  dort  den 
ausgebrochenen  Brand  zu  löschen  sowie  seine  Schäden  auszubessern. 
Aber  auch  dieser  Rückzug  soll  nichtunbelästigtbleibenundauf  dem  Wege 
nach  Lissa  wird  es  plötzlich  und  zum  zweiten  Male  vom  «AfFondatore'^ 
angegriffen  und  hat  einen  Kampf  auf  Leben  und  Tod  zu  bestehen,  aus  dem 
es  jedoch  abermals  glücklich  hervorgeht,  so  daß  sein  weiterer  Rückzug 
ungefährdet  bleibt.  Selbst  in  der  schweren  bangen  Zeit,  in  welcher  es 
sich  jetzt  vornehmlich  um  die  Bewältigung  des  immer  mehr  um  sich  grei- 
fenden Feuers  handelt,  ist  es  noch  darauf  bedacht,  einem  etwa  in  den  Hafen 
nachfolgenden  Feinde  begegnen  zu  können  und  vertäut  sich  deshalb  mit 
einem  Spring  gegen  die  Einfahrt,  um  in  diesem  Falle  seine  mächtige 
Artillerie  gebrauchen  zu  können. 

Und  kaum  daß  es  seine  Toten  und  Verwundeten  ausgeschifft,  ist 
dieses  so  arg  mitgenommene  Schiff,  dank  der  unermüdlichen  Anstren- 
gungen seiner  Offiziere  und  Mannschaft,  binnen  kurzem  wieder  kampffähig ! 
Glänzender  und  ruhmvoller  konnte  seine  Aufgabe  nicht  gelöst  werden. 

Bezüglich  der  Havarien  duich  die  300 pfünder  des  »Affondatore*  beim 
ersten  Engagement  haben  wir  schon  an  der  betreffenden  Stelle  berichtet, 
daß  sie  ziemlich  bedeutende  waren;  die  infolge  des  Rammstoßes  gegen 
den  ,Re  di  Portogallo**  erlittenen  waren  jedoch  noch  größer  und  empfind- 
licher. Der  Stoß  war  so  gewaltig  gewesen,  daß  hiedurch  alle  Geschütze 
sich  von  selbst  nach  vorne  baksten  und  die  Bemannung  zu  Boden  ge- 
schleudert wurde.  Das  Scheg  und  das  Gallion  wai'en  zertrümmert,  das 
Bugspriet  total  zersplittert,  der  Fockmast  über  der  Höhe  der  Reeling  glatt 
abgebrochen.  Durch  den  umgestürzten  Mast  wurde  der  Maschinenschlot 
selbst  ober  Deck  ganz  zertrümmert  und  so  verlegt,  daß  der  Zug  in  den 
Kesseln  gehemmt  wurde  und  kein  entsprechender  Dampfdruck  mehr  zu 
halten  war;  das  Tauwerk  brannte  lichterloh  und  das  ganze  Vorschiff  war 
ein  großer  Feuerherd. 

In  dieser  Verfassung  war  es,  daß  der  »Kaiser*  auf  seinem  Rückzug 
abermals  vom  „Affondatore*  angegriffen  wurde.  Man  war  am  Bord 
desselben  auf  das  anscheinend  unabwendbai'e  Schicksal  geraßt  und  vor- 
bereitet. Eine  starke  Enterabteilung  stand  bereit,  um  im  Augenblicke  des 
Anrennens  auf  das  feindliche  Deck  zu  springen,  Pulversäcke  sollten  in 
den  Maschinenschlot  des  Gegners  geworfen  werden,  um  die  Feuer  aus  den 
Kesseln  herauszuschleudern  und  das  Schiff  bewegungsunfähig  zu  machen, 
die  Batterien  waren  zum  konzentrierten  Feuer  bereit.  Wenigstens  hätte 
man  den  Untergang  des  eigenen  Schiffes  teuer  verkauft!  Doch  sollte  es 
glücklichweise  nicht  zu  diesem  Äußersten  kommen. 


25S 


.Kaiser'  lief  mit  der  Eskadre  am  22,  Juli  in  Pola  ein,  wo  die  nötigstea 
Reparaturen  sofort  in  Angriff  genommen  und  der  Fockmast  ersetzt  wurden. 
so  daß  er  am  11.  August  abends  wieder  zum  Auslaufen  bereit  war. 

Das  Linienschiff  hatte  in  der  Schlacht  850  Schüsse  abgegeben,  selbst 
80  Treffer  erlitten.  Vom  Stabe  waren,  wie  schon  früher  erwähnt.  Linien- 
schiffsfähnrich  Robert  Proch  gefallen,  Linienschiffsleutnant  JosefFrank, 
Linienschiffsfähnrich  Hugo  Pogatschni  gg  und  Seekadett  Eduard  Hanslik 
schwer,  Kommodore  Anton  v.  Petz,  der  II.  Kommandant  Linienschiffs- 
leutnant Julius  Steiskal  leicht  verwundet;  von  der  Mannschaft  23  Tote, 
34  schwer  und  36  leicht  Verwundete.  Bootsmann  S.Klasse  E.  S  fici  aro  vich 
fiel  bei  der  Affäre  mit  dem  ,Re  di  Portogallo",  nachdem  erdieDeck-und 
Manflvermannschafl  durch  sein  tapferes  Beispiel  zur  Nachahmung  an- 
geeifert hatte.  Auch  derHochbootsmannG.  Bu  du  a  wurde  leichtverwundet. 

Novara  —  Linien schiffskapil an  Erik  afKlint  —  eilte,  als  Kommo- 
dore V.  Petz  das  Signal  hißte,  ihm  zum  Angriffe  auf  die  italienische  Holi- 
flolte  im  Kielwasser  zu  folgen,  mit  ihrer  kräftigen  Maschine  sofort  gegen 
die  Spitze  der  Division  und  nahm  ihren  Posten  achter  vom  »Kaiser*  em. 

Beim  Engagement  der  Tete  der  österreichischen  Holzschiffe  mit 
der  Queue gruppe  Ribotys  erhielt  .Novara*  gleich  von  einer  an  Back- 
bord vorbeisteuemden  Panzerfregatte  eine  Breitseite,  welche  ihr  einige 
Havarien  verursachte  und  wobei  der  Kommandant  getötet ')  sowie 
der  Manöveroffizier  Linienschiffsfähnrich  KIoss  und  der  Signalkadeil 
Sarabuchi  leicht  verwundet  wurden.  Sofort  übernahm  der  Detailoffizier 
Linienschiffsleutnant  Schröder  das  Kommando.  „Novara"  richtete  nun 
auf  die  feindlichen  Panzerfregaiten,  welche  jetzt  von  beiden  Seiten  an- 
griffen, ihr  Feuer  und  trachtete,  so  oft  als  möglich  ihre  konzentrierten 
Lagen  abgeben  zu  können. 

Nachdem  der  Kampf  mit  der  feindUchen  Queue  vorüber  war  und 
das  Linienschiff  seinen  Rückzug  nach  Lissa  angetreten  hatte,  folgte 
»Novara*  einem  ihr  gemachten  Signale  gemäß  den  Bewegungen  dea 
Admiralsctiiffes,  um  bei  der  1.  Division  unterstützend  mitwirken  zu  können. 
Mitten  unter  den  Panzerschiffen  kämpfend,  nahm  hier  .Novara"  jede 
Gelegenheit  wahr,  mit  ihrer  Batterie  einzugreifen  und  es  gelang  ihr,  eine 
italienische  Panzerfregalle,  welche  von  einer  österreichischen  beschosseUi 
wurde,  so  von  achter  zu  enfilieren,  daß  jene  sofort  nach  steaerboi 
abfiel  und  vom  Kampfe  abließ. 


>)  IJoienachilTskapililnKlint  wurde  durch  e 
traf,  mitten  auieiasnder  ^bmd. 


e  Graualc.  welche  ihn  auf  den  Leib 


253 

Während  der  Melee  überholte  eine  italienische  Panzerfregatte, 
gefolgt  von  einer  österreichischen,  die  , Elisabeth**  an  deren  Steuerbord- 
seile;  die  österreichische  konnte  infolge  ihrer  geringeren  Geschwindig- 
keit die  feindliche  nicht  einholen.  »Elisabeth*  beschoß  nun  so  gut  sie  ver- 
mochte den  Feind  mit  ihrer  Steuerbordbatterie,  der  das  Feuer  mit  semer 
Backbordbreitseite  erwiderte,  zum  Glück  jedoch  stets  zu  hoch  traf,  so 
daß  „Elisabeth**  außer  einigen  TrefiFemin  der  Takelage  keinen  besonderen 
Schaden  erliti  ^)  Da  drängte  sich  zwischen  sie  und  die  feindliche  Panzer- 
fregatte die  „Novara**  hinein  und  nahm  nun  in  einer  äußerst  schneidigen 
und  tapferen  Weise  den  Kampf  so  lange  auf,  bis  die  österreichische 
Panzerfregalte  zur  Unterstützimg  herbeikam.  Im  weiteren  Verlaufe  des 
Kampfes  und  gegen  Ende  desselben  schoß  „Novara*  noch  auf  alle  in  ihr 
Schußbereich  kommenden  feindlichen  Schiffe  und  verblieb  bis  zur  For- 
mation der  drei  Kiel  Wasserlinien  bei  der  1.  Division. 

Die  Havarien  der  „Novara*  waren  etwas  zahlreicher  als  die  der 
meisten  übrigen  Holzschiflfe  —  das  Linienschiff  ausgenommen  —  jedoch 
im  allgemeinen  auch  nicht  bedeutend,  da  der  aus  Ketten  und  Stahl- 
schienen improvisierte  Panzer  derselben  recht  gute  Dienste  geleistet  hatte. 

»Novara**  gab  342  Schüsse  ab  und  erhielt  47  Treffer.  Vom  Stabe 
verlor  dieselbe,  wie  schon  erwähnt,  ihren  Kommandanten  Linienschiflfs- 
kapitän  Erik  af  Klint,  sonst  wurden  noch  Linienschiflfsfähnrich  Anton 
Kloss  und  die  Seekadetten  Viktor  Sambuchi,  Adolf  Hlouschek  und 
Stefan  v.  Doymi  leicht  verwundet.  Von  der  Mannschaft  blieben  6  Mann 
tot,  3  Mann  waren  schwer,  13  leicht  verwundet. 

Der  Obersteuermann  Nicolo  Feretich,  ein  alter  gedienter  Unter- 
offizier, der  die  Weltumseglung  der  ,Novara**  sowie  die  Reise  derselben 
mit  dem  Kaiser  Maximilian  nach  Mexiko  mitgemacht  hatte,  wurde  auf 
seinem  Gefechtsposten  am  Steuer  durch  Knochensplitter  des  getöteten 
Kommandanten  und  ein  Granatsprengstück  schwer  verwundet  Er 
weigerte  sich  jedoch,  während  des  Getöses  der  Schlacht  seinen  Posten  zu 
verlassen  und  ließ  sich  erst  gegen  Ende  derselben  verbinden. 

Schwarzenberg  —  Linienschififskapitän  Millossich  —  befand 
sich  im  Anfange  der  Schlacht  auf  ihrem  Posten  in  der  2.  Division  und 
beschoß  hierauf  die  feindlichen  Teteschiffe  des  Kontreadmirals  Vacca,  als 
diese  der  Division  näher  kamen,  mit  einem  lebhaftenjFeuer,  hatte  dagegen 
das  von  zweien  derselben  (»Principe  di  Carignano**  und  j,Castelfidardo**)  aus- 


0  Siehe  Seite  263. 


354 


zuhalten,  welches  jedoch  glückhcherweise  nur  wenig  Schaden  anriclitete, 
da  der  Feind  meistens  überschoß. 

Im  weiteren  Verlaufe  des  Kampfes  steuerte  eine  feindliche  Panzer- 
fregattfc  (wahrscheinlich  ,Re  diPortogallo,"  siehe  Seite  284)  auf  ,Schwar- 
zenberg*  und  die  in  ihrer  Nähe  befindlichen  Schiffe  los,  vielleicht  in  der 
Absicht,  zu  rammen.  Als  die  italienische  Panzerfregatte  auf  zirka  2  Kabd 
(400  Meter)  angelangt  war,  gab  ,Schwarzenberg*  ihr  eine  konzentrierte 
Lage,  welche  den  Erfolg  halle,  daß  sie  sogleich  wendete  und  sich  entfemle. 
ohne  mit  einem  Schuß  zu  antworten.  Die  Lage  hatte  ihr  einen  erhebUchea 
Schaden  im  Heck  und  an  der  Bemastung  beigebracht. 

, Schwarzen berg"  begleitete  hierauf  mit  den  Fregatten  .Radetzkj*, 
„Adria"  und  .Donau'  das  Linienschiff  auf  seinem  Rückzüge  nach  Lissa 
und  übemalim  sptäter  auf  das  Signal  .Sammeln*  die  Führung  der 
2.  Division. 

jSchwarzenberg'  feuerte  286  Schüsse  ab  und  erhielt  9  Treffer, 
hievon  7  Schüsse  in  die  Takelage  und  einen  in  die  Vormars,  der  gleich- 
zeitig den  Fockmast  stark  beschädigte.  Der  dort  postierte  Linienschifls- 
fühnrich  Ferdinand  Gebhardt  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  schwer 
verwundet.  Em  Grundschuß,  der  einen  Fuß  unter  der  Wasserlinie  traf, 
war  von  ziemlicher  Bedeutung.  Das  durch  dieses  Leck  eindringende 
Wasser,  welches  das  ganze  Brotdepot  überschwemmte,  konnte  mit  der 
Dampfpumpe  allein  nicht  überwältigt  werden  und  mußten  alle  anderen 
Pumpen  am  Bord  mitarbeiten. 

Vom  Stabe  wurde  außer  dem  genannten  Linienschi^ähnrich 
Gebhardt  sonst  niemand,  von  der  Mannschaft  1  Mann  leicht  verwundet. 

Radetzky  —  Linienschiffskapitän  v,  Auernhammer  —  war  mit 
Aufwand  der  ganzen  Masehinenkraft  bestrebt,  sich  während  des  Kampfes 
des  , Kaiser"  demselben  so  eng  wie  möglich  anzuschließen  und  unter- 
stützend zu  wirken  und  gab  zu  diesem  Behufe,  als  die  zwei  feindlichen 
Teteschiffe  .Principe  di  Carignano"  und  .CastelfidardC  die  2.  und  3. 
österreichische  Holzdivision  durchbrechen  wollten,  im  Vereine  mit  den 
übrigen  Schiffen  kräftige  Lagen  gegen  dieselbe  ab.  Als  das  Linienschiff 
Kurs  gegen  Lissa  genommen  hatte,  begab  sich  .Radetzky»  in  die 
Nähe  der  ,Schwarzenberg"  und  begleitete  die  Ilolzschiffe,  welche  sich 
hier  vereint  hatlen. 

.Radetzky'  gab  289  Schüsse  ab  und  erhielt  keinen  Treffer.  Vom. 
Stabe  und  von  der  Mannschaft  niemand  verwundet. 

Adria  ■ —  Fregattenkapitän  Adolf  Daufalik  —  traclitete  gleichfalls' 
dem  Linienschiff  naher  zu  kommen  und  wechselte  mit  den  feindlich< 


255 

Panzerschiffen,  welche  ihr  an  Backbord  vorbeipassierten,  Breitseiten, 
wobei  sie  einige  Havarien  in  der  Takelage  und  an  den  Booten  erlitt  Von 
einem  derselben  erhielt  »Adria**  4  Schuß  an  Backbord,  darunter  3 
SOpfündige  und  eine  lOOpfündige  Granate,  welche  explodierten  und  im 
Zwischendeck  dreimal  zündeten.  Teils  durch  die  Granatsplitter,  teils 
durch  durchdringende  Eisensplitter  des  Kettenpanzers  wurden  hiebei 
4  Mann  schwer  und  2  Mann  leicht  verwundet.  Die  zwei  Bordkai faterer, 
pflichteifrige,  unerschrockene  Männer,  waren  eben  mit  der  Verstopfung 
eines  durch  ein  SOpfündiges  Hohlgeschoß  nahe  an  der  Wasserlinie  ver- 
ursachten Loches  beschäftigt,  als  das  lOOpfündige  Projektil  einschlug, 
explodierte,  diese  Leute  förmlich  zerriß  und  im  Schiffe  zündete.  Zugleich 
wurde  die  Vorkammer  des  vorderen  Pulvermagazins  mit  glühenden 
Granatsplittern  übersät  und  nur  der  Geistesgegenwart  und  Entschlossen- 
heit des  Oberstückmeisters,  welcher  sogleich  alle  Hähne  öffnete,  ist  es  zu 
verdanken,  daß  das  Feuer  die  Pulverkammer  nicht  weiter  erfaßte.  Das- 
selbe wurde  rasch  gedämpft  und  der  angestrengten  Arbeit  der  Zimmer- 
leute gelang  es  auch  bald  die  Lecks  zu  verstopfen,  so  daß  das  Schiff, 
trotz  der  nicht  unbedeutenden  See,  nur  wenig  Wasser  zog. 

„Adria**  gab  221  Schüsse  ab  und  hatte  27  Treffer  erhalten.  Vom 
Stabe  war  niemand  verwundet,  von  der  Mannschaft  2  Mann  tot,  3  Mann 
schwer  und  2  Mann  leicht  verwundet. 

Donau —  Fregattenkapitän Pitner  —  blieb  anfangUch  infolgeihrer 
schwachen  Maschine  etwas  zurück  und  beteiligte  sich  an  der  Beschießung 
der  Teteschiffe  des  Kontreadmirals  Vacca,  begleitete  sodann  im  Vereine 
mit  den  übrigen  Holzschiffen  den  „  Kaiser •*  auf  seinem  Rückzuge  nach 
Lissa,  hiebei  öfters  das  Feuer  auf  die  in  die  Nähe  kommenden  italieni- 
schen Panzerschiffe  richtend. 

„Donau*  hatte  326  Schüsse  abgegeben  und  7  Treffer  erhalten.  Die 
Havarien  waren,  da  der  Feind  meist  zu  hoch  schoß,  nur  geringe  und 
bestanden  größtenteils  in  Schäden  in  der  Takelage.  Der  Schiffskörper 
wurde  nur  von  wenigen  Schüssen  getroffen,  unter  denen  eine  Kugel  an 
Backbord  die  Kettenpanzerung  durchschlug  und  dann  in  der  Bordwand 
stecken  blieb  und  eine  Kugel,  welche  die  Kreuzmars  traf,  daselbst  einen 
Marsgast  tötete,  einen  anderen  schwer  verwundete  und  den  Top  des 
Kreuzmastes  durchlöcherte.  Einem  Matrosen  wurde  in  der  Nähe  des 
Großmastes  von  einer  Kugel  der  rechte  Arm  weggerissen. 

Vom  Stabe  niemand  verwundet;  von  der  Mannschaft  1  Mann  tot 
und  2  Mann  schwer  verwundet. 


äse 


Erzh.  Friedrich  —  Fregattenkapitän  Florio  —  beschoß  gleich  bei 
Beginn  der  Schlacht  mit  seinen  beiden  gezogenen  24-pfündem  auf  Deck 
auf  eine  Distanz  von  10  Kabel  (2000  m)  das  ihm  an  Backbord  zunächst 
erreichbare  italienische  Panzerschiff  der  Tetegrupi^e.  Als  die  Schiffe 
dieser  Gruppe  bei  ilirer  Wendung  nach  backbord  der  österreichischen 
Holzdivision  näher  kamen,  gab  ^Eruh,  Friedrich"  mit  der  Backbordbalterie 
das  Feuer  gegen  dieselben  ab  und  erhielt  das  ihrige,  wie  sie  nach  einan- 
der passierten.  Dasselbe  richtete  jedoch  keinen  großen  Schaden  au,  da 
sie  fast  durchgehends  zu  hoch  schössen,  so  daß  zwar  einiges  Tauwerk 
zerrissen  wurde,  der  Schiffskörper  jedoch  ohne  Beschädigung  blieb.  Bei 
der  Affflre  des  Linienschiffes  erhielt  die  Korveite,  welche  sich  in  der 
Nühe  desselben  gehalten  hatte,  vom  ,Re  di  Porlogallo'  einen  SchuS 
unter  die  Wasserlinie,  infolgedessen  sie  19"  Wasser  pro  Stunde  zog. 
Das  Leck  konnte  jedoch  von  der  Dampfpunipe  bewältigt  werden.  Die 
Lugen  des  mit  dem  Linienschiff  engagierten  ,Re  di  Porlogallo"  gingen 
fast  beständig  über  das  Deck  des  ,Erzii.  Friedrich",  glücklicherweise 
jedoch  so  hoch,  daß  niemand  getroffen  wurde. 

„Erzh.  Friedrich-  unlerstQtzle  hierauf  noch  zwei  österreichische  Pan- 
zerfregatlen  (,Don  Juan'  und  .Kaiser  Max*)  in  der  Bekämpfung  des  .San 
Martino".  Als  der  ,Äffondatore'  dem  gegen  Lissa  steuernden  Liniensdiiff 
denWegzuverlegeulrachtele,blieb , Erzh.  Friedrich"  auf  Schußdiätanz  hinler 
diesem  und  unterhielt  ein  beständiges  Feuer  auf  den  .Affondatore*,  wobei 
Kanonenboot  „Seehund"  unlerslützend  mitwirkte.  Als  jener  sich  vom 
Linienschiff  abgewendet  hatte,  steuerte  die  Korvelle  zum  Gros  der  Eskadre 
zurück,  um  sich  ihrer  Division  anzuschließen. 

,Erzh.  Friedrich'  hatteSSO  Schüsse  abgegeben  und  9 Treffer  erhaiteo. 
Die  Havarien  waren  mit  Ausnahme  des  früher  erwälmlen  Grundschusses 
alle  geringfügiger  Natur. 

Vom  Stabe  und  von  der  Mannschaft  niemand  verletzt, 

III.  Division  (Kanonenboote). 

Die  Aufgabe  dieser  Division,  welche  die  Kanonenboote  und 
Schraubenschouer  umfaßte,  bestand  wie  schon  früher  erwähnt  wurde» 
im  allgemeinen  darin,  sich  aus  ihrer  taktischen  Formation  aufzulösen  und 
die  Holzfregatten  durch  Enßlierung  ihrer  jeweiligen  Gegner  zu  unlerstötzen, 
welcher  Bestimmung  dieselben  auch,  trotzdem  sie  imter  den  obwalteodea' 
Umständen  mit  großen   Schwierigkeiten    zu   kämpfen    hatten,    wacken 


nachkamen. 


J 


257 

Die  für  diese  kleineren  Schiffe  ziemlich  stark  bewegte  See  verur- 
sachte ein  heftiges  Rollen  derselben,  was  die  Geschützbedienung  ungemein 
erschwerte  und  die  Treffsicherheit  beeinträchtigte.  Zu  wiederholten  Malen 
fanden  Entgleisungen  der  Geschütze  von  den  Schienen  statt  oder  sprangen 
dieselben  aus  den  Pivots,  allein  immer,  wenn  auch  mit  großer  Anstren- 
gung, wurden  dieselben  wieder  eingehoben  und  das  Feuer  fortgesetzt. 
Weim  die  Anzahl  der  von  den  einzelnen  Schiffen  dieser  Kategorie  abge- 
gebenen Schüsse  berücksichtigt  wird,  so  kann  ihnen  das  Zeugnis  nicht 
versagt  werden,  daß  sie  nach  Möglichkeit  geleistet  haben,  mehr  als  unter 
derartigen  schwierigen  Verhältnissen  erwartet  werden  konnte. 

Hnm  —  Fregattenkapitän  Eberle  — hatte  als  das  Gefecht  schon 
eingeleitet  war,  vor  sich  die  Fregatte  ^Schwarzenberg*  an  Backbord  und 
an  Steuerbord  die  Fregatte  „Donau**,  welche  ihr  Feuer  nach  Umständen 
auf  die  ihnen  in  die  Schußlinie  kommenden  feindlichen  Schiffe  abgaben 
und  hiebei  mitunter  gerade  vor  dem  Bug  des  „Hum*  und  selbst  über  das 
Kanonenboot  hinweg  schössen.  Hinter  dem  „Hum"  dampften  der  Repeti- 
teur  „Andreas  Hofer*"  und  Kanonenboot  ^Dalmaf*  unter  beständigem 
Feuern  heran.  Auf  das  Signal  des  „Hum**:  „Zwei  Striche  nach  backbord 
abfallen "*,  waren  die  Kanonenboote  des  linken  Flügels,  „Seehund*, 
«Dalmat*,  „Reka*,  vorgelaufen  und  eröffneten  ihr  Feuer  nach  beiden 
Seiten  auf  die  sich  nähernden  Panzerschiffe  der  Tetegruppe  Vaccas.  Der 
rechte  Flügel  der  Division  —  „Velebich*,  „Wall",  „Streiter*  —  hielt  sich 
steuerbord  dicht  hinter  „Hum*  und  feuerte  ebenfalls  ununterbrochen 
mit  beiden  Borden.  Dampfer  „Andreas  Hofer*  hielt  sich  gleichfalls  dicht 
in  der  Nähe  des  führenden  Kanonenbootes  und  repetierte  noch  das  oben 
erwähnte  Signal.  Als  die  Division  näher  gerückt  war  und  von  den  Panzer- 
schiffen der  Queuegruppe  mit  beschossen  wurde,  flogen  zahlreiche 
Projektile,  zumeist  Granaten,  über  „Hum*  hinweg,  doch  glücklicherweise 
fast  stets  zu  hoch  gezielt.  Eine  Kugel  ging  durch  den  Rauchfang,  eine 
andere  zertrümmerte  den  Untertrempel  einer  Stückpforte,  eine  dritte 
richtete  Schaden  in  der  Takelage  an  und  eine  Granate  schlug  unmittelbar 
neben  dem  Schiffe  an  Backbord  ins  Wasser,  platzte  im  Momente  des  Auf- 
schlagens  imd  überschüttele  den  Kommandanten  auf  der  Brücke,  den 
Batterieoffizier  und  das  Deck  mit  Wasser,  ohne  jedoch  sonst  jetoanden  zu 
verletzen. 

Gegen  11*"  halten  die  zwei  Panzerfregatten  der  feindlichen  Flotte 
„Principe  di  Carignano*  und  „Castelfidardo*  sich  der  3.  Division  bedeutend 
genähert,  die  Kanonenboote  des  rechten  Flügels  kamen  mit  voller  Kraft 
zu   „Hum*   heran  und  die  ganze  Division  begann  eine  Kurs  Veränderung 

F 1  e  i  8  c  h  er.  Die  k.  k.  Krie^marine  1866.  1 7 


gegen  Osten,  immer  im  KielwEisser  der  österreichischen  Fregatten.  Die 
Italienischen  Schiffe  beschossen  im  Duhlieren  der  österreichischen' 
Queue  die  Kanonenboote  mit  Granaten  und  Kartätschen,  ohne  ihnen 
jedoch  besonderen  Schaden  zuzufügen.  Mittlerweile  waren  einige  Schiffe 
der  österreichischen  Panzerdivision  (linfeer  Flügel)  zu  Hilfe  geeilt  und 
befreiten  die  Holzschiffe  von  ihren  wuchtigen  Feinden.  Als  später,  12''  10°, 
das  Signal  „Sammeln"  gegeben  wurde,  übernahm  ,Hum'  wieder  die 
Führung  der  3.  Division.  Derselbe  halte  48  Schüsse  abgegeben  und 
3  Treffer  erhallen.  Stab  und  Mannschaft  unverletzt. 

Velebich — Korvellenkapitän  Herzfeld  —  blieb  bei  Beginn  der 
Schlacht  an  der  Queue  der  2.  Division,  um  die  schlecht  laufenden  Holz- 
fregatten unterstützen  zu  können. 

Einige  Zeit  nach  erfolgtem  Durchbrache  der  österreichischen' 
Panzerdivision  steuerten  zwei  feindliche  Panzerschiffe  (die  Tetesehiffe 
Vaccas  , Principe  di  Carignano'  und  „Caslelfldardo")  von  backboret 
kommend  gegen  die  Mitte  der  in  dichtem  Pulverrauch  gehüllten  2.  Division 
los.  Der  Kommandant  befürchtete,  daß  einHineinrennen  dieser  zwei  feind- 
lichen Panzerschiffe  in  die  dicht  gedrängt  steuernde  Holzdivision  großes 
Unglück  anrichtenkönnle.  Im  Vereine  mit  ,Da!mat',  „Wall*  und  .Andreiw 
Hofer*  richtete  er  sein  Feuer  auf  dieselben;  Fregatte  .Donau'  gab  eine 
wohlgezielte  konzentrierte  Breitseite  ab  und  sonderbarerweise  ließen  sich' 
die  zwei  feindlichen  Panzei-schiffe  durch  dieses  Feuer  abschrecken  und, 
indem  sie  den  genannten  Fahrzeugen  einige  Lagen  zuschickten,  die  aber 
sämtlich  zu  hoch  gezielt  waren,  fielen  sie  gegen  steuerbord  ab  und' 
dublierten  sodann  die  österreichische  Queue  in  einem  großen  Bogen. 
Spater  nahm  ,  Velebich"  noch  an  dem  Kampfe  gegen  den  das  LinienschtS' 
„Kaiser*  belästigenden  .Affondatore"  mit  teil. 

Nachdem  die  österreichische  Eskadre  am  Abend  des  20.  im  Hafea 
von  S.  Gioi^io  vor  Anker  gegimgen  war,  kreuzte  , Velebich*  in  Gemein- 
schaft des  ,Dalmat"  von  Sonnenuntergang  bis  früh  in  den  Gewässern- 
von  Lissa. 

.Velebich'  hatte  93  Schüsse  abgefeuert  und  war  nicht  getroffen- 
worden, 

Dalmat  ~  Korvettenkapitän  v.  Wickede  —  beteiligte  sich,  wi» 
schon  erwähnt,  an  der  Beschießung  der  zwei  italienischen  Panzerfregatterf 
.Principe  di  Carignano'  und  .Castelfldai-do'.  Als  die  erstere  auf  zirka 
2  Kabel  (400  m)  nahe  gekommen  war.  fiel  „Dalmat*  nach  Nordwest  ab,- 
hielt  eine  Breitseite  aus,  die  ihn  ganz  uherschoß  und  kam,  einen  Bogens 
bescbreibend,  wieder  zu  den  Holzschiffen  zurück.  Die  beiden  ilalieniscbea 


259 

Panzerfregatten  dublierten  sodann  in  einem  großen  Bogen  die  öster- 
reichische Queue.  Zur  Zeit  als  das  Linienschiff  sich  gegen  Lissa  zurück- 
zog, hielt  sich  »Dalmat''  in  der  Nähe  von  „Hum**,  „Velebich*  und 
^Andreas  Hofer'*. 

Nach  Beendigung  der  Schlacht  erhielt  ^Dalmaf*  den  Befehl,  im 
Vereine  mit  „Vellebich*  den  abziehenden  Feind  zu  beobachten  und  die 
Nacht  ober  in  den  Gewässern  von  Lissa  zu  kreuzen. 

„Dalmat*  hatte  75  Schüsse  abgegeben  und  hatte  einen  Treffer  (in 
der  Takelage)  erhalten. 

Wall  —  Korvettenkapitän  Graf  Kielmansegge  —  kam  ebenfalls 
mit  den  schon  mehr  erwähnten  beiden  italienischen  Panzerfregatlen, 
welche  in  die  österreichische  Holzdivision  einzubrechen  suchten,  ins 
Gefecht  und  mußte,  um  seine  Isolierung  zu  vermeiden,  fortwährend  mit 
ganzer  Maschinenkraft  arbeiten,  um  sich  dem  Gros  derEskadre  anschließen 
zu  können.  Er  wurde  von  vielen  Projektilen  Überschossen,  deren  einige  in 
der  Takelage  geringfügigen  Schaden  verursachten.  Später  beteiligte  er 
sich  mit  an  der  Unterstützung  des  Linienschiffes. 

„Wall-  gab  32  Schüsse  ab. 

Seehund  —  Fregattenkapitän  Calafatti  —  richtete  nach  Beginn 
der  Aktion  sein  Feuer  gleichfalls  gegen  die  zwei  auf  die  österreichische 
Holzdivision  lossteuernden  italienischen  Panzerschiffe  und  beschoß  später 
die  in  seinen  Schußbereich  kommenden  feindlichen  Schiffe.  „Seehund* 
hielt  sich  bei  dem  Rückzuge  des  Linienschiffes  nach  Lissa  mit  der  Korvette 
,Erzh.  Friedrich**  in  unmittelbarer  Nähe  zur  Unterstützung  desselben. 

„Seehund"  gab  51  Schüsse  ab,  keine  Havarien. 

Beka  —  Korvettenkapitän  Nölting  —  bewegte  sich  anfänglich  in  der 
Nähe  der  österreichischen  Holzfregatten,  bestrebt,  dieselben  dort  wo  sich 
ein  Ausschuß  bot,  nach  Möglichkeit  zu  unterstützen  und  befand  sich  nach 
einiger  Zeit  in  der  Nähe  des  Linienschiffes,  welches  brennend  seinen 
Rückzug  nach  Lissa  angetreten  hatte.  „Reka**  hielt  sich  deshalb  zum  allfall- 
sigen  Beistande  bereit,  folgte,  als  das  Linienschiff  das  Signal  gehißt 
hatte:  „Man  gibt  die  Hoffnung  auf,  das  Feuer  zu  bewältigen'*,  diesem  mit 
voUer  Maschinenkraft  im  Kielwasser  und  lief  zu  gleicher  Zeit  mit  ihm  in 
den  Hafen  von  Lissa  ein.  Der  Kommandant  begab  sich  mit  allen  Booten 
und  dem  Arzte  an  Bord  und  stellte  sich  dem  Kommodore  zur  Verfügung. 
Glücklicherweise  war  mau  des  Feuers  unterdessen  bereits  Herr  geworden. 
Nach  einer  halben  Stunde,  als  die  Anwesenheit  der  „Reka**  für  das 
Linienschiff  nicht  mehr  miumgänglich  notwendig  war,  lief  „Reka*  wieder 
aus,  um  zur  Flotte  zu  stoßen.  Allein  es  war  bereits  der  Befehl  gegeben, 

17* 


daß  die  3.  Dtvisioi)  sidi  in  den  Hal'en  von  lAssn  zu  begeben  habe,  worauf 
„Reka"  wieder  umkehrte  und  mit  den  übrigen  Kanonenbooten  im  innerair 
Hafen  ankerte.  ,Reka*  gab  93  Schüsse  ab;  keine  HaToricn. 

Streiter  —  Korvettenkapitän  Ungewitter  —  nahm  ebenfalls 
Begiim  der  Aktion  Anteil  an  der  BeschieBung  der  zwei  italienischen  Panzer- 
fregatten der  Tetegruppe,  half  sodann  später  den  .Affondatore*  zu  be- 
schießen und  folgte  mit  den  übrigen  Holzscliiffen  dem  Linienschiffe,  als  sick 
dasselbe  nach  Lissa  zurückzog. ,  Streiter"  gab  55  Schüsse  ab,  keine  Havarien. 

Narenta  —  Linienschiffsieotnant  Spindler  —  befand  sich  mfolge 
ihrer  schwachen  Maschine  bei  Beginn  der  Schlacht  noch  zirka  6  bis  7 
Kabel  (läOO  bis  1400  m)  hinter  der  3.  Division  und  war  in  Gefahr,  von  den 
so  oft  erwähnten  zwei  italienischen  Panzerfregatten  der  Tete  ab- 
gesclinitten  zu  werden ;  es  gelang  ihr  jedoch,  das  Gros  der  österrelchischett' 
Eskadre  wieder  zu  erreichen. 

Nach  der  Katastrophe  des  ,Rö  d'llaüa*  bemerkte  der  Kommandant 
vor  seinem  Schiffe  eine  große  Anzahl  an  zwei  großen  Spieren  und  vielem 
kleineren  Holzwerk  sich  anklammernder  Menschen  im  Wasser  sohwimmen. 
Er  ließ  sofort  nach  Steuerbord  abfallen  und  die  Maschine  stoppen,  um  me 
nicht  zu  überfahren,  gleichzeitig  Befehl  erteilend,  die  Boote  zu  streichen, 
um  den  Leuten  zu  Hilfe  zukommen,  die  fortwährend  um  ,Pietä'  schrieen 
und  die  Hände  bittend  gegen  das  Schiff  ausstreckten.  Die  beiden 
italienischen  Panzerfregatten,  welche  eben  die  Queue  der  österreichischen 
Holzschiffe  dublierten,  vereitellen  jedoch  da?  Bemühen  des  Komman- 
danten; emige  ihi-er  Kugeln  gingen  mitten  in  ihre  eigenen  schwimmenden 
Leute  hinein. 

Obschon  an  Bord  der  .Narenta'  die  Geschütze  infolge  der  schwere , 
Seenur  mit  äußersterAnstrenguJig  bedient  werden  konnten,  so  hatte  dieselbe 
doch  17  Schüsse  gegen  die  oben  erwähnten  feindlichen  Schiffe  abgegeben. 

Korka  —  Linienschiffsleuljianl  Masotti')  —  befand  sich  bei  Beginn 
der  Schlacht  ebenfalls  noch  außer  Schußweite  und  lief  mit  .Narenta" 
dieselbe  Gefahr,  vom  Gros  der  österreichischen  Eskader  abgeschnitten  i 
werden.  Um  den  zwei  entgegenkommenden  Teteschiffen  auszuweichen, 
steuerte  der  Kommandant  in  der  Voraussetzung,  daß  dieselben  ball 
wenden  und  sich  wieder  mit  ihren  Panzerschiffen  vereinigen  würden,  an 

')  Der  tum  Komm  and  an  len  dieses  Scliiffos  emaniiLe  LinictiichitFaleiit&ad 
Schickh  liaLtc  krankheiubalber  das  Kommando  nichl  übemelimen  kflnncn  und  ward 
dasselbe  interimistisch  vom  Delaiiofßiier  LinienschilTsleulnQnt  MaaotU  eerohrt.  Nftolf 
der  Schlaclit  von  Lissa  Qhcmahm  LinienscIiiflAIeuUianl  Beak  das  Kutnmando. 


SGI 

die  Weslspitze  der  Insel  Lissa  zu,  bemerkte  jedoch  bald,  daß  gerade  dort 
die  feindliche  Holzflotle  lag,  die  ihm  sicher  den  Weg  verlegt  hätte.  Er 
steuerte  deshalb  geradewegs  auf  die  österreichischen  Kanonenboote  los 
und  war  um  1 1  **  a.  m.  so  nahe,  daß  er  aus  dem  vorderen  gezogenen 
24pfQnder  das  Feuer  auf  ein  feindliches  Panzerschiff  eröffnen  konnte.  Gleich 
darauf  hatte  er  zu  beiden  Seiten  je  ein  Panzerschiff,  die  auf  ihn  zuhielten. 

Trotz  dieser  gefährlichen  Situation  blieb  ihm  nichts  anderes  übrig, 
als  mit  voller  Kraft  weiterzufahren  und  sein  Schiff  derart  zu  wenden,  daß 
es  dem  nächsten  der  beiden  Feinde  sein  Heck  als  kleinste  Zielscheibe  bot, 
während  er  eine  Annäherung  an  den  anderen  Panzer,  der  am  Heck 
brannte  („Palestro"?)  und  wenig  feuerte,  für  minder  gefährlich  hielt.  Bei 
dieser  Gelegenheit  bemerkte  Linienschiffsleulnant  Masotti  eine  Menge 
Menschen  auf  Holztrümmem  im  Wasser,  konnte  sich  aber,  seiner  ersten 
Absicht  nach,  mit  der  Rettung  derselben  nicht  befassen,  da  die  feindliche 
Panzerfregatte  an  seiner  Steuerbordseite   sich  näherte  und  ihn  beschoß. 

„Kerka*  vereinigte  sich  sodann  mit  dem  Gros  der  österreichischen 
Holzschiffe. 

Auch  auf  „Kerka*  machte  sich  die  schwere  See  bei  der  Geschütz- 
bedienung äußerst  fühlbar;  trotzdem  gab  sie  16  Schüsse  ab. 

Raddampfer. 

Elisabeth — Fregattenkapitän  Oeste  reich  er — welche  als  Repeli- 
teur  der  1 .  Division  zugeteilt  war,  fuhr  bei  Beginn  der  Schlacht  das  Signal 
„den  Feind  anlaufen,  um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen'*  repetierend,  in  der 
Mitte  des  vorspringenden  Winkels  der  Panzerschiffsdivision  mit  voller 
Kraft  dem  Admiralschiff  nach  und  befand  sich  im  heftigsten  Kugelregen, 
wobei  der  erste  Schuß  backbord  beim  Fallreep  einschlug,  das  Gig 
zertrümmerte  und  einen  Mann  schwer,  zwei  andere  leicht  verwundete. 

Ehiige  Zeit  darauf  kam  das  Admiralschiff  im  dichten  Pulverrauch 
der  , Elisabeth'*  außer  Sicht,  dagegen  erschien  plötzlich  vor  ihr  auf  zirka 
2  bis  3  Kabel  (400  bis  600  m)  Distanz  der  ,Afifondatore'*i),  welcher 
zwischen  ihr  und  der  österreichischen  Panzerdivision,  dieser  letzteren  im 
Rücken,  die  Linie  entlang  von  Südwest  nach  Nordwest  steuerte.  Die 
„Elisabeth*  anfänglich  für  ein  Panzerschiff  haltend*),  gab  er  mit  seinem 


J)  Siehe  Seite  201  und  295. 

2)  Rendicontictc;  (leposizioni  d'Amico,  Seite  69;  ebenso  Randaccio,  Storia 
dellainarina  ilaliana  II,  Seile  166.  Merkwürdigerweise  scheint  die  „Elisabelh*  von  den 
Italienern  für  ein  Panzerschiff  angesehen  worden  zu  sein,  wahrscheinlich  weil  sie  den 
Repetiteur  nicht  mitten  in   der  Panzerdivision   vermuteten.  A.  d.  V. 


äuä 


vorderen  300pfüiider  einen  Schliß  gegen  dieselhe  ab,  der  jedoch  nicht  traf, 
sondern  knapp  vor  ihr  ins  Wasser  gijig.  Sie  wendete  hinter  ihm  nach 
backbord,  hatte  jedoch  kaum  einige  Kaliel  in  der  neuen  Richtung  zurück- 
gelegt, als  der  „Affondatore",  welcher  inzwischen  gleichfalls  gewendet 
hatte,     direkt     auf    sie    lossteuert«,     mit    der    deutlichen    Absicht    za 


jElisalieth"  beschrieb  nun  über  Backbord  einen  möglichst  kleinen 
Kreis,  während  sie  mit  ihrer  Backbordbatterie  feuerte:  der  .AfTondatore' 
folgte  ihr  in  dieser  Kreisbewegung,  erreichte  es  jedoch  infolge  seiner 
geringeren  Drehungsßbigkeit  nicht,  in  eine  solche  Richtung  zur 
, Elisabeth*  zu  gelangen,  um  einen  Rammstoß  ausführen  zu  können. 
Nachdem  die  .Elisabeth"  einen  halben  Kreis  vollendet,  lief  jener,  der  erst 
den  Viertelkreis  beendigt  hatte  und  plötzlich  das  Linienschiff  .Kaiser' 
auf  sich  zukommen  sah,  mit  Gegenbord  auf  zirka  50  Faden  ('/»  Kabel 
oder  100  m)  backbords  an  ihr  vorüber  und  erhielt  in  diesem  Augenblicke 
das  Geschützfeuer  aus  der  Backbordbatlerie,  welches  von  dem  Klein- 
gewehrfeuer der  Manövennannschaft  mit  unterstützt  wurde. 

Die  .Elisabeth"  hatte  ihren  Bogen  kaum  vollendet  und  sich  von 
ihrem  mächtigen  Gegner  befreit,  als  an  ihrer  Steuerbordseite  ein  großes, 
feindliches  Panzerschiff  („Re  di  Portogallo")  sichtbar  ward.  Um  demselben 
zu  entgehen,  hielt  der  Kommandant  sogleich  nach  backbord  ab  und 
steuerte  östlich.  Je  mehr  sich  die  Distanz  verringerte,  desto  mehr  hielt 
er  sich  nach  steuerbord,  in  der  Hoffnung,  sich  der  Panzerdivision  wied« 
anschließen  zu  können  und  ließ  lebhaft  aus  der  Steuerbordbalterie  feuern, 
um  seine  Bewegungen  durch  den  Pulverrauch  zu  maskieren,  bi  der 
Bichtung  der  Windvierung  vom  Feinde  steuernd  und  die  Gelegenheil 
erspöhend,  seinem  Gegner  entweder  auf  der  einen  oder  anderen  Seite 
entrinnen  zu  können,  sah  der  Kommandant  plötzlich  das  Linienschiff 
.Kaiser"  vor  sich,  mit  einem  Kurse,  der  mit  dem  seinigen  konver' 
gierend  war. 

Wenn  die  drei  m  Rede  stehenden  Schilfe  so  fortsteuerten,  so 
mußten  sie  alle  drei  in  einem  Punkte  zusammcntrelFen  und  aneinander 
rennen.  Zum  Glück  für  die  .Elisaljeth'  fiel  das  Linienschiff  nach  steuere, 
bord,  der  Feind  nach  backbord  ab  und  kaum  war  die  .Elisabeth"  auf 
diese  Weise  frei  gekommen,  als  das  Linienschiff  in  die  Backbordfock"- 
rüste  der  italienischen  Panzerfregatte  (vergl.  Seite  204)  hineinrannte., 
.Elisabeth"  gab  hierauf  das  Ruder  steuerbord  am  Bord  und  hielt  sick< 
an  der  Steuerbordseite  der  italienischen  Panzerfregalte,   dieselbe  mit  doe 


263 

Stcuerbordbalterie  beschießend.  Vier  bis  fünf  feindliche  Geschütze 
erwiderten  das  Feuer,  jedoch  nur  ein  Schuß  traf,  und  zwar  in  das 
Zwischendeck.  Dann  blieb  sie  noch  beim  Linienschiff,  um  ihm  nötigenfalls 
Beistand  zu  leisten,  doch  binnen  kurzem  kam  die  ganze  Linie  der 
österreichischen  Holzschiflfe  mit  einem  Male  aus  dem  Rauch  hervor  und 
umgab  das  Linienschiff.  Um  der  Holzdivision  Raum  zu  geben  wendete 
der  Kommandant  über  Backbord  und  beschloß,  da  »Kaiser*  seine 
Maschine  gebrauchen,  somit  der  Schleppdienste  entbehren  konnte,  die 
eigene  Panzerdivision  wieder  aufzusuchen,  welche  er  auf  zirka  8  bis  10 
Kabel  (1600  bis  2000  m)  nordöstlich  im  Kampfe  erblickte. 

Aber  bereits  näherte  sich  ein  anderer  Feind.  Eine  italienische 
Panzerfregatte,  gefolgt  von  einer  östen-eichischen,  holte  , Elisabeth*  an 
Steuerbord  ein.  Die  österreichische  Panzerfregatte  konnte  der  feindlichen 
nicht  nachkommen.  Mit  der  Steuerbordbatterie  engagierte  , Elisabeth* 
den  Feind  auf  seiner  Backbordseite;  dieser  beschoß  sie,  jedoch  ohne 
andere  Treffer  als  in  der  Takelage.  Da  drängte  sich  zwischen  sie  und  die 
feindliche  Panzerfregatte  die  österreichische  Fregatte  »Novara*  und  ver- 
hinderte »Elisabeth*,  das  Feuer  fortzusetzen.  In  einer  äußerst  schneidigen 
Manier  unterhielt  nun  diese  Holzfregatte  das  Gefecht  mit  der  feindlichen 
Panzerfregatte  so  lange,  bis  die  österreichische  zur  Unterstützung  heran- 
gdangt  war.  Die  Mannschaft  der  »Elisabeth*  war  indessen  so  auf  den 
Kampf  verbissen,  daß  der  Befehl  »Halt*  mit  Stimme  und  Hom  mehr- 
mals wiederholt  werden  mußte,  um  sie  abzuhalten,  in  die  »Novara*  zu 
feuern. 

»Elisabeth*  setzte  hierauf  ihren  Weg  gegen  die  österreichische 
Panzerdivision  fort  und  erblickte,  näher  gekommen,  vorne  an  Steuerbord 
das  Admiralschiff  »Erzh.  Ferdinand  Max*,  welches  eben  im  Begriffe  war,  den 
„Re  d'Italia*  iiiederzurennen.  Nachdem  die  Katastrophe  dieses  letzteren 
Schiffes  vorüber  war,  bemerkte  man  an  Bord  der  »Elisabeth*  eine  Menge 
mit  den  Wellen  kämpfender  Menschen  und  der  Kommandant  wollte  eben 
die  Boote  zur  Rettung  dieser  Unglücklichen  streichen  lassen,  als  von  Süd- 
west eine  feindliche  Panzerfregatte  —  »Ancona*  —  erschien.  Er  mußte  mit 
voller  Kraft  rückwärts  schlagen  lassen,  um  dem  bedrohten  Admiralschiff 
freien  Raum  zum  Manövrieren  zu  geben,  welches  die  italienische  Panzer- 
fregatte engagierte  und  mit  ihr  im  Rauch  verschwand. 

»Elisabeth*  ging  hierauf  südwestlich  zur  Stelle  des  gesunkenen 
»Re  d'  Italia*,  um  womöglich  Leute  desselben  zu  retten,  als  ein  feindliches 
Panzerschiff —  die  schon  erwähnte  »Ancona*  nach  ihrer  Affäre  mit  dem 
»Erzh.  Ferdinand  Max*  —  achter  von  ihr  passierte  und  sie  heftig  beschoß. 


Vorwärts  ai'beitend,  um  weiiigsLens  etwas  aiis  dem  Schußbereiche  des-  j 
selben  zu  kommen,  erbhckle  der  Kommandant  gleich  darauf  noch  ein  j 
anderes  feindliches  Panzerschiff —  .Varese'  —  welches  der  , Elisabeth» 
von  vom  entgegenkam.  Diese   halte  gerade  noch  Zeit,  durch  schleuniges 
Röckwörtsschlagen  den  beiden  Gegnern  auszuweichen,  die  hierauf  selbst 
zusammenstießen  und  mit  ihrer  Takelage  ineinander  gerieten.  , 

Einen  Bogen  beächreibend,  kehrte  der  Kommandant  wieder  in  die 
Nähe  jener  Stelle  i^urück,  wo  sich  die  SchifTbrüchigen  befanden,  doch  auf  J 
der  entgegengesetzten  Seite,  zwischen  der  .Elisabeth"  und  den  schwim- 
menden Leuten,  erschienen  abermals  zwei  feindliche  PanzorCregatten  — 
wahrscheinlich  , Maria  Pia*  und  ,San  Martino"  —  welche  ein  heftiges 
Feuer  auf  die  .Elisabeth"  unterhielten.  Ein  Schuß  traf  auf  Deck, 
anderer  den  Schiffskörper  unter  Wasser  und  rund  umher  schlugen  die 
Projektile  auf.  So  zum  zweiten  Male  vertrieben,  verließ  der  Kommandant 
nur  ungern  diese  Stätte,  welche  neuerdings  der  Schauplatz  eines  heftigen 
Kampfes  zu  werden  schien,  steuerte  einige  Kabel  aus  dem  verheerendea 
Geschützfeuer  weg,  worauf  er  dem  Admiralschiff  begegnete  und  dessen 
Signale:  „Sammeln"  sowie  ,Dem Kommandierenden  im  Kielwasser  folgen" 
repetierte. 

»Elisabeth*  wurde  hierauf,  nachdem  sie  diese  Signale  wiederholt 
hafte,  vom  Eskadtekommandanlen  zur  Hilfeleistung  für  .Kaiser'  nach 
Lissa  geschickt,  kehrte  Jedoch  bald  mit  der  Nactiricht  zur  Eskadre  zurfick, 
daß  es  diesem  Schiffe  inzwischen  gelungen  sei,  des  Feuers  Herr  zu  werden. 

.Elisabeth"  hatte  2  durchgehende  Schüsse  über  Deck  und  I  im 
Zwischendeck  erhalten  sowie  Flavarien  an  Booten  und  in  der  Takelage. 
Sie  gab  aus  vier  BreilseitengeschütKen  71  Sciiüsse  ab  und  war  in  beidei 
entscheidenden  Augenblicken,  wo  möglicherweise  eine  Schleppkraft  nötig 
gewesen  wäre,  zur  Hand.  Vom  Stabe  war  niemand  verletzt,  von  der  Mann- 
schaft 2  Mann  schwer,  3  Mann  leicht  verwundet. 

Greif  —  Fregattenkapitän  Kronowetler  —  der  !2. Division  als Repe« 
titeur  zugeteilt,  komite  sich  bei  seiner  schwachen  Armierung  natürlich 
nicht  aktiv  am  Kampfe  beteiligen.  Der  Konmiandant  glaubte  seine  Aufgab«, 
am  besten  zu  erfüllen,  indem  er  sich  möghchst  außer  dem  SchiiBbereid^ 
der  italienischen  Panzerschiffe  hielt  und  bereit  blieb,  im  Bedarfsfälle  stariB! 
beschädigte  Schilfe  in  Sclilepp  zu  nehmen,  zu  welchem  Zwecke  auch  alle. 
Vorkehrungen  schon  bei  Beginn  der  Schlacht  getroffen  waren. 

Gegen  das  Ende  derseÜjen  kam  der  brennende  .Palestro*,  als  c 
mit  nördlichem  Kurse  sich  am  Winde  hielt,  gajiz  m  der  Nähe  des  ^GreiC*,« 


265 

ohne  jedoch  auf  diesen  zu  feuern  und  wendete  sodann,  um  sich  der 
italienischen  Holzflotte  zu  nähern. 

Andreas  Hof  er  —  Korvettenkapitän  Lund  —  befand  sich,  als  das 
Signal  „Klarschiflf  zum  Gefecht**  gegeben  wurde,  an  seiner  Stelle  als 
Repetiteur  der  3.  Division  und  kam  mit  den  zwei  italienischen  Panzerschiffe  n 
„Principe  di  Garignano'*  und  „Castelfidardo"  der  Tetegruppe,  welche  in 
die  österreichische  Holzdivision  einzudringen  versucht  hatten,  ins  Gefecht, 
wobei  er  einige  leichte  Havarien  am  Schiffskörper,  Booten  und  Takela  ge 
erhielt.  Später  stand  er  im  Vereine  mit  den  Kanonenbooten  dem  Linien- 
schiffe „Kaiser*  bei  seinem  Rückzuge  nach  Lissa  bei. 

„Andreas  Hof  er*  gab  51  Schüsse  ab  und  hatte  3  Treffer  erhalten. 
Stab  und  Mannschaft  unverletzt. 

Stadium  —  militärischer  Kommandant  Linienschiffsleutnant  Graf 
Wimpffen,  Lloydkapitän  Marinich  —  vor  der  Schlacht  als  Ausluger 
verwendet,  nahm  bei  Beginn  derselben  seinen  Platz  im  Luv  von  der 
3.  Division  außerhalb  des  Schußbereiches  ein. 

Gegen  1**,  als  „Palestro*  schon  in  vollen  Flammen  stand,  war 
dieser,  welcher  bisher  nördlichen  Kurs  gesteuert  hatte  und  nun  in  einem 
großen  Bogen  über  Backbord  wendete,  um  sich  der  eigenen  Holzflotte  zu 
nähern,  dem  „Stadium*  in  die  Nähe  gekommen.  „Stadium*  blieb  eine 
Zeitlang  in  der  Nähe  des  brennenden  „Palestro*,  da  der  Kommandant 
glaubte,  derselbe  werde  biimen  kurzem  in  die  Luft  gehen,  und  er  sich  für 
verpflichtet  hielt,  nach  geschehener  Explosion  an  die  Rettung  der  Ober- 
lebenden zu  gehen.  Doch  wurde  bekanntlich  „Palestro*  noch  rechtzeitig 
von  der  eigenen  Flotte  aufgenommen  und  erfolgte  dessen  Explosion  erst 
später  und  in  großer  Entfernung  von  der  österreichischen  Eskadre. 

B.  Italiener. 

Panzerschiffe. 

Von  den  12  Panzerschiffen  der  italienischen  Flotte  beteiligten  sich, 
wie  in  dem  vorhergehenden  Kapitel  über  die  Schlacht  von  Lissa  gezeigt 
wurde,  eigentlich  bloß  10  in  mehr  oder  minder  hohen  Grade  an  der 
Aktion,  nachdem  die  beidenPanzerkorvetten  .Terribile*  und  „Formidabile*, 
die  erstere  bei  der  Holzflotte  Albinis,  die  letztere  bis  zu  ihrem  Abgange 
nach  Ancona,  um  12**  außerhalb  des  Gefechtsbereiches  postiert,  passive 
Zuseher  geblieben  waren. 

Im  nachstehenden  soll  der  Anteil  der  einzelnen  Schiffe  an  der 
Schlacht  sowie  auch  der  besonderen  Vorfallenhoiten  Erwälmung  getan 
werden,  die  sich  am  Bord  derselben  ereignet  haben. 


All  der  Tele  befand  sich; 

PriDcipe  di  CaHgiiano — LinienschiffskapitänJaach  —  fla^en- 
scliiff  des  Koiitreadmirals  Vacca.  Dieser  letzlere  fuhr  bekanntlich  Dailden 
y  Schiffen  seiner  Gruppe:  „Principe  di  Carignano*,  Castelßdardo*, 
jAncona",  ein  lebhaftes  Geschützreuer  gegen  die  österreichischen  Panzer- 
schiffe des  linken  Fliigels —  .Habsburg',  „Salamander",  „Kaiser  Max'  — 
unterhaltend,  bis  ober  die  Spitze  der  Österreichischen  Formation  hinaus 
und,  sodann  über  Backbord  wendend,  hielt  er  gegen  die  österreichischen 
Holzdlvisloneh  ab,  angeblich  in  der  Absicht,  sie  von  der  Panzerdivision  zu 
tifinien.  Durch  das  wohlgezieite,  heftige  Feuer  der  österreichischen  Holz- 
sehiffe  (siehe  Seite  200)  jedoch  abgeschreckt,  ließ  er  von  seinem  Vorhaben 
ab,  wendete  wieder  nach  steuerbord  und  fuhr  nun  mit  dem  .Principe  di 
Carignano"  und  ,Castelfidardo"  an  der  Linie  der  österreichischen  Holz- 
schiffe vorüber  imd  sodami  Im  Bogen  über  Backbord  durch  das  Intervall 
zwischen  der  Queue  der  österreichischen  Kanonenboote  und  den  beiden 
stark  zurück  geh  h  ebenen  Schraub  enschonem  ,Kerka"  und  „Narenta" 
herum  erst  gegen  74'^''  im  Westen  in  der  Nähe  der  italienischen  Holz- 
flotte wieder  auftauchend.  Diese  völlig  nutzlose  ümschifftmg  der  ösler- 
reichischen  Holzflotle,  weiche  ungefähr  V^  Stunde  in  Anspruch  nahm, 
entfernte  den  Kontreadmiral  Vacca  mit  den  beiden  Schiffen  , Principe  di 
Carignano"  und  „Gastelfidardo"  —  die  ,  Ancona"  hatte  sich  früher  selbst- 
ständig von  ihm  abgetremit  —  längere  Zeit  vom  eigentlichen  Gefechts- 
felde und  dies  gerade,  während  dort  die  Entscheidung  fiel.  Als  Kontre- 
admiral Vacca  gegen  '/«IS"  bei  den  eigenen  Panzerschiffen  wieder 
angelangt  war,  sah  er  dieselben  nach  allen  Richtungen  zerstreut  herum- 
fahren und  kein  Signal  des  kommandierenden  Admirals  war  sichtbar, 
welches  die  Rallüerung  derselben  angeordnet  hätte.  Er  idell  sich  daher 
für  berechtigt,  H''  lO™  den  Panzerschiffen  das  Signal  zu  machen:  ,DJe 
Kielwasserliiiie  ohne  RücLsicht  auf  den  Standpunkt  der  SchilTe  formieren*. 
Allein  wir  haben  im  vorigen  Kapitel  gesehen,  wie  lange  Zeit  es  brauchte, 
ehe  diese  Kielwasserlinie  zu  stände  kam  und  wie  untätig  sich  hierauf  die 
italienischen  Panzerschiffe  in  dieser  letzten  Phase  der  Pchlachl  verhielten. 
Wir  kommen  an  anderer  Stelle  auf  diese  Passivität,  die  hauptsächlich  dem 
Kontreadmiral  Vacca  selbst  zuzuschreiben  ist,  zurück.') 

Nachdem  noch  der  brennende  .Palestro'  um  diese  Zeit.  1"  p.  m., 
von  den  Schiffen  Vaccas,  welche  ihm  zunächst  lagen,  aufgenommen 
worden  war  und  sodann  die  gesamte  ilahenische  Flotte  sich  neuerdings 


1)  Siehe  Seile  31'J. 


267 

in  2  Kolonnen  formiert  halte,  deren  Oberbefehl  nunmehr  wieder  der  am 
Bord  des  ^Affondalore*  befindliche  Admiral  Persano  übernahm,  kam  es 
bekanntlich  zu  keiner  weiteren  Aktion  mehr.  Die  Havarien  des  »Principe 
di  Garignano*  am  20.  Juli  waren  so  unbedeutend,  daß  im  Prozesse 
Persano  die  Verteidigung  von  diesem  Umstände  Gebrauch  machen  zu 
sollen  glaubte  und  die  Verlesung  derselben  verlangte.  Sie  beschränkten 
sich  auf  einige  zerschossene  Manöverbestandteile,  ein  GranatspUtter  war 
in  den  Großmast  auf  13  ctn  Tiefe  eingedrungen,  ein  anderer  in  den  Kreuz- 
mast auf  5  cm  Tiefe;  sonst  noch  diverse  klemere  Schäden  an  den 
ungepanzerten  Schiös teilen  und  Booten.  15  Treffer  auf  der  Steuerbord- 
seite und  9  auf  der  Backbordseite  halten  bloße  Flecke  und  kaum  wahr- 
nehmbare Verliefungen  an  den  Panzerplatten  verursacht. 
Vom  Stabe  und  von  der  Mannschaft  niemand  verletzt 

Castelfldardo  —  Linienschiffskapitän  Cacace.  Für  dieses  Schiff  gilt 
bezüglich  seiner  Teilnahme  an  der  Aktion  das  im  vorherstehenden 
Gesagte.  Havarien  unbedeutend.  Stab  mid  Mannschaft  unverletzt. 

Als  am  Nachmittage  des  20.  die  italienische  Flotte  endUch  ihre 
Formierung  in  2  Kolonnen,  jede  derselben  hi  Kielwasserlinio,  vollzogen 
hatte,  steuerte  »Castelfidardo**  um  3*"  20"*  p.  m.  plötzlich  aus  der  Linie 
heraus  und  hißte  das  Signal:  „Man  kann  infolge  des  hohen  Seeganges  die 
Schiffsartillerie  nicht  gebrauchen"  (non  posse  servirmi  delle  artiglierie 
a  causa  del  mare);^)  da  um  diese  Zeit  das  Feuer  längst  eingestellt  war 
und  beide  Flotten  sich  schon  in  entgegengesetzter  Richtung  voneinander 
zu  entfernen  begannen,  so  sollte  offenbar  mit  diesem  Signal  angedeutet 
werden,  daß  im  Falle  einer  Erneuerung  des  Kampfes  man  infolge  von 
Schwierigkeiten  bei  der  Geschützbedienung  nicht  werde  teilnehmen 
können,  was  um  so  unbegreiflicher  erscheint,  als  nachmittags  der  Seegang 
schon  im  Abnehmen  und  —  für  Schiffe  dieser  Kategorie  wenigstens  — 
ein  bereits  erträglicher  geworden  war.  Tatsächlich  fand  keiner  der  übrigen 
Kommandanten  sich  veranlaßt,  diesem  Umstände  eine  solche  Bedeutung 
beizumessen  und  selbstverständlich  war  auch  die  Antwort  des  komman- 
dierenden Admirals  eine  dementsprechende,  indem  dieser  „Castelfldardo* 
sofort  mittels  Signals  den  Befehl  zurückerteilte,  augenblicklich  wieder  den 
Posten  in  der  Linie  einzunehmen,  das  Signal  des  Tadels  hinzufügend. 

Dieses  Faktums  machte  der  Verteidiger  des  Admirals  Persano  vor 
dem  Senate  mit  der  maliziösen  Bemerkung  Erwähnung,  „daß  dies  eine 
ausgezeichnete  Begründung  (una  eccellente  ragione)  gewesen  sei,   von 


')  Signal  Verzeichnis ;  Rendiconli  etc.,  Seite  96. 


dpren  Sli(;li)iillfigkeit  er  jedoch  —  obsuhon  kein  Seemann  —  nicht  Gher- 
zeugt  sein  könne,  wenn  er  bedenke,  daß  alle  übrigen  itahenischen  Schiffe 
in  denselLen  Gewässern  fuhren",^) 

Anrona  —  LinienschiffskapitanPiola  —  das  dritte  Schiff  in  der  Linie 
und  Schlußschitr  der  Reserve  unter  Kontreadmiral  Vacca,  fuhr  unbe- 
kümmert um  das  Haiton  des  ,Ue  d'Halia'*)  seinem  Vordermanne  nach, 
folgte  sodann  den  Bewegungen  des  Führers  und  beteiligte  sich  mit  an  der 
Beschießung  des  hnken  Flügels  der  östen"eicliischen  Panzerdivision  und 
der  österreichischen  HoIzTregatten.  Während  sodann  Kontreadmiral  Vacca 
mit  dem  , Principe  di  Carignano'  und  , Castelfidardo "  die  Queue  der 
österreichischen  Holzschiffe  dublierte,  trennte  sich  jAncona'  von  der 
Reserve,  da  Linienschiffskapitän  Piola  plötzlich  die  Idee  kam,  .daß  der 
große  Bogen,  den  die  Reserve  beschrieben  hatte,  dieselbe  zwar  den  feind- 
lichen Holzschiffen  nahe  gebracht,  dagegen  von  ihrem  eigentlichen  Kampf- 
plätze, der  dort  war  wo  die  Panzerschiffe  kämpften,  entfernt  hatte*. 
,Ancona"  steuerte  deshalb  gegen  den  ,Re  d'  Italia"  zu,  welchen  sie  isoliert 
und  stark  gefährdet  sah,  in  der  Absicht,  ihn  zu  unterstützen.  Allein  diese 
Hilfe  kam,  wie  wir  wissen,  bereits  zu  spät,  denn,  bevor  »Ancona"  auf 
diesem  Teile  des  Kampfplatzes  erschien,  hatten  sich  dort  entscheidende 
Ereignisse  vollzogen:  der  „Re  d'  Italia"  war  gesunken,  der  ,Pales1ro* 
stand  in  vollen  Flammen. 

Mit  großer  Wahrscheinlichkeit,  die  sich  aus  der  Situation  ei^bl, 
kann  angenommen  werden,  daß  .Ancona"  jenes  Schiff  war,  welches 
unmittelbar  nach  der  Kata.^trophe  des  ,Re  d'Itaha*  den  ,Erzh,  Ferdinand 
Max"  bedrohte,  als  dieser  noch  nicht  seine  volle  Fahrgeschwindigkeit 
erlangt  hatte  und  hinreichend  sleiierffthig  ^ar. 

Auf  eine  Entfernung  von  4  bis  5  Kabel  senkrecht  gegen  die  Backbord- 
seite  de^  ,Erzh.  FerdinandMax'  steuenid,  schien,  Ancona'  dicAbsichtiu 
haben,  diesen  /.u  ranmien  und  mit  Rücksicht  auf  die  geringe  Distanz 
befOrclilele  man  schon  an  Bord  des  „Erzli.  Ferdinand  Max*,  daß  es  zu  spät 
werden  könnte,  dem  drohenden  Stoße  zu  entgehen.  Dank  dem  rasch  und 
brillant  ausgeführten  Manfiver  des  österreichischen  Kommandanten 
(siehe  Seite  243)  sowie  einer  augenscheinlichen  Unentschlnssenheil  des 
italienischen  im  letzten  entscheidenden  Momente,  welcher,  anstatt  seinen 
Kurs  fortzusetzen,  von  selbst  dasAuswoichmanöver  des  .Erzb.  Ferdinand 
Max"  noch  unterstützte,  gelang  es  diesem  noch  knapp,  sich  aus  seiner 


'}neile  des  Vcrleidigprs 
:)Si«hp  Seile  811. 


ein,  Rftiilieoiili  elc.  etc;  Sei 


2G9 

gefährlichen  Lage  zu  befreien.  Daß  hiebei  von  Seite  der  ^Ancona**  einige 
bUnde  Schüsse  abgegeben  wurden,  haben  wir  schon  an  anderer  Stelle 
erwülint. 

»Ancona*  steuerte  hierauf  in  südwestlicher  Richtung,  um  sich  mit 
dem  „Re  di  Portogallo*  zu  veremigen.  Auf  dem  Wege  dahin  stieß  sie  auf 
den  österreichischen  Raddampfer  „Elisabeth",  welcher  eben  Anstalten 
zur  Rettung  der  Schiffbrüchigen  dos  ,Re  d'  Italia**  machte,  und  versuchte, 
ihn  zu  rammen.  Der  , Elisabeth''  kam  in  diesem  Augenblicke  auch  noch 
ein  zweites  italienisches  Panzerschiff  —  „  Varese*  —  entgegen,  doch  beiden 
wußte  ,,EIisabeth''  geschickt  auszuweichen,  worauf  diese  selbst  miteinander 
zusammenstießen  und  mit  ihrer  Takelage  längere  Zeit  hängen  bUeben 
„Ancona**  vereinigte  sich  sodann  mit  den  von  Eontreadmiral  Vacca 
ralliierten  Schiffen  in  der  Kielwasserlinie. 

Die  in  der  Schlacht  mit  Ausnahme  der  durch  die  zwei  erwähnten 
Zusammenstöße  erlittenen  Havarien  waren  unbedeutend.  Stab  und  Mann- 
schaft unverletzt. 

Be  d'Italia  —  Lmienschififskapitän  Conte  Faä  di  Bruno.  Über  die 
Vorfallenheiten  auf  diesem  Schiffe  bis  zum  Momente  der  Oberschiflfung 
des  Admirals  Persano  auf  dem  „Aflfondatore*  haben  wir  auf  den  Seiten 
1 94 — 1 96  berichtet.  Was  die  weiteren  Ereignisse  auf  demselben  anbelangt, 
so  stehen  in  dieser  Beziehung  nur  die  Aussagen  der  aus  der  Katastrophe 
geretteten  Offiziere  und  Mannschaften  zu  Gebote  und  aus  diesen  läßt  sich  das 
Folgende  konstatieren: 

Nach  derÜberschiflfung  des  AdmiralsPersano  auf  den  „Aflfondatore'', 
Führer  der  2.  Gruppe  geworden,  setzte  sich  LinienschifTskapitän  Faä  di 
Bruno  mit  dem  „Re  d'Italia*  sofort  und  ohne  sich  die  Zeit  zu  nehmen, 
das  zu  dem  Zwecke  der  Überschiffting  des  kommandierenden  Admirals 
gestrichene  Boot  wieder  zu  hissen,  in  Bewegung,  bestrebt,  die  inzwischen 
in  der  Linie  entstandene  bedeutende  Lücke  schleunigst  auf  die  normale 
Distanz  zu  schließen.  Als  die  Schlachtlinie  durchbrochen  wurde,  fiel  „Re 
d'Italia*,  um  den  drohenden  Stößen  der  österreichischen  Panzerschiffe  zu 
entgehen,  gegen  Norden  ab,  empfing,  zwischen  diesen  passierend,  ihr 
Feuer,  wobei  ein  Matrose  getötet  wurde,  und  wendete  sodann  über  Back- 
bord, wodurch  er  sich  der  österreichischen  Holzflotte  näherte,  welche  er 
steuerbord  auf  ungefähr  3  bis  4  Kabel  (600  bis  800  m)  passierte. 

Linienschiffskapitän  Faä  di  Bruno,  welcher  sich  erinnerte,  daß  in 
den  Ordini  di  massima  den  Panzerschiffen  das  Engagement  mit  den  feind- 
lichen Panzerschiffen  vorgeschrieben  war,  setzte  deshalb  seine  Wendung 


über  Backbord  fort  und  betand  sich  aJsbald  diesen  letzteren  gegenüber, 
als  sie  nach  der  ilirerseits  vollzogenen  Wendung  nun  zum  zweiten  Offensiv- 
stoß vorgingen. 

Hier  wurde  ,Re  d'Iialia"  gleich  vom  österreichischen  AdmiralschifTe 
vome  an  Steuerbord  gerammt  und  erlitt  hiebei  einige  Havarien,  doch,  da' 
der  Stoß  in  schieler  Hichtuiig  erfolgte,  war  der  Effeki  nur  ein  unvoll- 
kommener. Die  beiden  Schiffe  trennten  sich  rasch  wieder  voneinander. 
Während  des  gegenseitigen  VorÜberstreifens  fand  auf  beiden  Seiten  von  den 
bereit  gehaltenen  Enterabteilungen  ein  lebhaftes  Heingewehrfeoer  statt.  beP 
welchen  auf  dem  ,Re  d'Italia"  der  Guardia-marina  Ivancich  getötet 
wurde.  Unterdessen  waren  auch  die  drei  anderen  österreichischen  Panzer- 
schiffe, die  ihrem  Admiral  gefolgt  waren,  näher  herangekommen  und 
beteiligten  sich  an  dem  Kampfe  gegen  den  „Re  d*  Italia*,  der  somit  augen- 
blicklich das  Feuer  von  vier  Gegnern  auszuhalten  hatte.  Linienschi ffskapilfln 
Faä  di  Bruno,  von  allen  Seiten  angegriffen  und  tapfer  mit  Breitseiten 
antwortend,  sieht  sich  vergebens  nach  seinen  Kampfgenossen  behufs 
Unterstützung  um,  doch  weder  ,Paleslro*  noch  „San  Marlino,  sind  im 
Stande,  ihm  in  diesem  Augenlilicke  zu  Hilfe  zu  kommen,  da  auch  sie  den 
migestümen  Angriff  der  österi'eicbischen  Panzerschiffe  auszuhallen  haben, 
zu  denen  jetzt  noch  jene  des  linken  Flügels  gestoßen  sind. 

Kaum  hatte  sich  ,Re  d'Italia"  nach  seinem  Zusammenstoße  mit  dem 
„Erzh.  Ferdinand  Max"  von  diesem  freigemacht,  als  Ihn  schon  wieder  eine 
andere  österreichische  Panzerfregatte  —  wahrscheinlich  .Kaiser  Max*  — 
achter  zu  rammen  versuchte ;  doch  auch  diesmal  gelang  es  dem  ,Re  d'  llalia* 
noch,  durch  eme  rasche  Wendung  dem  drolienden  Stoße  auszuweichen. 
Die  Österreichische  Panzerfregatte  gab  hiebei  aus  nächster  Nähe  ein^ce 
Schüsse  ab  und  eme  Granate  di-ang  üi  die  Wohnung  des  feindlichea 
Admirals,  dortselbst  einen  Brand  verursachend,  der  jedoch  bald  wieder 
gelöscht  wurde.  Als  dieselbe  achter  vom  ,Re  d'  llalia*  passierte,  feuerte 
sie  noch  eine  konzentrierte  Lage  gegen  ihn  ab.  durch  welche  der  Steuer- 
kopf desselben  getroffen  worden  sein  mußte,  denn  von  diesem  Äugeoblicka 
an  funktionierte  sein  Steuer  nicht  mehr.') 


'jQuando  la  fregala  corazzata  ci  fece  fuoco  dl  poppa,  vi  Tu  un  Instante  in  c 
bastimcnio  non  ubbidl  piü  nl  timone;  il  commaDdanle  se  ne  accorse,  io  pur«:  antmail 
sottuurii/iiili  Ulla  luota  per  giraik,  mii  cssa  resisleva.  Calai  giü  in  batleria  e  trorai  che  i 
frenelli  «raoo  io  buono  sla!o :  anüul  nella  inuieru  Jel  cammandante  e  fu  \i  die  acopetd  ' 
esserc  il  timone  rot  tu  ed  inuliliziato.  Rapporto  dell'uniiiale  pUolo  Giuseppe  Kil>hi.  Hqi 
äaccio  etc.  elc,  (om  H,  Seile  ITI). 


271 

In  dieser  kritischen  Lage  sah  Linienschiffskapitfin  Faa  diBruno 
eine  feindliche  Panzerfregatte  —  ,Erzh.  Ferdinand  Max*  —  auf  kurze 
Distanz  fast  senkrecht  auf  den  ,Re  d'  Italia"  lossteuern.  Befürchtend,  daß 
es  ihm  unter  diesen  Umständen  kaum  gelingen  werde,  dem  ihm  zugedachten 
Rammstoße  zu  entgehen,  ließ  er  sofort  die  Enterabteilungen  auf  das  Deck 
rufen,  um  für  eine  allfäUige  Enterung  bereit  zu  sein.  Mit  voller  Dampfkrafl 
nach  vorwärts  arbeitend,  blieb  ihm  nichts  anderes  übrig,  als  sein  Heil  zu 
versuchen,  ob  er  nicht  vielleicht  doch  noch  vorne  passieren  oder  wenigstens 
den  Stoß  etwas  abschwächen  könne.^)  Allein  diese  schwache  Hoflhung 


1) Bezüglich  des  Gerammtwerdens  des  «R^  d*  ItaJia"  durch  den  ^Erzh.  Ferdinand 
Max*'  wird  in  vielen  Schilderungen,  so  auch  im  österreichischen  Generalstabswerke 
Seite  73,  angegeben,  dafi  dem  «Rö  d*  Italia''  in  jenem  kritischen  Momente,  als  er  den 
,Erzh.  Ferdinand  Max**  auf  sich  losstürzen  sah  und  er  durch  schnelles  Vorwärtsarbeiten 
mit  der  Maschine  demselben  zu  entrinnen  trachtete,  «eine  österreichische  Panzerfregatte 
den  Weg  verlegt  habe".  Diese  Version  verdient  jedoch  keinen  besonderen  Glauben,  und 
zwar  aus  folgenden  Gründen:  Erstens  schildern  die  Augenzeugen  dieser  Affäre,  nämlich 
Linienschiffskapitän  Freiherr  v.  Sterneck  sowie  die  zwei  schon  öfter  angeführten 
geretteten  Offiziere  des  „R6  d'  Italia*",  der  2.  Stabschef  Fregattenkapitän  del  Santo  und 
der  Maiiöverofßzier  Linienschiffsleutnant  Marchese  Gualterio,  den  Vorgang  in  der  von 
uns  gebrachten  einfachen  Weise,  nämlich,  daß,  als  der  ,.R^  d^Italia"  plötzlich  aus  dem 
Pulverrauchc  heraustrat,  der  „Erzh.  Ferdinand  Max'  sich  sofort  auf  ihn  losstürzte  und 
d<afi  wegen  der  Nähe  die  Vermeidung  eines  Rammstoßes  nicht  mehr  möglich  war.  Es 
blieb  ihm  daher  nichts  anderes  übrig,  als  zu  trachten,  diesen  Zusammenstoß  so  viel  als 
möglich  abzuschwächen,  und  da  läßt  sich  allerdings  darüber  reden,  ob  es  für  den  ,Re 
d*  Italia**  nicht  besser  gewesen  wäre,  an  seiner  Fahrt  nach  vorwärts  festzuhalten,  statt  von 
vorwärts  auf  rückwärts  überzugehen  und  damit  das  Schiff,  wenn  auch  nur  auf  einen 
Moment  zu  einem  vollständigen  Stillstehen  zu  bringen,  wodurch  dem  „Erzh.  Ferdinand 
Max"  das  Rammen  in  jeder  Beziehung  erleichtert  und  gefahrloser  gemacht  wurde. 
Hierin  lag  unserer  Meinung  nach  das  verhängnisvolle  für  den  „R^  d*  Italia**. 

Wir  haben  uns  der  Mühe  unterzogen,  nachzuforschen,  woher  diese  Darstellung  de» 
^Weg  verlegen '^  stamme,  und  gefunden,  daß  sie  in  den  ursprünglichen  österreichi^hen 
Berichten  nicht  vorkommt.  Dagegen  brachte  sie  der  bekannte,  dem  Prinzen  v.  Joinvillc 
zugeschriebene  Artikel  der  „Revue  de  deux  Mondes**  vom  15.  November  1866,  als 
angebhchvon  den  Österreichern  herrührend.  Sie  ging  sodann  in  italienische  Darstellungen 
über  und  so  bringt  sie  aucti  das  italienische  Generalstabswerk  Seite  324,  indem  es  schreibt: 
.,  .  .  .  una  di  quelle  corazzate  ncmiche  (^la  Salamander)  gli  chinde  la  via".  Attlmayr 
nimmt  dies  wieder,  Seite  192,  vom  italienischen  General^^tabswerk  mit  den  Worten  ab: 
,  .  .  .  nach  italienischen  Berichten  soll  der  „Re  d'Italia*'  deshalb  gestoppt  haben, 
weil  ein  feindliches  Panzerschiff  ihm  vorne  den  Weg  verlegte*.  Man  ersieht  hieraus,  wie 
derartige  Schilderungen  oft  die  Runde  machen. 

Aber  sei  dem  wie  ihm  wolle,  die  oben  angeführte  Version  ist  schon  aus  dem 
Grunde  nicht  glaubwürdig,  weil,  wenn  wirklich  eine  österreichische  Panzerfregatte  dem 


erwies  sich  bald  als  ü'flgerisch;  er  ließ  nun  wieder  die  Maschine  mit  voller 
Ki'aft  nach  rückwärts  schlagen,  doch  umsonst!  Sein  Schicksal  war  bereits 
besiegelt,  denn  eben,  als  die  Wirkung  der  beiden  einander  entgegen- 
gesetzten Bewegungen  einzutreten  begann  und  der  ,Re  d'  Italia*  wie 
regungslos  dalag,  empfing  er  den  verhängnisvollen  Stoß  des  „Erzh.  Ferdinand 
Max'  ungefähr  2  m  vor  dem  Maschinenräume.  Die  verursachte  Bresche 
betrug  zirka  5  m',  wovon  3  m'  unter  Wasser.  Während  der  «Crzh. 
Ferdinand  Max"  langsam  seinen  Rammbug  aus  der  Flanke  des  ,He 
d'Halia*  herauszog,  hatte  sich  dieser  infolge  des  furchtbaren  Anpralles 
zuerst  auf  etwa  25°  nach  steuerbord  geneigt,  rollte  sodann  nach  backbord 
zurQck  und  versank  nach  ungefähr  2  Yj™  mit  dem  VorschilTe  voraus  in  den 
"Wogen  unter  den  Hurrahrufen  des  Siegers. 

Noch  im  letzten  Augenblicke,  als  der  ,Re  d'Italia'  eben  den  töd- 
lichen Stoß  empfing,  wurden  aus  der  Batterie  einige  Schüsse  abgegeben, 
sodann  stürzte  sich  alles,  was  nur  konnte,  in  die  See.  Der  Kommandant 
Linienschiff^kapitän  Faä  di  Bruno,  obschon  am  Fuße  verwundet,  hielt 
bis  zuletzt  auf  seinem  Posten  auf  der  Kommandobrücke  aus  und  schoS 
sich  sodann  aus  seinem  Revolver  eine  Kugel  in  den  Kopf.') 

Während  des  Sinkens  waren  einige  Leute  nach  achler  geeilt,  um, 
wie  es  schien,  die  Flagge  an  der  Gaffel  zu  streichen  —  angeblich,  damit 
sie  nicht  in  die  Hände  des  Feindes  falle  —  doch  der  dem  Flottenstabe 
zugeteilte  Guardia-marina  Razzetto  widersetzte  sich  diesem  Vorhaben, 
stieß  den  Malrosen,  der  die  Flaggenleine  in  der  Hand  hielt,  zur  Seite  and 
hißte  die  Flagge,  die  übrigens  erst  ein  kurzes  Stück  gestrichen  worden 
war,  wieder  ganz  top,  so  daß  das  dem  Untergänge  geweihte  Schiff  mit 
wehender  Nationalflagge  in  sein  nasses  Grab  ging. 

Schiffslrümmer  und  zaiilreiche  Seeleute,  denen  es  gelungen  war,  in 
das  Wasser  zu  springen,  bevor  sie  von  dem  reißenden  Wirbel  des  unter- 
gehenden Scliiffes  ergriffen  wurden  und  die  jetzt,  mit  den  Wellen  um  ihr 


,Itö  d'  Ilalia'  im  Momcnle,  wo  er  schon  vom  .Enh,  FerUinnmi  Max*  bedroht  war  imd 
wegen  seintr  SteuLThavarie  nicht  mehr  zur  Seile  nuswelchen  konnte,  den  Weg  veriegt 
fafllle,  das  heiBt  so  gekommen  w&re,  daB  sie  seinen  Weg  kreuzte,  doch  buchst  wahr- 
seheinlich  sie  selbst  verloren  (gewesen  wAre.  Der  Kommanilant  des  ,R'<  d'IlaJia*  wOrdt 
in  seiner  verzweifelten  Lage  wohl  nicht  gezögert  haben,  den  ihm  drohenden  Unlersanf 
an  diesem  SchifTe  in  gleicher  Weise  zu  rRchcn,  es  sei  denn,  daß  ihn  Mut  und  Geiste»- 
ge^Enwarl  glmlieli  verlassen  hätten.  A.  d,  V. 

'1  Der  OberatückmeiEler  PolHo   und  der   Oherboutsmmin  Maresca   beicugtaa 
3  Faktum  Tor  der  Unlcrsuthuiigski 


273 

Leben  kämpfend,  um  Hilfe  riefen,  bezeichneten  die  Stelle  dieser  furchtbar 
großartigen  Katastrophe.  Sich  an  Rundhölzer,  Riemen  und  Holz- 
trümmer jeder  Art  anklammernd,  trieben  diese  Unglücklichen  mit  der 
See  der  Insel  Lesina  zu,  immer  in  der  Angst,  von  den  eigenen  oder  feind- 
lichen Schiffen,  welche  zum  Teile  mitten  zwischen  ihnen  passierten, 
überfahren  oder  durch  Zufall  angeschossen  zu  werden,^)  da  die  Schlacht 
ihren  weiteren  Fortgang  nahm. 

Wir  haben  schon  früher  (Seite  214)  gezeigt,  wie  die  humanen  und 
edlen  Absichten  des  österreichischen  Admirals,  ihnen  Hilfe  zu  leisten, 
durch  die  Umstände  und  ihre  eigenen  Landsleute  vereitelt  wurden;  ähn- 
liche Verhältnisse  dürften  italienischerseits  vorgewaltet  haben.  Es  gelang 
den  Schiffbrüchigen  endlich,  sich  in  Gruppen  zu  vereinigen  imd  nach 
vielen  Anstrengungen  so  gut  als  möglich  aus  den  herumtreibenden 
Gegenständen  zwei  Flöße  zu  konstruieren. 


1)  Es  wurde  später  vom  Admiral  Persano  der  allgemeine  Vorv\Tirf  erhoben,  daß 
Österreichischerseils  auf  die  in  den  Wellen  um  ihr  Leben  kämpfenden  Leute  des  ,Re 
d'  Ilalia'*  noch  absichtlich  geschossen  worden  wäre.  Wie  böswillig  diese  so  allgemein 
gehaltene  Beschuldigung  ist  und  wie  wenig  sie  dem  ritterlichen  Sinne,  der  anerkannter- 
maßen in  der  österreichischen  Armee  und  Marine  seit  jeher  geherrscht  hat  und  traditio- 
nell hochgehalten  wird,  entspricht,  dies  glauben  wir  wohl  nicht  erst  des  näheren  erörtern 
zu  müssen.  Der  italienische  Admiral  scheint  dieselbe  auf  den  Bericht  des  Linienschiffs- 
leutnants  Marchese  Gualtcrio  (siehe  Beilage  IV)  hin  erhoben  zu  haben,  welcher  berich- 
tete, daß  sich  die  Schiffbrüchigen  mitten  zwischen  den  beiden  kämpfenden  Flotten 
befanden,  daß  sie  nahe  an  den  österreichischen  Kanonenbooten  vorübertrieben,  daß 
man  von  diesen  aus  drohende  Geberden  auf  sie  machte  und  daß  von  einem  derselben 
sogar  mit  Gewehren  auf  sie  geschossen  worden  sei.  Ohne  die  Tatsache  im  geringsten  zu 
bezweifeln,  daß  dort  Geschosse  einschlugen,  möchten  wir  aber  nur  auf  den  einen 
Umstand  hinweisen,  daß  auch  die  österreichischen  Kanonenboote,  wie  wir  früher  gezeigt 
haben,  sich  lebhaft  an  dem  Kampfe  ihrer  Holzfregatten  gegen  die  Teteschiffe  Kontre- 
admirals  Vacca  beteiligten,  welcher  Kampf  gerade  um  die  Zeit  stattfand,  als  die  Schiff- 
bruchigen in  ihre  Nähe  gekommen  sein  mußten  (zirka  12**),  daß  es  somit  immerhin 
möglich  ist,  daß  eine  oder  die  andere  Gewehrkugel,  welche  diesen  zugedacht  war,  sich 
unabsichtlich  zwischen  die  schwimmende  Mannschaft  des  „Re  d'Italia**  verirrte.  Der 
Kommandant  des  Schraubenschoners  flNarenta"*,  Linienschiffsleutnant  Spindler,  der 
nahe  an  derselben  passierte,  wollte  Hilfe  leisten  und  die  Boote  streichen;  seine  Absicht 
wurde  aber  durch  die  beiden  Panzerfregatten  Vaccas,  welche  ihn  beschossen,  unmöglich 
gemacht  und  auch  bei  dieser  Gelegenheit  sah  man,  wie  einzelne  ihrer  Projektile  mitten 
zwischen  die  Schiffbrüchigen  fielen.  Es  sind  dies  eben  Zufölle,  wie  sie  mitten  in  der 
Aufregung  des  Kampfes,  wo  die  verschiedenen  Möglichkeiten  nicht  lange  berechnet 
werden,  stets  vorkommen  können,  ohne  daß  man  denselben  gerade  eine  Absichtlichkeit 
zu  Grunde  zu  legen  berechtigt  ist.  A.  d.  V. 

FJ üi scher.  Diu  k.  k.  Kriogsuiariiiü  1W3C.  18 


Auf  dem  einen  befand  sich  der  dem  FloUenstabe  zugeteüle 
Fregaltenkapilän  Andrea  del  Santo  mit  dem  Liiiienschiffsleutnant 
Gaetano  Gaudiano,  dem  Guardia-marina  Alberto  Isola  nebst  38  Unter- 
offizieren und  Matrosen,  auf  dem  anderen  größeren  LiiiienscliiEfsleulnant 
Enrico  Marchese  dt  Gualterio,  der  Pilot  I.  Klasse  Giuseppe  Russo,  der 
Linienschiffs -Unterleutnant  Giuseppe  Casanova,  die  Guardie-mariua 
Michele  Razzelto,  Torello  Orsini  und  Carlo  Olivk-ri  mit  ungefähr 
100  Unteroffizieren  und  Malrosen.  Man  trachtete,  sieh  durch  das  Empor- 
halten von  Stangen  und  Bootsriemen,  an  welchen  Tücher  oder  Hemden 
gebunden  waren,  bemerklich  zu  machen,  doch  umsonst !  Sowohl  die 
eigenen  wie  die  feindlichen  Schiffe  entfernten  sich  immer  mehr  vcn  dieser 
Stelle,  da  die  Schlacht  inzwischen  in  anderer  Riclitung  fortgesetzt  wurde. 
Die  Offiziere,  Unteroffiziere  sowie  einige  ältere  Matrosen  belebten  so  TJel 
als  möglich  den  sinkenden  Mut  der  Mannschaft,  von  der  eiiiigün  die 
Kräfte  auszugehen  drohten.  Es  fehlte  hiebei  nicht  an  Zügen  aufopfernden 
Mutes  und  kameradschaftlicher  Hingebung.  Linienschiffsleutnant  Ali^da 
Bosano  gmg  in  dem  edlen  Bestreben,  den  Kammerdepulierien  Pier 
Carlo  Boggio,  welcher  nicht  schwimmen  koimte,  zu  retten,  selbst  zu 
Grunde.  Der  Matrose  Pietro  A'esi  rettete  mit  eigener  Lebensgefahr  den 
Matrosen  Buoncore,  Matrose  Paolo  Vene  hielt  und  unterstützte  den  in 
der  See  von  einem  Projektil  gelroCfenen  Kameraden  Fanelii,  dabei  selbst 
im  hohen  Grade  geffihrdel;  ebenso  zeichnete  sich  der  Segelmacber 
Raffaeie  Laprea,  ein  alter  befahrener  Seemann  des  genuesischen  Lito- 
rale,  durch  seinen  Mut  wie  durch  die  tatkräftige  Unterstütziuig  der 
Schwachen  aus,  bis  er  zuletzt  bei  diesem  edlen  Bestreben  selbst  in  des 
Wellen  verschwand. 

Endlich  nach  8  Stunden  schwerer  körperlicher  wie  seelischer 
Leiden,  denen  die  meisten  fast  schon  zu  erliegen  drohten,  nable  die 
Rettung.  Gegen  T*"  abends  entdeckten  die  Ausluger  der  Schraubenfregattfr 
.Principe  Umberto',  Kommandant  Linienschi  ffskapitän  Guiglielmof 
Acten,  das  grÖj3ere  der  beiden  treibenden  Flöße.  Sofort  steuerte  .Prin- 
cipe Umberto'  aus  der  Linie  imd  der  angedeuleleii  Ricbtung  zu,  wo  nuui' 
endlich  die  luiglücklicheu  Gefährten  aus  ihrer  gräßlichen  Lage  be&ejtft 
und  in  die  rasch  gestrichenen  Boote  aufiiahm.  Der  .Affuudatore"  sowie 
die  , Stella  d'Italia'  näherten  sich  nun  gleichfalls  der  Stelle,  wo  »Principe 
Umberto'  seinem  Rettungswerke  oblag  und  nahmen  die  Leute  des 
zweiten  Floßes  an  Bord.  Die  Raddampfer  .Messiiggiere',  .Calatafitni* 
und  ,Indipendenza'  durchfuhren  noch  bis  lO'/V'  abends  die  See  Q&cb> 
allea  Richtungen,  ohne  jedoch  irgend  jemand  melir  aufzufischen. 


275 


Im  ganzen  wurden  gerettet  durch 

»Stella  d'Italia«     ....    2  Offiziere,    38  Mann 

»Afifondatore'* 1  Offizier,         — 

, Principe  Umberto**  ...    6  Offiziere,  121  Mann 


somit  .    9  Offiziere,  159  Mann 


vom  Bootsmann  abwärts.  18  Mann  hatten,  wie  sich  später  herausstellte, 
durch  Schwimmen  die  Insel  Lissa  erreicht,  wo  sie  von  den  Bewohnern 
und  dem  Inselkommando  gelabt  und  mit  Kleidung  versehen  wurden. 
Sonst  entgingen  der  Katastrophe  des  „Rfe  d'Italia*  —  außer  Admiral 
Persano,  dem  Stabschef  der  Flotte,  Linienschififskapitän  Edoardo 
d'Amico,  dem  ersten  Flaggenadjutanten  Linienschiflfsleutnant  Emesto 
Conte  di  Persano,  dem  zweiten  Ordonnanzoffizier  Roberto  de  Luca  und 
2  Steuerleuten,  die  sich  alle  vor  Beginn  der  Schlacht  auf  den  „Afifonda- 
tore"  überschiffl  hatten  —  noch  der  Guardia-marina  Salvatore  Palermo 
und  11  Mann  des  Bootes,  die  der  „Govemolo*  aufgenommen  hatte;  femer 
38  Mann  des  Ausschiflfungsdetachements  unter  Führimg  des  Marine- 
infanteriehauptmannes Ernesto  Oliva,  die  noch  vom  Abend  des  19.  an 
Bord  der  „Maria  Adelaide **  verblieben  waren,  somit  weitere  6  Offiziere 
und  51  Mann. 

Von  der  ganzen  Bemannung  des  „Re  d'Italia",  welche  aus  42  Offi- 
zieren und  620  Mann  bestand,  kamen  sonach  bloß  15  Offiziere  und 
228  Mann  vom  Bootsmann  abwärts  mit  dem  Leben  davon,  während 
27  Offiziere  und  392  Mann  zu  Grunde  gingen. 

Die  geringe  Fürsorge  des  Admirals  Persano  nach  der  Schlacht 
betreffs  der  Schiflbrüchigen  des  „Re  d'Italia",  denen  in  den  langen 
Nachmittagsstunden  des  20.  auch  nicht  ein  einziger  der  zahlreichen  Rad- 
dampfer, welche  sehr  gut  zm*  Durchsuchung  der  See  verwendet  werden 
konnten,  zu  Hilfe  kam  und  die  nur  zufällig  von  den  Auslugem  des 
, Principe  Umberto**  entdeckt  \vurden,  ist  wohl  hauptsächlich  die  Ursache, 
daß  nicht  mehr  Menschenleben  nach  dieser  Schiffskatastrophe  gerettet 
werden  konnten.  ^) 


1)  Und  doch  wußte  er  um  4^  bereits  positiv,  daß  der  ,Re  d'Italia**  gesunken 
war.  Des  Linienschiffskapitäns  d' Amico  hatte  sich  bereits  früher  eine  Ahnung  von  dem 
Verluste  dieses  Schiffes,  dessen  Untergang  man  am  „Affondatore*  nicht  bemerkt 
hatte,  bemächtigt,  als  er  gegen  1^  einmal  die  Flotte  mit  dem  Femrohre  musterte 
und  den  ,Re  d'Itaüa*  nicht  finden  konnte.  Er  teilte  auch  seine  Besorgnis  einigen  Offi- 
zieren am  Bord  des  ^Affondatore**  mit,  doch  gab  man  sich  noch  immer  der  Hoffnung 

18* 


276 


Palestro  — Fregattenkapitän  Cuppetliai.  Dieses  Schiff  war  in- 
folge des  Nichleiiirüekeüs  der  Panzerkorvette  ,  Formidiibile '  auf  ihrem 
Posten  in  der  Schlachtlinie  beim  Durchbrechen  derselben  durch  di» 
Österreicher  bedeutend  von  seinem  nmimehrigen  Vordermanne,  dem 
,Re  d'Italia",  entfernt.^)  Obschon  mit  ganzer  Maschinenkrafl  fahrend, 
konnte  es  diesem  doch  nicht  mehr  auf  die  normale  Distanz  näher 
kommen  und  ihm  wähi'end  des  heftigen  Angriffes,  den  er  seitens  der 
ftsterreichischen  Panzerscliiffe  auszuhallen  hatte,  Unterstützung  briugea 
Wähi'end  dieser  VorwSrtsbewegimg  wurde  ,Palesti-o*  von  dem. 
österreichischen  Admiralachiffe  .Erzh.  Ferdinand  Max",  dessen  Kurs 
er  kreuzte,  steuerbord  achter  gei'amral.  Durch  die  Wucht  des  Stoßeai 
wurden  ihm  dabei  einige  Panzerplatten  heruntergerissen,  auch  erhielt 
er  aus  der  Batterie  des  ,Erzli.  Ferdinand  Max"  some  von  dessen 
Blockhausgeschötzen  einige  Schüsse  aus  nächster  Nähe;  trotzdem  gelang 
es  ihm  aber,  sich  wieder  frei  zu  machen.  Beim  Zusammenstoße  war  die 
Kreuzmarsstenge  heruntergestürzt,  auch  die  Besangaffel  mit  der  Flagge 
fiel  herunter  mid  gerade  auf  das  Vorkastell  des  kaiserlichen  Admiral- 
schiffes,  auf  welchem  sie  als  Trophäe  zurückblieb  (Seite  241). 

Nachdem  der  „Palestro*  dem  Stoße  des,  Erzh.  Ferdinand  Max'  glück- 
lich entgangen  war,  wurde  er  alsbald  von  anderen  österreichischen  Panzer- 
schiffen sowie  von  der  .Novara*  engagiert,  die  ihn  heftig  beschossen 
und  von  denen  erstere  zu  rammen  ti'achteten.  Von  einem  dieser  Schiffe 
—  wahrscheinlich  , Drache'  —  erhielt  er  auf  ungefähr  I  Kabel 
(200  H»)  eine  konzentrierte  Lage  in  sein  ungepanzerles  Heck,  wobeie 
eine  Granate  in  den  Vorraum  zur  Offiziersmesse  drang,  in  welchem  man 
zirka  20  (  Kohle  gestaut  hatte,  um  das  Schiff  mehr  achterlastig  zu 
machen.  *)  Diese  Kohlen  nun  fingen  Feuer,  welches  man  aber  am  Bord 
des  »Palestro"  in  der  Hitze  de.^  Gefechtes  erst  bemerkte,  als  dasselbe 
schon  größere  Dimensionen  angenommen  hatte,  worauf  der  Komraandanl 


hin,  daß  er  vielleicht  in  lier  Nähe  des  bräunenden  ,Paleslro'  und  doreh  den  Hauch  ilci- 
selben  gedeckt  sei;  erst  nach  der  Kataatroiihe  des  ,Paleslro'  wurde  man  gewahr,  dal 
.Bi?  d'Ilalia'  noch  immer  fehle,  und  deshalb  richtete  um  **>  4™  p.  m.  der  ,ÄtTond»tore- 
das  äignal  un  die  Flotte:  .Hau  verlangt  Nachricht  Ober  die  verschwundenen  SchifTe  oder 
unter  welcbem  Windstriche  sie  gepeilt  werden,  ,Re  d'  Italia'  —  (,Si  domanda  noUne  dei 
bastimenli  dispers!  o  per  quäl  rombn  si  rUevano,  ,R^  d'  Italia*),  woranf  von  eioigriJ 
Schiffen  das  Signal  gehitt  wurde:  , He  d' Italia"  —  gesunken  {,Re  d'Italia  —  affondatn*:. 
Beiidiconti  etc.;  despusizionc  d'Amico,  Seile  69.  A.  il.  V. 

1)  Ifach  dem  Berichte  des  Guardia-marina  Fabrizi  6  Kabel;  siehe  Beilage  V. 

^  Bericht  des  GuardiB-rn&riaa  Fabrizii  siebe  Beilage  V. 


277 

über  Backbord  wendend  außerhalb  des  Gefechtsbereiches  zu  kommen 
trachtete  und  nun  alle  seme  Anstrengungen  auf  die  Bekämpfung  des 
immer  mehr  um  sich  greifenden  Brandes  richtete. 

Die  Pulverkammern  werden  unter  Wasser  gesetzt  und  sodann  die 
ganze  Mannschaft  zu  den  Löscharbeiten  beordert.  Doch  infolge  des  unge- 
heuren, immer  dichter  werdenden  Rauches  kann  man  sich  der  eigent- 
lichen Brandstelle  nicht  nähern,  so  daß  das  Feuer  trotz  alledem  von 
Minute  zu  Minute  weitere  Fortschritte  macht.  Man  bringt  nun  das  Schiff 
an  den  Wind,  damit  die  Flammen  mehr  außer  Bord  gehen,  nähert  sich 
aber  durch  diese  Kursveränderung  wieder  dem  Feinde,  der,  die  kritische 
Lage  und  Position  des  „Palestro**  bemerkend,  ein  Panzerschiff  zu  dessen 
Verfolgung  abschickt.  Diese  Bewegmig  wird  aber  von  der  eigenen  Flotte 
wahrgenommen  und  die  Schiffe  der  Reser\'e  unter  Kontreadmiral  Vacca 
erhalten  den  Befehl,  den  „Palestro"  aufzunehmen,  was  auch  geschieht, 
und  imter  ihrer  Deckung  steuert  derselbe  zur  eigenen  Flotte,  hinter 
die  Linie  der  Panzerschiffe. 

Auch  der  kommandierende  Admiral  auf  dem  „Affondatore*  nähert 
sich  jetzt  dem  brennenden  Schiffe  imd  vnid  beim  Passieren  des  Hecks 
mit  den  Rufen:  „Evviva  il  Re!  Evviva  Italia"  empfangen.  Der  Stabschef 
d'Amico  ruft  mit  dem  Sprachrohr  hinüber:  „Mannschaft  retten,  wir 
werden  Boote  schicken**,  worauf  der  Kommandant  Cappellini  noch  die 
beruhigende  Antwort  gibt:  , Keine  Gefahr,  die  Pulverkammern  sind  unter 
Wasser  gesetzt**.  Der  „Affondatore**  steuert  sodann  wieder  auf  seinen 
Posten  an  der  Tete  der  Linie.  Vizeadmiral  Albini  befiehlt  mittels 
Signals  dem  „Govemolo**,  sich  dem  Kommandanten  des  „Palestro**  zur 
Verfügung  zu  stellen,  der  diese  Hilfe  annimmt  imd  den  „Govemolo* 
anweist,  ihn  in  Schlepp  zu  nehmen  und  mit  dem  Bug  an  den  Wind  zu 
bringen,  nachdem  das  eigene  Steuer  nicht  mehr  zu  gebrauchen  ist.  Dies 
geschieht,  aber  beim  Inbewegungsetzen  reißen  die  Schlepptaue.  In 
diesem  Augenblicke  nähert  sich  auch  die  „Indipendenza**,  welche  ein 
Boot  streicht,  das  dem  ,Govemolo**  beisteht,  neue  Trossen  auszubringen. 
Der  erste  Offizier  des  „Palestro**,  Linienschiffsleutnant  Viterbo,  leitet 
diese  Arbeiten  vom  Vorkastell  aus;  der  Kommandant  Cappellini  schickt 
ihm  den  Guardia-marina  Fabrizi  mit  dem  Auftrage  zu,  sich  zu  beeilen, 
und  läßt  inzwischen  Anstalten  zur  Ausschiffung  der  Mann- 
schaft treffen.  Während  man  sich  aber  hiezu  anschickt,  ungefähr  um 
V  28**,  vernimmt  man  rasch  nacheinander  das  Platzen  mehrerer  Granaten, 
sodann  eine  fürchterliche  Detonation  und  der  „Palestro**  mit  seiner 
Bemannung  fliegt  in  die  Luft. 


Schiffstrüninier  aller  Art  und  Glieder  menschlicher  Leichen  regiien 
auf  den  .Governolo,  die  .Indipendonza"  und  die  Boote  herab,  weichen 
es  gelingt,  den  Guardia-niarina  Fabrizi  sowie  22  Matrosen  in  noch 
lebendem  aber  meist  sehr  beschädigtem  Znstande  aufzufischen,  die  Obeiv 
lebenden  der  Katastrophe  und  die  Reste  eines  Bemannungsstandes 
Ton  12  Offizieren  und  228  Mann.  Dies  ist  die  wahre  und  ungeschminkte 
Darstelhmg  des  Sachverhaltes  bezüglich  der  Katastrophe  des  ,Pa!estro*, 
so  wie  dieselbe  aus  den  vor  der  Untersuchungskonimission  gemachten 
Aussagen  der  Geretteten,  insbesondere  des  Guardia-marina  Fabrizi 
hervorgeht.  Sie  weicht  im  wesentlichen  von  jener  ab,  wie  gewöhnlich 
das  Ende  des  ,Palestro'  und  seiner  wackeren  Bemannung  erzählt  wird. 
Damach  hätte  Fregattenkapitän  Cappellini  es  für  eine  Ehren- 
sacheangesehen, sein  Schiff  überhaupt  nicht  zu  verlassen  und  es  vor- 
gezogen, mit  demselben  unterzugehen,  iiidem  er*  ausrief:  ,Wer  gehen  will,, 
mag  gehen  —  ich  bleibe',  worauf  die  Mannschaft,  von  dem  Beispiele 
ihres  Kommandanten  begeistert,  unter  donnernden  Ewivas  geschworen 
habe,  ebenfalls  zu  bleiben  und  nur  die  Kranken  und  Verwundeten  in  die 
Boote  des  ,Govemolo"  überschißl  wurden-  Dem  ist,  wie  nun  mit  Sicher- 
heit festgestellt  wurde,  nicht  so. 

Als  die  italienische  Regieniug  mittels  königlichen  Dekretes  vom 
l.Augustdem  FregattenkapitänÄlfredo  Cappellini  die  goldene  Militär- 
verdienstmedaille zuerkannte,  geschah  dies  allerdings  mit  der  Motivierung, 
.daß  er  vorgezogen  habe,  lieber  mit  seinen  Offizieren  und  seiner  Mann- 
schaft unterzugehen,  als  das  seinem  Kommando  anvertraute  Schifl^ 
welches  eine  Beute  der  Flammen  geworden  war,  zu  verlassen*.  Dw 
Regierung  hatte  jedoch  damals  schon  von  dem  Resultate  der  Unter- 
suchungskommission  bezüglich  des  Untei^anges  des  ,Palestro'  sowie 
von  den  Aussagen  der  Oberlebenden  desselben  Kenntnis.  Sie  fand  e* 
aber  aus  pohtischen  Gründen  für  gut,  den  über  dieses  Ereignis  im 
Publikum  zirkulierenden  Gerüchten  nicht  entgegenzutreten,  da  sie  der 
Ansiebt  war.  daß  bei  der  gedrückten  Stimmung  die  allgemein  herrschte, 
dieser  vermeinUiehe  Akt  von  Heroismus  lindernd  auf  das  verwundete 
Selbstgefühl  der  Nation  wirken  werde  und  zur  Beruhigung  der  Gemüter 
beitragen  könne.  Anstalt  daher  die  ÖffentlichkeiL  über  das  Wahre  an  der 
Sache  aufzuklären,  schwieg  man  und  bestäi-kte  hiedurch  dieselbe  in  dem 
Glauben,  der  von  den  Journalen  überschwenglich  geschilderten  Dar- 
stellung. So  geschah  es  auch,  daß  das  Munizipium  von  Livomo,  der 
Vaterstadt  Capp  eil  ini's,  eine  Gedenktafel  an  dem  Geburtshause  desselben 
anbringen    ließ,    deren    Inschrift  emphatisch  betonte:     .che  sdegnoso 


279 

soprawivere  alla  mancata  vittoria  —  se  e  gli  annuenti  compagni  —  spro- 
fondö  nel  mare  —  insegnando  come  la  fortuna  ai  magnanimi  -—  piiö 
torre  il  trionfo*  etc.,  etc.^) 

Die  Geschichte  aber,  welche  die  Pflicht  hat,  selbst  liebgewonnene 
und  gern  gehörte  Überlieferungen  der  Wahrheit  zu  opfern,  kann  auch 
in  diesem  Falle  nicht  umhin,  den  Untergang  des  „Palestro*  des  Sagen- 
haften zu  entkleiden  und  die  reine,  nüchterne  Wirklichkeit  an  dessen 
Stelle  zu  setzen.  Nach  dieser  ist  bezüglich  des  Unterganges  des  „Palestro" 
das  nachstehende  festgestellt: 

Aus  den  übereinstimmenden  Aussagen  aller  Geretteten  geht  hen'^or, 
daß  man  auf  dem  „Palestro**,  als  die  Pulverkammern  unter  Wasser  gesetzt 
waren,  bezüglich  einer  allfälligen  Explosion  keine  Befürchtungen  mehr 
hegte  und  sich  mit  verdoppelten  Eifer  den  Lö?charbeiten  hingab.  Es 
läßt  sich  aber  auch  nicht  bezweifeln,  daß  zu  der  Zeit,  in  welcher  der 
Kommandant  Cappellini  den  „Govemolo"  anwies,  den  „Palestro*  in 
Schlepp  zu  nehmen,  er  selbst  bereits  die  Hoffnung  aufgegeben  hatte,  des 
Feuers  Herr  zu  werden  und  Dispositionen  zur  Ausschiffung  der 
Mannschaft  getroffen  hatte.  Dies  letztere  geht  aus  den  Aussagen  der 
meisten  der  geretteten  Steuerleute  und  Matrosen  hervor,  welche  sich  auf 
Deck  in  dessen  Nähe  befanden  und  die  übereinstimmend  vor  der  Unter- 
suchungskommission zu  Protokoll  gaben,  „daß  der  Kommandant  im 
letzten  Momente,  als  sich  schon  jede  Hoffnung  auf  Rettung  des  Schiffes 
unmöglich  erwies,  mit  großer  Ruhe  und  Kaltblütigkeit  den  Offizieren 
Befehle  erteilt  habe,  die  Einschiffung  der  Leute  in  die  Boote  voi-zunehmen, 
daß  aber  unmittelbar  nach  dem  erteilten  Befehle  schon  die 
Explosion  stattfand'*.  Daß  diese  dennoch  eintrat,  trotzdem  man  die 
Pulverkammern  unter  Wasser  gesetzt  hatte,  läßt  sich  nur  so  erklären, 
daß  dieses  Unterwassersetzen  kein  vollständiges,  sondern  nur  ein  teil- 
weises gewesen  sein  mag,  bei  welchem  die  einzelnen  Munitionskisteji 
nicht  —  wie  vorgeschrieben  —  geöffnet  wurden,  wobei  dann  allerdings 
die  Munition  für  Kriegszwecke  unbrauchbar  wird,  daß  sodann  als  das 
Feuer  die  hölzernen  Wände  der  Pulverkammern  ergriffen  und  verzehrt 
hatte,  das  Wasser  wieder  seinen  Ablauf  fand,  worauf  sich  die  kupfernen 
Munitionskisten  erhitzten  und  die  Entzündung  des  Pulvers  herbeiführten. 

Auf  diese  einfache  imd  völlig  wahrscheinliche  Erklärung  ist  also 
die  Ursache  der  plötzlichen  unerwarteten  Explosion  sowie  die  Erzälilung 
vom  Untergange    des    ,Palestro**   zurückzuführen,  wodurch  gleichwohl 


J)  Randaccio,  elc  ,  etc.;  tom.  II,  Seile  191. 


der  Ruhmes);kiiz,  der  sich  um  Alfredo  Cappellini  und  seine  Gelreuen 
verbreitet  hat,  nicht  im  geringsten  verdunkelt  zu  werden  braucht.  Sie 
haben  als  wackere  Seeleute  behufs  Erhaltung  ihres  Schiffes  in  der 
Bekämpfung  des  Elementes  das  möglichste  geleistet  und  mit  größter 
Hingebung  so  lange  ausgeharrt,  als  noch  eine  Hoffnung  auf  Rettung  vor- 
handen war;  in  dieser  ihrer  getreuen  Pflichterfüllung,  als  eben  das 
unglückliche,  dem  Untergange  geweihte  Schiff  verlassen  werden  sollte, 
gingen  sie  zu  Grunde.  Aber  niclit,  wie  man  ursprünglicti  verbreitet  hatte, 
nach  dem  Beispiele  des  ,Vengeur"M  aus  Schmera  über  den  lujglück- 
lichen  Ausgang  des  Kampfes  und  den  Untergang  der  Gefangenschaft 
vorziehend,  hatte  sich  der  Kommandant  des  .Paleslro'  mit  seiner  wackeren 
Bemannung  dem  Tode  geweiht;  er  befand  sich  ja  nicht,  wie  jener,  rbigs 
vom  Feinde  umgehen;  er  lag  bereits  in  Sicherheit  inmitten  seiner 
eigenen  Kampfgenossen,  die  ihm  zu  Hilfe  eilten.  Seine  Pflicht  als  Kom- 
mandant erstreckte  sich  daher  nur  mehr  darauf,  alle  Anstrengungen  auf 
die  Erhaltung  des  ihm  anvertrauten  Schiffes  zu  richten  und  als  diese  sich 
nicht  mehr  als  möglich  erwies,  die  Reltmig  der  Mannschaft  zu  veran- 
lassen, um  seinem  Lande  und  seinem  Kriegsherrn  das  Leben  dieser 
Braven  zu  erhalten.  Dieser  doppelten  Pilicht  als  Soldat  und  Mensch  war, 
wie  wir  gesehen  haben,  der  tapfere  Kommandant  auch  im  vollsten  Maße 
nachgekommen  und  die  italienische  Marine  kami  daher  auch  bei  Hiiiweg- 
lassung  des  Sagenhaften  mit  Stolz  auf  die  Episode  des  ,Paiestro'  surück- 
Idicken. 

Die  Namen  der  Verunglückten  des  Stabes  haben  wir  auf  Seite  23S 
gegeben. 

San  Hartino  —  Fregattenkapitön  Roberli.  Dieses  Im  Zentrum 
der  italienischen  Linie  postierte  Schiff,  bestreble  sich  bei  Beginn  der 
Schlucht  dem  Führer  der  Gruppe  —  ,R6  d'Itaha"  —  narhziikomnwn, 
nahm  aber  im  Vorbeifahren  vorher  noch  kurze  Zeit  teil  an  dem  Kampre 
der   Gruppe     Rihot y    gegen    die     österreichische    Holzdivision.     ,S.*ui 

')  Dtr  bekannten  durch  zahlreiche  Gedichte  und  Gemälde  der  Nachwell  Hbef 
lieferten  Episodp  aus  der  Seeschlaclit  von  XIU  Prairial  l'an  1  (1-Janil793)  im  Meer« 
huseu  von  Gascogue  zwischen  der  frajuOfiscbeu  Flotte  unter  Admiral  Villaret- 
Joyeuse  und  der  eT:gIi«cheD  untt;r  LArd  Howe,  in  welcht^r  es  znisclien  dem 
französischen  LIiüenschifT  ,Le  Vengcur*  ußd  dem  engh^i-hen  .Brunswick*  la  ünen 
N'nhgefceblG  kam.  welches  damit  endete,  daß  nach  längerer  tapferer  Gegenweur  und 
grofien  Verlusten  des  .Vengeur*  der  KapilSn  und  die  Mannschaft  desselben  ea  vl)^ 
zogen.  Blatt  die  Flagge  zu  strcielien  und  sich  dem  Feinde  zu  ergeben,  das  Schiff  in  dift 
Luft  lu  sprengen.  A.  d.  V. 


281 

Martino**  steuerte  hierauf  wieder  dem  ^Re  d'Italia"  zu  und  trachtete 
eine  feindliche  Panzerfregatte  (wahrscheinlich  ^Kaiser  Max"),  welche  sich 
achter  desselben  befand  und  mit  diesem  engagiert  war,  zu  rammen, 
doch  hatte  die  österreichische  Panzerfregatte  noch  Zeit,  durch  eine 
rasche  Bewegung  nach  backbord  dem  drohenden  Stoße  auszuweichen. 
»San  Martino*  erhielt  bei  dieser  Gelegenheit  von  einem  anderen  öster- 
reichischen Panzerschiffe  (wahrscheinlich  » Drache")  auf  kurze  Distanz 
eine  Breitseite,  welche  einen  großen  Teil  seiner  Achterbekleidung  zer- 
trümmerte und  in  der  Kommandanten  wohn  ung  einen  Brand  verursachte, 
der  indes  bald  wieder  gelöscht  wurde.  Der  Kommandant  steuerte  aus 
dieser  Veranlassung  außerhalb  des  Gefechtsbereiches  und  wandte  sich  hier- 
auf wieder  der  Gruppe  Riboty  zu.  Dort  von  zwei  österreichischen  Panzer- 
fregatten (wahrscheinhch  „Don  Juan**  und  „Prinz  Eugen**)  imd  einer 
Holzkorvette  „Erzh.  Friedrich**  engagiert,  brach  hiebei  abermals  durch  eine 
in  die  Offizierskabinen  an  Steuerbord  einschlagende  Granate  Feuer  aus. 
Auf  die  große  Geschwindigkeit  seines  Schiffes  bauend,  entzog  sich  der 
Kommandant  dieser  neuen  Gefahr  dadurch,  daß  er,  mit  beiden  Borden 
feuernd,  mitten  zwischen  zwei  der  feindlichen  Schiffe  hindurchfuhr  und 
im  Pulverdampfe  verschwand.  Nach  Bewältigung  des  Brandes  sodaim 
die  eigenen  Panzerschiffe  an  seiner  Backbordseite  erblickend,  welche  im 
Begriffe  waren  sich  zu  vereinigen,  steuerte  er  auf  diese  los  und  bemerkte 
nun  das  Signal  des  Kontreadmirals  Vacca,  welches  die  Formierung  einer 
Kielwasserlinie  ohne  Rücksicht  auf  Rang  und  Posten  anbefahl.  Im 
Begriffe,  diesem  Signale  Folge  zu  leisten,  stieß  .San  Martino**  mit  der 
„Maria  Pia**  zusammen,  wobei  er  einige  Beschädigungen  davontrug. 

Die  Havarien  des  „San  Martino**  außer  den  durch  das  Feuer  ent- 
standenen Beschädigungen  der  Holzwände  an  den  Offizierskabinen  und 
der  Kommandantenwohnung  waren  folgende:  Eine  Panzerplatte  durch- 
schossen, wobei  das  Projektil  in  der  Holzpolsterung  unter  derselben 
stecken  geblieben  war,  mehrere  andere  Panzeii;)latten  leicht  beschädigt 
Der  Sporn  war  infolge  des  Zusammenstoßes  mit  der  „Maria  Pia*  nach 
links  gedrückt,  so  daß  das  Schiff  Wasser  zog,  welches  indes  von  der 
Maschine  mit  Leichtigkeit  bewältigt  wurde.  Femer  waren  noch  einige 
Winkeleisen  und  Eisenbleche  der  Verkleidung  an  Steuerbord  beschädigt, 
2  Stückpfortendeckel  heruntergerissen,  3  Fockwanten  zerschossen  sowie 
noch  einige  andere  unbedeutende  Beschädigungen  in  der  Takelage. 

Im  ganzen  war  selbst  nach  italienischem  Urteile  die  Beteiligung 
des  „San  Martino*  am  Kampfe  keine  besonders  ausgiebige,  entsprechende 
gewesen  und  wurde  —  wie  wir  glaul^en  mit  Recht  —   dem  Komman- 


(lauten  verübelt,  durch  die  großen  Bügen,  in  wtlchen  er  jedesmal  aus 
dem  Gefei'htäbereiche  steuerte  um  den  entstandenen  Brand  zu  löschen, 
die  kritische  Zeit  versäumt  zu  haben,  sich  noch  weiter  mit  Erfolg  an  der 
Aktion  beteiligen  zu  können.  Auch  erscheint  das  von  ihm  um  4""  p.  m, 
gemachte  Signal:  ,Man  ist  nicht  mehr  im  stände,  die  Linie  zu  halten"  mit 
Rücksicht  auf  den  Grad  der  erlittenen  Havarien  nicht  gerechtfertigt.')  Vom 
Stab  war  niemand  verletzt,  von  der  Mannschaft  blieben  3  Mann  tot 
und  2  Mann  waren  schwer,  3  Mami  leicht  verwundet. 

Rt  di  Portogallo  —  Linienschi ffskapilän  Riboty  —  dieses  Schiff, 
Führer  der  dritten  Gruppe  —  ,Rc  di  Portogallo",  .Varese",  , Maria  Pia* 
—  lag  am  Morgen  des  20.  abseits  des  Gros  der  Panzerschiffe  mit  der 
Reparatur  einer  Maschinenliavai'ie  beschäftigt,  die  erst  gegen  S'/a''  beendet 
war.  Admiral  Persano  hatte  den  , Govemolo '  entgegengescliickt,  um  es 
nötigenfalls  in  Schlepp  zu  nehmen,  doch  erwies  sich  diese  Hilfe  als  nicht 
mehr  notwendig,  da  der  „Re  di  Portogallo"  inzwischen  darapfbereit 
geworden  war  und  sich  von  selbst  gegen  die  italienischen  Panzerschiffe 
in  Bewegung  setzte,  welche  eben  eine  Fronlliaie  mit  westlichem  Kurse 
formierten.  Linienschiffskapitän  Riboty  hatte  in  diesem  Augenblicke 
noch  keine  Kenntnis  von  dem  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre. 
Er  vereinigte  sich  sofort  mit  dem  Gros,  seinen  Posten  als  Führer  der 
dritten  Gruppe  am  linken  Flügel  einnehmend  und  gewahrte  nun  das 
Anrücken  des  Feindes. 

Da  in  Bezug  auf  die  Angriffsweise  vorher  nichts  Näheres  bestimmt 
worden  war  und  auch  keine  weiteren  darauf  bezüglichen  Signale  erfolgteu, 
er  somit  aufsein  eigenes  Urteil  angewiesen  blieb,  nach  welchem  ihm  die 
inzwischen  angenommene  Kielwasserlinie  keineswegs  vorteilhaft  für  den 
Angnff  gegen  die  Österreichischen  Panzerschiffe  erschien,  glaubte  er  am 
besten  zu  handeln,  wenn  er  sich  mit  seiner  Gruppe  auf  die  feindliche 
Holzdivision  würfe,  um  diese  womöghch  von  ihren  Panzerschiffe»  zu 
ilrennen  und  hiedurch  der  Holzilottedes  Vizeadmirals  Albini  den  aubU" 
nehmenden  Kampf  zu  erleichtern.*! 


')  Siehe  HiLndacciu,  Slori»  della  marinu  itiilianti  II.  Seile  ä03. 

')  Rendiconri  etci  depostzioue  Riboty  Seite  91.  ,Tosta  che  i  ncomlnciä  U  eon 
batlimento,  dopa  le  primc  bordstc  dell' ammiraulio  Vacca,  pcnsando  che  calla  Unea 
di  flu  naturalmcDte  non  si  era  in  posizione  propizia  per  accettarc  il  rombaltimtnlo, 
voiliii  la  prua  al  nemico,  endni  vcrso  Tala  dritta  de!  mpdesimo  cotl'  inlcnzione  di  difldefs 
la  squndra  ausIriRca  in  legno  da  qaella  dells  eorrazzatc  onde  facitilare  alla  Doctt< 
sqnadra  in  legno  il  ronibalümenle  con  la  nnnica.' 


283 

In  dieser  Absicht  steuerte  er  mit  ^ Maria  Pia**  und  ^Varese*'  gegen 
den  rechten  Flügel  der  österreichischen  Holzdivision,  welche  ihm  aber 
schon,  das  Linienschiff  , Kaiser"  an  der  Spitze,  entgegenkam,  da  Kom- 
modore V.  Petz  dieses  Manöver  bemerkt,  die  Absicht  erraten  und 
behufs  Deckung  seiner  rückwärtigen  kleineren  Schiffe  sofort  nach  back- 
bord  abgefallen  war. 

Unter  dem  heftigen  Geschützfeuer,  das  nun  auf  beiden  Seiten 
begann,  näherten  sich  rasch  die  feindlichen  Abteilungen  und  es  währte 
nicht  lange,  so  sah  der  „Re  di  Portogallo**  an  seiner  Backbordseite  den 
„Kaiser"  auf  ganz  kurze  Entfernung  vor  sich,  der  in  der  unverkennbaren 
Absicht  zu  rammen  auf  ihn  losdampfle  und  eine  Lage  seiner  Backbord- 
batterie abgab.  Wie  wir  wissen  (siehe  Seite  204),  hatte  sich  der  öster- 
reichische Kommodore,  im  Vertrauen  auf  die  Stärke  seines  Schiffes  zu 
dieser  heroischen  Tat  entschlossen,  da  er  wegen  der  allzu  großen  Nähe 
nicht  mehr  anders  ausweichen  konnte,  ohne  die  achter  von  ihm 
befindlichen  Schiffe  „Elisabeth*  und  „Erzh.  Friedrich*  im  höchsten  Grade 
zu  gefälirden.  Linienschiffskapitän  Riboty  ahmt  das  Manöver  seines 
Gegners  nach  und  fällt  gleichfalls  nach  backbord  ab,  um  ihm  den  Bug 
zu  zeigen  und  womöglich  durch  einen  Ranrunstoß  seinerseits  zuvor- 
zukommen; aber  die  beiden  Schiffe  sind  einander  schon  zu  nahe  und  der 
Stoß  des  Linienschiffes  erfolgt  früher,  jedoch  nicht  mehr  senkrecht, 
sondern  im  schiefen  Winkel,  backbord  in  der  Nähe  der  Maschine.  Das 
Linienschiff  verliert  hiebei  seinen  Fockmast  und  die  beiden  Schiffe  streifen 
aneinander  vorüber,  sich  gegenseitig  beschießend  und  im  dichten  Rauch 
verschwindend.  Auf  dem  „Re  di  Portogallo"  glaubt  man  sogar,  das  Linien- 
schiff sei  gesunken. 

Die  Havarien,  welche  der  „Re  di  Portogallo**,  der  nach  dem  er- 
littenen Stoße  stark  nach  steuerbord  überkrängte,  bei  dieser  Gelegenheit 
davontrug,  waren  ziemlich  bedeutende.  Alles  was  auf  der  Backbordseite 
vom  Schiffe  herausragte,  wurde  abrasiert;  er  verlor  2  Anker  und 
mehrere  Boote;  von  4  Landungsgeschützen,  welche  sich  achter  befanden 
WTirden  die  Lafetten  zertrümmert,  eines  fiel  ins  Meer,  ebenso  wie  1 1  Stück- 
pfortendeckel an  Backbord,  endlich  wurde  die  Bordwand  auf  eine  Länge 
von  mehr  als  60  Fuß  vollständig  zertrümmert.  Auch  die  Takelage  und 
das  Heck  hatten  einige  Beschädigimgen  erlitten. 

Bald  nach  diesem  Zusammenstoße  mit  dem  „Kaiser*  war  ,R6  di 
Portogallo"  backbord  von  einigen  Holzschiffen,  steuerbord  von  zwei 
Panzerfregatten  bedroht  und  befand  sich,  da  er  von  den  übrigen  Schiffen 
seiner  Gruppe  getrennt  war,  in  einer  bedenklichen  Lage.  Er  beantwortete 


kräfli^  ihr  Ffuer  mit  seiiii?r  Batterie  und  bes^trc-bte  sich  durch  rasche 
Bewegungen  den  beabsichtigten  Stößen  der  gepanzerten  Gegner  zu 
entziehen.  Viele  feindliche  Geschosse  beschädigten  das  Deck  und  die 
Takelage;  der  zweite  Kommandant,  Fregattenkapitän  Emerich  Acton, 
wurde  bei  dieser  Gelegenheit  durch  einen  Granatsplitter  leicht  verwundet, 
kehrte  aber,  nachdem  er  verbunden,  wieder  auf  seinen  Posten  zurück. 
Eine  Granate  platzte  in  der  Großmars  und  tötete  und  verwundete  einige 
der  dort  postierten  Marsgasteu. 

Linienschiffskapitän  Riboty,  der  seine  Augen  in  diesem  kritischen 
Augenbhcke  nach  den  anderen  Kampfgenossen  umherschweifen  ließ,  sich 
aber  von  diesen  verlarfsen  fand,')  versuchte  nun  eine  6sterreichische 
Holzfregalte  —  .Schwarzenberg"  —  anzurennen,  um  sich  Bahn  zu 
brechen,  erhielt  alier  von  derselben  eine  konzentrierte  Breitseile,  durch 
welche  ihm  Heck  und  Masten  neuerdings  beschädigt  wurden.  Es  gelang 
ihni  aber  schließlich  doch  sich  frei  zu  machen  und  mit  jenen  italienischen 
Panzerschiffen,  die  sich  jetzt  in  westlicher  Richtung  um  die  nun  auf- 
tauchenden Teteschiffe  des  Kontreadmirals  Vacca  sammelten,  zu 
vereinigen. 

Noch  einmal  im  Verlaufe  der  Schlacht  gelang  es  tiem  tapferen 
Kommandanten  dieses  Schiffes,  sich  vorteilhalt  bemerkbar  zu  machen. 
Auf  das  Signal  des  kommandierenden  Admiials  an  die  Flotte.  12''  15"": 
(Die  Flotte  hat  mit  Freiheit  der  Bewegung  und  des  Manövers  den  Feind 
zu  verfolgen*,  welches  Signal  erfolgte,  als  das  Gros  der  österreichischen 
Holzschiffe  sich  von  der  Begleitung  des  Linienschiffes  .Kaiser*  abge- 
wendet hatte,  um  wieder  den  eigenen  Panzerschiffen  zuzusteuern  und 
welche  Vereinigung  Admiral  Persano  durch  ein  kühnes  Daraufgehen 
zu  verhindern  trachtete,  ging  nur  der  ,R^  di  Portogallo*  aus  der  Linie 
der  Panzerschiffe  heraus,  um  diesem  Befehle  nachzukommen.  »Aber*, 
wie  Linienschiffskapitün  Ribotj'  vor  der  Unlersuchungskommission  aus- 


1)  .Fecidel  mio  megliQ  per  isvintolarini.  cercai  se  era  possibile  di  andare  ad 
invealire  una  Tregnla,  che  sup|mngo  fosse  la  ,Novara';  nia  nientre  nii  avvirinava  a. 
queslo  bastimenl'j.  due  pornwalc  tiPiiilche  si  presentnrono  e  m'impedirono  quella 
tnanovra.  Allora  rcrrai  ro^tli  occhl  i  tniei  compagDi,  cercai  gU  aJtri  Itasiimenli  e  mi  vidi 
sulo  in  mezzo  aüa  squadra  neniica:  gli  aitri  basUiiienli  si  rirorniavano  naluralntent«  col- 
rislenlo  di  litoniare  all' aliacco.  Allora  mi  fcei  siradai  diressi'per  sorllre  e  vi  liiucUi  | 
il  nemiL'O  dovetle  lasciarmi  passare  cd  aodai  a  prendere  11  mio  posto  nclla  linea  della 
corraizftlc* Rcndiconli  ele.  elc;  deposizioneBiboty  Seile  91.  Riholy  meinl  hiermit  def  ! 
.Novara*  eu^-a^ieii  gewesen  zu  sein,  doch  sprichl  Hie  Situalion  für  die,  Schwanenlwr^. 
da  entere  um  diese  Zeit  sich  in  der  Nfthe  des  Pla^^nschifies  berand. 


285 

sagte,  »als  ich  sah,  daß  keinerlei  Signal,  weder  des  Lobes  noch  des 
Tadels  für  dieses  Manöver  gehißt  wurde;  als  ich  fand,  daß  mir  niemand 
gefolgt  war  und  ich  allein  diese  Bewegung  gegen  die  feindliche  Eskadre 
ausgeführt  hatte^  überkam  mich  das  Gefühl,  als  ob  ich  vielleicht  gefehlt 
hätte  und  dies  nicht  die  Absicht  des  Admirals  en  chef  gewesen  wäre  und 
aus  diesem  Grunde  begab  ich  mich  wieder  auf  meinen  Posten  zurück*. 
Wir  werden  später  sehen,  daß  LinienschifTskapitän  Riboty  sich  nicht 
geirrt  hatte  und  was  die  Ursache  der  Nichtausführung  dieses  Befehls 
gewesen  ist. 

Linienschiffskapitän  Riboty  wui'de  für  sein  ausgezeichnetes  Ver- 
halten vor  und  während  der  Schlacht  von  Lissa  mit  der  goldenen  Miliär- 
verdienstmedaille  dekoriert  und  gleichzeitig  zum  Kontreadmiral  befördert. 

Die  Verluste  des  „Re  di  Portogallo"  waren:  1  Offizier  leicht  ver- 
wundet, 3  Mann  tot,  4  Mann  schwer  und  7  Mann  leicht  verwundet. 

Maria  Pia  —  Linienschififskapitrm  Marchese  del  Garetto  —  folgte 
ihrem  Gruppenführer  ,Re  di  Portogallo",  als  derselbe  bei  Begmn  der 
Schlacht  gegen  die  österreichische  Holzdivision  abfiel  und  beteiligte  sich 
an  der  Beschießung  derselben.  Als  sich  das  Linienschiff  „Kaiser**  bei 
seinem  Kampfe  mit  dem  „Re  di  Portogallo**  von  diesem  befreit  hatte,  war 
es  „Maria  Pia",  die  auf  ungefähr  4  Kabel  (800  Meter)  entfernt,  dasselbe 
engagierte  und  so  wirksam  beschoß,  daß  die  2.  Sektion  der  2.  Batterie 
außer  Gefecht  gesetzt,  das  Dampfrohr  zerschossen  und  auch  ein  Teil  der 
Achterdeckdivision  kampfunfähig  wurde.  Als  sodann  später  „R6  di  Por- 
togallo"  neuerdings  von  mehreren  feindlichen  Schiffen  umgeben  und 
angegriffen  war,  trachtete  „Maria  Pia**  demselben  zu  Hilfe  zu  kommen, 
mußte  aber  einen  großen  Bogen  beschreiben,  um  den  zwei  itaUenischen 
Panzerschiffen  „Ancona**  und  „Varese"  auszuweichen,  die  sich  selbst 
angerannt  hatten  und  mit  ihrer  Takelage  ineinander  geraten  waren.  Hie- 
durch  ging  so  viel  Zeit  verloren,  daß  die  beabsichtigte  Unterstützung  des 
„Re  di  Portogallo*.  der  sich  inzwischen  selbst  Luft  gemacht  hatte,  über- 
flüssig ward.  Sie  wollte  daim  zwei  österreichischen  Panzerschiffen,  welche 
in  einem  Manöver  begriffen,  scheinbar  Kurs  gegen  die  italienische  Holz- 
flotte nahmen,  den  Weg  verlegen,  kam  aber  dabei  selbst  ins  Gedränge, 
indem  noch  zwei  andere  Panzerschiffe  an  dieser  Stelle  erschienen.  „Maria 
Pia*  bestrebte  sich  nun,  eines^der  österreichischen  Panzerschiffe  —  walir- 
scheinlich  „Prinz  Eugen"  —  welches  dwars  vor  ihr  passierte,  zu  rammen; 
dieses  wich  jedoch  rasch  nach  steuerbord  aus,  von  „Maria  Pia**  eine  volle 
Breitseite  und  Gewehrsalven  in  dem  Augenblicke  erhaltend,  als  beide 
Schiffe  ganz  nahe  aneinander  vorbeikamen  (siehe  Seite  247). 


Bei  diesem  Enjragement  erhiell , Maria  Pia"  zwei  Graiiatschüsse  in  die 
Koramandanteriwohnuiig,  welche  zündeten;  der  Kommandant  steuerte 
aus  dieser  Veranlassung  eine  Zeitlang  außerhalb  des  Gefechtsbereiches, 
um  das  entstandene  Feiier  zu  löschen.  Nachdem  dies  hinnen  kurzem 
gehingen  war,  nahm  .Maria  Pia"  sodami  wieder  die  Richtung  gegen  die 
eigenen  Panzerschiffe,  welche  das  inzwischen  gemachte  Signal  Kontre- 
admirals  Vacca.  Formierung  einer  Kielwasserlinie,  auszuführen  begannen. 
Hiebei  stieß  „Maria  Pia"  noch  mit  dem  ,Sau  Martino"  zusammen. 

An  Havai'ion  hatte  dieselbe  eine  Panzerplatte  beschädigt,  wobei 
das  Projelrtil  in  der  Unterlage  stecken  geblieben  war;  ansonst  noch  ver- 
schiedene kleinere  Beschädigungen  am  Schiffskörper  und  in  der  Takelage. 
Vom  Stabe  waren  die  LinienschiCfsleutnaute  Topputi  und  Pinna  leicht 
vei-wundet,  von  der  Mannschaft  blieb  1  Mann  tot,  9  Mann  schwer  und 
15  Mann  leicht  verwundet. 

Tarese  —  Fregattenkapitän  Fincati  —  war  (siehe  Seite  184)  ata 
Morgen  des  20.  nebst  der  Panzerkorvette  .TeiTibile"  vor  Comisa,  um  die 
dortigen  Werke  zu  beschießen  mid  hiedurch  zu  verhindern,  daß  die 
Besatzung  derselben  nach  dem  Hafen  S.  Giorgo  als  Unterstützung 
gezogen  werden  könne. 

Beim  Erscheinen  der  östeireichisclien  Eskadi-e  durch  den  Aviso 
.Messaggiere*  von  dort  abberufen,  kam  .Varese*  diesem  Befelüe  sofort 
nach  und  erreichte  kui'z  vor  11''  a.  m.,  nachdem  also  die  Schlacht  schon 
begonnen  halte,  die  Flotte,  sieh  als  SciilußschiEf  in  der  von  den  Panzer- 
schiffen angenommenen  Kiehvasserlinie  postierend.  Im  weiteren  Verlaufe 
der  Aktion  folgte  „Varese"  dem  Führer  der  Gruppe  ,.Re  di  Portogallo*. 
beim  Angriffe  auf  die  österreichische  Holzdivision,  befand  sich  sodann 
in  der  hierauf  entstandenen  Melee  und  stieß  wälirend  deiijclben  mit  der 
.Ancona"  (siehe  Seite  215)  zusammen,  wodurch  beide  Schiffe  gerade 
Wi'dirend  der  kritischeu  Zeit  dem  Kampfe  entzogen  wurden. 

Von  Stab  und  Mannschaft  niemand  verwundet,  Havarien  unbe- 
deutend, bloß  eine  Panzerplatte  infolge  des  Zusammenstoßes  etwas 
verrückt. 

Tenibile  —  Fregattenkapitän  Baron  de  Cosa  —  war  in  Begleilang 
der  .Varese"  Tags  vorher  nach  Comisa  geschickt  worden,  um  die 
Besatzungen  der  dortigen  Forts  wähi-eod  der  am  20,  Juli  moi-geus  beab- 
sichtigten Landung  in  Tätigkeit  zu  halten.  An  diesem  Morgen  befand«! 
sich  die  beiden  Schiffe  zirka  2  Seemeilen  westsüdwestiich  vom  Orte 
Comisa. 


287 

Noch  vor  dem  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre  am  20.  hatte 
Admiral  Persano  den  Raddampfer  »Guiscardo**  nach  Comisa  abgeschickt, 
um  sich  über  deren  bisherige  Tätigkeit  Bericht  erstatten  zu  lassen.  Aber 
schon  kurze  Zeit  nach  dem  Eintreffen  des  „Guiscardo**  und  während 
dieser  gerade  ein  Boot  an  Bord  der  „Terribile"  abgesandt  hatte,  erschien 
dort  gegen  9^  a.  m.  auch  der  Avisodampfer  „Messaggiere**,  der  sofort  nach 
dem  Sichtbarwerden  der  Österreicher  vom  kommandierenden  Admiral 
entsendet  worden  war,  mit  dem  Signale  „Vereinigung"  am  Vortop. 

Fregattenkapitän  de  Cosa  behauptete  nun,  daß  diesem  Signale  des 
„Messaggiere*  nur  das  Präsignal  der  „Varese**  beigefügt  gewesen  wäre, 
so  daß  er  geglaubt  habe,  daß  es  nur  dieser  allein  gelte.  Aus  diesem  Grunde 
habe  er,  als  rangälterer  Kommandant,  ihr  das  Signal  gegeben:  .Den  erhal- 
tenen Befehl  ausführen",  worauf  auch  ^Varese"  alsbald — 9^  15°^  a.  m. — 
zur  Flotte  abgegangen  sei. 

Er  selbst  habe  noch  Kurs  gegen  Comisa  genommen  „um  nachzusehen, 
was  zu  tim  wäre  (onde  veder  il  da  farsi)".  Erst  als  ihm  seine  m  den  Marsen 
postierten  Ausluger  das  Herannahen  der  feindlichen  Eskadre  meldeten, 
sei  auch  er  —  aber  aus  eigener  Veranlassung  — ^)  mit  der  „Terribile" 


1)  Hier  besteht  infolge  der  voneinander  abweichenden  Darstellungen  in  den 
Zeugenaussagen  eine  Lücke,  die  nicht  auszufüllen  ist,  in  welcher  aber  nach  unserem 
Dafürhalten  gerade  der  Schwerpunkt  der  ganzen  Angelegenheit  liegt. 

Auf  der  einen  Seite  behauptete  Fregattenkapitän  de  Cosa  (und  mit  ihm  die 
meisten  Zeugen  der  ^Terribile**),  daß  das  Einberulungssignal  ^Vereinigung**  nur  an  die 
^Varcse"  gerichtet  gewesen  wäre  und  daß  er  dann  dieses  Signal  erst  wieder  nach  lü'S 
nachdem  er  aus  eigener  Veranlassung  die  Fahrt  zur  Flotte  angetreten  hatte  und  schon 
auf  dem  Wege  dorthin  war,  auf  den  drei  Dampfern  „Messaggiere**,  ^fEsploratore*  und 
.Guiscardo**,  zu  gleicher  Zeit  habe  wehen  sehen. 

Auf  der  anderen  Seite  sagten  dagegen  die  Kommandanten  der  Dampfer  ^Guiscardo* 
und  ^ Messagiere *",  die  Fregattenkapitäne  Pepi  und  Giribaldi  vordem  Senate  aus,  daß 
sie  die  „Terribile"  noch  rechtzeitig  mittels  des  Signals  „Vereinigung'*,  welches  auch  vom 
„Guiscardo**  wiederholt  worden  war,  verständigt  und  einberufen  hätten. 

Fregattenkapitän  Fincati  endlich  deponierte  „daß  die  „Terribile"  vor  ihm  ge- 
wesen sei**,  jedoch  gestoppt  habe  (er  wisse  nicht  warum)  und  der  „Varese**  den  Befehl 
erteilte,  ihren  Kurs  weiter  fortzusetzen.  Diese  Widersprüche  lassen  sich  nicht  zusam- 
menreimen und  den  Fall  direkt  zur  Beurteilung  bringen.  Aber  unwillkürlich  drängen  sich 
die  Fragen  auf:  Warum  sollte  der  „ Messagiere **,  der  doch  vom  kommandierenden  Admiral 
abgesendet  worden  war,  beide  Schiffe  einzuberufen,  nachdem  er  sich  doch  mit  beiden 
auf  Signaldistanz  befand  und  der  als  Repetiteur  für  Signalisierungen  zusanmiengesetzter 
Art  eingerichtet  sein  mußte,  nur  der  „Varese**  allein  das  Signal  ,. Vereinigung*  gemacht 
und  nicht  beide  Präsignale  zugleich  gehißt  haben?  Ferner  warum  verstärkte  „Messag- 
giere"    in  diesem   wichtigen   Falle  nicht,  >vie  es  üblich,  ja  sogar  vorgeschrieben  isti 


288 

zur  Flotte  abgegangen,  da  ihm  die  erhaltenen  Instruktionen  für  diesen  Fall 
von  selbst  das  Einrucken  vorschrieben.  Es  dürfte  dies  jedenfalls  zwischen 
9*^  30"*  und  9^  45"*  a.  m.  gewesen  sein. 

Wenn  die  Entfernung  des  Kampfplatzes  von  der  Bai  von  Comisa 
mit  imgefähr  10  bis  12  Seemeilen  angenommen  wird,  so  konnten  noch 
immer  bei  gehörigem  Eifer  und  Bemühen  beide  Schiffe  in  längstens 
1  bis  174  Stunden  («Terribile**  besaß  eine  Geschwindigkeit  von  11  Seemeilen) 
auf  demselben  eingetroffen  sein  und  an  der  Schlacht  teilnehmen,  nachdem 
diese  erst  um  10**  43"*  a.  m.  begann. 

Wie  wir  wissen,  langte  „Varese**  kurz  nach  Beginn  derselben  gegen 
10^50°*,  «Terribile**  aber  erst  nach  liy^^  auf  dem  Schlachtfelde  an; 
letztere  gerade  zu  der  Zeit,  als  sich  das  Linienschiff  „Kaiser*  entmastet 
und  brennend  nach  S.  Giorgio  zurückzog.  Während  aber  ,Varese*  sich 
gleich  an  dem  Angiiffe  der  Queuegruppe  Riboty  auf  die  österreichische 
Holzdivision  mitbeteiligte,  stürzte  sich  „Terribile*  nicht  sofort  in  die  eben 
stattfindende  Melee  der  Panzerschiffe,  sondern  hielt  sich  abseits  in  der 
Nähe  der  Holzflotte  des  Vizeadmirals  Albini  auf,  sich  darauf  beschränkend, 
das  Linienschiff  auf  eine  Entfernung  von  7  bis  8  Kabel  (1400  bis  1600  m)  zu 
beschießen.  Und  doch  mußte  Fregattenkapitän  de  Cosa  wissen,  daß  sein 
Platz  dort  sei,  wo  die  Panzerschiffe  kämpften,  daß  er  also  auf  jede  Gefahr 
hin,  koste  es  was  es  wolle,  dorthin  zu  gelangen  habe.  Welche  willkonmiene 
und  wertvolle  Unterstützung  er  aber  mit  seinem  Schiffe  gerade  in  dieser 


seine  Signale  mit  Kanonenschüssen,  um  auf  das  Pressante  derselben  aufmerksam  zu 
machen? 

Andrerseits  könnte  man  auch  fragen,  ob  es  denn  dem  Fregattenkapitän  de 
Cosa  —  wenn  seine  Angabe  die  richtige  ist  —  nicht  auffallen  mußte,  daß  in  diesem 
Momente  die  ihm  unterstellende  ^Varese"*  mittels  eines  eigenen  Avisodampfers  allein 
abberufen  wurde  und  ob  es  denn  nicht  der  Mühe  wert  gewesen  wäre,  sich  über  die 
Ursache  dieser  plötzlichen  Einberufung  naher  zu  erkundigen,  bevor  er  ihr  die  Erlaubnis 
gab,  abzufahren.  Daß  etwas  Wichtiges  vorgefallen  sein  mußte,  um  die  Einberufung 
gerade  in  diesem  Momente  zu  veranlassen,  lag  doch  nahe. 

Wie  dem  nun  sei  und  wen  immer  die  Hauptschuld  daran  treffen  möge,  die 
Tafsache  bleibt  bestehen  und  ist  geradezu  unbegreiHich,  daß,  trotzdem  der  komman- 
dierendt^  Admiral  noch  ruchtzeitii,'  (einige  Minuten  nach  8^^  a.  ni.)  einen  seiner  schnellsten 
Avisodampfer  1  -Messag^'iere*  verfügte  über  eine  Gescliwindigkeit  von  Itibisl?  Seemeilen 
l'FO  Stundei  nach  dem  nur  lObisl:^  Seemeilen  entfernten  Comisa  absandte,  daß  also  mit 
llücksicht  auf  dess<Mi  dorti^'es  ElutretlVn  nocli  immer  t'a.^t  1*  Stunden  Zeit  bis  zum 
Degiun  <ier  Schlacht  zur  Verfügung  standen,  dennoch  die  einberufenen  Schiffe  und 
speziell  die  ,Terril)ile-  nicht  auf  ih:en  Posten  eintrafen.  A.  d.  V. 


289 

Phase  der  Schlacht  seinen  Kampfgenossen  hätte  bringen  können,  brauchen 
wir  nach  dem  geschilderten  Verlaufe  derselben  nicht  weiter  zu  erörtern. 

Es  wurde  dem  Fregattenkapitän  de  C  o  s  a  auch  der  Vorwurf  gemacht, 
daß  er  nicht  die  Gelegenheit  benätzt  habe,  ein  dem  .Kaiser**  folgendes 
österreichisches  Kanonenboot  —  „Reka*  —  zu  rammen.  Inwieweit  diese 
Beschuldigung  begründet  und  gerechtfertigt  sein  mag,  läßt  sich  mit 
Sicherheit  nicht  feststellen,  zumal  diese  Beschuldigung  nicht  von  berufener 
Seite  (bloß  auf  die  Aussage  des  2.  Piloten  und  eines  Steuergastens  hin) 
erfolgte  oder  in  klarer  einwandfreier  Weise  bewiesen  wurde.  Wir  glauben 
daher,  daß  auf  dieselbe  nicht  viel  zu  geben  ist  und  sie  sich  mehr  als  eine 
individuelle  Anschauung  der  erwähnten  Zeugen  darstellt  Charakteristisch 
bleibt  es  immerhin,  daß  diese  Beschuldigung  erhoben  wurde. 

,Terribile"  beschrieb  noch  während  der  Dauer  der  Melee,  jedoch 
stets  außer  Schußbereich  einige  unnütze  Kreise  ^)  und  reihte  sich  sodann 
in  die  vom  Kontreadmiral  Vacca  inzwischen  anbefohlene  Kielwasser- 
linie ein. 

Infolge  dieser  seiner  Haltung  vor  und  während  der  Schlacht,  die 
nach  den  Aussagen  der  am  Bord  eingeschifften  Offiziere  sowohl  bei  diesen 
wie  auch  bei  der  Mannschaft  einen  ungünstigen  Eindruck  hinterließ,  wurde 
Fregattenkapitän  Baron  de  Cosa  wegen  , Feigheit  vor  dem  Feinde*  vor 
ein  Kriegsgericht  gestellt,  von  diesem  zwar  freigesprochen,  jedoch  hierauf 
einem  Disziplinargericht  überwiesen  und  mit  der  einfachen  Dienstes- 
entlassung (rivocazione  di  grado)  bestraft.  Wir  unterlassen  es,  auf  diesen 
Prozeß  des  Fregattenkapitäns  de  Cosa,  welchen  man  mit  auf  d^Eis  poUtische 
Gebiet  hinüberzuspielen  versucht  hatte,  des  weiteren  einzugehen  und 
beschränken  uns  nur  darauf,  unserer  Anschauung  dahin  Ausdruck  zu  geben, 
daß,  von  welchem  Standpunkte  immer  man  das  Verhalten  dieses  Offiziers 
beurteilt  und  bei  vollkommen  unparteiischer  Berücksichtigung  aller  Um- 
stände, man  zu  der  Oberzeugung  gelangt,  daß  ihm  eine  besondere  Umsicht 
und  Tatkraft  nicht  innewohnte  sowie  daß  er  es  nicht  verstand,  mit  dem  von 
ihm  befehligten  Schiffe  jenen  Anteil  an  der  Schlacht  zu  nehmen,  der  ihm 
zukam  und  den  nehmen  zu  können  er  möglich  machen  mußte. ')  Es  ist  nicht 


^)  „Dopo  girammo  in  contromarcia  faori  di  portata  del  Uro,  non  saprei  per  quäle 
motivo,  ma  credo  per  indecisione  del  Gommandante ;  vidi  che  girammo  intomo  a  noi 
stessi  e  dopo  alquanti  di  questi  giri  che  durarono  una  mezza  ora  approssimativamente 
la  Terribile  entrö  nella  linea  di  fila  ordinata  dal  ^Principe  di  Garignano.*^  Aus  der 
Zeugenaussage  des  1.  Piloten  Zicavo. 

2)  Randaccio  etc.  etc.  tomü,  Seite  279  bis  280;  ebenso  Giuriati,  „Memorie  di 
un  vecchio  awocato';  cap.  Lissa,  Seite  59  bis  80. 

Fleischer,  Die  k.k.  Kriegsmarine  1866.  19 


anders  denkbar,  als  daß  die  .Terribile"  unnötig  spät  von  Comisa  ab- 
gefahren ist,  nicht  den  kürzesten  Weg  eingeschlagen  und  auch  sonst  alles 
aufgeboten  hat,  um  so  schnell  als  möglich  auf  ihrem  Posten  einzutreffen. 

Diese  Anschauung  stimmt  auch  mit  jener  der  überwiegenden  Mehrheit 
der  eigenen  Offiziere  sowie  fast  aller  italienischen  Geschichtsschreiber 
überein. 

Formidabile  —  Fregattenliapitän  Saint -Bon  —  hatte  die 
ÜbereehilTung  ihrer  Verwundeten  vom  vorhergehenden  Tag  auf  das 
Hospitalschifi' .Washington"  eben  beendet,  als  vom  .R^d'Italia*  das 
Signal  zur  Formierung  der  Frontlinie  gegeben  wurde.  Noch  am  Abend 
des  19.  gelegentlich  der  Berichterstattung  über  sein  Gefecht  mit  der 
Madonna-Batterie  hatte  Fregattenkapitän  Saint-Bon  dem  komman- 
dierenden Admiral  die  Meldung  gemacht,  daß  er  die  Havarien  seines 
SchilTes  für  solche  halte,  die  ihm  nicht  erlaubten,  bei  der  herrschenden 
See  noch  an  einer  weiteren  Aktion  teilnehmen  zu  können  und  gleich- 
zeitig um  die  Erlaubnis  angesucht,  behufs  Reparatur  derselben  nach 
Ancona  abgehen  zu  dürfen.  Auf  dieses  Ansuchen  hin  verlangte  der 
Admiral  von  ihm  einen  detaillierten,  schriftlichen  Rapport,  nach  dessen 
Emsichtnahme  er  ilim  seinen  Entschluß  kundzugeben  versprach.  Dieser 
Rapport  befand  sich  jedoch  beim  Erscheinen  der  österreichischen  Eskadre 
noch  nicht  in  den  Händen  des  Admirals, 

Als  nun  der  ,Re  d'  Itaha"  das  Signal  zur  Formierung  der  FrontUiiie 
gab,  signalisierte  der  Kommandant  Saint-Bon  dem  ,Red*Italia'  tele- 
grapbisch:  ,Chiedo  di  riparare  ad  AnconaP",  auf  welche  Anfrage  dieser 
vorläufig  nur  mit  dem  Signale  „Verstanden*  antwortete,  da  eben  die 
Überschiffung  des  Admirals  Persano  auf  den  „Affondatore'  stattfand.') 

Später  hißte  der  ,Re  d'ltalia"  das  Signal:  .Affondatore — Formlda-^ 
bile*,  wahrschemlich  um  hiermit  dem  „ Affondalore *  die  Austragung 
dieser  Angelegenheit,  die  nur  dem  kommandierenden  Admiral  zukam,  zn 
übertragen.  Aber  dieses  Hin-  und  Hersignahsieren  wurde  dadurch  unvCT- 
ständlich,  daß  in  diesem  Augenblicke  aucli  der  »Affondatore*  dem  ,Rfc 
d'  Itaha*   Signale  zeigte,  auf  welche  letzterer  nait  der  Intelligenz  (pro*» 

))  Eid  eigentQmUches  Lacht  auf  die  rasche  Entschluß fossung  sowie  auf  die  All 
der  Befehlsgel) ung  des  Admirals  Persano  wirft  die  von  seinem  Slaltschef  Linienscbib 
kapilAn  d'Amico  angeführte  Tatsache,  daB,  als  dein  Admiral  lias  Signal  der  ,Formid>> 
bile"  gemeldet  wurde,  er  dem  Stabschef  befalil,  keine  andere  AnlwQrt  za  gcUen  als 
.Verstanden*.  Mittlerweile  erfolgte  die  überstürzte  ÜberschiQung  auf  den  ,AiTot)(ialoi** 
und  die  Folge  davon  war  diese  Konfusion. 

Rendiconti  etc.j  de[)09izione  d'Amico  Seite  Gl.  A.  (L  V. 


291 

sima)  antwortete.  Da  nun  die  Prossima,  als  Antwort  auf  eine  vorher- 
gehende Anfrage  gehiBt,  dieselbe  bejahend  macht,  so  glaubten  Komman- 
dant Saint-Bon  und  mit  ihm  die  Offiziere  seines  Schiffes,  welche  von 
der  Überschiflung  des  kommandierenden  Admirals  auf  den  «Affondatore* 
keine  Ahnung  hatten,  daß  der  Admiral  eine  bejahende  Antwort  auf  zwei 
gleichzeitige  Anfragen  geben  lasse,  eine  von  der  «Formidabile*  ausgehend, 
die  andere  vom  «Affondatore*.  Fregattenkapitän  Saint -Bon  hielt  sich 
darnach  für  berechtigt,  dem  früher  erwähnten  Formationssignale  keine 
Folge  leisten  zu  müssen,  nahm  seinen  Posten  in  der  Frontlinie  nicht  ein, 
sondern  steuerte  abseits  der  Flotte  gegen  Busi,  wo  er  bis  12^  mittags 
müßiger  Zuseher  blieb  und  dann  nach  Ancona  abging. 

Indem  wir  es  dahingestellt  sein  lassen,  inwiefern  eine  solche  unbe- 
stinmite,  nicht  jeden  Zweifel  ausschließende  Antwort  den  Kommandanten 
der  „Formidabile*  ermächtigen  konnte,  angesichts  der  bevorstehenden 
Aktion  und  der  ihm  hieraus  erwachsenden  Verpflichtung,  die  Flotte  zu 
verlassen,  wollen  wir  nur  den  Umstand  ins  Auge  fassen,  ob  die  Verluste 
und  Havarien  der  «Formidabile'*  am  vorhergehenden  Tage  auch  wirklich 
solche  waren,  daß  sie  das  gestellte  Verlangen  überhaupt  rechtfertigten. 
Dieselben  bestanden  in  folgendem:  1  Offizier  war  schwer,  1  leicht  ver- 
wundet; von  der  Mannschaft  waren  3  Mann  tot  und  39  in  mehr  oder 
minder  hohem  Grade  verwundet.  Da  die  Bemannung  der  «Formidabile'' 
aus  356  Mann  bestand,  so  blieben  immer  noch  mehr  als  300  Mann  kampf- 
fähig. Das  Schiff  selbst  ^)  zog  zwar  vorne  etwas  Wasser  infolge  der  Locke- 
rung der  Panzerplatten  durch  die  erhaltenen  Schüsse;  dieser  Umstand 
fiel  aber  nicht  schwer  ins  Gewicht,  da  das  Steigen  des  Pumpensoodes 
ganz  unbedeutend  und  die  Maschine  im  Gange  war;  die  Kettenwuhling 
auf  Deck  war  an  zwei  Stellen  gesprungen,  ein  Ventilator  zertrünmiert, 
zwei  andere,  welche  in  die  Maschine  führten,  ganz  durchschossen,  6  Stück- 
pfortendeckel der  Batterie  verloren,  andere  unbrauchbar  geworden, 
mehrere  Schüsse  im  toten  Werk,  die  zwei  Ankerkrane  beschädigt,  Kamin 
stark  durchlöchert,  Boote  unbrauchbar,  ebenso  1  Geschütz. 

So  wenig  diese  Havarien  zu  unterschätzen  gewesen  sein  mögen, 
so  waren  dieselben  —  wie  auch  später  bei  der  Besichtigung  hervorge- 
hoben wurde  —  doch  nicht  der  Art,  daß  sie  die  Beteiligung  des  Schiffes 
in  der  bevorstehenden  Schlacht  geradezu  ausschlössen,  wenn  anders  an 
die  notwendigsten  Ausbesserungen  und  Reparaturen  während  der  Nacht 


^)  Ofilzieller  Ausweis  über  die  Beschädigungen  der  Schiffe  bei  den  Angriffen  am 
18.  und  19.  Juli  gegen  die  Forts  von  Lissa. 

19* 


mit  aller  Energie  und  Hingebung  geschritten  wurde.  Insbesondere  was 
den  vom  Kommandantea  angeführten  Cbelstand  anbelangt,  daß  das  Schiff 
wegen  seiner  beschfidigten  Stöckpforten  Gefahr  lief,  bei  bewegter  See 
unterzugehen,  so  erscheint  gerade  dieser  etwas  übertrieben,  da  demselben 
wohl  zur  Not  mit  Bordmitteln  abgeholfen  werden  konnte.  Wir  sind  zu 
dieser  Anschauung  um  so  mehr  berechtigt  als  es  in  der  italienischen  Flotte 
noch  andere  Schiffe  mit  gleicher  Batteriehöhe  über  Wasser  gab  und  auch 
die  kleinen  österreichischen  Kanonenboote,  welche  viel  von  der  bewegten 
See  am  20.  zu  leiden  hatten,  dennoch  alle  ausnahmslos  auf  das  Signal 
ihres  Admirals  sich  in  den  Gefechtszustand  versetzten  und  den  Ktunpf 
aufnahmen. 

Admiral  Persano  ließ  die  vom  Fregattenkapitän  Saint-Bon  ange- 
führten Gründe  seiner  Nichtbeteiligung  an  der  Schlacht  auch  nicht  gelten 
und  berichtete  hierüber  an  den  Minister:  «daß  der  Kommandant  Saint- 
Bon,  welcher  sich  durch  die  Bekämpfung  der  Batterie  im  Hafen  von 
S.  Giorgio  so  ausgezeichnet  hatte,  sich  infolge  des  Zustandes  seines 
Schiffes  für  ermächtigt  gehalten  habe,  ohne  Erlaubnis  die  Flotte  zu 
verlassen  und  nach  Ancona  zu  gelien  und  daß  derselbe  dadurch  seine 
Pflicht  verletzt  habe,  daß  er  es  nicht  verstand,  die  erlittenen  Havarien  so 
gut  als  möglich  auszubessern  und  sich  an  der  Aktion  zu  beteiligen*. ') 

Tatsächlich  war  anfangs  die  Absicht  vorhanden,  den  Fregatten- 
kapitän Saint-Bon  wegen  seines  eigenmächtigen  Vorgehens  und  Vei^ 
haltens  am  20.  Juli  vor  ein  Kriegsgericht  zu  stellen  und  wenn  später 
bievon  Umgang  genommen  wurde,  so  dürfte  der  Grund  wohl  nur  darin 
zu  suchen  sem,  daß  man  nachträglich  einer  weiteren  Ausdehnung  der 
durch  die  unliebsamen  Ereignisse  des  20.  Juli  hervorgerufenen  Prozesse 
abgeneigt  war  und  aus  politischen  Gründen  lieber  jene  Episoden  heraus- 
kehrte, welche  dem  Nationalgefühl  schmeichelten  und  die  Marine  mit  dem 
so  notwendigen  militärischen  Ruhme  umgaben.  Wir  werden  später  noch 
auf  diesen  Punkt  zu  sprechen  kommen,  glauben  aber  schon  hier  an  dieser 
Stelle  die  Bemerkung  machen  zu  sollen,  daß  es  keinem  Zweifel  unterliegt* 
daß  nur  die  schöne  Haltung  des  Fregattenkapitäns  Saint-Bon  vom  19. 
es  war,  die  ihn  vor  den  Folgen  seines  Verhaltens  am  20.  bewahrte.  Auch 


>)  .H  commandante  Saint-Bon,  che  tanto  bene  si  era  distiot«  battendosi  in  Porto 
S,  Giorgio,  credette  lo  stato  del  suo  basümento  lale  da  essere  autorizzalo.  lenia  aletm 
penneaso  ad  uscire  dolla  linea  e  dirigere  per  Ancona  e  percio  mancö  del  uon  «Ter 
sftputo  rip&rare  ai  suoi  danni  e  preader  oosl  parle  bJT  azione,' 

Rendiconti  etc.;  Rapporto  del'aminiraglio  Persano  al  miiÜBtro  delta  matina. 


293 

der  italienische  Geschichtsschreiber  Randaccio,  so  reserviert  er  sich 
sonst  über  diesen  Punkt  ausspricht,  läfit  dies  durchblicken.  ^) 

Affondatore  —  Linienschiffskapitän  Martini.  Über  dieses  Schiff« 
welches  als  Flaggenschiff  des  Admirals  Persano  während  der  See- 
schlacht von  Lassa  nachmals  so  oft  genannt  wurde,  dessen  Leistungen 
aber  gerade  seinem  Namen  und  den  gehegten  Erwartungen  so  wenig  ent- 
sprachen, glauben  wir  zum  besseren  Verständnis  der  später  zu  schildern- 
den Ereignisse  eine  kurze  Beschreibung  vorausschicken  zu  sollen. 

Der  «Affondatore*,  zu  London  aus  Eisen  erbaut,  war  ZW  lang. 
Der  Panzer  auf  einer  Teakholzimterlage  von  IV  Dicke  mittels  Holz- 
schrauben befestigt,  die  jedoch  nicht  durch  die  eiserne  Schiffswand 
gingen,  reichte  T  unter  Wasser  und  war  an  der  Wasserlinie  5"  dick. 
Vom  Oberdeck  (Sturmdeck)  1'  über  Wasser  aufwärts  war  das  Bordwand- 
blech bloß  IVs''  ^^^K  konnte  daher  leicht  von  Hohlgeschossen  durch- 
schlagen werden.  Das  Oberdeck  war  unter  der  Holzbeplankung  mit 
S  Lagen  V  dickem  Eisenbleche  belegt,  um  gegen  auf  Deck  fallende 
Schüsse  Schutz  zu  bieten  und  befanden  sich  auf  demselben  eine 
Menge  Einrichtungen  aus  Holz  hergestellt,  so  daß  Hohlgeschoße  leicht 
einen  Brand  entzünden  konnten.  Jeder  der  2  Drehtürme  besaß  ein  gezo- 
genes SOOpfündiges  Armstronggeschütz. 

Der  Eommandotium,  vollständig  gepanzert,  befand  sich  beiläufig  in 
der  Mitte  des  Schiffes,  war  elipsenförmig  und  lag  seine  größere  Achse  in 
der  Richtung  der  Breite  des  Schiffes.  Ringsherum  waren  in  demselben 
Scharten  (ferritoje)  angebracht,  durch  welche  man  einen  kleinen  Teil  des 
Horizontes  übersah.  Nach  oben  hatte  er  für  den  Kommandanten  zwei 
Löcher,  durch  die  man  den  Kopf  herausstecken  konnte,  um  einen  vollstän- 
digen Überblick  zu  haben,  ferner  eine  gi'ößere  öfihung  mit  einer  Stiege, 
durch  welche  man  von  Deck  aus  in  den  Turm  gelangte. 

Das  Schiff  hatte  eine  mittlere  Geschwindigkeit  von  11  Seemeilen, 
brauchte  aber  zum  Beschreiben  eines  Drehkreises  8  bis  9  Minuten.  Als 
fühlbare  Mängel  waren  außer  diesen  soeben  genannten  noch  zu  bezeichnen : 
daß  das  Schiff  einen  größeren  Tiefgang  hatte,  als  nach  dem  Konstruktions- 
plane festgesetzt  worden  war;  die  Panzerung  zu  tief  unter  und  zu  wenig 
ober  die  Wasserlinie  ging;  daß  die  nur  mit  dünnem  Blech  bedeckte  Bord- 


1)  Saint-Bon,  der  eine  sehr  rasche  Karriere  machte,  im  Jahre  1873  Konlre- 
admiral  und  Marineminister  wurde,  starh  23.  November  1892  als  Vizeadmiral  und 
Senator,  nachdem  er  seit  Februar  1891  abermals  das  Portefeuille  der  Marine  über- 
nommen hatte.  A.  d.  V. 


wand  und  das  Oberdeck  leicht  von  Projektilen  durchschlagen  werden 
konnten,  femer  ganz  besonders,  daß  das  Steuer,  welches  vom  Kommando- 
turm  aus  bewegt  wurde,  infolge  der  unzweckmäßig  angebrachten  Über- 
setzungen und  Führungen  sehr  schwerfällig  funktionierte  sowie  daß  das 
ganze  Schiff  seiner  bedeutenden  Länge  wegen  überhaupt  nicht  genug 
leicht  manövrierte.') 

Alle  diese  Mfingel  waren  dem  kommandierenden  Admiral  vom  Kom- 
mandanten Martini  bei  dessen  Eintreffen  bei  der  Flotte  am  19.  gemeldet 
worden,  als  Jener  die  Absicht  zu  erkennen  gab,  bei  der  zu  gewärtigenden 
Aktion  sich  auf  den  jAffondatore'  zu  überschiffen;  trotzdem  beharrte  der 
Admiral  auf  seinem  Entschlüsse,  welchen  er  schon  seit  langem  gefaßt 
haben  mußte,  wie  aus  allen  seinen  an  den  Marineminister  gerichteten 
Schreiben  und  Telegrammen  hervorgeht. 

Am  Morgen  des  20.  Juli  lag  der  .Affondatore"  ziemlich  abseits  der 
Flotte,  als  die  österreichische  Eskadre  signalisiert  wurde.  Wir  haben 
bereits  auf  Seite  196  erwähnt,  daß  Admiral  Persano  Befehl  gegeben 
hatte,  denselben  mittels  Signals  unter  Bord  des  ,R6  d'Itaüa"  zu  rufen 
und  daß,  als  der  „Affondatore"  diesem  Signale  nicht  sofort  Folge  leistete, 
ihm  noch  der  .Esploratore"  entgegengeschickt  wurde. 

Einige  Minuten  nach  10''  näherte  er  sich  endüch  dem  Flag^enschifFe, 
von  welchem  indes  schon  ein  Boot,  in  dem  sich  der  Admiral  en  chef  und 
dessen  Begleitung  befand,  entgegenruderte.  Diese  letzte  bestand  aus  dem 
Stabschef  der  Flotte,  Linienschiffskapitän  d'Amico,  dem  Sohne  des 
Admirals,  Linienschiffsleutnant  und  erster  Flaggenadjutant  Ernesto 
Conte  di  Persano,  aus  dem  zweiten  Ordonnanzoffizier  Linienschiffs- 
unterleutnant de  Luca  sowie  aus  zwei  Signalunteroffizieren,  welche 
Signale  und  Bücher  mitbrachten.  Der  Admiral  selbst  hatte  ein  in  Lein- 
wand gehülltes  Paket  in  den  Händen,  welches  Schriften  und  ver- 
schiedene diensthche  Dokumente  enthielt.  Unter  Bord  des  ,Affondatore* 
angekommen,  wurde  der  Admiral  vom  zweiten  Kommandanten  desselben. 
Linienschiffsleutnant  Chinca,  am  Fallreep  empfangen,  welchem  er  djis 
Paket  mit  den  Schriften  einstweilen  übergab,  das  er  sodann,  als  man 
ihm  an  Bord  geholfen  hatte,  sofort  wieder  zu  sich  nahm.  Der  ,  Affondatore* 
hißte  die  Kommandoflagge')  und  nachdem  er  noch  ungefähr  10  Minuten 
gewartet  hatte,  bis  das  Gefechtssteuer  im  Turme  eingekoppelt  war,  drehte  | 
er  über  Steuerbord  und  steuerte  in  dem  Intervalle  zwischen  ,Re  d'  Italia"  i 


1)  Siehe  Beilage  Mi. 

1)  Siehe  hierQbcr  die  Anmerkimg  Seile  309. 


295 

und  «Palestro*  die  eigene  Linie  passierend,  mit  nördlichem  Kurse  gegen 
die  österreichische  Eskadre.  bidem  er  den  Panzerschiffen  des  rechten 
Flügels  derselben  im  Vorüberfahren  auf  weite  Distanzen  einige  wirkungs- 
lose Schüsse  zusandte,  geriet  er  in  das  Intervall  zwischen  der  1 .  und 
2.  Division.  Hier  stieß  er  zuerst  auf  die  , Elisabeth'*,  welche  der  öster- 
reichischen Panzerdivision  als  Repetiteur  zugeteilt,  im  dichten  Pulver- 
rauch das  Admiralschiff  eine  Zeitlang  außer  Sicht  verloren  hatte  und 
nun  bestrebt  war,  dasselbe  virieder  einzuholen. 

Dieselbe  anfänglich  für  ein  Panzerschiff  haltend,  gab  er  mit  seinem 
vorderen  300pfünder  einen  Schuß  gegen  sie  ab,  ohne  zu  treffen  und 
drang  nun  mit  außerordentlicher  Geschwindigkeit,  mit  seinem  Sporn  eine 
riesige  Schaumwelle  aufwerfend,  auf  dieselbe  ein.  Die  , Elisabeth'  fiel 
nach  backbord  ab  und  begann  einen  möglichst  kleinen  Kreis  zu 
beschreiben,  fortwährend  ihre  Backbordgeschütze  gegen  den  feuidlichen 
Widder  abfeuernd;  ,Affondatore*  versuchte  in  der  gleichen  Richtung 
zu  wenden,  doch  gelang  es  ihm  nicht  mehr,  sich  senkrecht  auf  den  Kurs 
der  «Elisabeth''  zu  stellen,  denn  diese  hatte  schon  einen  halben  Kreis 
beschrieben,  bevor  noch  das  feindUche  Turmschiff,  das  seine  Wendung 
mit  einem  Durchmesser  von  1000  bis  1200  m  vollziehen  mußte,  ein 
Viertel  des  seinigen  vollendet  hatte,  worauf  es  die  Vergeblichkeit  seiner 
Bemühungen  erkennend,  zirka  100  m  backbords  an  der  ,, Elisabeth'*  vor- 
überschoß, hiebei  das  Geschützfeuer  aus  der  Backbordbatterie  derselben 
erhaltend,  welches  von  dem  Kleingewehrfeuer  der  Manövermannschafl 
mit  unterstützt  wurde. 

Nachdem  sich  der  Pulverrauch  etwas  verzogen  hatte,  gewahrte  der 
„Affondatore*  auf  kurze  Entfernung  das  Linienschiff  , Kaiser',  welches 
in  einer  schrägen  Richtung  ihm  entgegenkam.  Infolge  seiner  augenblick- 
lichen Position  und  bei  der  kurzen  Distanz  befürchtend  selbst  angerannt 
zu  werden,  wendete  er  sofort  nach  backbord,  so  daß  nun  die  beiden 
Schiffe  einander  mit  Gegenbord  entgegenkamen.  Eine  bei  dieser  Gelegen- 
heit  vielleicht  anfänglich  vorhandene  Absicht,  das  Linienschiff  zu  rammen, 
gelangte  nicht  zur  Ausführung,  da  der  ,,Kaiser'*  durch  sein  Manöver  dieses 
Vorhaben  zu  vereiteln  vnißte.  Die  beiden  Schiffe  passierten  einander  an 
Steuerbord  auf  eine  Entfernung  von  ungefähr  60  bis  80  m,  wobei  der 
«Affondatore*  seine  beiden  SOOpfilnder  auf  den  , Kaiser'  abfeuerte, 
welche  am  Bord  desselben  eiüe  bedeutende  Verheerung  anrichteten. 
, Kaiser'  hatte  mit  zwei  konzentrierten  Lagen  geantwortet,  die  ihrerseits 
dem  ,  Affondatore'  auf  Deck  und  in  der  Takelage  ziemUche  Schäden  ver- 
ursachten. Als  die  beiden  Schiffe  einander  passierten,  fand  auf  beiden 


Seiten  ein  lebhaftes  Kleingewehrfeuer  statt,  bei  welcher  Gelegenheit  am 
Bord  des  ,Affondatore"  der  Linienschiffsleutnant  Gregoretti  leicht  ver- 
wundet wurde. 

Seine  Kreisbewegung  über  Backbord  fortsetzend,  war  der  »Affon- 
datore',  nachdem  er  die  zweite  österreichische  Holzdivision  passierte, 
deren  Schiffe  ihn  zwar  heftig  beschossen,  selbstverständlich  jedoch  nach 
allen  Richtungen  vor  ihm  auszuweichen  sich  bemühten,  ganz  außerhalb 
des  Gefechtsbereiches  gelangt  und  seine  erlittenen  Havarien  inzwischen 
ausbessernd,  steuerte  er  jetzt  längs  der  Nordküste  der  Insel  wieder  der 
Flotte  zu. 

Während  dieser  Zeil  hatte  das  Linienschiff  «Kaiser*  das  Engagement 
mit  dem  ,Re  di  Portogallo"  gehabt  und  zog  sich  entmastet  und  brennend 
nach  Lissa  zm-ück,  gelbigt  von  mehreren  österreichischen  Holzschiflfen. 
Als  dies  .Affondalore'  gewahrte,  schien  ihm  abermals  eine  passende 
Gelegenheit  gekommen,  in  die  Aktion  zu  treten.  In  der  Absicht,  dem 
Linienschiff  den  Weg  nach  Lissa  zu  verlegen,  steuerte  er  mit  voller 
Müschinenkraft  auf  dasselbe  los.  Beide  Schiffe  hatten  einen  annähernd 
]jarallelen  Kurs  und  da  das  Linienschiff  infolge  seiner  erlittenen  Havarien 
langsam  zu  fahren  gezwungen  war,  so  dauerte  es  auch  gar  nicht  lange,  daß 
der  .Affondatore*  dem  .Kaiser"  an  der  Steuerbordseite  desselben  so 
nahe  und  in  eine  solche  Position  gelangt  war,  daß  diesmal  ein  Entrinnen 
des  letzteren  auf  beiden  Schiffen  für  unmögUch  gehalten  wurde.  Dreimal^) 
fiel  der  .Äffondatore*  gegen  den  „Kaiser'  ab  und  schien  den  Anlauf  zum 
Rammen  zu  nehmen,  doch  ebenso  oft  gab  das  schwer  verwundete 
Linienschiff  seme  konzentrierten  Lagen  gegen  ihn  ab  und  hielt  sich  ihn 
damit  vom  Leibe.  .Kaiser"  wui'de  hiebei  von  den  Österreichischen 
Panzerfregatten  .Prinz  Eugen*  und  ,Dou  Juan'  wacker  unterstützt, 
welch  letzterer  vom  ^Affondatore"  beschossen  wurde.  Ab  dieser  zum 
dritten  Male  seinen  Aulauf  gegen  den  .Kaiser"  genommen  hatte,  war  er 
bis  auf  ungefähr  1  Kabel  (200  »0  Distanz  herangekommen,  eine  kleine 
Bewegung  mit  seinem  Steuer  nach  backbord  und  der  .Kaiser*  konnte 
ihm  nicht  mehr  entgehen,  der  Zusammenstoß  mußte  erfolgen.  Im 
Kommandoturme  dos  .Affondalore",  wo  der  Admiral  mil  seinem  Stabe  und 
einigen  Bordoffizieren  sich  befinden,  erwartet  man  in  fieberhafter 
Spannung  das  Kommando  ,alla  sinistra"  des  SchÜTskommandanteti 
Martini,  der  mit  dem  Kopfe  außerhalb  des  Spähloches  stehend  das 
Manöver  leitet  und  dessen  Befehle  von  einem  Guardia-mariua  wiederhol! 


1)  Die  italienlBcheD  Berictite  ipreehen  nur  von  einem  einmBligen  Anlaut«. 


297 

werden;  schon  ist  dem  Maschinisten  die  Weisung  zugekommen  zum 
Halten  und  Rückwärtsgehen  bereit  zu  sein ;  der  zweite  Kommandant  des 
«Affondatore'^,  Linienschiffsleutnant  Chinca,  hat  bereits  der  Mannschaft 
den  Befehl  erteilt:  «pancia  in  terra!""  (platt  auf  Deck!),  da  der  nächste 
Augenblick  die  Entscheidung  bringen  kann.  —  Da  mit  einem  Male  zum 
Erstaunen  aller  Anwesenden  gibt  Admiral  Persano  persönlich  den 
Befehl:  .alla  diritta!'.  Kommandant  Martini  sowie  der  Stabschef 
d'Amico,  anfänglich  im  Glauben,  daß  der  Admiral  sich  geirrt  habe, 
erlauben  sich  zu  widersprechen  und  entgegnen:  ,alla  sinistra,  ammiraglio, 
alla  sinistra'',  worauf  dieser  mit  strenger  Miene  bemerkt:  ^alla  diritta! 
son  io,  Chi  commanda;  il  posto  dell' ammiraglio  non  i  solo  al  fuoco;  io 
debbo  pensare  all'intiera  armata*";  das  Steuer  wird  nach  steuerbord 
gegeben,  der  «Affondatore''  fällt  ab  und  entfernt  sich  wieder  vom  Linien- 
schiff, das  ihm  noch  ein  wohlgezieltes  Sektions-  imd  Vormeisterfeuer 
nachschickt,  welches  ihm  schwere  Beschädigungen  auf  Deck  und  an  den 
imgepanzerten  Teilen  zufQgt.  Hiemit  war  die  Gefechtstätigkeit  des 
«Affondatore*  eigentlich  beendet,  da  er  sich  mit  Ausnahme  einiger 
imwirksamer  Schüsse,  welche  er  später  auf  große  Distanz  auf  die  feind- 
liche Flotte  abgab,  nicht  weiter  aktiv  beteiligte.  Über  seine  Hin-  und 
Herfahrten,  welche  den  Zweck  haben  sollten,  die  Flotte  zur  Wiederauf- 
nahme der  Schlacht  zu  bringen,  haben  wir  an  anderer  Stelle  bereits 
berichtet 

Während  des  größten  Teiles  der  Aktion  hielt  sich  Admiral  Persano 
im  Innern  des  Turmes  auf  und  erteilte  von  hier  dem  Kommandanten 
Martini,  der  mit  dem  Kopfe  aus  einem  der  Löcher  heraussehend,  das 
Schiff  manövrierte,  seine  Befehle  über  die  Richtung  die  er  eingeschlagen 
wissen  wollte.  Er  selbst  sah  durch  die  Lichtscharten  (ferritoje)  hinaus. 
Nur  zweimal  während  der  Schlacht  und  beide  Male,  während  das  Schiff 
sich  außerhalb  des  Gefechtsbereiches  befand,  verließ  er  den  Turm ;  ein- 
mal um  den  zweiten  Kommandanten,  Linienschiffsleutnant  Chine  a,  über 
seine  Haltung  zu  bekomplimentieren  und  ein  zweites  Mal,  als  er  sich  in  die 
Kommandantenwohnung  begab. 

Durch  sein  Benehmen  während  der  Schlacht  gab  Admiral  Persano 
Veranlassung  zu  den  schwersten  Beschuldigungen  bezüglich  seines  per- 
sönlichen Mutes.  Wir  werden  später  auf  diesen  Punkt  zurückkommen 
und  nachzuweisen  versuchen,  bis  zu  welchem  Grade  dieselben  eine 
Berechtigung  haben.  Vorläufig  beschränken  wir  uns  bloß  darauf,  nach- 
stehendes Faktum  anzuführen:  Stabschef  d*  Ami  CO,  von  Besorgnis  erfüllt, 
daß  das  nutzlose  Hin-  und  Herfahren  der  Flotte,  welches  den  Gedanken 


an  eine  wirkliche  Absicht,  den  Kampf  neuerdings  aufzunehmen,  nicht 
aufkommen  ließ,  ferner  der  Verlust  der  beiden  Schiffe  ,Re  d'Italia"  und 
,PaIestro"  von  schädhchem  Einflüsse  auf  das  moralische  Element  in  der 
Fiotte  sein  mußten,  nahm  in  den  Nachmittagsstunden  Veranlassung,  den 
Ädmiral  —  zuerst  unter  vier  Augen  —  auf  diesen  Umstand  aufmerksam 
zu  machen  und  ihn  zu  beschwören:  das  Schicksal  des  Tages  womöglich 
noch  durch  eine  kötine  Tat  zum  Besseren  zu  wenden  und  mit  dem 
„Affondatore"  direkt  gegen  die  feindliche  Flotte  zu  steuern,  welchem 
Beispiele  die  übrigen  Schiffe  gewiß  folgen  würden.  Admiral  Persano 
entgegnete,  daß  er  diesen  schwungvollen  Gedanken  (slancio)  zwar  sehr 
vortrefflich  fmde,  daß  er  aber  der  Ansicht  sei,  über  seinem  Namen  und 
über  seinem  Ruhme  stehe  noch  das  Land  und  daß,  im  Falle  man 
geschlagen  würde,  die  Situation  hiedurch  nur  noch  verschlechtert  werden 
könne.  Stabschef  d'Amico  replizierte  hierauf  ganz  trocken,  seiner 
Meinimg  nach  könne  die  Situation  gar  nicht  mehr  verschlechtert  werden, 
und  als  er  wahrnahm,  daß  der  Admiral  zu  einem  derartigen  Entschlüsse 
nicht  zu  bewegen  sei,  rief  er  ihm  vor  der  ganzen  Umgebung  laut  zu: 
.Admiral,  greifen  wir  mit  dem  .Affondatore"  den  Feind  anl"  Dieser 
gab  jedoch  keine  Antwort  und  schien  die  gemachte  Bemerkung  sehr 
übel  aufzunehmen,') 

Gegen  6"  p,  m.  Heß  der  Admiral  der  Fiotte  das  Signal  geben,  den 
Kurs  nordöstlich,  zwischen  Kap  Planka  und  Eiland  Pomo  zu  nehmen. 
Er  selbst  blieb  noch  etwas  zurück,  um  den  inzwischen  in  Sicht  gekom- 
menen Dampfer  , Calalafimi "  abzuwarten  und  mit  dem  ,Messaggiere' 
die  Meldung  über  die  slattgefundene  Aktion  an  den  Marinemjnister 
abzuschicken.  Plötzüch  sah  man  die  Schraubenfregatte  .Principe 
Umberto'  sich  von  der  Flotte  entfernen  und  gegen  Lesina  Kurs  nehmen. 
Die  Ausluger  derselben  hatten  nAmlich  am  Horizonte  schwimmende 
Flöße  mit  Menschen  gesichtet  und  es  unterlag  keinem  Zweifel,  daß  dies 
Gberlebende  aus  der  Katastrophe  des  ,Re  d'Italia"  sein  mußten.  Sofort 
steuerte  der  .Affondatore"  ebenfalls  gegen  diese  Richtung  und  bald 
hatte  man  die  Genugtuung,  zu  sehen,  wie  sich  die  Boote  des  .Principe 
Umberto''  mit  der  Rettung  dieser  Unglücklichen  beschäftigten.  Mittels 
Signals  wurden  noch  die  Dampfer  „Messaggiere",  .Stella  d'Italia"  und 
,Indipendenza'  an  diese  Stelle  gerufen,  welche  nun  nach  allen  Richtungen 
abgefahren  wurde,  um  zu  sehen,  ob  nicht  noch  andere  Hilfsbedürftige 
wären.    Erst  gegen  lO'/j"  abends,  nachdem  jede  Hoffnung,  noch  andere 

1)  ReDdicoDt)  etc.,  deposizione  d'Amico  Seite  69. 


299 

Schififbröchige  aufzufinden  aufgegeben  wurde,  verlieB  der  Admiral  mit 
der  Flotte  diese  Stelle  und  kam  den  21.  Juli  3^  p.  m.  in  Ancona  an,  wo 
er  seine  Flagge  auf  dem  »Govemolo*  hißte. 

Der  «Affondatore'^  hatte  mit  seinen  Geschützen  11  Schüsse  abge- 
geben imd  32  Treffer  erhalten,  hievon  18  am  Schifiiskörper,  die  anderen 
in  der  Takelage,  Booten  und  Ankervorrichtung.  Die  Drehvorrichtung  des 
vorderen  Geschützturmes  war  durch  die  Breitseiten  des  „Kaiser''  stark 
beschädigt  worden,  so  daß  sie  nicht  mehr  funktionierte.  Von  den  Treffern 
an  den  Bordwänden  waren  4  an  Steuerbord  imd  7  an  Backbord.  Vom 
Stabe  war  Linienschiffsleutnant  Gregoretti  leicht,  von  der  Mannschaft 
niemand  verwundet. 

Holzschiffe. 

Wie  schon  in  der  Beschreibung  der  Schlacht  bemerkt  wurde,  nahm 
die  unter  dem  Kommando  des  Vizeadmirals  Albini  stehende  Holzflotte 
fast  gar  keinen  Anteil  an  derselben.  Mit  Ausnahme  einiger  Schüsse,  die 
gegen  die  österreichischen  Panzerschiffe  auf  weite  Distanzen  abgefeuert 
wurden,  als  dieselben  zuerst  die  italienische  Linie  durchbrochen  und 
hiedurch  sich  der  feindlichen  Holzflotte  genähert  hatten,  desgleichen  als 
sich  dieselben  auf  das  Signal  , Sammeln"  des  Kontreadmirals  v.  Tegett- 
hoff  ralliierten  und  hiebei  abermals  in  die  Nähe  der  italienischen  Holz- 
flotte gelangten,  war  keine  Initiative  der  letzteren  zu  bemerken.  Bloß 
.Principe  Umberto '^  fuhr  auf  das  gemachte  Signal  „Allgemeine  Jagd'' 
aus  der  Linie  heraus,  gab  einige  Schüsse  gegen  die  österreichischen 
Schiffe  ab  und  zog  sich  —  wie  an  anderer  Stelle  berichtet  —  wieder 
zurück,  um  seinen  Posten  einzunehmen.  Es  lassen  sich  daher  besondere 
Vorfallenheiten  ■—  der  Rettung  der  Schiffbrüchigen  des  ,R6  d'ltalia* 
durch  die  oben  genannte  Fregatte  haben  wir  bereits  Erwähnimg  getan  — 
von  diesen  Schiffen  nicht  registrieren. 


10.  Kapitel. 


Wir  haben  in  den  vorhergehenden  Kapiteln  gezeigt,  welche  Um- 
stände dazu  beitrugen,  daß  sich  die  Lage  des  Admirals  Persano  am 
Morgen  des  20.  zu  jener  schwierigen  gestaltete,  in  welcher  er,  noch  nicht 
am  Ziele  seines  Strebens  —  des  Besitzes  der  Insel  Lissa  —  angelangt. 
Jeden  Augenblick  die  Ankunft  der  österreichischen  Eskadre  erwarten 
mußte.  Im  vorliegenden  Kapitel  wollen  wir  uns  nun  damit  beschäftigen. 
einige  allgemeine  Betrachtungen  über  diese  denk^vürdige  Schlacht  selbst 
zu  machen  und  vor  allem  versuchen  darzulegen,  wie  es  kam,  daß  die 
mächtige  itaüenische  Flotte,  welche  im  Besitze  von  Schiffen  neuester 
Konstruktion  und  mit  Geschützen  des  schwersten  Kalibers  armiert  war. 
von  der  schwächeren  und  über  bedeutend  gerU^ere  Streitmittel  ver- 
fügenden Österreichischen  geschlagen  werden  konnte. 

Dank  der  Gunst  des  Zufalles  und  dem  guten  Auslug  des  ,E^plo- 
ratore*  war  der  italienische  Admiral  noch  rechtzeitig  von  dem  Heran- 
nahen der  Österreicher  benachrichtigt  und  davor  bewahrt  worden,  mitten 
in  der  Bekämpfung  der  Insel  vom  Feinde  überrascht  zu  werden.  Wir 
sagen  nicht  olme  Grund  „Dank  der  Gunst  des  Zufalles",  denn  in  der  Tat 
war  es  ein  reiner  Zufall,  daß  bei  dem  dicken  Wetter,  welches  am  Morgen 
des  20.  herrschte,  der  ,EspIoratore"  die  österreichische  Eskadre  noch 
rechtzeitig  entdeckte.  Er  hatte  die  zirka  30  Seemeilen  lange  Linie  zwischen 
Kap  Planka  imd  Eiland  Pomo  zu  überwachen,  während  von  Pomo 
bis  Pelagosa,  iu  südlicher  Richtung,  die  .Stella  d'ltaha"  kreuzte.  Wie 
nun,  wenn  sich  der  ,Esploralore'  auf  seiner  Kreuzung  gerade  in  der 

>)  Es  darf  hier  nicht  unerwähnt  bleiben,  daB  ei»  Teil  dieser  BetracblangeD  uifaogt 
der  Achtziger] ahre  unter  BerDcksichtigung  der  damaligen  Anschauungen  und  takiiscbeo 
GrundBAtze  geschrieben  wurde.  Heute,  im  Zcilaller  der  modernen  Hariae,  der  Schlacht- 
schiffe von  14.000  bis  15.000  Tonnen,  mit  Gescbwindigkciten  von  18  bis  20  Seemeilen, 
der  schweren  30*5  fni- Geschütze  für  den  FemkamiifsowiederSchneUfeuergeschDtzeund 
Torpedos,  bat  sich  selbstverständlich  wieder  eine  neue  Taktik  mit  veränderten  Gmnd- 
sRtzen,  inabesondere  was  das  Rammen  anbelangt.  Babn  gebrochen. 


301 

Nähe  von  Porno  befand  und  während  dieser  Zeit  die  österreichische 
Eskadre  auf  dem  andern  Ende  der  Linie,  auf  welcher  ihr  Kurs  führte, 
passierte?  Es  war  ein  Glück  für  die  italienische  Flotte,  daß  dies  nicht 
zugetroffen.  ^) 

Admiral  Persano  blieb  also  noch  die  Zeit,  alle  vorhandenen  Streit- 
kräfte zu  sammehi,  geordnet  dem  Feinde  entgegenzugehen  und  in  offener 
Schlacht  um  die  Palme  des  Sieges  zu  ringen,  ^ine  Lage  war  in  dieser 
Beziehung  eine  günstige,  da  ihm  eine  bedeutende  Übermacht  zu  Gebote 
stand,  so  daB  er  mit  voller  Hoffnung  auf  den  Sieg  in  den  Kampf  treten 
konnte.  Um  lO'/i^  a.  m.,  zur  Zeit  des  Beginnes  der  Schlacht,  hatte  er 
9  Panzerschiffe  zur  sofortigen  Verfügung  und  auf  das  Eintreffen  der 
Holzflotte  auf  dem  Kampfplatze  bis  zu  der  Zeit,  zu  welcher  die  öster- 
reichischen Holzschiffe  diesen  erreicht  haben  würden,  war  mit  Sicherheit 
zu  rechnen. 

Die  italienischen  Streitkräfte  bestanden  sonach  aus  9  Panzerschiffen 
mit  6.000  Pferdekräften,  204  der  schwersten  und  modernsten  Geschütze 
und  7  schweren  Holzfregatten,  1  Holzkorvette,  5  Raddampfern  mit  5.570 
Pferdekräften,  386  Geschützen;  die  österreichischen  dagegen  aus  7  Panzer- 
schiffen mit  4.550  Pferdekrälten,   172  Geschützen  und  1  Linienschiff, 

2  schwere,  3  leichte  Holzfregatten,  1  Holzkorvette,  9  Kanonenbooten, 

3  Raddampfern  mit  5.450  Pferdekräften  und  356  Geschützen  verschie- 
denen Kalibers.  Es  befanden  sich  daher  22  fast  durchgängig  schweren 
itaUenischen  Schlachtschiffen  mit  zusammen  11.570  Pferdekräften  und 
590  Geschützen,  26  österreichische  Schiffe  verschiedener  Dimensionen 
mit  zusammen  10.000  Pferdekräften  und  528  Geschützen  gegenüber,  bei 
welcher  Vergleichung  noch  bemerkt  werden  muß,  daß  itaUenischerseits 
die  Mitwirkung  der  beiden  aus  Comisa  zurückberufenen  Panzerschiffe 
^Terribile*  und  „Varese"  jeden  Augenblick  zu  erwarten  stand,  während 
österreichischerseits  9  kleine  Kanonenboote  mitgezählt  sind,  die  weitaus 
nicht  zu  den  eigentlichen  Schlachtschiffen  gehörten;  auch  war  es  frag- 
lich, ob  dieselben  unter  den  obwaltenden  Umständen  für  ihren  Admiral 
nicht  eher  eine  Last  als  Hilfe  bedeuteten,  da  die  unruhige  See  ihre 


1)  «Verso  le  5^  30°^  a.  m.  del  giorao  20.,  il  tempo  essendo  foschissimo  per  la 
nebbia  e  pioggia,  non  potendosi  estendere  la  vista  al  di  lä  di  due  miglia,  le  vedette  mi 
avertirono  che  scoprivasi  un  legno  a  vapore  di  prua,  e  contemporaneamente  awertirono 
che  questo  legno  era  seguito  da  parecchi  altri.  Fu  una  vera  fortuna,  perche  se 
fossero  passati  a  poche  miglia  distanti  non  avreinmo  potuto  scorgerli/  Rendiconti  etc 
cte.,  deposizione  del  commandante  Marcbese  d'Orengo  Seite  63. 


Geschützbedienung  bedeutend  erschwerte,  sie  dagegen  leicht  dem  Feindt 
zur  Beute  fallen  konnten.  Es  läßt  sich  somit  unschwer  herausfinden,  auf 
welcher  Seite  die  tatsächliche  Übermacht  bestand. 

Adrairal  Persano  hatte  beim  Erscheinen  der  österreichischen 
Eskadre  seiner  Flotte  sogleich  die  Formierung  einer  Frontlinie  mit  West- 
sOdwestkurs  anbefohlen,  da  er  die  feindliche  Eskadre  in  der  Fahrtrichtung 
des  .Esploratere"  wähnte.  In  dieser  Frontlinie  nahm  die  Reserve  unt« 
Kontreadmiral  Vacca  den  rechten  Flügel,  die  unter  seinem  unmittel- 
baren Oberbefehle  stehende  Gruppe  das  Zentrum  und  die  Gruppe  Ribotr 
den  Unken  Flügel  ein.  Diese  Formation  kann  nur  als  eine  vollkommen 
passende  und  zweckmäßige  bezeichnet  werden,  da  sie  es  ermöglichte, 
sich  dem  Feinde  in  kompakter,  geschlossener  Ordnung  entgegenzuwerfen 
und  von  der  Ranune,  der  mächtigsten  Waffe  der  Panzerschiffe,  gleich 
den  ausgiebigsten  Gebrauch  zu  machen.  Als  es  sich  beim  Aufhellen  des 
mistigen  Wetters  zeigte,  daß  die  österreichische  Eskadre  etwas  nÖrdUcber 
lag,  ließ  Adnüral  Persano  seine  Panzerschiffe  Westkurs  nehmen,  wo- 
durch die  Frontlinie  in  eine  Schachordnung  überging.  Auch  diese 
Maßregel  war  gerechtfertigt  und  durch  die  Umstände  geboten;  btt 
Einhaltung  dieser  Ordnung  näherte  man  sich  gleiclifalls  geschlossen 
dem  Feinde  und  gelangte  durch  ein  gleichzeitiges  Wenden  um  zwd 
Strich  wieder  in  die  frühere  Frontlinie  zurück,  um  in  dieser  den  Feind 
anzugreifen. 

Einige  Minuten  nach  10",  nachdem  sich  die  feindlichen  Schiffe  schon 
beträchtlich  genähert  hatten,  gab  Admiral  Persano  seinen  Panzerschiffen 
das  Signal:  ,Man,wende  gleichzeitig  nach  Nordnordost •  und  veränderte 
hiedurch  die  bisherige  Schachordnung  in  eine  Klelwasserlinie.  In  dieser 
bildete  nun  die  Reserve  unter  Konti-eadmiral  Vacca  die  Avantgarde,  die 
von  ihm  selbst  befehligte  Gruppe  das  Zentrum  und  die  Gruppe  Riboty  die 
Arneregarde.  Durch  die  Vornahme  dieser  Formation  beging  Admiral 
Persano  einen  großen  taktischen  Fehler,  der  sich  bitter  rächte  und  tob 
weittragender  Bedeutung  wurde,  denn  die  Folge  desselben  war,  daft 
seine  Panzerschiffe  nunmehr  eine  Linie  von  zirka  2  Seemeilen  Aus- 
dehnung, welche  leicht  vom  Feinde  durchbrochen  werden  konnte,  ein- 
nahmen und  daß  hiedurch  gleichzeitig  ihre  Breitseiten,  die  schwächste 
und  verwundbarste  Stelle,  den  Stößen  der  feindlichen  Schiffe  preisgegeb^ 
ivurden.  Durch  die  Anordnung  dieser  verfehlten  Maßregel  zeigte  Admiral 
Persano  wohl  deutlich,  daß  er  dem  durch  die  Einführung  des  Dampfes 
und  der  Panzersclüffe  hervorgerufenen  großen  Umschwung  in  der  Taktik 
zur  See  nicht  gefolgt  war  und  von  der  Verwendung  dieser  neuen  Streit-j 


303 

mittel  keinen  richtigen  Begriff  hatte.^)  Seit  den  Gefechten  von  Hampton 
Road  (8.  und  9.  März  1862),  in  welchen  zuerst  das  amerikanische 
konföderierte  Panzerschiff  ,Merrimac*  die  unionistische  Korvette  ^Cum- 
berland*  in  den  Grund  rannte,  um  am  folgenden  Tage  vom  unionistischen 
Turmschiff  «Monitor*  erfolgreich  bekämpft  zu  werden,  war  es  jedermann 
klar  geworden,  daß  für  die  Zukunft  die  Hauptwaffe  des  Panzerschiffes  der 
Sporn  sei,  daß  dasselbe  hauptsächlich  durch  seine  Masse  zu  wirken  habe 
und  daß  hiedurch  ein  bei  weitem  größerer  Erfolg  erzielt  werde  als  mit  der 
bloßen  Schiffsartillerie,  welcher  fortan  nur  mehr  die  sekundäre  Rolle 
beschieden  war.  Die  Zeiten  der  Rodney  und  Nelson,  in  denen  die 
Flotten  zuerst  lange  manövrierten,  sich  dann  regelrecht  beschossen,  die 
Linie  durchbrachen  und  endlich  zum  Enterkampf  übergingen,  waren 
vorüber;  die  neuen  Schiffe  verlangten  eine  neue  Taktik  und  die 
Charakteristik  dieser  letzteren  war  das  sofortige  Anrennen  des  Feindes, 
um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen.  Die  beste  und  zweckmäßigste  Formation 
zur  Erreichung  dieses  Zieles  war  daher  jene,  welche  es  ermöglichte,  die 
eigenen  Schiffe  geschlossen  dem  Feinde  entgegen  zu  führen,  um  bei  der 
sich  nunmehr  entwickelnden  Melee  und  unter  Mitwirkung  des  Geschütz- 
feuers Rammstöße  gegen  den  nächsten  Gegner  anzubringen. 

Diese  Ideen  waren  es  auch,  welche  der  französische  Vizeadmiral 
Bouet-Willaumez  als  einer  der  ersten  in  seiner  für  Panzerschiffe 
herausgegebenen  Taktik  niedergelegt  hatte  und  da  diese  Taktik  von  der 
italienischen  Marine  angenommen  und  im  Dienste  eingeführt  war,  muß  es 
um  so  mehr  wimdemehmen,  wie  sich  Admiral  Persano  von  den 
elementarsten  Grundsätzen  derselben  so  weit  entfernen  konnte.  Die 
italienischen  Panzerschiffe  der  Gruppen  Faä  di  Bruno  und  Riboty 
drehten  beim  Anlaufe  der  österreichischen  Eskadre  instinktiv  und  von 
selbst  nach  backbord,  um  dem  Feinde  den  Bug  zu  zeigen  und  ihre 
Flanken  vor  den  drohenden  Stößen  desselben  zu  bewahren;  dies  allein 
zeigt  schon  deutlich,  in  welcher  Weise  und  in  welcher  Formation  die 
geschlossene  Masse  der  anrückenden  österreichischen  Panzerschiffe 
empfangen  werden  mußte. 


1)  Admiral  Persano  verantwortete  sich  bezflgllch  dieses  Punktes  vor  dem  Senate 
in  folgender  Weise:  .Ordinal  la  linea  di  fila  siccome  speciale  e  propria  ad  impedire  al 
nemico  di  correre  verso  le  sue  terre  ed  a  colpirlo  d*  infilata  coUe  mie  artiglierie.  Dicono, 
che  11  fianco  ö  11  lato  piü  debole.  Se  si  tratta  di  battaglioni  di  fanteria,  si,  non  cosi  di 
baslimenti,  che  avendo  1  cannoni  in  sul  fianco,  di  necessitä  devono  presentarlo  al  nemico 
se  lo  YOgUono  offendere."  Rendiconti  etc.;  Seite  36. 


Die  langgestreckte  Kielwasserlinie  der  italienischen  Panzer  war 
formiert;  aber  sie  war  nicht  einmal  geschlossen  und  wir  wissen  aus  dem 
Vorhergehenden,  welche  Umstände  darauf  eingewirkt  haben,  daß  sie  es 
nicht  sein  konnte.  Auch  hieran  trägt  Admiral  Persano  die  Hauptschuld. 
Ihm  muß  vor  allem  der  schwerwiegende  Vorivurf  gemacht  werden, 
daß  er  nie  mit  seinen  Unterbefehlshabem  und  Kapitänen  einen  Kriegsrat 
noch  eine  Besprechung  abgehalten  hatte,  in  welcher  Weise  er  den  Feind 
anzugreifen  und  zu  bekämpfen  gedenke,  daß  er  sie  nicht  in  seine  Pläne 
und  Ideen  einweihte,  so  daß  ein  jeder  von  denselben  durchdrungen  sein 
und  wissen  mußte,  wie  er  sich  zu  verhalten  habe,  trotzdem  es  zum  ersten 
Male  stattfand,  daß  zwei  zahlreiche,  mit  den  modernen  Kampfmitteln  aus* 
gestattete  Dampf-  und  Panzei-flotten  daran  gingen,  sich  gegenseitig  in 
offener  Schlacht  zu  messen.  Und  doch  hätte  Admiral  Persano  auch  in 
dieser  Beziehung  nur  die  einleitenden  Bemerkungen  und  Prinzipien  der 
Taktik  seines  französischen  Kollegen  Bouet-Willaumez  zu  beherzigen 
brauchen,  welcher  es  als  Regel  hinstellte.  ,daß  der  Admiral  en  chef 
wo  möghch  seinen  Operationsplan  vor  dem  Gefechte  vorbereiten  und 
seinen  Kapitänen  mitteilen  solle,  damit  diese  von  den  Ideen  ihres 
Admirals  durchdrungen  seien,  so  daß  die  Signale  aufhörten  für  sie  eine 
Notwendigkeit  zu  werden*. ^)  Die  Ordini  di  massima  vom  15.  und 
21.  Juni  mit  dem  Nachtrag  vom  7.  Juli  waren  in  dieser  Beziehung  nicht 
ausreichend,  da  sie  nur  ganz  allgemeine  Anhaltspunkte  boten  und  über- 
dies der  Reserve  einen  ganz  freien  Spielraum  ließen,  ohne  ihrer 
Verwendung  in  der  Gesamtformation  zu  gedenken;  endlich  war  die  gleich- 
zeitige Mitwirkung  der  Holzflolte  im  Vereine  mit  der  PanzerQolle  gani 
ausgeschlossen,  ja'  derselben  geradezu  anbefohlen,  sich  auf  eine 
Eufemmig  von  3000  m  von  derselben  zu  halten  und  erst  auf  das  Signal 
des  kommandierenden  Admirals  am  Kampfe  teil  zu  nehmen.  (Siehe 
Seite  67).  Diese  Anordnung  wai'  unter  den  obwaltenden  Umständen,  wo 
Admiral  Persano  eine  genaue  Kenntnis  der  feindlichen  Streitkräfte 
hatte  und  ihm  die  Obermacht  sowohl  an  Panzer-  als  wie  auch  an  Holz- 
schiffen zu  Gebote  stand,  eine  Absurdität  und  es  ist  mindestens  zweifel- 
haft, ob  in  einem   freien  Meinungsaustausche   zwischen  den  Admiralen 


i)L'uniral  en  chef  doit,  antaiit  que  poasible,  preroir  avant  le  combut  U 
manoeuvre  i.  faire  et  une  foia  le  feu  engagi,  les  capitainos  doivent  £tre  teOement 
peactr£s  des  mettaodes  d'attoque  et  des  intentions  de  leur  amirat,  que  lei  slgnaux 
ceaseat  alors  d'£tre  uoe  Qecessi{4  de  leor  acUon.  —  Bouet-Willaumei,  TBcti<|u« 
oavaie  etc.  etc. 


305 

und  Kapitänen  man  nicht  vielleicht  dahin  gelangt  wäre,  den  Admiral 
Persano  von  dieser  Anschauung  abzubringen.  Diese  Maßregel  erwies 
sich  auch,  wie  wir  gesehen  haben,  infolge  der  Unselbständigkeit  imd  des 
geringen  Tatendranges  des  Vizeadmirals  Albini  als  eine  verderbliche  und 
war  Mitursache  an  dem  Mißerfolge  des  Tages. 

Eine  weitere  Folge  des  Mangels  eines  vorher  festgestellten  und  den 
Admiralen  wie  Kommandanten  mitgeteilten  Angriffsplanes  war  die,  daß 
der  kühne,  ungestüme  Angriff  der  österreichischen  Panzerdivision  von 
der  italienischen  Flotte  nicht  in  einer  anderen,  wirksameren  Weise 
erwidert  wurde.  Anstatt  sich  sofort  auf  die  durchbrechenden  öster- 
reichischen Panzerschiffe  zu  werfen  und  dieselben  anzugreifen,  sehen  wir 
sowohl  die  Tete  wie  die  Queue  der  italienischen  Linie  gegen  die  öster- 
reichischen Holzschiffe  steuern  und  mit  diesen  anbinden,  während  ihnen 
doch  vor  allem  die  Bekämpfung  der  feindlichen  Panzerschiffe  zußel.  Wir 
halten  weder  die  vom  Kontreadmiral  Vacca  gegebene  Begründung, 
zu  verhindern,  daß  die  österreichische  Eskadre  vorne  passiere,  noch 
jene  des  Linienschiffskapitäns  Riboty,  „daß  die  Kielwasserlinie  nicht  die 
günstige  Position  bot,  um  das  Gefecht  anzunehmen"^),  hiezu  für  aus- 
reichend und  stichhältig.  Man  bedenke  nur,  welche  Wendung  die  Schlacht 
hätte  gleich  bei  Beginn  nehmen  können,  wenn  sofort  nach  dem  Durch- 
bmche  der  österreichischen  Panzerdivision  die  gesamten  9  italienischen 
(mit  dem  „Affondatore"  10)  Panzerschiffe  sich  auf  die  7  österreichischen 
gestürzt  und  hiedurch  die  Melee  veranlaßt  hätten,  während  man  die 
Bekämpfung  der  österreichischen  Holzschiffe  dem  Vizeadmiral  Albini 
überUeß.  Wäre  da  wohl  die  verhängnißvolle  Isolierung  des  ,R6  d*ltalia* 
möglich  gewesen?  Wir  bezweifeln  es  und  glauben,  daß  in  diesem  Falle 
dem  österreichischen  Admiral,  trotz  der  unvergleichlichen  Kühnheit,  mit 
welcher  er  seinen  Angriff  ausführte,  der  endliche  Erfolg  nicht  so  leicht 
geworden  wäre.  Ebenso  wäre  dann  der  vom  Vizeadmiral  Alb  in i 
angegebene  Grund  für  seine  Untätigkeit  an  und  für  sich  entfallen ;  er 
hätte  angreifen  und  mittun  müssen. 

Wir  sind  nun  bei  der  weiteren  Besprechung  der  vom  Admiral 
Persano  am  Tage  der  Schlacht  von  Lissa  begangenen  Fehler  zu  jenem 
Punkte  gelangt,  der  ihm  ganz  besonders  zum  Vorwurfe  gemacht  wurde 
und  welcher  mit  die  Veranlassung  gab,  daß  nachträglich  die  schwersten 
Beschuldigungen  bezüglich  seines  persönlichen  Mutes  erhoben  wurden. 


1)  Siehe  die  Anmerkung  Seite  282. 

Fleischer,  Die  k.  k.  KriegsmariDe  186C.  20 


30C 


Wir  meinen  damit  seine  plötzliche  und  wenig  würdevoll  diu'clige führte 
Übersehitlung  auf  den  „AlTondatore*  unmittelbar  vor  der  Schlacht. 

Es  wird  dem  Leser  gewiß  noch  aus  dem  Schiiftenwechsel  zwischen 
dem  Admiial  und  dem  Marin eminister  erinnerlich  sein,  welche  große 
Wichtigkeit  <Ier  Admiral  diesem  WidderechilTe  beimaß  und  wie  sich  bei 
ihm  gewissermaßen  die  fixe  Idee  herausgebildet  halte,  daß  er  ohne  dem- 
selben nichts  Ordentliches  zu  unternehmen  im  stände  sei.  Es  verging  faat 
Itein  Tag,  wo  er  nicht  von  ilim  sprach,  wo  ei-  ilin  nicht  verlangt  und 
heriieige wünscht  hatte.  Ursprünglich  in  der  vom  Miiii.sler  verfügten 
Eiiiteilimg  der  Flolt^^  der  3,  Eskadi'e  (squadra  d'assedio)  zugewieseu, 
hatte  er  es  bei  ihm  durchgesetzt,  daß  der  „AfTondatore*  der  Hauptcikadre 
(squadra  di  battaglia,  (siehe  Seite  67)  zugeteilt  werde  und  in  den  am 
15.  Juni  herausgegebenen  Ordini  di  massima  erhielt  derselbe  die 
Bestimmung,  außerhalb  der  Linie  .ebensowohl  zum  Schutze  und  zur 
Unterstützung  des  Fla^ensciiiffes  des  Höchstkommandiereuden  als  auch 
zu  dem  Zwecke,  um  dort  verwendet  zu  werden,  wo  die  Not  es  erhebcbt, 
spezielle  Befehle  ausgenommen".') 

Admiral  Persano  rechtfertigte  die  Ülterschitfung  auf  den 
lAffondalore'  in  seinem  Berichte  folgendermaßen:  ,Es  war  das  eiste 
Mal,  daß  in  einer  Seeschlacht  sich  die  neuen  Streitmittel  des  Seekrieges 
gegenüber  befanden.  Es  erschien  mir  daher  passend,  mich  auf  einem. 
Panzerschiffe  von  großer  Geschwindigkeit  außerhalb  der  Linie 
zu  befinden,  damit  ich  einerseits  bei  sich  darl>ietender  Gelegenheit  in  das 
heftigste  Gefecht  eingreifen,  anderseits  eiÜgst  die  notwendigen  Befehle 
zu  den  verschiedenen  Teilen  der  Flotte  bringen  und  diese  gemäß  dem 

■}  Auszug  au6  dem  Brief-  and  Depeschonwechsel  zwischen  dem  Adounl 
Pcraano  und  dem  Marinemlnister  bezüglich  des  .AObudatore': 

38.  Juni;  .Sehbene  preferirei  avere  ton  ino  i'Affondatore  per  avero  vi(t>iria 
couiplclla;  fate  urgenza   percbe  mi  sia  finilo  elc.  etc." 

30.  Juni ;  .Vi  prego  fare  sollecitudine  per  1  'Affondatore  etc.  elc. ' 

3.  Juli;  „Scongiunj  aollecitare  l'Affondatoro  b  camioni;  tl  rimanviito  uoa 
imporla  etc.  elc" 

3.  Juli:  .CoateDtone  l'arriTo  Affondatore.' 

6.  Juli:  ,Si!  possiamo  aspetlare  rairivo  dolt'AfTotidatore  non  sarebbe  ni>le, 
p(-relii  io  vorrei  tcntare  un  nolpo  ardito  con  quel  legno,  fidandomi  solU  sua 
veloriti  »tc.  etc." 

7.  Juli:  ,Se  poaao  aspeltare  AfTondatore  credo  utile  per  colpo  aidilo  •  lenuinan 
d'un  Iralto  «e  possibilc  etc.  elc' 

8.  Juli:  ,Arrivalo  ajutante  di  baudicra  che  mi  dicc  me^avi)Eli(^  deirAlfon- 
dalore  etc.  etc.* 


307 

Bedürfnisse  bewegen  könne.  Zu  diesem  Ende  wählte  ich  den  »Affondatore*, 
auf  welchem  ich  meine  Flagge  hißte  und  wohin  ich  den  Stabschef  der 
Flotte,  meinen  Personaladjutanten  sowie  einen  der  dem  Flottenstabe 
zugeteilten  Offiziere  mitnahm. "  Hiezu  muß  nun  bemerkt  werden,  daß  die 
Frage,  ob  der  Platz  des  kommandierenden  Admirals  während  der  Aktion 
auf  einem  Panzerschlachtschifife  sei  oder  ob  derselbe  seine  Flagge  auf 
einem  schnellen  Avisodampfer  hissen  solle,  in  der  neuen  Taktik  für 
Panzerflotten  allerdings  noch  eine  offene  gebüeben  war,  da  die  Gründe, 
welche  in  jedem  dieser  beiden  Fälle  für  und  wider  sprachen,  sich  so 
ziemlich  die  Wagschale  hielten.  Aber  so  viel  stand  doch  schon  damals 
fest,  daß,  falls  auch  der  Admiral  sich  außerhalb  der  Linie  begeben  und 
von  dort  aus  die  Schlacht  leiten  wollte,  dies  der  Flotte  bekannt  sein 
müsse  sowie  daß  die  Befehlsgebung  hiedurch  nicht  erschwert  oder 
gar  immöglich  gemacht  werden  dürfe. 

Was  die  eigentlichen  und  wahren  Beweggründe  gewesen  sein 
mögen,  welche  den  Admiral  Persano  veranlaßten,  diesem  Schiffe  solch 
eine  außerordentliche  Wichtigkeit  beizumessen,  um  dasselbe  unmittelbar 
vor  der  Schlacht  zu  besteigen,  dies  wird  wohl  für  immer  in  ein 
mysteriöses  Dunkel  gehüllt  bleiben.  Es  lassen  sich  in  dieser  Beziehung 
nur  Vermutungen  aufstellen,  die  allerdings  nach  keiner  Richtung  hin  vor- 
teilhaft für  den  Admiral  sind.  Wir  wollen  nicht  so  weit  gehen  wie  der 
öffentliche  Ankläger  im  Prozesse  Persano,  der  mit  einer  schonungslosen 
Offenheit  den  Admiral  geradezu  der  Feigheit  zieh  und  behauptete,  der- 
selbe habe  sich  auf  den  »Affondatore"  nur  zu  dem  Zwecke  überschifft 
um  im  gepanzerten  Turme  desselben  seine  eigene  Person  in  Sicherheit 
zu  bringen.  Es  widerstrebt  unserem  militärischen  Gefühle,  dieses  ver- 
ächtliche Motiv,  welches  damit  dem  Admiral  Persano  unterstellt  wurde, 
in  dieser  nackten  Form  anzunehmen,  trotzdem  sich  nicht  leugnen  läßt, 
daß  so  manche  Umstände,  insbesondere  aber  sein  späteres  Benehmen  an 
Bord  desselben,  mit  erdrückender  Schwere  gegen  ihn  sprechen.  Wir 
neigen  nach  den  uns  bereits  bekannten  Charaktereigenschaften  des 
italienischen  Admirals  mehr  zu  der  Ansicht  hin,  daß  es  ihm  wahrscheinhch 
darum  zu  tun  war,  in  der  Hoffnung,  vom  Glücke  begünstigt  zu  werden, 
mit  dem  mächtigen  Widderschiffe  irgend  einen  leichten,  nicht  riskanten 
Rammstoß  anzubringen  sowie  durch  die  schweren  SOOpfündigen  Arm- 
strong-Geschütze desselben  einen  Erfolg  zu  erzielen,  um  sich  so  auf  billige 
Weise  die  Lorbeeren  zu  holen,  deren  er  zur  Auffrischung  seines  schon 
etwas  verblaßten  Ansehens  dringend  bedurfte.  Wir  wissen  ja,  daß  er  es 
liebte,  Erfolge  auf  eine  leichte  Weise  zu  erringen  sowie  daß  er  es  meister- 

20* 


haft  verstand,  im  großen  bombastischen  Stile  die  geringste  Leistung  auf- 
zubauschen und  für  sich  zu  verwerten.  Admiral  Persano  war  ferner  ein 
Mann,  der  sich  fQr  eine  große  seemännische  Kapazität  liielt  und  alles  nach 
seinem  Kopfe  mit  mögUclist  viel  Aplomb  anzupacken  gewohnt  war, 
unbekümmert  darum,  ob  die  ergriffenen  Maßnahmen  den  obwaltenden 
Umständen  angepaßt  waren  oder  nicht.  Er  kopierte  auch  gerne,  leider 
mit  wenig  Glück,  große  MSnner.  Weil  Admiral  Farragut  bei  der 
Beschießung  von  Fort  Mobile  auf  seinem  Flaggenschiffe  , Hartford*  sich 
des  besseren  Ausblickes  wegen  in  die  Mars  begeben  hatte,  glaubte  er  vor 
Lissa  dasselbe  tun  zu  müssen  und  hatte  sich  zu  diesem  Zwecke  die  Gruß- 
mars  de:;  ,Re  d'Italia*  herrichten  lassen'),  in  welcher  er  sich  einige  Zeit 
aufhielt,  wäJirend  welcher  aber  der  Stabschef  der  Flotte,  Linienschiffs- 
kapitän  d'Amico  von  der  Brücke  aus  das  Manöver  der  Gruppe  selb- 
ständig leitete.  Weil  die  neue  Taktik  den  Fall  vorhersah,  daß  der 
Kommandierende  unter  Umständen  es  vorziehen  könnte,  sich  außerhalb 
der  Linie  zu  begeben  und  von  dort  aus  die  Schlacht  zu  leiten,  für  weichen 
Fall  ein  eigens  zu  diesem  Zwecke  bestelltes  Substitutsschiff  den  Platz 
des  Admirals  in  der  Linie  einzunehmen  hatte,  hielt  es  Admiral  Persano 
schon  für  notwendig,  sich  dieser  Methode  zu  bedienen  und  wählte  biezu 
den  .Affondatore*,  obschon  gerade  dieser  im  gegebenen  Falle  das  am 
wenigsten  geeignete  Schiff  war.  Denn  wollte  er,  um  seinen  Ausdruck  zu 
gebrauchen,  eine  kühne  Tat  (un  colpo  ardito)  ausföliren,  indem  er  sich 
auf  das  Rammen  verlegte,  so  mußte  ihm  in  derMelee  von  diesem  niederen 
Schiflfe,  welches  aus  dem  Turme  nur  einen  sehr  beschränkten  Ausblick 
bot.  die  Übersicht  und  Leitung  des  Ganzen  bald  abhanden  kommen:  ver- 
zichtete er  dagegen  auf  das  Rammen  und  hielt  sich  des  besseren  Cberv 
bhckes  wegen  mehr  außerhalb  der  Melee,  so  entzog  er  der  Flotte  dadurch 
vrieder  ein  mächtiges  Kampfmittel.  Diese  beiden  Verwendungen  des 
„Affondatore*  paßten  nicht  zusammen  und  sclüossen  einander  aus.  Ent- 
weder wurde  er  seiner  Bestimmung  gemäß  als  Widder  gebraucht  od« 
als  Aviso.  Als  beides  konnte  er  nicht  dienen.*).  Den  größten  und  nicht 
zu  entschuldigenden  Felder  beging  jedoch  Admiral  Persano  dadurch, 
daß  er  es,  wie  selion  erwähnt,  unteriieß,  seine  Überschiffung  vorher  zur 
Kenntnis  der  Flotte  zu  bringen,  damit  jedermann  während  der  Schlacht 
wußte,  wo  der  kommandierende  Admiral  zu  suchen  sei  und  von  wo  man 
die  eventuellen  Signale  zu  erwarten  habe.  Dieses  wichtige  Faktum  durfta 

1)  Siehe  Seite  15S. 

-]  Siebe  dds  Gatacbten  Her  Sauhver^trindigen  bezüglich  de^  ,Arrondatore-,  B«i,- 


309 

für  dieselbe  kein  Geheimnis  bleiben  und  auf  eine  würdige  Weise,  aber 
nicht  mit  jener  auffallenden  Heimlichkeit,  als  ob  er  sich  gewissermaßen 
dieses  Schrittes  schäme,  mußte  die  Überschiffung  des  Admirals  vor  sich 
gehen. 

Es  ist  durch  die  Zeugenaussagen  vieler  Offiziere  erwiesen  worden, 
daß  gerade  diese  Form  es  war  (come  se  fosse  uno  scampo),  welche  nicht 
nur  auf  dem  ^R^  d'Italia*,  sondern  auch  auf  jenen  wenigen  Schiffen,  die 
infolge  ihrer  Nähe  das  Abstoßen  eines  Bootes  vom  ,Rfe  d'Italia*  sowie 
das  Rudern  dieses  Bootes  gegen  den  „Affondatore'  bemerkt  und  den 
Zusammenhang  erraten  hatten,  einen  üblen  Eindruck  hervorbrachte. 
Ohne  abzuwarten  bis  der  mittels  Signals  und  Avisos  herbeigerufene 
„Affondatore*  dem  »Re  d'Italia*  auf  eine  entsprechende  Distanz  nahe 
gekommen,  ließ  er  den  letzteren  halten  und  bestieg  in  sichtbarer  Hast 
und  Aufregung,  einen  lemenen  Pack  in  den  Händen  haltend,  mit  seiner 
Begleitung  das  Boot,  welches  in  größter  Eile  dem  »Affondatore*  ent- 
gegenruderte. Die  Bemannung  dieses  Bootes,  um  welches  sich  niemand 
mehr  kümmerte,  wurde  zum  Glück  noch  vom  „Govemolo*  aufgenonunen. 

Am  Bord  des  »Affondatore*  wurde  zwar  eine  Kommandoflagge 
gehißt,  aber  nicht  die  eines  Admirals,  sondern  eines  Vizeadmirals,  weil 
sich  keine  andere  am  Bord  befand,  trotzdem  man  auf  dem  ^Affondatore* 
schon  den  Tag  vorher  von  der  bevorstehenden  Überschiffung  des 
kommandierenden  Admirals  Kenntnis  hatte  und  aus  diesem  Anlasse 
eigens  an  die  Herstellung  einer  Admiralskommandoflagge  ging.^)  Die 
Anklageakte  erwähnt  auch  diesen  sonderbaren  Umstand  und  fmdet  ihn 
höchst  auffallend.  Wir  können  indes  hier  an  eine  Absichtlichkeit  nicht 
glauben  imd  halten  diese  für  unwahrscheinlich;  aber  bezeichnend  für  den 
Dienst  und  die  Pünktliclikeit,  mit  welcher  derselbe  gehandhabt  wurde, 
bleibt  dieses  Faktum.  Nebstbei  wurde  die  Kommandoflagge  noch  unklar 
gehißt  und  so  geschah  es,  daß  man  dieselbe  bei  der  kleinen  Flaggengala, 
welche  gleichzeitig  geführt  wurde,  gar  nicht  beachtete.  Mit  Ausnahme  der 


^)  ,Si  alzava  intanto  suiralbero  dimaestra  una  bandiera  di  commando,  noD  p^ro 
col  distintivo  di  amroiraglio  in  capo,  che  consiste  in  tre  palle  bianche,  bensl  con  quello 
di  vice-ammiraglio  che  ne  ha  dae;  ed  e  per  veriU  alquanto  singolare  che  dal 
momento  che  quella  bandiera  era  stata,  come  dice  rufßciale  Ghinca,  confezionata 
apposta  nel  i^omo  precedente  a  bordo  dello  slesso  „AfTondatore*^  quando  (come  si 
accennerä  in  appresso)  Tammiraglio  Persano  aveya  fatto  pre venire  il  commandante 
Martini,  che  in  caso  di  battaglia  sarebbe  forse  passato  sull*  Affondatore,  siasi 
sbagliato  il  distintivo  del  Supremo  Commando,  che  era  Tunico  oggetto  della  sua 
formazione*".  Rendiconti  etc.  etc.  Atto  d^accusa.  Seite  28. 


Schiffe  der  Reserve  wiir,  wie  gesagt,  der  ülirige  Teil  der  Flotle  nicht 
davon  in  Ketmtuis.  daß  der  Adniiral  sein  Schiff  gewechselt  hatte  und  alle 
Blicke  waren  bezüglich  der  Signale  nach  wie  7or  auf  den  ,R6  d'ltalia* 
gürichlet. 

Adniiral  Persano  versuchte  sich  damit  zu  entschuldigen,  daß  er 
sagte :  in  der  Schlacht  hören  die  Signale  auf,  da  jeder  Kommandant  nach 
eigenem  Ermessen  handeln  muß.  Zugegeben,  aber  nur  bis  zu  einer 
gewissen  Grenze,  denn  ganz  wiid  niaji  ihrer  nie  entbehren  können  und 
für  gewisse  Fälle,  vne  zum  Beispiel  das  Sammeln  der  Schiffe  aus  der 
Melee  und  eventuelle  Neuformieren  derselben  zum  Zwecke  eines  neuen 
Angriffes,  muß  der  Kommandierende  seinen  Schiffen  bekannt  und  sichtbar 
bleiben,  wie  diese  ihn  unter  allen  Umständen  zu  finden  wissen  müssen. 
Dies  war  aber  bei  der  italienischen  Flotte  in  der  Schlacht  von  Lissa  nicht 
der  Fall.  Und  wenn  es  auch  seine  Richtigkeit  damit  hat,  daß  die  Komman- 
danten nach  dem  Beginne  der  Schlacht  infolge  des  beständigen  Wechsels 
der  Situationen  größtenteils  nach  eigenem  Ennessen  zu  handeln  haben,  so 
ist  es  doch  nicht  minder  richtig,  daß  sie  vorher  über  die  Generalidee  dea 
Angriffes  sowie  über  die  Intentionen  ihres  Admirals  im  klaren  sein 
müssen.  Allein  auch  dies  traf,  wie  wir  wissen,  bei  Lissa  nicht  zu. 

Was  mag  nun,  so  drängt  sich  emeui  wohl  die  Frage  auf,  die  Ursache 
gewesen  sein,  daß  Admiral  Persano  sich  dieses  so  schwerwiegenden 
Versäumnisses  schuldig  machte  und  die  Flotte  von  seiner  Überschiffung 
in  Unkenntnis  Heß?  Wir  glauben  nicht  zu  iiren.  wenn  wir  annehmen, 
daß  er  instinktiv  fühlen  mochte,  er  begehe  einen  Schritt,  der  ihm  Ton  der 
Flotte  übel  gedeutet  werden  würde  und  daß  er  den  Kritiken  und  Witzeleien 
hierüber  sich  nicht  im  vorhinein  aussetzen  wollte.  Ein  anderer  ver- 
nünftiger Grund  ist  sonst  wirklich  schwer  denkbar. 

Des  schädlichen  Einflusses,  welchen  die  stattgehabte  Dberscbiffung 
des  Admirals  auf  die  Kielwasserlinie  dadurch  ausübte,  daß  eine  Lücke  io 
derselben  entstand,  indem  der  ,R^  d'ItaUa*  aus  dieser  Veranlassung 
einige  Zeit  halten  mußte,  während  die  vor  ihm  befindlichen  Schiffe  unter 
Konireadmiral  Vacca  ruhig  weiterfuhren,  haben  wir  bereits  Erwähnung 
getan,  Wohl  wäre  es,  nachdem  die  Kielwasserlinie  diesmal  von  der 
gesamten  italienischen  Panzerflotte,  die  Reserve  mit  inbegriffen,  gebildet 
worden  war  und  diese  nun  gleichfalls  unter  dem  direkten  Befehle  des 
kommandierenden  Admiials  stand,  Pflicht  der  »Ancona*  —  als  dem 
Vordermanne  des  ,Re  d'ltalia"  —  gewesen,  gleichfalls  die  Fahrt  zw  ver- 
mindern, um  sieh  hiedurch  soviel  als  mOgUch  auf  der  anberohlenen 
Distanz  zu  halten,  als  dieser  seine  Fahrt  vermindert  und  endlich  sogtr 


311 

gestoppt  hatte.  Die  Nichteinhaltung  dieser  taktischen  Vorschrift,  die  im 
vorliegenden  Falle  von  weittragender  Bedeutung  wurde,  zeigt  al^emials 
deutlich  die  völlige  Unkenntnis  der  Admirale  und  Kommandanten  mit  den 
Absichten  des  Admirals  bezüglich  der  bevorstehenden  Aktion.  Linien- 
schiflfskapitän  Piola,  der  Kommandant  der  ,Ancona**,  in  der  öCfentlichen 
Debatte  des  Prozesses  Per  s  an  o  als  Zeuge  befragt,  ob  er  nicht  gewußt  habe, 
daß  es  in  der  Kielwasserlinie  Pflicht  eines  jeden  Vordermannes  sei,  bei 
einer  durch  Umstände  hervorgerufenen  Fahrtverminderung  des  Hinter- 
mannes gleichfalls  die  Fahrt  zu  vermindern,  um  die  vorgeschriebene 
Distanz  einzuhalten,  gab  ganz  kaltblütig  zur  Antwort,  „daß  ihm  dies  wohl 
bekannt  gewesen  sei,  daß  er  jedoch  zur  Reserve  gehört  habe  und  bloß  die 
Signale  des  Kommandanten  der  Reserve  zu  befolgen  verpflichtet  gewesen 
sei;  daß  dieser  im  Gegenteil  mittels  Signals  befohlen  habe,  die  Distanzen 
(in  der  Reserve)  zu  schließen,  er  sich  somit  um  den  ,Re  dltalia*  nicht 
zu  kümmern  brauchte**.^)  Daß  es  sich  jedoch  hier  vor  allem  darum  handeln 
mußte,  zu  verhindern,  daß  eine  Lücke  in  der  Linie  entstand,  daß  zu 
diesem  Behufe  nötigenfalls  selbst  ein  Signal  zu  hissen  war,  um  „ Gaste  1- 
fidardo*  und  «Principe  di  Carignano**  zur  Nachahmung  des  eigenen 
Manövers  zu  veranlassen,  dies  leuchtete  damals  dem  Kommandanten  der 
„Ancona"  nicht  ein. 

Admiral  Persano  befindet  sich  nun  auf  dem  „Afifondatore*.  Wo 
sind  aber  seine  kühnen  Taten,  jene  colpi  arditi,  welche  er  mit  diesem 
„mächtigen  Streitmittel**,  wie  er  es  nannte,  zu  vollführen  gedachte?  Die 
Antwort  auf  diese  Frage  fällt  nicht  befriedigend  aus  und  bleibt  hinter  den 
bescheidensten  Erwartungen  zurück.  Wir  sehen  ihn  gleich  bei  Begimi  des 
Kampfes  gegen  die  Panzerschiffe  des  österreichischen  rechten  Flügels  im 
Vorüberfahren  auf  weite  Distanzen  einige  wirkungslose  Schüsse  abgeben, 
er  folgt  ihnen  aber  nicht,  sondern  gelangt,  seinen  Kurs  fortsetzend  in  das 
Intervall  zwischen  der  1.  und  2.  Division,  wo  er  sich  die  „Elisabeth*  als 
Opfer  für  seine  Ramme  auserkoren  hat.  Der  kurze,  lenksame  Raddampfer 
weicht  ihm  jedoch  gewandt  aus  und  der  „  Afl'ondatore'*  gerät  nun  bei  semer 
Kreisbewegung  über  Backbord  auf  die  2.  österreichische  Division,  deren 
Führerschifif  „Kaiser*  ilmi  in  schräger  Richtung  schon  auf  kurze  Ent- 
fernung entgegenkommt.  Es  gelingt  ihm  daher  auch  nicht  mehr,  sich  in 


1)  Rendlconti  etc.  etc.;  deposizione  Piola,  Seite  141.  Und  doch  waren  es 
gerade  die  Schiffe  der  Reserve,  von  welchen  man  sah,  daß  vom  ,,R6  dltalia*"  ein  Boot 
abstieß,  daß  somit  etwas  außerordentliches  vorgehen  mußte,  was  dessen  Hallen 
in  diesem  kritischen  Momente  vcranlaCte. 


eine  solche  Position  zu  bringen,  um  das  Linienschiff  mit  Aussicht  auf 
Erfolg  rammen  zu  können  und  es  erfolgt  ein  bloßes  AusweichmanÖTer. 
indem  beide  SchiEfe  pinander  in  entgegengesetzter  Richtung  passieren, 
wobei  allerdings  der  .APfondatore"  seine  beiden  300pfünder  auf  eine 
Entfernung  von  nur  50  bis  100  m  gegen  den  „Kaiser"  mit  verheerendpr 
Wirkung  abfeuert.  Aber  auch  „Kaiser"  antwortet  mit  zwei  konzentrierten 
Lagen,  die  auf  Deck  und  in  der  Takelage  des  .Affondatore*  ziemlichen 
Schaden  verursachen.  Dieser  gelangt  nun  durch  die  fortgesetzte  Kreis- 
bewegung ganz  außerhalb  des  Gefeclitsfeldes;  ersieht  den  heroischen  Kampf 
des  ,Re  di  Portogallo"  mit  dem  , Kaiser"  nur  von  weitem,  ohne  selbst  mit 
einzugreifen  und  vergeudet,  inzwischen  seine  Havarien  ausbessernd,  eine 
kostbare  Zeit  von  1.5  bis  SO  Minuten,  während  welcher  an  anderer  Stelle 
die  Entscheidung  fällt.  Er  sieht  und  weiß  nichts  vom  ,Re  d'ItaÜa*,  dessen 
Schicksal  er  erst  um  4''  p.  m,  ertährt. 

Endlich  ergibt  sich  für  den  .Affondatore"  die  günstige  Gelegenheil, 
seinem  Namen  und  seiner  Bestimmung  entsprechend  wirken  zu  können 
und  diesmal  mit  aller  Aussicht  auf  Erfolg.  Das  brennende  und  übel  zuge- 
richtete Linienschifl'  trachtet,  nur  von  wenigen  schwachen  Holzschiffen 
begleitet,  mit  aller  Anstrengung  den  Hafen  S.  Gioi^io  zu  erreichen. 
Der  »Affondalore-,  längs  der  nördlichen  Küste  der  Insel  Lissa  steuernd. 
hat  es  erspäht  und  will  ihm  den  Weg  dahin  verlegen.  Die  beiden  ScIiifTe, 
welciie  einen  ilahezu  parallelen  Kurs  steuern,  der  .Affondatoi-e'  an 
Steuerbord  des  , Kaiser',  haben  sich  bald  genähert,  denn  der  erstere  ist 
im  Vollbesitze  seiner  Maschinenkrafl,  während  das  Linienschiff  infolge 
seines  Brandes  langsam  zu  fahren  gezwungen  ist.  Er  hat  somit  die  Über- 
legenheit in  der  Fahrt  und  kann  sich  mit  Leichtigkeit  die  ihm  passendst« 
Position  zum  Rammen  wählen.  An  ein  Entrinnen  des  .Kaiser'  ist  unter 
diesen  Umständen  nicht  zu  denken.  Auf  eine  Distanz  von  i^irka  1  Kabel 
(200  Hl)  gegenseitig  angelangt,  erwai-tel  man  auf  beiden  Schiffen  in 
fieberhafter  Spannung  den  Ausgang  dieses  Duells;  da,  im  letzten  entschei- 
denden Momente,  wo  man  sowohl  an  Bord  des  .Affondatore*  wie  auch 
auf  jenen  Schiffen  der  Flotte,  welche  Zeuge  dieses  Intermezzos  waren, 
den  .Kaiser"  bereits  verloren  wähnte,  macht  der  Admiral  von  seiner 
Autorität  Gebrauch  und  vereitelt  durch  sein  Machtwort  das  Manöver  des 
Schiffskommandanten  Martini, 

Woher  dieser  plölzHchi^  Wechsel  des  schon  einmal  gefaßten  Ent- 
schlusses bei  einer  Gelegenheit,  welche  wie  diese  sich  vielleicht  nicht  so 
bald  wieder  darbietet?  Wir  stehen  da  abermals  vor  einem  Rätsel,  dessen 
richtige  Lösutig  jedoch  leider  nur  auf  Kosten  der  Ehre  des  Admirals 


313 

erfolgen  kann.  Es  scheint  wohl  aller  Grund  zur  Annahme  vorhanden,  daB 
ihn  im  letzten  entscheidenden  Momente  seine  Nerven  im  Stiche  ließen 
und  daß  er  das  mit  jedem  Rammstoße  verbundene  Risiko  nicht  tragen 
wollte.  Er  versuchte  zwar  nachträglich  zu  beweisen,  daß  sein  Kommando 
,alla  diritta*  das  im  gegebenen  Falle  richtigere  gewesen  wäre,  weil  der 
«Kaiser"  eine  Bewegung  nach  steuerbord  gemacht  hatte,  allein  abge- 
sehen davon,  daß  diese  angebliche  Bewegung  von  keinem  der  an  Bord 
befindlichen  Offiziere  bestätigt  wurde,  ist  dieselbe  auch  ganz  unwahr- 
scheinüch  und  der  Position  der  beiden  Schiffe  nicht  entsprechend.  Der 
«Kaiser**,  welcher  sich  etwas  voraus  befand,  wäre  durch  diese  Bewegung 
geradezu  in  sein  Verderben  gerannt,  da  er  dem  «Afifondatore"  seine  Breit- 
seite präsentiert  hätte,  so  daß  dieser  nur  seinen  Kurs  fortzusetzen  brauchte, 
um  ihn  senkrecht  zu  trefien;  im  Gegenteile  wurde  von  allen  Offizieren 
ausgesagt^)  und  das  Urteil  dahin  abgegeben,  daß  bloß  eme  leichte 
Bewegung  von  Seite  des  «Aflfondatore**  nach  backbord  hinreichend  ge- 
wesen wäre,  um  die  Katastrophe  unvermeidlich  zu  machen.  Daraus  geht 
zur  Evidenz  hervor,  in  welcher  nahen  und  günstigen  Rammstellung  sich 
der  «Afifondatore"  befunden  haben  mußte  und  daß  —  wie  die  Anklage 
ganz  richtig  bemerkte  —  es  einer  Absicht  bedurfte,  daß  der  Rammstoß 
nicht  ausgeführt  wurde.  Admiral  Persano  gab  sich  zwar  viel  Mühe  vor 
dem  Senate,  durch  gelehrte  Abhandlungen  über  das  Rammen  und  Aus- 
weichen seine  Richter  von  der  Richtigkeit  seines  Manövers  zu  über- 
zeugen, doch  gelang  es  ihm  nicht,  das  gesunde  Urteil  derselben  zu  trüben, 
da  die  Klarheit  und  Bestimmtheit  der  Zeugenaussagen  mit  erdrückender 
Schwere  gegen  ihn  sprach. 

Er  hatte  übrigens  vorher  noch  eine  andere  Erklärung  für  sein 
Manöver  respektive  über  die  Ursache  desselben  gegeben  und  zwar  gleich 
in  den  ersten  Tagen  nach  der  Schlacht,  wo  er  das  Bedürfnis  gefühlt  haben 
mochte,  sein  Benehmen  den  Offizieren  seines  Stabes  gegenüber  zu  recht- 
fertigen. Der  Stabschef  der  Flotte,  Linienschiflfskapitän  d' Amico,  erzählte 
nämlich,  daß  der  Admiral  eines  Tages  an  Bord  des  «Messaggiere*  bei  der 
Tafel  die  Bemerkung  machte,  er  habe  damals  die  große  Achse  des  Turmes 
des  «Affondatore"  (welche  der  Breite  des  Schiffes  nach  lag)  in  der  Längen- 
richtung genonunen  und  daraus  sei  der  Irrtum  und  die  Verwechslung 
von  Backbord  mit  Steuerbord  entstanden.  Es  braucht  wohl  nicht  erst 
bemerkt  zu  werden,  daß  diese  Erklärung  nicht  ernst  genommen  wurde 
und  bei  niemanden  Glauben  fand;  Admiral  Persano  selbst  hütete  sich 


I)  Siehe  Beilage  VI. 


wohl,  vor  dem  Senate  auf  dieselbe  zurückzukommen.  Übrigens  isl  die  von 
ihm  in  jenem  Augenblicke  gemachte  Äullerung:  ,ii  posto  di;ir  amniiriiglio 
non  c  solo  ai  fuoco;  io  debbo  pensare  all'  inliera  armala'  wohl  der 
sprechendste  Beweis  dafür,  daß  er  seine  Erhaltung  für  so  wichtig  hielt, 
um  sich  ihr  zu  Liebe  nicht  der  mit  dem  Rammen  unvenneidlichen  Gefahr 
auszusetzen.  Wenn  dies  aber  seine  Ansciiauung  war,  dann  kam  er  aller- 
dings zu  spät  zur  Erkemitnis  derselben;  dann  durfte  er  aber  auch  nicht 
den  .Affondatore*  als  sein  Flaggenschiff  wählen  und  dui-ch  seine  Gegen- 
wart die  Aktion  dieses  .mächtigen  Streitmittels "  neutralisieren. 

Unter  den  obwaltenden  Umständen,  wo  die  Chancen  stark  auf  seiner 
Seite  lagen,  hätte  er  im  Gegenteile  nicht  zögern  dürfen,  dieses  wenn 
auch  schon  stark  beschädigte  Schiff  vollends  zu  vernichten,  schon  des 
mächtigen  Eindi-uckes  wegen,  den  diese  Tat  auf  seine  Flotte,  die  bis  jetzt 
noch  keinen  Erfolg  errungen  hatte,  ausüben  mußte.  Dies  war  auch  die 
Auffassung  alier  Offiziere  am  Bord  des  .Affondatore'  sowie  die  des  Stabs- 
chefs d'Araico.  Die  Befürchtung,  möglicherweise  selbst  dabei  zu  (irunde 
zu  gehen,  hätte  ihn  nicht  davon  abhatten  dürfen;  selbst  wenn  dies  der 
Fall  gewesen  wäre,  so  hätte  er  seinem  Lande  doch  einen  großen  Dienst 
emiesen,  da  der  Verlust  des  Linienschiffes  mit  seiner  Bemamiung 
von  900  Mann  österreichischerseits  wohl  schwerer  empfunden  worden 
wäre,  als  italienischerseits  der  Verlust  des  .Affondatore",  der  übrigens 
schon  nach  dem  ZcUensystem  gebaut  war,  also  weniger  Gefahr  liet 
Es  wäre  dies  eine  Kompensation  für  den  Verlust  des  ,Re  d'Italia*  ge- 
wesen. 

Mit  dieser  Affäre  war  die  Rolle  des  .Affondatore"  als  Widder 
beendigt,  denn  es  ergab  sich  für  ihn  keine  Gelegenheit  mehr,  in  dieser 
Eigenschaft  aufzutreten;  was  die  weitere  Tätigkeit  des  Admirals  Persano 
auf  diesem  Schiffe  imd  während  des  Endes  dei-  Schlacht  anbelangt,  so 
haben  ivir  m  den  vorhergehenden  Kapiteln  ausführlich  darüber  berichtet 
und  gezeigt,  wie  verhängnisvoll  sich  die  Geheimhaltung  seiner  Ober- 
schiffung  gestaltete,  wie  lange  es  dauerte,  ehe  der  größte  Teil  der  fTotte 
seine  Signale  anerkannte  und  als  dies  endlich  der  Fall  war,  welche  geraatne 
Zeit  wieder  mit  nutzlosen  Formationen  und  Kursvenuiderungen  vergeudet 
wurde,  anstatt  entschlossen  gegen  die  österreichische  Eskadre,  welche 
sich  bloß  4  bis  5  Seemeilen  entfernt  befand,  zu  steuern  und  diese  nochmals 
anzugreifen.  Aber  offenbar  hatte  Admiral  Persano  genug.  Er  mußte  den 
Glauben  an  sich  und  seine  Flotte  verloren  haben;  denn  nur  so  läßt  es 
sich  erklären,  dafl  seinerseits  kein  Versuch  mehr  gemacht  wurde,  dos 
launenhafte  Kriegsglück  an  sich  zu  fesseln  und  nochmals  um  den  Sieg  zu 


•J15 

kämpfen.  Man  wai'  doch  im  Monate  Juli,  es  standen  ihm  somit  bis  zum 
Abend  noch  5  bis  6  Stunden  zu  Gebot  und  es  war  immerhin  noch  möglich, 
in  dieser  Zeit  den  erüttenen  Echec  wieder  gut  zu  machen.  Man  verfugte 
auch  noch  immer  über  die  Übermacht  und  konnte  9  Panzerschiffe  den 
7  österreichischen,  sowie  386  schwere  Geschütze  der  Holzflotte  den  in- 
folge des  Bückzuges  des  „Kaiser"  auf  260  reduzierten  der  österreichi- 
schen Holzeskadre  gegenüberstellen.  Die  italienischen  Holzschiffe  waren 
überhaupt  noch  nicht  zur  Aktion  gelangt.  Wohl  mochte  das  Schickscd  des 
,Re  d'Italia**  und  des  ,Palestro*  einen  gewissen  deprimierenden  Eindruck 
bei  der  Fotte  zurückgelassen  haben,  aber  es  gibt  Lagen,  wo  gerade  der- 
artige Unfälle  mächtig  auf  das  Ehrgefühl  einwirken,  den  schon  wanken- 
den Mut  wieder  beleben  und  zu  den  größten  Taten  begeistern,  wenn  die 
Führer  es  verstehen,  die  richtige  Seite  anzuschlagen  sowie  mit  gutem 
Beispiele  voranzugehen.  Dies  gilt  in  den  Kriegen  zur  See  mehr  noch  wie 
in  jenen  zu  Lande,  weil  dort  die  Selbständigkeit  der  Einzelnen  viel 
früher  aufhört  und  nur  den  Admiralen  und  Schiffskommandanten  ein 
größerer  persönlicher  Wirkungskreis  beschieden  ist.  Die  wackere  Beman- 
nung des  „Palestro**  bildet  den  besten  Beweis  hiefür. 

Wir  glauben  daher  mit  unserer  Behauptung  nicht  fehlzugehen,  daß; 
wenn  die  italienischen  Admirale  das  Herz  auf  dem  rechten  Flecke  gehabt 
hätten  und  die  Mehrzahl  der  Kommandanten  vom  Schlage  der  Faä  di 
Bruno  und  Cappellini,  der  Riboty  und  Acton  gewesen  wären,  bei 
einem  zweiten  ernsten  Zusammenstoß  vielleicht  noch  mancher  Erfolg 
erreicht  worden  wäre,  auf  alle  Fälle  aber  der  Sieg  vom  Gegner  hätte  teuer 
erkauft  werden  müssen.  Daß  diese  Voraussetzung  nicht  zutraf,  darin  mag 
eine  teilweise  Entschuldigung  für  den  Admiral  Persano  gefunden  werden, 
der  nach  den  gemachten  Erfahrungen  allerdings  kein  besonderes  Ver- 
trauen mehr  in  seine  Untergebenen  zu  setzen  berechtigt  war. 

Wir  haben  hiemit  alle  Hauptmomente  nochmals  zusammengefaßt 
sowie  die  Ursachen  angegeben,  welche  unserer  Ansicht  nach  dazu 
gefühil  haben,  daß  die  imposante,  italienische  Flotte  von  der  in  jeder 
Hinsicht  schwächeren  österreichischen  besiegt  wurde  imd  dabei  gezeigt, 
welche  Schuld  in  dieser  Beziehung  dem  kommandierenden  Admiral  bei- 
gemessen werden  muß.  Daß  dieser  der  Hauptschuldige  ist,  daran  kann 
jetzt  nicht  mehr  gezweifelt  werden.  Aber  wir  sagen  nicht  ohne  Grund  der 
Hauptschuldige,  denn  er  steht  nicht  ohne  Mitschuldige  da. 

Vizeadmiral  Albini,  Kommandant  einer  Eskadre  von  12  größten- 
teils schweren  Schiffen  mit  nahezu  400  Geschützen,  hatte  den  traurigen 


Mut,  sich  auf  unpassende,  dtin  Augen  liliokf;  nicht  entsprechende  BefehJe 
stützend,  wahrend  der  ganzen  Aktion  ein  passiver  Zuschauer  zu  bleiben, 
trotzdem  ilui  die  Tatsache,  daß  selbst  die  kleinen,  fast  wehrlosen  Rad- 
dampfer der  österreichischen  Flotte  am  Kampfe  teilnahmen,  aller  Be- 
denken hätte  überheben  können  und  zweimal  vom  kommandierenden 
Admiral  das  Signal  gemacht  worden  war.  ,jedes  Schiff,  welches  nicht 
kämpft,  ist  nicht  auf  seinem  Posten*. 

Mit  vollem  Rechte  muß  ihm  der  Vorwurf  gemacht  worden,  daß  er 
nicht  kühn  darauf  los  ging,  sondern  jeder  vermeintlichen  Gefahr  auswich. 
Es  war  aber  nicht  zu  verhindern,  beim  Vorgehen  zum  Angriffe  einem  oder 
dem  anderen  österreichischen  Panzerschiffe  zu  begegnen.  Dieses  Risiko 
mußte  er  tragen,  so  gut  es  Kommodore  v.  Petz  getragen  hat. 

Welcher  Tatendrang  Vizeadmual  Alblni  innewohnte  sowie  welche 
Auffassung  der  Sachlage  und  der  ganzen  neuen  Kriegsführung  zur  See 
er  überhaupt  haben  mußte,  läßt  sich  am  besten  aus  dem  nach- 
stehenden Teile  seines  eigenen  Berichtes  entnehmen,  den  wir  in  wört- 
licher Übersetzung  hier  wiedergeben: 


»Ich  versuchte  es,  mit  den  österreichischen  gemischten  Schiffen  ins 
Gefecht  zu  kommen  und  wartete  zu  diesem  Behufe  auf  den  güiistigea 
Zufall  ehies  freien  Intervalles  zwischen  den  feindlichen  Panzerfregatten, 
ohne  jedoch  das  Manöver  der  unsrigen  hiedurch  zu  beeinträchtigen;  bei 
meiner  Annäherung  fand  ich  den  Angriff  bereits  auf  der  ganzen  Linie  im 
Gange,  aber  drei  östeiTeicIiische  Panzerfregalten.  welche  sich  mit  ganzer 
Kraft  in  die  Intervalle  zwischen  unseren  Panzerfregatten  der  Tete  stürzten 
und  die  Richtung  gegen  unsere  Kolonne  nahmen,  zwangen  mich,  eino 
rasche  Bewegung  im  Gegenmarsch  auszuführen,  vermittelst  welcher  meine 
ganze  Eskadre  dem  Feinde  den  Bug  zeigen  und  sich  so  iu  eine  weniger 
gefähi'liche  Position  bringen  sollte,  als  unsere  Panzerfregalten  kamen 
und  die  angreifenden  feindhchen  zum  Abfallen  brachten. 

Eine  zweite  günstige  Gelegenheit  erscliien  mir  um  10''  55"  a,  m. 
zu  welcher  Zeit  ich  die  Queue  der  gemischten  Schiffe  fast  isoliert 
bemerkte,  und  dawar  es,  wo  ich  das  Signal  machte:  ,die  Distanzen 
schließen",  um  mich  dem  Feinde  zu  nähern.  Das  Geschützfeuer  zwischen 
den  Panzerschiffen  dauert  unterdessen  sehr  lebhaft  fort;  ich  nähere  mich 
einem  Zwischenräume  der  Kolonne  unserer  Panzerschiffe,  werde  aber 
neuerdings  durch  zwei  österreichische  Panzerschiffe,  welche  versuchen, 
die  zweite  Eskadre  zu  rammen,  von  meinem  Wege  abgebracht;  doch  di»* 


317 

Reserve  sowie  zwei  Panzerfregatten  der  Schlachteskadre  drängen  den 
Feind  zurück. 

In  dieser  Phase  des  Gefechtes  war  es  mir  möghch  erschienen,  den 
Rückzug  der  gemischten  Schiffe  abzuschneiden,  welche  mit  ganzer  Kraft 
fahrend,  nach  dem  Kanal  von  Lissa  abfielen,  das  Linienschiff  an  ihrer 
Spitze,  welches  schon  sehr  stark  beschädigt  und  dessen  Fockmast 
gestürzt  war  und  welches  vom  in  eine  dichte  Rauchwolke  eingehüllt 
erschien;  und  wirklich  wäre  es  angezeigt  gewesen,  eine  gleichzeitige 
Veränderung  der  Marschordnimg  vorzunehmen  (everamente  sarebbe  stato 
ovvio  di  cambiare  ad  un  tempo  lordine  di  marcia);  aber  unter  Berück- 
sichtigung der  durch  das  Signalisieren  hervorgerufenen  Verzögerung 
sowie  des  Zusammenwirkens,  welches  die  erwähnte  Bewegung  erforderte, 
zog  ich  es  vor,  dieselbe  im  Kontremarsch  auszuführen. 

In  diesem  Augenblicke,  11^  30°^  a.  m.,  versank  die  Panzerfregatte 
,Re  d'ltalia*,  ihre  Flaggen  gehißt  behaltend. 

Auf  dieses  imglückUche  Ereignis  hin,  glaubte  ich  den  Gang  des 
Gefechtes  durch  nichts  mehr  stören  zu  sollen.  (A  questo  infausto 
awenimento  pensai  non  doversi  disturbare  per  nuUa  il  corso  del  com- 
battimento).* 

Wieviel  in  diesem  Berichte  bezüglich  der  vermeintlichen  Angriffe 
durch  östeiTeichische  Panzerschiffe  der  Wahrheit  oder  bloß  der  Ein- 
bildung entspricht,  haben  wir  bereits  aus  den  vorhergehenden  Kapiteln 
ersehen  und  überlassen  daher  die  weitere  Beurteilung  des  Benehmens 
des  Vizeadmirals  Albini  dem  Leser;  auch  halten  w^ir  es  für  überflüssig, 
dem  Schlußpassus  —  so  unglaublich  derselbe  auch  klingt  —  noch  einen 
Kommentar  beizufügen. 

Vizeadmiral  Albini,  der  in  früherer  Zeit  in  der  sardinischen  Marine 
einen  guten  Ruf  genoß,  mag  vielleicht  die  löbliche  Absicht,  an  der 
Aktion  teilzunehmen,  gehabt  haben,  zur  Ausführung  aber  brachte  er  sie, 
wie  wir  sahen,  nicht,  und  zwar  soll  zu  dieser  Untätigkeit  viel  der  Einfluß 
seines  Stabschefs,  des  Linienschiffskapitäns  Marquis  Paulucci,  bei- 
getragen haben,  der  dem  Vizeadmiral  einredete,  daß  er  sich  einer 
schweren  Verantwortung  aussetze,  wenn  er  von  den  durch  die  Ordini  di 
massima  aufgestellten  Grundsätzen  abweichen  würde.  Ob  nicht  auch, 
wie  von  mancher  Seite  behauptet  wird,  eine  gewisse  Ranküne  gegen  den 
AdmiralPersano,  welche  von  der  Belagerung  von  Ancona  im  Jahre  1860 
herrührte  und  im  Verlaufe  der  diesmaUgen  Kampagne  noch  gesteigert 
wurde,  vielleicht  das  ihrige  mit  dazu  beigetragen  haben  mag,  daß  sich 


der  Vizeadmiral  sn  starr  hintor  licn  Wortlaut  der  Ordini  di  raa^isima 
verschanzte,  möge  daiiingestellt  bleiben.  Ein  eigentümlicher  Zufall  aber 
ist  es,  wenn  man  sich  erinnert ').  daß  nach  der  Affäre  vom  27.  Juni 
gerade  diese  beiden  Offiziere  es  waren,  welche  sich  in  ziemlich  siib- 
ordinationswidiTger  Weise  über  das  Verhalten  des  Admirals  Persano  an 
jenem  Tage  aussprachen,  so  daß  man  versucht  wäre,  dem  VizeadmiriU 
Albini  bezOgUch  semes  Benehmens  in  der  Schlacht  von  Lissa  die 
eigenen  Woi'te  von  damals  vorzuhalten:  ,Cosi  rion  si  fa  la  guerra'.  denn 
gleichviel,  ob  er  sich  im  formellen  Rechte  befand  oder  nicht,  die  Vor* 
gänge  und  Ereignisse  während  der  Schlacht  mußten  ihn  belehi-eii.  daß  es 
seine  Pflicht  sei.  von  selbst  den  UmstSndeu  Rechnung  zu  tragen  and  sich 
am  Kampfe  zu  beteiligen. 

Die  unparteiische  Geschichte  wird  daher  den  Vizeadmiral 
Älbini  als  den  zweiten  Mitschuldigen  an  dem  Verluste  der 
Schlacht  von  Lissa  hinstellen. 

Kontreadmiral  Vacca,  der  Kommandant  der  Resen'e.  diesmal  der 
Avantgarde,  hatte  bemerkt,  daß  der  Hauptstoß  der  im  Angriffswinkd 
anstürmenden  feindUehen  Panzerdivision  gegen  das  Zentrum  der  italieni- 
schen Linie  gerichtet  war;  dennoch  fuhr  er,  sich  um  dasselbe  nicht  im 
geringsten  kümmernd,  weit  über  die  feindliche  Formation  hinaus  und 
wendete  sodann  über  Backbord  statt  über  Steuerbord,  wodurch  er  von . 
seiner  eigentlichen  Bestimmung  —  den  Kampf  mit  Panzerschiflfen  aufou- 
nehmen  —  abgebracht  und  gegen  die  feiudhche  Holzdiiision  geführt 
wurde.  Obschon  dieses  Manöver  anfänglieh  von  mancher  Seite  sogar  als 
einen  genialen  Blick  bekundend  angesehen  worden  war,  können  wir  uns 
dieser  Anschauung  nicht  anschließen  und  müssen  dasselbe  vielmt^hr, 
weil  es  das  einheitliche  Zusammenwiiken  zerstörte,  für  eui  verfehltes  und 
unzweckmäßiges  bezeichnen. 

Schon  nach  den  Ordhii  di  massima,  obgleich  dieselben  dem  Kom- 
mandanten dei'  Reserve  ehien  gewissen  Spieh-aum  ließen,  war  sein  Platz 
dort,  ,wü  die  Panzerschiffe  kämpften',  wie  sich  LinienscliiSskapitfio 
Piola,  der  Kommandant  der  „Ancona*,  sehr  bald  und  zu  seiner  Ehrft 
erinnerte  und  deshalb  auch  von  Kontreadmiral  Vacca  tremite, 
um  dem  arg  bedrohten  ,R6  d'Itaha'  zu  Hill'e  zu  eilen.  Von  einem 
Äßgrifl'e  der  feindUcheu  Holzschiffe  durch  die  Reserve  war  in  den  vor* 
em'ähnten  Instruktionen  nichts  enthalten,  dagegen  ihrem  Konunandanton. 

1)  Sidie  Snte  87. 


319 

zur  Pflicht  gemacht,  ohne  ein  Signal  abzuwarten,  in  die  Aktion  zu  treten, 
so  wie  die  eigene  Linie  vom  Feinde  durchbrochen  würde  (Abs.  2,  S.  72). 
Daß  der  österreichische  Admiral  aber  diese  Absicht  hatte,  war  deutlich 
zu  erkennen,  wie  es  femer  keinem  Zweifel  unterlag,  daß  mit  dem  „in  die 
Aktiontreten**  der  Reserve  nur  ein  Angriff  auf  die  feindUchen  Panzer- 
schiffe gemeint  sein  koimte,  wenn  zui*  Bekämpfmig  der  Holzschiflfe  die 
eigenen  Holzschiffe  da  waren. 

Und  nachdem  schon  der  Kontreadmiral  Vacca  diese  Bewegung 
über  Backbord,  welche  ihn  auf  die  österreichischen  Holzschiffe  warf, 
ausgeführt  hatte,  warum  ließ  er  sich  durch  das  Feuer  derselben  ein- 
schüchtern imd  bog  sogar  wieder  nach  steuerbord  aus,  anstatt  einem 
Wolfe  gleich,  der  in  eine  Herde  Schafe  einbricht,  sich  mitten  unter  sie 
hineinzustürzen  und  mit  dem  Sporae  semer  Panzerfregatten  unter  ihnen 
aufzuräumen?  Wer  hätte  ihn  daran  gehmdert,  eines  oder  das  andere 
derseüjen  zu  rammen,  etwa  die  schwachen  Kaliber  der  österreichischen 
glatten  Geschütze? 

So  vollzog  er  eine  ganze  Umschiffung  der  österreichischen  Holz- 
eskadi^e  und  langte  erst  nach  ungefähr  einer  halben  Stunde  wieder  auf 
dem  eigentlichen  Kampfplätze  an,  auf  w^elchem  sich  inzwischen  die 
bekannten  Episoden  abgespielt  hatten.  Als  er  hier  die  italienischen 
Panzerschiffe  in  allen  Richtungen  planlos  herumfahren  sah  und  kein 
Ralhierungssignal  für  dieselben  bemerkte,  kam  ihm  die  glückliche  Idee, 
sie  in  eine  Kielwasserlinie  zu  formieren,  um  sie  für  einen  eventuellen 
Neuangi'iff  beisammen  zu  haben.  Gerade  in  diesem  Momente  bot  sich 
auch  die  Gelegenheit,  wieder  in  die  Aktion  zu  treten,  dar.  Der  komman- 
dierende Admiral  hißte  eben  das  Signal:  „Allgemeine  Jagd  mit  Freiheit 
des  Manövers**,  um  der  Vereinigung  der  österreichischen  Holzschiffe  mit 
ihren  Panzerschiffen  zuvorzukommen,  aber  Kontreadmiral  Vacca  selbst 
geht  nicht  mit  gutem  Beispiel  voran  und  befolgt  dieses  Signal  nicht, 
obschon  es  allen  sichtbar  und  wohlverständlich  sein  muß,  indem  „R6  di 
Portogallo*  und  „Principe  Umberto*  es  auszuführen  im  Begriffe  sind. 

Was  veranlaßte  nun  Kontreadmiral  Vacca  zu  einer  derartigen 
schweren  Verletzimg  der  miUtärischen  Disziplin  und  zur  Verweigerung 
des  schuldigen  Gehorsams  gegen  seinen  vorgesetzten  Admiral?  Mit 
beklagenswerter  Offenheit  gestand  er  dies  in  seinem  Verhöre  vor  dem 
Senate  ein.  „Als  der  Admiral  —  so  ließ  er  sich  vernehmen  —  dieses 
Signal  zum  Wiederangriff  machte,  ohne  Ordnung,  ohne  Einheit  in  der 
Aktion,  ohne  Zusammenwirken  zwischen  uns,  ohne  eine  Formation  in 
diesem  Momente,  hielt  ich  es  nicht  für  angemessen,  uns  auf  den 


Feind  zu  werfen.*  ')  Kontreadmiral  Vacca  hielt  es  also  nicht  für 
angemessen,  zu  gehorchen  und  ein  vom  kommandierenden  Ädniiral 
anbefohleues  Manöver  auszuführen!  Man  muß  ebensowohl  über  die 
Handlungsweise  wie  über  diese  Sprache  des  Konlreadmirais  Vacca  in 
Erstaunen  geraten,  denn  nicht  nur,  daß  durch  beide  das  erste  militärische 
Prinzip,  das  der  Subordination,  im  höclisten  Grade  verletzt  wird,  sind 
auch  die  von  ihm  angeführten  Gründe  nicht  einmal  stichhältig,  wenigstens 
nicht  in  dem  Grade,  daß  sie  ihn  ermächtigen  konnten,  den  vom  Admiral 
en  chef  erteilten  Befehl  nicht  auszuführen. 

Wie  schon  oben  erwühnt,  handelte  es  sich  hier  darum,  die  Ver- 
einigung der  österreichischen  Holzschiffe  mit  ihren  Panzerschiffen  so 
rasch  als  mOgüch  zu  verhindern.  Für  diesen  Zweck  war  das  Signal  des 
kommandierenden  Admirals  ein  voUkonunen  entsprechendes,  da  es  die 
sofortige  Ausführung  zuließ  und  sich  auch  die  österreichischenSchiffenoch 
in  keiner  taktischen  Formation  befanden.  Es  wäre  eben  sofort  wieder 
zur  Melee  gekommen,  welche,  da  diesmal  keine  Isolierung  einer  Gruppe 
stattfand,  infolge  der  Übermacht  eine  günstige  Chance  boL  Übrigens 
müssen  wir  immer  wieder  darauf  zurückkommen,  daß  nach  militärischen 
Grundsätzen  Kontreadmiral  Vacca  als  Untergebener  die  Zweckmäßigkeit 
des  vom  Admiral  en  chef  erteilten  Befehles  nicht  erst  lange  zu  beurteilen, 
sondern  einfach  zu  gehorchen  und  mit  gutem  Beispiele  voranziigeheji 
hatte,  da  im  Falle  eines  Mißerfolges  nicht  er,  sondern  der  letztere  die 
Verantwortung  trug.  Daß  durch  seine  Handlungsweise  die  schon  ein- 
gerissene Konfusion  in  der  Führung  der  italienischen  Flotte  nur  noch 
erhöht  wurde,  ist  unbestritten,  ebenso  daß  nur  politische  Rücksichten  ihn 
später  vor  den  Folgen  einer  Stellung  vor  ein  Kriegsgericht  bewahrten. 

Die  Geschichte  kann  deshalb  nicht  umhin,  Kontreadmiral 
Vacca  als  den  dritten  der  an  dem  Verluste  der  Schlacht  von 
Lissa  Schuldtragenden  zu  bezeichnen. 

Was  die  Leistungen  der  einzelnen  Schilfskommandanten  anbelangt, 
so  haben  wir  bereits  in  dem  Kapitel  über  die  Kämpfe  der  einzelnen 
Schiffe  gesehen,  daß  dieselben  im  allgemeinen  keine  außerordentlicht^n 
waren,  daß  vielmehr  auch  von  dieser  Seite  viele  Fehler  und  Unter- 
lassungssünden begangen  wurden.   Selbst  von  italienischer  Seite  wird 

>)  Quando  l'anuniraglio  Tece  i  segnali  per  ritornare  alla  carica,  setua  ordiiUi 
senza  uniüi  d'azlone,  senza  accordo  fra  noi,  senza  ronoiuioDe  in  qael  momeoto,  iu  naa 
hu  creduto  regolare  di  getlarci  sul  nemico  etc.  etc.  Reodiconli  elc.  «tc;  dejitf- 
«iiione  Vaeea,  Seite  48. 


321 

dies  heute  zugegeben.  ^)  Es  ist  offenbar  und  kann  nicht  geleugnet  werden, 
daß  mit  einigen  wenigen  ehrenvollen  Ausnahmen  die  überwiegende  Mehr- 
heit der  italienischen  Kommandanten  nicht  jene  Schneidigkeit  entwickelte, 
die  man  wohl  zu  erwarten  berechtigt  war,  wie  auch  bei  ihnen  die  gegen- 
seitige Unterstützimg  in  der  Melee  viel  zu  wünschen  übrig  ließ.  Von 
einer  kühnen,  aggressiven  Anwendung  des  Sporns  während  derselben 
war  wenig  oder  nichts  zu  bemerken ;  dagegen  wurde  sehr  viel,  aber  auch 
sehr  rasch  sowie  oft  unnützerweise  geschossen  mid  das  überlegene 
Artilleriematerial  aus  diesem  Grunde  nicht  in  jener  Weise  ausgenützt, 
wie  es  bei  größerer  Ruhe  leicht  möglich  gewesen  wäre.  Es  muß  femer 
auffallen,  daß  man  sich  in  einigen  Füllen  der  Überwindung  jener 
Schwierigkeiten,  wie  sie  eben  die  Situationen  mit  sich  brachten,  nicht 
gewachsen  zeigte  und  oft  ohne  zwingende  Notwendigkeit  das  Gefechtsfeld 
verließ,  um  einen  plötzüch  entstandenen  Brand  geringerer  Natur  zu 
löschen,  oder  Schäden,  deren  Reparatur  keine  dringende  war,  auszu- 
bessern. 

Das  schwerfällige  und  langsame  Zustandekommen  der  taktischen 
Formationen,  die  häufigen  Zusammenstöße  der  Schüfe  bei  dieser  Gelegen- 
heit geben  endlich  Zeugnis  davon,  daß  manche  der  Schiffskommandanten 
nicht  die  nötige  Sicherheit  und  Übung  im  Manövrieren  der  neuen  Panzer- 
schiffe besaßen,  weshalb  auch  im  großen  und  ganzen  ihre  Leistungen  in 
keinem  Verhältnisse  zu  dem  vorzüglichen  Materiale  standen,  über  welches 
die  italienische  Marine  verfügte. 

Werfen  wir  dagegen  unsere  Blicke  auf  die  österreichische  Eskadre. 

Als  Kontreadmiral  v.  Tegetthoff  die  Überzeugung  gewonnen 
hatte,  daß  es  sich  bei  dem  von  der  italienischen  Flotte  gegen  die  Insel 
Lissa  gerichteten  Unternehmen  keineswegs  um  eine  bloße  Diversion 
handle,  darauf  berechnet,  ihn  von  seiner  Operationsbasis  hin  wegzulocken, 
sondern  daß  der  Zweck  desselben  tatsächlich  die  Eroberung  der  Insel 
bilde,  ließ  er  sich  durch  nichts,  selbst  nicht  durch  die  entgegengesetzte 
ministerielle  Anschauung*)  davon  abhalten,  dieser  zu  Hilfe  zu  eilen  und 
ihr  Entsatz  zu  bringen. 

Es  als  seine  Pflicht  ansehend,  daiüber  zu  wachen,  daß  auch  nicht 
der  kleinste  Teil  der  dem  Schutze  der  kaiserlichen  Marine  anvertrauten 
Küstenprovinzen  dem  Feinde  in  die  Hände  falle,  hatte  er  diesen  Entschluß 
gefaßt,  im  vollen  Bewußtsein,  daß  er  bei  der  großen  Übermacht  der  geg- 


i)Randaccio;  Sloria  della  marina  italiana,  II.,  Seite  199. 
2)  Vergleiche  Seile  189. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  g]^ 


tierischen  Streitkräfte  einem  schweren  und  ungleichen  Kampfe  entgegen- 
gehe; doch  er  hatte  ihn  gefaßt  im  Vfirtrauen  auf  die  Gerechtigkeit  seiner 
Sache,  wie  auf  den  vorzüglichen  Geist,  der  seine  Untergebenen  beseelte 
und  konnte  er  auch  nicht  des  Sieges  gewiß  sein,  so  wollte  er  diesen  dem 
Feinde  wenigstens  teuer  preisgc'ben,  müßte  er  dabei  selbst  mit  den  Seinen 
den  Untergang  Dnden. 

Wir  kennen  bereits  seine  vorbereitende,  für  alles  sorgende  und 
Kai  schaffende  Tätigkeit,  welche  nur  das  eine  Ziel  verfolgte:  den  großen 
zwischen  den  beiden  Flotten  bestehenden  Abstand  in  der  Ausrüstung  und 
Bewaffnung  soviel  als  möglich  auszugleichen  und  weniger  fühlbar  zu 
machen.  Tag  und  Nacht  übte  er  seine  Mannschaften  und  Offiziere  im 
Handhaben  von  Geschützen  und  Schiffen;  in  häufigen  Konferenzen  mit 
den  Schiffskommandanten  weihte  er  dieselben  in  seine  Pläne  ein.  Nach, 
dem  Vorbilde  der  Amerikaner  ließ  er  die  Seiten  der  Holzschiffe  mit  Eisen- 
ketten schätzen  und  führte,  um  die  Wirkung  seiner  schwachen  Kaliber 
wenigstens  etwas  zu  erhöhen,  das  konzentrierte  Feuer  ein;  vor  allem  abef 
stellte  er  den  Grundsatz  auf,  daß  durch  den  Rammstoß  ersetzt  werden 
müsse,  was  inlolge  der  Inferiorität  der  Artillerie  nicht  erreicht  werden 
könne.  ,Den  Feind  anrennen,  um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen'  sowie: 
»Hölzerne  Schiffe  —  eiserne  Herzen'  waren  die  Wahlsprüche  für  sich  und 
seine  Kommandanten,  welch  letzleren  er  empfahl,  für  alle  Fälle  stets  die 
Regel  im  Auge  zu  behalten,  daß  nur  dann  ein  Schiff  auf  seinen  Posten 
sei,  wenn  es  mit  einem  Gegner  Breitseiten  wechsle. 

Es  ist  uns  bekannt,  in  welcher  Formation  Kontreadmiral  v.  Tegetl- 
h off  die  österreichische  Flotte  in  den  Kampf  fijhrte,  ebenso  wt-lche  Ge- 
fechtsdisposilionen  er  für  dieselbe  erließ.  Die  einfache  klare  Weise,  in 
welcher  in  diesen  für  die  verschiedenen  Divisionen  die  ilinen  entspre- 
chendste Verwendung  normiert  wurde,  gibt  ein  beredtes  Zeugnis  davon, 
wie  er  mit  den  Umständen  zu  rechnen  wußte,  nicht  minder  aber  auch 
von  der  Külmlieit  und  dem  eisernen  Willen  seines  Charakters. 

Noch  in  den  Abendstunden  des  19.  besprach  der  Admiral  mit  den 
Offizieren  seines  Stabes  die  möglichen  Fälle,  welche  für  den  folgendea 
Tag  gewärligl  werden  konnten  und  die  Maßnaimien,  die  jedem  einzelnen 
gegenüber  zu  ei-greifen  wären. 

Da  es  immerhin  möglich  war,  daß  die  Italiener  noch  vor  Aiikonft 
der  österreichischen  Eskadre  Besitz  von  der  Insel  genommen  hfttteo, 
ordnete  er  an.  daß  für  diesen  Fall  demungearhlel  in  den  Hafen  rca^ 
S.  Giorgio  einzulaufen  und  millcn  in  die  feindlichen  Schiffe  hineinzu- 
rennen sei. 


323 

Selbst  die  Möglichkeit  seines  Todes  ins  Auge  fassend,  bestimmte 
er,  daß  dieser  erst  in  einem  passenden  Momente  der  Flotte  kundzugeben 
sei  und  bis  zu  diesem  das  Flaggenschifif  die  Leitung  fortzuföhi*en  habe.  ^) 

Von  der  Kampagne  des  ^Erzh.  Ferdinand  Max**  herab,  umgeben 
von  seinem  Stabe,  in  einer  Haltung,  die  selbst  den  Gegner  zu  rückhalt- 
loser Bewunderung  hinriß,*)  leitete  er  mit  ruhigem  kalten  Blicke  das 
Gefecht,  ab  und  zu  mit  seinem  Flaggenkapitän  wie  mit  den  Offizieren 
seines  Stabes  Ansichten  austauschend  und  Befehle  gebend.  Nichts  entging 
seinem  Scharfblicke  und  jede  kühne  Bewegung  eines  seiner  Schiffe  er- 
füllte ihn  mit  innerer  Befriedigung,  der  er  dann  gegen  seine  Umgebung 
Ausdruck  gab. 

In  ausgezeichneter  und  tapferer  Weise  wurde  der  Admiral  von  den 
Kommandanten  der  Schiffe  unterstützt,  vor  allem  von  dem  Komman- 
danten der  2.  Division,  Kommodore  v.  Petz.  Die  Art  und  Weise,  mit 
welcher  sich  dieser  den  italienischen  Panzerschiffen  der  Queue  entgegen- 
warf, ist  über  J3des  Lob  erhaben  und  trug  nicht  wenig  zum  Gesamterfolge 
des  Tages  bei.  da  die  letzteren  hiedurch  einige  Zeit  in  Schach  gehalten 
und  von  der  Aktion  gegen  die  österreichische  Panzerdivision  abgezogen 
wurden. 

Der  Vizeadmiral  charakterisierte  die  Tat  dieses  tapferen  Offiziers 
mit  folgenden  Worten:  i, Kommodore  v.  Petz,  als  Kommandant  der 
2.  Division  und  des  Linienschiffes  „Kaiser*,  hat  durch  das  mit  ausge- 
zeichneter Geschicklichkeit,  Kühnheit  und  Aufopferung  ausgeführte 
Manöver  mit  dem  seiner  Führung  anvertrauten  Schiffe,  eine  Tat  voll- 
bracht, die  voraussichtlich  für  immer  vereinzelt  in  den  Annalen  der 
Marine  dastehen  wird  und  durch  die  er  nicht  nur  sein  eigenes  Schiff  und 
die  ihm  untergeordnete  Abteilung  der  Flotte  unter  den  erdenklirli 
schwierigsten  Umstünden  vor  eminenter  Gefahr  gerettet,  sondern  auch 


^)  Bis  zu  welchem  Grade  sich  die  Fürsorge  des  Kontreadmirals  v.  Tegctihoff 
für  alle  Zweige  des  Dienstes  erstreckte,  geht  aus  folgendem  Faktum  hervor:  Die  Eskadre- 
kassa  hatte  gerade  einen  großen  Geldbestand;  auf  Befehl  des  Admirals  wurde  derselbe 
in  kleineren  Partien  auf  mehrere  Schiffe  verteilt,  damit,  wenn  aucli  ein  oder  das  andere 
Schiff  gerammt  würde,  nicht  gleichzeitig  so  viel  Geld  mit  verloren  ginge.  Der  italienische 
Admiral  hatte  diese  Vorsicht  nicht  gebraucht,  dafür  schlummern  noch  heute  über 
1  Million  Franken  in  Gold  am  Meeresgrunde.  A.  d.  V. 

2)  ,Mentre  1'  ammiraglio  nemico  sta  sul  casseretto  di  poppa  della  sua  nave,  ritto 
in  piedi,  impavi«lo,  in  mezzo  al  suo  stato  maggiore,  sotto  il  fuoco  della  nostra  moschel- 
teria  e  dei  noslri  cannoni,  sfidando  la  morte,  il  conte  Pellion  di  Persano,  nostro  primo 
ammiraglio,  se  ne  sta  rinchiuso  entro  una  torre,  corazzata  da  tutti  i  lati  etc.  etc.  Rendi- 
conti;  Kequisitoria  del  publico  Ministerio  Seite  Ino." 

"21* 


dem  ;inger;uinl en  fiändlidioii  PanzcTsohiffe  durch  den  wuchtigen  Sloß, 
wie  den  anderen  durch  gutgezieite  Brcilseiteii.  die  auch  nach  dem  Sturz 
des  Mastes  fortgesetzt  wurden,  bedeutende  Schäden  beigebracht." 

Ein  gleiches  unverfängliches  Verdienst  erwarb  sich  der  Flaggen- 
kapitän  des  ,Erzh.  Ferdinand  Max",  LinienschifTskapitän  Freiherr  v, 
Sterneck,  dermitunülKTtreEFUcherMeisterächaft  sein  Schiff  manövriert« 
imd  jede  Gelegenheit  wahrnahm,  Rammstöße  auszuführen,  bis  es  ihm 
endlich  auch  gelang,  dem  ,Re  d'  Itaha'  jene  tö<Uiche  Wunde  beizubringeu. 
die  dessen  Untergang  zur  Folge  halte.  Sein  Verdienst  wird  um  so  höher 
anzuschlagen  sein,  als  dieser  dritte  Rammstoß  seiner  eigenen  Initiative 
entsprang  und  durch  kühnes  Wagen  im  richtigen  Momente  ausgeführt 
wurde, 

Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  beurteilte  die  zur  Berühmtheit  gelangte 
Tat  teines  Flaggenkapitüns  wie  nachstehend: 

»Linienschiffskapitäu  Baron  Sterueck  führte  mit  seinem  Schiffe 
ein  Manöver  aus,  für  welches  zwar  von  allen  Seestaaten  in  neuest» 
Zeit  Schiffe  gebaut  werden,  welches  jedoch  zur  Stunde  —  auf  offener 
See,  wo  Freund  und  Feind  unter  voller  Dampfkiaft  in  Fahrt  —  von  keiner 
Marine  noch  ausgeführt  wurde. 

Daß  Lmienschiffskapitän  Baron  Sterneck  —  unter  hefUgem 
Kanonenfeuer  —  mit  bewunderungswürdiger  Kaltblütigkeit  und  üneiv 
schrockenheit  sein  Sctiiff  fährte,  bin  ich  so  glöcldich  als  Äugenzeuge  be-' 
stütigen  zu  können;  ihm  ist  hauptsächUch  der  Erfolg  des  Tages  zoztK 
schreiben." 

Was  die  übrigen  Kommandanten  anbelangt,  so  haben  wir  beim 
Kapitel  der  Seeschlacht  von  Lissa  gesehen,  in  welcher  Weise  sich  die- 
selben ihrer  Aufgabe,  mit  inferioren  Mittehi  mächtige  Gegner  zu  be- 
kämpfen, enllediglen.  Selbst  der  itahenische  Geschichtsschreiber  erkennt 
dies  in  rückhaltloser  Weise  an,')  hl  der  Anwendung  des  GeschOtzfeuers, 
welches  größtenteils  in  wohlgezielten  konzentrierten  Lagen  erfolgte  sowie 
in  der  gegenseitigen  ünlorslützung,  wenn  es  sich  darum  handelte,  einem  ' 
bedrängten  Naobbai'  ku  Hilfe  zu  eilen  oder  einen  Schwächeren  za 
schätzen,  wurde  das  Möghchste  geleistet  Dies  gilt  nicht  nur  allein  vo» 
den  Panzerschifl'en,  sondern  auch  von  den  Hokfregatten,  von  denen  ins- 
besondere ^Novara"  fast  ununterbrochen  in  der  Nähe  der  Panzordivisio« 


>)  FuTegelllioff  mirsiülmealesecondModa'e 
viloroso  eammodore  v.  Pelz  i^c.  elc.  ttBudnccio, 
Seil«  19S. 


loi  e  piü  che  da  ogni  altru,  dil) 
Storia  deUa  niuina  italiana  Ui 


325 

weilte  und  einige  Male  den  Kampf  mit  Panzerschiffen  aufnahm.  Ebenso 
wacker  hielten  sich  die  schwachen  Kanonenboote  und  Raddampfer,  deren 
Leistimgen  um  so  höher  anzuschlagen  sind,  als  sie  infolge  der  hohen  See 
mit  großen  Schwierigkeiten  bei  der  Geschützbedienung  zu  kämpfen  hatten 
und  dennoch  unausgesetzt  am  Kampfe  teilnahmen. 

Es  ist  von  mancher  Seite  die  Frage  aufgeworfen  worden,  wieso  es 
kam,  daß  in  der  Seeschlacht  von  Lissa  österreichischerseits  nicht  mehr, 
das  heißt  eigentlich  bloß  von  einem  einzigen  Schiffe,  dem  i,Erzh.  Ferdinand 
Max*,  wirklich  gerammt  wurde.  Darauf  muß  nun  erwidert  werden,  daß, 
wenn  die  itahenische  Schlachtlinie  besser  geschlossen  gewesen  wäre,  es  un- 
zweifelhaft schon  beim  Durchbruch  zu  einigen  Rammstößen  hätte  kommen 
müssen.  Infolge  des  gewaltigen  Pulverdampfes  jedoch,  der  gerade  in 
diesem  wichtigen  Momente  jeden  Ausblick  benahm  und  die  richtige  Be- 
urteilung der  Positionen  der  Italiener  immöglich  machte,  gelangte  die 
Mehrzahl  der  österreichischen  Panzerschiffe,  deren  Whikelformation 
bereits  eine  langgezogene  war,  in  die  Lücke  zwischen  der  ersten  und 
zweiten  Gruppe,  so  daß  bei  dieser  Gelegenheit  ihre  ursprüngliche  Absicht, 
das  Signal  des  Kontreadmirals  v.  Tegetthoff  zu  befolgen,  nicht  zur  Aus- 
führung gelangen  konnte. 

Was  das  Nichtrammen  der  österreichischen  Panzerschiffe  im  wei- 
teren Verlauf  der  Schlacht  während  der  Melee  anbelangt,  so  ist  ohne 
Zweifel  auch  da  von  vielen  Seiten  der  Anlauf  dazu  genommen  worden ; 
es  darf  aber  nicht  aus  dem  Auge  gelassen  werden,  daß  der  glückliche 
Erfolg  dieses  Manövers  von  verschiedenen  Faktoren  abhängt  und  nicht 
immer  in  der  Hand  des  Kommandanten  allein  liegt.  Was  den  Stoß  im 
rechten  Winkel  anbelangt,  der  wie  es  sich  beim  „Rc  d'Italia"  zeigte,  der 
ausschlaggebende,  tödliche  ist,  so  wird  es  einem  gewandten  Gegner, 
dessen  Schiff  gut  steuert  imd  noch  manövrierfähig  ist,  wohl  stets  gelingen, 
einem  solchen  auszuweichen,  außer,  wenn  sich  durch  die  Ungunst  der 
Verhältnisse  noch  ein  zweiter  oder  dritter  angreifender  Gegner  dazu- 
gesellt. 

Auch  der  „Erzh.  Ferdinand  Max*  hat,  wie  es  keinem  Zweifel  mehr 
uuterliegt  und  der  Situation  ganz  entspricht,  seine  ersten  zwei  Stöße  zu 
der  Zeit  abgegeben,  als  er  beim  zweiten  Angriffe  an  der  Spitze  der 
Division  gegen  die  feindliche  Mittelgruppe  losstürmte  und  dort  zuerst  den 
,Re  d'Italia",  sodann  den  »Palestro*  in  ziemlich  isolierten  Positionen 
fand.  Das  Gelingen  des  dritten  von  ihm  ausgeführten  und  diesmal  töd- 
lichen Stoßes  war,  wie  wir  wissen,  zum  größten  Teile  von  dem  Umstände 
begünstigt  worden,  daß  der    „Rfe    d'Italia*    sein    Steuer    nicht    mehr 


326 


gebrauchen  konnte  und  im  ciitscheidenien  Momente  als  er  sah.  daß  er 
nicht  mehr  vorne  passieren  könne,  plötzlich  stoppte  und  nach  rückwärts 
scljlagen  ließ,  so  daß  er  wie  auf  den  Fleck  gebannt  war.  Solche  für  den 
Rammenden  glückliche  Umstände  wiederholen  sich  aber  nicht  zu  ofL 
Wenn  daher,  wie  es  keinem  Zweifel  unterliegt,  andere  Kommandanten 
gleichfalls  Rammanöver  versucht  haben,  die  resultatlos  verblieben,  so 
dürften  die  Verhältnisse  ihnen  eben  minder  günstig  gelegen  gewesen  seia 
und  ihre  ursprüngliche  Absicht  vereitelt  haben. 

Auch  italienijicherseils  scheint  aus  dem  gleichen  Grunde  kein  Erfolf; 
erzielt  worden  zu  sein,  obzwar  alle  Kommandanten  berichteten,  Ramm- 
versuche  gemacht  zu  haben. 

Übrigens  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  die  persönlichen  Eigenschaften 
des  Kommandanten  bedeutend  mit  in  die  Wag-schale  fallen.  Richtiges 
Benützen  des  Momentes,  kaltes  Blut,  vorzügliches  Manövrieren  und 
Kennen  des  eigenen  Schiffes  sowie  im  entscheidenden  Augenblicke  ein 
kühner,  rücksichtsloser  Entschluß,  dem  ohne  Zaudern  die  Ausführung 
nachfolgt  —  dies  sind  die  Grundbedingungen  für  das  glückliche  Gelingen 
dieses  Manövers,  das  zwar  einen  hohen  Einsatz  verlangt,  jedoch  dafür 
auch  einen  furchtbaren  Erfolg  zu  erzielen  im  stände  ist.  Daß  diese 
Eigenschaften  sich  nicht  bei  Jedermann  und  nicht  in  gleich  hohem  Maße 
vereint  finden,  ist  einleuchtend. 

Es  darf  femer  nicht  übersehen  werden,  daß  vor  der  Schlucht  von 
Lissa  die  Befürchtungen  wegen  der  aus  dem  Stoße  für  die  Maschine  dm 
Rammenden  erwachsenden  Gefaliren  sowie  ferner  wegen  der  Schwierig- 
keiten, das  eigene  Schiff  vom  sinkenden  zu  trennen,  bedeutend  über- 
schätzt wurden;  insbesondere  hegte  man  dieselben  für  die  Schiffe,  welche 
noch  den  alten  vorspringenden  Sporn  anstatt  des  neueingeführten 
sogenannten  Schwanenhals  führten.  Einen  Rammbug  dieser  letzteren 
Konstruktion  hallen  aber  österreichischerseits  nur  die  beiden  neuen 
Panzerfregalten  ,Erzti.  Ferdinand  Max'  und  , Habsburg*. 

Wenn  man  endlich  bedenkt,  wie  ungemein  rasch  die  Bewegungen 
der  Schiffe  in  einer  Melee  statllinden,  weil  oft  schon  der  nächste  Moment 
die  Situation  verändert  und  den  Rammenden  in  die  Gefahr  bringen  kann. 
selbst  gerammt  zu  werden,  so  wild  aus  dem  Gesagten  es  vielleicbt 
begreiflich  sein,  wenn  in  dem  verhältnismäßig  kurzen  Zeitraum  der 
eigentlichen  Melee  (zirka  30  bis  40  Minuten)  dieses  Manöver  nicht  öftent 
zur  erfolgreichen  Ausführung  kam.  Es  so  oft  als  möglich  ausgeführt  und 
in  dieser  Beziehung  eigentlich  die  Bahn  gebrochen  zu  haben,  dies  wird 
unter  allen  Umständen  das  unbestrittene  und  unvergängliche  Vi 


gängUcbe  Verdkaig| 


327 

des  Kontreadmirals  v.   Tegetthoff    sowie    seines    tapferen    Flaggen- 
kapitäns bleiben. 

Resümieren  wir  zum  Schlüsse  den  Inhalt  dieses  Kapitels,  so  finden 
wir  auf  der  einen  Seite  Planlosigkeit  und  Zerfahrenheit  in  der  obersten 
Leitung,  kein  einheitliches  Zusammenwirken  der  Führer  untereinander, 
von  denen  jeder  einzelne  auf  eigene  Faust  operiert,  Zaudern  und  Unent- 
schlossenheit  im  entscheidenden  Momente,  weshalb  die  Überlegenheit 
nicht  zur  Geltung  gelangt  —  auf  der  anderen  Seite  dagegen  eine  geniale 
Führung,  zielbewußtes  Handeln  derselben  bei  voUstündiger  Ausnützung 
der  vorhandenen  Kräfte  sowie  aufopfernde  Hingebung,  gegenseitige  Unter- 
stützung von  Seite  der  Untergebenen.  Diese  Faktoren  waren  es,  denen 
die  kaiserliche  Marine  jenen  herrlichen  Sieg  verdankte,  der  für  alle  Zeiten 
mit  goldenen  Lettern  in  der  Seekriegsgeschichte  verzeichnet  bleiben  wird. 


328 


11.  Kapitel 


Vorbereitungen  der  k.  k.  Eskadre  fQr  eine  eventuelle  Wiederaufnahme  der  Feindseligkeiten.  —  Auslaufen 

derselben  nachTriest.  —  Waffenstillstand. — Flottenrevue  durch  Seine  k.  k.  Hoheit  Erzh.  Alb  recht. — 

Schreiben  desselben  an   Vizeadmiral  v.  Tegetthoff.   —  Anerkennungen   und   Auszeichnungen.  — 

Auflösung  der  k.  k.  Eskadre.  —  Abschiedsbefehl  des  Vizeadmirals  v.  Tegetthoff. 

Die  Seeschlacht  von  Lissa  fiel  in  die  Zeit,  in  welcher  über  Frank- 
reichs Vermittlung  bereits  die  Friedenspräliminarien  mit  PreuBen  in 
Nikolsburg  im  Zuge  waren,  während  ihr  auf  dem  südlichen  Kriegsschau- 
platze noch  die  Gefechte  gegen  Garibaldi  in  den  Judicarien,  im  Val 
di  Ledro  (21.  Juli),  in  der  Val  Sugana  (22.  bis  25.  Juli)  sowie  am  Isonzo 
bei  Versa  (26.  Juli)  gegen  General  Medici  folgten  und  gleichzeitig 
Venetien  von  den  Österreichern  bis  auf  die  Festungen  geräumt  wurde. 
Auf  dem  Gardasee  behauptete  indes  die  österreichische  Flottille  unter 
Korvettenkapitän  v.  Manfroni  noch  immer  die  unbedingte  Herrschaft. 

Die  kaiserliche  Flotte  vor  Fasana  benützte  diese  Frist  zur  Vornahme 
der  notwendigsten  Reparaturen.  Das  Linienschiff  „Kaiser*,  Fregatte 
„Schwarzenberg*  und  Panzerfregatte  „Erzh.  Ferdinand  Max*  liefen  zu 
diesem  Zwecke  am  22.  in  Pola  ein.  Die  übrigen  Eskadreschiffe  ergänzten 
inzwischen  ihre  Vorräte  auf  der  Rhede  von  Fasana  und  gingen  abwechselnd 
in  den  Zentralhafen,  um  dort  die  nötigen  Reparaturen  so  rasch  als  mögüch 
vorzunehmen.  Beim  „Erzh.  Ferdinand  Max'*  erwies  sich  eine  Dockung  als 
unumgänglich  notwendig  und  wurde  derselbe  am  3.  August  in  das  Balance- 
dock verholt,  wo  er  bis  zum  8.  abends,  zu  welcher  Zeit  die  Arbeiten 
beendet  waren,  verl)lieb,  worauf  noch  in  derselben  Nacht  mit  der  Wieder- 
einschiffung  der  Batterie,  der  Munition  und  Vorräte  l)egonnen  wurde,  so 
daß  das  Schiff  schon  am  10.  um  7^  a.  m.  nach  Fasana  auslaufen  und  sich 
mit  der  Eskadre  vereinigen  komite.  Für  den  Fall  der  Aufnahme  der 
Feindseligkeiten  hatte  der  Eskadrekommandant,  der  sich  jetzt  auf  dem 
^Gniil''*  befand,  seine  Wiedereinschiffung  auf  dem  , Erzh.  Ferdinand  Max* 
in  Aussicht  genommen. 

Inzwisclion  war  auch  das  Linienschiff  mit  dem  Ersätze  seines  Fock- 
mastes luid  den  sonsti^^en  Arbeiten  ziemlich  fertig  geworden,  so  daß  sich 
am  10.  August  die  Österreichische  Eskadre,  mit  alleiniger  Ausnahme  des 


329 

, Kaiser*,  dessen  Vereinigung  aber  auch  in  küi*zester  Zeit  zu  erwarten 
stand,  wieder  kampfbereit  und  vollzählig  auf  der  Rhede  von  Fasana  in  der 
früheren  Ordnung  vertäut  befand. 

Die  italienische  Regierung  zeigte  sich  seit  der  am  26.  Juli  ein- 
getretenen Waffenruhe  wenig  bereit  zum  Abschlüsse  eines  definitiven 
Waffenstillstandes  und  wollte  diesen  nur  imter  Bedingungen,  welche  weit 
über  die  seitens  Österreichs  freiwillig  zugestandene  Abtretung  Venetiens 
hinausgingen,  trotzdem  die  kaiserlichen  Waffen  zu  Lande  und  zur  See 
glänzend  gesiegt  hatten.  Zunächst  forderte  ItaUen  den  Abschluß  des 
Waffenstillstandes  auf  der  Basis  des  Uti  possidetis  imd  verweigerte  aus 
diesem  Grunde  die  Räumung  einiger  Positionen.  Darauf  konnte  Österreich 
nicht  eingehen,  weil  italienische  Truppen  sowohl  in  Tirol  als  am  Isonzo 
die  Grenze  Venetiens  überschritten  hatten. 

Nachdem  nun  Itahen  seine  Truppen  trotz  wiederholter  Aufforderung 
Österreichs  nicht  zurückziehen  wollte,  wurde,  um  derselben  Nachdruck 
zu  geben,  wieder  ein  Teil  der  inzwischen  bereits  nach  der  Donau 
dirigierten  Südarmee  zurückbeordert.  Noch  bevor  diese  Streitkräfte  voU- 
zähhg  im  Süden  anlangten,  waren  gemäß  den  am  6.  und  7.  August 
erlassenen  Dispositionen  des  Armeekommandanten  Erzh.  Albrecht  die 
Operationen  zu  Land  und  zur  See  eingeleitet  worden.  Das  ID.  Armee- 
korps —  Erzh.  Ernst  —  wurde  angewiesen,  von  Kärnten  aus  gegen  die 
Grenze  vorzugehen,  während  das  VII.  —  FML.  Baron  Maroiöic  —  sich 
zwischen  dem  Isonzo  imd  Indria,  das  V.  —  GM.  Rodich  —  zwischen 
Görz  und  Monfalcone  und  das  IX.  —  FML.  Härtung  —  im  Wippachtale 
aufwärts  bis  6emica  zu  entfalten  hatte. 

Am  8.  August  ging  EH.  Alb  recht  mit  seinem  Hauptquartier  von 
Wien  nach  Görz  ab  und  kam  in  Nabresina  mit  dem  dorthin  berufenen 
Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  zusammen,  um  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Eventualitäten  einer  Mitwirkung  der  österreichischen  Flotte  bei  den 
künftigen  Operationen  zu  besprechen;  es  wurde  hiebei  festgesetzt,  daß 
die  k.  k.  Eskadre  in  die  Bucht  von  Muggia  einlaufen  und  als  Demonstration 
eine  Überschiffung  von  35.000  Mann  Truppen  teils  auf  Schiffen  der 
Ekadre,  teils  auf  gemieteten  Lloyddampfem  von  Triest  nach  Venedig 
ausführen  solle,  um  den  Glauben  zu  verbreiten,  als  beabsichtige  das 
österreichische  Armeekommando  einen  Angriff  in  die  Flanke  und  den 
Rücken  der  italienischen  Operationsarmee  vorzubereiten. 

Am  11.  früh  sollten  die  Feindseligkeiten  wieder  beginnen  und 
denselben  Tag  um  5*"  a.  m.  setzte  sich  die  kaiserliche  Eskadre  von  Fasana 
aus  mit  nördlichem  Kurs  in  Bewegung.  Um  10^  40°*  a.  m.  befand  sie  sich 


vor  Grado,  nahm  einige  laktischo  Exerzitien  vor  imd  steuerte  sodanii 
gegen  Triest,  wo  um  5*"  p.  m.  die  Panzerdivision  auf  der  Rhede,  die 
2.  und  3.  Division  hingegen  in  der  Bucht  von  Muggia  vor  Anher  gingen. 
Das  Wetter  war  nachmittags  regnerisch  geworden  und  der  Wind  blieä 
steif  aus  Nordosten;  trotzdem  harrte  man  stündhch  der  zu  gewärtigenden 
Befehle  bezüghch  der  Einschiffung  der  Truppen. 

Doch  es  kam  nicht  soweit,  da  Italien  angesichts  der  Tnippeo- 
konzenlralionen  nachgab  mid  am  Nactimiltage  desselben  Tages  in 
Gormons  die  Verhandlungen  zwischen  den  .beiderseitigen  Bevollmächtigten 
wieder  aufgenommen  worden  waren,  welche  auch  zum  Abschluß  eines 
vierwöchentliehen  Wafifenstiilstandes  geführt  halten.  Das  Eskadre- 
kommando  wurde  hievon  am  12.  zeitlich  früh  durch  das  Hauptquartier 
aus  Cormons  telegraphisch  verständigt  und  noch  während  der  Morgen- 
wache  wurde  diese  Nachricht  der  Eskadre  mittels  Signals  bekannt  sowie 
der  Verkehr  mit  dem  Lande  freigegeben. 

Hiemit  endigte  auch  die  kriegerische  Tätigkeit  der  operativen 
Eskadre.  nachdem  sie  unter  den  schwierigsten  Verhältnissen  ihre  PQiiht 
im  weitesten  Umfange  erfüllt,  die  Küsten  des  Kaiserstaates  geschützt  und 
den  Feind,  als  er  seine  Hand  nach  einem  Teile  derselben  ausgestreckt,  so 
nachdrückhch  geschlagen  hatte,  daß  der  errungene  Sieg  bei  den  später 
erfolgenden  Verhandlungen  nicht  wenig  mit  in  die  Wagschale  fiel. 

Seine  k.  k.  Hoheit  der  Erzherzog-Armeekommandant  hatte  der 
Eskadre  seinen  Besuch  für  den  13.  in  Aussicht  gestellt  und  aua  dieser 
Veranlassung  ging  auch  die  Panzerdivision  in  die  Bucht  von  Muggia  ab, 
woselbst  die  ganze  Eskadre  —  das  Linienschiff  „Kaiser*  war  noch  am 
Abend  des  11.  dort  eingelroffen  —  in  zwei  Kolonnen,' die  leichten  SchiRe 
unter  Land,  die  schwereren  seewärts,  verankert  wurde. 

SIrahlend  ging  am  13.  August  die  Sonne  auf  und  beleuchtete  eines 
der  großartigsten  maritimen  Schauspiele,  das  einer  Flottenrevue,  Alle 
Schiffe  prangten  in  großer  Flaggengala  und  boten  einen  wunderbaren 
Anbhck  dar,  der  in  der  ungeheuren  Menge  Zuseher.  welche  sich  tn 
S.  Andrea  versammelt  hatten,  den  beredlesten  Ausdruck  fand.  Um  '/« 1 1' 
kam  Seine  k.  k.  Hoheit  derErzh,  Albrecht  in  Begleitung  der  Herren 
Erzh.  Ernst  und  H  einrieb,  des  FML.  Baron  Maroicic  und  einer  zahl- 
reichen Suite  am  Bord  des  „Greif"  bei  der  Eskadi'o  an,  mit  dem  vor- 
schriltsmäßigcn  Kanonensalut  und  den  Hurrarufen  der  auf  den  Raaen 
paradierenden  Mannschaften  begrüßt.  Der  «Greif,  welchem  die,  Elisabeth* 
als  Wegweiser  vorausfuhr,  passierte  langsam  fahrend  zuerst  die  Linie  der 
schweren  Schiffe,  sodann  jene  der  Kanonenboote  und  ankerte  hierauf 


331 

zwischen  beiden  Kolonnen.  Ihre  k.k.  Hoheiten  besuchten  nun  den  ^Kaiser**, 
hierauf  den  ^.Erzh.  Ferdinand  Max*,  erkundigten  sich  mit  vielem  Interesse 
um  die  Einzelheiten  aus  der  denkwürdigen  Schlacht,  die  sich  auf  diesen 
beiden  Schiffen  zugetragen  hatten  und  kehrten  sodann  von  den  erhaltenen 
Eindrücken  sichtlich  befriedigt  unter  den  gleichen  Ehrenbezeigungen 
wieder  ans  Land  zurück.  Seine  k.  k.  Hoheit  der  Erzh.  Albrecht  geruhte  aus 
dem  Hajjptquartiere  Görz  am  14.  August  das  nachstehende  Handschreiben 
an  den  Eskadrekommandanten  zu  erlassen: 

»Die  gestern  vorgenommene  Besichtigung  der  Euer  Hoch  wohl- 
geboren unterstehenden  L  k.  Eskadre  konnte  nicht  verfehlen,  den  vorteil- 
haftesten Eindruck  zurückzulassen  und  es  gereicht  mir  zur  besonderen 
Befriedigung,  einige  Worte  wohlverdienter  Anerkennung  an  Sie,  den 
tapferen  Führer  dieses  größten  Teiles  der  österreischen  Seestreitkräfte, 
zu  richten. 

Wenige  Tage  nach  dem  heroischen  Kampfe  bei  Lissa  fand  ich  die 
Flotte,  die  dort  einen  weit  überlegenen  Gegner  so  glänzend  besiegte,  in 
einem  alle  Erwartungen  übertreffenden  Zustande  vollkommenster  Schlag- 
fertigkeit. 

Offiziere  und  Mannschaft  sind  sichtlich  vom  vortrefflichsten  Geiste 
militärischer  Disziplin  und  echter  Kameradschaft  beseelt,  durch  das 
lohnende  Bewußtsein  treu  erfüllter  Pflicht  gehoben  und  durch  die  voll- 
gültig   erprobte  Leistungsfähigkeit  in  Mut  und  Selbstvertrauen  gestählt. 

Möge  die  kaiserliche  Marine  durch  die  wohlwollende  Fürsorge 
unseres  allergnädigsten  Kriegsherrn,  durch  die  opferwillige  Mitwirkung 
des  dankbaren  Vaterlandes  in  edlem  Wetteifer  und  treuer  Waffen- 
brüderschaft mit  den  Soldaten  der  Landarmee  einer  schönen  Zukunft  und 
jener  raschen,  mächtigen  Entwicklung  entgegengehen,  die  nicht  um* 
erreichbar,  sondern  notwendig  ist,  um  Österreichs  Macht  und  Sicherheit 
zur  See  zu  wahren,  hochwichtige  nationalökonomische  Interessen  der 
Monarchie  zu  schützen  und  zu  fördern. 

Ihnen  aber,  Herr  Vizeadmiral,  der  mit  Kopf  imd  Herz  am  rechten 
Flecke  die  rühmlichen  Kämpfe  der  Flotte  ebenso  tatkräftig  und  umsichtig 
vorzubereiten,  als  klug  und  tapfer  durchzuführen  wußte,  wird  mit  Recht 
für  alle  Zeiten  ein  ehrenvolles  Blatt  der  Erinnerung  in  der  Geschichte 
unsererer  hoffnungsvollen  Monarchie  gewahrt  bleiben. 

Empfangen  Sie  nochmals  meinen  aufrichtigen  Glückwunsch  zu  den 
schönen  Erfolgen  Ihrer  braven  Eskadre,  seien  Sie  meiner  vollen 
Anerkennung  und  Hochachtung  versichert. 

Gez.  Erzh.  Albrecht  m.  p.** 


Null  folgten  für  die  Eskadre  Tage  der  Erliolung  und  der  Feste,  die 
nur  durcti  einen  unheimlichen  Gast  —  die  Cholera  —  in  etwas  unan- 
genehmer Art  unterbrochen  wiirden,  nachdem  diese  anfangs  Septemher 
in  der  Eskadre  auftrat  und  manchen  tapferen  Mann  zum  Opfer  verlangte, 
den  die  feiiidhchen  Geschosse  unversehrt  gelassen  hatten.  Der  Vizeadmiral 
hielt  es  daher  für  angezeigt,  die  Eskadre  nach  Fasana  zurückzufuhren, 
wo  sie  am  10.  September  3''  p.  m.  wieder  in  ihrer  gewohnten  Formation 
vor  Anker  lag. 

Die  Ehrenbezeigimgen,  die  ihrem  tapferen  Führer  nun  von  allen 
Seiten  zu  teil  wurden,  geben  lebhaft  Zeugnis  davon,  wie  hoch  der 
Wert  des  Sieges  von  Lissa  in  jenen  schweren  Tagen,  die  das  Vaterland 
betroffen  hatten,  empfunden  und  angeschlagen  wurde. 

Unter  vielen  derartigen  Beweisen  der  Anerkennung  erföllte  keiner 
den  Vizeadmiral  mit  größerer  Fi'eude  mid  Befriedigung  als  jener,  der  ihm 
ober  den  Ozean  von  seinem  kaiserlichen  Freunde  und  Gönner,  dem 
Gründer  der  österreichischen  Marine,  Kaiser  Maximilian  von  Mexico 
zukam,  AllerhÖchslwelcher  das  nachstehende  Kabellelegramm  an  ihn  zu 
richten  gerulit  halte,  welches  sofort  im  Eskadrebefeid  vom  13.  September 
publiziert  wurde: 

,  Seine  Majestät  der  Kaiser  von  Mexico  geruhten  nachstehendes 
Telegramm  an  mich  zu  richten,  welches  ich,  durchdrungen  vom  Gefühle 
der  Dankbarkeit  für  die  von  Seiner  Majestät  der  kaiserlichen  Marine 
bewahilo  rege  Teilnahme,  hiemit  zur  Kenntnis  bringe: 

Maximilian  I.  an  den  Vizeadmiral  v.  Tegetthoff. 

Beglückwünschen  Sie  Slah  imd  Mannschaften  zum  glänzenden 
Seesieg.  Ihnen,  dem  heldenmütigen  Admiral,  meinen  wärmsten  Dank. 
Stolz  auf  meine  Seegefährton,  sende  Ich  der  ganzen  Flotte  herzlichen 
Gruß." 

Gleichzeitig  erfolgte  auch  die  Bekanntmachung  der  mittels  Aller- 
höchster Entschließung  vom  27-  August  verliehenen  Auszeichnungen  an 
die  Offiziere    tmd  Mannschaften  der  operativen  Eskadre.  Es   erhielten 

das  BltterbreoE  des  Leopold -Ordens  mit  der  KrlogsdoborBtloi  i 
Außer  den  bereits  mit  Allerhöchster  Entschließung  vom  22.  Juli 
dekorierten  Linienschiffskapitän  Anton  v.  Pelz  (unter  gleichzeitiger 
Beförderung  zum  Kontreadmiral)  und  LinienscbifTskapitän  Maximilian 
Freiherr  v.  Sterneck  noch  die  LinienschifTskapilAne :  Karl  v.  Faber. 
Georg  Millosich,  Josef  Auernhammerv.  Aue rn stein,  Alfred  Barry, 


333 

Gustav  Ritter  v.  Gröller,  Adolf  Daufalik,  Karl  Kern,  Anton  Ritter 
V.  Wiplinger; 

die  Fregattenkapitäne:  Markus  Florio,  Tobias  Oestreicher, 
Maximilian  Pitner  und  Karl  Ritter  v.  Lindner; 

der  Linienschiflfsleutnant:  Rudolf  Schröder; 

den  Orden  der  Eisernen  Krone  3.  Klasse  mit  der  Kriegsdekoration : 

die   Fregattenkapitäne:    Ludwig   Eberle,    Rudolf    Ungewitter; 

die  Korvettenkapitäne:  Viktor  Herzfeld,  Alexander  Graf  Kiel- 
mannsegge, Wilhelm  Freiherr  v.  Wickede,  Ulrich  William  Lund, 
Ferdinand  Attlmayr; 

die  Linienschiffsleutnante:  Julius  Steyskal,  Hermann  Freiherr 
V.  Spaun,  Josef  Pichler,  Eduard  Germonig,  Karl  Beck,  Josef 
Maraspin,  Wilhelm  Kropp,  Karl  Mathieu,  Camillo  Ritter  v.  Henri- 
quez,  Ernst  Jacobi,  Arno  v.  Rohrscheidt,  Oskar  Kern,  Fridolin 
Jägermayr,  Hamilkar  Marquis  Paulucci,  Julius  Wurmb,  Franz 
Freiherr  v.  La  Motte,  Karl  Ritter  Semann  v.  Treuenwart,  Juhus 
Ritter  v.  Gröller,  Franz  Freiherr  v.  Minutillo; 

die  Linienschiffsfähnriche:  Karl  Weyprecht,  Edmund  Ritter  v. 
Henneberg,  Karl  Marinich, 

alle  mit  Nachsicht  der  Taxen; 

endlich  die  vor  dem  Feinde  gebliebenen  Linienschiffskapitäne:  Erik 
af  Klint  und  Heinrich  Freiherr  von  Moll; 

das  Militärrerdienstkrciiz  mit  der  Kriegsdekoration : 

der  Fregattenkapitän:  Wilhelm  Calafatti; 

der  Korvettenkapitän:  Adolf  Nölting; 

die  Linienschiffsleutnante:  Heinrich  Berthold,  Ferdinand  Feld- 
mann, Hermann  Czedik  v.  Brundlsberg,  Karl  Scheuermann,  Josef 
Primavesi,  Franz  Tschernatscli,  Hermann Biringer,  Ottokar  Faukal, 
Johann  Hinke,  Karl  Paschen,  Gustav  Masotti,  Heinrich  Fayenz, 
August  Trapp,  Julius  Fidler  v.  Isarborn,  Emil  Palese  Edler 
v.  Grettaberg,  Eugen  Gaal  de  Gyula,  Peter  Grancich,  Friedrich 
Stecher,  Paul  Frankl,  Karl  Müller  v.  Müllenau,  Paul  Hauser, 
Franz  Hopfgartner,  Alexander  Kalmar,  Richard  Pogatschnigg, 
Wilhelm  Freiherr  Handel-Mazzetti,  Michael  Mariässy  de  Markus 
et  Batizfalu,  Eugen  Fürst  Wrede,  Wilhelm  Graf  Mercandin; 

die  Linienschiffsfähnriche:  Karl  Baritz  von  Ikafalva,  Josef  Schel- 
lander, Leo  Ahsbahs,  Alfred  Müller,  Josef  Lehnert,  Karl  Barth, 


Vinzenz  Edler  v.  Rosenzweig,  Stefan  Stojanovic,  Wenzel  Para- 
deiser, Hugo  Deschauer,  Lukas  Binicky,  Aurel  v.  Wittemberski, 
Kai-1  Herber,  Anton  Kloß,  Maximilian Rothauscher, Hugo Pogatsch- 
nigg,  Hugo  Poglayen; 

die  Marineinfanterie-Oberleutnante:  Josef  Luksch,  Anton 
Schaffer; 

der  Marineinfanterie-Unterleutnant:  Franz  Gorischek: 

die  Allerhöchste  belobende  Anerkennung: 

der  Fregattenkapitän:  Karl  Kronowetter; 

die  Linienschiflfsleutnante:  Viktor  Graf  Wimpffen,  Karl  Rosen- 
stiel, Hyppolit  Ritter  v.  Henriquez,  Eugen  Bachmann,  Richard  Ban- 
field,  Julius  Heinz,  Theodor  Albrecht,  Edmund  Czelehowsky; 

die  Linienschiffsfähnriche:  Kamillo  Döry  v.  Jobbahaza,  Johann 
Hentschl,  Gustav  Kemmel,  Anton  Panfilli,  Rudolf  Berghofer,  Karl 
Spetzler,  Egon  Graf  Hoyos,  Anton  Pirchann,  Moriz  Ritter  v.  Szabel 
Amadeus  Ziller,  Dominik  Hladky,  Rudolf  Graf  Montecuccoli,  Artur 
GrafSermage,  Karl  Ritter  v.  Pöltl,  Alexander  Millinkovic,  Gustav 
Brosch,  Josef  Fleischer,  Peter  Pulgher,  Martin  Rukavina,  Josef 
Afan  de  Rivera,  Albert  Zuanetti,  Franz  Laschober,  Johann  Rud. 
Schmidt,  Emil  Krumholz,  Josef  Riha,  Karl  Adamovich,  Wilhelm 
Mörth,  Friedrich  Pick,  Ferdinand  Gebhardt,  Josef  Rezniczek,  Wil- 
helm Barta,  Josef  Wilfan,  Gustav  Schindler,  Franz  v.  Klezl,  Benno 
V.  Pechmann; 

das  groldenc  geistliche  Yerdionstkronz: 

der  provisorische  Korvotlenkaplan :  Albort  Milcetich; 

das  Ritterkreuz  des  Franz  Joseph-Ordens: 

der  Liniouj-chifTsarzt:  Dr.  Moriz  Bernstein; 

dio  Maschinenmeister  I.  Klasse:  Martin  Gerber,  Franz  Prauso; 

dv.Y  Lloydkapitan:  Johann  Marenigli; 

das  g^oldone  Yordionstkronz  mit  dor  Krone: 

der  MasdiiniMimoistor  I.  Klasse:  Jons  Jenson; 

(li(^  M.ischiiionnioistor  II.  Klas?o:  Josef  En^M^rth,  Valentin  Reinold: 

das  järoldcnc  Verdienst liroiiz: 

die     Scliiirswundai'zlc^:     Simon     Ilartdodlor,    Johann     llopfos- 

l)er{i:er: 


335 

der  Maschinenmeister  I.  Klasse:  Albert  Hacker; 

die  Lloydkapitäne:  Theodor  Ukropina,  Franz  Romano: 

der  Lloydmaschinist:  William  Tomkins; 

das  silberne  Yordienstkreaz  mit  der  Krone: 

die  Maschinenmeister  L  Klasse:  Matthias  Ernst,  Heinrich  Reichl; 
die  ^  II.      ^        Wilhelm   Hinsenkamp,    Wenzel 

Lehmann; 

der  Marineverwaltmigsoffizial :  Michael  Ricci; 
der  Marine  verwaltungsakzessist:  Wenzel  Gor  da; 
der  Lloydbootsmann:  Luigi  Gherzmann; 
der  Lloydlotse:  Franz  Ar  sich; 

das  silberne  Terdlenstlcrcaz: 

der  Schififbauuntermeister:  Johann  Ranzato; 

die  Kalfaterer:  Johann  Caracich,  Franz  Bassich,  Franz  Tugas- 
sero; 

der  Zimmermann:  Pasquale  Crosilla; 

die  Lloydsteuermänner:  Philipp  Dabinovich,  Saverio  Danzu- 
ovich; 

die  Allerhöchste  belobende  Anericennangr : 

die  Fregattenärzte:  Dr.  Eduard  Michel,  Dr.  Adolf  Prußnig; 

der  Schiffswundarzt:  Karl  Neuer; 

die  Maschinenmeister  I.  Klasse:  Eduard  Bau  du  in,  Friedrich 
Mayer; 

die  Maschinenmeister  IL  Erlasse:  Karl  Niemann,  Johann  Spetzler 
(unter  gleichzeitiger  Beförderung  zum  Maschinenmeister  1.  Klasse),  Karl 
Goldschmidt,  August  Seibelt,  Georg  Hueber; 

dieMaschinenuntermeistcr:  Andreas  Schwarz,  Johann  Jerneiczik, 
Paul  Wegmann,  Ferdinand  Hüttner; 

die  Marineverwaltungsoffiziale :  Andreas  Gailer,  Anton  Winkler: 

der  Marineverwaltungsakzessist:  Josef  Samuel; 

die  goldene  Tapfericoltsmedaille : 

die  Seekadetten:  Karl  Sinkowsky,  Konstantin  Ritter  v.  Görtz 
Eduard  Hanslik,  Isidor  Freiherr  v.  Benko; 


336 

die  i^ilbeme  Tapferkeitsmodaille  I.  Klasse: 

die  Seekadetten:  Josef  Präs ch,  Josef  Teufel,  August  Süss,  Johann 
Jene,  Adalbert  Haller,  Franz  Lorenz,  Vinzenz  Poglies,  Rudolf 
Labres; 

der  provisorische  Seekadett:  Stefan  Doymi  Ritter  v.  Delupis; 

die  silberne  Tapfericeitsmcdaille  IL  Klasse: 

die  Seekadetten:  Leodegar  Kneißler,  Konstantin  Pott,  Wenzel 
Arleth,  Karl  Mayler,  Adolf  Krein,  Karl  Koppel,  Simon  Lenhard, 
Johann  Kalan,  Gustav  Wiedemann,  Hugo  Graf  Oberndorf,  Wenzel 
Kozelka,  Ignaz  Mader,  Bernhard  v.  Grisogono,  Sebastian  Stoisich, 
Rafael  Ho  ff  mann,  Josef  Bayer,  Viktor  Sambuchi,  Friedrich  Rubelli 
v.  Sturmfest,  Karl  FreiheiT  v.  Wüllerstorf  und  ürbair,  Heinrich 
Ritter  v.  Cischini,  Friedrich  Hajek,  Viktor  Ritter  v.  Jenik,  Eduard 
Weiße,  Eduard  Bischoff,  Karl  Payerle,  Moriz  Freiherr  v.  Lüttichau; 

die  provisorischen  Seekadetten:  Hektor  Pitner,  Friedrich  Freiherr 
von  der  Decken,  Georg  Dabinovich; 

der  Zögling  der  Marineakademie:  Franz  Witti; 

die  Allerhocliste  belobende  Anerkennung: 

die  Seekadetten:  Richard  Schönberger  (unter  gleichzeitiger  Be- 
förderung zum  Linienschiflfsfähnrich),  Franz  Part  seh,  Gustav  Beer, 
Otto  Freiherr  V.  SchoUey,  August  Schweisgut,  Jakob  de  Leva,  Alfons 
Freiherr  V.  Pereira-Arnstein,  Karl  Achelpohl,  Friedrich  Fritz,  Otto 
Pauspertel  v.  Drachenthal; 

die  provisorischen  Seekadetten:  Eugen  Kassel,  Artur  Marti- 
nich, Anton  Ruth. 

Außerdem  wurden  noch  an  die  Schiffsmannschaften  verliehen: 

12  goldene  Ta])ferkeitsmedaillen, 
G2  silberne  „  I.  Klasse 

358         ,  ,  IL       . 

Bei  der  am  29.  August  18G6  stattgeiundenen  Promotion  des  mili- 
tärisrlion  Maria  Theresia-Ordens  erhielten  Vizeadmiral  v.  Tegetthol'u 
welchem  vom  ürdenskapitel  selbst  die  höchst  schmeichelhaite  Aufforde- 
rung zukam,  um  die  Aufnahme  in  diesen  hohen  Orden  einzuschreiten, 
das  Kommandeurkreuz,  sowie  Kontreüdmiral  v.  Petz  und  LiniensohifTs- 
kapitan  Freiherr  v.  St  erneck  das  Ritterkreuz  zuerkannt. 


337 

Mit  Allerhöchster  Entschließung  vom  18.  September  wurde  die 
Auflösung  der  operativen  Eskadre  anbefohlen  und  vom  Kriegsministe- 
rium gleichzeitig  angeordnet,  daß  die  Abrüstung  der  Schiffe  mit  24.  zu 
beginnen  und  sukzessive  in  Pola  stattzufinden  habe. 

Vizeadmiral  V.  Tegetthoff,  welcher  für  eine  besondere  Mission 
ins  Ausland  bestimmt  und  angewiesen  wurde,  das  Kommando  inzwischen 
provisorisch  dem  rangältesten  Linienschitlskapitän  v.  Faber  zu  über- 
geben, nahm  aus  diesem  Grunde  Veranlassung,  sich  am  23.  mit  folgen- 
dem Tagesbefehle  von  der  Eskadre  zu  verabschieden: 

Rhede  von  Fasana,  23.  September  1866. 

,  Wenngleich  die  Abrüstungen  der  hiezu  bestimmten  Schiffe  nur 
sukzessive  stattfinden  und  ein  großer  Teil  derselben  noch  durch  eine 
Reihe  von  Tagen  auf  dieser  Rhede  vereint  liegen  bleiben  wird,  so  drängt 
es  mich  doch  heute  schon,  als  am  letzten  Tage,  der  vollzähligen  Eskadre, 
jedem  einzelnen  als  Abschiedsgruß  zuzurufen,  daß  er  stolz  sein  könne 
auf  die  Kampagne  des  Jahres  1866  und  zwar  nicht  nur  auf  den  denk- 
würdigen Tag  von  Lissa,  an  dem  es  den  vereinten  Kräften  aller  gelang, 
einen  übermächtigen  Gegner  zurückzuschlagen,  eine  hartbedrängte  Insel 
zu  entsetzen  und  zwei  Provinzen  des  Kaiserstaates  vor  drohender  Invasion 
zu  schützen,  sondern  auch  auf  die  Zeit  der  diesmal  spät  begonnenen 
Vorbereitung,  die  allen  Schiffen,  ohne  Ausnahme  karg  zugemessen,  den- 
noch hinreichte,  um  dank  dem  vortrefflichen  Geiste,  der  Kommandanten 
und  Offiziere  beseelte,  aus  hastig  und  unvollständig  ausgerüsteten  Schiffen 
schnell  kriegstüchtige,  aus  neuen  und  ungeübten  Bemannungen  binnen 
kürzester  Frist  solche  herzustellen,  die  nicht  nur  zu  kämpfen,  sondern 
auch  zu  siegen  wußten. 

Das  stolze  Bewußtsein,  durch  den  Tag  von  Lissa  unserem  Korps 
eine  neue  Ära  gegründet  und  diesem  die  huldvollsten  Beweise  der  Aner- 
kennung von  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  erworben,  den  warmen 
begeisterten  Beifall  unseres  großen  Vaterlandes  errungen  zu  haben,  kann 
jeder  von  uns  mit  sich  nehmen ! 

Mich  veranlaßte  dieses  erhebende  Bewußtsein  in  jüngster  Zeit  zu 
dem  Ausspruche,  daß  die  kurzen  W^orte:  „Denkt  an  Lissa!*  in  kommen- 
den Jahren  im  Momente  der  Entscheidung  genügen  werden,  um  alles, 
was  den  blauen  Rock  trägt,  zu  aufopfernder  Hingebung  zu  begeistern. 

Heute  aber,  am  Vorabende  mehies  Scheidens  vom  Kommando  der 
Flotte,  rufe  ich  allen  meinen  tapferen  Kampfgenossen  vom  20.  Juli,  ange- 

Fleiscber,  Die  k.k.  Kriegsmarine  1866.  22 


338 

sichts  der  nun  beginnenden  Friedensära  ein  »Vergeßt  nicht  Fasana*  zu 
und  will  damit  an  die  jedem  einzelnen  zufallende  Aufgabe  erinnern,  im 
eigenen  Wirkungskreise,  auch  wenn  dieser  noch  so  bescheiden,  mit  allen 
Kräften  dahin  zu  wirken,  daß  der  (Jeist,  der  heute  die  Flotte  beseelt, 
wach  erhalten  bleibe ;  daß  aber  auch  die  Flotte,  wenn  Kaiser  und  Vater- 
land wieder  rufen,  kampftüchtig  bereitstehe  und  sich  würdig  erweisen 
könne  des  Tages  von  Lissa,  würdig  der  Ehren  und  Auszeichnungen,  die 
ihr  für  ihre  Taten  in  so  reichlicher  Fülle  zu  teil  wurden. 

Gez.  V.  Tegetthoff  ni.  p. 

Vizeadmiral.  ** 

Am  30.  September  holte  Vizeadmiral  v.  Tegetthoff  seine  Kora- 
mandoflagge  an  Bord  des  „Greif*  nieder  und  trat  seine  Reise  nach 
Wien  an. 


339 


12.  Kapitel. 


Telegramm  des  Admirals  Persano  an  den  MarineminUter  Qber  die  Seeschlacht  von  Lissa.  —  Antwort  des 
Letzteren.  —  Allmähliches  Bekanntwerden  des  Verlustes  dieser  Schlacht.  —  Eindruck  auf  die  Bevölkerung. 
—  Maßnahmen  der  Regierung.  —  Petition  der  Stadt  Genua.  — Enthebung  des  Adrairala  Persano  vom 
Kommando  der  Operationsflotte.  — Kreiening  einer  Operationseskadre  unter  Kontreadmiral  Vacca.  — 
Untei^ang  des  fiAffondatore"  auf  der  Rhede  von  Ancona.  —  Auflösung  der  Operationseskadre.   —  Der 

Prozeß  Persano.  —  Schlußwort. 

Admiral  Persano  hatte  noch  am  Nachmittage  des  20.  Juli  aus  den 
Gewässern  von  Lissa  folgenden  telegraphischen  Bericht  an  den  Marine- 
minister abgesandt: 

»Gestern  forcierten  »Carignano",  »Formidabile'*,  »Castelfidardo* 
und  , Ancona*  den  Hafen  von  Lissa,  während  der  Rest  der  Panzerschiffe 
von  außen  die  Forts  angriff,  welche  den  Tag  vorher  zum  Stillschweigen 
gebracht  worden  waren  und  in  der  Nacht  neue  Geschütze  aufgeführt 
hatten. 

Gestern  abends  schwiegen  alle  Batterien  im  Inneren  des  Hafens, 
heute  morgens,  als  eben  eine  Ausschiffung  durch  Matrosen  und  Marine- 
infanterie stattfinden  sollte,  signalisierte  unser  Ausluger:  „Feind m  Sicht*. 
Ich  befahl  sofort  die  Ausschiffung  zu  sistieren,  ordnete  die  Flotte  m 
Schlachtordnung  und  hißte  hierauf  meme  Flagge  auf  dem  »Affondatore*. 

Der  Feind  kam  uns  kühn  entgegen  und  wurde  mit  gleichem  Mute 
empfangen.  Ich  befahl  dem  Kommandanten  Martini  sich  mitten  in  das 
Feuer  hineinzubegeben  mid  war  so  glücklich,  dem  Linienschiff  den  Bug 
zu  zerstören,  den  Fockmast  und  den  ganzen  Schlot  desselben  zum  Falle 
zu  bringen,  während  ich  von  feindlichen  Schiffen  umgeben,  mit  Projek- 
tilen jeder  Art  überschüttet  wurde,  von  denen  33  in  die  Bordwand  ein- 
schlugen. Unterdessen  wurde  die  Panzerfregatte,  auf  welcher  ich  bisher 
meine  Flagge  gehißt  hatte,  in  den  Grund  gebohrt;  der  „Palestro*  flog  in 
die  Luff,  die  „Formidabile*  signalisierte  mir,  daß  sie  wegen  der  Tags  vor- 
her erlittenen  schweren  Beschädigungen  und  vielen  Toten  und  Verwun- 
deten nicht  an  der  Aktion  teilnehmen  könne.  Demungeachtet  versuchte 
ich  neuerdings  den  Angriff,  wurde  aber  zu  meinem  Schmerze  nicht  von 
allen  Panzerschiffen   gefolgt,  da  diese  mehr   oder  weniger   beschädigt 

22* 


wureii.  Die  gewöhnlichen  Schraubeiilregattea  uiihmL'n  geringen  Anteil 
am  Kampfe,  besonders  bei  diesem  zweiten  Versuche. 

Ich  wechselte  hierauf  noch  ehiige  Schüsse  mit  dem  Feinde,  wobei 
ich  zuerst  das  Feuer  eröfthete,  aber  dieser,  ohne  zu  fliehen,  erwartete 
uns  nicht  und  wendete  gegen  Lesuia.  Ich  werde  mich  noch  bis  zum  Äbeud 
hl  den  Gewässern  des  Kampfplatzes  aufhalten  und  dann  nach  Äncona 
abgehen,  um  mich  dort  mit  Kolilen  und  Munition  zu  versehen,  die  ich 
benötige,  und  sodann  wieder  auslaufen  um  Revanche  zu  nehmen. 

Indem  ich  die  erlittenen  Verluste  mit  dem  lebhaftesten  Schmerze 
zur  Keimlnis  bringe,  habe  ich  die  Genugtuung,  melden  zu  können,  daB 
kein  Schiff  der  Flotte  in  feindliche  Hände  fiel  und  daß  der  Komjnandant 
sowie  die  Mannschaft  des  „Palestro",  obschon  letzterer  in  Flammen  stand, 
ihr  Schiff  nicht  verlassen  wollten  und  es  vorzogen  mit  den  Rufen:  ,Es 
lebe  der  König,  es  lebe  Italien*  unterzugehen." 

Diesem  Telegramme  folgte  den  nächsten  Tag  ein  zweites,  welches 
die  Details  der  Rettmig  der  Schiffbrüchigen  des  ,Rd  d'ltaüa"  brachte  und 
noch  kurz  beifügte  .nach  letzteren  Nachrichten  Ober  das  Gefecht  von 
Lissa  sei  mit  Bestimmtheit  anzunehmen,  daß  ein  feindliches  Linienscliiff 
sowie  zwei  Raddampfer  durch  die  Artillerie  in  den  Grund  gebohrt 
wurden* . 

Darüber  selbstverständlich  großes  Jubetgeschrei  in  ganz  Itfülen,  das 
seine  Nahrung  in  den  unsinnigsten  Gerüchten  fand,  welche  die  Journale 
ihren  Lesern  auftischten'),  in  vielen  Städten  wurde  illuminiert  und  in 
Neapel  erwartete  man  stündlieh  das  Viktoriascliießen  vom  KastelL  Der 
Marinemiuister  beglückwünschte  sofort  telegrapbisch  den  Ädmiral,  fand 
wich  aber  doch  veraidaflt,  dem  Telegramme  das  nachstehende  Schreiben 
folgen  zu  lassen: 

,Aus  den  über  die  jüngst  stattgefundeneii  Gefechte  eingelangten 
Berichten  habe  ich  mich  mit  Leichtigkeit  überzeugen  können,  mit  weicher 
Tapferkeit   Euer   Exzellenz   daran   teilgenommen   und  wie  die   OfGziere 

i)ln  dieser  Beziehung  leistete  Slgii.  PetruccclH  dclla  Gattiaa,  der  B(-ricbt- 
trstaller  dea  .Journal  des  Debats*  das  Unglaub  lieh  sie.  Nach  seiner  Meinung  hatten  die 
Italiener  einen  kompletten  Steg  erfoi-hlen.  die  Österreicher  1  Linienschiff,  1  Fregalle. 
1  Korvette  und  3  Kaiioneoboole  verloren,  Vizeadmiral  Albini  halte  den  feindiichcn 
Admiral  bis  in  den  Kanal  van  Lesina  verfolgt,  das  Linienschiff  , Kaiser',  wekbei 
1HH3  Manu  Tiroler  ^ScbarfscLQLien  an  Bord  halte,  sei  mit  Manu  und  Haus  gesunken  miil 
die  Verluste  der  Österreichischen  Flotte  bellefen  sieh  allein  auf  'JIOO  OfSziere  und 
Soldaten,  die  Offiziere  der  Osterreichischen  Schiffe  seien  lauter  Amerikaner  m4 
EDftSnder  und  dergleichen  Absurditäten  mehr.  A.  d.  V. 


341 

und  Mannschaften  der  Flotte  heldenmütig  gekämpft  haben.  Die  Flotte, 
obschon  sie  die  Herrin  der  Gewässer  des  Kampfplatzes  gebUeben  ist,  hat 
jedoch  schmerzliche  Verluste  erlitten  und  es  ist  notwendig,  daß  sobald  als 
möglich  dem  Könige  wie  dem  Lande  die  Ursachen  bekannt  werden, 
welche  zu  diesem  Resultate  geführt  haben. 

Euer  Exzellenz  wollen  mir  daher  einen  ausführlichen  Bericht 
darüber  erstatten,  mit  welchen  Kräften  Sie  sich  vor  Lissa  begeben  haben, 
weiters  über  jene,  welche  sich  dort  unter  Ihre  Befehle  gestellt,  über  die 
Befesligimgen  der  Insel,  welche  Sie  bekämpfen  sollten,  die  Lage  derselben, 
ihre  Bestückung  u.  s.  w.,  über  die  Dispositionen,  die  für  die  verschiedenen 
Angriffe  getroffen  wurden,  endlich  über  die  dabei  von  Einzelnen  an  den 
Tag  gelegten  Beweise  von  Tapferkeit  und  Befähigung.  Es  wird  gut  sein, 
wenn  Euer  Exzellenz  Ihrer  Relation  einen  Auszug  aus  dem  Bordjoumale 
eines  jeden  der  Schiffe,  welches  an  der  Aktion  teilgenommen  hat,  wie 
auch  aus  den  Privatjoumalen  der  Unterbefehlshaber  der  einzelnen 
Eskadres,  aus  denen  ihi*e  Flotte  besteht,  beifugen  werden. 

Die  Regierung  sowie  das  Land  drücken  hiemit  durch  meine  Ver- 
mittlung Euer  Exzellenz  den  Dank  für  die  bisher  erreichten  Resultate  aus. 
Nach  den  Proben,  welche  die  unter  den  Befehlen  Euer  Exzellenz 
stehenden  Schiffe  der  italienischen  Marine  abgelegt  haben,  können  diese 
mit  gerechtem  Stolze  die  nationale  Flagge  auf  allen  Meeren  führen.** 

Bald  sollte  dem  Lande  die  reine  Wahrheit  bekannt  werden  und  es 
an  den  Tag  kommen,  daß  sich  Admiral  Persano  in  seinen  Telegrammen 
bemüht  hatte,  in  bombastischen,  zweideutigen  Ausdrücken  die  Öffentlich- 
keit irrezuführen  und  über  die  erlittene  Niederlage  hinwegzutäuschen. 
Obschon  er  bei  seinem  Einlaufen  in  Ancona  am  21.  der  Flotte  den  Vei- 
kehr  mit  dem  Lande  untersagt  hatte,  so  waren  doch  trotzdem  genug 
Einzelnheiten  über  die  Schlacht  bekannt  geworden,  welche  den  schön 
gefärbten  offiziellen  Kundgebungen  widersprachen,  weshalb  diese  keinen 
Glauben  mehr  fanden,  sondern  um  so  mehr  einem  offen  an  den  Tag  gelegten 
Mißtrauen  begegneten,  als  die  ausländischen  Zeitungen  bereits  detaillierte 
Nachrichten  entgegengesetzten  Inhaltes  zu  bringen  begannen. 

Ein  Schrei  der  Entrüstung  ging  durch  ganz  Italien.  Das  nationale» 
Ehrgefühl  war  an  der  empfindlichsten  Stelle  getroffen  worden  und  es  ist 
begreiflich,  daß  die  Bevölkerung  von  einer  Wut  sondergleichen  gegen  den 
Admiral  Persano  erfüllt  war.  Auch  die  Nachricht  von  dem  Verluste  der 
Schlacht  von  Custoza  hatte  gewiß  ein  jedes  patriotische  Herz  mit  tiefer 
Trauer  erfüllt;  die  hohen  Erwartungen,  welche  man  an  das  neugebildete 
italienische  Heer  gestellt  hatte,  waren  enttäuscht  worden;  aber  man  fand 


sich  scliließlich  mit  dem  Gedanken  ab,  daÜ  nur  ein  Teil  desselben  damals 
zum  Kampfe  ^kommen  und  daß  dieser  einem  der  ältesten  und  geübtesten 
Heere  gegenüber  gestanden  sei,  mau  habe  wacker  gekämpft  und  dem 
Feinde  den  Sieg  schwer  genug  erringen  lassen,  Alier  Lissa  1  Was  komite 
man  da  zur  Entschuldigung  anführen?  Die  imposante  starke  Flotte,  welche 
dem  Lande  Millionen  gekostet  mid  dessen  Stolz  und  Hoffnung  war,  sie 
wurde  besiegt  von  einer  bedeutend  schwächeren,  bisher  geringschätzig 
behandelten  Marine!  Alle  die  früheren  glorreichen  maritimen  Erinnerungen 
der  Italiener  verblaßten  da  vor  dieser  traurigen,  nicht  mehr  wegzu- 
leugnenden Tatsache. 

Die  itahenischc  Regierung  bot  anfänglich  alles  auf,  um  die  Nieder- 
lage so  unbedeutend  als  möglich  erscheinen  zu  lassen  und  hielt  es  daher 
für  angezeigt,  vorläufig  von  alten  strengen  Maßregeln  abzusehen;  sie 
brachte  ihre  ursprüngliche  Absicht,  den  Kommandanten  der  .Formidabile' 
vor  ein  Kriegsgericht  zu  stellen,  nicht  zur  Ausfühmng,  beföi-derte  den 
Linienschiffskapilän  Ribo  ty  zum  Kontreadmiral  und  verlieh  dem  geblie- 
benen Fregattenkapitän  Cappelliui  die  goldene  MihtärverdienstmedaiUe. 
In  einem  inspirierten  Artikel  der  «Gazzetta  ufficiale*  vom  36.  Juli  wurdo 
den  Büi^ein  Riilie  anempfohlen  und  zugleich  erklärt,  die  Ereignisse  von 
Lissa  seien  noch  nicht  genügend  aufgehellt,  man  müsse  den  Beschuldigten 
Zeit  und  Gelegenheit  geben,  sich  zu  verteidigen,  übrigens  kenne  die  Regio 
rmig  ihre  Pflicht  und  werde  sie  auszuüben  wissen. 

Nichtsdestoweniger  trat  die  durch  die  vorsichtige  Abfassung  der 
eisten  vom  Admu-al  Persano  eingelangten  Nachrichten  versuchte 
Täuschung  immer  mehr  zu  Tage  und  es  wurde  zur  Gewißheit,  daß  das 
einzig  wahre  an  ihnen  der  Verlust  der  beiden  Schiffe  ,Re  d'Itaha*  und 
.Palestro"  blieb,  während  der  sonstige  Verlauf  der  Aktion  von  Umstäuden 
begleitet  gewesen  sein  mußte,  welche  auf  grobe  Fehler  in  der  obersten 
Leitung  schUeßen  Ueßen. 

Die  Tagesblätter  aller  Farteischattierungen  wüteten  nun  gegen  die 
Regierung  und  den  Admiral  Persano.  In  Ancona,  dessen  Bewohner  dte 
Flotte  unter  ihren  Augen  hatten,  sammelte  sich  die  Menge  an  der  Riva 
imd  stieß  imler  drohenden  Geberden  Verwünschungen  gegen  den  Admiral 
aus.  so  daß  dieser  es  für  geraten  hielt,  sein  bisheriges  FlaggenschiCT  im 
Dunkel  der  Nacht  zu  verlassen  und  sich  auf  den  .Messaggiere'  zu  ül»er- 
Kchififen,  während  seine  Flagge  auf  dem  .Govemolo-  weiter  gebiBt  blieb! 
Die  Schiffe  wurden  weiter  in  See  verankert  und  der  Verkehr  mit  dem 
Lande  blieb  strengstens  untersagt. 


343 

In  allen  Städten  des  Litorales,  besonders  aber  in  Genua  war  die 
Aufregung  eine  ungeheure  und  führte  zu  offenen  Schritten  gegen  die 
Regierung.  In  letzterer  Stadt  begab  sich  eine  Deputation  von  Bürgern  zum 
Sindaco  und  verlangte  von  diesem,  daß  er  bei  dem  Ministerium  eine  Bitte 
um  Versetzung  des  Admirals  Persano  in  den  Anklagezustand  verbringen 
solle.  Diesem  Verlangen  schlössen  sich  auch  die  dort  befindlichen  Offiziere 
der  italienischen  Marine  an  und  es  wurde  die  nachstehende  Petition, 
welche  binnen  km*zem  mit  zahlreichen  Unterschriften  bedeckt  worden  war, 
an  den  Ministerpräsidenten  L  a  Marmora  abgesandt: 

„Euer  Exzellenz! 

Die  Schlacht  von  Lissa,  welche  Italien  den  Verlust  so  vieler  Leben 
und  zweier  mächtigen  Schiffe  kostete,  hat  die  Stadt  Genua  in  den  größten 
Schmerz  versenkt.  Gegenüber  der  so  unei*warteten  Katastrophe  war  Genua, 
welches  immer  der  eifersüchtige  Wächter  seines  Ruhmes  blieb,  durch  diese 
Nachricht  tief  betroffen.  Die  öffentliche  Meinung  schiebt  die  Schuld  des 
beklagenswerten  Ereignisses  auf  die  sprichwörtliche  Unfähigkeit  des 
Admirals  en  chef  der  italienischen  Flotte.  Ein  allgemeiner  Ruf  dringt  aus 
dem  Herzen  der  Bevölkerung,  daß  Graf  Persano  (wie  einst  der  englische 
Admiral  John  Byng)  vor  ein  Kriegsgericht  gestellt  und  abgeurteilt  werde. 

Wie  eines  Tages  Venedig  vom  Senate  verlangte,  daß  an  die  Spitze 
seiner  Flotte  Vittorio  Pisani  gestellt  werde,  so  bittet  heute  die  Bevölkerung 
von  Genua,  welche  vorzugsweise  die  maiitimen  Taten  zu  schätzen  weiß, 
Euer  Exzellenz  möge  von  Seiner  Majestät  dem  Könige  verlangen,  daß  mit 
Hintansetzung  aller  hierarchischen  Ordnung  das  Kommando  der  ita- 
lienischen Flotte  einem  Manne  anvertraut  werde,  der  auf  der  Höhe  der 
Forderungen  seiner  Zelt  steht  und  in  dem  die  Kühnheit  sich  mit  Erfahrung 
und  Klugheit  paart.  Als  dieser  Mann  wird  durch  die  Stimme  der  öffent- 
lichen Meinung  Konlreadmiral  G alli  della  Mantica  bezeichnet  und  indem 
sich  die  Unterzeichneten  zu  Dolmetschern  dersell)en  machen,  sprechen  sie 
nur  einen  Wunsch  aus,  der  gegenwärtig  im  Herzen  und  auf  den  Lippen 
alier  ist:  Retten,  Euer  Exzellenz,  durch  diese  energischen  und  unerläß- 
lichen Maßregeln  das  Geschick  und  die  Ehre  der  italienischen  Flotte.** 

Admiral  Persano  hatte  anfänglich  eine  scheinbar  zuversichtliche 
Haltung  beobachtet  und  dem  Minister  auf  sein  Gratulationstelegramm  mit 
folgenden  Worten  geantwortet:  „Meinen  Dank  im  Namen  der  ganzen  Flotte. 
Sie  werden  Heldentaten  sehen;  nun  wird  der  Vorteil  auf  der  Seite  sein, 
welche  zuerst  wieder  schlagfertig  ist.  Wir  brennen  vor  Begierde  noch 
mehr  zu  tun.  Die  Holzeskadre  muß  kämpfen.  (Grazie  per  parte  dell'intiera 


Annala.  Vfdrä  aUi  di  eroi;  ori  il  vantaggio  sarä  di  chi  ripara  il  primo. 
Aneliamo  di  far  prü.  La  squadradi  legno  deve  combattere.) "  Erst  als  der 
Minister  die  Zusenduii^  des  aJjverlanfrten  detaillierten  Rapportes,  ins- 
besondere aber  der  Privatjournale  der  Admirale  und  SchifTskommandanlen 
urgierle,  zeigte  er  sich  hierüber  verletzt  und  beschwerte  sich  io  einem 
Telegramme,  in  welchem  er  seine  schmerzliche  Überraschung  über  das 
ofl'enkundige  „Mißtrauen",  welches  ihm  gezeigt  werde  und  worunter  die 
Diszijilin  leiden  müsse,  aussprach;  er  könne  sich  eine  derartige  Strenge 
ihm  gegenüber  von  Seite  der  Regierung  nicht  erictären,  nachdem  diese 
sehr  gut  wissen  müsse,  daß  er  nicht  aus  eigener  Initiative  gehandelt  habe, 
sondern  vielmehr  nur  infolge  ilu'es  unausgesetzten  Drängens  und  schloB 
mit  der  Wendung,  ,daß,  wenn  er  nicht  närrisch  würde  oder  sonst  einen 
Akt  von  Verzweiflung  begehe,  dies  ein  wahres  Wunder  sei  (se  non 
impazzerö  o  non  commetlerö  qualche  atto  disperato  ö  un  vero  miracolo)*. 

Am  36.  Juli  sandte  er  dem  Minister  den  Rapport  über  die  Ereignis»* 
vor  Lissa  sowie  die  verlangten  Auszüge  aus  den  Bordjoumalen  ein,  er- 
suchte aber  zwei  Tage  spater  selbst  mittels  nachstehenden  Telegrammes 
um  eine  Untersuchung  über  sein  Benehmen:  »Nachdem  nun  die  Rapporte 
Ihnen  bereits  zugegangen  sind  und  ich  nicht  länger  unter  der  Schwere  der 
vom  Liinde  mir  zugeschleuderten  Anklagen  ruhig  bleiben  kann,  erlaube 
ich  mir  das  Verlangen  auszusprechen,  mein  Operat  einer  Untersuchung 
zu  unterziehen,  damit  die  Tatsachen  ans  Licht  kommen  zur  Entlastung 
meiner  Ehre  (mi  faccio  a  chiederle  di  sottoporre  il  mio  operato  ad  una 
inchiesta,  aflinche  i  falti  abbiano  lucc  a  scarico  del  mio  onore),' 

Gleichwohl  scheint  es  dem  Admiral  Persano  mit  dem  Verlangen 
einer  Untersuchung  gegen  ihn  nicht  recht  Ernst  gewesen  zu  sein,  vielmehr 
dürfte  er  damit  bloß  den  Zweck  verbunden  hatien,  die  Regierung 
veranlassen,  den  Sturm  der  gegen  ihn  gerichteten  öffentlichen  Meinung  VI- 
besch Wichligen  und  diese  in  ein  ruhigeres  Fahrwasser  zu  lenken:  den» 
unter  einem  frug  ersieh  an,  ,ob  die  Regierung  gedenke,  ihm  noch  weiter 
das  Kommando  der  Flotte  zu  belassen,  in  welchem  Falle  er  gewisse  Vor- 
richläge  zu  machen  hätte  u.  s,  w,,  u.  s.  w.-  Aber  der  Marhieminister  zeigt* 
ihm  sofort  mittels  Telegrammes  vom  20.  formell  an,  daß  es  unmOglidi 
sei,  ihm  noch  weiter  das  Kommando  zu  belassen  und  ihn  vor  der  Stellung 
vor  em  Kriegsgericht  zu  bewahren.  ,  Das  Land  muß*,  so  schloß  derMini^t^, 
,die  volle  Wahrheit  kennen;  Ihre  Ehre  sowohl  wie  jene  der  Regierung  axiA^ 
der  Flotte  erfordern  dies.  Die  Flotte  wm-de  mit  Dekret  vom  gestrigen  Tagtt 
in  eine  einzige  Eskadre  zusammengestellt ;  heute  noch  wird  Ihnen  mitgeti 
werden,  an  wem  Sie  das  Kommando  zu  übergeben  haben  werden.* 


345 

Und  dabei  blieb  es.  Mittels  königlichen  Dekretes  vom  28.  wurde  die 
Auflösung  der  bisherigen  „Operationsflotte*  (armata  d'operazione)  verfügt 
und  dieselbe  in  eine  ^Operationseskadre**  (squadra  d'operazione)  ver- 
wandelt, die  aus  zwei  Divisionen  bestehen  sollte,  von  denen  jede  alle 
Schififsgattungen  zu  enthalten  hatte,  da  man  sich  das  Beispiel  der  Öster- 
reicher, welche  bei  Lissa  alle  ihre  HolzschiflFe  zur  Verwendung  gebracht 
hatten,  zu  nutze  machen  wollte.  ^) 

Das  Kommando  dieser  Operationseskadre  wurde  dem  Kontreadmiral 
V  a  c  c  a  übertragen,  unter  welchem  der  neuernannte  Kontreadmiral  R  i  b  o  t  y 


1)  Die  Art  und  Weise  der  Begründung  dieser  neuen  Verfügung  in  dem  an  den 
König  gerichteten  Vortrage  ist  so  charakteristisch  und  wirft  ein  so  eigentümliches  Licht 
auf  die  Anschauungen  der  damaligen  leitenden  Persönlichkeiten  der  italienischen  Marine 
bezüghch  der  Verwendung  des  Flottenmateriales,  daß  man  geradezu  in  Erstaunen  geraten 
muß  und  glauben  wir  deshalb  dieses  Aktenstück  (Randaccio,  Storia  della  marina 
italiana,  IL  Seite  2^6)  unseren  Lesern  in  wortgetreuer  Übersetzung  bringen  zu  sollen: 

^Mit  königlichem  Dekret  vom  3.  Mai  laufenden  Jahres  wurde  die  Errichtung  einer 
«Operationsflotte'  angeordnet,  bestehend  aus  3  Eskadren  nebst  einer  ihr  zugewiesenen 
Flottille.  Hiebe!  war  keine  Rücksicht  genommen  auf  den  so  wichtigen  Dienst  der  Transport- 
schiffe sowie  auf  den  noch  viel  uneotbehrlicheren  der  Kreuzer  und  Ausluger.  Die 
PanzerschifiFe  der  Flotte  bildeten  auf  Grund  des  angeführten  Dekretes  zwei  jener  drei 
erwähnten  Eskadren,  die  dritte  war  durchgehends  aus  ungepanzerten  Schraubenschiiten 
zusammengesetzt. 

Mit  Rücksichtnahme  auf  die  speziellen  Eigentümlichkeiten  des  Adriatischen 
Meeres  (?)  und  auf  die  guten  Dienste,  die  man  mit  Recht  noch  von  den  ungepanzerten 
Fregatten  erwarten  kann,  wäre  der  Referent  der  Ansicht,  daß  dieselben  bei  einem 
richtigen  Verhältnisse  zu  den  gepanzerten  für  die  Zusammensetzung  der  Divisionen  einer 
Eskadre  unler  gegebenen  Verhältnissen  eine  äußerst  wertvolle  Unterstützung  abgeben 
könnten  und  daß  man  vielleicht  auf  diese  Weise  besser  den  angestrebten  Zweck  erreichen 
würde,  als  wie  es  mit  der  gegenwärtigen  Einteilung  der  Seestreitkräfte  angehofft  werden 
kann.  (?) 

Diese  Betrachtungen  gewinnen  nach  den  letzten  Kriegsereignissen  eine  noch 
größere  Berechtigung  und  während  einerseits  die  Erfahrung  die  schon  gebildeten 
Meinungen  bestätigt,  erlaubt  andererseits  die  Unterbrechung  der  Feindseligkeiten  ohne 
jede  Inkonvenienz  die  neue  Zustammcnsctzung  der  Eskadre. 

Aus  diesem  Grunde  hält  der  Unterzeichnete  dafür,  daß  die   gegenwärtig  aus- 
gerüsteten Schlachtschifife  in  eine  „Operationseskadre**,  bestehend  aus  3  Divisionen 
vereint  werden,  die  anderen  Schiffe  dagegen  mit  Rücksicht  auf  ihren  Zweck  nach  zwei 
gesonderten  Diensteszweigen  verteilt  werden,  nämlich  als  Kreuzer,  bestehend  in  Aviso- 
dampfern und  leichten  Schiffen  der  Flottille,  ferner  als  Transportschiffe. 

Wenn  heute  ein  jeder  Teil  der  Seemacht  von  einem  dreifachen  Standpunkte  aus 
beurteilt  werden  muß:  nämlich  dem  des  Gefechtes,  des  Kreuzungsdienstes  und  des 
Transportwesens,  so  sind  diese  Envägungen  von  der  größten  Bedeutung,  wenn  sie  auf 
den  konkreten  Fall  einer  Kampagne  im  Adriatischen  Meere  angewendet  werden.  ( ?  ) 


iJas  Kommando  einer  Division  fülute.  Admira!  Persano  und  Vizeadmiral 
Albini  erhielten  Befehl,  sich  auszuschulen  und  holten  am  31.  Juli  ihre 
.  Kommandoflaggen  nieder. 

Wahrend  nun  die  italienische  Operalionseskadre  vor  Ancona  be- 
strebt war,  die  erlittenen  Beschädigungen  so  i-asch  als  möglich  auszubessern 
und  sich  wieder  in  einen  kampfbereiten  Zustand  zu  versetzen,  ereignete 
sich  auf  der  dortigen  Rhede  ein  Unfiill,  dor  den  abermaligen  Verlust  eines 
Panzerschiffes  zur  Folge  halte. 

In  den  Nachmitlagsstunden  des  <i.  August  brach  |ilfttzlich  ein  starker 
Nordweststut m  aus.  Der  ,.\ffondatore',  dessen  Klüsen  im  Banjerdeck 
lagen,  schiöte  durch  diese  srIit  viel  Wasser  ein,  welches  seinen  Abfluß  in 
die  vorderste  wasserdichte  Abteilung  (der  „Affondalore"  war,  wie  er- 
innerlich nach  dem  Zellensystem  erbaul)  fand.  Man  scheint  nun  an  Bord 
mit  dem  Rohrleitungssystem  nicht  recht  vertraut  und  nicht  im  stände 
gewesen  zu  sein,  dem  Wasser  den  Abfluß  in  die  andern  wasserdichten 
Abteilungen  zu  verschaffen,  da  das  Schiff  sich  mit  dem  Achterteil  ganz 
außer  Wasser  hob,  dagegen  vorn  immer  mehr  einsank,  so  daß  dasselbe, 
trotzdem  der  Kommandant  die  Anker  schlüpfen  ließ  und  in  den  inueren 
Hafen  zu  gelangen  Irachtele,  noch  auf  der  Bhede  versank.  Die  Mannschad 
wurde  gerettet,') 

Nachdem  noch  in  den  Tagen  vom  IG. bis21.  September  eine  Divisioa 
der  Operalionseskadre,  bestehend  aus  8  Schiffen  unter  Konlreadniiral  ' 
Riboly  zur  Unterdrückung  eines  Aufstandes  in  Palermo  verwendet  worden 
war,  bei  weicher  Gelegenheit  dieselbe  vorzügliche  Dienste  leistele,  war 

Auf   die?e    AustüUrungen    geslüUl,    erlaubt    sich    liahcr    lier  Unterzeichnete 

Wir  mochten  nns  zu  diesen  Ausführungen  die  Bemerkung  erlauben,  daB  roa 
.speziellen  Eigeotümlicbteiten  des  Adriatiechen  Meeres',  welche  für  die  Znsammro- 
selzung  oiner  Flotte  oder  Eskadre  ma£gebeni]  sein  könnten,  liier  wohl  keine  IteiJe  $«ia 
kami,  zumal  die  italienische  Marine  an  Tarent,  BfindJsi  und  Ancona  Stülzpunkte  besoli. 
welche  die  openillve  Eskadrc  rasch  mit  allem  SOligen  viTsehen  honnlen,  sodann  iui 
diese  Gesichtspunkte  vielmehr  fQr  die  Zusammensetzuug  eiuer  Eskadi'e  übcrtuDpl  mi 
gebend  sind  und  nichts  neues  enthalten.  EigenlQmhch  finden  wir  es  nur,  d&ft  lÜc- 
iialienische  Marineleilung  zur  Erkenntnis  der  , guten  Dienste-  der  UulzsehilTe  In  der 
Schlacht  eritt  nach  den  Ittzten  Krieg sereigitissen  gekommen  war,  nachdem  sie  von  den 
Oslerreichem  gesehen  haUe,  wie  diese  ihre  HolzschllTe  bei  Ussa  vcntendeten.  IlälM 
dort  Vizeailmiral  Albini  mit  seiner  Eskadre  nnr  kühn  angegriffen,  dann  wÄre  such 
wahrscheinlich  diese  neue  Bestimmung  nicht  erfolgt,  A.  d.  V. 

n  Der  „Affondatore'  wurde  am  äii.  Oklolier  \S6a  unli^r  Leitung  des  Marine- 
iugenieoTS  Musdea  wieder  gehoben. 


347 

für   dieselbe   die  Periode   ihrer  kriegerischen  Tätigkeit  erschöpft.   Am 
3.  Oktober  schloß  Italien  seinen  Frieden  mit  Österreich. 

Mit  königlichem  Dekret  vom  7.  Februar  1867  wurde  die  » Opera  tions- 
eskadre*  aufgelöst  imd  an  ihrer  Stelle  eine  permanente  Eskadre  des 
mittelländischen  Meeres  (squadra  permanente  del  Mediterraneo)  errichtet, 
deren  Kommando  an  den  Kontreadmiral  Riboty  überging. 

Hiemit  wäre  unsere  Aufgabe,  eine  möglichst  genaue  imd  un- 
parteiische Darstellimg  der  Ereignisse  auf  der  Adria  während  des 
österreichisch-italienischen  Krieges  im  Jahre  186(3  zu  geben,  beendet. 

Gleichwohl  glauben  wir  die  vorliegende  Arbeit  nicht  schließen  zu 
sollen,  ohne  bevor  noch  des  Prozesses  des  Admirals  Persano,  welcher 
gleichsam  den  dramatischen  Schlußakt  des  von  uns  Gebrachten  bildet, 
hier  Erwähnimg  zu  tun.  Wir  haben  zu  oft  aus  dieser  reichhaltigen  Quelle 
geschöpft  und  unsere  Ausführungen  mit  Bruchstücken  aus  diesem 
sensationellen  Prozesse,  welcher  besser  als  alles  Andere  die  Ursachen  des 
unglücklichen  Ausganges  dieser  Kampagne  für  Italien  aufdeckte,  belegt, 
als  daß  wir  denselben  mit  Stillschweigen  übergehen  könnten. 

Nachdem  sich  die  italienische  Regierung  infolge  des  Drängens  der 
öffentlichen  Meinung  entschlossen  hatte,  den  Admiral  Persano  vor  ein 
Kriegsgericht  zu  stellen,  wurde  der  die  Funktionen  emes  Auditors  bei  der 
Marine  versehende  Generalauditor  des  Heeres,  Commendatore  Trom- 
betta,  mittels  des  nachstehenden  Schreibens  des  Marineministers 
Depretis  angewiesen,  die  Untersuchung  zu  führen. 

Florenz,  31.  JuU  1860. 

„Beim  ersten  Bekamitwerden  der  Nachricht  von  der  Schlacht  von 
Lissa  und  bevor  es  noch  möglich  war,  sich  über  den  Ausgang  'derselben 
ein  Urteil  zu  bilden,  hatte  die  Regierung  einige  Dokumente,  welche  Licht 
in  die  Angelegenheit  zu  bringen  bestimmt  waren,  abverlangt;  ebenso 
forderte  sie  deren  noch  andere  im  weiteren  Verlaufe,  damit  nichts  fohle, 
was  im  stände  sein  könnte,  zur  völligen  Aufliellung  derselben  beizutragen. 

Gegenwärtig  hat  die  Regierung  einen  offiziellen  Bericht  über  die 
Schlacht  von  Lissa  aus  der  Feder  des  Admirals  Persano,  Ober- 
kommandanten der  Flotte,  in  ihren  Händen,  ebenso  emige  Berichte  und 
Auszüge  aus  den  Bordjournalen  von  Schiffen,  die  unter  seinen  Befehlen 
stimden.  Im  Besitze  dieser  Dokumente  hat  die  Regierung  den  Entschluß 
gefaßt,  gegen  den  Admiral  Persano  eine  Untersuchung  einzuleiten  und 
seine  Tätigkeit  einer  kriegsgerichtlichen  Behandlung  zu  unterziehen 
(e  di  sottopore  il  suo  operato  ad  un  consiglio  di  guerra)  und  wenn  im 


348 

Verlaufe  dieser  Untersuchung  sich  Anhaltspunkte  dafür  ergeben  sollten, 
daß  andere  Offiziere  ihre  Schuldigkeit  nicht  getan  haben,  so  ist  dieselbe 
auch  auf  diese  auszudehnen. 

Die  vernehmlichste  Aufgabe  des  Admirals  Persano  bestand  darin, 
die  österreichische  Flotte  zu  bekämpfen  und  zu  vernichten;  dieser  seiner 
Aufgabe  ist  ernichtnachgekommen;  die  Untersuchung  muß  daher  feststellen, 
ob  Ungeschicklichkeit,  Nachlässigkeit  oder  eine  andere  schwerere  Schuld 
die  Veranlassung  war,  welcher  man  den  Ausgang  der  Affäre  des 
20.  Juli  zuzuschreiben  hat. 

Was  die  vom  Admiral  ausgestreute  Behauptung  anbelangt,  daß  die 
Regierung  einen  gewissen  Zwang  auf  ihn  ausgeübt  hätte,  so  wird  diese, 
während  sie  sich  bezüglich  dieser  Behauptung  noch  das  Weitere  vorbehält, 
da  sie  entschlossen  ist,  die  volle  Verantwortung  für  ihre  Handlungen  zu 
übernehmen,  alle  von  ihr  ausgegangenen  Instruktionen  sowie  die  ganze 
mit  dem  Admiral  gewechselte  Korrespondenz  ausfolgen,  damit  hievon, 
wenn  nötig,  im  Verlaufe  der  Untersuchung  Gebrauch  gemacht  werden 
könne. 

Die  Regierung  wird  Euer  Hochwohlgeboren  alle  hierauf  bezüg- 
lichen Dokumente,  von  denen  ein  Teil  beigeschlossen  mitfolgt,  sofort 
nach  deren  Einlauf  zukommen  lassen,  damit  die  Untersuchung  mit 
größtmöglichster  Beschleunigung  unternommen  und  durchgeführt  werden 
könne,  was  Euer  Hochwohlgeboren  hiemit  nachdrücklichst  anempfohlen 
wird.** 

Auf  diesen  Befehl  hin  wurde  nun  vom  Goneralauditor  Commendatore 
Trombetta  die  Untersuchung  begonnen  und  während  der  Monate 
August  und  September  geführt.  Es  \viirden  eine  Menge  Zeugen  aller 
Ranggrade  verhört,  nur  der  Admiral  selbst  war,  vermutlich  weil  seine 
hohe  Stellung  als  Admiral  und  Senator  des  Königi^eiches  bezüglich  der 
Form  (Mnige  Schwierigkeit  bot,  nicht  einvernommen  worden. 

Ol)  es  der  Regierung  mit  ihrer  Aufforderung  des  Generalauditors 
Trombetta,  seines  Amtes  mit  aller  Strenge  zu  walten,  wirklich  voller 
Ernst  war  oder  ob  sich  hinter  den  Kulissen  nicht  auch  höhere  Einflüsse 
gelt(^nd  machten,  welche  darauf  hinzuwirken  suchten,  daß  die  Unter- 
sucliung  keine  allzu  großen  Dimensionen  annehme,  wollen  wir  daliin- 
geslellt  sein  lassen.  Wir  glaul)(»n  aber  nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  wir  uns 
zu  der  letzten^n  Ansrhauung  liinnoi^^Mi. 

Einmal  muß  <is  auffallen,  daß  der  als  äußerst  tüchtig  bekannte 
Untursucliungsricliter  Commendatore  Trombetta  aus  dem  reichhaltigen 


349 

Akteiimateriale,  das  ihm  nun  zu  Gebote  stand  und  welches  die  von  uns 
des  öfteren  gebrachten  Fehler  und  Unterlassungssünden  der  ünter- 
admirale  wie  einzelnen  Kommandanten  enthielt,  nicht  hinreichende 
Anhaltspunkte  gewonnen  haben  sollte,  um  auch  diese  mit  in  die  Unter- 
suchung einzubeziehen.  Femer  darf  nicht  außer  acht  gelassen  werden, 
daB  die  Regierung,  da  sie  sich  noch  im  Kriege  mit  östeireich  befand,  ein 
politisches  Interesse  daran  hatte,  daß  die  Schwächen  der  itaUenischen 
Flotte  nicht  zu  sehr  nach  außen  drangen  und  hiedurch  das  militärische 
Prestige  derselben  noch  mehr  gefährdet  werde,  als  dies  durch  den  Aus- 
gang der  Schlacht  von  Lissa  bereits  geschehen  war.  Man  wollte  den 
Strahlenglanz,  der  sich  um  die  Namen  „Re  d'Italia"  und  »Palestro" 
gebildet  hatte,  in  diesem  Augenblicke  nicht  durch  neue  unangenehme 
Enthüllungen  verdunkeln  lassen,  zumal  man  italienischerseits  zum 
Abschlüsse  eines  Waffenstillstandes  noch  wenig  geneigt  war,  vielmehr 
die  Wiederaufnahme  der  Feindseligkeiten  gewünscht  hätte.  Da  nun  der 
Admiral  Persano  in  seinem  Berichte  an  den  Marineminister  über  die 
Schlacht  in  Voraussicht  der  kommenden  Dinge  gegen  seine  Untergebenen 
tatsächlich  eine  äußerst  weitgehende  Nachsicht  gezeigt  und  hiedurch  in 
einer  Beziehung  dem  stillen  Wunsche  der  Regierung  vorgearbeitet  hatte, 
so  fand  dieselbe  auch  nichts  dagegen  einzuwenden,  als  der  Generalauditor 
nach  gepflogener  Voruntersuchung  bloß  gegen  den  Admiral  Persano 
sowie  gegen  den  Kommandanten  der  Panzerkorvette  „Terribile", 
Fregattenkapitän  Baron  de  Gosa,  Beschuldigungen  erhob.  Sogar  die 
ungenügend  gerechtfertigte,  vorzeitige  Abfahrt  der  ^Formidabile"  nach 
Ancona,  welche  der  Admiral  in  seinem  Berichte  als  „  ohne  Erlaubnis  ** 
geschehen  bezeichnete,  mit  der  weiteren  Bemerkung,  »daß  deren 
Kommandant  es  nicht  verstanden  habe,  seine  Havarien  provisorisch 
auszubessern  und  an  der  Schlacht  teiJzunehmen'*,  wurde  nicht  mehr 
beachtet  imd  die  ursprünglich  beschlossene  Stellung  des  Fregatten- 
kapitäns Saint-Bon  vor  ein  Kriegsgericht  nicht  zur  Ausführung  ge- 
bracht. 

In  diesem  Stadium  der  Angelegenheit  intervenierte  plötzlich  — 
wahrscheinlich  über  Veranlassung  der  Freunde  des  Admirals  -—  der 
Senat  des  Königreiches  ItaUen,  der  sich  nun  auf  einmal  erinnerte  und 
geltend  machte,  daß  nach  den  Verfassungsgrundgesetzen  Persano  als 
Senator  nur  von  dem  Senate,  der  sich  zu  diesem  Zwecke  als  oberster 
Gerichtshof  zu  konstituieren  habe,  verhört  und  gerichtet  werden  könne. 
Obschon  die  Geltendmachung  dieses  Privilegiums  im  vorliegenden  Falle, 
bei  welchem  es  sich  um  ein  rein  militärisches,  noch  dazu  in  Kriegszeiten 


begangenes  Delikt  handelte,  wohl  iinzureclifen  gewesen  wäre'),  so  gab  die 
Regierung  doih  der  Forderung  des  Senates  nach  und  mittels  kdoiglichen 
Dekretes  vom  4.  Oktulier  wurde  der  Senat  beanfiragt,  sich  als  oberster 
Gerichtshof  zu  konatituit-ren,  um  über  die  Angelegenheit  des  Senators 
Admiral  Carlo  Pell  ion  Conte  di  Persano,  welcher  der  Verletzung  der 
g  324,  225,  34U  und  541  des  Marinestrafgesetzbnches  beschuldigt  war, 
zri  Gericht  zu  sitzen. 

Als  öffentlicher  Ankläger  von  Seite  der  Regierung  wurden  der 
Gencralauditor  Commendatore  Trombetta,  der  Oberstaatsanwalt  Com- 
mondalore  Neüi  und  dessen  Substitut  Cavaliere  Diomede  Marvasi 
ernannt. 

Der  Admiral  wurde  der  liachstehenden  Verbrechen  und  Vergehen 
bcscliuidigt: 

1.  Des  Verbrechens  des  militäiischen  Hochverrates  (alto  tradimenlo 
mililare)  nach  Artikel  224,  Punkt  4  des  Mannestrafgesetzbuches  vom 
18.  .Mi  1826.  («Wer  in  Kriegszeiten  oder  wübrend  einer  Seekampagne 
wissentlich  [scientemente]  etwas  begeht  oder  unterläßt,  wodurch  die 
Flotte  oder  Armee  oder  ein  Teil  doi-selben  einer  Gefahr  ansgesetxt  und 
hiedurch  der  glückliche  Ausgang  einer  miülfirischen  Untcmebmimg 
verhindert  werden  köimte;  wer  auf  was  immer  för  eine  Art  wissentlich 
die  Flotte  oder  Eskadre  oder  ein  Scliiö' irgend  eines  Mittels  beraubt  odwr 
zu  bcraubfn  versucht  hat,  um  gegen  den  Feind  vorzugehen  und  hiedurch 
es  demselben  erleichtert,  sich  besser  zu  verteidigen  oder  mehr  zu 
schaden:  ist  des  Verbrechens  des  militärischen  Hochverrates  schuldig 
und  wird  mit  dem  Tode  auf  scliinipilichf  Art  [alla  niorle  ignominiosa] 
l.cstrall.-l 

2.  Des  Verbrechen:!  der  Feigheit  vor  dem  Feinde,  begangen  durrfa 
die  Art,  wie  er  sich  in  der  Zeit  vom  20.  Juni  bis  20.  JuH  und  insbesondere 
am  20.  Juli  während  und  nach  der  Schlacht  benahm,  zufolge 
Artikels  225  des  obigen  königliehen  Ediktes. 

3.  Des  im  Artikel  241  des  erwähnten  königlichen  Ediktes  voige- 
schenen  Vergehens,  begangen  dadurch,  daß  er  von  seinen  erhaltenen 
Instruktionen  abwich,  die  Mission  und  Unternehmung,  mit  welcher  er 
beauftragt  war.  zu  Schanden  werden  Meß  und  schlecht  ausführte,  indem 
er   die  feindliche   Flotte  während   der  Zeit  vom  Ö.   bis   13,  Juli    weder 


i|  Man  M-ird  sicli  erinnern,  dnS  auch  Mikr^diall  Bai 
iler  rraniösischen  Pairskammer.  sondern  von  eini-iii 
!t  dem  Vorsilte  des  dac  d'Aumale  gerichtet  wurde 


Ine.  oliglelGb  Scnatnr.  nkU 
niUltarischeii  Kriegsgcrlriila 
A-d-V. 


351 

herausforderte,  blockierte  oder  schlug,  noch  versuchte,  sie  zu  blockieren 
oder  zu  schlagen. 

4.  Des  im  Artikel  240  des  mehrerwähnten  Ediktes  vorgesehenen 
Vergehens,  begangen  dadurch,  daß  er  durch  Ungeschicklichkeit  und 
Nachlässigkeit  während  der  ganzen  Kampagne  des  Jahres  1866  im 
Adriatischen  Meere  nicht  die  ihm  übertragene  Mission  und  Aufgabe 
erfüllte  und  insbesondere  durch  die  Art  und  Weise,  wie  er  sich  am 
27.  Juni  benahm  und  kommandierte,  dann  vom  8.  bis  13.  JuU,  bei  der 
versuchten  Eroberung  von  Lissa  am  18.,  19.  und  am  20.  Juli  morgens, 
sowie  endlich  während  der  am  selben  Tage  des  20.  erfolgten  See- 
schlacht 

Nachdem  auf  die  ersten  zwei  Verbrechen,  deren  der  Admiral 
beschuldigt  wurde,  die  Todesstrafe  stand,  so  war  die  gesetzliche 
Konsequenz  hievon,  daß  er  in  Haft  genommen  und  im  Senatspalaste  zu 
Florenz  bewacht  wurde. 

Am  12.  Oktober  ernannte  der  Senat  eine  Untersuchungskommission 
bestehend  aus  dem  Präsidenten  des  Senates  und  Vorsitzenden  des 
Gerichtshofes  Marzucchi,  den  Senatoren  Castelli  und  de  Ferrari,  dem 
Senator  und  Vizeadmiral  Serra  sowie  dem  Senator  Chigi,  einem 
gewesenen  Seeoffizier.  Diese  Kommission  beschäftigte  sich  nun  mit  der 
Zusammenstellung  der  verschiedenen  von  ihr  verlangten  Daten  und  legte 
am  26.  Jänner  1867  dem  Senate  eine  detaillierte  Darstellung  der 
Begebenheiten  vor  Lissa  sowie  des  Anteiles,  den  der  Admiral  Persano 
an  denselben  genommen  hatte,  vor,  enthielt  sich  jedoch  dabei  eines 
jeden  Urteiles  sowie  einer  Antragstellung. 

Gleichzeitig  überreichten  die  öffentlichen  Ankläger  die  Anklage- 
schrift, ein  umfangreiches,  meisterhaft  verfaßtes  Elaborat,  in  welchem  aus- 
fulirHch  die  ganze  Kampagne  behandelt  wurde.  Die  Beweisführung  der 
von  den  Vertretern  der  Anklage  erhobenen  Beschuldigungen  war  mit 
großer  Schärfe  ausgeführt  und  in  einigen  Punkten  von  geradezu  nieder- 
schmetternder Gewalt.  Besonders  war  dies  in  dem  auf  Feigheit  lautenden 
Anklagepunkte  der  Fall.^) 

„Der  Oberkommandant, **  so  hieß  es  darin,  „hat  weder  zu  befehlen 
noch  zu  leiten  gewußt.  War  er  wenigstens  allen  ein  Beispiel  des  Mutes, 
der  Unerschrockenheit,  der  Kühnheit?  Diese  Frage  bringt  uns  dahin,  von 
der  gegen  ihn  erhobenen  Beschuldigung,  der  Feigheit  vor  dem  Feinde,  zu 
sprechen.  Es  ist  eine  schmerzliche  Sache,  hieran  nur  denken  zu  müssen! 


1)  RcndicoDÜ  etc.  etc.;  Requisitoria  del  Publico  Ministero  etc.  etc. 


Der  Grai"Pellion  di  Persano,  Admiral,  Senator  des  Königreiches,  geliort 
nicht  sich  allein  an,  er  gehört  auch  dem  Staate,  der  Flotte,  allen  Italienern 
an.  Diese  Beschuldigung  trifft  daher  nicht  nur  ihn  selbst;  sie  trifft,  sie 
erniedrigt  und  schmerzt  auch  uns  alle.  Wir  haben  deshalb  zu  prüfen,  ob 
sie  sich  aus  der  Voruntersuchung  ableiten  läßt;  dies  erfordert  das  Gesetz, 
welches  über  die  edelsten  Gefühle,  über  die  großherzigste  Milde  erhaben 
ist  und  dies  ist  vielleicht  unser  einziger  Trost,  die  einzig  mögliche  Genug- 
tuung in  diesem  nationalen  Mißgeschick. 

Der  Artikel  225  des  Marinestrafgesetzbuches  behandelt  dieses  Ver- 
brechen. 

Wir  haben  zwei  Bemerkungen  vorauszuschicken:  Erstens  findet 
dieser  Artikel  Anwendung  auf  alle  jene,  welche  zur  Flotte  gehören,  nicht 
nur  auf  Untergebene,  sondern  auch  auf  Vorgesetzte,  denn  über  den  Vor- 
gesetzten steht  das  Gesetz,  die  Pflicht  und  der  Staat.  Überdies  hat  der 
Gesetzgeber  die  Arten  der  Feigheit  nicht  mittels  allgemeiner  Bestim- 
mungen deöniert,  sondern  hat  eine  Aufzählung  einzelner  Tatsachen, 
welche  alle  von  einer  gemeinschaftlichen  Ursache,  nämlich  von  der 
Furcht  vor  dem  Feinde  abhängig  sind,  gegeben.  Nun  ist  es  einleuchtend, 
daß  diese  Aufzälilung  bloß  eine  erläuternde  (dichiarativa)  und  nicht  fest- 
stellende (tassativa)  sein  kann,  denn  es  lassen  sich  von  diesem  Artikel 
andere,  nicht  aufgezählte  Fälle,  welche  ihrer  Natur  nach  dennoch  zu  ihm 
gehören,  nicht  trennen,  so  daS,  wenn  zufällig  die  Tatsachen,  welche  die 
Furcht  des  Beschuldigten  an  den  Tag  brachten,  sich  auch  nicht  buch- 
stäbHch  in  diese  Aufzählung  einreihen  sollten,  man  ihn  deshalb  dennoch 
nicht  von  dem  Verbrechen  der  Feigheit  lossprechen  könnte.  Wie  immer 
auch  die  Form  sei,  imter  welcher  sie  sich  zeigt,  die  Feigheit  beim  Soldaten 
wird  unter  allen  Umständen  bestraft. 

Bei  der  Beurteilung  dieses  Deliktes  wird  der  hohe  Gerichtshof  in 
seiner  Weisheit  sich  gegenwärtig  htdten  müssen,  daß  es  sich  um  Tat- 
sachen bandelt,  welche  nach  den  unerbittlichen  Gesetzen  der  militärischen 
Ehre  anzusehen  sind  und  daß  wir  sicher  nicht  die  Absicht  haben,  dem 
Oberkomraandanten  die  Furcht  in  ihren  verächtlichsten  und  gemeinsten 
Formen  zu  imputieren,  sondern  daß  wir  dabei  einen  Admiral  im  Auge 
haben,  der  auf  einem  so  hohen  Posten  gestellt  ist,  daß  er  allen  ein  Vor- 
bild der  Ehre,  des  Mutes  und  der  Kühnheit  sein  solle.  Ein  Akt  der  Zag- 
haftigkeit, der  bei  einem  einfachen  Matrosen  vielleicht  unbemerkt  vorüber- 
ginge, gewinnt  eine  große  Bedeutung  beim  obersten  Führer,  Man  bedenke 
femer,  daß  die  Furcht  jenes  Gefühl  ist.  welches  die  Menschen  am  meisten 
verbellten;  alle,  insbesondere  der  Soldat,  eiTÖten  darüber.  Es  ist  daher 


853 

nicht  leicht  möglich,  in  dieser  Beziehung  GestAndnisae  oder  direkte  Be- 
weise zu  erlangen;  man  muB  diese  meist  aus  Anzeichen  und  Meriunalen 
ableiten  und  sie  •—  wir  möchten  sagen  —  bei  der  Flüchti^eit  und  Behut- 
samkeit der  Handlungen,  wodurch  sie  sich  verrät,  ertappen. 

Man  sage  uns  nicht,  dafi,  nachdem  der  Admiral  einmal  an  Bord 
des  «Affondatore'^  gegangen,  sein  Posten  im  Turme  gewesen  sei.  Dieser 
war  ftkr  den  Kommandanten  des  Schiffes,  nicht  fflr  den  kommandierenden 
Admiral,  welcher  die  ganze  Schlacht  zu  leiten,  aber  nicht  das  unmittel- 
bare Kommando  eines  Schiffes  zu  Übernehmen  hatte.  Und  selbst  ange- 
nommen, sein  Posten  wäre  im  Turme  gewesen,  warum  erhob  er  so  selten 
den  Kopf  außerhalb  der  Löcher,  mit  solcher  Zaghaftigkeit  und  nur  aufier 
dem  Bereiche  des  feindlichen  Feuers? 

Man  wende  ims  femer  nicht  ein,  daß  nicht  behauptet  werden 
könne,  der  Admiral  sei  aus  Feigheit  auf  den  « Affondatore ""  geflüchtet,  da 
dieses  Schiff  sich  doch  mitten  in  der  Aktion  befunden  habe  und  weil  der- 
jenige, der  sich  an  Bord  desselben  befand.  Gefahren  ausgesetzt  war. 
Dieses  Argument  ist  bestechend  imd  scheinbar  richtig,  entbehrt  aber  doch 
jeden  Haltes.  Nehmen  wir  an,  ein  Matrose  hätte  sich  mitten  im  Getümmel 
der  Schlacht  irgendwo  im  Innern  des  Schiffes  versteckt  und  wäre  ent- 
deckt worden.  Er  würde  gewiß  wegen  Feigheit  bestraft  werden,  obschon 
sein  Schiff  im  Feuer  stand.  Und  macht  sich  ein  Admiral,  der  sich  während 
des  feindlichen  Feuers  in  einen  gepanzerten  Turm  zurückzieht,  anstatt  auf 
der  Kampagne  seines  Flaggenschiffes  mit  freier  Brust  dazustehen,  um  den 
Gang  des  Gefechtes  zu  überwachen  und  zu  leiten  und  auf  diese  Weise 
allen  das  Gefühl  der  Pflicht,  der  Ehre  einzuflößen,  macht  sich  dieser 
Admiral  hiedurch  nicht  schuldig? 

Ist  ein  Kommandant  en  chef,  der  ungeachtet  der  erhaltenen  Be- 
fehle zögert,  sich  zu  schlagen,  der,  um  sich  zu  schützen,  die  Wirkung 
eines  mächtigen  Streitmittels  paralysiert,  der  während  der  Schlacht  sich 
nur  in  einem  gepanzerten  Turme,  welcher  keinen  Oberblick  des  Ganzen 
gestattet,  aufhält:  ist,  fragen  wir,  dieser  Kommandant  en  chef  nicht 
ebenso  schuldig  wie  der  Matrose,  welcher  nach  Artikel  225  des  zitierten 
königlichen  Strafediktes  in  Gegenwart  des  Feindes  einen  Befehl  seines 
Vorgesetzten  nicht  ausführt,  nicht  kämpft,  nicht  den  Feind  entert,  oder 
der,  um  sich  dem  Kampfe  zu  entziehen,  sich  krank  stellt  oder  sich  außer- 
halb des  Handgemenges  hält,  einen  ihm  anvertrauten  Posten  verläßt, 
flieht  oder  sich  verbürgt?  Die  Äußerung  der  Furcht  ist  wohl  eine  ver- 
schiedene, das  innere  Gefühl  bleibt  jedoch  dasselbe.* 

Fleigcher,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  ^3 


So  die  Anklage  bezüglich  des  dem  Admiral  zur  Last  gelegten 
Kapital  deliktes.  Unzweifelhaft  meisterhaft  ausgeführte  Argumente,  die  viel 
Wahres  enthielten  und  wohl  geeignet  waren,  einen  tiefen  Eindruck  zn 
machen. 

Die  Vertreter  der  Anklage  hatten  die  Beschuldigung  wegen  des 
Verbrechens  des  militärischen  Hochverrates  nach  Artikel  224,  Absatz  4 
des  königlichen  Strafediktes  für  die  Marine  nachträglich  fallen  lassen  und 
wie  wir  glauben  mit  Recht;  denn  man  konnte  über  das  persönliche  Ver- 
halten des  Admirals  Persano  während  der  ganzen  Kampagne  denken 
wie  man  wollte,  der  wissentlichen  oder  vielmehr  absichtlichea 
Schädigung  der  eigenen  Flotte  und  der  Stärkung  des  Feindes,  wie  sie 
dieser  Artikel  voraussetzt,  war  der  Admiral  gewiß  nicht  schuldig.  Eine 
derartige  Zumutung  würden  ihn  nicht  einmal  seine  allsten  Feinde  ge- 
macht haben. 

Die  Anklage  hielt  sonach  nur  die  drei  Anklagepunkte  auf  Unge- 
schicklichkeit. Nichtausführung  der  übertragenen  Mission  und  Feigheit 
lautend,  aufrecht.  Daß  man  einen  Admiral,  der  die  höchste  Stelle  der 
maritimen  Hierarchie  eionahm,  wegen  Unerfahrenheil  oder  Ungeschick- 
lichkeit (imperizia)  anklagte,  war  gleichfalls  eine  der  vielen  Eigentämbch- 
keiten  dieses  merkwürdigen  Prozesses.  Trug,  so  mußte  man  sich  onwill- 
kßrlich  fragen,  in  diesem  Punkte  nicht  auch  die  Regierung,  welche  ihm 
jenen  hoben  Grad  verliehen  und  an  die  Spitze  der  Operationsflotte  ge- 
stellt hatte,  mit  einen  großen  Teil  der  Schuld? 

Admiral  Persano  hatte  sich  zu  seiner  Verteidigung  zwei  der  tüch- 
tigsten Anwälte  und  Redner  gewählt;  es  waren  dies  die  Advokaten  San- 
miniatelli  und  Giacosa.  für  den  technischen  Teil  trat  der  Liuienschifls- 
kapitän  de  Clavesana  ein. 

Am  29.  Jänner  fand  die  Sitzung  statt,  in  welcher  über  die  Zulässig- 
keit  der  von  der  Anklage  erhobenen  Beschuldigungen  zur  ö£feDtUchen 
Verhandlung  Beschluß  gefaßt  wurde.  Von  den  384  einberufenen  Mit- 
gliedern des  Senates  waren  an  diesem  Tage  nur  131  erschienen,  153 
waren  teils  mit,  teils  ohne  Entschiüdigung  der  Sitzung  fem  gebliehen. 

Über  die  zwei  Punkte,  welche  den  Admiral  der  Ungeschicklichkeil 
sowie  der  Nichtausführung  der  ihm  übertrageneu  Mission  beschuldigten, 
einigte  man  sich  bald  imd  ohne  große  Schwierigkeiten;  die  Zulassung 
derselben  zur  öffentlichen  Verhandlung  wurde  mit  überwiegender  Majo- 
rität ausgesprochen;  über  den  die  Feigheit  betreffenden  Anklagepunkt 
erhob  sich  jedoch  eine  lange  und  störmische  Debatte.  Wälu^nd  ein  Teil 
der  Senatoren  der  Anschauung  war,  daß  die  hiefür  notwendige  B^rün- 


355 

düng  nicht  erbracht  oder  nicht  ausreichend  wäre,  behauptete  eine  nicht 
minder  ^ofie  Anzahl  und  hauptsächlich  die  von  Regierungs-  und  den  Hof- 
kreisen unabhängige  Partei  der  Senatoren  das  gerade  Gegenteil  und 
fand,  daß  vornehmlich  bezüglich  dieses  heiklen  Punktes  sowohl  der 
Nation,  dem  hohen  Grerichtshofe  wie  auch  dem  Angeklagten  selbst  daran 
gelegen  sein  müsse,  daß  durch  die  gerichtliche  Verhandlung  die  volle 
Wahrheit  an  den  Tag  komme.  Die  Abstimmung  ergab,  daß  61  Senatoren 
für  die  Zulassung  dieses  Anklagepunktes  und  70  gegen  dieselbe  waren. 
Wenn  nun  auch  durch  diese  Abstimmung  allerdings  die  schwerste 
Folge  einer  eventuellen  späteren  Verurteilung  bezüglich  dieses  Kapital- 
deliktes vom  Admiral  abgewendet  worden  war,  so  ließ  sich  doch  nicht 
verkennen,  daß  dieselbe  bei  dieser  geringen  Majorität,  wie  auch  ins- 
besondere nach  der  vom  Gerichtshofe  ausgesprochenen  Motivierung  der 
Ablehnung,*)  dennoch  einer  moralischen  Verurteilung  gleichkam.  Darüber 
gab  es  nicht  nur  innerhalb,  sondern  auch  außerhalb  Italiens  nur  eine 
Meinung. 

Nachdem  auf  die  zur  öffentlichen  Verhandlung  gelangenden,  in  den 
übrigen  zwei  Anklagepunkten  enthaltenen  Vergehen  keine  Leibesstrafe 
gesetzt  war,  wurde  der  Admiral  sofort  aus  seiner  Haft  entlassen  und  die 
weitere  Verhandlung  mit  ihm  auf  freien  Fuß  geführt. 

Es  war  ein  beklagenswertes  Schauspiel,  das  sich  in  den  Tagen 
vom  3.  bis  13.  April  im  Senatspalaste  zu  Florenz  abspielte  und  nicht  mit 
Unrecht  sagte  man  sich  später,  daß  dieser  Prozeß  für  Italien  eigentlich 
einem  zweiten  Lissa  gleichgekommen  sei.  Welchen  Eindruck  mußte  es 
hervorbringen,  wenn  man  hier  die  höchsten  maritimen  Würden- 
träger sich  gegenseitig  anklagen  hörte,  wahrnahm,  wie  ein  jeder  die 
eigene  Verantwortung  von  sich  abzuwälzen  suchte  und  nur  das  Bestreben 
an  den  Tag  legte,  womöglich  selbst  im  reinsten  Lichte  zu  glänzen?  Die 
unbefangenen  Zuhörer  hatten  hiebei  die  Empfindung,  daß  einige  dieser 
Zeugen,  die  hier  von  ihren  Heldentaten  erzählten,  die  Manöver  ihres 
vorgesetzten  Admirals  kritisierten  und  den  Senatoren  gelehrte  Abhand- 
lungen darüber  hielten,  selbst  auf  die  Anklagebank  gehörten,  weil  sie  das 
erste  militärische  Prinzip,  das  des  Gehorsams  und  der  Unterordnung 
gröblich  verletzt  hatten,  weil  sie  nicht  der  Stimme  der  Ehre  gefolgt  und 


^)  Nachdem  der  Artikel  225  des  zitierten  königlichen  Ediktes  nicht  anwendbar 
sei  auf  die  im  zweiten  Anklagepunkte  erhobene  Beschuldigung,  so  sei  auch  kein  Grund 
vorhanden,  weiter  nachzuforschen,  ob  das  Prozeßverfahren  mehr  oder  weniger  stich- 
hältige Beweise  liefern  würde,  um  dieselbe  aufrecht  zu  erhalten. 

23* 


sich  eritiDert  hatten,  daß.  sowie  einmal  das  Geschütz  gesprocheo,  die  alte 
Regel  zur  Geltung  kommt,  daß  .das  Schiff,  welches  nicht  kämpft, 
nicht  aul  seinem  Posten  ist". 

Man  hörte  hier  vom  Kontreadmiral  Vacca  den  uns  schon  be- 
kannten, ihm  wenig  zur  Ehre  gereichenden  Ausspruch,  daß  er  es  nicht 
für  angezeigt  gehalten  habe,  den  Befehl  des  kommandierenden  Admirals, 
den  Femd  anzugreifen,  auszuführen,  einen  Ausspruch,  den  auch  die  Ver- 
teidigung zu  verwerten  nicht  ermangelte. 

Eine  wohlverdiente  Abfertigung  erhielt  Vizeadmiral  Albin  i  von  dem 
berühmten  Advokaten  und  Verteidiger  Sanminialelli.  Als  der  Vize- 
admiral bei  seiner  Einvernahme  sich  soweit  verstieg,  dem  österreicliischeo 
Admu-al  den  Vorwurf  zumachen,  daß  dieser  einen  groben  Fehler  dadurch 
begangen  habe,  daß  er  nach  der  Schlacht  in  den  Hafen  von  S.  Giorgio 
eingelaufen  sei  und  daß  es  für  die  italienische  Flotte  ein  Leichtes  gewesen 
wäre,  ihn  dasell)st,  sogar  in  der  Nacht,  anzugreifen  und  sein  Schiff  in  den 
Grund  zu  bohren,  da  konnte  sich  der  schlagfertige  Advokat  nicht  enthalten, 
hierauf  mit  beißender  Ironie  zu  entgegnen:  ,Es  ist  leicht,  nach  geschehenen 
Ereignissen  dieselben  zu  kritisieren  sowie  die  Fehler  des  Freundes  und 
Feindes  aulzudecken.  Der  Vizeadmiral  Älbini  nahm  sich,  wie  Sie,  meine 
Herren  Senatoren,  gehört  haben,  diese  Freiheit;  ich  bestreite  ihm  aber 
das  Recht  dazu.  Was  würde  wohl  der  tapfere,  feindliche  Adniiral  daM 
sagen,  wenn  diese  Bemerkung  zu  seiner  Kenntnis  käme?  Wenn  er  erfahren 
würde,  was  er  nach  dieser  Kritik  für  einen  schwerwiegenden  Fehler  be- 
gangen habe?  Wenn  er  hören  möchte,  daß  gerade  derjenige,  der  es  nicht 
verstanden  hatte,  ihn  bei  Lissa  zu  bekämpfen,  sich  dennoch  herausnahm, 
ihn  zu  Florenz  so  streng  zu  kritisieren!"  'l 

Allgemein  war  ferner  die  Empfmdung,  daß,  wenn  auch  die  oberite 
Leitung  sich  in  schlechten  Händen  befand,  mit  anderen  Unterbefelilshalwm 
und  Kommandanten  weder  der  Angriff  auf  Lissa  derartig  verfehlt,  noch 
die  Schlacht  auf  diese  Weise  verloren  werden  konnte. 

Eine  geradezu  bemitleidenswerte  Rolle  spielte  bei  der  Verhandlung 
der  Admiral  selbst.  Was  er  sich  hier  von  seinen  früheren  Untergebenen, 
ja  selbst  von  jungen  Guaidie-marina,  die  sonst  nur  vor  ihm  zu  zittern 


I)  .Clie  direbbe,  ioBodavapmisanilo  da  itie,  quell'intrepiiia  nostru  nemico.  qni 
)  questa  parte  dei  risultati  di  queato  dibatlimeiito?  Quando  s&pease  !■  critiefi 
che  gli  i  stalo  Tatta  di  quel  euo  gtOBEissimo  sbaglio?  Quanda  sapesse  che  coloi,  U  q 
non  pali  combatlerlo  a  Lissa,  La  sapuLo  cosl  bene  ceoeurarlo  a  Fireoze?*  RendieoaH 
etc.  elc.;  I'arringa  dpirATTOc.  äBniniiiiBtelli,  Seite  138. 


357 

gewohnt  waren,  sagen  lass^i  mufite,  das  mag  für  ihn  wohl  mit  die  här- 
teste Strafe  gewesen  sein.  Anscheinend  gefaBt  und  anfänglich  sogar  etwas 
schroff  auftretend,  versuchte  er  sich  mit  großem  Wortschwall  in  der  ihm 
eigenen  Weise,  welche  seine  Überlegenheit  in  allen  maritimen  Dingen 
beweisen  sollte,  zu  verteidigen.  Aber  die  reinen  Tatsachen,  welche  von  der 
überwiegenden  Menge  der  wider  ihn  geführten  Zeugen  bestätigt  wurden, 
vermochte  er  weder  zu  leugnen,  noch  zu  rechtfertigen;  auch  der  Ver- 
teidigung, welche  von  ihrem  Standpunkte  übermenschliche  Anstrengungen 
machte  und  in  forensischer  Beredsamkeit  geradezu  Ausgezeichnetes  leistete, 
konnte  es  trotzdem  nicht  gelingen,  die  Überzeugung  herzustellen,  daß 
Admiral  Persano  an  dem  llißerfolge  der  ganzen  Kampagne  nicht  die 
Hauptschuld  trage,  denn  die  verschiedenen  Tatsachen  selbst  waren  es, 
die  mit  elementarer  Gewalt  wider  ihn  zeugten. 

Am  15.  April  fand  die  Urteilsfällung  statt.  Von  den  284  Mitgliedern 
des  Senates  waren  diesmal  gar  nur  111  erschienen,  117  hatten  sich  unter 
allerlei  Vorwänden  und  56  ohne  jede  Entschuldigung  absentiert. 

Des  ersten  Anklagepunktes— Ungeschickliclikeit  und  Nachlässigkeit — 
wurde  der  Admiral  mit  73  gegen  38,  des  zweiten  —  Nichtausführung 
der  ihm  übertragenen  Mission  —  mit  93  gegen  18  Stimmen  schuldig 
befunden. 

Unter  aUgemeiner  Stille  verkündete  sodann  der  Präsident  Marzucchi 
das  Urteil:  ,daß  der  Angeklagte  Graf  Carlo  Pellion  di  Persano  der  ihm 
zur  Last  gelegten  Vergehen  schuldig  befunden  worden  sei  imd  deshalb 
zur  Strafe  der  Entlassung,  des  Verlustes  seiner  Admiralscharge  und  zur 
Tragung  der  Kosten  dieses  Prozesses  verurteilt  werde.** 

Als  Rechtsfolge  dieses  ürteiles  verlor  derselbe  auch  weiters  alle 
seine  Orden  und  Dekorationen  sowie  den  Anspruch  auf  eine  Pension. 
Letztere  verlieh  ihm  indes  der  König  im  Gnadenwege.  Das  Land,  die 
Nation  waren  wenig  erbaut  über  diesen  Ausgang  des  Prozesses,  welcher 
durch  seine  Enthüllungen  keineswegs  beigetragen  hatte,  das  Ansehen  der 
italienischen  Marine  vor  dem  gesamten  In-  und  Auslande  zu  erhöhen  und 
der  im  Interesse  des  Dienstes  wie  der  Disziplin  besser  unterblieben  wäre. 
Oflfenbar  hatte  die  italienische  Regierung  hiebei  keine  glückliche  Hand 
gehabt.  Sie  befand  sich  —  es  kann  dies  nicht  geleugnet  werden  —  wohl 
in  einer  äußerst  schwierigen  Situation.  Von  der  öffentlichen  Meinung,  welche 
gebieterisch  eine  Satisfaktion  für  die  dem  Lande  angetane  Schmach,  för 
den  Verlust  zweier  schöner  Schiffe  und  so  vieler  Menschenleben  verlangte 
zum  Handeln  gedrängt,  konnte  sie  sich  aber  zu  keinem  rechten  Entschlüsse 
emporraflfen.  Und  doch  stand  sie  nur  vor  zwei  Wegen. 


War  sie  wirklich  entschlossen,  den  beleidigten  Gesetzen  Achtung 
sowie  eine  Sühne  zu  verschaffen  und  hiedurch  bezüglich  der  Marine 
gleichzeitig  reinigend  zu  wirken,  dann  bheb  ihr  nichts  anderes  übrig,  als 
ihrer  ursprünglich  gezeigten,  energischen  Hallung  treu  zu  bleiben  und  den 
bereits  gemachten  Schritten  die  weiteren  folgen  zu  lassen;  dann  waren  alle 
Schuldigen  vor  das  Kriegsgericht,  dem  einzig  kompetenten  Forum  in 
derlei  Ffillen,  zu  stellen,  um  sie  der  verdienten  Strafe,  mochte  diese  nun  aus- 
fallen wie  sie  wollte,  entgegenzuführen.  Dann  durfte  aber  auch  den  Admiral 
Pe  rsan  0  sein  Privileg  als  Senator  vor  dieser  Maßregel  nicht  schützen  und  die 
Regierung  mußte  dem  Senat  gegenüber  den  Standpunkt  vertreten,  daS  im 
vorliegenden  Falle  der  Senator  den  Admiral  nicht  decken  könne.  Durch  ein 
solches  Vorgehen  hätte  sie  ebensowohl  ihre  völlige  Unbefangenheil  wie  den 
Ernst  gezeigt,  welcher  der  Situation  entsprach  und  unzweifelhaft  einen 
wohltätigen  Einfluß  auf  die  eiTegten  Gemüter  ausüben  können. 

Hielt  sie  es  jedoch  aus  verschiedenen  Gründen  für  opportun,  von 
einer  solchen  slrengen  Maßregel  abzusehen,  dann  durfte  sie  sich  aber  auch 
trotz  des  Drängens  der  öffentlichen  Meinung  nicht  zu  einem  Schritte  ver- 
leiten lassen,  der  nur  eine  halbe  Maßregel  und  deshalb  von  zweifelhaflera 
Werte  war;  dann  mußte  sie  sich  darüber  klar  sein,  daß  mit  der  alleinigen 
Preisgebung  des  Admirals  sowie  mit  seiner  Unterstellung  unter  die 
Gerichtsbarkeit  des  Senates  in  Wirklichkeit  nichts  erreicht,  dagegen  an 
ihrer  Unbefangenheil  und  Anfrichligkeit  nur  gezweifelt  werden  würde.  Im 
Falle  eines  Freispruches  hielt  man  trotz  allen  gegenteiligen  Versiche- 
rungen dennoch  den  Senat  von  ihr  beeinflußt,  wodurch  ihre  Lage 
keineswegs  besser  wurde  und  durch  die  alleinige  Verurteilung  des  Admirals 
verhalf  man  diesem  nur  zu  einer  Arl  von  Märlyrertum,  welches  der  Sache 
nach  doch  nicht  berechtigt  war.  Dami  genügte  auch,  ohne  daß  es  erst 
notwendig  war,  durch  einen  derartigen  Prozeß  so  viel  Staub  aufzuwiibeln.^ 
die  sofortige  bleibende  Entfemimg  aller  Schuldigen  aus  ihrem  Wir-' 
kungskreise,  eine  Strafe,  die  um  so  schwerer  wiegen  mußte,  je  höher  und. 
ehrenvoller  dieser  gewesen. 

Zu  dieser  Auffassung  scheint  man  auch  später  gelangt  zu  sein  imd 
es  ist  unzweifelhaft  hierauf  der  Umstand  zurückzuführen,  daß  nur  wenige 
Monate  nachher  auch  Vizeadmiral  Albini,  Kontreadmiral  Vacca  und 
Linienschiffskapitän  Marquis  Pauluc  c  i  dienstlich  (per  anzianitä  di  servizio) 
pensioniert  wurden.  Fregattenkapitän  Baron  de  Cosa  wurde  mit  der 
Entlassung  aus  seiner  Charge  bestraft. 


^ 


Beilagen. 


(Zu  Abschnitt  I.) 


im  Jahre  1866. 


361 


Pferde- 
krftfle 

Tonnen- 
gehalt 

Be- 
man- 
nung 

Anmerkung 

platte 

80  pf. 

32  pf. 

4 

800 

5.700 

620 

FiaggenschifT  des  Admirals  Persano. 

• 

800 

5.700 

550 

4 

700 

4.250 

484 

4 

700 

4.250 

484 

4 

700 

4.250 

484 

4 

700 

4.250 

484 

i          4 

1 

600 

4.086 

440 

FlaggenschifTdcs  KontreadmiralsVacca 

1 

700 

4.070 

290 

1          4 

• 

400 

2.700 

356 

f  ÜbcrschiSte  sich  als  Kommandant  des 

2 

400 

2.700 

356 

<     AusschifTungsdetachements  an  Bord 

300 

2.000 

250 

(     der  «Maria  Adelaide*. 

12 

300 

2.000 

250 

7 

24 

450 

3.800 

658 

.        22 

• 

^»1 

600 

3.459 

550 

Flaggenschiff  des  Vizeadmirals  Albini. 

iiio  'punj^  J9"ö!A\  Qt  1*®!^  sonnqosof)  aditB|S  uadipngijdgt  89p  |oiln^|iii)s  9013 


ahre  1866. 


^.ttlmayr. 

Vranz  Freiherr  v.  Minntillo. 


Pferde- 
kräfte 

Tonnen- 
gehalt 

Be- 

raan- 
nnng 

1 
1 

Anmerkung 

^  latte 

Granat- 
kanonen 

pf. 

12 

pf. 
4 

pf. 
60 

800 
800 

4.757 
4.757 

489 
478 

FlaggcnschiCr  des  Kontreadmirals  v.Tegett- 
hoff,  I.  Division. 

650 

3.330 

386 

650 

3.330 

386 

650 

3.330 

386 

' 

500 

2.824 

343 

500 

2.824 

343 

16 

800 

5.194 

904 

Kommodore  v.  Petx,  Führer  der  II^Dlvi- 

4 

500 

2.497 

538 

sion. 

6 

400 

2.514 

547 

4 

300 

2.198 

398 

4 

300 

2.198 

398 

1 

4 

300 

2.198 

398 

4 

230 
230 

1.474 

869 

294 

139 

Fohrer  der  III.  Division.                                | 

230 

869 

139 

230 

869 

139 

1 

230 

852 

139 

t 

230 

852 

139 

230 
230 
90 
90 
350 
300 
ISO 
360 
300 
120 
220 

852 

852 

501 

501 

1.472 

1.260 

770 

1.400 

1.353 

675 

1.102 

139 

139 

100 

100 

166 

102 

109 

33 

180 

8i 

66 

1 

Übernahm  provisorisch  das  Kommando  1 
statt  Linienschiffsleutnant  Schickh. 

42 

• 

• 

ll.O(H) 

58.i70 

8.201 

w 

i 

363 


Beilage  I. 


Berieht   des  Vizeadmirals  t.   Tegetthoff  fiber  die   Seeschlacht 

Ton  Lissa. 

An  die  hohe  Generaladjutantur  Seiner  Majestät  des  Kaisers,  Wien. 

Rhede  von  Fasana,  23.  Juli  1866. 

Ich  gestatte  mir  im  nachstehenden,  einen  summarischen  Bericht  üher  die 
Schlacht  bei  Lissa  am  20.  Juli  d.  J.  zu  unterbreiten.  Einen  Detailrapport  zu 
verfassen  werde  ich  erst  in  der  Lage  sein,  nachdem  die  Sehlachtberichte  von  den 
einzelnen  Schiffen  eingetroffen  sind. 

Telegramme,  welche  mir  vom  k.  k.  Generalkommando  zu  Zara 
am  19.  Juli  zukamen  und  die  Fortsetzung  der  Beschießung  der  Insel  Lissa  durch 
die  sardinische  Flotte  anzeigten,  ließen  mir  keinen  Zweifel,  daß  der  Feind  mit 
seiner  Expedition  gegen  die  Insel  Lissa  nicht  wie  ich  anfangs  glaubte,  eine 
Diversion  beabsichtige,  um  mich  von  meiner  Operationsbasis  abzuleiten  und 
hiedurch  sich  fireie  Hand  im  nördlichen  Golf  der  Adria  zu  verschaffen,  sondern 
daß  es  sich  in  der  Tat  um  die  Wegnahme  der  genannten  losel  handle. 

Ich  setzte  mich  daher  um  Mittag  desselben  Tages  mit  der  Eskadre  in 
Bewegung  und  steuerte  gegen  Lissa. 

Morgens  den  20.  Juli  gegen  7^  meldeten  die  Ausluger  mehrere  Dampfer 
in  Sicht,  doch  bald  entzog  eine  Regenbö  aus  SQdwest  selbe  wieder  dem  Blicke. 
Der  Seegang  aus  SQdwest  war  mn  diese  Zeit  derart,  daß  die  Panzerschiffe 
11.  Klasse  und  die  Panzerfregatte  «Salamander*  ihre  StQckpforten  schließen 
mußten.  Bei  allm&hlicher  Annäherung  gegen  Lissa,  welches  gegen  die  See  aus 
südlicher  Richtung  Deckung  gibt  und  nachdem  auch  die  Brise  nach  Nordwest 
umgesetzt  hatte,  nahm  der  Wellengang  nach  und  nach  ab  und  gegen  10*^ 
hellte  sich  der  Himmel  wieder  auf.  Man  gewahrte  auch  sofort  den  Feind  unter 
Lissa  in  zwei  Gruppen  getrennt,  welche,  wie  es  schien,  sich  zu  vereinigen 
suchten. 


Nach  den  spälorcD  Aussagen  von  Gefangenen  waren  zur  besagten  Zeil 
die  Holzfregatlen  der  Sarden  unter  Comisa'),  um  Landungstruppen  wieder 
zurück  einzuschiffen,  denn  es  war  die  Absicht  des  feindlichen  Oberkoniraandanlen, 
Lissa  an  diesem  Tage  mit  aller  Krall,  anzugreifen,  um  es  zum  Falle  zubringea; 
daher  sollte  an  diesen]  Tage  am  erwähnten  Orte  und  im  Hafen  Manego  gelandet 
werden,  während  die  PatizerfloUe  die  Befestigungen  der  Sladl  Lissa  anzugreifen 
hatte.  Doch  war  der  Kommandierende  der  sardinisr hon  Flotte,  Admiral  Persano, 
noch  rechtzeitig  vom  Auslaufen  der  k.  k.  Flotte  aus  Fasana  unterrichtet 
worden,  indem  nach  erwähnter  Aussage  dasselbe  durch  telegraphische  Milleiluog 
von  einem  Orle  der  Küste  Ulriens  nach  Brindisi  und  von  hier  durch  einen 
Schnelldampfer  der  sardinischen  Flotte  bekannt  wurde.*)  Die  vorerwähnte 
Bewegung  der  feindlichen  Flotte  dürfte  daher  nicht  schwer  dadurch  eine 
Erklärung  finden.  daB  sich  die  voi  Lissa  liegenden  Schiffe  mit  jenen  vor  ComJu 
zu  vereinigen  strebten. 

Nicht  lange  währte  es,  so  entwickelte  sich  die  feindliche  Flotte  in  Kiel- 
wasserlinie, Kurs  beiläufig  Nordnordosl  und  zwar  ihre  mächtige  PanzerdivifioD 
an  der  Spitze.  Die  Annäherung  geschah  dalier  sehr  schnell  und  es  blieb  nicht 
mehr  Zeit,  das  bereits  vorbereitete  Signal:  ,Muß  Sieg  bei  Lissa  werden*  an  die 
Eskadre  zu  machen,  sondern  ich  beeilte  mich  jene  Dispositionen  zu  treffen,  die 
ich  als  nötig  erachtete. 

Die  Aufstellung  der  österreichischen  Eskadre  war  folgende:  Nach  der 
Gattung  der  Schiffe  waren  selbe  in  3  Divisionen  geteilt,  nämlich  die  Division 
der  Panzerschiffe,  jene  der  schweren  und  endlieh  die  der  leichten  Holzschiffe. 
Diese  Divisionen  waren,  die  Panzerdivision  an  der  Spitze,  hintereinander  im 
Kielwasser,  jede  einzelne  im  vorspringenden  Winkel  formiert.  Ich  ließ  sofort  die 
Divisions-  und  Schiffsdistanzen  schließen,  die  Schiffe  in  Gefechtsbereitschaft 
setzen  und  die  Fahrt  derselben  erhöhen.  Der  Panzerdivision  erleille  ich  den 
Befehl:  ,Den  Feind  anlaufen,  um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen*. 

Die  feindliche  Linie  kreuzte  indessen  vor  der  Kurslinie  der  Eskadre  und 
der  Führer  derselben,  das  Panzerschiff  , Principe  di  Corignano*  mit  Konlre- 
admiral  Vacca  am  Bord,  erölTnete  aU  erslss  ein  nicht  sehr  wirksames  Feuer, 
welches  akbald  von  den  nächsten  österreichischen  Schiffen  erwidert  und  is 
Kürze  allgemein  wurde.  Bald  hierauf  wurde  die  Linie  der  Sarden  von  der 
österreichischen  Panzerdivision  durchbrochen  und  es  entspann  sich  eis 
allgemeiner  Kampf.   Die  Schiffe  der  feindlichen  Panzerkolonne,  welche  hinta 


1)  Soll  heißen  Car.iber;  die  Aussagen  der  fiefangeneu 
ichtiit. 

^  Auch  das  traf  bekanntlich  nicht  zu. 


365 

dem  Punkte  lagen,  wo  durchgebrochen  worden  war,  fielen  nordwärts  ab; 
hiedurch  waren  die  eigenen  Holzdivisionen  bedroht  und  ich  lieS  demnach  die 
Panzerdivision  ebenfalls  nordwärts  wenden,  um  den  Holzschiffen  Luft  zu 
machen  und  die  vom  Gros  getrennten  feindlichen  Panzerschiffe  ins  Kreuzfeuer 
zu  bringen. 

Die  Holzdivisionen  verfolgten  indessen  ihren  Weg  und  brachen  sich  Bahn 
durch  die  feindlichen  Panzerschiffe,  wobei  sie  —  FVegatten  wie  Kanonenboote  — 
mannigfache  Gelegenheit  fanden,  sich  mit  den  gegnerischen  Panzerschiffen  zu 
messen. 

Das  Linienschiff  „Kaiser*' ,  Flaggenschiff  der  II.  Division,  Kommodore  v.  Petz, 
wurde  inzwischen  von  4  Panzerschiffen  gleichzeitig  angegriffen.  Kommodore 
V.  Petz  blieb  über  den  von  ihm  einzuschlagenden  Weg  nicht  lange  in  Zweifel: 
er  stürzte  sich  dem  einen  sogleich  entgegen,  während  er  den  anderen 
konzentrische  Lagen  in  den  Leib  jagte  und  dies  in  den  geeigneten  Momenten, 
um  ebensowohl  den  Mut  und  die  Ausdauer  seiner  Leute  zu  zeigen,  indem 
während  des  Angriffes  sein  Fockmast  stürzte,  den  Maschinenschlot 
zertrümmerte  und  verschiedene  Schäden  auf  Deck  verursachte,  ohne  jedoch 
merkwürdigerweise  die  auf  Deck  befindliche  Mannschaft  besonders  zu 
beschädigen.  Gleichzeitig  drohte  die  Gefahr  einer  größeren  Feuersbrunst,  nachdem 
der  Fockmast  mit  seinem  ganzen  stehenden  Tauwerk  auf  den  Schlot  gefallen 
war.  Durch  das  tapfere  Benehmen  seiner  Mannschaft  war  es  aber  Kommodore 
V.  Petz  gelungen,  sich  und  seiner  Division  den  Weg  durch  die  zahlreichen 
feindlichen  Schiffe  zu  bahnen. 

Die  Melee  ward  stets  allgemeiner  und  es  ist  schwer,  in  dessen  Einzeln- 
heiten einzugehen,  da  sich  die  Schiffe,  mit  ganzer  Kraft  fahrend,  stets  kreuzten 
und  es  oftmals  schwer  war,  Freund  und  Feind  zu  unterscheiden,  obgleich 
beiderseits  die  Fiaggengala  gehißt  war.  Ein  glücklicher  Zufall  war  es,  daß  die 
sardischen  Panzer  durchgehends  grau  angestrichen  waren.  Nur  die  Division  der 
feindlichen  Holzschiffe  lag  ziemlich  geordnet  unter  der  Küste  von  Lissa  in  nord- 
westlicher Richtung  steuernd  und  sendete  gelegentlich  den  passierenden  Schiffen 
ihre  Breitseiten  zu. 

Bei  dieser  allgemeinen  Jagd  gelang  es  dem  Geschicke  und  der  Bravour 
des  Kommandanten  meines  Flaggenschiffes,  Linienschiffskapitän  Max  Baron 
Sterneck,  im  Zeiträume  einer  halben  Stunde  drei  sardische  Panzerschiffe  anzu- 
laufen ;  zwei  wurden  schwer  beschädigt,  die  Flagge  des  einen  herabgerissen,  das 
dritte,  der  ,R^  d'Italia'',  eines  der  größten  der  italienischen  Flotte,  wurde  in  den 
Grund  gebohrt  und  versank  in  weniger  als  zwei  Minuten  mit  einer  Bemannung 
von  über  600  Mann.  Jeder  Versuch,  die  schwimmende  Mannschaft  zu  retten. 


mußte  leider  aufgegeben  werden,  denn,  von  allen  Seiten  aogegrifTen,  waren  wir 
genötigt,  auf  die  eigene  Sicherheit  bedacht  zu  sein. 

Wfihrend  dieses  beiderseitigen  Kampfes  war  ein  sudinisches  PanzencbilT 
vom  Feuer  ergrifTeu  worden  und  ilie  feindliche  Panzereskadre  schien  sich 
sammein  zu  wollen,  um  dasselbe  in  die  Milte  zu  nehmen  und  zu  decken.  Ich 
machte  daher  pleict)rHlls  den  mir  unterstehenden  Schiffen  das  Signal:  .Sammeln* 
und  ließ  dieselben  sich  in  dreiKolonnea  mit  der  Richtung  nach  Nordost  formieren, 
wodurch  die  Holz ilivisio neu  von  der  Panzerdivision  gedeckt  blieben,  während 
Raddampfer,Elisabelh*Befehlerhieh,  dem  Linienschiff,  Kaiser',  welches  sehr  übel 
zugerichtet  erschien,  nötigenfalls  Hilfe  zu  leisten. 

Inzwischen  hatte  sich  die  s;irdinische  Fljtte  auf  ihrem  Rückzuge  in  einer 
sehr  ausgedehnten  Linie  auf  eine  Distanz  von  3  bis  l  Meilen  gesammelt  und 
sleuerte  derart,  um  das  brennende  Panzerschiff  in  die  Milte  zu  nehmen,  was  ihr 
natürlicher  Weise  auch  gelang,  nachdem  das  in  Rede  stehende  Panzerschifl 
Gebrauch  tod  seiner  Maschine  machen  tonnte. 

Nach  einigen  wechselseitigen  Schüssen  wendete  die  sardische  Flolle  in 
westlicher  Richtung  und  somit  erreichte  das  Gefecht  ein  Ende,  nachdem  es 
von  I0''/4''  vormittags  bis  2''  nachrailtags  gedauert  hatte.  Mein  Zweck  war 
hiemit  erfüllt  und  Lissa  vom  Feinde  entsetzt. 

Um  S""  30"  p.  m.  sah  man  das  brennende  sardinische  PanzerschilT  in  die 
Luft  fliegen.  Nach  den  Aussagen  der  Gefangenen  muß  dasselbe  entweder  der 
.Palestro*  oder  der  »Principe  di  Carignano*  gewesen  sein:  auf  jeden  Fall  ein 
Balterieschiff  von  10  bis  12  Geschützen. 

Eine  Verfolgung  unterließ  ich,  weil  selbe  resultatlos  geblieben  wäre  und 
nahm  daher  Kurs  nach  dem  Hafen  von  S.  Giorgio;  denn  bei  der  groften 
Verschiedenheit  der  LeistungsKhigkeil  in  Bezug  auf  Fahrt,  welche  den  unter- 
stehenden Schiffen  eigentümlich  ist,  erschien  ein  kompaktes  und  zugleich 
schnelles  Vo^ehen  nicht  tunlich,  die  Möglichkeit  eine  MoU-c  herbeizuführen 
gleich  Null.  Die  Nacht  in  See  zu  bleiben  wäre  zwecklos  gewesen  und  würde  nur 
unnützen  Aufwand  an  Brennmaterial  und  Kohlen  herbeigeführt  haben,  der  um 
so  mehr  vermieden  werden  mußte,  als  Lissa  nicht  die  Mittel  zum  Ersatz  in 
entsprechendem  Maßslab  bietet.  Zudem  konnte  der  Aufenthalt  im  Hafen  dazu 
dienen,  um  allfällige  kleine  Herstellungen  vorzunehmen  und  befand  sich  die 
Eskadre  überdies  auf  diese  Art  gesammelt  und  slels  hereil,  um  für  den  Fall 
eines  omeuerlen  Angriffes  am  folgenden  Tage  mit  aller  Kraft  dem  Feinde  za 
begegnen.  Der  folgende  Tag  wurde  auch  demgcmäB  dazu  henUtzl,  die  SchiJTe  tu 
imtereuchen  und  kleinere  Reparaturen  zu  bewerkstelligen. 

Das  Linienschiff  klarte  seinen  Bug  von  den  Trümmern  des  Bngaprlels  und 
.  sein  Deck  von  jenen   des  Fockmastes   und  seiner  Takelung  und  setzle  seinen 


367 

Schlot  in  brauchbaren  Zustand;  das  Panzerschiff  «Erzh.  Ferdinand  Max* 
nahm  von  Fregatte  «Sch¥rarzenberg*  einen  Anker  an  Bord,  um  einen 
seiner  Buganker  zu  ersetzen,  der  beim  Anrennen  undienstbar  geworden  war. 

Die  schwer  Verwundeten  wurden  ausgeschifft  und  die  transportablen 
mit  dem  Dampfer  «Venezia*  nach  Spaiato  und  Zara  entsandt;  die  Gefallenen 
wurden  mit  militärischen  Ehren  zur  Erde  bestattet. 

Bei  Nacht  wie  bei  Tag  waren  stets  Schiffe  in  See,  welche  die  Aufgabe  als 
Eclaireurs  zu  erfQllen  hatten;  Kanonenboot  «Dalmaf  und  Raddampfer  «Elisabeth* 
wurden  beordert,  auf  dem  Schlacbtfelde  und  längs  der  Küste  Nachforschungen 
anzustellen,  ob  sich  noch  Leute  vom  versenkten  feindlichen  Panzerschiffe  vor- 
fänden, um  selbe  zu  retten. 

Die  feindliche  Flotte  war  am  Abend  des  Schlachttages  vom  Monte  Hum 
aus  noch  sichtbar,  am  Morgen  des  21.  aber  nicht  mehr  zu  entdecken. 

Da  bis  Sonnenuntergang  vom  Feinde  nichts  mehr  sichtbar  wurde  und  der 
Feind  einen  neuen  Angriff  auf  Lissa  nicht  mehr  zu  wagen  schien,  so  war  meine 
Aufgabe  vorderhand  beendet  und  ließ  ich  die  Eskadre,  nachdem  das  Linienschiff 
„Kaiser*  gegen  8^  abends  seine  Reparatur  am  Schlot  vollendet  hatte,  wieder 
in  See  stechen,  um  meine  frühere  Stellung  auf  der  Rhode  von  Fasana,  als  die 
uns  zukommende  Operationsbasis,  einzunehmen. 

Die  Stärke  des  Feindes  wurde  beim  ersten  Zusammentreffen  auf 
12  schwere  Panzerschiffe,  im  ganzen  auf  ungefähr  27  bis  30  Schiffe  geschätzt. 
Nach  Aussage  der  Leute  jedoch,  welche  sich  vom  versenkten  „R^  d'Ilalia*  an 
den  Strand  von  Lissa  retteten,  betrug  die  Zahl  der  schweren  sardinischen 
Panzerschiffe  —  hierunter  das  Turmschiff  „Aflfondatore*  —  12,  leicht- 
gepanzerte 3;  an  Holzschiffen:  8  Fregatten,  6  Dampfer,  3  Transportschiffe, 
zusammen  also  32. 

Die  Bestückung  der  gegnerischen  Flotte  bestand  sowohl  nach  Aus- 
sage der  obenerwähnten  Gefangenen  als  auch  nach  den  an  verschiedenen 
Stellen  der  Insel  Lissa  aufgefundenen  Projektilen  und  den  an  Bord  der 
Schiffe  zurückgelassenen  Spuren  von  Projektilen  zu  schließen,  aus  Geschützen 
schwersten  Kalibers  imd  mitunter  neuester  Konstruktion.  Es  wurden 
Geschosse  von  80  bis  300  Pfund  vorgefunden.  Nach  der  mehrerwähnten 
Aussage  der  Gefangenen  soll  der  ,,Affondatore*  GOOpfünder  an  Bord  gehabt 
haben. 

Ich  fühlte  mich  verpflichtet,  gleich  nach  Beendigung  des  Kampfes  der 
Bemannung  der  Flotte  ohne  Unterschied  meine  Anerkennung  auszusprechen ; 
Kommandanten,  Offiziere  und  Mannschaften  haben  ihre  Pflicht  getan ;  sie  haben 
mit  einer  Hingebung,  Ausdauer  und  Ruhe  gekämpft,  der  selbst  der  Gegner  die 
Anerkennung  wird  nicht  versagen  können. 


368 

Ihre  Leistungen  stehen  um  so  höher,  wenn  man  bedenkt,  welch  kurze 
Zeit  der  größte  Teil  der  Schiffe  ausgerüstet  ist  und  daS  bei  manchen  zwischen 
dem  Tage  der  AusrOstung  und  dem  der  Schlacht  kaum  der  Zeitraum  von 
3  Wochen  hegt.  Zudem  ist  nicht  aufter  acht  zu  lassen,  daft  sie  mit  dem 
Bewußtsein  in  den  Kampf  gingen,  es  mit  einem  materiell  stärkeren  Feinde  zu 
tun  zu  haben  und  daß  nur  moralische  Kraft  und  seemännisches  Geschick  dieser 
Obermacht  das  Gleichgewicht  zu  halten  yermochten. 

Gez.  Wilhelm  Tegetthoff  m.  p., 

k.  k.  Vizeadmiral. 


3G9 


Beilage  11. 


Anszng  aus  dem  Bor^onmale  8.  H.  Panzerfregatte 

.Erzh.  Ferdinand  Hax^^ 


Lissa,  20.  Juli  1866. 


Morgens  mistiges  Wetter.  Zeitweise  Böen  mit  kurzen  Regenschauern. 
Der  Wind  aus  dem  III.  und  IV.  und  endlich  aus  dem  I.  Quadranten. 

Die  Eskadre  Süd  Ost  zu  SQd  ein  halb  Süd  steuernd  in  3  Divisionen,  jede 
im  Angriffswinkel  in  natürlicher  Ordnung  im  Kielwasser  formiert. 

9 Kaiser  Max*  und  «Stadium*  als  Ausluger  mehrere  Meilen  voraus.  Um 
5*^  a.  m.  passiert  Lloyddampfer  «Smyme*,  wurde  vom  , Stadium*  angepreit;  San 
Andrea  und  Monte  Hum  von  Lissa  in  Sicht. 

Um  6*^  40*°  a.  m.  signalisierte  , Kaiser  Max*  6  Dampfer,  deren  Takelage 
von  Bord  aus  anfänglich  gesehen  werden  konnte,  die  jedoch  infolge  des  ein- 
tretenden Regens  bald  wieder  außer  Sicht  kamen.  Um  97^  eine  frische  Süd- 
westbö  von  kurzer  Dauer  mit  Regenguß,  dann  im  Süden  aufheiternd. 

Um  9^^  kam  an  der  Nord  Westseite  der  Insel  Lissa  die  sardische 
Flotte  in  Sicht,  bestehend  aus  27  Schiffen;  dieselbe  steuerte  in  2  Kolonnen 
westlich  und  formierte  dann  die  Schlachtlinie  mit  Kurs  Nordnordost,  die 
Panzerschiffe  an  der  Spitze.  , Kaiser  Max*  und  , Stadium*  auf  ihre 
Posten.  Signal  Nr.  441  „die  Schiffe  haben  möglichst  aneinander  zu 
schließen*.  Um  10^  Nr.  131  , Klarschiff  zum  Gefecht*,  hierauf:  «mit  ganzer 
Kraft  fahren*,  endlich  um  lO*'  35""  BI  Nr.  169,  «Panzerschiffe  den  Feind 
anrennen,  um  ihn  zum  Sinken  zu  bringen*.  Um  10*^  43™  eröffnete  der 
Führer  der  feindlichen  Flotte  das  Feuer  auf  zirka  8  Kabel,  wir  antworten 
zuerst  mit  der  Steuerbord batterie  und  brechen  in  das  Intervall  zwischen 
dem  3.  und  4.  Schiff  durch  die  feindliche  Schlachtlinie,  deren  Tete  über 
Backbord  wendet.  Mit  beiden  Borden  gefeuert.  Nachdem  wir  die  feindliche 
Linie  im  heftigsten  Feuer  passiert  und  die  getrennten  feindliehen  Schiffe  sich 
auf  unsere  Holzschiffe  zu  werfen  schienen,  wendete  10^  50™  die  erste  Division 
auf  Signal  mit  «Kontremarsch  im  Kielwasser  des  Kommandierenden*  über 
Backbord  mit  nördlichem  Kurs.  Während  dieser  taktischen  Bewegung  bemerkten 
wir,  daß  S.  M.  Linienschiff  «Kaiser*  von  mehreren  feindlichen  Panzerfregatten 
engagiert,  eine  derselben  anrannte,  worauf  sein  Fockmast  auf  Deck  stürzte  und 


Feuer  am  Bord  ausbrach.  Mit  volli;r  Kr&fl  fahrend,  gelang  es  uns  bald  ein 
großes  feindliches  Panzerschiff  vorne  steuerbord  zu  rammen,  doch  ohne  durch- 
schlagenden Erfolg,  da  der  Stoß  in  schiefer  Richtung  erfolgt  war.  1.  Eater- 
abteilung  gerufen,  Enlerung  unierblieh,  da  sich  die  beiden  Schiffe  wieder  rasch 
trennten. 

Auf  Signal  —  10''  57'"  —  ,1.  Division  die  Holzschiffe  unters lützen' 
gegen  diese  gesteuert.  Bei  Ausführung  dieses  Signals  ein  zweites  feindliches 
Panzerschiff  achter  an  Steuerbord  aogerannt;  demselben  fielen  einige  Panzer- 
plallen  herab  sowie  die  Kreuimarsstenge  und  Besangaffel,  letztere  mit  der 
Nationalflagge  auf  das  Vorkastell,  wobei  es  dem  Steuermann  3.  Klasse  Nicolo 
Carcovich  gelingt,  dieselbe  durch  das  Abreißen  der  Fiaggeulcine  an  Bord  lu 
ziehen  und  zu  erbeuten.  Vor  dem  Ramnien  die  1.  Enterabteilung  auf  Deci 
gerufen,  eine  Enterung  konnte  jedoch  abermals  nicht  cffektuiert  werden,  da  sich 
die  beiden  Schiffe  durch  die  Raschheit  des  Manövers  sofort  wieder  Ircnnlea. 
In  nächster  Nähe  erhielt  das  feindliche  Schiff  mehrere  Schüsse  von  der 
Steuerbordbatterie  und  den  Blockhaus gesc hü tzen;  gleichzeitig  drang  eine 
Granate  durch  die  Deckbordwand  der  Steuerbordseite  und  lötete  den  Marine- 
inranteriegemeinen  Kanczuk,  der  2.  Kommandant  Linienschiffsleuluant  Baron 
Spaun  wurde  durch  Knochensplitter  desselben  erheblich  verwundet, . 

Das  Engagement  mit  den  feindlichen  PanzersciiiiTeD  dauerte  lieCl^  fort 
bis  es  gegen  '/*'2''a.  m.  gelang,  mit  voller  Kraft  fahrend,  ein  groSes  feindliches 
Panzerschiff,  welches  den  Kurs  des  .Ferdinand  Mas"  kreuzte,  an  der  Bai^kbord- 
Seite,  etwas  achter  vom  Fockmast,  senkrecht  zu  rammen.  Das  feindliche  Sdüff 
rollte  noch  einmal  über  und  versank  dann  zirka  1 '/«  Minuten  nach  dem  Slofte. 
Die  Rettung  der  Mannschaft  wurde  durch  zwei  feindliche  Panzerschiffe  vereitelt, 
die  uns  enfilierteu.  Eines  derselben  steuerte  in  der  augenscheinlichen  Absicht 
uns  zu  rammen,  was  jedoch  durch  ein  rasche:^  ManOver  unsererseits  verhindert 
wurde,  worauf  die  beiden  Schiffe  an  ihrer  Backbordseite  dicht  aneinander  vorbei- 
glitten. Der  Personaladjutant  des  Eskadrekommandanten,  Linienschi&leutoaol 
Baron  Minutillo,  durch  einen  GewehrschuB  in  das  rechte  Handgelenk  schwor 
verwundet. 

Inzwischen  folgten  die  II.  und  III.  Division  S.  M.  Linienschiff  .Kaiser*, 
welches  nach  S.  Giorgio  steuerte  und  sammelten  sich  sodann  auf  Signal 
—  13''  10"  —  Nr.  484  .Sammeln'  dwars  vom  Gros,  worauf  alle  3  Divisioneo 
auf  das  Signal  Nr.  21  D  4  ,die  natürliche  Kielwasserlioie  mit  Kurs  Nordost* 
formierten.  Die  feindliche  Flotte  sammelte  sich  nordwestlich  von  uns  agtl 
beiläufig  3  Meilen  Distanz,  nur  blieb  eine  In  Brand  geschossene  Panzerfr«gatlt 
östlich  von  ihrem  Gros  gelrennt.  Panzerfregalle  .Kaiser  Mas"  wurde  miltäta 
Signals  beordert,  itir  den  Weg  zu  verlegen  und  sie  zu  nehmen;  wir  fallen  gleidt- 


371 

falls  gegen  dieselbe  ab.  Es  gelingt  ihr  jedoch  inzwischen  von  ihrer  eigenen 
Flotte  aufgenommen  und  in  Sicherheit  gebracht  zu  werden.  Die  feindliche  Flotte 
wechselt  hierauf  noch  einige  Male  den  Kurs  in  nordwestlicher  und  westlicher 
Richtung;  von  beiden  Flotten  werden  noch  einige  Schüsse  auf  größere  Distanzen 
abgefeuert,  insbesondere  vom  „Affondatore*,der  später,  gefolgt  von  den  übrigen 
Schiffen,  den  Kurs  gegen  den  Kanal  zwischen  Ussa  und  Busi  nimmt. 

Um  SVi^  P*  ^*  Klarschiff  abgeblasen.  Um  ^Yg^  die  brennende  feindUche 
Panzerfregatte  in  die  Luft  geflogen.  Gegen  3^  auf  Signal  im  Gegenmarsch  nach 
Südost  gewendet,  sodann  steuerten  auf  Signal  1045  G  500  zuerst  die  III.  und  II. 
und  zuletzt  die  I.  Division  gegen  den  Hafen  Ton  S.  Giorgio. 

Um  6^  im  Hafen  eingelaufen,  von  den  geankerten  Schiffen  mit  Hurras 
begrüßt  und  bei  S.  Girolamo  geankert. 


Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  24 


Beilage  III. 


Bericht  des  Ädmirals  Persano  über  die  Seeschlacht  von  Lissa. 

(Aus  .1  fatli  (li  Lissa.") 
Übersetzung: 


Mit  Tagesanbruch  des  20.  Juli  18G6  hatte  das  Welter  einen  slnrmischeo 
Charakter  angenummcn.  Einige  Schiffe  der  Flotte  besaßen  nur  noch  für  zwei 
Tage  Kohlen  Vorräte,  die  feindliche  Flotte  konnte  uns  dagegen  schon  nahe  sein. 
Es  mußte  daher  ein  Entschluß  gefaßt  werden;  entweder  mußte  man  von  dieser 
schon  ziemlich  weit  fortgeschrittenen  Unternehmung  vorläufig  ablassen,  um  sie 
erst  wieder  aufzunehmen,  nachdem  wir  uns  mit  den  verbrauchten  Kohlen  und 
Kriegsvorrälen  versehen,  oder  sich  für  die  ungesäumte  Landung  entschlie&en. 
In  dieser  Verlegenheit  langte  gerade  der  Transport  dampf  er  .Piemonle"  mit 
einem  Bataillon  Marineinfanterie  bei  der  Flotte  an.  Diese  Verstärkung  genügte. 
um  mich  für  die  Landung  und  die  noch  nachdrücklichere  Fortsetzung  des 
Angriffes  auf  die  Insel  eu  bestimmen.  Ich  gab  zu  diesem  fiehufe  dem  Vize- 
admiral Albini  präzise  Befehle,  indem  ich  zu  gleicher  Zeit  mittels  des 
iGuiscardo*  dem  Kommandanten  de  Cosa  die  Ordre  zugehen  ließ,  mit  den 
beiden  Schiffen  .Terribile'  und  ,Varese'  die  befestigten  Stellungen  der  Bai 
von  Comisa  lebhaft  anzugreifen  und  zu  beschäftigen,  während  ich  meinerseits 
mich  anschickte,  dasselbe  hezQglich  des  allerdings  sehr  geringen  Widerstandes 
zu  tun,  der  innerhalb  des  Hafens  von  S.  Giorgio  noch  vorhanden  war. 

Diese  Befehle  waren  kaum  erflossen,  als,  eingehüllt  in  eine  Regenbd 
aus  Nordwest,  der  .Esploralore",  Kommamlant  Orengo,  von  der  Spitze  Planta 
kommend,  sichtbar  wurde,  mit  dem  Signale  aiu  Top:  (Verdächtige  Schiffe  in 
Sicht*.  Ich  zögerte  keinen  Augenblick  sie  für  feindhebe  zu  halten  tmd  all« 
meine  Anstrengungen  waren  von  diesem  Momente  an  —  ß*"  a,  m.  —  auf  den 
Angriff  der  feindlichen  Flotte  gerichtet. 

Die  nicht  gepanzerte  Eskadre  im  Vereine  mit  der  Flotille  befand  dch  m 
der  Nähe  des  Hafens  Carober,  um  die  Ausschiffung  jener  Streitkraile  vom- 
nehmen,  welche  sich  der  Insel  Lissa  bemächtigen  sollten. 

Die  Panzerschiffe  .Terribile*  und  ,Varese'  schickten  sich  an,  in  der  Bai 
von  Comisa  anzugreifen. 

Die  Panzerkorvelie  .Formidabile'  war  damit  beschäftigt,  die  Verwundeten 
ifom  vorbeigehenden  Tage  auf  den  .Washington'  zu  überachiffen. 


373 

Die  Panzerfregatten  «R^  di  Portogallo*  und  «Castelfidardo*  signalisierten 
Hayarien  in  den  Maschinen. 

Die  anderen  Panzerschiffe  hielten  sich  gegenüber  dem  Hafen  Yon  S.Giorgio 
und  erwarteten  meine  Befehle,  um  die  Kasemattebatterie  des  inneren  Hafens 
wieder  anzugreifen,  als  Diversion  zu  der  beim  Hafen  Garober  und  in  dessen 
Nähe  Torzunehmenden  Landung. 

Obschon  ich  die  Richtung  des  Feindes,  da  derselbe  in  eine  dichte  Regen- 
wolke eingehüllt  war,  nicht  erkennen  konnte,  so  ließ  ich  doch  ohne  Säumen 
die  Flotte  mittels  des  Signales  Nr.  2  der  Supplementartaktik  eine  Frontlinie  mit 
dem  Kurse  Westsüdwest  herstellen,  da  ich  annahm,  daß  sich  der  Feind  in  der 
Kursrichtung  des  «Esploratorc*  herannähere,  aber  beim  Nachlassen  der  Regenbö 
erkannte  ich  aus  dem  Rauche  seiner  Schiffe,  daß  er  mehr  nördlich  sei,  weshalb 
ich  die  Frontlinie  etwas  mehr  konvergieren  ließ,  indem  ich  befahl,  West  zu 
steuern,  statt  Westsüdwest  wie  früher. 

Unterdessen  hatte  ich  die  Dampf korvetten  «Govemolo*  und  «Guiscardo* 
abgeschickt,  um  die  Panzerschiffe  „R^  di  Portogallo*  imd  .Gastelfidardo*  in 
Schlepp  zu  nehmen,  ferner  den  « Messagiere'',  um  mit  größtmöglicher  Be- 
schleunigung die  .Terribile*  und  ,Varese''  herbeizurufen. 

Die  zur  Verfügung  stehenden  gegenwärtigen  Schiffe  manövrierten  infolge 
des  erhaltenen  Signals,  um  alsbald  die  anbefohlene  Frontlinie  herzustellen.  Es 
fehlten  nur  noch  ,R6  di  Portogallo*  und  »Gastelfidardo*  sowie  »Terribile*  und 
«Varese*.  Die  beiden  ersteren  kamen,  nachdem  sie  inzwischen  ihre  Maschinen- 
havarien ausgebessert  hatten  und  somit  der  ihnen  zugesandten  Hilfe  nicht  mehr 
bedurften,  von  selbst  mit  ganzer  Kraft  angedampft,  ihre  Posten  in  der  FrontUnie 
einzunehmen. 

Der  Kommandant  der  zweiten  Eskadre,  Vizeadmiral  Albini,  hatte  bis 
jetzt  noch  nicht  die  Landung  angefangen,  sondern  diese  nur  so  weit  vorbereitet 
als  notwendig  war,  auf  daß  sie  mit  Raschheit  stattfinden  könne.  Anstatt  nun  der 
Flottille  die  Sorge  für  die  Bergung  des  Materialcs,  bestehend  aus  [Flach-  und 
Lastbooten,  zu  überlassen  und  sich  rasch  auf  seinen  Posten  zu  begeben,  glaubte 
er  sich  selbst  damit  befassen  zu  müssen,  dasselbe  in  Sicherheit  zu  bringen, 
weshalb  ich  dies  bemerkend,  sofort  das  Signal  hißte:  »Der  Feind  in  Sicht*  und 
gleich  darauf  jenes:  «Klarschiff  zum  Gefecht",  um  ihn  von  der  Notwendigkeit 
zu  überzeugen,  sich  sofort  nach  den  Vorschriften  der  Taktik,  in  zweiter  Linie 
von  den  Panzerschiffen  zu  formieren. 

Der  Feind  näherte  sich  unterdessen  in  zwei  Frontlinien  mit  Ostsüdost- 
kurs, die  Panzerschiffe  in  der  ersten,  die  ungepanzerten  in  der  zweiten  Linie. 

Es  war  jetzt  der  Moment,  sich  in  Schlachtlinie  zu  formieren,  um  die 
gegnerischen  Schiffe,  welche  zusehends  näher  kamen,  mit  Enfiladeschüssen  zu 

24* 


empfangen  und  gleichzeitig  ihnen  ilen  Weg  gegen  ihre  Küste  sowie  gegen  unsere 
uagepanzerten  Schiffe,  welche  sich  noch  nicht  in  zweiler  Linie  rangiert  halten. 
XU  verlegen.  Ich  signalisierte  dalier:  .Gleichzeitig  gegen  Nordnordost abfallen*  und 
formierte  auf  diese  Weise  die  Kiel  Wasserlinie  auf  die  Schiffe  der  Reserve,  welche 
jene  des  Kontreadmirals  Vacca  waren,  als  Avantgarde;  hierauf  , Distanzen 
schließen*  und  endlich:  «Den  Feind  angreifen,  sohald  auf  Schufidlslaiiz 
gelangt.' 

Nach  den  früher  in  den  Ordini  di  massima  herausgegebenen  Befehlen 
hätte  die  Formation  der  unter  meinem  Kommando  siehenden  Flotte  die  folgende 
Fein  sollen: 


Kolonnendi stanz  lü  Kabel  = 
ScIiitTsdistanz         i      .      = 


3000  Meter 


Cngnang  ^ 


CUIBdurdD      f 

Accona              A 

Q  EsplOMtO» 

Rt  d'itii»     y 

ron>i<ubiiB      9 

fAIToDdiUi» 

P.I..U.           t 

S.  Uutioa          § 

nt<)JPoriOB>Ilc,0 

T-rnbil»               0 

0  MaiüDTgiarr 

H-ria  Pik              f 

Qcirlo  Alberto 

Oui'Z      OS.,l(.d-IUi. 

0O..U 

OvitloHoEB.:mg.l. 
Qs.  Oiov*nKl 
OD...d,G...™ 

0  n..[.  GW. 
Oo.rt..»i 


im  ganzen  22  Scliiffe  zum  kämpfen,  wenn  nicht  im  Momente  des  Beginnes  der 
Aktion  die  ,Formidabile*  gefehlt  hätte,  deren  Kommandant  sich  bei  demAagnITe 
auf  die  Kasematlebalterie  im  Innern  des  Hafens  von  S.  Giorgio  durch  Tapferkeit 
und  UmsiclU  so  ausgeieicbnel  halte  und  der  nun  mittels  Signals  die  Erlaubnis 
nachsuchte,  nach  Ancona  abgehen  zu  dürfen,  indem  er  sein  SchifT  wegen  der 
Uga  vorher  im  Kampfe  erlittenen  Havarien  für  gefecblsunlUhig  hielt.   Das  auf 


diese  Anfrage  gehißte  Signal  .Verstanden'  sciion  für  die  Gewährung  ansehend, 
fuhr  er  ohne  das  Weitere  abzuwarten  in  dieser  Richtung  ab;  ebenso  fehlte  auch 
die  .Terribile",  welche,  obschon  noch  rechtsieitig  avisierl,  infolge  ihres  langsamen 
Manövers  sich  nicht  einmal  in  die  Linie  eingereiht  halte;  ferner  die  gesamte 
nngepanaerte  Eskadn?.  welche  im  Manöver  begriffen  schien,  ihren  Posten  ein- 
Eunehmen.  Wir  stellten  indes  noch  immer  10  Panzerschiffe  dem  Feinde  gegen- 
öber,  der  bloß  7  in  der  ersten  Linie  halle.  Er  näherte  sich  in  geschlossener 
Ordnung,  mit  einer  guten  Anzahl  von  großen  ScMffen,  unter  denen  sich  ein 
Linienschiff  von  92  Kanonen  befand,  im  ganzen  27  Schiffen  zRhlenrt,  welche 
man  entschlossen  und  gut  zu  sammenge  hallen  anrücken  sah,  »rtllirend  bei  un? 
die  zweite  Eskadre.  ungefähr  400  Kanonen  stark,  sich  noch  nicht  auf  ihren 
Posten  begeben  balle.  Ich  hodle  indes  noch  immer,  daß  sie  dies  ohne  Säumen 
lun  werde,  insbesondere  nach  den  letzten  ihr  erteilten  Signalen. 

Es  war  zum  ersten  Male,  daß  wir  uns  zur  Erprobung  der  neuen  furchtbaren 
Kriege  Werkzeuge  in  einer  Seeschlacht  anschickten ;  aus  diesem  Grunde  und 
sowohl  nach  meinem  Urteile  wie  nach  jenem  der  besten  Autoren  der  modernen 
Seetaktik  und  in  Übereinstimmung  mit  den  in  Kraft  bestehenden  Reglements 
der  königlich  itahenischen  Marine  liberschiffte  ich  mich  auf  den  ,Affondatore*, 
meine  Kommandodagge  auf  denr-elbcn  hissend.  Zu  diesem  Schritte  entschloß 
ich  mich  in  der  Absicht,  mich  auf  einem  Schiffe  zu  befinden,  welches  ich  gleich- 
leitig  für  stark  und  schnell  hielt,  sei  es  um  mich  mit  demselben  nach  Belieben 
mitten  in  das  Getümmel  der  Melec  hinetnzubegeben,  um  entweder,  im  Falle 
wir  siegreich  wären,  den  Ausschlag  zu  geben  (o  per  detenninare  la  TÜtoria 
se  vincenti)  odnr  im  Falle  des  Verlustes  das  Gefecht  wieder  herzusteUen  (o  per 
rinfrancarc  il  cambaliimento  se  perdenli),  sei  es  um  mich  überhaupt  besser 
bewegen  und  Befehle  mit  der  Gewi&heit,  daß  sie  in  die  Augen 
fallen,  erlassen  zu  können.  (Sia  perchä  megllo  polen  muovermi  e  spiucar 
ordini  con  certeiza  dVsscre  veduto.) 

Ich  nahm  mit  mir  den  Slabschcf  der  FloUe,  Gommendalorc  d'Amico, 
meinen  ersten  Flaggenadju tauten  und  den  zweiten  Ordonnanzoffizier  nnd  hinter- 
ließ dem  Kommandanten  des  ,Bä  d'ltalia*  als  nunmehr  rangäUeslcm  Oftizier 
den  Befehl,  die  Leitung  über  die  zweite  Gruppe  der  Panzerschiffe  zu  übernehmen. 
Den  zum  Fiotlenslahe  gehörigen  ehrenwerten  Deputierten  Boggio  ließ  ich  die 
Wahl,  mich  entweder  auf  den  .Affondatore'  zu  begleilen  oder  auf  dem  ,R6 
d'ltalia*  zu  verbleiben ;  er  wählte  das  letztere. 

Sowie  ich  an  Bord  des  .Affondatore*  gelangt  war  und  auf  demselben 
meine  Kommandoflagge  gehißt  hatte  (die  Taktik  schreibt  in  genauester  Weise 
die  Pflichten  der  Eskadre-  und  Schiffskommandanten  während  der  Schlacht  vor 
und    zwar   mit   Voraussicht   der   in    einer   Seeschlacht   sich    möglicherweise 


ergebenden  Fälle),  befahl  ich  dem  Komoiaodanteii  dieses  SchitTes,  Cavaliere 
Marliai,  sich  mit  gröftt möglichster  Dam pfkrafl  vor  die  Linie  unserer  Panzerschiffe 
zu  begeben  uod  hißle  das  Signal  Nr.  432:  .Die  Distanzen  von  einem  SchlGTe  sum 
andern  sind  zu  vermindern" ,  weil  ich  eine  Lücke  in  ihrer  Linie  bemerlile  infolge 
des  FehleuE  der  .Formidabile'  und  der  ,Terribile*.  Als  ich  Im  weiteren  Ver- 
laufe die  Entfernung,  welche  uns  vom  Feinde  trennte,  sich  verringern  sah, 
wiederholte  ich  das  Signal  Nr.  12:  ,Deo  Feind  angreifen,  sobald  auf  Schuft- 
distanz gelangt.* 

Nachdem  unsere  Linie  und  die  Eursliuie  des  Feindes  konvergierend 
waren,  so  erfiffoete  Kontreadmiral  Vacca  als  erster  das  Feuer  und  gleich 
darauf  der  .Äffondatore',  welcher  .dwars*  vom  ,Rh  d'llalia'  gekonunen,  die 
Genugtuung  halte,  seinen  ersten  Schuß  gegen  die  feindliche  AdmiraliregaUe 
abzufeuern,  auf  die  Distanz  von  zirka  1000  Meter  (5  Kabelj  (?),  welche  Distanz 
sich  auf  einmal  verringerte,  nachdem  die  Melee  allgemein  wurde. 

Ich  unterlasse  es  vorläufig,  die  einzelnen  Manöver  des  „Affondalore*,  aof 
welchem  meine  Kommando  flagge  wehte,  hier  zu  besprechen;  nachdem  dieser 
keinen  Teil  der  Schlacbtiinie  bildete,  so  sehe  ich  ihn  als  ein  isoliertes  Schiff 
an  und  werde  über  ihn  separat  und  zuletzt  sprechen. 

Unsere  Reserve,  Konlreadmiral  Vacca,  welche  in  der  Kielwasserlinie  die 
Avantgarde  bildete,  wendete,  nachdem  sie  die  erste  Gruppe  der  feindlichen 
Panzerschiffe  beschossen  hatte,  nach  hackbord,  in  der  Absicht,  die  ungepa^izerten 
Schiffe  des  Gegners  von  den  Panzerschiffen  desselben  zu  trennen  und  durch* 
brach  jene,  eingehüllt  in  eine  dichte  Rauchwolke,  Südsüdwest  steuernd.') 


1)  Daß  es  Admiral  Fers  an  o,  seiner  GepDogenheit  getreu,  mit  der  Wahrheit  niebl 
genau  nimmt  und  es  sehr  gut  versieht,  die  verschiedenen  Momente  der  Schlaebt  narli 
seinem  Belieben  zu  verwerten,  so  dafi  hiedurcb  eiu  ganz  anderes,  von  der  Wirklichkeit 
völlig  abweichendes  Bild  entsteht,  wird  mau  sofort  gewahrwerden.  Der  italienische  Admiral 
spricht  hier  immer  von  einer  ersten  und  zweiten  Österreichischen  Panzergruppe;  nun 
hatte  die  Österreictiische  Panzerdivision  bei  Ihrem  Angriffe  hekanntlich  die  Winkel- 
formation inne,  woraus  sich  wohl  ein  rechter  und  ein  linker  FlOgcl.  formiert  aof  den 
Schenkeln  illeses  Winkels,  ergibt,  die  aber  nur  noch  beim  Durchbruche  durch  die 
italienische  Linie  bestanden.  Hit  dem  Eintreten  der  Melee  hOrte  auch  diese  tJnler- 
Scheidung  auf  und  die  Csterreichlschea  Panzerschiffe  kimpllcn  dann  selbständig  wo  und 
wie  sie  sich  eben  fanden  und  brauchten.  Was  Admiral  Persano  hier  berichtet,  geMh«b 
bekanntlich  nacli  dem  Durchbrechen  seiner  Linie  beim  zweiten  OBensivstoBe  der 
ÖBtcrreicber.  Auch  die  Darstellung  des  Kampfes  des  Kommodore  v.  Peti  mit  der 
italienischen  Queucgruppe  gibt  er  so,  als  ob  diese  letztere  zuerst  von  Csterreiehiscbm 
Panzerschiffen  bedroht  gewesen  wSre  und  nichtsdestoweniger  in  die  Ssterreichtsdia 
zweite  Division  hineingebroebcn  sei,  was  absolut  unwahr  ist  Die  Cslerrelchischen 
Panzerschiffe  tiedroblen  bei  Beginn  der  Sahlacht  keineswegs  die  Queuegruppe,  aondsn 


377 

In  der  Zwischenzeit  wurde  unsere  zweite  Gruppe,  Kommandant  Faä  di 
Bruno,  von  der  ersten  Gruppe  des  Feindes  angerannt,  wobei  derselbe  seine 
Hauptanstrengimg  gegen  den  «R^  d'Italia"  konzentrierte. 

Das  Panzerkanonenboot  «Falesiro*,  Kommandant  Gappellini,  welches 
mit  ganzer  Kraft  fahrend,  dem  ,R^  d*ltalia*  zu  Hilfe  eilte,  wurde  Ton  einer 
Granate  in  das  Heck  geschossen,  so  daß  ein  Brand  entstand,  welcher  dasselbe 
zwang,  nach  backbord  abzufallen,  „dwars"  vom  feindlichen  Gros  vorüberzufahren 
und  sich  aus  dem  Gefechtsbereiche  zu  ziehen,  um  des  ungemein  rasche  Fort- 
schritte machenden  Feuers  Herr  zu  werden. 

Der  «San  Martino*,  Kommandant  Roberti,  stQrzte  sich,  nachdem  er  die 
zweite  Gruppe  der  feindlichen  Panzerschiffe  beschossen  und  ihr  den  Weg  ver- 
sperrt hatte  (?),  zur  Unterstützung  des  ,Rd  d'Italia*  mit  ganzer  Dampfkraft  auf 
die  erste  Gruppe  und  trachtete  die  feindliche  Panzerfregatte,  welche  sich  achter 
von  diesem  unserem  Schiffe  befand,  zu  rammen;  dieselbe  wich  aber  rasch  nach 
backbord  aus  imd,  dicht  am  Heck  des  „R&  d'Italia*  passierend,  schickte  sie 
diesem  eine  volle  Lage  zu,  welche  unglücklicherweise  ihm  das  Steuer  be- 
schädigte. 

Der  feindliche  Admiral,  den  Moment  benützend,  wo  der  .R^  d'Italia*, 
imfähig  zu  steuern,  gewissermassen  still  stand,  rammte  ihn  mit  dem  Sporne 
seines  Schiffes  an  und  bohrte  ihn  in  den  Grund. 

Die  kämpfenden  italienischen  Schiffe  waren  somit  auf  8  reduziert  und 
zwar:  1  Dampffregatte  ersten  Ranges,  1  zweiten  Ranges,  4  dritten  Ranges, 
1  Panzerkanonenboot  und  1  Widder,  sämtlich  gepanzert.  Nichtsdestoweniger 
setzten  sie  voll  Mut  und  Zuversicht  den  Kampf  gegen  27  feindliche  Schiffe  fort, 
von  denen  kein  einziges  untätig  blieb. 

Auf  gleiche  Weise  wie  die  erste  feindliche  Panzerschiffsgruppe  ihren 
Angriff  gegen  das  Führerschiff  der  zweiten  italienischen  Panzergruppe  konzentriert 
hatte,  manövrierte  die  zweite  österreichische  Panzergruppe,  um  das  Führerschiff 
der  dritten  italienischen  Panzergruppe,  welches  der  „Rfe  di  Portogallo*  war,  zu 
umfassen  und  zu  vernichten;  aber  dieser,  geschickt  manövrierend,  wich  dem 
Stoße  aus  (?),  beschoß  aufs  äußerste  seine  Angreifer  und  zwischen  die  feind- 
lichen ungepanzerten  Schiffe  hineinfahrend,  welche  die  Angriffe  ihrer  Panzer- 
schiffe unterstützten,  engagierte  er  sich  mit  dem  Linienschiff  , Kaiser^,  mit 
welchem  er  zusammenstieß,  ihm  das  Bugspriet  und   das  ganze  Scheg  zertrüm- 


dle  Mittelgruppe  und  wir  wissen  aus  der  Aussage  des  Linienschiffskapitäns  Riboty,  daß 
im  Gregenteil  er  sich  die  österreichische  Holzdivision  als  Angriffsobjekt  gewählt  hatte. 
Man  ersieht  hieraus,  wie  Admiral  Persano  Berichte  zusammenzustellen  wußte. 

A.d.V. 


merte,  den  Fockmasl  und  Kamin  zum  Falle  bracht-?  und  damit  endele,  daft  er 
Verwimmg  in  die  ganze  feindliche  Linie  der  uogepanzerlen  Schiffe  hinein- 
brachte. 1) 

Die  zweite  feiödlich".'  Panzergruppe  wandte  sich  nach  dem  Fehlschlagen 
ihres  Vorhabens  bezüglich  des  ,R6diPorlogallo',  die  .Varese*  vorae  passJercDd, 
gegen  unsere  bisnun  zu  vollkommen  untätige  zweite  Eskadre,  ein  Manöver,  an 
welchem  sie  von  der  .Maria  Pia',  Kommandant  del  Garetto,  gehindert  wurde, 
welche  sich  quer  verlegend  kühn  den  Weg  vorspcrrle  und  sie  zwang  abzufallen 
und  sich  gegen  Nordwest  zu  wenden,  in  welche  Richtung  die  Gruppe  auch  gerufen 
wurde,  um  den  Rückzug  der  eigenen  ungepanzerlen  SchiETe  zu  decken,  welche 
von  den  italienischen  Panzerschiffen  .Carignano",  „Caslelfidardo*  und  ,Rä  di 
Portogallo*  angegriffen,  mit  ganzer  Maschinenkraft  gegen  die  Oslspilze  von  Lissa 
steuerten. 

Die  ,  Ancona' ,  welche  sich  von  der  Reserve  abgetrennt  hatte,  war  bemüht 
gewesen,  sich  mit  dem  .RediPortogallo'  zu  vereinigen,  welcher,  wie  ich  bereits 
erwähnte,  mitten  unter  die  ungepanzerten  üslerreichi sehen  Schiffe  gestünl 
war.  Nachdem  sie  ein  lebhaftes  Geschützfeuer  begonnen,  stieß  sie  mit  der 
.Varese"  zusammen,  welches  unglückliche  Ereignis  den  erwähnten  feiodlicheD 
Schiffen  leider  gestattete,  sich  zurückzuziehen. 

„Ancona*  und  .Varese*  war  es  bald  wieder  gelungen,  sich  voneinander 
frei  zu  machen,  so  daß  die  erslere  im  stände  war,  sich  mit  der  Reserve.  lO 
welcher  sie  gehörte,  wieder  zu  vereinigen  und  mit  dieser  das  Feuer  auf  die  sict 
zurückziehenden  feindlichen  Schiffe  zu  unterhalten.  Um  diese  Zeit  nahm  dai 
Gefecht,  welches  um  11'/*''  '^-  ^  begonnen  (??),  so  ziemlich  sein  Ende.  Es  war 
12''  20"  p.  m.  Eröffnet  wurde  es  unsererseits  von  10  Panzerschtfl'eD,  infolge 
des  Äbgehens  der  .Formidabile",  der  geringen  oder  vielmehr  gar  keiner  Teil' 
nahnic  der  .Terribile'  und  der  Unläligkeil  der  gesamten  zweiten  Eskadre:  es 
wurde  von  denselben  immer  mit  Kraft  fortgesetzt  und  unterhalleu,  obscboQ  sie 
auf  8  reduziert  waren  infolge  des  Unterganges  des  ,Rfe  d'Italia'  und  des 
Brandes  am  .Palestro",  über  dessen  Ende  ich  später  berichten  werde.  Sie 
konnten  stolz  darauf  sein,  den  Feind  zu  jagen  (V),  als  derselbe  gegen  seine  Küste 
wendete  und  daS  sie,  nachdem  sie  ihn  nicht  früher  erreichen  konnten  als  \ät 
derselbe  Schutz  fand  (??),  die  Herren   der  Gewässer  des  Kampfplatzes  blieben. 


>)  Man  vergleiche  iinsi're  Darsleltung  des  Kampfes  des  .R^  di  Porlogailo*  mit  d>f 
obigen  des  Admlrals  PerBano  (Seiten  i04  nnd  383)  und  man  wird  sofort  heranft-- 
finden,  wie  auch  hier  spatere  Momente  mit  aolchen,  die  frOher  staltfanden,  nisamme» 
gemischt  werden  und  ein  ganz  anderes,  von  der  Wirklichkeil  völlig  ahweichendä 
Bild  liefern.  A.  d.  V. 


379 

Ich  übergehe  nun  zum  ^Affondatore*  und  den  Befehlen,  welche  ich  als 
Kommandant  en  chef  während  der  Schlacht  gegeben  habe.  Nachdem  der 
vAffondatore"  seinen  ersten  SchuB  gegen  die  feindliche  Admiralsflregatte  abge- 
geben hatte,  manövrierte  der  Kommandant  desselben,  Linienschiffskapitän 
Martini,  auf  meinen  Befehl  derart,  daftder  ^Affondatore*  jenes  Schiff,  welchem 
das  Linienschiff  , Kaiser*  folgte,  in  seine  Flanke  anrennen  könne. 

Bei  dieser  Gelegenheit  bemerkte  ich,  daß  man  infolge  einer  mangelhaften 
Führung  des  Sleuerreeps  nur  mit  großer  Anstrengimg  den  ganzen  Steuer- 
mechanismus bewegen  konnte;  ein  großer  Obelstand  für  ein  jedes  Schiff, 
besonders  aber  für  ein  solches,  welches  vor  allen  andern  bestimmt  ist,  den 
Feind  durch  Rammstöße  zum  Sinken  zu  bringen.  Und  wirklich  verfehlten  wir 
nicht  nur  unsere  Absicht,  sondern  wir  liefen  noch  Gefahr,  selbst  von  dem 
gerammt  zu  werden,  den  wir  rammen  wollten.  Ohne  Raschheit  des  Manövers 
hätten  wir  schwerlich,  da  wir  mit  voller  Kraft  fuhren,  den  Zusammenstoß,  der 
zu  unserem  Schaden  erfolgt  wäre  (?)  vermieden.*)  Martini  manövrierte  das 
seinem  Kommando  anvertraute  Schiff  mit  Meisterschaft  und  ich  beglück- 
wünschte ihn  aus  diesem  Anlasse. 

Nachdem  unsere  ursprüngliche  Absicht  fehlgegangen,  was  eine  Sache 
von  wenigen  Minuten  war,  befanden  wir  uns  in  der  feindlichen  zweiten  Linie  und 
ich  sagte  zum  Kommandanten  Martini,  er  möge  sehen,  ob  es  ihm  nicht  gelänge, 
gegen  das  Linienschiff  loszugehen;  aber  auch  in  diesem  Falle  gehorchte  der 
„  Affondatore*  nichtprompldem Steuer  und  anstatt  dasselbe  zu  rammen,  passierten 
wir  es  langschiffs  sehr  nahe  und  erliielten  seine  ganze  Breitseite,  welche  das 
Schiff  an  mehreren  Stellen  durchbohrte,  begleitet  von  einem  wohl  unterhaltenen 
Kleingewehrfeuer  auf  unsere  Leute,  welche  am  Deck  beschäftigt  waren,  das 
zerfetzte  Tauwerk  herzurichten  sovile  den  Backbordbuganker,  der  infolge  seiner 
zerschossenen  Sorrungen  herunterhing  und  heftig  gegen  die  Bordwand  schlug, 
wieder  an  seine  Stelle  zu  bringen.  Sie  standen  hiebei  unter  der  Leitung  des 
Detailoifizicrs  Linienschiffsleutnants  Gh ine a,  eines  Ofßziers  von  bewunderungs- 
würdiger Tapferkeit  und  Unerschrockenheit.  welche  Eigenschaften  bloß  von 
einer  ebenso  seltenen  Bescheidenheit  übertroffen  werden;  ich  beeilte  mich,  ihm 
herzlich  die  Hand  zu  schütteln. 

Nachdem  es  uns  nicht  gelungen  war,  das  Linienschiff  zu  rammen,  voll- 
führte der  „Affondatore"  einen  ganzen  Kreis  über  Backbord,  um  meinen  Befehlen 
gemäß,  neuerdings  den  Bug  gegen  dasselbe  zu  kehren,  immer  mit  der  Absicht, 
dasselbe  in  den  Grund  zu  bohren,  wobei  wir  ihm,  als  es  inzwischen  im  Kampfe 


1)  Man  erinnere  sich,  daß  hier  die  kleine  schwache  , Elisabeth'*  gemeint  ist  auf 
die  der  „Affondatore"  zuerst  stieß!  A.  d.  V. 


mit  dem  ,Rö  di  Portogallo'  sichlbar  wurde,  einige  gute  Schüsse  mit  unseren 
BOOpfüodem  zusandteo,  welche  wir  deutlich  auftreffea  sahen.  Aber  obschoa 
es  von  diesem  unseren  Schiffe  unausgeseUt  beschossen,  sehr  in  die  Enge 
getrieben  wurde,  so  gelang  es  ihm  nichtsdestoweniger,  dem  Stoße  auszuweichen, 
welchen  wir  ron  achter  gegen  dasselbe  führten  und  es  hörte  nicht  auf,  uns  rak 
einem  wahren  Hagel  von  Projektilen  aller  Art  Überschüttend,  mit  ebensovid 
TreOsicherheit  auf  unsere  wiederholten  Schüsse  zu  antworten,  Itiebei  das  Deck 
mit  seinen  Stechschüssen  aufreißend,  welche  einen  Brand  in  einer  Kabine 
Unterdecks  entzündeten,  der  jedoch  gleich  von  den  Leuten  unter  l''ührung  jenes 
unerschrockenen  Ghinca,  dessen  ich  schon  erwähnt  habe,  gelöscht  wurde. 

Unterdessen  sah  man  den  Fockmast  und  den  Kamin  des  Linienschiffes 
stürzen.  Da  ich  es  nun  nicht  mehr  tür  notwendig  hielt,  einem  Schiffe  noch 
größere  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  welches  derartig  beschädigt  war  und 
nicht  mehr  besonders  wirksam  auDreten  konnte  und  da  es  femer  zu  viel  Zeit 
erfordert  hätte,  einen  neuen  vollen  Kreis  zu  beschreiben,  um  sich  neuerdings 
gegen  dasselbe  zu  kehren,  zu  deinsen  aber  ein  unrichtiges  Manöver  gewesen 
wäre,  da  hiebci  das  Schiff  auf  einige  Zeit  steuerunfähig  wird:  so  fuhr  ich  in  der 
Richtung  der  Sclilacht  weiter  (passai  avanti  nclla  direzione  della  batlagliat') 
und  kurze  Zeit,  nachdem  ich  aus  dem  dichten  Rauch,  der  uns  von  allen  Seiten 
dnhütlte,  herausgekommen,  erblickte  ich  zu  meiner  großen  Verwunderung  is 
einer  weiten  Entfernung  vom  eigentlichen  Aktionsfelde  die  gesamte  nicht- 
gepanzerte Eskadre,  welche,  ohne  am  Kampfe  teilgenommen  zu  haben,  eine 
Bewegung  im  Gegenmärsche  ausführte. 

Ohne  einen  Augenblick  zu  zögern,  befahl  ich  dem  Kommandanten  Martini 
mit  ganzer  Dampfkraft  gegen  dieselbe  zu  steuern  und  signalisierte  ihr  da 
Signal  Nr.  IS:  ,Den  Feind  angreifen,  sobald  auf  Schußdistanz  gelangt'  und 
gleich  darauf  Nr.  25:  .Die  feindUche  Arri^regarde  dublieren*,  wonmler  icl 
jene  Panzergruppe  meinte,  welche  von  dem  Manöver  der  .Maria  Pia*  zum 
Abfallen  gezwungen  worden  war.  Als  ich  hierauf  die  feindlichen  ungepanseiteo 
Schilfe,  mit  dem  Linienschiffe  auf  ihrem  äußersten  rechten  Flügel,  gegen  du 
Ostspilze  der  Insel  Lissa  steuern  sah,  gefolgt  und  beschützt  vonih^ere^stenPanze^ 
gruppe, während  die  zweite  bemüht  war,  sich  auf  dem  linken  Flügel  zu  postieren  (?), 
welcher  von  unserer  Reserve  —  die,  um  ihn  angreifen  zu  können,  manö^-rierte, 
eine  Frontlinie  zu  formieren  —  bedroht  war,  hielt  icli  dafür,  daß  wir  mitttls 
einer  raschen  Bewegung  uusererseits  die  feindlichen  Streitkräfte  teilen  küntden. 


i)Hiedurcli  gibt  Admiral  Persanc 
anderen  Richtung  fortgesetzt  hatte  und  i 
befand. 


seU)st  zu,  daß  die  Schlacht  sich  i 
r  seihet  sich  aaßerhalb  dieses  AktioasfeLdcc 
A.  d.  V. 


381 

indem  wir  uns  mitten  zwischen  ihre  beiden  Linien  hineindr&ngten  und  ich 
signalisierte  zu  diesem  Behufe  Nr,  976:  , Allgemeine  Jagd  mit  Freiheit  des 
Manövers  und  der  Geschwindigkeit*  und  steuerte  sofort  mit  dem  «Affondatore* 
gegen  die  Spitze  der  ersten  feindlichen  Linie,  welche  jene  der  ungepanzerten 
Schiffe  war.  Aber  die  PanzerschifiTe  unter  meinem  Kommando,  mit  Ausnahme 
des  vR^  di  Portogallo*^,  der  sofort  in  Ausführung  dieses  Befehles  sich  in  Bewegung 
setzte,  Terstanden  vielleicht  dieses  gemachte  Signal  nicht  und  fuhren  fort  zu 
manövrieren,  um  die  Frontlinie  herzustellen  uud  die  zweite  Eskadre  folgte  dem 
Beispiel,  sich  unt&tig  zuhalten,  obschon  der  zu  ihr  gehörige  , Principe  Umberto" 
—  Linienschiffskapitän  Baron  Acton  —  sich  vorwärts  begeben  und  das  gute 
Beispiel  gegeben  hatte,  allein  das  Feuer  gegen  die  erste  feindliche  Linie  zu 
eröffnen. 

Als  ich  dieses  Zögern  in  der  Ausführung  des  Signales:  .Allgemeine  Jagd 
mit  Freiheit  des  Manövers  und  der  Geschwindigkeit*  bemerkte,  lief  ich  mit 
demselben  am  Top  die  Front  unserer  ganzen  Linie  entlang,  damit  dieser  Befehl 
von  einem  Jeden,  ohne  Zweifel  zu  hegen,  gesehen  und  deshalb  vollführt  werden 
könne. 

Aber  der  günstige  Moment  war  vorüber,  indem  die  feindlichen  Panzer- 
fregatten Zeit  gefunden  hatten,  sich  in  einer  geschlossenen  Ordnung  zu  formieren 
und  in  zweiter  Linie  aufzustellen,  hiedurch  die  nicht  gepanzerten  Schiffe  auf 
ihrem  Wege  gegen  die  Ostspitze  von  Lissa  deckend. 

Nachdem  die  Gelegenheit,  die  feindliche  Flotte  zu  trennen,  versäumt  war, 
blieb  mir  nichts  anderes  übrig,  als  die  Flotte  zu  einer  AngrifTsordnung  zu 
railiieren,  was  ich  auch  tat.  Aber  die  zu  dieser  Formation  notwendige  Zeit  gab 
der  österreichischen  Flotte  einen  derartigen  Vorsprung,  daß  wir  sie  nicht  mehr 
in  geordnetem  Zustande  erreichen  konnten. 

Die  Entrüstung,  welche  ich  darüber  empfand,  war  eine  solche,  die  sich 
nicht  beschreiben  läßt,  sondern  die  empfunden  werden  muß,  und  um  dieselbe 
nachhaltiger  zu  machen,  wirkten  auf  mein  Gemüt  alle  die  Empfindungen  des 
Seemannes,  Befehlshabers  und  Bürgers  ein  und  wenn  nicht  die  Rücksicht  auf 
die  schwere  Verantwortung,  die  mir  die  Pflicht  auferlegte,  mich  vor  allem  mit 
der  Lage  der  Flotte  zu  beschäftigen  und  sie  nicht  ohne  Führung  zu  lassen,  vor- 
gewaltet hätte,  so  würde  mich  mein  Inneres  sicher  dazu  getrieben  haben,  meinem 
Stabschef  Gonmiendatore  d' Amico  nachzugeben,  welcher  in  einem  Augenbhck  der 
Erregtheit  —  und  er  hatte  wohl  Recht  dazu  —  mir  anriet,  allein  mit  dem 
«Affondatore*  mitten  in  den  Feind  hineinzurennen  und  dort  bis  zum  äußersten 
zu  kämpfen. 

Unterdessen  Uef  der  «Palestro*,  das  Heck  in  vollen  Flammen,  mit  größter 
Geschwindigkeit,  um  sich  dem  Feinde  zu  entziehen,  welcher  ihm  den  Weg 


abschneiden  lu  wollen  schien.  SoroK  setzte  ich  mich  mit  tiem  .Affoiidalore*  ao 
die  Spitze  unserer  Panzerschiffslinie  und  steuerte  mit  ganzer  Maschinenkraft 
derart,  um  mich  zwischen  ihm  und  die  feindlichen  Schiffe  zu  legen.  Diese  unsere 
Bewe^ng  genügte,  um  die  letztere  zu  veranlassen,  von  ihrem  Vorhaben  abltt- 
stehen  und  wieder  den  früheren  Kurs  einzuschlagen. 

Nachdem  der  .Paleslro'  sich  unter  den  Schutz  unserer  Linien  hegeben 
hatte,  wurde  er  vom  ,Governolo'  in  Schlepp  genommen,  welchen  der  Kom- 
mandant der  zweiten  Eskadre,  Vizeadmiral  Albini.  abgesandt  hatte.  Um  mich 
von  der  Ausdehnung  des  Brandes  am  .Palestro*  besser  zu  ilbei'zeiigen.  passleitt 
ich  mit  dem  „Affondatore'  ganz  knapp  dessen  Heck  und  wurde  von  seinem 
Kommandanten  Ca valiere  Cappellini  sowie  der  Mannschaft  mit  den  Rufen:  ,R| 
lebe  der  König,  es  lebe  Italien!'  begrüßt.  Nachdem  ich  ihn  sieber  im  Schleppe 
des  ,Govemolo'  sah,  in  dessen  Nähe  sich  auch  der  Transportdampfer  ,lndi- 
pendenza'  befand,  und  überzeugt  war,  daß  er,  wie  vorgeschrieben,  die  Pulver- 
kammern unter  Wasser  gesetzt  hatte,  daS  somit,  wenn  das  Schiff  nicht  mehr 
zu  retten  wäre,  niemand  von  der  Bemannung  zu  Grunde  gehen  könne,  kehrte  ieh 
wieder  zurück,  die  Führung  der  Flolle  zu  übernehmen. 

Mein  ganzes  Bestreben  war  nun  darauf  gerichtet,  die  Flotte  in  einer  ge- 
schlossenen Ordnung  in  zwei  Linien  zu  formieren,  die  Panzersehifle  in  det 
ersten  und  sie  zur  Verfolgung  des  Feindes  zu  bewegen,  in  der  HofTnung.  diesen 
hiedurch  zu  einem  neuen  Kampfe  zu  veranlassen.  In  dieser  angenehmen  Er- 
wartung hißte  ich.  um  der  Mitwirkung  eines  Jeden  bei  dem  antuhoffenden  nenea 
WatTengange  sicher  zu  sein,  Nr.  18.  welches  lautet:  ,  Auf  kurze  Distanz  tämpfcD* 
und  hernach  Nr.  73:  .Der  Kommandant  erinnert  die  Flotte,  daß  jenes  Schiff- 
weiches  nicht  kämpft,  nicht  auf  seinem  Posten  ist.' 

Aber  der  Feind  machte  unsere  Hoffnung  zu  Schanden  und  [inslatt  uns  n 
erwarten,  war  er  gegen  hackbord  abgefallen  und  nahm  die  Richtung  gegen 
den  Kanal,  welcher  Lissa  von  Lesina  trennt,  hiedurch  die  zwischen  uns  befitid- 
liehe   Distanz    ver^öEemd,   da   wir   unsererseits   wegen    des    ,San  Martido"l 


11  Wie  .Admiral  Persano  liier  der  Walirlipil  ina  Gcsioht  Hchlägl,   dies    aber$lMfl 
stlion  alle  Grenzen  seiner  erkQnstclten  Bericht erslattang.  Er  bcliauplet  hier  ireraden 
Unwahres.  Die  österreichische  Flutte  liieh  bekannllieh  in  drei  Ki^lontien  formiert  n 
immer  in  Erwartungeines  neuerlichen  Aneriff  es  seilen!  der  italioniaeksB 
ihre  Potiliou  von  1  bis  i,,3''  p.  m.,  um  welclie  Zeit  der  , Palestro*  in  die  Lull  Bogu 
KuiitreadmiraJ  v.  Tegetthoff.  als  er  sali,  dsB  der  Feind  keinen  Ernst  zeige,  noehmili 
anzugreifen,   erst  den   Kanonenbooten  Befehl   erteilte,   nach  S.  Giorgio  abzugeben.  D* 
,San  Martine-  hißte  das  obenerwfüinte  Signal,  wie  aus  dem  Sign al Verzeichnis  RemGcoaB 
etc.  etc.,  Seite  96,  ersiehtlirb  ist.  erst  um  4*"  4""  p.  m.  Warum  grifT  Admiral  Peraat 
in  d»r  Zwischenteil  von  S>>  p.  m.,  lu  welcher  Zeil  die  Flolle  wieder  fartniert  war,  1 


383 

welcher  signalisierte,  infolge  von  Havarien  sich  nicht  aof  seinem  Posten  halten 
zu  köinnen»  gezii^ningen  waren,  langsamer  zu  fahren.  Ich  befahl  hierauf  nach  dem 
Kanal  zwischen  Lissa  undBusi  zu  steuern,  in  der  Hoffnung,  mit  der  gegnerischen 
Flotte  in  südöstlicher  Richtung  zusammenzutreffen,  (d'incontrarmi  colla  flotta 
avversaria  a  scirocco  di  quella).  (??! !) 

Um  diese  Zeit  flog  das  Panzerkanonenboot  .Palestro*^  in  die  Luft;  weder 
der  Kommandant  Gavaliere  Cappellininoch  die  Mannschaft  hatte  das  Schiff  ver* 
lassen  wollen,  sondern  es  vorgezogen  mit  demselben  unterzugehen,  anstatt  auf 
dem  in  der  Nähe  befindlichen  ,Govemolo'^  und  auf  der  «Indipendenza**  Rettung 
zu  suchen.  Nach  der  furchtbaren  Explosion,  die  erfolgte,  wurden  bloß  19  Mann, 
darunter  1  Offizier  gerettet. 

Unterdessen  entfernte  sich  der  Feind  immer  mehr.  Wenn  auch  hiedurch 
die  Wahrscheinlichkeit  eines  zweiten  Zusammenstoßes  zu  nichte  wurde  und 
wir  lebhaft  die  Notwendigkeit  fühlen  mußten,  keine  Zeit  zu  verlieren,  um  die 
erlittenen  Havarien  auszubessern  und  uns  mit  den  verbrauchten  Munitions-  und 
Kohlenvorräten  —  an  denen  wir  schon  Mangel  zu  leiden  begannen  —  wieder 
zu  verseben,  so  gab  ich  doch  nicht  den  Befehl,  nacb  Ancona  zu  gehen»  indem 
ich  abwarten  wollte,  bis  der  Feind  außer  Sicht  gekommen  war,  während  ich 
mich  immer  in  den  Gewässern  des  Kampfplatzes  hielt.  Erst  gegen  6^  p.  m.  gab 
ich  der  Flotte  das  Signal,  mit  Gegenmarsch  zu  wenden  und  zwischen  der 
Spitze  Planka  und  Eiland  Pomo  zu  steuern,  wobei  ich  mit  dem  „Affondatore" 
etwas  zurQckblieb  um  einige  Depeschen  abzuwarten,  die  mir  der  Dampfer 
«Calatafimi*,  Linienschiffsleutnant  Ferrari,  welcher  jetzt  gerade  ankam,  zu 
überbringen  hatte,  wie  auch  ich  die  Absicht  hatte,  einen  kurzen  Bericht  der 
Schlacht  dem  Marineminister  zu  übersenden. 

PlOtzUch  sah  man  die  Dampffregatte  „Principe  Umberto*,  Kommandant 
Baron  Wilhelm  Acten,  sich  von  der  Flotte  entfernen  und  gegen  Lesina  zu 
steuern.  Augenblicklich  befahl  ich,  mit  dem  „Affondatore*  ihr  nachzufahren,  um 
mich  zu  überzeugen  um  was  es  sich  handle  und  es  dauerte  nicht  lange,  daß 
man  wahrnahm,  sie  fahre  gegen  schwimmende  Flöße,  auf  welchen  sich  hilfs- 
bedürftige Menschen  befanden.  Diese  wurden  von  den  Auslugem  entdeckt,  die 
sich  wachsamer  als  die  anderen  Schiffe  erwiesen,  eine  Tatsache,  welche  diesem 


4^  p.  m.  nicbt  an?  Wir  wissen  es  heute  warum.  Ebenso  ist  seine  Bemerkung,  daß  er 
hoffte,  mit  der  österreichischen  Flotte  noch  einmal  in  südöstlicher  Richtung  zusammen- 
zutreffen, während  er  in  den  Kanal  zwischen  Lissa  undBusi  steuerte,  der  reinste  Unsinn, 
an  den  er  selbst  nicht  geglaubt  haben  kann.  Der  italienische  Geschichtsschreiber 
Randaccio  äußerte  sich  über  diesen  Bericht  des  Admirals  Persano  dahin,  daß  er  es 
verschmähe  ihn  wiederzugeben,  weil  er  von  lauter  Falschheiten  und  Unwahrheiten 
strotze.  Und  wohl  hatte  er  ein  Recht,  dies  zu  sagen.  A.  d.  V. 


Schiffe  zur  Ehre  gereichl,  da  sie  den  Beweis  liefert,  daB  dasselbe  pünJcÜicbe 
OrdnuDg  und  Aufmerksajnkeil  in  allem  einhielt,  somit  niusterhan  kommandiert 
war.  Und  hierin  hegt  auch  der  Beweis,  daß  es  Monalc  und  Monate  braucht,  um 
nicht  zu  sagen  Jahre,  bis  ein  SchiiT  auf  jenen  Punkt  der  strikten  Ordnung 
gelangt,  welche  notwendig  ist,  damit  dasselbe  den  wahren  Obliegenheilen  eines 
Kriegsschiffes  nachliommen  kann.  Der  , Principe  Umberto*  war  erst  kOrilicli 
Ton  seiner  Kampagne  aus  der  Südsee  zurückgekehrt. 

hidem  ich  mich  an  diesem  Werke  der  Liebe  und  Pflicht  beteilig;te,  im 
Vereine  mit  den  Dampfern  , Messaggiere " ,  ,Galatafimi'  und  .fndipetidenza*, 
welche  ich  eigens  zu  diesem  Zwecke  herbeirief,  wurde  uns  die  Genugtuung  lü 
teil,  157  unserer  Waffengefährten,  worunter  9  Offiziere.  sÄmthch  vom  ,R* 
d'Italia'  lu  reiten.  Der  größte  Teil  derselben  wurde  —  Lob  dem  Lob  gebOhrt  — 
von  dem  Schiffe  aufgenommen,  welches  sie  zuerst  entdeckte. 

Mit  Einbruch  der  Nacht  und  nachdem  ich  diese  Gewässer  nach  allen 
Richtungen  durchfahren,  in  der  Hoffnung,  immer  noch  andere  Überlebende  n 
treffen,  sandte  ich  der  Flotte  den  Befehl  zu,  die  Fahrt  nach  Ancona  fortzusetzeo 
und  machte  mein  Manöver  unabhängig,  da  ich  als  der  Letzte  diesen  Platz  ve^ 
lassen  wollte. 

Es  war  schon  10'/,''  p.  m.  als  ich  mich,  nachdem  jede  HofTnung  va- 
schwunden  war,  noch  andere  Schiffbrüchige  aufzunehmen,  entschloß,  gegen 
Ancona  zu  wenden,  nachdem  ich  noch  früher  die  KanoDcnbootQo Lille  nach 
Manfredonia,  als  dem  nächsten  Orte  instradiert  hatte,  und  zwar,  da  ihnen  dit 
Kohlen  schon  ausgingen,  im  Schlepp  der  Dampfer  .Washington*  und 
.Guiscardo'. 

Es  tut  mir  leid,  hier  die  Bemerkung  macheu  zu  müssen,  daß  aus  den 
ühereins timmenden  Aussagen  der  Geretteten  des  ,Rä  d'Italia*  her\'orgebt,  dal 
dieselben,  während  sie  zur  Rettung  ihres  Lebens  in  der  See  schwammen,  die 
Zielscheibe  von  Beschimpfungen  einiger  feindUcher  Schiffe  waren,  ja  selb*! 
ihres  Geschütz-  und  Kleingcwehrfeuers, 

Indem  ich  diesen  Schandfleck  (tanto  obbrobrio)  veruffentUche,  zweiDe  id 
nicht,  daß  sich  gegen  jenen  Akt  der  Grausamkeil  auch  der  Unwille  des  feind- 
lichen Admirals  erheben  wird. 


385 


Beilage  IV. 


Berieht  des  Uiiensehiffslentnaiits  Ed.  Gnalterio  yom  y,Re  d'Italia^^ 

(Randaccio,  Storia  della  marina  italiana,  11,  Seite  216  bis  219.) 

(Übersetzung.) 

Herr  Kommandant! 

Als  der  rangälteste  der  Oberlebenden  von  der  Panzerfregatte  ,R^  d'Italia*^, 
welche  in  der  gestrigen  Seeschlacht  in  den  Grund  gebohrt  wurde,  habe  ich  die 
Ehre,  Ihnen  einen  Bericht  über  alle  jene  Ereignisse  abzustatten,  von  denen  ich 
Augenzeuge  gewesen  bin. 

Um  10%^  a.  m.,  nachdem  Seine  Exzellenz  der  Admiral  Persano  sich 
ausgeschifift  hatte,  imi  seine  Kommandoflagge  auf  dem  ,Affondatore*  zu  hissen, 
haben  wur  uns  in  Bewegung  gesetzt  und  mit  ganzer  Kraft  fahrend,  getrachtet, 
die  Distanzen  zu  schliefen,  die  uns  von  unseren  Vordermännern  trennten. 

Um  10%^  eröffiieten  wir,  die  kleine  Flaggengala  hissend,  auf  eine  Distanz 
von  300  m  von  den  feindlichen  Panzerschiffen  ein  Vormeisterfeuer  auf  dieselben, 
welches  sofort  erwidert  wurde. 

Bei  diesem  ersten  Angriffe  erhielten  wir  einen  Granatschuß  in  den  Kreuz- 
mast, wobei  ein  Splitter  desselben  den  Matrosen  Fazioli  der  Eskadremann- 
schaft  tödlich  verwundete. 

Nachdem  wir  eine  Wendung  im  Gegenmarsche  ausgeführt  und  neuer- 
dings zum  Angriffe  gegen  den  Feind  vorgegangen  waren,  trachtete  eine  Panzer- 
fregatte von  größerer  Schnelligkeit  als  der  unseren  uns  achter  zu  rammen, 
was  ihr  aber  nicht  gelang,  da  wir  derart  manövrierten,  um  dem  Stoße  aus- 
zuweichen. Unsere  auf  der  Achterhütte  postierte  Manövermannschaft  unterhielt 
bei  dieser  Gelegenheit  ein  lebhaftes  Gewehrfeuer  auf  die  Österreicher,  welches 
von  diesen  wacker  erwidert  wurde  und  der  Guardia-marina  I.  Klasse  Ivan  eich 
fiel  tödlich  in  die  Brust  getroffen. 

Die  österreichische  Panzerfregatte  feuerte,  als  sie  sah,  daß  sie  uns  nicht 
rammen  könne,  mit  ihren  Jagdkanonen  und  eine  Granate  entzündete  einen 
Brand  in  der  Admiralswohnung,  während  eine  andere,  wie  ich  glaube,  uns  das 
Steuer  unbrauchbar  gemacht  haben  mußte,  da  das  Steuerrad  nach  keiner 
Richtung  hin  mehr  zu  bewegen  war,  ungeachtet  man  die  Anzahl  der  Steuer- 
leute   vermehrt  hatte.    Der   Pilot   I.    Klasse   Giuseppe  Russe  begab  sich   in 


Begleitung  des  Pilolen  II.  Klasse  Schiaffino  sofort  in  die  Batterie,  um 
dort  nachzuseheo,  ob  nicht  das  Sleucrreep  unklar  geworden  sei,  fand  al>er 
nichts  in  Unordnung,  so  daß  wir  in  unserer  ursprünglichen  Idee  best&rkt 
wurden.  Inzwischen  war  der  Brand  gelöscht  worden. 

Unser  Manöver,  den  feiadlicheo  Panzerfregatien  auszuweichen,  halte  wns 
vom  Reste  der  Flotte  abgetrennt,  so  daß  wir  uns  allein  mitten  unter  der  feter- 
reichischen  Eskadre  befanden.  Wir  hatten  auf  unserer  Steuerbordseile  die 
feindlichen  Holzfre galten,  welche  uns  mit  ihrer  Artillerie  beschossen,  an  Back- 
bord auf  eine  Distanz  von  ungel^hr  800  m  das  Linienschiff  .Kaiser*,  welches 
gleichfalls  auf  uns  schoß  und  auf  derselben  Seite  drei  Panzerfregatien,  ?od 
denen  zwei,  eine  achler  und  eine  vorn  auf  sehr  kurze  Diatanz  auf  uns  feuerteUf 
w&hrend  die  dritte  —  welche  meiner  Vermutung  nach  das  Adnairalschiff 
gewesen  sein  dürfte,  da  sie  den  anderen  signalisierte  —  mit  ganzer  Maschinen- 
kiaft  auf  uns  lossteuerte,  um  uns  in  der  Mitte  zu  rammen.  Wir  feuerten  mit 
unserer  Backbordbalterie  und  waren  es,  wie  ich  glaube,  unsere  Geschos^e^ 
welche  den  Fockmast  des  .Kaiser'  zum  Falle  brachten  und  mit  ganzer  Kraft 
vorwärts  fahrend,  trachteten  wir  dem  StoAe  auszuweichen. 

In  Anbetracht  des  Umstandes,  daß  das  Schiff  nicht  steuerte  sowie  daA 
die  rasche  Bewegung  des  feindlichen  Admirals  es  uns  unmöglich  macfale,  dem 
drohenden  Rammstoße  auszuweichen,  rief  der  Komoiandanl  die  Enterabteiluagen 
auf  Deck,  um  zu  versuchen,  ob  es  nicht  möglich  wäre,  das  österreichische  Sc-hlff 
zu  entern. 

Unmittelbar  nachdem  wir  den  Stoß  empfangen  hatten,  legte  steh  der 
.Re  d'ltalla"  auf  die  Backbordseite  und  der  Slab  der  kaiserlichen  Panzer' 
Fregatte,  welcher  sich  auf  der  KommandobrOcke  befand,  schwenkte  die  MOIiea 
und  rief  dreimal  .Hurra*. 

Auf  Befehl  des  Kommandanten  begab  ich  mich  zum  Sprachrohr  für  die 
Batterie  und  rief  hinunter:  .Feuer"  und  unsere  letzte  Bord  an  Bord  abgegebene 
Breitseite  antwortete  auf  ihr  .Hurra",  während  wir,  ohne  die  Flagge  la 
streicheo,  im  Begriffe  waren  unterzugehen. 

Nachdem    ich  den  erhalleneo  Befehl  ausgeführt,    eilte  ich  auf  die  Sleuer- 
hordseile,   um  mich  in  die  See   zu  stürzen,   wie  es  die  anderen  schon  getan 
hatten,  als  der  Strudel  des  Schiffes,  welches  in  weniger  als  zwei  Minuten  un1e^-    ' 
ging,  mich  erfaßte  und  hioabzog.    Als  ich  wieder  an  die  Oberfläche  gekommen 
war,  schwang  ich  mich  mit  den  dort  in  der  Nähe  befindlichen  auf  ein  Torbei-   \ 
schwimmendes  Brett.  Ich  fragte  nach  dem  Kommandanten  und  den  Oftiziei«a  J 
und  man  sagte  mir,  daß  der  Fregattenkapitän  del  Santo,  der  LimeoschiA>>  1 
leutnaot  Gaudiano  und  die    Giiardte-marina  Isola  und  Orsini  eine  Grupp«  ) 
bildeten,  weiche  die  Richtung  gegen  die  Küste  der  Insel  Lissu  nähme.  Bei  v 


387 

befand  sich  der  Pilot  I.  Klasse  Giuseppe  Russo,  der  Linienschiffs-Uoterleutnant 
Giuseppe  Casanova,  der  Guardia-inarina  Razzetlo  sowie  jene  Mannschafls- 
Individuen,  über  welche  ich  beigeschlossen  die  Nominalliste  beifüge,  mehr 
einiger  wenigen,  die  wie  ich  glaube,  sich  auf  dem  „Affonjiatore*  befanden. 

Wir  trieben  zwischen  den  beiden  Eskadren,  welche  sich  beschossen; 
es  passierten  nahe  an  uns  die  österreichischen  Kanonenboote,  von  welchen  aus 
uns  drohende  Geberden  mit  den  Händen  gemacht  wurden  und  von  einem  der- 
selben erhielten  wir  Gewehrschüsse,  welche  die  Matrosen  Giov.  Batt.  Tubin o 
und  Giudice  Nunzio  verwundeten,  den  ersteren  in  der  Gegend  des  linken 
unteren  Schlüsselbeines  bei  Durchdringen  der  Muskelsubstanz  und  Austritt  des 
Projektiles  in  der  entsprechenden  unteren  Schultergegend  ohne  Verletzung  des 
Gelenkes,  den  zweiten  am  linken  vorderen  Oberschenkel  mit  Verletzung  der 
Muskelsubstanz  und  speziell  des  vorderen  geraden  Muskels  und  Austritt  der 
Kugel  in  der  Gegend  des  hinteren  Geßlßmuskels  derselben  Seite,  ohne  Ver- 
letzung des  Gelenkes. 

Wir  hißten  Schnupftücher  und  Hemden  auf  Riemen  und  Bretter,  in  der 
Hoffnung,  daß  vielleicht  eines  unserer  Schiffe  dieselben  wahrnehmen  und  uns 
zu  Hilfe  kommen  werde,  wurden  aber  in  dieser  Erwartung  sehr  lange  getäuscht, 
denn  niemand  kam  uns  von  ungefähr  1 1 V«^  ^-  ^-y  ^^  welcher  Zeit  wir  unter- 
gingen, bis  gegen  7*"  zu  Hülfe.  Um  7  Yg**  p.  m.  nahm  uns  der  , Principe  Umberto* 
auf  und  Ihnen,  Herr  Kommandant,  unterbreite  ich  deshalb  diesen  Bericht,  gleich- 
zeitig sämtliche  Unteroffiziere  bezüglich  ihres  Benehmens,  mit  welchem  die- 
selben die  Mannschaft  aufmunterten  und  jene  unterstützten,  welchen  schon 
die  Kräfte  ausgingen,  Ihnen  wärrastens  empfehlend;  wie  auch  femer  die 
Matrosen:  Gatrani  Antonio,  Forno  Andrea,  Tubino  Giov.  Batt.,  Giudice 
Nunzio,  von  denen  die  beiden  letzteren»  obgleich  selbst  verwundet,  dennoch  jene 
ermunterten,  welche  infolge  des  Kräfleverlustes  schon  den  Mut  verloren  und 
speziell  den  Matrosen  Nesi  Pietro,  der  in  jenen  verzweifelten  Momenten  mit 
Gefahr  seines  eigenen  Lebens  den  Matrosen  Buoncuore,  welcher  nicht 
schwimmen  konnte  und  jeden  Augenblick  zu  sinken  drohte,  vom  sicheren  Tode 
rettete. 

Gez.  Ed.  Gualterio, 
LinLenschififslcutnant 

An  den  Herrn  Kommandanten  der 

Dampffregatte  „Principe  Umberto**, 

21.  JuU  1866. 


Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarioo  1866. 


25 


388 


Beilage  V. 


Bericht  des  Linienschiffs -Unterlentnants  Fabmio  Fabrizi  toh 
„Palestro^^    aber    die    Aktion    am  20.  Jnli  1866. 

(Randaccio,  Storiadella  marina  italiana  etc.,  II,  Seite  219  bis  220.) 

(Übersetzung.) 

Das  Dampfkaoonenboot  ,Palcs(ro*  befand  sich  auf  ungefähr  sechs  Kabel 
vom  ,R^  d'Italia*  und  fuhr  mit  ganzer  Maschinenkraft,  um  den  Posten  der 
.Formidabilc*  einzunehmen,  welche  die  Linie  verlassen  hatte,  dabei  das  Feuer 
wenig  später  als  der  ,  Principe  di  Garignano'  eröffnend. 

Beim  ersten  Angriff  kamen  wir  infolge  unserer  geringen  Geschwindig- 
keit aufter  Formation  und  befanden  uns  bald  mitten  unter  der  ganzen  öster- 
reichischen Eskadre.  Wir  mußten  den  Angriff  von  zwei  der  kleinsten  feind- 
lichen Panzerlregatten  aushalten  sowie  den  von  einer  Holzfregatte ;  die  ersteren 
haben  uns  fünf  Stöfte  beigebracht,  einen  schief  an  der  Steuerbordseite,  die 
andern  vier  an  den  Seitentaschen  (giardinetti)  und  war  es  das  Verdienst  des 
verstorbenen  Piloten  d'Agostini,  welcher  die  Bewegungen  des  Schiffes  leitete, 
es  verstanden  zu  haben,  die  Stöße  schief  zu  empfangen.  Die  Fregatte  legte  sich 
achter  dwars  von  uns  und  sandte  einige  Lagen  Granaten  herüber,  die  Ursache 
unseres  Unterganges.^) 


J)  Wie  wir  schon  auf  Seite  210  erwähnt  haben,  machten  sich  die  Ehre,  den 
^Palestro*  in  Brand  geschossen  zu  haben,  die  beiden  Panzerschiffe  , Drache  •  un«i 
„Don  Juan"  streitig.  Nach  diesem  Berichte  könnte  wieder  die  „Novara*  dieses  Ver- 
dienst lür  sich  in  Anspruch  nehmen.  Es  will  uns  indes  scheinen,  daß  die  obige 
Behauptung  des  LinienschirTs-Unterleutnanls  Fabrizi  auch  nur  auf  einer  bloßen  Vrr- 
mutung  beruht  imd  sich  gewisses  darüber  nicht  sagen  läßt.  Berücksichtigt  man  div 
Situation,  nach  welcher  sich  die  österreichischen  Panzerschiffe  des  rechten  FlögoU. 
also  „ Drache **,  ,.Don  Juan**  und  „Prinz  Eugen"  und  speziell  die  beiden  ersteren  ^denii 
A^nnz  Eugen''  hielt  sich  mehr  zum  Flaggenschiff)  in  nächster  Nähe  des  „Paleslrc  die 
.Novara"  aber  noch  weiter  entfernt  befinden  mußten,  fern»T  die  Bestückung  <ler  Panz»^r 
schiffe  und  jene  der  .Novara",  sowie  endlich  den  Umstand,  daß  die  usterreichisrb^h 
l'anzorschitTe  vorzugsweise  konzentrische  Breitseiten  abgaben,  so  spricht  dio  größer' 
Walirscheinlichkeit  dafür,  daß  es  ein  Tanze rschi ff  war,  von  welchem  der  ,Pale>tro'  ii. 
IJrand  geschossen  wurde  und  nach  der  Darstellung  auf  Seite  2i8  dürlle  dies  in  der  Ti'. 
,. Drache*  gewesen  sein.  A.  d.  Y. 


389 

Es  befanden  sich  nämlich  im  Offiziers- Vorkarr^e  ungefähr  20  Tonnen  Kohlen 
und  bei  dem  Zerplatzen  der  Granaten  fingen  diese  Feuer.  Wir  versahen  uns 
des  Brandes  erst,  als  dieser  schon  große  Dimensionen  angenommen  hatte.  In 
Anbetracht  der  großen  Gefahr  gab  der  Kommandant  den  Befehl,  die  Pulver- 
kammern unter  Wasser  zu  setzen,  was  augenblicklich  ausgeführt  wurde. 

Inzwischen  griff  uns  die  österreichische  Fregatte  an  der  Backbordseiten- 
tasche (giardinetto  di  sinistra)  an  und  zog  sich  hierauf  mit  den  gepanzerten 
Kanonenbooten  zurück,  uns  unserem  Schicksal  überlassend. 

Nun  wurde  die  ganze  Mannschaft  aus  der  gepanzerten  Batterie  auf  Deck 
beordert  und  im  Vereine  mit  der  Hanövermannschaft,  welche  schon  auf  Deck 
bisher  damit  beschäftigt  war,  gab  man  sich  alle  Mühe,  des  Feuers  Herr  zu 
werden,  indem  gleichzeitig  getrachtet  wurde,  in  den  Schutz  unserer  Eskadre 
zu  gelangen.  Es  glückte  uns  auch  wirklich  derselben  näher  zu  kommen  und 
sie  zu  durchfahren;  der  „Governolo*  kam  auf  uns  zu,  mit  der  Anfrage,  ob 
unser  Kommandant  Hilfe  brauche;  dieser  erwiderte:  » Nehmt  mich  in  Schlepp, 
bringt  den  Bug  gegen  den  Wind  und  schleppt  mich  vorwärts  •. 

Kaum  waren  die  Trossen  zum  Schleppen  genommen,  als  dieselben  beim 
Inbewegungsetzen  des  „Govemolo"  rissen.  Man  verlangte  neue  Trossen, 
während  man  aber  damit  beschäftigt  war,  diese  auszubringen,  erfolgte  die 
Explosion. 

Mein  Gewissen  macht  es  mir  zur  Pflicht,  am  Schlüsse  dieses  Berichtes 
zu  erklären,  daß  alle  am  Bord  des  »Palestro*  ihre  Schuldigkeit  mit  Uner- 
schrockenheit  erfüllten;  der  Herr  Kommandant,  Herr  Viterbo,  der  Pilot 
d'Agostini,  Herr  Lauro  sowie  der  Guardia-marina  Barbaro  zeichneten 
sich  aus. 

Von  der  ganzen  Bemannung  des  ,Palestro*  retteten  sich  23  Personen; 
19  Matrosen,  der  Stabskoch,  zwei  Steuerleute  und  ich. 

Gez.  Fabrizio  Fabrizi, 
Linienschiffs  •  Unterleutnant 


25* 


390 


Beilage  VI 


Zengenanssagen   nnd    Dokumente   bezäglich   der  Tätigkeit  des 

,yAffondatore^'  in  der  Schlacht. 

Wir  haben  bereits  in  der  Anmerkung  auf  Seite  202  erwähnt,  daß  die 
OfTensivtätigkeit  des  ,  Affondatore "  in  der  Schlacht  von  Lissa  keine  so  hervor- 
ragende war,  wie  man  nach  den  ersten  Berichten  des  Admiifals  Per  sano  anzu- 
nehmen berechtigt  gewesen  wäre  und  wie  dieselbe  auch  von  öslerreichischer 
Seite  ihm  zugeschrieben  wurde.  Admiral  Persano  ließ  sich  in  seinen  Tele- 
grammen und  ersten  Berichten  offenbar  starke  Übertreibungen  zu  Schulden 
kommen,  welche  durch  die  Untersuchung  auf  das  richtige  Maß  zurückgeführt 
wurden.  Nach  dem  Endergebnisse  derselben  war  seine  Tätigkeit  keine  andere 
als  wie  wir  sie  wiederholt  geschildert  haben  und  wie  sie  sich  als  das  Gesamt- 
resultat der  Zeugenaussagen  der  am  Bord  des  „Affondatore"  eingeschifft 
gewesenen  Seeoffiziere  ergibt. 

Im  nachstehenden  lassen  wir  zur  besseren  Beurteilung  des  Gresagten  die 
betreffenden  Stellen  aus  diesen  Zeugenaussagen  und  aus  den  Berichten  des 
Admirals  sowohl  im  italienischen  Originaltexte,  wie  auch  in  wortgetreuer  Über- 
setzung folgen. 

I .  Aus  der  Zengenanssage  des  Onardia-marina  Comotto  (OIot.  Batt). 

(Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  88.) 


Pros. :  Appena  rammiraglio  in  capo  fu 
montato  suU' ,  Affondatore " ,  questo 
presc  subito  il  movimcnto? 

Tost. :  Sissignoro. 

Pres.:  Quäle  fu  la  dircziono  prosa? 

Test. :   Non  saprei,   perche  non  poteva 
v(»dorlo,  essendo  abasso. 

Pres.:  Qual  era  la  sua  attribuzioiie  suU- 

l\AiTondatüre"? 
Tost. :  AI  linione. 


Präs.:  Setzte  sich  der  »Affondatore*. 
nachdem  sich  der  Admiral  eu 
chef  am  Bord  desselben  einge- 
schifft halte,  sofort  in  Bewegung? 

Zeuge:  Jawohl,  mein  Herr! 

Präs.:  Welches  war  die  Richtung,  di^ 
er  nahm? 

Zeuge :  Darüber  weiß  ich  nichts,  nach- 
dem ich  es  nicht  sehen  konnte, 
da  ich  unten  war. 

Präs. :  Welches  war  Ihre  Dienstesbestim- 
mun^  am  Bord  des  ^Affondatüre" ." 

Zeuge;  Beim  Steuer. 


391 


Pres. :  Non  conobbc  quali  erano  le  dire-      Präs. :  Erkannten  Sie  nicht  die  Rich- 
zioni  che  prese  l\Aflfondalore*?  tungen,  welche  der  »Affondatore* 

nahm? 


Test.:  Nossignore. 

Pres. :  Vide  che  fossero  cambiate  queste 
direzioni  con  qualche  frequcnza? 

Test.:  Sissignore,  con  frequenti  ordini 
che  dava  Tammiraglio  a  diritta 
ed  a  sinistra. 

Pres. :  L'ammiraglio  dava  questi  ordini? 

Test.:  Sissiguore. 

Pres. :  L'ammiraglio  aveva  il  commando 
deir^Affondatore? 

Test.:  Sissignore,  perche  gli  ordini  mi 
venivano  direttamente  da  lui. 

I*  es.:  Sa,  che  l\Affondatore*  tentasse 
Turto  di  qualche  vascello  nemico? 


Test.:  Tentö  l'urto  del  , Kaiser*. 

Pres. :  Una  volta  o  due  volle? 

Test. :  Non  so. 

Pres.:  Quella  volta  della  quäle  ha 
cognizione,  come  andö  che  non 
si  urtö  il  »Kaiser**? 

Test.:  Eravamo  vicino  ad  investirlo, 
quando  Tammiraglio,  dicendo  che 
faceva  troppo  fuoco  ordino  di 
accostare  a  diritta  ed  in  tal 
modo  si  h  evitato  l'urlo. 


Zeuge:  Nein,  mein  Herr! 

Präs.:  Bemerkten  Sie,  daB  die  Kurs- 
richtungen sehr  oft  geändert 
wurden? 

Zeuge:  Jawohl,  durch  häufige  Befehle 
nach  steuerbord  und  backbord, 
welche  der  Admiral  gab. 

Präs. :  Der  Admiral  gab  diese  Befehle 

Zeuge:  Jawohl,  mein  Herr! 

Präs.:  Hatte  der  Admiral  das  Kom- 
mando des  »AfTondatore*  über- 
nommen? 

Zeuge:  Jawohl,  da  mir  die  Befehle  von 
ihm  direkt  zukamen. 

Präs.:  Ist  Ihnen  bekannt,  daß  der 
»Affondatore*  einen  Ramm  ver- 
such auf  ein  feindliches  Linien- 
schiff versuchte? 

Zeuge:  Er  versuchte  einen  Rammstoft 
auf  den  » Kaiser". 

Präs.:  Einmal  oder  zweimal? 

Zeuge:  Das  weiß  ich  nicht. 

Präs. :  Von  jenem  Male,  von  welchem 
Sie  Kenntnis  haben,  wie  geschah 
es,  daß  der,  Kaiser  "nicht  gerammt 
wurde  ? 

Zeuge:  Wir  waren  schon  so  nahe  um 
rammen  zu  können,  als  der 
Admiral,  indem  er  sagte,  daß  er 
(der ,  Kaiser*)  ein  zu  starkes  Feuer 
abgebe,  befahl  nach  steuerbord 
abzufallen  und  auf  diese  Weise 
wmrde  der  Rammstoß  verhindert. 


392 

Pres.:  In  quäl  senso  prese  Ella  questa 
esprcssionc  che  11  vascello  faceva 
troppo  fuoco? 

Test.:  Che  stimava prudentc  di  litirarsi. 


Pres. :  Quäle  fu  Fimpressione  che  fece 
neirequipaggio  il  vedere  che  si 
poteva  urtare  il  vascello  e  che  si 
evilö  di  urtarlo? 

Test.:  Cattiva. 

Pres.:  L',Affondatore*  tentö  urtare 
altrc  navi  oltre  il  , Kaiser'? 

Test.:  Credo  di  no. 


Präs.:  In  welchem  Sinne  nahmen  Sie 
den  Ausdruck,  daß  das  Linien- 
schiff ein  zu  starkes  Feuer  unter- 
halte? 

Zeuge :  In  dem  Sinne,  daß  er  es  für 
angezeigt  hielt,  sich  zurückzu- 
ziehen. 

Präs. :  Was  fQr  einen  Eindruck  machte 
es  auf  die  Mannschaft,  als  die- 
selbe bemerkte,  daß  man  das 
Linienschiff  rammen  konnte  und 
dennoch  auswich? 

Zeuge:  Einen  schlechten. 

Präs.:  Versuchte  der  .Afifondatore' 
außer  dem  , Kaiser*  noch  andere 
Schiffe  zu  rammen? 

Zeuge:  Ich  glaube  nein. 


2.  Aus  der  Zeugenaussage  des  Ouardia-marina  Salrati  (Ferdinande). 

(Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  84.) 


„Dopo  che  Tammiraglio  fu  sul- 
r,Affondatore',  il  legno  stette  fermo 
forse  per  10  minuti;  trascorso  questi 
10  minuli,  il  fuoco  incomincio  e  allora 
Tammiraglio  con  quella  parte  di  Stato 
Maggiorc,  che  erasi  condotto  con  se 
discese  nella  torre." 

,La  maestranza,  destinala  ad  in- 
granare  la  ruota  del  timone,  che  era 
nella  torre,  si  diede  airopera,  ma  il 
fuoco  del  nemico  impedi  questo  lavoro. " 


^Trascorsero  int.into  ad  un  di- 
presso  10  minuti,  successivamenle  il 
baslimento  si  inisc  in  moto,  dapprinia 
alquanlo  lenlamenle,  poscia  con  lutla 
la    t?ua    celeriia;     dirigendo     verso    il 


„Nachdem  der  Admiral  auf  dem 
„Affondatore"  war,  stand  das  Schiff 
noch  ungefähr  10  Minuten  still;  sowie 
diese  10  Minuten  abgelaufen  waren, 
begann  das  Feuer  und  nun  begab  sich 
der  Admiral  mit  dem  mitgebrachten 
Teile  seines  Stabes  iu  den  Turm.* 

,Die  Schiffszimmerleute,  welche 
bestimmt  waren,  das  im  Turme  befind- 
liche Steuerrad  (Gefechtssteuer)  einzu- 
koppeln,  gaben  sich  dieser  Arbeit  hin. 
welche  jedoch  durch  das  Feuer  des 
Feindes  verhindert  wurde.  • 

„F]s  vergingen  imgefahr  10  Mi- 
nuten, bis  das  Schiff  nach  und  nach 
sich  in  Bewegung  setzte,  zuerst  etwas 
langsam,  sodann  seine  Fahrt  mit  der 
größtmöglichsten  Geschwindigkeit  auf- 


393 


nemico,  una  corazzata  nemica,  passando 
suUa  sinistra  dell^AfTondatore*,  gli 
fece  fuoco  interrotto,  che  ha  prodotto 
qualche  danDO.'' 


,Dopo  4  minuti,  sempre  cammi- 
nando,  vedemmo  il  «Kaiser*  dirigersi 
contro  di  noi  in  atto  d'invcstire. 
L\Affondalorc*  ha  evitato  Turlo  an- 
dando  a  lulta  forza  e  sparandovi  contro 
i  suoi  due  cannoni.  11  vascello  passan- 
doci  di  poppa  alla  dislanza  di  80  sino 
a  90  m,  ci  scarico  addosso  le  suc  hat- 
terie ;  allontanandoci  da  qucsto  vasccllo 
incontrammo  una  corazzata  austriaca, 
checi  fece  fuoco  addosso  cd  un  projctlile 
passö  da  un  bordo  alFaltro;  intanlo 
vedendosi  da  una  ferritoja  della  torre 
nuovamente  il  „ Kaiser*,  fermo  appa- 
renteraente,  colFalbero  di  trinchello  in 
coperta,  bompresso  e  fumajuolo  abba- 
tuti,  si  pensö  di  andarlo  ad  investirc, 
o  fu  lo  stesso  ammiraglio  che,  infor- 
malo  di  qucsto  diedc  Tordine  al  com- 
mandante  Martini.  Allora  girando  ci 
dirigemmo  sul  vasccllo,  ma  dopo  un 
buon  tratto  di  cammino  ed  csscndo 
bastantemente  vicini  girammo  sulla 
diritta  e  pigliaudo  nel  ßanco  i  projet- 
tili  del  «Kaiser",  il  quäle  ad  una  cerla 
dislanza  era  sostenuta  da  una  coraz- 
zata.* 


nehmend  und  indem  es  gegen  den 
Feind  steuerte,  passierte  eine  feind- 
liche Panzerfregatte  an  Backbord  des 
«Afifondatore*  und  gab  ein  Vormeister- 
feuer gegen  ihn  ab,  welches  einigen 
Schaden  anrichtete.* 

«Nachdem  wir  4  Minuten  so 
fortgesteuert,  sahen  wir  das  Linien- 
schiff auf  uns  abhalten,  mit  der  Absicht 
zu  rammen.  Der  «Affondalore*  wich, 
mit  ganzer  Kraft  fahrend,  dem  Stoße 
aus  und  feuerte  seine  beiden  Kanonen 
ab.  Indem  das  Linienschiff  uns  achter 
passierte,  auf  eine  Distanz  von  80  bis. 
90  m,  feuerte  es  seine  Batterien  gegen 
uns  ab  und  nachdem  wir  uns  von  ihm 
entfernten,  begegneten  wir  einer  öster- 
reichischen Panzerfregatte,  die  ihr 
Feuer  auf  uns  richtete  und  ein  Pro- 
jektil ging  von  einer  Bordwand  durch 
die  andere ;  als  man  hierauf  durch  eine 
Spähscharte  neuerdings  den  «Kaiser* 
bemerkte,  anscheinend  haltend,  mit  dem 
Fockmast  auf  Deck  und  Bugspriet  wie 
Kamin  heruntergestürzt,  hielt  man  es  für 
angezeigt,  gegen  ihn  zu  gehen  und  ihn 
zu  rammen;  und  es  war  der  Admiral, 
welcher  hievon  in  Kenntnis  gesetzt,  dem 
Kommandanten  Martini  hiezu  den  Be- 
fehl gab.  Indem  wir  nun  wendeten,  steu- 
erten wir  auf  das  Linienschiff  los,  aber 
nach  einer  hübschen  Zeil,  die  wir  ge- 
fahren waren  und  nachdem  wir  uns  schon 
genügend  nahe  befanden,  drehten  wir 
nach  steuerbord,  die  Kugeln  des 
«Kaiser"  in  unsere  Flanken  empfan- 
gend,  der  auf  eine  gewisse  Entfernung  von 
einer  Panzerfregatle  unterstützt  wurde.  * 


394 


8.  Ans  der  Zengenaossage  des  Gaardia-maiina  Fergola  (Franeeseo). 

(Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  78.) 


Pres. :  Quando  si  pose  in  moto  1\  Affon- 
datore*  quäl  direzionc  prese? 

Test. :  Si  prese  la  direzione  del  nemico. 

Pres.:  Incootrarono  qualche  nave 
amica? 

Test. :  Dopo  non  molto,  trovammo  due 
legni  nemici  dinanzi,  anzi  ci  fu 
un  momento  che  ci  passarono 
bordo  a  bordo  due  corazzate 
nemiche,  poi  si  vidc  passare  il 
vascello  ed  altri  poi  non  si 
videro. 

Pres.:  E  quando  passo  il  vascello,  non 
si  fece  un  tentativo  per  investirlo? 

Test.:    II    tenlativo    d'investimento  fu 

dopo. 
Pres. :  Nel  principio  del  combattimento 

non  vi   fu  un  tentativo  per  inve- 

stire  il  vascello? 
Test. :   Quando  si  vide   la  prima  volta, 

no. 
Pres.:   E  dopo   aver  incontrato  le  due 

frogate   nemiche,  come  ella  dice, 

dove   si   dircsse  r,Affondatorc*? 

Test.:  Non  saprei  specificarlo. 

Pros.:  Qual  era  il  suo  ufficio  sul- 
l\Affon(laloro*'? 

Test.:  Era  quölle  di  stan»  pronto  a 
qualunquo  ordine  do\  coinnian- 
(lante;    per    consejiucnza    sc    mi 


Präs.:  Als  sich  der  «AfTondatore*  io 
Bewegung  setzte,  welche  Rich- 
tung nahm  er? 

Zeuge:  Man  nahm  die  Richtung  gegen 
den  Feind. 

Präs.:  Begegneten  Sie  irgend  einem 
feindlichen  Schiffe? 

Zeuge:  Bald  darauf  fanden  wir  zwei 
feindliche  Schiffe  vor  uns,  es  war 
sogar  ein  Moment,  wo  uns  zwei 
feindliche  Panzerfregatten  Bord 
an  Bord  passierten,  hierauf  sah 
man  das  Linienschiff  passieren, 
andere  sah  man  später  nicht. 

Präs.:  Als  das  Linienschiff  passierte, 
wurde  da  nicht  ein  Versuch 
unternommen  es  zu  rammen? 

Zeuge:  Der  Versuch  zum  Rammen  ge- 
schah Später. 

Präs. :  Bei  Beginn  des  Kampfes  geschah 
kein  Versuch  um  das  Linienschiff 
zu  rammen? 

Zeuge:  Als  man  dasselbe  zum  ersten 
Mal  sah,  nein. 

Präs.:  Und  wohin  begab  sich  der 
^Affondatore*,  nachdem  er  die 
iwei  feindlichen  Fregatten,  wi<* 
Sie  sagen,  begegnet  hatte? 

Zeuge:  Darüber  weiß  ich  nicht- 
Näheres. 

Präs. :  Welches  war  IhreDienstesbestim- 
muug  am  Bord  des  „AfTon- 
datore''  ? 

Zeuge :  Auf  jeden  vom  KommandanteL 
go{;ebenen  Befehl  bereit  zu  sein: 
wenn    daher    derselbe     mir    den 


395 


ordinava  di  andar  in    un  luogo, 
10  doveya  obbedire. 
Pres.:   Ha  parlato  di  un  tentativo  fatto 
contro  il  .Kaiser*,  come  avenne 
che  questo  tentativo  non  riuscl  ? 

Test.:  Si  dirigeva  sul  ,, Kaiser*,  e  si 
era  giä  dato  Tordine  in  macchina 
di  Star  pronti  per  arrestarla,  e 
quasi  quasi  si  era  a  poco  distanza 
da  esso;  quando,  non  mi  ricordo 
bene  il  perch^,  TammiragUo  volle 
fare  accostare  a  diritta  e  non 
piü  investirlo,  e  credo  sia  stato 
scoraggito  dal  gran  fuoco,  che 
faceva  il  bastimento.  (Mormorio.) 


Pres. :  Chi  commandava  V ,  Affondatore  ■ 
durante  il  combattimento  ? 

Test. :  lo  non  andai  subito  nella  torre, 
ma  quando  vi  andai,  Tammiraglio 
aveva  preso  il  commando;  ed 
allorch^  qualcuno  dci  nostri  uffi- 
ciali,  piloti  o  commandanti,  che 
vi  erano,  proponevano  d'investire 
ora  un  bastimento  ora  un  altro, 
mi  ricordo  bene  che  Tammiraglio 
abbia  detto:  «Ho  io  il  com> 
mando,  voglio  far  io  tutto.' 


Pres.:  Dove  stava  durante  il  combat* 

timento  Tammiraglio? 
Test. :  Nella  torre.  Allorquando  ci  por- 

tammo  per  investire  il  , Kaiser* 


Befehl  erteilte,  irgendwohin  zu 
gehen,   so  muftte  ich  gehorchen. 

Präs.:  Sie  erwähnten  eines  gegen  den 
„Kaiser*  versuchten  Stoßes;  wie 
geschah  es,  daß  dieser  Versuch 
nicht  gelang? 

Zeuge:  Man  hielt  auf  den  „Kaiser*  ab 
und  der  Maschine  war  bereits  der 
Befehl  erteilt  worden,  sich  zum 
stoppen  bereit  zu  halten  und  fast 
war  man  schon  auf  eine  geringe 
Entfernung  von  ihm,  als  —  ich 
erinnere  mich  nicht  des  Grundes 
warum  —  der  Admiral  wollte, 
daß  man  nach  steuerbord  ab- 
falle und  nicht  mehr  ramme  und 
ich  glaube,  daß  er  von  dem  hef- 
tigen Feuer  abgeschreckt  wurde, 
welches  dieses  Schiff  unterhielt. 
(Gemurmel.) 

Präs.:  Wer  kommandierte  den  , Affon- 
datore* während  des  Kampfes? 

Zeuge:  Ich  ging  nicht  gleich  in  den 
Turm,  aber  als  ich  in  denselben 
ging,  hatte  der  Admiral  das 
Kommando  übernommen  und  so 
oft  irgend  jemand  von  unseren 
Offizieren,  Piloten  oder  Komman- 
danten, die  sich  daselbst  be- 
fanden, den  Vorschlag  machte, 
dieses  oder  jenes  Schiff  zu  ram- 
men, erinnere  ich  mich  ganz 
wohl,  daß  der  Admiral  dann 
sagte :  „  Ich  habe  das  Kommando, 
ich  will  alles  machen*. 

Präs. :  Wo  stand  während  der  Schlacht 
der  Admiral? 

Zeuge:  Im  Turme.  Als  wir  uns  dem 
„Kaiser*  genähert  hatten,  um  ihn 


3% 


c  che  rAflbndatore  poi  usc),  quasi 
direi,  fuori  del  combattimento  (dico 
quasi  perch^  si  sentirono  i  colpi 
giä  ad  una  certa  distaoza  bench^ 
io  non  posso  precisarla),  allora  fu 
che  rammiraglio  mise  fuori  la 
testa  da  un  boccaporto  che  c'^ 
nella  torre,  dicendo  una  certa 
fräse  colla  quäle  yoleva  far  in- 
ten dere  che  cgli  bramerebbe  far 
fclice  la  giomala  anche  perdendo 
la  testa. 


zu  rammen  und  der,  AfTondatore* 
sich  dann  von  ihm  ab  wandte  und 
fast  außer  Gefechtsbereich  kam 
(ich  sage  fast,  denn  man  hurte 
die  SchQsse  schon  von  einer 
ziemlichen  Distanz,  die  ich  aller- 
dings anzugeben  nicht  im  stände 
bin),  da  war  es,  daß  der  Admiral 
den  Kopf  zu  einer  Lücke,  welche 
sich  am  Dache  des  Turmes  be- 
findet, heraussteckte,  indem  er 
dabei  gleichzeitig  eine  gewisse 
Phrase  gebrauchte,  mit  welcher 
er  zu  verstehen  geben  wollte,  daß 
er  den  Tag  noch  zu  einem  glück- 
lichen gestaltet  sehen  möchte, 
selbst  wenn  es  ihm  den  Kopf 
kosten  sollte. 


4.  Aus  der  Zeugenaussage  des  Linienscliiffs-Unterleutnants  de  Luci 
(Alberto)^  Ordonnanzoffiziers  des  Admirals  Persano. 

(Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  81.) 


Pres.:  Quando  r,Affondalore*  si  mise 
in  meto,  che  direzione  prese? 

Test.:  Diretlamente  contro  la  flotta 
nemica;  queslo  fu  il  primo  movi- 
menlo. 

Pres.:  Incontro  per  istrada  qualche 
baslirnenlo? 

Te.<t. :  11  ,  Kaiser*. 

Pres. :  E  si  tenlu  d'invcslirlo? 

Test.:  Veniva  perfotlanienio  di  contra- 
biirdo  air, AHnndaloro*'  fino  ad 
una  corla  dislanza.  (li  fu  un  ino- 
nicnlo  clie  si  nrcdeva  quasi  certo 


Präs.:  Als  der  „Affondatore*  sich  in 
Bewegung  setzte,  welche  Rich- 
tung nalim  er? 

Zeuge:  Direkt  gegen  die  feindliche 
Flotte;  das  war  die  erste  Bewe- 
gung. 

Präs. :  Begegnete  er  auf  dem  Wege 
irgend  einem  Schiffe? 

Zeuge:  Dem  »Kaiser*. 

Präs. :  Und  versuchte  man  ihn  zu 
rammen? 

Zeuge:  Er  kam  gerade  mit  Gogenhord 
zum  ^AfFondalore"  bis  auf  eine 
gewisse  Distanz.  Es  gab  einen 
Moment,  wo  man  sicher  glaubte. 


397 


d'inveslirlo,  ma  Tabbianio  evitato 
ed  ^  rimasto  sulla  sinistra. 

Pres.:  Perch^  fu  evitato? 

Test. :  Questo  non  so,  non  fu  ordinato 
di  evilarlo,   ma  si  evitö   di  fatto. 

Pres.:  BisogDava  forse  fare  qualche 
movimento? 

Test.:  La  velocita  con  cui  si  va,  un 
minuto,  sccondo,  basta  per  evitarc 
un  bastimenlo. 

Pres. :  Quesl*  incontro  fu  sul  principio 

del  combattimento? 
Test. :  AI  primo  iucontro  ed  alla  prima 

bordata  dcl    «Kaiser''  suir«AfToQ- 

datore*. 

Pres. :  E  dopo  questo  iucontro,  dove  si 
b  diretlo  »rAffondatore?* 

Test.:  L'.'imnnraglio  voleva  tomare 
contro  il  »Kaiser*,  si  girö  sulla 
sinistra  (r,Affondatorc*  fa  giri 
molto  lunghi)  ed  il  giro  ci  porto 
fuori  dol  combattimento.  Com- 
piulo  il  noslro  giro,  per  cui  si  im- 
picgo  7  sino  a  8  minuti,  vedemmo 
il  .Kaiser*  (che  in  tulto  questo 
tempo  pare  fosse  stato  adosso  al 
,Re  di  Portogallo)  uscirne  dal 
conibatlimento,  uialtrattato  di  prua 
e  mandando  molto  fumo,  che  sem- 
brava  avesse  Tincendio  a  bordo.  Gi 
siamo  diretli  nuovamentc  vcrso  di 
lui  e  lo  avvicinammo  fino  alla  di- 


ihn  zu  rammen,  aber  wir  haben  ihn 
verfehlt  under blieb  an  Backbord.^) 

Präs.:  Warum  wurde  er  verfehlt? 

Zeuge:  Das  weiß  ich  nicht,  es  wurde 
nicht  befohlen,  ihn  zu  verfehlen, 
aber  tatsächlich  verfehlte  man  ihn. 

Präs.:  War  es  vielleicht  hiezu  not- 
wendig eine  Bewegung  auszu- 
führen ? 

Zeuge :  Die  Geschwindigkeit,  mit  welcher 
man  fahrt,  eine  Minute,  Sekunde 
sind  ausreichend  um  ein  Schiff 
zu  verfehlen. 

Präs.:  War  diese  Bewegung  zu  Anfang 
der  Schlacht? 

Zeuge:  Beim  ersten  Zusammentreffen 
und  bei  dem  ersten  Gange  des 
.  Kaiser*  gegen  den  »Affon- 
datore.  * 

Präs.:  Und  wohin  begab  sich  der 
»Affondalorc*  nach  dieser  Begeg- 
nung? 

Zeuge:  Der  Admiral  wollte  gegen  den 
, Kaiser*  kehren,  man  wendete 
über  Backbord  (der  „  Affondatore" 
macht  sehr  große  Bögen)  und 
dieser  Bogen  brachte  uns  außer- 
halb des  Gefechlsbereiches.  Nach- 
dem wir  unseren  Bogen  be- 
schrieben halten,  wozu  man  7  bis 
8  Minuten  brauchte,  sahen  wir 
den  , Kaiser*  (welcher  wie  es 
scheint  in  der  Zwischenzeit  mit 
»R6  di  Portogallo*  engagiert  war) 
sich  aus  dem  Gefechte  zurück- 
ziehen, vorne  sehr  beschädigt  und 
viel  Rauch  von   sich   gebend,   so 


1)  Kommodore  v.  I'etz  bcriditet  an  Steuerbord. 


398 


stanza  di  150  sino  a  200  m,  ma 
allora  siamo  tornaii  indietro. 


Pres.:  E  perch^?  E  stato  dato  qualche 
ordine  contrario  al  primitivo? 

Test.:  Credo  che  rammiraglio  voleva 
far  vedere  qualche  segnale  alla 
squadra  in  legno. 

Pres.:  Qual  era  il  movimento  che 
avrebbe  dovuto  fare  l\Affon- 
datore*  per  investire  il  , Kaiser* 
in  qucsta  seconda  volta? 

Test.:  Sc  voleva  invcsth-e  il  , Kaiser*, 
dovcva  conlinuare  la  sua  rotta. 

Pres.:   E  quäl  direzione  hanno  preso 

allora? 
Test. :   Siamo   andati  verso  la  squadra 

in  legno. 


daß  es  schien,  er  habe  einen 
Brand  an  Bord.  Wir  nahmen 
neuerdings  unseren  Kurs  gegen 
ihn  und  kamen  ihm  bis  auf  eine 
Distanz  Ton  1 50  bis  SOO  m  nahe, 
aber  dann  kehrten  wir  um. 

Präs.:   Und  warum?  Wurde   ein  dem 

früheren  entgegengesetzter  Befehl 

gegeben  ? 
Zeuge:  Ich  glaube,  der  Admiral  woUle 

der  Eskadre  der  Holzschifife  ein 

Signal  zeigen. 
Präs.:    Welche    Bewegung    hätte    der 

»Affondatore*  ausfuhren  müssen. 

um  den  „Kaiser*    dieses  zweit«' 

Mal  zu  rammen? 
Zeuge:  Wenn  erden  „Kaiser*  rammen 

wollte,   so  hätte   er  seinen  Kurs 

fortsetzen  müssen. 
Präs. :  Und  welche  Richtung  haben  Sie 

dagegen  genommen? 
Zeuge:    Wir    sind    gegen    die    Holz- 
eskadre  gegangen. 


5.   Aus  der    Zengenanssage    des    Linienschiff sleutnants    Solaroli 

(Dayide). 

(Hcndiconti  etc.  etc.,  Seite  8.3.) 


Pres.:  Che  direzione  prese  r,Affon- 
datore"  appena  che  fu  in  movi- 
mento? 

Te^^t. :  Verso  un  gruppo  di  corazzate 
clie  erano  inlomo  ad  un  vascello. 
AUniv<'rsavii  la  linca  neinica,  ci 
sianiü  rivoUi  verso  il  nemico  e  ci 
siamo    diretli    sopra   il  „Kaiser**. 


Präs.:  W(?lche  Richtung  nahm  d«'r 
,  Affondalore " ,  nachdem  er  sich 
in  Bewegung  gesetzt  hatte? 

Zeuge:  Gegen  eine  Gruppe  von  Panzer- 
sehifTen.  in  deren  Mitte  sieh  ein 
LinienschifT  befand.  Er  fuhr  länir< 
der  feindlichen  Linie,  wir  wandttn 
uns  gegen  den  Feind  und  rich- 
teten unseren  Lauf  gegen  doi. 
,  Kaiser  •*. 


309 


Pres.:  Quando  si  sono  diretti  sul 
,, Kaiser*,  era  sul  principio  o  sul 
finc  del  combattimento? 

Test.:  Gl  dirigemmo  due  voIte  sul 
,  Kaiser  * ,  una  volta  quando  questo 
si  spingeva  avanti^  Taltra  quaado 
tornava  indietro. 

Pres.:  E  quando  andarono  verso  il 
^ Kaiser"  la  prima  volta.  fu  tentato 
d'investirlo? 

Te>t.:  Sissignore,  gli  andavammo  in- 
contro;  era  facile  d'urtarlo. 

Pres.:  Ma  perche  non  fu  urtato? 

Test. :  Non  saprei  dirlo ;  infalli  si  pas- 
sava  a  brevissima  distanza. 

Pres. :  E  la  seconda  volta,  come  avenne 
che  non  fu  urtato? 

Test.:  Lammiraglio  ha  ordinato  di 
accostare  sulla  destra  e  con 
questo  movimento  si  e  evitato 
l'urlo. 


Präs.:  Als  Sie  sich  gegen  den  „Kaiser" 
wandten,  war  dies  am  Anfange 
oder  gegen  das  Ende  derSchlacht? 

Zeuge:  Wir  wandten  uns  zweimal 
gegen  den  »Kaiser",  einmal  als 
dieser  offensiv  auftrat,  das  ander- 
mal als  er  sich  zurückzog. 

Präs. :  Und  als  sie  das  erste  Mal  gegen 
den  .»Kaiser*  gingen,  wurde  da 
versucht,  ihn  zu  rammen? 

Zeuge:  Jawohl,  mein  Herr,  wir  gingen 
ihm  entgegen ;  es  war  leicht,  ihn 
anzurennen. 

Präs.:  Aber  warum  wurde  er  nicht 
angerannt? 

Zeuge:  Das  weiß  ich  nicht  zu  sagen; 
tatsächUch  passierte  man  auf  sehr 
kurze  Distanz. 

Präs. :  Und  das  zweite  Mal,  wie  geschah 
es  da,  daß  er  nicht  gerammt 
wurde  ? 

Zeuge:  Der  Admiral  gab  den  Befehl, 
steuerbord  abzufallen  und 
durch  diese  Bewegung  wurde  der 
Stoß  vermieden. 


Pres. :  Ma  vi  era  chi  diceva  di  piegare      Präs. :  Aber  war  nicht  jemand  da,  der 
a  sinistra?  sagte  backbord  zu  gehen? 


Test.:  II  commandanle  Martini  di- 
ceva: »Accostiamo  a  sinistra"  e 
questa  era  Tidea  della  maggior 
parte  degli  ufßciali  che  erano 
nella  torre;  perche  accostando  a 
de^Hra  ci  allontanavammo  dal 
vascello.  ecc.  ecc. 


Zeuge:  Der  Kommandant  Martini 
sagte:  »Fallen  wir  nach  backbord 
ab"  und  dies  war  die  Meinung 
des  größten  Teiles  der  Offiziere, 
welche  sich  im  Turme  befanden ; 
denn  steuerbord  abfallend  ent- 
fernten wir  uns  vom  Linienschiff 
etc.  etc.  etc. 


400 


6.  Ans  der  Zeugenaussage  des  LIniensehlffsleutnants  Chinca 

(Domenico). 

(Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  83.) 


Pres. :  Quando  r.Affondatore'cominciö 
il  suo  movimento,  che  direzione 
prese? 

Test. :  Eravamo  solto  vento  a  linea  dei 
Dostri  baslimenti  corazzati  di- 
sposti  a  scacchiera  di  fronte. 

Pros.:  Hanno  incontrato  fregale  ne- 
miche? 

Test. :  Due  corazzale  al  largo ;  si  sono 
falti  varii  colpi,  non  mi  ricordo  se 
due  o  tre,  che  non  ci  colsero ;  poi 
h  venuto  il  vascello  il  quäle  cor- 
reva  contro  di  noi;  cioe  no,  non 
▼eniva  contro  di  noi,  ma  si  muo- 
Teva  obliquamenlc  alla  rotta  che 
noi  tenevamo. 


Pres.:  Si  e  tentato  d'invesüre  il 
„Kaiser"? 

Test.:  La  rotta  era  contraria  perfetta- 
mcnte  a  quella  che  aveva  il  va- 
scello; ci  fu  un  momento  che 
stando  in  coperta  pareva  che  il 
basliniento  si  dirigesse  sulla  rotta 
che  facova  il  , Kaiser",  ma  poi  ci 
siarno  allargati  sulla  diritta  ed 
allora  abbiarno  riccvuto  una  prima 
scarica.  poi  colpo  per  colpo  tutta 
la  l)ordata  dcl  gKaiser",  oltre 
(jualcbc  colpo  di  fucilo. 


Präs.:  Wie  der  „Affondalore*  sich  in 
Bewegung  setzte,  welche  Rich- 
tung nahm  er? 

Zeuge:  Wir  waren  in  Lee  von  der  Linie 
unserer  Panzerschiffe,  welche  in 
Schachfront  formiert  waren. 

Präs.:  Haben  Sie  feindliche  Fregatten 
begegnet? 

Zeuge:  Zwei  Panzerschiffe  weit  von 
uns;  es  wurden  einige  Schusse 
abgegeben,  ich  erinnere  mich 
nicht  ob  zwei  oder  drei,  welche 
uns  nicht  erreichten ;  hierauf  kam 
das  Linienschiff,  welches  gegen 
uns  steuerte ;  das  heißt  nein,  es 
kam  nicht  gerade  gegen  uns. 
sondern  etwas  schräg  zu  unserem 
Kurse. 

Präs.:  Wurde  versucht,  den  »Kaiser' 
anzurennen? 

Zeuge:  Der  Kurs  war  vollkommen 
entgegengesetzt  dem,  welchen  das 
Linienschiff  inne  hatle;  es  gab 
einen  Augenblick,  wo  es  schien 
—  auf  dem  Deck  stehend  —  als 
ob  sich  das  Schiff  gegen  die  Kurs- 
richtung,wclchc  der,  Kaiser"  inne- 
halte, l>owege,  aber  hierauf  fielen 
wir  nach  steuerbord  ab  und  da 
erhielten  wir  zuerst  eine  Breitseite 
und  sodann  Sclmß  nacli  Schuß 
aus  der  Flanke  des  ^Kaiser", 
nebst  einigen  Gewehrschüssen. 


401 


Pres.:  Ma  c'ä  stato  un  momento  in  cui 
credette  che  si  poteva  investire  il 
,  Kaiser«? 

Test. :  Non  saprei,  forse  per  quelV  ansia 
in  cui  era;  ma  mi  pare  che  un  mo- 
mento ci  fosse  stato  piegando  piü 
a  sinistra:  anzi  Taveva  comuni- 
cato  ad  allri  ed  aveva  ordinato 
pancia  a  terra. 


Pres. :  Ella  ha  gridato 

Test.:  Pancia  a  terra! 
Pres.:  Uammiraglio  in  capo  che  posto 
occupava  suir.Affondatore«? 

Test.:  Si  ä  portato  al  posto  di  Com- 
mandante  nella  torre. 

Pres. :  Ed  6  rimasto  sempre  nella  torre? 

Test. :  Per  quel  tempo  che  ho  potuto 
vedere  io,  fmchö  terminö  la 
raischia  credo  vi  sia  stato;  dopo 
terminata,  venne  sopra. 

Pres.:  fe  stato  Ella  nella  torre? 

Test.:  Mai. 

Pres.:  Quando  ha  creduto  possibile 
d' investire  il  , Kaiser*,  dove  era 

Ella? 

Test.:  Era  sopra  coperta;  ma  mi  sono 
ritirato,  quando  ho  veduto  Tam- 
miraglio  lä  in  cima  alla  torre. 

Pres.:  Ma  in  cima  a  quäl  torre?  Non 
era  Tallra? 


Präs. :  Aber  gab  es  nicht  einen  Moment, 
in  welchem  Sie  glaubten,  den 
.Kaiser*  rammen  zu  können? 

Zeuge:  Ich  wüßte  nicht,  vielleicht  in- 
folge der  Aufregung,  in  welcher 
ich  mich  befand;  aber  es  scheint 
mir,  daft  ein  solcher  Moment  ge- 
wesen sei  durch  Abfallen  nach 
backbord;  ich  habe  sogar  mit 
anderen  darüber  gesprochen  und 
anbefohlen,  sich  platt  auf  Deck 
zu  werfen. 

Präs.:  Sie  haben  gerufen 

Zeuge:  Platt  auf  Deck! 

Präs.:  Welchen  Posten  nahm  der  Ad- 

miral  en  chef  am  Bord  des  ,  AfTon- 

datore*  ein? 

Zeuge:  Er  begab  sich  auf  den  Posten 
des  Kommandaatcn  im  Turme. 

Präs. :  Und  verblieb  er  immer  im  Turm? 

Zeuge:  Die  Zeit  über,  was  ich  sehen 
konnte  und  bis  die  Melec  beendet 
war,  glaube  ich,  daß  er  in  dem- 
selben war,  nach  deren  Beendi- 
gung kam  er  herauf. 

Präs.:  Waren  sie  in  dem  Turm? 

Zeuge:  Niemals. 

Präs. :  Zu  jener  Zeit,  als  nach  Ihrer  Mei- 
nung das  Rammen  des  „Kaiser* 
möglich  war,  wo  befanden  Sie 
sich? 

Zeuge :  Ich  befand  mich  auf  Deck ;  aber 
ich  zog  mich  zurück,  als  ich  den 
Admiral  oben  auf  dem  Turme  sah. 

Präs. :  Aber  auf  welchem  Turme  oben  ? 
War  es  nicht  der  andere? 


402 


Test.:  No,  alla  torre  dei  cannoni. 
Pres.:   Dopo   avuto   questo  cozzo  col 

, Kaiser',  che  direzione  ha  preso 

r.Affondalore*? 

Test. :  Dal  momento  che  abbiamo  avuti 
tutli  quei  colpi,  ho  ricevuto  gli 
ordioi  del  commandante  in  capo 
di  provvedere  a  tutle  quelle  ripara- 
zioni  cd  a  tutti  quei  bisogni  che 
fossero  urgenli. 

Sono  disceso  abbasso  dove 
feci  quanto  si  poteva  in  quei  mo- 
mento, piü  tardi  ho  sentito  una 
granata  che  era  scoppiata  sulla 
coperla  e  che  aveva  fatto  saltare 
un  poco  della  medesima.  Dopo 
salito  in  coperta,  non  c*6  stato 
altro  tentativo;  io  non  sono  stato 
testimone  che  al  primo  fatto. 

Pres. :  Non  ha  saputo  che  verso  la  fine 
del  combattimento,  anzi  quando 
si  poteva  dir  terminalo,  ci  sia 
stalo  un  altro  tenlativo? 


Zeuge:  Nein,  auf  dem  Geschutzturme.^) 
Präs. :  Nachdem  dieser  Zusammenstoß 

mit  dem  «Kaiser"   stattgefunden. 

welche  Richtung  nahm  dann  der 

,Affondatore*? 

Zeuge:  Vom  Momente  an,  wo  wir  diese 
Schüsse  erhielten,  wurde  mir 
vom  Oberkommandanten  anbe- 
fohlen, alle  jene  Reparaturen  und 
Maßnahmen  vorzunehmen,  welche 
sich  als  dringend  notwendig 
herausstellten. 

Ich  stieg  unter  Deck,  wo  ich 
soviel,  als  eben  in  diesem  Mo- 
mente möglich  war,  die  Ordnung 
herstellte;  später  hörte  ich  eine 
Granate  auf  Deck  platzen,  welche 
von  diesem  etwas  aufriß.  Nach- 
dem ich  wieder  auf  Deck  gekom- 
men war,  wurde  kein  anderer 
Versuch  mehr  unternommen;  ich 
war  nur  Zeuge  vom  ersten. 

Präs.:  Haben  Sie  nicht  gewußt,  daß 
gegen  Ende  des  Gefechtes,  als 
dieses  sozusagen  schon  beendet 
war,  noch  ein  anderer  Rammver- 
such unternommen  worden  sei? 


1)  Sowohl  die  Frage  wie  die  Antwort  hierauf  sind  in  dieser  Form  unverstSind- 
lich  und  duifle  im  Texte  des  stenographischen  Protokolls  wohl  ein  Irrtum  unterlaufen 
oder  etwas  ausgelassen  worden  sein.  Der  „Affondatore*  hatte,  wie  erinnerlich,  (siehe 
Seile  203)  2  drehbare  GeschQtzturme,  je  einen  vorne  und  achter  sowie  einen  soge- 
nannten Koiiiiiiandoturm  in  der  Mitte  des  Schiffes,  welche  aber  nicht  miteinander  kom- 
munizierten und  in  welche  man  sich  vom  Deck  aus  begab.  Der  Admiral  befand  sich  im 
Komniandolurm  und  mußte,  um  aus  demselben  heraus  und  auf  das  Deck  zu  gclantren. 
durch  die  große  ÖlTnimg  am  Dache  desselben,  wo  sich  die  Stiege  befand,  hinauf  und 
sodann  vom  Dache  des  Turmes  über  eine  zweite  Stiege  auf  das  Deck  herabsteigen.  Da? 
ist  L'S.  was  Linionschiffsleulnant  Chi nca  mit  dem  Ausdrucke  «cima  della  torre*  saj?ea 
will  und  es  wird  zweifelsohne  in  seiner  Antwort  heißen  sollen:  ,No,  alla  torre  di  com- 
mandu"  und  nicht  , torre  dei  cannoni*'.  A.  d.  Y. 


403 


Test. :  Ho  sentilo  palarne,  ma  uon  ho 

Teduto  Dulla. 
Pres. :  Non  puö  dir  nuUa  sulle  segnali- 


zioni? 


Test.:  No,  soltanto  quando  rammi 
raglio  §  uscito  ho  sentito  che  si 
lamentava  che  non  si  fosse  ese 
guito  un  Signale;  ma  non  so 
perchö  non  Tho  letto,  ne  inter 
pretato. 


Zeuge:  Ich  habe  davon  reden  gehört, 
aber  ich  habe  nichts  gesehen. 

Präs. :  Können  Sie  etwas  Ober  die  Sig- 
nale sagen? 

Zeuge:  Nein,  nur  als  der  Admiral 
herunterstieg,  hörte  ich,  wie  er 
sich  beklagte,  daß  man  ein  Sig- 
nal nicht  ausgeführt  habe;  aber 
ich  kenne  es  nicht,  ich  habe  es 
nicht  abgelesen  noch  entziffert. 


7.  Aus  der  Zeugenaussage  des  Linlenschiffskapit&ns  €aT.  Maiüni 
(Federico)^  Kommandanten  des  ^^Affondatore^^ 

(Rendiconti  etc.  etc. ;  Seite  83.) 


Pres.:  E  quäle  direzione  prese  l\Affon- 
datore*? 

Test.:  L^Affondatore*  appena  si  mise 
in  moto  cercö  di  entrare  nella 
mischia;  s'incontrö  col  vascello 
.Kaiser'  che  veniva  con  la  prua 
verso  di  noi;  lo  evitö  non  essendo 
in  posizione  favorevole,  quindi 
diresse  contro  un  altro  bastimento 
austriaco,  ma  fu  costretto  diver- 
gere  la  rotta  perchä  eravamo 
molestati  da  una  corazzata;  ordi- 
nai  di  accostare  suUa  sinistra  e 
dirigere  sul  vascello. 


Pres.:  Per  dirigere  la  manovra,  dove 

slava? 
Test.:  lo  guardai  dal  buco  circolare 

che  era  nella  parte  superiore  della 

Fleischer,  Diek.  k.  KriegBmarine  1866. 


Präs. :  Und  welche  Richtung  nahm  der 
«Affondatore*? 

Zeuge: Sofort,  nachdem  sich  der  j^Affon- 
datore*  in  Bewegung  gesetzt 
hatte,  trachtete  er  in  die  Melee  zu 
kommen;  auf  dem  Wege  dahin 
begegnete  er  dem  Linienschiff 
, Kaiser*,  welches  mit  dem  Buge 
gegen  uns  zukam;  er  wich  ihm 
aus,  da  er  in  keiner  günstigen  Po- 
sition war;  hierauf  steuerte  er 
gegen  ein  anderes  österreichisches 
Schiff,  war  aber  genötigt,  aus  sei- 
nem Kurse  zu  gehen,  da  wir  von 
einer  Panzerfregatte  belästigt  wiu> 
den;  ich  gab  den  Befehl,  backbord 
zu  gehen  und  auf  das  Linienschiff 
loszusteuern. 

Präs. :  Wo  standen  Sie,  um  das  Manö- 
ver zu  leiten? 

Zeuge :  Ich  sah  zum  kreisrunden  Loche 
heraus,  welches  im  Dache  des 

26 


404 


torre.  Dirigemmo  sul  vascello 
„Kaiser''  e  quando  fiimmo  a 
300  m  di  distanza  ordinal  al- 
Tufficiale  Solaroli  di  avrisare  in 
macchina  di  tenersi  pronti,  perchd 
andarammo  ad  urtare  contro  il 
Tascello.  Ad  un  tal  punto  Tammi- 
raglio  mi  ordinava  di  accostare 
a  diritta;  io  crede?a  fosse  piü 
adatto  a  sinistra,  invece  Tammi- 
raglio  volle  che  si  fosse  portale  a 
diritta  cd  il  vascello  evitava 
interamente  l'urlo,  ricevendo  noi 
qualche  scarica. 


Turmes  angebracht  ist.  Wir 
steuerten  auf  das  Linienschiff 
„Kaiser*  und  als  wir  zirka  300  m 
von  ihm  entfernt^)  waren,  befahl 
ich  dem  LinienschiCEBleutnant  So- 
laroli in  der  Maschine  zu  avi- 
sieren, daß  man  sich  dort  bereit 
halte,  indem  wir  das  Linienschiff 
rammen  würden.  So  weit  ange- 
langt, befahl  mir  der  Admiral 
steuerbord  zu  gehen;  ich  hielt 
es  für  mehr  angezeigt,  nach  back- 
bord  zu  halten,  aber  der  Admiral 
bestand  darauf,  daß  steuerbord 
abgehalten  viKlrde  und  das  Linien- 
schiff entging  gänzlich  dem  Stoße, 
während  wir  bei  dieser  Gelegen- 
heit einige  Lagen  erhielten. 


8.  Ans  der  Zengenanssage  des  Linienschlflflskapit&ns  €onim.  d'Amieo 

(Edoardo),  Stabsehef  der  Flotte. 

(Rendiconti  etc.  etc.;  Seite  69.) 


,  Quando  abbiamo  cominciato  il 
combattimento  lo  cominciammo  col 
tirare  con  cannone  di  prua  da  300 
contro  la  nave  nemica  in  testa,  pol 
abbiamo  diretto  per  investire  una 
corazzata  che  credevamo  o  almeno  io 
credetti  Tammiraglia  del  neinico;  ma 
il  vascello  nemico  si  b  fatto  avanli  per 
investirci  di  traverso  e  allora  il  com- 
mandante  deir ,  Affondatore  •  fu  obbli- 


pBei  Beginn  des  Gefechtes  war 
unser  erster  Schuß  mit  dem  300pfun* 
der  aus  dem  vorderen  Turm  gegen  das 
feindliche  Schiff  an  der  Spitze  gerich- 
tet; hierauf  steuerten  wir,  um  eine 
Panzerfregatte  zu  rammen,  welche  wir ') 
oder  wenigstens  ich  für  das  feindliche 
Admiralschiff  hielten ;  aber  das  feind- 
liche Linienschiff  kam  entgegen  in  der 
Absicht,  uns  dwars  anzurennen  und  da 


1)  Nach  den  österreichischen  Angaben  wäre  der  ^Affondatore*  bis  auf  1  Kabel 
=  200  m  nahe  gekommen. 

'^)  Die  ^Elisabeth''  welclie  für  ein  Panzerschiff  gehalten  wurde;  siehe  Seite  i(^\, 
261  unJ  295. 


405 


gato  di  deviare  ed  abbiamo  mancato 
rurlo.« 

sAbbiamo  faito  un  giro  tutto  in« 
tomo  per  andare  ad  iovestire  U  ya« 
scello  nemico,  quäl  giro  ci  spinse  aulla 
seconda  linea  nemica  e  facendo  queato 
ricevemmo  parecchie  scaricho  dal  ya* 
acello  aleaso  che  h  passato  contro  ü 
Oestro  bordo  a  breviasima  diatanza, 
tanto  che  la  facileria  ci  tirö  adoaso.* 


yLa  secouda  ?oUa  che  abbia- 
mo fatto  questo  giro  per  cercare  d'in- 
vestire  il  vascello  eravamo  in  rotta  quasi 
parallela  al  yascello  stesso  e  mi  pare?a 
che  se  avessimo  accostato  alquantosulla 
sinistra,  lo  ayremmo  investito;  main 
quel  momento  ho  inteso  Tordinc  del- 
l'ammiraglio  di  accostare  a  diritta  e  sie* 
come  questa  rotta  ci  do?e¥a  deviare 
dal  vascello  Tho  avvertito  dicendo: 
«Ammiraglio,  a  sinistra!"  e  ho  poi 
presente  che  anche  il  commandante 
Martini  aYeva  fatto  questa  osserva- 
zione;  ma  l'ammiraglio  ha  detto  che 
commandava  lui  ed  allora  io  mi  sono 
laciuto.* 


war  der  Konmiandant  des  «Affonda- 
tore*  gezwungen  auszuweichen  und  so 
haben  wir  den  Stoft  verfehlt* 

9  Wir  beschrieben  nun  einen 
vollsiftndigen  Krds,  um  gegen  das 
Linienschiff  zu  gehen  und  dasselbe  zu 
rammen,  welcher  Kreis  uns  auf  die 
feindliche  zweite  Linie  warf  und  indem 
wir  dies  taten,  erhielten  wir  einige 
Lagen  vom  Linienschiff,  welches  uns 
mit  Gegenbord  sehr  nahe  passierte,  so 
daft  ein  Gewehrfeuer  auf  uns  unter- 
halten wurde.* 

«Als  wir  zum  zweiten  Male 
diesen  Kreis  beschrieben,  um  zu  ver- 
suchen, das  Linienschiff  zu  rammen, 
befanden  wir  uns  in  einem  fast  paral- 
lelen Kurse  zu  diesem  und  es  schien 
mir,  daß,  wenn  wir  etwas  nach 
backbord  abgehalten  hfttten,  wir 
es  rammen  mfiftten;  aber  in  diesem 
Augenblicke  hörte  ich  den  Admiral  be- 
fehlen, steuerbord  abzuhalten  und  da 
diese  Richtung  uns  vom  Linienschiff 
entfernen  mußte,  so  machte  ich  ihn 
hierauf  auflnerksam,  zurufend:  , Ad- 
miral, backbord!*  und  Mt  mir  bei 
dieser  Gelegenheit  ein,  daß  auch  Kom- 
mandant Martini  dieselbe  Bemerkung 
machte;  aber  der  Admiral  entgegnete 
uns,  daß  er  befehle  und  so  schwieg 
ich.* 


9.  Aus  der  Yerteidigangsrede  des  Admirals  Persano  im  Proiesse. 

(Hendiconti  etc.  etc. ;  Seite  129.) 


yUn  appunto  grave  che  mi  si  „Eine  schwere  gegen  mich  vor- 

fece  e  che  forse  ä  quello  che  ha  piü     gebrachte  Beschuldigung  und  eine,  die 

26* 


ioDuito  neU'opinioQe  Reoerale  e  dirö 
anche  dei  miei  giudici,  6  la  manovra 
che  eseguii  neilo  intento  d'inveslire  il 
, Kaiser".  Giunto  a  queslo  punio,  o 
Signori,  io  desidcro  mi  portnellJalc,  a 
meglio  farvi  inleiiderc  la  cosa,  di  spie- 
garmi  con  similitudinj,  giacchfi  il  farmi 
capire  qui,  dove  seggono  due  soll  am- 
miragli,  di  cose  puramente  proprie  al- 
l'aile  noslra,  sarebbe  difßcile  per  chi  non 
compreude  i  termini  marinareschi. ' 


fSuppoDete  per  un  momcnto 
che  un  generale  d'Armata  abbia  un 
cavallo  forte,  Tocoso,  ma  dod  adde- 
Strato  al  maneggio  del  caTaliere  che  lo 
Tuole  »olgere  prootamente  od  a  dritla 
od  a  sinistra.  Supponele  che  veda  da 
lontano  ud  CommaDdante  dl  Cavalleria 
che  fugge  avendo  un  cavallo  pronto  e 
ubbidleote  ai  suoi  ardini.  II  primo  lo 
vede,  gU  corre  contro  a  briglia  sciolta 
e  lenla  urlarlo  nel  RaDCO  sinistro  che 
h  quello  che  gh  si  presenla.  li  fuggente 
che  h  abile  cavaliere  e  fortuna tarnen te 
lia  sotto  di  sh  un  destriero  obbediente 
alla  chiantata,  volta  a  un  tratlo  il  suo 
cavallo  e  presenta  il  fianco  destro  a  chi 
veniva  per  urlarlo  nel  fianco  sinistro.* 


vielleicht  am  meisten  dazu  beigciragen 
hat,  daS  sich  sowohl  die  allgemeine 
Meinung  wie  vielleicht  auch  die  Stim- 
mung meiner  Richter  gegen  mich  ge- 
wendet haben,  ist  jene,  welche  sich  airf 
das  Manöver  bezieht,  welches  ich  io 
der  Absicht,  den  .Kaiser"  m  mm~ 
nien.  ausführte.  Bei  diesem  Punkte 
angelangt,  erlauben  Sie,  meine  Her- 
ren, duB  ich  za  Ihrem  besseren  Ver- 
standnisse, nachdem  hier  bloB  zwei 
Admiralu  als  mit  dem  Seewesen 
besser  Vertraute  sitzen,  Ihnen  ein 
Gleiclinis  vorHihre,  weil  sonst  meine 
Auseinandersetiungea  fllr  jene,  wel- 
che die  seemännischen  AusdrQcbo 
nicht     kennen,     schwer    vers  ländlich 


.Nehmen  Sie  einmal  an,  eia 
General  des  Landheeres  besitze  ein 
kräftiges,  feuriges  aber  nicht  zugerit- 
tenes Pferd,  welches  nicht  dem  ZOgel 
des  Beilers,  der  es  rasch  nach  rechts 
oder  links  wenden  wiU,  folgt.  Nehmen 
Sie  Weilers  :m,  daft  dieser  General 
von  weitem  einen  KavaUeriekomman- 
danten  erblickt,  welcher  auf  der  Rächt 
begriffen  ist,  der  aber  ein  zugeriltenet 
und  folgsames  Pferd  unter  sich  haL 
Der  erste  rennt  mit  verhängtem  Zugd 
auf  ihn  zu  und  versucht  in  die  Unke 
Seite  des  Gegners  —  das  ist  Jen«. 
welche  sich  ihm  darbietet  —  lu  stofiea. 
Der  Fliehende,  ein  gewandter  Reiter, 
der  glücklicherweise  ein  dem  ZQgelfoIg- 
sames  Streitroß  unter  sich  hat,  wendet 
plötzlich  sein  Pferd  und  zeigt  quo 
dem,  welcher  die  Absicht  halte,  in  dit-, 


407 


«A  chi  giudicasse  solo  dal  senso 
della  vista,  parrebbe  che  dovesse  urtare 
da  un  lato  dato,  ma  chi  giudica  col 
eriterio,  si  avvede  facilmente  che  il 
lato  verso  cui  deve  dirigere  per  pro- 
durre  l'urto,  6  Fopposto.* 


,Si  dirä  Turto  non  b  seguito. 
Vero,  non  e  seguito;  ma  vi  prego  di 
considerare,  che  Tuno,  il  fuggente, 
aveva  un  cavallo  rapido,  maestrevol- 
mcnte  addestrato,  docile  alla  voce  ed 
alla  briglia:  del  suo  cavaliere.  L'altro 
aveva  un  cavallo  röbuslo,  potentissimo, 
ma  ribelle  al  maneggio.  Ed  il  succe- 
dcre  0  non  succedere  deir  urto  b  cosa 
che  dipende  da  pochi  minuti,  secondil* 


,Gome  adunque  si  vuol  far  colpa 
al  cavaliere  della  inettitudine  del  ca- 
vallo?* 

«Domando  scusa  di  questa  simi- 
litudine  al  Senate,  ma  a  parer  mio  b 
la  piü  atta  a  poter  convincere.  * 


linke   Seile    zu    stoßen,    die    rechte 
Seite.  1)» 

9  Demjenigen,  der  nur  nach  dem 
ersten  Blick  urteilen  wollte,  würde  es 
nun  scheinen,  daß  er  nach  der  ge- 
gebenen Seite  zustoßen  müsse;  der- 
jenige aber,  der  mit  Überlegung  urteilt, 
wird  mit  Leichtigkeit  bemerken,  daß 
die  Seite,  nach  welcher  hin  er  sich 
wenden  müsse,  um  den  Stoß  auszu- 
führen, die  entgegengesetzte  Seite  sei.' 

»Man  wird  mir  einwenden,  der 
Stoß  ist  nicht  erfolgt.  Wahr,  er  ist 
nicht  erfolgt;  aber  ich  bitte  Sie  zu  be- 
rücksichtigen, daß  der  eine,  der  Flie- 
hende, ein  schnelles,  meisterhaft  ab- 
gerichtetes, der  Stimme  wie  dem  Zügel 
seines  Reiters  folgendes  Pferd  hatte. 
Der  andere  hatte  ein  derbes,  sehr  kräf- 
tiges aber  der  Leitung  widerstrebendes 
Pferd.  Und  das  Gelingen  oder  Nicht- 
gelingen  des  Stoßes  ist  eine  Sache,  die 
von  wenigen  Minuten,  Sekunden  ab- 
hängt!« 

„Wie  will  man  also  dem  Reiter 
wegen  der  Untauglichkeit  seines  Pfer- 
des Schuld  geben?* 

«Ich  bitte  den  Senat  um  Ent- 
schuldigung, mich  dieses  Gleichnisses 
bedient  zu  haben,  aber  nach  meinem 


1)  Dies  ist  einfach  nicht  wahr  und  deshalb  hinkt  das  Gleichnis.  Der  «Kaiser* 
welcher  hier  mit  dem  fliehenden  Reiter  verglichen  wird,  zeigte  dem  „Afirondatore*  stets 
nur  eine,  und  zwar  die  Steoerbordseitc,  da  er  sich  backbord  vom  „AfiTondatore*  befand 
und  die  beiden  SchifTe  einen  nahezu  parallelen  Kurs  steuerten.  Der  Admiral  konnte  daher 
nie  die  Absiebt  gehabt  haben^  den  «Kaiser*"  an  Backbord  zu  rammen.  Der  Vergleich  des 
„Kaiser*,  der  sich  wie  wir  wissen,  mit  schwachen  Feuern  und  havariertem  Steuer  nach 
S.  Giorgio  zurückzog,  mit  einem  schnellen,  meisterhaft  abgerichteten  und  dem  Reiter 
folgenden  Pferde,  ist  überhaupt  ein  sehr  gewagter.  A.  d.  V. 


408 


,Ora,  dopo  questo  &tto  chi  g;ui- 
dava  il  cavallo,  perdato  Turto,  h  traspor- 
tato  dal  suo  veloce  correre  in  avanti 
dove  scorge  una  parte  delle  sue  forze 
inatüve;  egli  allora  continua  la  sua 
corsa  verso  quelle  föne  e  non  pensa 
piü  a  litofuare  terso  il  fuggitito,  ma 
pensa  solo  a  quelle  forze  inattive  onde 
spingerle  nuovamente  a  riprendere  la 
battaglia.  '^ 


,  Questo  era  Tesempio  su  cui 
io  intesi  di  appoggiare  tutta  la  manovra 
che  ho  eseguito,  paragonando  due  navi 
a  due  cavalieri  che  s'inseguono.' 


,Io  ricoDOsco  in  quclli  che  sono 
venuti  a  deporre  contro  di  me  a  questo 
proposito  molta  bravura  e  molto  ardi- 
mento,  ma  quanto  al  giudicare  delle 
mie  operazioni,  nissuno  vivaddio,  h  piü 
competente  di  me.* 


Dafürhalten  ist  es  am  meisten  geeignet, 
überzeugen  zu  können. ' 

»Nun,  nach  dem  mißglückten 
StoBe,  wurde  derjem'ge,  welcher  das 
(ungelenkige)  Pferd  ritt,  durch  seinen 
raschen  Lauf  weit  nach  vorne  gebracht, 
wo  er  einen  Teil  seiner  Streitkrifte 
untätig  sieht;  er  setzt  nun  seinen  Lauf 
gegen  diese  fort  und  denkt  nicht  mehr 
daran,  zu  dem  Fliehenden  zurückzu- 
kehren, sondern  denkt  nur  an  diese 
untätigen  Streitkräfte,  um  sie  neuerdings 
anzuspornen,  die  Schlacht  wieder  her- 
zustellen.' 

,  Dieses  war  das  Beispiel,  nach 
welchem  ich  beabsichtigte,  das  ganze 
Manöver,  welches  ich  vollführte,  zu 
erklären,  indem  ich-  zwei  Schiffe  mit 
zwei  Reitern,  die  sich  gegenseitig  ver- 
folgen, verglich.' 

«Ich  lasse  aUen  jenen,  welche 
über  dieses  Faktum  hier  gegen  mich 
ausgesagt  haben,  bezüglich  ihrer  groBen 
Bravour  und  ihres  großen  Eifers  volle 
Anerkennung  widerfahren,  aber  was 
die  Beurteilung  meiner  Handlungen 
anbelangt,  so  ist  da,  Gott  sei  Dank, 
niemand  kompetenter  als  ich.**) 


10.  Aus  dem  Tagebuche  des  Admirals  Persano. 

(Rendiconü  etc.  etc. ;  Seile  29.) 


„Verso    le    11**    antemeridiane  »Gegen  11^  a.  m.  eröffnet  die 

Tarmata  sotto  il  niio  commando  apre      unter    meinem    Kommando    stehende 


1)  Dieser  Ausspruch  zeigt  so  recht  den  Größenwahn  des  Admirals  Persano.  In 
maritimen  Dingen  war  er  unfehlbar!  A.  d.  V. 


409 


prima  il  fuooo  sul  nemico.  Ordino 
allora  al  commandante  Martini  del- 
r.Affondatore'  di  correie  contro  il 
vascello  nemico  ed  affondarlo.  La  mi- 
schia  s'impegna  accanita;  il  comman- 
dante Martini  dirige  benissimo  sul 
vascello,  passando  in  mezzo  al  fuoco 
nemico.  Anelo  di  raggiungere  qoel 
legno.  L'ho  sotto  gli  occhi:  gli  sparia- 
mo  contro  i  nostri  cannoni  da  300  e 
vedo  chiaramente  ch'^  colpito  in 
pieno.* 


9 II  tenente  di  vascello  Chinca, 
esposto  sulla  tolda  con  alcuni  marinai 
spiega  una  temeritä  di  coraggio  sor- 
prendente.  Ne  lo  complimento;  lo 
trovo  modesto  quanto  valoroso,  e  lo  ^ 
all'estremo.  Arrivano  corazzate  ne- 
miche  a  sostegno  del  vascello,  contro 
cni  correvarao,  che  non  ha  piü  bom- 
presso  ne  albero  di  trinchetto,  ne 
fnmajuolo.  Gorre  al  vento  presentando 
vista  spettacolosa  ed  imponente.  II 
suo  ftioco  contro  di  noi  ci  colpisce  da 
varii  lati  e  ci  ferisce  in  piü  partL 
Avvicinatolo,  oltre  al  vivo  ftioco  delle 
sue  artiglierie  ci  riceve  con  scariche  di 
moschetteria  contro  i  nostri  che  stanno 
suUa  tolda  con  Chinca  alla  testa.*^ 


,Sono  sempre  nella  speranza  di 
raggiimgerlo  ed  afferarlo.  Se  non  che 
per  mala  disposizione  del  frenello  del 
timone,  male  si  püo  govemare  e  Turto 


Flotte  zuerst  das  Feuer  gegen  den 
Feind.  Ich  erteile  mm  dem  Komman- 
danten Martini  den  Befehl,  gegen  das 
feindliche  Linienschiff  zu  steuern  und 
es  zu  rammen.  Die  Melee  entspinnt 
sich  erbittert;  der  Kommandant  Mar- 
tini steuert  ausgezeichnet  gegen  das 
Linienschiff,  mitten  zwischen  dem 
feindlichen  Feuer  passierend.  Ich  strebe 
sehnlichst  danach,  dieses  SchifiT  zu  er- 
reichen. Ich  habe  es  bereits  unter  den 
Augen;  wir  schleudern  ihm  unsere 
SOOpfQnder  entgegen  und  ich  sehe 
deutlich,  daß  es  mitten  hinein  ge- 
troffen ist/ 

«Der  auf  dem  Oberdeck  mit 
einigen  Matrosen  postierte  Linienschiffs- 
leutnant Chinca  entwickelt  eine  be- 
wunderungswürdige Kühnheit.  Ich  be- 
glückwünschte ihn  hiezu;  ich  finde 
ihn  ebenso  bescheiden  vrie  tapfer  und 
er  ist  dies  bis  zum  Äußersten.  Es 
kommen  feindliche  Panzerschiffe  dem 
Linienschiffe  zu  Hilfe,  gegen  welches 
wir  lossteuern  und  das  kein  Bugspriet, 
keinen  Fockmast  und  keinen  Schlot 
mehr  hat.  Es  fährt  am  Wind,  einen 
sehenswerten  und  imponierenden  An- 
blick darbietend.  Sein  Feuer  gegen  ans 
trifft  uns  an  verschiedenen  Stellen.  Ihm 
nihergekommea  empfingt  es  uns  außer 
seinem  lebhaften  Artilleriefeuer  auch 
noch  mit  Gewehrsalven  gegen  unsere 
Leute,  die  mit  Chinca  an  der  Spitze 
auf  dem  Oberdecke  stehen." 

«Ich  bin  ixomer  noch  in  der 
Hoffnung,  es  zu  erreichen  und  zu  ver- 
senken, wenn  es  nicht  geschehen 
wäre,  daß  man  zufolge  einer  schlech- 


410 


viene  evitato;  e  cosl  succede  di  allri 
legni  contro  i  quali  pure  si  voltö  la 
prora.  Ma  il  fuoco  dei  noslri  due  can- 
noni  ricsce  micidiale  a  chi  colpisce.*^ 


ten  Installierung  des  Steuerreeps  nur 
schlecht  steuern  kann,  wcslialb  der 
Stoß  verfehlt  wird  und  so  geschah 
es  auch  noch  mit  anderen  Schif- 
fen, gegen  welche  wir  den  Bug 
gerichtet  hatten.  Aber  das  Feuer 
unserer  zwei  Geschütze  erwies  sich  als 
ein  verderbenbringendes  für  den,  wel- 
chen es  traf.* 


11.  Aus  dem  Berichte  des  Admirals  Persano  über  die  Schlacht  von 

Lissa. 

(J  fatU  di  Lissa%  Seite  28  u.  ff.) 


«Scagliato  che  ebbe  i^Affonda- 
tore*  ilsuo  primo  colpo  contro  la  fregata 
ammiraglio  nemica,  il  suo  comman- 
dante  cav.  Martini,  in  eseguimento  de' 
miei  ordini,  manovrö  per  dirigere 
r^Affondatore^  ad  investire  in  pleno 
quella  nave  seguita  dappresso  dal  va- 
scello  »Kaiser".*^) 

,Fu  allora  che  mi  avvidi  che 
per  cattiva  disposizione  del  frenello 
della  barra  del  timone,  a  stento  si  po- 
tcva  far  agire  quella  potenza  mecca- 
nica:  grave  inconvenienle  sempre  per 
una  nave,  massime  poi  quando  il  basli- 
menlo  e  chiamato,  anzi  tutto,  a  spro- 
fondare  il  neniico  a  colpi  d'ariete. 
Difalli  non  solo  si  mancö  al  nostro  in- 
lento,  ma  si  corse  rischio  di  venire  noj 
stessri    investiti    da    chi   si   voleva   in- 


,  Nachdem  der  »  Affondatore  * 
seinen  ersten  Schuß  gegen  die  feind- 
liche Admiralsfregatte  abgegeben  Iiatte. 
manövrierte  der  Kommandant  des- 
selben, Linienschiffskapitan  Martini, 
auf  meinen  Befehl  derart,  daß  der 
, Affondatore*  jenes  Schiff,  welchem 
das  Linienschiff  „Kaiser*  folgte,^)  in 
seine  Flanke  anrennen  könne.* 

„  Bei  dieser  Gelegenheit  bemerkte 
ich,  daß  man  infolge  einer  mangel- 
haften Führung  des  Steuerreeps  nur 
mit  großer  Anstrengung  den  ganzen 
Steuermechanisnius  bewegen  konnte: 
ein  großer  Obelstand  für  ein  jedes 
Schiff,  besonders  aber  für  ein 
solches,  welches  vor  allen  anderen 
bestimmt  ist,  den  Feind  durch 
Rammstöße  zum  Sinken  zu  brin- 
gen.    Und     wirklich    verfehlten     wir 


1)  .Elisabeth-. 


411 


Testire.  E  senza  prontezza  di  manovra, 
correndo  a  tulta  forza,  difficilmenle 
avremmo  evitata  la  collisione  a  nostro 
danno.  II  Martini  maneggiö  con 
maestria  la  nave  affidata  al  suo  com- 
mando,  c  mi  congratulai  seco.*^ 


«Fallito  il  primo  intendimento, 
che  fu  cosa  di  pochi  minuti,  trovan- 
doci  nella  seconda  linea  nemica,  dissi 
al  commandante  Martini  che  vedesse 
se  gli  venisse  fatto  di  dar  contro  al 
vascello :  ma  qui  pure,  non  obbcdendo 
l\AfTondatore^  prontamente  al  timone, 
invcce  di  dargli  di  cozzo,  gli  pas- 
sammo  allato  rascntandolo,  ricevendo 
rintiera  sua  fiancata  che  ne  pcrforava 
il  legno  in  piü  parti,  accompagnata  da 
un  nudrito  fuoco  di  moschetteria 
contro  la  nostra  gente  che  lavorava 
sulla  tolda  per  abbozzare  il  sarliamc 
troncato  qua  e  lä,  e  fermare  Täncora 
di  posta  di  sinistra,  la  quäle  penzo- 
lante,  per  rottura  delle  sue  bozze, 
batteva  forte  contro  il  bordo.  Erano 
diretli  dal  loro  bravo  primo  luogo- 
tcnente  Ghinca,  ufßciale  di  un  co- 
raggio  e  di  un*intrepidezza  ammirabili, 
superati  solo  da  una  modestia  piuttosto 
unica  che  rara:  corsi  a  stringergli 
cordialmente  la  mano.* 


nicht  nur  unsere  Absicht,  sondern  wir 
liefen  noch  Gefahr,  selbst  von  dem 
gerammt  zu  werden,  den  wir  rammen 
wollten.  Ohne  Raschheit  des  Man- 
övers hätten  wir  schwerlich,  da  wir 
mit  voller  Kraft  fuhren,  den  Zusammen- 
stoß, der  zu  unserem  Schaden  erfolgt 
wäre,  vermieden.  Martini  manöv- 
rierte  das  seinem  Kommando  anver- 
traute Schiff  mit  Meisterschaft  und  ich 
beglückwünschte  ibn  aus  diesem  An- 
lasse. '^ 

9  Nachdem  unsere  ursprüngliche 
Absicht  fehlgegangen,  was  eine  Sache 
von  wenigen  Minuten  war,  befanden 
wir  uns  in  der  feindlichen  zweiten 
Linie  und  ich  sagte  zum  Komman- 
danten Martini,  er  möge  sehen,  ob 
es  ihm  nicht  gelänge,  gegen  das 
Linienschiff  loszugehen;  aber  auch  in 
diesem  Falle  gehorchte  der  «Affonda- 
tore*  nicht  prompt  dem  Steuer  und 
anstatt  dasselbe  zu  rammen,  passierten 
wir  es  langschiffs  sehr  nahe  und  er- 
hielten seine  ganze  Breitseite,  welche 
das  Schiff  an  mehreren  Stellen  durch- 
bohrte, begleitet  von  einem  wolilunter- 
haltenen  Klei  ngewehrf euer  auf  unsere 
Leute,  welche  am  Deck  beschäftigt 
waren,  das  zerfetzte  Tauwerk  berzu- 
richtcn  sowie  den  Backbordbuganker, 
der  infolge  seiner  zerschossenen  Sor- 
rungen  herunterhing  und  heftig  gegen 
die  Bordwand  schlug,  wieder  an  seine 
Stelle  zu  bringen.  Sie  standen  hiebei 
unter  der  Leitung  des  Detailoffiziers, 
LinienschifDsleutnant  G  h  i  n  c  a ,  eines 
Offiziers  von  einer  bewunderungswür- 
digen Tapferkeit  und  Unerschrocken- 


,Non  essendoci  riuscito  d'in- 
veslirc  il  vascGÜo,  r,Affondatore*  com- 
pieva  rintiero  pro  sulla  siniatra, 
rilornando,  in  cimformitä  dei  miei 
ordini,  a  meUergli  la  prora  adosso, 
aempre  mirando  di  mandarlo  a  piccu ; 
nel  mentre  che,  scorgendolo  alle  prese 
col  ,Re  di  Püi'logallo*,gli  lanciavammo 
alcuni  buonj  tiri  coi  nostri  cannont  da 
300,  che  distinlamente  abbiamo  veduti 
colpirlo  in  pieuo.  Ma  sebben»  si  tro- 
vasse  alle  strelle  con  quella  nostra 
na*c  che  lo  rultiiinava  senza  posa,  non 
pertanto  riusciva  ad  cvilare  rurto  che 
glt  purUnimo  di  poppa  e  non  rislava 
dal  rispondere  con  altrettanta  giustewa 
di  uro  ai  nostri  ripeluti  spari,  crivel- 
landüci  vcramentc  cüd  ogni  sorta  di 
projellili,  perforandoci  persino  la  lolda 
con  colpi  liccanli  che  appiccaroDO  il 
fuoco  ad  uno  dei  canierini  sotto  co- 
perla,  presto  spento  dagli  uümini  con- 
dotti  da  qiieU'intrepido  Chisca  che 
ricordai.  Fu  in  qiiel  frattempo  che 
si  vide  l'albero  di  Iriiichotto 
dei  VBScello  cd  il  suo  fumajuolo 
cadere.  Non  occorrendo  volgerc  piü 
ollre  rattenzione  ad  ud  legoo  che, 
cosl  smanteUato,  non  poteva  piii  agire 
con  eflicacia,  troppo  leuipo  richieden- 
dosi  B  fare  im'altro  intiero  giro  per 
ritonuTgli    contro,    e    dare    indielro 


heil,  welche  Eigenschaften  bloft  iod 
einer  ebenso  seltenen  Bescheidenheit 
übertroffen  werden;  ich  beeilte  mich, 
ihm  henlich  die  Hand  zu  schütteln.* 
(Nachdem  es  uns  nicht  gelun- 
gen war,  das  LioienschiEr  zu  rammeo, 
vollführte  der  ,Affondatore*  einen 
ganzen  Kreis  über  Backbord,  um, 
meinen  BefehleD  gemäß,  neuerdings 
den  Bug  gegen  dasselbe  zu  kehren, 
immer  mit  der  Absicht,  dasselbe  In 
den  Grund  zu  bohren,  wobei  wir  ihm, 
als  es  inzwischen  im  Kampfe  mit  dem 
,R&  di  Portogallo'  sichtbar  wurde, 
einige  gute  Schüsse  mit  unseren 
SOOpfündem  zusandten,  welche  wir 
deutlich  ins  Volle  aunreflen  sahen. 
Aber  obschon  es  von  diesem  unserem 
Schiffe  unausgesetzt  beschossen,  selir 
in  die  Enge  getrieben  wurde,  so  gelang 
es  ihm  n  ic  h  Isdc  stowen  ige  r,  dem  Stofte 
auszuweichen,  welchen  wir  von  ach- 
ler gegen  dasselbe  führten  und 
es  hörte  nicht  auf,  uns  mit  einem 
wahren  Hagel  von  ProJektUea  aller  Art 
überBchültend,  mit  ebensoviel  Treff- 
sicherheit auf  unsere  wiederholten 
Schüsse ')  EU  antworten,  hiebei  das 
Deck  mit  seinen  Slechschüssen  auf- 
reißend, welche  einen  Brand  in  einer 
Unterdeckkabinc  entzündeten,  der  je- 
doch gleich  von  den  Leuten  anter 
Führung  jenes  uoersc  brocken  ea 
Cbinca,  dessen  ich  schon  erwUmt 
habe,  gelöscht  wurde.  Unterdessen 
sah  man  den  Focl:mast  und  den 


■)  Dem  .AfTondalore'  wurde  gerade  in  diesem  Monienle  d 
des  Torderen  Turmes  durch  äcbässe  des  .Kaiser*  unbrauchbar. 


413 


essendo  manovra  falsa,  perch^  rende 
per  alcun  tempo  la  nave  inabile  al 
govemo  de*  suoi  movimenti,  passai 
avanti  nella  direziono  della  bat- 
taglia:  e  uscito  qualche  poco  dal 
denso  fumo  che  ne  awolgeva  da  ogni 
lato,  con  mio  gran  stupore  scorsi  in 
distanza  inoperosa  rintiera  squadra 
delle  navl  non  corazzate,  la  quäle, 
senza  aver  preso  parte  al  combatti* 
mento,  eseguiva  un  movimento  dl 
contromarcia.' 


Kamin  des  Linienschiffes  stür- 
zen. Da  ich  es  nun  nicht  mehi*  fQr 
notwendig  hielt,  einem  Schiffe  noch 
gruAerc  Aufmerksamkeit  zu  schenken, 
welches  derartig  beschädigt  war  und 
nicht  mehr  besonders  wirksam  auf- 
treten konnte  und  da  es  femer  zu  viel 
Zeit  erfordert  hätte,  einen  neuen  vollen 
Kreis  zu  beschreiben,  um  sich  neuer- 
dings gegen  dasselbe  zu  kehren,  zu 
deinsen  aber  ein  unrichtiges  Manöver 
gewesen  wäre,  da  hiebei  das  Schiff 
auf  einige  Zeit  steuemnfähig  wird:  so 
fuhr  ich  in  der  Richtung  der 
Schlacht  (?)  weiter  und  kurze  Zeit, 
nachdem  ich  aus  dem  dichten  Rauch, 
der  uns  von  allen  Seiten  einhüllte, 
herausgekommen,  erblickte  ich  zu 
meiner  großen  Verwunderung  in  einer 
weiten  Entfernung  vom  eigentlichen 
Aktionsfelde  die  gesamte  nicht  ge- 
panzerte Eskadre,  welche,  ohne  am 
Kampfe  teilgenommen  zu  haben,  eine 
Bewegung  im  Gegenmarsch  ausführte.  * 


Aus  der  Vergleichung  und  Prüfung  der  vorstehend  gebrachten  Dokumente 
geht  nun  folgendes  hervor: 

Die  Depositionen  der  Zeugen  Salvati,  Pergola,  de  Luca,  Solaroli, 
Martini  und  d'Amico  stimmen  darüber  überein,  daß  zwischen  dem  ,Affon- 
datore'  und  dem  , Kaiser'  zwei  Begegnungen  stattgefunden  haben.  Während 
aber  die  Zeugen  de*Luca  und  Solaroli  die  Absicht  zu  rammen  auch  bei 
der  ersten  Begegnung -zugeben,  behaupten  die  Zeugen  Salvati,  Fergola, 
Martini  und  d'Amico  ganz  bestimmt,  daß  bei  dieser  nicht  beabsichtigt 
worden  war,  zu  rammen,  indem  beide  Schiffe  einander  schon  so  nahe  ge- 
kommen waren,  daß  man  im  Gegenteile  befürchtet  hatte,  selbst  gerammt  zu 
werden  und  daß  es  sich  somit  diesmal  nur  mn  ein  bloßes  Ausweichmanöver 
gehandelt  habe.  Dies  ist  nach  der  Situation,  in  welcher  sich  beide  Schiffe 
befanden,  auch  vollkommen  erklärlich  und  glaubwürdig.  Ein  derartiges  [nein- 


tlt 


aitdL'i-fahren  mit  Gogonkurs  würde  höchslwahrscheinüch  den  Uolergang  Ton 
beiden  li  erb  ei  geführt  haben  und  daß  ein  solches  Hisika  nicht  in  den  Inten- 
tionen des  Admirals  Persano  lag.  glauben  wir  jetzt  nach  allem,  was  uns 
Ober  ihn  bekannt  ist,  mit  BcsUmmIbcit  annehmen  zu  kOnnen.  Der  eigeotlicbe 
Rammversuch  fand  daher  ohne  allen  Zweifd  erst  bei  der  zweiten  Begegnung 
des  »Affondalore*  mit  dem  , Kaiser'  slatt.  narbdem  jener  iazwischen  sei 
Bogen  über  Backbord  beschrieben  halte. 

Hierür  spricht  auch  forner  der  Umstand.  daS  das  Maschinen  personale. 
welches  durch  das  in  die  Maschine  gegebene  Aviso:  .Altenli!  appena  dello 
arresta  ad  esser  pronli  ad  andare  indiclro*  aufmerksam  wurde,  daß  ein 
Rainmsloß  beabsichtigt  werde,  angab:  nur  einmal  und  nicht  zweimal  kun 
nach  diesem  Aviso  das  Auflreffen  der  Projektile  auf  die  Bordwand  backbord 
des  .Affondalore'  Temommen  zu  haben.  Die  vom  Linieoscbifle  bei  der  ersten 
Begegnung  auf  so  nahe  Distanz  abgegebenen  Breitseiten  hatten  nämlich  den 
,  Affondatore  •  grßßlenteils  überschössen  und  nur  in  der  Takelage  und  auf 
Deck  einige  Schäden  zugefügt. 

Die  Aussage  des  Zeugen  Chinca  weicht  allerdings  von  denen  der 
übrigen  Zeugen  ab  und  beläBt  die  Rammtäligkeit  des  .Affondalore*  in  einem 
solchen  Dunkel,  daß  man  im  Zweifel  bleibt,  ob  jene  Affäre  sich  beim  ersten 
oder  beim  zweiten  Engagemcnl  des  , Affondalore*  mit  dem  .Kaiser'  ereignet 
habe.  Allein  auch  dieser  Offizier  halle  in  der  Voruntersuchung^)  anders  a 
gesagt  und  insbesondere  deponiert;  ,Da8  sämtliche  feindlichen  TreQer  aof 
der  Backbordseile  des  „Affondatore'  vom  Linienschiffe  herrührten,  und  zwjr 
von  jenem  Momente,  iu  welchen  man  einen  RammsloÜ  —  jedoob 
ohne  Erfolg  —  versucht  habe  und  in  welchem  der  .Afroadatoi 
nach  steuerbord  abfiel,  sowie  daS,  wenn  dieses  Manöver  nicht  erfolgt 
war«,  der  .Kaiser*  dem  Stoße  nicht  mehr  halle  entgehen  können:  er 
ferner  von  dem  sicheren  und  unausweichlichen  Zusammensloße  so  Qberzeiigl 
geivesen,  daß  er  durch  das  Mascbinenschoilicht  dem  Maschinen  personale 
sowie  auch  der  Mannschaft  des  vorderen  Gesell  Qlzlurmes  zugerufen  habe: 
.pancia  a  terra'"  u,  b.  w..  u.  s,  w.  Nach  der  Aussage  Ghincas,  welche  wir 
hier  mit  den  übrigen  Zeugenans!>agen  gebracht  haben  und  welche  derselbe 
in  der  Sffcntlichen  Verhandlung  vor  dem  Senate  abgab,  müBte  man  wohl 
diese  eben  erwähnten  Umstände  auf  die  erste  Begegnung  beziehea,  aber  im 
Zusammenhaitc  mit  den  Aussagen  der  überwiegenden  Majorität  der  anderen 
Zeugen  kann  man  nicht  umhin,  sie  dem  zwMten  Engagement  znxuscbreibes; 
auf  welches  sie  viel  eher  passen. 


1)  Rcndioonli  etc.  etc.,  ä.  29. 


415 

Es  muß  allerdings  auffallen,  daß  ein  so  alter  und  erfahrener  Offizier, 
wie  Linienschififsleutnant  Ghinca^  der  sich  in  dieser  kritischen  Zeit  auf 
Deck  befunden  hat,  nicht  vollkommene  Klarheit  in  eine  Angelegenheit  zu 
bringen  im  stände  war,  die  infolge  ihres  aufregenden  Charakters  gewiß 
einen  nachhaltenden  Eindruck  zurücklassen  mußte.  Man  wird  jedoch  den 
Erklärungsgrund  hievon  darin  zu  suchen  haben,  daß  dieser  Offizier  vom 
Admiral  Persano  für  sein  wackeres  Verhalten  während  der  Schlacht  in 
einer  geradezu  überschwenglichen  und  ostensiblen  Weise  ausgezeichnet,  bei 
der  Rückkehr  der  Flotte  nach  Ancona  sofort  zur  Beförderung  zum  Fre- 
gattenkapitän und  für  das  Kommando  der  Panzerkorvette  «Terribile*  vor- 
geschlagen worden  war,  so  daß  sich  gerade  nicht  sagen  läßt,  er  sei  ein  voll- 
kommen unbefangener  Zeuge  gewesen,  wodurch  dann  allerdings  seine  eigen- 
tümliche zweideutige  Aussage  sowie  seine  momentan  eingetretene  Gedächtnis- 
schwäche erklärlich  wird. 

In  dem  für  den  Admiral  Persano  so  gravierendem  Punkte  des  Ab- 
fallens nach  steuerbord  beun  zweiten  Engagement  stimmen  —  mit  Ausnahme 
Ghincas  —  alle  anderen  Zeugepaussagen  überein,  so  daß  dieses  Faktum  als 
erwiesen  angesehen  werden  muß.  Übrigens  leugnete  es  der  Admiral  nach- 
träglich nicht  mehr,  sondern  bestrebte  sich  vielmehr,  dafür  eme  Begründung 
abzugeben,  welche  ihn  entlasten  und  sein  Manöver  als  das  richtige  hinstellen 
sollte.  Inwieweit  ihm  dies  gelang  und  insbesondere  inwieweit  sich  diese  seine 
EIrklärung  wieder  mit  seinen  Berichten  vereinbaren  läßt,  überlassen  wir  dem 
Urteile  des  Lesers.  Soviel  ist  jedoch  sicher,  daß  seinen  anfänglichen  schrift- 
lichen Schilderungen  über  die  Tätigkeit  des  vACTondatore*^  —  wie  dies  auch 
die  Anklageakte  ganz  richtig  bemerkte  —  die  Absicht  zu  Grunde  lag,  sich  in 
recht  großartigem  Lichte  zu  zeigen,  gleichzeitig  aber  seine  Manöver  so  dar- 
zustellen, daß  es  unmöglich  ward,  das  Richtige  heiauszufinden. 

Nach  dem  Partikularjournal  des  Admirals  Persano  wäre  man  versucht 
zu  glauben,  daß,  sowie  das  Feuer  eröfifnet  war,  der  «AfiTondatore*  sich  sofort 
gegen  das  Linienschiff  gewendet  habe,  daß  sodann  ein  heftiges  Gefecht  zwischen 
diesen  beiden  Schiffen  stattgefunden  habe,  daß  er  seine  beiden  300pfÜnder 
gegen  dasselbe  abgefeuert  und  mitten  hineingetroffen  habe,  hiebei  wiederum 
von  ihm  getroffen  worden  sei  und  daß  er  ganz  deutlich  in  diesem 
Momente  gesehen  habe,  wie  das  Linienschiff  Bugspriet,  Fockmast 
und  Schlot  verlor.  Daß  er  unmittelbar  darauf  versucht  habe,  es  zum 
Sinken  zu  bringen,  daß  aber  infolge  eines  Hindernisses  am  Steuerreep  dieser 
Versuch  mißlungen  wäre  und  daß  sich  dasselbe  bei  später  wiederholten 
Rammversuchen  gegen  andere  Schiffe  wiederholt  habe.  Diese  letzteren 
fanden  aber,    wie  wir  nun  wissen,    in  Wirklichkeit  nicht  statt   imd  es  stellt 


sich  daher  diese  DarsleUuag  des  Admirctls  als  eioe  falsche,  auf  Täuschung 
berechnete  dar. 

Wallte  man  wieder  seinem  offiziellen  Bericht  über  die  ScbJachl  Glauben 
EchenkeD,  eo  niQßle  man  sich  zu  der  Anschauung  bequemen,  daS  nicht  beim 
ersten,  sondern  beim  zweiten  Engagement  mit  dem  .AtTondalore*  das  Linien' 
schiff  .Kaiser*  seinen  Fockmast,  Bugspriet  und  Schlot  verloren  habe  und  doB 
dies  geschehen  sei,  nachdem  der  , AfTondatore •  von  achter  einen  SloB  ge^en 
dasselbe  geführt  habe,  dem  jedoch  auszuweichen  es  dem  LinienschifT  gelang. 
Man  müßte  ferner  annehmen,  daS  die  guten  Schüsse  aus  den  SOOpfündem 
e>  gewesen  waren,  welche  den  Sluri  des  Fockmastes  und  Schlotes  auf  dem 
UnieaschifTe  herbeigeführt  liStlen.  während  wir  doch  aus  den  Zeugcmiussagen 
erfahren  haben,  daft  die  erwähnten  Schüsse  schon  beim  ersten  Engagement 
abgefeuert  worden  waren  sowie  daß  die  schweren  Havarien  des  Linienschiffes 
hauptsächlich  von  seinem  Kampfe  mit  dem  ,Rö  di  Portogallo"   herrührten. 

Es  unterliegt  somit  keinem  Zweifel,  daß  die  ganze  Leistung  des  .Affoa- 
datore',  wie  sie  vom  Admiral  Persano  dargestellt  wurde,  der  Wirklichkeit 
nicht  entspricht,  daß  sich  vielmehr  ein  gewisses  Bestreben  herausßnden  läßt, 
der  reinen  Wahrheit  aus  dem  Wege  zu  gehen,  durch  Verquickung  von  Neben- 
umständen,  welche  in  die  Schilderung  geschickt  eiogeflochten  sind,  die  Auf- 
merksamkeit von  der  eigentlichen  Hauptsache  abijulenken,  die  gravierenden 
Pimktc  dagegen  so  viel  als  möglich  im  unklaren  zu  belassen. 

Faßt  man  datier  alles  nochmals  zusammen,  so  ergibt  sich  für  die 
OfTensiviatigkeit  des  .AiTondalore*  während  der  kritischen  Zeit  der  Schlacht 
nahezu  mit  Gewißheit  das  folgende  Bild:  Der  jAffondatore*  fuhr  nach  go- 
Bchchencr  Einschilfimg  des  kommandierenden  Admirats  und  ktuzem  Halt  behub 
Einkuppflung  seines  Gefechts  Steuers,  zwischen  ,B6  d'llalia'  und  .Palestro* 
durchbrechend,  der  Linie  der  italienischen  Panzerschiffe  entlang,  mit  nOnl- 
iichem  Kurse  gegen  die  österreichische  Pauzerdivision.  Nach  dem  Passieren 
der  Panzerschiffe  des  rechten  Flügels  stieß  er  auf  die  .Elisabeth*,  welche 
im  Pulvcrdampfe  für  ein  Panzerschiff,  ja  sogar  für  das  AdmiralschilT  gehalten 
wurde.  Im  Manöver  begriffen,  dieselbe  lu  rammen,  gewahrt  der  ,  AlTondatare* 
plötzlich  das  Linienschiff,  welches  mit  einem  Kurse  gegen  ihn  kommt,  den 
er  für  sich  gefährlich  hält.  Er  läßt  deshalb  von  der  .Elisabeth*  ab  und  weicht, 
indem  er  nach  backbord  ablallt,  dem  vermeintlich  vom  Lioienschiffe 
beabsichtigten  Stoße  aus.  Erstes  Engagement  des  .Adbndatore*  mit  dem 
.Kaiser'.  Beide  Schiffe  passieren  sich  an  steuerbord.')  Seine  Kreisbewe- 
gung über  Backbord  weiter  fortsetzend,   gelangt  der  .Affondatore*  in  die  fetnd- 


1)  Baiieht  de«  Kummodore  v.  Petz;  die  llaUeiier  bebau)) teu Backbord. 


417 

liehen  Holzschiffe  hinein,  die  selbstversllndlich  Tor  ihm  nach  allen  Richtungen 
anseinanderstieben,  damit  aber  auch  außer  den  Bereich  des  eigentlichen 
Kampfes,  der  mehr  in  nördlicher  Richtung  stattfindet. 

Während  dieser  Zeit,  ungefähr  10  bis  12  Minuten,  nachdem  sich  ,  Kaiser  ** 
und  »AfTondatore*  getrennt,  findet  das  Engagement  des  »Kaiser*  mit  dem 
»Rä  di  Portogallo*  statt,  aus  welchem  sich  der  erstere  stark  beschädigt  imd 
entmastet  nach  Lissa  zurückzieht,  während  »Affondatore*  imterdessen  seinen 
Kreis  vollendet  hat  imd,  inzwischen  seine  Schäden  ausbessernd,  wieder  einen 
nordöstlichen  Kurs  steuert.  Hiebei  erspäht  er  das  LinienschifT  auf  seinem 
Rückzuge  nach  S.  Giorgio  und  steuert  auf  dasselbe  los,  um  es  einzuholen  und 
ihm  den  Weg  zu  rerlegen.  Es  konmit  zum  zweiten  Engagement  zwischen 
.Kaiser'  und  «Affondatore*.  Beide  Schiffe  steuern  einen  fast  parallelen  Kurs, 
der  «Affondatore*^  an  Steuerbord  des  .Kaiser*,  welch  letzterer  etwas  vor- 
aus ist.  Der  .Affondatore*  hat  diesmal  die  Absicht  zu  rammen,  geht  aber 
im  entscheidenden  Augenblicke,  nachdem  er  schon  auf  1  Kabel  (200  Meter) 
nahe  gekommen  ist,  wieder  nach  steuerbord  zurück,  anstatt  nach  back- 
bor d  zu  halten  und  gibt  dann  das  Rammen  auf.  Hierauf  steuert  er  gegen 
die  Hoizcskadre  des  Vizeadmirals  Albini,  womit  seine  Rammtätigkeit  während 
der  Schlacht  beendet  ist 


418 


Beilage  VII 


ßitaehten  der  SaehYerattidigen  iber  den  y,Affomdatore'^ 

Verlkflt  über  Anftng  der  Untersnclmiigekommission  des  Senates.^) 


Obersetsung. 

Die  imteneichneten  Sachverstiiidigen  beehren  sich  hiemit,  im  ntch- 
stehenden  die  Beantwortung  der  ihnen  ton  der  Untersnehongskommiseiott  dei 
Senates  gestellten  Fragen  tn  beantworten: 

Frage  L  Welche  sind  die  nn- 
umganglieh  notwendigen  Bedingungen 
für  einen  Widder,  damit  er  seiner  Be- 
»fimmting  im  Yolien  Umfange  gentige? 

Bei  der  Beantwortung  dies» 
Frage  gruben  die  SachTerstindigen 
ton  dem  Gesichtspunkte  ausgehen  n 
mflssen,  daS,  obzwar  man  bei  der 
Konstruktion  des  grOBten  Tales  der 
Panzerschiffe,  sowohl  der  eigenen  als 
auch  der  fremden  Marinen,  das  Haupt- 
augenmerk darauf  gerichtet  hat,  sie 
alle  zum  Rammen  befthigt  zu  machen, 
es  dennoch  fQr  opportun  befunden 
wurde,  in  das  schwimmende  Flotten- 
material  Schiffe  einzuführen,  welche 
ausschließlich  zu  diesem  Zwecke  be- 
stimmt sind. 

In  Berücksichtigung  dessen,  daft 
das  Marineministerium,  welches  die 
Erbauung  des  «  Affondatore*  anordnete, 
diese  Zweckmftftigkeit  anerkannt  hat 
ist  es  die  Aoschauimg  der  SachTcr- 


I)  Rendiconti  etc.  etc.,  Seite  38—39. 


419 


ständigen,  daft  ein  Schiff  dieser  letzte- 
ren  Klasse  den  nachstehenden  An- 
forderungen zum  größten  Teil  ent- 
sprechen soll : 

1.  Die  erste  und  wichtigste  Be- 
dingung ist  die  der  größtmöglichsten 
Geschwindigkeit,  welche  unter  ge- 
nauer Berücksichtigung  aller  gegen- 
wärtig bestehenden  Verbesserungen 
sowohl  im  Schiff-  wie  im  Maschinen- 
bau, nicht  unter  14  Seemeilen  pro 
Stunde  betragen  darf,  denn  es  ist  be- 
greiflich, daß  bei  der  Geschwindigkeit, 
welche  man  heutzutage  schon  bei  den 
großen  Panzerfregatten  erreicht  hat, 
eine  geringere  dem  Widder  wenig 
Chancen  ließe,  mit  Erfolg  zu  wirken. 

2.  Eine  andere  von  selbst  ein- 
leuchtende, unbedingt  notwendige 
Eigenschaft  eines  Widders  muß  die 
sein,  unter  Berücksichtigung  seiner 
Länge  mit  der  größtmöglichsten 
Schnelligkeit  sich  zu  drehen  und  hie- 
bei  einen  so  kleinen  Kreis  als  nur 
möglich  zu  beschreiben ;  dies  wird  nur 
durch  eine  zweckmäßig  angebrachte 
Steuervorrichtung  zu  erreichen  sein, 
welche  es  ermöglicht,  die  Ruderpinne 
fast  augenblicklich  unter  dem  nötigen 
Winkel  zu  bringen. 

3.  Ist  es  gleichfalls  notwendig, 
daß  der  Sporn  sowie  das  ganze  Vor- 
schifTeines  Widders  die  größtmöglichste 
Festigkeit  in  der  Konstruktion  besitze, 
um  eventuelle  Gefahren  und  Havarien 
beim  Stoße  hintanzuhalten;  diese  bei 
einem  aus  Holz  erbauten  Schiffskörper 
schwer    zu     erreichende     Bedingung 

Fleiicher.  Die  k.k.  Kriegsmarine  1866.  27 


420 


erlangt    man   aber   leicht   bei    einem 
solchen  aus  Eisen. 

4.  Bei  der  ungemein  großen 
Schwierigkeit,  die  für  einen  Widder 
besteht,  ein  feindliches  Schiff  zu  ram- 
men, wenn  dieses  vorzüglich  manövriert 
wird,  ergibt  sich  die  Notwendigkeit, 
daß  am  Bord  des  ersteren  ein  Ge- 
schütz großen  Kalibers  derartig  postiert 
sei,  um  in  der  Kielrichtung  mit  großer 
Schnelligkeit  feuern  zu  können  tmd  um 
zu  ermöglichen,  daß  das  feindliche 
Schiff  in  der  Zone  der  verwundbarsten 
Stellen,  das  ist  in  der  Nähe  der  Wasser- 
linie getroffen  werden  könne. 

5.  Nachdem    ein    Widderschiff 
sich  vermöge  seiner  Bestimmung  mitten 
in  die  feindlichen  Linien   zu  begeben 
hat  und  nicht  nur  dem  Feuer   des  an- 
zurammenden    Schiffes    allein    ausge- 
setzt  ist,    sondern   auch    jenem   Ton 
Schiffen,  die  zu  dessen  Schutze  herbei- 
eilen, so  ist  es  absolut  notwendig,  daft 
dasselbe  längs  der  ganzen   Zone   der 
Wasserlinie     sowie   der   Türme    und 
ihrer    Drehvorrichtungen    von    einem 
Panzer  von  hinreichender    Stärke  be- 
schützt sei,   welche    Stärke   natürlich 
zu  dem  Kaliber   der  feindlichen  Artil- 
lerie im  richtigen  Verhältnisse   stehen 
muß.    Nachdem    ferner     zum      toten 
Werk  gehörige   nicht  gepanzerte  Teile 
existieren,  so  hat  im  Inneren  des  Schif- 
fes eine  jede   Anhäufung   von     leicht 
zündbaren  Stoffen  vermieden    zu   wer- 
den,  um   so    viel    als    möglich    eine: 
Feuersgefahr    durch    fein  dliche    Höh. 
geschosse  zu  begegnen. 


421 


Frage  H.  Ob  diese  Bedingungen 
beim  Widdor  aAffondatore'  zutreffen 
oder  ob  und  welche  Mängel  Im  der 
Konstruktiondeeselben  bemerkbar  sind, 
welche  insbesondere  dessen  wirksame 
Aktion  beeinträchtigen  kannten,  und 
zwar: 

jL  bezüglich  der  Steuervorrich- 
tung, 

B.  bezüglich  der  Tauchung, 

C.  bezüglich  des  Sporns, 

D.  bezüglich  der  Form  des  Kom- 
mandoturmes? 


Weder  die  erste  noch  die  zweite 
der  unter  I  gestellten  Bedingungen 
treffen  beim  «Affondatore*  zu.  In 
erster  Linie  beträgt  seine  (jeschwindig- 
keit  nach  den  eingeholten  hiforma- 
tionen  bloß  etwas  weniges  mehr  als 
11  Seemeilen  pro  Stunde  mit  kom- 
pleter Ausrüstung  und  erreicht  nicht 
ganz  12  Seemeilen  ohne  derselben. 
Die  unterzeichneten  Sachverständigen 
sind  der  Ansicht,  daft  ein  derartiges, 
den  berechtigten  Erwartungen  in  keiner 
Weise  entsprechendes  Resultat  zmn 
Teile  seinen  Grund  darin  hat,  daft  die 
Tauchimg  bei  geladener  Wasserlinie 
eine  größere  als  die  im  Konstruktions- 
risse vorhergesehene  ist,  und  zwar  be- 
trägt der  Unterschied  nicht  weniger 
als  2  englische  Fuß  (0'60m);  hiemil 
ist  auch  das  Alinea  B  dieser  Frage  be- 
antwortet. 

Was  die  Trägheit  beim  Man- 
övrieren anbelangt,  so  hängt  diese  teil- 
weise von  der  großen  Länge  des  Schif- 
fes sowie  von  der  geringen  Geschwin- 

27* 


digkeit  desselben  ab;  femer  ist  diese 
zum  Teil  der  wenig  sinnreichen  und 
schlecht  ausgeführten  Einrichtung  des 
Steuerapparates  zuzuschreiben,  bei 
welchem  die  Sachverständigen  die 
nachstehenden  Mängel  vorgefunden 
haben : 

1 .  Befindet  sich  die  Steuerpinne 
nicht  in  einer  Ebene  mit  den  beiden 
Enden  des  Steuerreeps,  weshalb  eine 
Übertragung  vermittels  zweier  Rollen 
an  jedem  Ende  unter  nicht  unbedeu- 
tender Vermehrung  der  Reibung  statt- 
findet. 

2.  Sind  die  oben  erwähnten 
Rollen  und  die  verschiedenen  Blöcke 
des  Steuerapparates  weder  von  einem 
entsprechenden  Durchmesser  nocii 
von  einer  entsprechenden  und  passen- 
den Form  für  ein  Kettensteuerreep. 

3.  Ist  die  Art  und  Weise  der 
Verbindung  der  geradlinigen  Teile  des 
Steuerreeps,  bestehend  aus  Querstan- 
gen von  Rundeisen  in  der  Stärke  von 
25  mm  Durchmesser,  eine  äußerst 
schwache,  wodurch  die  Gefahr  einer 
Havarie  am  Apparate,  falls  die  Pinne 
bei  einer  raschen  Wendung  ganz  am 
Bord  gelegt  wird  und  das  Schiff  mit 
ganzer  Kraft  fährt,  sehr  nahe  liegt. 

Was  die  dritte  Hauptbedingung 
—  Stärke  und  Solidität  des  Sporns  — 
anbelangt  sowie  seiner  anliegend»^n 
Teile  (C),  so  geht  die  Ansicht  Jt-r 
Saclivcrsläütligen  daliin,  daß  dtT 
,Affond;itore"  in  dieser  Bezie- 
hung nichts  zu  wünschen  übrij: 
läßt,  da  sie  bei  der  Untersuchung  j:»- 
funden  haben,  daß  er  in  diesem  sowi«; 


423 

in  jedem  anderen  Teile  des 
Schiffskörpers  mit  besonderer  Solidität 
und  Genauigkeit  nach  den  besten  im 
Gebrauche  stehenden  Methoden  er- 
baut ist. 

Die  Sachverständigen  hegen  kei- 
nen Zweifel,  daft  das  beim  «Affonda- 
tore*  angewendete  System  der  Dreh- 
türme  das  vorteilhafteste  ist,  um  der 
unter  I,  Punkt  4,  gestellten  Hauptbe- 
dingung zu  entsprechen;  sie  erkennen 
jedoch  anderseits  als  einen  Hauptübel- 
stand die  geringe  Höhe  des  Geschütz- 
standes und  der  Stückpforten  über 
Deck  an,  welche  Ursache  ist,  daß  bei 
Jagdschüssen  auf  kurze  Distanz  unmög- 
lich ein  Schiff  in  der  Zone  der  Wasser- 
linie getroffen  werden  könne. 

Was  die  fünfte  der  früher  aus- 
gesprochenen Hauptbedingungen  an- 
belangt, so  ist  die  Kommission  weit 
entfernt,  in  dieser  Beziehung  vom 
,  Affondatore '  zufriedengestellt  zu 
sein,  nachdem  ein  großer  Teil 
des  Gürtelpanzers,  der  dazu  be- 
stimmt ist,  den  Schiffskörper  an 
der  Wasserlinie  zu  beschützen,  den 
Fehler  besitzt,  daß  seine  obere  vor- 
springende Kante  unter  die  Lade- 
wasserlinie fällt,  so  daß  ein  einziges 
der  jetzigen  bei  den  verschiedenen 
Marinen  im  Gebrauche  stehenden 
schweren  Projektile  hinreichen  würde, 
das  Schiff  zum  Sinken  zu  bringen. 
Dieser  Übelstand  des  erwähnten  Gür- 
telpanzers wurde  den  16.  d.  M.  am 
Bord  festgestellt  und  ist  auf  dem  Kon- 
struktionsrisse mit  Blaustift  bezeichnet 
und    wenn   auch    die    vorspringende 


4M 


Kante  anf  dem  Rfase  sieh  oberhalb  der 
Waweilime  befindet,  so  eiiikt  äe  in- 
fidge  der  grdSeren  Tutehnng  in  Wirk- 
Uofakeit  doch  gröBtenteOs  unter  das 
Waaaer. 

Ebenso  Terdient  an  dieser  SteDe 
der  Umstand  erw&hnt  m  werdoi«  daS 
die  groBe  Menge  der  ans  Holx  ange- 
fertiglen  Gegensttnde  nnd  Verscba- 
longen  an  den  Teilen  des  Schifls- 
kOrpers,  dernidit  gepamert  ist»  das 
Schiff  in  einem  höheren  Grade  als 
notwoidig  ist,  einer  Feansgebbr 
dnrch  feindliche  Hohlgesehosse  ans- 
setst  Bezugnehmend  anf  das  Alinea  A 
sind  die  SachverstSndigen  der  An- 
sicht, daB  der  Kommandoinnn  des 
»Affondatore*  mehr  als  gewCAudidi 
gertomig  nnd  bequem  ist:  sie  mOssen 
jedoch  als  einen  groBen  Fehler  den 
Umstand  besdchnai,  daB  die  Spib- 
scharten  (ferritoje)  anstatt  horiiontal, 
Tertikai  angebracht  sind,  wodurch 
natürlich  das  Gesichtsfeld  einer  jeden 
derselben  unnötigerweise  eingeengt 
wurde.  Die  Sachverstfindigen  Rauben, 
auf  die  Enge  der  Aussichtslöcher  im 
Dache  des  Turmes  kein  besonderes 
Gewicht  legen  zu  sollen,  da  der  Kom- 
mandant, wenn  er  eine  Umschau  üb« 
einen  gröBeren  TeU  des  Horizontes 
halten  will,  dies  dadurch  bewerkstel- 
ligen kann,  daB  er  den  Kopf  durch  die 
in  der  Nähe  befindliche  Luke,  durch 
welche  man  bequem  in  den  Turm  ein- 
oder  aussteigt,  heraussteckt 

Die  gefertigten  Sachverständigen 
glauben  ferner,  Uer  bemericen  zu 
müssen,   daB   wie   immer    auch    die 


425 


Frage  III.  Ob,  die  vorangeführten 
Obelstände  zusammengehalten,  der 
«Affondatore*  mit  Vorteil  als  Admiral- 
schiff  in  einer  Seeschlacht,  in  welcher 
eine  Flotte,  bestehend  aus  3  Eskadren, 
kämpft,  verwendet  werden  könne,  ohne 
Beeinträchtigung  der  Rolle,  die  ihm 
durch  seine  Bauart  zugewiesen  ist? 


Form  oder  Einrichtung  ähnlicher 
Türme  sein  möge,  das  Gesichtsfeld 
vom  Innern  des  Turmes  aus  stets  nur 
ein  sehr  beschränktes  sein  könne  und 
daß  der  Kommandant,  um  sich 
gewissenhaft  von  der  eigenen 
Lage  zu  überzeugen,  öfters  seine 
geschützte  Stellung  verlassen 
müsse,  da  nicht  zugegeben  wer- 
den kann,  daß  die  Unzulänglichkeit 
des  Ausblickes  vom  Inneren  des 
Turmes  im  Falle  eines  Mißerfolges 
fQr  ihn  eine  Entschuldigung  bilde, 
(essendo  inammessibile  che  Timper- 
fezione  di  vista  dair  intemo  della  torre 
possa  servirgli  di  esonero  in  caso  di 
nsuccesso.) 


Die  unterzeichneten  Sachver- 
ständigen sind  der  Meinung,  daß  auf 
diese  Frage  eine  Antwort  in  absoluter 
Form  nicht  gegeben  werden  könne; 
sie  glauben  aber,  daß  in  einzelnen 
Fällen,  wie  z.  B.  jenen,  wenn  der 
Kommandierende  eine  ganze  Division 
dazu  verwenden  v^,  um  die  feind- 
liche Linie  mit  der  Ramme  anzugreifen, 
es  ganz  opportun  sein  kann,  wenn  er 
seine  Flagge  auf  demjenigen  hißt, 
welches  sich  zu  dieser  Angriffsart  am 
geeignetsten  erweist.   Aber   als  allge- 


426 


Frage  IV.  Ob  man  vom  Inneren 
des  Kommandoturmes  aus  hinreichend 
das  Manöver  des  ^^  Affondatore"  in  seiner 
eigentlichen  ihm  zukommenden  Be- 
stimmung leiten  und  mit  Vorteil  die 
Bewegimgen  und  die  Tätigkeit  der 
Flotte  während  des  Gefechtes  dirigieren 
könne? 


meinen  Grundsatz  müssen  sie  hin- 
stellen, daß  infolge  der  Natur  des 
Dienstes  selbst,  zu  welchem  ein 
Widder  bestimmt  ist,  indem  er  unab- 
hängig von  der  Eskadre  zu  wirken  hat, 
der  Admiral  en  chef,  welcher  denselben 
während  der  Schlacht  besteigt,  sich 
unvermeidlich  vor  die  Alternative  ge- 
stellt finden  wird:  entweder  den 
allgemeinen  Gang  des  Kampfes, 
den  er  zu  leiten  berufen  ist, 
außer  Sicht  zu  verlieren,  oder 
die  Spezialbestimmung  des  Wid- 
ders zu  neutralisieren,  wenn  er 
sie  gewissermaßen  auf  jene 
eines  einfachen  Avisos  reduziert. 


Nachdem  von  den  Sachverstän- 
digen im  vorhergehenden  schon  die 
Ansicht  ausgesprochen  wurde,  daß  im 
allgemeinen  die  Funktionen  eines 
Widders  und  eines  Admiralschiffes 
sich  gegenseitig  ausschließen,  können 
dieselben  in  Beantwortung  der  vor- 
liegenden Frage  nur  noch  hinzufügen, 
daß,  vorausgeschickt  die  einleuchtende 
Notwendigkeit  für  einen  kommandieren- 
den Admiral,  während  des  Gefechtes 
nicht  nur  die  eigenen  Schiflfe,  sondern 
auch  jene    des   Feindes   beständig  im 


Frage  V.  Ob  insbesonders  mit 
Rücksichtnahme  auf  die  Gattung  und 
Höhe  der  Masten  des  »Affondatore*, 
man  auf  selben  die  notwendigen  Sig- 
nale in  der  Weise  hissen  könne,  um 
leicht  das  Präsignal  des  Schiffes  oder 
der  Eskadre^  an  welche  sie  gerichtet 
sind,  unterscheiden  zu  können  sowie 
die  Bedeutung  derselben  Signale,  wenn 
die  Signalisierung  ausschließlich  ent- 
weder auf  dem  Großmaste  oder  auf 
dem  Fockmaste  gemacht  wurde? 


427 

Auge  zu  behalten,  femer,  daß,  wenn 
Rücksicht  genommen  wird  auf  die 
Schnelligkeit  der  Bewegungen,  welche 
bei  Dampfern  stattfindet,  wodurch  sich 
die  gegenseitigen  Positionen  so  unge- 
mein rasch  wechseln,  es  die  Sachver- 
ständigen als  ihre  Meinung  ansehen, 
daß  es  für  einen  kommandieren- 
den Admiral  unmöglich  sei^ 
seinen  wichtigen  Obliegenhei- 
ten vom  Innern  eines  Turmes 
aus  genügend  nachzukommen, 
von  wo  das  Auge  nur  einen  be- 
schränkten Teil  des  Horizontes 
erfassen  kann  und  von  wo  es 
daher  unmöglich  gemacht  wird, 
sich  ein  richtiges  Urteil  über 
die  eigenen  Positionen  sowie 
über  jene  des  Feindes  zu  bilden. 


In  Bezug  auf  den  Gegenstand 
dieser  Frage  sind  die  Sachverständigen 
der  Anschauung,  daß  die  geringe  Höhe 
der  Bemastung,  mit  welcher  der 
«Affondatore"  versehen  ist,  einen  Um- 
stand  bildet,     der   an   und   für   sich 


428 

minder  günstig  fflr  die  Vermittlung  Ton 
Signalen  ist. 

Was  nun  den  in  der  Frage  spe- 
ziell   berührten    Fall    anbelangt«    in 
welchem  ein  aUgemeines   Signal   der 
Taktik  nur  für  ein  Schiff  oder  fQr  eine 
Division  geltend  gemacht   werden  soll, 
indem  dasselbe  gleichzeitig    von  dem 
Präsignal  des  Schiffes  oder   der  Divi- 
sion begleitet  wird,   so   sind  sie  der 
Meinung,   daß  die  einzige  Art,  dieses 
Doppelsignal  auf  einer  Bemastung  wie 
die  des  ,Affondatore*   zur  Geltung  zu 
bringen  —  indem  man  sich  bloB  ent- 
weder des  Großmastes  oder  des  Fock- 
mastes bedient  —  darin  besteht,  daß 
man   das    allgemeine   Signal   an   der 
Gaffel  und  das  Präsignal  am  Top  des 
Mastes  hißt;  aber  bei  Berücksichtigung 
der  geringen  Höhe  der  Masten  selber 
und  vor  allem  der  geringen  Lftnge  der 
Gaffeln   (von  nur  9*70  m)  glauben  sie, 
daß  es  in  manchen  Fällen   nicht  leicht 
sein  wird,  die  Flaggen  des  allgemeinen 
Signals  von  jenem   des  Präsignals  zu 
unterscheiden.  Dieselben    sind    daher 
der   Ansicht,    daß,  um   jeden    Irrtum 
möglichst  zu  vermeiden,  im  Falle  von 
einem    Schiffe    mit    einer    Bemastung 
wie  der  des ,  Affondatore*  einem  anderen 
Schiffe  Doppelsignale   zu   geben    sind, 
das  allgemeine   Signal  am   Großmaste 
und   das  Präsignal  am  Fockmaste  zu 
liissen  wäre   und   nicht  beide  Signale 
zusammen  auf  einem  Mäste. 

Die  unterzeichneten  Sachverständigen  erklären  hiemit,  daß  die  Beant- 
wortung der  obigen  ihnen  von  der  Untersuchungskommission  vorgelegten  Fragen 
^uf  Grund    einer    von    ihnen    persönlich    vorgenommenen    Besichtigung   des 


429 

.Affondatore*  in  allen  seinen  Teilen  verfaftt  wurde,  welche  Besichtigung  gleich- 
zeitig mit  jener  durch  die  Untersuchungskommission  selbst  in  den  Tagen  vom 
14.  bis  16.  1.  M.  vorgenommenen  stattflEuid,  sowie  auf  Grund  der  Einsichtnahme 
der  Eonstruktionsplftne  dieses  Schiffes  xmd  des  Baukontraktes. 

Rücksichtlich  der  ferneren  Untersuchungen,  die  zufolge  Auftrages  der 
Untersuchungskommission  vom  22.  1.  M.  von  den  Sachverständigen  noch  vor- 
genonmien  werden  sollten  und  welche  in  einer  Probefahrt  zu  dem  speziellen 
Zwecke  bestehen  sollte,  um  den  Drehungskreis  des  «Affondatore*  zu  bestimmen 
sowie  das  Funktionieren  des  Steuerapparates  desselben,  bemerken  die  Sach- 
verständigen : 

1.  DaA  bezüglich  der  Grescbwindigkeitsbestinunimg  der  Zustand  der  See 
an  diesem  Tage  jede  stichhältige  Probe  verhindert  hätte,  außerdem  aber  würde 
auch  der  Zustand  des  Schiffskörpers,  nachdem  er  fast  3  Monate  im  Schlamme 
gelegen  ^),  jedem  Experimente,  selbst  wenn  dieses  imter  günstigen  Umständen 
stattfände,  in  dieser  Beziehung  nur  einen  sehr  geringen  Wert  verleihen,  abge- 
sehen von  der  Beschädigung  einzelner  Blaschinenbestandteile  durch  das  lange 
Liegen  im  Salzwasser  und  dem  Funktionieren  der  Maschine  unter  solchen  Um- 
ständen. 

2.  Was  den  Steuerapparat  anbelangt,  so  hat  sich  der  Zustand  desselben 
nach  der  Besichtigung  durch  die  genannte  Kommission  insofeme  bedeutend 
geändert,  als  man  den  in  dem  Berichte  angeführten  Übelständen  bereits  abge- 
holfen hat,  somit  ließe  sich  auf  Basis  seines  gegenwärtigen  Funktionierens  kein 
Schluß  ziehen  auf  die  Resultate,  welche  vor  der  Verbesserung  zu  erzielen 
gewesen  wären. 

In  Berücksichtigung  der  angeführten  Gründe  erklären  somit  die  Sachver- 
ständigen, daß  nach  ihrem  Dafürhalten  eine  jede  Vornahme  weiterer  Experimente, 
sowie  der  früher  erwähnten  Probefahrt  überflüssig  wäre. 

Florenz,  29.  November  1866. 

gez.  Mattel.  gez.  de  Ferrari. 

•   Provana.  ,   Ohigi. 


1)  Der  ,Affondatore*  war  bekanntlich  am  6.  August  1866  auf  der  Rhede  von 
Ancona  bei  einer  NordnordwestbO  gesunken  und  wurde  erst  am  S5.  Oktober  desselben 
Jahres  gehoben.  (Siehe  Seite  346). 


II.  Abschnitt. 


Die  k.  k.  Lagnnenf lottille  in  Venedig. 


Mit  einer  Karte  der  Hafeneinfahrten  von  Venedig. 


433 


Die  k.  k.  Lagunenflottille  in  Venedig. 

Ausrflstnng  und  Indienststelltmg  der  k.  k.  Lagimenfahneaf«.  —  Sptmixig  dtr  Haftncinfahrtan  Ton 
Chioggia  und  Malamocco.  —  übergäbe  des  k.  k.  Seeareenals  an  die  königlich  italienische  Marine.  —  Stand 

und  Armierung  der  k.  k.  Lagunenflottille  in  Venedig  1866. 

Auch  in  Venedig  —  Festungsgouvemeur  FZM.  Baron  Ale  mann» 
Hafenadmiral  Kontreadmiral  Julius  Ritter  v.  Wissiak  —  waren  trotz 
der  in  Aussicht  stehenden  Kriegsgefahr  bezüglich  der  Ausrüstung  der 
Lagunenflottille  keinerlei  Vorbereitungen  getroffen  worden. 

Nach  den  damaligen  Anschauungen  galt  Venedig,  mit  Rücksicht  auf 
seine  eigentümliche  Lage  an  der  Adria,  welche  schweren,  tiefgehenden 
Kriegsschiffen  die  Annäherung  an  die  Festungswerke  nur  bis  zu  einer 
gewissen  Grenze  gestattete,  für  ziemlich  sicher  und  von  der  Seeseite  so 
gut  wie  uneinnehmbar.  Nur  von  der  Landseite  aus  oder  durch  die  inneren 
Kanäle  mittels  Fahrzeugen  von  geringem  Tiefgange,  war  ihm  beizu- 
kommen. Trotzdem  man  nach  der  allgemeinen  Annahme  im  bevor- 
stehenden Kriege  bezüglich  der  vom  Gegner  beabsichtigten  Unter- 
nehmungen gerade  in  ihm  das  wahrscheinliche  Angrififsobjekt  durch  Heer 
und  Flotte  zu  suchen  hatte,  so  war  doch  bis  Ende  April  alles  noch  im 
Friedenzustande. 

Die  für  den  Dienst  in  den  Lagunen  bestimmten  Schraubenkanonen- 
boote , Ausluger**,  „Deutschmeister**  imd  „Pelikan**  lagen  abgerüstet  im 
Arsenale.  Von  den  Raddampf-Kanonenbooten  war  nm*  Nr.  VI  aus- 
gerüstet und  hatte  den  Stationsdienst  in  Chioggia  zu  versehen;  die 
anderen  lagen  gleichfalls  im  Arsenale,  ebenso  die  kleinen  Lagunen- 
raddampfer „Thum-Taxis**,  „Alnoch**,  „Messaggiere**  und  „Gorzkowsky**. 
Alle  diese  Schiffe  wurden  gewöhnlich  einmal  des  Monats,  anläßüch  des 
Truppenwechsels  in  den  verschiedenen  Lagunenforts  oder  auch  zu 
Materialtransporten,  je  nach  Bedarf  und  ohne  armiert  zu  werden,  aus- 
gerüstet, um  nach  vollendeter  Mission  wieder  in  das  Arsenalsverhältnis 
zu  treten. 

Von  den  Positionsschiffen  standen  Prahme  »Vesuvio**  bei  Alberoni, 
Ponton  „Fermo**  am  Lido  als  Wachschiffe  im  Dienste,  die  übrigen  lagen 
abgerüstet  im  Arsenal. 


434 

Dasselbe  galt,  mit  Ausnahme  der  Pirogen  »Euridice*  und 
„Umile'*,  die  bei  Treporti  und  S.  Erasmo  stationiert  waren,  von  der 
Lagunenruderfloltille. 

Erst  mittels  Befehls  vom  30.  April,  gleichzeitig  mit  der  Indienst- 
stellung der  Hochseeschiffe,  verfugte  das  Kriegsministerium,  daß  zuerst 
nur  die  mit  Dampfkraft  versehenen  Schiffe,  nämlich  die  Schrauben- 
kanonenboote „Ausluger**,  „Deutschmeister**  und  „Pelikan*,  die  Rad- 
dampf-Kanonenboote Nr.  I,  U,  III,  IV,  V  sowie  die  Raddampfer  „Thum- 
Taxis**,  „Abioch*',  „Messaggiere**  und  „Gorzkowsky**,  in  volle  Aus- 
rüstung zu  treten  hatten,  was  mit  21.  Juni  bezüglich  aller  hier  genannten 
Schiffe,  mit  Ausnahme  der  Schraubenkanonenboote,  die  erst  am  25.  fertig 
wurden,  vollzogen  war. 

Die  LagunendampfQottille  nahm  ihren  Ankerplatz  im  Kanal  von 
S.  Marco  ein.  Raddampfer  „Gorzkowsky*,  zur  Disposition  des  Festungs- 
gouvemements  gestellt,  ankerte  vor  der  Piazzetta. 

Um  die  diu-ch  keine  Fortifikationen  geschützten  Lagunen  durch 
Positionsschiffe  sichern  zu  können,  traf  das  Festungsgouvemement  im 
Einvernehmen  mit  dem  Hafenadmiralat  am  21.  Juni  die  Verfügung,  daß 
noch  die  Obusiera  „Saötta**,  femer  die  Pirogen  „Elvira*,  „Eulalia", 
„Teresa**,  „Iride**,  „Rondina*  und  „Agile**  in  Ausrüstung  traten,  und 
zwar  wurden  Obusiera  „Saötta**  und  Piroge  „Elvira**  für  Chioggia 
bestimmt,  während  „Eulalia**,  „Teresa**  und  „Iride*  die  Bewachung  bei 
S.  Giorgio  in  Alga,  im  Kanal  Murano  und  bei  Torcello,  wo  die  Kanäle 
Trambetta  und  Buflfone  überwacht  werden  konnten,  zu  übernehmen 
hatten.  „Rondina"  und  „Agile**  wurden  zum  Patrouillendienste  und  zur 
Bewachung  verschiedener  Objekte  verwendet. 

Die  gepanzerte  Batterie  „Feuerspeier",  welche  vermöge  ihrer 
starken  Armienmg  bei  der  Verteidigung  wesentliche  Dienste  leisten 
konnte,  wurde  Ende  Juni  westwärts  der  Hafeneinfahrt  von  Malamocco 
verankert.  Segelfregatte  „Venus**,  welche  bisher  als  Akademieschalschiff 
auf  der  Rhede  von  Muggia  gelegen  war,  sollte  ebenfalls  noch  eine  Ver- 
wendung finden,  wurde  nach  Venedig  geschleppt,  dort  für  Kriegszwecke 
provisorisch  ausgerüstet  und  im  Kanal  Murano  vertäut,  von  wo  dieselbe 
die  Stadt  Murano  und  die  P'ondainenta  nuova  behen*schte. 

Auf  diese  Weise  wurden  die  alten,  größtenteils  einer  fniheren 
Periodt*  angehörigen  SchitTe  und  Flottanten  zum  Wachdienste  in 
l)estiinmten  Gewässern  verwertet,  während  die  Dampffahrzeuge  die 
mol)ile  lokale  Verteidigung  darstellten  und  zngleich  die  Vorbindungen 
inni'rhalb  der  Lagunen  vermittelten. 


435 

Die  Werke  der  Seeseite  waren  am  12.,  jene  der  Landseite  am 
26.  Juni  im  Verteidigungszustande  und  mit  846  Geschützen  armiert  Die 
Besatzung  Venedigs  bestand  aus  10  Bataillonen  Infanterie,  SVs  Kom- 
pagnien Festungs-  und  Küstenartillerie,  2  Kompagnien  technischen 
Truppen  und  1  Raketenbatterie  mit  dem  Gesamtstande  von  12.987 
Mann  und  8  Raketengeschützen. 

Das  Hafenadmiralat  hatte  zur  Bemannung  der  Binnengewässer- 
schifife,  zu  Arsenalszwecken  etc.  4  Kompagnien  des  Matrosen-,  2  Kom- 
pagnien des  Marinezeugskorps  und  2  Kompagnien  Marineinfanterie  mit 
dem  Stande  von  3561  Mann  zur  Verfügung. 

Am  28.  Juni  war  die  Hafeneinfahrt  von  Ghioggia  zwischen  den 
Forts  Feiice  und  Garoman  durch  eine  Barrikade  von  Fregattenketten, 
auf  113  Ankern  vertäut,  jene  am  Lido  zwischen  den  Forts  S.  Andrea  und 
S.  Nicolo  durch  eine  gleiche  auf  48  Ankern  vertäute  Kette  gesichert. 

Eine  schwere  Barrikade  von  einer  Linienschiffs-  und  einer 
Korvettenkette,  auf  149  Ankern  vertäut,  sperrte  die  Einfahrt  bei  Mala- 
mocco  zwischen  dem  Fort  S.  Pietro  und  der  nördlichen  Diga.  Westlich 
und  parallel  derselben  befanden  sich  17  Seeminen  (System  Oberst 
Baron  Ebner).  Im  Canal  della  Rochetta,  an  der  engsten  Passage,  lagen 
7  Merkantilschiffe  zum  Versenken  bereit. 

Die  Passage  der  Handelsschiffe  war  seit  Mitte  Juni  nur  bei  Tage 
und  durch  die  Einfahrten  Malamocco  und  Ghioggia  gestattet. 

Kriegerische  Ereignisse  ergaben  sich  nicht. 

Als  nach  abgeschlossenem  Frieden  mit  Hallen,  Venedig,  welches 
vorher  infolge  der  Mediation  Frankreichs  und  der  Obergabe  desselben  an 
den  Kaiser  Napoleon  III.  von  dem  General  Leboeuf  nominell  in  Besitz 
genommen  war,  von  Österreich  geräumt  wurde,  begann  am  9.  Oktober 
die  Übergabe  des  k.  k.  Seearsenals  an  die  itaUenische  Marinebehörde,  bei 
welcher  Gelegenheit  von  Seite  Italiens  Kontreadmiral  Wright  und  von 
jener  Österreichs  Kontreadmiral  Ritter  v.  Wissiak  als  Bevollmächtigte 
fungierten. 

Die  Lagunenraddampfer  „Thum-Taxis**,  ^jAtooch*,  „Messaggiere" 
und  ,,Gorzkowsky*,  dann  die  Schraubenkanonenboote  „Ausluger*, 
»Deutschmeister*  und  „Pelikan*  vnirden  nebst  einem  großen  Teile  des 
wertvollen  Marinematerials  nach  Pola  überfuhrt,  während  die  Raddampf- 
Kanonenboote  und  sonstigen  Lagunenfahrzeuge  teils  von  der  italienischen 
Regierung  übernommen,  teils  im  Auktionswege  an  Unternehmer  abge- 
geben wurden.  Dasselbe  geschah  nach  Ausscheidung  der  alten,  noch  von 
den  Zeiten  der  Republik  heiTührenden  historischen  Objekte,  welche  in 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  <2S 


436 


italienisehetn  Besitze  Terblteben,  mit  jaoem  Materials,  welches  nicht  mdir 
die  Kosten  des  Transportes  wert  war. 

Damit  endete  nach  fOnzi^ährigem  Besitze  trotz  der  Siege  sm 
Costoza  und  Lissa,  die  Herrschaft  Österreichs  Ober  die  .Königin  dfts 
Meeres' ! 

Die  italienische  Regierung  machte  Venedig  zum  Sitze  da 
m.  Marinedepartements. 

Im  nachstehenden  bringen  wir  die  Standes-  und  Armierim^ 
tabeUe  der  k.  k.  L&gunenflottiUe  von  Venedig. 


I 


438 


Stand  und  Amiemig  der  k.  k.  La^naei- 


Schiffsgattung 

1 

Name 
des  Schiffes 

Tonnen-     1 
gehalt      1 

•8 

1 

BestQckiing 

t 

& 

Schwimmende  Batterie 

Feuerspeier 

1650 

— 

16  glatte  48pfÜnder 

Segelfregatte 

Venus 

1577 

— 

12     .      18      , 

Obusiera 
Prahme 

Safitta 
Vesuvio 

268 
268 

— 

J2     .      30     .                           \ 
(4    ,      24      ,      Karronadenf 

6    ,     30     ,                          ) 
<  1  GOpfQndige  Granatkanone  V 
(             ä  la  Paixhans              ) 

Ponton 

Nr.n(nFermo) 

251 

— 

10  12pfd.  gezogene  Hinieriader 

Schraubenkanonenboot 

Ausluger 

188 

50 

2  12  . 

1» 

Deutschmeister 

188 

50 

2  12. 

« 

Pelikan 

188 

50 

2  12  . 

Raddampf-Kanonenboot 

Nr.     I 
,     11 

75 
75 

25 
25 

il24.           ,                ,         } 
\  1    7pfandige  lange  Haubitze  f 

dto. 

n    I»I 

75 

25 

dto. 

.     IV 

75 

25 

dto. 

.      V 

75 

25 

dto. 

,    VI 

75 

25 

dto. 

Raddampfer 

Thum-Taxis 
Alnoch 

170 
137 

40 
40 

4    6pf0ndige  gezogene  Vorder- 
lader (La  Hitte) 

[  1  glatter  SOpfünder 

\  4  12pfündige  gezogene  Hinter- 

(            lader,  2  Petrier 

1» 

Messaggiere 

50 

20 

3    Ipfündige  Petrier 

» 

Gorzkowsky 

42 

IG 

dto. 

Peniche 

Najade 

70 

j  1  36pfündige  Karronade,         ) 
12    1      .         Petrier                (| 

Piroge 

Elvira 

35 

i  1  24      „         Karronade,        ( 
(2    1      ,         Petrier                 i 

n 

Eulalia 

35 

dto. 

n 

Euridice 

35 

— 

dto. 

1 

1                                    ?» 

Umile 

35 

dto. 

3 

Teresa 

35 

dto. 

•» 
j 

Irifle 

::5 

dto. 

! 

Rondina 

35 

dto.                           1 

1 

Ajrile 

35 

dto .                        ; 

} 

flottUle  in  Venedig  im  Jalire  1866. 


1=    '^ 

Charge  und  Naiiie 
lies  Seh  iffsko  mm  andante  11 

Anmertuii|i 

929 

LmienBchifTskapilän  Hadrian  Morelli 

In  der  Haftineinfalirl  von 
Malarnocco 

516 

Gusta»  V.  Zaccaria 

Im  Kanal  Yon  Murano 

37 

Unienschiffsleulnant  GoltFried  v.  Le 
Blanc-SouvUle 

la  Chiogpia 

5* 

Linieuschiffsleutnant  Josef  Tiefenbacher 

In  Alheroiii 

5* 

Hariuczeugi^korps- Leutnant  I.  Klasae 
Peter  Pisoni 

Am  Lido 

+t 

Linienschiftäf&hnrich  Karl  Freiherr  v. 
Puteani 

Im  Kanal  voa  San  Marco 

4^1 

Uni en Schiffs fähnricli  Johann  r.  Porten- 

sehlag 

Linienscliirrsraiinrith  Kar!  Cheyalier 

Rousseau 

33 

33 

Julius  V.  Jager 

bS 

Peter  Bozich 

33 

Ruii.  Rilt.  V.  Jenny 

32 

33 

EponGrf.Chorinsky 
Paulucci 

In  Cliio((gia 

34 

Linienschjffsleutnant  Eduard  Pilner 

Im  Kanal  von  San  Harco 

20 

19 

Hoiiiolacs 

19 
37 

LmieuschifTsfBhnrich  Friedrich  Freiherr  v. 

Gagern 
Linienschiflsfthnrich  Karl  v.  Appeltauer 

Vor  der  PiaKetta 

In    verscliarflet    Scebereitschaft 
bei  der  Porta  nuova 

15 

— 

In  Chiö^ia 

15 

- 

In  S.  Gioi^io  in  Alga 
In  Treporü 
In  S.  EraEmo 

15 

_ 

Im  Kanal  Burtmo 

15 

— 

Bei  Torcello 

ir. 
lä 

- 

dierisle 

15 

" 

dto. 

il53 

III.  Abschnitt. 


Die  k.  k.  Gardaseeflottille. 


Mit  einer  Karte  des  Gardasees  und  einer 
Porträttafel  in  Heliogravüre. 


♦    » 


l    f 


1  »f  I  ■  .        I        S         *  ^'  • 


MORITZ  MONFROKI  v.  MONFORT, 

KOHUAKRANT  OKU  UARUAKCK' rLUn  ILLX. 


443 


Die  G  ardaseeflottille. 

AusrQstaog  und  ladienststellang  dar  Flottille.  —  Kreuzungen  und  SdiarmQtzel  der  verschiedenen  Schiffe 
sowie  der  ganzen  Flottille.  —  Kampf  des  „Wildfaog*  mit  der  Batterie  von  Gargnano  und  Wegnahme  des 
talienischenRaddamprem  «Benaeo«  durch  «Wildfang«  und  .ScharfschStze*"  (90.  Juli).  —  Kampf  der  Flottille 
mit  den  italienischen  Kanonenbooten  vor  Salö.  —  Kritische  Lage  der  Osterreichischen  Truppen  in  SQdtirol. 
—  Dienste  der  Flottille  in  diesem  Stadium.  —  Besetzung  und  Haltung  von  Riva.  —  Waffenstillstand.  — 
Abrdstung  der  Flottille.  —  Übergabe  derselben  an  die  Italiener.  —  Auszeichnungen. 

In  dem  bevorstehendem  Kriege  mit  Italien  mußte  der  neu- 
geschaffenen Flottille  am  Gardasee  eine  wichtige  Rolle  zufallen.  Während 
Österreich  bis  zum  Jahre  1859  im  Besitze  des  ganzen  Sees  war,  hatte  der 
Friede  von  Zürich  bei  der  Abtretung  der  Lombardei  die  Grenze  derart 
gezogen,  daß  der  Gardasee  seiner  ganzen  Länge  nach,  von  Peschiera  bis 
Riva,  in  eine  östliche  und  westliche  Hälfte  geteilt  wurde,  welch  letztere 
Italien  zufiel. 

Infolge  des  auf  diese  Weise  geschaffenen  Zustandes  hatte  das 
Kommando  der  IL  Armee  zur  Sicherung  der  österreichischen  Küsten- 
strecke und  der  Festung  Peschiera  von  der  Seeseite  unter  anderem  auch 
eine  Vermehrung  der  bisher  auf  dem  Gardasee  stationierten  Kriegs- 
fahrzeuge verlangt  und  wurde  gleich  nach  der  im  Jahre  1860  erfolgten 
Übernahme  des  k.  k.  Flottillenkorps  durch  die  kaiserliche  Marine  der  Bau 
von  sechs  Schraubenkanonenbooten  in  Angriff  genommen. 

Dieselben  hatten  ein  Deplacement  von  280  Tonnen,  eine  Maschine  von 
nominell  90  Pferdekräften,  eine  Armierung  von  zwei  Stück  48pfündigen 
und  zwei  Stück  30pfündigen  glatten  Geschützen  sowie  einen  Bemannungs- 
stand von  72  Mann.^)  Ihre  Namen  waren:  .Raufbold",  „Scharfschütze*, 
„ Speiteufel *,  „Uskoke",  , Wespe *,  , Wildfang**.  Von  älteren  Stations- 
schiffen befanden  sich  bei  Ausbruch  des  Krieges  noch  am  Gardasee  die 
zwei  Raddampfer  .Heß*  von  360  Tonnen  Gehalt,  100  Pferdekräften, 
vier  glatten  12pfündem  mit  44  Mann  Bemannung,  und  . Franz  Joseph* 
von  170  Tonnen  Gehalt,  50  Pferdekräften,  zwei  glatten  12pfündem  und 
34  Mann  Bemannung. 


1)  „Speiteufel*  hatte  bei  Ausbruch  des  Krieges  statt  seiner  SGpfQnder  gezogene 
3ipffindige  Wahrendorffgeschütze  erbalten.  A.  d.  V. 


444 

Dieser  für  die  dortigen  Verhältnisse  immerhin  ganz  ansehnlichen 
Seestreitmacht  war  Italien  nicht  im  stände,  am  Gardasee  eine  gleich 
starke  entgegenzustellen.  Merkwürdigerweise  hatte  es  die  italienische 
Regierung,  welche  doch  zur  Hebung  der  nationalen  Marine  so  außer- 
ordentliche Anstrengungen  machte,  ganz  verabsäumt,  für  die  Binnenseen 
etwas  zu  tun  und  sich  auch  hier  die  Superiorität  zu  sichern. 

Italien  besaß  am  Gardasee  anfänglich  bloß  die  fünf  von  den 
Franzosen  im  Feldzuge  des  Jahres  1859  zur  Belagerung  von  Peschiera 
mitgebrachten  kleinen  eisernen  Kanonenboote,  welche  nach  Beendigung 
des  Feldzuges  an  Italien  überlassen  und  mittels  königUchen  Dekretes  vom 
15.  September  1859  von  der  Marhie  übernommen  wurden.  Jedes  der- 
selben führte  drei  kleine  gezogene  Vorderlader  und  besaß  eine  Ißpferde- 
kräftige  Maschine.  Später  änderte  man  die  Bestückung  und  gab  einem 
jeden  ein  gezogenes  \6cm  und  ein  gezogenes  San  Cavalligeschütz. 
Diese  Fahrzeuge  hießen:  «Sesia",  „Castenedolo*,  „Torrione*,  ^Frassi- 
netto**  und  ^Pozzolengo". 

„Sesia*  war  am  8.  Dezember  1860  infolge  einer  Kesselexplosion  zu 
Grunde  gegangen;  dagegen  hatte  man  später  den  Bau  zweier  neuen, 
,  Mincio  **  und  „Adda",  in  Angriff  genommen  und  vollendet.  Für 
Transportzwecke  diente  der  kleine  Raddampfer  ^Benaco*,  der  früher 
den  Postdienst  besorgt  hatte. 

Als  Hafen-  und  Marinestation  war  Salö  ausersehen  worden. 

Bei  Ausbruch  des  Krieges  hatte  das  Marineministerium  sämtliche 
Seeoffiziere  vom  Gardasee  zur  Dienstleistung  bei  der  Flotte  zurück- 
berufen und  die  Gardaseeflottille  wurde  dem  General  Garibaldi,  welcher 
die  Bildung  von  Freischaren  zur  Bekämpfung  Österreichs  übernommen 
hatte,  unterstellt. 

Als  General  Garibaldi  —  Mitte  Juni  —  in  Salö  ankam,  war  nur 
das  Kanonenboot  , Mincio"  in  Ausrüstung,  von  den  fünf  übrigen  war 
..Frassinetto"  nicht  mehr  zum  Dienste  tauglich  und  die  anderen  vier 
hatten  ihre  Maschinen  nicht  in  Ordnung.  Mit  der  ihm  eigenen  Energie  und 
Sachkenntnis  betrieb  er  sofort  die  schleunige  Ausrüstung  derselben  und, 
da  gleichzeitig  sein  Freund,  General  Avezzana,  mit  zahlreichen  see- 
kundigen Freiwilligen  aus  Livorno  und  den  übrigen  Seestädten  anlangte, 
so  war  man  auch  im  stände,  die  Boote,  so  gut  es  eben  ging,  zu  bemannen. 
Als  Kommandanten  dienten  Auxiliaroffiziere,  Divisionskommandant  der 
Flottille  war  der  dem  Stabe  Garibaldis  zugeteilte  Oberstleutnant  Vechj. 

Wie  aus  dieser  Darstellung  ersichtlich,  lagen  im  Gegensatze  zu 
der  Hochseeflotte  Italien?,    welche   jener  Österreichs  bedeutend  über- 


I 


445 

legen  war,  hier  die  Verhältnisse  ganz  anders  und  zu  Gunsten  des 
letzteren. 

Die  Ausrüstungsordre  für  die  österreichische  Gardaseeflottille 
erging  an  dieselbe  zugleich  mit  jener  für  die  Flotte  —  30.  April  —  und 
war  sie  unter  der  Leitung  des  Marinestationskommandanten  von 
Peschiera,  Korvettenkapitäns  Man  fr  oni  V.  Manf  ort  in  verhältnismäßig 
kurzer  Zeit  durchgeführt,  gleichzeitig  auch  sämtliche  Kanonenboote  mit 
Eisenbahnschienen  gepanzert  worden. 

Die  ausgerüstete  Flottille  bestand  aus  folgenden  Fahrzeugen: 

Kanonenboot  „  Speiteufel " ,  Kommandant  Linienschiffsfähnrich  Grat 
Zichy,  Führerschiff  des  Korvettenkapitäns  v.  Manfroni; 

Kanonenboot  «Uskoke'',  Kommandant  Linienschiffsleutnant  Natti; 

Kanonenboot  ,  Scharfschütze  **,  Kommandant  Linienschiffsleutnant 
Freiherr  v.  Haan; 

Kanonenboot  „Wildfang**,  Kommandant  Linienschiffsleutnant  Joly; 

Kanonenboot  „Raufbold'',  Kommandant  Linienschiffsleutnant 
Meder; 

Kanonenboot  „Wespe",  Kommandant  Linicnschiffsleutnant 
V.  Adler; 

Raddampfer  „Heß**,  Kommandant  Linienschiffsfähnrich  Graf 
Seyssel  d'Aix; 

Raddampfer  „Franz  Joseph",  Kommandant  Linienschiffsfähnrich 
Freiherr  v,  Pelichy. 

Schon  vor  Beginn  der  Feindseligkeiten  waren  von  den  Freischärlern 
bei  der  Spitze  von  Mademo  Strandbatterien  aufgeführt  worden  und 
große  Abteilungen,  dem  2.  Freiwilligenregiment  angehörig,  hatten  sich 
vom  10.  Juni  an  bei  Maderao  und  Gargnano  unter  dem  Schutze  der  dort 
aufgestellten  Batterien  und  unter  persönlichem  Kommando  Garibaldis 
angesammelt. 

10.  Juni. 

Korvettenkapitän  v.  Manfroni  schiffte  sich  den  10.  Juni  an  Bord 
des  „Speiteufel"  ein  und  übernahm  damit  faktisch  das  Kommando  über 
die  ausgerüstete  Flottille.  Die  ihm  vom  Armeekommando  erteilten 
Instruktionen  lauteten  dahin,  „eine  Landung  von  Freischaren  in  Tirol  zu 
verhindern,  die  feindliche  Flottille  in  Salö  festzuhalten  und  Riva  zu  unter- 
stützen*. In  Ausführung  derselben  begab  er  sich  mit  der  Flotlüle  sofort 
auf  die  Höhe  von  S.  Virgilio,  um  die  im  Hafen  von  Salö  liegenden  feind- 
lichen Sireitkräfte  besser  beobachten  und  bei  Beginn  der  Feindseligkeiten 


446 

gleich  die  Aktion  gegen  dieselben  eröffnen  zu  können..  In  dieser  ver- 
schärften Bereitschaft  verstiich  indes  noch  einige  Zeit,  welche  zur  Ein- 
übung der  Mannschaften  und  mit  taktischen  Exerzitien  bestens  aus- 
genützt wurde. 

23.  Juni. 

Am  23.  Juni  morgens  begannen  die  Feindseligkeiten  und  die  all- 
gemeine Vorrückung  der  italienischen  Armee  über  den  Mincio.  Um 
iV/z^  a.  m.  verließ  der  Flottillenkommandant  den  Ankerplatz  bei 
S.  Virgilio  mit  den  Kanonenbooten  „Speiteufel%  ^Wildfang**,  ,,üskoke* 
und  , Scharfschütze**.  Raddampfer  „Heß**  wurde  der  Eskadre  voraus- 
gesendet, um  eine  Rekognoszierung  von  Lech!  bis  Gargnano  vorzu- 
nehmen und  den  kreuzenden  Kanonenbooten  , Raufbold*  und  „Wespe** 
den  Ausbruch  der  Feindseligkeiten  mitzuteilen. 

Nachdem  Dampfer  „Heß*  bei  dieser  Rekognoszierung  von  feind- 
licher Seite  nicht  gestört  worden  war,  so  eröffnete  die  Flottille  um  12'/4** 
das  Feuer  gegen  die  Spitze  von  Mademo,  wo  sich  sehr  viele  Garibaldianer 
befanden,  um  sich  ebensowohl  von  der  Lage  der  Batterie  wie  auch  von 
der  Tragweite  und  dem  Kaliber  der  Geschütze  zu  überzeugen.  Nach  dem 
dritten  von  der  Flottille  abgegebenen  Schusse  eröffnete  die  Batterie  von 
Maderno  ein  langsames  Feuer  gegen  die  Schiffe,  welche  dasselbe  drei 
Viertelstunden  lang  aus  10  bis  13  Kabel  (2000  bis  2600  m)  Entfernung 
erwiderten.  Die  Batterie  befand  sich  auf  der  östUchen  Spitze  von  Mademo. 
Der  erste  Schuß  ging  über  die  Schiffe  hinweg  und  erreichte  eine  Trag- 
weite von  zirka  15  Kabel  (3000  m).  Die  österreichische  Flottille  erlitt 
weder  Verluste  noch  Havarien,  obgleich  der  Feind  schon  beim  dritten 
Schusse  sehr  gut  feuerte  und  die  Geschosse  in  unmittelbarer  Nähe  und 
zwischen  den  Schiffen  niederschlugen.  Die  Garibaldianer  zerstreuten  sich 
gleich  nach  den  ersten  von  den  österreichischen  Schiffen  abgegebenen 
Schüssen  in  ein  naheliegendes  Gehölz.  Die  im  Hafen  von  Salö  liegenden 
italienischen  Kanonenboote  ließen  ihre  Truppen  von  der  k.  k.  Flottille 
beschießen,  ohne  herauszukommen. 

Durch  diesen  vom  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  unternommenen 
Angriff  wurde  jeder  Versuch  der  Garibaldianer,  durch  eine  Landung  an 
der  österreichischen  Küste  der  Südarmee  während  der  Schlacht  von 
Custoza  in  Flanke  oder  Rücken  zu  fallen,  vereitelt  und  speziell  der 
Reservedivision  GM.  v.  Rupprochts  sowie  den  Ausfallstruppen  von 
Peschiora  der  Rücken  freigehalten. 


447 


29.  Juni. 


Am  29.  Juni  sandte  der  Flottillenkommandant  auf  die  ihm  zuge- 
kommene Nachricht,  daß  bei  Limone  eine  Batterie  im  Baue  und  dort 
Militär  postiert  sei,  den  Raddampfer  »Heß**  zur  Rekognoszierung  ab. 
Derselbe  kam  um  9^  abends  mit  der  Meldimg  zurück,  daß  er  bis  auf 
einige  Faden  von  Limone  entfernt  gewesen  sei,  jedoch  nichts  Verdächtiges 
beobachtet  habe. 

30.  Juni. 

Am  30.  morgens  5*'  waren  bei  Fort  Lechi  drei  italienische  Kanonen- 
boote unter  Dampf  und  hinter  denselben  ein  Raddampfer  sichtbar. 
Kanonenboot  „WUdfang*  wurde  beordert,  so  nahe  als  möglich  denselben 
entgegenzugehen,  um  sie  möglicherweise  herauszulocken.  Bei  Ausführung 
dieses  Manövers  kam  „Wildfang**  ins  Feuer  der  Batterie  von  Maderno, 
welche  aus  ihren  schweren  Geschützen  vier  Schüsse  auf  ihn  abgab,  ohne 
jedoch  zu  treffen.  Trotz  der  kräftigen  Unterstützung,  welche  die 
italienischen  Kanonenboote  von  ihren  Landbatterien  zu  erwarten  hatten 
und  obwohl  ihnen  nur  ein  österreichisches  Kanonenboot  gegenüberstand, 
gingen  sie  nicht  außer  Lechi  heraus,  sondern  zogen  sich  wieder  in  das 
Innere  des  Hafens  von  Salö  zurück. 

Dampfer  „Heß**  wurde  nun  beordert,  eine  scharfe  Rekognosziening 
der  Küstenstrecke  von  Sermione  bis  Desenzano  vorzunehmen.  Er  fand, 
daß  die  ganze  Halbinsel  von  Sermione  weder  befestigt  noch  besetzt  sei. 
Auf  einem  Plateau,  links  von  Desenzano,  bemerkte  „Heß**  etwa  400  eben 
im  Exerzieren  begriffene  Garibaldianer.  Er  näherte  sich  denselben  auf 
zirka  12  Kabel  (2400  w)  und  schoß  vier  Granaten  mitten  in  den 
exerzierenden  Haufen  hinein,  welcher  eiligst  auseinanderstob,  so  daß 
Korvettenkapitän  v.  Manfroni,  als  derselbe  mit  Kanonenboot  „Spei- 
teufel* und  Raddampfer  „Franz  Joseph**  zur  Unterstützung  näher  kam, 
schon  den  ganzen  Platz  gesäubert  fand.  Die  Schiffe  kehrten  hierauf  auf 
ihren  Beobachtungsposten  vor  Lechi  zurück. 

General  Garibaldi,  welchem  nach  der  Schlacht  von  Gustoza  vom 
italienischen  Hauptquartier  der  dringende  Befehl  zukam,  Brescia  und  die 
obere  Lombardei  zu  decken  sowie  zu  verhindern,  daß  der  sich  hinter  dem 
Oglio  zurückziehenden  Armee  durch  einen  Flankenmarsch  der  Öster- 
reicher der  Rückzug  abgeschnitten  würde,  halte  Lonato  besetzt,  um  von 
dort  aus  ebensowohl  Salö  wie  Brescia  sichern  als  auch  Versprengte  und 


448 

Transporte  des  Heeres  aufnehmen  zu  können.^)  Da  er  auf  einen  Angriff 
von  Peschiera  aus  gefaßt  sein  zu  müssen  glaubte,  so  hatte  er  Densenzano 
besetzen  lassen  und  seine  Vorposten  bis  Rivoltella  vorgeschoben. 

1.  Juli. 

Nachdem  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  hievon  Kenntnis  erlangt 
hatie,  begab  sich  derselbe  am  I.Juli  mit  Tagesanbruch  bis  in  die  nächste 
Nühe  von  Desenzano,  fand  aber,  daß  der  Ort  selbst  wie  ausgestorben 
war.  Auf  der  östlichen  Seite  der  Stadt  hatten  die  Garibaldianer  von 
Laubwerk  ein  Lager  errichtet;  einige  wohlgezielte  Schüsse  in  die  Mitte 
desselben  zwangen  sie  jedoch  zum  eiligen  Rückzug  gegen  den  Eisen- 
bahndamm. Von  Padenghe  aus  zogen  nun  neue  Massen  von  Freischärlern 
Desenzano  zu  Hilfe,  kamen  aber,  dort  angelangt,  in  eine  Schlucht  zu 
stehen.  Die  österreichischen  Schiffe  unterhielten  auf  dieselben  ein  so 
wohlgezieltes  Granatfeuer,  daß  sie  zur  eiligen  Rückkehr  nach  Padenghe 
veranlaßt  wurden.  Diese  konnten  sie  indes  nicht  ohne  Verlast  bewerk- 
stelligen, da  die  Rückzugsstraße  von  den  Schiffen  beherrscht  und  be- 
schossen wurde.  Obwohl  mit  Artillerie  versehen,  schienen  die  Italiener 
nur  auf  Rettung  bedacht  zu  sein,  denn  sie  führten  nicht  einmal  ihre 
Geschütze  vor  und  erwiderten  das  Feuer  der  Schiffe  gar  nicht.  Der 
errungene  Vorteil  konnte  nicht  weiter  ausgebeutet  werden,  da  die  Flottille 
über  keine  Ausschiffungstruppen  verfügte. 

Korvettenkapitän  v.  Manfroni  mußte  sich  daher  mit  den  dem 
Feinde  zugefügten  Verlusten  begnügen  und  begab  sich  wieder  vor  Salö, 
wo  während  der  ganzen  Zeit  nur  drei  Kanonenboote  geblieben  waren, 
welche  jedoch  der  Feind  nicht  anzugreifen  wagte. 

Dieses  Scharmützel  halte  aber  noch  den  weiteren  Vorteil,  daß  die 
k.  k.  Södarmee  bei  ihrer  Vorruckung  am  2.  JuU  über  den  Mincio  in  der 
Richtung  auf  Desenzano  auf  keinen  Feind  stieß. 

Auf  mündlichen  Befehl  Seiner  k.  k.  Hoheit  des  Erzh.  Albrecht  sollte 
bei  dieser  allgemeinen  Vorrückung  der  Südarmee  im  Vereine  mit  den 
unter  Kommando  des  GM.  Freiherrn  v.  Kuhn  aus  Tirol  hervorbrechenden 
Truppen  eine  Landung  bei  Gargnano  bewerkstelligt  werden,  um  die  von 
den  Garibaldianern  aufgeführten  Strandbatterien  zu  nehmen. 

±  Juli. 

Um  diese  Landung  vorzubereiten,  unternahmen  am  2.  Juli  die 
Kanonenboote  .Wildfang",  Kommandant  Linienschiffsleutnant  Joly,  und 


1)  Garibaldi,  Meinorio  autobiogratiche  etc.,  Seite  411. 


449 

«Raufbold*,  Kommandant  Linicnschififsleutnant  Meder,  eine  Rekognos- 
zierung nach  Gargnano.  Bei  Tagesanbruch  steuerte  Linienschiffsleutnant 
Joly  diesem  Orte  zu,  gab  dem  Kanonenboot  „Raufbold '^  den  Befehl, 
einstweilen  in  nordwestlicher  Richtung  von  Gargnano  zu  kreuzen,  und 
näherte  sich  dann  bis  auf  eine  Entfernung  von  4Vb  Kabel  (900  m). 
Gleich  bei  den  ersten  nordwärts  gelegenen  Häusern  entdeckte  man  10 
bis  12  Freischärler,  welche  nach  einem  erhaltenen  Schrapnellschuß,  der 
einen  Mann  zu  Boden  streckte,  eiligst  die  Flucht  ergriffen.  „Wildfang* 
steuerte  nun  bis  zur  Brücke,  welche  sich  in  der  Nähe  des  Hauptplatzes 
befindet,  und  fand  dort  die  Hauptwache  der  Freischärler.  Auf  den  ersten 
Schuß,  der  auf  sie  abgefeuert  wurde,  versammelten  sich  zirka  50  bis 
60  Mann  unter  einem  Offizier  hinler  der  Hauptwache.  Es  wurden  weitere 
vier  Schrapnellschüsse  und  ein  Granatschuß  aut  dieselben  abgegeben, 
welche  sämtlich  in  guter  Richtung  und  in  unmittelbarer  Nähe  der  Haupt- 
wache explodierten.  Ein  Schrapnellschuß  ging  durch  das  ebenerdige 
Fenster  der  Haupt  wache ;  doch  war  die  Wirkung  aller  dieser  Schüsse, 
wenngleich  einige  Treffer  erzielt  wurden,  noch  eine  zu  geringe,  als  daß 
die  Freischärler  den  Platz,  respektive  die  Hauptwache  gänzlich  geräumt 
hätten.  Das  Kanonenboot  näherte  sich  daher  weiter  bis  auf  P/2  Kabel 
Distanz  (300  m)  und  feuerte  eine  48pfündige  Kartätsche  auf  die 
Wache  ab,  welcher  Schuß  zur  Folge  hatte,  daß  drei  Freischärler  tot  oder 
verwundet  zu  Boden  stürzten  und  die  übrigen  die  Wache  gänzlich  räumten 
und  sich  in  wilder  Flucht  in  die  weiter  entfernt  gelegenen  Straßen 
Gargnanos  zurückzogen. 

An  demselben  Abend  versuchte  zwar  ein  feindliches  Kanonenboot 
von  Salö  bis  Gargnano  vorzudringen,  wurde  aber  sofort  von  dem  kreuzen- 
den „Raufbold''  angegriffen  und  zum  Rückzuge  nach  Salö  gezwungen. 

4.  Juli. 

Obwohl  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  schon  am  4.  Juli  die  Nach- 
richt zukam,  daß  sowohl  die  allgemeine  Vorrückung  der  Armee  als  auch 
die  Landung  bei  Gargnano  unterbleiben  würde,  ließ  er  doch  von  neuem 
die  dort  befindlichen  Freischärler  angreifen. 

An  diesem  Tage  morgens  ging  Linienschiffsleutnant  Meder  mit  dem 
„Raufbold*  dicht  bis  unter  Gargnano  vor,  näherte  sich,  als  er  der  Gaii- 
baldianer  ansichtig  wurde,  dem  Lande  bis  auf  ein  Kabel  (200  m)  und  er- 
öffnete sodann  auf  selbe  ein  wohlunterhaltenes  und  erfolgreiches  Klein- 
gewehrfeuer, da  sie  sich  sofort  in  die  umliegenden  Zitronenpflanzungen  zer- 
streut hatten.  Die  Garibaldianer  erwiderten  dasselbe,  jedoch  ohne  Erfolg 


und  zogen  sich  unter  Zurücklassung  von  vielen  Toten  und  Verwundeten 
eiligst  in  die  Berge  zurück. 

Gegen  11"  a.  m.  zog  abermals  eine  dichte  Kolonne  Freischärl« 
gegen  Gargiiano:  dieselbe  wurde  aber  vom  Korvettenkapitön  v.  Manfroni^ 
der  mit  der  Flottille  gleich  zu  Hilfe  kam,  zurückgeschlagen  und  auf  dia 
Höhen  zurückgeworfen,  indem  die  Häuser,  in  welchen  sich  die  Gari» 
baldianer  befanden,  beschossen  und  in  Brand  gesetzt  wurden.  Da  elov 
Verfolgung  nicht  möglich  war,  ließ  Korveltenkapitän  v.  Manfroni  du 
,  Wespe"  vor  Gargnano  als  Unterstützung  zurück,  sandte  den  ,Uskoke' 
vor  Torri  auf  Kreuzung  und  steuerte  hierauf  gegen  Süden,  da  sich  in- 
zwischen die  italienischen  Kanonenboote  außerhalb  Mademos  zeigten.  BJr 
stellte  sich  nun  außerhalb  des  Schußbereiches  der  Batterie  von  Mademo 
mit  den  Kanonenbooten  .Speiteufel'  und  „Wildfang".  den  Raddampfeni 
„Heß*  und  „Franz  Joseph"  denselben  entgegen,  ließ  die  Maschinen  halten 
und  wartete  ab,  ob  sie  so  weit  vordringen  würden,  daß  er  sie.  ohne  in 
den  Bereich  der  Batterie  zu  kommen,  angreifen  könnte.  Die  italienischen 
Kanonenboote  zogen  sich  .jedoch  alsogleich  hinler  Mademo  zurück.  Gegea: 
Abend  wurde  Dampfer  „Heß"  dem  vor  Gargnano  und  „Franz  Joseph*' 
dem  vor  Desenzano  kreuzenden  Kanonenboote  zur  Verstärkung  zugesandt. 

Gegen  10''  abends  versuchten  drei  itaUenische  Kanonenboote  gegen 
Gargnano  vorzudringen,  wurden  aber  von  dem  kreuzenden  Kanonenboot' 
-Wespe"  alsogleich  gesichtet  und  angegriffen,  worauf  sich  dieselben  nach 
einigen  abgegebenen  erfolglosen  Schüssen  wieder  zurückzogen. 

5.  Juli. 
Am  5.  Juli  früh  ging  Raddampfer  .Heß"  behufs  einer  erneuerten 
Rekognoszierung  unter  Land.  Als  er  sich  Gargnano  auf  ungefähr  5  Kabel 
(1000  m)  genähert  hatte,  demaskierte  der  Feind  plötzlich  auf  verschiedenen 
Punkten  vier  Batterien  zu  je  zwei  gezogenen  12pfündern  und  eröffiiete 
ein  wohlgezieltes  Feuer  auf  denselben,  welcher  sogleich  wendete  und  das 
Feuer  mit  Erfolg  erwiderte,  da  eine  Batterie  zum  Schweigen  gebracht 
wurde.  Dampfer  ,Heß"  zog  sich  dann  auf  die  ihm  zu  Hilfe  eilenden 
Kanonenboote  zurück,  nachdem  er  fünfmal  von  feindlichen  Projektilen 
getroffen  worden  war,  einige  unbedeutende  Havarien  erlitten  und  zwei 
durch  Splitter  leicht  Verwundete  halte. 

G.  Juli. 
Am  &.  Juh  morgens  unternahmen  die  Kanonenboote   , Wildfang* 
und    .Raufbold"    wieder  eine  Rekognoszierung  gegen  Gargnano.    Sie. 


451 

wurden  außer  von  den  früher  erwähnten  leichten  Batterien  auch  noch 
aus  mehreren  Positionsgeschützen  beschossen,  erwiderten  jedoch  das 
feindliche  Feuer  auf  das  kräftigste.  Gleich  nach  den  ersten  Schüssen  begab 
sich  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  mit  dem  , Speiteufel*  an  Ort  und 
Stelle,  fand  jedoch  die  beiden  Kanonenboote  schon  außer  Schußbereich. 
^Wildfang*  hatte  eine  kleine  Havarie  in  der  Bemastung  erlitten.  Als  das 
Kanonenboot  „Scharfschütze*,  von  Norden  kommend,  in  den  Bereich  der 
Landbatterien  trat,  eröffneten  diese  sogleich  das  Feuer  auf  dasselbe,  worauf 
sich  , Speiteufel*  zur  Unterstützung  näherte  und  das  Feuer  der  Batterien 
so  lange  erwiderte,  bis  , Scharfschütze*  außer  Schußbereich  war,  worauf 
er  dann  ebenfalls  zurückfuhr. 

7.  Juli. 

Am  7.  morgens  kam  es  endlich  zu  einem  Kampfe  zwischen  den 
Schiffen  selbst.  Kurz  nach  7^  a.  m.  zeigten  sich  außerhalb  Mademos  die 
fünf  italienischen  Kanonenboote,  von  denen  eines  das  Feuer  gegen  das 
kreuzende  österreichische  Kanonenboot  „Wespe*  eröffnete,  welches  von 
diesem  erwidert  wurde.  Bei  dieser  Gelegenheit  zeigte  sich  deutlich  der 
Unterschied  in  der  gegenseitigen  Bestückung.  Die  glatten  48pfünder  und 
30pfünder  der  »Wespe*  erreichten  kaum  den  Feind,  während  dieselbe 
von  dem  16  cm  gezogenen  Cavalligeschütz  ^)  weit  Überschossen  wurde. 
Korvettenkapitän  v.  Manfroni,  welcher  sich  mit  „Speiteufel*  und 
„Scharfschütze*  an  Ort  und  Stelle  begeben  hatte,  fand  es  daher  für 
angezeigt,  mit  seinen  drei  Kanonenbooten  direkt  auf  die  italienischen 
Kanonenboote  loszufahren,  um  womöglich  eine  Melee  herbeizuführen  oder 
zu  einem  Enterkampf  zu  gelangen.  Die  feindlichen  Kanonenboote  ließen 
es  jedoch  nicht  darauf  ankommen,  sondern  zogen  sich,  sobald  sie  das 
entschiedene  Drauflosgehen  der  österreichischen  Schiffe  bemerkten, 
eiligst  nach  Salö  zurück.  Eine  Verfolgung  derselben  war  nicht  möglich 
da  sie  sich  immer  innerhalb  des  Schutzes  ihrer  Strandbatterien 
befanden,  einen  Vorsprung  von  einer  Seemeile  hatten  imd  bei  ihrer 
guten  Fahrt  bald  in  Salö  waren.  Die  Kanonenboote  „Raufbold*,  „Wild- 
fang* und  „Uskoke*  wurden  zur  Kreuzung  zwischen  S.  Virgilio 
und  Casteletto  bestimmt,  während  bei  Nacht  Raddampfer  „Heß* 
zwischen  den  Schiffen  und  Manerba  kreuzte,  um  jeden  Durchbruch  zu 
verhindern. 


1)  Langgranate  a  40  piemontesische  Pfund. 

Fleischer,  Die  k.  k.  Kriegsmarine  1866.  29 


452 

18.  Juli. 

Am  18.  Juli  erhielt  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  die  Nachricht, 
daß  starke  feindliche  Abteilungen  aus  Venetien  nach  Tirol  vordrängen 
und  daß  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  die  Garnison  von  Riva  beordert 
werden  würde,  dasselbe  zu  verlassen,  da  ein  Nachschub  aller  nur  irgend 
disponiblen  Truppen  sich  als  dringend  notwendig  erweise.  In  diesem 
Falle  wäre  dann  aber  sowohl  Riva  wie  auch  das  ganze  Sarcatal  den 
Freischärlern  preisgegeben  gewesen.  Korvettenkapitän  v.  Manfroni 
stationierte  deshalb  vorsichts weise  das  Kanonenboot  „Wespe*  nach  Riva, 
um  diese  Stadt  möglichst  zu  schützen,  imd  gab  dem  bei  Malcesine 
kreuzenden  „Uskoke**  den  Befehl,  im  Falle  der  Notwendigkeit  sich  ohne- 
weiters  ebenfalls  nach  Riva  zu  begeben  und  das  dortige  Kanonenboot  zu 
unterstützen. 

19.  Juli.       • 

Am  19.  Juli  gegen  7^  abends  kam  der  italienische  Raddampfer 
„Benaco*  aus  Salö  heraus  und  steuerte,  dicht  unter  Mademo  passierend, 
gegen  Gargnano  mit  einem  Lastboot  im  Schlepp.  Es  war  hieraus  deutlich 
die  Absicht  des  Feindes  zu  erkennen,  seinen  Truppen  in  Gargnano 
Munition  und  Lebensmittel  zur  See  zu  überbringen,  da  der  Landweg  sehr 
weit  und  sehr  beschwerlich  war.  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  lief 
sogleich  mit  „Speiteufel*  aus  und  befahl  dem  Dampfer  „Heß*,  im  Kiel- 
wasser zu  folgen. 

Kanonenboot  „Wildfang*,  LinienschiflFsleutnant  Joly,  welches  die 
Kreuzung  zwischen  S.  Virgilio  und  Casteletto  hatte,  bemerkte  gleichfalls 
den  italienischen  Dampfer  und  verfolgte,  indem  es  längs  der  Küste  steuerte, 
dessen  Bewegungen.  Als  der  feindliche  Dampfer  am  Südende  von  Gar- 
gnano angelangt  war,  fiel  „Wildfang*  auf  denselben  ab  und  näherte  sich 
ihm  trotz  des  heftigen  Feuers  der  Batterie  von  Gargnano  bis  auf  1^2 
Kabel  (300  m)  Distanz  imd  brachte  ihm  solche  Havarien  bei,  daß  eine 
Rettung  desselben  nach  Salö  unmöglich  und  er  vom  Feinde  vor  dem 
Kai  vertäut  wurde.  Mittlerweile  war  auch  Kanonenboot  „Scharfschütze" 
angelangt  und  feuerte  auf  die  Batterie,  bis  Dunkelheit  und  sehr  schlechtes 
Wetter  mit  Regen  und  Hagelböen  jedes  weitere  sichere  Treffen  unmöglich 
machte.  Auf  die  bei  seinem  Eintreffen  an  Ort  und  Stelle  vom  Komman- 
danten des  „Wildlang •*  empfangene  Meldung,  der  feindliche  Dampfer 
habe  solche  Havarien  erlitten,  daß  ein  Entkommen  desselben  nicht 
möglich  sei,  beschloß  Korvettenkapitän  v.  Manfroni,  das  feindliche 
Schiff  wegzunehmen.  Er  gab  den  beiden  Kanonenbooten  „Wlldfang'  und 


453 

, Scharfschütze*  den  Befehl,  vorläufig  bei  Gargnano  zu  verbleiben  und 
einen  eventuellen  Fluchtversuch  desselben  zu  verhindern.  Raddampfer 
»Heß*  wurde  auf  Kreuzung  vor  Maderno  geschickt,  um  jede  Annäherung 
des  Feindes  aus  Salö  sofort  zu  melden.  Da  die  Nacht  unterdessen  so 
schlecht  und  finster  ward,  daß  anderseits  eine  Überrumpelung  der  bei  S. 
Virgilio  liegenden  Kanonenboote  , Raufbold*  und  „Uskoke*  durch  die  fünf 
italienischen  auch  leicht  möglich  war,  so  verfügte  sich  Korvettenkapitän 
v.  Manfroni  gegen  Mittemacht   mit  dem   »Speiteufel*   zu  denselben. 

20.  Juli. 

Beim  Morgengrauen  lichtete  man  die  Anker  und  steuerte,  nachdem 
sich  Dampfer  »Heß*  vereinigt  hatte,  auf  Gargnano  zu.  Die  Kanonenboote 
»Wildfang*  und  »Scharfschütze*,  welche  die  Nacht  über  sich  dort  in 
nächster  Nähe  des  Landes  gehalten  hatten,  eröffneten  bei  Tagesanbruch 
ihr  Feuer  wieder  auf  den  »Benaco*,  das  sowohl  von  der  Batterie  als  auch 
von  Freischärlern  auf  das  heftigste  erwidert  wurde.  Zwei  feindliche 
Kugeln  trafen  den  »Wildfang*,  ohne  indes  viel  Schaden  anzurichten. 
»Wildfang*  und  »Scharfschütze*  unterhielten  nun,  ohne  die  Batterie, 
welche  sie  überschoß,  weiter  zu  beachten,  ein  wohlgezieltes  Granaten- 
und  Kartätschenfeuer  auf  die  Freischärler,  welche,  nachdem  ein  Haus  in 
Brand  geschossen  war,  gezwungen  wurden,  sich  zurückzuziehen.  Dieselben 
faßten  nun  in  den  umhegenden  Häusern  Fuß  und  unterhielten  ein 
lebhaftes  Gewehrfeuer  auf  die  Kanonenboote,  bei  welcher  Gelegenheit 
zwei  Mann  des  »WUdfang*  schwer  verwundet  wurden.  Korvettenkapitän 
V.  Manfroni  steuerte,  inzwischen  angelangt,  gleich  unter  die  Batterie  von 
Gargnano,  um  die  beiden  Kanonenboote  zu  unterstützen.  Obwohl  ihn  die 
Batterie  bald  überschoß,  hatte  auch  er  das  feindUche  Gewehrfeuer  auszu- 
halten, ohne  indes  einen  Verlust  zu  erleiden. 

Die  Boote  des  »Scharfschütze*  und  des  »Wildfang*  wurden  nun 
gestrichen  und  begaben  sich  unter  dem  Kommando  des  Linienschiffs- 
leutnants Freiherm  v.  Haan  und  des  Seekadetten  Burian  mit  Trossen 
auf  das  feindliche  Schiff.  Unter  heftigem  Gewehrfeuer  Ueß  nun  Linien- 
schiffsleutnant Freiherr  v.  Haan  eine  Trosse  festmachen,  dagegen  die 
Landfeste  des  »Benaco*  los  werfen  und  Seekadett  Hlawaty,  der  wäh- 
rend der  Abwesenheit  seines  Konmiandanten  den  »Scharfschütze*  mit 
großer  Ruhe  und  Geschicklichkeit  manövrierte,  fuhr  nun  mit  dem 
»Benaco*  im  Schlepp  ab.  Bei  dieser  Gelegenheit  kam  jedoch  das  Boot  des 
»Scharfschütze*  unter  die  Räder  des  feindlichen  Dampfers  und  kenterte. 
Das  Boot  des  »Wildfang*  unter  dem  Kommando  des  Seekadetten  Burian 

29* 


154 


machte  zwar  iille  Anstrengungen,  trotz  des  Gewehrfeuerä  der  Freischärler 
das  gekenterte  Boot  zu  retten,  wobei  Matrose  Fischer  auf  dem  Kiele 
desselben  saß  und  die  Fangleine  festhielt;  die  schwere  See  jedoch  machte 
diesen  Versuch  des  Seeltadetten  Burian  zu  nichte  und  da  das  Feuer  des 
Feindes  ein  sehr  heftiges  war,  wurde,  um  die  Mannschaft  zu  schonen, 
Matrose  Fischer  an  Bord  genonunen  und  das  Boot  des  .Scharfschütze' 
sodann  im  Stich  gelassen. 

Raddampfer  »Heß'  ging  nach  diesem  gelungenen  Untemebmeii 
mit  den  Verwundeten  nach  Riva  ab  und  Korvettenkapitän  v,  Manfroni 
steuerte  mit  den  Schiffen  au  die  österreichische  Küste  unter  Caateletto, 
wo  die  Lecke  des  „Benaco"  notdürtlig  verstopft  wurden,  worauf  ihn 
, Wildfang"  als  gute  Prise  nach  Peschiera  schleppte. 

Mittlerweile  waren  die  feindlichen  fönf  Kanonenboote  aus  Salo 
herausgekommen  und  hatten  sich  unter  dem  Schutze  der  Batterie  von 
Mademo  in  Kielwasserlinie  formiert,  als  ob  sie  die  Wegnahme  ihres 
Transportschiffes  zu  rächen  gesonnen  seien.  Trotzdem  augenblicklich  nur 
zwei  Österreichische  Kanonenboote  zur  Stelle  waren,  so  wagten  sie  es 
doch  nicht,  diese  anzugreifen;  im  Gegenteil,  als  die  österreichischen 
Kanonenboote  sich  den  Italienern  zu  nähern  begannen,  zogen  sich  letztere 
eiligst  nach  Salö  zurück. 

Erst  gegen  Mittag,  nachdem  .Benaco"  bereits  nach  Peschiera  in 
Sicherheit  geschleppt  worden  war.  kamen  die  italienischen  Kanonenboote 
wieder  bei  der  Batterie  von  Maderao  zum  Vorschein  und  eröffneten  im 
Vereine  mit  dieser  ein  heftiges  Feuer  gegen  das  vor  Salö  kreuzende 
Kanonenboot  „Raufbold",  jedoch  aus  so  großer  Entfernung,  daß  von 
einem  Treffen  keine  Rede  sein  konnte.  Korvettenkapitän  v,  Manfroni 
sandte  demselben  sogleich  das  Kanonenboot  .Wespe"  zur  Unterstützung 
und  machte  sich  mit  dem  .Speiteufel'  wieder  zum  Auslaufen  bereit. 
Kaum  war  jedoch  „Wespe"  auf  dem  Wege  und  .Speiteufel*  zum  In- 
bewegungsetzen  klar,  so  zogen  sich  die  feindlichen  Kanonenboote  so  eilij 
wieder  nach  Salö  zurück,  daß  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  die 
,  Wespe'  wieder  zurückberief. 

21.  Juli. 
Am  21.  Juli  früh  ließ  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  durch  d&a 
Raddampfer  .Franz  Joseph"  das  Fort  von  Lechi  rekognoszieren;  dasselbe 
gab  einige  Schüsse  gegen  den  Dampfer  ab,  jedoch  ohne  Erfolg,  während 
die  Schösse  des  .Franz  Joseph'  das  Fort  trafen.  Nachmittags  :£^  kamen 
die  fünf  feindlichen  Kanonenboote  abermals  aus  Salö  heraus,  anscfaeinend  -^ 


455 

zur  Deckung  einer  großen  geladenen  Barke,  welche  nach  Gargnano  segelte. 
Korvettenkapitän  v.  Manfroni  begab  sich  mit  den  beiden  Kanonenbooten 
»Speiteufel*  und  , Wespe*  alsogleich  nach  Toni  und  steuerte  auf  die 
feindUchen  Schiffe  los,  in  der  Erwartung,  dafi  die  fünf  italienischen  einen 
Nahkampf  gegen  die  zwei  österreichischen  annehmen  würden,  zumal  sie 
sich  in  unmittelbarer  Nähe  der  Strandbatterie  von  Mademo  befanden,  ihr 
Rückzug  demnach  auf  alle  Fälle  gesichert  war.  Kaum  hatte  er  sich  jedoch 
den  feindlichen  Schiffen  genähert,  als  diese  nach  einigen  gewechselten 
Schüssen  sich  wieder  nach  Salö  zurückzogen.  Trotzdem  er  sodann  mit 
seinen  zwei  Kanonenbooten  bis  6^  abends  vor  Salö  verblieb,  erneuerten 
dieselben  den  Angriff  nicht  mehr. 

22.  Juli. 

« 

Am  22.  Juli  nachmittags  kamen  die  fünf  feindlichen  Kanonenboote 
neuerdings  bis  unter  die  Batterie  von  Mademo.  Korvettenkapitän  v. 
Manfroni  setzte  sich  mit  „Speiteufel*  und  , Wespe*  allsogleich  wieder 
gegen  dieselben  in  Bewegung.  Bei  Torri  stieß  noch  der  «Wildfang*  zu 
ihm.  Während  dieser  einige  Schüsse  mit  der  Batterie  von  Gargnano 
wechselte,  steuerte  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  gegen  die  feindlichen 
Kanonenboote  los,  um  sie  anzugreifen.  Dieselben  nahmen  jedoch  abermals 
den  Kampf  nicht  auf,  sondern  flüchteten  nach  Salö  zurück. 

24.  Juli. 

Am  24.  Juli  mittags  kamen  die  feindlichen  Kanonenboote  aus  Salö 
heraus  und  griffen  das  dort  auf  Kreuzung  befindliche  österreichische 
Kanonenboot  „Scharfschütze*  an.  Der  Kommandant  desselben,  Linien- 
schiffsleutnant Freiherr  v.  Haan,  steuerte  sofort  auf  die  feindlichen  Schiffe 
los,  um  sie  zum  Nahkampf  zu  zwingen,  da  er  gewiß  war,  daß  ihm  sofort 
Unterstützung  zu  teil  würde.  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  eilte  auch 
sofort  auf  den  Kampfplatz,  ebenso  kam  auch  das  Kanonenboot  „Uskoke*, 
von  der  Batterie  Gargnano  beschossen,  vom  oberen  See  heran.  Auf 
dieses  hin  zogen  sich  die  italienischen  Kanonenboote  sofort  wieder  nach 
Salö  zurück. 

Abends  7V«^  kam  dem  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  von  dem 
vor  Riva  stationierten  Kanonenboote  „Wespe*  die  Meldung  zu,  daß  die 
k.  k.  Truppen  Riva  verlassen  hätten,  bei  dem  plötzUch  erfolgten  Ab- 
märsche derselben  viel  ärarisches  Gut  zurückgeblieben  wäre  und  daß  man 
das  Einrücken  der  Garibaldianer  in  Riva  sowie  deren  Vorrückung  in  das 
Sarcatal  jeden  Augenblick  besorge.  Wir  haben  schon  früher  erwähnt,  daß 


456 

Korvettenkapitän  v.  Manfroni  bereits  am  18.  eine  Meldung  zugekommen 
war,  nach  welcher  er  allerdings  auf  das  Eintreten  dieser  Eventualität 
gefaßt  sein  mußte,  gleichwohl  kam  ihm  dieselbe  in  dieser  Form  etwas 
unerwartet  und  es  erscheint  uns  daher  der  Vollständigkeit  halber  sowie 
zum  besseren  Verständnisse  des  Ganzen  passend,  hier  rekapitulierend  den 
Gang  der  Ereignisse ,  welche  zu  jener  Maßnahme  führten,  einzuschalten. 

Bekanntlich  ergriff  die  k.  k.  Südarmee  nach  der  siegreichen  Schlacht 
von  Custoza  die  Offensive  und  drang  über  den  Mincio  vor;  auch  GM. 
Freiherr  v.  Kuhn,  der  Kommandant  der  österreichischen  Streitkräfte  in 
Tirol,  überschritt  auf  Befehl  Seiner  k.  t  Hoheit  des  Erzh.  Albrecht  mit 
den  ihm  unterstehenden  Truppen  auf  allen  Punkten  die  Grenze.  Von  den 
Judicarien  und  vom  Ledrotale  aus  gelangten  die  zwei  Halbbrigaden, 
Oberstleutnant  v.  Höffern  und  Oberstleutnant  Thour,  bis  in  den 
Rücken  von  Rocca  d'Anfo.  Abteilungen  derselben  streiften  bis  Limone 
und  Tremosine  an  die  Ufer  des  Gardasees.  Vom  Tonale  und  von  Sponda- 
lunga  waren  die  Halbbrigaden  angrififsweise  herabgestiegen,  um  sich  im 
Valtellin  zu  vereinigen.  Gleichzeitig  hatte  GM.  Freiherr  v.  Kuhn  die  beiden 
Reservebrigaden  GM.  Kaim  und  Oberst  v.  Montluisant  durch  rasche 
Überschreitung  des  Hochgebirgeüberganges  Madonna  di  CampigUo  am 
3.  Juli  auf  der  Einsattlung  des  Tonale  konzentriert,  um  einen  kräftigen 
Oflfensivstoß  in  Feindesland  zu  führen  und  sodann  mit  Umgehung  von 
Brescia  direkt  gegen  Mailand  vorzudringen  und  derart  die  Flanke  der 
k.  k.  Südarmee  zu  sichern. 

Infolge  des  Mißgeschickes  der  k.  k.  Nordarmee  jedoch  wurde  dem 
siegi'eichen  Vordringen  der  Südarmee  ,  Halt  geboten  imd  damit  kamen 
selbstverständlich  auch  die  Operationen  des  GM.  Freiherrn  v.  Kuhn  ins 
Stocken.  Die  Südarmee  ging  über  den  Mincio  zurück  ihrer  neuen  Bestim- 
mung nach  und  infolgedessen  drang  der  Feind  sogleich  mit  Übermacht 
gegen  die  Grenzen  Tirols  vor,  wobei  sich  das  Korps  des  Generals 
Garibaldi  bis  auf  40.000  Mann  verstärkte.  Von  der  Offensive  sah  sich 
GM.  Freiherr  v.  Kuhn  auf  einmal  zur  Defensive  und  dies  unter  den 
schwierigsten  Verhältnissen  gezwimgen. 

Sofort  leitete  er  mit  der  ihm  eigenen  Energie  und  Umsicht  den  Rück- 
zug sämtlicher  Kolonnen  ein.  Bei  der  Vorzüglichkeit  der  von  ihm  befehlig- 
ten Tmppen  gelang  es  ihm  auch,  dieselben  nach  angestrengten  Märschen, 
zum  Teile  über  höchst  unwegsames  Hochgebirge  am  5.  Juli  abends  in 
ihre  ursprünglichen  Verteidigungsstellungen  rückzuversetzen.  Der  an  allen 
Punkten  nachdrängende  Feind  fand  überall  unei-warteten  kräftigen 
Widerstand. 


457 

Infolge  des  Abmarsches  des  größten  TeQes  der  Südarmee  nach  dem 
Norden  wurde  aber  die  Verteidigmigslinie  des  GM.  Freiherr  v.  Kuhn  zu 
einer  Ausdehnung  vom  Stilfiser  Joch  bis  zur  Grenze  Kärntens  verlängert 
und  bot  dem  Feinde  neue  günstige  Angriffspunkte,  die  bei  seiner  Über- 
macht durch  die  Val  Arsa  und  Val  Sugana  leicht  ausführbar  waren.  GM. 
Freiherr  v.  Kuhn  war  daher  genötigt,  seine  verhältnismäßig  geringe 
Truppenmacht  in  Sudtirol  neuerdings  zu  teilen,  um  Detachements  aller 
Waffen  in  die  Val  Arsa  und  Val  Sugana  entsenden  zu  können.  Zu 
diesem  Zwecke  brauchte  er  aber  tatsächlich  jeden  nur  halbwegs  verfüg- 
baren Mann.  Glücklicherweise  konnte  Garibaldi,  wiewohl  durch  reguläre 
Truppen,  namenthch  Artillerie  verstärkt,  trotzdem  inzwischen  nur  schritt- 
weise in  den  von  den  Österreichern  gut  verteidigten  Abschnitten  des 
Ledrotales  und  der  Judicarien  Boden  gewinnen. 

Um  denselben  einzuschüchtern  und  auf  einige  Zeit  untätig  zu 
machen,  entschloß  sich  GM.  Freiherr  v.  Kuhn,  ihn  am  21.  anzugreifen. 
Er  ließ  die  Brigade  des  Obersten  v.  Montluisant  den  GOOO  Fuß  hohen 
Monte  Pichea  übersteigen  imd  sodann  den  in  das  Ledrotal  eingedrungenen 
4 — Sfachen  Feind  angreifen.  Es  kam  zu  dem  ruhmvollen  Gefechte  von 
Bececa,  in  welchem  die  Garibaldianer  500  Tote  und  Verwundete  ver- 
loren, nebst  1100  Gefangenen,  worunter  19  Offiziere,  und  nach  welchem 
ihre  Macht  derart  gebrochen  war,  daß  sie  sich  bis  zur  Beendigung  der 
Kriegsereignisse  nicht  mehr  erholen  konnten.  Trotzdem  ihnen  infolge  der 
unausgesetzten  Detachierungen  der  österreichischen  Truppen  nur  mehr 
ein  Häuflein  von  2000  Mann  (gegen  nahezu  40.000)  gegenüberstand, 
wagten  sie  es  nicht,  über  Lardaro  hinaus  vorzudringen. 

Da  drohte  dem  tapferen  Verteidiger  Tirols  eine  neue  Gefahr.  Die 
italienische  Armeedivision  Medici  drang  durch  das  obere  Brentatal,  die 
Val  Sugana,  von  Osten  her  in  Südtirol  ein,  um  gegen  Trient  vorzurücken. 
In  Voraussicht  der  kritischen  Situation,  in  welche  ihn  das  allgemeine  Vor- 
dringen des  Feindes  versetzen  mußte,  hatte  sich  GM.  Freiherr  v.  Kuhn  an 
das  Hauptquartier  der  Südarmee  mit  der  Anfrage  gewendet,  wie  er  sich 
nunmehr  zu  verhalten  habe.  Mit  telegraphischem  Erlaß  vom  23.  Juli  wurde 
ihm  die  Ermächtigung  erteilt,  nötigenfalls  Südtirol  schrittweise  zu  räumen 
und  seine  Streitkräfte  zur  Verteidigung  Deulschtirols  zu  konzentrieren. 

Von  dieser  Ermächtigung  Gebrauch  zu  machen,  wäre  jetzt  nahe- 
liegend gewesen,  um  so  mehr  als  sich  die  Nachrichten  häuften,  der  starke 
Feind  sei  im  steten  Vormarsche  begriffen  und  stehe  bereits  im  Fleimser 
Tal.  Doch  GM.  Freiherr  v.  Kuhn  war  zu  sehr  von  der  Wichtigkeit  Trients 
überzeugt,  als  daß  er  so  leichthin  nachgegeben  hätte,  und  im  Vertrauen 


458 

auf  die  bewährte  Tüchtigkeit  seiner  Truppen  entschloß  er  sich,  Trient  auf 
das  äußerste  zu  halten,  eventuell  »ein  zweites  Saragossa  daraus  zu 
machen*. 

Um  nun  die  Verteidigung  Trients  mit  allen  nur  irgend  disponiblen 
Kräften  durchzuführen,  hatte  er  auch  Rovereto  und  den  Abschnitt  von 
Riva  momentan  aufgegeben  und  die  dort  gamisonierenden  Truppen  eben- 
falls an  sich  gezogen.  Allerdings  wurde  durch  diese  Maßregel  das  ganze 
fruchtbare  Sarcatal  den  Eontributionen  des  Feindes  preisgegeben ;  aber  in 
seiner  zwingenden  Notlage  blieb  GM.  Freiherm  v.  Kuhn  nichts  anderes 
übrig.  Eine  gewisse  Beruhigung  mußte  es  ihm  daher  gewähren,  zu  wissen, 
daß  die  k.  k.  Flottille  am  Gardasee  ihre  Herrschaft  auf  demselben  mit 
gleichem  Erfolge  wie  bisher  ausüben  und  nach  Möglichkeit  für  die  ab- 
ziehenden Landtruppen  eintreten  werde.  In  dieser  Voraussetzung  hatte  er 
sich  auch  nicht  getäuscht  und  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  war  der 
Mann,  der  sich  der  erhöhten  Wichtigkeit  seiner  Aufgabe  wie  der  zuge- 
spitzten Situation,  in  der  man  sich  befand,  vollkommen  bewußt  war.  Denn 
es  gab  auch  noch  einen  anderen  Umstand,  der  berücksichtigt  werden 
mußte  und  der  gerade  jetzt  schwer  ins  Gewicht  fiel.  Man  stand  nämlich 
am  Vorabend  des  bevorstehenden  Friedensschlusses.  Italien  wollte,  um  bei 
den  Verhandlungen  Südtirol  mit  mehr  Aussicht  auf  Erfolg  beanspruchen 
zu  können,  auch  tatsächlich  im  Besitze  eines  Teiles  desselben  sein 
und  machte  deshalb  die  größten  Anstrengungen,  auf  diesen  Punkt  zu 
gelangen.  Aus  demselben  Grunde  mußte  dies  von  österreichischer  Seite 
verhindert  und  dem  Gegner  jeder  Zoll  österreichischen  Besitzes  streitig 
gemacht  werden.  Allen  diesen  drohenden  Gefahren  wurde  nun  dadurch 
vorgebeugt,  daß  die  Flottille  am  Gardasee  da  war  und  sich  der  unbe- 
strittenen Superiorität  auf  demselben  erfreute. 

Nach  dieser  Abschweifung,  welche  wir  für  nötig  hielten,  um  dem 
Leser  zu  zeigen,  welche  vorzüglichen  Dienste  dieselbe  berufen  war,  bei 
der  Verteidigung  Tirols  zu  leisten,  kehren  wir  wieder  zur  Darstellung  der 
weiteren  Ereignisse  zurück. 

Wir  haben  bereits  erwähnt,  daß  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  am 
24.  Juli  abends  TVs^  von  dem  bei  Riva  stationierten  Kanonenboote 
„Wespe"  die  Meldung  zugekommen  war,  daß  die  k.  k.  Truppen  Riva 
verlassen  hätten,  bei  dem  plötzlich  erfolgten  Abmärsche  derselben  viel 
Tirarisclies  Gut  zurückgeblieben  wäre  und  daß  man  das  Einrücken  tier 
GaribaldiaritT  in  Riva  sowie  deren  Vorrückung  in  das  Sarcatal  jeden 
Augenblick  besorge.  Die  Ponalbatterie  war,  um  deren  isolierte  Besatziui^' 
nicht  nutzlos  in  Gefahr  zu  bringen,  demoliert  worden  und  nur  die  Fort 


459 

S.  Nicolo  und  Nago  besetzt  geblieben.  Linienschiffsfähnrich  Sembach 
war  mit  dem  Matrosendetachement  nach  S.  Virgilio  abgerückt. 

Eorvettenkapit&n  v.Manfroni  fuhr  alsogleich  mit  dem  « Speiteufel ^ 
nach  Riva  ab,  bestimmte  zu  dessen  Deckung  die  Hälfte  seiner  Schiffe,  und 
zwar  9 Speiteufel'',  , Wespe ''f  «Uskoke*"  und  den  Raddampfer  , Franz 
Joseph^,  während  er  die  vier  anderen  Schiffe  vor  Salö  zurückUeß,  um  die 
feindliche  Flottille  zu  beobachten  sowie  einen  Durchbruch  derselben  nach 
Riva  um  jeden  Preis  zu  verhindern.  Sehr  schlechtes  Wetter  hielt  seine 
Fahrt  derart  auf,  daß  er  erst  um  2^  nach  Mittemacht  vom  24.  auf  den  25. 
bei  Riva  ankam.  Nachdem  er  sich  mit  den  Kanonenbooten  »Wespe*"  und 
yUskoke''  vereinigt  hatte,  ließ  er  bei  Tagesanbruch  durch  seinen  Adju- 
tanten Linienschiffsfähnrich  Heinze  Riva  rekognoszieren.  Da  dieser  die 
Stadt  vom  Feinde  noch  nicht  besetzt  fand,  begab  sich  Korvettenkapitän 
V.  Manfroni  sogleich  ans  Land,  visitierte  selbst  die  ärarischen  Gebäude 
und  barg  alles  Material,  das  sich  in  der  Roccakaseme  vorfand,  auf  den 
Schiffen.  Die  früher  vor  dieser  Kaserne  gelegenen  Kanonen  waren  schon 
vernagelt  oder  ins  Wasser  geworfen  worden,  ebenso  fand  man  alle  Privat- 
boote versenkt,  so  daß  die  Bergung  von  zirka  100  t  Steinkohlen  sehr  er- 
schwert wurde.  Durch  den  mittlerweile  angelangten  Dampfer  ,  Franz 
Joseph*  wurde  ein  Lastboot  requiriert  und  auf  dieses,  nachdem  alle 
Fahrzeuge  sich  mit  Kohlen  versehen  hatten,  der  übrige  Vorrat  verladen. 
Femer  wurden  auch,  um  mehr  Ausblick  zu  haben,  die  Erdschanzen  vor 
der  Roccakaseme  abgetragen. 

Während  man  mit  allen  diesen  Arbeiten  eifrigst  beschäftigt  war, 
rückten  —  gegen  10^  a.  m.  —  auf  der  Ponalstraße  starke  Abteilungen 
von  Garibaldianem  gegen  Riva  vor.  Augenblicklich  nahmen  nun  die 
österreichischen  Schiffe  eine  Stellung  ein,  aus  der  sie  einen  Teil  der 
Straße  der  Länge  nach  bestreichen  konnten  und  als  nun  auch  das  Fort 
S.  Nicolo  sein  Feuer  eröfl&iete  und  die  Granaten  mitten  unter  den  Frei- 
wiUigen  platzten  imd  mächtige  Felstrümmer  loslösten,  ergriffen  diese 
eiligst  die  Flucht,  um  hinter  den  zahlreichen  Serpentinen  und  Fels- 
vorsprüngen Deckung  zu  suchen.  Gegen  2*"  p.  m.  rückten  sie  wieder  vor, 
zogen  sich  aber  schon  nach  den  ersten  von  den  Schiffen  abgegebenen 
Schüssen  abermals  schleunigst  zurück.  Im  Laufe  des  Nachmittags 
wurde  vom  Linienschifisfähnrich  Heinze  mit  einer  Abteilung  Matrosen 
ein  Teil  der  Einfassungsmauem  der  Straße  abgetragen,  um  die  An- 
näherung der  Freischärler  besser  übersehen  zu  können.  Für  die  Nacht 
ließ  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  die  Schiffe  bis  auf  Vi  Kabel  (100  m) 
Entfemung  vom  Lande  Stellung  nehmen,   um  die   möglicherweise  in 


460 

der  Dunkelheit  vorrückenden  Italiener  mit  Kartätschen  beschießen  zu 
können. 

Um  10^  abends  kam  Raddampfer  »Heß*  aus  Peschiera  imd  über- 
brachte die  telegraphische  Nachricht  vom  Abschlüsse  der  WafTenruhe. 
Korvettenkapitän  v.  Manfroni  stellte  infolgedessen  die  Feindseligkeiten 
ein,  ließ  jedoch  bei  Tagesanbruch  Riva  imd  das  Sarcatal  von  einer 
Abteilung  des  Forts  S.  Nicolo  und  einer  Abteilung  Matrosen  besetzen 
und  durch  Patrouillen  bewachen.  Hiedurch  wurde  ebensowohl  die  Stadt 
Riva  für  die  Dauer  der  Waffenruhe  in  österreichischem  Besitze  erhalten, 
was  bei  dem  bald  darauf  eintretenden  Waffenstillstands-  imd  Friedens- 
verhandlungen von  höchstem  Werte  war,  als  auch  nach  dem  eingetretenen 
Waffenstillstände  das  österrei<:hische  Gebiet  vor  einer  Überflutung  durch 
die  Freischäler  bewahrt,  welche  durch  den  langen  Aufenthalt  auf  den 
Bergen,  Mangel  an  Lebensmitteln  und  Strapazen  aller  Art  derart  demo- 
ralisiert waren,  daß  sie  trotz  des  Waffenstillstandes  —  allerdings  unbe- 
waffnet, dafür  aber  in  ganzen  Trupps  —  bis  nach  Riva  und  Arco 
streiften,  um  Lebensmittel  aufzutreiben. 

Sowohl  die  als  Parlamentäre  in  Riva  angekommenen  Offiziere  als 
auch  die  Mannschaft  der  Freiwilligen  sagten  einstimmig  aus,  ihre  Auf- 
gabe, nämlich  Riva  und  das  fruchtbare  Sarcatal  noch  vor  Abschluß  des 
Waffenstillstandes  zu  erreichen,  um  dort  durch  große  Requisitionen  die 
Erhaltung  eines  großen  Teiles  der  Garibaldianer  zu  erzwingen,  sei  durch 
das  energische  Vorgehen  der  k.  k.  Flottille  vereitelt  worden. 

Nachdem  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  das  Kanonenboot ,  Wespe* 
zur  Überwachung  der  Stadt  zurückgelassen  hatte,  begab  er  sich  mit  dem 
„Speiteufel*  auf  den  Ankerplatz  von  S.  Virgilio,  wohin  sich  die  anderen 
Schiffe  bereits  zurückgezogen  hatten. 

1.  August. 

Am  1 .  August  mittags  begab  sich  die  Flottille  wieder  nach  Riva.  Von 
Torri  aus  sandte  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  das  Kanonenboot 
„Uskoke"  nach  Salö,  imi  dort  die  Verlängerung  der  Waffenruhe  bekannt- 
zugeben. Da  sich  auf  Fort  Lechi  kein  Ofizier  befand,  fuhr  „Uskoke**  mit 
der  Parlamentärflagge  am  Top  direkt  bis  in  den  inneren  Hafen  von  Salt» 
unter  die  feindliche  Batterie,  welche  jedoch  einen  scharfen  Schuß  in 
abweichender  Richtung  als  Haltsignal  abfeuerte.  Ein  Boot  unter  Kom- 
mando des  Seekadetten  Baron  Codelli  ging  dann  zur  Batterie  ab,  wo  sich 
der  Divisionskommandant  Oberstleutnant  Vechj  einfand,  welchem  eine 


461 

Abschrift  des  Telegrammes  übergeben  wurde.  Hierauf  vereinbarte  man 
gegenseitig  die  Bestimmung  der  Demarkationslinie   am  Gardasee. 

Damit  schloß  die  kriegerische  Tätigkeit  d^r  Gardaseeflottille  ab,  nach- 
dem sie  die  ihr  gestellte  Aufgabe  auf  das  glänzendste  durchgeführt  und 
dank  der  rastlosen  Tätigkeit  ihres  Kommandanten  ungemein  viel  zur 
Sicherung  der  Operationen  der  k.  k.  Südarmee  am  Mincio  sowie  zur 
erfolgreichen  Verteidigung  Tirols  beigetragen  hatte. 

Es  folgten  mm  für  dieselbe  Tage  der  Ruhe  bis  in  die  Mitte  Septem- 
ber. Die  von  der  Marinesektion  anbefohlene  allgemeine  Abrüstung  machte 
ihrem  Dasein  vollends  ein  Ende,  da  bei  dem  kurz  darauf  eintretenden 
Friedensschlüsse  sowohl  die  Schiffe  wie  das  ganze  am  Gardasee  befind- 
liche Marinematerial  der  italienischen  Regierung  gegen  Entschädigung 
überlassen  wurde,  wobei  Korvettenkapitän  v.  Manfroni  als  Mitglied  der 
Liquidierungskommission  für  Österreich  fungierte. 

Für  hervorragende  Leistungen  während  dieser  kurzen  Kriegsepoche 
wurden  dekoriert: 

mit  dem  Bitt«rkreaze  des  militärischen  Maria  TlieresleD-Ordens: 

Korvettenkapitän  Moritz  Freiherr  Manfroni  v.  Manfort  über  Votum 
des  Ordenskapitels  in  der  Promotion  vom  29.  August  1866,  nachdem 
ihm  bereits  am  12.  August  der  Orden  der  Eisernen  Krone  HI.  Klasse  mit 
der  Kriegsdekoration  verliehen  worden  war; 

mit  dem  Orden  der  Eisernen  Krone  III.  Klasse  mit  der  Kriegsdekoration: 

die  Linienschiffsleutnante : 

Julius  Joly, 

Friedrich  Freiherr  v.  Haan; 

mit  dem  HUlitärrerdienstkrenz  mit  der  Kriegsdekoration: 

die  Linienschiffsleutnante: 

Ludwig  Med  er, 

Viktor  Adler  Edler  v.  Adlerschwung, 

Josef  Na tti. 

Die  Allerlideliste  Belobung 

erhielten  die  Linienschiffsfähnriche: 

Julius  Graf  Seyssel  d'Aix, 
Hugo  Freiherr  v.  Pelichy, 
Stephan  Graf  Zichy, 
Anton  Heinze; 


462 

«to  giMoM  fqpItelwllBMialltox 

Seekadett  Jos^  Hlawaty; 

ile  fllberM  TtiffMultaMiallle  IL  KliiMt 

die  Seekadetten: 

Otto  Bnrian, 

Carl  Frdheir  y.  Godelli, 
und   wurden    1   goldenei    6  äilbeme   Tapferkeitsmedaillen  L  Klasse, 
3  n.  Klasse  an  die  Mannschaft  verteüi 


463 


Schlußwort. 

Vier  Jahrzehnte  sind  seit  der  Zeit  vergangen,  in  welcher  die  von 
uns  hier  beschriebenen  Ereignisse  stattfanden.  Vieles  hat  sich  seitdem 
geändert;  so  auch  das  Verhältnis  zwischen  uns  und  unserem  früheren 
Gegner. 

Das  damals  junge,  mächtig  emporstrebende  Königreich  Italien  steht 
mm  nach  einer  glücklich  überstandenen  Sturm-  und  Drangperiode  voll- 
kommen geeint  da  und  nimmt  eine  Achtung  gebietende  Stellung  im  Rate 
der  Großmächte  ein.  Aus  dem  langjährigen,  erbitterten  Feinde  ist  ein 
loyaler  Freund  und  Alliierter  geworden,  mit  dem  uns  nun  so  manche 
Interessengemeinschaft  verbindet  und  der  als  dritter  im  Bunde  bemüht 
ist,  gleich  uns,  Europa  die  Segnungen  des  Friedens  zu  erhalten.  So  wie  das 
Land  selbst,  so  hat  auch  die  italienische  Marine  seit  jener  Zeit  einen 
großen  Umschwung  erfahren  und  den  Anforderungen  des  nie  rastenden 
Fortschrittes  im  Seewesen  Rechnung  tragend,  in  stetiger  Entwicklung 
jene  Höhe  und  Vervollkommnung  erreicht,  welche  ihr  gegenwärtig  einen 
so  hervorragenden  Platz  unter  allen  Marinen  anweist,  weshalb  sie  auch 
heute  wieder  den  berechtigten  Stolz  der  Nation  bildet. 

Niemand  wird  dies  bereitwilliger  anerkennen  als  wir,  die  wir  so  oft 
Gelegenheit  hatten,  auf  auswärtigen  Stationen  das  ausgezeichnete  Material, 
welches  die  italienische  Marine  besitzt,  zu  bewundem  und  mit  dem  ebenso 
ritterlichen  wie  hochgebildeten  Offizierskorps  derselben  in  echt  kamerad- 
schafüicher  Weise  in  Verkehr  zu  treten.  Wir  wünschen  und  hoffen,  daß, 
wenn  es  ihr  beschieden  sein  sollte,  wieder  in  den  Kampf  zu  ziehen,  wir 
sie  diesmal  auf  unserer  Seite  finden,  mit  uns  wetteifernd  in  der  Vertei- 
digung einer  gemeinsamen  und  gerechten  Sache. 

Aber  auch  die  österreichische  Marine  hat  in  den  langen  Jahren  seit 
1866  namhafte  Fortschritte  gemacht  und  sich,  den  Forderungen  der 
Neuzeit  entsprechend,  neu  reformiert.  Wenngleich  ihrer  numerischen 
Vergrößerung  durch  die  notwendige  Rücksichtnahme  auf  die  ander- 
weitigen Bedürfnisse  des  Staates  eine  gewisse  Grenze  gezogen  ist,  so  ist 
sie  dennoch  bei  ihrer  Umwandlung  in  die  moderne  Marine  bedeutend 
verstärkt  und  gekräftigt  hieraus  hervorgegangen. 


464 

Durch  geraume  Zeit  unter  der  Leitung  von  Männern  gestanden, 
welche  selbst  bei  Lissa  gekämpft  haben  und  seitdem  vorzugsweise  bemüht 
waren,  die  organisatorischen  Ideen  des  leider  zu  früh  dahmgeschiedenen 
Vizeadmirals  v.Tegetthoff  zur  Durchführung  zu  bringen  sowie  in  seinem 
Geiste  fortzusetzen,  ist  sie  auch  heute  in  der  Lage,  ihre  im  heißen  Kampfe 
errungene  ehrenvolle  Stellimg  unter  den  verschiedenen  Marinen  weiter  zu 
behaupten. 

Wenige  der  alten  Kampfgenossen  vom  20.  Juli  1866  stehen  heute 
noch  im  aktiven  Dienste.  Ihre  Reihen  sind  gelichtet  und  bereits  durch  eine 
jüngere  Generation  ersetzt,  gleichwie  sich  auch  das  Flottenmaterial  von 
damals  zum  größten  Teile  verändert  hat  und  neue  Streitmittel  eingeführt 
worden  sind.  Aber  nichtsdestoweniger  glauben  wir  mit  Bestinmitheit 
annehmen  zu  können,  daß  der  Geist,  der  die  heutige  Marine  beherrscht, 
jener  geblieben  ist,  wie  er  sich  durch  die  Tradition  vererbt  hat,  und  zwar 
der  von  Helgoland  und  Lissa;  daß  auch  die  heutige  Generation,  wenn 
Kaiser  und  Vaterland  rufen  sollten,  nicht  hinter  der  älteren  zurück- 
stehen, sondern  sich  ebenbürtig  erweisen  und  neue  Lorbeeren  den  früher 
erworbenen  hinzufügen  wird,  zum  Ruhme  unserer  Flagge  imd  zum  Wohle 
des  geliebten  Vaterlandes.  Dies  walte  Gott! 


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by    retaining   it,    beyond    the    speci 

Please  retum  promptly.